Carsten Binder Plutarchs Vita des Artaxerxes
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Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Beihefte Herausgegeben von ...
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Carsten Binder Plutarchs Vita des Artaxerxes
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Göttinger Forum für Altertumswissenschaft Beihefte Herausgegeben von Bruno Bleckmann, Thorsten Burkard Gerrit Kloss, Jan Radicke
Neue Folge Band 1
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Plutarchs Vita des Artaxerxes Ein historischer Kommentar
von
Carsten Binder
Walter de Gruyter · Berlin · New York
D 61
앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-020269-4 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2008 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandentwurf: Christopher Schneider, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Meinen Eltern
Vorwort Im beschränkten Quellenbestand für die griechische Geschichte des fünften und vierten Jahrhunderts v.Chr. sind die Biographien Plutarchs nicht zu entbehren. Gleichwohl ist die Benutzung dieser erst aus der Kaiserzeit stammenden und in ihrer Intention nicht historiographisch orientierten Texte vielfachen methodischen Schwierigkeiten unterworfen, denen man ohne eine Kontextualisierung und kritische Durchleuchtung jeder Einzelpassage kaum entkommen kann. In besonderem Maße gilt dies für die Artaxerxes-Biographie Plutarchs mit ihren vielen Eigentümlichkeiten: So sind u.a. ihre Stellung innerhalb des plutarchischen Œuvres, die Wahl des Protagonisten,1 der nicht der griechisch-römischen Welt angehört, und damit verbunden auch Plutarchs Intention nicht geklärt.2 Als Biographie eines persischen Großkönigs, die scheinbar auf gut informierten Gewährsleuten, großteils auf der im vierten Jahrhundert populären Persika-Literatur3 und Xenophons Anabasis basiert, erscheint sie auf den ersten Blick als eine herausragende Quelle zur Geschichte des Achaimenidenreiches.4 Allerdings sind die Interpretation und Bewertung des Berichteten mit dem Problem einer zweifachen Brechung behaftet: 1. durch die Perser- bzw. Persien-Reflexion der griechischen Autoren des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. 2. durch die hierauf aufbauende Perspektive eines kaiserzeitlichen Autors mit biographischer, nicht historiographischer Intention. Allein diese doppelte griechische ›Brille‹ erschwert den Zugang zur Faktenebene. Hinzu treten noch die immensen Schwierigkeiten, die der Erhaltungszustand und die Bewertung der Glaubwürdigkeit der Vorlagen Plutarchs mit sich bringen. 1 2 3 4
Plutarch lässt seinen Artaxerxes auch kaum die Rolle als Hauptfigur erfüllen. Siehe hierzu ausführlich Kap. 1.6, S. 37–49. Ktesias behauptet immerhin von sich, über einen längeren Zeitraum Leibarzt dieses achaimenidischen Herrschers und seiner Familie gewesen zu sein. Zu Plutarchs unterschiedlichen Quellen (Ktesias, Dinon, Xenophon und Herakleides) s. Kap. 1.8, S. 51–71; eine die Ergebnisse der ausführlichen Quellendiskussionen jeweils zu Beginn jedes kommentierten Plutarchkapitels zusammenfassende allgemeine Quellenanalyse findet sich in Kap. 1.9, S. 72–77.
Die Problematik
VIII Ein Desiderat
Vorwort
Um so erstaunlicher ist es, dass diese Vita – obwohl häufig von Gelehrten für Rekonstruktionen der achaimenidischen Verhältnisse und der Ereignisgeschichte genutzt – bisher keine adäquate Kommentierung erfahren hat.5 Die iranischen oder weiter gefasst ›reichsinternen‹ Quellen, denen für Interpretationen und Konstruktionsversuche achaimenidischer Verhältnisse der Vorzug zu geben ist, sind für die Zeit Artaxerxes’ II. nicht sehr reichhaltig.6 Alles in allem dominieren die ›klassischen‹, also griechischen Berichte mit ihrem Fokus auf dem westkleinasiatischen Gebiet und dem Zug der Söldner des Kyros das Bild. Aber gerade wenn wir in hohem Maße auf die griechische Überlieferung vertrauen müssen, muss die kritische Analyse dieser Quellen umso gewissenhafter ausfallen. Dies gilt – wiederum – für die Vita des Artaxerxes in noch höherem Maße, da für den Großteil der Erzählung jegliches parallele Quellenmaterial verloren ist. Plutarch ist für weite Passagen der von ihm benutzten Persika-Literatur der einzige erhaltene Überlieferungsträger. Es fehlen damit Anhaltspunkte dafür, welche Angaben von Plutarch sinngemäß oder gar wortgetreu übermittelt und welche vielleicht kontaminiert, neu komponiert oder gar mutwillig verfälscht worden sind.7 So kann es in einem historischen Kommentar zu einer Plutarchvita nicht ausbleiben, sich gründlich mit Plutarchs Arbeitsweise, seiner Quellennutzung und Intention auseinanderzusetzen, da sich nur so die methodischen Prinzipien der Kommentararbeit ergründen lassen.8 Die Kommentierung dieser Vita liefert also nicht nur eine Aufarbeitung des bei Plutarch – und eben dort z.T. singulär – überlieferten Materials des 5./4. Jahrhunderts v.Chr. und 5 6
7 8
Siehe hierzu ausführlich Kap. 1.5, S. 33–37. Zur Überlieferung der ›Innensicht‹, somit also zu den Primärquellen, s. allgemein H INZ, Quellen, 5–14 und W IESEHÖFER, Persien, 25–33; B RIANT, Cyrus, 614f. äußert sich speziell zur Regierungszeit Artaxerxes’ II. Über die Hälfte aller uns bekannten Königsinschriften stammt aus der Zeit von Dareios I. und Xerxes. Zwar gibt es einige Bauinschriften Artaxerxes’ II., die aber aufgrund ihres nicht-narrativen Charakters nur begrenzt hilfreich bzw. aussagekräftig sind (siehe aber S. 117–120 zu ‹ zur Bedeutung der InschrifPlut. Art. 3, 2, › ten A2 Sa, A2 Sb, A2 Sd und A2 Ha). Ferner stehen nur wenige babylonische Täfelchen (s. hierzu z.B. S TOLPER, Enterprise) und Notizen in den babylonischen astronomischen Tagebüchern und Chroniken, die für Fragen der Datierung von Interesse seien können, zur Verfügung. Sie zeigen aber gleichzeitig auch, wie schwierig die Interpretation dieser Texte und wie beschränkt unser Wissen über viele Bereiche ist, s. hierzu ‹ zur Problematik des z.B. S. 316–321 zu Plut. Art. 24, 1–11, › ›2. Kadusierfeldzuges‹. Auch die Dokumente des Murašû-Archivs reichen nur bis ins Jahr der Thronbesteigung des Artaxerxes (404). Einige aramäische Dokumente aus Ägypten sind für bestimmte Fragestellungen (Datierungen, Abfall Ägyptens) von Interesse. Für ein deutliches Beispiel s. Kap. 1.9, S. 73 (die Palmen auf Klearchos’ Grab). Siehe hierzu vor allem das gesamte Kap. 1.3, S. 15–26 und Kap. 1.4, S. 27–33 (Methodik der Kommentierung).
Vorwort
IX
somit einen Beitrag zum Perserbild der zeitgenössischen Griechen und der Arbeitsweise der Autoren der verschiedenen Persika, sondern auch viele Einsichten in Plutarchs Arbeitsweise und seinen Umgang mit seinen Vorlagen. Der vorliegende Kommentar ist die leicht überarbeitete Form meiner Düsseldorfer Dissertation, die im Juni 2007 von der Philosopischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität angenommen worden ist. Verbunden mit meinem Wechsel von der Kieler Christian-Albrechts-Universität an die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf habe ich für die Betreuung meiner Dissertation einen weiteren Doktorvater hinzugewonnen. Mein Dank gilt daher zunächst diesen beiden: meinem ›alten‹ Doktorvater Herrn Prof. Dr. Josef W IESEHÖFER (Kiel) und meinem neuen, Herrn Prof. Dr. Bruno B LECK MANN (Düsseldorf). Es hat sich als sehr positiver Nebeneffekt des arbeitsbedingten Ortswechsels herausgestellt, dass mir so neben einem ausgewiesenen Experten für die Geschichte des Achaimenidenreiches nun auch ein Fachmann für die Geschichte der antiken Historiographie und der Quellenkunde zur Seite stand. Beide Aspekte sind, wie oben schon angesprochen, für die Bearbeitung dieser Vita Plutarchs von herausragender Bedeutung. Für die rasche Aufnahme als ersten Band der neuen Folge der Beihefte des Göttinger Forums für Altertumswissenschaft (GFA) danke ich den Herausgebern. Besonders möchte ich hier Herrn Prof. Dr. Thorsten B URKARD (Kiel) hervorheben, dessen viele hilfreiche Anregungen für mich ein großer Gewinn waren. Natürlich muss mein besonderer Dank denen gelten, die die gesamte Arbeit Korrektur gelesen haben: Herrn Dr. Lukas G ROSSMANN (Bern), Herrn Dr. Henning B ÖRM (Kiel) und Herrn Henning W IRTZ (Düsseldorf). Meinem Kollegen Herrn Dr. Timo S TICKLER (Düsseldorf) möchte ich meinen Dank für sein stets offenes Ohr und seine Geduld bei allen möglichen Problemen der Ausarbeitung dieser Schrift aussprechen. Für fachliche Anregungen und Unterstützung danke ich ferner Herrn Prof. Dr. Rüdiger S CHMITT (Laboe bei Kiel), Herrn Prof. Dr. Markus S TEIN (Düsseldorf) und Herrn Dr. Jan P. S TRONK (Amsterdam). Erstellt habe ich mein Manuskript mit dem Textsatzsystem LATEX und dem KOMA-Script Paket – dies hat sich nicht nur wegen des schönen Buchsatzes, sondern auch wegen der leichten Handhabung der vielen Sonderzeichen und des griechischen Schriftsatzes als Königsweg erwiesen. Für den großzügigen und auch schnell bewilligten Zuschuss zu den Druckkosten, der eine rasche Publikation ermöglicht hat, gilt mein Dank zuletzt dem ›Freundeskreis des Historischen Seminars an der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf e.V.‹. Düsseldorf, Januar 2008
Carsten Binder
Danksagung
Inhaltsverzeichnis 1 Plutarch
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die biographischen Schriften . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Zielsetzung der biographischen Schriften . . . . . . 1.3 Plutarch und die Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Plutarchs Quellennutzung . . . . . . . . . . . . . 1.4 Methodische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Material und Kommentare zur Vita des Artaxerxes . . . . . 1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel . . 1.7 Übersicht über Inhalt und Struktur . . . . . . . . . . . . . 1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita . . . . . . . . . . . . . . 1.8.1 Ktesias von Knidos . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8.2 Dinon von Kolophon . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8.3 Xenophon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.8.4 Herakleides von Kyme und andere Autoren . . . . 1.9 Ergebnisse der Quellenanalyse . . . . . . . . . . . . . . . 2 Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Grundlegendes (Art. 1–2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Kyros als Protagonist (Art. 3–13) . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Parysatis als Protagonistin (Art. 14–19) . . . . . . . . . . 2.4 Das Verhältnis Perser–Griechen nach Kunaxa (Art. 20–22) 2.5 Die Interna am Hofe (Art. 23) . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Die persische Außenpolitik nach 387/86 (Art. 24–25) . . . 2.7 Die Thronfolge Artaxerxes’ II. und sein Tod (Art. 26–30) . Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungssverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 6 8 10 15 17 27 33 37 49 51 52 60 65 69 72 79 79 111 228 274 307 316 332 361 361 364 391 391 392 393
XII
Inhaltsverzeichnis
Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
1 Plutarch 1.1 Leben Über Plutarch, den Autor so vieler Biographien, ist uns – eine Ironie des Schicksals – abgesehen von einem dürftigen Suda-Artikel9 keine antike Lebensbeschreibung erhalten. Vieles in Plutarchs Leben ist daher nicht bekannt, anderes steht auf nicht gesicherter Basis. Schon im Altertum ist festgestellt worden, dass die Lebensgeschichte Plutarchs größtenteils nur aus den verstreuten Angaben in seinen eigenen Werken zusammengesetzt werden kann.10 Sein Geburts- und Todesdatum können nicht definitiv bestimmt werden, wenn auch der Versuch, dieses zu tun, immer wieder unternommen wurde.11 Z IEGLERs bündige Formulierung »Geburt kurz vor 50, Tod bald nach 120«12 hat nichts von ihrer Gültigkeit verloren. Nur mit Hilfe einer datierbaren Bemerkung Plutarchs zu den Jahren 66/67 n.Chr. und einer Schätzung seines Alters zu diesem Zeitpunkt lässt sich sein Geburtsjahr ungefähr, aber deshalb auch nur unbefriedigend, eingrenzen.13 9
Suda, ›
‹(
10
Eun. vit. soph. 2, 1, 7:
1793):
.
11
12 13
. Hiermit begründet Eunapios, weshalb die Lebensbeschreibung Plutarchs in seinem Werk fehlt. Ihm erschien die Aufgabe der Spurensuche hierfür wohl zu mühsam. Nahezu jeder, der sich intensiver mit Plutarch oder seinen Werken befasst hat, setzt sich mit der Fragestellung nach den Lebensdaten auseinander, z.B. schon M OMM SEN , Cornelius Tacitus, 295–297; P OMTOW , Fasti Delphici, 552; Z IEGLER , Plutarchos, 639–641; J ONES, Chronology, 63–66; neuerdings S WAIN, Plutarch. Z IEGLER, Plutarchos, 641. Zu diesem Ergebnis gelangte die Forschung aufgrund der Interpretation von Plutarch mor. 385B u. 391E, wo Plutarch sich selbst im Jahr 66/67 n.Chr. (Neros Aufrechnet, so dass gemutmaßt wird, dass enthalt in Griechenland) zur Gruppe der er zu diesem Zeitpunkt kaum älter als 20 Jahre gewesen sein wird, s. z.B. Z IEGLER, Plutarchos, 639f. (dort auch kontroverse Ansätze). Z IEGLER versucht diesen leicht angreifbaren Ansatz zu untermauern: Da Plutarch nicht in den Listen der geführt werde und sehr wahrscheinlich das Jahr 119 n.Chr. nicht lange überlebt habe
Geburt
2 Tod
Familie
1 Plutarch
Für sein Todesdatum kann immerhin mit einem terminus post und einem terminus ante quem gerechnet werden, so dass ein recht kleines Zeitfenster entsteht. Zwar sind sämtliche datierbaren Anspielungen in Plutarchs Werken dem Zeitraum von Nero bis Traian zuzuweisen, so dass Plutarch scheinbar bei Regierungsantritt Hadrians bereits gestorben war. Aufgrund einer Notiz bei Eusebios und einer Inschrift auf einer Hadrian-Statue in Delphi, die unseren Autor als Priester nennt, lässt sich aber sicher sagen, dass er zumindest den Beginn der Herrschaft Hadrians noch erlebt haben muss.14 Sein Tod wird bis spätestens 125 eingetreten sein, da eine weitere Statue Hadrians aus Delphi aus diesem Jahr einen anderen Priester nennt.15 Wenn auch die Identifizierung Chaironeias als Geburtsort Plutarchs nicht vollkommen gesichert ist,16 steht doch fest, dass diese kleine nord-boiotische Stadt, die oftmals Schauplatz großer historischer Ereignisse und Schlachten war,17 eine überaus wichtige Rolle in seinem Leben gespielt und er den größten Teil seiner Lebenszeit dort verbracht hat. Wenn diese Kleinstadt auch im geistigen und politischen Leben Griechenlands eine untergeordnete Bedeutung besaß, hat ihr Plutarch dennoch den Vorzug vor weitaus prominenteren Orten, wie z.B. Athen, gegeben.18
14
15 16
17
18
(s. hierzu auch Anm. 14), könne er zur Zeit des Aufenthaltes Neros in Griechenland nicht viel älter als 20 Jahre gewesen sein. Einerseits wird Plutarch bei Eus. chron. für das Jahr 2135 ab Abr. (119/20 n.Chr.) erwähnt, ein Indiz – wenn auch ein sehr schwaches – dafür, dass Plutarch noch Hadrians Regierung erlebt hat, andererseits erwähnt eine Inschrift auf einer HadrianStatue in Delphi als einen der beiden amtierenden Priester einen Mestrios Plutarchos, der mit Sicherheit mit unserem Autor identisch ist (CIG 1713 = SIG3 829A). Nach D ITTENBERGER muss die Statue kurz nach dem Regierungsantritt Hadrians errichtet worden sein (ca. 117–120); so auch: J ONES, Chronology, 63–66; s. auch demnächst S TRONK, Persica (2008). SIG3 835B. müsse nicht notwendigerHierauf weist J ONES, Plutarch, 13 hin: Plutarchs weise sein Geburtsort sein – dies ist sicher prinzipiell korrekt, allerdings in Anbetracht der Verbindung Plutarchs und seiner Familie zu Chaironeia zu vernachlässigen. Wohl aufgrund der strategisch günstigen Lage (Nord-Süd-Verbindung) war Chaironeia immer wieder Ort von Entscheidungsschlachten: 447 v.Chr. kämpften hier die Verbündeten des Boiotischen Bundes gegen Athen (Thuk. 1, 113, 1; Diod. 12, 6, 1); 338 v.Chr. fand hier die entscheidende Schlacht Philipps II. gegen Athen und Theben statt (Diod. 16, 85, 5–86, 6); 245 v.Chr. siegten hier die Aitoler über den Boiotischen Bund (Pol. 20, 4f.; Plut. Arat. 16); 86 v.Chr. vernichtete Sulla das Heer Mithradates’ VI. von Pontos unter seinem General Archelaos (App. Mithr. 42–45; Plut. Sulla 16–19). Nach eigener Aussage wollte Plutarch verhindern, dass Chaironeia durch seinen Weggang noch kleiner werde (Plut. Demosth. 2, 2). Dennoch besaß er das Bürgerrecht in Athen (Phyle Leontis), s. Plut. symp. 1, 10, 1 (mor. 628A).
1.1 Leben
3
Plutarchs Familie lebte seit mindestens drei Generationen in Chaironeia, was die Frage nach dem Geburtsort fast überflüssig macht. Die Überlieferung der Familientradition geht in Plutarchs Werken aber nicht über seinen Urgroßvater Nikarchos hinaus.19 Aus Plutarchs Werdegang, seiner Ausbildung und einigen seiner Bemerkungen zu den Lebensumständen seiner Familie lässt sich ersehen, dass sie wohlhabend gewesen sein muss und der städtischen Elite angehört hat.20 Recht viel erfahren wir aus Plutarchs Schriften über seinen Großvater Lamprias, der häufig als Dialogpartner in seinen Moralia auftaucht,21 bedeutend weniger über Plutarchs Vater, dessen Name uns nicht einmal überliefert ist, der höchstwahrscheinlich aber Autobulos oder Nikarchos geheißen hat.22 Von seiner Mutter haben wir gar keine Kenntnis, da er sie nie erwähnt, so dass die Vermutung naheliegt, dass sie früh gestorben ist.23 Seine beiden Brüder – Lamprias und Timon24 – hat Plutarch zwar in seinen Dialogen verewigt, allerdings sind auch aus diesen Angaben keine prosopographischen Rückschlüsse zu ziehen. Selbst den Namen seiner Ehefrau, mit der er eine äußerst harmonische Ehe geführt zu haben scheint,25 erfahren wir nur indirekt aus einer Trostschrift über den Verlust der gemein19
20
21 22
23 24 25
Plut. Ant. 68, 7. Basierend auf einer Stelle in Plut. mor. 558A, stellt sich die Frage, ob Plutarch sich auf eine Abstammung von alten boiotischen und phokischen Heroen (Opheltas und Daiphantes) beruft oder ob Plutarchs Familie über Einheirat mit einer Familie eng verbunden ist, die sich auf diese Heroen berufen kann (Timon sei, so Z IEGLER, Plutarchos, 646, Anm. 1, nur Plutarchs Halbbruder); s. auch Z IEGLER, Ahnen, 499–501; dagegen E INARSON, Ancestry, 99; s. auch BARROW, Plutarch, 15f. Siehe W ILAMOWITZ, Plutarch, 248f. und B REMER, Plutarch, 264–267. Lukian, der beinahe ein Zeitgenosse Plutarchs war, nennt als Voraussetzung für eine gute Bildung – wie sie z.B. Plutarch genossen hat – dreierlei: Zeit, Vermögen und eine herausragende soziale Stellung, Lukian. somn. 1; zum sozialen Rang der Familie s. auch Z IEGLER, Plutarchos, 641; J ONES, Plutarch, 8f. Aufgrund der eindeutigen agrarischen Ausrichtung Boiotiens ist von Landbesitz als Grundlage des Wohlstandes auszugehen, J ONES, City, 265f. Siehe z.B. mor. 678C–769E; 683B–684B. Siehe Z IEGLER, Plutarchos, 643f. u. BARROW, Plutarch, 15. Da die Zuweisung des Vaters im Normalfall eindeutig ist, kann Plutarch einfach auf dessen Nennung verzichtet haben, ohne dass dies auf ein kühles Verhältnis zwischen beiden hindeutet (s. auch das Übergehen der namentlichen Nennung seiner Ehefrau), wie z.B. noch W ILAMOWITZ -M OELLENDORFF, Plutarch, 252f. vermutete. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 645. Z IEGLER, Plutarchos, 646, Anm. 1 vermutet sogar, dass es sich bei Timon nur um einen Halbbruder Plutarchs gehandelt habe, s. hierzu oben Anm. 19. Z IEGLER, Plutarchos, 648 sieht Plutarch allgemein als Lobredner der ehelichen Verbindung und auch der Frauen; zum Frauenbild Plutarchs s. L E C ORSU, Plutarque und die Untersuchung von B LOMQVIST, Olympias, 73–97, zum plutarchischen Frauenbild in der Forschung bes. 73f.; ferner D ETTENHOFER, Frauenbilder.
4
Ausbildung
Reisen
1 Plutarch
samen Tochter gleichen Namens: Timoxena.26 Nur zwei Söhne, Autobulos und Plutarch, haben ihren Vater überlebt, während zwei weitere sowie eben die Tochter Timoxena früh gestorben zu sein scheinen.27 Aufgrund ihres sozialen Ranges war das Studium in Athen für Plutarch und seine Brüder nahezu eine Selbstverständlichkeit. Leider spricht Plutarch in seinen Schriften nur gelegentlich über seine Ausbildung. Wenn er es auch nirgends erwähnt, ist er sicherlich, da sie ein Grundbestandteil der antiken Bildung war, in Rhetorik unterwiesen worden – dies ist auch in seinen Schriften zu spüren. Stark beeinflusst hat ihn zudem sein Lehrer, der Philosoph Ammonios:28 Er machte ihn mit der Mathematik vertraut, die zeitlebens eine Leidenschaft Plutarchs blieb,29 brachte ihm die Lehre Platons näher, so dass Plutarch sich bald der Akademie anschloss, und hatte entscheidenden Anteil an Plutarchs Wendung zur Religion.30 Trotz seines Studienaufenthaltes in Athen blieb Plutarch seiner Heimat Boiotien und Chaironeia treu und kehrte dorthin wieder zurück; sein Haus in Chaironeia entwickelte sich zum geistigen Zentrum der Gemeinde, nahezu – wie Z IEGLER es nennt – zu einer »Filiale der athenischen Akademie in der Provinz«, in die Verwandte und Freunde ihre Kinder zur Erziehung schickten.31 Besonders in seiner ersten Lebenshälfte hat Plutarch – trotz seiner Verbundenheit mit Chaironeia – eine erstaunliche Reiseaktivität entwickelt, die ihn durch ganz Griechenland führte.32 Er war zudem vermutlich in Kleinasien (Sardeis oder Ephesos),33 sicher aber in jungen Jahren in Alexandreia34 und auch mehrere Male (mindestens zweimal, nämlich kurz vor 80 und bald nach 90) im Westen, genauer: in Italien, wobei den Schwerpunkt dieser Rei26 27 28
29 30 31 32
33 34
Plut. mor. 608C; 611D. Plutarchs weitere Söhne hießen vermutlich Chairon und Soklaros, s. hierzu Z IEG LER , Plutarchos, 648f. Ammonios ist der einzige Lehrer, den Plutarch erwähnt (Plut. Them. 32, 6; mor. 385B). Definitiv identifiziert ist die Person des Ammonios noch nicht. Fest steht, dass er aus Ägypten stammte und ein angesehener Bürger Athens zu dieser Zeit war, der u.a. dreimal das Strategenamt bekleidete, s. Z IEGLER, Plutarchos, 651f.; J ONES, Teacher. Plut. mor. 387F u.a. So hat Ammonios mit Plutarch und dessen Bruder Lamprias das Heiligtum in Delphi besucht, Plut. mor. 385B. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 663; s. auch BARROW, Plutarch, 18. So zeigt z.B. die Stelle Plut. Lykurg. 18, 2, dass er Sparta durch Autopsie kannte. Derlei Beweise für Plutarchs Kenntnis Griechenlands finden sich häufig in seinen Schriften. Dies schließt die Forschung aus einer Bemerkung in Plutarchs Schrift Animine an corporis affectiones sint peiores mor. 501E; s. Z IEGLER, Plutarchos, 654. Plut. mor. 678C.
1.1 Leben
5
sen Rom gebildet hat.35 Allerdings hat es sich hierbei nur um Aufenthalte von mehreren Monaten (nicht Jahren) gehandelt; so reichte ihm nach eigener Aussage die Zeit – neben seinen politischen Geschäften und der philosophischen Tätigkeit – in Italien nicht aus, um die lateinische Sprache zu erlernen.36 Plutarch konnte einige der angesehensten Römer zu Freunden gewinnen.37 Im Zusammenhang mit den Parallelbiographien ist besonders – zu erQ. Sosius Senecio38 – der Widmungsträger der wähnen,39 der auch ein enger Vertrauter Traians war. Daher würde es nicht überraschen, wenn die Suda-Notiz zuträfe, dass Traian Plutarch für das Jahr 119 das Amt des Prokurators der Provinz Achaia verliehen habe.40 Ob allerdings auch eine persönliche Verbindung zwischen Plutarch und dem Kaiser bestand, lässt sich nicht sagen.41 Zweck der Reisen nach Rom waren einerseits öffentliche Vorträge philosophischen Inhalts – Plutarch war bereits ein Philosoph von gewissem Ruhm –, andererseits aber auch die Teilnahme an Gesandtschaften für seine Heimatgemeinde Chaironeia.42 Schon als junger Mann hatte Plutarch für diese Polis politische Aufgaben übernommen und z.B. eine Gesandtschaftsreise zum Prokonsul von Achaia in Korinth geleitet.43 Ganz in der Tradition des alten Politentums und der platonisch-stoischen Ethik entzog er sich auch nicht den politischen Aufgaben in Chaironeia: Er übernahm unter anderem 35 36 37
38
39 40
41 42 43
Z IEGLER, Plutarchos, 653f.; L ESKY, Geschichte, 875; J ONES, Plutarch, 9 u. 15. Plut. Demosth. 2, 2. Hier ist z.B. L. Mestrius Florus zu nennen, über den Plutarch das römische Bürgerrecht erlangt hat (im Rang eines eques), weshalb er auch dessen Gentilnamen führte. Allerdings nennt sich Plutarch nirgends »Mestrios Plutarchos«, auch die antike Literatur spricht unisono nur von »Plutarchos«. Einziges direktes Zeugnis seines römischen Bürgerrechtes ist diejenige Inschrift in Delphi, die auch für die Datierung seines Todes von Bedeutung ist (SIG3 829A = CIG 1713). Ferner zeigt die Inschrift SIG3 843 = IG VII 3423, dass er diesen Namen an seine Kinder vererbt hat, s. S TRONK, Persica. Zu genaueren Informationen über Q. Sosius Senecio s. G ROAG, Sosius; E CK, Senecio sowie PIR2 S 777 (Q. Sosius Senecio). Um nur zwei Beispiele für dessen hohe dignitas zu nennen: Er war 99 und 107 n.Chr. consul ordinarius, und Traian verlieh ihm die Triumphalinsignien (Cass. Dio 68, 16, 2). Plut. Demosth. 1, 1 u. 31, 7 – Sosius ist auch Widmungsträger der quaestiones convivales. Zum Wortlaut des Eintrags in der Suda, s. S. 1, Anm. 9; in beiden Fällen – wenn die Notiz denn korrekt ist – handelte es sich wohl eher um Ehrungen ohne politische Wirkungen; im Jahre 119 muss Plutarch schon in weit vorgerücktem Alter gewesen sein. Siehe hierzu Z IEGLER, Plutarchos, 657f.; L ESKY, Geschichte, 876; F EIN, Beziehungen, 167–174. Vgl. BARROW, Plutarch, 37. Plut. mor. 861E; Z IEGLER, Plutarchos, 653.
Politische Tätigkeiten
6
Priesterliche Tätigkeiten
1 Plutarch
die Leitung des Bauwesens ( ) und übte auch das Amt des aus.44 Neben diesen Tätigkeiten hat Plutarch – höchstwahrscheinlich von der Mitte, spätestens aber vom Ende der 90er Jahre bis zu seinem Tode45 – das Amt eines der beiden delphischen Priester Apolls und das Amt des (Verwalter, Aufseher) in Delphi bekleidet. Neben Chaironeia ententwickelte sich das Heiligtum, das nur eine Tagesreise von seiner fernt liegt, zu einem weiteren zentralen Punkt in seinem Leben: »Delphi and Chaeronea were to be the twin poles of Plutarch’s adult life.«46 Wie richtungsweisend und bestimmend diese Verbindung zu einem der prominentesten Orakel der antiken Welt für Plutarch war, ist an den Themen vieler seiner Schriften abzulesen, die sich mit religiösen Fragen oder dem Heiligtum selbst beschäftigen.47 Wenn wir auch keinen Beleg für ein Haus Plutarchs in Delphi haben, ist doch davon auszugehen, dass er – gebunden durch seine priesterliche Tätigkeit – viel Zeit in Delphi verbrachte.48
1.2 Werk Das uns erhaltene Œuvre Plutarchs gehört zu den umfangreichsten literarischen Hinterlassenschaften der paganen griechischen Literatur überhaupt.49 Dennoch ist ein großer Teil der Werke Plutarchs – schätzungsweise die Hälfte bis zwei Drittel – nicht mehr erhalten. Dies können wir einerseits anhand der uns erhaltenen Fragmente, andererseits aufgrund des sogenannten Lam51 gibt an, dass priaskataloges erschließen.50 Der Suda-Artikel zu ein Sohn Plutarchs, Lamprias, eine Liste mit allen Werken seines Vaters ver44 45 46 47
48
49
50 51
Plut. mor. 811Bf. (Telmarchie); 642F; 693F (Archontat). Siehe hierzu Z IEGLER, Plutarchos, 657. Hierzu Z IEGLER, Plutarchos, 660; J ONES, Chronology, 63–66, bes. 66. J ONES, Plutarch, 4. Hier ist z.B. die schon häufiger zitierte Schrift De E apud Delphos (mor. 384D– 394C) zu nennen oder auch De Pythiae oraculis (mor. 394D–409D). Viele seiner theologischen Schriften sind uns, wie wir aus dem Lampriaskatalog wissen, leider verloren. Z IEGLER, Plutarchos, 659–662, bes. 660f. hält P OMTOWs These, dass Plutarchs Familie schon immer die Proxenie in Delphi besessen habe (P OMTOW, Fasti, 554), für unbeweisbar; s. auch BARROW, Plutarch, 31 und J ONES, Plutarch, 3. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, Sp. 696: Die Frankfurter Ausgabe von 1599 (der Nachdruck der Ausgabe von 1572 von Henri Estienne) umfasst 2222 große Foliospalten und die Gesamtedition der Bibliotheca Teubneriana 4355 Seiten. Hierbei sind allerdings sowohl wahrscheinlich als auch sicher unechte Schriften einberechnet. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, Sp. 696–701 (hier eine Auflistung des gesamten Lampriaskataloges); s. auch Lesky, Geschichte, 876. ‹ ( 96). Suda, ›
1.2 Werk
7
fertigt haben soll. Da uns allerdings kein Sohn Plutarchs dieses Namens bekannt ist,52 geht die Forschung davon aus, dass der zudem an vielen Stellen unvollständige und fehlerhafte Katalog in Wahrheit mit ziemlicher Sicherheit ein Werk der Spätantike (wohl 3. oder 4. Jahrhundert) ist.53 Der Lampriaskatalog nennt insgesamt 227 Werke unter Plutarchs Namen, von denen heute nur 83 erhalten sind. Jedoch finden sich in der Liste mehrere erhaltene (18) und einige als Spuria bekannte Schriften (15) nicht. Z IEGLER schätzt, dass Plutarch – abzüglich mutmaßlich unechter – an die 250 Werke verfasst haben muss,54 so dass er mit Recht als wirklicher ›Vielschreiber‹55 zu bezeichnen ist. An der erstaunlich hohen Zahl der erhaltenen Werke Plutarchs ist deutlich zu erkennen, dass er auch in der christlichen Welt Griechenlands ab dem 4. Jahrhundert ein gern gelesener und viel rezipierter Autor gewesen sein muss.56 Üblicherweise wird Plutarchs Gesamtwerk in zwei Gruppen von Schriften unterteilt: die Biographien und die Moralia.57 Etwa drei Fünftel der erhaltenen Werke Plutarchs befinden sich in in der Sammlung der heute (nicht antik) sogenannten Moralia. Die populär-philosophischen Traktate (einschließlich theologischer und pädagogischer Texte)58 nehmen hier zwar quantitativ den größten Raum ein, es finden sich aber auch Schriften über Politik, Psychologie, Naturwissenschaften, Rhetorik etc.59 Der Titel Moralia, der nur auf den philosophischen Texten im weitesten Sinne gründet, ist daher nicht uneingeschränkt korrekt, aber durch die Tradition gerechtfertigt. So bunt wie der Inhalt der Moralia, der von einer immensen Belesenheit und einem ebenso weiten Interessensspektrum Plutarchs zeugt, ist auch deren Form. Hauptsächlich finden sich Dialoge in der Tradition Platons, aber auch Deklamationen, rein sachlich ausgerichtete Abhandlungen, Diatriben und anderes.60 52 53 54 55 56 57 58
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Siehe hierzu S. 4, Anm. 27; allerdings trug einer seiner Brüder diesen Namen. Siehe auch Z IEGLER, Plutarchstudien, 239; dens., Plutarchos, 697; ferner RUSSELL, Plutarch, 18. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 701f.; auch RUSSELL, Plutarch, 19. ‹ ( 1793): . . . Siehe hierzu auch schon den Suda-Eintrag, › (»Er schrieb viel.«). Vgl. RUSSELL, Plutarch, 19. Vgl. S TADTER, Pericles, XXIII. In seinen philosophischen Abhandlungen ist Plutarch nie allzu weit in die Tiefe gedrungen, sondern war immer bemüht, seine Betrachtungen auf einem allgemein verständlichen Niveau zu halten und an Problemen des Alltags auszurichten, s. BAB BITT , Moralia, vol. I, XIVf. Da Plutarch Philosophie als ansah, stand Ethik im Vordergrund seiner philosophischen Betrachtungen, s. Z IEGLER, Plutarchos, 664. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 701–706 (mit einer Übersicht über die verschiedenen Sujets der Moralia); L ESKY, Geschichte, 876; auch BALTES, Plutarchos, 1167–1170. Vgl. L ESKY, Geschichte, 879; BABBITT, Moralia, vol. I, XIII.
Die Moralia
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1 Plutarch
1.2.1 Die biographischen Schriften Plutarchs Ruhm ist aber nicht so sehr durch die Moralia, sondern vielmehr durch seine biographische Schriftstellerei begründet worden. Schon in der Antike hochgeschätzt, sicherte sie ihm das Interesse einer prominenten Leserschaft bis in die Moderne (hier seien nur einige Namen wie z.B. Leonardo Bruni, Niccolò Machiavelli, Michel de Montaigne, William Shakespeare und Friedrich Nietzsche genannt).61 Uns sind nur mehr 50 Biographien Plutarchs ),62 wobei die vergleichenerhalten: 22 Parallelbiographien ( de Biographie Agis/Kleomenes-Tiberius/Gaius Gracchus vier einzelne Lebensbilder enthält (insgesamt befinden sich also 46 einzelne Biographien in den Parallelbiographien), und vier Einzelbiographien (Arat, Artaxerxes, Galba und Otho).63 Verloren sind – laut Lampriaskatalog – die Parallelvita Epameinondas-Scipio (das vermutlich erste Biographienpaar, das auch die Widmung an Quintus Sosius Senecio enthalten haben mag),64 die Kaiserviten von Augustus bis Vitellius sowie mehrere Staatsmänner- und Dichterviten.65 Abgesehen von wenigen Ausnahmen hat Plutarch seine Biographien – hierin ist sich die Forschung einig – erst spät geschrieben, vermutlich erst nach 96, während er den weitaus größten Teil der Schriften der Moralia früher abgefasst hat.66 So sind mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Parallelbiographien erst in der Regierungszeit Traians entstanden, während die Kaiserbiographien (von Augustus bis Vitellius) mit Sicherheit vor den Parallelbiogra-
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Erst das wissenschaftliche Streben des 19. und 20. Jahrhunderts, das die Methoden der Quellenkritik an Plutarchs Biographien anlegte, lenkte den Blick von Plutarch weg zu mutmaßlich verlässlicheren Autoren, wie z.B. Thukydides oder Tacitus. Die Lebensbetrachtungen Plutarchs verloren ihren individuellen Wert als Literatur und wurden Grundlage für »source-hunters«, s. S TADTER, Commentary, 1f. Diese Bezeichnung geht anscheinend auf Plutarch selbst zurück, s. z.B. Thes. 1; Pelop. 2. Othos und Galbas sind den Kaiserviten zuzurechnen, die höchstwahrscheinDie lich alle vor den Parallelbiographien verfasst worden sind. Diese beiden Viten sind – im Gegensatz zu den Viten des Artaxerxes und des Arat – nicht im Corpus der Parallelviten auf uns gekommen, sondern über die Handschriften der Moralia. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 895–897. Senecio wird nur an vier Stellen in den Parallelbiographien direkt angesprochen (Thes. 1, 1; Demosth. 1, 1; 31, 7; Dion 1, 1), es ist aber wahrscheinlich, dass das erste – uns verlorene – Biographienpaar (Epameinondas-Scipio) eine längere Widmung enthalten hat, s. W ILAMOWITZ, Plutarch, 260; Z IEGLER, Plutarchos, 897. Eine Liste der uns verlorenen Biographien findet sich bei Z IEGLER, Plutarchos, 895– 897, eine vollständige Liste der uns erhaltenen Werke bei: L ESKY, Geschichte, 882f. J ONES, Chronology, 70–73 zeigt anhand möglichst exakter termini ante und post quos, dass die meisten Schriften der Moralia zwischen ungefähr 70 und 100 n.Chr. entstanden sein müssen.
1.2 Werk
9
phien veröffentlicht wurden.67 Es ist daher nicht unangemessen, Plutarchs biographische Schriften als sein eigentliches Spätwerk anzusehen.68 Innerhalb des biographischen Œuvres Plutarchs bilden die Parallelbiographien rein mengenmäßig im Vergleich zu den Einzelbiographien den Schwerpunkt. Schon in der Antike sind sie besonders gern und häufig rezipiert worden – häufiger als die Einzelbiographien –, ein Umstand, dem wir es verdanken, dass uns, abgesehen von einem einzigen Paar, alle Parallelbiographien erhalten sind. Z IEGLER geht sogar so weit zu behaupten, dass viele der uns bekannten ›großen‹ Männer der klassischen Zeit Griechenlands und der römischen Republik nur deshalb heute so berühmt seien, weil Plutarch sie in den Parallelbiographien behandelt habe.69 Die wenigen Einzelbiographien, die auf uns gekommen sind, haben sich vermutlich nur deshalb erhalten, weil sie im Laufe der Zeit durch Zufälle Eingang in das Corpus der Parallelbiographien oder der Moralia fanden. Wenn auch die Sammlung der Biographien als zusammenhängendes Ganzes zu denken ist, so scheint diese Bildergalerie von ›Helden‹ vergangener Zeiten dennoch sukzessive entstanden zu sein. Die Forschung geht davon aus, dass Plutarch vor Beginn der Arbeit keinen kompositorischen Gesamtplan besessen hat.70 Der moderne Leser vermisst vielleicht bedeutende Persönlichkeiten der griechischen und römischen Geschichte, so dass die Vermutung naheliegt, dass Plutarch noch weitere Biographien geplant hatte, diese dann aber – sei es aufgrund schwerer Krankheit71 oder Tod – nicht mehr vollenden konnte.72
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Das Datum des ersten Konsulats des Q. Sosius Senecio im Jahre 99 erweist sich als ein interessanter Termin für die Veröffentlichung der ersten Parallelbiographien, s. J ONES, Chronology, 70–73 und KONRAD, Sertorius, XXVII. Allerdings handelt es sich bei dieser Datierung um eine reine Vermutung: mit schwachen Indizien RUS SELL, Plutarch, 101. – Da Plutarch den Regierungsantritt Hadrians nur um wenige Jahre überlebt hat und sich kein einziges Indiz in den Parallelbiographien für eine Abfassung unter diesem Kaiser findet, lässt sich keine sichere Aussage darüber treffen, ob vielleicht einige späte Biographien unter Hadrian verfasst worden sind. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 895–897. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 898; nach Z IEGLER wären noch viele andere, die heute aber in Vergessenheit geraten sind, einer Biographie Plutarchs würdig gewesen – »carent quia vate sacro« (Hor. carm. 4, 9, 28). Z IEGLER, Plutarchos, 898; S TADTER, Pericles, XXV. Artem. 4, 72. In den Schriften Plutarchs finden sich Hinweise auf Biographien, die Plutarch wohl nicht mehr vollenden konnte. So spricht er in De Herodoti malignitate 32 (mor. 866B) über eine geplante Biographie des Spartaners Leonidas und in Marius 29, 11 über die des Römers Metellus Numidicus; s. auch W ILAMOWITZ, Plutarch, 258, Anm. 1; Z IEGLER, Plutarchos, 896.
Die Parallelbiographien
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1 Plutarch
Die exakte chronologische Anordnung der einzelnen Vitenpaare zueinander ist heute nicht mehr rekonstruierbar, aber anhand innerer Indizien in den einzelnen Werken lässt sich eine relative Chronologie der Parallelbiographien erstellen.73 Das verlorene Paar Epameinondas-Scipio gilt z.B. als das erste der Reihe, Demosthenes-Cicero bildet sicher das fünfte,74 PeriklesFabius Maximus das zehnte75 u.s.w., so dass besonders für die Anordnung der ersten zehn Paare ein breiter Konsens in der Forschung besteht.76 1.2.2 Zielsetzung der biographischen Schriften Häufig hat sich Plutarch in den Einleitungen seiner Parallelbiographien zu seiner Intention, seinen Methoden und zu seiner Selbstsicht als Verfasser geäußert. Daher ist kaum interpretatorischer Aufwand von Nöten, um sich Klarheit über Plutarchs Ziele in den Biographien zu verschaffen. In der Forschung besteht deshalb in diesem Punkt Übereinstimmung. Eine deutliche Passage zu Plutarchs Motivation und Intention findet sich in der Vita des Aemilius:
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Grundlegend hierfür ist der schon mehrfach zitierte Aufsatz von J ONES, Chronology, bes. 66–68; auch schon Z IEGLER, Plutarchos, 899–905; ferner KONRAD, Sertorius, XXVII–XXIX. Plut. Demosth. 3, 1. Plut. Per. 2, 5. Vgl. S TADTER, Perikles, XXVIIIf.; J ONES, Chronology; S TOLTZ, Chronologie. Plut. Aem. 1, 1–3: »Die Anregung, mich mit dem Schreiben von Biographien zu befassen, ist mir von anderen gekommen; daß ich aber dabei blieb und mich alsbald auf dem Gebiete wohl fühlte, das geschah aus eigenem Antrieb, indem ich nun versuchte, gleichsam vor dem Spiegel der Geschichte mein Leben gewissermaßen zu formen und dem Vorbild jener Männer anzugleichen. Denn nichts anderes als ein stetes inniges Zusammenleben ist doch das, was vor sich geht, wenn wir mittels der geschichtlichen Betrachtung jeden von ihnen der Reihe nach, wenn er sozusagen als ein Fremdling erscheint, gastlich empfangen, bei uns aufnehmen, und ihn so recht
1.2 Werk
11
Er hat also die biographische Schriftstellerei auf Anregung anderer begonnen, ist aber dann aus innerer Überzeugung dabei geblieben. Die Biographien sollten für ihn wie für andere die Funktion eines Leitbildes übernehmen, nach dessen Vorbild das eigene Leben zu gestalten sei, also als ethischmoralische Exempel dienen.78 Der Verfasser und auch die Leser sollen wie vor einem Spiegel der Geschichte lernen, um dann ihr Leben nach diesen sittlichen Vorbildern ausrichten zu können.79 Ziel der plutarchischen Biographie ist also in erster Linie die moralische Wirkung. Diese versucht Plutarch mit Hilfe von Charakterzeichungen der ›großen‹ Männer der Vorzeit zu erreichen.80
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78 79
80 81
betrachten, ›wie gewaltig er war, wie trefflich‹ (Hom. Il. 24, 630) und das Gewichtigste und Bedeutsamste für die Erkenntnis seines Wesens aus seinen Taten entnehmen. ›Ach, welche größre Wonne kann man wohl erleben‹ (Soph., TrGF 4, F 636, 1), die zugleich wirkungskräftiger wäre zur Veredlung des Charakters?« (Übers. Z IEGLER). Vgl. auch Z IEGLER, Plutarchos, 895. Weitere Beispiele: Plut. Kim. 2; Per. 1f.; Demetr. 1: Nicht nur mittels positiver Beispiele versucht Plutarch eine Vervollkommnung des Charakters zu erreichen, sondern auch anhand einiger (weniger) negativer Lebensbilder (z.B. die Parallelbiographie Demetrios-Antonius); s. auch G OMME, Thucydides, 55; S TADTER, Method, 11; dens., Pericles, XXVI. Selbst bei den positiven Beispielen hat sich Plutarch nicht als ) seiner Protagonisten einfacher Lobredner gezeigt. Die moralischen Mängel ( hat er nicht verhehlt. Allzu einseitige und schönfärberische Darstellung ist praktisch immer auf die von Plutarch genutzten Quellen zurückzuführen (Z IEGLER, Plutarchos, 904). Dies offenbart eine deutliche Schwierigkeit im Umgang mit Plutarch: Kritik an den von ihm genutzten Quellen war offensichtlich nicht seine Stärke. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 905; S TADTER, Pericles, XXIX. Plut. Alex. 1: »Wenn ich in diesem Buche das Leben des Königs Alexander und das des Caesar, von dem Pompejus bezwungen wurde, darzustellen unternehme, so will ich wegen der Fülle des vorliegenden Tatsachenmaterials vorweg nichts anderes be-
Die moralische Intention
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Das Problem
1 Plutarch
Nirgends hat sich Plutarch so deutlich wie an dieser viel zitierten Stelle aus dem Prooimion zum Biographienpaar Alexander-Caesar zu seiner Methode geäußert. Eine eigentlich unscheinbare Geste, ein Wort, ein Scherz oder eine Anekdote sagen – so jedenfalls Plutarch – mehr über den Charakter eines Mannes aus als dessen ›große‹ Taten, die so häufig im Interesse der Geschichtsschreibung stehen.82 Plutarch sagt es eindeutig: Sein Ziel ist es, ).83 Er Lebensbilder zu zeichnen ( will nicht zu einem Thukydides oder Philistos in Konkurrenz treten, wie er es explizit in seinem Nikias betont,84 sondern versuchen, nach einer notwendigen kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse die Eigenschaften eines Charakters herauszuarbeiten. Das Material, das der Erkenntnis des Charakters dienen soll, hat er aus zahlreichen verstreuten Notizen aus den verschiedensten Quellen zusammengelesen.85 Gerade dieser Ansatz macht Plutarch, dessen Biographien sich dem modernen Leser, vordergründig betrachtet, so leicht erschließen, zu einem
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merken als die Leser bitten, wenn ich nicht alles und nicht jede der vielgerühmten Taten in aller Ausführlichkeit erzähle, sondern das meiste kurz zusammenfasse, mir deswegen keinen Vorwurf zu machen. Denn ich schreibe nicht Geschichte, sondern zeichne Lebensbilder, und hervorragende Tüchtigkeit oder Verworfenheit offenbart sich nicht durchaus in den aufsehenerregendsten Taten, sondern oft wirft ein geringfügiger Vorgang, ein Wort oder ein Scherz ein bezeichnenderes Licht auf einen Charakter als Schlachten mit Tausenden von Toten und die größten Heeresaufgebote und Belagerungen von Städten. Wie nun die Maler die Ähnlichkeiten dem Gesicht und den Zügen um die Augen entnehmen, in denen der Charakter zum Ausdruck kommt, und sich um die übrigen Körperteile sehr wenig kümmern, so muß man es mir gestatten, mich mehr auf die Merkmale des Seelischen einzulassen und nach ihnen das Lebensbild eines jeden zu entwerfen, die großen Dinge und Kämpfe aber anderen zu überlassen.« (Übers. Z IEGLER). Siehe hierzu auch Plut. Galba 2, 3; Z IEGLER, Plutarchos, 903; G OMME, Thucydides, 55; L ESKY, Geschichte, 879f.; S TADTER, Method, 11; J ONES, Plutarch, 73. Anderer Ansicht ist dagegen D UFF, Lives, 14–22 (konkret zum Alexander-Prooimion), der den programmatischen Aussagen Plutarchs keine generelle Aussagekraft zugesteht, sondern sie nur im Kontext des jeweiligen Vitenpaares sehen möchte. Plut. Alex. 1, 2; s. hierzu auch RUSSELL, Plutarch, 101f. Plutarch hält diesen Versuch, mit den Großen der Geschichtsschreibung zu konkurrieren, für ein törichtes Unterfangen. Einen solchen Fehler habe z.B. Timaios begangen (Plut. Nik. prooim.). Diese Aussage ist nicht als Bescheidenheitstopos zu verstehen. Wenn Plutarch auch ein reges Interesse an der Geschichte hatte, hat er sich dennoch nie als Historiker bezeichnet. Ausdrücklich – so z.B. in der Vita des Artaxerxes – stellt er immer wieder fest, dass vor ihm bestimmte Ereignisse viel besser dargestellt worden seien (z.B. die Schlacht bei Kunaxa von Xenophon) und er nicht konkurrieren wolle, s. hierzu S. 180 zu Plut. Art. 8, 1–8, › ‹. Daran hat er sich dann auch gehalten und nur Informationen geliefert, die seiner Meinung nach wichtig sind, aber übersehen wurden. Ebenfalls Plut. Nik. prooim.; s. hierzu Z IEGLER, Plutarchos, 903.
13
1.2 Werk
großen Problem für den Althistoriker. Plutarch ist kein Geschichtsschreiber und wollte auch keiner sein.86 Er ist Biograph – allerdings deckt sich sein Verständnis von Biographie nicht mit dem heutigen.87 Nach unseren Maßstäben ist es vielleicht treffender, Plutarch als philosophischen Essayisten, also Künstler zu bezeichnen, da die moderne wissenschaftliche Biographie eher dem Genre der Historiographie zuzuweisen ist.88 Nicht die politische Karriere, nicht die Ursachen der Politik und der Macht eines Mannes interessieren ihn, sondern die ›Wahrheit‹ über dessen Charakter: Eigenschaften wie Ehrgeiz, Ehrenhaftigkeit oder Großmut stehen im Mittelpunkt seiner Betrachtungen.89 Eine gesicherte historische Erkenntnis war nicht sein Ziel, die Historiographie und die Geschichte waren lediglich das Vehikel, um sein Hauptanliegen der moralischen Läuterung zu transportieren. Dennoch kommt Plutarch nicht ohne historischen Kontext aus – diesen will er aber nur liefern, soweit dies unumgänglich für seine Charakterzeichnung ist:
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Vgl. T HEANDER, Plutarch, 37. Da dieser Kommentar keinen philologischen Ansatz verfolgt, sei hinsichtlich der Verortung Plutarchs in die Tradition der biographischen Schriftstellerei auf die einflussreichen Arbeiten von L EO, Biographie und D IHLE, Studien bzw. dems., Entstehung verwiesen. Siehe ferner auch S CARDIGLI, Essays, 7–12; S ONNABEND, Geschichte, 147–150. Diese Arbeiten zeigen deutlich, wie schwierig es ist, die antike Biographie an sich, Plutarch aber im Besonderen, literaturhistorisch zu verorten. Vgl. G OMME, Thucydides, 54. Einen gelungenen Überblick über den Stand der Diskussion zum Thema ›Historische Biographik‹ und ›Biographische Historie‹ bietet H ÄHNER, Biographik. Ebd., 55; S TADTER, Pericles, XXVI. Plut. Nik. 1, 5: »Da es nun aber nicht möglich ist, die von Thukydides und Philistos dargestellten Ereignisse einfach zu übergehen, da sie ja vorzugsweise den Charakter und die von vielen schweren Schicksalsschlägen überdeckte Wesensart des Mannes in sich enthalten, so habe ich sie nur kurz, und soweit es eben notwendig war, berührt, um nicht ganz oberflächlich und träge zu scheinen, mich aber bemüht, die Dinge, die den meisten unbekannt, aber bei anderen Autoren da und dort aufgezeichnet oder auf alten Weihgeschenken oder Urkunden über Volksbeschlüsse zu Tage gekommen sind, zusammenzutragen, nicht um unnützen geschichtlichen Ballast anzuhäufen, sondern um Material, das für die Erkenntnis des Charakters und der Sinnesart des Mannes von Wert ist, zu übermitteln.« (Übers. Z IEGLER). Ähnlich auch
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Ein kulturellpolitisches Ziel?
1 Plutarch
Plutarch richtet also sein Augenmerk offenkundig auf Taten, die ›Historiker‹ eher übergehen und die daher den meisten unbekannt sind. Dies sagt er auch sehr deutlich in seiner Vita Alexanders.91 Aber diese von der Geschichtsschreibung abweichende Materialwahl ofund : Das Kriterium der fenbart nicht den Unterschied zwischen Bedeutung einer Tat ist sehr dehnbar, und Plutarch hat u.a. einen großen Teil seines ›unbedeutenderen‹ Materials auch in den Schriften von Historikern gefunden. und liegt also nicht im vorderDer Unterschied zwischen gründig beschriebenen Gegenstand, sondern letztlich allein in der Intention des Autors: Ein Historiker sammelt (vereinfacht gesagt) Fakten und konzipiert seine Darstellung, um Kausalzusammenhänge zu beleuchten. Ein Biograph (im Sinne Plutarchs) sammelt Fakten und konzipiert seine Darstellung, um die in der Seele eines Menschen wirkenden Entscheidungsfaktoren aufzuzeigen. Die eigentliche Handlung ist sekundär.92 Plutarch beschreibt Taten – seien es ›große‹ oder unbedeutend scheinende –, in denen seiner Meinung eines Menschen erkennbar wird. Er hat also immer beabsichnach das tigt, in der Erzählung des Lebens eines Mannes ein Bild von dessen Persönlichkeit zu liefern; dies ist der moralphilosophische und erzieherische Ansatz in seinen Biographien. Aber noch ein weiterer Aspekt sollte – zumindest bei den Parallelbiographien – beachtet werden: Die 22 erhaltenen Paare zeigen, dass jedem Griechen ein römisches Pendant – zumeist jüngerer Zeit entstammend93 – gegenübergestellt ist.94 Z IEGLER erblickt in Plutarchs Konzept einer Kontrastierung den Versuch, beide Völker einander näherzubringen und die gegenseitige Achtung durch den Blick auf die beiderseits ruhmreiche Vergangenheit zu erhöhen.95 Schon das mutmaßlich erste Paar der Bildergalerie zeigt dies deutlich: Plutarch stellt einem der seiner Ansicht nach ›größten‹ Griechen96 den einzigen Mann gegenüber, der ihm vergleichbar erscheint (Epameinondas-Scipio Maior). Die herrschenden Römer sollen die Größe
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Alex. 1; Galba 2, 3; Synkrisis Pelop. Marc. 1, 1 u.a.; s. hierzu L EO, Biographie, 147 u. auch bereits oben ab S. 10. Plut. Alex. 1, 2; Zitat s. bereits S. 11. Dies ist ein für jeden modernen Althistoriker eminent wichtiger Punkt, da Plutarch war. mitunter recht fahrlässig im Umgang mit derlei Coriolanus ist der einzige Römer, der einer älteren Zeit entstammt als der ihm zugeordnete Grieche (Alkibiades). Es lässt sich heute nicht mehr entscheiden, welche Vita in einem Paar Plutarch jeweils zuerst bearbeitet hat, s. I WANEK, Lives, 276. Z IEGLER, Plutarchos, 897. Die Wahl des Thebaners Epameinondas wird dem boiotischen Lokalpatrioten Plutarch nicht schwer gefallen sein, s. hierzu auch Z IEGLER, Plutarchos, 897; ferner BARROW, Plutarch, 51.
1.3 Plutarch und die Geschichte
15
Griechenlands, die Griechen ihrerseits die Kultur und Leistungen der Römer anerkennen – die Griechen sind keine Graeculi, die Römer keine .97 Erkennbar wird dieser Ansatz in den Einleitungen zu den einzelnen Paaren, die zumeist die gemeinsamen Qualitäten der beiden Protagonisten aufzeigen, und besonders in der sogenannten Synkrisis – also dem formalen Vergleich, mit dem die meisten Biographienpaare schließen –, die die Unterschiede der Charaktere aufzeigt.98 Demnach verfolgt Plutarch in seinem Corpus der Parallelbiographien nicht nur ein moralisches Ziel, sondern auch ein kulturell-politisches. Ein großer Teil der neueren Forschung, der die Parallelisierung der Persönlichkeiten auf rein moralische Erwägungen Plutarchs zurückführt,99 widerspricht diesem Ansatz Z IEGLERs, kann aber nicht überzeugen. Keine dieser Interpretationen kann den Sachverhalt der Gegenüberstellung eines Griechen mit einem Römer plausibel erklären. So ist J ONES z.B. der Ansicht, dass es zu Plutarchs Zeit überhaupt keine Kluft mehr zwischen diesen Völkern gegeben habe, so dass eine Überwindung derselben unnötig gewesen sei. Die Gegenüberstellung diene vielmehr – abgesehen von künstlerischen Aspekten – der Darstellung von Tugend unter verschiedenen politischen und kulturellen Vorzeichen.100 Diese Argumentation erklärt aber nicht hinreichend, weshalb Plutarch ausgerechnet Griechen und Römer gegenüberstellt. Für eine Darstellung von Tugend in unterschiedlichem Kontext hätte Plutarch auch einfach Griechen unterschiedlicher Epochen oder Poleis (Sparta und Athen) miteinander vergleichen können. Auch wäre das Ziel der moralischen Läuterung anhand von Einzelbiographien, wie z.B. die Biographien Galbas und Othos belegen, zu erreichen gewesen. Insofern erklärt allein Z IEGLERs Ansatz dieses Konzept zufriedenstellend.
1.3 Plutarch und die Geschichte Weshalb steht ein Autor, der zu Artaxerxes einen zeitlichen Abstand von einem guten halben Jahrtausend, zu Kimon und Perikles einen noch größeren hatte – also gemeinhin allein aufgrund der zeitlichen Distanz nicht als Quelle 97 98
Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 897; BARROW, Plutarch, 57. Zum Begriff der Synkrisis s. den wichtigen Aufsatz von E RBSE, Synkrisis; S TADTER, Comparison; neuerdings P ELLING , History, 349–363; s. ferner KONRAD , Sertorius, XXXI. 99 J ONES, Plutarch 103–109 stellt sich dezidiert gegen die Meinung Z IEGLERS; s. hierzu auch BARROW, Plutarch, 51–65; wenig glücklich: I WANEK, Lives, 283. Siehe jüngst S TADTER, Pericles, XXVII, der zwar auch in der moralischen Zielsetzung der Biographien das Hauptmotiv für die Parallelkonstruktion sieht, aber immerhin den Erklärungsversuchen Z IEGLERs eine gewisse Plausibilität zugesteht. 100 Vgl. J ONES, Plutarch, 105f.
16
1 Plutarch
von besonders hohem Wert zu gelten hätte –, im Blickpunkt der Althistorie? Weshalb betrachten wir die Werke dieses Autors, der explizit nicht Historiker sein wollte und daher sein Augenmerk nicht auf die kausalen Zusammenhänge richtete, sondern diese nur als Instrument nutzte, gar Geschichte manipulierte, um sein Bild zu zeichnen?101 Wieso galt und gilt Plutarch, der eine moralische, also ausdrücklich subjektive Intention in seinen Schriften verfolgte, dennoch als lohnende historische Quelle? Plutarch war sehr belesen und von den verschiedensten Interessen geleitet. Er hat gar als einer der gebildetsten Männer seiner Zeit zu gelten, als »allseitig interessierte[r] Dilettant«, wie Z IEGLER ihn nennt.102 Plutarch griff selbst gern auf die Werke aus der Zeit seiner Helden zurück – nicht nur auf die großen auch heute noch bekannten Klassiker. Er überliefert uns Informationen, z.B. über die Zeit der Pentekontaëtie, die Thukydides ausgelassen hat – er nutzt auch die Werke der Komödiendichter, Aristophanes und Menander schätzt er besonders.103 Auf diese Weise hat er so manche Quelle verwendet und ihren Inhalt tradiert, die uns heute in einer direkten Überlieferung nicht mehr erhalten ist: Hierin liegt sein Wert für den Althistoriker begründet.104 Dennoch ist für denjenigen, der versucht, Plutarchs Werke als historische Quelle zu ›plündern‹ und ihren Quellenwert zu beurteilen, die Arbeit mit seinem biographischen Œuvre extrem schwierig.105 Da Plutarch – wie schon mehrfach bemerkt – kein Historiker und auch kein Biograph im modernen Sinne ist, entstehen für die historische Bearbeitung seiner Biographien spezifische Probleme.106 Anhand der bisherigen Ergebnisse der Plutarchforschung ist es möglich, bestimmte Charakteristika der Arbeitsweise Plutarchs festzustellen, die es beim Lesen einer plutarchischen Biographie als historische Quelle stets im Hinterkopf zu behalten gilt.
101 102 103 104
Vgl. F RAZIER, Histoire, 68f., 95; B OSWORTH, 1992, 70. Z IEGLER, Plutarchos, 914. Vgl. G OMME, Thucydides, 74; Z IEGLER, Plutarchos, 918f. Als Beispiel mag hier auf den für die Vita Artaxerxes’ II. wichtigen Autoren Dinon hingewiesen sein (s. Kap. 1.8.2, S. 60–65); von den 30 uns überhaupt bekannten Fragmenten seines Werkes finden sich sieben in der von Plutarch verfassten Biographie, FGrH 690, F 13–17. 19. 23. An dieser Stelle sei aber auch gleich auf die damit verbundenen Schwierigkeiten hingewiesen: zum ›Plutarchischen Paradoxon‹ s. Kap. 1.4, S. 29–33. 105 Vgl. G OMME, Thucydides, 54. 106 Als grundlegende Werke sind hier zu nennen (dort auch weiterführende Literatur): T HEANDER, Plutarch; G OMME, Thucydides, 54–84; S TADTER, Methods, 125–140; J ONES, Plutarch, 81–109; P ELLING, Method; ders., Adaption; KONRAD, Sertorius, XXXIX–XLI. Eine gelungene Einführung bietet auch S TRONK, Persica.
1.3 Plutarch und die Geschichte
17
1.3.1 Plutarchs Quellennutzung Plutarch äußert sich recht häufig zu seinen Gewährsmännern,107 allerdings zumeist nur dort, wo er Varianten anbietet.108 In der Hauptmasse seiner Erzählungen scheint er eher einer unbestimmten und zumeist auch unbestimmbaren ›Überlieferungsvulgata‹109 zu folgen. P ELLING hat auf der Basis einer Analyse von acht römischen Lebensbeschreibungen (Lucullus, Pompeius, Crassus, Cicero, Caesar, Cato Minor, Brutus, Antonius) versucht, aufzuzeigen, dass Plutarch – ähnlich wie z.B. auch Livius und andere antike Autoren – zunächst breit zum speziellen Thema gelesen, sich aber dann – zumindest im Falle von sechs dieser Biographien, die Plutarch vielleicht gleichzeitig konzipiert und abgefasst hat – für einen einzigen Basistext entschieden habe, auf dessen Grundlage er dann seine Biographie verfasste.110 Allerdings ist fraglich, ob diese Vorgehensweise für alle Biographien vorstellbar ist – so bezieht sich auch P ELLING in seiner Analyse nur auf diese römischen Viten und betont den Unterschied zwischen Plutarchs Zugriff auf die griechische und römische Geschichte.111 Allein die plausible Annahme, dass Plutarch sich zu den einzelnen Viten breit informiert habe, steht der These einer einzigen Hauptvorlage entgegen: Eine ›Überlieferungsvulgata‹ ist hierbei bereits in Plutarchs Kopf entstanden, was das hohe Maß an Kontamination verschiedener Quellen erklärt, wie es auch in der Vita des Artaxerxes auftritt. So mag häufig eine Darstellung als grobes Gerüst (chronologisch) für seinen eigenen Text gedient haben, aber die Vorstellung, dass Plutarch diesen Text dann nur noch mit (immerhin) vielen weiteren Details, Anekdoten etc. ausgestattet habe, erscheint zu einfach. Abgesehen davon, dass die Struktur dieses Basistextes ihn in keiner Weise gebunden hat, kann nach allem, was zur Intention Plutarchs gesagt wurde, kaum ein einziger Text seinen Vorstellungen entsprochen haben.
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An immerhin gut 630 Stellen allein in den Biographien. Siehe z.B. Plut. Art. 1; 10f.; 19 etc. Vgl. Z IEGLER, Plutarchos, 912. Hier ist auf die zwei grundlegenden Aufsätze P ELLINGs zu verweisen, Method und Adaption bzw. auf seine Überarbeitungen in ders., History, 1–44 (chap. 1) und 91– 115 (chap. 4); ferner 143–170 (chap. 6); s. auch S TADTER, Pericles, XLVII. 111 Vgl. P ELLING, History, 1f.: »No one can doubt that Plutarch had all his life read widely and sensitively in Greek literature, and that, even before he started work on the Lives, his memory was full of anecdotes concerning the Greek heroes he described. In writing Pericles, for instance, he could exploit his recollections of the comic poets, of philosophers (especially Plato), of Theophrastus, of Ion of Chios. In no sense had he read these authors ›for‹ the Pericles. . . . Matters were different when he turned to Rome. . . . He evidently did not read Latin literature for pleasure, and therefore had no such ready fund of Latin recollections.«
18 Ein minderwertiger Abschreiber?
1 Plutarch
Die teilweise in der älteren Forschung zu findende Behauptung, dass Plutarch schon bestehende Biographien einfach aus- oder umgeschrieben habe, ist nicht haltbar. Gelehrte wie M EYER oder B ELOCH sprechen Plutarch noch jeden selbständigen Ansatz ab. Sie sehen in ihm einen eher minderwertigen Abschreiber teilweise unbekannter, nicht erhaltener Vorlagen, der nicht über den Bildungshorizont verfügt habe, den er für sich in Anspruch nahm.112 Von derart radikalen Ansichten hat sich die moderne Forschung seit der Mitte des letzten Jahrhunderts, basierend auf den Ergebnissen T HE ANDERs, der intensiv das Verhältnis Plutarchs zu seinen Quellen untersucht hat, getrennt. T HEANDERs Analysen zeigen deutlich, dass Plutarchs Eigenaussagen zu seiner vielfältigen Quellennutzung Glauben geschenkt werden muss. Dies beweisen u.a. die vielen wörtlichen Zitate und die Überprüfbarkeit vieler auch indirekter Zitate anhand uns erhaltener Werke113 und Plutarchs Kritik an seinen Vorlagen.114 Plutarch war außerdem – dies sei nur als weiteres Indiz erwähnt – viel zu sehr Künstler, als dass er so banal gearbeitet hätte.115 Es muss also auch die Frage geklärt werden, welche Quellen Plutarch genutzt haben könnte: Kannte er direkt nur die großen Klassiker, die uns auch erhalten sind (Herodot, Thukydides, Xenophon etc.),116 oder hat er gar – das wäre das andere Extrem – jeden der von ihm zitierten Autoren, eben
112 Siehe z.B. M EYER, Forschungen, 65: »Von einer Benutzung des Ephoros und Theopompos, von einer Heranziehung entlegener Quellen kann bei Plutarch so wenig die Rede sein wie bei Nepos oder Diogenes und Suidas. Dagegen kennt P. allerdings die grossen Klassiker, Herodot und Thukydides sehr wohl und ihre Kenntnis schimmert wiederholt durch, aber benutzt hat er sie nicht, ja er lehnt es in der Biographie des Nikias ausdrücklich ab, nachzuerzählen, was Thukydides berichte.«; ebd., 67: »man meint womöglich, dass die ausgesuchten, aus den seltensten Quellen genommenen Nachrichten der Biographien, etwa der Alexanders, wenigstens zum guten Theil von ihm selbst [Plutarch] gesammelt seien, dass die Gelehrsamkeit, die er zeigt, sein Eigenthum sei. Das alles sind Phantastereien, die den Tatsachen gegenüber nicht Stand halten.« 113 So lässt sich z.B. Plutarchs Nutzung des Ktesias anhand der durch Photios überlieferten Ktesias-Zitate mitunter überprüfen. 114 Vgl. T HEANDER, Plutarch, 37–66; P ELLING, Method, 83–91. 115 G OMME, Thucydides, 82 betont gerade diesen Aspekt. Plutarchs Umgang mit historischen Fakten, wie z.B. der Chronologie, wird noch ausführlich besprochen werden: Ästhetische Effekte und die Wirkung auf den Leser waren leitende Gestaltungsprinzipien des Philosophen und Künstlers Plutarch. 116 Dass Plutarch diese Autoren kannte und ihre Werke vermutlich selbst besessen hat, ist unstrittig, s. Z IEGLER, Plutarchos, 912; S TADTER, Pericles, XLIV; schon W ILA MOWITZ , Plutarch, 271 hatte 1913 die Hoffnung, dass »die kurzsichtigen Zweifel, ob er [Plutarch] die großen Originalwerke der griechischen Historiker in der Hand gehabt hätte«, wohl verstummt seien.
1.3 Plutarch und die Geschichte
19
auch die vielen uns unbekannten, selbst gelesen?117 Eine einfache und vor allem eindeutige und allgemein gültige Antwort auf diese Frage kann es natürlich nicht geben.118 Hierfür sind umfassende Einzeluntersuchungen der Biographien notwendig.119 Aber durch eine Betrachtung der Umstände, unter denen Plutarch gearbeitet hat bzw. hat arbeiten müssen, lässt sich diese Frage, wenn auch nicht eindeutig beantworten, so doch zumindest eingrenzen. Den größten Teil seines Lebens hat Plutarch in Chaironeia verbracht. Leider gibt er nirgends Auskunft über seine Privatbibliothek in seinem Heimatort; er wird dort aber sicherlich über eine größere Bibliothek mit Abschriften vieler bekannter Werke verfügt haben. Allzu viele Möglichkeiten, sich weitere Literatur, auch Werke unbekannterer Autoren zu beschaffen, wird er in Chaironeia – trotz eines sicher bestehenden Netzwerkes von Freunden, deren Bibliotheken er vermutlich nutzen konnte – nicht gehabt haben.120 Der regelmäßige Zugriff auf die großen Bibliotheken seiner Zeit fehlte ihm.121 Er war in Chaironeia eben nicht allseits umgeben von gelehr117 Um dem Leser ein Bild von der Quantität der direkten oder indirekten Zitate in Plutarchs Biographien zu geben: Er hat an ungefähr 500 Stellen 111 griechische oder Griechisch schreibende und an ca. 130 Stellen 40 lateinische Autoren in irgendeiner Form zitiert, s. Z IEGLER, Plutarchos, 911. 118 Siehe schon T HEANDER, Plutarch, 39 in seiner wegweisenden Untersuchung zur historischen Methode Plutarchs. 119 Siehe hierzu u. Kap. 1.4, S. 27–33. 120 Vgl. T HEANDER, Plutarch, 57. 121 Dies bemängelt Plutarch selbst (Demosth. 2, 1):
»
«
»Wer sich jedoch der Aufgabe unterzogen hat, ein Geschichtswerk zu schreiben, das aus der Lektüre größtenteils anderen gehöriger, vielfach zerstreuter Schriften, die er nicht selbst besitzt noch zur Hand hat, zusammenkommen muß, der sollte tatsächlich zuerst und vor allen Dingen eine altberühmte, volkreiche, für alles Schöne interessierte Stadt zum Wohnsitz haben, damit er eine große Menge verschiedenster Bücher zu seiner Verfügung hat, dazu alles, was in den Büchern nicht zu finden, aber im Gedächtnis aufbewahrt und sicher genug beglaubigt ist, mit den Ohren aufnehmen und erkunden und so ein Werk liefern kann, in dem nichts von dem Erforderlichen fehlt. Ich jedoch, der ich eine kleine Stadt bewohne und, damit sie nicht noch kleiner wird, gern in ihr verweile, bei meinen Aufenthalten in Rom und im übrigen Italien aber
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1 Plutarch
ten Büchern jeder Art, so dass er sich vieles nur bei seinen Besuchen in Athen und Rom angelesen haben kann.122 Trotz seiner Aufenthalte in diesen Städten musste sich Plutarch also bei der Abfassung seiner Biographien größtenteils auf seine eigene Bibliothek, seine Notizen, von denen wir wissen, dass er sie angefertigt hat,123 auf Anekdotensammlungen und vor allem auf sein Gedächtnis verlassen. Sein Gedächtnis war ein wichtiges Arbeitsinstrument als Speicher für das gesamte gesammelte Material.124 Unstrittig ist, dass Plutarch die auch uns erhaltenen Werke der bedeutenden klassischen und nachklassischen Historiker alle gelesen und gekannt hat – wohl schon seit seiner Ausbildung in der Jugend.125 Dieses Wissen konnte Plutarch auch bei seinen gebildeten zeitgenössischen Lesern voraussetzen – auch aus diesem Grund mag er häufig auf weniger bekannte Autoren zurückgegriffen haben. Im Falle der Vita des Artaxerxes nennt er Dinon und Ktesias häufiger als Gewährsleute als den allseits bekannten Xenophon. Beide erstgenannten Autoren werden auch seiner Zielsetzung eher entsprochen haben, da sie einerseits stärker ihren Focus auf Artaxerxes richten, andererseits für ihren Anekdotenreichtum bekannt sind.126 Z IEGLER versucht, anhand der Häufigkeit der Zitate bestimmter Autoren in den Biographien, aber auch in den Moralia, die Frage zu klären, ob Plutarch die Werke selbst gelesen hat oder nicht. Viele Autoren zitiert Plutarch mehrfach, nicht nur in einer Biographie, sondern auch in verschiedenen. Z IEGLERs Annahme, dass Plutarch diese Werke dann auch selbst gelesen
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keine Zeit gehabt habe, mich in der lateinischen Sprache zu üben, teils wegen politischer Geschäfte, teils wegen der vielen, die sich wegen philosophischen Fragen an mich wendeten, bin ich erst spät und schon in vorgerücktem Alter dazu gekommen, lateinische Schriften zu lesen.« (Übers. Z IEGLER). Vgl. G OMME, Thucydides, 84. Plutarch erwähnt selbst, dass er Notizen angefertigt habe (mor. 464F). Allerdings bezieht er sich an dieser Stelle – cum grano salis – nur auf eine seiner moralphilosophischen Arbeiten. Es heißt aber, den Text nicht allzu sehr zu beugen, wenn wir diese Aussage allgemein auf Plutarchs Arbeitsweise übertragen. Einen sehr deutlichen Beleg für den ›Arbeitsfaktor‹ Gedächtnis liefert Plutarch selbst. In Per. 24 spricht er über dessen Frau Aspasia und führt eine Anekdote über ihre Bekanntheit an – angeblich sei ihr Ruhm bis ins Perserreich gedrungen. Plutarch schließt diese Episode mit den Worten (Plut. Per. 24, 12): »Diese Geschichte ist mir über dem Schreiben eingefallen, und es wäre mich hart angekommen, sie zu unterdrücken und wegzulassen.« (Übers. Z IEGLER). Siehe hierzu bereits S. 18, Anm. 116. Siehe zu Ktesias u.a. L ESKY, Geschichte, 671: »Sichtlich war Ktesias als Erzähler bedeutender denn als Historiker.«; siehe zu Dinon F ELIX, Dinon, 419f.: »The surviving fragments show that Dinon composed his work for readers with a taste for fabulous, strange and erotic elements.« Ausführlich zu diesen beiden Autoren s. Kap. 1.8.1 und 1.8.2, S. 52–65.
1.3 Plutarch und die Geschichte
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und exzerpiert habe, erscheint plausibel (dies gilt z.B. für Dinon und Ktesias, die in der Vita des Artaxerxes eine überaus wichtige Rolle spielen, aber von Plutarch auch anderswo zitiert werden).127 Die Autoren, die Plutarch im Vergleich zu dieser erstgenannten Gruppe seltener, aber doch mehrfach zitiert, wird er höchstwahrscheinlich noch selbst eingesehen haben. Singulär zitierte Autoren wird Plutarch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht direkt genutzt haben: Er zitiert sie nur indirekt aus zweiter Hand.128 Z IEGLERs Ansatz bietet eine grobe Richtlinie mit drei Kategorien von Autoren. Allerdings ist diese Methode offenkundig sehr ungenau, und die Wahrscheinlichkeit, Plutarch bei dem einen oder anderen Autor Unrecht zu tun, ist recht hoch. Mehr oder weniger befriedigende Antworten auf die Frage, welche Autoren Plutarch im Einzelfall für eine bestimmte Biographie genutzt hat, können nur präzise Untersuchungen liefern. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass Plutarch nicht nur schriftliche Quellen genutzt hat. Trotz seiner immensen Belesenheit ist er nicht nur ein ›Stubengelehrter‹ gewesen.129 Immer wieder finden sich Stellen mit Beschreibungen, die den Leser eine Verbindung von literarischem Studium und Autopsie durch Plutarch vermuten lassen. Häufig beglaubigt .130 Denkmäler, BauPlutarch seine Aussagen durch ein eingefügtes ten, Feste und andere Realien haben ihm genauso als Quellen gedient wie Gespräche und Diskussionen mit seinen Freunden und Bewohnern historischer Landschaften (z.B. Attika), die ihm häufig den Stoff der geschichtlichmythologischen Tradition lieferten.131 Neben diesen Fragen zu Plutarchs Quellen verdient aber auch ihre Nutzung, also die Vorgehensweise Plutarchs bei der Ausarbeitung der Biographien, besondere Beachtung. Plutarchs moralische Intention muss Auswirkungen auf das Arrangement und die Präsentation des Stoffes gehabt haben. Sein Ziel war eben nicht – wie schon festgestellt – eine möglichst wertfreie Darstellung von Taten und Ereignissen.132 Entsprechend bildet auch die Chronologie nur ein grobes Gerüst, welches Plutarch in weiten Teilen 127 Plutarch hat Ktesias außerdem in mor. 974E zitiert, Dinon in Them. 27, 1 und mor. 363Cf. 128 Ziegler, Plutarchos, 912f. hat eine sehr ausführliche Liste mit Autoren aufgestellt, die er in diese drei Kategorien eingeteilt hat. 129 Vgl. T HEANDER, Plutarch, 4. 130 In Plut. Pub. 15 beschreibt Plutarch die Säulen des von Domitian wieder errichteten Jupitertempels auf dem Capitol. Diese Säulen sind zunächst in Athen bearbeitet worden, wo Plutarch sie offenbar selbst gesehen hat: (Plut. Pub. 15, 4). 131 Siehe hierzu Plut. Demosth. 2, 1 (bereits S. 19, Anm. 121). 132 Vgl. RUSSELL, Plutarch, 115. Sicherlich hielt sich Plutarch grundsätzlich an einen gewissen Rahmen, den die Natur dem Menschen setzt, so dass eine lineare Entwicklung auch in seinen Biographien klar zu erkennen ist. Aber innerhalb dieses Rah-
Plutarch und die Zeit
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1 Plutarch
eingehalten und beachtet hat (von der Jugend über die Reife bis zum Tod). Aber er kannte auch keine Bedenken, ein Ereignis – würdig einer besonderen Erwähnung oder besonders wirkungsvoll erwähnt in einem anderen chronologischen Kontext – nach eigenem Ermessen in den Verlauf der Handlung einzupassen.133 P ELLING hat allein fünf verschiedene Typen von Haupteingriffen in die chronologische Abfolge (1.–3.) und den Inhalt (4.–5.) bei Plutarch herausgearbeitet. Die von ihm verwandten englischen Termini sind in der (ohnehin überwiegend englischsprachigen) Forschung anerkannt und sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden.134 1. ›conflation‹: Mehrere chronologisch getrennte Ereignisse, die aber von einer ähnlichen Ausprägung sind, werden zu einem einzigen Ereignis zusammengefasst (Plut. Caes. 7, 7: Die drei Debatten über die Catilinarier im Senat erscheinen bei Plutarch wie eine einzige). 2. ›compression‹: Mehrere Ereignisse unterschiedlicher Ausprägung, die zeitlich getrennt, aber in ihren Auswirkungen miteinander verbunden sind, können als direkt aufeinander folgend bzw. eng verbunden dargestellt werden (Plut. Sert. 12, 3–5: Hier werden die Geschehnisse eines Zeitraums von drei Jahren in einer so schnellen Abfolge dargestellt – ohne Hinweis auf die ausgelassene Zeit –, dass der Ereignisverlauf deutlich kürzer erscheint). 3. ›displacement‹: Die einfachste Form des Eingriffs in die Chronologie: Eine bestimmte Begebenheit oder ein Ereignis kann ohne Rücksicht auf die exakte Chronologie umplaziert werden, um so den dargestellten Stoff plausibler oder dramatischer erscheinen zu lassen (Plut. Sert. 22, 5: Plutarch erwähnt den sertorischen ›Senat‹ zu einem Zeitpunkt seiner Schilderung der Ereignisse, der den Leser auf das Jahr 75 v.Chr. verweist – die korrekte Datierung ist aber früher anzusetzen [77 v.Chr.]). 4. ›suppression‹: Die Rollen von Nebenfiguren – durchaus historisch bedeutende Persönlichkeiten – werden zugunsten der Rolle des Protagonisten verringert (Plut. Sert.: Die Rolle eines führenden Offiziers des Sertorius, L. Hirtuleius, wird nicht in angemessenem Maße gewürdigt. Er wird nur ein einziges Mal – nicht einmal namentlich – erwähnt, obwohl uns andere Quellen, die Plutarch sicher gekannt hat, über die Bedeutung seiner Taten informieren). mens gelten für das Arrangement des Stoffes neben den chronologischen auch noch andere, z.B. ästhetische Kriterien. 133 Vgl. G OMME, Thucydides, 56f. 134 Vgl. P ELLING, Adaption, 127–131.
1.3 Plutarch und die Geschichte
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5. ›transfer‹: Handlungen irgendeiner Figur werden einer anderen – häufig dem Protagonisten – zugewiesen (Plut. Ant. 5, 10: Eine Rede Caesars vor seinen Truppen wird hier Antonius und Cassius zugeschrieben [noch korrekt in Plut. Caes. 31, 3]). Genauso wie mit diesen Strategien Plutarchs der Verkürzung des Quellenmaterials zur Steigerung der Plausibilität (durch Vereinfachung der Sachverhalte) und zur Dramatisierung muss der Leser auch mit einer ›expansion‹, also einer Erweiterung des Kontextes und Ereignisverlaufes rechnen.135 Diese Art von Eingriff in die Vorlagen ist noch problematischer, da die Details Plutarchs Phantasie entstammen können. Fehlen uns also andere Quellen, wird es schwierig, zwischen historischer Realität und historischer Fiktion zu unterscheiden. Außerdem ist der Bereich der ›expansion‹ so vielfältig, dass es schlicht nicht möglich ist, systematische Kategorien anzulegen, die gewisse Arbeitsweisen Plutarchs ›methodisch‹ erscheinen lassen.136 Eine von Plutarchs größten Schwächen – aus der Sicht des Althistorikers – ist deshalb, wie gezeigt, sein Desinteresse an Chronologie. Seine Intention, moralische Leitbilder zu entwerfen, bedeutet ihm mehr als das pedantische Festhalten an der genauen Abfolge der Ereignisse. Bei Rückschlüssen auf die Chronologie, basierend auf den plutarchischen Schriften, ist also Vorsicht geboten – ganz abgesehen von der Möglichkeit, dass Plutarch sich auch einfach geirrt haben könnte.137 G OMME hat neben diesen bewussten Eingriffen noch zwei Schwächen Plutarchs herausgearbeitet, die – vom Autor unbemerkt – dessen Werke beeinflussen: 1. Plutarch zeigt sich häufig unfähig, die Glaubwürdigkeit seiner Gewährsleute kritisch zu taxieren.138 Dies soll nicht heißen, dass er einfach vertrauensselig gewesen ist. Oft kritisiert und verbessert er seine Vorlagen (z.B. korrigiert er Ktesias in der Vita des Artaxerxes und kritisiert dessen Darstellungsweise, mittels der der Knider seine Person allzu häufig in den Vordergrund stellt).139 Allerdings ist Plutarchs 135 Vgl. P ELLING, Adaption, 129–131. 136 Dies ist genau der Effekt, den P ELLINGs Kategorisierungen, die natürlich im Nachhinein an die Texte herangetragen wurden, hervorrufen. Es gilt, sich davor zu hüten, in diesem Zusammenhang von ›Methode‹ bei Plutarch zu sprechen, wenn damit eine bereits von Plutarch systematisch und theoretisch vorbereitete Arbeitsweise gemeint ist. Er wird nicht zwischen verschiedenen Typen der Umgestaltung unterschieden haben. 137 Siehe auch G OMME, Thucydides, 68f., 79 mit Anm. 5. 138 Siehe hierzu auch Z IEGLER, Plutarchos, 904: ». . . dessen [also Plutarchs] starke Seite die Kritik ja nicht war.« 139 So z.B. in Plut. Art. 1; 6; 13. In Kapitel 13 versucht Plutarch unter Berufung auf Xen. an. 2, 1, 7–22, Ktesias eine Lüge nachzuweisen: Er habe nicht als Dolmetscher
Weitere Probleme
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1 Plutarch
Umgang mit der Kritik nicht sehr ausgewogen. So schwankt er zwischen teilweise extrem kritischen und zum Teil leichtgläubigen Positionen.140 Eine wirklich kritische Methode, die die verschiedenen Quellen, z.B. nach ihrer Nähe zum Dargestellten oder der jeweiligen Intention, wertet, wendet Plutarch nicht an. Die Möglichkeit, dass eine sehr viel spätere Quelle nicht mehr von unabhängigem Wert sein kann, weil ihre Angaben erst aus zweiter oder dritter Hand stammen, stört ihn häufig nicht.141 Arbeitsweisen, die auch nur annähernd an den für Plutarchs Zeit natürlich anachronistischen Begriff der ›Quellenkritik‹ heranreichen, entsprechen nicht seiner Intention. Ein Autor, der versucht, Lebensbilder zu zeichnen, um dem Leser den Charakter des Protagonisten zu offenbaren, also ein moralisch-ästhetisches Ziel verfolgt, muss dies nicht leisten.142 Nur am Rande sei hier erwähnt, dass Plutarch auch nicht die Werke nach den verschiedenen Genres trennt: Er nutzt etwa die philosophischen Schriften Platons, die Werke der Komödiendichter, anonyme Pamphlete und auch Arbeiten späterer Historiker als den Schriften eines Thukydides gleichwertige Quellen, ohne sein Augenmerk auf ihre unterschiedlichen Tendenzen zu richten. 2. Plutarch – als Grieche der römischen Kaiserzeit – fehlt die historische Einsicht in die politischen Zustände der Vergangenheit, z.B. in die Verhältnisse im 5. oder 4. Jh. v.Chr. in Griechenland. Er lebt in einer kleinen Stadt in Boiotien in einem Zustand des von Rom gesicherten Friedens – wie soll er die historische Wirklichkeit verstehen, zumal sein Augenmerk gerade nicht auf die Erlangung derartiger Kenntnisse ausgerichtet ist?143 Hierauf ist es auch zurückzuführen, dass Plutarch häufig Klischees und Stereotypen in seinen Darstellungen nutzt. G OMME führt dies am Beispiel der Verhältnisse in Athen zur Zeit des Perikles aus: Auf der einen Seite zeigt Plutarch uns den guten, in seinen Grundzügen konservativen Politiker, der bei den Verbündeten beliebt ist, selbst im Heer als Hoplit dient und eine prospartanische Politik verfolgt, während auf der anderen Seite ein Demagoge
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bei den Verhandlungen zwischen den griechischen Söldnern und den Persern nach der Schlacht von Kunaxa fungiert, da Xenophon ihn sonst sicher nicht übergangen hätte; s. hierzu ausführlich S. 215f. zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, › ‹. Siehe hierzu auch S TRONK, Persica. Besonders bekannte Beispiele für Plutarchs unkritische Art, vom Quellenwert höher anzusiedelnde Werke neben eindeutig schlechtere zu stellen, ohne eine klare Entscheidung zu treffen, bieten Plut. Them. 27, 1 und Alex. 46. Vgl. G OMME, Thucydides, 80. Vgl. G OMME, Thucydides, 59–61.
1.3 Plutarch und die Geschichte
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im schlechtesten Sinne steht, der trickreich agiert, um seine imperialistische Politik durchzusetzen, sich auf die Flotte stützt und eine antispartanische Richtung vertritt.144 Häufig lässt sich Plutarch ferner durch seine Unkenntnis – wie schon zuvor besprochen – durch Quellen täuschen, deren Intention er nicht richtig beurteilen kann, so z.B. den Werken der Komödiendichter, deren Urteile er teilweise implizit akzeptiert145 oder in extenso diskutiert.146 Der moderne Leser, gewöhnt an Bücher mit Seitenzahlen, Kapiteln, Indices etc., sollte zudem nicht außer Acht lassen, dass die Arbeit mit einer Papyrusrolle – der zur Zeit Plutarchs immer noch gängigen ›Buch‹form – ungleich komplizierter und aufwändiger ist als mit dem modernen Pendant. Mechanische Probleme erschweren die Arbeit mit einer Buchrolle ungemein. Häufiges Hin- und Herblättern muss zwangsläufig entfallen, ein nachträgliches Überprüfen der Fundstellen ist mühsam: Eine bemerkenswerte Anekdote irgendwo im Text kann nicht einfach mittels der Seitenzahl schnell wiedergefunden werden. Die fehlende Paginierung und die häufig fehlende Einteilung in Bücher und Kapitel lassen ferner einfache Zitationsfehler möglich erscheinen, die sich hier und da bei Plutarch nachweisen lassen.147 Dieses Kapitel sollte nur die wesentlichen Merkmale der Arbeitsweise Plutarchs vor Augen führen. Auf dieser Meta-Ebene lassen sich aber viele Fragen zu Plutarchs Methodik und Umgang mit seinen Vorlagen etc. nur unzureichend beantworten: Eine genaue Analyse einer jeden Biographie ist notwendig, da nur so ihr historischer Wert herausgearbeitet werden kann. In der Kommentierung der Artaxerxes-Vita wird auf die oben erwähnten Probleme konkret anhand von Beispielen eingegangen werden. Als ›Leitfaden‹ für die Lektüre einer jeden plutarchischen Vita seien aber zusammenfassend noch einmal einige generelle Punkte genannt, die eigentlich die communis opinio in der Forschung zu den Plutarch-Viten darstellen, aber erstaunlich häufig missachtet werden. Der folgende kurze Überblick basiert auf den »selective rules«, die F ROST bietet, und den »general principles« S TADTERS.148 1. Plutarchs moralische Intention, die nicht auf die Vermittlung von historischen Informationen zielt, muss seine Quellennutzung und Er144 Plut. Kim. 15, 2. In Abwesenheit Kimons von Athen entmachtet die Masse unter Führung des Ephialtes (und auch schon des Perikles) den Areopag. 145 Plut. Per. 24, 1; 25, 1. Ein anderes Bild zeigt sich in Plut. Per. 13, 15f. Hier ist Plutarch so schockiert, dass er die Angaben schlichtweg ablehnt. 146 Plut. Per. 30, 4–31, 2. 147 Vgl. G OMME, Thucydides, 79 mit Anm. 5 (hier ein Beispiel für einen Zitationsfehler Plutarchs in Nik. 6, 3); ebenso dazu KONRAD, Sertorius, XXXIX. 148 Vgl. F ROST, Themistocles, 55–59; S TADTER, Pericles, LIf.; die Gültigkeit dieser allgemeinen Erkenntnisse hat sich auch in der Kommentierung der Vita des Artaxerxes erwiesen.
Papyrus
Plutarchlektüre
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zählweise beeinflusst haben. Entsprechend schwierig ist es, sich einer reinen Sachebene in Plutarchs Biographien anzunähern. So sind z.B. Überlegungen zur zeitlichen Abfolge von Ereignissen in den Viten der Darstellung des Charakters und Plutarchs Aussageabsicht untergeordnet. 2. Jede Vita ist anders: Die Komposition der Viten basiert auf verschiedenen Vorgaben (Verlauf der Karriere des Protagonisten, seinem Leumund in der Historiographie, den Plutarch zugängigen Quellen etc.). 3. Plutarchs Einschätzung seiner Quellen ist zu beachten; auch sie hat seine Arbeit mit den Vorlagen beeinflusst. Eine Quelle, der er misstraut, kann dennoch von ihm zitiert werden, wenn sie sich durch zeitliche Nähe oder besonders interessant wirkende Details (Anekdoten) auszeichnet. 4. Plutarchs namentliche Zuweisungen und direkte Zitate sind im allgemeinen korrekt (wenn auch manchmal etwas ungenau), wie sich an vielen Stellen nachprüfen lässt. Fehler in der Wiedergabe sind eher Plutarch als einer gedachten Mittelquelle zuzuweisen. 5. Fehlt eine namentliche Zuweisung an einen Autor, ist diese – wenn überhaupt – trotz aller Verlockungen nur mit äußerster Vorsicht und sehr guten Argumenten zu leisten. 6. Alle Passagen einer Vita müssen immer im Kontext gesehen werden. Plutarchs Biographien bieten keine Ansammlung von Fragmenten, die ›nur‹ identifiziert werden müssen. Plutarch hat keine Epitome geschrieben, sondern gestalterisch auf der Grundlage verschiedener Quellen Werke mit eigener Intention verfasst. Nur eine Analyse des Gesamtkontextes einer jeden Vita ermöglicht es, die Besonderheiten (z.B. in der Quellennutzung) einer plutarchischen Biographie zu erfassen. Alle diese Punkte sollten davor warnen, Plutarchs Viten als Grundlage dafür zu sehen, verlorene Texte, die Plutarch sicher genutzt hat, zu rekonstruieren. Ferner ist auch allen ›Fakten‹ gegenüber äußerste Skepsis angeraten, die nur bei Plutarch überliefert sind. Es lässt sich kaum eindringlicher formulieren, als dies B OSWORTH getan hat: »And for the historian working with Plutarch there is a stark message. Heaven help you if your evidence is the Lives and the Lives alone.«149 149 B OSWORTH, History, 80; ähnlich S TADTER, Introduction, 4.
1.4 Methodische Vorüberlegungen
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1.4 Methodische Vorüberlegungen Da allgemeingültige Aussagen zu Plutarchs Quellennutzung nicht weiter führen können,150 als generelle Arbeitsrichtlinien zu bieten, müssen genaue Analysen und Kommentare zu den einzelnen Viten erstellt werden. Nur so sind begründete Stellungnahmen zum historischen Wert einzelner Werke Plutarchs möglich. Aus diesem Grund ist es immer ein »freudiges Ereignis«, wie G EHR KE feststellt,151 wenn ein weiterer Kommentar zu einer der Viten Plutarchs hinzukommt.152 In der Tat handelt es sich bisher immer noch um eine beklagenswert kleine Gruppe historischer (und auch philologischer) Kommentare zu den Viten Plutarchs, die doch z.T. unersetzbare Quellen der althistorischen Forschung darstellen.153 Allerdings sind in den letzten gut 30 Jahren einige Kommentare erschienen, die fast alle ›auf der Höhe der Zeit‹ sind.154 Dies soll bedeuten, dass nicht nur die Kommentierung der von Plutarch erwähnten ›Fakten‹ und Realien (was man vielleicht als ›konventionelle‹ historische Kommentierung bezeichnen könnte, die sich ganz im Rahmen des von Plutarch gelieferten Materials bewegt) dem modernen Forschungsstand entspricht,155 sondern dass sich viele dieser Kommentare dem Text der je150 Ein Grund hierfür ist z.B., dass Plutarchs Haltung zu einer Quelle seinen Umgang mit ihr bestimmt hat – da jede Vita spezifische Eigenheiten aufweist, kann eine generelle Sicht keine tragfähigen Ergebnisse liefern. 151 G EHRKE, Rez. zu F ROST, Themistocles, 494. 152 P ELLING, Rez. zu B LAMIRE, Plutarch, 227 meinte noch festellen zu können, dass derartige Kommentare »in fashion« seien. Dies mag ihm 1991 noch so erschienen sein, da seit Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts teilweise in kurzer Folge mehrere Kommentare erschienen sind: 1980 F ROST mit seinem richtungsweisenden Kommentar zu Themistokles, im folgenden Jahr M ARASCO zu Agis und Kleomenes, 1984 S CUDERI zu Antonius, 1988 dann P ELLINGs Kommentar ebenfalls zum Antonius und M OLES zu Cicero, 1989 B LAMIRE zum Kimon und im selben Jahr auch S TADTER zum Perikles. Auch hatte 1991 T EODORSSON bereits zwei Bände seines Kommentars zu den quaestiones convivales vorgelegt. Dieser kurze Aufschwung ebbt danach aber deutlich ab. Im neuen Jahrtausend ist bisher keine weitere umfassende Kommentierung erschienen. 153 Vgl. M EIER, Rez. zu G EORGIADOU, Pelopidas, 464. 154 Hier sind, neben den in Anm. 152 erwähnten, noch zu nennen: H AMILTON, Plutarch (Alexander); T ITCHENER, Commentary (Nikias); KONRAD, Sertorius; H EFTNER, Plutarch (Pompeius); G EORGIADOU, Pelopidas und S HIPLEY, Commentary (Agesilaos). 155 Eben diesen Vorwurf erhebt P ELLING, Rez. zu B LAMIRE, Plutarch, 227f. zu Recht gegenüber B LAMIREs Kommentar, der zwar im Bereich der traditionellen historischen Kommentarierung »up-to-date« sei, aber nicht ausreichend Plutarchs Arbeitsweise berücksichtige. Gleiches lässt sich auch über S CUDERIs Kommentar zu Antonius anmerken, der ebenfalls zwar voll ist von historischen Details und diese auch
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1. Textverständnis
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weiligen Vita als Produkt Plutarchs widmen und ihn nicht, wie D UFF es so treffend ausdrückt, als »mine for history« behandeln.156 Ein solch ›konventioneller‹ historischer Kommentar kann nach C ARTER einem Autor auch nicht gerecht werden, dessen Intention ausdrücklich nicht historisch war.157 Schärfer formuliert kann eine Lebensbeschreibung Plutarchs ohne intensive Berücksichtigung des Autors Plutarch (aus Sicht des Historikers: des ›Störfaktors Plutarch‹) und seiner Arbeitsweise mit seinen Vorlagen auch kein Steinbruch für Fakten und Fragmente verlorener Autoren sein. Wer Plutarch auf diese Weise liest und nutzt – und dies geschieht trotz der einhelligen Warnung der Plutarchforschung häufig –, produziert ›Scheinfakten‹: Als Beispiel für so ein scheinbares Faktenwissen sei hier auf den angeblichen zweiten Kadusierfeldzug Artaxerxes’ II. hingewiesen (der erste um 385/84 und der zweite angeblich um/nach 374). Die Existenz einer zweiten Kampagne des Großkönigs in der Forschung basiert lediglich auf der unvorsichtigen Lesung einer Passage der Artaxerxes-Vita, in der es Plutarch mit der Chronologie seiner Darstellung nicht so genau genommen hat.158 Es ist die Aufgabe eines historischen Kommentars, dem Leser einen Text als historische Quelle zu erschließen, sozusagen das Ausgangsmaterial für eine althistorische Interpretation zu liefern. Dies bedeutet, dass alle historisch relevanten Aussagen bezüglich ihrer Historizität überprüft und bewertet werden müssen. Aber wie gelingt dies bei einer Vita Plutarchs? Erforderlich hierfür ist m.E. ein methodischer Zweischritt.159 Zunächst einmal muss in einem ersten, vielleicht als hermeneutisch zu bezeichnenden Arbeitsgang Plutarchs Darstellung auf der reinen Textebene analysiert werden. Der historische Kommentar muss darstellen, was Plutarch jeweils meinte, muss die zum Verständnis nötigen Grundinformationen liefern, wer z.B. die erwähnten Personen sind und in welchen Beziehungen sie zueinander stehen. Mitunter muss herausgearbeitet werden, was Plutarchs Gedankengang war, wie bestimmte Passagen zu verstehen sind, wo Plutarchs Motivation und Intention vielleicht erkennbar werden usw. All dies bewegt sich aber noch in dem von Plutarch gelieferten Rahmen. Diese Art von Kommentierung ist bereits oben als ›konventionelle historische Kommentierung‹ bezeichnet worden. Sie liefert u.a. Aussagen über Plutarchs Bild der beschriebenen Perso-
156 157 158 159
kompetent darstellt, aber eben keine Betonung auf literarischen Kontext und die artifizielle Ausgestaltung der Vorlagen durch Plutarch legt und somit wichtige Punkte zur Bewertung der Historizität entlegener Informationen nicht berücksichtigt (s. auch C ARTER, Rez. zu S CUDERI, Commento, 9–11). D UFF, Rez. zu S HIPLEY, Commentary, 163. C ARTER, Rez. zu S CUDERI, Commento, 9. ‹. Siehe hierzu ausführlich S. 316–321 zu Plut. Art. 24, 1–11, › In der Darstellung sind diese Schritte – auch um Redundanzen zu vermeiden – freilich nicht immer zu trennen.
1.4 Methodische Vorüberlegungen
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nen und erschließt somit die Vita als Quelle für Person und Sicht des Autors. Allein auf diese Perspektive sollte sich aber die althistorische Arbeit nicht beschränken. Das Verständnis der Textgrundlage bildet das Fundament für weitere Analysen, die aber in jedem Fall folgen müssen. Denn um zu erkennen, wo Plutarch altgediente Topoi wiedergibt oder wo er vielleicht seine eigene Meinung einfließen lässt, muss man sich seiner Arbeitsweise, seinem Umgang mit Quellen und historischen Fakten annähern. Dies kann nur gelingen, wenn man versucht, Plutarchs Quellen zu erkunden. Möchten wir nach der Realität der in den Texten beschriebenen Fakten fragen, darf nicht auf der Ebene verharrt werden, die sich im Grunde nur im von Plutarch gelieferten Gerüst bewegt. Selbst dieser eher literarische Ansatz, der Ergebnisse über Plutarch und seine Lebens- und Arbeitssituation vermittelt, kann nicht ohne Untersuchungen zum Material Plutarchs funktionieren. Um zu erkennen, wie stark Plutarch von bestehenden literarischen Strömungen abhing oder wie sehr er vielleicht ein Kind seiner Zeit war, muss versucht werden, sein Material zu identifizieren. Möchte man zudem nach dem Wert des jeweiligen Textes als historische Quelle zur Konstruktion eines tragfähigen Bildes der von Plutarch beschriebenen Vergangenheit fragen, muss ein zweiter methodischer Schritt erfolgen.160 Wesentliches Defizit für eine Taxierung des Wertes Plutarchs für die historische Konstruktion ist der teilweise vollständige oder großteilige Verlust der Vorlagen Plutarchs, was zu dem führt, was vielleicht als ›Plutarchisches Paradoxon‹ zu bezeichnen ist: Plutarchs teilweise sehr hoher Wert für den Althistoriker begründet sich gerade darin, dass er Quellen genutzt hat, die uns heute nicht mehr zugänglich sind. Andererseits aber können wir bei methodologisch korrekter Vorgehensweise meist keine historischen Kenntnisse aus dieser breiten Quellennutzung ziehen, wenn Plutarch seine Quelle nicht explizit zitiert:161 Ohne Vergleichstexte sind nämlich keine Aussagen darüber möglich, wie Plutarch seine nicht genannten Vorlage verwendet hat. Also ist es gerade Plutarchs umfassende Quellennutzung, die – wenn eine Identifikation der Vorlage nicht möglich ist – die historische Arbeit mit diesen Passagen nahezu unmöglich macht.162 Allein das Wissen um Plutarchs breite Quellennutzung führt nicht weiter. Wir müssen wissen, wen er wie 160 Siehe hierzu B LECKMANN, Fiktion, 9f. 161 Einer direkten Zitation durch Plutarch ist zunächst Vertrauen entgegenzubringen. Aber auch hier gilt es, vorsichtig zu sein, wie z.B. Plutarchs Ktesias-Paraphrase in Art. 18 zeigt, s. hierzu S. 265f. zu Plut. Art. 18, 7–8, › ‹. In diesem Fall spielt wieder Plutarchs Haltung gegenüber dem Autor seiner Vorlage eine eminent wichtige Rolle. 162 Hier sei erneut auf B OSWORTHs Warnung verwiesen (s. Kap. 1.3.1, S. 26), dass ein Beleg nur in einer Plutarch-Vita keine verlässliche Grundlage bilde. Konsequenterweise erscheint also jedes Argument, das nur durch ein »nach Plutarch« gestützt wird, zumindest fragwürdig.
Das ›Plutarchische Paradoxon‹
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2. Quellenanalyse
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benutzt hat, wenn die Ergebnisse nicht vollkommen oberflächlich bleiben sollen. Dieses Paradoxon ist letztlich nicht zu lösen. Eine Annäherung kann nur über eine entsprechende Schwerpunktlegung auf die Quellenforschung bzw. -kritik in der Kommentierung einer Vita gelingen. Es müssen also Plutarchs Vorlagen Fall für Fall identifiziert werden, was die Anwendung der quellenkritischen Methode bedingt. Wenn das benutzte Material quellenkritisch nur unzureichend erschlossen ist, können keine gesicherten Erkenntnisse gewonnen werden. Gelingt dies aber oder erscheint wenigstens eine Möglichkeit plausibel, sind weitere Anhaltspunkte gewonnen, den Quellenwert einzelner Aussagen zu bemessen. Gerade im Fall der Vita des Artaxerxes erscheint dieses Verfahren durchaus erfolgversprechend, um so die Passagen, die einzig auf der historisch fragwürdigen Persika-Literatur fußen, von Textstellen zu sondern, die auf anderen Quellen basieren. Keinesfalls geht es um eine bloße Etikettierung unbekannter Quellenvorlagen, die z.T. gerade in der älteren Literatur mit viel Phantasie und beim Quellenvergleich mit großer Assoziationskunst betrieben wurde.163 Mit B LECKMANN lässt sich vollkommen zu Recht konstatieren, dass »nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden [dürfe], indem Fehler, die beim Ausüben der Methode auftreten, für die Methode selbst gehalten werden.«164 Es darf nie der Blick für die eigentliche Fragestellung verloren gehen, damit die Quellenkritik nicht zum Selbstzweck wird. Sie ist eine Methode, die keineswegs nur Ergebnisse auf dem Niveau unverbindlicher Hypothesen liefert, sondern u.a. aus dem Vergleich mit Parallelmaterial Plausibilitätserwägungen bietet, die »nicht mehr und nicht weniger unverbindlich sind als andere Schlüsse innerhalb der althistorischen Wissenschaft.«165 Nur durch den Versuch, mit dem Hintergrundwissen um Plutarchs vielfältige Arbeitsweise seine Vorlagen zu identifizieren bzw. Bereiche zu erkennen, in denen Plutarch einer Vorlage eng oder weniger eng folgt (was eben in vielen Fällen auch bedeutet, das Nichtwissen oder die Unmöglichkeit dieses Vorhabens einzugestehen), kann zumindest ein Weg beschritten werden, Plutarchs Eingreifen in sein Material zu bewerten. Nur auf diese Weise kann ein historischer Kommentar seinen Zweck erfüllen, der eben hauptsächlich darin liegen muss, den historischen Gehalt einer Plutarchvita en detail zu un163 Beispiele hierfür werden weiter unten besprochen, s. Kap. 1.5, S. 34–37. Eine ähnliche Arbeitsweise liegt aber mitunter auch noch modernen Fragmentsammlungen zugrunde. So kann z.B. Plutarchs Vita des Artaxerxes nur in wenigen Passagen als sichere Grundlage für Fragmente des Ktesias genommen werden; s. hierzu B INDER, Beobachtungen. 164 B LECKMANN, Weg, 31. 165 B LECKMANN, Weg, 32; grundsätzlich zur Bedeutung der Quellenforschung s. auch dens., Reichskrise, 18f.
1.4 Methodische Vorüberlegungen
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tersuchen, um so vielleicht als Endpunkt der Kommentierung eine Wertung der gesamten Vita als Quelle für den Protagonisten bzw. sein Handeln und seine Zeit zu liefern, nicht nur für den Autor. Es kann also nicht nur darum gehen, Plutarchs Bild (also das Bild eines Griechen in der Kaiserzeit) des Artaxerxes darzustellen, also die Vita hauptsächlich als Quelle für den Autor und seine Zeit zu sehen. Um bei der Untersuchung der Artaxerxes-Vita Plutarchs Ergebnisse erzielen zu können, muss die Quellenanalyse von einigen Vorüberlegungen geleitet sein. Wie schon oben angesprochen, ist vor allem der Faktor ›Plutarch‹ zu keinem Zeitpunkt unberücksichtigt zu lassen.166 Idealiter ist dann eine Zuweisung der analysierten Passagen an eine von Plutarchs Vorlagen möglich, so dass für die Einschätzung ihrer Historizität weitere Indizien gewonnen sind. Im besten (und auch sehr seltenen) Fall findet sich zu der nun identifizierten Passage eine unabhängige parallele Überlieferung, die auf der Faktenebene größtenteils Übereinstimmendes bietet. Auch bei zwei unabhängig voneinander berichtenden Zeugen müssen immer noch sachkritische Überlegungen angestellt werden. Allerdings spricht vieles in einem solchen Fall für eine Historizität des Beschriebenen. Nun muss aber eingeräumt werden, dass dies wirklich eine Ausnahme darstellt. In der Regel ist man mit zwei weniger günstigen Fällen konfrontiert:
Vorüberlegungen
1. Es existiert zwar eine parallele Überlieferung, sie weicht inhaltlich aber (in verschiedenem Ausmaß) ab. Auch hier sind wieder zwei Möglichkeiten denkbar: a) Im Allgemeinen ist zwar der Weg der Harmonisierung solcher Quellen zu vermeiden, aber natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass beide Versionen auf die Faktenebenen bezogen werden können: Sie illustrieren in ihren Unterschieden die Verschiedenheit der Beobachtungen antiker Zeitzeugen.167 Die Abweichungen in den Berichten sind dann auf die subjektive Auswahl oder Wahrnehmung der Autoren oder ihrer Informanten zurückzuführen. Sollte dies erkennbar sein, erscheint eine Harmonisierung möglich.
Harmonisierung
b) Allerdings sollte man hier Vorsicht walten lassen und nicht aus der Absicht heraus, neues Detailwissen zu erschließen, die Möglichkeit
Ausschluss
166 Siehe hierzu Kap. 1.3.1; einen Kurzüberblick bieten die Hinweise zur ›Plutarchlektüre‹, S. 25f. 167 Vgl. B LECKMANN, Fiktion, 12 mit Anm. 6; dort finden sich auch Hinweise auf Literatur zu divergierenden Augenzeugenberichten moderner Kriege, wobei aber die Vergleichbarkeit mit antiken Schlachten, wie B LECKMANN feststellt, praktisch nicht gegeben ist. Dennoch ist es eine in vielen modernen Untersuchungen erwiesene Tatsache, dass Augenzeugenberichte nicht nur in Details abweichen können, s. S CHUMACHER -B ITTNER, Augenzeugen-Aussagen.
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aus den Augen verlieren, dass meist nur eine der Versionen richtig sein kann.168 Plutarch liefert innerhalb seiner Artaxerxes-Vita hierfür ein Beispiel: Nach Ktesias wird der Großkönig im Kampf verwundet und nimmt nicht am entscheidenden Zweikampf gegen seinen Bruder teil; nach Dinon ist der Großkönig hingegen höchstwahrscheinlich sogar derjenige, der den Usurpator tötet, sicher befindet er sich aber mitten in Kampfhandlungen mit seinem Bruder, als dieser fällt.169 Die Entscheidung für eine dieser Varianten ist schwierig. Sie kann durch sachkritische Aspekte geleitet sein. Wenn aber nicht deutliche sachliche Fehler vorliegen, ist dies meist ein schwieriges Unterfangen, das häufig mit Plausibilitäten argumentieren muss. Hierneben gibt es aber noch einen weiteren Ansatzpunkt, der gerade für die Vita des Artaxerxes und ihre speziellen Vorlagen beachtet werden muss: Das Überlieferte muss auf Tendenzen untersucht werden, um so vielleicht Motive für Verfälschungen aufzudecken. So könnte im beschriebenen Fall die Auf- bzw. Abwertung der Rolle des Großkönigs ausschlaggebend für eine Modifikation gewesen sein. Aber auch anderes ist denkbar: Ein Autor mag von dem Bestreben geleitet gewesen sein, von seiner Abhängigkeit vom ursprünglichen Bericht abzulenken. In diesem Fall würde also keine weitere unabhängige Überlieferung vorliegen. Im Beispiel des Todes Kyros’ des Jüngeren gilt gerade dies. Der Bericht Dinons basiert nicht auf einer unabhängigen Überlieferung, sondern liefert eine Modifikation des ktesianischen Textes unter Zuhilfenahme Xenophons.170 Fehlender Vergleich
2. Noch häufiger tritt in der Vita des Artaxerxes aber der Fall auf, dass keine parallele Überlieferung vorliegt. Die Bewertung der Historizität hängt dann nur von sachkritischen Überlegungen und eben Plausibilitäten ab. Aber auch hier erweist sich die Quellenanalyse mit dem Versuch der Autorenzuweisung als zweckmäßig: Jeder neue Anhaltspunkt kann der Taxierung des Quellenwertes Substanz verleihen. Wenn eine generelle Einschätzung der Glaubwürdigkeit der bestimmten Vorlage Plutarchs vorliegt, ist immerhin ein weiteres Kriterium der Bewertung gewonnen.171 Im schlimmsten, aber nicht seltenen Fall 168 Dies hat z.B. zur Lösung der Frage nach Hannibals Alpenübergang geführt. Keinesfalls sind die Berichte des Polybios und des Livius zu harmonisieren und etwa eine Lösung in der Art einer Überquerung an zwei Pässen o.ä. zu favorisieren, s. hierzu ebenfalls B LECKMANN, Fiktion, 20f. 169 Plut. Art. 10f. 170 Dies sagt allerdings auch nichts über Ktesias’ Version aus, der ebenfalls aus verschiedenen Gründen die Historizität abzusprechen ist. 171 Natürlich ist im Einzelfall nicht auszuschließen, dass einem Autor, der unter Generalverdacht steht, Unrecht getan wird.
1.5 Material und Kommentare zur Vita des Artaxerxes
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ist die Zuweisung an eine Vorlage unmöglich. Das Eingeständnis des vollkommenen Unwissens ist unumgänglich. Für die Einschätzung der Historizität ist dies fatal. Eine intensive Quellenanalyse kann also – wie der Kommentar zu dieser Biographie zeigt – häufig dahin führen, dass dem Wissen um bestimmte historische Ereignisse mit deutlich mehr Skepsis entgegengetreten bzw. dieses sogar erst einmal als ›Scheinwissen‹ deklariert werden muss. Unstrittig liegt in dieser Art der Quellenkritik ein dekonstruierender, negativ formuliert: destruktiver Zug, wenn man bedenkt, dass der Thesauros der Kenntnisse über die Antike verkleinert und nicht gemehrt wird. Allerdings ist eben fraglich, ob Kenntnisse, die nur unzureichend belegt sind, wirklich das Wissen erweitern.
1.5 Material und Kommentare zur Vita des Artaxerxes Die Parallel- und Einzelbiographien Plutarchs liegen erfreulicherweise in mehreren Editionen vor, wobei vor allem die Ausgabe von L INDSKOG und Z IEGLER bei Teubner, in der die Vita des Artaxerxes im Jahre 1996 durch G ÄRTNER eine dritte überarbeitete Auflage erlebte,172 und die 1979 erschienene Edition in den Belles Lettres von F LACELIÈRE und C HAMBRY mit ihren ausführlichen kritischen und z.T. auch Similienapparaten die Standardtextausgaben darstellen. In der Loeb-Library ist bereits 1926 eine Textausgabe mit Übersetzung von P ERRIN erschienen, die bisher vier Nachdrucke (zuletzt 1975) erfahren hat. Das nahezu vollständige Fehlen eines kritischen Apparates lässt diese Edition zwar nicht in die Riege der Standardtexte aufschließen, allerdings erweist sich der »Index to All the Lives« von C OHOON ähnlich dem Index der Belles Lettres (Bd. 16) als sehr hilfreich. Neben der englischen, deutschen und französischen Ausgabe ist auch von M ANFREDI NI , O RSI und A NTELAMI 1987 (mit Neuauflage 1996) bei Mondadori der Text der Artaxerxes-Vita mit umfangreichem kritischen Apparat und Parallelstellenverweisen ediert worden. Sowohl in den Belles Lettres als auch in der Loeb- und MondadoriAusgabe findet sich parallel zum griechischen Text eine Übersetzung der Vita in die jeweilige Landessprache. Z IEGLER hat eine gelungene deutsche Übersetzung für sämtliche Viten in den Jahren von 1954–1965 gesondert herausgegeben.173 P ERRIN, F LACELIÈRE /C HAMBRY sowie Z IEGLER (in der Übersetzung) bieten mehr oder weniger ausführliche Erläuterungen zum 172 Die Textausgabe von L INDSKOG /Z IEGLER /G ÄRTNER gilt als Standardtext und liegt auch dieser Kommentierung zugrunde. 173 Die Vita des Artaxerxes befindet sich im sechsten Band von Z IEGLERs Übersetzung.
Editionen
Übersetzungen
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Abhandlungen
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Text, die zumindest den ersten Zugang erleichtern. Mit der Ausgabe von M ANFREDINI /O RSI /A NTELAMI liegt aber die einzige bisher erschienene ausführlichere Kommentierung der Vita des Artaxerxes vor. Diese kann allerdings trotz einer Diskussion der Quellengrundlage in der Einleitung durch O RSI174 allein schon aufgrund der Kürze der Kommentierung mit insgesamt 42 Seiten (der Schwerpunkt dieser Reihe liegt eindeutig auf Textedition und -übersetzung) nicht zur Gruppe der oben besprochenen historischen Kommentare gezählt werden,175 handelt es sich doch eher um eine konventionelle historische Kommentierung, die zwar immer wieder viele Parallelstellen zu nennen weiß und somit durchaus hilfreich ist, insgesamt die Vita aber zu oberflächlich behandelt. Neuere Monographien, die sich mit dieser Vita Plutarchs befassen, gibt es nicht. Ende des 19. Jahrhunderts ist sie allerdings mehrfach Gegenstand quellenkritischer Untersuchungen gewesen. Grundlegend für die meisten Betrachtungen war H AUGs Werk Die Quellen Plutarchs in den Lebensbeschreibungen der Griechen (1854). Wenn er sich auch nur kurz mit der Vita des Artaxerxes befasst hat,176 so kam er aber schon zum Schluss, dass die ersten zwei Drittel der Vita hauptsächlich aus Ktesias’ Persika genommen seien. Im Jahre 1867/68 hat dann S CHOTTIN seine Observationes de Plutarchi vita Artaxerxis vorgelegt, die sich ausschließlich mit Plutarchs in der Vita genannten Hauptquellen befassen: Ktesias, Dinon, Herakleides und Xenophon. Ferner betrachtet er auch Phainias von Eresos, der von Plutarch nicht erwähnt wird, als potentielle Quelle.177 Er sieht ebenfalls Ktesias als Hauptautorität Plutarchs an. S MITH, dessen Study of Plutarch’s Life of Artaxerxes with especial Reference to the Sources 1881 erschien, verfolgt prinzipiell den selben Weg, zeigt sich aber skeptisch bei einer allzu schnellen Zuweisung vieler Passagen an die Vorlage Ktesias und weist viele Textstellen, die bis dahin Ktesias zugeschrieben wurden, Dinon zu. Seine großteils plausible und überzeugende Argumentation ist allerdings von seinen Nachfolgern kaum rezipiert worden.178 M ANTEY (1888) kommt das Verdienst zu, aufbauend auf B RUNKs Arbeit,179 darauf hinzuweisen, dass Plutarch wohl neben den von ihm genannten Quellen auch auf von ihm in dieser Vita nicht genann174 175 176 177 178
Siehe M ANFREDINI, Plutarco, XXXI–XXXVI. Siehe hierzu Kap. 1.4, S. 27–33. Diese wird nur im »Anhang zu den Griechen« auf gut 12 Seiten (87–98) thematisiert. ‹. Siehe hierzu S. 294–299 zu Plut. Art. 22, 1–12, › Die Forschung des 20. Jahrhunderts ignoriert ihn fast völlig. Dies war im vorangegangenen Jahrhundert zumindest z.T. noch anders, s. z.B. S EEBERG, Fontibus, 3, der – auch bei anderer Meinung – S MITH immerhin Scharfsinn in der Beobachtung zuerkennt: »Tertius hunc laborem suscepit Smith, cuius opus diligentissime scriptum esse non nego.« 179 Vgl. B RUNK, Varia Historia.
1.5 Material und Kommentare zur Vita des Artaxerxes
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te bestehende Sammlungen von Anekdoten und Apophthegmata zurückgegriffen hat.180 Diese Vermutung bestätigt auch die moderne Kommentierung der Vita. K RUMBHOLZ (1889) und später S EEBERG (1897) gehen kaum auf S MITHs Argumente ein.181 Sie begründen, auf H AUGs und auch S CHOTTINs Arbeiten aufbauend, die bis heute gültige communis opinio, dass weite Passagen der Artaxerxes-Vita auf Plutarchs Vorlage Ktesias basieren. Wenn auch die Zielsetzung dieser Gelehrten oftmals methodisch nicht überzeugend erscheint, da sie allzu oft Plutarchs Werk als ›Steinbruch‹ für Autorenfragmente betrachten, so sind doch viele ihrer Argumente scharfsinnig und bedenkenswert, so dass ihre Benutzung für eine quellenkritische Arbeit unumgänglich erscheint. S TEVENSON befasst sich in ihrer 1997 erschienenen Monographie zu der Persika-Literatur zwar nicht ausschließlich, aber doch in großen Teilbereichen mit der Vita des Artaxerxes Plutarchs.182 Damit liegen gut 100 Jahre zwischen der Arbeit von S EEBERG und der von S TEVENSON, in denen es keine geschlossene Untersuchung mehr gab,183 die sich mit dieser Vita Plutarchs befasst hätte, einer Vita, die nicht nur im Bereich der Achaimenidenforschung einen durchaus zentralen Stellenwert besitzt.184 Da Plutarch in dieser Vita häufiger Ktesias und Dinon direkt und auch indirekt zitiert, ist sie natürlich auch – abgesehen von der Edition des Plutarchtextes – Arbeitsgebiet der Philologen, die Fragmentsammlungen zu diesen 180 M ANTEY, Quellen. Siehe hierzu S. 129f. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹ und auch S. 157 zu Plut. Art. 5, 6, › ‹. 181 Vgl. K RUMBHOLZ, Ctesia und S EEBERG, fontibus. 182 S TEVENSON, Persica; s. auch dies., Lies zur Arbeitsweise Dinons. Zwar überzeugt auch manches in S TEVENSONs Arbeit nicht, da aber dieser Bereich seit Jahrzehnten kaum bearbeitet wurde, sind alle ihre Ergebnisse von sehr hohem Wert. 183 H OOD hat zwar 1967 (1969 als Faksimile vom Mikrofilm herausgegeben) eine Untersuchung zu Plutarch and the Persians vorgelegt. Diese befasst sich auch in einem umfangreichen Abschnitt (H OOD, Plutarch, 68–85) mit der Vita des Artaxerxes, sein Schwerpunkt liegt aber vor allem auf Plutarchs Darstellung der Perser, so dass quellenkritische oder historische Überlegungen nur am Rande berührt werden. Die Art der Publikation erschwert zudem die Arbeit mit dieser Dissertation, die deshalb auch kaum rezipiert wurde. 184 So ist z.B. Plutarchs Beschreibung der Throninitiation Artaxerxes’ II. unser einziger Bericht über diesen Vorgang (Plut. Art. 3). Auch der Ort der Entscheidungsschlacht zwischen dem Großkönig Artaxerxes II. und seinem Bruder Kyros – Kunaxa – ist nur bei Plutarch überliefert (Plut. Art. 8, 2). Dies sind nur zwei Beispiele, die das Interesse der Forschung an dieser Vita erklären. Ein Blick auf das Stellenverzeichnis in B RIANTs für die Forschung zu den Achaimeniden zentralen From Cyrus to Alexander. A History of the Persian Empire (B RIANT, Cyrus, 1136) verdeutlicht dies: Die relativ kurze Vita des Artaxerxes nimmt immerhin 2 1/2 Spalten im Verzeichnis ein, während die Alexander-Vita auf gerade eine 3/4 Spalte kommt. Zum Vergleich: Herodots nun ungleich ausführlichere Historien nehmen 12 1/4 Spalten ein.
Fragmentsammlungen
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Autoren zusammenstellen. So haben M ÜLLER, JACOBY und L ENFANT185 Fragmente herausgegeben und sich somit auch mit der Frage nach Plutarchs Vorlagen auseinandersetzen müssen. Gerade die jüngste Veröffentlichung von L ENFANT geht z.T. noch über die Ergebnisse der Quellenforschung des 19. Jahrhunderts und JACOBYs Erkenntnisse hinaus und sieht in großen Bereichen der Vita des Artaxerxes Fragmente der Persika des Ktesias.186 Voraussichtlich im Jahr 2008 wird von S TRONK eine neue Sammlung von Ktesias-Fragmenten vorliegen.187 KÖNIG hat 1972 eine Ktesias-Edition (mit einem Schwerpunkt auf der Epitome des Photios) mit deutscher Übersetzung und reichhaltigen Erläuterungen und auch quellenkritischen Analysen zu Plutarchs Nutzung des Ktesias in der Artaxerxes-Vita herausgegeben.188 Er widerspricht in weiten Teilen der communis opinio, die bestimmte Abschnitte Ktesias zugewiesen hat. Zwar ist sein Argumentationsgang hierbei häufig nicht überzeugend, seine generelle Skepsis gegenüber einer einfachen Zuschreibung von Passagen, die Plutarch nicht mit einem Autorennamen verbindet, ist methodisch aber vollkommen gerechtfertigt.189 Da die Vita des Artaxerxes in der Forschung zu den Achaimeniden einen hohen Stellenwert einnimmt, befassen sich viele wissenschaftliche Einzeluntersuchungen mit Themen, die auch Plutarch hier berührt hat. An dieser Stelle einen Überblick über die – in einem Kommentar naturgemäß – recht unterschiedliche und weitgestreute Literatur zu bieten, erscheint nicht sinnvoll und auch kaum durchführbar.190 Verwiesen sei aber auf die zu nahezu allen Punkten wichtigen und einflussreichen Arbeiten von B RIANT und W IESEHÖFER,191 deren zentrale Monographien im Rahmen der historischen Kommentierung meist weit mehr als nur einen Anfangspunkt geboten haben. Erwähnt werden sollen hier auch die umfangreichen onomastischen Arbei185 FHG II Dino (88–95) u. Heraclides Cumanus (95–98); FGrH 688–690; L ENFANT, Ctésias. 186 Diese Sammlung kann so auch einen erstaunlichen Umfang aufweisen (der allerdings auch der umfangreichen Einleitung, der hervorragenden Übersetzung und den vielen Anmerkungen geschuldet ist), da viele Passagen aus der Artaxerxes-Vita, die JACOBY nicht oder nur mit Vorbehalten (kenntlich u.a. durch den petit-Druck) aufgenommen hat, m.E. zu Unrecht diesem Autor zugewiesen werden, s. hierzu B INDER, Beobachtungen. 187 Der vom Autor gewährte vorzeitige Einblick in seine Ergebnisse – vor allem in seine scharfsinnigen Überlegungen zu Plutarch und der Artaxerxes-Vita – war in allen Fällen sehr hilfreich und fruchtbar. 188 KÖNIG, Persika. 189 Siehe hierzu oben S. 26, ›Regel‹ Nr. 5 zur Lektüre einer Plutarch-Vita. 190 Zu den jeweiligen Abhandlungen s. mit Hilfe der verschiedenen Indizes ad loc. im Kommentar. 191 Neben einer Vielzahl von Spezialuntersuchungen sind als Standardwerke vor allem B RIANT, Cyrus und W IESEHÖFER, Persien zu nennen.
1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel
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ten von S CHMITT, der jüngst auch eine Monographie zu den Anthroponymen in Ktesias’ Persika veröffentlicht hat, die in fast allen onomastischen Fragen in dieser Vita als neuester Forschungstand die maßgebliche Meinung darstellt.192
1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel Im Vergleich zu den anderen Lebensbeschreibungen Plutarchs weist die Vita des Artaxerxes eine Reihe von Besonderheiten auf, die es rechtfertigen, von einer ›Sondervita‹ zu sprechen: 1. Das wohl auffälligste Charakteristikum dieser Vita ist ihr Sujet. Artaxerxes ist der einzige ›Barbar‹, dem Plutarch eine seiner Lebensbeschreibungen gewidmet hat. Sie ist zudem das einzig erhaltene Werk in seinem gesamten Œuvre, das sich explizit mit Barbaren befasst.193 Diese Themenwahl erlaubt es zu sagen, dass diese Vita nicht im Rahmen der Parallelbiographien konzipiert wurde, da sie a) dem Schema Grieche-Römer nicht entsprechen kann und b) kein griechisches oder römisches Pendant auch nur denkbar wäre.
Ein Barbar
2. Eben dieser Umstand, dass die Vita des Artaxerxes nicht zu den Parallelbiographien gehört, ist eine weitere Besonderheit. Nur vier der insgesamt fünfzig uns erhaltenen Biographien gehören nicht zum Cor,194 wobei aber die Viten von Galba und Otho pus der in die Reihe der Kaiserbiographien zu rechnen sind (von Augustus bis Vitellius). Somit stehen nur die Viten Arats und des Artaxerxes unter den erhaltenen Biographien isoliert.195 Zwar wissen wir u.a. aus dem Lampriaskatalog, dass Plutarch weitere Einzelbiographien verfasst hat (z.B. Herakles, Hesiod, Pindar, Krates, Daiphantos, Aristomenes und einige weitere), so dass allein der Umstand, dass es sich beim ›Artaxerxes‹ um eine Einzelbiographie handelt, nicht das Etikett ›Sondervita‹ rechtfertigt. Von diesen anderen Einzelbiographien ist aber leider – mit Ausnahme weniger Fragmente oder Testimonien – keine erhalten.
Eine Einzelbiographie
192 Vgl. S CHMITT, Anthroponyme. 193 Wir wissen nur von einer weiteren Schrift Plutarchs, die sich diesem Thema widmet, , die der Lampriaskatalog noch kennt, die aber nicht erhalten die sind. Plutarch bezieht sich aber immerhin an gut 950 Stellen in seinen Schriften auf Barbaren; zum negativen Barbarenbild Plutarchs und dessen Verankerung in der seit dem 5. Jahrhundert v.Chr. bestehenden literarischen Tradition s. S CHMIDT, Plutarque und dens., Barbarians; zur Entstehung dieser Barbarentopik s. H ALL, Inventing. 194 Siehe hierzu bereits Kap. 1.2.1, S. 8. 195 Siehe hierzu auch kurz S IRINELLI, Plutarque, 260f.: »Les vies isolées«.
38 Plutarchs Schweigen
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3. Aufgrund ihrer Sonderrolle im erhaltenen Œuvre Plutarchs erscheint ein Vergleich der Vita Arats mit der des Artaxerxes zweckmäßig. Die Arat-Vita beginnt mit einer Widmung an Polykrates von Sikyon und seine Söhne (Polykrates und Pythokles). Für eine Einzelbiographie ist dies ein naheliegender Beginn, ebenso wie die kurze Erläuterung Plutarchs zu seiner Intention: Er habe diese Vita vor allem für die Söhne des Polykrates geschrieben, damit sie – zusätzlich zu ihrem Vater – einen Blick auf ein weiteres Vorbild im eigenen Haus erhalten.196 Plutarchs moralphilosophische Überzeugung, dass ein Mensch seinen Charakter am Vorbild eines anderen verbessern könne, tritt also auch in dieser Einzelvita deutlich zu Tage, hier sogar eindeutig als pädagogisches Wirken formuliert.197 Im Mittelpunkt dieser Vita steht also Arat als positives Leitbild – dies verbindet dieses Werk mit Plutarchs übrigen Biographien. Leider fehlt unserer Vita jede Form einer allgemeinen Einleitung: Plutarch beginnt im ersten Kapitel sofort mit dem eigentlichen Thema, indem er die nötigen Grundinformationen liefert (Protagonisten und Gewährsleute), ohne sich aber auf einer Meta-Ebene wie in den Parallelbiographien (zumeist in der ersten Vita des jeweiligen Paares) zu seiner Intention oder seiner Selbstsicht als Autor zu äußern bzw. zumindest eine sehr allgemeine Hinführung zum Thema (z.B. auch mit mythologischen oder anderen historischen Beispielen) zu bieten.198 Der Kontext, in dem diese Vita entstanden ist, ist also nicht einfach zu erschließen. Vergleichbar erscheint zunächst die Vita Othos. Hier liefert Plutarch nicht einmal Informationen zu seinem Protagonisten. Er beginnt abrupt mit: 196 Plut. Arat. 1, 5. 197 So lobt Plutarch Arats Charakter:
»Denn seine [Arats] Geistesrichtung, sein Charakter gab allen Handlungen des Königs gleichsam die Tönung. Die Mäßigung des jungen Mannes gegen die Lakedaimonier, die sich vergangen hatten, die Verhandlungen mit den Kretern, durch die er die Insel binnen weniger Tage auf seine Seite brachte, und der mit größter Tatkraft geführte Feldzug gegen die Aitoler brachten Philipp den Ruhm kluger Fügsamkeit, Aratos den des klugen Rates ein.« (Plut. Arat. 48, 5; Übers. Z IEGLER). Zu Plutarchs moralisch-belehrender Intention s. z.B. auch Plut. Aem. 1, 1; s. hierzu bereits Kap. 1.2.2, S. 10. 198 So beginnt z.B. die Vita Galbas mit Plutarchs Ansichten zum Thema Disziplin im Heer vor dem Hintergrund der Wirren des Vier-Kaiser-Jahres; in der Einzelbiographie zu Arat findet sich im Prooimion gar eine Widmung und Plutarchs Darlegung seiner Intention.
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1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel 199
Allerdings ist diese Vita auch im Rahmen der Reihe der Kaiserviten zu sehen. Plutarch hat die drei Kaiser des Jahres 69 (Galba, Otho und Vitellius) thematisch zusammengefasst, so dass das Prooimion vor dem eigentlichen Beginn der Galba-Vita auch mit Sicherheit für Otho und vermutlich auch für die verlorene Vita des Vitellius zu gelten hat.200 Der Umstand, dass Plutarch expressis verbis nichts über seine Intention und die Einordnung unserer Vita sagt, ist somit auffällig. Dies geschieht zwar auch nicht in allen Parallelbiographien, doch ist deren Kontext im kompositorischen Gesamtgefüge der vergleichenden Lebensbilder in jedem Fall eindeutig. 4. Aber auch eine inhaltliche Analyse, die über Plutarchs Absicht eigentlich Klarheit verschaffen sollte, lässt diese Vita weiterhin rätselhaft erscheinen. Einerseits ist es evident, dass Artaxerxes II. kein positives Leitbild ist, wie es – dem moral-philosophischen Ansatz Plutarchs entsprechend – vor allem in seinen Parallelbiographien üblich ist: Dies wird zwar in der Forschung immer wieder behauptet,201 so u.a. von O RSI in der Einleitung ihres Artaxerxes-Kommentares,202 doch ist diese Ansicht nicht aufrecht zu halten. Unstrittig gibt es in der Vita Passagen, die den Großkönig in gutem Licht erscheinen lassen: Plutarch charakterisiert Artaxerxes als keineswegs feigen und weichlichen Mann. Dies spricht er deutlich im Rahmen des Rückmarsches vom mäßig, weil nur diplomatisch erfolgreichen Kadusierfeldzug aus (Art. 24, 10f.). Genauso ist auch Artaxerxes’ Verhalten in der Schlacht von Kunaxa zu sehen: In der nach Dinon erzählten Variante wird er zwar zweimal durch Kyros vom Pferd geworfen, greift seinen Widersacher aber dennoch weiter beherzt an (Art. 11). Hierin ist ein Charakterzug des Großkönigs zu sehen: Wenn er sich – aus welchen Gründen auch immer – zu einer bestimmten Handlung entschlossen hat,203 agiert er konsequent: Er marschiert zu Fuß mit vollem Marschgepäck mit seinen Soldaten und legt selbst Hand an einen der Bäume 199 »Der neue Kaiser begab sich bei Tagesanbruch aufs Kapitol und opferte.« (Plut. Otho 1, 1; Übers. Z IEGLER). 200 So wird Otho als Protagonist nicht zu Beginn seiner Vita, sondern bereits in Plut. Galba 19 eingeführt. 201 Siehe z.B. K UHRT /S ANCISI -W EERDENBURG, Artaxerxes, 48: »Plutarch preist ihn [Artaxerxes II.] als einen gerechten, milden und tapferen König.« 202 M ANFREDINI, Plutarco, XXVIIf. 203 Schon hier sei angemerkt, dass gerade der Prozess der Entschlussfindung für den Großkönig sehr problematisch ist. Er zögert immer wieder und ist in seinen Entscheidungen letztlich von verschiedenen Personen (so u.a. von seiner Mutter Parysatis, aber auch von Tiribazos) abhängig.
Das fehlende Leitbild
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1 Plutarch
eines königlichen Gartens, um für Feuerholz zu sorgen. Aber gerade auf diese Punkte bezieht sich O RSI in ihrer Argumentation nicht, sondern baut auf einer der deutlichsten charakterlichen Schwächen des (Milde) verwirklicht Artaxerxes auf, in der sie das Ideal der sieht:
204
An anderer Stelle meint Plutarch, dass Artaxerxes’ Ruf, gnädig und ) und seinen Untertanen gegenüber freundlich ( milde ( ) gewesen zu sein, zu einem großen Teil der alle anderen übertreffenden Grausamkeit seines Sohnes Ochos zu verdanken sei.205 Aus diesen Zitaten ist aber eindeutig zu ersehen, dass die von O RSI betondes Artaxerxes nur eine scheinbare ist; nur am Anfang ( te ) schien ( ) er sich die Milde seines Großvaters zum Vorbild genommen zu haben. Nebenbei bemerkt ist dies ein erstaunliches Lob Plutarchs für Artaxerxes I. In der Tat sind Milde und Menschenfreund. lichkeit für Plutarch die fundamentalen Charakteristika von Sie sind »l’une des vertus ›cardinales‹ de ses héros.«206 Aber im Falle des Enkels ist die Sanftmut kein Anzeichen für eine Kontrolle der Affekte durch Tugend. Sie ist nur oberflächlich. Hinzu tritt der ebenfalls deutliche Hinweis Plutarchs, dass Artaxerxes dieses Verhalten offenbar nur für eine kurze Zeit, nämlich zu Beginn seiner Regierung, zeigte. Diese von Plutarch offen als charakterlicher Defekt angesprozeigt dies aber nicht allein. An vielen – nach Plutchene archs Definition eher unbedeutenden – Taten des Protagonisten ist zu erkennen, dass Artaxerxes nicht als Leitbild dienen kann. So wird er auf dem Gebiet der Sexualmoral als verkommen dargestellt, heiratet er doch mindestens eine seiner Töchter.207 Strafen verhängt er häufig willkürlich und grausam,208 er übt eine Tyrannis aus, der viele Adlige zum Opfer fallen,209 und zeigt auch unkontrollierte Reaktionen: So 204 Plut. Art. 4, 4: »In der Natur des Königs lag eine gewisse zaudernde Haltung, die den meisten als Güte erschien. Zu Beginn schien er sogar die Sanftmut des Artoxerxes, von dem er den Namen hatte, sich zum Beispiel genommen zu haben.« (Übers. ‹. Z IEGLER); s. hierzu S. 136 zu Plut. Art. 4, 4, › 205 Plut. Art. 30, 9. 206 S CHMIDT, Plutarque, 316. Siehe hierzu M ARTIN, Concept a) und dens., Concept b). 207 Plut. Art. 23, 3f. 208 Hier mag als Beispiel die angebliche grausame Bestrafung des Mithridates mit den ›Mulden‹ dienen, Plut. Art. 16. Dieser Strafe ist aber keine Historizität zuzusprechen, s. hierzu B INDER /ROLLINGER, Strafen. 209 Plut. Art. 25, 3.
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1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel
erschlägt er eigenhändig im Zorn seinen zum Tode verurteilten Sohn Dareios.210 Weitere Beispiele ließen sich nennen (Eifersucht, Feigheit im Kampf gegen Sparta in Kleinasien etc.).211 Ein barbarischer König – der persische Großkönig ist dies par excellence – müsste aber, um als positives Leitbild ›funktionieren‹ zu können, durch gute Taten besonders herausstechen. Abgesehen von Kyros II. ist hier kaum ein Barbarenherrscher denkbar212 – Artaxerxes II. erfüllt jedenfalls nach Plutarchs Darstellung diese Kritierien nicht. Aus den Parallelbiographien ist aber auch zu ersehen, dass Plutarch nicht nur positive liefert, die den Lebensbilder gezeichnet hat, sondern auch einige Leser abschrecken sollen. In der Vita des Demetrios – also in einem dieser negativen Beispiele im Corpus der vergleichenden Biographien – stellt Plutarch seine pädagogische Absicht deutlich heraus:
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210 Plut. Art. 29, 11f. Dies ist zwar nur eine Version zur Hinrichtung des Kronprinzen Dareios, sie zeigt aber deutlich, dass nach Plutarch bei Artaxerxes II. nicht die Vernunft die irrationalen Affekte beherrscht. Die Handlung des Großkönigs ist hier unterworfen. einzig und allein seinen Trieben und seiner barbarischen 211 Es ist kein Widerspruch, dass Artaxerxes II. nach Plutarch zwar tapfer gegen seinen Bruder, der nun ebenfalls ein Barbar ist, gekämpft hat, sich im Kampf gegen die in jeder Hinsicht überlegenen Griechen aber auf feige Methoden der Kriegführung zurückziehen muss. Zu weiteren negativen Beispielen aus dieser Vita s. auch S CHMIDT, Plutarque, 315–324, der z.T. die positiven Aspekte überbetont (»nombreuses qualités«), dessen conclusion (322–324) aber treffend ist. 212 Artaxerxes I. hat in der griechischen Überlieferung auch einen guten Leumund, s. ‹. Xenophons Bild hierzu S. 82–84 zu Plut. Art. 1, 1, › seines Soldgebers Kyros ist ebenfalls sehr positiv, dieses teilt Plutarch allerdings ‹. nicht, s. hierzu S. 162f. zu Plut. Art. 6, 1, › 213 Plut. Demetr. 1, 5f.: »Aber von Menschen, die unbesonnen mit ihren Gaben umgegangen und in großen Verhältnissen und Machtstellungen hervorstechende Muster der Lasterhaftigkeit geworden sind, ist es vielleicht nicht von Übel, ein oder zwei Paare in die Reihe der vorbildlichen Lebensläufe einzufügen, wahrhaftig nicht, um zum Vergnügen und zur Unterhaltung der Leser meine Schriftstellerei abwechslungsreicher zu gestalten, sondern wie der Thebaner Isemenias seinen Schülern das gute
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1 Plutarch
Es scheint naheliegend, bei dieser Häufung der negativen Züge in der Charakterisierung des Artaxerxes anzunehmen, dass Plutarch mit der Artaxerxes-Vita ein negatives Lebensbild in dem oben zitierten Sinne liefern wollte.214 Diese These ist aber problematisch. Dass die negativen Züge in dieser Vita überwiegen, ist eindeutig. Dies ist allerdings auch kaum überraschend, wenn man das Sujet berücksichtigt. Plutarch war von der grundsätzlichen moralischen Unterlegenheit der Barbaren überzeugt.215 Seiner Meinung nach – jedenfalls soweit wir dies aus seinen Schriften ablesen können – vereinten die Barbaren ei): ne Fülle von negativen Eigenschaften in sich von Natur aus ( (Wildheit, Grausamkeit, Mangel an Bildung und Erzie(Kühnheit, Vermessenheit, Arroganz), hung), (Reichtum, Luxus, Extravaganz, Begierde), (Treulo(Feigheit) usw., kurz: (Schlechtigkeit, sigkeit), Nichtsnutzigkeit).216 Ein Barbar kann also gar nicht unbesonnen mit seinen von der Natur gegebenen Gaben umgehen. Somit erscheint es prinzipiell fraglich, ob ein Barbar überhaupt den Zweck eines negativen Exemplums erfüllen kann. Ein Grieche oder auch Römer kann keinen Nutzen aus einem negativen Barbarenbeispiel ziehen, da seine ›Naturanlagen‹ grundsätzlich verschieden und vor allem überlegen waren. Die Barbaren mögen Plutarch in seinen Viten als negative Gegenfolie gedient haben, um die Qualitäten seiner griechischen und römischen Protagonisten hervorzuheben. Dass aber das sittlich niedrige Verhalten eines Barbaren, der seine Tochter heiratet, ohne sich um die Meinungen und Gesetze der Griechen zu kümmern ( ),217 für einen Griechen oder Römer ein Vorbild sein soll, ist ausgeschlossen. Aber selbst für den Fall, dass Plutarch ein abschreckendes Lebensbild hätte zeichnen wollen, erscheint Artaxerxes II. keineswegs als naheliegende Wahl, sieht Plutarch doch selbst Artaxerxes III. als grausamsten aller Achaimeni-
Ein negatives Beispiel?
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wie das schlechte Flöteblasen vorzuführen pflegte und dazu sagte: ›so muß man flöten‹ und hinwieder ›so muß man nicht flöten‹, oder wie Antigeneidas meinte, daß die jungen Leute die guten Flötenbläser sogar noch lieber hören würden, wenn sie auch von den schlechten eine Probe zu hören bekämen, so denke ich mir, daß auch wir noch willigere Betrachter und Nacheiferer der guten Lebensläufe sein werden, wenn wir nicht in Unkenntnis der schlechten und tadelnswerten bleiben.« (Übers. Z IEGLER). Dieser Ansicht ist z.B. H OOD, Plutarch, 68–85. Zu Plutarchs Barbarenbild s. auch S CHMIDT, Plutarque und dens., Barbarians; ferner H OOD, Plutarch. Eine ausführliche Untersuchung zu jeder genannten negativen Eigenschaft findet sich bei S CHMIDT, Plutarque. Plut. Art. 23, 5.
1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel
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denherrscher an.218 Ferner erscheint unser Artaxerxes im Verhältnis zum Verhalten einiger Nebencharaktere in dieser Vita, wie z.B. Kyros und Parysatis, gemäßigter in seinen Handlungen.219 Plutarchs Intention bleibt deshalb verborgen, sie deckt sich aber mit Sicherheit nicht mit der seiner anderen erhaltenen Viten (sowohl der Parallelbiographien als auch der Vita Arats). 5. In weiten Passagen dieser Vita steht zudem nicht Artaxerxes, sondern das Handeln anderer Personen im Mittelpunkt der Schilderungen.220 Plutarch scheint mehr eine Beschreibung der persischen Geschichte zur Zeit Artaxerxes’ II. mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf den Ereignissen des Jahres 401 (Kunaxa) und mit einem deutlichen Interesse an den Interna des Hofes und dem Einfluss bestimmter Frau.221 In dieen auf den König zu liefern als einen seiner üblichen sen Themenschwerpunkten Plutarchs spiegeln sich seine Hauptquellen wider, wie die Quellenanalyse im Anschluss noch deutlich zeigen wird: Xenophons Anabasis (Schlacht bei Kunaxa), Dinons und Ktesias’ Schilderungen der Hofinterna mit ihren häufigen intimen Details in ihren Persika sowie wohl auch das Werk des Herakleides von Kyme. Gerade die Reduzierung der Charaktere auf ein gerade benötigtes Minimum und somit eine Konzentration der Darstellung auf den Protagonisten ist eine der Stärken der Parallelbiographien.222 Auch dieser Aspekt rechtfertigt es, im Falle der Artaxerxes-Vita von einer isolierten Biographie zu sprechen. Die Einzelvita des Artaxerxes steht somit vollkommen unverbunden und auch rätselhaft da.223 Diese Besonderheiten lenken zwangsläufig den Blick auf die Frage nach der Intention Plutarchs, eine Lebensbeschreibung Artaxerxes’ II. zu schreiben. Man muss sich nicht der Meinung von W ILAMO WITZ anschließen, dass Artaxerxes II. persönlich keiner Biographie würdig 218 Plut. Art. 30, 9. 219 Siehe hierzu auch S CHMIDT, Plutarque, 318–322. 220 Siehe hierzu Kap. 1.7, S. 49f.; dies hat schon W ILAMOWITZ -M OELLENDORFF, Plutarch, 271 angemerkt. 221 Siehe auch schon L EO, Biographie, 157. 222 Um dies zu belegen, reicht ein erneuter Blick auf Plutarchs ›Kunstgriffe‹, um seine Erzählung stringenter zu gestalten (conflation, compression, displacement, suppression, transfer), die z.T. dem Protagonisten Handlungen zuschreiben, die gar nicht seine waren bzw. zeitlich getrennte Ereignisse zusammenfassen, um so unnötige Erklärungen und Exkurse zu vermeiden, s. hierzu bereits Kap. 1.3.1, S. 22f. 223 S IRINELLI, Plutarque, 260: »d’autres sont plus énigmatiques, par exemple la Vie d’Artaxerxès.«
Andere Protagonisten
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Zusammenhänge?
Datierung
1 Plutarch
gewesen sei,224 um sich über Plutarchs Themenwahl zu wundern. Da diese Vita weder ein positives noch ein negatives Bild liefert bzw. sujetbedingt liefern kann, an dem der Leser sich hätte weiterbilden können, müssen andere Erklärungen für Plutarchs Wahl gefunden werden. Es ist schon von W ILAMOWITZ vermutet worden, dass beim Abfassen anderer Biographien aus dem Corpus der Parallelbiographien (z.B. Alkibiades, Lysander, Agesilaos und vor allem Alexander) Plutarchs Interesse am persischen Hof geweckt worden sein könnte. Neben dem Thema sei er so auch auf die entsprechenden Quellen gestoßen.225 Allerdings deutet in diesen genannten Viten nichts auf eine Nutzung z.B. der Persika des Ktesias hin, noch erklärt ein vielleicht bei der Beschäftigung mit Alexander III. gewecktes Interessse am persischen Hof Plutarchs Wahl unseres Protagonisten. Wären dann nicht doch Dareios III. und sein Verhalten im Konflikt mit einem Griechen zweckmäßiger gewesen? Natürlich ist es denkbar, dass Plutarch erkannt hat, dass das Quellenmaterial zu Artaxerxes II. auch aufgrund der langen Regierungsdauer reichhaltiger war. Schaut man sich aber die Konzentration der Darstellung in der Vita des Artaxerxes auf die Schlacht von Kunaxa an, verliert diese Annahme an Überzeugungskraft. Für die Auseinandersetzungen zwischen Alexander und Dareios hätte Plutarch zudem sicher auf genügend Quellen (Kleitarch, Kallisthenes, Aristobul u.a.) zurückgreifen können, wenn auch auf keine, die vorgibt, persische Interna zu überliefern. Aber noch ein weiterer Aspekt spricht gegen die These von W ILAMO WITZ . Eine Datierung dieser Vita ist zwar schwierig, da der Inhalt keine Anhaltspunkte liefert. So finden sich einige Anekdoten, die Plutarch auch in den Parallelbiographien nennt, aber hieraus lässt sich keine Abfolge oder zeitliche Nähe zu diesen Viten ableiten. Über den Status von Beobachtungen kommt das Folgende daher kaum hinaus, das Ergebnis bleibt hypothetisch. Aber einige – z.T. auch schon genannte – Besonderheiten dieser Vita deuten darauf hin, dass es sich eher um ein Frühwerk Plutarchs, eine Art von und vermutlich auch Übung deutlich vor der Abfassung der vor den Kaiserviten handelt.226
224 W ILAMOWITZ -M OELLENDORFF, Plutarch, 271: »Das [Artaxerxes II.] war persönlich gar kein Mann, der eine Biographie verdiente, auch gewiss noch keine erhalten hatte.« 225 Siehe W ILAMOWITZ -M OELLENDORFF, Plutarch, 271; neuerdings mit ähnlichen Überlegungen S IRINELLI, Plutarque, 260. 226 So sah es auch schon L EO, Biographie, 157, der u.a. auch den Stil der Vita »trocken und ungeübt« findet; S TRONK, mit dem ich hier übereinstimme und dessen Ergebnisse ich schon vor der Veröffentlichung nutzen durfte, spricht hier vom Barbaren als »guinea-pig« Plutarchs, an dem er für seine späteren Arbeiten geübt hat. Zur Datierung der Parallelbiographien s. Kap. 1.2.1, S. 8.
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1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel
1. Das bereits angesprochene Fehlen einer erkennbaren Intention in dieser Vita, die deshalb so rätselhaft erscheint, würde sich mit dieser Annahme erklären lassen.
Die fehlende Intention
2. Auch das Vorhandensein vieler weiterer Charaktere, die z.T. durch ihre Handlungen große Passagen der Schilderung Plutarchs bestimmen, deutet darauf hin, dass Plutarch noch nicht die ihm später eigene Methodik des biographischen Schreibens voll entwickelt hat.
Die anderen Protagonisten
3. Damit verbunden fehlt der Vita ein luzides Gerüst, das die meisten erhaltenen Biographien aufweisen. Zwar erwähnt Plutarch die Jugend des Großkönigs und endet mit dem Tod Artaxerxes’ II., allerdings sind diese Rahmendaten wohl durchaus als unvermeidliches Grundgerüst einer Biographie zu bezeichnen. Auffällig ist aber, dass die Vita von einer deutlichen Asymmetrie gekennzeichnet ist. So nehmen z.B. die Ereignisse des Jahres 401 (rund um die Schlacht von Kunaxa zwischen Artaxerxes II. und seinem jüngeren Bruder Kyros) elf von dreißig Kapiteln, also über ein Drittel des gesamten Raumes ein (Plut. Art. 4–14), obwohl doch ein Zeitraum von gut 46 Jahren von 404– 359 behandelt wird. Hierzu ließen sich noch die Kapitel Art. 15–17 zählen, die hauptsächlich über die Racheaktionen der Parysatis an Personen, die an der Ermordung ihres geliebten Sohnes Kyros beteiligt waren, berichten, so dass die Hälfte der Vita sich mit einem nur sehr kurzen Zeitabschnitt befasst, der zudem nicht Artaxerxes II. im Mittelpunkt hat. Die folgenden gut 15 Jahre bis zum Antalkidasfrieden (386) werden hingegen in nur zwei Kapiteln (Art. 20f.) behandelt.
Die Asymmetrie
4. Ferner könnte man Plutarchs größere Konzentration auf historische Erzählungen227 und damit einhergehend eine noch nicht so scharfe Herausarbeitung des Charakters seines Protagonisten als fehlende Methodik deuten. In der Vita stellt Plutarch fest:
Die historische Erzählung
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227 Dies ist in dem Sinne gemeint, dass Plutarch viele historische Details liefert, die keinen Aufschluss über die charakterliche Disposition des Protagonisten bieten. 228 Plut. Art. 8, 1: »Da diese Schlacht [Kunaxa] von vielen Historikern geschildert worden ist, Xenophon aber sie einem geradezu vor Augen stellt und durch die Anschaulichkeit seiner Schilderung den Leser an den Begebenheiten, als seien sie nicht geschehen, sondern geschähen erst jetzt, leidenschaftlichen Anteil nehmen und sie mit-
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1 Plutarch
Dies entspricht teilweise der im Prooimion der Nikias-Vita erklärten Methodik Plutarchs im Umgang mit historischen Fakten,229 gleichzeitig fehlt aber in der Vita des Artaxerxes (noch?) der Zusatz, dass er dies eben nicht tun wolle, um unnützen geschichtlichen Ballast anzu), sondern um Material, häufen ( das für die Erkenntnis des Charakters und der Sinnesart des Mannes [sc. von Wert sei ( ] ), zu übermitteln. In der Vita des Artaxerxes sammelt Plutarch aber solche nach seiner eigenen (späteren?) Definition unnötigen Details. So verdeutlichen viele der zur Schlacht von Kunaxa gelieferten Informationen nicht den Charakter des Protagonisten: der Name des Schlachtortes, die Aufstellung der Heere, die Frage nach der Schuld an der Niederlage des Kyros, die Plutarch u.a. dem griechischen Söldnerführer Klearchos zuweist, der Zweikampf zwischen Kyros und Artagerses, der Name des Pferdes des Kyros, Dinons Schilderung vom Tod des Usurpators, noch deutlicher Ktesias’ Schilderung des Endes des Kyros, da Artaxerxes nach dieser Version überhaupt nicht daran beteiligt war usw. Sieht man diese Vita als ein frühes Werk Plutarchs, das vor den Parallelbiographien verfasst wurde, würde sich diese noch unscharfe Methodik erklären. Andere Motive
Traians Partherkriege
Plutarchs Motivation, diese Vita abzufassen, und auch seine Intention bleiben aber – abgesehen vielleicht vom Charakter als ›Fingerübung‹ – weiterhin rätselhaft. Denkbar wäre natürlich eine Reihe von Lebensbeschreibungen barbarischer Herrscher ähnlich den excellentes duces exterarum gentium des Nepos, allerdings würde hiervon jede Spur fehlen. Dass der Lampriaskatalog keine weitere solcher Biographien kennt, lässt diese Mutmaßung unwahrscheinlich erscheinen. Auch die Annahme eines zeitgeschichtlichen Bezugs in Zusammenhang mit den Partherkriegen Traians führt nicht weiter. Einerseits würde die vermutete Frühdatierung (vor 96 n.Chr.) dagegen sprechen. Zudem – wenn man dieser These nicht folgen mag – wäre dieser Bezug mehr als obskur. Es ist zwar durchaus plausibel, einige der Schriften Plutarchs im Umfeld der literarischen Produktion seiner Zeit mit den Partherkriegen Traians in dem Sinne zu verbinden, dass dessen Erfolge Plutarch inspiriert haben mögen (so vielleicht zur Vita Alexanders, zur Schrift de Alexandri Magni fortuna und auch de fortuna Romanorum).230 Da sich Traian selbst – wie erleben läßt, so wäre es sehr unklug sie noch einmal zu erzählen, nur daß ich einiges Bemerkenswertes, das er übergangen hat, nachtragen will.« (Übers. Z IEGLER). 229 Siehe hierzu bereits Kap. 1.2.2, S. 13. 230 Siehe hierzu S PAWFORTH, Symbol, 242f.; Z IEGLER, Nachwirken, 157–159. Auch Arrians Anabasis mag durch die Partherfeldzüge Traians in seiner Jugend inspiriert
1.6 Die Vita des Artaxerxes: Eine Sondervita und ein Rätsel
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auch schon vor ihm Pompeius, Antonius, Augustus und Nero231 – in die Alexander-Tradition stellte,232 ist es kaum verwunderlich, dass er im Rahmen seiner erfolgreichen Feldzüge im Osten mit Alexander verglichen wurde. Aber dieser Aspekt sollte nicht überbewertet werden. Generell zeichnet sich die literarische Produktion dieser Zeit der ›griechischen Renaissance‹ durch einen extrem starken Bezug auf die Vergangenheit, besonders auf Ereignisse des 5. und 4. Jahrhunderts v.Chr. aus. Allein das stilistische Ideal der Sophisten, der Attizismus, legt diese Themenorientierung nahe. Die Sprache der Klassiker war das Vorbild, so dass deren Schriften genau studiert wurden. Sich dann auch an diesen Themen auszurichten, erscheint naheliegend.233 Aber Arrians Anabasis zeigt auch, dass diese Themenwahl nicht nur mit zeitgeschichtlichen Ereignissen verbunden sein muss. Es finden sich nur wenige Bezüge zum aktuellen Zeitgeschehen. Seine primäre Inspiration – dies geht aus dem Prooimion hervor – waren Alexander selbst und das Fehlen einer geschlossen Darstellung über ihn.234 Aber selbst wenn man annimmt, dass einige Schriften Plutarchs inspiriert oder motiviert sind durch zeitgeschichtliche Ereignisse, passt seine Vita des Artaxerxes nicht in diesen Kontext. Eine Verbindung ist nicht herzustellen, da der von Plutarch behandelte Zeitraum nicht von einer besonders erfolgreichen griechischen Offensive gegen die Achaimeniden geprägt war, sondern im Gegenteil mit der erneuten Etablierung der persischen Herrschaft an der Westküste Kleinasiens die Ergebnisse der Perserkriege beseitigte. Nach der Schlacht von Knidos (394) beherrschte gar die persische Flotte die Ägäis. Trotz der von Plutarch geschilderten vermeintlichen Dekadenz und der Schwäche des Großkönigs erlebte das Achaimenidenreich machtpolitisch einen erneuten Aufschwung. Ebenso wäre es auch eine Überinterpretation, in dieser Vita gar eine Art Handlungsaufforderung an den Princeps zu sehen. Plutarch thematisiert zwar kurz in der Vita die ›Schande des Königsfriedens‹ und zeigt anhand von Beispielen, welches Schicksal griechische Gesandte erlitten, die sich dem persischen Großkönig andienten (Plut. Art. 20–22). Hieraus und aus der aufgezeigten Schwäche des großköniglichen Regiments aber abzuleiten,
231 232 233 234
sein. Direkt ist dieser Bezug wohl darin zu greifen, dass Parthica-Literatur, über die sich Lukian in seiner Schrift Quomodo historia conscribenda sit lustig machte, in jener Zeit erblühte. Hierzu s. z.B. H EUSS, Alexander; W EIPPERT, Alexander-Imitatio; K IENAST, Augustus; K ÜHNEN, Imitatio. Cass. Dio 68, 29, 1; so wurden auch Traian-Darstellungen gezielt in die Tradition des Makedonenkönigs gestellt, s. hierzu Z IEGLER, Nachwirken, 157–159. Siehe hierzu B OWIE, Greeks, 203f. Vgl. B OWIE, Greeks, 193f.
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Historisches Interesse
1 Plutarch
dass Plutarch gar zu einer offensiven Politik gegen die Parther riet bzw. dies seine Absicht war, ist nicht haltbar. Einen Anhaltspunkt könnte aber die immense politische Verflechtung der griechischen und persischen Politik in der Regierungszeit dieses Großkönigs bieten, die auch Plutarch – selbst wenn er Artaxerxes II. für einen schwachen Herrscher hielt – nicht verborgen bleiben konnte: Bereits Spartas Sieg im Peloponnesischen Krieg war hauptsächlich persischen Subsidien zu verdanken. Spartas militärische Aktionen in Kleinasien (also in der direkten Interessensphäre und dem Herrschaftsbereich des persischen Königs) und andererseits das persische Eingreifen in den Korinthischen Krieg führten letztlich zum Königsfrieden von 387/86, für den der Großkönig als Garant eintrat und der nach Plutarch einen Tiefpunkt hellenischer Politik bildete. All diese wichtigen Ereignisse der griechischen Geschichte des beginnenden 4. Jahrhunderts sind auch in Plutarchs Vita des Artaxerxes thematisiert. Zudem lässt sich an einigen Stellen in der Vita eine Verehrung der Werke Xenophons – hier konkret der Anabasis – greifen.235 Vielleicht hat die Beschäftigung mit diesem Werk Plutarchs Interesse an der Schlacht von Kunaxa geweckt und zu weiteren Nachforschungen angetrieben, bildet sie doch immerhin den Schwerpunkt der Erzählung. Die Frage, wie es den Söldnern im Anschluss gelingen konnte, aus dem feindlichen Territorium, nahezu aus )236 zu der königlichen Residenz heraus ( fliehen, kann Plutarch mit der Schwäche und Unterlegenheit des Großkönigs und seiner Untergebenen plausibel beantworten. Dass es Artaxerxes II. dennoch gelingen konnte, die Ergebnisse der Perserkriege gut ein Jahrhundert zuvor zu revidieren, ist nach Plutarch vor allem auf politisches Versagen griechischer Politik zurückzuführen. So muss Agesilaos aus Kleinasien weichen, weil der Großkönig einen innergriechischen Konflikt gegen Sparta entfachen kann;237 zugleich gelingt Artaxerxes der Seesieg bei Knidos unter dem Kommando des Atheners Konon,238 so dass im Endeffekt als Tiefpunkt hellenischer Politik der Antalkidasfrieden geschlossen wird. Das Charakterbild des Artaxerxes dient dazu, einige historische Ereignisse dieser Zeit zu erklären, nicht der moralischen Läuterung der Leser. Die hohe Bedeutung der persischen Politik für die griechische Geschichte dieser Jahre mag Plutarch also bewogen haben, diesem persischen Herrscher eine Biographie zu widmen. Es ist nur eine Vermutung, dass ihn vielleicht mehr ein Interesse an der Geschichte dieser Zeit abseits der allgemein bekannten Darstellungen geleitet hat, als die Absicht, ein konsistentes Charakterbild dieses Großkö235 Siehe hierzu S. 79 zu Plut. Art. 1, 1–4, › zu Plut. Art. 8, 1–8 › 236 Plut. Art. 20, 1. 237 Plut. Art. 20, 4–6. 238 Plut. Art. 21, 1.
‹; ferner S. 180 ‹.
1.7 Übersicht über Inhalt und Struktur
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nigs zu zeichnen. Die Intention dieser Vita würde sich somit deutlich von Plutarchs übrigen Biographien unterscheiden. So bleibt letztendlich nur der vielleicht unbefriedigende Schluss, dass es sich bei dieser Vita mutmaßlich um ein Frühwerk Plutarchs handelt, das zwar schon die Handschrift der späteren Parallelbiographien aufweist, aber in vielen Punkten hinter diesen zurückbleibt bzw. dem Vergleich nicht standhalten kann. W ILAMOWITZ’ bereits zitiertes Verdikt, dass Artaxerxes gar kein Mann gewesen sei, der eine Biographie verdient habe,239 erscheint nicht überzeugend. In Anbetracht seiner Leistungsbilanz und Regierungsdauer ist Artaxerxes wohl eher ein Mann gewesen, der keine solche Biographie verPlutarchs erhalten geblieben ist, scheint eher dem dient hat. Dass dieser Zufall zu verdanken zu sein, als seiner Qualität oder Schärfe in der Beobachtung und Charakterzeichnung. Als ein Meisterstück Plutarchs – immer im Verhältnis zu den erhaltenen Biographien – ist sie nicht zu werten.
1.7 Übersicht über Inhalt und Struktur Zur besseren Orientierung mag die folgende kurze Übersicht über die Vita dienen. Deutlich sind die Asymmetrie in der Komposition und die fehlende Konzentration auf den Protagonisten zu erkennen: I. Grundlegendes (Kap. 1f.): 1, 1–4: Abstammung, Geschwister, Namen (Einleitung) 2, 1f.: Charakter des Kyros und des Artaxerxes 2, 3–5: Verhältnis Parysatis-Kyros, Nachfolge Dareios’ II. II. Kyros als Protagonist: Der Kampf gegen Artaxerxes (Kap. 3–13): 3, 1f.: Investitur des Artaxerxes 3, 3–6: Anschuldigungen des Tissaphernes gegen Kyros, dessen angeblicher Attentatsversuch und Kyros’ Schonung 4, 1–3: Erste Vorbereitungen des Kyros: Aufbau des Söldnerheeres im Geheimen 4, 4–5, 6: Charakter des Großkönigs mit Beispielen 6, 1–5: Weitere Kriegsvorbereitungen, Marschbeginn des Kyros und seiner Armee 6, 6–7, 2: Verwirrungen am Hofe und Passivität des Großkönigs 7, 3–6: Aufmarsch des königlichen Heeres 8: (Einschub in Erzählung:) Diskussion über die Schuldfrage an der Niederlage 9: Zweikampf Artagerses-Kyros 239 Siehe bereits S. 44, Anm. 224.
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10: 11: 12, 1–3: 12, 4–6: 13, 1f.: 13, 3–7:
1 Plutarch
Tod des Kyros nach Dinon Tod des Kyros nach Ktesias Entdeckung des Leichnams des Kyros und Meldung des Fundes an den König Not des Großkönigs Bestätigung des Todes des Kyros Angaben zu Heeresgröße, Kritik an Ktesias
III. Parysatis als Protagonistin: Die Rache für Kyros (Kap. 14–19) 14, 1–4: Belohnungen und Bestrafungen für Teilnehmer an der Schlacht 14, 5–7: ›Schweigegeld‹ für Kämpfer, die am Tode des Kyros beteiligt waren 14, 8–10: Parysatis’ Rache am Karer 15–16: Parysatis’ Rache an Mithridates 17: Parysatis’ Rache an Masabates 18: Ktesias über Klearchos, Kritik an Ktesias 19: Parysatis’ Rache an Stateira und ihre Verbannung IV. Das Verhältnis Perser–Griechen nach Kunaxa (Kap. 20–22): 20, 1–3: Dekadenz der Perser, die glückliche Rückkehr der Söldner und die Erfolge der Spartaner unter Agesilaos 20, 4–6: Triumph des Artaxerxes über Agesilaos mit finanziellen Mitteln 21, 1–5: Seesieg der Perser über die spartanische Flotte 21, 6–22, 7: Der Antalkidasfriede und Antalkidas’ Schicksal 22, 8–12: Beispiele für Griechen am Hofe des Großkönigs V. Die Interna am Hofe (Kap. 23): 23, 1: Hinrichtung des Tissaphernes auf Betreiben der Parysatis 23, 2f.: Versöhnung Artaxerxes-Parysatis 23, 3–7: Sittenverfall: Ehen des Großkönigs mit seinen Töchtern VI. Die Außenpolitik nach 387/86 (Kap. 24f.): 24, 1: Feldzug gegen Ägypten 24, 2–9: Feldzug gegen Kadusier, Rettung des Heeres durch Tiribazos 24, 9–25, 4: Charakterisierung des Großkönigs und seiner Herrschaft VII. Die Thronfolge Artaxerxes’ II. und sein Tod (Kap. 26–30): 26, 1–5: Streit um Thronfolge: Ernennung des Dareios zum Thronfolger
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
26, 6–27, 5: 27, 6–10: 28: 29, 1–7: 29, 8–12: 30, 1–3: 30, 3–8: 30, 9:
51
Zerwürfnis zwischen Artaxerxes und Dareios Zerwürfnis zwischen Artaxerxes und Tiribazos Tiribazos und Dareios im Bunde gegen den Großkönig Fehlschlag des Attentates auf Artaxerxes, Tod des Tiribazos im Kampf Verurteilung und Hinrichtung des Dareios, wieder offene Thronfolge Charakterisierung der potentiellen Nachfolger: Ariaspes, Arsames und Ochos Ausschaltung der potentiellen Konkurrenten um die Macht durch Ochos Tod Artaxerxes’ II., Ausblick auf die Herrschaft des Ochos
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita Eine Quellenanalyse der Vita des Artaxerxes ist mit Schwierigkeiten verbunden. Zwar ist leicht festzustellen, dass Plutarch hauptsächlich die Autoren Dinon und Ktesias, dann Xenophon und wohl auch Herakleides benutzt hat.240 Aber alle folgenden Arbeitsschritte sind deutlich schwieriger: Von haben wir mit einem Exzerpt des Photios241 zwar nenKtesias’ nenswerte Fragmente erhalten; für einen Quellenvergleich, wie er für eine Bearbeitung dieser Vita erwünscht wäre, sind sie aber als dürftig zu bezeichnen. In der Vita des Artaxerxes finden sich viele Angaben und Details, die in den Exzerpten des Photios nicht erwähnt werden. Für Dinon, von dessen Werk nur insgesamt 30 Fragmente erhalten sind (allein sieben davon stammen aus Plutarch),242 und für Herakleides mit nur sieben Fragmenten stellt sich die Situation noch schlechter dar.243 Immerhin sieht die Überlieferungslage für Xenophon sehr viel günstiger aus: Da nach dem Schriftenverzeichnis des Diogenes Laertios alle Werke Xenophons erhalten sind, sind präzise Vergleiche möglich.244 Die communis opinio zu Plutarchs Vorlagen für diese Vita lautet, dass Ktesias für die ersten 19 Kapitel der Biographie die Grundlage gebildet habe.245 Erst für den beschriebenen Zeitraum nach 398/97 – hier endet nach 240 Plutarch nennt Ktesias in Art. 1. 6. 9. 11. 13. 18–20, Dinon in 1. 6. 9. 10. 13. 19, Xenophon in 4. 8. 9. 13 und Herakleides in 23. 241 Mehr zu Person und Werk s. W ILSON, Scholars, 89–119, bes. 93–111 zur ; VASSIS, Photios. 242 FGrH 688 (Ktesias), 690 (Dinon). 243 FGrH 689 (Herakleides). 244 Diog. Laert. 2, 56–59. 245 Siehe hierzu bereits Kap. 1.5, S. 34–37.
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1 Plutarch
den Exzerpten des Photios und nach Aussage Diodors das Werk des Ktesias aufgrund der mutmaßlichen Rückkehr des Ktesias nach Griechenland246 – habe Plutarch eine andere Quelle nutzen müssen: Diese sei dann hauptsächlich Dinon gewesen.247 Diese Annahmen werden u.a. in der Quellenanalyse auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft werden. 1.8.1 Ktesias von Knidos Leben
Das teilweise dramatisch anmutende Leben des Ktesias von Knidos lässt sich nicht mehr lückenlos nachzeichnen. Seine Lebensdaten sind uns nicht überliefert, seine ›Blütezeit‹ muss aber ungefähr zwischen den Jahren 410 und 380 gelegen haben.248 Nach Ausweis der Testimonien und der Fragmente stammte er aus einer alten knidischen Ärztefamilie. Sein Vater war ein gewisser Ktesiarchos oder Ktesiochos, und er hat auch selbst das ärztliche Handwerk erlernt.249 Nach Aussage Diodors geriet Ktesias in persische Kriegsgefangenschaft250 und wurde dann aufgrund seiner medizinischen Fähigkeiten an den Hof des Großkönigs berufen. Dort gelangte er – nach eigenem Zeugnis in seinem Hauptwerk, den Persika – in die Stellung eines Leibarztes der königlichen Familie mit besonders guten Kontakten zur Königsmutter Parysatis.251 Seine Persika, die auch über seine Zeit in persischen Diensten berichten, schließen mit dem Jahre 397. Das letzte von ihm beschriebene Ereignis fällt in das Frühjahr dieses Jahres.252 Da er sich nach eigener Aussage 17 Jahre in persischen Diensten befunden hat, müsste er bereits 415/14 in Gefangenschaft geraten sein.253 Da aber für diesen Zeitraum kein Ereignis bekannt ist, das eine Kriegsgefangennahme erklären würde und zudem Ktesias’ Erzählungen über Dareios II. recht wenig ausführlich sind, ist vermutet worden, dass der Text an dieser Stelle verdorben sei und er nicht 17, sondern nur 7 Jahre in persischen Diensten gestanden habe. Eine wirkliche Erklärung dafür, wie Ktesias dann zum Großkönig gelangt sein sollte, die über bloße Spekulation hinausgeht, gibt es aber auch nicht.254 Glaubt man Ktesias’ ei246 Diod. 14, 46, 6; Ktesias, FGrH 688, F 30 (74f.). 247 Dieser Ansicht sind z.B. B ELOCH, Geschichte, III/2, 13; S CHWARTZ, Dinon; JACO BY , Ktesias; F ELIX , Dinon. 248 FGrH 688, T 5b. 249 FGrH 688, T 1. 11h (Vater); T 1–3. 7c (Knidos); T 1. 2. 7d (Arzt). 250 FGrH 688, T 3. 251 Plut. Art. 1, 4; 18, 3. 252 FGrH 688, T 9; F 30 (75). 253 FGrH 688, T 3. in bedeuten. JACOBY 254 Dies würde eine Emendatio von weist in seinen Fragmenten auf diesen Vorschlag M ÜLLERs hin, sagt allerdings, dass er diese Passage kaum für korrupt und Ktesias’ 17 Jahre für eine historische Lüge halte, mit der dieser Autor seine Position zu stärken versucht habe, s. JACOBY, Kte-
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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genen Aussagen, war er besonders in den letzten Jahren seines Aufenthaltes in Persien in wichtige Entscheidungen der persischen Westpolitik involviert. Seine wichtigste Aufgabe sei schließlich eine diplomatische Mission im Auftrag des Großkönigs gewesen, die ihn zunächst zu Konon und Euagoras nach Zypern, schließlich über Sparta nach Rhodos geführt habe. Dieser Auftrag habe im Zeichen der Neuorientierung der persischen Außenpolitik mit ihrer Wendung gegen Sparta gestanden.255 Ktesias hat eine ›Erdbeschreibung‹ ( oder ) in der Tradition des Hekataios von Milet und eine ›Indische Länderkunde‹ ( ) verfasst.256 Sein Hauptwerk aber, das den Grundstein für seinen umstrittenen Ruf als Experte für die Geschichte des Orients in der Antike gelegt hat,257 bilden die 23 Bücher seiner , die immerhin – trotz ihres schlechten Leumundes – knapp 1300 Jahre bis mindestens ins 9. Jahrhundert (Photios) tradiert worden sein müssen.258 Abgesehen von einem Papyrus-Fragment, dessen Zuweisung an Ktesias aber nicht unumstritten ist,259 und zwei weiteren Fragmenten,260 ist nichts in Ktesias’ Originalwortlaut erhalten. Alles übrige liegt nur als Epitome oder Überarbeitungen vor (Nikolaos von Damaskus, Diodor, Photios, Plutarch). Der in den Persika beschriebene Zeitraum reicht von der legendären Gründung des assyrischen Reiches durch Ninos und Semiramis bis ins achte Regierungsjahr Artaxerxes’ II. Das Werk , 3 Bücher und gliederte sich in drei Syntaxeis (3 Bücher ). Diese Dreiteilung nach den herrschenden Völkern des 17 Bücher beschriebenen Raumes findet sich bereits bei Herodot, in dessen Tradition sich Ktesias somit stellt.261 Die Persika schließen mit einer Königsliste von Ninos und Semiramis bis Artaxerxes II. sowie einer Aufstellung der Tagesrei) und Marschstunden ( ) von Ephesos nach Baktrien sen ( und Indien.
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sias, 2033. S TEVENSON, Persica, 5f. hält dagegen die Verbesserung für notwendig, sieht Ktesias also ab 405/4 am Hof des Großkönigs; aber auch die jüngste Textausgabe (L ENFANT, Ctésias) folgt weiterhin den Codizes. FGrH 688, F 30. Mehr hierzu s. JACOBY, Ktesias, 2036; L ENDLE, Einführung, 121–124; zu den Indika s. neuerdings RUFFING, Views. Zu seiner Leserschaft gehörten Männer wie Isokrates, Platon, Xenophon, Dinon, Ephoros und Herakleides von Kyme, s. JACOBY, Ktesias, 2068; D REWS, Accounts, 104. Zum streitbaren Ktesias s. unten Kap. 1.8.1, S. 52–59. Zum Werktitel s. z.B. FGrH 688, T 1. FGrH 688, F 8b = P. Oxy 2330; s. hierzu neuerdings G IANNATTASIO A NDRIA, Testuali. FGrH 688, F 8a u. 24, beide aus Demetr. de eloc.; s. hierzu auch S TRONK, Reappraisal und dens., Poet. Siehe JACOBY, Ktesias, 2041.
Werke
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1 Plutarch
Kritik am direkten literarischen Vorgänger ist nahezu ein Charakteristikum der griechischen Geschichtsschreibung262 und findet sich auch im Werk des Ktesias, der es auf diesem Gebiet zu wahrer Meisterschaft gebracht hat. Er betont immer wieder seinen Status als Augenzeuge (Autopsie) und ; gibt auch vor, die »königlichen Archive« ( ) eingesehen zu haben.263 Da er also Insider-Wissen par excellence und , als besitzt, bezeichnet er seine Vorgänger auch als Lügner und Märchenerzähler.264 Offensichtlich wollte Ktesias das Werk des Herodot berichtigen und überwinden. Gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden in der Altertumsforschung die Persika des Ktesias noch als historiographisches Werk geschätzt.265 So meint B ELOCH, gerade in Ktesias’ genauen Schilderungen der »abschreckenden Barbarei« am persischen Hofe den präzisen Beobachter zu erkennen, wobei dessen fehlerhafte Berichte des nicht Selbsterlebten auf die orientalischen Gewährsmänner zurückzuführen seien.266 Schon hier zeigt sich, dass es in der Forschung weithin als ausgemacht gilt, dass Ktesias 262 JACOBY, Ktesias, 2050: »Allbekannt ist in der griechischen Geschichtsschreibung die Erscheinung, . . . daß man gerade gegen den unmittelbaren Vorgänger, der eigegeben hat, am meisten und schärfsten poleminem vielleicht sogar die siert.« Siehe auch D ORATI, Ctesia, 34, der zusätzlich das treffende Beispiel Polybios-Timaios erwähnt, s. hierzu z.B. Pol. 12, 25. 263 Dies überliefert Diod. 2, 22, 5 u. 2, 32. Diese Behauptung des Ktesias wird vermutlich zu Beginn seines vierten Buches (Beginn der medischen Geschichte) gestanden haben; s. auch B ONCQUET, Diodorus, 202–204. Siehe ferner auch FGrH 688, T 8; vgl. B LECKMANN, Fiktion, 22. 264 FGrH 688, T 8. 265 Siehe z.B. S AYCE, Empires, XXXIII und G ILMORE, Fragments, 10f. 266 B ELOCH, Geschichte, 399f.: »Und kein geringes Verdienst war es, dass er dem hellenischen Publikum die persischen Zustände, so wie sie wirklich waren, vor Augen führte, in ihrer ganzen abschreckenden Barbarei.« Auch in der jüngeren Forschung finden sich noch Stimmen, die in Ktesias einen Historiker mit intimen Kenntnissen der Vorgänge am Hof zu erkennen meinen, so z.B. E CK, Vie, 411: »Personne ne conteste que, en tant que médecin, Ctésias était un proche du roi, parfaitement intégré dans le petit monde des courtisans; le parfum de scandale familial qui se dégage des Persica, les intrigues de sérail, les manigances des eunuques prouvent suffisamment sa connaissance de la cour perse.«; ähnlich auch H ÖGEMANN, Ktesias, 875: »Für die Zustände am Hof (Haremsintrigen) ist K. dagegen erstklassig.«; s. auch schon L ESKY, Geschichte, 671. Die Fehler im Berichteten den mündlichen Quellen des Autors anzulasten, ist überhaupt ein häufig begangener Weg. B ICHLER, Ktesias b) stellt zu Recht fest, dass sich der Verweis auf mündliche Überlieferung hier immer sehr gut eignet, da ihre Existenz leicht zu postulieren, aber nur schwer zu bestreiten ist. Im Anblick der Fülle der Ungereimtheiten in Ktesias’ Werk entsteht so »ein riesiges Hypothesengebäude . . . , das zur uneinlösbaren Hypothek wird, wenn es gilt, dafür Beweise zu liefern.«
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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in hohem Maße auf mündliche Überlieferung durch persische Gewährsmänner rekurrieren konnte. Allerdings überwiegt heute eine differenziertere Sicht, die u.a. Ktesias als mitverantwortlich eben für dieses Bild des Orients sieht, so dass die Schilderungen der typisch ›orientalisch‹ wirkenden Zustände doch kaum als Beweis für die Glaubwürdigkeit eines genau beobachtenden Historikers zu werten sind.267 Bereits in der Antike sind Einzelheiten seiner phantastischen und detailreichen Geschichten, wie z.B. die Gründung Babylons durch Königin Semiramis oder ihr Indienzug, von Aristoteles, Arrian und Ailian bezweifelt worden.268 Ferner zeigt Ktesias – dies ist auch Photios aufgefallen269 – puren Widerspruchsgeist gegen Herodot: Er verlegt, nur um diesen zu konterkarieren, z.B. fälschlicherweise Ninive vom Tigris an den Euphrat270 oder verdoppelt die Dauer der medischen Herrschaft von 150 Jahren bei Herodot auf 300271 und lässt die Schlacht von Plataiai lange vor Salamis stattfinden, nicht danach.272 Obwohl Ktesias selbst zwar behauptet, Einsicht in das königliche Archiv genommen zu haben, ist davon in seinem Werk nichts zu spüren.273 All diese Ungereimtheiten und sachlichen Fehler in seinem Werk deuten darauf hin, dass er eben kein intensives Quellenstudium vorgenommen haben kann. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass er selbst für die Zeit von Kyros dem Älteren bis Xerxes nichts Substantielleres als Herodot bieten kann. Zwar meint L ENFANT in Ktesias’ Bericht zu den Perserkriegen die Benutzung genuin orientalischer Traditon mit z.T. größerer sachlicher Richtigkeit zu erkennen,274 dies ist aber nicht haltbar. Anhand einer Fülle von Beispielen gelingt es B ICHLER und B LECKMANN aufzuzeigen, dass Ktesias keineswegs zu Herodot eine unabhängige Überlieferung bietet. Es handelt sich bei ihm um einen sekundären, von Herodot abgeleiteten Bericht, der häufig über willkürliche Verdrehungen des herodoteischen Textes seine Unabhängigkeit zu beweisen sucht.275 267 Hier sind die Aufsätze von K ARTTUNNEN, Ctesias und S ANCISI -W EERDENBURG, Decadence zu erwähnen; s. auch bes. B ICHLER, Ktesias b). 268 FGrH 688, T 11. Siehe hierzu Lendle, Einführung, 126. 269 FGrH 688, T 8. 270 Hdt. 1, 193; Diod. 2, 3, 2, s. hierzu ausführlich B ONCQUET, Diodorus, 41–44. 271 Siehe hierzu L ENDLE, Einführung, 125–127; H ÖGEMANN, Ktesias, 875. 272 Siehe hierzu JACOBY, Ktesias, 2061; B IGWOOD, Ctesias, 19 u. 29–31. 273 Vgl. JACOBY, Ktesias, 2048; s. auch D REWS, Accounts, 111, hier in Bezug auf die Namen der medischen Könige, die Ktesias nennt, die alle – mit einer einzigen Ausnahme – inkorrekt sind. 274 Vgl. L ENFANT, Réécritures. 275 Siehe hierzu die zentralen Aufsätze von B ICHLER, Ktesias a) und dems., Ktesias b) sowie B LECKMANN, Fiktion, 21–29 und dems., Ktesias, der auch verschiedene Strategien des Ktesias herausgearbeitet hat, mit denen er sich von Herodot abzuset-
Seine Quellen
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Eine erfundene Biographie?
Demokedes
1 Plutarch
Bereits JACOBY weist zu Recht in seinem RE-Artikel zu Ktesias darauf hin, dass selbst Ktesias’ Bemerkungen zu seinem jahrelangen Aufenthalt am Hofe des Artaxerxes, der in der Forschung in der Regel noch als Tatsache angesehen wird, häufig historisch unbrauchbar seien. Immer wenn die Person des Ktesias allzu sehr im Vordergrund steht, ist nach JACOBY – und hierin folgt er Plutarch276 – Vorsicht angeraten.277 Ktesias’ Werk offenbart, dass er seine außergewöhnliche Stellung nicht zur wirklichen Informationsbeschaffung genutzt hat. Aus diesem Grund werden neuerdings mit guten Argumenten sogar Zweifel an Ktesias’ Biographie geäußert. Basierend auf der Erkenntnis, dass Ktesias auch schon in der Antike als ›Historiker‹ kritisiert worden ist, stellt D ORATI dessen angeblich mehrjährigen Aufenthalt am Hofe des Großkönigs generell in Frage. Mit einer Reihe von Indizien stützt der italienische Gelehrte seine These, dass Ktesias niemals in persischen Diensten als Leibarzt der königlichen Familie gestanden haben könne.278 Besonders überzeugend ist D ORATIs Verweis auf eine Textstelle bei Herodot, Ktesias’ direktem literarischen Vorgänger.279 Es findet sich dort eine Schilderung der Erlebnisse des Arztes Demokedes aus Kroton: Dieser ist nach Herodot einer der Sklaven des Oroites280 gewesen (vgl. Ktesias’ Biographie, nach der er in persische Kriegsgefangenschaft geraten sein soll). Als Dareios I. aufgrund einer Verletzung schwer erkrankt ist, lässt er Demokedes zu sich an den Hof holen. Dieser kann ihn heilen, wird hierfür belohnt und gelangt so in eine vertrauensvolle Position beim Großkönig. Artaxerxes wird nach Ktesias auf dem Schlachtfeld verwundet und von ihm behandelt.
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zen versucht (Erweiterungen in Details, Namensvertauschung, chronologische Versetzung, Übernahme mit Modifikation). B ICHLER und B LECKMANN unterscheiden sich in ihrer Bewertung der Motivation des Ktesias. Während B ICHLER eher an eine Form des literarischen Spiels mit dem Leser denkt, sieht B LECKMANN Ktesias’ Bestreben darin, eine von Herodot scheinbar unabhängige Tradition zu bieten, sich also als Historiker zu etablieren. Damit wäre Ktesias im Rahmen der Produktion quasihistorischer Texte im 4. vorchristlichen Jahrhundert durchaus kein Einzelfall (s. z.B. Theopomp). Dass es in Ktesias’ Werk von Plagiaten und Entlehnungen wohl nur so wimmelte, ist auch der antiken Literaturkritik (Plagiatschriftstellerei) aufgefallen. des Pollion (1. Jh. n.Chr.), s. hierzu So gibt es eine Schrift S TEMPLINGER, Plagiat, 35. Vgl. Plut. Art. 13, 7. Vgl. JACOBY, Ktesias, 2047. Siehe D ORATI, Ctesia. Schon vorher – allerdings nicht mit der Konsequenz D ORATIs – hat G RIFFITH, Democedes auf Ähnlichkeiten und den vielleicht fiktiven Charakter von Teilen der Biographie des Ktesias hingewiesen. Hdt. 3, 129–138. Oroites war der persische Satrap in Sardeis unter Kambyses, der später von Dareios I. beseitigt wurde.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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Dafür belohnt der Großkönig seinen Leibarzt nach der Schlacht. Demokedes steht nach der Heilung der Königin bei ihr in besonderer Gunst,281 Ktesias in einem besonders vertrauensvollen Verhältnis zur Königsmutter Parysatis. Schließlich gelingt Demokedes, der vom Großkönig auf eine diplomatische Mission geschickt wird, die Flucht.282 Die Parallelen zu Ktesias’ oben aus den Testimonien rekonstruierten Biographie sind evident. Herodots Schilderungen des Schicksals des Demokedes liefern uns mutatis mutandis nahezu alles, was wir über Ktesias’ Biographie wissen bzw. zu wissen glauben. Beachtet man nun, dass von den Anfängen der assyrischen Geschichte bis in die Anfänge der Regierungszeit Artaxerxes’ I. die Ktesias-Fragmente deutlich dessen Methodik der Modifikation zeigen, sind somit gut zwei Drittel des Gesamtwerkes als Quelle unbrauchbar. Nun wird aber immer wieder betont, dass der Zeitraum des Selbsterlebten dagegen von hohem Wert sei. Aber der auch schon von G RIFFITH und D ORATI konstatierte fiktive Lebenslauf des Ktesias sollte Zweifel aufkommen lassen.283 Dass Zweifel an Ktesias’ Informationen über die Zeit Artaxerxes’ II. berechtigt sind, zeigt z.B. W IESEHÖFER deutlich in seiner Untersuchung zu Ktesias’ Beschreibungen des Hofes unter diesem Großkönig. In diesen Passagen der Persika finden sich praktisch keine verwertbaren Informationen über die Strukturen am Hofe. Nicht einmal unbeabsichtigt, wie das zu erwarten wäre, bietet Ktesias Substantielles. Jeder Versuch einer Systematik und der Aufzeichnung historischer Entwicklungen fehlt. Ktesias entwirft lediglich ein Klischee des orientalischen Hofes mit grell schattierten Charakteren, das von immer wiederkehrenden Szenarien der Gewalt (Rebellion, Verschwörungen, Intrigen und Rache) dominiert wird, in dem es keine Stabilität und Regeln gibt. Dieses Bild des Hofes findet sich zudem bei Ktesias sowohl in seiner angeblich selbsterlebten Zeit als auch in den verschiedenen Epochen zuvor. Die Geschichte scheint sich zu wiederholen. Mit diesen mit grellen Farben aufgetragenen Gemälden hat er den Vorurteilen und Erwartun-
281 Hdt. 3, 133f. 282 Hdt. 3, 135f. 283 Fraglich bleibt, weshalb Ktesias seine Biographie ›gefälscht‹ haben sollte. D ORA TI sieht in Ktesias – hierin stimmt er mit B LECKMANN überein – einen Historiker. Die direkte Konkurrenzsituation zu Herodots Werk müsste als Grund für diese Erfindungen gesehen werden. Autopsie war für einen griechischen Historiker seiner Zeit ein wichtiges Kriterium: »Uno storico greco, almeno in questo periodo, non era libero di esprimersi come voleva sulla questione dell’autopsia.« (D ORATI, Ctesia, 48). Da auch Herodot den Anspruch auf Autopsie erhoben hatte, musste Ktesias diesen noch zu übertreffen versuchen (»escalatione di autopsia«; D ORATI, Ctesia, 49). Längere Zeit die Möglichkeit gehabt zu haben, ad fontes zu gehen, d.h. die königlichen Archive vor Ort nutzen zu können, sollte Ktesias eine über alle Kritik erhabene Glaubwürdigkeit verleihen. Dies ist ihm bis heute gelungen.
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Genre
1 Plutarch
gen seiner Hörer/Leser entsprochen und diese bestätigt.284 Ferner lassen Diskrepanzen in diesen zeitgeschichtlichen Partien der Persika im Vergleich zu Thukydides, Xenophon oder Isokrates es durchaus plausibel erscheinen, dass Ktesias seine Arbeitsweise auch nach Verlassen der herodoteischen Textvorlage nicht geändert hat.285 Ktesias einer literarischen Gattung zuzuordnen, ist daher schwierig. Wenn man ihn als ›Historiker‹ sehen möchte, muss nach Bichler in Kauf genommen werden, dass er nur »wenig Zunftgerechtes zu vermelden«286 hat. Ein großes Unbehagen bleibt in der Tat bestehen, wenn man sich seinen Persika als historiographischem Text nähert. Letztlich muss aber das Bemühen, einen Autor als Historiker zu würdigen, dessen Werk so deutlich unseren Vorstellungen dieses Genre nicht genügt, scheitern. Deshalb plädiert auch S TRONK dafür, dass Ktesias nicht als Historiograph, sondern als kreativer Schreiber (als ein poet) anzusehen sei.287 Ktesias hat nach S TRONK die historischen Fakten stark überarbeitet und so seine Version der Wahrheit geschaffen: »In Ctesias’ hands historiography has become the creative narration on the basis of an – in itself potentially reliable – historical nucleus.«288 S TRONKs poet ist also im Sinne eines Schreibers von Fiktion mit historischer Basis zu sehen, der sich aber selbst nicht als Historiker versteht. Natürlich müssen hierbei nicht alle Details fiktiv gewesen sein, wie schon ein Blick auf Ktesias’ Namenmaterial zeigt.289 S TRONK liegt mit seiner Einschätzung auf einer Linie mit B ICHLERs Erkenntnissen, der Ktesias’ Persika als ein literarisches Spiel mit seinen 284 Vgl. W IESEHÖFER, Ktesias. 285 Siehe hierzu B ICHLER, Ktesias b). 286 B ICHLER, Ktesias b). Vielleicht ist aber auch unsere Vorstellung davon, was ›zunftgerecht‹ ist, zu sehr von Ausnahmeerscheinungen wie etwa Thukydides geprägt. 287 Vgl. S TRONK, Poet. Siehe hierzu auch AUBERGER, die in ihren Studien deutlich gezeigt hat, wie sehr Ktesias neben dem Werk Herodots mit den Inszenierungsmitteln der tragischen Dichtung vertraut und von ihnen beeinflusst war (AUBERGER, Romancier und dies., Ctésias). Auch die Einschätzung des Stils der Persika des Ktesias durch Dionysios von Halikarnassos und durch Photios deutet in diese Richtung: Dionysios sieht die Persika als ein unterhaltsames Werk (comp. 10), Photios erkennt einen einfachen, aber unterhaltsamen Stil (FGrH 688, T 13, 1f.), der Emotionen hervorrufe und unerwartete Wendungen aufweise (FGrH 688, T 13, 6–9). Ps.-Demetrios (Über den Stil) gar einen (de eloc. nennt Ktesias in seinem 215), wobei er hier aber eben Ktesias’ Stil und nicht inhaltliche Aspekte der Schrift bewertet. S TRONKs Interpretation dieser Passage im Sinne der Poetik des Aristoteles, dass ein Dichter nicht berichten solle, was war (dies tut der Historiker), sondern was nach Wahrscheinlichkeit und Notwendigkeit geschehen könne (Arist. poet. 9, 1 [1451a]), führt daher wohl zu weit. 288 S TRONK, Poet. 289 Hier sei nur auf die jüngste Veröffentlichung von S CHMITT zu diesem Thema hingewiesen: S CHMITT, Anthroponyme.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
59
Vorgängern ansieht, das daher auch nicht dem Genre der Historiographie zugeordnet werden sollte. Im Ergebnis, also der Betonung des hohen Grades fiktionaler Elemente in der Schrift des Ktesias, stimmen beide auch mit B LECKMANN überein, der aber – dies ist der Unterschied290 – Ktesias dennoch als Autor eines historiographischen Textes versteht und hierfür den Begriff der ›fiktionalen Geschichtsschreibung‹ nutzt.291 Diese Deutung überzeugt, da sie nicht von einer modernen Einschätzung des Genres der Historiographie unter Einfluss einiger antiker Ausnahmeerscheinungen geleitet ist, zudem der antiken Terminologie folgt und eben auch die weiteren Werke des 4. Jahrhunderts v.Chr. berücksichtigt: Auch die Hellenika Theopomps, die Persika Dinons, die Hellenika Oxyrhynchia und die Historiai des Ephoros sind zu einem großen Teil freie Umarbeitungen ihrer Vorlagen, ohne dass erkennbar wäre, dass sie auf einer unabhängigen Überlieferung basieren. Diese Werke wurden aber in der Antike dennoch als Geschichtsschreibung angesehen.292 Im Falle des Ktesias bleiben viele Fragen offen, deren Beantwortung hier auch nicht zu leisten ist. Welchem Genre man auch immer ihn zuordnen möchte, muss aber für den modernen Historiker der entscheidende Punkt sein, dass wir bei fehlender unabhängiger Parallelüberlieferung keine Basis besitzen, die fiktiven Schilderungen als solche zu entlarven, um so den historischen Kern freizulegen. In methodischer Konsequenz kann hieraus nur folgen, dass den Persika des Ktesias kein Raum als verwertbare historische Quelle für die Geschichte des Achaimenidenreiches bleibt.
290 Siehe hierzu bereits S. 55, Anm. 275. 291 Auch S YME, Cadusii, 147f. hat Ktesias im Bereich der fiktionalen Historiographie verortet; s. ferner dens., History, bes. 3. 292 Zu Theopomp und den Hellenika Oxyrhynchia s. B LECKMANN, Fiktion, 29–35 und passim sowie ausführlich dens., Weg; zu Dinons Persika s. Kap. 1.8.2, S. 60–65. Derzeit bereite ich einen Aufsatz mit dem Titel ›Dinons Persika. Geschichte und Fiktion‹ vor, der auf einem Vortrag auf dem Internationalen Kolloquium »Die vielfältigen Ebenen des Kontakts. Interkulturelle Begegnungen in der alten Welt« vom 19.–23.11.2007 (Innsbruck) basiert.
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1 Plutarch
1.8.2 Dinon von Kolophon Leben
Werk
Über Dinon293 wissen wir nicht allzu viel. Er gilt als Vater des Alexanderhistorikers Kleitarch (von Alexandreia),294 weshalb auch vermutet wird, dass er längere Zeit in Ägypten gelebt habe.295 Immerhin wird ein Dinon (auch: Dion) Colophonius mehrfach in den Indizes der Naturalis Historia Plinius’ des Älteren erwähnt.296 Aus den 30 erhaltenen Fragmenten seines Werkes lässt sich schließen, dass die ›Blüte‹ seines Schaffens in den Jahren 350–330 gelegen haben muss, ist doch das letzte durch Fragmente greifbare von ihm erwähnte Ereignis die Rückeroberung Ägyptens durch Artaxerxes III. Ochos im Jahre 343/42.297 Dies ist natürlich nur ein ungefährer terminus post quem; der von ihm beschriebene Zeitraum mag noch deutlich weiter gereicht haben. Uns sind aber keine Fragmente mit einem Bezug zu Alexander III. bekannt, und es wird angenommen, dass Ephoros Dinon vermutlich um 330 schon benutzt hat. S TEVENSONs Datierung der Persika Dinons auf die frühen 330er Jahre ist überzeugend.298 Dinon hat sich – dieses Bild vermitteln zumindest die spärlichen Fragmente – des Werkes des Ktesias angenommen und es fortgeführt. Ähnlich wie Ktesias’ Persika mag es aus drei Syntaxeis mit jeweils mehreren Bü, chern bestanden haben. Eine zu Ktesias analoge Einteilung in und ist zumindest plausibel. Nichts spricht gegen die Annahme, dass Dinon seine Schrift genau wie Ktesias und viele andere Autoren chronologisch gegliedert hat.299 Über die Buchanzahl der einzelnen Syntaxeis ist im einzelnen keine Angabe zu machen.300 Eine gleichmäßige Verteilung muss aber nicht vermutet werden, wie auch ein Vergleich mit 293 Zur Namensform Dinon oder Deinon s. S CHWARTZ, Dinon, 654. Aufgrund verschiedener Indizien entscheidet sich S CHWARTZ für Dinon, wie es u.a. regelmäßig bei Athenaios überliefert ist (Athen. 2, 67B; 4, 146C; 11, 503F; 12, 514A usw.) und am , s.v. › ‹ [ 1239]) erklärt. Dass diese leichtesten die Korruptel der Suda ( Namensform in der Forschung allgemein anerkannt ist, zeigt u.a. der Eintrag in DNP, s. M EISTER, Dinon, Sp. 576. 294 FGrH 690, T 2. 295 Vgl. S TEVENSON, Persica, 10. So kennt Pol. 15, 26a einen Dinon, Sohn eines Dinon, der in Ägypten von Agathokles getötet wird. Da dieser Name nicht sehr verbreitet war, könnte es sich beim Vater tatsächlich um unseren Dinon handeln. Allerdings sagt dies nicht wirklich etwas über dessen Wirkungsstätte aus. 296 So z.B. in Plin. nat. 1, 10c. 14c. 297 FGrH 690, F 21; dort erfährt der Leser, dass Ochos nach der Rückeroberung Ägyptens einen der Apisstiere schlachten ließ; s. auch F ELIX, Dinon, 419. 298 Vgl. S TEVENSON, Persica, 10. 299 FGrH, 690, F1. 2. 3. Diese Trennung nach den herrschenden Völkern ist zu diesem Zeitpunkt schon als traditionell anzusehen. Sein Vorgänger Ktesias hat sie bereits von Herodot übernommen. 300 FGrH 690, F 1.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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Ktesias’ Persika zeigt. Das Werk umfasste mindestens den bereits von Ktesias beschriebenen Zeitraum von Semiramis301 bis zum Ende Artaxerxes’ II., führte aber noch darüber hinaus bis auf Artaxerxes III.302 Die Fragmente deuten an, dass auch Dinon seine Schrift für eine Leserschaft mit Hang zu märchenhaften, fremdartigen und erotischen Elementen konzipiert hat. Es ist keine zu gewagte Vermutung, dass auch in seinem Werk Liebesaffären am Hofe und Haremsintrigen einen deutlichen Schwerpunkt gebildet haben.303 Dinons Persika waren wohl nicht so populär wie Ktesias’ Werk, seine Schrift entwickelte sich aber zur griechischen Hauptquelle für die Zeit, die Ktesias nicht mehr behandelte. Pompeius Trogus, Cicero, Plutarch, Athenaios und Ailian haben ihn häufig genutzt.304 Allerdings scheint Dinon einen besseren Ruf als sein literarischer Vorgänger genossen zu haben. Nepos sah ihn gar als im höchsten Maße glaubwürdige Autorität für die persische Geschichte an.305 Wenn auch Plutarch sich mehrfach explizit gegen Dinon für Varianten des Ktesias entscheidet, wird er doch nirgends (auch bei anderen Autoren) in der Form wie Ktesias kritisiert.306 Dass Dinon Ktesias’ Werk genutzt hat, ist sicher anhand der u.a. durch Plutarch überlieferten Varianten zu belegen, die zeigen, dass er offensichtlich den Eindruck erwecken wollte, Ktesias zu verbessern. Aber über seine weiteren Vorlagen kann nur spekuliert werden. S TEVENSON versucht ausgehend von der verbreiteten Ansicht, dass Dinon mit dem Ziel der Dramatisierung Geschichte bewusst verfälscht habe,307 sich Dinons möglichen Vorlagen anzunähern.308 Sie stellt die Frage, ob es plausibel sei, dass Dinon einfach Ereignisse verfremdet oder verändert dargestellt habe, die der Augenzeuge bei Hofe, Ktesias, berichtet hat. Konnte er so hoffen, damit auf eine geneigte Leserschaft zu stoßen? 301 FGrH 690, F 7. 302 FGrH 690, F 21. 303 Vgl. P ETER, Wahrheit, 70; D REWS, Accounts, 117; F ELIX, Dinon. Den geringen Gehalt an politischer Geschichte, dafür aber die Dichte an intimen Details zeigen u.a. die Fragmente 14–20 (FGrH 690). 304 FGrH 690, F 10 (Cicero); F 7. 22 (Ailian); s. F ELIX, Dinon, 420 u. S TEVENSON, Persica, 15. 305 FGrH 690, F 18: »Dinon historicus, cui nos plurimum de Persicis rebus credimus.« 306 Siehe z.B. Plut. Art. 1, 4; auch Plin. nat. 10, 36 äußert einmal Zweifel an einem überlieferten Detail. 307 Siehe hierzu z.B. D REWS, Accounts, 118: »But unlike Ctesias, Dinon intentionally falsified history in order to make it more dramatic.« Interessant ist dieses Zitat natürlich auch für D REWS ’ Einschätzung der Arbeitsweise des Ktesias, der nachweislich in hohem Maße Geschichte ›verfälscht‹ hat, wobei dieser Terminus vielleicht eher moderne Einschätzungen als antike Kategorien reflektiert, s. hierzu bereits Kap. 1.8.1, S. 52–59. 308 Siehe hierzu S TEVENSON, Lies und dies., Persica, 12f. u. vor allem 72f.
Bekanntheitsgrad
Seine Quellen
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Die Tendenz: geringere Dramatisierung
Die Tendenz: proköniglich?
1 Plutarch
Hier muss angemerkt werden, dass dieser Ansatz nur dann zweckmäßig erscheint, wenn man a) Ktesias und Dinon strikt als Historiker betrachtet und b) ein modernes Verständnis dieses Genres zugrunde legt. Auch Ktesias ist es gelungen, mit seinen ›Modifikationen‹ des herodoteischen Textes, die fußen, über einen langen Zeitraum (mindestens 1300 sicher nicht auf Jahre) eine breite Leserschaft für sich zu gewinnen. Nach wie vor herrscht zwar in der Forschung keine Einigkeit, welchem Genre die Persika-Literatur des Ktesias (und somit wohl auch Dinons) zuzuordnen ist. Gemessen an den Maßstäben, die an moderne historiographische Literatur angelegt werden, würden aber beide Autoren nach S TEVENSONs Einschätzung diese Kriterien nicht erfüllen. S TEVENSON kann aber sehr deutlich zeigen, dass Dinon – soweit das an den spärlichen Fragmenten nachzuweisen ist – eher dazu neigt, Geschehnisse weniger dramatisch als Ktesias zu berichten.309 So tötet bei Ktesias die Königinmutter selbst ihre Schwiegertochter, und eine unschuldige Dienerin wird für diese Tat bestraft. Dinon hingegen spielt die aktive Rolle der Parysatis herunter, die Dienerin Gigis handelt wissentlich und freiwillig, den eigentlichen Mord begeht ein weiterer Diener namens Melantas. Es findet sich in dieser Szene keine unnötige Dramatisierung.310 Zu beachten ist ferner, dass Dinon eine Version wiedergibt, die deutlich schmeichelhafter für die Königinmutter ist. Ktesias, der eigentlich als parysatisfreundlich zu gelten hat, stellt sie in ein schlechteres Licht. Eingedenk der späteren Aussöhnung zwischen dem König und seiner Mutter mutet der Bericht Dinons somit plausibler an: Die Schuldigen sind bestraft worden, eine Verwicklung der Parysatis in den Mord ist nicht direkt nachweisbar, und einer späteren Aussöhnung hat somit nichts mehr im Wege gestanden.311 Eine ähnliche Arbeitsweise lässt sich bei der Beschreibung der Schlacht von Kunaxa bzw. des Todes des Kyros in Plutarchs Überlieferung beobachten.312 Diese These S TEVENSONs erscheint also überzeugend, wenn auch immer beachtet werden muss, dass die wenigen Fragmente, die nur über Epitome oder Nacherzählungen, also mit deutlicher Umformung durch einen weiteren Autor, auf uns gekommen sind, leicht ein falsches Bild vermitteln können. Allerdings gehen S TEVENSONs Beobachtungen, aufbauend auf älteren Analysen, noch weiter.313 Der Großkönig Artaxerxes scheint in Dinons Version deutlich positiver dargestellt zu sein als in der des Ktesias, der ihn z.B. aufgrund einer Verwundung nicht einmal an großen Teilen des Kampfge309 310 311 312 313
Vgl. S TEVENSON, Lies, 27–35. Plut. Art. 19. Vgl. S TEVENSON, Lies, 27f. Plut. Art. 10. Schon K ÆMMEL, Berichte, 681; H OOD, Plutarch 73f. und O RSI, Tendenza, 127 meinen, eine prokönigliche Tendenz erkennen zu können.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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schehens von Kunaxa teilnehmen lässt. Diese Indizien führen S TEVENSON dazu, Dinons Quelle im Bereich der offiziellen Darstellung des Hofes zu suchen.314 Dieser Ansatz einer Nähe Dinons zur ›offiziellen‹ großköniglichen Version der Geschehnisse ist durchaus auf Zustimmung gestoßen.315 Dagegen ist aber einiges einzuwenden. Die Quellendiskussion findet ihren Ort zwar erst in der zusammenfassenden Quellenanalyse und vor allem in den ausführlichen Untersuchungen zu den einzelnen Kapiteln im Kommentar, die Ergebnisse seien aber hier schon einmal kurz zusammengefasst.316 S TEVENSON kann Dinons Vorlage zwar nicht konkret benennen, weist aber immerhin deutlich in eine Richtung: Die Quelle, die ihn über die Hofpropaganda informiert haben soll, müsste im Umfeld des Tiribazos zu finden sein. In der Tat scheint Tiribazos in Dinons Version der Schlacht von Kunaxa eine prominente Rolle zu spielen,317 die in den anderen erhaltenen Schlachtbeschreibungen nicht zu finden ist. Allerdings ist nun aber der Schluss, dass alle Partien in Plutarchs Vita des Artaxerxes, in denen Tiribazos auftritt, aus den Persika Dinons stammen müssen, zumindest gewagt. Aufgrund ihrer Annahme einer proköniglichen Quelle Dinons aus dem Umfeld des Tiribazos kommt S TEVENSON zu dem Schluss, dass Dinons Darstellungen als fehlerhaft und eher minderwertig im Vergleich zu Ktesias’ Werk anzusehen seien: »It can then be seen from these two examples that blatant lies are recorded in Deinon’s Persica.«318 Dies ist aber so nicht zu akzeptieren. Sollte Dinon tatsächlich über eine derart gut informierte Quelle verfügt haben, müsste die Dignität seines Berichtes sehr viel höher angesetzt werden. So zeigt Dinons Schilderung vom Tod des Kyros, dass seine Quelle offensichtlich sowohl die Hofpropaganda (der Großkönig tötet Kyros) als auch eine abweichende Version kannte (ein namenloser Karer tötet den Usurpator).319 Dinons Quelle bzw. seine Persika würden also nicht nur eine genuin persische Sicht wiedergeben, sondern auch noch eine abweichende Variante liefern. S TEVENSONs Ablehnung der Erzählungen Dinons basiert einzig auf dem Glauben an die grundsätzliche Historizität des ktesianischen Berichtes. So ist z.B. die Annahme, dass 314 Vgl. S TEVENSON, Lies, 29–31, 34f. u. dies., Persica, 12f.: »What does seem clear, however, is that Deinon had connections with prominent Persians, though we do not know enough about his life to explain how.« 315 Siehe z.B. B RIANT, Cyrus, 630 u. 989. 316 Siehe hierzu Kap. 1.9, S. 72–77, ferner S. 111–113 zu Plut. Art. 3, 1–6, › ‹; S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹; S. 199f. ‹ und auch S. 267–269 zu Plut. Art. 19, zu Plut. Art. 10, 3, › ‹. 1–10, › 317 So hilft er dem Großkönig nach einem Sturz wieder auf ein Pferd und ermuntert ihn (Plut. Art. 10, 1). 318 S TEVENSON, Lies, 31. 319 Plut. Art. 10, 3.
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Ein Trugbild
1 Plutarch
Artaxerxes II. seinen Bruder nicht selbst getötet habe, durch keinen weiteren von Ktesias unabhängigen Bericht gestützt.320 Was also spricht gegen Dinons Bericht? Hier Ktesias’ Version zu folgen, die mehr als ein sonderbares Detail aufweist – zudem kann auch Ktesias, der nach eigener Aussage abseits des Schlachtfeldes den Großkönig versorgte, nicht Augenzeuge gewesen sein –,321 zeugt von einer prinzipiellen Entscheidung für die Historizität des ktesianischen Berichtes unabhängig vom beschriebenen Sachverhalt. Zum einen sollte man aber immer vorsichtig sein, einer Quelle Wahrhaftigkeit und einen gewissen Unfehlbarkeitsanspruch zuzuschreiben. Zum anderen zeigen alle Untersuchungen zu Ktesias’ Persika, dass diese Annahme ohnehin nicht vertretbar ist.322 Abseits dieser Erwägungen lässt sich zudem die Annahme einer proköniglichen Tendenz in den Fragmenten der Persika Dinons überhaupt nicht nachweisen, wie eine genaue Analyse der entsprechenden Passagen zeigt.323 Viel eher muss Dinon – genau wie Ktesias – als Autor eines fiktionalen historischen Textes gesehen werden, der sich von seinem literarischen Vorbild absetzen wollte (wie auch Ktesias von Herodot). Hierfür verändert Dinon anscheinend Details des ktesianischen Berichts (so z.B. Namen von Handelnden, die Chronologie des Hergangs etc.). All diese Punkte lassen sich bei Ktesias z.B. bei der Beschreibung der Perserkriege im Verhältnis zu Herodot nachweisen.324 Dinon scheint aber – zu beachten ist immer die extrem dürftige Quellenlage – seinen Bericht mit einem Blick auf höhere Plausibilität geändert zu haben. Seine Persika wirken weniger dramatisch als die des Ktesias. An einigen Stellen scheint die große Nähe des von Dinon Beschriebenen zu Xenophons Anabasis die Vermutung nahezulegen, dass Dinon sich auch an von Xenophon gesetzten Rahmenpunkten orientiert hat. Diese Details325 könnte Dinon genutzt haben, um damit in Form einer Erweiterung, 320 Xenophon hält sich bedeckt und berichtet nur, dass Kyros im Kampf mit seinem Bruder und dessen Männern gefallen sei, Xen. an. 1, 9, 27. 321 Siehe hierzu ausführlich S. 202–212 zu Plut. Art. 11. 322 Siehe hierzu das vorangegangene Kap. 1.8.1, S. 52–59. 323 S TEVENSON richtet ihr Augenmerk vor allem auf Dinons Schilderung des Zweikampfes zwischen Artaxerxes und seinem Bruder Kyros nach Plutarch (Art. 10), die aber keineswegs ein so positives Bild des Großkönigs liefert, wie häufig behauptet wird: Immerhin wirft ihn sein Bruder zweimal vom Pferd. Letztendlich scheint Dinon nicht entschieden zu haben, ob der Großkönig oder ein namenloser Soldat den tödlichen Wurf auf Kyros zu verantworten hat. 324 Siehe hierzu bereits Kap. 1.8.1, S. 55–59. 325 So erfährt der Leser der xenophontischen Anabasis z.B., dass es Tiribazos’ Privileg war, dem Großkönig aufs Pferd zu helfen (Xen. an. 4, 4, 4). Dieses Detail könnte Dinon, der Xenophons Werk sicherlich sehr gut kannte, aufgegriffen und in seine Schlachtenschilderung integriert haben. Die Plausibilität, die Dinons Beschreibung damit erhält, ist immens – beachtet man solche Details, ist kaum verständlich, wes-
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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die ihm zudem spezielle Kenntnisse zu bescheinigen scheint, eine größere Erzählung zu konstruieren.326 Ein Rückgriff auf andere Quellen als auf Ktesias’ Persika und Xenophons Anabasis war hierfür nicht nötig: Auch Dinons Persika basieren nicht . Es gibt keinen Hinweis auf die Nutzung einer hofnahen Quelauf le. Der Eindruck einer eher artaxerxesfreundlichen Darstellung ist dem Umstand zu verdanken, dass Ktesias’ Bericht Kyros in einem positiven Licht erscheinen ließ. Eine Version, die sich davon abzusetzen versucht, muss zwangsläufig – im Vergleich mit Ktesias’ Text – proköniglich erscheinen. Diese Tendenz ist also ein Trugbild. So ist S TEVENSON im Ergebnis dennoch zuzustimmen: Dinons Persika sind von sehr zweifelhaftem historischen Wert. Dies ist aber nicht der Fall, weil Dinon etwa höfischer Propaganda erlegen ist (dann wäre er immerhin eine Quelle von gewissem Wert), sondern weil er sich bewusst von Ktesias’ Version abzusetzen versucht. Dies gelingt ihm mit Hilfe weiterer Quellen (Xenophon) und seiner freien Imagination. Dieses Bestreben sagt aber nichts über die Dignität der Persika des Ktesias aus, höchstens über ihre Popularität zu Dinons Zeit. 1.8.3 Xenophon Im Gegensatz zu Ktesias und Dinon sind wir über Xenophons Leben und sein Werk, das uns nach antikem Schriftenverzeichnis vollständig erhalten ist, recht gut informiert.327 Außerdem genießt er einen weit höheren Bekanntheitsgrad als diese beiden, so dass im Rahmen dieser Arbeit eine Beschränkung auf das Nötigste zu Xenophon möglich ist.328 Xenophon, Sohn des Gryllos, ist mit einiger Sicherheit irgendwann zwischen 430–425 geboren worden329 und stammt vermutlich aus der wohlha-
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halb Ktesias’ Beschreibung eine höhere Dignität zugestanden werden sollte. Siehe ‹. hierzu u.a. S. 198 zu Plut. Art. 10, 1, › Siehe hierzu die von P ELLING für Plutarch konstatierte expansion, Kap. 1.3.1, S. 23f. Als ein weiteres Beispiel mag ebenfalls auf die Schilderungen in Plut. Art. 10 hingewiesen sein (Quellenanalyse S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹). Neben seinen eigenen Schriften kommt als Quelle für seine Biographie auch noch seine Vita bei Diog. Laert. 2, 48–59 in Betracht, die teilweise sehr gute Informationen liefert und dem folgenden kurzen Überblick zugrunde liegt. Zu Xenophon s. B REITENBACH, Xenophon; L ESKY, Geschichte, 663f.; D ELEBEC QUE, Essai; L ENDLE , Einführung, 111f.; S TRONK , Thrace, 3–8; A NDERSON , Xenophon; T UPLIN, Xenophon. B REITENBACH, Xenophon wollte sich nicht weiter festlegen. Andere Gelehrte versuchten dies hingegen schon: So favorisieren M OSLEY, Xenophon, 1141 und WAR NER (C AWKWELL /WARNER, Xenophon, 143, Anm. 2) das Jahr 428/27, und D ELE BECQUE, Essai, 24 das Jahr 426.
Leben
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Werke
1 Plutarch
benden Klasse der Hippeis. Er lernte als junger Erwachsener Sokrates kennen, hielt sich auch längere Zeit in seinem Kreise auf, wurde aber nie einer seiner Schüler im eigentlichen Sinne.330 Er schloss sich im Frühjahr 401 dem Feldzug Kyros’ des Jüngeren an, der – wie sich erst auf dem Marsch herausstellte – das Ziel verfolgte, seinem Bruder Artaxerxes die Königswürde streitig zu machen. Nach dem glücklosen Verlauf der Schlacht von Kunaxa und der Ermordung der griechischen Söldnerführer durch Verrat führte u.a. Xenophon als Kommandant der Nachhut die griechischen Söldner zurück bis an die Südküste des Schwarzen Meeres (Trapezunt) und nach Byzanz. Xenophon kämpfte in den folgenden Jahren unter dem von ihm bewunderten Agesilaos auf spartanischer Seite gegen die Perser in Kleinasien, aber auch 394 bei Koroneia. Vielleicht deshalb wurde er aus Athen verbannt und führte ein zunächst ruhiges Leben mit Proxenie in Sparta. Ein wenig später dann (seit den 80er Jahren) lebte er auf seinem von Sparta zugewiesenen Landgut bei Skillus unweit von Olympia.331 Nach der Schlacht bei Leuktra (371) und dem Angriff durch Elis auf Skillus musste er nach Korinth fliehen,332 erhielt aber letztendlich die Erlaubnis, nach Athen zurückzukehren (um 368/67), was er vermutlich auch tat.333 Sein Tod wird sicher nach dem Jahr 358/57,334 wahrscheinlich erst um das Jahr 355 eingetreten sein.335 Während wir über Xenophons Leben recht gut informiert sind, bereitet die zeitliche Verortung seiner Werke größere Schwierigkeiten. Es lassen sich zumeist nur sehr ungenaue Daten für Entstehung und Publikation festlegen.336 Xenophons Œuvre umfasst, grob gegliedert, philosophische, didaktische und historische Schriften. Im Zusammenhang mit der Vita des Artaxerxes muss das Augenmerk allerdings auf zwei Werke gerichtet werden: 330 Auch diese Frage ist in der Forschung nicht unumstritten geblieben, s. S TRONK, Thrace, 4f. 331 Dass Xenophon sichtlich an diesem Landgut hing und die Verbannung als nicht allzu belastend empfand, lässt sich z.B. aus an. 5, 3, 7–12 schließen, wo er allerlei über seine Domäne zu erzählen weiß. 332 Über diesen Lebensabschnitt Xenophons sind wir nur sehr schlecht informiert. 333 Dies ist allerdings nicht sicher. Auf jeden Fall ließ er seine beiden Söhne in der athenischen Kavallerie dienen. Gryllos, benannt nach Xenophons Vater, ist nach tapferem Kampfe bei Mantineia gefallen. Dies deutet zumindest darauf hin, dass Xenophon nach der Aufhebung seiner Verbannung nach Athen zurückgekehrt ist. 334 Xen. hell. 6, 4, 37 liefert den wichtigsten Hinweis für die Datierung der Abfassung der Hellenika und Xenophons Lebensende: Alexandros wurde 358 v.Chr. umgebracht, Tisiphonos starb vermutlich erst um 355. 5, 8f. Diog. Laert. 2, 56 335 Den terminus post quem bildet hier die Schrift berichtet, dass Xenophon in Korinth gestorben sei. Paus. 5, 6, 6 weiß zu berichten, dass Xenophon seine letzten Jahre wieder auf seinem Landgut bei Skillus verleben durfte. 336 Vgl. L ESKY, Geschichte 664f.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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die Geschichte Griechenlands, die Hellenika ( ), und die Anabasis ).337 Die Hellenika, Xenophons geschichtliches Hauptwerk ( ) in sieben Büchern, beschreiben im Anschluss an Thukydides ( die griechische Geschichte von 411 bis zur Schlacht von Mantineia (362). Dies ist – abgesehen von der Möglichkeit der vorherigen Veröffentlichung und einer nachträglichen Fortführung – immerhin ein terminus post quem für die Abfassung dieses Werkes. Ein großer Komplex der Hellenika befasst sich mit den spartanischen Perserkriegen der Jahre 401 bis 386. Unter dem Kommando des Agesilaos hatte Xenophon selbst an diesen Feldzügen teilgenommen, persönliche Beobachtungen und Erinnerungen werden daher seine Hauptquelle gebildet haben.338 Allerdings sind die Hellenika deutlich auf die spartanische Geschichte und führende spartanische Persönlichkeiten, wie z.B. Agesilaos, zugeschnitten, was nicht überrascht, da Xenophons Erfahrungen dieser Zeit auch größtenteils auf die spartanische Politik beschränkt waren. Purer ›Philolakonismus‹ kann ihm allerdings nicht vorgeworfen werden, verschweigt er doch auch nicht Spartas eigene Schuld am letztendlichen Zusammenbruch.339 Die Hellenika sind das wichtigste uns erhaltene Quellenwerk für die Zeit um 400 bis zum Ende der Hegemonie Spartas.340 Einen höheren Bekanntheitsgrad als diese genießt aber die Anabasis ( ) Xenophons, die Darstellung des Marsches Kyros’ des Jüngeren in das Landesinnere (von der Küste Kleinasiens bis in die Nähe , nur Babylons). Allerdings wird dieser Zug, also die eigentliche in den ersten sechs Kapiteln des ersten Buches beschrieben. Es folgen die Schilderung der Schlacht von Kunaxa und der eigentliche Hauptteil: der gefahrenvolle Rückmarsch der Söldner durch feindliches Land bis ans Schwar), von dort weiter Richtung Westen bis nach ze Meer (also eine Thrakien. Xenophon selbst scheint sich nicht als Autor erkennen zu geben, sondern die Schrift einem Themistogenes von Syrakus zuzuschreiben. Diesen erwähnt er zumindest in den Hellenika und umschreibt den Inhalt von dessen Schrift mit Worten, die zu seiner Anabasis passen.341 Die Forschung ist sich einig, dass es sich hierbei um ein Pseudonym für Xenophon selbst handelt,342 wie es auch schon Plutarch festgestellt hat.343 Dies erlaubte Xenophon wohl eine wirksamere Selbstdarstellung; so tritt z.B. die Rolle des 337 Die Kyrupädie und der Agesilaos spielen auch noch eine gewisse, aber im Vergleich zur Anabasis und den Hellenika untergeordnete Rolle. 338 Die antipersische Außenpolitik wird in hell. 3, 1–5, 1 beschrieben. 339 Vgl. L ENDLE, Einführung, 113. 340 Zu den Hellenika s. auch T UPLIN, Failings. 341 Xen. hell. 3, 1, 2. 342 Vgl. B REITENBACH, Xenophon, 1645f.; M OSLEY, Xenophon, 1142; L ESKY, Geschichte, 568f. 343 Plut. mor. 345E.
Der Zug der 10000
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1 Plutarch
Spartaners Cheirisophos als Truppenführer auf dem Rückmarsch zugunsten der des Xenophon zurück. Die Publikation der Anabasis ist sehr schwierig zu datieren, auf jeden Fall wird aber zwischen dem eigentlichen Feldzug und der Abfassung der Schrift ein längerer Zeitraum verstrichen sein.344 Xenophons Quellen werden – wie auch bei den Hellenika – größtenteils seine eigenen Erinnerungen, also das Selbsterlebte, gewesen sein. Offensichtlich hat er ein Reisetagebuch in Form eines Itinerars für die Zeit zwischen 401–399 geführt.345 Das Werk liefert ein eindringliches Bild der militärischen Operationen und des harten Lebens der Söldner im Herrschaftsbereich des Feindes. Es ist voll von Beobachtungen über Land, Leute, Sitten und Gebräuche.346 Dass Plutarch Xenophons Werke gekannt hat, ist bereits weiter oben besprochen worden.347 S MITH ist nicht zuzustimmen, wenn er schreibt, dass nicht mit Sicherheit gesagt werden könne, in welchem Maße Plutarch Xenophon direkt genutzt habe.348 Die genaue Kenntnis der Werke Xenophons ist bei Plutarch vorauszusetzen, so dass dieser keinen Grund hatte, eine Zwischenquelle zu nutzen. Wenn sich nicht mit Sicherheit nachweisen lässt, dass Plutarch einen so zentralen Autor nicht direkt gelesen hat, gibt es keine Veranlassung, der Aussage Plutarchs keinen Glauben zu schenken.349 Allerdings stellt Xenophon nur eine zusätzliche Quelle für die Vita des Artaxerxes dar, auf gar keinen Fall ist der Athener einer seiner Hauptautoren. Wie bereits weiter oben gesagt, ist es aber denkbar, dass Plutarch durch die Lektüre der Anabasis zur Abfassung dieser Vita inspiriert worden ist.350 Abgesehen davon, dass Xenophon einen großen Teil der in der Vita beschriebenen Ereignisse überhaupt nicht erwähnt, ist er selbst für die Zeit der Schlacht bei Kunaxa kein intimer Kenner der Vorgänge am Hofe des Großkönigs gewesen. Seine Werke sind für dieses Thema also nicht ergiebig. Die Anabasis zeigt Xenophon als einen Kenner der militärischen Organisation der griechi344 Vgl. L ESKY, Geschichte, 569. Zur Abfassung der Schrift s. S TRONK, Thrace, 8, der von einer zweistufigen Genese ausgeht: 1. um 394 und 2. eine Überarbeitung vielleicht um 370. 345 Vgl. L ENDLE, Einführung, 115. Zu Beginn scheint er das Tagebuch mit den Angaben der Tagesmärsche (Stathmoi) und der täglichen Marschstunden (Parasangen) deutlich ausführlicher geführt zu haben. Mit zunehmender Dauer des Marsches treten Lücken auf, die vielleicht auch auf die Unkenntnis des Geländes zurückzuführen sind. 346 Allerdings sind Xenophons geographische Angaben zur Route des Rückmarsches so undeutlich, dass es bis heute nicht gelungen ist, die Marschstrecke zweifelsfrei zu identifizieren. 347 Siehe bereits S. 18, Anm. 116. 348 S MITH, Study, 1, 36–38. 349 Vgl. auch T HEANDER, Plutarch, 32–66. 350 Siehe hierzu Kap. 1.6, S. 48f.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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schen Söldner und auch des Heeres des Kyros. Aber schon die Schlachtaufstellung des königlichen Heeres blieb ihm, abgesehen von den direkt gegenüber aufgestellten Schlachtreihen, verborgen. Xenophon kennt die Welt des Soldaten, aber eben auch nicht viel mehr. Er kann nicht über Vorgänge am Hofe des Großkönigs berichten, über Intrigen im Harem etc.351 Da ich der Ansicht bin, dass auch Ktesias und Dinon nichts Substantielles über den achaimenidischen Hof liefern konnten, besitzen die Passagen, die Plutarch nachweislich Xenophon entlehnt hat oder die sich zumindest an Xenophons Bericht überprüfen lassen, den höchsten historischen Wert. 1.8.4 Herakleides von Kyme und andere Autoren Nur ein weiterer Autor wird von Plutarch in dieser Vita neben Dinon, Ktesias und Xenophon erwähnt: Herakleides von Kyme.352 Von diesem Autor sind nur sieben – immerhin längere – Fragmente erhalten.353 Diogenes Laertios kennt einen Herakleides von Kyme, der Persika geschrieben habe.354 Auch Athenaios, der ihn häufiger benutzt zu haben scheint, versieht ihn mit und dem Epitheton dem Ethnikon (»der Persika geschrieben hat«).355 Bei der hohen Anzahl homonymer Autoren (bei Diogenes der dritte von vierzehn Männern dieses Namens) sind diese Zusätze sehr hilfreich.356 Er ist also höchstwahrscheinlich mit dem bei Diogenes Laertios genannten Herakleides gleichzusetzen. Allerdings ist dies auch fast schon alles, was wir über unseren Herakleides wissen. Es gibt keinen Beleg für JACOBYs Vermutung, dass dieser Herakleides mit der Nr. 6 geschrieben haben soll, zu in Diogenes’ Liste, der identifizieren sei. Nach Diogenes hat Herakleides fünf Bücher Persika verfasst. Zwei Fragmente zeigen zudem, dass wohl einige seiner Bücher unter dem Tigeführt wurden.357 JACOBY scheint davon auszutel gehen, dass hiermit die ersten beiden Bücher der Persika gemeint seien.358 S TEVENSON sieht hierin aber ein eigenständiges, weniger bekanntes Werk aus zwei Büchern, dessen Inhalt vermutlich in Form von eth351 Siehe dazu auch M ANFREDINI, Plutarco, XXX. 352 Plut. Art. 23, 6. Es gibt nicht allzu viel Literatur zu diesem Autor, s. JACOBY, Herakleides, 469f. u. jünger S TEVENSON, Persica, 15–21. 353 FGrH 689. 354 Diog. Laert. 5, 93 = FGrH 689, F 1. Beides wird von Plutarch (Art. 23, 6) bestätigt. 355 Athen. 4, 145A; 12, 517B. 356 So ist er von dem gleichnamigen Rhetor klar zu unterscheiden; s. auch JACOBY, Herakleides, 469. 357 FGrH 689, F 2 u. 4. 358 Darauf lässt zumindest die Anordnung innerhalb der Fragemente schließen. D REWS, Accounts, 121 bzw. 203, Anm. 127 spricht es explizit aus.
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nographischen Schilderungen die Untertanenvölker der Perser und vor allem auch deren militärisches Potential thematisiere.359 Da in zwei anderen Fragmenten auf die ersten beiden Bücher der Persika Bezug genomhierfür zu verwenden,360 ermen wird, ohne den Titel scheint S TEVENSONs Annahme nicht vollkommen unberechtigt. Allerdings ist die Quellenlage so dürftig, dass sich mit Sicherheit kaum etwas sagen lässt. Das inhaltlich früheste Fragment der Persika behandelt Themistokles, das jüngste uns bekannte die Hochzeit des Großkönigs Artaxerxes’ II. mit seiner Tochter Amestris.361 Es wird vermutet, dass Herakleides seine Persika in den 30er oder 20er Jahren des 4. Jahrhunderts v.Chr. abgefasst habe.362 Dies ist aber wirklich nur mit aller Vorsicht zu akzeptieren. Es gibt keine Hinweise auf den Aufbau seiner Persischen Geschichte über die reine Buchanzahl hinaus. Fest steht damit aber,363 dass sie deutlich kürzer war als die Werke von Ktesias und Dinon. Ob dies auf Kürzungen (also eine deutlich geringere Erzähldichte) oder schlicht auf Auslassungen (z.B. der gesamten assyrischen und medischen Vorgeschichte) zurückzuführen ist, lässt sich nicht sagen. Die Fragmente deuten an, dass er gute Kenntnisse der persischen Verwaltung besaß, über seine Quellen wissen wir aber nichts. Die romanhaften Übertreibungen seiner beiden Vorgänger scheinen indes zu fehlen. Ob es sich bei ihm deshalb um einen »ernstzunehmenden« Autor handelt, wie JACOBY meint, ist allerdings aus der spärlichen Überlieferung nicht zu schließen. Der Umstand aber, dass er sich derselben Thematik wie Ktesias und Dinon angenommen hat, lässt Skepsis angeraten sein. Nicht viel deutet darauf hin, dass sein Werk anders konzipiert gewesen sein könnte. Neben Diogenes Laertios und Athenaios hat ihn u.a. auch Plutarch, nicht nur in der Vita des Artaxerxes, sondern auch in der des Themistokles, benutzt.364 Außer dem in der Vita des Artaxerxes bei Plutarch erhaltenen Fragment befasst sich kein weiteres – eindeutig zu identifizierendes – mit dieser Zeit, so dass ein weiterführender Quellenvergleich unmöglich ist. Die Quellenanalyse legt aber nahe, dass Herakleides durchaus für weitere Passagen 359 360 361 362
Siehe S TEVENSON, Persica, 15 u. 20f. FGrH 689, F 1 u. 3. FGrH 689, F 6 und 7. Hier geht es u.a. um den Tempusgebrauch (Präsens) in einigen Fragmenten, der vielleicht zeigt, dass Herakleides eigenes Zeitgeschehen beschreibt; s. hierzu etwas ausführlicher S TEVENSON, Persica, 16–19; s. auch JACOBY, Herakleides. 363 Dies gilt natürlich nur, wenn die einzelnen Bücher nicht über gewaltige Dimensionen verfügt haben. 364 Zumindest findet sich sein Name in einem Zitatennest: Plut. Them. 27, 1.
1.8 Die Quellen der Artaxerxes-Vita
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Plutarchs Vorlage gewesen sein kann.365 Im Vergleich zu Ktesias und Dinon wird Herakleides aber nur einmal namentlich zitiert, so dass es sehr schwierig ist, ihm weitere Textstellen zuzuweisen.366 In den Kap. 3, 4, 23 und 29 erwähnt Plutarch zudem »andere Autoren« ( ; »einige sagen«). Wer diese Autoren gewesen sein könnten und ob sie überhaupt existierten,367 ist unmöglich zu sagen. Es ließen sich vielleicht Namen finden, wie der in Kap. 21 erwähnte Polykritos von Mende368 oder Phainias von Eresos;369 nur fruchtbar ist dies meist nicht. Es ist zwar sicher, dass mehrere Autoren im ausgehenden 5. und im 4. Jahrhundert Persika verfasst haben, aber im besten Falle sind sie uns gerade einmal namentlich bekannt.370 An einen Quellenvergleich ist daher nicht einmal zu denken, und man sollte es sich deshalb nicht so leicht machen, alle Informationen Plutarchs auf die bekannten und von ihm genannten Autoren zurückzuführen. Dies mag naheliegend erscheinen, mit Gewissheit getan werden kann es aber nicht. Außerdem finden sich in der Vita deutliche Hinweise darauf, dass Plutarch ungenannte Werke genutzt hat. Belegen lässt sich dies zwar nur bei den Anekdoten in der Vita, die sich auch in Ailians Varia historia finden, allerdings sollte dieses Ergebnis den skeptischen Blick schärfen.371 Die häufige namentliche Erwähnung bestimmter Autoren sagt nichts über die Intensität der Nutzung durch Plutarch aus.
365 Siehe hierzu S. 313f. zu Plut. Art. 23, 6, › ‹; ferner S. 332– ‹. 335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12, › 366 Plut. Art. 23, 6. 367 Es ist nicht zu entscheiden, ob Plutarch selbst diese Autoren eingesehen hat (wenn ja: Warum hat er sie nicht genannt?) oder ob er einfach nicht genannte Gewährsleute aus einer Vorlage übernommen hat. Siehe hierzu z.B. S. 313 zu Plut. Art. 23, 6, ‹, wo »einige« – unter ihnen Herakleides von Kyme – be› haupten, dass der Großkönig neben Atossa eine weitere seiner Töchter (Amestris) geheiratet habe. 368 Plut. Art. 21, 2; zur Person s. Z IEGLER, Polykritos. 369 S CHOTTIN sieht Phainias als eine Vorlage Plutarchs an, s. hierzu ausführlich S. 294f. ‹. zu Plut. Art. 22, 1–12, › 370 So sind hier Hellanikos von Lesbos (FGrH 687a), Charon von Lampsakos (FGrH 687b) und Dionysios von Milet (FGrH 687) zu nennen; vgl. L ENDLE, Einführung, 271. ‹. 371 Siehe hierzu ausführlich S. 128–130 zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, ›
Andere Autoren
72
1 Plutarch
1.9 Ergebnisse der Quellenanalyse
Dinon und Ktesias
Xenophon
Herakleides
Im Kommentar befindet sich am Beginn einer jeden Kapitelkommentierung eine ausführliche Quellenanalyse. Hier sei zunächst nur eine erste Einführung in Plutarchs Nutzung seiner unterschiedlichen Vorlagen bzw. ein allgemeines Fazit der intensiven Vorlagendiskussion geboten. Alle Detailfragen werden in den Einzeluntersuchungen besprochen. Es ist nahezu Konsens in der Quellenforschung zu dieser Vita, dass Ktesias Plutarchs Hauptvorlage für die ersten zwei Drittel bildet. Da seine Persika allerdings deutlich vor dem Tod Artaxerxes’ II. enden, soll Plutarch seine Vorlage gewechselt und Dinon für das letzte Drittel benutzt haben.372 Schon ein Blick auf die kurze Übersicht der Vorlagennutzung am Ende dieses Kapitels zeigt, dass, nach den Erkenntnissen meiner Quellenanalyse, diese Ansicht nicht zu teilen ist. Festzustehen hat vorerst einmal, dass tatsächlich die von Plutarch häufig namentlich erwähnten Autoren (Dinon und Ktesias) Plutarchs Hauptvorlagen gewesen sind. Allerdings ist die angenommene Verteilung nicht aufrecht zu erhalten. Für einige weitere Kapitel hat Plutarch zudem Xenophons Werke (Anabasis und Hellenika) benutzt. Alle diese Passagen deuten darauf hin, dass Plutarch Xenophon und seine Schriften hoch schätzte.373 Die Beschäftigung mit ihnen, vornehmlich der Anabasis, mag Plutarch sogar zu dieser Vita inspiriert haben.374 Neben diesen eindeutig zu bestimmenden Vorlagen ist die Rolle des Herakleides von Kyme als Gewährsmann, den Plutarch immerhin einmal namentlich zitiert, kaum einzuschätzen. Einige deutliche Indizien im letzten Drittel der Vita legen nahe, dass er von Plutarch in den Kap. 22f. und 26–29 in größerem Umfang benutzt wurde, als bislang angenommen. Gerade für die Kap. 26–29 erscheint es sogar möglich, die These zu vertreten, dass Herakleides Plutarchs einzige bzw. mindestens seine Hauptvorlage war.375 Für Dinon kann dies auf keinen Fall gelten. Ihn gar für die einzige Quelle zu halten (Ein-Quellen-Hypothese) ist nicht vertretbar. Aufgrund der fehlenden Parallelberichte und Plutarchs Schweigen zu seinen Vorlagen in diesem Abschnitt muss man allerdings sehr vorsichtig mit einer Zuweisung sein. Möchte man Herakleides nicht als Hauptquelle sehen, muss ihm mindestens ein großer Einfluss auf Plutarchs Darstellung zugestanden werden.
372 Zur communis opinio s. Kap. 1.5, S. 34–37. 373 Siehe hierzu S. 86 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹. Art. 8, 1–8, › 374 Siehe hierzu Kap. 1.6, S. 48f. 375 Siehe hierzu S. 332–335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12, › ‹.
‹ und S. 180 zu Plut.
1.9 Ergebnisse der Quellenanalyse
73
Die Tatsache, dass Plutarch Herakleides nur ein einziges Mal erwähnt, kann nicht bedeuten, dass er als wichtiger Gewährsmann auszuschließen ist. So lässt sich u.a. auch schlüssig zeigen, dass Plutarch für diese Vita auf bestehende Anekdotensammlungen zurückgegriffen hat, die später auch Ailian noch verwandte. Diese benennt Plutarch aber nicht,376 es muss also mit ungenannten Vorlagen gerechnet werden. Auch wenn es oft nicht möglich ist, diese zu bestimmen, rechtfertigt dies nicht solch eine oft nicht stimmige Zuweisung an Ktesias oder Dinon. Die häufige namentliche Erwähnung dieser beiden Autoren erhebt sie nicht in den Status von Alleinvorlagen. Die communis opinio lässt sich viel zu sehr von diesen Zuweisungen Plutarchs in dieser Vita leiten. Dies mag ein Beispiel verdeutlichen: Plutarch zitiert zwar den Namen des Pferdes von Kyros dem Jüngeren explizit nach Ktesias,377 dies bedeutet aber nicht, dass der Rest des Kapitels – in Ermangelung eines weiteren Namens – diesem Autor zugewiesen werden muss. Dies gilt in diesem Fall besonders, da Plutarch zum einen selbst sagt, dass das Beschriebene von mehreren Autoren einhellig erzählt werde. Zum anderen sollte gerade die eindeutige Zuweisung eines Details an Ktesias Skepsis erwecken: Plutarch wollte offensichtlich klar stellen, dass er diese Information ausschließlich (und somit auch zusätzlich) bei Ktesias gefunden habe.378 Dieser Arbeitsweise bleibt Plutarch größtenteils in der gesamten Vita treu, so dass sich eindeutig eine Tendenz Plutarchs im Umgang mit Ktesias’ Persika beobachten lässt: Er nutzt dieses Werk keineswegs gern und wenn, dann ist dies für den Leser immer deutlich zu erkennen. Als Musterbeispiel hierfür mag Kap. 18 dienen. Es gibt keinen Zweifel, dass Plutarch den gesamten Inhalt aus Ktesias’ Persika nimmt. Er nennt ihn mehrfach direkt und indirekt als seinen Gewährsmann. Des weiteren distanziert sich Plutarch im Folgenden von Ktesias’ Arbeit: Dieser behaupte etwas vollkommen Unvernünftiges und neige zu dramatischer Überzeichnung. Als Beleg hierfür führt er ein Beispiel an (Palmen auf dem Grab des Klearchos), das – wie die Photios-Exzerpte zeigen – einen eindeutigen Fehler aufweist, so dass Plutarchs Wiedergabe noch unglaubwürdiger wirkt als die bei Photios.379 Es könnte sich um einen wirklichen Fehler Plutarchs handeln, genausogut ist aber auch eine mutwillige Diskreditierung denkbar.380 376 Siehe hierzu S. 128–130 zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹ und S. 283 ‹. zu Plut. Art. 20, 6, › 377 Plut. Art. 9, 1. ‹. 378 Siehe hierzu S. 190f. zu Plut. Art. 9, 1–4, › 379 Photios berichtet – und dies ist sicher die korrekte Wiedergabe –, dass Parysatis die Palmen dort habe pflanzen lassen; bei Plutarch entsteht der Eindruck, dass sich nach Ktesias die Palmen zufällig – vielleicht durch göttliche Fügung – eingesamt hätten. 380 Weitere Passagen der Vita deuten auf Letzteres hin: Siehe S. 79–81 zu Plut. Art. 1, 1– ‹; S. 161f. zu Plut. Art. 6, 1–9, › 4, ›
Ungenannte Vorlagen
Kritik an Ktesias
74
1 Plutarch
Wenn man Plutarch nicht vollkommene Beliebigkeit im Umgang mit seinen Vorlagen unterstellen möchte, bleibt erklärungsbedürftig, weshalb er a) seinen angeblichen Hauptgewährsmann so häufig kritisiert und ihm b) überdeutlich bestimmte Passagen und Informationen zuweist, dies aber anderswo (im gesamten Rest) nicht tut. Es soll nicht bestritten werden, dass Plutarch Ktesias mitunter gefolgt ist. Er hielt ihn immerhin für einen Augenzeugen der Geschehnisse am Hofe Artaxerxes’ II. Gestört hat ihn eher die literarische Ausarbeitung der Persika und Ktesias’ übermäßiger Hang (nach Plutarch), sich selbst in seine häufig unglaubwürdigen Geschichten einzubringen.381 Wie schon in den Hinweisen zur ›Plutarchlektüre‹ erwähnt wurde,382 ist aber bei der Kommentierung Plutarchs Einschätzung seiner Vorlagen unbedingt zu beachten. Hier lässt sich einfach feststellen: Plutarch schätzte Ktesias als Autor nicht. Dies hat Auswirkungen auf die Nutzung dieses Autors als Vorlage. Uneingeschränkt mochte Plutarch ihm nicht folgen, was Ktesias’ Status als Hauptgewährsmann erschüttert. Sogar bei einigen Passagen, die uns in Photios’ Exzerpten in Parallelberichten vorliegen und die aufgrund ihrer Ähnlichkeit immer als rein ktesianisch angesehen wurden, ist Skepsis angeraten. Zum einen scheint Plutarch seine Arbeitsweise geändert zu haben: Er folgt Ktesias plötzlich ohne die sonst übliche Kritik. Zum anderen treten auch immer wieder erstaunliche inhaltliche (auf den ersten Blick vielleicht marginale) Abweichungen auf. Hierfür sei auf Kap. 17 verwiesen: Der Großkönig und die Königinmutter würfeln um das Schicksal des Eunuchen Masabates. Dieser Name lässt sich onomastisch erklären und ist somit nicht auf eine Verschreibung zurückzuführen. Diese Geschichte findet sich nahezu identisch auch in Photios’ Exzerpten der Persika des Ktesias. Allerdings heißt hier der Eunuch Bagapates, was dem altiranischen Pendant (*Baga-p¯ata) näher steht als Plutarchs Masabates. Photios’ Form bildet somit mit Sicherheit Ktesias’ Originalwortlaut ab. Plutarchs vollkommen unmotivierte Abweichung ist kaum anders als durch die Nutzung einer weiteren in Details abweichenden Quelle zu erklären.383 Diese weitere Quelle, deren Existenz somit sehr plausibel erscheint, ist aufgrund des Überlieferungsausfalls schwierig zu benennen. An sich deutet diese Detailänderung auf die Arbeitsweise Dinons hin, wie z.B. die vergleichende Schilderung der Ermordung der Stateira bei Plutarch mit ‹ und S. 213–216 zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, › Siehe ferner B INDER, Beobachtungen. 381 Siehe hierzu S. 214–216 zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, › ‹. 382 Siehe Kap. 1.3.1, S. 25f. (hier 3.). 383 Siehe zu diesem Beispiel ausführlich S. 252–255 zu Plut. Art. 17, 1–9, › ‹.
‹.
1.9 Ergebnisse der Quellenanalyse
75
eindeutigen Namensabweichungen verdeutlicht (Art. 19).384 Aufgrund der ›modifizierten Nähe‹ der uns erhaltenen Reste der Persika Dinons ist also auch in anderen Passagen Vorsicht geboten, die uns so oder ähnlich bei Plutarch und bei Photios überliefert sind. Gerade wenn es um Hofinterna geht, ist es wahrscheinlich, dass Dinon ähnliches zu bieten hatte und Plutarch beide Versionen häufig stillschweigend abgeglichen hat.385 Ferner finden sich vereinzelt Hinweise auf direkte Eingriffe Plutarchs in seine Vorlagen. Zwar ist dies bei fehlendem Vergleichsmaterial nur schwierig nachzuweisen. Aber an einigen Stellen glückt es, zumindest zu zeigen, dass Plutarch seine bisherigen Quellen verlassen hat. So deutet z.B. die Schilderung der Designation Artaxerxes’ II. durch seinen Vater Dareios’ II. auf einen Eingriff Plutarchs hin, der ihn zudem in einen internen Widerspruch verstrickt hat.386 Die unten folgende Übersicht verdeutlicht, dass Plutarch vielfach Dinon benutzt hat, nachweislich sogar häufiger als Ktesias. Allerdings zeigen die Kapitel, die die Schlacht von Kunaxa und neben dem Schicksal des Kyros auch die Rachetaten der Parysatis thematisieren, dass Plutarch sich in diesem Bereich höchstwahrscheinlich vermehrt auf Ktesias gestützt hat. Insgesamt erscheint die Vita zudem geprägt von einem sehr hohen Maß an Quellenkontamination. Um aus der höchstwahrscheinlich eher dürftigen Überlieferung möglichst viel Gewinn zu ziehen, hat Plutarch mit Sicherheit, soweit es ohne größere Schwierigkeiten ging, die verschiedenen Berichte miteinander abgeglichen. Eine Trennung ist heute größtenteils nicht mehr möglich. Eine generelle Einschätzung des Quellenwertes der Artaxerxesvita führt deshalb zu einem ernüchternden Ergebnis. In jedem Fall müssen zwar die einzelnen Informationen in speziellen Untersuchungen bewertet werden, wie dies die Kommentierung auch leistet. Allerdings zeigt aber die Kombination der Ergebnisse der Quellenanalysen und der Untersuchungen zur Arbeitswei384 Siehe hierzu S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, › ‹. 385 So ist es z.B. nicht möglich, die Errettung der Stateira durch Artaxerxes II. einfach Ktesias zuzuschreiben. Die Exzerpte des Photios zeigen, dass Ktesias dies berichtet hat. Dies kann aber nicht der Beweis sein, dass Plutarch dies nur aus Ktesias’ Persika genommen haben kann, s. hierzu S. 99f. zu Plut. Art. 2, 1–5, › ‹. ‹. Ein weiteres 386 Siehe hierzu S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › Beispiel für einen Eingriff Plutarchs, der zu einer späteren Information nicht passen will, findet sich in Art. 6, 5: Plutarch berichtet, dass Klearchos auf Befehl Spartas mit Kyros gezogen sei. Später (Art. 8, 4) erfährt der Leser aber, dass sich Klearchos freiwillig dem Heer angeschlossen habe. Dieser Widerspruch ist m.E. darauf zurückzuführen, dass Plutarch an der ersten Stelle in sein Vorlagenmaterial eingegriffen hat (transfer), während er später einfach Dinons Schilderung folgte, s. hierzu ausführ‹ sowie S. 189 zu lich S. 159–161 zu Plut. Art. 6, 1–9, › ‹. Plut. Art. 8, 4, ›
Plutarchs weitere Eingriffe
Der Quellenwert
76
1 Plutarch
se der schwerpunktmäßig benutzten Autoren Plutarchs, dass der Wert dieser Vita für die Konstruktion tragfähiger historischer Bilder keinesfalls hoch eingeschätzt werden darf. Da als Hauptvorlagen Dinon und Ktesias (und vielleicht Herakleides) auszumachen sind, ist Vorsicht geboten. Selbst wenn diese Autoren aus nicht mehr nachvollziehbaren Quellen mitunter Substantielles überliefert haben sollten, ist es für den Althistoriker nicht mehr möglich, das wenige Historische von der historischen Fiktion zu trennen.387 Die Passagen mit hoher Dignität in dieser Vita basieren zumeist auf Xenophons Schriften. Alles weitere ist – sogar wenn Parallelmaterial existiert (dies ist, wie die Analyse immer wieder zeigt, zumeist von Ktesias abhängig, also an vielen Stellen nicht brauchbar) – nicht zu verwenden, um vom achaimenidischen Hof und der Geschichte Artaxerxes’ II. ein solides Bild zu entwerfen. Gleichwohl lässt sich diese Vita natürlich als Quelle lesen, die Einblicke in Plutarchs Arbeitsweise, aber auch z.T. in die Situation und Sicht seiner Vorlagen liefert. Es ist aber praktisch unmöglich, nach der Historizität der in dem Text beschriebenen ›Fakten‹ zu fragen.
387 Zu Einschätzung der Dignität der Persika des Ktesias und der Dinons, s. bereits Kap. 1.8.1, S. 55–59 (Ktesias) und Kap. 1.8.2, S. 61–65 (Dinon).
77
1.9 Ergebnisse der Quellenanalyse
Übersicht über die Vorlagen Plutarchs je Kapitel 1 2 3 4f. 6 7 8 9 10 11 12f. 14 15f. 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26–29 30
Xenophon
Xenophon Xenophon Xenophon Xenophon
Xenophon
Dinon Dinon (?) Dinon (?) Dinon (?) Dinon Dinon Dinon (?) Dinon Dinon Dinon
Dinon (?)
Xenophon
Dinon Dinon (?) Dinon Dinon Dinon (?) Dinon (?) Dinon (?) Dinon (?) Dinon
Ktesias Ktesias (?) Ktesias (?) Ktesias (?) Ktesias
Herodot (?) Herakleides (?)
Apophthegm.
Ktesias Ktesias Ktesias Ktesias (?) Ktesias (?) Ktesias (?) Ktesias Ktesias Ephoros (?), Apophthegm. Ktesias (?) Herakleides Herakleides (?)
Herakleides (?)
2 Kommentar 2.1 Grundlegendes (Art. 1–2)
Artaxerxes 1 Plutarch geht in dieser Vita ohne ein Prooimion oder weitere Ausführungen medias in res. Der Leser erhält im ersten Kapitel alle wichtigen Informationen zu Artaxerxes’ Familienverhältnissen. Auch nennt der Autor seine beiden wichtigsten Gewährsleute, Dinon und Ktesias, so dass ein Grundlagenwissen vermittelt wird.
Inhalt
Eine Datierung dieser allgemeinen Aussagen, die der Einführung des Lesers in das Thema dienen sollen, ist nicht möglich.
Datierung
: Für dieses Kapitel hat Plutarch 1, 1–4 zumindest auf drei seiner Vorlagen zurückgegriffen: Xenophon, Ktesias und Dinon, wobei er die letzten beiden Autoren sogar namentlich zitiert (Art. 1, 4), während sein Rückgriff auf Xenophon nur anhand eines indirekten Zitates zu erkennen ist – die Art und Weise der Zitation ist hierbei als Indiz für Plutarchs hohe Meinung vom Werk Xenophons anzusehen (s. hierzu S. 86f. ‹). zu Plut. Art. 1, 2, › Für Ktesias und Dinon überliefert Plutarch einen Widerspruch hinsichtlich des ›Privatnamens‹ Artaxerxes’ II.: Ktesias habe ihn Arsikas genannt, während Dinon ihn als Oarses führe. Dass Plutarch sich hier für Ktesias’ Version entscheidet (s. hierzu ausführlich S. 96–98 zu Plut. Art. 1, 4, › ... ‹), ist von der Forschung immer als Indiz für eine bevorzugte Nutzung des Ktesias durch Plutarch in dieser Vita gesehen worden. Dies führte dazu, dass auch die Namen der jüngsten Brüder des Artaxerxes (Ostanes und Oxathres) Ktesias zugeschrieben wurden, obwohl die Exzerpte des Photios für beide andere Namen nennen (Artostes und Oxendras). Anhand einer kritischen Untersuchung der Überlieferung ist es aber möglich nachzuweisen, dass Plutarch hier nicht auf Ktesias zurückgegriffen hat, Photios also die ktesianischen Namen vermutlich korrekt überliefert (s. ‹). hierzu S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › Obwohl Plutarch sich beim Privatnamen des Artaxerxes für die Version des Ktesias entscheidet (zum möglichen Motiv hierfür s. S. 94 zu Plut. ‹), folgt er dennoch nicht ihm in weiteren Art. 1, 2, ›
Quellenanalyse
Plutarch vs. Ktesias
80
2. Kommentar
Details zur Familie, sondern einer anderen Quelle. Hierzu passt auch Plutarchs Kommentierung der Arbeitsweise des Ktesias im Anschluss an diese ) Passage: Ktesias habe ein buntes Gemisch von unglaubwürdigen ( ) Geschichten in sein Werk eingebracht. Paralund unsinnigen ( lelstellen hierzu finden sich im Anschluss an sehr ähnliche Situationen: In Plut. Art. 6, 9 entscheidet sich Plutarch bei der Frage nach dem Zeitpunkt der Ermordung der Stateira ebenfalls explizit gegen Dinon und für Ktesias’ Variante, gefolgt von harscher Kritik am Werk des Ktesias. Ähnliches geschieht in Plut. Art. 13, 4: Plutarch lässt die Frage nach der Anzahl der Soldaten auf königlicher Seite ausdrücklich unentschieden zwischen Xenophon und Dinon einerseits, Ktesias andererseits ( ). Aber Plutarch versucht sogleich, Ktesias anhand des xenophontischen Berichtes eine Lüge nachzuweisen, die sachlich mit dem zuvor besprochenen Problem nicht in Zusammenhang steht (Plut. Art. 13, 5–7). Xenophon berichtet, dass als einziger Grieche Phalinos, ein Günstling des Tissaphernes, an der Gesandtschaft des Großkönigs an die griechischen Söldnerführer beteiligt gewesen sei. Ktesias wird an dieser Stelle von Xenophon nicht erwähnt (Xen. an. 2, 1, 7). Exakt dieser Punkt bildet auch eines der Argumente D ORATIs, Ctesia, 39f., dass Ktesias nie am Hofe des Großkönigs gewesen sei, da Ktesias selbst behauptet, an dieser Gesandtschaft teilgenommen zu haben. Ich möchte Plutarch zustimmen, dass Xenophon diesen Umstand nicht unerwähnt gelassen hätte – D ORATIs Argument besitzt also einiges Gewicht. Aber hier ist Plutarch mit seiner Kritik noch nicht am Ende: Er nennt ), außerdem lakonen- und klearchosKtesias ferner ruhmsüchtig ( , ; Plut. Art. 13, 7; s. hierzu auch Plut. freundlich ( Art. 18, 7f.). S MITH, Study, 4 vermutet, dass Plutarch diese Kritik an Ktesias seiner Hauptquelle Dinon entnommen habe. In der Tat ist es durchaus nicht abwegig, eine feindliche Haltung Dinons gegenüber Ktesias zu vermuten. Dinon wird ebenso darum bemüht gewesen sein, seinen Vorgänger Ktesias zu verbessern und zu kritisieren wie Ktesias seinen Vorgänger Herodot (s. hierzu z.B. FGrH 688, F 17 [62]: Ktesias wirft Herodot und Hellanikos vor, dass sie gelogen hätten; D REWS, Accounts, 117). Allerdings ist nicht unbedingt einleuchtend, weshalb Plutarch diese Kritik Dinons in sein Werk übernommen haben sollte. Daher sollte eine andere Möglichkeit erwogen werden: Plutarch ist eine gewisse Eigenleistung in der Quellen- bzw. Autorenkritik zuzugestehen. Plutarchs Invektive gegen Herodot belegt diese Arbeitsweise deutlich, s. z.B. mor. 870B–871B: Plutarch weist Herodot, u.a. mit Hilfe von Inschriften, eine falsche Darstellung nach; s. dazu B OWEN, Malice, 140–142. Dieses erste Kapitel ist offensichtlich geprägt von einem hohen Maß an Quellenkontamination. Selbst eine eingehende Analyse vermag nicht – vor allem aufgrund der schlechten Überlieferungslage – alle Passagen zuzuord-
Grundlegendes: Artaxerxes 1
81
nen. Ein Blick auf dieses Anfangskapitel sollte also große Skepsis an der These einer Hauptvorlage wecken. Zudem ist eine Tendenz Plutarchs im Umgang mit Ktesias als Vorlage zu erkennen: Er hat Ktesias aufgrund seiner häufig unglaubwürdigen Ausführungen nur ungern benutzt und meint sich deshalb bei strittigen Punkten – wenn er sich aus bestimmten Gründen für Ktesias’ Version entschieden hat –, rechtfertigen zu müssen. Die Annahme, dass Ktesias’ Persika der Status als Hauptvorlage Plutarchs für diese Vita zukomme, ist schon deshalb unwahrscheinlich. Es ist zu vermuten, dass der Titel dieser Schrift auf Plutarch selbst zurückgeht. Er hat seine Biographien (auch die Parallelbiographien) einzeln herausgegeben und vermutlich einfach mit dem Namen des jeweiligen Protagonisten betitelt (s. hierzu schon Z IEGLER, Überlieferungsgeschichte, 128–131). ›Artaxerxes‹ ist Thronname mehrerer persischer Könige der achaimenidischen Dynastie. Dieser Name ist auch in vielen anderen Sprachen bezeugt, so etwa elam. Ir-tak-(ik-)ša-aš-ša oder aram. ’RTH.ŠSŠ. Zur umfangreichen Nebenüberlieferung des Namens s. S CHMITT, Artaxerxes a), 61 sowie dens., Iranier-Namen, 47. Die genaue Bedeutung der altpersischen Form R.taxšaç¯a (»großer ist umstritten. Herodots Herleitung (Hdt. 6, 98, 3) von Krieger«) oder nach der Herodotausgabe von ROSÉN nach überzeugender (»der sehr Tatkräftige«) durch C OOK, Nomen (s. Konjektur hierzu auch H ARRISON, Conception), kann aber nach heutigem Kenntnisstand als falsch bezeichnet werden. Da die Termini r.ta- (»Gerechtigkeit, Ordnung, Wahrheit«; zum Begriff siehe S KJÆRVØ, A a) und xšaça (»Reich, Herrschaft«) Verwendung finden, scheinen Übersetzungen in der Art: »dessen Herrschaft/Reich auf Wahrheit gründet« oder »dessen Herrschaft durch Wahrheit bestimmt ist« möglich – aber nur neben einer Vielzahl anderer Varianten. Wohl kein Name des Altpersischen hat so viele Übersetzungsversuche erfahren wie R.taxšaç¯a; siehe hierzu z.B. W ERBA, Onomastik, 22f. mit Anm. 66, der auch eine eigene Übersetzung anbietet: »der, dessen Herrschaft in Übereinstimmung mit dem wahren Recht ist/sein soll«. S CHMITT weist zu Recht darauf hin, dass die etymologische Durchsichtigkeit der beiden Glieder nicht darüber hinweg täuschen dürfe, dass über die syntaktische Verbindung der beiden Bestandteile keine Kenntnis bestehe. Er ist aber m.E. zu vorsichtig, wenn er feststellt, dass nicht einmal bekannt sei, ob der Vollname überhaupt bedeutungstragend war (S CHMITT, Artaxerxes a), 62; s. auch dens., Throne-Names, 92f. – dagegen dens., Artaxerxes (1987), 654f.: »whose reign is through truth« bzw. dens., Thronnamen, 424: »dessen Herrschaft durch die Wahrheit [das Rta] ist«). S TAUSBERG (Religion, 163–174, bes.: 169–171) zeigt mit hoher Plausibilität, dass der Name auf religionspolitisch
Die Überschrift
Artaxerxes: Onomastik
82
Altavestisches Namengut?
Artoxerxes/ Artaxerxes
Artaxerxes I.
2. Kommentar
programmatische Weise beide Bestandteile miteinander in eine (uns letztlich unbekannte) Beziehung setzt. Interessanterweise findet sich nämlich diese Zusammenstellung bereits in ihren altavestischen Äquivalenten (a a- und xša ra-) in einem altavestischen Vers nebeneinander (Y. 29, 10: a a¯ xša r mc¯a, nach G ELDNER, Avesta). Überhaupt sind in der echt-achaimenidischen Nachfolgelinie Dareios’ I. (also nicht bei den Teispiden Kyros II. und Kambyses II.) avestische Termini und sogar direkt bezeugtes avestisches Namensgut häufig verwandt worden, was nach S TAUSBERG darauf hindeuten könnte, dass die altavestischen G¯a a¯ in achaimenidischen Kreisen bekannt waren und man sich von diesen Texten für u.a. religionspolitische Zwecke inspirieren ließ (s. ferner S KJÆRVØ, Quotations, 34–36). Weiterführende Literatur zum Avesta ist dem prägnanten Artikel von K ELLENS, Avesta zu entnehmen – hier auch der richtige Hinweis, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass es unter den Achaimeniden zu einer schriftlichen Fixierung des Avesta gekommen ist; ausführlicher ders., Zoroastre; s. ferner zur Überlieferung und Kontinuität der heiligen Texte der Zoroastrier H INTZE, Avesta. Die verschiedenen modernen Plutarchausgaben führen (auch in anderen Schriften Plutarchs, z.B. mor. 173D) die Namensform . Im Vergleich zur altpersischen Form (R.taxšaç¯a) ist die genauere griechische Ad. Diese Form ist einmal inschriftlich aus Tralleis/Karien aption belegt (IK 36, 1 I, Nr. 3, Z. 2f. – eine deutliche Nähe zum lyd. Artak´sassaist erkennbar). Bei vielen anderen Autoren entscheiden sich die Herausgeber . Nach S CHMITT ist der Kompositihäufig für die Namensform dementspreonsfugenvokal - - eher ungriechisch, die Lautung chend näher am Griechischen (S CHMITT, Sprachgut, 120 m. Anm. 7; ders., Onomastica, 84). Wahrscheinlich standen aber beide Namensformen in der Antike gleichberechtigt nebeneinander. Sicher ist, dass sie durch Assimilati(Xerxes) umgebildet sind. Sie on (Volksetymologie) an den Namen lassen sich (auch das lat. Artaxerxes) eindeutig mit der altpersischen Bezeugung dieses Namens in Verbindung bringen. Der althistorischen Konvention (auch aufgrund der lautlich präziseren Übertragung) folgend wird im Kommentar die Form ›Artaxerxes‹ verwendet. : Artaxerxes I., persischer Großkönig (465/64–424), Sohn Xerxes’ I. und der Amestris, folgte nach der Ermordung seines Vaters in einer Palastrevolte diesem unter nicht vollständig zu klärenden Umständen jung auf dem Thron nach (Diod. 11, 69; zu Artaxerxes I. als Mörder seines Vaters s. neuerdings W IESEHÖFER, Ermordung). Artaxerxes I. ist nach B RIANT, Cyrus, 570, der sich auf S CHMITT, Throne-Names, 84 stützt, der erste Großkönig, für den wir die Annahme eines Thronnamens anstelle seines (uns bekannten) Privatnamens nachweisen können (Metono-
Grundlegendes: Artaxerxes 1
83
masie). In der Tat überliefert uns Flavius Iosephus (ant. Iud. 11, 6, 1) für ihn den Privatnamen Kyros, aber ich muss mich VAN DER S PEK, Diaries, 95f. anschließen, dass dieser Bericht keine gesicherte Grundlage für eine solche Annahme bietet. Da auch die Rechts- und Verwaltungstexte der Achaimenidenzeit immer nur die Thronnamen der jeweiligen Herrscher nennen, bieten einzig die Fragmente der astronomischen Texte und auch der Chroniken aus Babylonien eine gesicherte Basis. Dort finden sich für die meisten Herrscher nach Dareios I. auch die ›Privatnamen‹, s. S ACHS, Names, 130f.; ferner W IESEHÖFER, Kontinuität, 43. Auf der Grundlage der Tagebücher wird für Artaxerxes I. der Privatname Aršu vermutet (entgegen dem ›Kyros‹ des Flavius Iosephus). Dies ist aber, wie VAN DER S PEK, Diaries, 95 aufzeigt, aufgrund chronologischer Probleme umstritten. Der erste Achaimenide, für den wir sichere Belege auf der Grundlage der astronomischen Tagebücher für seinen Privat‹). namen haben, ist somit Dareios II. (s. S. 87, › Bei späteren griechischen und lateinischen Autoren (z.B. Nep. reg. 1, 3) trägt Artaxerxes I. das Epitheton (lat. Umschrift: Macrochir). Indes ist die in Lexikonartikeln immer wieder auftauchende lateinische Namensform ›Longimanus‹ (z.B. K UHRT /S ANCISI -W EERDENBURG, Artaxerxes, 47f.) erst in der Spätantike nachweisbar (Hieron. chron. Euseb. ad olymp. 79). Das Epitheton wird einerseits rational aufgrund einer körperlichen Anomalie, wie hier bei Plutarch (u.a. auch mor. 173D; Strabon 15, 3, 21 kennt den Beinamen ebenfalls und erklärt ihn auch rational, allerdings nicht in Bezug auf Artaxerxes, sondern fälschlicherweise auf Dareios), andererseits aber auch symbolisch erklärt, da seine Macht weit gereicht habe (Pollux, Onomastikon 2, 151: ). Pollux’ Deutung erscheint im vorderasiatisch-achaimenidischen Kontext durchaus plausibel, findet die Phrase der weitreichenden Macht doch häufig Verwendung in den achaimenidischen Königsinschriften: Proclaims Darius, the King: Auramazd¯a, when he saw this earth in turmoil, after that he bestowed it upon me; me he made king; I am king. By the favour of Auramazd¯a I put it in this proper place. What I have said to them, that they did, as was my desire. But if you shall think: »How many (are) those countries which Darius the king held?«, look at the sculptured figures which bear the throne platform. Then you shall perceive, then it shall become known to you: »The spear of the Persian man has gone forth far away«, then it shall become known to you: »The Persian man has repulsed the enemy far away from Persia«. (DNa §4; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 30)
Physische Überlegenheit und Tapferkeit im Kampfe (hier nur implizit angedeutet durch die Erwähnung der weitreichenden militärischen Operationen
Langhand
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2. Kommentar
außerhalb von P¯arsa/F¯ars) waren wichtige Pfeiler der Legitimation der Herrschaft bei den Achaimeniden und werden daher in vielen Inschriften (z.B. DNb §8h) thematisiert. Dieser Tenor findet sich auch in zahlreichen griechischen Textpassagen, die von der enormen Größe und körperlichen Schönheit der Großkönige zu berichten wissen (Hdt. 7, 187; Xen. Kyr. 8, 3, 14; Nep. reg. 1, 4; Plut. Alex. 21, 6; Diod. 17, 37, 5; Curt. 3, 12, 16f.; s. hierzu B RI ANT , Cyrus, 225–227). Plutarch betont die Milde und den Edelmut Artaxerxes’ I. (Plut. Art. 4, 4; in einer anderen Vita liefert Plutarch Belege für die edle Gesinnung und politische Weitsicht Artaxerxes’ I. Er nimmt den Gegner seines Vaters, Themistokles, der aus Griechenland flüchten musste, ehrenvoll bei sich auf, u.a. Plut. Them. 27–29). Nepos lobt ihn als starken und tapferen Krieger (reg. 1, 4), auch Diodor betont die effiziente, aber dennoch milde Regierung Artaxerxes’ I., der in hohem Ansehen bei den Persern gestanden haben soll (Diod. 11, 71, 2). In der Tat hat er sich in seiner langen Regierungszeit als fähiger und energischer König erwiesen, der trotz seiner Jugend bei Herrschaftsantritt die persische Weltmachtstellung gefestigt hat. Der Leumund dieses Königs ist in der griechischen Überlieferung durchaus positiv. Nach seinem Tod folgte ihm sein Sohn Xerxes (II.) in der Herrschaft nach. Für einen allgemeinen Überblick s. J UDEICH, Artaxerxes, 1311–1314; S CHMITT, Artaxerxes b), 655f.; K UHRT /S ANCISI -W EERDENBURG, Artaxerxes, 47f.; B RI ANT , Cyrus, 563–587; W IESEHÖFER, Ermordung. Artaxerxes II.
: Artaxerxes II., persischer Großkönig (405/404– 359), ältester Sohn Dareios’ II. und der Parysatis, Enkel Artaxerxes’ I., ist nach Plutarchs eigener Aussage der Protagonist dieser Vita ( , Plut. Art. 1, 1; dies lässt natürlich auch schon die Überschrift dieser Biographie vermuten). Zu seiner Abstammung s. am besten seine Inschrift aus Susa: Saith Artaxerxes the Great King, King of Kings, King of Countries, King in this earth, son of Darius the King, of Darius (who was) son of Artaxerxes the King, of Artaxerxes (who was) son of Xerxes the King, of Xerxes (who was) son of Darius the King, of Darius (who was) son of Hystaspes, an Achaemenian. (A2 Sa; Übers. K ENT, Grammar, 154)
Mnemon
Spätere Autoren haben ihm das Epitheton »der Erinnernde; der mit dem guten Gedächtnis« beigegeben (Nep. reg. 1, 3; Iust. Prol. 9; Prol. 10; Su‹ [ 1987]; s. M ANFREDINI, Plutarco, 267). S CHMITT, da, › Artaxerxes b), 656 ist unpräzise, wenn er feststellt, dass Plutarch der erste griechische Autor gewesen sei, der Artaxerxes II. diesen Beinamen gegeben (lat. Mnehabe. Da Nepos die latinisierte Form des griechischen mon) nutzt, ist deutlich, dass der Beiname schon vor Plutarch in Gebrauch
Grundlegendes: Artaxerxes 1
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war, da er sicher nicht von dem lateinisch schreibenden Autor geprägt worden ist. Plutarch ist lediglich der älteste uns erhaltene griechische Autor, der dieses Epitheton genutzt hat. Das analoge altpersische Epitheton scheint · in einer griechischen Glosse belegt zu sein: (Hesych., › ‹ [ 123]; dt. Übers.: » : erinnernd, persisch«; mit den sprachlichen Aspekten dieses Lehnwortes, dessen Bedeutung in der Glosse wohl korrekt wiedergegeben ist, hat sich neuerdings B RUST, Lehnwörter, 3–5 befasst). Artaxerxes ist – folgt man Plutarchs Angaben – 453 geboren worden. Nach Plut. Art. 30, 9, der hier mit hoher Wahrscheinlichkeit Dinon zitiert (s. FGrH 690, F 20a), hat Artaxerxes II. ein Alter von 94 Jahren erreicht, s. ... ‹. Wenn die Chrohierzu auch S. 359 zu Plut. Art. 30, 9, › nologie auch Schwierigkeiten bereitet, steht doch fest, dass seine Geburt vor der Thronbesteigung seines Vaters liegt: Er ist somit kein ›Purpurgeborener‹ (Plut. Art. 2, 4; Ktesias, FGrH 688 F 15 [51]). Da die Regierungszeit Artaxerxes’ II. durch äußere Konflikte um die Bewahrung des Reichsgebietes geprägt war, mag sie als Phase des beginnenden Niedergangs des Perserreiches erscheinen. So musste Artaxerxes z.B. den Verlust Ägyptens (404) hinnehmen, das von da an bis ins Jahr 344/43 seine Unabhängigkeit bewahrte, und so sah er sich Anfang des 4. Jahrhunderts mit einer aggressiven Politik Spartas in Kleinasien konfrontiert. Ebenso ist diese Periode achaimenidischer Herrschaft auch durch innere Unruhen gekennzeichnet. Wenn auch durch die Ergebnisse der neuesten Forschung deutlich wurde, dass die Bedrohung des Reiches durch den ›Großen Satrapenaufstand‹ (W EISKOPF, Revolt) als recht gering zu betrachten ist (s. auch W IESEHÖFER, Dekadenz, 57: » . . . der erst kürzlich als Phantom entlarvte, bislang für den Großkönig als überaus bedrohlich angesehene, sogenannte ›Große Satrapenaufstand‹.«), so handelte es sich hierbei aber dennoch um mehrere reichsinterne Unruhen, mit denen sich Artaxerxes II. auseinandersetzen musste. Allerdings reicht ein Blick auf die Erfolgsbilanz dieses Königs, um die Annahme eines (auch moralischen) Niedergangs als Trugbild zu entlarven, das einzig auf der unkritischen Deutung griechischer Quellen basiert: Er schlug den Usurpationsversuch seines Bruders bei Kunaxa nieder, sicherte den persischen Herrschaftsbereich in Syrien und Palästina, trat den militärischen Aktionen Spartas letztendlich erfolgreich entgegen – was auch dazu führte, dass er zum Vermittler und Garanten des ›Königsfriedens‹ von 387/86 wurde, der seinen Herrschaftsbereich über Kleinasien, dessen Inseln und Zypern sicherte –, ging erfolgreich gegen den salaminischen König Euagoras vor (s. hierzu W IESEHÖFER, Großkönige, 148f.) und bezwang die bereits erwähnten aufständischen Satrapen. Seine Regierungszeit ist die längste aller
Dekadenz?
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2. Kommentar
Achaimenidenherrscher überhaupt, und mit Sicherheit die Zeit des größten persischen Einflusses auf die politischen Geschicke in Griechenland. Plutarchs Charakterisierung Artaxerxes’ II. ist nicht leicht zu fassen. Er betont, dass er vielen als milder und maßvoller Herrscher erschienen sei (Art. 4, 4; 5, 1–5; 24, 9f.; 30, 9), wobei bei genauerer Lektüre deutlich wird, dass Plutarch selbst nicht dieser Ansicht ist (anders Diod. 15, 93 und Nep. reg. 1, 4). Plutarch sieht ihn als passiv-reaktiv, leicht beeinflussbar (besonders durch die Frauen am Hofe) und grausam (Art. 7, 1–3; 25, 3f.). Sein guter Ruf sei zum großen Teil der Grausamkeit seines Nachfolgers zu verdanken. Gleichzeitig finden sich in der Vita aber auch längere Textpassagen, die Artaxerxes als guten Feldherren mit einem edlen Charakter zeigen (Plut. Art. 24f.), was vielleicht auf die Kontamination von Quellen mit unterschiedlicher Tendenz durch Plutarch hindeutet, aber auch Plutarchs Bestreben geschuldet sein kann, nicht nur die negativen Facetten des Großkönigs zu erwähnen, s. ‹. hierzu u.a. auch S. 324 zu Plut. Art. 24, 9f., › Artaxerxes II. war umgeben von fähigen Männern, die über großen Einfluss am Hofe verfügten und alle auch in wichtigen Funktionen in dieser Vita auftauchen, wie etwa Pharnabazos, Tissaphernes, Tiribazos und sein Sohn Ochos (der spätere Artaxerxes III.). Söhne Dareios’ II.
: Dieser Satz Plutarchs, der eindeutig an den 1, 2 Eröffnungssatz der Anabasis Xenophons angelehnt ist, ist eine stillschweigende Korrektur dieses Autors. Im ersten Satz des xenophontischen Werkes erfährt der Leser, dass Dareios und Parysatis zwei Söhne, Artaxerxes und Kyros, geboren worden seien: . (Xen. an. 1, 1, 1). Von mindestens einem unebenbürtigen Sohn weiß auch Xenophon (an. 2, 4, 25) – auch ist davon auszugehen, dass Xenophon die jüngsten ebenbürtigen Söhne kannte, sie aber nicht erwähnt, da sie für seine Schilderungen aufgrund ihres Alters irrelevant waren. Nach Ktesias (FGrH 688, F 15 [47]) sollen Dareios und Parysatis aber dreizehn Kinder gehabt haben, von denen nur eine Tochter (Amestris) und vier Söhne überlebt haben sollen. Plutarch erwähnt – sicher nicht, wie häufig behauptet wird, auf der Basis von Ktesias, ‹ – hier nur die s. hierzu S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › vier überlebenden Söhne: Artaxerxes, Kyros, Ostanes und Oxathres, ohne aber Xenophon explizit zu korrigieren. Diese Zurückhaltung ist auffällig, da Plutarch in dieser Vita mit Tadel sonst nicht sparsam ist. Ktesias wird wiederholt auf schärfste angegriffen. Hieran ist klar zu erkennen, dass Plutarch nicht unbedingt bemüht ist, Autoren nach sachlichen Kriterien zu beurteilen, sondern sich von für uns nicht fassbaren Dispositionen leiten lässt. Xenophon war für Plutarch offenkundig ein ›guter‹ Autor (auch wenn er Fehler gemacht hat), während Ktesias’ Werk Plutarchs Missfallen erregte.
Grundlegendes: Artaxerxes 1
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: Gemeint ist hier Dareios II., persischer Großkönig (424–404), Sohn Artaxerxes’ I. und einer Babylonierin, deren Name nach Ktesias (Kosmartidene) war (FGrH 688, F 15 [47]). Die griechischen (»der UnechAutoren haben ihm aus diesem Grund das Epitheton te/Bastard«) beigegeben (z.B. Plut. mor. 522F; Paus. 6, 5, 7). ›Dareios‹ als griechische ›Normalform‹ (seit Aischylos, z.B. Pers. 244; Hdt. 1, 183; Thuk. 1, 14, 2) ist als Thronname dreier achaimenidischer Könige in der griechischen Literatur gut bezeugt. Allein bei Aischylos wird der Name an gut einem Dutzend Stellen genannt, bei Herodot an über 300 Stellen, s. S CHMITT, Iranier-Namen, 51. Das lateinische Äquivalent lautet Darius oder auch Dareus (z.B. Cic. Tus. disp. 5, 97, 5; Val. Max. 3, 9, 2, 6; Nep. ), Miltiades 3, 1 u.a.). Auch eine längere Namensform ist belegt ( allerdings nur bei Ktesias (FGrH 688, F 13–16) und Xenophon (hell. 2, 1, 8f.). Außerdem wird diese Form in den photianischen Ktesias-Exzerpten für den Xerxes-Sohn Dareios (FGrH 688, F 13 [24] u. F 13 [33]) und Dareiist offenbar die Wiedergabe os II. (FGrH 688, F 15 [50f.]) genutzt. einer kürzeren Form als das bezeugte altpersische d-a-r-y-v-u-š/D¯arayavauš. Aufgrund der zahlreichen Nebenüberlieferungen (z.B. babylon. Da-a-ri-ia-amuš/-mu-uš oder aram. dryhwš bzw. drwš), die in der Länge eindeutig divergieren, vermutet S CHMITT, Iranier-Namen, 51–53, dass es bereits im Altpersischen zu einer Verkürzung (Schnellsprechform) gekommen seien könnte. Trotz der unterschiedlich langen Formen ist das altpersische *d¯araya-vahu(»das Gute festhaltend/bewahrend« o.ä.) klar zu erkennen, das u.a. durch das ved. vás¯uni dhar (»Güter/Schätze festhalten/bewahren«) erwiesen ist. Auch scheint es – ähnlich wie bei Artaxerxes – eine altavestische Referenz für den altpersischen Namen D¯arayavauš gegeben zu haben: d¯araiia vahišt m (Y. 31, 7; s. S TAUSBERG, Religion, 171; s. hierzu ebenfalls S. 82 zu Plut. Art. 1, ‹). Vor seiner Thronbesteigung führte Dareios II. nach baby1, › lonischen astronomischen Texten den Namen Umakuš oder Umasu (babyl. Ú-ma-kuš; altpers. wohl *Vaxuš), nach den griechischen Quellen den Namen Ochos (zur Onomastik des Namens und zur Beziehung des griechischen Namens zu dem altpersischen bzw. babylonischen Pendant s. S CHMITT, Anthroponyme, 205–209). In den griechischen Texten folgt er den kurzen Regierungen seiner Halbbrüder Xerxes (II.) und Sogdianos/Sekyndianos nach (Ktesias, FGrH 688, F 15 [47–51]), die babylonischen Quellen erwähnen dies nicht: Er folgt hier ohne Zwischenregierung seinem Vater Artaxerxes I. auf den Thron. Er heiratete seine – nach dem babylonischen Murašû-Archiv äußerst wohlhabende – Halbschwester Parysatis. Allerdings ist ihr Name auch erst auf den Täfelchen zu finden, die eindeutig auf die Zeit nach dem Regierungsantritt Dareios’ II. zu datieren sind – ein Umstand, der einerseits mit Überlieferungsausfall begründet werden, andererseits aber auch bedeuten könnte, dass Parysatis erst mit der Heirat zu Landbesitz kam, s. S TOLPER,
Dareios II.
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Murašû
Parysatis
2. Kommentar
Entrepreneurs, 63f. Aus dieser Ehe sollen viele Kinder hervorgegangen sein, von denen aber nur vier Söhne und eine Tochter überlebt haben sollen (s. S. ). 86f. zu Plut. Art. 1, 2, Das sogenannte Murašû-Archiv (nach dem Begründer dieses babylonischen Familienunternehmens, das auch als ›Geschäftshaus‹ oder auch als ›Bank‹ bezeichnet wird) ist die wichtigste Quelle für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Babyloniens in der Achaimenidenzeit. Das Quellenarchiv umfasst gut 830 Keilschrifttafeln aus Nippur, die einen Zeitraum von 454 bis 404 v.Chr. abdecken. Der Beginn der Handelsaktivitäten wird aber schon auf die Zeit unter Dareios I. datiert. Das Geschäftsgebiet umfasst hauptsächlich den landwirtschaftlichen Bereich (was in der Antike nicht überrascht): Miete, Vermietung, Schuldverpflichtung etc. Viele der Ländereien in Babylonien wurden von der königlichen achaimenidischen Verwaltung kontrolliert, so dass hohe Würdenträger der ›Reichs‹aristokratie und Mitglieder des Königshauses (z.B. Parysatis) in den Texten auftauchen (s. hierzu ausführlich S TOLPER, Entrepreneurs; dens., Murašû, 427–429). Dareios’ Regierungszeit war, zumindest erfahren wir das aus den griechischen Quellen, geprägt von vielen Aufständen im Innern. Häufig sollen hieran Satrapen beteiligt gewesen sein, die ihre z.T. ererbte Position ausbauen wollten. Ktesias erwähnt u.a. eine Revolte eines Bruders des Königs, Arsites, und einen Aufstand des Satrapen Pissuthnes (FGrH 688, F 15 [52f.]). Über den Satrapen Tissaphernes und vor allem den Prinzen Kyros griff das persische Großreich auf Seiten Spartas in den Peloponnesischen Krieg ein, den es aufgrund seiner finanziellen Unterstützung zugunsten der Lakedaimonier entschied (s. W IESEHÖFER, Sides). Dareios verstarb im Jahre 404 in Babylon (Ktesias, FGrH 688, F 16 [57]). Es sind kaum altpersische Inschriften Dareios’ II. erhalten (am wichtigsten zwei Bauinschriften auf Säulenbasen aus Susa: D2 Sa; D2 Sb; Übersetzung s. L ECOQ, Inscriptions, 268); er gilt – auch wenn die Zuordnung aufgrund fehlender Inschriften nicht vollständig gesichert ist – als letzter in Naqš-i Rustam beigesetzter Achaimenidenherrscher. : Parysatis war nach Ktesias eine Tochter Artaxerxes’ I. und einer Babylonierin namens Andia (Ktesias, FGrH 688, F 15 [47]; zu Andia s. neuerdings S CHMITT, Anthroponyme, 221: Der Name scheint babylonisch zu sein). Sie heiratete ihren Halbbruder Umakuš/Umasu (griech. Ochos), den späteren Dareios II., und gebar ihm u.a. den späteren Artaxerxes II. und Kyros den Jüngeren. Die griechische Namensform geht ebenso wie z.B. das babylonische Pu-ru-’-šá-ti-iš auf das altpersische *Paru-šiy¯ati(vielleicht »viel Glück, Freude gewährend«) zurück, s. J USTI, Namenbuch, 244; S CHMITT, Iranier-Namen, 68f. Nach den griechischen Quellen soll sie großen Einfluss auf Dareios und später auch auf Artaxerxes II. ausgeübt haben. Sie wird als extrem machtbewusst und grausam beschrieben, so soll sie
Grundlegendes: Artaxerxes 1
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z.B. – dies berichten Ktesias (FGrH 688, F 15 [51]) und Dinon (FGrH 690, F 15) übereinstimmend – die Gemahlin ihres Sohnes Artaxerxes vergiftet haben. Allerdings sind diese Zeugnisse untauglich, sich ihrer historischen Persönlichkeit anzunähern, werden doch vielfach Topoi über die Frauen am persischen Hof genutzt. Dennoch hat die Geschichtswissenschaft lange Zeit dieses Bild kritiklos übernommen. So fasst C OOK, Empire, 135 die gängige Meinung zusammen: »But if we may judge by what we hear of the queens, Persian women could be masterful, and Amestris and Parysatis were more bloodthirsty than any of the kings, except perhaps Artaxerxes III« und erliegt damit zweifach der Tendenz der griechischen Quellen. Erstens folgt er der negativen Darstellung der Parysatis (s. zum Bild der Parysatis in der Forschung B ROSIUS, Women, 3f.), zweitens ist auch er überzeugt, dass Artaxerxes III. der grausamste Achaimenidenherrscher gewesen sei – ein Bild, das die neuere Forschung revidiert hat, s. dazu S. 358f. zu Plut. Art. 30, 3, › ... ‹. S ANCISI -W EERDENBURG und B ROSIUS haben sich intensiv mit der Thematik ›Frauen am Hofe der Achaimeniden‹ auseinandergesetzt. Sie analysieren beide das Bild, das die Griechen von den grausamen und einflussreichen Frauen gezeichnet haben, hinsichtlich seines Wahrheitsgehaltes. B RO SIUS kommt zu dem Ergebnis, dass die (»Mutter des Königs«, also z.B. Parysatis) sicherlich die einflussreichste Frau am Hofe des Großkönigs war, die über bestimmte Handlungsspielräume verfügte. Diese Möglichkeiten lagen einerseits im wirtschaftlichen Sektor: Aus den Berichten der Griechen, aber auch aus dem Murašû-Archiv wissen wir, dass Parysatis – sicher nach der Hochzeit mit Dareios II., vielleicht aber auch schon davor – über Ländereien in Babylonien, Syrien und Medien verfügte. So stellt sie ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten in den Dienst ihres Sohnes Kyros (Xen. an. 1, 1, 3f.), um dessen Usurpationsversuch zu unterstützen; zu ihren konkreten Besitzungen s. Xen. an. 1, 4, 9; 2, 4, 27; zur Sache siehe N OLLÉ /W ENNIGER, Themistokles, 52–56; ferner auch W IESEHÖFER, Kontinuität, 35; grundsätzlich auch T UPLIN, Administration, 134. Diese Informationen liefern uns Hinweise auf wirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten der Frauen des Königshauses, besonders der ›Mutter des Königs‹, die einem Griechen befremdlich erschienen sein müssen, s. M ILLER, Parysatis, 2051f.; B ROSIUS, Women, 110–116, 123, 125–129; W IESEHÖFER, Parysatis, 381. Neben diesen wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten sieht B ROSIUS, Women, 122 die ›Mutter des Königs‹ auch als »intermediator for her family at the Persian court«. Es war ihre Pflicht, ihre Familie zu schützen. Diese Schutz- und Vermittlerfunktion umfasste wohl auch das Eintreten für Familienmitglieder, die beim Großkönig in Ungnade gefallen waren. So ließe sich – auch wenn die Historizität bezweifelt werden kann – Parysatis’ erfolgreiches Eintreten für die Amnestie Kyros’ des Jüngeren nach dessen erfolglosem At-
Die Frauen am Hofe
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2. Kommentar
tentat auf seinen Bruder erklären. Dies sollte aber nicht als genereller Einfluss der ›Mutter des Königs‹ auf die Iurisdiktion gewertet werden, s. hierzu ... ‹. S. 125 zu Plut. Art. 3, 6, › B ROSIUS hat in ihrer Arbeit klar herausgestellt, in welch hohem Maße persische adlige Frauen am sozialen und kulturellen Leben am Hofe der Achaimenidenkönige beteiligt waren – ein Umstand, der einem griechischen Betrachter den Eindruck fehlender Kontrolle und Ordnung vermitteln konnte. Ebenso deutlich zeigt sie aber auch die Grenzen dieses Einflusses auf: Im Großen und Ganzen spielten die Frauen am Hofe keine Rolle in politischen, militärischen oder juristischen Fragen. Eine präzise Analyse des Quellenmaterials erlaubt eben nicht den Schluss, dass der Einfluss der Frauen am Hofe (und somit auch die Dekadenz der Führungselite) ständig gewachsen sei, s. hierzu S ANCISI -W EERDENBURG, Atossa u. B ROSIUS, Women, passim (z.B. 105–122). :
Artaxerxes II.
1, 1, › Kyros der Jüngere
Karanos
...
Artaxerxes II., s. S. 84f. zu Plut. Art.
‹.
: Kyros der Jüngere, altpersisch Kuruš (zur Onomastik und Etymologie des Namens s. S. 94f. zu Plut. Art. 1, 3, › ‹) war ein ebenbürtiger Sohn Dareios’ II. und der Parysatis und der jüngere Bruder des späteren Großkönigs Artaxerxes II. Die griechischen Autoren nennen , um ihn von Kyros II. ( ), zu unihn zumeist terscheiden. Im Gegensatz zu seinem älteren Bruder ist Kyros nach den griechischen Quellen ›in Purpur‹, also erst unter der Herrschaft seines Vaters, geboren worden (Ktesias, FGrH 688, F 15 [51]). Da er bereits 408/407 auf Betreiben seiner Mutter die Satrapien Lydien, Großphrygien und Kappadokien erhalten hat (Xen. an. 1, 9, 7) sowie oberster Befehlshaber der Truppen ), muss sein Geburtsdatum sehr dicht in Kleinasien geworden ist ( an den Regierungsantritt seines Vaters gelegt werden (ca. 423). Mit gerade 16 oder 17 Jahren wäre er dann immer noch sehr jung für die wichtige Position des Karanos gewesen (Xen. an. 1, 1, 2; hell. 1, 4, 3: . »Ich sende Kyros hinab der in Kastolos sich versammelnden Truppen«). als Xenophons Erläuterung dieses hapax legomenon ist falsch: (» bedeutet ›Gebieter‹«, Xen. hell. 1, 4, 3). Die Forschung ist sich seit W IDENGREN, Feudalismus, 106 einig, dass das griemit dem altpers. k¯ara- »Heerbann, Heer« zusammenhängt, chische mithin *k¯ar¯ana- sein müsste. *k¯ar¯ana- würde die iranische Form für dann soviel wie »Herr über den k¯ara-, Oberbefehlshaber« bedeuten. H AEB LER hat diese These W IDENGRENs aufgegriffen und mit weiteren Argumenten untermauert (u.a. mit semantischen Entsprechungen in anderen Spra-
Grundlegendes: Artaxerxes 1
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chen), s. H AEBLER, , 81–90; ferner S CHMITT, Iranier-Namen, 58 Anm. 48, der auf die unzweifelhaften numismatischen Belege des Titels auf persischen und parthischen Münzen hinweist, und neuerdings B RUST, Lehnwörter, 302–306. Der Karanos scheint den regulären Satrapen übergeordnet gewesen zu sein und war wohl mit besonderen militärischen Aufgaben vom Großkönig betraut worden, s. hierzu D EBORD, L’Asie Mineure, 26; 50–65; W IESEHÖFER, Karanos, 1033; neuerdings ausführlich K LINKOTT, Satrap, 320–330. Kyros betrieb eine konsequent spartafreundliche Politik (Thuk. 2, 65, 12) und freundete sich mit dem spartanischen Flottenkommandanten Lysander an. Nach dem Tode seines Vaters soll sich Kyros an einem Attentatsversuch gegen den legitimen Thronfolger, seinen Bruder Artaxerxes, beteiligt haben und deshalb festgenommen und verurteilt worden sein (Plut. Art. 3). Parysatis habe aber für ihren Sohn Amnestie erreicht, so dass er in seinen Amtsbereich zurückkehren durfte. Dort bereitete er mit Hilfe Spartas, ionischer Griechen, griechischer Söldner und einheimischer Truppen eine groß angelegte militärische Operation gegen seinen Bruder vor. Auch hier soll Parysatis ihren jüngeren Sohn unterstützt haben. Xenophon liefert uns in seiner Anabasis als Feldzugsteilnehmer ein plastisches Bild dieses Zuges. Der Usurpationsversuch scheiterte schließlich, da Kyros in der entscheidenden Schlacht bei Kunaxa unweit von Babylon (Herbst 401) sein Leben verlor. Für einen allgemeinen Überblick s. W EISSBACH, Kyros, 1128–1177; S CHMITT, Cyrus, 524–526; W IESEHÖFER, Kyros b), 1017f.; B RIANT, Cyrus, 615–630. : Viel lässt sich über die beiden jüngeren Brüder Artaxerxes’ II. und Kyros’ des Jüngeren nicht sagen. Xenophon scheint die beiden überhaupt nicht zu kennen bzw. blendet sie aus seinem Bericht aufgrund ihres Alters bewusst aus (s. hierzu auch S. 86f. zu Plut. Art. 1, ... ‹). Beide werden noch einmal in der Vita erwähnt 2, › (Oxathres in Plut. Art. 5, 5 – Ostanes ebd. und noch einmal in 22, 11), spielen aber keine nennenswerte Rolle. Bei Diodor erscheint Ostanes als Vater des Arsanes und somit als Großvater Dareios’ III. (Diod. 17, 5, 5). J USTI, Namenbuch, 232 setzt Oxathres mit dem Oxyartes gleich, der bei Athenaios nach Phylarchos einmal erwähnt wird (Athen. 13, 609Af.). Bemerkenswert ist aber Folgendes: Plutarch schenkt beim ›Privatnamen‹ des Artaxerxes offensichtlich Ktesias Glauben (s. unten S. 96–98 zu Plut. ... ‹) und stimmt auch mit ihm Art. 1, 4, › hinsichtlich der Anzahl der überlebenden Söhne überein (die überlebende Tochter übergeht Plutarch, worin bereits eine erste – wenn vielleicht auch marginale – Abweichung zu Ktesias/Photios zu sehen ist), nennt aber die bei) und Oxathres den jüngsten Brüder des Artaxerxes eben Ostanes (
Ostanes und Oxathres
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2. Kommentar
( (
), nicht nach Ktesias/Photios Artostes ( ) und Oxendras ) (Ktesias, FGrH 688, F 15 [51]). Aufgrund dieser Namensabweichung und der Aussage Plutarchs, dass Ktesias den Namen des Königs doch am besten kennen müsse, da er bei ihm, seiner Frau und seiner Mutter im Dienste stand (Plut. Art. 1, 4: ... ), ist immer wieder über die von Photios überlieferten Namen nachgedacht worden, s. zuletzt L ENFANT, Ctésias, 272 (608) u. 274 (629) sowie S CHMITT, Anthroponyme, 177f., 180–183 u. 227f. Denn eigentlich hätte Ktesias – um Plutarchs eigener Argumentation zu folgen – die Namen der Brüder des Artaxerxes genauso gut kennen müssen wie den Privatnamen des Großkönigs; s. auch S TEVEN SON , Persika, 26, die es ebenfalls für wahrscheinlich hält, dass Plutarch auch bei anderen Details zur Familie des Artaxerxes auf Ktesias zurückgegriffen habe (allerdings sei schon hier darauf verwiesen, dass Plutarch ausdrücklich ] spricht – dies sollte zu nur vom Namen des Königs [ denken geben). Schon S EEBERG, fontibus, 6–9 hat daher vermutet, dass eine verderbte Textstelle oder eine Änderung der Namen durch einen Abschreiber oder auch ein Fehler des Photios möglich seien. Allerdings liefern die Handschriften darauf keinen Hinweis. Dennoch wird diese Ansicht gestärkt durch z.B. S CHMITT, Anthroponyme, 177, der darauf verweist (s. schon S CHMITT, Wiedergabe, 123), dass es für die von Photios gelieferte Namensform ›Oxendras‹ keine weiteren Belege oder Bildungsparallelen gebe, sie somit offenkundig falsch sei. Sein Schluss hieraus ist (ebenso auch L ENFANT und S TE VENSON ), dass Plutarch Ktesias’ Schrift noch den korrekten Namen des einen Bruders entnehmen konnte, während bei Photios dann bereits eine Korruptel eingetreten sei. Allerdings erscheint diese Vermutung schwach, da auch beim zweiten Namen, den Photios liefert, eine deutliche Abweichung zu Plutarchs Namensform vorliegt (Ostanes zu Artostes). Zwei Punkte müssen beachtet werden: Ostanes Artostes
zu ist nicht erklärbar. 1. Eine Verschreibung von Deshalb ist in der Forschung immer wieder darüber diskutiert worden, ob es sich überhaupt bei den von Plutarch und Ktesias/Photios gelieferten Namen um denselben Prinzen und nicht viel eher um zwei verschiedene Personen handele, eben einen Ostanes und einen Artostes, s. z.B. die Stammtafel bei J USTI, Namenbuch, 398f., der sowohl Artostes als auch Ostanes als Söhne Dareios’ II. aufführt. Dass dies eine Notlösung ist, um widersprüchliche Quellen zu harmonisieren und somit den Status des Ktesias als Vorlage für Plutarchs Namen zu erhalten, liegt auf der Hand: Ktesias (FGrH 688, F 15 [51]) und Plutarch (Art. 1, 2) wissen beide, dass vier Söhne Dareios’ II. und der
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Parysatis überlebt haben. Es ist somit nicht verständlich, woher plötzlich ein fünfter Sohn kommen sollte. Daher ist auch vermutet worden, dass Ktesias zwei Namen vertauscht haben könne und so den Namen eines verstorbenen Kindes überliefert habe. Im Zusammenhang mit der Quellennutzung Plutarchs ist es aber auch unerheblich, ob man dieser Argumentation folgen mag. Das Augenmerk muss darauf liegen, welche Quelle Plutarch hier verwendet hat. Denn selbst wenn Ktesias eine Namensvertauschung unterlaufen wäre, hätte er nur vier Namen genannt. Im günstigsten Fall hätten also die vier Namen Arsikas, Kyros, Oxathres (eine spätere Verschreibung zu Oxendras, die zeitlich nach Plutarch eingetreten ist, einmal angenommen [s.o.]) und auf jeden Fall Artostes bei Ktesias gestanden. 2. Die von Photios gelieferte Version hat, wie auch S CHMITT, Anthroponyme, 227f. zeigt, »ohne jeden Zweifel ein gut iranisches Aussehen«; zwar ist die iranische Ausgangsform nicht zu klären, so dass es sich auch hier um einen falschen/fehlerhaften Namen handeln könnte. Aber die Deutungsversuche der Forschung (z.B. M ARQUART, Assyriaka, 641 oder J USTI, Namenbuch, 40, 505 u. 515) zeigen, dass der Name, wenn nicht korrekt, dann aber doch gut erfunden ist. In diesem Zusammenhang ist auch die für ein bei Nikolaos von Damaskus (FGrH 90, F 66 [3]) überliefertes Ktesias-Fragment vorgeschlagene , Mutter Kyros’ des Großen, zu Emendatio von (also einer Angleichung an den Männernamen ) zu sehen (S CHMITT, Anthroponyme, 223f.). mit Sicherheit um die von Ktesias geEs handelt sich also bei lieferte Variante (wenn wir nicht davon ausgehen – was abseitig ist –, dass Photios eine zweite korrekte bzw. korrekt aussehende iranische Form abweichend von Ktesias eingefügt hat). So ist zumindest in diesem Fall eben nicht das »notorisch unzuverlässige Photios-Exzerpt« (S CHMITT, Namen) als Fehlerquelle zu sehen. Zwar haben wir in der Ktesias-Tradition mit ›Verbesserungen‹ durch Abschreiber zu rechnen – so soll bei Ktesias durchweg gestanden haben, obwohl sich sonst das bessere (nicht gräzisierte) findet (nach Stephanos von Byzanz in der Überlieferung überall [B ILLERBECK 28]: ), und es kommen andere (qualitativ statt usw. –, aber geringfügige) Fehler hinzu, wie z.B. dies sollte nicht zu einer voreingenommenen Sicht auf Photios’ Namenüberlieferung führen, wie u.a. das Beispiel Bagapates/Masabates zeigt (s. S. 256 ‹). Die Annahme, dass Photios durchweg die zu Plut. Art. 17, 1, › schlechtere Lesart der Namen im Vergleich (wenn möglich) zu Plutarch lie-
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2. Kommentar
fere und somit alle uns nicht erklärbaren Namen auf Fehler in der Tradition nach Plutarch zurückzuführen seien, ist nicht haltbar. Aus diesen Ausführungen folgt, dass Plutarch die Namen beider Brüder nicht aus Ktesias geschöpft hat, da die Annahme, dass Plutarch einen Namen aus Ktesias (der dann in der weiteren Überlieferung Schaden genommen habe), den anderen Namen aber aus einer anderen Quelle genommen habe, nicht haltbar ist. Meine Argumentation stützt somit eine schon sehr alte These von S MITH, Study, 7, der vermutet hat, dass die von Photios überlieferten Namen authentisch seien und Plutarch bei den Brüdern des Artaxerxes mehr Vertrauen in die allgemein bekannten Namensformen gesetzt habe (so werden sie z.B. bei Diodor überliefert: Diod. 17, 5, 3 als direkter Beleg für den Namen eines Bruders Artaxerxes’ II.; Diod. 17, 34, 1 als indirekter Beleg für die Existenz des Namens ›Oxathres‹: Es wird ein Oxathres als Bruder Dareios’ III. im Kampf gegen Alexander erwähnt. Beide Namen sind nach S CHMITT, Wiedergabe, 123 auch eindeutig etymologisierbar: von altiranisch *Hu-xša ra- »mit guter Herrschaft« und 129: von altiranisch */Ušt¯ana/ »guten Stand habend«). Es ist natürlich nur eine Annahme von S MITH, Dinon als Quelle Plutarchs zu identifizieren. In der Themistokles-Vita gibt Plutarch eine Liste verschiedener Autoren, denen er Informationen über Themistokles am Hofe des Großkönigs entnehmen konnte: Thukydides, Charon von Lampsakos, Ephoros, Dinon, Kleitarch und Herakleides (Plut. Them. 27, 1). Da Plutarch Herakleides als Quelle auch für Passagen in der Vita des Artaxerxes angibt (Art. 23 u. 27), kommt er hier genauso gut für unsere Stelle in Betracht. Ferner muss man davon ausgehen, dass Plutarch seinen Hauptgewährsmann in der Vita überhaupt nicht nennt. Warum Plutarch sich bei Artaxerxes’ Privatnamen für Ktesias entschieden hat, ist nicht zu klären, S MITH vermutet aber plausibel, dass durch die Umbenennung nach der Krönung ein Bruch in der Kontinuität eingetreten sei, so dass Plutarch vielleicht Ktesias im Falle des Privatnamens Artaxerxes’ II. – ausnahmsweise, wie Plutarch selbst sagt – als bessere Autorität angesehen habe. Ktesias war eben nicht in jedem Fall die erste Wahl Plutarchs. Wenn mehrere andere Überlieferungen vorlagen (hier mindestens Ephoros/Diodor, vielleicht auch Dinon), hat er sich gegen Ktesias entschieden. Kyros
Antike Etymologien
: Kyros (griech. , lat. Cyrus – ein im Hel1, 3 lenismus und in der Kaiserzeit verbreiteter Name) gibt das altpersische ku u-ru -u-š, Kuruš wieder, das auch in etlichen anderen Sprachen vorkommt: elam. Ku-ráš, assyr. Ku-ra-áš etc., s. hierzu S CHMITT, Iranier-Namen, 59 u. dens., Anthroponyme, 102–104. Die altpersische Ausgangsform des Namens ist daher unumstritten, die Frage der Namensdeutung hingegen unbeantwortet. Plutarch greift hier nach
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S TROBACH, Plutarch, 139 mit seiner Erklärung des Namens des Gründers des persischen Großreiches (bzw. Kyros’ des Jüngeren) eine weit verbreitete Volksetymologie auf: Der Name ›Kyros‹ sei identisch mit dem persischen Wort für »Sonne« (Ktesias, FGrH 688, F 15 [51]). Auch S CHMITT, Cyrus, 515f. spricht von »classical authors«, die diese Identifizierung vorgenommen hätten. Ich selbst konnte diese Etymologie allerdings nur bei Ktesias, Plutarch und Hesychios ( . Hesych., › ‹ [ 4700]) nachweisen, so dass ich S TRO BACH s Behauptung von einer weiten Verbreitung dieser Etymologie nicht zustimmen kann – jedenfalls hat sie sich nicht in den erhaltenen Quellen niedergeschlagen. Woraus auch immer Ktesias sein Wissen schöpfen mag (nach Ktesias/Photios aus der Quelle ›Parysatis‹ selbst, dieser Ansicht folgt L EN FANT , Décadence, 414–416), Plutarch bezieht seine Kenntnisse hier wohl aus dessen Werk, und Hesych hat für einen Teil seines Lemmas einen der beiden genutzt. Hinzu kommt noch, dass die Erklärung dieser Etymologie kompliziert ist und prima facie sicher auch für einen Griechen des 4. Jahrhunderts v.Chr. nicht zu erkennen war (Verknüpfung zu altiran. *h ); es handelt sich nach S CHMITT (brieflich) um eine persische Volksetymologie, die allerdings »gegenüber den strengen Grundsätzen moderner wissenschaftlicher Etymologie nicht bestehen« kann (S CHMITT, Anthroponyme, 104). Weitere antike Etymologien bringen den Namen u.a. mit einem Fluss in Verbindung, der bei Pasargadai geflossen sein soll (Strab. 15, 3, 6). Es sind heute noch mehrere Flüsse mit dem ehemaligen Namen ›Kyros‹ bezeugt. Einer davon fließt in der Persis (F¯ars) mit dem heutigen Namen K¯ur R¯ud, s. E ILERS, Kyros, 183–188. Andere Ableitungen sehen eine Verbindung mit (Hündin), weil Kyros angeblich von einer Hündem griechischen Wort ‹ [ 4700]; din gesäugt worden sein soll (Hesych. s.v. › ). Weit verbreitet war auch die Annahme, dass sich ›Kyros‹ (Herr) ableite (beides bei Hesych., › ‹ vom griechischen Wort [ 4700]; ganz ähnlich: Iust. 1, 5, 1: »Puer deinde cum imperio usus inter pastores esset, Cyri nomen accepit.«). Auch in der modernen Forschung ist die korrekte Etymologie umstritten. Dies verdeutlicht M AYRHOFER mit einem lapidaren »Nicht einmütig geklärt«, s. M AYRHOFER, Personennamenbuch, 1, I/23 Nr. 39; ferner auch S CHMITT, Iranier-Namen, 59f. Allerdings ist in der Forschungsdiskussion eine Tendenz erkennbar: H ERZFELD, Empire, 344–346 hält den Namen für ein Ethnikon, ähnlich den späteren Agnomina Britannicus und Germanicus, verliehen für besondere Tapferkeit im Kampfe gegen die entsprechenden Völkerschaften. Dieses Volk (Kúru; ebenso ließe sich der Name ›Kambyses‹ vom Volk der Kombja herleiten) sei im Bereich der späteren Satrapie Gand¯ara (südöstlich der Satrapie Baktrien, Nähe des heutigen Kabul) zu verorten. Abgesehen vom sprachwissenschaftlichen Aspekt erscheint der Ge-
Moderne Etymologien
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2. Kommentar
danke interessant, dass die Namen der beiden Teispiden auf ähnliche Wurzeln zurückzuführen seien, die sich deutlich von den Thronnamen der Achaimeniden unterscheiden (altavestischer Kontext). S CHMITT neigt einer Deutung H OFFMANNs zu, der eine Verbindung zur altindoar. Form Kuru-, dem Namen eines Königs im altindischen Nationalepos Mah¯abh¯arata, dem Ahnherren und Eponymen des Kúru-Volkes, sieht. Kúrh. ist der Bharata-König aus dem Mondgeschlecht, unter dessen Nachkommenschaft es zu tragischen Auseinandersetzungen kam, s. E ILERS, Kyros, 198f. Altindoiran. *kú-ru wird ferner als »der Erniedriger der Feinde (vielleicht beim Wortgefecht vor der Schlacht)« analysiert, s. M AYRHOFER, Wörterbuch, I, 236, ›Kúravah.‹ und III, 677, ›Kúruh.‹, der hier den Vorschlag [brieflich] H OFFMANNs wiedergibt; vgl. auch S CHMITT, Iranier-Namen, 60. S CHMIDT, Kaleidoscope, 357f. lehnt diese Deutung allerdings ab, da indoiran. ku- semantisch nichts mit »Erniedrigung« zu tun habe. Ein großer Teil der Gelehrten vermutet also – das ist bei allen Abweichungen deutlich – den Ursprung des Namens im Altindischen/Altindoarischen. Zurücktreten musste neuerdings die These, die u.a. H ARMATTA, Rise, 5f. vertrat, dass ›Kyros‹ auf die Wurzel *kur»geboren sein« zurückzuführen sei – ›Kyros‹ solle dann soviel wie »jung, jugendlich« bzw. »Kind, Knabe« bedeuten (auch hierzu: S CHMITT, IranierNamen, 60). Es gibt noch eine Vielzahl weiterer Vorschläge: So wird z.B. die Wurzel des Namens eher im elamischen denn im persischen oder indischen Kontext vermutet (s. neuerdings H ENKELMAN, Gods, 32f.). Diese Annahme einer nicht-iranischen Provenienz ist immer noch aktuell, s. auch S TRONACH, Anshan, 38. Es ist offenkundig, dass bis heute keine Klarheit über diese Namensform besteht. Für einen allgemeinen Überblick s. W EISSBACH, Kyros, 1128f.; weitere Ansätze auch bei M ANFREDINI, Plutarco, 268f.; S CHMITT, Cyrus, 515f. Eine sehr gute Analyse der gesamten Problematik findet sich bei E ILERS, Kyros. Thronname/ ›Individualname‹
1, 4 : Es war in der Antike im Nahen Osten eine weit verbreitete Praxis, dass der Thronfolger bei der Krönung bzw. bei seiner Ernennung zum Thronfolger seinen Individualnamen ablegte und einen Thronnamen annahm (Metonomasie; s. hierzu Plut. Art. 2, 5: Arsikas/Arses wird noch zu Lebzeiten seines Vaters bei seiner Ernennung zum Thronfolger – die Plutarch hier m.E. falsch datiert – in Artaxerxes umbenannt). Für die achaimenidischen Könige (seit Artaxerxes I.) haben wir hierfür direkte Belege, z.T. aus den Werken der griechischen und römischen Autoren, z.T. aber auch aus den astronomischen Texten und Chroniken aus Babylon, die häufig auch die Privatnamen der Könige nennen. Zu ... diesen Quellen und Artaxerxes I. s. S. 82 zu Plut. Art. 1, 1, › ‹. In den Inschriften und Verwaltungstexten der Achaimeniden – mithin den einzigen schriftlichen Quellen der Achaimeniden – gibt es keine
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direkten Hinweise auf eine solche Praxis. Immerhin erfahren wir aber in der großen Inschrift Dareios’ I. aus Bisutun indirekt, dass es sich um eine gängige Praxis gehandelt haben muss: Die Rebellen haben der Inschrift zufolge königliche Namen angenommen. Proclaims Darius, the king: Afterwards I went to Babylon. (But) then, when I had not yet reached Babylon – (there is) a place, Z¯az¯ana by name, on the Euphrates – there that Nidintu-B¯el who called himself Nebuchadnezzar came with an army against me to fight a battle. (DB §19; Übers. S CHMITT, Bisitun, 55)
Ganz ähnlich sollte später auch Bessos nach der Ermordung Dareios’ III. seinen Individualnamen ablegen und vergeblich versuchen, als Artaxerxes die Macht zu usurpieren (Arr. an. 3, 25, 3). Es gibt bezüglich des Privatnamens Artaxerxes’ II. eine Abweichung zwischen Ktesias und Dinon. Nach Ktesias hat Artaxerxes vor seiner Umnach Plut. Art. 1, 4; benennung Arsikas/Arsakas/Arsakes ( nach Ktesias/Photios FGrH 688, F15 [51] und nach Ktesias/Photios FGrH 688, F15 [55]) geheißen, nach Dinon hingegen Oarses nach Plut. Art. 1, 4). Plutarch entscheidet sich für Ktesias’ Vari( ante, müsse er doch als Leibarzt des Großkönigs dieses am besten wissen: ... Dies galt immer als ein Indiz für die bevorzugte Verwendung des Ktesias durch Plutarch. Allerdings hat die Diskussion um die Namen der beiden weiteren Brüder (Ostanes und Oxathres) gezeigt, dass Plutarch keineswegs Ktesias bevorzugt verwendet hat, s. S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹. Plutarch spricht hier also keine generelle Wertung über Ktesias aus, sondern bezieht sich wirklich nur auf den angesprochenen speziellen Fall, nämlich den Privatnamen des Artaxerxes. Plutarch folgt Ktesias offenkundig nur unter Vorbehalt und wenn ihm keine weitere oder abweichende Deutung vorliegt bzw. er das Beschriebene für die communis opinio hält. Gibt es abweichende Meinungen (Ktesias vs. Dinon) und Plutarch entscheidet sich für die Version des Ktesias, so ist dies immer mit einer Erklärung und einer Invektive gegen Ktesias verbunden. Häufig ist die Forschung – basierend auf dem Glauben an die Authentizität des Berichtes des Ktesias – der Argumentation Plutarchs gefolgt, dass Ktesias derlei Dinge aufgrund seines Insider-Wissens tatsächlich besser überliefert habe, so dass die Namensform Arsikas bevorzugt wurde. Als wichtiges Indiz galt weiterhin, dass sich die Parther/Arsakiden auf Artaxerxes zurückführten, s. hierzu W IESEHÖFER, King, 59 mit Anm. 26. Allerdings wissen wir heute aus den spätbabylonischen astronomischen Texten für die Jahre 18 bis 43 seiner Regierungszeit (387/86–362/61), dass
Ktesias vs. Dinon
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2. Kommentar
sein eigentlicher Name ›Arses‹ (babylon. Aršu) gewesen ist; eine Zusammenstellung dieser Texte findet sich bei S ACHS, Names, 132–138. Die Formel lautet in Übersetzung: »Aršu genannt Artakšatsu, der König«, s. S CHMITT, Throne-Names, 88; ebenso VAN DER S PEK, Diaries, 95f. Dinons – bildet somit die ursprüngNamensform – etwas anders gelesen: [ ] liche Form ab, die Formen Arsikas/Arsakes sind durch hypokoristische Suffixe (*-ka-; *-ika-) erweiterte Abwandlungen des altpersischen *Rš¯a. Auch der Enkel Artaxerxes’ II. trug den (»Mann«; »Held«), griech. Namen Arses (Großkönig 338/37–336/35). S CHMITT hat deshalb zu Recht auf die Namensgebung in der Nachfolgelinie Dareios II.–Artaxerxes II.– Artaxerxes III.–Arses hingewiesen, zeigt sie doch deutlich, dass bei den Achaimeniden die Tradition bestand, wie in vielen indo-europäischen Kulturen, einem Sohn den Namen des Großvaters zu geben: Ochos–Arses– Ochos–Arses (Papponymie), s. S CHMITT, Thronnamen, 422–425. Diese These S CHMITTs ist dann eindrucksvoll durch babylonische Texte bestätigt worden, s. S CHMITT, Throne-Names, 92; VAN DER S PEK, Diaries, 95f. Wenn auch Plutarch anderer Ansicht ist, liefert Dinon hier die bessere Namensvariante. : Kap. 1.8.2, S. 60–65;
Zu Ktesias s. Kap. 1.8.1, S. 52–59; zu Dinon s.
Artaxerxes 2 In einer Gegenüberstellung mit dem leidenschaftlichen Kyros wird der ruhige und auch treue Charakter des Arsikas/Artaxerxes beschrieben. Als Beispiel führt Plutarch dessen Liebe zu seiner Frau Stateira an. Ansonsten erfährt der Leser Näheres über die Nachfolgeregelung Dareios’ II., der seinen ältesten Sohn Arsikas – gegen den Wunsch der Parysatis, die ihren jüngeren Sohn Kyros begünstigt – zum Thronfolger ernennt.
Inhalt
Die Erkrankung des Dareios wird üblicherweise auf das Jahr 405/404 datiert, die Ernennung des Artaxerxes zum Thronfolger (nach Plutarch) muss also um diese Zeit erfolgt sein. Allerdings zeigt eine genaue Analyse, dass diese Überlieferung fehlerhaft ist und von einer Designation des Nachfolgers spätestens um 408/407, wahrscheinlich sogar früher, ausgegangen werden muss.
Datierung
: Der Eindruck der nicht-kohärenten 2, 1–5 Quellennutzung Plutarchs findet sich auch in diesem Kapitel bestätigt. Zwar scheint er nahezu zweifelsfrei aus Ktesias’ Persika zu schöpfen, wenn er behauptet, dass Arsikas/Artaxerxes seine Frau vor der Hinrichtung bewahrt habe, indem er sich seiner Mutter unter Tränen zu Füßen warf und um ihr Leben bat, da sich diese Schilderung auch in Photios’ Exzerpten findet (FGrH 688, F 15 [55]). Diese Information konnte Plutarch nicht übergehen, entspricht sie doch seiner Ansicht, dass ein Charakter sich oft eben nicht in aufsehenerregenden Taten offenbare, sondern dass ein geringfügiger Vorgang ein bezeichnenderes Licht auf einen Menschen werfe (Plut. Alex. 1). Diese Episode verdeutlicht zwar die Sanftmut und treue Gesinnung des Artaxerxes, stellt ihn aber auch gleichzeitig als weichlichen ›Frauenknecht‹ dar. Eine ähnliche Szene beschreibt Plutarch in Art. 3, 6 – nur ist es eben hier Parysatis, die unter Tränen und Wehklagen um das Leben ihres Sohnes Kyros bittet. Allerdings hat schon M ANTEY, Quellen, 5 zu Recht angemerkt, dass wohl kein Historiker (in der Nachfolge des Ktesias) diese Gefahr der Stateira habe übergehen können. Es ist somit voreilig, vielleicht motiviert durch die Freude über eine eindeutige Parallelstelle, Ktesias als einzige Vorlage auszumachen. Dinon wird mit Sicherheit auch in ähnlicher Weise hierüber berichtet haben, wie sich auch sonst Ktesias’ und Dinons Berichte in Bezug auf die königlichen Frauen und die Geschehnisse am Hofe teilweise nur in Details zu unterscheiden scheinen (s. z.B. die Beschreibung um die Ermordung der Stateira S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, › ‹).
Quellenanalyse
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2. Kommentar
Photios’ Exzerpte zeigen, dass Ktesias über die gesamte Episode ausführlicher berichtet hat, als dies Plutarch tut. Wir erhalten mehr Informationen zu den Motiven Dareios’ II., Stateiras Bruder und ihre ganze Familie hinrichten zu lassen (s. hierzu auch S. 101f. zu Plut. Art. 2, 2, › ‹). Plutarch ist hier sehr viel knapper, beleuchten diese Umstände doch nicht mehr den Charakter des Artaxerxes. Hierfür war die Szene mit seiner Mutter viel geeigneter. Es wird deutlich, dass sich Plutarch eben nicht als Historiker, sondern als Biograph (im antiken Sinn) verstanden hat. Schilderungen, die nicht den Charakter beleuchten, können übergangen werden, es besteht kein Interesse, den Leser über das Notwendige hinaus historisch zu unterrichten (s. hierzu z.B. Plut. Alex. 1, 2; ferner auch das Prooimion zur Nikias-Vita). In der Artaxerxes-Vita hält sich Plutarch allerdings vielerorts nicht an diese Richtlinie (s. hierzu Kap. 4, S. 45). Aber selbst wenn man Plutarchs Schilderungen um Stateira aufgrund der Photios-Exzerpte Ktesias zuweisen möchte (höchstwahrscheinlich lag Plutarch aber mindestens ein weiterer ähnlicher Bericht vor), belegt dies keinesfalls Ktesias als Vorlage für das gesamte Kapitel. Die Erwähnung der Anekdote um Demaratos und die Xerxes-Thronfolge kann Plutarch nicht aus Ktesias’ Werk entnommen haben, da Demaratos dort erst auf dem Feldzug gegen Griechenland mit Xerxes zusammentrifft (FGrH 688, F 13 [27]); Plutarch scheint hier also auf Herodots Darstellung zurückzugreifen (Hdt. 7, 2f.); ‹. Ferner scheint Pluts. hierzu auch S. 107 zu Plut. Art. 2, 4, › archs Darstellung der Designation Artaxerxes’ II. weder auf Ktesias’ noch Dinons Persika beruht zu haben, so dass Plutarch hierfür entweder auf eine weitere bisher ungenannte Quelle zurückgegriffen (vielleicht Herakleides von Kyme, der für einige Passagen gerade im letzten Drittel der Vita Vorlage gewesen sein könnte, s. z.B. S. 298 zu Plut. Art. 22, 1–12, › ‹; S. 332–335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12, › ‹) oder – was durchaus auch plausibel erscheint – in sein Quellenmaterial eingegriffen hat (displacement), s. S. 108f. zu Plut. ‹. Art. 2, 5, › Kyros und Artaxerxes
2, 1 : Plutarch charakterisiert kurz den jüngeren Bruder – der nicht die Hauptfigur der Vita sein soll – vor dem eigentlichen Protagonisten. Er beschreibt Kyros den Jüngeren als von Kindheit an besonders leidenschaftlich und heftig. Später wird er ihn auch noch als stolzen und ehrgeizigen jungen Mann darstellen, der von glänzendem Geiste gewesen sei, mutig und tapfer (Plut. Art. 6, 1; ganz ähnlich Diod. 14, 19, 2). Die ausführlichste Charakterisierung des Kyros findet sich in der Anabasis Xenophons, in die ein kurzes Enkomion auf seinen ehemaligen Soldgeber eingebettet ist. Xenophon widmet hier auch einen Abschnitt der Jugend des Kyros: Dieser erscheint – anders als im Bericht Plutarchs – als über alle Maßen beschei-
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den, aber auch auf allen Gebieten (Reiten, Bogenschießen, Speerwurf) als der Beste (Xen. an. 1, 9; zur Jagd besonders: 1, 9, 2–6); hier handelt es sich um Qualitäten, die nach achaimenidischer Selbstdarstellung einen Herrscher auszeichnen müssen: I am fervent in counter-attack with both hands as well as with both feet; as a horseman I am a good horseman; as a bowman I am a good bowman, both on foot and on horseback; as a spearman I am a good spearman, both on foot and on horseback. (DNb §2h; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 41)
Die persönliche Bewährung des Großkönigs auf der Jagd und im Kampfe zeichnet einen guten und legitimen Herrscher aus (hierzu W IESEHÖFER, Persien, 58f.). Diese königliche Inschrift aus Naqš-i Rustam (eine seiner beiden Grabinschriften) ist verbatim von seinem Sohn Xerxes wiederholt worden. Dies zeigt, dass hier Bestimmungsfaktoren des persischen Königtums wiedergegeben werden, s. XPl, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 99–105; hierzu B RIANT, Cyrus, 210–213; K UHRT, Empire, 107f. Neben diesen militärischen Qualitäten, die Kyros zumindest in der griechischen Überlieferung erfüllt, nennen Dareios und Xerxes noch weitere erforderliche Eigenschaften in ihren Inschriften. Eine dieser Qualitäten ist in Zusammenhang mit der Charakterisierung Artaxerxes’ II. durch Plutarch von Bedeutung: »I am not hot-tempered. Whatever occurs to me in a quarrel, I firmly hold back in my thinking; I am firmly in control of myself.« (DNb 11–15, §2b, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40). Die von Plutarch erwähnte Sanftmut und der weniger heftige Charakter des Artaxerxes sind also nach achaimenidischer Selbstdarstellung ebenso Tugenden eines guten Königs, die Plutarch übrigens auch für Artaxerxes’ Sohn Ariaspes erwähnt, der daher bei den Persern als des Thrones besonders würdig galt (Plut. Art. 30, 1f.). Allerdings kann man sich in der Plutarch-Vita häufig des Eindruckes nicht erwehren, dass diese Sanftmut des Artaxerxes von Plutarch als Schwäche interpretiert wird (ebenfalls auch beim Sohn des Artaxerxes, [»sanft, zahm«], [»schlicht, einfach, Ariaspes, den Plutarch als [»menschenfreundlich, leutselig«] beschreibt, aufrichtig«] und der von seinem Bruder Ochos in den Selbstmord getrieben wird, Plut. Art. 30), es sich also keineswegs um eine edle Eigenschaft handelt (dagegen stehen allerdings z.T. Plut. Art. 24f., in denen Plutarch Artaxerxes als moralisch [nicht militärisch] vorbildlichen Heerführer schildert). : Gemeint ist hier Stateira ( ; erste 2, 2 namentliche Erwähnung in Art. 5, 6), eine Tochter des Hydarnes, Gemahlin ) und Schwester des Terituchmes, der mit Artaxerxes’ II. ( Amestris, der Schwester des Artaxerxes, verheiratet wurde (Ktesias, FGrH
Selbstbeherrschung
Stateira
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2. Kommentar
688, F 15 [55]). Es ist nicht eindeutig zu klären, ob sich Stateiras Familie auf den Hydarnes zurückführen lässt, der Dareios I. im Kampf gegen Gaumata unterstützt hat (Hdt. 3, 70), also zu einer der ›sieben Familien‹ gehört. M ANFREDINI, Plutarco, 269 behauptet dies, führt aber keine Argumente an. Die neuere Forschung ist zumindest skeptisch, s. W IESEHÖFER, Persien, 64 und auch B RIANT, Cyrus, 590 – aber die doppelte Heiratsverbindung mit der königlichen Familie deutet zumindest darauf hin, dass Hydarnes Dareios II. (vielleicht bei den Wirren der Thronfolge) unterstützt hat. Die Ehen der Kinder des Hydarnes mit Mitgliedern der Königsfamilie sind also als Belohnungen für stetige Loyalität derselben anzusehen. Plutarchs Hinweis darauf, dass die Ehe auf Geheiß der Eltern geschlossen wurde, ist – kaum überraschend für Ehen im Hochadel – somit sicher zutreffend. Plutarch erwähnt nur kurz, dass Stateira, wie zuvor ihr Bruder, auf Befehl Dareios’ II. getötet werden sollte. Ktesias ist in seinen Beschreibungen sehr viel ausführlicher gewesen, wie Photios’ Exzerpte zeigen (Ktesias, FGrH 688, F 15 [55f.]): Terituchmes habe sich nach seiner Heirat mit Amestris, einer Tochter des Großkönigs, in seine Halbschwester Roxane verliebt und daher beschlossen, seine Gattin zu ermorden. Er sei aber voher verraten und dann im Auftrag des Großkönigs getötet worden (allerdings habe er sich noch tatkräftig verteidigt und 35 Angreifer getötet). Daraufhin seien auch seine Geschwister grausam hingerichtet worden, ausgenommen seine Schwester Stateira, für die sich ihr Ehemann Artaxerxes bei seiner Mutter Parysatis eingesetzt habe. Allerdings wirkt Ktesias’ Begründung für die Morde allzu dramatisch. Andere plausible Erklärungen sind denkbar: Terituchmes oder ein anderes Mitglied der Familie könnte sich der Illoyalität schuldig gemacht haben bzw. die Hydarniden wurden vielleicht aus machtpolitischen Gründen unter einem Vorwand von den Schaltstellen der Macht entfernt, s. W IESEHÖFER, Persien, 64. Nach griechischer Überlieferung hat die Königinmutter Parysatis später ihre Schwiegertochter Stateira vergiftet (Ktesias und Dinon bei Plut. Art. 19). Da Ktesias und Dinon den Vorfall und das spektakuläre Exil der Mutter Artaxerxes’ II. in Babylon in den Grundzügen übereinstimmend beschreiben, wird ein wahrer Kern in dieser Überlieferung vermutet (dage‹). gen s. S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, › Zu Plutarchs möglichen Vorlagen für diese Passage s. S. 99f. zu Plut. ‹; zu allgemeinen Informationen über Art. 2, 1–5, › Stateira s. W IESEHÖFER, Stateira, 920. Mutterliebe
2, 3 : Dass Parysatis ihren jüngeren Sohn Kyros dem Artaxerxes vorgezogen habe, lesen wir nicht nur bei Ktesias und Plutarch, sondern auch bei Xenophon (u.a. an. 1, 1, 4; es wird auch beschrieben, wie Parysatis den Aufstand ihres Sohnes unterstützt habe etc.). Über
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Intrigen der Mutter mit dem Ziel, Kyros an die Macht zu bringen, oder gar über Kyros’ Hoffnungen auf den Thron steht dort indes nichts. Auch in den Exzerpten des Photios fehlen derlei Aussagen. Der Leser erfährt lediglich, dass Arsakes Großkönig geworden und dann in Artaxerxes umbenannt worden sei, weitere Details zur Vorgeschichte fehlen hier (FGrH 688, F16 [57]) wie auch bei Xenophon (an. 1, 1, 3), der lediglich erwähnt, dass Artaxerxes die Herrschaft übernommen habe. Gründe für diese Bevorzugung des Kyros durch Parysatis finden sich in der Literatur nicht, allerdings unterstellen griechische Autoren den beiden ein inzestuöses Verhältnis (Ail. nat. 6, 39) – diese Notiz basiert anscheinend auf einer Äußerung des Ktesias (FGrH 688, F 44a u. b), dass es bei den Persern zu sexuellen Kontakten zwischen Müttern und Söhnen kommen könne (s. auch Plut. mor. 328C, der behauptet, dass die Perser vor Alexanders Feldzug eheliche Verbindungen mit ihren Müttern eingegangen seien; auch Strab. 15, 3, 20 – der topische Charakter dieser Notiz wird deutlich in Euripides’ Andromache, 173–175: (»So ist das gesamte Barbarengeschlecht: Vater und Tochter, Sohn und Mutter, Schwester und Bruder verkehren miteinander«; dieses Bild findet sich noch in der spätantiken Expositio totius mundi et gentium 19; zu deren Quellen vgl. M ITTAG, Quellen). Aber Photios und auch Plutarch erwähnen nirgends, dass es eine derartige Beziehung zwischen Kyros und seiner Mutter gegeben habe, so dass wohl auch Ktesias hierüber nichts Spezielles zu erzählen wusste. : Dareios II. soll nach Xenophon auf seinem Feldzug gegen die Kadusier (s. zu den Kadusiern S. 192 zu Plut. Art. 9, 1, ‹) in Thamneria (vielleicht heutiges Abhar) in Medien im Grenz› gebiet zu den Kadusiern schwer erkrankt sein (hell. 2, 1, 13; an. 1, 1, 1; zur Lokalisierung s. C OOK, Empire, 262 [Anm. 8], dem K RENTZ, Xenophon, 173 folgt). Üblicherweise werden dieser Feldzug und Dareios’ Erkrankung auf das Jahr 405 datiert, also kurz vor seinen Tod. Xenophon berichtet, Dareios habe seine Söhne um sich haben wollen – mehr allerdings auch nicht (Xen. an. 1, 1, 1). In Xen. hell. 2, 1, 8 erfahren wir sogar einen anderen Grund, als Plutarch ihn nennt, für die Rückberufung des Kyros durch den Vater: Kyros soll in Sardeis zwei Mitglieder der königlichen Familie getötet haben (Autoboisakes und Mitraios, die sonst aber nirgendwo erwähnt werden – K RENTZ, Xenophon, ad loc. schweigt zu dem Thema, aber S CHMITT, Iranier-Namen, ] und 129f. [ ] kann immerhin zeigen, dass die 111 [ Namen altiranische Wurzeln abbilden). Für diese Tat sollte Kyros sich nun verantworten. Plutarchs Geschichte mag plausibel erscheinen, da Dareios den Konflikt zwischen seinen Söhnen um den Thron sicher erahnen konnte, ist aber nicht
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historisch. B RIANT, Cyrus, 615 hält es für unwahrscheinlich, dass Dareios so lange mit der Designation gewartet haben soll. Diese Vermutung lässt sich m.E. gut begründen: Wir wissen, dass Kyros der Jüngere die Satrapien Lydien, Phrygien und Kappadokien sowie das Amt des Karanos (s. hierzu S. ‹) im Jahr 408/407 in sehr jungen Jahren erhal90 zu Plut. Art. 1, 2, › ten hat. Ich stimme K LINKOTT, Satrap, 321 zu, dass dies sicher eine Kompensation für die Thronfolge seines Bruders gewesen ist. Allerdings glaubt K LINKOTT, Satrap, 59 dennoch an eine Inthronisation Artaxerxes’ II. im Jahre 405 – dies basiert allerdings nur auf den Angaben Plutarchs und ist m.E. aufgrund der Widersprüche nicht haltbar (so weiß Plutarch zu berichten, dass Artaxerxes II. 62 Jahre regiert habe [Art. 30, 9] – diese Angabe ist unvereinbar mit einem Regierungsbeginn beim Tode Dareios’ II.). Ferner war Kyros bereits vor 405 Satrap und Karanos, so dass es nicht plausibel ist, dass er bei einer Designation im Jahre 405 als Kompensation Satrapien erhalten haben soll, über die er bereits seit mehreren Jahren verfügte. Auch bei Photios findet sich kein Hinweis auf Versuche der Parysatis, Kyros auf den Thron zu heben oder auf irgendwelche Ambitionen des Kyros auf den Thron seines Vaters – es wird nicht einmal die besagte Reise zu seinem Va‹). ter erwähnt (s. ferner S. 102f. zu Plut. Art. 2, 3, › Nun gibt es für das Fehlen dieser Informationen bei Photios zwei mögliche Erklärungen: a) Die Geschehnisse sind zwar bei Ktesias beschrieben, aber nicht von Photios exzerpiert worden. Diese Möglichkeit favorisiert L EN FANT , Ctésias, 278f. (664, Anm. 2 mit dem nicht überzeugenden Vergleich zur Phalinos-Gesandtschaft). Es ist natürlich nicht zu bestreiten, dass Photios stark gekürzt und vieles ausgelassen hat, wie z.B. ein Ktesias-Fragment bei Ps.-Demetrios zeigt (Ktesias, FGrH 688, F 24). b) Die Geschehnisse sind bereits von Ktesias nicht beschrieben worden. Um sich einer Lösung anzunähern, muss die Frage gestellt werden, wie wahrscheinlich es ist, dass Photios derart interessante Details übergangen hat. Ein Blick auf die übrigen Exzerpte des Byzantiners zeigt deutlich, dass er mit Vorliebe Informationen über die Intrigen der Frauen und Eunuchen am Hofe aus Ktesias übernommen hat (s. z.B. FGrH 688 F9 [6], F 14 [39], F 15 [52] u.a.). Gerade bei diesem speziellen Thema (Thronstreitigkeiten, Ehrgeiz Kyros’ des Jüngeren, Einfluss der Parysatis) erscheint es also plausibel, dass Photios diese Informationen schon bei Ktesias nicht finden konnte. Die Art und Weise hingegen, wie ein Bote der Parysatis die Nachricht über den Tod ihres favorisierten Sohnes überbracht hat (dieser Botenbericht aus Ktesias’ Werk ist als Fragment bei Ps.-Demetrios erhalten [de eloc. 216]; Ktesias, FGrH 688, F 24), erscheint vergleichsweise gut kürz- bzw. streichbar, wie Photios es auch sicher getan hat. Unsere Quellen – eben abgesehen von Plutarch – berichten also nichts über eine Designation bei diesem Treffen mit dem erkrankten Vater. Folgen
Grundlegendes: Artaxerxes 2
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wir zudem Dinon, so wäre Arses bereits zu Beginn der Herrschaft seines Vaters, nämlich im Jahre 421 zum Thronfolger ernannt worden (s. S. 359 ... ‹). Dinons Angabe wird unterstützt zu Plut. Art. 30, 9, › durch Tafeln aus Babylonien, die für die Regierungsjahre 1–7 Dareios’ II. Land erwähnen, das ›dem Sohn des Königs‹ (m¯ar šarri) gehöre, s. S TOLPER, Entrepreneurs, 54–62; auch KÖNIG, Persika, 100. B RIANT, Cyrus, 986 hält allerdings S TOLPERs Übersetzung »crown prince« für m¯ar šarri für nicht korrekt im achaimenidischen Kontext (anders bei den Seleukiden, s. S HERWIN W HITE /K UHRT, Samarkhand, 23f.), da seiner Meinung nach nichts darauf hindeute, dass der m¯ar šarri vom Vater so anerkannt worden sei, wie Plutarch es in Art. 26, 4f. für einen Thronfolger beschreibt. B RIANTs Skepsis scheint zwar berechtigt, allerdings findet sich in Dinons Bericht immerhin ein weiteres Indiz, das auf eine frühzeitige Thronfolgeregelung hindeutet. Wann diese Regelung getroffen wurde, ist schwierig zu fassen, allerdings stand sie m.E. spätestens 408/407 (wahrscheinlich früher) fest. Kyros hat dann – als er ein gewisses Alter erreicht hatte – mit gerade einmal höchstens 16 oder 17 Jahren eine verantwortungsvolle Aufgabe als Kompensation fernab des Hofes erhalten. Xenophon beschreibt eine ähnliche Situation für das Lebensende Kyros’ des Großen (Xen. Kyr. 8, 7, 5–28): Auf dem Sterbebett übergibt Kyros den Thron seinem Sohn Kambyses und dem jüngeren Sohn Tanaoxares (Bardiya) als Kompensation Satrapien. Abgesehen davon, dass derartige Sterbeszenen natürlich grundsätzlich mit Skepsis zu betrachten sind und Xenophon sie sicher sogar erfunden hat, erscheint aber prinzipiell der beschriebene Vorgang plausibel, um etwaige Thronfolgestreitigkeiten zwischen Brüdern im Vorfeld zu unterbinden. Allerdings behauptet Trogus/Iustin (10, 1), dass die Ernennung eines Thronfolgers zu Lebzeiten gegen den Brauch der Perser verstoße (bezogen auf die Nachfolgeregelung Artaxerxes II.–Dareios). Sollte Dinons Angabe stimmen, hätte auch Dareios II. mit der Ernennung seines Sohnes Artaxerxes II. zum Thronfolger gegen dieses Herkommen verstoßen. Allerdings ist der Aussage des Trogus nicht allzu viel Wert beizumessen. Dass er sich irrt, lässt sich anhand von Beispielen belegen, die zeigen, dass der jeweils regierende König die Thronfolge frühzeitig geregelt hat: Kambyses ist nach babylonischen Zeugnissen bereits 538 zum Thronfolger ernannt worden, folgte seinem Vater in der Herrschaft aber erst 530 nach (Nabonid. Chron., III, ll. 24–28: mit Gewissheit lässt sich dies allerdings nur für Babylonien, nicht für das gesamte Reichsgebiet sagen; anderer Meinung ist O LMSTEAD, History, 86; s. auch K UHRT, Cylinder; dies., Babylonia, 122, 125). Ferner berichtet Herodot, dass Dareios I. während der Vorbereitungen zum Krieg gegen Ägypten und Athen, persischem Brauche folgend (!), seinen Sohn Xerxes zum Thronfolger ernannt habe (Hdt. 7, 2–4). Aufbauend auf den Untersuchungen von KÖNIG, Bardija, bes. 114–130 ist NAGEL, Ninus, 112–118,
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2. Kommentar
122–129, sowie schon früher ders., Herrscher, 356f. sogar der Ansicht, dass die Achaimeniden eine Dyarchie mit einem ›Altkönig‹ und einem ›Jungkönig‹ (in der Regel dem Erstgeborenen) praktiziert hätten. Dieser Ansatz der ›Altersklassen‹ geht wohl zu weit, und auch NAGEL muss einräumen, dass diese Regelung in den Quellen nur schemenhaft greifbar ist (Herrscher, 357; s. hierzu auch W IESEHÖFER, Rez. zu NAGEL, Ninus, 226f., der diese Überlegungen zu Recht für wenig glücklich hält). C ALMEYER, Synarchie, 68–90 hat aber eine Zusammenstellung der aussagekräftigen Quellen vorgelegt, die zeigt, dass das persische Doppelkönigtum von Dareios I. bis zu Artaxerxes II. belegt ist. Allerdings misst er den Plutarchpassagen einen m.E. zu hohen Wert bei, so dass er die Ernennung des Arsikas/Arses erst kurz vor dem Tode Dareios’ II. für korrekt hält. Dieser Behauptung muss widersprochen werden. Es gibt keinen Grund, eine frühzeitige Ernennung Artaxerxes’ II. zum Thronfolger durch Dareios II. zu bezweifeln (s. hierzu auch S. 359 zu Plut. ‹), die schon um 421 erfolgt sein mag. Art. 30, 9, › Aus welchem Grund Kyros nun an den Hof gerufen wurde, lässt sich nicht mehr feststellen (denkbar wäre natürlich, dass Dareios die getroffenen Regelungen noch einmal bestätigen wollte oder aber, dass Xenophons Bemerkung über den Doppelmord stimmt), die Thronfolge war aber schon länger geregelt. Kyros soll dann in Begleitung von Tissaphernes und 300 griechischen Hopliten/Söldnern die Reise zu seinem Vater angetreten haben (Xen. an. 1, 1, 2). Thronfolgeregelung
: Plutarch spricht ein Thema an, das in allen erb2, 4 lichen Monarchien von immenser Bedeutung ist: die Thronfolge. Im Falle Artaxerxes’ II. und des Kyros handelt es sich um die (natürlich nicht zwangsläufig) konträren Prinzipien von Primogenitur (also dem Recht des Erstgeborenen) und dem Recht des Porphyrogennetos (›in Purpur Geborenen‹, wobei dieser Begriff erst im Byzantinischen Reich geprägt worden ist – er hat aber eine weite Verbreitung in der Geschichtswissenschaft erfahren, s. S CHREINER, Porphyrogennetos, 106; E DER, Porphyrogennetos). Üblicherweise folgte bei den Achaimeniden der erstgeborene Sohn dem Vater auf dem Thron nach. Allerdings sollte daraus nicht geschlossen werden, dass der Großkönig einem ›Gesetz‹ in Bezug auf die Thronfolge unterworfen war, wie die Nachfolge Dareios I.–Xerxes zeigt, die Plutarch hier mit dem Namen Demaratos verbindet (s. hierzu weiter unten S. 107f. zu Plut. Art. 2, ‹; ferner s. B RIANT, Cyrus, 520–522). Neben dieser Episode, 4, › die in der griechischen Überlieferung durch Herodot (Hdt. 7, 2f.) erhalten ist, existiert eine Inschrift des Xerxes in Persepolis, die deutlich zeigt, dass die Wahl des Thronfolgers in der Macht des Großkönigs lag und durchaus politischen Erwägungen folgen konnte:
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Proclaims Xerxes, the king: Darius had also other sons; (but) thus was the desire of Aurumazd¯a: Darius, my father, made me the greatest after himself. When my father Darius went to his (allotted) place (in the beyond), by the favour of Auramazd¯a I became king in the father’s place. (XPf §4; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 84)
Xerxes war mütterlicherseits durch Atossa (zum Namen s. S. 309 zu Plut. Art. ‹), Tochter Kyros’ des Großen, immerhin 23, 3–7, › ein Enkel Kyros’ II., von dem sonst keine weiteren männlichen Verwandten mehr existierten – Dareios’ ältester Sohn Artobazanes hingegen stammte ›nur‹ aus einer persischen Adelsfamilie (seine Mutter war die Tochter des Gobryas, eines der Hauptmitverschwörer Dareios’ I., s. Hdt. 7, 2, 2 – als Zeichen der Verbundenheit hat Gobryas eine Schwester des Dareios geheiratet, sein Sohn Mardonios, somit Schwiegersohn und Neffe des Dareios, ist mit einer Tochter des Königs vermählt worden, Hdt. 6, 43). K UHRT, Empire, 109f. ist der Ansicht, dass durch die Wahl des Xerxes zum Thronfolger Dareios einerseits den potentiellen Einfluss der Familie des Gobryas unterbinden wollte und andererseits – was ich für sehr viel wichtiger erachte, vor allem wenn man bedenkt, dass die Familie des Gobryas auch unter Xerxes noch wichtige Positionen innehatte – aus Gründen der Legitimation einen Nachfahren des Kyros auf den Thron gehoben hat, so dass in Xerxes die Teispiden- und Achaimenidenlinie zusammenflossen. Da die Herrschaft Dareios’ I. gewaltsam usurpiert war, kann dieser Schritt zusätzlich der Festigung und Legitimation seiner Dynastie durch Bezug auf den Reichsgründer gedient haben, wie auch B RIANT, Cyrus, 135f. meint; s. hierzu auch W IESEHÖFER, Ermordung. Ein beredtes Zeugnis der Versuche des Dareios, seine Herrschaft zu legitimieren, findet sich in der Felsinschrift in Bisutun (zur Inschrift s. S CHMITT, Bisitun). : Der Thronname Xerxes (altpers. Xšaya-r.š¯a, »der über Helden herrscht«) ist im Griechischen seit Aischylos gut belegt (zur weiteren Nebenüberlieferung s. M AYRHOFER, Personennamenbuch, 1, II/30f. Nr. 66 und S CHMITT, Iranier-Namen, 65f.). Xerxes I., persischer Großkönig (486–465), war der Sohn Dareios’ I. und der Atossa (zum Namen ‹). Aufgrund seiner s. S. 309 zu Plut. Art. 23, 3–7, › großen Expedition nach Griechenland ist er wohl einer der heute bekanntesten persischen Könige, s. B RIANT, Cyrus, 531–585. Xerxes starb 465 bei einer Palastrevolte, sein Sohn Artaxerxes I. folgte ihm jung auf dem Thron ... nach; zu Artaxerxes I. s. S. 82–84 zu Plut. Art. 1, 1, › ‹.
Xerxes I.
: Demaratos (ion. Namensform nach Herodot: ) war ein spartanischer König aus der Familie der Eurypontiden (ca. 510–491),
Demaratos
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2. Kommentar
Sohn und Nachfolger des Ariston. Aufgrund seiner Feindschaft zu Kleomenes I., seinem Mitregenten, wurde er auf dessen Betreiben abgesetzt (Hdt. 6, 61–66) und begab sich kurz darauf freiwillig in persisches Exil zu Dareios I., der ihn nach Herodot mit reichen Besitzungen in Mysien ausgestattet haben soll (6, 70). Er begleitete Xerxes auf dessen Zug gegen Hellas (Hdt. 7, 101– 104). Seine Rolle als guter, aber nicht erhörter Ratgeber des Königs (s. z.B. auch Diod. 11, 6: Demaratos warnt Xerxes vor der Tapferkeit der Griechen) ist allerdings legendär ausgeschmückt; zu Demaratos s. N IESE, Damaratos, 2029f.; W ELWEI, Damaratos, 289; zu den Demaratiden s. W HITBY, Symposium. Auch Plutarch erwähnt en passant eine dieser Geschichten, die Herodot niedergeschrieben hat (und zeigt damit, dass er Herodots Schriften gut kannte – wie auch seine Schrift De Herodoti malignitate beweist – und auch als Quelle mitnutzte. Gleichzeitig widerspricht Plutarch hier Ktesias, der ein erstes Zusammentreffen zwischen Demaratos und Xerxes erst bei Abydos während des Xerxes-Zuges gegen Griechenland überliefert, Ktesias, FGrH 688, F 13 [27]): Unter den Söhnen des Dareios entbrannte vor seiner Expedition gegen Griechenland ein Streit über seine Nachfolge. Dareios’ erste Frau, eine Tochter des Gobryas, hatte ihm nämlich drei Söhne geboren, bevor er König war, vier weitere gebar ihm dann Atossa, seine zweite Gattin, nachdem er den Thron bestiegen hatte. Es soll nun zwischen den jeweils ältesten Söhnen aus beiden Ehen zum Streit gekommen sein. Damaratos riet Xerxes (dem ältesten Sohn aus der Ehe mit Atossa), auf seine Stellung als ›in Purpur Geborener‹ (Porphyrogennetos) zu verweisen. Dieses Argument hat nach Herodot letztendlich Dareios überzeugt, der seinen ältesten Sohn aus zweiter Ehe zu seinem Nachfolger ernannte (Hdt. 7, 2f.). Wie eine Inschrift Xerxes’ I. aus Persepolis zeigt, enthält Herodots Schilderung einen historischen Kern: Xerxes scheint tatsächlich von Dareios seinen anderen Söhnen in der Thronfolge vorgezogen worden zu sein. Neben der ›Purpurgeburt‹ des Xerxes gab es aber weitere (wohl gewichtigere) Gründe für seine Bevorzugung: seine Abstammung von Kyros dem Großen und die Ausschaltung der Familie des Gobryas aus der Thronfolge. Siehe zu ›Porphyrogennetos‹, der ... ‹. Inschrift XPf und zu Gobryas S. 106f. zu Plut. Art. 2, 4, › Metonomasie
Quellenkontamination?
2, 5 : Zur Praxis der Wahl eines Thronnamens und zum ›Privatnamen‹ Artaxerxes’ II. s. S. 96–98 zu Plut. ... ‹. Art. 1, 4, › : Plutarch stellt die Ernennung des Arsikas/Arsakes zum Thronfolger und seine Umbenennung in Artaxerxes und die Ernennung Kyros’ des Jüngeren zum Satrapen und Karanos als zeitgleiche Ereignisse dar. Dass dies m.E. prinzipiell historisch, aber von Plutarch
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falsch datiert ist, wurde schon dargelegt (s. S. 90 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹ ... ‹). Kyros war und vor allem S. 103 zu Plut. Art. 2, 3, › bereits seit 408/407 auf Geheiß seines Vaters Satrap von Lydien (außerdem von Großphrygien und Kappadokien, die Plutarch hier unterschlägt). Auch den Oberbefehl über die Truppen in Kleinasien hatte er bereits seit dieser [Xen. hell. 1, 4, 3]), also vor der Zeit inne (Titel bei Xenophon: Erkrankung seines Vaters, die auf das Jahr 405 zu datieren ist. Xenophon berichtet in seiner Anabasis explizit, dass Dareios II. seinen Sohn aus dessen Herrschaftsbereich herbeirufen ließ, zu dessen Satrap er ihn vorher gemacht hatte, und dass der Oberbefehl über die Truppen bereits bestanden habe (Xen. an. 1, 1, 2. 9, 7). Plutarch, der Xenophons Schriften (sicher den Anfang der Anabasis, s. hierzu S. 86f. zu Plut. Art. 1, 2, › ‹) kannte, war klar, dass Kyros bereits diese Aufgaben innehatte. In den Ktesias-Exzerpten des Photios wird diese Episode überhaupt nicht erwähnt; es kann davon ausgegangen werden, dass Ktesias dies nicht beschrieben hat, da Photios diese wichtige Designationsszene, die Basis für den kriegerischen Konflikt der Brüder, sicherlich nicht übergangen hätte, s. hierzu auch S. 106 ... ‹. Plutarchs Quelle kann hier sozu Plut. Art. 2, 3 › mit weder Xenophon noch Ktesias gewesen sein. Nun könnte Plutarch, wie schon S MITH, Study, 8f. vermutet hat, aus Dinon geschöpft haben. Dies ist allerdings ein argumentum ex silentio, das zwar unterstützt werden könnte durch Plutarchs offensichtliche Hochschätzung Dinons, dessen Darstellung hier dann aber in Widerspruch zu Xenophons Beschreibung stehen würde. Es gibt aber mehrere Indizien in den Dinon-Fragmenten, dass dieser Xenophons Darstellung genutzt hat. Außerdem gibt es gewichtige Argumente, die Dinon als mutmaßliche Quelle ausscheiden lassen und eine andere Alternative unterstützen. In Plut. Art. 30, 9 erfährt der Leser, dass Artaxerxes ein Alter von 94 Jahren und eine Regierungszeit von 62 Jahren erreicht habe. Diese Notiz stammt mit größter Sicherheit aus dem Werk Dinons. Da Artaxerxes zwischen November 359 und April 358 nach babylonischen Tafeln gestorben sein muss, liegt sein Geburtsjahr nach Dinon um das Jahr 453, seine Designation zum Thronfolger ist dann im Jahre 421 erfolgt, also noch zu Beginn der Regierungszeit seines Vaters. Es ist an dieser Stelle unwichtig, wie diese Information Dinons zu bewerten ist, entscheidend ist nur, dass Dinon offensichtlich (wie auch Ktesias und Xenophon) keine Designationsszene mit Dareios II., Artaxerxes II. und Kyros im Jahre 405 geschildert hat ‹). (zu Dinons Daten s. S. 359 zu Plut. Art. 30, 9, › Wenn man nun nicht annimmt, dass Plutarch gegen diese drei Quellen einer anderen (ungenannten) Autorität gefolgt ist (hier wäre z.B. Herakleides von Kyme oder auch Ephoros denkbar), bleibt nur der Schluss, dass Plutarch hier um des Effektes Willen (Ehrgeiz des Kyros, Intrigen der Parysatis) eine Szene konstruiert hat.
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2. Kommentar
Eine solche Arbeitsweise ist für Plutarch nicht unüblich; in der angloamerikanischen Literatur sind für diese Form von Eingriffen, ausgehend von P ELLING, Adaption, verschiedene Termini geprägt worden, s. hierzu und zur Quellennutzung Plutarchs allgemein Kap. 1.3.1, S. 17–26. Einerseits greift Plutarch in die Chronologie ein und versetzt ein Ereignis (displacement), andererseits zieht er zwei getrennte Ereignisse, die im Effekt (Designation Artaxerxes’ II., Kompensation für Kyros = Bruderstreit) verbunden sind, zu einem zusammen (compression). Wie dem auch sei: Plutarch hat sich durch seinen Umgang mit seinen Quellen in jedem Fall in einen evidenten Widerspruch verstrickt: Einerseits ) – also seinem Amtsbeschreibt er, dass Kyros »vom Meer« ( reich als Karanos und Satrap – herbeigerufen wurde, andererseits lässt Plutarch ihn erst jetzt von Dareios zum Satrapen und Karanos ernannt werden.
2.2 Kyros als Protagonist (Art. 3–13)
Artaxerxes 3 Plutarch beschreibt in diesem Kapitel in Zusammenhang mit der Thronfolge Artaxerxes’ II. die persischen Bräuche der Königsinvestitur in Pasargadai und liefert uns Informationen über den ersten Konflikt zwischen dem Großkönig und seinem jüngeren Bruder Kyros: Ein (angeblich?) geplanter Anschlag des Kyros auf Artaxerxes während der Weihefeier wird verraten, Kyros verhaftet und zum Tode verurteilt. Auf Fürbitte seiner Mutter wird er aber von seinem Bruder verschont. Gedemütigt kehrt er in seinen Amtsbereich zurück.
Inhalt
Die Ereignisse, die in diesem Kapitel beschrieben werden, – wenn sie historisch überhaupt haltbar sind (Attentatsversuch) – lassen sich auf den Regierungsantritt Artaxerxes’ II., also auf das Jahr 404, festlegen.
Datierung
: Die Schilderung der Inthronisation des 3, 1–6 Artaxerxes wird zumeist Ktesias zugeschrieben, s. z.B. neuerdings L EN FANT , Ctésias, die den gesamten Bereich Plut. Art. 2, 3–3, 6 in ihre KtesiasFragmente aufgenommen hat. Allerdings räumt sie ein: »L’attribution de ce fragment à Ctésias est incertaine: Plutarque ne précise pas ici quelles sont ses sources.« Ihre Argumente können aber nicht in allen Punkten überzeugen, s. L ENFANT, Ctésias, 278f., Anm. 664 (zu den Argumenten äußere ich mich im Einzelnen ad loc.). Für die Inthronisationsszene hält sie aber Ktesias (den sie zu favorisieren scheint) und Dinon (m.E. die Hauptvorlage) für plausible Quellen, s. ebd. 3o . Als Argument für eine Zuweisung an Ktesias wird die genaue Kenntnis der persischen Bräuche angeführt: Ein derartiges Wissen um Interna könne nur Ktesias gehabt haben, so z.B. schon H AUG, Quellen, 87–89. Diese Annahme basiert zudem auf der Vermutung, dass Ktesias Plutarchs Hauptquelle war und alle Informationen, die nicht explizit einem anderen Autor zugewiesen sind, aus seinem Werk stammen müssen. Dass diese These nicht haltbar ist, ist an vielen Stellen der Vita zu erkennen (so z.B. bei den Namen der beiden jüngsten Brüder Artaxerxes’ II., s. S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹ oder bei der Schilderung des Todes des Artagerses, s. hierzu ). S. 190f. zu Plut. Art. 9, 1–4, › Ein Indiz für die Nutzung mehrerer Quellen für die Inthronisation kann Plutarchs Beschreibung der Verhaftung Kyros’ des Jüngeren im Vorfeld der Krönungszeremonie liefern (Art. 3, 5): »Die einen sagen,
Quellenanalyse
Plutarchs Quellen
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2. Kommentar
daß die Verhaftung auf diese Anzeige hin erfolgt sei; die anderen, Kyros sei wirklich in das Heiligtum gekommen, habe sich dort versteckt und sei von dem Priester verraten worden.« (Übers. Z IEGLER). Plutarch erwähnt also explizit, dass verschiedene Autoren die Szene um Kyros’ Attentatsversuch ). Nun ist der Attentatsverbeschrieben haben ( such bei Plutarch inhaltlich nicht vom Krönungszeremoniell zu trennen, so dass mit aller Vorsicht davon ausgegangen werden kann, dass Plutarch für die gesamte Schilderung einschließlich der Weihefeier mehrere Quellen nutzen konnte. Es ist daher sehr gewagt, diesen Bericht Ktesias zuzuschreiben, zumal weder Xenophon noch Ktesias (in den Photios-Exzerpten) diesen Attentatsversuch erwähnen. Beide erklären nur, dass Kyros von Tissaphernes beschuldigt worden sei. L ENFANT hält es für wahrscheinlich, dass Photios Ktesias’ Ausführungen hierzu einfach nicht exzerpiert habe. Erneut stellt sich die Frage, ob Photios eine derart zentrale Stelle vollständig übergangen ... ‹). Ferner legt die hätte (s. S. 104 zu Plut. Art. 2, 3, › Wortwahl bei Photios nahe, dass Kyros nach Ktesias nicht einmal einen Anschlag auf Artaxerxes geplant habe, sondern von Tissaphernes zu Unrecht angeklagt worden sei. Photios überliefert hierfür (Ktesias, FGrH 688, F 16 [59]). Dies gilt auch für Xenophon, (Xen. an. 1, 1, 3) benutzt. Die Tatsader che, dass Kyros in der Folgezeit seine Ämter behielt, scheint diese Sicht zu bestätigen. Bei Xenophon liefert sogar erst dieses schmachvolle Ereignis den Stein des Anstoßes für Kyros’ Usurpationspläne (Xen. an. 1, 1, 4). Plutarch , was Ziegler mit »auf diese Anzeige spricht von hin« nicht deutlich genug übersetzt hat: »auf diese Verleumdung hin«. Diese Wortwahl Plutarchs zeigt, dass zumindest seiner Meinung nach diese erste . . .) der Ansicht ist, dass Kyros verleumdet Gruppe seiner Vorlagen ( im Sinne von »üble Nachrede, Verleumdung«: wurde (so immer Plut. Alk. 25, 6; Coriolan. 26, 2; Aem. 8, 9; mor. 232F. 296B. 467E usw.). Dass Plutarch die Anschuldigung des Magiers, den Tissaphernes als Zeugen bezeichnet ( aufführt, neutral auch als . . .; Plut. Art. 3, 3f.) steht dieser Deutung nicht entgegen. Kyros wird dann in allen drei Fällen durch das Eingreifen der Mutter begnadigt (Ktesias, FGrH 688, F 16 [59]; Xen. an. 1, 1, 3; Plut. hier). Die beiden erstgenannten Autoren als Plutarchs Quellen für die Schilderung der Meinung »der einen« (Plut. Art. 3, 5) zu identifizieren ist plausibel, s. auch S TEVENSON, Persica, 26: Kyros ist das unschuldige Opfer der Verleumdungen des Tissaphernes. An dieser Stelle enthält sich Plutarch jeglicher Kritik an Ktesias, da dieser Bericht auch bei Xenophon zu finden ist (unverständlich in der Argumentation hier H OOD, Plutarch, 70, der meint, dass Kyros nach Ktesias tatsächlich einen Anschlag unternommen habe, Artaxerxes al-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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so jedes Recht gehabt habe, ihn zu töten). Ktesias’ Schilderung stand also nicht zwangsläufig mit der Beschreibung des Krönungszeremoniells in Verbindung. Plutarchs weitere Quelle, die einen Anschlagsversuch bei der Krönung beschreibt, muss Details zur Krönungsfeier erwähnt haben (so z.B. sicher den Ort des Zeremoniells und das Ablegen der Kleidung). Dies besagt natürlich nicht, dass Ktesias diese Details nicht auch geliefert haben könnte, aber die weitere Quelle (vermutlich Dinon) tat dies sicher. Wie B RIANT, Cyrus, 616 feststellt, wirkt die Schilderung des Attentats unglaubwürdig. Seine Vermutung, dass es sich um königliche Propaganda handele, die später erdacht worden sei, um Kyros’ Ruf und die Erinnerung an ihn bewusst negativ zu gestalten, wirkt zunächst überzeugend: a) Kyros hat ein Attentat geplant, b) der Großkönig hat ihn großmütig begnadigt (auf Fürbitten der Mutter) und ihn – darin stimmen alle Versionen überein – in seiner Position als Satrap und Karanos belassen, c) dennoch blieb Kyros uneinsichtig und plante nun einen Aufstand in größerem Stil. Er hat sich nach dieser Version also schon vor seiner Rebellion schuldig gemacht, ist aber begnadigt worden, was den späteren Usurpationsversuch in noch schlechterem Licht erscheinen lässt. Hinter dieser Schilderung Dinon zu vermuten erscheint nicht abwegig, da wir in einer späteren Passage, die eindeutig Dinon zuzuweisen ist (Plut. Art. 10 zum Tode Kyros’ des Jüngeren), sehen können, dass er eine Version liefert, die ebenso den Eindruck erweckt, hofnah zu sein (der Usurpator fällt durch die Hand des Großkönigs), s. S TEVENSON, Persica, 26. Dieser Eindruck ist aber keiner hofnahen Quelle Dinons (und somit der königlichen Propaganda) geschuldet, sondern dessen Tendenz, sich von seinem Vorgänger Ktesias abzusetzen. Durch Dinons Gegenversion zur eher kyrosfreundlichen Darstellung des Ktesias muss der Eindruck entstehen, dass Dinon eine königsnahe Schilderung verfasst habe, s. hierzu ausführlich ‹ und S. 267–269 S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹. zu Plut. Art. 19, 1–10, › Leider nennt Plutarch seine Vorlagen hier nicht, was aber nicht dazu verleiten sollte, ex silentio diese Passage Ktesias zuzuschreiben – im Gegenteil: Die Tatsache, dass Plutarch seine Quellen unterschlägt, ist eher ein weiteres Indiz dafür, dass er nicht Ktesias benutzt hat oder zumindest mehrere inhaltlich ähnliche Überlieferungen vorlagen (vielleicht auch oder gar nur Dinon). Interessant ist M ANTEYs Vermutung (Quellen, 6f.), dass der gesamte Bericht – einschließlich der verschiedenen divergenten Autorenmeinungen – aus Dinon stamme, da Plutarch auch in anderen Viten verschiedene Berichte, die sich in einer Quelle befanden, übernommen habe. Aber auch dies ist nur Spekulation. Feststehen sollte: Ohne sichere namentliche Zuweisung ist Plutarch keine zuverlässige Quelle für Autorenzitate.
Hofpropaganda?
114 Trauer
Pasargadai
2. Kommentar
3, 1 : Starb ein Großkönig, wurde das ›Heilige Feuer‹ gelöscht (zum Feuer s. B RIANT, Cyrus, 248–250), wie Diodor es auch für den Tod des Hephaistion beschreibt (Diod. 17, 114, 4f.). Dies sollte den Stillstand des Lebens bis zur Inthronisation des neuen Königs symbolisieren (allg. G ENNEP, Übergangsriten, 109 u. 112f.). Mit dem Löschen des Feuers begann eine Trauerzeit (Arr. an. 7, 14, 9 beschreibt eine solche reichsweite Trauer für Hephaistion – weitere Beispiele: Curt. 10, 5, 18 [zum Tode Alexanders]; Ail. var. 12, 1 [Artaxerxes II. zum Tode des Tiridates]). Es trat ein , einer Aussetzung gesetzlicher Zustände ein, und der Zustand einer vom Vater bestimmte Thronfolger hatte – vor seiner feierlichen Inthronisation, die Plutarch beschreibt – bestimmte Pflichten zu erfüllen, die auch seinen Status als Thronerbe demonstrierten (u.a. Bestattung des Vorgängers, Vollstreckung des Testaments). Zu diesem Thema s. B RIANT, Roi, 1–11; dens., Cyrus, 522f. u. W IESEHÖFER, Persien, 56f. : Pasargadai (lat. Pasargadae, Curt. 5, 6, 10) ist der Name der von Kyros II., dem Großen, nach seinem Sieg über Kroisos (in den 540er Jahren) vermutlich am Ort der Entscheidungsschlacht gegen ein medisches Aufgebot unter Astyages in der Murgh¯ab-Ebene gegründeten ersten Residenz des persischen Großreiches (Strab. 15, 3, 8). Zur Zeit der Achaimeniden war die unweit von Persepolis (ca. 30km in nordnordöstlicher Richtung) gelegene, 170ha umfassende Anlage eine Park, altpers. *pairida¯eza oder *paridaida-: »Umlandschaft (griech. mauerung«) bewässert durch den Pulv¯ar. ›Eingestreut‹ in diese Landschaft lagen eine Zitadelle, mehrere Paläste, Gartenpavillons und ein Turmgebäude (vielleicht zur Königsinvestitur), das heute als Zindan-i Sulaiman, »das Gefängnis Salomons« bekannt ist, ähnlich der Ka‘ba-i Zardušt (»die Kaaba Zarathuštras«) in Naqš-i Rustam. Ferner befanden sich hier auch ein ›Heiliger Bezirk‹ sowie das hausförmige Grab Kyros’ II., das Alexander zweimal besichtigt hat (Arr. an. 3, 18, 10; Curt. 5, 6, 10; Plut. Alex. 69, 4) – bei seinem zweitem Besuch war das Grab dann allerdings geplündert (Arr. an. 6, 29, 1; Curt. 10, 1, 22; Diod. 17, 107, 1). Die obige Wortwahl (›eingestreut‹) soll nicht bedeuten, dass es sich um eine nicht planvoll ausgestaltete Anlage gehandelt habe. Diesen Eindruck hat nur der moderne Betrachter vor Ort. Gerade die neuesten Ausgrabungen unter B OUCHARLAT, aber auch schon die Vorläufergrabungen unter S TRONACH, haben u.a. durch die Entdeckung von steinernen Bewässerungskanälen für den Paradeisos und von bisher unbekannten Gebäuden deutlich gemacht, dass planvoll mit Symmetrien und Achsen gearbeitet wurde, s. u.a. S TRONACH, Garden, bes. 174–178, der die politisch-ideologische Aussage der Gartenanlage betont; ferner T UPLIN, Studies, 80–131, bes. 116–118, dessen Augenmerk auf den weltlichen Funktionen der achaimenidischen Para-
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deisoi liegt, u. B OUCHARLAT, Palace, 113–124, bes. 116; zum Paradeisos s. ‹. auch S. 328 zu Plut. Art. 25, 1, › Auch nach der Gründung von Persepolis (Baubeginn ab 515 v.Chr.) blieb Pasargadai ein wichtiges zeremonielles Zentrum der Persis. Für allgemeine Informationen s. N YLANDER, Ionians, 75–143; S TRONACH, Report; W IESEHÖFER, Persien, 49f.; ders., Pasargadai, 382; A LLEN, Empire, 29–35, 84f.
Abbildung 1: Zindan-i Sulaiman in Pasargadai
: Die persischen ›Priester‹ werden im Griechischen als (Magier, Mager) bezeichnet, abgeleitet von der altpersischen Form magu-. Vermutlich als erster griechischer Autor hat Xanthos der Lyder Mitte des 5. Jh. v.Chr. iranische Spezialisten, die in Lydien tätig gewesen sein sollen, erbzw. (Xanthos, FGrH 765, F 32). Viele wähnt. Er nennt sie
Die Magier/ Mager
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Aufgaben
2. Kommentar
griechische und lateinische Zeugnisse lassen vermuten, dass die Magier unter den Achaimeniden die Priesterschaft im Reich gebildet haben (Hdt. 7, 19; Cic. div. 1, 46; Apul. Apol. 26), die nach Xenophon vom Reichsgründer Kyros eingesetzt worden ist (Xen. Kyr. 8, 1, 23). Nach Herodot waren die Magier ein medischer Stamm (Hdt. 1, 101), von dem einige Angehörige als Traumdeuter am Hofe der medischen Könige tätig gewesen sind (1, 107f. 120. 128). Es hat auf jeden Fall als sicher zu gelten, dass Dareios I. in der Inschrift von Bisutun mit dem Wort maguš nicht einen medischen Stammesangehörigen, sondern einen seiner Kontrahenten, den Priester und Beamten Gaum¯ata meint (s. W IESEHÖFER, Aufstand, 123). In der babylonischen Fassung wird Gaum¯ata explizit als Meder bezeichnet: »Then there was a certain Mede, Gaum¯ata, a Magush« (DB [Bab.], sec. 10, Übers. VON VOIGTLAN DER , Bisitun, 55). Ferner scheint es so, dass die meisten dieser Magier Meder waren, es gibt aber auch Hinweise auf persische Magier. Strabon (15, 3, 1) behauptet sogar, dass die Magier ein persischer Stamm gewesen seien. Nach unseren Zeugnissen erfüllten die Magier unter den achaimenidischen Herrschern vielfältige Aufgaben und nahmen eine überragende Position im Reich ein: Sie waren an allen Opferhandlungen der Perser und Meder beteiligt (Hdt. 1, 132; Strab. 15, 3, 13; Amm. Marc. 23, 6, 33), stellten die Wachen für das Grab des Kyros und Dareios’ I. (Aristobul, FGrH 139, F 51a), waren für die Erziehung der Königssöhne verantwortlich (Plat. Alk. 1, 121d; Clem. Al. Paidagogos 1, 7, 55, 2; Plut. Art. 3, 3), waren in einem für uns nicht näher zu bestimmenden Maße involviert in die Investitur des Königs ... (dazu später mehr, s. S. 120 zu Plut. Art. 3, 2, › ‹), begleiteten das Heer auf seinen Feldzügen (Hdt. 7, 113; Curt. 3, 3, 10; 5, 1, 22), bewachten das heilige Feuer (Strab. 15, 3, 15) und sind vielleicht als Hüter der persischen Tradition zu sehen (s. hierzu B ENVENISTE, Mages; S ANCISI -W EERDENBURG, Magus). Eine Vielzahl von teilweise eigenartig anmutenden Gebräuchen und Riten wird den Magiern zugeschrieben: Sie betrieben Opferschau (Hdt. 7, 191), waren Libations- und Feuerpriester (s. hierzu B RIANT, Cyrus, 245f.) und sollen jede Form der Anthropomorphisierung von Göttern und die Errichtung von Tempeln verdammt haben (Diog. Laert. prooim. 6f.; Cic. leg. 2, 26); ferner sollen sie ihre Toten den Vögeln und Hunden zum Fraß vorgesetzt haben (Totenkult: Hdt. 1, 140; Plut. mor. 537B; die Zarathustrier des modernen Iran haben diesen Bestattungsritus bis weit in die Neuzeit beibehalten [erst 1970 wurde dieser aus hygienischen Gründen verboten], W IESEHÖFER, Gaumata, 129; S TAUSBERG, Zarathustra, 115–118), sollen die in den zarathuštrischen Texten propagierte Blutsverwandtenehe praktiziert (Xanthos nach Clemens von Alexandreia, Stromateis 3, 11, 1; Catull. 90; Strab. 15, 3, 20; Curt. 8, 2, 19 u.v.a.m.) und es als ehrenvoll angesehen haben, verschiedenste Lebewesen (außer Mensch und Hund) zu töten (Hdt. 1, 140).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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Offensichtlich kann am Polytheismus der Magier unter den achaimenidischen Herrschern kaum ein Zweifel bestehen, haben sie doch u.a. der Sonne, dem Mond, dem Wasser und dem Feuer geopfert (so einige griechische Autoren: Hdt. 1, 138; Xen. Kyr. 7, 5, 57; Strab. 15, 3, 14; wichtiger noch zeigen uns die Persepolis Fortification Tablets, dass Bergen und Flüssen geopfert wurde, s. z.B. PF 339. 1955; s. hierzu KOCH, Verhältnisse, 96–100; dies., Religion, 93–95; B RIANT, Eau, 48, 61; dens., Cyrus, 242, 915f.). Allerdings berühre ich mit diesem Punkt einen Bereich, der die Bearbeitung der Thematik ›Magier‹ extrem problematisch macht: Als Anhänger Zarathuštras, auf den sie sich nach Xanthos zurückführten (Xanthos, FGrH 765, F 13; auch Iust. 1, 1, 9 u.a.), können die Magier eigentlich keine Polytheisten gewesen sein. Somit ist mit der Frage nach dem Glauben der Priesterschaft der Achaimeniden auch die Frage nach dem Glauben der achaimenidischen Herrscher selbst und ihrer iranischen Untertanen berührt, die nicht zuletzt aufgrund der Unkenntnis über die Person Zarathuštras und der komplizierten Überlieferung der Lehre des Propheten kaum zu beantworten ist. Das Meinungsspektrum reicht dabei in der neueren Forschung u.a. von der These W IDENGRENs (Religionen, 149), dass es »so gut wie absolut sicher ist, daß die Achaimeniden keine Zoroastrier waren« (problematisch ist hierbei z.B. die Tatsache, dass die achaimenidischen Thronnamen avestische Termini transportieren, s. ‹), bis zu der Annahme, dass die ReS. 82 zu Plut. Art. 1, 1, › ligion Zarathuštras die achaimenidische Staatsreligion gewesen sei, so z.B. DE B LOIS , Dualism, 3 (wobei allerdings der offenkundige Polytheismus der achaimenidischen Herrscher erklärungsbedürftig ist). Dies mag nur andeuten, wie komplex die laufenden Diskussion ist, so dass jeder Versuch, sie auch nur annähernd adäquat wiederzugeben, den Rahmen eines Kommentars sprengen würde. Stattdessen sei an dieser Stelle verwiesen auf die Arbeiten KOCHs, Verhältnisse, 153–170, bes. 156–158, W IE SEHÖFER s, Persien, 139–148 mit Anm. im bibliographischen Essay, 353– 355, außerdem auch dess., Aufstand, 123–167, und besonders auf die jüngsten Veröffentlichungen D E J ONGs, Traditions und vor allem S TAUSBERGs, Religion, 154–186. 3, 2 : In sehr auffälliger Übereinstimmung mit der herausragenden Stellung, die Ahura Mazd¯a in den avestischen Texten einnimmt, ist Auramazd¯a (dies ist die zu einem Eigennamen verdichtete altpersische Schreibweise des avestischen Ahura Mazd¯a) auch in allen achaimenidischen Königsinschriften die dominante Gottheit. Bereits Dareios I. erwähnt aber in seinen Inschriften auch andere, allerdings anonyme Gottheiten (baga-: Siehe z.B. DB §62: »Auramazd¯a brought me aid and the other gods who are.« Übers. S CHMITT, Bisitun, 70). Die achaimenidischen Könige waren also offensichtlich Polytheisten. Zum Glauben der
Die kriegerische Göttin
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Athene = An¯ahit¯a?
2. Kommentar
achaimenidischen Herrscher s. auch oben S. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, › ‹. Diese anderen Götter behielten über 100 Jahre von Dareios I. bis Dareios II. ihren anonymen Status, den erst Artaxerxes II. aufhob. Er erwähnt neben Auramazd¯a die Göttin An¯ahit¯a und den Gott Mithra (z.B. A2 Sa: »Avec l’aide d’Ahura Mazd¯a, d’Anahita et de Mithra.« Übers. S TÈVE, Inscriptions b), 10; A2 Sb, A2 Sd und A2 Ha), führt also bisher namenlose Götter in einen öffentlich-politischen Bereich ein bzw. beschneidet die Exklusivität Ahura Mazd¯as. Bei der hier von Plutarch erwähnten kriegerischen Göttin, die er mit Athene vergleicht, handelt es sich – folgt man der verbreiteten Ansicht der Forschung – um die Göttin An¯ahit¯a, s. M ANFREDINI, Plutarco, 273; W IE SEHÖFER , Persien, 57 (mit Zweifeln); C HAUMONT , Cult, 161; jünger dies., An¯ahid, 1006: »There was a temple at Pasargadae . . .; no doubt it was a temple of An¯ahit¯a in one of her most important aspects. The fact that Artaxerxes II. . . . received consecration in the kingship at this temple . . . , suggests that the Achaemenid monarchy had close links with An¯ahit¯a.«; B RIANT, Cyrus, 523, 677: » . . . a temple dedicated to An¯ahita, here called ›warlike goddess‹.« An¯ahit¯a in ihrer spätachaimenidischen Form ist eine Symbiose mindestens dreier Göttinnen (der ostiranischen Wasser-, Fruchtbarkeits- und Weisheitsgöttin Ar dv¯ı S¯ur¯a An¯ahit¯a, der babylonischen Liebes- und Kriegsgöttin Ištar und der mesopotamischen Nanaia; s. hierzu B OYCE, An¯ah¯ıd, 1003– 1006; dies., Artemis), wobei der Verschmelzungsprozess dieser drei nur schwer nachzuvollziehen ist. Nach dem babylonischen Historiker Berossos soll Artaxerxes II. als erster König befohlen haben, Statuen der Aphrodite-An¯ahit¯a im gesamten Reichsgebiet aufzustellen (FGrH 680, F 11: er nennt die Städte Babylon, Susa, Ekbatana, Persepolis, Baktra, Damaskus und Sardeis, in denen Statuen der Aphrodite-An¯ahit¯a aufgestellt worden sind – Pasargadai findet sich hier nicht). Diese Aussage passt zu dem inschriftlichen Befund dieses Großkönigs. Neben Berossos hat auch Herodot An¯ahit¯a(?)-Mithra mit Aphrodite Urania gleichgesetzt (1, 131) – unabhängig von diesen beiden Autoren gibt es diese Identifizierung aber nicht. Weiterhin (am häufigsten) wird sie in griechischen und lateinischen Texten (Inschriften/Literatur) mit Artemis (lat. Diana) gleichgesetzt (z.B. Plut. Art. 27, 4; Tac. ann. 3, 62; TAM V, 1: 330; OGIS 470; s. hierzu C HAUMONT, An¯ahid, 1006; D E J ONG, Traditions, 269–276 u. B OYCE, Artemis). Aufgrund einer Reihung von Indizien und Annahmen gelangt die Forschung zu scheinbar schlüssigen Ergebnissen: Annahme a): Die von Plutarch vielleicht nach Dinon oder Ktesias überlieferte Information stimmt, dass in Pasargadai ein Tempel einer kriegerischen Göttin gestanden hat. Annahme b): Diese Göttin ist An¯ahit¯a (s.o.). Diese beiden Punkte führen bereits zu
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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Schluss c): Der Tempel, den Plutarch beschreibt, der vermutlich im Ritual der Königsinvestitur eine wichtige Rolle spielte (zur Königsinvestitur s. ‹ – dort auch meine ArS. 120 zu Plut. Art. 3, 2, › gumente gegen die Annahme u.a. von S ANCISI -W EERDENBURG, Zendan, 148, dass diese Information mit hoher Wahrscheinlichkeit von Ktesias stamme), muss demnach ein Heiligtum der An¯ahit¯a sein. Hierauf folgt fast schon zwangsläufig d): Da Artaxerxes II. in einem Tempel der An¯ahit¯a inthronisiert wurde, liegt hiermit ein Beleg für die schon vor Artaxerxes II. gepflegte Verehrung dieser Göttin vor (hiergegen hat S ANCISI -W EERDENBURG, Zendan, 149 allerdings eingewendet, dass unter Artaxerxes II. ein bestehendes älteres Heiligtum dieser Göttin ›umgeweiht‹ worden sein könnte). Der nächste Schluss dieser Reihe (ebenfalls fast zwangsläufig) ist e): Der Zindan-i Sulaiman in Pasargadai wird mit dem von Plutarch erwähnten Gebäude der Königsinvestitur identifiziert, s. Abb. 1, S. 115 – zur Investitur ... ‹. Zur Frage nach s. S. 120 zu Plut. Art. 3, 2, › der Funktion des Zindan-i Sulaiman und der sehr ähnlichen Ka‘ba-i Zardušt s. ebenfalls S ANCISI -W EERDENBURG, Zendan. Den turmartigen Bau daher im letzten Schritt f) als Heiligtum der An¯ahit¯a anzusehen ist nur konsequent. Dieser Meinung war auch schon W IKANDER, Feuerpriester, 68, der den Zindan-i Sulaiman allerdings noch für ein Feuerheiligtum hielt. Allerdings liegt hier m.E. eine zumindest problematische Vorgehensweise vor: Wir wissen – dank Berossos –, dass Artaxerxes II. den Kult der An¯ahit¯a gefördert hat. Dies wird bestätigt durch unsere Kenntnis der Inschriften dieses Großkönigs, die eine An¯ahit¯a-Verehrung belegen. Dieses ist als historische Tatsache anzuerkennen, aber der nächste Schritt bereitet Schwierigkeiten: Plutarch erwähnt in seiner Vita Artaxerxes’ II. einen Tempel einer kriegerischen Göttin, die nun in der Forschung offenkundig auf der Grundlage der Notiz des Berossos (wobei unterschlagen wird, dass Berossos von einer Aphrodite-An¯ahit¯a spricht) und der Kenntnis der Inschriften als An¯ahit¯a identifiziert wird. Plutarch kannte aber den Namen ›An¯ahit¯a‹ in seiner griechischen Form ), so dass kein Grund erkennbar ist, warum er gerade zu Beginn die( ser Vita diesen Namen ausgelassen haben sollte, wenn einerseits mit einem noch unkundigen Leser oder andererseits mit einem vorgebildeten Leser zu rechnen ist, der aus seiner Leseerfahrung zwar mit einer persischen Artemis etwas verbinden konnte, aber nicht mit dieser unüblichen persischen Athene. Stattdessen nutzt Plutarch nur eine recht allgemeine Formulierung: . in EkbataFerner wusste Plutarch, dass es ein Heiligtum der na gab (Plut. Art. 27, 4 – dies überliefert auch Berossos), so dass wir gute Kenntnisse (wenn auch nicht durch Autopsie erworben) Plutarchs voraussetzen können. Auch D E J ONG, Traditions, 279f. meint zu Recht, dass Plut-
Athene An¯ahit¯a
120
2. Kommentar
arch nicht ein und dieselbe iranische Gottheit mit drei verschiedenen griechischen Göttinnen gleichgesetzt habe (hier Athene, dann Hera [Plut. Art. ‹] und schließlich Ar23, 7, s. hierzu S. 314 zu Plut. Art. 23, 7, › temis [Plut. Art. 27, 4], die Plutarch dann bei ihrem Namen nennt: Anaitis ]). Er vermutet, dass Plutarch drei verschiedene Gottheiten meine, [ deren Identifizierung in den zwei ungenannten Fällen (Athene und Hera) heute aber unmöglich sei. Sicher ist nur, dass er weiter unten Artemis mit An¯ahit¯a gleichsetzt. Die anderen beiden Göttinnen hätte er sicher namentlich erwähnt, wenn er die Namen gekannt hätte, besonders da sie im Text vor Artemis-An¯ahit¯a genannt werden. Dies bedeutet nicht, dass eine Identifizierung mit An¯ahit¯a ausgeschlossen erscheint – natürlich könnte es sich um ein einzige Gottheit in ihren verschiedenen Funktionsbereichen gehandelt haben, wie C HAUMONT, An¯ahid, 1006 impliziert. Plutarch kann aber nicht als Beleg für diese Schlussreihe dienen. Es ist methodisch problematisch, aus Plutarchs Schweigen und verstreuten anderen Notizen die oben beschriebene Identifizierung vorzunehmen. Königsinvestitur
Übergangsriten
: Auch ohne genaue Quellenzuweisung (s. hierzu S. 111–113 zu Plut. Art. 3, 1–6, › ‹) ist Plutarchs Schilderung die einzige Quelle für das Krönungszeremoniell der Achaimeniden, genauer gesagt für eine Art rite de passage (s. K UHRT, Empire, 110f. nach G ENNEP, Übergangsriten) oder ›Königsinitiation‹ (W IESEHÖFER, Persien, 57) vor dem eigentlichen Akt der Krönung des Herrschers. Obwohl Plutarch leider nichts über die eigentliche Krönung sagt, liefert er immerhin einige bedenkenswerte Details über die Vorbereitung. Wir erfahren, dass die Investitur des Königs in Pasargadai, der alten Residenz Kyros’ des Großen, vollzogen worden ist. Diese Angabe wirkt unverdächtig und kann durch den eindeutigen Bezug auf den Reichsgründer ein extrem hohes Maß an Plausibilität für sich beanspruchen. Nach Plutarch sollen verschiedene symbolische Akte zur Vorbereitung der Krönung durchgeführt worden sein, die – so sieht es S ANCISI W EERDENBURG, Zendan, 149 – den zukünftigen König mit dem heroischen Gründer des Perserreiches verbinden sollten. Das Ablegen der eigenen Kleidung stellt sicher einen Trennungsritus dar, der ein Ablösen von der alten Identität symbolisiert. Ein nächster Schritt ist dann die Einkleidung mit einem Gewand, das schon Kyros getragen haben soll. Wenn wir bedenken, dass Kyros’ Grab bis zur Eroberung von Pasargadai durch die Truppen Alexanders unversehrt bewahrt wurde (s. S. 114 zu Plut. Art. 3, 1, › ‹), ist es durchaus wahrscheinlich, dass es sich um ein authentisches Gewand gehandelt hat. Auf diese Weise geht – symbolisch – die Macht und Autorität Kyros’ des Großen auf den neuen Herrscher über, so W IESEHÖFER,
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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Persien, 57; K UHRT, Empire, 110; B RIANT, Cyrus, 523. Mit dem Anlegen der ›neuen‹ Kleidung als Ausdruck einer vorübergehenden Differenzierung findet dann nach G ENNEP, Übergangsriten, 71–113 eine Umwandlung statt, die es dem Individuum ermöglicht, von einer festgelegten Stellung in eine andere zu wechseln. Auch die Annahme des Thronnamens wäre in diesem Zusammenhang denkbar – dies ist aber nach Plutarch schon bei der Designation durch Dareios II. geschehen. Hierauf folgt ein Ritus, der wohl als eine Form der asketischen Abkehr von normaler Speise zu einer speziellen Nahrung zu deuten ist: Feigenku‹) chen, ›Pistazien‹ (s. unten S. 122 zu Plut. Art. 3, 2, › und saure Milch werden verzehrt (diese führt Polyainos in seiner Liste der , Nr. 22, s. auch B RI Speisen der großköniglichen Tafel auf: 4, 3, 32 ANT , Cyrus, 286). Dieses Initiationsritual wird gewöhnlich als eine Form der Erinnerung an die ›alten Zeiten‹ und die einfache Lebensweise der großen Vergangenheit gedeutet, s. S ANCISI -W EERDENBURG, Food, 287f. u. 292. Ein ähnlicher Ritus findet sich in Strabons Bericht (Strab. 15, 3, 18) über die Erziehung der persischen Jugendlichen, die sich für eine gewisse Zeit in der Wildnis von wilden Beeren etc. ernähren mussten. Allerdings ist diese Passage (ebenso wie in Xen. Kyr. 1, 2, 8 und 12) schwierig, da die Ähnlichkeiten zum spartanischen Erziehungssystem – hier der Krypteia – evident sind, was natürlich nicht bedeutet, dass es diese Übergangs-/Initiationsriten nicht gegeben haben könnte. Des Weiteren ist denkbar (nach G ENNEP, Übergansriten, 29), dass durch ein gemeinsames Kultmahl mit den Priestern ein Angliederungsritus an die sakrale Sphäre vollzogen wurde. Diese Ansicht würde in gewisser Weise durch B OYCE, History, 90 u. 209 unterstützt werden, die davon ausgeht, dass dieses Mahl auf Dareios I. zurückgehe und ein Teil der Einhaltung zoroastrischer Riten sei, da zwei Bestandteile vegetarischer und ein Teil tierischer Herkunft seien. W IESEHÖFERs Vermutung, dass im Verlauf der gesamten Zeremonie Ahura Mazd¯a als ritueller Ausdruck des Gottesgnadentums der achaimenidischen Herrschaft angerufen wurde, erscheint plausibel (zum Gottesgnadentum der achaimenidischen Herrscher s. W IESEHÖFER, Persien, 55–57). Dieser sakrale Aspekt des Königtums der Achaimeniden wird auch deutlich durch die Anwesenheit der Priester (mit Sicherheit ›Magier/Mager‹, s.o. ‹). Nach Cicero (div. 1, 91) konnte nieS. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, › mand persischer König werden, der nicht in den Lehren der Magier unterwiesen worden war, und Plinius (37, 147) weiß von einem Stein, der bei der Krönung des Königs für die Magier von Bedeutung war. Wenn auch Plutarch das eigentliche Krönungszeremoniell nicht mehr beschrieben hat (plausibler Grund für das Schweigen seiner Quellen: »Ob sie außerdem noch andere Bräuche begehen, ist den Außenstehenden unbekannt.« Übers.
Die gute alte Zeit?
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2. Kommentar
Z IEGLER), lässt sich vermuten (s. G ENNEP, Übergangsriten, 109), dass im Anschluss an diese Riten in einer weiteren Phase (Hauptphase) der Königsinvestitur der neue Herrscher die Insignien seiner Macht, die sacra/regalia als Kennzeichen wie Träger der königlich-(magisch)-religiösen Macht erhalten hat, die uns größtenteils aus den Siegel- und Münzbildern und den königlichen Reliefs bekannt sind: bestimmte königliche Gewänder, die aufrechte ‹), das ZepTiara/Kitaris (s. hierzu S. 337f. zu Plut. Art. 26, 4, › ter, die Lotusblüte, Lanze und Bogen. So gekleidet mag der neue König sich von Zindan herab auf die Erde begeben haben, um sich seinen Untertanen zu zeigen und vielleicht die alten Privilegien seines Vorgängers zu erneuern. Pistazien?
: Der Verzehr von wird den Persern immer wieder in der griechischen Literatur zugeschrieben (die früheste Erwähnung geht vielleicht auf Ktesias zurück: Nikolaos von Damaskus, FGrH 90, F 66 [34]; auch Ail. var. 3, 39). In der deutschen Standardübersetzung von Z IEGLER wird dieser Ausdruck bei Plutarch mit »Pistazien knabbern« wiedergegeben. Diese Übersetzung lässt den modernen Leser sogleich an die heute handelsübliche Pistazie, also die Steinfrucht der Pistacia vera denken, die allerdings erst durch die Alexanderzüge von Baktrien aus nach Westen gelangt ist (schon von H EHN, Kulturpflanzen, 421 erkannt – Nikander wusste in seinen Theriaka, 890f., dass die Pistazie am Choaspes, einem Nebenfluss des heutigen Kabul-Flusses wuchs, also östlich der Persis; S TOL, Trees, 5 stellt daher fest: „Ex Oriente Nux.“). Diese Frucht hat Plutarch bzw. dessen Quelle wohl nicht gemeint. Schon besser ist die Übersetzung von P ERRIN (Loeb-Ausgabe), die den angehenden König »turpentine-wood« kauen lässt, dessen Nährwert allerdings fraglich und dessen Geschmack sicherlich nicht ins Englische erquicklich ist. L IDDELL /S COTT /J ONES übertragen ‹, 1777). Es mit »terebinth, Pistacia Terebinthus« (Lidd.-Sc., s.v. › gibt keinen Grund anzunehmen – wie im Folgenden zu sehen –, dass die griechischen Autoren das Holz und nicht die Frucht dieses Baumes gemeint haben. S TOL, Trees, 1–24, der sich intensiv mit der pistacia atlantica und der vera in der Antike befasst hat, und S ANCISI -W EERDENBURG, Food, 287– eigentlich 289 gehen der Frage nach, um welche Frucht es sich bei handle: Die Terebinthe ist ein Laubbaum, der im gesamten Mittelmeerraum vorgekommen sein soll und zur Familie der Pistacia atlantica (also der wilden Pistazie) gehört, der aber von der Pistacia vera zu unterscheiden ist. Nach S TOL, Trees, 2 war die Terebinthe in der Antike im gesamten Nahen Osten zu finden, und auch heute noch ist der Baum in Bereichen Kurdistans beheimatet. Die Frucht der Terebinthe ist rötlich-violett und hat etwa die Größe einer Johannisbeere, durch Trocknung verändert sich die Färbung in kupfergrün. Der Kern der Frucht ist essbar und heute noch auf Märkten in
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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Ostanatolien zu finden. Ferner wurde sie zur Gewinnung von Öl verwendet (Xen. an. 4, 4, 13), das sich durch seine hohe Qualität ausgezeichnet zu haben scheint, da Öl für den König aus Terebinthen gewonnen wurde (Amyntas nach Athen. 2, 67A). Auch wenn es nur wenige Belege für den Verzehr der Früchte der Terebinthen bei den Persern außer den griechischen Quellen gibt, ist es zumindest nicht vollkommen unwahrscheinlich. Offensichtlich meinte Plutarchs Vorlage jedenfalls diese spezielle Frucht und nicht die heute bekannte Pistazie. : Tissaphernes ist ein Sohn des Hydarnes, somit ein 3, 3 Enkel jenes Hydarnes, der Dareios I. im Kampf gegen Gaum¯ata geholfen hat. Die griechische Namensform gibt nach traditioneller Ansicht altpersisch *Ciç-farnah- »mit strahlendem Ruhm(esglanz)« getreu wieder (zu Nebenüberlieferung und Dialektvarianten s. S CHMITT, Iranier-Namen, 73f.). Tissaphernes wird für uns zum ersten Mal bei seiner Niederschlagung der Revolte des Satrapen in Sardeis, Pissuthnes, greifbar. Dareios II. übergab ihm daraufhin um 413 dessen Satrapie Lydien (Thuk. 1, 115, 4; Ktesias, FGrH 688, F 15 [53]), an die nach K LINKOTT das Amt des Karanos traditionell gebunden war – dass Tissaphernes diesen Posten tatsächlich hatte, erfahren wir eben, Thuk. 8, 5, 4; s. D EBORD, falls bei Thukydides ( Asie, 50–65 und neuerdings K LINKOTT, Satrap, 41 u. 325; zum Karanos s. ‹). Somit standen die Satrapenheere ganz S. 90 zu Plut. Art. 1, 2, › Westanatoliens unter seinem Oberbefehl. In dieser Funktion unterstützte er Sparta mit Subsidien im Peloponnesischen Krieg, im Gegenzug überantwortete dieses dem Großkönig die westkleinasiatischen Griechen. Allerdings ist Tissaphernes’ Haltung nicht als konsequent prospartanisch zu bezeichnen, Verhandlungen mit Athen waren nur nicht erfolgreich. Um das Jahr 408/7 wurde Tissaphernes durch Kyros den Jüngeren in den meisten seiner Ämter ersetzt und auf Karien beschränkt, was die ausgeprägte Rivalität der beiden begründet hat (Thuk. 8, 87, 4; Xen. hell. 1, 4, 3; s. hierzu auch W IESEHÖFER, Sides). Tissaphernes soll zum einen Kyros angeklagt haben, einen Anschlag auf Artaxerxes zu planen (Xen. an. 1, 1, 3; Ktesias, FGrH 688, F 16 [59]; Plut. Art. 3, 3), der aber offensichtlich nicht beweisbar war, da Kyros seine Ämter behielt (der von Plutarch erwähnte Anschlagsversuch und die Milde des Großkönigs sind sicherlich fiktiv, s. hierzu S. 112f. zu Plut. Art. 3, 1– ‹). Ferner soll er Artaxerxes II. auch über Kyros’ 6, › Usurpationsversuch im Jahre 401 vorzeitig informiert haben (Xen. an. 1, 1, 5; Plut. Art. 6, 6). Bei Kunaxa ist er in prominenter Position als einer der vier königlichen Feldherren (Reiterei) zu finden, lieferte nach der Schlacht die griechischen Söldnerführer durch Verrat dem Großkönig aus und verfolgte die griechi-
Tissaphernes
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2. Kommentar
schen Söldner (Xen. an. 1, 7, 12; 1, 8, 9; 1, 10, 7; 2, 4, 1–5 u.a.; s. hierzu ‹). auch S. 261 zu Plut. Art. 18, 1, › Artaxerxes gab ihm um 400 seine alte Stellung in Westkleinasien zurück (Diod. 14, 26, 4). Aufgrund seiner ausweichenden Aktionen angesichts der spartanischen Interventionen in Kleinasien (vielleicht schon vor der Niederlage am Paktolos gegen Agesilaos im Jahre 395, Plut. Art. 20, 3) verlor er das Vertrauen Artaxerxes’ II. und wurde auf Befehl des Großkönigs in Phrygien vom Satrapen gefangen genommen (in Kolossai) und hingerichtet (in Kelainai) (Xen. hell. 3, 4, 25f.; Diod. 14, 80; Plut. Art. 23, 1; s. S CHÄFER, Tissaphernes, 1579–1599; grundlegend auch: W ESTLAKE, Decline, 257–279; W IESEHÖFER, Tissaphernes, 622).
Abbildung 2: Porträtmünze des Tissaphernes
Das wohl berühmteste Beispiel einer sogenannten ›Satrapenmünze‹ (eine Imitation einer attischen Tetradrachme vermutlich in Syrien oder Ägypten geschlagen; zum Begriff s. K LINKOTT, Satrap, 241–260) und das erste bekannte Beispiel einer Porträtmünze eines lebenden Menschen überhaupt (s. Abb. 2) zeigt auf dem Avers ein Porträt unseres Satrapen mit spitzem Bart und Satrapentiara (Kyrbasia), auf dem Revers das geläufige athenische Münzbild der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v.Chr., doch an Stelle der , jetzt : »des Königs (Geld)«. Es handelt sich Legende hier um Münzen, die nach der communis opinio 412/11 im Namen Dareios’ II. von Tissaphernes für die Flotte Spartas und dessen Verbündeten als Unterhalt für einen Monat ausgegeben wurden (s. auch Thuk. 8, 29f.). Zur
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 3
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Münze s. S CHWABENBACHER, Satrapenbildnisse; W EISER, Eulen datiert die Prägung mit guten Argumenten auf frühestens 401–395. 3, 3–6 : Zur Quellenanalyse dieser Passage und einer darauf aufbauenden Bewertung der Historizität s. bereits ‹. S. 112f. zu Plut. Art. 3, 1–6, › 3, 6 : Diese Szene erwähnen ebenfalls Ktesias und Xenophon: Kyros habe sich nach der Anschuldigung durch Tissaphernes zu seiner Mutter geflüchtet. Erst sie habe die Begnadigung ihres Sohnes erwirken können (Ktesias, FGrH 688, F 16 [59]; Xen. an. 1, 1, 3). Dies bedeutet aber keineswegs, dass diese Schilderung nur in diesen Werken zu finden war. Da vermutlich bei Dinon (s.o.) Kyros wirklich einen Anschlag auf das Leben seines Bruders begehen will und er dennoch begnadigt wird, ist eine ähnliche Szene sehr plausibel. Zu einer Deutung des Verhaltens der Parysatis und zu ihrem Einfluss am Hof – abseits von allen Berichten über ihre Bevorzugung ihres jüngeren Sohnes – s. S. 89 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹. Wie schon weiter oben angesprochen, ist die Szene auch deshalb interessant, weil Artaxerxes II. auf ähnliche Weise zu einem früheren Zeitpunkt um ... das Leben seiner Frau gebeten hat (s. S. 102 zu Plut. Art. 2, 2, › ‹): Durch den impliziten Vergleich zwischen der Begnadigung der Stateira und der Begnadigung des Kyros hier kann der Leser einerseits den treuen, andererseits aber auch den weichlichen und weibischen Charakter des Großkönigs erkennen (er bittet für seine Frau wie Parysatis für ihren geliebten Sohn). : Artaxerxes sandte seinen Bruder wieder »zum Meer«, also wieder in seinen Amtsbereich in Kleinasien. Er behielt also offensichtlich seine Satrapien Lydien, Großphrygien und Kappadokien sowie seine Funktion als Karanos, die er vom Vater erhalten hatte (s. hierzu S. 90 zu Plut. Art. ‹ und S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › 1, 2, › ‹). Dies deutet darauf hin, dass die Vorwürfe gegen ihn nicht beweisbar ‹. waren, S. 112f. zu Plut. Art. 3, 1–6, ›
Kyros’ Attentatsversuch
Schonung des Kyros
Kyros’ Satrapien
Artaxerxes 4 Inhalt
Kyros nutzt die ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel (auch die seiner Mutter), um unter Geheimhaltung ein großes Söldnerheer anzuwerben. Der Großkönig ahnt hiervon zunächst nichts, ist er doch von einer schwerfälligen Langsamkeit, die vielen aber als Milde erschienen sei. Besonders zu Beginn seiner Regierungszeit soll sich Artaxerxes II. aber auch die Großzügigkeit, das maßvolle Verhalten und die Leutseligkeit seines Großvaters, Artaxerxes’ I., zum Vorbild genommen haben, wie eine Reihe von Beispielen in diesem und dem nächsten Kapitel zeigt.
Datierung
Kyros’ Rüstungen müssen in dem Zeitraum zwischen der Thronbesteigung durch Artaxerxes II. (404) und dem eigentlichen Beginn der Revolte (401) stattgefunden haben. Wie unten gezeigt wird, gibt es Hinweise, dass Pharnabazos schon 404/3 Artaxerxes über Kyros’ Rüstungsbemühungen unterrich‹. tet hat, s. S. 134–136 zu Plut. Art. 4, 3, ›
Quellenanalyse
Kyros’ Motiv
4, 1–5, 6 : Aufgrund des ähnlichen Charakters der Kapitel 4 und 5 ist es zweckmäßig, die Quellennanalyse für beide Kapitel zusammenzufassen. Einen Großteil der Erzählung bilden verschiedene Anekdoten, die Plutarch auf seine Charakterzeichnung Artaxerxes’ II. folgen lässt. Für den Beginn des vierten Kapitels mag Dinon als Vorlage vielleicht ausgeschlossen werden, da die von ihm genannten Motive für die Erhebung des Kyros weiter zurückreichen und schon zu einem Attentatsversuch bei der Krönung geführt haben sollen. Bei ihm liegt der Grund für die Rivalität also in einer Zeit, als Artaxerxes II. noch nicht in der Lage war, Kyros’ Finanzmittel zu beschneiden. Die Schilderungen des Ktesias/Photios und Xenophons zeigen, dass Kyros bis zu seiner Gefangennahme durch Artaxerxes keinen Grund für aufrührerische Bestrebungen hatte. Beide Autoren sind bemüht, Kyros in bestem Licht erscheinen zu lassen; es wäre naheliegend zu vermuten, dass sich in ihren Darstellungen Rechtfertigungen (also z.B. eine zusätzliche Demütigung) für Kyros’ Revolte finden ließen neben der unberechtigten Verhaftung des Bruders durch den Großkönig. Da wir Xenophons Œuvre aber vollständig kennen und bei ihm nichts darüber steht und sogar Plutarch für seine Argumentation gegen das angebliche Motiv der finanziellen Zurücksetzung des Kyros auf Xenophon zurückgreift, bleibt zunächst nur Ktesias als potentielle Vorlage übrig. Auch hier nun ist Plutarch deutlich und stempelt die Information als nicht haltbar ab – was eine Zuweisung an Ktesias unterstützen könnte. Plutarchs Kritik an ihm ist schon angesprochen worden (s. z.B. S. 79–81 zu Plut. Art. 1, 1–4, › ‹). Um aber nicht gegen die selbst aufgestellte Prämisse zu verstoßen, Zi-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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tate nicht ex silentio einem Autor zuzuweisen, muss berücksichtigt werden, dass Plutarch Ktesias aufgrund seiner Haltung ihm gegenüber namentlich kritisiert. Er hätte sich sicher nicht die Gelegenheit entgehen lassen, Ktesias einen weiteren Fehler nachzuweisen, so dass auch Ktesias als Vorlage auszuscheiden scheint. S TEVENSON, Persica, 26f. vermutet, dass Plutarch dieses Detail vielleicht aus Herakleides von Kyme genommen haben könnte. In der Tat kennen wir ein Fragment (überliefert bei Athen. 4, 145A–146A = FGrH 689, F 2), in dem Herakleides allerlei über die Tafel des Königs und der hochstehenden Perser zu berichten weiß. Mehr als ein Indiz ist dies aber nicht. Da aber eine vermehrte Nutzung des Herakleides gerade für das letzte Drittel der Vita m.E. sehr wahrscheinlich ist (s. hierzu S. 298 zu Plut. Art. ‹; S. 332–335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 22, 1–12, › ‹), ist durchaus auch in den übrigen 12, › Passagen mit einer Verwendung dieses Autors zu rechnen. Wie Plutarch selbst sagt, beschreibt Xenophon die heimlichen Truppenwerbungen und Rüstungen Kyros’ des Jüngeren ausführlich in seiner Anabasis (1, 1, 6–11; auch Diod. 14, 19, 7f. über die verschiedenen Anwerbungen, Feldherren und Kyros’ Absichten; s. ROY, Mercenaries, 296–309). Plutarch liefert deshalb nur eine kurze Paraphrase, die ihn uns auf kleinem Raum als Exzerptor zeigt – nur marginale Eingriffe in seine Vorlage sind erkennbar. Er erwähnt, dass Kyros verschiedene vorgeschützte Gründe für die intensiven Rüstungsbemühungen hatte. Aus Xenophons Bericht wissen wir, dass er einerseits die Auseinandersetzungen mit Tissaphernes (s. hierzu un‹) um die ten S. 134–136 zu Plut. Art. 4, 3, › griechischen Städte der kleinasiatischen Küste (Xen. an. 1, 1, 6–8), andererseits mögliche Konflikte mit den Pisidern, einem Bauern- und Hirtenvolk im Grenzgebiet zwischen Pamphylien, Lykien, Karien und Phrygien vorschob (Xen. an. 1, 1, 6–11). Dies ist ein durchaus plausibler Grund: Die Pisider haben den Satrapen und somit der achaimenidischen Reichsadministration immer wieder Probleme bereitet. So weiß Xenophon (hell. 3, 1, 13) von Feldzügen des Pharnabazos gegen die Pisider oder Myser; vielleicht sind auch die Pisider am Aufstand beteiligt gewesen, den Datames und Autophradates nach Nepos (Datames 2, 1) bekämpfen mussten (so zumindest S EKUNDA, Notes, 39f.; zu Datames und seiner Münzprägung s. W IESEHÖFER, Tarkumuwa); sicher berichtet aber Nepos (Datames 6) von Kämpfen des Datames gegen die Pisider; ferner sollen die Perser nach Diodor (11, 61, 4) bei der Schlacht am Eurymedon zunächst an einen Angriff der Pisider gedacht haben; noch zu Zeiten Alexanders waren sie offenkundig nicht botmäßig (Arr. an. 1, 24, 6; 1, 27f.); s. B RANDT, Gesellschaft, 11–38 (hier ausführlich zur vorhellenistischen Zeit, die meist übergangen oder vernachlässigt wird); M ITCHELL, Rebellion zeigt, dass diese Region bis in die Spätantike ein Unruheherd blieb.
Heimliche Rüstungen
128
2. Kommentar
Etwas ausführlicher als seine Vorlage wird Plutarch, wenn es um die Rolle der Mutter (Parysatis) und um Kyros’ eigene Bemühungen um Geheimhaltung gegenüber dem Großkönig geht. Xenophon (an. 1, 1, 8) erwähnt, dass Parysatis wohl auf Artaxerxes eingewirkt habe, dass er seinem Bruder die Städte Kleinasiens verleihe:
Anekdoten
»Durch einen Boten an den Großkönig ließ er ersuchen, ihm als Bruder diese Städte eher zu verleihen, als daß Tissaphernes über sie herrsche. Dabei unterstützte ihn seine Mutter.« (Übers. V RETSKA). Bei Plutarch ist ihre Rolle geringfügig aktiver und umfangreicher beschrieben: »Den Argwohn des Königs suchte die Mutter, die sich bei ihm befand, zu beschwichtigen« (Plut. Art. 4, 3, Übers. Z IEGLER). Ebenso ist aus dem von Xenophon erwähnten Boten an Artaxerxes bei Plutarch ein mehrfach wiederholter Briefkontakt geworden, in dem sich Kyros geschickt verstellt haben ). Diese Ausschmückungen bauen auf der Xesoll ( nophonstelle auf, die marginalen Erweiterungen lassen nicht notwendig auf eine weitere Quelle schließen. Im Großen zeigt dieser Abschnitt aber, dass Plutarch durchaus sehr genau paraphrasiert hat – hieraus ist allerdings keineswegs eine Regel abzuleiten, wie ein Verweis auf Plut. Art. 17, 1 zeigt (s. hier‹), wo zu S. 252–255 zu Plut. Art. 17, 1–9, › ein eigentlich unverdächtiges Ktesias-Exzerpt eine erstaunliche Abweichung aufweist, die zumindest Bedenken an Plutarchs Vorlagennutzung (selbst bei evidenter Parallelüberlieferung) hervorruft. Ebenso sei hier auch auf Plut. ‹. Art. 18, 7f. verwiesen, s. S. 265, › S TEVENSON, Persica, 27 meint für den folgenden Abschnitt (Art. 4, 1– 5, 6) mit mehreren Anekdoten trotz der wenigen Anhaltspunkte, die die Erzählungen liefern, Dinon als Vorlage plausibel machen zu können: Auf die Anekdote mit Omises, die Plutarch hier nur kurz als erstes seiner Beispiele für die – seiner Meinung nach scheinbare – Leutseligkeit und Güte des Artaxerxes anführt (Art. 4, 3; noch einmal in mor. 174A; sie wird bei Ail. var. 1, 33 etwas ausführlicher wiedergegeben), folgt bei Plutarch eine weitere über einen armen Untertan, der Artaxerxes II. nur eine Handvoll Wasser aus einem Fluss anbieten kann (Art. 5, 1). Auch diese Episode findet sich in Ailians Varia historia (1, 32), dort nur erneut ausführlicher und unter Nennung des Namens des armen Mannes (Sinaites) und des Flusses (Kyros; hierzu S. ‹, s. auch S. 143 zu Plut. Art. 5, 1, 95 zu Plut. Art. 1, 3, › ‹). Auch diese Geschichte findet sich noch einmal in › Plutarchs Werk (mor. 172B). Diese Gruppierung zweier Anekdoten in drei Werken von zwei verschiedenen Autoren kann nicht zufällig sein. Zwar gibt es Unterschiede in der Anordnung, aber nicht nur in den Grundzügen, sondern auch in Details, wobei sogar wörtliche Wiederholungen zu finden sind
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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(so z.B. in der Anrufung Mithras etc.), sind die Schilderungen identisch. Da nun Ailian später in seinem Werk angibt, Dinon genutzt zu haben (var. 7, 1) und auch Plutarch dieses von sich sagt, hält S TEVENSON jenen für eine wahrscheinliche Vorlage. Zwar ist der Kontext, in dem Ailian Dinon zitiert, ein vollkommen anderer: (dies ist ein Ausschnitt aus den , nicht aus den ), aber dass Ailian somit Dinon wohl auch für Fragen der persischen Geschichte genutzt hat, lässt sich – hierin mag man S TEVENSON folgen – zumindest vermuten. Allerdings erlaubt ein Vergleich zwischen Plutarch und Ailian, für diese Passage Zweifel an der Vorlage Dinon zu äußern. Eine andere Vorlage ist zumindest denkbar. Schon M ANTEY, Quellen, 7f. hat darauf hingewiesen, dass das gruppenweise Auftreten identischer Anekdoten bei beiden Autoren Kompendienliteratur als Vorlage möglich erscheinen lässt. Hinzu tritt noch, dass Plutarch diese Anekdoten noch einmal in den Moralia wiederholt. Dies deutet auf eine Arbeitsweise, die nahelegt, dass Plutarch sich – vielleicht schon in seiner Jugendzeit in seiner rhetorischen Ausbildung, s. B ECK, Declamations, 174f., 188 – eine entsprechende Sammlung angelegt, oder aber, wie schon B RUNK, Varia Historia, 12 als Möglichkeit aufgezeigt hat, ein existentes Anekdotenkompendium (vermutlich geordnet nach Namen) benutzt hat, ohne aber den Leser über dessen Verwendung zu informieren. Häufig verweist , Plutarch in anderen Schriften auf die Nutzung von bzw. . Im Folgenden gibt er dann meist kleinere Anekdoten wieder (so z.B. Plut. Lykurg. 19, 20). Auf genau diese Vorlage mag dann auch Ailian als selbständige parallele Überlieferung zurückgegriffen haben, was plausibel das gruppenweise Auftreten dieser Anekdoten bei beiden erklärt, da Ailian wohl nicht auf von Plutarch verfasste private Notizen zugreifen konnte. Da Ailians Anekdoten auch detailreicher als die Plutarchs sind und u.a. einen weiteren Namen (Sinaites) liefern, ist auch auszuschließen, dass Plutarchs veröffentlichte Schriften Ailians Quelle bildeten (mehr Beispiele s. B RUNK, Varia Historia). Die Vermutung ist daher nicht abwegig, dass beide eine gemeinsame ungenannte Vorlage genutzt haben, Ailian aber das Kompendium einfach vollständiger ausgeschrieben hat (ein weiteres Beispiel für eine parallele Anekdote bietet Plut. Art. 22, 8 ‹). zu Ail. var. 1, 21, s. S. 304, › Diese Nutzung von Anekdotensammlungen durch Plutarch wird in jüngster Zeit intensiver untersucht (›Chrie, Apophthegma und Anekdote‹, zu modernen Definitionen dieser Begriffe s. u.a. H OCK, Introduction, 3–60, L AUS BERG , Handbuch, 536–540; ROHMER , Anekdote; ROBLING , Apophthegma; FAUSER, Chrie – alle drei Gattungen von kurzen Geschichten lassen sich relativ deutlich voneinander unterscheiden, was aber Plutarch nicht davon abgrößtenteils gehalten hat, in seine
Kompendienliteratur
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Tiribazos
2. Kommentar
nach modernem Verständnis Anekdoten wie auch Chreiai und eben Apophthegmata aufzunehmen). Die Anekdoten bei Plutarch sind verstärkt in den Blickpunkt gerückt, genannt seien hier nur VAN DER S TOCKT, Hypomnema; B ECK, Use; ders., Declamations; ders., Anecdote, ebenso S TADTER, Rhetoric und P ELLING, Plutarch, 65–90 (ch. 3). Diese Forschungsergebnisse vermitteln einen Einblick in die Arbeitsweise Plutarchs und in die Verbindungen zwischen bestimmten Schriften der Moralia und den Parallelbiographien. Allerdings berücksichtigen sie meines Wissens nicht die Parallelstellen außerhalb des plutarchischen Œuvres, wie wir sie in den oben beschriebenen Fällen vorfinden, die stark auf eine gemeinsame Vorlage Plutarchs und Ailians hindeuten, also darauf, dass Plutarch nicht nur eigene Notizen verwendet (von diesen wissen wir z.B. aus De tranquillitate animi [mor. 464F]), sondern eben auch auf bestehende Sammlungen anderer Autoren zurückgegriffen hat. Sollte diese Vermutung zutreffen, wäre dies ein weiterer Beleg dafür, dass Plutarch für größere Abschnitte dieser Vita ungenannte Werke genutzt hat (so auch KÖNIG, Persika, 105 und 107). Dies sollte somit den Blick für eben die Stellen schärfen, die Plutarch einem Autor namentlich zuweist: Bei diesen handelt es sich um Sonderfälle der Vorlagennutzung, nicht um die Regel. Die in Kapitel 5 überlieferte Erzählung um Tiribazos ist ein Musterbeispiel für eine Anekdote, da sich eine occasio, eine Einleitung zur Erklärung der Umstände, eine provocatio, eine Handlung, die eine Reaktion hervorrufen muss, und schließlich ein dictum, eine Art Pointe, finden, nach ROHMER, Anekdote, 568–572. Sie weist auffällige Ähnlichkeiten zu einer Erzählung über Demaratos auf, die sich ebenfalls in einer Vita Plutarchs findet (Them. 29, 5–8): Demaratos darf sich auf Aufforderung des Großkönigs (hier Artaxerxes’ I.) etwas wünschen. Sein Wunsch, mit der aufrechten Tiara auf dem Kopf durch Sardeis zu reiten, lässt ihn aber beim König in Ungnade fallen, da die aufrechte Tiara offenkundig ein Zeichen der königlichen Würde war (zur ‹; die Ablehaufrechten Tiara s. S. 337f. zu Plut. Art. 26, 4, › nung eines durch den Großkönig geforderten Wunsches ist hochinteressant, da sonst in der literarischen Überlieferung behauptet wird, dass dies nicht ‹). Das Umfeld möglich sei, s. S. 339f. zu Plut. Art. 26, 5, › um Demaratos reagiert empört und unterstellt ihm geistige Schwäche ( ). Erst die Vermittlung durch Themistokles führt zu einer Aussöhnung. Ganz ähnlich ist die Situtation um Tiribazos und den königlichen Purpurkandys Artaxerxes’ II. (ebenfalls ein Zeichen des Königtums, s. hierzu ‹). Allerdings lässt Artaxerxes II. TiS. 154f. zu Plut. Art. 5, 3, › ribazos großmütig (oder eben nach Plutarch: nicht durchsetzungsfähig) gewähren, da Tiribazos offensichtlich verrückt sei (ähnlich wie Demaratos).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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Beide Anekdoten sind im Grunde identisch, nur dass ein Wechsel der Personen und des königlichen Symbols stattgefunden hat. S TEVENSON, Persica, 27 meint auch hier Dinon als Vorlage identifizieren zu können, da Plutarch ihn als Quelle für die Themistokles-Vita nennt (Them. 27, 1). Für die Anekdoten um Omises (Plut. Art. 4, 5), Sinaites (Plut. Art. 5, 1) und auch für die Eukleidas-Anekdote (Plut. Art. 5, 2) ist S TEVENSONs Argumentation nicht zwingend. Für diese Textstelle führt sie aber noch einen weiteren Aspekt an: Tiribazos scheint im Werk Dinons eine wichtige Rolle gespielt zu haben (so wissen wir aus der Konon-Vita des Nepos, der Dinon für einen der besten Gewährsmänner für die persische Geschichte hielt [Nep. Konon 5, 4], dass Tiribazos in den Persika Dinons eine überaus prominente Stellung eingenommen hat, s. hierzu auch S TEVENSON, Lies, 29 mit Anm. 8), während er z.B. in den Fragmenten des Ktesias überhaupt nicht erwähnt wird. S EEBERG, Fontibus, 24 meint dies mit Überlieferungsausfall begründen zu können, was nicht gänzlich unmöglich, aber nicht plausibel ist, da Tiribazos auf keinen Fall eine prominente Rolle in Ktesias’ Persika gespielt haben kann – ein vollständiges Fehlen dieser Figur wäre sonst nicht erklärbar. Dinon nun als Vorlage für diese Erzählung um Tiribazos anzusehen, besitzt daher schon Gewicht (s. hierzu auch schon S MITH, Study, 12f.; S TE VENSON , Persica, 12f.: »Deinon drew substantially on a source that was both favourable and close to Tiribazus«). Allerdings bereitet die Darstellung eines unbedachten Tiribazos Schwierigkeiten, da von einer positiven Charakterisierung hier nicht die Rede sein kann. Er erscheint hier etwas leicht) und irregeleitet, unbesonnen ( ). An vielen sinnig ( Passagen wird aber deutlich, dass Dinon wohl Tiribazos als Held dargestellt hat (z.B. in Plut. Art. 10, 1). Natürlich könnte diese Kritik auch schon in Dinons Werk gestanden haben (s. S TEVENSON, Lies, 31 mit Anm. 13 und dies., Persica, 12), auch Eingriffe Plutarchs (eigenständige Korrekturen an Dinons Überlieferung) wären denkbar. Auch die schon angesprochene Nutzung einer bestehenden Anekdotensammlung oder gar eine freie Adaption einer bekannten Anekdote durch Plutarch sind nicht auszuschließen, so dass hier nur die Erkenntnis des vollständigen Nicht-Wissens stehen kann. Für Plutarchs kurze Notiz zur königlichen Tafel, zu der Artaxerxes II. auch seine beiden jüngeren Brüder hinzugezogen hat, sieht S TEVENSON, Persica, 28 erneut keinen Grund, nicht auch diese Information Dinon zuzuweisen, wie sie es auch schon in den vorgenannten Beispielen getan hat (s.o. zu den Zweifeln an dieser These). Wir wissen zwar, dass auch Herakleides ähnliches berichtet hat, aber er weicht im Detail von Plutarchs Schilderung ab: Er lässt die Königinmutter und die Brüder aus, erwähnt dafür aber Söhne des Großkönigs (FGrH 689, F 2 = Athen. 4, 145D). Als Vorlage scheint er somit auszufallen, wobei anzumerken ist, dass Herakleides nicht die Tafel eines bestimmten Großkönigs beschreibt, sondern allgemeine Informationen
Die königliche Tafel
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2. Kommentar
liefert, somit natürlich gerade dann Plutarch den Stoff liefern könnte, ein abweichendes Verhalten des Artaxerxes zu konstatieren. S TEVENSON nennt ihre Gründe für eine Zuweisung an Dinon nicht, so dass man nur vermuten kann, dass in ihren Augen die Häufung von Textstellen aus Dinons Werk in diesem Kapitel (was nicht beweisbar ist) zu dieser Annahme führt. Ihre These könnte gestärkt werden, wenn sich, wie von S MITH vermutet, die erste Erwähnung der beiden Brüder (Ostanes und Oxathres in Plut. Art. 1, 2) sicher auf Dinon zurückzuführen ließe, was aber nicht der Fall ist. S TEVENSON sieht zudem Ktesias als Plutarchs Vorlage an jener Stelle, so dass sie ihre Position schwächt. Wie bereits gezeigt (s. S. 91–94 zu ‹), können diese Namen aber nicht Plut. Art. 1, 2, › aus Ktesias’ Werk stammen. Die Wiederholung hier und der Kontext ihrer ersten Erwähnung erlauben nicht mehr als den Schluss, eine Vorlage, nämlich Ktesias, auszuschließen. Wirkliche Anhaltspunkte, diese Passage Dinon zuzuweisen, sind nicht zu sehen. So sind auch diese beiden Kapitel wieder von einer parallelen Nutzung mehrerer Quellen geprägt. Plutarch hat mindestens auf Xenophon und wohl Dinon, sehr wahrscheinlich auch auf ein Anekdotenkompendium zurückgegriffen. Die Satrapentafel
: Plutarch nennt hier einen Grund 4, 1 für die Rebellion des Kyros, den er in der Literatur gefunden hat, aber nicht teilen mag: Kyros habe sich von seinem Bruder übervorteilt gefühlt, da er ) erhalten hanicht genügend für seine tägliche Tafel ( be. Diese Erklärung verwirft Plutarch aber sogleich als töricht. Zwei Fragen stellen sich nun zu dieser Textstelle: Wer sind die namenlosen Autoren, die Plutarch zitiert (s. hierzu bereits S. 126f. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹), und ist deren Begründung wirklich so haltlos, wie Plutarch meint? Wenn wir auch nicht wissen, welche Quelle(n) Plutarch hier verwirft (und er nimmt die Information doch wenigstens so ernst, dass er sie im Folgenden mit Argumenten widerlegt und Xenophon als Gewährsmann anführt), so kann aber immerhin festgestellt werden, dass die Behauptung nicht ganz so töricht ist, wie Plutarch schreibt. Das schon oben (s. zur Tafel des Königs, S. 131) erwähnte Herakleides-Fragment zeigt, dass es unter den Achaimeniden ein streng reglementiertes, hierarchisches System der Essensrationen gab, das sicherlich Anlass zu Streit und Eifersüchteleien geboten hat (FGrH 689, F 2). Dieses Verteilungssystem ist uns nicht nur aus den Werken griechischer Autoren, sondern auch aus den ›Walltäfelchen‹ (Persepolis Fortification Tablets) und den ›Schatzhaustäfelchen‹ (Persepolis Treasury Tablets) aus dem frühen 5. Jahrhundert bekannt, die einen Blick auf ein System der Distribution gewähren, das von den einfachen Arbeitern bis zum Hochadel Gültigkeit besaß (s. L EWIS, Sparta, 4f.). B RIANT, Cyrus, 403 meint so-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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gar von einer ›Steuer‹ für die Tafel des Satrapen sprechen zu können. Hierfür verweist er neben unserer Plutarch-Stelle auch auf eine Schilderung aus den Hellenika Xenophons (4, 1, 33), in der beschrieben wird, wie sehr Pharnabazos unter den Plünderungen der Truppen des Agesilaos in seiner Satrapie zu leiden gehabt habe: Er habe nicht einmal etwas zu essen in seinem eigenen Lande ( ). Diese mutmaßliche Steuer scheint für die Versorgung der Satrapen – also der königlichen Vertreter in den Provinzen, die in ähnlicher Weise wie der Großkönig Hof hielten – bestimmt gewesen zu sein. So gab es auch bestimmte Ländereien im Achaimenidenreich, aus , nach B RI denen die Versorgung des Königs bestritten wurde (griech. ANT , Cyrus, 420 »crown lands«), auf Reisen war das gesamte Reichsgebiet verpflichtet, den König zu versorgen, s. hierzu K LINKOTT, Satrap, 150–156. Diese Textstellen sind, wie auch B RIANT, Cyrus 403 einräumt, sehr vage, aber zeigen seiner Meinung nach, dass mit dem Mahl des Satrapen handfeste finanzielle Ansprüche verbunden waren, wie auch eine Passage aus Nehemia (5, 14–18) belegt (s. hierzu H ELTZER, Taxation). : Aus den griechischen Quellen ist uns der große persönliche Reichtum einiger achaimenidischer Königinnen bzw. königlicher Frauen, der ihnen offensichtlich zur freien Verfügung stand, durchaus bekannt. So erwähnt Xenophon die syrischen Besitzungen (Dörfer) der Parysatis am Fluss Chalos, aus denen sie die finanziellen Ressourcen geschöpft habe, um ihren Sohn Kyros zu unterstützen (Xen. an. 1, 4, 9). An anderer Stelle nennt er außerdem auch ihre Besitzungen in Medien (Xen. an. 2, 4, 27: Tissaphernes erlaubt den durchziehenden Griechen unter bestimmten Auflagen, diese Dörfer zu plündern). Außer den griechischen Schriften (so Hdt. 2, 98, 1; Ktesias, FGrH 688, F 16 (65); Athen. 1, 33F) liefern u.a. auch die Texte des neubabylonischen Murašû-Archives als wichtige Quelle Aufschlüsse über die wirtschaftlichen Aktivitäten der hochadligen Frauen (zum ‹). Neben dem MurašûMurašû-Archiv s.o. S. 88 zu Plut. Art. 1, 2, › Archiv sind uns auch Tontäfelchen aus Persepolis (Fortification Tablets) erhalten, die über Landbesitz der königlichen Frauen berichten. Aus diesen Keilschrifttäfelchen erfahren wir z.B., dass Parysatis Teile ihrer Ländereien verpachtet und so einen Gewinn erwirtschaftet hat, sie wäre also finanziell durchaus in der Lage gewesen, ihren Sohn zu unterstützen (C ARDASCIA, Archives, 7 mit Anm. 1 u. 95f.; L EWIS, Sparta, 22; B ROSIUS, Women, 123– 144). 4, 2f. : Zu dieser Passage s. bereits oben ausführlich S. 127f. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹.
Der Reichtum der Parysatis
Söldnerheer
134 Kyros vs. Tissaphernes
2. Kommentar
4, 3 : Nach der Ablösung des Tissaphernes durch Kyros auf Wunsch Dareios’ II. (um 407, s. hierzu S. 123f. zu ‹) und seiner Beschränkung auf die KüstenregiPlut. Art. 3, 3, › on Süd-West-Kleinasien (Karien) ist eine Rivalität zwischen diesen beiden Satrapen u.a. um den Einfluss auf die griechischen Poleis entstanden, wie wir ebenfalls aus der Anabasis wissen. Xenophon berichtet, dass es Kyros nach und nach gelungen sei, die griechischen Städte zum Abfall von Tissaphernes zu bewegen, der nur noch in Milet nach der Vertreibung der dortigen Oligarchen eine gefestigte Stellung habe einnehmen können. Kyros habe die Vertriebenen aufgenommen und diesen Streit mit Tissaphernes um Milet als Vorwand für seine extensiven Rüstungen gegen den Großkönig genutzt (Xen. an. 1, 1, 6–9). Da Kyros die Tribute der griechischen Städte an den Großkönig regelmäßig entrichtete, war es für die Zentralgewalt offensichtlich unwichtig, wer die Zahlungen eintrieb, s. M ANFREDINI, Plutarco, 274f. L ENDLE, Kommentar, ad 1, 1, 6–8, 10 deutet Artaxerxes’ Verhalten als laisser-faire und meint hierin ein Zeichen von Schwäche zu erkennen, da die wichtige Westgrenze vernachlässigt worden sei: »Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die damals schwache Stellung Artaxerxes’ II., daß er nicht für Stabilität an der wichtigen Westgrenze seines Riesenreiches sorgte, sondern den Dingen einfach ihren Lauf ließ.« Hierbei lässt er sich aber von der voreingenommenen und eingeschränkten Sicht der griechischen Quellen täuschen. L ENDLE stellt selbst fest, dass es sich bei dem von den Achaimeniden kontrollierten Raum um ein »Riesenreich« gehandelt habe und liefert somit auch den Schlüssel zu einem besseren Verständnis der Passage. Da das Augenmerk der griechischen Historiker auf Kyros und seinen Vorbereitungen lag, wurden andere Ereignisse, die plausibel die ›Vernachlässigung‹ dieser Region durch Artaxerxes erklären, übersehen (s. B RIANT, Cyrus, 616– 620, 986f.). Gleiches gilt auch für einen großen Teil der Forschung, der sich hauptsächlich mit den griechischen Söldnern und den Ereignissen um Kyros befasst hat (z.B. L ENDLE, Marsch; ders., Xenophon; J OANNÈS, L’itinéraire; T UPLIN, Track u.a.). Massive Rüstungen des Großkönigs in Phoinikien unter Abrokomas (Xen. an. 1, 4, 5, der aber wohl mit 300000 Mann etwas zu hoch greift – diese Truppen werden später gegen Kyros am Euphrat Stellung beziehen, an. 1, 3, 20) deuten darauf hin, dass größere militärische Operationen in Ägypten (wohl im Nildelta) anstanden, wo offenbar schon um 404 ein Aufstand ausgebrochen war, wie Dokumente aus Elephantine bezeugen (die Datierung von DAE 7 [AP 35] von September 400 nennt das fünfte Regierungsjahr eines Königs Amyrtaios, der sich offenbar 404 in Teilen des Nildeltas erhoben hatte, während Oberägypten bis sicher 401 noch unter persischer Hoheit stand, da DAE 53 [BMAP 12] 401 noch Artaxerxes als König führt). Diese Vorgänge dort, die Artaxerxes’ Aufmerksamkeit banden, erklären, weshalb er sich über die Rivalität der beiden Satrapen freuen
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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konnte bzw. sie unterstützte: Die bewusste Unterstützung einer Konkurrenzsituation war vorerst geeignet, seinen jüngeren Bruder, über dessen Aktionen der Großkönig früh informiert war (s.u.; vielleicht schon um 404/3), unter geringen Aufwendungen durch die Zentralgewalt unter Kontrolle zu halten. Xenophons und Plutarchs Interpretationen passen auch zu gut in das gerade von Plutarch vertretene Bild des passiven Großkönigs (s.u. S. 136 zu Plut. ‹) im Gegensatz zu seinem energischen und Art. 4, 4f., › ambitionierten Bruder (s.u. S. 162f. zu Plut. Art. 6, 1, › ‹). Dieses Bild deckt sich aber eben überhaupt nicht mit der Erfolgsbilanz Artaxerxes’ II. Die Annahme eines passiven Großkönigs, der sich von Kyros und Parysatis so leicht habe täuschen lassen, wird außerdem durch die Erzählung Xenophons über Orontas zu Fall gebracht (Xen. an. 1, 6): Im Prozess gegen Orontas, der mehrfach offen gegen Kyros agiert hat, erfährt der Leser, dass dieser zwar von Dareios II. Kyros zum Untertan gegeben worden sei, aber dann auf Befehl Artaxerxes’ II. – im Besitz der Akropolis von Sardeis – gegen Kyros offen Krieg geführt (1, 6, 6) und trotz wechselseitiger Bürgschaften sich erneut mit den Mysern gegen ihn erhoben habe (1, 6, 7). Diese Passage zeigt deutlich, dass Artaxerxes offenkundig nicht passiv-reaktiv und uninformiert war, sondern durchaus – mit vorerst geringem Aufwand für die Zentrale – über Mittelsmänner lange vor dem Marschbeginn im März 401 agiert hat (hierzu B RIANT, Cyrus, 617f.). Ferner deutet Xenophon an, dass es noch zu zwei weiteren Hinrichtungen von Adligen im Lager des Kyros gekommen sei: So wurden wegen angeblichen Verrats Megaphernes, der in königlichen Diensten stand, und ein weiterer namenloser Würdenträger hingerichtet (Xen. an. 1, 2, 20). Zudem haben wir Hinweise darauf, dass Artaxerxes schon 404/3 durch Pharnabazos über die wahren Hintergründe der Rüstungen seines Bruders informiert gewesen ist. Diodor überliefert eine Tradition (Ephoros; Diod. 14, 1), die sich in Grundzügen auch bei Nepos (Alk. 9f.) und Plutarch (Alk. 37; 39) findet: Nach der Schlacht von Aigospotamoi sei Alkibiades zu Pharnabazos nach Daskyleion geflüchtet. Da er von Kyros’ Absichten gewusst habe, meinte er, sich durch diese Information mit dem Großkönig gutstellen zu können, um so seine Rückkehr nach Athen vorantreiben zu können. Er habe Pharnabazos um Geleit gebeten, sei dann aber auf dessen Befehl auf der Reise getötet worden, damit der Satrap, der auch zum Großkönig aufgebrochen war, sich selbst durch diese Information die Gunst Artaxerxes’ II. sichern konnte. Auch Isokrates weiß zu berichten, dass der Großkönig bereits frühzeitig über Kyros’ Rüstungen in Kenntnis gesetzt war, diese allerdings nicht ernst genommen habe (Isokr. or. 9, 58). Diese Schilderungen widersprechen zwar den Versionen Xenophons (an. 1, 2, 4; 2, 3, 19) und Plutarchs (Art. 6), dass Artaxerxes durch Tissaphernes
Orontas
Kein Geheimnis
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2. Kommentar
informiert worden sei, aber in der Tat lassen sich – bei aller Vorsicht gegenüber Harmonisierungen von divergierenden Überlieferungen – beide Überlieferungsstränge plausibel in Einklang bringen (s. B RIANT, Cyrus, 618– 620). Da Diodor an einer weiteren Stelle (später im Handlungsverlauf, 14, 22, 1) die frühzeitige Unterrichtung des Großkönigs durch Pharnabazos noch einmal erwähnt, die den König dann zur Mobilisierung seines Heeres veranlasst habe, scheint eine einfach Verwechslung von Pharnabazos und Tissaphernes weniger plausibel. Auch die beschriebene Route des Alkibiades muss ihren Ausgangspunkt von Daskyleion, dem Satrapensitz des Pharnabazos, genommen haben. Das fehlende Engagement des Großkönigs erklärt sich plausibel durch die Probleme in Ägypten, so dass er auf seine Gewährsleute in Kleinasien (Pharnabazos, Tissaphernes und Orontas, dessen Aktionen auch genau in diese Richtung zu deuten scheinen) vertrauen musste. Der von Xenophon und Plutarch (nach der Vorlage Xenophons) erwähnte Ritt des Tissaphernes mit 500 Reitern (einer nicht geringen Anzahl für eine Benachrichtigung – Kyros, immerhin ein Sohn des Großkönigs war mit ›nur‹ 300 Hopliten zu seinem Vater aufgebrochen, s. Xen. an. 1, 1, 2, s. hierzu auch ‹) im Frühjahr 401 S. 103–106 zu Plut. Art. 2, 3, › ist dann eher als eine sofortige Reaktion des Tissaphernes zu werten, sich für die nun bevorstehende Schlacht dem Großkönig zur Verfügung zu stellen. In der Tat erhielt er auch eine hohe Position im Heer, s. hierzu S. 123f. ‹. Dies muss Xenophon dann wohl entsprezu Plut. Art. 3, 3, › chend fehlinterpretiert haben – die Orontas-Episode hat er überhaupt nicht in diesem Zusammenhang gesehen. Diese Stelle zeigt gut, dass die Kenntnis der griechischen Quellen nicht ausreicht, ein adäquates Bild der Verhältnisse im Achaimenidenreich zu zeichnen. Anderer Ansicht ist B LECKMANN, Weg, 54 mit Anm. 48 u. 494–496, der nicht von einer Fehlinterpretation Xenophons, sondern einer Namensvertauschung bzw. einer Personenkontamination (Tissaphernes, Pharnabazos) bei Ephoros ausgeht und deshalb konsequent Xenophons Version den Vorzug gibt. Artaxerxes’ Charakter
: Da Plutarch hier den xenophontischen Bericht 4, 4 verlässt, dem er bis hierher in Paraphrase gefolgt ist, hat sich die Quellenforschung bemüht, seine Vorlage zu identifizieren. H AUG (Quellen, 92) meinte, Ktesias, S MITH (Study, 10f., dem neuerdings S TEVENSON, Persica, 27 folgt), Dinon identifizieren zu können. Aber schon M ANTEY, Quellen, 7f. hat für die Passage Plut. Art. 4, 4–5, 6 die Nutzung eines Anekdotenkompendiums vermutet, s. hierzu S. 128–131 zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹). Allerdings muss hier genauer getrennt werden zwischen der Charakterisierung des Großkönigs und den folgenden Beispielen (ab Art. 4, 5). In Art. 4, 4 liegt m.E. eindeutig ein kleines Stück reiner plutarchischer Bewertung vor.
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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Bestimmend sei für Artaxerxes’ Handlungen seine gewesen, die aber den meisten (unaufmerksamen) Betrachtern als Güte erschienen sei ). Ähnlich wird der Großkönig auch an ( anderen Stellen der Vita beschrieben (s. bereits S. 100f. zu Plut. Art. 2, 1, ‹ und vor allem S. 177 zu Plut. Art. 7, 3, › › ‹: Der Großkönig kann sich nicht zur Entscheidungsschlacht gegen Kyros entschließen und muss erst von Tiribazos ermahnt werden; ferner s. S. ‹; s. hierzu auch 360 zu Plut. Art. 30, 9, › H OOD, Plutarch, 69). Auf der Grundlage seiner Quellenlektüre ist Plutarch zu dieser Einsicht gelangt, die für ihn die Erklärung für das Phänomen liefert, dass die von Xenophon beschriebene Verschleierungstaktik des Kyros und der Parysatis erfolgreich gewesen ist. Für diese Aussage eine Vorlage zu suchen ist daher nicht erforderlich (natürlich ist ihre Existenz nicht auszuschließen). Da in der Literatur vor Plutarch aber offensichtlich verschiedene Erzählungen über die Leutseligkeit Artaxerxes’ II. kursierten, die den König als maßvoll und gerecht erscheinen ließen (Plutarch nennt im Folgenden einige Beispiele), scheint er diese kommentieren und ins ›rechte Licht‹ setzen zu wollen. Es lässt sich hier noch einmal deutlich feststellen: Plutarch liefert kein simples ›Flickwerk‹ seiner Vorlagen, die nur identifiziert werden müssen, um die Fragmente bestimmter Autoren zu erhalten, sondern nutzt Quellen in vielfältiger Weise, um sein Charakterbild seines Protagonisten zu präsentieren. : Art. 1, 1, ›
Gemeint ist hier Artaxerxes I., s. hierzu S. 82–84 zu Plut. ... ‹.
: Der Austausch von Gaben und Geschenken spielt in beinahe allen antiken Kulturen eine wichtige Rolle (zum archaischen Griechenland, s. WAGNER -H ASEL, Stoff). Im Nahen Osten, besonders aber im antiken Iran, scheint diese Sitte aber von eminenter Bedeutung gewesen zu sein, die auch die Griechen, wie die Überlieferung beweist, erkannt haben, die häufig auch in den Genuss solcher Geschenke kamen (z.B. Hdt. 3, 160; 9, 109, 3; Xen. Kyr. 8, 2, 7f.; Xen. an 1, 9, 14–22; Diod. 15, 11, 2; Strab. 15, 3, 21; Plut. Them. 29, 11; Ail. var. 1, 22 u.v.a.m.). Zunächst einmal sei der Blick auf den Großkönig als Gebenden gelenkt: Vielfach erhalten wir durch die königlichen Inschriften der Achaimeniden (aber auch die griechischen Quellen, s. z.B. Hdt. 7, 27–29) Auskunft über eine offenkundig wichtige Qualität eines ›guten‹ Königs: Er bestraft den Übeltäter, belohnt aber die loyalen, wohlwollenden und sich durch Unterstützung des Herrschers auszeichnenden Untertanen:
Artaxerxes I.
gift-giving
Der gebende König
138
2. Kommentar
In these countries, the man who was loyal, him I treated well. (DB §8; Übers. S CHMITT, Bisitun, 50). The man who strove for my (royal) house, him I treated well, who did harm, him I punished severely. (DB §63; Übers. S CHMITT, Bisitun, 71)
Die Bedeutung für die Selbstdarstellung der Großkönige wird auch daraus ersichtlich, dass Dareios seine Nachfolger zu demselben Verhalten verpflichtet: You, whosoever shall be king hereafter – the man who shall be a follower of Falsehood, or (the man) who shall be an evil-doer, to those may you not be friendly, (but) punish them severely. (DB §64; Übers. S CHMITT, Bisitun, 71)
Die Belohnung der loyalen Untertanen findet sich auch in der Inschrift Dareios’ I. aus Naqš-i Rustam und parallel dazu in der Inschrift des Xerxes aus Persepolis: The man who co-operates, for him, according to the co-operation, thus I care for him; who does harm, according to the harm done, thus I punish him. (DNb §2c; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40) What a man achieves or brings according to his powers, by that I become satisfied, and it is very much my desire; and I am pleased and five generously to loyal men. (DNb §2e; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40) What a man achieves or brings according to his powers, by that I become satisfied, and it is very much my desire; and I am pleased and five generously to loyal men. (XPl §2e; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 103)
Diese Belohnungen wurden nicht nur an Einzelpersonen, sondern auch an Völkerschaften und ganze Poleis, wie z.B. Theben, großzügig vergeben (Hdt. 7, 132; 9, 86–88). Derartig ›Belohnte‹werden von den klassischen Autoren ) bzw. nach Herodot (8, 85) perihrem Publikum als ›Wohltäter‹ ( (vielleicht von medisch *varusanha- »weitberühmt«; sisch als S CHMITT, Sprachgut, 131; W IESEHÖFER, Freunde, 8; neuerdings hierzu B RUST, Lehnwörter, 491–494) vorgestellt. Die Namen dieser Wohltäter wurden bei Hofe verzeichnet (Hdt. 8, 90; Thuk. 1, 129, 3), eine Ehrung, die in jedem Fall mit einer reichlichen Belohnung verbunden war. Diese Belohnungen konnten Befreiungen von Abgaben sein, Zugang zur Nähe des Königs oder materielle Gaben wie Landbesitz (als wohl mit bekanntestes Beispiel sei hier Themistokles genannt, bei dessen Ehrungen davon auszugehen ist, dass er den Titel eines ›Wohltäters‹ verliehen bekommen hat, s. W IESEHÖFER, Freunde, 11 m. Anm. 23) oder
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
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wertvolle Objekte (Schmuck, Tafelgeschirr, Pferde etc.). Auch die Erlaubnis zur Teilnahme am königlichen Mahl (dies soll z.B. Dareios nach Hdt. 5, 24 Histiaios versprochen haben) scheint eine dieser Vergünstigungen gewesen zu sein (zum gesamten Themenkomplex s. W IESEHÖFER, Freunde, 7–21, mit einer genauen Analyse der griechischen Bezeichnungen verschie, und ]; ders., Gift-giving, 607–609; dener Ehrentitel [ S ANCISI -W EERDENBURG, Gifts, 133–135; vor allem auch B RIANT, Cyrus, 302–323). Höchstwahrscheinlich erfolgte die Übergabe derartiger Geschenke öffentlich. Das Bankett zur Feier des königlichen Geburtstags (Hdt. 9, 110), die Feierlichkeiten zur Thronbesteigung (Ktesias, FGrH 688 F 15 [49]) und im Rahmen der Designation des Thronfolgers (Plut. Art. 26) werden in der griechischen Literatur u.a. genannt. In allen Fällen handelt es sich um wichtige königliche Zeremonien, was die Geschenke neben ihrem rein materiellen Wert für die Beschenkten, die so an Prestige und Ansehen gewannen, noch wertvoller machte (s. hierzu und zu dem von Hdt. 9, 110 gegebenen terminus S ANCISI -W EERDENBURG, Gifts, 132–135; zum sprachlitechnicus chen Aspekt s. B RUST, Lehnwörter, 655–657). Andererseits konnten derartig öffentlich garantierte Vergünstigungen im Falle illoyalen Verhaltens wieder entzogen werden, einhergehend in schweren Fällen mit öffentlicher Folter oder sogar Hinrichtung (Xen. Kyr. 8, 4, 5; oik. 4, 7; Athen. 11, 464A; Diod. 15, 11, 2; Plut. Art. 16, 2–7, s. hierzu ‹; s. hierzu B RIANT, Cyrus, 319–323 [»A S. 248f., › Precarious Favor«]). Neben dieser Freigebigkeit ist aber auch der Großkönig selbst beschenkt worden, wie auch Plutarch hier erwähnt und im Folgenden durch Beispiele belegt. Einerseits nennt Plutarch die Anekdote mit Omises (s. hierzu S. 140 ‹), andererseits diejenige mit Sinaites zu Plut. Art. 4, 5, › (dessen Name uns aus der parallelen Überlieferung durch Ailian bekannt ist, ‹). s. hierzu S. 140f. zu Plut. Art. 5, 1, › Herodot berichtet, dass vor der Steuererhebung Dareios’ I. die Untertanen den Großkönigen freiwillig Geschenke dargebracht hätten (Hdt. 3, 89). Diese Aussage scheint aber mehr über das griechische Bild der persischen Könige und ihrer Regierungsweise auszusagen als die tatsächlichen Gegebenheiten widerzuspiegeln. Die ›gute alte Zeit‹ unter dem väterlichen Kyros wurde mit der späteren Zeit kontrastiert, in der die Untertanen nicht viel mehr als Sklaven waren, die gehorchen und Tribute entrichten mussten; zum positiven Kyrosbild s. W IESEHÖFER, Kyros a); ferner auch S ANCISI W EERDENBURG, Gifts, 130. Wie auch immer Herodots Aussage zu deuten ist, es steht fest, dass auch später der König noch bei bestimmten Gelegenheiten (so auch auf Reisen) von seinen Untertanen Gaben entgegengenommen hat, wie auch auf den Reliefs in Persepolis zu sehen ist (s. hierzu u.a.
Der nehmende König
140
magisterminister
OmisesAnekdote
Granatapfel
2. Kommentar
WALSER, Völkerschaften, 20–26; ferner C ALMEYER, Darstellung, 42–46). Für die Einwohner der Persis scheinen diese Geschenke, wie uns die griechischen Autoren zeigen, nahezu obligatorisch gewesen zu sein (Ail. var. 1, 31f.; Plut. Art. 4, 5; 5, 1; s. zu den Tributen der unterworfenen Völker und dem Privileg der Steuerfreiheit W IESEHÖFER, Beobachtungen). Derartige Gaben füllten aber nicht einfach die Schatzkammern der Könige, sondern wurden bei passender Gelegenheit für redistributive Zwecke weiterverwendet, da jedes Geschenk überreichlich (auch dies erwähnt Plutarch) vergolten wurde. Für alle Formen dieses Geschenkeaustausches gilt im iranischen Kontext nicht – dies muss deutlich gesagt werden – das auf Egalität und Gleichberechtigung fußende Prinzip »do, ut des«, es handelt sich also keineswegs um gleichberechtigte Partner und somit um den Ausdruck einer reziproken Austauschbeziehung. Ailian berichtet, dass es sich bei den Geschenken nicht immer um kostbare Gaben gehandelt habe, sondern ein jeder habe den König mit dem beschenkt, was er geben konnte. Dies konnte nach Ailian ein Rind oder Schaf, Getreide oder auch Wein sein. Selbst die ärmsten Perser brächten Milch, Datteln, Käse oder Früchte (Ail. var. 1, 31). Dass selbst die geringsten Gaben dem König willkommen waren, wird in der OmisesEpisode thematisiert (s.u.). Der Großkönig erwidert Geschenke dann immer in königlichem Gestus, von einer höher gestellten Persönlichkeit zu einer niedrigeren im Sinne des von M AUSS so bezeichneten magister-ministerGegensatzes, wie er uns hier bei Plutarch zumindest in der Erzählung rund um Sinaites (Plut. Art. 5, 1), besonders deutlich aber in der von Herodot beschriebenen Pythios-Episode entgegentritt (Hdt. 7, 27–29; s. M AUSS, Gabe, 170f.; S ANCISI -W EERDENBURG, Gifts, 139f.). 4, 5 : Diese Episode, die Plutarch hier nur kurz als erstes seiner Beispiele für die – seiner Meinung nach scheinbare – Leutseligkeit und Güte des Artaxerxes anführt (noch einmal in mor. 174A), wird bei Ailian (var. 1, 33) etwas ausführlicher wiedergegeben und stellt zumindest dort (nicht bei Plutarch, der die Belohnung des Omises nicht erwähnt) ein Beispiel für das zuvor angesprochene Prinzip der Gabe und Vergeltung der Wohltat nach den Regeln des Mauss’schen magister-minister-Gegensatzes dar, s. hierzu oben S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4–5, › ‹. Ausführlich zu dieser Anekdote und den weiteren s. S. 128–131 ‹. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › : Der Granatapfel (griech. , bzw. ; lat. malum granatum oder malum Punicum; moderne botanische Bezeichnung: Punica Granatum L.) ist die ca. apfelgroße Frucht des gleichnamigen Baumes, der im Vorderen Orient von Kurdistan bis Afghanistan wild wächst. Zu botani-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 4
141
schen Einzelheiten sowie zur Verbreitung und Kultivierung in der Antike s. H EHN, Kulturpflanzen, 240–248 und B ÖRKER -K LÄHN, Granatapfel. Die Frucht gilt wohl aufgrund ihrer vielen Samen im saftigen Fruchtfleisch in vielen Kulturen als ein Fruchtbarkeitssymbol (dieses hält E NGEMANN, Granatapfel, 694 für nicht belegt). Sie ist z.B. eines der Attribute der semitischen Göttin Astarte und spielt auch in den griechischen Mysterienkulten (z.B. für Persephone) eine Rolle. Zwar erwähnen erst Texte aus der dritten Dynastie von Ur (zweite Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr.) den Granatapfel, aber die ältesten bildlichen Darstellungen stammen aus dem zweiten bis dritten Viertel des 4. Jahrtausends v.Chr. (Funde aus dem Eanna-Tempel in Uruk, s. M UTHMANN, Granatapfel; M UTHMANNs Monographie liefert sehr viel Bildmaterial für die Antike von den ältesten bekannten bis hin zu sasanidischen Darstellungen). Besonders im neuassyrischen Reich erfreute sich der Granatapfel in der Kunst großer Beliebtheit (Ornamentik, Schmuck etc.), und auch bei den Achaimeniden findet er sich als Motiv. Von Herodot wissen wir, dass die Lanzen bestimmter persischer Fußsoldaten im Gefolge des Xerxes mit silbernen und goldenen Granatäpfeln verziert waren (Hdt. 7, 41). Auch in Persepolis findet sich auf Reliefs des Xerxes die Frucht als Motiv. : Es handelt sich bei dem hier genannten Mit(h)ra sicher um eine urarische Gottheit, die wohl bis auf die Wanderungszeit zurückreicht und sich so in den verschiedenen Sprachen und Kulturen erhalten hat. Bei ›Mitra‹ (altind. ved.), ›Mithra‹ (altiran. avest.) und ›Mithras, Mibzw. ) ist somit eindeutig eine Identität der thres‹ (griech. Götternamen festzustellen. Die Etymologie des Namens ›Mit(h)ra‹ gilt als gesichert von ved. ›mitra‹ (Freund, Bündnis, Freundschaft), avest. ›mi ra‹: Vertrag (RUDOLPH, Mitra, 310). Mit(h)ra war für die Beziehungen zwischen den Menschen zuständig, so dass er auch als personifizierter Vertragsgott auftritt (auch der Freundschaft, Ehe, Blutsverwandtschaft), weshalb es plausibel erscheint, dass bei seinem Namen – wie hier bei Plutarch – geschworen wurde (früheste Erwähnung des Mi-it-ra- in einem hethitischen Vertrag Šuppiluliumas I. mit Šattiuaza von Mitanni aus dem 14. Jh. v.Chr., s. V ERMASEREN, Corpus, Nr. 16; in der griechischen Literatur: Xen. oik. 4, 24; Xen. Kyr. 7, 5, 53; Plut. Alex. 30, 8). Im Iran ist er auch als göttlicher Held und später als Sonnengott verehrt worden, wobei er im Avesta ein Yazata/Genius des himmlischen Lichtes ist, der vor Sonnenaufgang erscheint (Identifizierung mit Sol bei Strab. 15, 3, 13; s. C UMONT, Mysterien, 1–14; T URCAN, Mithra, 11; JACOBS, Herkunft, 9–12; O ETTINGER, Mitra, 284f.). Hauptquelle für Mithra ist ein Hymnus des jüngeren Avesta (Mihr-Yašt, Yt. 10), altavestisch ist diese Gottheit nicht belegt. Wie bereits erwähnt, werden in den achaimenidischen Inschriften neben Ahura Mazd¯a auch andere
Mithra
142
2. Kommentar
Gottheiten anonym genannt (s. S. 117 zu Plut. Art. 3, 2, › ‹). Erst unter Artaxerxes II. können wir dann sicher von einer Verehrung Mithras sprechen, da er in mehreren Königsinschriften neben Ahura Mazd¯a und An¯ahita genannt wird (A2 Sa 5; A2 Sd 3f.; A2 Ha 5f.; s. hierzu S. 117f. zu Plut. Art. 3, 2, › ‹; dazu T URCAN, Mithra, 20f.). In einer kurzen Säuleninschrift wendet sich Artaxerxes II. sogar explizit nur an Mithra: »Mithra beschütze mich« (A2 Hb; s. auch S TAUSBERG, Religion, 175). Diese besondere Nähe des Artaxerxes zu Mit(h)ra ließe natürlich auf eine genaue Kenntnis der Quelle Plutarchs über die religiösen Ansichten des Großkönigs schließen. Allerdings ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass diese Gottheit bereits von Herrschern vor Artaxerxes II. verehrt worden ist, worauf u.a. die Fülle zumindest der Form nach theophorer Namen, wie z.B. Mithradates hinweist (S CHMITT, Name, 139–141 mahnt zwar zur Vorsicht, da nicht in allen Fällen das altiranische Theonym *Mi ra- verwendet sei, aber bei dem Namen Mi ra-d¯ata- »von Mi ra gegeben«, könne kein Zweifel bestehen; natürlich muss auch dies nicht zwangsläufig auf eine Verehrung dieser Gottheit hindeuten, auch eine Modeerscheinung ist denkbar). Interessanterweise ist gerade dieser Name altiranisch nicht belegt, aber durch zahlreiche Parallelen (babylon., hebr., aram. etc.; Esr. 1, 8) sicher als *Mi ra-d¯ata- herzuleiten (W IDENGREN, Religionen, 119f.; S CHMITT, Anthroponyme, 111; ‹), weshalb auch dieser mehr hierzu s. S. 207 zu Plut. Art. 11, 5, › Schwur bei Mithra hier nicht zwingend zeigt, dass Plutarch oder eine seiner Quellen eine intime Kenntnis der religiösen Verhältnisse am Achaimenidenhof unter Artaxerxes II. besaß (so früher H AUG, Quellen, 92 und S CHOTTIN, Observationes, 3), was als einziges Indiz keine Zuweisung dieser Textstelle an Ktesias rechtfertigt. Viel eher ist in dieser Passage, wie oben dargelegt, an ein Anekdotenkompendium oder nach S TEVENSON, Persica, 27 an Dinon als Vorlage zu denken.
Artaxerxes 5 Dieses Kapitel ist in engem Anschluss an das vorherige zu sehen und liefert fünf Beispiele, die den scheinbar leutseligen und milden Charakter des Artaxerxes beleuchten sollen. Der Großkönig erscheint als ein in seinen Reaktionen besonnener, maßvoller und bescheidener Mann.
Inhalt
Aufgrund des größtenteils anekdotenhaften Inhalts dieses Kapitels ist eine Datierung der Ereignisse unmöglich.
Datierung
5, 1–6 Art. 4, 1–5, 6, ›
:
Siehe hierzu bereits S. 126–132 zu Plut. ‹.
5, 1 : Diese Anekdote, die Plutarch auch noch einmal in seinen Moralia wiederholt (172b), ist in Anschluss an die Omises‹). Wie beEpisode zu sehen (s. S. 140 zu Plut. Art. 4, 5, › reits dargelegt, wird diese bei Ailian etwas ausführlicher geschildert (var. 1, 32): Der bei Plutarch nicht genannte Protagonist ist ein Mann namens Sinaites, der dem Großkönig nicht einfach Wasser aus irgendeinem Fluss bringt, sondern aus dem Fluss Kyros (s. hierzu S. 95 zu Plut. Art. 1, 3, › ‹). Verschiedene spezifische Aspekte des achaimenidischen Königtums werden in dieser kurzen Schilderung angesprochen:
Quellenanalyse
Sinaites
1. Dieses Geschenk ist für den Großkönig eine besondere Ehre, so dass er Sinaites reich belohnt. Er erhält – so Plutarch und Ailian (der dazu noch ein persisches Gewand erwähnt) – eine goldene Schale und ‹. Auch 1000 Dareiken, s. hierzu S. 146 zu Plut. Art. 5, 1, › des Großkönigs, s. diese Anekdote thematisiert somit die ‹. hierzu S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, ›
Der freigebige König
2. In Ailians Schilderung erscheint das Wasser besonders wertvoll, da Sinaites es aus dem Kyros geschöpft hat. Dies ist aber nicht der einzige besondere Aspekt dieses eigentlich doch unscheinbaren Geschenkes: Wasser als unverzichtbarer Grundstoff des Lebens war und ist in Persien nicht überreich vorhanden. Es muss die Aufgabe des Herrschers in Sorge um seine Untertanen sein, dieses Elixier bereitzustellen und zu pflegen. Die Bedeutung des Wassers in diesem geographischen Raum erklärt auch den ideologischen Sinn der Lagerung von Wasser aus Grenzflüssen des Reiches (Donau und Nil) im königlichen Schatzhaus (nach Dinon, FGrH 690, F 23b). Ferner wissen wir von Agathokles von Kyzikos (FGrH 472), einem Zeitgenossen des Dinon, dass es ein bestimmtes ›goldenes‹ Wasser gab, das zu trinken nur
Der König und das Wasser
144
2. Kommentar
dem König vorbehalten war. Andere Personen wurden angeblich bei Zuwiderhandlung mit dem Tode bestraft, wobei W IESEHÖFER, Wasser, 154 hier nicht den einfachen Untertan, sondern eher potentielle Thronprätendenten vom Tode bedroht sieht. Dieses bestimmte Wasser ist mit dem von Herodot erwähnten Wasser des Choaspes identifiziert worden, das das einzige war, welches der Großkönig trinken durfte (Hdt. 1, 188). Wie eine Anekdote u.a. bei Plutarch zeigt, war dies aber keineswegs ein unumstößliches Gesetz, s. S. 220f. zu Plut. Art. 12, 4– ‹. Es scheint also eher so, dass nicht das 6, › übrige Wasser für den Großkönig tabu war, sondern dass das Wasser des Choaspes besonders gut war (Ktesias, FGrH 688, F 37; Curt. 5, 2, 9; Plin. nat. 37, 156). Für den Großkönig kam nach W IESEHÖFER offenbar nur das beste Wasser wie auch der beste Wein (der chalybonische) in Frage. Neben dem Wasser als Trank spielte es auch für die Bewässerung, also die Fruchtbarmachung des Landes eine wichtige Rolle, zum Großkönig als ›Gärtner‹ und den großköniglichen Gärten ‹; maßs. S. 328f. zu Plut. Art. 25, 1, › gebliche Aufsätze zum besonderen Verhältnis des Großkönigs zum Wasser sind B RIANT, Eau und W IESEHÖFER, Wasser. Reisekönigtum
3. Ferner liefert diese Anekdote auch einen Hinweis auf das achaimenidische Reisekönigtum, also den Brauch der Großkönige, zwischen ihren festen Residenzen (Pasargadai, Persepolis, Babylon, Susa und Ekbatana) zu wechseln (grundlegend hierzu B RIANT, Nomadisme). Dieser Residenzwechsel ist von den antiken Autoren häufig kommentiert worden, so nennt Xenophon als Grund für diese Reisen die klimatischen Bedingungen zu den verschiedenen Jahreszeiten im Reichsgebiet: Der Großkönig versuche, immer in der Frische und Wärme des Frühlings zu leben (Xen. Kyr. 8, 6, 22; weitere Belege: Strab. 16, 1, 16; Athen. 12, 513F; Ail. nat. 3, 13 u.a.). Der Schritt, den orientalischen Herrschern deshalb Verweichlichung und moralische Dekadenz zu unterstellen, war nicht besonders groß, und bereits Xenophon vollzog ihn (Xen. Ages. 9, 5). Ailian hingegen meint hierin die Weisheit der Großkönige zu erblicken, da sie wie die Zugvögel gemäß dem Klima ihren Aufenthaltsort wählen (Ail. nat. 3, 13). Wie auch immer die Griechen diesen Residenzwechsel interpretieren, es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Institution bestand, wobei allerdings aufgrund der Abweichungen im Detail in den Berichten nicht zu ermitteln ist, ob es sich um ein systematisches ›Pendeln‹ mit regelmäßigen, identischen Aufenthalten gehandelt hat (s. hierzu T UPLIN, Migration, der neben den griechischen Quellen auch die Persepolis Fortification Tablets auf ihre Aussagekraft untersucht).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 5
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Wer schon einmal in den Sommermonaten in Susa weilte, wird Verständis für den Großkönig haben und diese klimatische Erklärung durchaus plausibel finden, wie uns u.a. auch antike Quellen deutlich vor Augen führen:
Susis ist zwar ein gesegnetes Land, hat aber eine brennend heiße Luft, und besonders um die Stadt her, wie jener sagt; weshalb auch die Eidechsen und Schlangen im Sommer, wenn zur Mittagszeit die Sonne am heißesten brennt, nicht schnell genug über die Straßen der Stadt kriechen können, sondern mitten darauf verbrennen. (Strab. 15, 3, 10; Übers. F ORBIGER)
Nun ist aber die Flucht vor den im Sommer extremen Temperaturen in der mesopotamischen Tiefebene und ihren Randzonen sicherlich nicht der einzige Grund für die königlichen Reisen gewesen, wie W IESEHÖFER, Persien, 68 zu Recht feststellt, der den politischen Aspekt des Reisekönigtums klar herausstellt und überzeugend als eine Form der Politikausübung in einem gewaltigen und heterogenen Reich sieht (ähnlich B RIANT, Nomadisme, 256f.): Vor Ort kann sich der König so mit den spezifischen regionalen Problemen auseinandersetzen und Kontakt zu den Untertanen aufnehmen, was auch von vielen antiken Autoren bezeugt wird, die u.a. von Zuschauermengen an den Straßen berichten (Curt. 4, 16, 5 weiß, dass Dareios III. noch nach der Niederlage bei Gaugamela auf dem Rückzug von Einwohnern in Straßennähe als König begrüßt wurde; Hdt. 5, 12; Xen. Kyr. 8, 3, 19–23; ein weiteres Beispiel Plut. Art. 5, 6, s. S. 157f., › ‹). B RIANT, Nomadisme, 255 sieht neben einem klimatischen und politischen auch einen historischen Grund für die Residenzwechsel: Da die Basis der Achaimeniden und damit die ideologische Wurzel ihrer Macht in der Persis und Medien gelegen habe (dort gab es immerhin drei Residenzen: Pasargadai, Persepolis und Ekbatana), seien sie (wie nach Strab. 16, 1, 16 später auch die Parther) nicht in der Lage gewesen, Residenzen in Susa und Babylon zu etablieren, ohne auf ihre Ursprünge Rücksicht zu nehmen. Einen weiteren Grund für die Verlegung des Hofes stellten ferner große militärische Aktionen dar, die der Großkönig als oberster Feldherr selbst führte. Auch in diesen Fällen zog der gesamte ›Hofstaat‹ mit dem König mit. So gelang es z.B. Parmenion nach der Schlacht von Issos, den Hofstaat
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2. Kommentar
Dareios’ III. mit Konkubinen und allerlei Bediensteten in Damaskus gefangenzunehmen (Athen. 13, 608A). Planvoll
Keineswegs waren diese Reisen aber durch Spontaneität oder Improvisation gekennzeichnet, wie einige antike Autoren vermitteln wollen, sondern waren bis ins Detail geplante Auftritte bzw. Empfänge des Großkönigs, die sich je nach Region an den einheimischen Bräuchen und Traditionen ausrichten konnten. In diesem Kontext kann auch die Teilnahme des Großkönigs am babylonischen Neujahrsfest gesehen werden, s. hierzu K UHRT /S HERWIN -W HITE, Aspects und K UHRT, Cylinder; auch B RIANT, Nomadisme, 257–263. Zwei Beispiele mögen hier genügen, um dies zu belegen: Nach Herodot (Hdt. 7, 32) sollen Herolde des Xerxes aus Sardeis nach Hellas vorausgefahren sein, um einerseits ›Erde und Wasser‹ zu verlangen, andererseits die geplante Ankunft des Großkönigs rechtzeitig anzukündigen, damit die ›königliche Tafel‹ vorbereitet werden könne (mehr hierzu s. ‹); Ailian überliefert, S. 156f. zu Plut. Art. 5, 5, › dass für eine solche königliche Reise die Einwohner in Straßennähe aufgefordert worden seien, alle Skorpione an der Straße von Ekbatana in die Persis zu töten (anim. 15, 26). Für die Städte und Orte, die der König mit seinem mobilen Hof auf seinen Reisen besuchte, war die Versorgung des Großkönigs und seines Gefolges eine Belastung, da es sich – wie auch die griechischen Autoren bemerken – um tausende Menschen gehandelt haben muss (Curt. 3, 3, 22–25 über den Auszug Dareios’ III. aus Babylon; Diod. 17, 35, 3 über das Gefolge des Großkönigs auf einem Kriegszug; besonders anschaulich sind die Beschreibungen der Ankunft Dareios’ III. in Kilikien, seiner Niederlage bei Issos und der Inbesitznahme des Trosses durch Parmenion bei Curt. 3, 3, 14–25; 3, 13, 10f.). Diese Besuche konnten daher die finanziellen Ressourcen einer Stadt stark beanspruchen.
Die Münzen des Großkönigs
: ›Dareikos‹ ist seit dem 5. Jh. v.Chr. die griechische Bezeichnung für die persischen Münzen allgemein, besonders aber für die Goldmünzen der Großkönige, s. u.a. Hdt. 7, 28f.; Thuk. 8, 28, 4; Xen. an. 1, 1, 9; Plut. Kim. 10 (Silberdareikos) u.v.a.m. Nach antikem Verständnis ist diese Bezeichnung abgeleitet vom Namen Dareios’ I. (Pollux, Onomastikon, 3, 87; 7, 98). In der modernen Forschung ist aber auch die Meinung geäußert worauf das altpersische Wort den, dass sich der griechische Terminus *dari- »golden« zurückführen lasse, es sich bei der Ableitung von ›Dareios‹ also nur um eine Volksetymologie handele (zuerst B LAU, Beiträge, 481f.;
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H ERZFELD, Notes, 416; A LRAM, Daric, 36); B RUST, Lehnwörter, 233–244, wohl sekundär zum bes. 243 ist der Ansicht, dass das griechische sei, dass von altpersisch *d¯arika- »golweit seltener überlieferten den; Goldstück« abgeleitet sei. Neben der Etymologie ist auch die Datierung der Erstemission umstritten, es zeichnet sich aber eine Tendenz ab, die erste Prägung unabhängig von der Herleitung des Namens Dareios I. zuzuschreiben, wie dies auch Herodot schon getan hat (Hdt. 4, 166). Dies muss nicht in Zusammenhang mit der angeblichen Systematisierung der Tributzahlungen unter Dareios gesehen werden, s. hierzu T UPLIN, Administration, 137–145 ‹. und S. 139 zu Plut. Art. 4, 4, › Allerdings ist Vorsicht geboten, da die mutmaßlich volksetymologische Ableitung von ›Dareios‹ zu einer Zuweisung an diesen König geführt haben mag. Es gibt aber zwingende archäologische Beweise, dass es bereits vor 500 eine achaimenidische Gold- und auch Silberwährung gegeben hat. ROOT, Evidence, 8–12 zeigt, dass das Tontäfelchen PF 1495 aus dem 22. Jahr Dareios’ I. (500/499) auf der Rückseite zweimal mit einem Dareikos vom Typ II gesiegelt worden ist (die Negativabdrücke der Münzen sind deutlich zu erkennen, s. ROOT, Evidence, Plate 1, 4). Von diesem eindeutigen terminus ante quem wird der Beginn der Prägung heute auf die Zeit zwischen 515–510 v.Chr. datiert (so schon C HRIST, Numismatik, 42; B RIANT, Cyrus, 408f. [Beginn der Prägung in Zusammenhang mit der Rückkehr Dareios’ I. aus Europa]). Wie literarisch (Herodot) werden die Dareiken auch inschriftlich erst spät erwähnt. Der früheste uns erhaltene schriftliche Beleg stammt von 429/28 (IG I3 383, 17f., 43f., 110f.), was sowohl am Überlieferungsausfall als auch an einer erst sukzessiven Etaliegen kann. blierung des Terminus Ebenfalls umstritten ist auch der Zweck der Prägungen. Die Perser scheinen zu keiner Zeit bemüht gewesen zu sein, den ausschließlichen Gebrauch des Dareikos durchzusetzen, noch lokale Prägungen (z.B. sog. ›Satrapenmünzen‹, städtische oder dynastische Emissionen) zu unterbinden. Ferner bedeutet der hohe Wert des Dareikos, dass er im Tagesgeschäft (auch in Teilstücken) sicher nicht zweckmäßig war (s. ähnlich K RAAY, Hoards, der Elektronmünzen untersucht und festgestellt hat, dass selbst die kleinste uns bekannte Elektronmünze, die kaum handhabbar war, noch einen Tageslohn darstellte). Da ferner auch die Tribute keine eigene persische Münzprägung voraussetzten (griechische Münzen, ungemünztes Silber, Naturalien) und auch militärische Operationen vornehmlich mit Silbermünzen bezahlt wurden (Xenophons Anmerkung [an. 1, 3, 21] zum Monatssold bezieht sich wohl auf den Gewichtsstandard, nicht auf die spezielle Münze, s. B RIANT, Cyrus, 934), betonen H OWGEGO, Geld, 53 und auch B RIANT, Cyrus, 409 den politischen Aspekt der Emissionen: Der neue Großkönig, der durchaus als Usurpator unter legitimatorischem Druck stand, wie auch die Bisutun-
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2. Kommentar
Abbildung 3: Verschiedene Dareiken der Typen I–IVb
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Inschrift deutlich zeigt, wollte sich durch das Münzbild in kriegerischer Pose verbreitet sehen. Ein Dareikos wiegt im Durchschnitt 8, 35g und steht mit den sehr ähnlichen persischen Silberstücken, den Sigloi (z.T. auch als Silberdareikoi bezeichnet), in einem Tauschverhältnis von 1:20 (NAU, Epochen, 14–16; K RAAY, Coins, 32; G OEBL, Numismatik, I, 92; da ein Siglos nach Xen. an. 1, 5, 6 den Wert von 7 1/2 attischen Obolen hatte, müssen also 150 Obolen nach Xenophon einem Dareikos entsprochen haben). Ausschließlicher Prägeort, zumindest achaimenidenzeitlich – die Münze wurde auch noch nachachaimenidisch geschlagen –, war Sardeis. Der Grundtypus zeigt auf dem Avers (Abb. 3) eine bärtige männliche Figur (bei der es sich vielleicht um den Großkönig handelt, was aber umstritten ist; eine Zusammenfassung der Diskussion bei S TRONACH, Coinage, 266–269) im nach rechts gewandten Knielaufschema, die auf dem Haupt zumeist eine Kitaris (s. auch ‹) und einen Bogen trägt, weshalb S. 337f. zu Plut. Art. 26, 4, › (»Bogenschütze«) bezeichnet im Griechischen die Münze auch als wird. Plutarch berichtet in Art. 21, 6, dass Agesilaos beim Verlassen Kleinasiens gesagt haben soll, dass er von 30000 Bogenschützen besiegt worden sei. Denn mit dieser Geldmenge, also 30000 Dareiken, soll im Auftrag Artaxerxes’ II. ein innergriechischer Konflikt entfacht worden sein, der schließlich in den Korinthischen Krieg mündete, der Agesilaos zur Rückkehr auf die Peloponnes genötigt habe. In dieser Form der Politikbeeinflussung mag ein weiterer Nutzen des Dareikos gelegen haben. Spätere Prägungen zeigen die Figur, wie sie in der linken Hand einen Bogen, in der rechten eine Lanze trägt (Abb. 3). Gegen Ende des 5. Jahrhunderts tritt auch noch der Dolch als Attribut im Münzbild auf. Zum Versuch, eine relative Chronologie zu erstellen, s. C ARRADICE, Coinage; grundsätzlich wird zwischen vier Typen unterschieden, für einen kurzen Überblick s. A LRAM, Daric. Auf dem Revers findet sich nur ein oblonges, meist nicht unterteiltes incusum, das man ob seiner Form nicht als quadratum incusum bezeichnen sollte (s. G OEBL, Numismatik, I, 55f.). Der Dareikos war im gesamten östlichen Mittelmeergebiet bis zur Ausprägung des Philippeios unter Philipp II. ab 345 die dominierende Goldmünze (wenn auch lokale Prägungen durchaus erwähnenswert und teilweise sogar in höherer Stückzahl erhalten sind, so z.B. die Prägungen aus Kyzikos, die allerdings Elektronprägungen sind; weitere Literatur s. H ULTSCH, Dareikos; ROBINSON, Beginnings; M ILDEN BERG , Münzwesen, bes. 55–58). 5, 2 : Nach Plutarch handelt es sich bei Eukleidas um einen Lakedaimonier am Hofe des persischen Großkönigs Artaxerxes’ II. Da es aber keinerlei weitere Zeugnisse über ihn gibt, lässt sich über seine Aufgabe/Stellung (Gesandtschaft?) nichts aussagen, s.
Die Bogenschützen
Eukleidas
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hierzu H OFSTETTER, Griechen, Nr. 108, 65. Inhaltlich steht dieses kurze Beispiel für die Milde des Großkönigs gegenüber einem Spartaner in Widerspruch zu Art. 22, 1: Dort erfährt der Leser, dass Artaxerxes nach Dinon alle Spartiaten mit Ausnahme des Antalkidas verabscheut und für die unverschämtesten Menschen gehalten habe:
Daher erwies Artoxerxes, obschon er alle anderen Spartiaten stets verabscheute und sie, wie Dinon sagt, für die unverschämtesten aller Menschen hielt, dem Antalkidas, als er nach Persien kam, die höchsten Ehren. (Plut. Art. 22, 1; Übers. Z IEGLER)
Da wir nicht mit einem Perioiken oder Heloten am persischen Hofe zu rechnen haben, kann demnach Dinon für die Eukleidas-Episode (sofern wir innere Widersprüche in seinem Werk ausschließen) nicht die Vorlage gewesen sein, da sich der Großkönig diesem Spartaner gegenüber zumindest sehr großzügig verhalten hat. Chiliarch
: ›Chiliarch‹ ist ein griechischer Titel, der soviel bedeutet wie »jemand, der 1000 Mann führt«, also eindeutig dem militärischen Gebiet zuzuordnen ist. Der Titel findet sich von der Zeit Alexanders noch bis zum Ende der Diadochenzeit im makedonischen und ptolemaischen Heer (s. hierzu C OLLINS, Office). Dieses Amt wird – wenn auch nicht bezeugt – unter der Herrschaft der Arsakiden weiterbestanden haben, taucht der Titel doch im 3. Jahrhundert n.Chr. unter den sasanidischen Herrschern wieder auf. Er wird in der Inschrift Š¯aburs I. an der Ka ba-i Zardušt in Naqš-i Rustam (ŠKZ) erwähnt (s. hierzu H UYSE, Inschrift, §42, 54f.; BACK, Staatsinschriften; G I GNOUX , Chiliarch, 423f.). Alexander hat mit der Ernennung von Chiliarchen vermutlich das persische Amt des haz¯arapatiš (gleiche Bedeutung wie das griechische Äquivalent) nachgeahmt. Das persische Wort hat auch direkt ins Griechische sei(Plural nach Hesych., › ‹ nen Weg gefunden als (nach Ktesias FGrH 688, [ 1441]) bzw. etwas ungenauer als F 15 [46]). Das persische Heer war nach dem Dezimalsystem gegliedert (Hdt. 7, 81), ein haz¯arapatiš befehligte also eine Einheit von ungefähr 1000 Mann, wie zumindest sein Name vermuten lässt, s. hierzu S HABAZI, Army, 492. Vielleicht hatte diese Organisationsform akkadische Wurzeln, wie S ZE MERÉNY , Iranica V, 354–392 u.a. aufzuzeigen versucht. Es handelte sich im persischen Kontext um ein höheres Offiziersamt, das üblicherweise von persischen und medischen Hochadligen besetzt wurde,
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zum Teil von Familienangehörigen des Großkönigs. Unter den Eliteverbänden des persischen Heeres – bekannt sind z.B. die sogenannten ›10000 Un; Hdt. 7, 87; zu den Unsterblichen und ihrem Namen s. sterblichen‹ ( W IESEHÖFER, Persien, 136, der dort die communis opinio der Forschung zur Bedeutung des Namens dieser Eliteeinheit wiedergibt; ferner G NOLI, Anušiya) – gab es eine Leibgarde des Königs, die unter dem Kommando eines haz¯arapatiš stand.
Abbildung 4: Rechter Abschnitt des ›Schatzhausreliefs‹
Nach Herodot handelte es sich um 1000 Lanzenträger, die am unteren Ende ihrer Lanzen goldene Äpfel als Zier befestigt hatten (Hdt. 7, 41). Der Kommandant dieser Einheit war gleichzeitig der höchste Offizier der gesamten
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2. Kommentar
persischen Armee und zumeist enger Verwandter und auch Vertrauter des Großkönigs, sozusagen ein Chiliarch par excellence (W IESEHÖFER, Persien, 135f.). Dieser Chiliarch ist es auch, der relativ häufig in der antiken Überlieferung auftaucht: Jeder Besucher des Großkönigs musste demnach zunächst die Zustimmung eines Chiliarchen erlangen, bevor man vor den Großkönig treten durfte. So soll z.B. Tithraustes nach Nepos (Konon 3, 2f.) die zweite Stelle im Reich gehalten haben (»primum ex more Persarum ad chiliarchum, qui secundum gradum imperii tenebat, Tithraustem accessit.«). Die meisten antiken Autoren stellen den Chiliarchen also als eine Art ›Großwesir‹ dar, der über entscheidende Kompetenzen verfügte (auch Diod. 18, 48, 4; Plut. Them. 27, 2–7; Ail. var. 1, 21) und den Zugang zum Großkönig regelte. Diese Aussagen haben zu der Annahme geführt, dass die Figur auf dem sogenannten ›Schatzhausrelief‹ aus Persepolis, die vor dem sitzenden Großkönig steht, sich leicht verbeugt und eine ›Kusshand‹ wirft, ein solcher Chiliarch sei (s. Abb. 4) und der Gestus vielleicht die genannte ‹; zum Proskynese zeige (hierzu s. S. 225f. zu Plut. Art. 13, 3, › Relief neuerdings W IESEHÖFER, Ermordung). Allerdings sind die Quellen hierzu nicht eindeutig, so übernimmt z.B. bei Xenophon (Kyr. 1, 3, 8) der Mundschenk Sakas diese Aufgabe. In der Forschung besteht weder über die dargestellte Person (zur Diskussion s. B RIANT, Institutions, 291–298) noch über den Ritus der Begrüßung (?) Einigkeit. B RIANT, Cyrus, 258 stellt aber fest, dass das Bild des mächtigen Chiliarchen, abgesehen von dem teilweise zweifelhaften Wert einiger Quellen, dem widerspricht, was wir über die Strukturen am Hofe des Großkönigs wissen. Der Großkönig wird seine Macht – trotz einer bestehenden Bürokratie (Schreiber, Beraterstab etc.) – nicht delegiert haben, wie u.a. Beispiele höchstrangiger Perser (wie Parnaka, s. hierzu B RIANT, Cyrus, 466–469) zeigen. Er hat sicherlich keinen leitenden, eigenständigen ›Premierminister‹ oder ›Großwesir‹ neben sich geduldet. Das Aufgabengebiet, wie das jedes haz¯arapatiš, ist eindeutig im militärischen Sektor ohne administrative Aufgaben zu suchen. Der Wille des Großkönigs
: Strabon (Strab. 15, 3, 8) weiß nach Onesikritos zu berichten, dass am Grabmal des Dareios eine Inschrift angebracht gewesen sei, die u.a. bestätigte, dass Dareios, der Großkönig, alles tun könne, was er wolle: Mit dieser Aussage liegt Strabon nicht vollkommen falsch, da die altpersische Grabinschrift Dareios’ I. in Naqš-i Rustam tatsächlich folgenden, zumindest tendenziell ähnlichen Satz enthält: »What I have said to them, that they did, as was my desire.« (DNa §4; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 30).
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Ein wiederum ganz ähnlicher Passus findet sich auch in der Inschrift Dareios’ I. in Bisutun: Proclaims Darius, the king: These (are) the countries which fell to my lot; by the favor of Auramazd¯a they were my vassals; to me they brought tribute. What has been said to them by me, either by night or by daylight, that they used to bring about. (DB §7; Übers. S CHMITT, Bisitun, 50)
5, 3f. : Zur Quellenanalyse dieser Erzählung s. bereits S. 130f. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹. : Der hier in der Vita genannte Tiribazos war ein führen5, 3 der persischer Adliger unter Artaxerxes II. Der Name enthält ein Theonym -, wie z.B. auch in Tiridates; Gottheit ›T¯ır‹) und ein Zweitelement ( , wie z.B. auch in Artabazos oder Pharnabazos). Allerdings berei(tet der Name der Onomastik noch erhebliche Probleme, wobei S CHMITT, Iranier-Namen, 115–119 (Tiribazos) und 76 (Pharnabazos) die Meinung vertritt, dass das zweite Glied altiranisch *vazdah- »(etwa:) Kraft, Ausdauer, Gedeihen« wiedergebe und nicht *b¯azu- (»Arm«), wie u.a. J USTI, Namenbuch, 489, Nr. 326b und W ERBA, Personennamen, 391, Nr. 349 meinen. Tiribazos berät Artaxerxes II. vor der Schlacht von Kunaxa (Plut. Art. 7, 3) und hilft ihm im Kampf, indem er ihm nach seinem Sturz ein neues Pferd stellt (s. Plut. Art. 10, 1; nach Xen. an. 4, 4, 4 war dies offensichtlich ein Privileg des Tiribazos). Den griechischen Söldnern auf ihrem Rückmarsch gewährt er freien Durchzug (Xen. an. 4, 4, 4–6) und scheint Tissaphernes nach dessen Hinrichtung als Karanos in Kleinasien (s. S. 123f. zu Plut. Art. ‹) und wohl auch als Satrap in Sardeis nachgefolgt zu 3, 3, › sein. Er verhalf Antalkidas durch Geldmittel zu erneuten spartanischen Flottenrüstungen und verhaftete Konon als Verräter, dem allerdings die Flucht zu Euagoras nach Zypern gelang (Xen. hell. 4, 8, 12–16; Diod. 14, 85, 4; Plut. Ages. 23, 2). 388 kehrte Tiribazos nach einer vorübergehenden Abberufung nach Lydien zurück. Zu seinem wechselhaften Schicksal s. Plut. Art. 5, 3f.; 24, 4 und 27, 9f.: Nach Plutarch gehörte er zeitweise zu den Ersten des Reiches, dann aber – aufgrund der Unausgeglichenheit seines Charakters – sei er gestürzt worden und in Ungnade gefallen. Er war am Zustandekommen des sogenannten ›Antalkidasfriedens‹ beteiligt, den er den griechischen Gesandten in seiner Residenz Sardeis verlas (Xen. hell. 5, 1, 30f.). Er besiegte zusammen mit seinem Schwiegersohn Glos den Euagoras von Salamis (ca. 435–375/74) bei Kition (381), trat aber mit dem kyprischen Stadtkönig in Verhandlungen ein, wofür er von Orontas beim Großkönig angeklagt wurde (Diod. 15, 8). Als Teilnehmer am Kadusier-Feldzug des Großkönigs soll er Artaxerxes und dessen Heer gerettet haben (s. S. 323 zu Plut. Art. 24, 4– ‹) und deshalb hoch geehrt 9, ›
TiribazosAnekdote
Tiribazos
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2. Kommentar
und von der Anklage freigesprochen worden sein. Er soll dann später an der Verschwörung des Dareios, des ältesten Sohnes Artaxerxes’ II., gegen den Großkönig beteiligt gewesen sein und dabei den Tod gefunden haben (Plut. Art. 24. 27–29; Diod. 15, 8f.; s. auch B RIANT, Cyrus, 321f.). Kandys
: ›Kandys‹ ist die griechische Bezeichnung für ein persisches bzw. medisches Kleidungsstück, dessen Name sicher iranischen Ursprungs ist, vielleicht von altpersisch *kandu- für »Mantel« oder *kantu»bedecken«, s. S CHMITT, Candys, 757f. (andere Deutungen s. B ITTNER, Tracht, 189, Anm. 3 und vor allem neuerdings B RUST, Lehnwörter, 290– 297). Die früheste Erwähnung eines Kandys in der griechischen Literatur findet sich bei Xenophon in seiner Anabasis: Es handelt sich hierbei offensichtlich um ein purpurfarbenes Obergewand, das hohe persische Offiziere im Gefolge Kyros des Jüngeren tragen (Xen. an. 1, 5, 8). Ferner berichtet Xenophon von einem bestimmten Ritual: Die Reiter mussten in Anwesenheit des Großkönigs (bzw. hier des Usurpators Kyros’ des Jüngeren) von den Pferden absteigen und ihre Arme in die Kandysärmel stecken (Xen. Kyr. 8, 3, 10). Dies als eine Form von Untergebenheitsbezeugung zu deuten ist naheliegend. Diese Notiz erinnert stark an die Abbildungen in Persepolis: Dort tragen auf den Reliefs mehrere Figuren langärmlige Mäntel mit vorne verschlossenen Ärmeln. B ITTNER, Tracht, 188f. wie auch ein Großteil der Forschung (W IDENGREN, Remarks, 237; VON G ALL, Kopfbedeckung, 145 u.a.), sprechen sich dafür aus, diese Mäntel mit dem bei Xenophon und in anderen griechischen Zeugnissen erwähnten Kandys zu identifizieren. Auch die vermutete Untergebenheitsbezeugung würde mit diesem Befund übereinstimmen. Demnach ist ein Kandys also ein Mantel, der nur auf den Schultern aufliegt und von zwei zu verknotenden Stoff- oder Lederriemen gehalten wird. Die Ärmel sind vorne vernäht und werden normalerweise nicht genutzt (Pollux, Onomastikon 7, 58; s. hierzu allgemein und zum Kandys à la mode grecque M ILLER, Athens, 165–170). Unterschieden werden muss nach Pollux zwischen einem königlichen Kandys, der durch und durch pur), also aus Wolle oder Stoff gefertigt gewesen purn war ( sein muss, und dem weniger wertvollen ledernen Kandys, der nur einseitig purpurn gefärbt war. Bei der von Plutarch erwähnten Anekdote ist dem Tiribazos also offensichtlich sein lederner Kandys beschädigt worden, und er erhielt – auf seinen anmaßenden Wunsch hin – von Artaxerxes II. den dem Großkönig vorbehaltenen Purpurkandys. Die von Plutarch geschilderte Empörung derer, die sahen, dass Tiribazos diesen Mantel sogleich trug, ist daher verständlich, war doch für jeden ersichtlich, dass Tiribazos den Kandys des Großkönigs (ein Zeichen seiner königlichen Macht) trug. Dieses Detail der Anekdote um Tiribazos, die insgesamt strukturell Ähnlichkeiten zu einer Erzählung um Demaratos besitzt (s.o.), erinnert an die Masistes-Epidode, die
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Herodot überliefert (Hdt. 9, 108–112), s. auch S. 339 zu Plut. Art. 26, 5, ‹. › 5, 4 : Im Alten Orient war die auffallende und verschwenderische Fülle von Schmuck – häufig von Männern getragen – nichts Ungewöhnliches. Neuassyrische Reliefs zeigen ein breites Spektrum von verschiedenen Schmuckstücken, weit mehr, als uns dieses die achaimenidischen Reliefs vermitteln. Allerdings gibt es einige Funde aus der achaimenidischen Epoche, die uns ein ungefähres Bild der Schmuckfülle der Achaimeniden vermitteln können. Die Griechen müssen – gemessen an der Häufigkeit ihrer Notizen zu diesem Thema – von der Pracht beeindruckt gewesen sein, wie z.B. ein Bericht Herodots verdeutlicht:
Die [Heloten] streiften durch das Lager [der Perser] und fanden Zelte mit Gold und Silber ausgerüstet, Liegen, reich mit Gold und Silber verziert, goldene Mischkrüge und Schalen und sonstige Trinkgefäße. Und auf den Wagen fanden sie Säcke, aus denen Kessel von Gold und Silber zum Vorschein kamen. Und den umherliegenden Leichen nahmen sie die Armreifen und gedrehten Halsbänder ab und die Kurzschwerter, die golden glänzten, während sich um die buntverzierten Gewänder kein Mensch kümmerte. (Hdt. 9, 80; Übers. M ARG, Herodot)
Es ließe sich eine große Anzahl weiterer Belegstellen aus der griechischen (und auch lateinischen) Literatur anführen, die sich mit diesem Thema befassen (z.B. Hdt. 3, 20; Xen. Kyr. 1, 3, 2; Xen. an. 1, 5, 8; 1, 8, 29; Curt. 3, 7f. etc.). Leider sind von dieser Fülle an Schmuck nur einige Einzelexemplare auf uns gekommen (so z.B. im Oxosschatz, einige schöne Aufnahmen s. A LLEN, Empire, 92f., 98, 130). Eine erste umfassende detailreiche Gesamtschau hat R EHM, Schmuck vorgelegt. Ihre Arbeit zeigt auch deutlich, wie viel aufgrund der schlechten Erhaltungssituation für die Forschung (u.a. durch Raubgrabungen) verloren gegangen sein muss. Aus diesen Gründen ist unser heutiges Bild vom Schmuck der Achaimeniden stark verzerrt. Daher lässt sich auch nicht mehr beurteilen, ob es wirklich bestimmten Schmuck gab, den nur der Großkönig tragen durfte, wie Plutarch es schildert. Allerdings erwähnt Xenophon in seiner Kyroupaideia, dass besonders kostbarer Schmuck nur als Geschenk des Großkönigs getragen werden durfte (Xen. Kyr. 8, 2, 8): Immerhin ist dies ein Indiz für eine besondere Beziehung zwischen dem König und der Erlaubnis, bestimmten Schmuck zu tragen.
Schmuck
156 Die Tafel des Großkönigs
Der speisende König
2. Kommentar
5, 5 : Im Gegensatz zu den übrigen Passagen in diesem Kapitel fehlt dieser Schilderung ein anekdotenhafter Charakter, wobei vor allem das Fehlen eines dictum oder einer Pointe (nach ROHMER, Anekdote, 568) auffällt. Dennoch ist dieser Abschnitt, wie auch die folgende Beschreibung um Stateira, in Zusammenhang zu den zuvor genannten Anekdoten zu sehen. Allen ist gemein, dass sie zum einen den Charakter des Artaxerxes anhand einer mehr oder weniger alltäglich erscheinenden Begebenheit beschreiben: Das Große (der Charakter) spiegelt sich im Kleinen wider (nach Plut. Alex. 1). Zum anderen zeigen alle Episoden ein Verhalten des Artaxerxes, das von der Norm bzw. Tradition abzuweichen scheint. Artaxerxes’ Geste, seine Brüder mit an seine Tafel zu ziehen, scheint Plutarch also auch als ein Beispiel für die bereits weiter oben genannte Unsi; Plut. Art. 4, 4), nicht die Großzücherheit und zögernde Haltung ( ) des Königs zu interpretieren (s. hierzu H OOD, gigkeit und Milde ( Plutarch, 69). Da uns persische Schriftzeugnisse über die Tafel des Großkönigs fehlen, sind wir – wie sooft – auf die griechische Überlieferung angewiesen. Diese variiert allerdings hinsichtlich der Anzahl der Gäste erheblich: Plutarch behauptet hier, dass der Großkönig normalerweise nur mit seiner Gattin und seiner Mutter gespeist habe, Herodot und Xenophon berichten, dass am oder auch Mahl auch die sogenannten Tischgenossen ( bzw. ) teilgenommen hätten (Hdt. 3, 132; 5, 24; 7, 119; Xen. an. 1, des Großkönigs, die sich auch beim 8, 25; Xen. Kyr. 7, 1, 30; zu den Mahl in der Nähe des Köngis aufgehalten haben, s. W IESEHÖFER, Freunde, 11–14). Andere Quellen sprechen gar von bis zu 15000 Teilnehmern (Dinon und Ktesias nach Athen. 4, 146Cf.), wobei Letzteres wohl als Großveranstaltung zu ganz besonderen Gelegenheiten stattgefunden haben muss; denkbar wären hier Ereignisse wie z.B. die Krönung bzw. Thronbesteigung oder der Geburtstag des Königs. Bei diesen offiziellen Gelegenheiten mag der Großkönig auch Geschenke an seine ›Wohltäter‹ ausgegeben haben, wie z.B. besonders kostbares Geschirr von der königlichen Tafel und ähnliches (s. S ANCISI -W EERDENBURG, Gifts, 134; zu den ›Wohltätern‹ des Großkönigs und den Gaben s. auch S. 138f. zu Plut. Art. 4, 4, › ‹). Die von Herodot, Xenophon und Plutarch beschriebenen Mahlzeiten scheinen eher dem ›normalen‹ Tagesablauf entsprochen zu haben und dienten nicht als Zeichen und Mittel der Repräsentation der Macht und des Vermögens des Großkönigs. Die Teilnahme war aber in jedem Fall eine hohe Auszeichnung für die Gäste (s. B RIANT, Table, 35–44 und dens., Cyrus, 286–297).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 5
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5, 6 : Diese Themen (Frauen, Wagen, Eifersucht), wie hier in der Erzählung um Stateira, werden mehrfach in Plutarchs Schriften aufgegriffen. So findet sich die identische Erzählung auch in den Moralia (173f), mit der Abweichung, dass der Leser dort explizit erfährt, dass Artaxerxes seine Gattin angewiesen habe, mit zurückgezogenen Vorhängen zu reisen. Dieses Detail würde sogar noch besser in diese Reihe mit Beispielen der Artaxerxes-Vita passen, aber Plutarch hat es hier ausgelassen. Es finden sich drei der sechs Beispiele aus der Artaxerxes-Vita (4, 5–5, 6) auch in den Regum et Imperatorum Apophthegmata – die Verbindung zwischen den Werken ist deutlich, wobei es aber kaum möglich sein dürfte, hieraus weiterführende Schlüsse zu ziehen (»Welche Version ist die ursprüngliche?« etc.); P ELLING, Plutarch, 65–90 hat sich mit der Nähe der Apophthegmata zu einigen Römer-Viten Plutarchs befasst, s. ferner s. S. 128–131 zu Plut. ‹. Art. 4, 1–5, 6, › In einem gewissen inhaltlichen Widerspruch hierzu steht Plutarchs Schilderung, die Artaxerxes als furchtbar eifersüchtig charakterisiert, wie es bei den Barbaren aber üblich, ja natürlich sei (Art. 27, 1). Diese Erzählung liefert das auslösende Moment für das Zerwürfnis zwischen Artaxerxes II. und seinem Sohn und designierten Nachfolger Dareios, das letztlich dessen Erhebung und Ende nach sich zieht. Allgemein – so Plutarch – gelte es schon als todeswürdiges Verbrechen, den Wagen, den eine königliche Frau benutze, zu überholen oder zwischen diesen Wagen hindurchzufahren. Diese Passage ist wiederum eng mit einer Stelle aus der Themistokles-Vita verwandt, in der Themistokles die maßlose Eifersucht der Perser ausnutzt, um in einem auf allen Seiten mit Tüchern verhüllten Wagen unerkannt zum persischen Hofe zu gelangen (Plut. Them. 26, 4f.). Als Vorlage hierfür wird plausibel Dinon vermutet (s. S TEVENSON, Persica, 27; s. hierzu S. 341 zu Plut. Art. 27, 1, ‹). › Aufgrund des beschriebenen Widerspruchs mag man die Episode um Stateira nicht derselben Quelle wie die Schilderung um den eifersüchtigen Artaxerxes zuschreiben, für die Dinon als Vorlage wahrscheinlich ist, so dass er – natürlich nicht mit Sicherheit, da wir zu wenig über Dinons Werk wissen – für Art. 5, 6 ausgeschlossen werden kann. Es ließe sich zumindest vermuten, dass für die Passagen, die Plutarch sowohl in den Apophthegmata als auch in der Vita des Artaxerxes führt, ein Kompendium und nicht Dinon Vorlage gewesen ist. Dass königliche Frauen in privaten und auch offiziellen Angelegenheiten Reisen unternahmen, wissen wir nicht nur aus den griechischen Zeugnissen (z.B. Ktesias, FGrH 688, F 14 [39]: Amytis, Tochter der Amestris, reist nach Syrien, um ihren Ehemann Magabyxos von einer Revolte gegen den König abzubringen), sondern auch aus den Persepolis Fortification Tablets (z.B. PFa 5, PF 688, PF-NN 2533, die Rückschlüsse über die Reisetätigkeit
Stateira
Reisen
158
2. Kommentar
der Artazostre, der Tochter Dareios’ I. zulassen), s. hierzu B ROSIUS, Women, 91–93. Ferner reisten die Frauen mit dem Hof, wenn dieser von einer Residenz zu einer anderen wechselte, s. hierzu S. 144–146 zu Plut. Art. 5, 1, ‹). ›
Artaxerxes 6 Der Leser erfährt, dass Kyros für seinen Usurpationsversuch die Spartaner um Hilfe ersucht und diese auch erhalten habe. Er soll dann den Marsch gegen seinen Bruder begonnen haben, ohne den griechischen Söldnern das Ziel seiner Unternehmung zu offenbaren. Tissaphernes aber unterrichtet den Großkönig von den Absichten des Kyros, woraufhin Verwirrung am Hofe und ein erster offener Streit zwischen Parysatis und Stateira entstehen.
Inhalt
Die zeitliche Verortung des Inhalts ins Jahr 401 (Frühjahr bis Spätherbst) ist, wie auch bei allen folgenden Kapiteln (Kap. 7–18), die die Schlacht bei Kunaxa und ihre direkten Auswirkungen beschreiben, eindeutig (die letzten Ereignisse mögen vielleicht bereits ins Jahr 400 gefallen sein).
Datierung
6, 1–9 : Es ist zweckmäßig, für eine Quellenanalyse dieses Kapitel in zwei Abschnitte zu teilen, wobei aber nicht mit Gewissheit auszuschließen ist, dass Plutarch für beide eine einzige Vorlage benutzt hat (Dinon?): 1. In Art. 6, 1–5 stehen Kyros, seine Beziehungen zu Sparta und seine Kriegsvorbereitungen im Mittelpunkt. 2. Art. 6, 6–9 beschreibt die Geschehnisse am Hof des Großkönigs, nachdem Kyros’ Absichten aufgedeckt worden sind. Für die erste Sinneinheit ist es schwierig, eine Vorlage Plutarchs zu identifizieren: Sowohl Xenophon und Ephoros, als auch Ktesias und Dinon, die beide im Schlussabschnitt dieses Kapitels erwähnt werden, erscheinen möglich. Zudem ist auch ein Eingriff Plutarchs in seine Vorlagen nicht auszuschließen. Neben den Angaben zu der Größe des griechischen Kontingents der Armee Kyros’ des Jüngeren (s. hierzu S. 170f. zu Plut. Art. 6, 5, › ‹) findet sich sowohl bei Xenophon als auch Diodor das Hilfegesuch des Kyros an Sparta (Xen. hell. 3, 1, 1; Diod. 14, 19, 4f.). Beide Autoren stimmen darin überein, dass der Usurpator Boten nach Sparta geschickt habe, um dort Hilfeleistungen, angesichts seiner Leistungen im Peloponnesischen Krieg, zu erwirken. Von einem Brief, wie ihn Plutarch erwähnt, wissen aber beide nichts. Die Ephoren hätten das Ansinnen des Kyros für rechtmäßig erachtet und den neugewählten Nauarchen Samios (Xenophon in den Hellenika) bzw. Samos (Diodor) mit 35 Schiffen zu Kyros geschickt (unerklärlich ist der Nauarch Pythagoras, der nach Xen. an. 1, 4, 2 unter Leitung des Ägypters Tamos Kyros die Schiffe zuführt, s. L ENDLE,
Quellenanalyse
160
Die Rolle des Klearchos
Ktesias?
›transfer‹
2. Kommentar
Kommentar, 34). Diodor erwähnt ferner, dass die Spartaner 800 Hopliten unter dem Kommando des Cheirisophos bereitgestellt hätten. Diesen nennt auch Xenophon in seiner Anabasis, allerdings beläuft sich die Anzahl der Kämpfer bei ihm nur auf 700, und er scheint nicht im offiziellen Auftrag, sondern als Privatmann zu handeln (Xen. an. 1, 4, 3). L EWIS, Sparta, 138 sieht keinen Grund für Zweifel an einer aktiven spartanischen Unterstützung für Kyros, wie sie außer bei Xenophon (hell. 3, 1, 1) auch bei Diodor offen ausgesprochen wird. Die Unterschiede in der Darstellung zu Plutarch erscheinen nur marginal (Gesandtschaft statt Brief), lassen aber Xenophon und/oder Diodors Quelle als Vorlage wenig überzeugend erscheinen. Problematisch (nicht nur quellenkritisch, sondern auch historisch, s. hierzu S. 169f. zu Plut. Art. 6, 5, › ‹) ist die Tatsache, dass bei Plutarch die Figur des Klearchos die Rolle übernimmt, die bei Xenophon und Diodor Samos/Samios und Cheirisophos innehaben. Diodor überliefert, dass bei Issos die Verbände der Spartaner unter Cheirisophos zum Heer des Kyros gestoßen seien. An dieser Stelle offenbart er auch, dass der Anschein erweckt werden sollte, dass Privatpersonen dem Kyros die Truppen gestellt hätten, obwohl es doch in Übereinstimmung mit den Ephoren geschehen sei (Diod. 14, 21, 1f., so auch Xen. hell. 3, 1, 1 und andeutungsweise auch Xen. an. 1, 4, 3). Ferner kennt er auch Klearchos als Oberkommandierenden der peloponnesischen Verbände in Kyros’ Diensten (14, 19, 8); von einem offiziellen Auftrag ist aber auch hier nichts zu finden. Daher ist vermutet worden, dass Plutarch für diese Notiz nicht Xenophon und vermutlich auch nicht Diodors Quelle genutzt hat, sondern eine bezeichabweichende Vorlage. Ktesias, den Plutarch selbst als net (Art. 13, 7), hier zu vermuten, erscheint plausibel (s. B IGWOOD, Revolts, 345f.; S TEVENSON, Persica, 28), da eben nicht, wie bei Xenophon, erwähnt wird, dass Klearchos in Sparta zum Tode verurteilt worden sei. Er habe stattdessen in offiziellem Auftrag für Sparta agiert. Photios’ Exzerpte können leider kein stützendes Indiz liefern, da sich hierzu nichts in seinen Auszügen der Persika findet. So wäre es in der Tat nicht problematisch, Ktesias als Quelle für diese Informationen anzunehmen (s. auch M ANFREDINI, Plutarco, 277). Zu beachten ist allerdings, dass Plutarch sich in einem Punkt selbst widerspricht: In Art. 8, 4 wirft er Klearchos vor, zu vorsichtig in der Schlacht von Ku(»ungezwunnaxa agiert zu haben, obwohl er doch gen«) für Kyros marschiert sei (s. S. 189f. zu Plut. Art. 8, 4, › ‹), was nicht zu dem von den Ephoren erteilten Befehl hier passt. Dieser Widerspruch muss dadurch entstanden sein, dass Plutarch entweder zwei verschiedenen Quellen gefolgt ist (hier vielleicht Ktesias) oder aber in seine Vorlagen eingegriffen hat. Aufgrund der starken Verkürzungen, die Plutarch hier vorgenommen hat, da er keine Ereignisgeschichte schreiben
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wollte und vermutlich aufgrund der wichtigen Rolle, die Klearchos in der von Plutarch geschätzten Anabasis Xenophons spielt, mag er einen extremen Eingriff, einen ›transfer‹ (s. hierzu Kap. 1.3.1, S. 17–26) durchgeführt haben: Die Handlung einer Figur wird einer anderen, die in diesem Moment für Plutarch wichtiger ist, zugeschrieben. So stacheln z.B. Antonius und Cassius in der Antonius-Vita die Soldaten Caesars kurz vor der Überschreitung des Rubikons durch die Schilderung ihrer schändlichen und rechtswidrigen Behandlung in Rom auf, was in der Caesar-Vita von Caesar selbst getan wird (Plut. Ant. 5, 10 – richtig, wie auch andere Quellen zeigen: Plut. Caes. 31, 3; s. hierzu P ELLING, Adaption, 129f.; dens., History, 93f. mit einem weiteren Beispiel, sowie KONRAD, Sertorius, XLI). Dieser Weg ist zumindest denkbar und durchaus typisch für Plutarchs Arbeitsweise; allerdings stellt ein solches Eingreifen Plutarchs eine zusätzliche Prämisse für die Deutung der Passage dar. Eine Zuweisung dieses Abschnittes an eine Vorlage Plutarchs ist nicht überzeugend möglich. Der zweite Abschnitt, der eine Variante zwischen Ktesias und Dinon liefert, bietet wieder eine der Stellen in dieser Vita, die meiner Ansicht nach deutlich zeigen, dass Ktesias nicht die Hauptvorlage Plutarchs war. Wie schon im Falle des Privatnamens Artaxerxes’ II. (s. S. 96–98 zu Plut. Art. ‹), entscheidet sich Plutarch bei der 1, 4, › Frage nach dem Zeitpunkt der Ermordung Stateiras ebenfalls explizit gegen Dinons und für Ktesias’ Version, aber gefolgt von harscher Kritik am Werk des Ktesias, der in diesem Falle wohl glaubwürdig erscheine, sonst aber ja häufig Ereignisse zeitlich versetzt habe und zu fabelhaften und dramatischen Überzeichnungen neige: (KÖNIG, Persika, 102 weist allerdings darauf hin, dass Plutarch übersehen habe, dass Ktesias Novellen und keine chronologische Geschichte geschrieben hat). Ktesias liefert eine Information, die Plutarch ›besser‹ erschienen ist als die übrige Überlieferung. Der plötzliche Bruch in der Erzählung (Art. 6, 9), der dadurch verursacht wird, dass Plutarch feststellt, dass Dinon hier, also während des Krieges, die Ermordung der Stateira beschrieben habe, Ktesias von diesem Giftmord aber erst später berichte (was die Exzerpte bei Photios bestätigen), deutet darauf hin, dass Plutarch Dinon in der Erzählung gefolgt ist. Dabei hat er aber einen Widerspruch zu Ktesias entdeckt und diesen dann hier thematisiert (s. auch M ANTEY, Quellen, 10). In dieses Bild passen die Vorwürfe, die Stateira bei Plutarch gegen ihre Schwiegermutter erhebt (Art. 6, 7), die sich auf die in Art. 3, 3–6 beschriebenen Ereignisse nach dem versuchten Attentat des Kyros auf seinen älteren Bruder beziehen. S TEVENSON, Persica, 28 meint zwar aufgrund dieses Bezuges gerade Ktesias als Quelle nachweisen zu können. Da die Quellenlage für die Schilderung des Attentates aber keineswegs eindeutig ist und in Ktesias’ (und auch Xenophons) Version Ky-
Dinon vs. Ktesias
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2. Kommentar
ros zu Unrecht des Anschlages verdächtigt worden ist (s. hierzu S. 111–113 ‹), mag sich auch Stateiras Vorzu Plut. Art. 3, 1–6, › wurf nicht unbedingt in dessen Werk einfügen. M ANTEY, Quellen, 10f. hat anhand dieser Stelle Dinon gar als Vorlage für die meisten Passagen dieses Kapitels angenommen, was durchaus berechtigt erscheint, allerdings für den ersten Abschnitt nicht zu belegen ist. Auch wird erneut deutlich, dass Plutarch Ktesias generell kein Vertrauen schenken mochte. Dinon zumindest als Vorlage für die Szenerie am Königshof (Art. 6, 6–9) in diesem Kapitel anzusehen, erscheint gut begründet. Charakterisierung Kyros’ des Jüngeren
Propaganda (1)
: Nach seiner Charakterisierung des Groß6, 1 königs liefert Plutarch hier eine Charakterzeichnung Kyros’ des Jüngeren. Zum einen erfährt der Leser, dass es offensichtlich eine Parteiung am Hof in Art. 6, 2 zu verstehen), gab (so ist auch das die Kyros auf dem Thron sehen wollte; dies würde zu Xen. an. 1, 1, 5 passen. Allerdings ist Plutarchs Charakterisierung dieser Männer als »Aufwiegler« ) nicht positiv. Dass und »Aufrührer« ( gerade diese Kreise Kyros unterstützten, passt nicht zu dem von Xenophon gezeichneten positivem Bild des Kyros. So sagt Xenophon (an. 1, 9, 28): (»Daher bin ich der Überzeugung nach allem, was ich höre, dass niemand von mehr Menschen geliebt worden war, ob es nun Griechen oder Barbaren waren.« Übers. V RETSKA). Ferner betont er gerade den bescheidenen Charakter seines Soldgebers (an. 1, 9, 5). Allerdings ist Plutarchs Charakterisierung innerhalb der Vita des Arta‹ u. xerxes durchaus stimmig (s. z.B. S. 100 zu Art. 2, 1, › ‹ zu Kyros’ S. 187, zu Plut. Art. 8, 3–8, › Fehler bei der Schlacht von Kunaxa). Ob Plutarch hier einer Vorlage folgt oder ob er seine eigene Charakterisierung des Kyros als Gegenbild zu seinem eher passiv-reaktiven Bruder Artaxerxes gibt, ist nicht zu entscheiden, da die gesamte Passage so allgemein gehalten ist, dass eine Zuweisung nicht erfolgen kann. Vielleicht überliefert Plutarch hier den Inhalt legitimatorischer Bemühungen Kyros’ des Jüngeren, sozusagen die Propaganda zur Vorbereitung seines Feldzuges (so B RIANT, Cyrus, 621): Die Lage der Dinge erfordere einen fähigen König, Artaxerxes könne Stabilität und Ordnung im Reich nicht garantieren – dies ist eine Information, die trotz vieler Parallelen dieser Passage zu Xenophons Beschreibungen dort nicht zu finden ist. In Xenophons Schriften wird eine solche Notlage oder Notwendigkeit eines Wechsels auf dem Achaimenidenthron nicht erwähnt (M ANTEY, Quellen, 8). Eindeutig ist aber der propagandistische Charakter dieser Passage, wobei nicht zu entscheiden ist, ob es sich um eine Erfindung Plutarchs bzw. seiner Quel-
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len oder um die Überlieferung historischer Aussagen handelt: Kyros sei seinem Bruder auf allen entscheidenden Gebieten überlegen. Ähnlich fällt auch die Würdigung des Kyros bei Xenophon aus (an. 1, 9, 1–28), wenn sie auch ausführlicher ist. Auch hier gilt Kyros als auf allen Gebieten Bester, der sich schon in seiner Jugend durch Bescheidenheit ausgezeichnet, im Kriegshandwerk Außerordentliches geleistet und seinen Mut (z.B. auf der Jagd) unter Beweis gestellt habe. Interessant ist ferner die Beschreibung des Kyros als guter Gärtner (Xen. oik. 4, 20–25) mit enger Verbundenheit zur Natur, die bei Plutarch fehlt, aber für die Achaimeniden in der Tat eine wichtige Rolle in der Königsideologie spielte, wie an verschiedenen Passagen in der antiken Literatur (Hdt. 7, 31; Plin. nat. 17, 42 u.a.), aber auch an den Gärten der Großkönige zu sehen ist (s. FAUTH, Gärtner; W IESEHÖFER, Wasser, 156– 161; B RIANT, Cyrus, 232–240; ferner S. 328 zu Plut. Art. 25, 1, › ‹). Auch die Charakterisierung als guter Kamerad und Freund findet sich in Xenophons Enkomion auf Kyros (u.a. an. 1, 9, 20–25). Nach Strabon soll am Grabmal Dareios’ I. gestanden haben, dass der Großkönig seinen Freunden immer ein Freund gewesen sei (Strab. 15, 3, 8), so dass nach den griechischen Zeugnissen der gute Umgang mit Freunden für die Achaimeniden wichtig gewesen zu sein scheint. Allerdings findet sich kein derartiger Passus in der uns erhaltenen Grabinschrift in Naqš-i Rustam. Dareios erwähnt zwar, dass er sich um die loyalen und hilfsbereiten Untertanen kümmere (DNb §2e, nach S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40), dies entspricht aber nicht exakt dem von Strabon nach Onesikritos zitierten Text (zum Thema der Übertragung keilschriftlicher Texte ins Griechische, ihrer weiteren literarischen Überlieferung und den dabei entstehenden Fehlern s. H EINRICHS, König, 487–540; S CHMITT, Achaimenideninschriften u. dens., Grammata; s. ferner S. 152 zu ‹). S CHMITT, Achaimenideninschriften, 27f. Plut. Art. 5, 2, › meint daher, dass hier ein Topos vorliege, wie er sich auch auf griechischen Grabinschriften finde und für Texte dieser Art charakteristisch sei (z.B. »den Freunden freund«) – die Authentizität dieser Passage müsse also bezweifelt werden. Dieser Bestandteil großköniglicher Ideologie, der ebenso auch beinhaltet, illoyale Untertanen (›Übeltäter‹) ohne Ansehen der Person zu bestrafen, steht zudem einem Konzept von ›Freundschaft‹ im landläufigen Sinn entgegen (s. zum Thema ›Gabe etc.‹ S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, ‹). › 6, 2 : Es kann kaum einen Zweifel daran geben, dass Kyros neben vollkommen loyalen Anhängern in seinem Umfeld (auch Diod. 14, 19, 9) über Unterstützung bei Hofe verfügte. Anders wäre ein solches Unterfangen wie die Revolte nicht denkbar gewesen, da es ihm nicht um eine regionale Erhebung in Westkleinasien, sondern durch die Stoßrich-
Unterstützung für Kyros
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2. Kommentar
tung seines Zuges um die Kontrolle des Gesamtreiches gegangen ist. Eine Schaltstelle am Hof mit informellen Einflussmöglichkeiten könnte tatsächlich seine Mutter Parysatis gewesen sein. Plutarch hat bereits diese Parteiung als aufrührerisch charakterisiert (s.o. zu Plut. Art. 6, 1) und erwähnt weiter unten (Art. 6, 6), dass Freunde der Parysatis nach Bekanntwerden der Revolte der Teilnahme verdächtigt wurden. In diesem Sinne ist auch Xenophon in der Anabasis (1, 1, 5) zu verstehen: Kyros versucht durch großzügiges Verhalten, Anhänger am Hofe seines Bruders zu gewinnen (s. hierzu auch B RIANT, Cyrus, 622–627). Dies bedeutet nicht, dass Kyros seine Pläne enthüllt hat, aber in jedem Fall hat er diese Personen am Hofe in eine gefährliche Situation gebracht (s. L ENDLE, Kommentar, 9f.). Kyros’ Hilfegesuch
Versprechungen
6, 3–5 : Wie die Quellenanalyse zeigt, ist nicht sicher zu entscheiden, welcher Vorlage Plutarch für diese Passage gefolgt ist; denkbar erscheinen mit Einschränkungen alle für diese Vita bekannten oder möglichen Vorlagen, wobei innere Widersprüche durchaus auch einen Eingriff Plutarchs plausibel erscheinen lassen, so dass sich die Frage nach der oder den Quellen einer Beantwortung entzieht, s. hierzu ‹. ausführlich S. 159–161 zu Plut. Art. 6, 1–9, › 6, 3 : Inhaltlich großteils identisch findet sich diese Klimax an Versprechungen Kyros’ des Jüngeren an die Spartaner (und ebenso die folgenden von Plutarch als prahlerisch bezeichneten Aussprüche) auch in den Regum et imperatorum apophthegmata (mor. 173F), so dass erneut die Nähe zwischen diesen Werken Plutarchs deutlich wird, wie u.a. auch die Omises- und Sinaites-Anekdoten gezeigt haben, s. hierzu S. 128–131 zu Plut. ‹. Xenophon erwähnt in seinem KyrosArt. 4, 1–5, 6, › Enkomion in der Anabasis (an. 1, 9), dass die Strategen und Lochagen, die des Soldes wegen in Kyros’ Dienste getreten seien, erkannt hätten, dass ihnen ein Dienst in Treue mehr einbringe als den monatlichen Lohn (Xen. an. 1, 9, 17f.). Eine inhaltliche Nähe zu Plutarchs Wiedergabe des Briefes, dass der Sold nicht zugezählt, sondern zugemessen werde ( ), scheint gegeben. Ob Plutarch aber diese längere und detailreiche Passage aus dieser Beschreibung Xenophons entwickelt hat, wie F LACELÌERE /C HAMBRY, Plutarque, 219f. ad loc. implizieren, halte ich für unwahrscheinlich, da Plutarchs Kyros-Bild im Gegensatz zu Xenophons negativ gefärbt ist. Diese Form der Erweiterung einer Erzählung um Details sehe ich eher bei einem der Persika-Autoren des 4. Jahrhunderts v. Chr. (Dinon?).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 6
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6, 4 : Dieser Abschnitt steht inhaltlich in engem Zusammenhang mit Art. 6, 1 und könnte, so zumindest B RIANT, Cyrus, 621, ein Reflex der Propaganda des Usurpators sein. Auch diese Passage findet sich in Plutarchs Regum et imperatorum apophthegmata (mor. 173E–F). Abgesehen davon, dass dort erst diese Prahlerei und dann die Versprechungen des Kyros an die Spartaner stehen, sind die Passagen nahezu identisch. In beiden Fällen richten sich Kyros’ Selbstbelobigungen an seine griechischen Ansprechpartner. Zunächst fällt erneut auf, dass Plutarchs Charakterisierung Kyros’ des spreche, Jüngeren nicht positiv ist, da er von ihm sagt, dass er also »großsprecherisch, prahlerisch«. Wie auch schon in Art. 6, 1 weicht Plutarch hiermit von der xenophontischen Charakterisierung des Kyros als u.a. bescheiden ab (an. 1, 9). Plutarch sieht in ihm, im Gegensatz zu seinem eher passiven und vielleicht sogar naiven Bruder, einen ambitionierten, aber auch unruhigen, unbeherrschten und unvorsichtigen jungen Mann (s. auch Art. 8, 3). Es ist bei der Quellenlage nicht zu entscheiden, ob diese Charakterisierung der Vorlage oder der Meinung Plutarchs geschuldet ist. Plutarch sagt selbst, dass seine Sicht auf den Großkönig von der Meinung der meisten ‹). Es ist daher abweiche (s. S. 136f. zu Plut. Art. 4, 4, › nicht abwegig, auch in der Charakterzeichnung von Kyros dem Jüngeren einen Entwurf Plutarchs zu sehen (ein charakterlicher ›Gegenentwurf‹?). Nach Plutarch erhebt Kyros den Spartanern gegenüber den Anspruch, auf fünf Gebieten seinem Bruder überlegen zu sein:
Propaganda (2)
1. Er hat ein stärkeres/kräftigeres Herz (vielleicht auch »ernsteres, würdigeres«: s. Lidd.-Sc., s.v. › ‹, 308, II, 1f.) als sein Bruder ). Wenn das »stärkere ( Herz« als Zeichen besonderen Mutes zu deuten ist, muss es in Zusammenhang zu Vorwurf 5. (s.u.) gesehen werden (hierzu T UPLIN, Doctoring, 342, Anm. 147).
Mut?
2. Er hat einen schärferen Verstand (Z IEGLER) oder ist ein besserer Gelehrter (P ERRIN) ( ). Es ist nicht zu erkennen, ob Plutarch hier Kyros’ Qualität als gerechterer König oder den unter 3. angesprochenen Aspekt (s.u.) meint, dass Kyros ›besser‹ mit den Lehren der Magier vertraut sei. Denkbar ist auch Z IEGLERs Deutung, dass einfach eine allgemeine intellektuelle Überlegenheit gemeint sei. Ein Bezug zur achaimenidischen Königsideologie ließe sich immerhin mit der ersten Vermutung erstellen, da es die Pflicht des legitimen und ›guten‹ Königs war, das Unrechte und die Lüge zu bekämpfen und charakterliche Beherrschung zu bewahren, gemeinhin Zeichen höherer Einsicht:
Ein weiser Mann?
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2. Kommentar
Proclaims Darius, the king: By the favour of Auramazd¯a I am of such a kind that I am friendly to right, (but) I am not friendly to wrong. (It is) not my desire that the weak one might be treated wrongly for the stronk one’s sake, (and) that (is) not my desire that the strong one might be treated wrongly for the weak one’s sake. What (is) right, that (is) my desire. To the man following Falsehood I am not friendly. I am not hot-tempered. Whatever occurs to me in a quarrel, I firmly hold back in my thinking; I am firmly in control of myself. (DNb §2af., Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40) Ein besserer Magier?
3. Er ist ein besserer Magier ( ). Zu diesem Thema s. bereits S. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, › ‹. Cicero behauptet, dass niemand persischer Großkönig werden konnte, der nicht in die Lehren der Magier eingeführt worden sei (Cic. div. 1, 91), und allem Anschein nach waren die Magier für die Erziehung der Königssöhne verantwortlich (Plat. Alk. 1, 121d; Clem. Al. Paidagogos 1, 7, 55, 2; Plut. Art. 3, 3), so dass vermutlich Artaxerxes und Kyros mit den Lehren der ›Reichspriesterschaft‹ vertraut waren. Inwieweit und ob es überhaupt möglich war, mit den Lehren der Magier ›besser‹ vertraut zu sein als ein Konkurrent, ist nicht zu beurteilen, erscheint allerdings verdächtig (zu den Magiern s. bereits S. 115f. zu Plut. Art. 3, ‹). 1, ›
Alkoholkonsum
). 4. Er trinkt und verträgt mehr Wein ( Diese kurze Notiz bei Plutarch (sie findet sich außer in Plut. mor. 173E auch in 620C) könnte darauf hindeuten, dass erhöhter Alkoholkonsum bei den Achaimeniden als eine besondere königliche Qualität galt (so B RIANT, Cyrus, 253). Ktesias erwähnt, dass es während der Opferfeierlichkeiten für Mithra (zu diesem Gott s. S. 141f. zu Plut. ‹) allein dem Großkönig vorbehalten war, Art. 4, 5,› sich zu betrinken (nach Athen. 10, 434E), und dass Xerxes II. nach einer Feier betrunken eingeschlafen und dann ermordet worden sei (Ktesias, FGrH 688, F 15 [48]). Weinkonsum bei den Persern wird in den griechischen Quellen erwähnt (z.B. Hdt. 1, 126; Xen. Kyr. 1, 3, 9f.; Polyain. 4, 3, 32), wichtiger sind aber die Belege in den Persepolis Fortification Tablets (z.B. PF 41, 44, in besonders großer Menge PF 728 und passim). Xenophon erwähnt beiläufig, dass Kyros der Jüngere Wein konsumiert habe (an. 1, 9, 25), wobei ein Qualitätsmerkmal offensichtlich dessen Süße war. Allerdings ist dies kein besonders überraschender Befund, da Wein im gesamten Mittelmeergebiet und Vorderasien (belegt seit dem Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr.) getrunken wurde und Alltagsgetränk aller Schichten war. Aber weder die königlichen Inschriften noch die Reliefs – beide Gruppen sind für Fragen der Selbstdarstellung der Großkönige wichtige Quellen –
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 6
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geben einen Hinweis auf Trinkfestigkeit als Zeichen von Herrschaftsqualifikation, so dass für diese Passage die Sicht zu bevorzugen ist, dass Plutarchs Quellen ein Element der Barbarentopik ausgenützt haben. Intime Kenntnisse um den Alkoholkonsum bei den Achaimeniden stehen nicht hinter dieser Erwähnung. ). Dies ist der 5. Er ist mutiger als sein Bruder ( einzige Vorwurf, der einen direkten Bezug zu den achaimenidischen Quellen aufweist. Die Bewährung des Königs im Kampf und auf der Jagd spricht Dareios I. in seiner Grabinschrift an (s. das Zitat S. 101 DNb §8h), und königliche Jagdszenen finden sich – wenn auch nicht auf den achaimenidischen Reliefs – auf vielen Siegeln der Großkönige (Beispiele hierfür s. B RIANT, Cyrus, 232). Die häufigen Darstellungen auf den Reliefs in Persepolis eines königlichen Helden, der gegen verschiedene Tiere kämpft, lassen sich – bei einer naheliegenden Identifizierung mit dem Großkönig – auch als Variation des Motivs des siegreichen Herrschers sehen. Auch in den griechischen Quellen werden das Verhalten des Königs im Kampfe (Legitimation durch Mut/Sieg: Xen. an. 1, 7, 9; 1, 8, 12; Diod. 17, 6, 1f.; Plut. Art. 8, 2; Plut. Alex. 20, 8; aber auch das Bild des feigen Großkönigs findet sich, s. z.B. Aischyl. Pers. 353–364; 469f. über Xerxes; Diod. 16, 40, 4 über Dareios III.) und die Bewährung auf der Jagd (z.B. Hdt. 3, 129; Xen. an. 1, 9, 5f., Kyr. 1, 3, 15; 1, 4, 7–15; Ktesias, FGrH 688 F 14 [43]) thematisiert, s. B RIANT, Cyrus, 225–232. Allerdings ist die Betonung dieser Qualitäten hier keineswegs originell und lässt nicht zwangsläufig auf einen besonderen achaimenidischen Kontext schließen, da Mut im Kampf und auf der Jagd auch in Griechenland Charakteristika für u.a. Helden und den Adel waren, s. A NDERSON, Hunting, 1–16 u. 57–82; zur Bedeutung der Jagd in Iran s. auch G I GNOUX , Chasse u. B RIANT , Chasses. Es ist nicht auszuschließen, dass Plutarch hier Bruchstücke der Propaganda Kyros’ des Jüngeren überliefert, die darauf abzielte, dem Großkönig seine Legitimation abzusprechen. Hier muss dann besonders der letzte Aspekt (Vorwurf der Feigheit) Beachtung finden. Allerdings ist aufgrund der sehr allgemeinen Aussagen dieses ganzen Abschnittes Skepsis angeraten, ob es sich wirklich um den Reflex der Propaganda des Kyros und nicht stattdessen um konstruierte, aber jedem Griechen plausibel erscheinende Aussagen (aus der Feder Plutarchs oder seiner Vorlage) handelt. Fraglich ist auch, weshalb Kyros seine Legitimation gegenüber den Spartanern herausstellen sollte, die einerseits noch in seiner Schuld standen, andererseits sicher durch handfestere Argumente (u.a. Belohnungen) als die Annahme, dass sie dem geeig-
Bewährung im Kampf
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2. Kommentar
neteren König zur Macht verhelfen würden, zur Teilnahme bewegt worden sind. Skytale
6, 5 : Plutarch scheint hier den Begriff ›Skytale‹ einfach synonym für ›Brief‹ zu benutzen. Allerdings wissen wir aus einer anderen Schrift, dass er unter einer Skytale eine offizielle und verschlüsselte Nachricht verstanden wissen wollte (Plut. Lysan. 19, 5–7). Im eigentlichen Wortsinn bedeutet ›Skytale‹ soviel wie »Stab, Stock«, übertragen auch »Brief, Briefstab«; von den klassischen Autoren wird dieser Begriff fast nicht, und wenn, nur im spartanischen Kontext benutzt. Abgesehen von inhaltlich schwierig fassbaren Erwähnungen bei Archilochos (F 185, W EST) und Pindar (O. 6, 91) findet sich eine Stelle bei Aristophanes (Lys. 991f.), wo die Skytale als eine Art Heroldsstab als offizielle Ausrüstung eines Boten kenntlich wird (s. hierzu W EST, Message Stick, 43). Die Nutzung dieses Charakteristikums eines Herolds als Bezeichnung für die Botschaft insgesamt ist nachvollziehbar (Synekdoche). Thukydides verwendet den Ausdruck nur ein einziges Mal: Ein Bote wird zusammen mit einer Skytale zu Pausanias geschickt (Thuk. 1, 131, 1). Eine Geheimhaltung der Nachricht wird nicht erwähnt und kann hier auch kaum eine Rolle gespielt haben, da Pausanias zu diesem Zeitpunkt ein Privatmann war, also wohl nicht über den ›offiziellen Dechiffrierschlüssel‹ verfügt haben kann (s. hierzu K ELLY, Scytale, 149). Ein ähnliches Bild liefert Xenophon in seinen Hellenika, der dreimal explizit eine Skytale erwähnt, aber nirgends einen Hinweis auf Geheimhaltung gibt, eher im Gegenteil deutliche Indizien für offenen Schriftverkehr liefert (Xen. hell. 3, 3, 8f.; 5, 2, 34; auch sonst finden sich Hinweise auf offenen Schriftverkehr zwischen Sparta und den Kommandanten im Felde/zur See: Xen. hell. 1, 1, 23: Hippokrates, der Epistoleus des Mindaros, schickt nach der Niederlage von Kyzikos einen ] nach Sparta, der aber von den Athenern abgefangen wird; Brief [ eine Verschlüsselung des Inhalts wird nicht erwähnt). Erst kaiserzeitliche Autoren (neben Plut. Lysan. 19, 5–7 auch Gell. 17, 9) beschreiben die Skytale als Mittel der Kryptographie, die in Sparta Verwendung gefunden haben soll: Ein weißer Lederriemen werde um einen Stab gewickelt und quer zur Wicklung beschrieben, dann wieder abgewickelt und als Nachricht übersandt. Zur Entzifferung soll dann ein Stab gleicher Maße (also hauptsächlich gleichen Umfanges) dienen (s. auch KOLB, Skytale, 643f.). Abgesehen davon, dass diese Form der Verschlüsselung nicht sonderlich effizient, weil doch sehr leicht zu lösen ist (es handelt sich um einen sogenannten Transpositions-Algorithmus, was bedeutet, dass die einzelnen Buchstaben nicht ersetzt, sondern nur vertauscht werden, s. S INGH, Botschaften, 23f.), spricht gerade das Schweigen Xenophons, der mit spartanischen Verhältnissen gut vertraut war, in meinen Augen gegen diese kryptographische
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 6
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Variante. Wenn uns auch die zeitgenössischen Quellen nicht genügend Hinweise auf die genaue Bedeutung der Skytale geben, so doch immerhin ausreichende, um zu sagen, dass sie nicht als Mittel der Geheimhaltung genutzt wurde. : Klearchos war ein wohl um 450 geborener Spartiat, der im Peloponnesischen Krieg als Kommandant besonders im Kampf um den Hellespont und Byzantion aktiv war (Thuk. 8, 8, 2; 8, 39, 2; 8, 80, 1–3). Nach dem Krieg (403) griff er im offiziellen Auftrag erneut in Byzantion ein, das durch Unruhen und thrakische Angriffe gefährdet war. Aufgrund seines Gewaltregimes ist er aber von spartanischen Truppen unter Panthoidas von dort vertrieben und wegen Ungehorsams gegen die spartanischen Behörden zum Tode verurteilt worden (Xen. an. 2, 6, 4). Klearchos flüchtete daraufhin zu Kyros dem Jüngeren, der ihn aufnahm und mit Geldmitteln zur Anwerbung eines Söldnerheeres ausstattete. Zunächst rückte Klearchos in Kyros’ Auftrag gegen die Thraker vor, wurde dann 401 Führer des gesamten griechischen Söldnerkontingentes auf dem Zug gegen den persischen Großkönig Artaxerxes II. Dass dieser innerachaimenidische Konflikt mit Unterstützung Spartas für Kyros geführt wurde, scheint durch unsere Quellen belegt, dass aber Klearchos im spartanischen Auftrag stand, gar seine vorherige Verurteilung nur vorgetäuscht gewesen sei, erscheint nicht haltbar (s.o. S. 164, zu ‹). In der Schlacht von Plut. Art. 6, 3–5, › Kunaxa führte er den rechten Flügel und errang mit den griechischen Söldnern einen taktischen Sieg, der sich aber aufgrund des Todes des Kyros in eine strategische Niederlage verwandelte (Plut. Art. 8). Nach der Schlacht wurde er von Tissaphernes zusammen mit den übrigen griechischen Feldherren auf verräterische Weise gefangen genommen und später wohl auf Geheiß des Großkönigs hingerichtet. Xenophon, der in der Gunst des Klearchos stand, beschreibt ihn als versierten und tüchtigen Feldherrn, der bei seinen Truppen beliebt war. Dennoch sollte für eine Bewertung der historischen Persönlichkeit die klearchosfreundliche Tendenz Xenophons beachtet werden: In seinen Taten offenbart Klearchos eine offenkundig gewalttätige Natur und ein herrschsüchtiges Verhalten. Literatur s. L ENSCHAU, Klearchos, 575–577; S CHMITT, Clearchus, 702f.; W ELWEI, Klearchos, 500f.; BASSETT, Enigma, ferner S TOLL, Gemeinschaft, 141–145, der ein kritisches Bild des Klearchos bei Xenophon zu sehen meint. Der historische Gehalt dieser Notiz bei Plutarch, dass Klearchos in offiziellem Auftrag Spartas gehandelt habe, ist eher niedrig anzusetzen (dabei ist es unwichtig, welche Vorlage man hierfür vermutet, s. hierzu S. 159–161 ‹). Xenophon erwähnt mehrzu Plut. Art. 6, 1–9, › fach, dass Klearchos zum Tode verurteilt aus Sparta geflüchtet sei (an. 1, 1, 9; 1, 2, 9; 2, 6, 4). Es ist kein Grund erkennbar, weshalb Xenophon diese
Klearchos
In Spartas Auftrag?
170
2. Kommentar
Information erfunden haben sollte. Stattdessen berichtet er von Kontakten zwischen Sparta und Kyros ohne den Mittelsmann Klearchos. Die Annahme, dass Sparta Klearchos offiziell bevollmächtigt habe (z.B. B RIANT, Cyrus, 616; W ELWEI, Klearchos, 500f.) und die Verurteilung nur vorgetäuscht gewesen sei (so schon KOCH, Zug, §9; S MITH, Study, 13f.) oder dass Klearchos auf Betreiben des Kyros amnestiert worden sei (so BASSETT, Enigma, 11, 13), basiert also lediglich auf der Aussage Plutarchs, die quellenkritisch höchst problematisch ist und daher verworfen werden muss. Heeresgröße
: Plutarchs Angaben zu den griechischen Söldnern sind recht präzise und entsprechen den Zahlen, die nach Xenophon die zwei Musterungen des Heeres Kyros’ des Jüngeren ergeben haben sollen (an. 1, 2, 9 und 1, 7, 10). Die Größe der ›barbarischen‹, also wohl hauptsächlich persischen Einheiten lässt sich kaum genauer als mit mehreren 10000 Mann (min. 20000) beziffern, s. hierzu ausführlich S. 184 zu Plut. Art. 8, ‹. 3–8, › Aus welcher Quelle Plutarch diese Informationen geschöpft hat, ist nicht zu ermitteln. Einerseits findet sie sich bei Xenophon (für die Ermittlung der genauen Anzahl der griechischen Söldner muss beachtet werden, dass bei der ersten Musterung noch nicht alle griechischen Truppen versammelt, bei der zweiten nicht alle zugegen waren: Die Gesamtzahl nach allen Angaben Xenophons lag bei 14900 Kämpfern, s. schon M ANTEY, Quellen, 9; zu den Zahlen der Musterung s. auch L ENDLE, Kommentar, 57f.); ebenso nennt aber auch Diodor die Zahl von 13000 Söldnern von der Peloponnes und aus dem restlichen Griechenland (14, 19, 7), so dass auch seine Quelle (Ephoros) hier Plutarch als Vorlage gedient haben mag.
Kyros’ Vorwände
: Xenophon berichtet, dass Kyros nicht nur für die Zeit der Rüstungen seine wahren Ziele geheimgehalten und Fehlinformationen gestreut habe, um u.a. den Großkönig zu täuschen (s. hierzu S. 127f. zu ‹), sondern auch noch auf dem Plut. Art. 4, 1–5, 6, › Marsch zumindest den griechischen Söldnern den eigentlichen Zweck verheimlicht habe: Zunächst ist wieder der Zug gegen die Pisider vorgeschützt worden (an. 1, 2, 1). Dies haben aber die Söldnerkontigente nach einiger Zeit wohl nicht mehr geglaubt und dann gemeutert (an. 1, 3, 1–19). Erst nachdem Kyros erklärt hat, dass er zum Euphrat gegen Abrokomas, den Satrapen Phoinikiens, marschieren wolle (s. S. 134 zu Plut. Art. 4, 3, › ‹) und – wohl wichtiger – den Sold erhöht hat, geht der Vormarsch weiter (an. 1, 3, 20f.). Bei Erreichen des Euphrats offenbart Kyros den Truppen das eigentliche Ziel des Marsches, was ihn ein zusätzliches Donativ von fünf Silberminen (nach L ENDLE, Kommentar, 41 entspricht dies dem Wert von 25 Dareiken) für jeden Söldner gekostet hat (an. 1, 4, 11–13).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 6
171
6, 6 : Seit der Machtbeschneidung des Tissaphernes auf die Satrapie Karien durch Kyros bestand zwischen beiden eine Rivalität um die griechischen Poleis in West-Kleinasien. Xenophon berichtet, dass diese Streitigkeiten, die zusehends auch militärisch ausgetragen wurden, Kyros den Vorwand für größere Rüstungen geliefert hätten (Xen. an. 1, 1, 11). Siehe zu diesem Themenkomplex bereits ausführlich S. 134–136 zu ‹. Plut. Art. 4, 3, › : Diese Aussage Plutarchs ist nur schwer deutbar, da bisher von diesem Personenkreis – jedenfalls direkt – nicht die Rede war. Die Textstelle sollte in Zusammenhang mit der Erwähnung von Kyros’ Freunden ‹). »im Land« gesehen werden (s.o. zu Plut. Art. 6, 2, › Plutarch mag hier einer Vorlage folgen (z.B. Xen. an. 1, 1, 5, aber auch Dinon oder weniger wahrscheinlich Ktesias), feststellen lässt sich dies aber nicht. : Zu Stateiras Vorwürfen an ihre 6, 7 Schwiegermutter s. bereits S. 161 zu Plut. Art. 6, 1–9, › ‹. 6, 8 : Plutarch fasst hier kurz das Bild der griechischen Quellen über Parysatis zusammen, das auch die Sicht auf diese königliche Frau bis heute bestimmt hat, s. hierzu S. 88f. zu Plut. Art. 1, ‹. Die von ihm schon angesprochene wird von 2, › ihm noch ausführlich mit grausamen Beispielen belegt (Plut. Art. 14; 16; 17; 19 und 23). B ROSIUS, Women, 105–122 widerlegt das auch in der modernen Forschung immer noch verbreitete Bild der einflussreichen Frauen am Hofe. Zwar gab es Handlungsspielräume für die Frauen (z.B. auf dem wirtschaftlichen Sektor), die aber klar begrenzt waren. Abseits von den Schilderungen der griechischen Autoren, die bemüht waren, ihrem Publikum ein von der eigenen Lebenswirklichkeit abweichendes Bild zu zeigen, gibt es keine Hinweise für einen direkten Einfluss der Frauen auf die Politik oder Rechtsprechung des Großkönigs. In diesen Punkten mag B ROSIUS den griechischen Quellen nicht folgen. Etwas inkonsequent sieht sie aber einen Einfluss auf die Form der Bestrafung nach einer durch den Großkönig gefällten Entscheidung anhand der in den griechischen Quellen beschriebenen grausamen Formen der Folter und Hinrichtung (B ROSIUS, Women, 114f.), die m.E. in weiten Teilen nicht historisch sind, wobei letzte Sicherheit hier nicht zu gewinnen ist. Es wäre nur konsequent, wenn man das Bild der grausamen persischen Königin korrigierte bzw. anzweifelte, auch die wirklich grausamen Aspekte der Berichte in Zweifel zu ziehen. Wenn die griechischen Quellen
Tissaphernes vs. Kyros
Freunde der Parysatis?
Stateiras Vorwürfe
Parysatis, die Barbarin
172
2. Kommentar
keinen Bestand als Belege haben für den Einfluss der Königin auf den Großkönig, stellt sich die Frage, wieso dieselben Quellen dann ihre Grausamkeit belegen können. Die griechischen Quellen sind auch hier nicht geeignet, ein adäquates Bild der Frauen am Hofe zu zeichnen. Es gibt keine Basis, einen weiblichen Einfluss auf die Modalitäten der Bestrafung anzunehmen. Variante
: Zur Quellenanalyse dieser Passa6, 9 ge, in der Plutarch wieder eine Variante zwischen Ktesias und Dinon bietet, ‹; zur ersten Passage s. S. 161 zu Plut. Art. 6, 1–9, › dieser Art s. S. 96–98 zu Plut. Art. 1, 4, › ‹. Die historische Kommentierung des Giftmordes an Stateira findet sich ab S. 267 zu Plut. Art. 19.
Artaxerxes 7 Zunächst zögert der Großkönig noch, seinem Bruder entgegenzuziehen und die Entscheidung in einer Feldschlacht herbeizuführen. Von Tiribazos ermuntert, ist er dann gewillt, seinem Bruder eine Schlacht anzubieten.
Inhalt
Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6.
Datierung
7, 1–6 : In diesem Kapitel finden sich einige Indizien, die Dinon, der sich vielleicht eng an Xenophons Anabasis orientiert hat, als Vorlage Plutarchs wahrscheinlich erscheinen lassen (s. auch S TEVENSON, Persica, 28), während es einen sehr deutlichen Hinweis darauf gibt, dass Plutarch hier und wahrscheinlich auch in anderen Bereichen der Vita Ktesias nicht gefolgt ist. Zunächst einmal erscheint – wie schon im Kapitel zuvor – eine inhaltliche Nähe zu Xenophons Bericht vorzuliegen. Allerdings stellt M ANFREDI NI , Plutarco, 278 fest, dass u.a. die Information, dass der Großkönig in der Persis auf Kyros gewartet habe (Plut. Art. 7, 1), nicht aus Xenophons Anabasis stammen könne, da dieser dort berichtet, dass der Usurpator beim Marsch durch Babylonien zunächst mit einem baldigen Angriff des Großkönigs gerechnet habe, sich das großkönigliche Heer folglich in der Nähe befunden haben müsste (Xen. an. 1, 7, 1). Nun ist erst einmal einzuwenden, dass Xenophon an besagter Stelle explizit nur Kyros’ Einschätzung wiedergibt ( ) – die Schlacht wird in der Tat erst drei Marschtage später geschlagen. Ferner findet Plutarchs Erwähnung des Gerüchts, dass der Großkönig nicht gewillt sei, sogleich zu kämpfen, auch eine Bestätigung bei Xenophon (Xen. an. 1, 7, 18–20), so dass eine Nähe zum xenophontischen Bericht nicht zu leugnen ist. Dennoch gibt es Indizien, die M ANFREDINIs These stützen. Die Erwähnung von Überläufern aus dem Heer des Großkönigs und die dann erfolgende Ausarbeitung eines Schlachtplanes deuten darauf hin, dass sich in der Tat königliche Verbände (vielleicht noch nicht das Hauptheer) in der Nähe der Rebellenarmee befunden haben müssen (an. 1, 7, 2–14). Auch findet sich bei Xenophon kein Hinweis auf die Zusammenführung des königlichen Heeres, so dass Plutarch, der hierüber Kenntnis zu haben scheint ( ), eine andere Quelle genutzt haben muss. Ephoros berichtet nach Diodor, dass der Großkönig sein Heer in Ekbatana in Medien zusammengezogen habe. Auch findet sich in Diodors Bericht nichts über eine zögernde Haltung des Großkönigs, er zieht sogar gegen seinen Bruder, obwohl einige Kontingente aus den östlichen Reichsteilen noch nicht eingetroffen sind; er bricht also auf, bevor die volle Kampfstärke erreicht wurde (Diod. 14, 22, 1f.). Diese Punkte widersprechen Plutarchs Bericht und lassen somit Ephoros als Quelle unplausibel erscheinen.
Quellenanalyse
Nähe zu Xenophon
Nicht Ephoros
174
Plutarchs Graben
2. Kommentar
Da für den Abschnitt Art. 7, 2–4 mit gutem Grund Dinon als Vorlage anzusehen ist (s.u.), könnte er auch für die Anfangspassage dieses Kapitels die Basis gebildet haben. Allerdings ist der Perspektivenwechsel zwischen den Abschnitten Art. 7, 1 und Art. 7, 2–4 zu beachten: Während der erste Abschnitt die Sicht der Verbände Kyros’ des Jüngeren wiedergibt, spielt sich das Folgende am Hofe des Großkönigs ab. S TEVENSONs Vermutung, dass Plutarch Xenophons Ausführungen mit dem Bericht Dinons abgeglichen habe (Persica, 28), erscheint daher in hohem Maße plausibel und deckt sich auch mit dem bisherigen Eindruck der Quellennutzung Plutarchs in dieser Vita (hoher Grad an Kontamination; bevorzugte Nutzung anderer Quellen als Ktesias, so z.B. Dinon). Ein Indiz für die Nutzung Dinons in diesem Kapitel ist ferner Plutarchs Erwähnung des Verteidigungsgrabens. Die Vorlage für diese Beschreibung scheint Xenophons, nicht Ephoros’ Bericht gewesen zu sein, allerdings weicht Plutarch deutlich von den Maßangaben bei Xenophon ab (s. hierzu ‹), was eine vermittelnS. 176f. zu Plut. Art. 7, 2, › de Quelle plausibel erscheinen lässt. Da außerdem Tiribazos in prominenter Rolle auftritt, ist es durchaus naheliegend, dass Dinon hier die Vorlage Plutarchs gewesen ist. Zwar ist es eigenartig, dass dieser nicht die Maßangaben von Xenophon übernommen haben soll, eine derartige Korrektur ist aber deutlich einfacher ihm als dem späteren Bearbeiter Plutarch zuzuschreiben. Weshalb sich aber dann Plutarch gegen die bei Xenophon angegebenen Maße für die Angaben bei Dinon entschieden hat, ist nicht zu klären. S MITH, Study, 1 und 36 vertritt die Ansicht, dass Plutarch höchstwahrscheinlich Xenophon für diese Vita überhaupt nicht direkt, sondern nur aus zweiter Hand über den Mittelsmann Dinon genutzt habe. So einfach ist der Fall aber nicht, da Plutarch Zugriff auf Xenophons Werke gehabt haben muss. Es ist zudem nicht denkbar, dass er diese Schriften nicht besessen haben soll. S MITHs Skepsis aufgrund der deutlichen Abweichungen zu Xenophon geht daher viel zu weit. Es bleibt zunächst generell die Frage bestehen, weshalb Plutarch eine so wichtige Vorlage für die Schlacht bei Kunaxa nicht hätte einsehen sollen. Ferner zeigt Plutarch immer wieder profunde Kenntnisse des Textes der Anabasis: Gleich zu Beginn der Vita korrigiert er Xenophon stillschweigend in einem nahezu wörtlichen Zitat aus dessen Werk, s. hierzu bereits S. 86f. zu Plut. Art. 1, 2, › ‹. Die inhaltlichen Parallelen auch in diesem Kapitel können natürlich einer Xenophon sehr nahestehenden Quelle geschuldet sein, aber Plutarchs Einleitung zur Schlachtbeschreibung von Kunaxa sollte ernst genommen werden: Viele Historiker hätten die Schlacht beschrieben, aber niemand so eindringlich wie Xenophon, dessen Schilderung nur einiger Ergänzungen bedürfe (Art. 8, 1). Es ist unhaltbar, gegen diese Aussage Plutarch die gene-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 7
175
relle Nutzung Xenophons für diese Vita zu bezweifeln. Für die Beschreibung des Verteidigungsgrabens hat Plutarch ihn aber offensichtlich nicht genutzt. Es sind genau diese Passagen, die es letzten Endes unmöglich machen, Plutarchs Arbeitsweise wirklich zu ergründen (s. zum ›Plutarchischen Paradoxon‹ Kap. 1.4, S. 29–33). S CHOTTINs »Xenophontis historiam expeditionis Cyri Plutarcho in componenda vita Artaxerxis ante oculos fuisse, res ipsa doceret, etiamsi auctor Xenophontem non commemorasset.« mag man jedenfalls nicht einfach zustimmen (Observationes, 9), wenn man die vollkommen unmotivierten Abweichungen in Details wie z.B. bei den Maßen des Grabens betrachtet. Eine befriedigende Antwort auf die Frage nach den Vorlagen Plutarchs ist bei einer derart schlechten Überlieferungslage nicht zu erzielen. S MITH geht aber wohl zu weit, wenn er annimmt, dass Plutarch Xenophon nur über einen Mittelsmann genutzt habe. Vielleicht aber hat er – dies ist nur Spekulation – Xenophon aus dem Gedächtnis zitiert. Eine korrekte wörtliche Wiedergabe gerade der einleitenden Worte des Werkes ist dann sehr gut begründbar (u.a. der Papyrusrolle und der eminenten Bedeutung der Einleitungsworte in antiker Dichtung und Prosa geschuldet), während spätere Bereiche der Schrift zwar in Grundzügen korrekt wiedergegeben werden, in Details aber Fehler bzw. Nähe zu anderen Quellen aufweisen, die vielleicht während der Arbeit eingesehen wurden. Ein weiteres und sehr deutliches Indiz für die ›Xenophon/Dinon-These‹ und gegen Ktesias liefert Plutarch mit seiner Angabe der Größe des königlichen Heeres (Art. 7, 4): Wie selbstverständlich gibt er en passant die Anzahl der auf königlicher Seite stehenden Soldaten mit 900000 Mann an. Diese – natürlich maßlos übertriebene – Angabe kann er nur dem Werk Xenophons oder Dinons entnommen haben (Xen. an. 1, 7, 12–16), da Ktesias die Größe des königlichen Heeres mit 400000 Mann angibt, wie Plutarch später selbst berichtet (Plut. Art. 13, 3f.; vgl. auch Diod. 14, 22, 2f.). Diese Notiz Plutarchs hier, die eigentlich nebensächlich wirkt, zeigt aber gerade aufgrund des fehlenden Diskurses bezüglich der Anzahl der Kämpfenden, dass Plutarch Ktesias wirklich nur in Ausnahmefällen genutzt hat. Die restlichen Beschreibungen in diesem Kapitel (Aufmarsch des Heeres, Unordnung aufgrund der Siegeszuversicht des Kyros) sind anscheinend direkt aus Xenophons Anabasis oder eben einer in Teilbereichen ihr nahestehenden Quelle entnommen (Xen. an. 1, 7, 12: Größe und Ausrüstung [Sichelwagen] des königlichen Heeres; 1, 7, 19f.: Sorglosigkeit im Heere des Kyros und Transport der schweren Waffen und Schilde auf Wagen; 1, 8, 2: Verwirrung aus Furcht im Heer des Kyros; 1, 8, 8–10: erneut gute Ausrüstung der großköniglichen Truppen; 1, 8, 12: Bemühungen des Kyros, Ordnung zu schaffen [Einsatz eines Dolmetschers]). Plutarch gibt sogar den Respekt Xenophons vor der Ordnung und Disziplin des Gegners wieder (an. 1, 8, 9 und
176
2. Kommentar
1, 8, 11: Kyros hatte nach Xenophon wohl ein Durcheinander und Geschrei angekündigt, was aber nicht eingetreten ist). Mangelnde Kampfbereitschaft? Der Graben
Diodors Graben
7, 1 Plut. Art. 7, 1–6, ›
:
Zur Analyse dieser Passage s. S. 173f. zu ‹.
7, 2 : Auch Xenophon erwähnt diesen Graben in seiner Anabasis: Er soll 3 Orgyiai tief und 5 Orgyiai breit gewesen sein und sich über eine Länge von 12 Parasangen bis zu den Medischen Mauern »Klafter«) ist erstreckt haben (Xen. an. 1, 7, 14–16). Eine ›Orgyia‹ ( das größte von den Proportionen des menschlichen Körpers abgeleitete Längenmaß: die Spannweite der ausgestreckten Arme. Sie entspricht 4 Ellen = 6 Fuß = 1/100 Stadion (s. C HANTRAINE, Orgyia). Bei einem Mittelmaß einer Orgyia von 1,90 m (die Norm schwankt zwischen 1,78–2,10 m) hatte der Graben eine Tiefe von ca. 5,7 m und eine Breite von 9,5 m (die geringsten Maße: 5,34 m zu 8,9 m; die höchsten Maße: 6,3 zu 10,5 m) und eine Länge von ungefähr 67 km, wobei diese Rechnung auf der Annahme basiert, dass 1 Parasanges 30 Stadien entspricht (so z.B. Hdt. 2, 6, 3). Allerdings ist fraglich, ob eine derart schematische Umrechnung dem Parasanges als Marschstunde im Verhältnis zu einem reinen Längenmaß gerecht wird, da er u.a. von der Beschaffenheit des Geländes abhängig ist, s. S. 188 zu Plut. Art. ‹). 8, 4, › L ENDLE zeigt in seinem Kommentar zur Anabasis überzeugend, dass es sich um keinen neu angelegten Verteidigungsgraben, sondern um einen für Reinigungsarbeiten (oder nur aus fortifikatorischen Gründen) zeitweise stillgelegten Kanal gehandelt haben muss, der vom Euphrat abzweigte und ein Vorläufer des späteren Nahr Isa bzw. Saqlawiya-Kanals war (L ENDLE, Kommentar, 59f.). Strabon beschreibt diese Form der Entsandung der Kanäle, die zur Pflege der Wasserstraßen gehört (Strab. 16, 1, 10). Vermutlich ist der Kanal in seinem Verteidigungswert durch die Anlage z.B. einer steileren Böschung erhöht worden. L ENDLEs Vermutung aber, dass auch Xenophon wohl nicht davon ausgegangen sei, dass der Graben vom Großkönig für Abwehrzwecke komplett neu angelegt, sondern allerhöchstens zu einer Verteidigungsanlage verschärft worden sei, ist nicht nur nicht beweisbar, sondern widerspricht dem Quellenbefund, aber auch L ENDLEs eigener Argumentation (zu 1, 7, 14), dass solch ein stillgelegter Kanal »verständlichweise den Eindruck eines künstlich angelegten Verteidigungswerkes« auf Xenophon und die Griechen gemacht haben müsse (L ENDLE, Kommentar, 60). Auch Diodor erwähnt einen Verteidigungsgraben, den Artaxerxes II. allerdings zum Schutz seines Lagers angelegt haben soll (Diod. 14, 22, 3f.). Dieser soll 60 Fuß breit und 10 Fuß tief (also ungefähr 18 m zu 3 m) gewesen
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 7
177
sein, was eine deutliche Abweichung von den Angaben Xenophons bedeutet. Wie bei allen antiken Maßen gibt es gravierende regionale Unterschiede. Für diese Umrechnung liegt das archäologisch belegte attische Fußmaß zugrunde, das ca. 30 cm umspannt (s. ROTTLÄNDER, Längenmaße, 14f., 35). Diodor erwähnt nicht, dass Kyros diesen Graben überquert habe, es könnte sich also um eine andere Verteidigungsanlage gehandelt haben. Wahrscheinlicher ist allerdings die Annahme, dass Diodors Quelle (Ephoros) hier eine willkürliche Variante zu Xenophons Bericht bietet, die folglich keinen historischen Wert besitzt. Erstaunlich ist allerdings, dass die Ausmaße des erwähnten Verteidigungsgrabens bei Xenophon und Plutarch so deutlich voneinander abweichen. Plutarch geht von einer Tiefe und Breite von je 10 Orgyiai aus (von min. 17,8 zu 17,8 m bis zu 21 zu 21 m), was absolut unrealistische Zahlen sind, auf einer Länge von 400 Stadien; bei einem attischen Stadion von 186 m entspricht dies 74,4 km; das Stadion ist ein griechisches Längenmaß (Plethra) bzw. 600 (Fuß). Je nach dem angesetzten Fußzu 6 maß entspricht es einer Länge von umgerechnet 162–210 m. Ein attisches Stadion, welches gern als Standardmaß genommen wird, entspricht 186 m, ein Stadion in Olympia aber z.B. 192,3 m, s. L EHMANN -H AUPT, Stadion, 1931–1963; ferner S CHULZKI, Stadion, 886f. Zur Quellenanalyse dieses Ab‹. schnittes s. bereits S. 174f. zu Plut. Art. 7, 1–6, › : Zum Ort der Entscheidungsschlacht (Kunaxa in Babylonien, höchstwahrscheinlich unweit von Babylon gelegen) zwischen Kyros dem Jüngeren und seinem Bruder Artaxerxes II. s. S. 182f. zu ‹. Plut. Art. 8, 2, › 7, 3 : Tiribazos richtet das Wort an den passiven, zögernden Artaxerxes und ermuntert ihn, die Schlacht zu wagen, da er doch über eine weit überlegene Streitmacht, Erfahrung und Kompetenz verfüge. So verhilft er ihm zur letztendlich richtigen Entscheidung (die Darstellung der zögerlichen Grundhaltung des Artaxerxes ist eines der von Plutarch in dieser Vita verfolgten Motive, s. hierzu auch H OOD, Plutarch, 68–85, hier: 72f.). Aufgrund der sehr positiven Darstellung des Tiribazos, die auch zu seinem späteren Auftreten nach Dinon im Schlachtgeschehen bei Kunaxa passt (Art. 10), ist es sehr wahrscheinlich auch hier Dinon als Quelle für das Geschehen am Hofe zu sehen (so auch S TEVENSON, Persica, 28 u. 85; s. ‹ und S. 153 zu ferner S. 130f. zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹). Plut. Art. 5, 3, › : Diese Zahl ist maß7, 4f. los übertrieben und historisch weniger aufgrund der Mengenangabe als auf-
Plutarchs Graben
Kunaxa
Tiribazos
Das Heer des Großkönigs
178
2. Kommentar
grund der möglichen Zuordnung bzw. des Ausschlusses von Vorlagen in dieser Vita interessant, s. hierzu S. 175 zu Plut. Art. 7, 1–6, › ‹. Zu einer historischen Kommentierung der Größe und Aufstellung der beiden Heere s. ausführlich S. 184–188 zu Plut. Art. 8, 3–8, › ‹. Sichelwagen
Das Publikumsinteresse
7, 6 : Plutarch beschreibt, wie geschickt Artaxerxes II. die Sichelwagen, die ›Wunderwaffe‹ der persischen Armee, gegenüber der griechischen Phalanx, also auf dem linken Flügel der königlichen Truppen, hat auffahren lassen. Nach Xenophons Bericht soll der Großkönig in der Schlacht über 150 dieser Kampfwagen verfügt haben (Xen. an. 1, 7, 12). Diese Anzahl ist, wie auch die restlichen Angaben zur Heeresstärke der königlichen Armee, mit Sicherheit deutlich übertrieben und theoretisch konzipiert: Jeder Feldherr verfügte nach Xenophon über 300000 Mann und 50 Sichelwagen (ferner scheint Xenophon die Gesamtzahl auf der Basis des Rebellenheeres errechnet zu haben, s. S. 184 ‹; auch L ENDLE, zu Plut. Art. 8, 3–8, › Kommentar, 58f.). Reliefs in Persepolis liefern uns Bilder der iranischen Streitwagen (ohne Sicheln): Sie waren leichte, von zwei Pferden gezogene, zweirädrige Fahrzeuge (lat. bigae), die vor allem schnell und beweglich sein sollten. Die Nutzung dieser Wagen in Iran reicht bis in die zweite Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr. zurück (s. hierzu L ITTAUER /C ROUWEL, Vehicles, 144–148 u. 152– 154; M ALANDRA, Chariot, 378). Der Kampfwert dieser Waffen ist nicht eindeutig zu klären. Fest steht aber, dass der Streitwagen eine extrem kostspielige (u.a. auch aufgrund des mehrjährigen Trainings der Pferde, weshalb die Wagen auch Prestigeobjekte des Adels waren) und im Nahkampf leicht zu verlierende Waffe war, die zudem auf unebenem Gelände nicht eingesetzt werden konnte. Als mobile Plattform für Fernwaffen mag sie im Fernkampf noch Kampfwert besessen haben. Mit seiner ersten Erwähnung und späteren kurzen Beschreibung der Sichelwagen wird Xenophon den Interessen seines Publikums entsprochen haben (Xen. an. 1, 8, 10). Diese sagenumwobenen Wagen, an deren Achsen leicht gebogene Klingen (›Sicheln‹) befestigt waren, um somit in die feindlichen Linien hineinfahren und die Gegner ›niedermähen‹ zu können, waren sicherlich eine, zumindest in der Vorstellung des griechischen Publikums, Furcht einflößende Waffe, die nebenbei ihre Faszination bis heute nicht verloren zu haben scheint (hier ist nicht nur an die Verwendung in Historienfilmen wie Ridley S COTTs ›Gladiator‹ oder Oliver S TONEs ›Alexander‹ zu denken, sondern gerade auch an moderne Adaptionen, wie z.B. die ausfahrbaren Klingen am Aston Martin DB5 von James Bond in Guy H AMILTONs ›Goldfinger‹; jüngst hat sogar die Firma Playmobil eine Quadriga mit soge-
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nannten ›Speichenzerstörern‹ auf den Markt gebracht [Römer: 4274 Quadriga] – in den beiden letzten Beispielen scheint es sich zwar um Anspielungen auf das Wagenrennen in William W YLERs ›Ben Hur‹ zu handeln, allerdings sind unbestritten die antiken Sichelwagen, die als Waffe gegen Infanterie und nicht andere Streitwagen gedacht waren, die Vorlage gewesen). Plutarch war offensichtlich selbst von dieser Waffengattung fasziniert: Sein Hinweis, dass der Einsatz der stärksten Wagen gegenüber der griechischen Phalanx ein geschickter taktischer Zug des Großkönigs gewesen sei, könnte noch im Sinne einer Charakterisierung des Artaxerxes als Feldherr verstanden werden, bleibt aber ohne jeden Nachhall. Plutarch erwähnt die Wagen nicht wieder, und von Xenophon wissen wir, dass diese ›Wunderwaffe‹ in der Schlacht versagt und sogar Schäden in den persischen Reihen verursacht habe (1, 8, 20: Die Streitwagen sollen, weil die Pferde scheuten, durch die eigenen Reihen gerast sein, s. hierzu auch S HABAZI, Army, 493). Von den 20 Sichelwagen des Kyros, die Xenophon noch in an. 1, 7, 10 erwähnt hatte, hört der Leser gar nichts mehr. In den Hellenika Xenophons findet sich aber immerhin ein Bericht von einem erfolgreichen kombinierten Angriff von Sichelwagen und Reiterei unter Pharnabazos mit ca. 100 Toten auf griechischer Seite; allerdings waren die griechischen Soldaten beim Furagieren überrascht worden, so dass keine geordnete Verteidigung möglich war. Die Sichelwagen haben die Kämpfer, die nur mühsam eine Ordnung finden konnten, auseinandergetrieben, die dann von der Reiterei niedergemacht wurden, so dass auch diese hohen Verluste nicht direkt den Sichelwagen zuzuschreiben sind (Xen. hell. 4, 1, 17–19). Gegen eine disziplinierte, geschlossene Hoplitenphalanx bzw. gegen eine größere Anzahl beweglicher Kavallerieeinheiten (wie später im Heere Alexanders) erwiesen sie sich als nutzlos (s. hierzu auch L ITTAU ER /C ROUWEL , Vehicles, 152–154).
Artaxerxes 8 Inhalt
Datierung Quellenanalyse
Klearchos’ Rat
Plutarch liefert einige Informationen zur Schlacht, die Xenophon ausgelassen hat, und erörtert die Frage nach der Schuld an der Niederlage: Einen Teil ), der Schuld trägt seiner Meinung nach Kyros durch seine Kühnheit ( der Hauptanteil liegt aber in der zu großen Vorsicht des Klearchos, dessen eindeutiger taktischer Sieg so ohne Auswirkung bleiben musste. Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6. 8, 1–8 : Plutarch sagt selbst, dass die Schlacht zwischen Artaxerxes II. und seinem Bruder von vielen Historikern beschrieben worden sei (Art. 8, 1): Außer Xenophon haben auch Ktesias und Dinon hierüber geschrieben, die auch Plutarch als seine Quellen nennt (z.B. Plut. Art. 10 und 11). Außerdem haben wir Kenntnis von einigen weiteren Autoren des 4. Jahrhunderts, die Persika verfasst haben, die sicherlich die Schlacht bei Kunaxa nicht übergangen haben werden (so z.B. Herakleides von Kyme). Ferner basiert Diodors Bericht über die Schlacht größtenteils auf Ephoros (Diod. 14, 22–24), dem somit auch eine Schlachtbeschreibung zugewiesen werden kann. Neben der xenophontischen Anabasis gab es vielleicht noch weitere zeitgenössische Schilderungen; so wird u.a. Sophainetos von Stymphalos bei Stephanos von Byzanz als Autor einer weiteren aufgeführt, deren Echtheit aber umstritten ist (s. L ESKY, Geschichte, 568; W ESTLAKE, Studies, 267–269; B IGWOOD, Revolts, 343 fasst kurz zusammen, was wir überhaupt an spärlichen Informationen über diesen Autor haben). Plutarchs Lob für Xenophons Schilderung ist deutlich, und m.E. ist es auch kein Bescheidenheitstopos, dass Plutarch es für unklug hält, das Schlachtgeschehen in Konkurrenz zu Xenophon noch einmal zu erzählen, da er sich an diese Prämisse weitgehend hält und über die Schlacht nur berichtet, was Xenophon nicht oder nicht ausführlich erwähnt hat (s. hierzu auch WARDMAN, Methods, 258f.). Die Informationen, die Plutarch in diesem und auch den folgenden Kapiteln zur Schlacht von Kunaxa bietet, gehen alle über das hinaus, was Xenophon in seiner Anabasis bietet, so dass Plutarchs Aussage, dass er Xenophons Bericht nur um Details erweitern wolle, die sich bei diesem nicht fänden, also durchaus vertrauenswürdig ist. Wenn bisher nur Indizien für eine Hochschätzung Plutarchs für Xenophon vorla‹), so ist dies gen (s. z.B. S. 86f. zu Plut. Art. 1, 2, › hier eindeutig als Beleg zu werten. Für den Rat des Klearchos an Kyros erscheinen verschiedene Gewährsleute möglich. In Xenophons Anabasis wird zwar zum einen erwähnt, dass alle, die mit Kyros vor der Schlacht gesprochen haben, ihm geraten hätten,
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 8
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sich hinter den Kämpfenden zu halten ( ), und zum anderen im Anschluss daran ein Zwiegespräch zwischen Kyros und Klearchos im Vorfeld der Schlacht beschrieben. Dabei handelt sich aber nicht um einen Ratschlag des Klearchos, sondern um eine Frage bezüglich des Kampfeswillens Artaxerxes’ II. (Xen. an. 1, 7, 9). Es ist zwar nahelieauch Klearchos zu zählen, aber weder gend, zu den zuvor genannten sagt Xenophon dies explizit noch behauptet er, dass nur Klearchos den Rat erteilt habe. Aus Photios’ Exzerpten von Ktesias wissen wir hingegen, dass Ktesias als Grund für Kyros’ Tod dessen Unvorsichtigkeit nannte: Kyros sei nicht ; Ktesias, dem Klearchos gefolgt ( FGrH 688, F 16 [64]); was dies bedeutet, ist aber aus den Exzerpten nicht zu ersehen. Allerdings muss diese Passage wohl in enger Anlehnung an eben unsere Plutarchstelle gesehen werden: Kyros habe nicht den Ratschlag des Klearchos befolgt, sich hinter den Kämpfenden zu halten, um so sein Leben nicht zu gefährden. Es scheint daher naheliegend, Ktesias’ Bericht als Grundlage für diese kurze Szene zwischen Kyros und Klearchos bei Plutarch anzusehen (so S MITH, Study, 32; S TEVENSON, Persica, 28; L ENFANT, Ctésias, F 18, 146 und 288, Anm. 677). M ANTEY, Quellen, 12 merkt aber zu Recht an, dass eine einfache Zuweisung an Ktesias nicht zulässig sei, da Dinon dies gleichfalls erwähnt haben könnte (immerhin erwähnen es Ktesias und – wenn auch inhaltlich abweichend – Xenophon). Aufgrund der bisherigen Quellenanalyse ist M ANTEYs Hinweis auch bedenkenswert, weil Plutarch Ktesias nicht folgt, ohne ihm die Information namentlich zuzuweisen und sich (meistens) im Folgenden von Ktesias’ Werk zu distanzieren. Ferner zeigt die Analyse der folgenden Passage (Invektive gegen Klearchos), die Klearchos als zu vorsichtig und furchtsam im Vorfeld der Schlacht zeigt, dass hierfür Ktesias kaum die Quelle gewesen sein kann (s. S. 184–188 zu ‹). Das Bild des übervorPlut. Art. 8, 3–8, › sichtigen Klearchos findet sich aber in beiden Passagen, so dass eine einzige Vorlage plausibel erscheint, die nicht Ktesias war. Mit Sicherheit stammt dieser Generalangriff auf Klearchos (Art. 8, 3–8) nicht aus dem Werk des Ktesias (Plut. Art. 13, 7). Dass Xenophon als Vorlage für die harsche Kritik an Klearchos ausscheidet, scheint ebenso deutlich (s. M ANFREDINI, Plutarco, XXXV), dennoch erwähnt er, dass Klearchos Befehle nicht gern entgegengenommen habe (Xen. an. 2, 6, 15). Dies scheint Xenophon aber nicht aus eigener Erfahrung zu berichten ). Ferner finden sich in ( der Anabasis auch der Befehl des Kyros an Klearchos, kurz vor Beginn der Schlacht seine Truppen gegen das Zentrum des großköniglichen Heeres zu führen, und Klearchos’ Entscheidung, seinen rechten Flügel nicht zu ent-
Invektive gegen Klearchos
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2. Kommentar
blößen (Xen. an. 1, 8, 12f.), mithin also die Eckpfeiler der Vorwürfe Plutarchs gegen den Spartaner. Aber Xenophons Bild des Klearchos bietet nicht den Rahmen für Plutarchs Schilderung: . (»Einer von ihnen, Klearchos, war nach dem übereinstimmenden Urteil aller, die ihn näher gekannt haben, ein äußerst kriegstüchtiger und kriegsliebender Mann«, Xen. an. 2, 6, 1; Übers. V RETSKA). Xenophon liefert im Folgenden Beispiele für die Liebe des Klearchos zum Kriegshandwerk; der Vorwurf der Feigheit oder Übervorsicht kann nicht auf seiner Darstellung beruhen (Xen. an. 2, 6, 1–15). Die Kritik an Ktesias’ ›Helden‹ ließe sich in einem Werk eines seiner Nachfolger vermuten; denkbar wäre natürlich Dinon, dem eine klearchoskritische Sichtweise in Abgrenzung zum Werk des Ktesias durchaus zuzutrauen wäre. Ausgeschlossen werden kann in diesem Fall eine vollkommen unabhängige Wertung Plutarchs, der mindestens auf den Erwähnungen Xenophons aufbauen konnte, wie z.B. Klearchos’ Ausspruch zeigt, dass er schon dafür Sorge trage, dass alles gut ausgehe (Plut. Art. 8, 8: ; Xen. an. 1, 8, 13: ). Allein seine Information über die Befehlsverweigerung des Klearchos muss eine Vorlage haben; natürlich ist aber nicht auszuschließen, dass Plutarch hier seine Quelle ausgeschrieben hat. Die Länge und Bissigkeit dieser Passage – ob nun schon in Plutarchs Vorlage gegeben oder von ihm ausgeweitet – ist erneut als ein Indiz dafür zu werten, dass Plutarch offenkundig Ktesias’ Werk und Darstellung nicht sehr hoch schätzte und deshalb eine Vorlage (Dinon?) zu Wort kommen ließ, die dem von Ktesias gezeichneten Bild widersprach. Kunaxa
: Kunaxa (griechisch: 8, 2 ) ist der nur bei Plutarch namentlich erwähnte Ort, in dessen Nähe die Entscheidungsschlacht zwischen dem Usurpator Kyros dem Jüngeren und seinem Bruder Artaxerxes II. im Herbst (nach neueren Datierungsvorschlägen vielleicht sogar erst Anfang/Mitte November, s. L ENDLE, Kommentar, 334) des Jahres 401 stattgefunden haben soll. Xenophon nennt indes keinen Namen, sondern liefert nur die Angabe, dass der Ort der Schlacht 360 Stadien, bei einem attischen Stadion also ungefähr 67 km, von Babylon entfernt liege (Xen. an. 2, 2, 6; zum Stadion s. S. 177 zu Plut. Art. 7, 2, › ‹). Plutarch veranschlagt die Entfernung dagegen mit 500 Stadien (ca. 93 km). Allerdings sind diese Angaben in Stadien eher von geringem Wert, da wir das zugrunde liegende Stadion nicht kennen. Eine grobe Schätzung der Entfernung auf 65–95 km ist somit das einzige, was geleistet werden , 2193f.). kann (so auch schon W EISSBACH,
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 8
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Traditionellerweise wird der Ort mit dem Tell ‘Aqar Konaysa (Tell Kuneise, Kan¯ısa, Konayša), ungefähr 92 km nördlich von Babylon auf der linken Euphratseite, identifiziert (so schon B EWSHER, Part, 166–168). Allerdings ist diese Lokalisierung in der Forschung umstritten. So vermutet z.B. BARNETT, Xenophon, 15–17 auf der Basis des xenophontischen Berichtes den Ort in der Nähe der heutigen Ortschaft Al Nasiff¯ıy¯at, ca. 80 km nördlich von Babylon, auf der rechten Seite des antiken Flussverlaufs des Euphrat. Weitere Vorschläge sind gemacht worden (z.B. H ERZFELD, Samarra, 4), so dass nur zu sagen bleibt, dass der Ort heute nicht sicher zu identifizieren ist (s. S HAHBAZI, Cunaxa, 455f.; G ASCHE, Autour, 201, Anm. 1). 8, 2f. Art. 8, 1–8, ›
:
Siehe hierzu bereits S. 180f. zu Plut. ‹.
Klearchos’ Rat
: Die persönliche Bewährung auf der Jagd bzw. im Kampf zeichnet nach achaimenidischer Vorstellung einen guten und legitimen König aus: Der Großkönig ist u.a. durch seine militärischen Qualitäten in der Lage, Gefahren und Feinde vom Reich abzuwehren und sich als Verteidiger der Bauern und Fluren zu erweisen (s. hierzu S. 167 zu Plut. Art. 6, ‹; auch: W IESEHÖFER, Persien, 58f.). Die 4, › Bewährung in dieser Hinsicht war also ein wichtiger Aspekt der achaimenidischen Königsideologie, die ihren Höhepunkt wohl in der Herrschaftsideologie der Diadochenreiche fand. Sehr viele der Nachfolger Alexanders fielen auf dem Schlachtfeld, kämpfend in vorderster Reihe (zur Erfolgsgebundenheit einer charismatischen Herrschaft s. G EHRKE, König, 247–277). Die von Plutarch dem Kyros zugeschriebenen Worte klingen vor diesem Hintergrund plausibel. Allerdings sind auch Klearchos’ zur Vorsicht mahnende Worte nicht unberechtigt: Der Großkönig bildete das Zentrum des persischen Herrschaftssystems und ist von Ahura Mazd¯a eingesetzt worden, durch dessen göttliche Gunst und dessen Beistand als Grundelemente der achaimenidischen Herrschaft er das Land regiert (vašn¯a Auramazd¯aha [»by the favour of Auramazd¯a«], so z.B. DB §5, Übers. S CHMITT, Bisitun, 49; s. auch S. 312 zu Plut. ‹; ferner W IESEHÖFER, Persien, 55; Art. 23, 5, › B RIANT, Cyrus, 227, 567f.; K UHRT, Empire, 103–105). Der Tod des Großkönigs auf dem Schlachtfeld oder dessen Gefangennahme – also des von den Göttern eingesetzten Garanten der weltlichen Ordnung – scheint von den Untertanen (eben auch den Soldaten!) als traumatisch empfunden worden zu sein. Der Großkönig ist der einzige, der die gestörte Ordnung wieder herstellen kann (s. hierzu W IESEHÖFER, Dekadenz, 59, der sich hier auf die Flucht Dareios’ III. bei Issos und Gaugamela bezieht; s. auch dens., Geschichte, 38f.; B RIANT, Darius, 530–532; für die Sasaniden: W HITBY, King). Genau
Bewährung im Kampf
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2. Kommentar
diese Ordnung im großköniglichen Heer zu zerschlagen war sicherlich eines der Motive des Kyros, das Zentrum der Armee seines Bruders anzugreifen, um durch den Tod des Großkönigs die Schlacht trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit für sich zu entscheiden (s. Xen. an. 1, 8, 12). Letztendlich hat aber vielmehr der Tod Kyros’ des Jüngeren die Schlacht bei Kunaxa zu Artaxerxes’ Gunsten entschieden. Fakten zur Schlacht
Das Rebellenheer
Das königliche Heer
: Überzeugende Angaben 8, 3–8 über die Größe der beiden Heere und ihre Aufstellung zum Kampf bei Kunaxa sind nur aufgrund des Berichtes Xenophons möglich, Diodor folgt ihm hier weitgehend, die Abweichungen sind, abgesehen von der Heeresgröße, marginal. Xenophons Angaben zum Heer des Kyros sind dabei fundierter als seine Schätzungen zur Größe des Heeres des Großkönigs und zur Aufstellung und Ausrüstung der königlichen Truppen. Xenophon konnte von seiner Position am rechten Flügel des Rebellenheeres nur den linken Flügel des königlichen Heeres überblicken, vielleicht auch das Zentrum einsehen, mehr offensichtlich nicht. Werden alle Angaben zu den verschiedenen griechischen Verbänden in Kyros’ Diensten, die bei Xenophon erwähnt werden, zusammengerechnet, ergibt sich eine Anzahl von ungefähr 11000 griechischen Hopliten und an die 2500 Peltasten (leichte Infanteristen; Xen. an. 1, 7, 10; eine ausführliche Untersuchung hierzu: K ROMAYER, Kunaxa, 230–235; zum Einsatz von Söldnern bei den Persern s. S EIBT, Söldner, 51–69 [Söldner des Kyros], 121– 145 [Kampfkraft der Perser im Vergleich zu den Griechen]). Die Hauptstreitmacht wird wohl mehrere 10000 Mann an persischen Truppen umfasst haben (es muss von ca. 20000–30000 Mann ausgegangen werden). Xenophon nennt zwar 100000 Kämpfer und ungefähr 20 Sichelwagen (an. 1, 7, 10), und Diodor spricht auch von 70000 Mann (14, 19, 7), diese Zahlen sind aber zweifelsfrei stereotype Übertreibungen (s. L ENDLE, Bericht, 436). Ferner muss mit ca. 2600 Reitern (2000 Mann paphlagonische Kavallerie und 600 Reiter der schwer gepanzerten Eliteverbände) gerechnet werden. Insgesamt wird Kyros’ Streitmacht in einer groben Schätzung 30000–35000 Soldaten (ohne Tross) umfasst haben. Der König soll nach Xenophon eine Streitmacht von 1200000 Mann und 200 Sichelwagen unter den vier Kommandeuren Tissaphernes (zu ihm ‹), Gobryras, dem Satrapen von s. S. 123f. zu Plut. Art. 3, 3, › Babylonien, Abrokomas, dem Satrapen der Transeuphratene (s. S. 134 zu ‹), und Arbakes, dem Satrapen Plut. Art. 4, 3, › von Medien, mobilisiert haben. Zusätzlich habe Artaxerxes II. noch über 6000 Reiter unter Artagerses (zu ihm s. S. 193f. zu Plut. Art. 9, 1, › ‹) verfügt. Da aber Abrokomas zu spät erschienen sei, habe der König nur eine Streitmacht von 900000 Mann, 150 Sichelwagen und der Reitergarde
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 8
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befehligt (Xen. an. 1, 7, 11f.). Xenophon scheint – so vermutet es zumindest S HAHBAZI, Cunaxa, 455 – offensichtlich einfach die Anzahl der Soldaten des Kyros mit den Zahlen 10 bzw. 100 multipliziert zu haben (12000 Söldner, 600 Elitereiter, 20 Sichelwagen). Ktesias und Ephoros (nach Diodor) nennen zwar eine weit geringere Zahl (400000 Mann: Ktesias nach Plut. Art. 13, 3; Diod. 14, 22, 2f.), dennoch sind auch diese Werte sicher maßlos übertrieben (s. H IGNETT, Invasion, 351). M EYERs Schätzung (Geschichte, 185; ihm folgt S HABAZI, Army, 492), die von ca. 40000 Mann ausgeht, K ROMAYERs mit 50000–60000 (Kunaxa, 234f.) oder A NDERSONs mit 60000 Mann (Xenophon, 100) erscheinen realistisch, wenn man bedenkt, dass jeder der Satrapen eine der Gliederung der persischen Armee entsprechende 10000er-Mannschaft geführt haben mag. Auf jeden Fall wird die königliche Armee dem Rebellenheer zahlenmäßig überlegen gewesen sein. Die Aufstellung der Armeen sah – soweit es aus Xenophons Bericht rekonstruierbar ist – folgendermaßen aus: Persischer Tradition folgend nahm der Großkönig (für Kyros: der Usurpator) das Zentrum der Schlachtordnung ein (Xen. an. 1, 8, 22). Kyros der Jüngere stellte sich daher auf der rechten Euphratseite mit seinen 600 Elitereitern in das Zentrum. Den gesamten linken Flügel, bestehend aus persischer Infanterie und einem Teil der paphlagonischen Reiterei (ca. 1000 Mann), befehligte Ariaios/Aridaios (bei Diodor) ‹). Die Hauptmasse des rech(zu ihm s. S. 202f. zu Plut. Art. 11, 1, › ten Flügels bildeten die griechischen Söldner, wobei sie zur rechten Seite zunächst von den Peltasten und dann ganz außen rechts von weiteren 1000 Mann paphlagonischer Reiterei gedeckt wurden (Xen. an. 1, 8, 5). Der Tross und somit das Lager des Rebellenheeres befand sich hinter der persischen Infanterie. Somit stimmt schon einmal Plutarchs Behauptung nicht, dass Klearchos den äußersten rechten Flügel seiner Verbände an den Euphrat gelehnt habe, um auf gar keinen Fall umgangen zu werden, da zu seiner Rechten noch die 1000 Mann starke paphlagonische Reiterei und die Peltasten standen, die sicherlich einen Raum von mindestens 500 m, höchstwahrscheinlich sogar mehr, in Anspruch genommen haben (s. hierzu L ENDLE, Bericht, 436). Vielleicht basiert diese Ungenauigkeit auf der in diesem Punkt ungenauen Beschreibung Xenophons, der angibt, dass Kyros Klearchos den Befehl erteilt habe, mit seinen Truppen nach links gegen das Zentrum des königlichen Heeres vorzustoßen, der Grieche aber gefürchtet habe, von beiden Seiten umgangen werden zu können, und deshalb den rechten Flügel nicht vom Fluss abziehen wollte (Xen. an. 1, 8, 13: ). Aber bereits vorher hatte Xenophon beschrieben, dass eben 1000 paphlagonische Reiter und die griechischen Peltasten auf dem rech-
Die Aufstellung
Der äußerste rechte Flügel
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Befehlsverweigerung?
2. Kommentar
ten Flügel aufgestellt waren. Dies kann nicht bedeuten, dass sie zwischen den rechten Flügel und das Zentrum der Hoplitenphalanx gestellt wurden; sie kann nur rechts von der gesamten Phalanx gestanden haben. Interessanterweise tritt im Verlauf der Schlacht aufgrund des schnellen Vorrückens der Griechen genau dieser Fall ein, dass die griechischen Söldner umgangen und dann in ihrem Rücken der Tross und das Lager überfallen werden. Der Einsatz von Kavallerie in Kombination mit griechischen Hopliten war eine taktische Neuerung der persischen Satrapen aus Kleinasien. Kyros perfektionierte sie durch die Nutzung der schweren persischen Panzerreiter (R AHE, Situation, 89f., 94–96; S HABAZI, Army, 493; ders., Cunaxa, 456). Ziel dieser Aufstellung war ein direkter Vorstoß ins Zentrum des königlichen Heeres, um den Großkönig möglichst schnell außer Gefecht setzen zu können und somit die Schlacht zu entscheiden. Mit einem fähigen und umsichtigen Feldherren kämpften die persischen Heere mutig und errangen herausragende Siege. Aber dieselben Soldaten flüchteten unter vollständiger Auflösung der Heeresordnung, wenn der Feldherr gefallen war oder gefangen genommen wurde (S HABAZI, Army, 494). Kyros wusste genau, dass die Person Artaxerxes’ II. das königliche Heer zusammenhielt – ein schneller Vorstoß auf das Zentrum war also zweckmäßig (s. S. 183 zu Plut. Art. 8, ‹). 2, › Plutarch weist Klearchos die Hauptschuld an der Niederlage zu: Er sei zu sehr auf Sicherheit bedacht gewesen, und seine Handlungen hätten den Eindruck von Furcht erweckt. Der Höhepunkt dieser Invektive folgt auf Plutarchs sarkastische Bemerkung, dass der Großkönig selbst keinen besseren Ort für die griechischen Truppen hätte wählen können: Klearchos habe einen Befehl seines Soldgebers verweigert. Denn Kyros habe, so Plutarch, die Aufstellung im Zentrum befohlen, Klearchos sich aber dieser Anweisung widersetzt. Hier muss zunächst zur Schlachtaufstellung des Rebellenheeres noch gesagt werden, dass sie in Hast und annähernd Panik stattgefunden hat. Wie L ENDLE, Bericht, 432f. detailliert gezeigt hat, wurde in der Not ein alter Aufstellungsplan durchgeführt, der für ein anderes Gelände und eine Schlacht einige Tage zuvor gedacht gewesen war, die der Großkönig aber nicht angenommen hatte. Daraufhin hat sich Kyros nach Xenophon einer gewissen Sorglosigkeit hingegeben, in der Annahme, dass es zunächst zu überhaupt keiner Schlacht mehr kommen werde. Um so größer – so berichtet Xenophon – war die Furcht und Verwirrung, als gemeldet wurde, dass das königliche Heer im Anmarsch sei (an. 1, 8, 2). Klearchos hat mit seinen Hopliten, wie vorgesehen, den rechten Flügel besetzt, sich aber anscheinend entgegen dem Befehl des Kyros, der offensichtlich bereit war, alles zu riskieren, gegen einen Schrägangriff von dort auf das Zentrum entschieden (Xen. an. 1, 8, 12f.).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 8
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Hier muss Klearchos gegen die Vorwürfe Plutarchs verteidigt werden, dass er aus Furcht und zu großer Vorsicht die Sache verdorben habe: 1. Plutarchs Angabe, dass Klearchos sich mit seinen Truppen auf Befehl des Kyros im Zentrum aufbauen sollte, um von dort den Angriff auf den Großkönig zu führen ( ), ist schlicht falsch, da dies einen ganz anderen Schlachtplan voraussetzen würde. Das Zentrum wurde ja von Kyros gehalten, so dass man Plutarch oder seiner Vorlage hier vorwerfen muss, Xenophons Schilderung bzw. Kyros’ Absicht missverstanden zu haben. 2. Kyros’ neuer Plan kann nur ein Schrägangriff vom rechten Flügel auf das Zentrum ohne Flankendeckung gewesen sein, der in der Tat extrem gefahrvoll und für die Griechen neuartig gewesen wäre. Eine größere Umgruppierung der Truppen wäre im Angesicht des Feindes nicht mehr möglich gewesen. Dass die Befürchtung des Klearchos, umgangen zu werden, nicht unbegründet war, zeigte dann der Schlachtverlauf, in dem es Tissaphernes mit der Reiterei tatsächlich gelang, den Tross und das Lager zu überfallen. 3. Außerdem darf Klearchos’ Rolle als Führer des griechischen Kontingentes nicht überschätzt werden. Eine derart riskante Aktion hätte mit den anderen griechischen Kommandanten im Kriegsrat abgesprochen werden müssen – in der kurzen Zeit war das nicht mehr möglich. Plutarch überschätzt zudem offensichtlich Klearchos’ Position im Söldnerkontingent, bei ihm erscheint er als einziger Söldnerführer, die anderen Feldherren werden gar nicht erwähnt (so hielt u.a. Proxenos das Zentrum, Menon den linken Flügel der Griechen). Vielmehr ist ein Hauptfaktor für die Niederlage tatsächlich im unvorsichtigen Verhalten des Kyros zu suchen – allerdings nicht nur nach Plutarch in, sondern durchaus auch vor der Schlacht. So erfahren wir z.B. von Xenophon, dass Kyros am dritten Tag nach der nicht angenommenen Schlacht das Heer vom Wagen aus leitete, während nur wenige Soldaten in Schlachtordnung, die meisten aber ohne jede Ordnung zogen. Ein Großteil habe sogar seine Waffen auf den Wagen verstaut, die hinter dem Heer fuhren (an. 1, 7, 20). Ferner scheint kein neuer Schlachtplan ausgearbeitet worden zu sein, so dass man praktisch unvorbereitet auf das Heer des Großkönigs stieß (so ebenfalls ] der großköniglichen Truppen Plutarch, der auch von der Disziplin [ zu berichten weiß: Plut. Art. 7, 4; s. L ENDLE, Bericht, 432f.). Entsprechend schwierig dürfte es daher gewesen sein, das Heer nach der entstandenen Verwirrung zu ordnen (Xen. an. 1, 8, 1–7; Versuch einer Änderung des Plans in letzter Minute: an. 1, 8, 12f.).
Der Hauptschuldige
188 Die Aufstellung
Der Erfolg der Griechen
Marschdauer
2. Kommentar
Wir wissen von Xenophon, dass auch Artaxerxes traditionsgemäß das Zentrum seiner Truppen hielt, umgeben von seiner starken Gardekavallerie (an. 1, 8, 12. 21. 24). Der linke Flügel bestand aus Bogenschützen, ägyptischen Fusssoldaten und der persischen Kavallerie (Panzerreiter) unter Tissaphernes. Die Sichelwagen vor dem linken Flügel erwiesen sich als ineffizient (Xen. an. 1, 8, 10), aber Xenophons Beschreibung der Kampfwagen, der sagenumwobenen ›Wunderwaffe‹ der Perser, wird sicherlich von seinem Publikum mit großer Spannung erwartet worden sein. Die persischen Sichelwagen waren aber nur sehr selten gegen Massenheere effizient einzusetzen, wie auch Xen. an. 1, 20 zeigt, s. hierzu auch S. 178f. zu Plut. Art. 7, 6, › ‹; ferner S HABAZI, Army, 493. Die griechische Phalanx traf beim Vorrücken auf die Infanterie des königlichen Heeres, die aber schnell zurückwich, woraufhin die Griechen die Verfolgung aufnahmen. Hierbei soll angeblich – wie Xenophon berichtet – kein einziger Grieche gefallen sein (an. 1, 8, 20). Auch von persischen Verlusten lesen wir nichts. Die ohnehin schon leichtere persische Infanterie wird sich auf der Flucht aller unnötigen Waffen entledigt haben, so dass die Perser sehr viel schneller laufen konnten als die Griechen. Am nächsten Tag konnten die griechischen Söldner die weggeworfenen Pfeile und Schilde sammeln und als Feuerholz nutzen (Xen. an. 2, 1, 6; s. hierzu L ENDLE, Bericht, 441). Diese Verfolgung muss eine Lücke in die Schlachtordnung des Kyros gerissen und zu einer Umgehung der Griechen durch Tissaphernes’ Reiterei geführt haben, die dann das Lager und den Tross überfiel. Genau dies hatte Klearchos nach Xenophon und Plutarch eigentlich zu verhindern gesucht. Die Lage war aufgrund anderer Durchbrüche der Schlachtordnung (so wurden z.B. Ariaios’ Einheiten von hinten angegriffen) für den Usurpator bedrohlich, weshalb er sich wohl entschied, selbst direkt mit seiner Reiterei das Zentrum und den König anzugreifen. Er soll hierbei eigenhändig den Kadusierführer Artagerses getötet haben (Xen. an. 1, 8, 24; Plut. Art. 9). Bei diesen Kämpfen im Zentrum ist Kyros dann höchstwahrscheinlich durch eine Fernwaffe gefallen, so dass die Schlacht trotz des taktischen Sieges der Griechen verloren war. : Plutarch gibt die Länge der Marsch8, 4 route des Zuges bis zur Schlacht mit 10000 Stadien an, was ungefähr – der Einfachheit halber sei das gängige attische Stadion, das ca. 186 m entspricht, ‹) – angewendet (s. hierzu S. 177 zu Plut. Art. 7, 2, › 1860 km entsprechen würde. Xenophon selbst veranschlagt für den Zug von Ephesos bis Kunaxa 535 Parasangen und rechnet diese in 16050 Stadien um (an. 2, 2, 6), was ca. 2985 km entspricht, also deutlich zu hoch angesetzt ist (nach L ENDLEs Skizze [Kommentar, XXXI] zum Marsch des Heeres muss die Wegstrecke auf ca. 2100 km geschätzt werden, so dass Plutarchs Angabe
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 8
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präziser erscheint). Xenophon nutzt für seine Umrechnung die schematische Übertragung von 1 Parasanges zu 30 Stadien (s. schon Hdt. 2, 6, 3; Xen. an. 5, 5, 4; s. H ULTSCH, Metrologie, 476–478 und S CHULZKI, Parasanges, 324). Nach L ENDLE, Kommentar, 14f. und 97f. widerspricht diese einfache Umrechnung von Marschstunden in ein Längenmaß dem Nutzen einer WegZeit-Angabe, da je nach Geländebeschaffenheit ein Heer schneller oder langsamer marschieren kann. Allein der Zeitverlust bei einer Pass- oder Flussüberquerung, der ebenfalls in die Marschstunden eingerechnet wird, sollte hier beachtet werden, die schematische Umrechnung ist also, so L ENDLE weiter, nicht zulässig, was auch Xenophons Ungenauigkeit erklären könnnte. Diese Frage ist hier nicht zu klären, verwiesen sei aber auf B RUST, Lehnwörter, 515–521, der sich mit dem Quellenbefund, der keine Entscheidung zwischen reinem Längenmaß und Längen-Zeitmaß zulässt, und der sprachlichen Deutung des Parasanges befasst. : Plutarch behauptet hier, dass Klearchos freiwillig mit Kyros gezogen sei, obwohl er in Kap. 6, 5 noch zu berichten wusste, dass der Spartiat eine Skytale der spartanischen Ephoren mit der direkten Order erhalten habe, Kyros zu unterstützen (s. auch F LACELÌE RE /C HAMBRY , Plutarque, 221 ad loc.). Dass diese Behauptung Plutarchs nicht stimmen kann, ist bereits dargelegt worden, da Klearchos offiziell noch als Verurteilter galt und die Ephoren außerdem zwei andere Kommandanten, Samos/Samios mit 35 Schiffen und Cheirisophos mit 700 bzw. nach Diodor 800 Hopliten (keine Spartiaten, vermutlich Söldner), zu Kyros geschickt hat‹). Klearten (s. S. 159–161 zu Plut. Art. 6, 1–9, › chos’ Engagement mag vielleicht von Sparta geduldet worden sein, einen offiziellen Auftrag wird er aber kaum gehabt haben. Klearchos, der bereits länger in Diensten und wohl auch der Gunst des Kyros stand, ist also wirklich freiwillig mit Kyros gezogen. Dieser Widerspruch in Plutarchs Werk basiert m.E. darauf, dass Plutarch für seine Invektive gegen Klearchos seiner Vorlage gefolgt ist (Dinon), während er weiter oben in die Erzählung eingegriffen hat (›transfer‹). Der dabei entstandene Widerspruch scheint ihm nicht aufgefallen zu sein. Dies ist – wie schon gezeigt – nicht der einzige Fehler dieser Art in der Vita, der durch einen Eingriff Plutarchs in seine Quellen zustandegekommen ist: So lässt er Kyros den Jüngeren von Dareios II. kurz vor dessen Tod (405/4) zum Karanos für Westkleinasien ernennen, obwohl Kyros dieses Amt schon seit 408/7 innehatte, wie auch Plutarch vorher fest‹. gestellt hat, s. S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, ›
Klearchos’ Engagement
Artaxerxes 9 Inhalt
Datierung
Quellenanalyse
Die Griechen gehen erfolgreich gegen die königlichen Truppen auf dem linken Flügel vor und erringen einen eindeutigen taktischen Sieg. Kyros tötet im Zweikampf im Zentrum Artagerses, den Führer der Kadusier. Da es bei der Schilderung des Todes Kyros’ des Jüngeren abweichende Varianten gibt, will Plutarch im Folgenden zwei Versionen einander gegenüberstellen. Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6. 9, 1–4 : Anhaltspunkte für eine Quellenanalyse liefern in diesem Kapitel die namentliche Erwähnung des Pferdes Kyros’ des Jüngeren (Pasakas nach Ktesias) und Plutarchs Feststellung, dass den Tod des Artagerses mehrere Autoren beschrieben hätten. Die kurze Passage, die den Namen ›Pasakas‹ liefert (Art. 9, 1), ist ein sicheres Ktesias-Fragment, allerdings wirklich nur diese Erwähnung des Pferdenamens. Es gibt – wie Plut. Art. 9, 4 deutlich zeigt – keinen Grund, den restlichen Inhalt dieses Kapitels Ktesias zuzuschreiben: Fast alle Autoren seien also einer Meinung, dass Artagerses von Kyros getötet worden sei. Das medizinische Detail der Verwundung lässt S TEVENSON, Persica, 28f. dennoch vermuten, dass der Arzt Ktesias für die ganze Beschreibung Vorlage Plutarchs war, allerdings ist dies reine Spekulation, der aber L ENFANT, Ctésias, F 9, 146f. folgt. Auch ohne Plutarchs Hinweis, dass es mehrere Berichte über den Tod des Artagerses gebe, ist die einmalige Erwähnung von Ktesias in Zusammenhang mit einer ganz speziellen Information nicht ausreichend, ihm weitere Passagen dieses Kapitels zuzuschreiben – er ist sogar eher auszuschließen, da Plutarch ihn nun explizit nur mit diesem Detail verbindet und dieser Zusatz hier auch gar nicht in den Kontext passen will, da das Verhalten des Pferdes keine Auswirkung auf das weitere Geschehen hat. Plutarch könnte den Namen des Pferdes genauso gut Ktesias’ Beschreibung vom Tode Kyros’ des Jüngeren entnommen haben, den sein unbändiges Pferd weit hinter die feindlichen Linien getragen habe (hiervon berichtet Plutarch später, Art. 11, 2); in diesem Kontext ist die Erwähnung des Namens durch Ktesias plausibler. Fest steht aber, dass die von Plutarch eindeutig Ktesias zugeschriebene Information, in diesem Fall der Name des Pferdes, auch sicher aus dessen Persika stammt. Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass die Rede des Artagerses Ktesias’ Werk entnommen ist oder dass Ktesias’ Beschreibung ausführlicher als die anderen Berichte war. Weitere Vorlagen für die Geschehnisse um Kyros und Artagerses müssen Plutarch vorgelegen haben oder ihm zumindest bekannt gewesen sein.
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 9
191
Von einigen Autoren können wir mit Bestimmtheit sagen, dass sie den Tod des Artagerses erwähnt haben: Xenophon, Dinon und auch Ktesias. Xenophon erwähnt nur kurz, dass Kyros den Artagerses getötet habe (an. 1, 8, 24), beschreibt aber nicht, wie dies geschehen sein soll. Offensichtlich berichtet er dieses auch nur vom Hörensagen oder aus einer anderen Quelle: (»Man sagt, dass er mit eigener Hand ihren Anführer Artagerses getötet hat.«). Sicher ist, dass Ktesias diesen Zweikampf beschrieben hat (Plut. Art. 11, 1); mit dem gleichen Recht ließe sich diese Textstelle aber auch als Dinon-Fragment führen (denn auch in seinen Persika muss sich die Szene gefunden haben, da Plutarch in Art. 10 berichtet, was Kyros nach Dinons Schilderung im Anschluss an die Tötung des Artagerses getan habe). Diodor erwähnt zwar Artagerses nicht, dies muss aber nicht bedeuten, dass Ephoros ihn nicht erwähnt hat; er mag diese Information für nebensächlich erachtet haben. Über die Persika des Herakleides, eine beständige unbekannte Größe in dieser Vita, wissen wir zu wenig, als dass wir sie einfach ausschließen könnten; auch Sophainetos ist denkbar, s. S. 180 zu Plut. Art. 8, 1–8, › ‹. 9, 1 : Zum großen Erfolg der griechischen Hoplitenphalanx und der weit hinter die königlichen Linien führenden Verfolgung, die in die Schlachtaufstellung des Kyros eine Lücke riss, ‹; ausführs. S. 188 zu Plut. Art. 8, 3–8, › lich bei Xen. an. 1, 8, 18–21. : ›Pasakas‹ ist nach Ktesias der Name des von Kyros in der Schlacht von Kunaxa genutzten Pferdes. Allerdings ist dies auch der einzige Hinweis in den Quellen auf diesen Namen. J USTI, Namenbuch, 244f. führt verschiedene Deutungen der älteren Forschung an, z.B. nach DE L AGARDE, Abhandlungen, 225 die Konjektur , angelehnt an das neupersische n¯a-s¯az (»uneinig, widersetzlich«), weil Kyros’ Ross unbändig gewesen sei. Diese Konjektur ist allerdings reine Willkür (Rüdiger S CHMITT brieflich). Plausibel erscheint die Ableitung, die offensichtlich J USTI selbst von dem neupersischen Wort für »Mähne« (neupersisch paš) sieht. Auf jeden Fall hat die Form nach S CHMITT iranisches Aussehen und könnte ein ursprüngliches *P¯as/š/çaka- o.ä. wiedergeben, wobei eine vernünftige Deutung nicht möglich erscheint. Nicht auszuschließen ist deshalb auch die Variante, dass der Name ›Pasakas‹ von Ktesias frei erfunden ist. Die Überlieferung von Tier- und speziell Pferdenamen hat im Griechischen (anders als im Iranischen) bereits seit Homer Tradition; zu denken ist hier z.B. an Odysseus’ Hund Argos (Od. 17, 291–327); das bekannteste Pferd der Antike dürfte Bu, seltener: ) gewesen sein (Plut. Alex. 6, kephalas (
Der Erfolg der Söldner
Pasakas, Kyros’ Pferd
192
2. Kommentar
1; Diod. 17, 76, 5; Arr. an. 5, 14, 4 etc.; zu diesem Ross s. A NDERSON, Bucephalas). Die Kadusier
: Die Kadusier waren ein iranischer Nomadenstammesverband im Gebirgsland zwischen dem nördlichen Medien und der Südküste des Kaspischen Meeres. Da sie in keiner altiranischen Quelle erwähnt werden, können wir auch keine Aussagen über die ursprüngliche Form ihres Namens machen, nicht einmal sagen, welcher Satrapie sie angehörten (Xen. Kyr. 8, 7, 11 schreibt sie zusammen mit Medien und Armenien dem Tanaoxares als Verwaltungsbezirk zu; diesem folgt JACOBS, Satrapienverwaltung, 176; K LINKOTT, Satrap, 461f. u. 479 meint dagegen, dass die Einzelbelege eher darauf hindeuten, dass die Kadusier als halbautonomes Volk tatsächlich von zwei Königen regiert wurden und der Satrap von Armenien, so z.B. Tiribazos, für sie zuständig war). In den griechischen und lateinischen Quellen werden sie als kriegerisches Volk beschrieben, das keine Form des Ackerbaus betrieben haben soll. Ferner sollen sie – so Strabon – hervorragende Speerkämpfer/-werfer und Fußsoldaten gewesen sein (Strab. 11, 7, 1; 11, 8, 1; 11, 13, 3f.) Diese Notiz Strabons über die Kampfesweise der Kadusier stimmt mit Xenophons Beschreibug überein (Kyr. 5, 2, 25). Offensichtlich befanden sich die Kadusier häufig in Auseinandersetzungen mit der achaimenidischen Zentralgewalt. Wir haben Kenntnis von einem Feldzug Dareios’ II. gegen diese nördlichen Stämme, der am Ende seiner Regierungszeit, vermutlich um 405, stattgefunden haben muss (Xen. hell. 2, 1, 13). Diese Kampagne war vielleicht erfolgreich, erwähnt doch Plutarch – nach eigener Aussage in Übereinstimmung mit fast allen (s. hierzu bereits S. 190 zu Plut. Art. 9, 1–4, › ‹) – Kadusier, die auf königlicher Seite während der Schlacht von Kunaxa gekämpft haben sollen. Der Anführer ihres Kontingentes soll Artagerses gewesen sein. Artaxerxes II. selbst scheint um 385/84 einen Feldzug gegen die Kadusier geführt zu haben, der aber beinahe in einer Katastrophe geendet wäre (s. hierzu ausführlich S. 316–321 zu Plut. Art. ‹). Erst Artaxerxes III. Ochos hat offensicht24, 1–11, › lich kurz nach seinem Regierungsantritt (359) Erfolge gegen diesen Stammesverband zu verzeichnen gehabt, jedenfalls finden sich Kadusier bei der Schlacht von Gaugamela (331) auf persischer Seite, scheinen also zu diesem Zeitpunkt botmäßig gewesen zu sein (Arr. an. 3, 8, 4; Diod. 17, 59, 5; Curt. 4, 12, 12). Noch Marcus Antonius musste nach Strabon auf seinem Partherfeldzug schwere Kämpfe mit den Kadusiern ausfechten (11, 13, 4), s. B RIANT, Etat, 61 (mit Karte 63), 76, 79; S YME, Cadusii, 137–150; S CHMITT, Cadusii.
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 9
193
: Artagerses ist nach Plutarch der Führer der Kadusier im Kampf gegen den Usurpator Kyros. Für diesen Namen ist bisher keine Nebenüberlieferung bekannt. W ERBA, Personennamen, 54f. schlägt vor, ihn nach dem altiranischen *Arta-garša- mit »der sich am Arta (›Gerechtigkeit, Ordnung, Wahrheit«) erfreut‹ zu übersetzen (s. auch S CHMITT, IranierNamen, 46 mit Anm. 20). Artagerses hat sich nach Plutarch auf einen Zweikampf zu Pferde mit Kyros eingelassen und ist dann von diesem getötet worden. Auch Xenophon berichtet, dass auf königlicher Seite ein Offizier namens Artagerses gekämpft habe. Er soll die 6000 Mann starke berittene Leibwache des Königs im Zentrum der Schlachtaufstellung geführt haben. Beim Angriff des Kyros mit seinen 600 Reitern auf das Zentrum soll er von diesem getötet worden sein (Xen. an. 1, 7, 11; 8, 24). Eine Gleichsetzung mit dem bei Plutarch erwähnten Reiterführer ist daher sehr wahrscheinlich. Dieser Artagerses ist wohl die Vorlage für Xenophons unhistorischen Führer von 1000 Fußsoldaten in der Armee Kyros’ des Großen (Xen. Kyr. 6, 3, 31. 33; s. u.a. S YME, Cadusii, 149; BALCER, Study, 205f.). 9, 2 : Gemeint ist an dieser Stelle Kyros der Große, persischer Großkönig von ca. 559–530. Nach der Auskunft der Kyrosinschrift auf dem sogenannten Kyroszylinder war er kein Achaimenide, sondern ein Nachfahre des Teispes (also ein Teispide), zu diesem Thema und zu den unter Dareios I. gefälschten Inschriften CMa und CMc s. ausführlich W IESEHÖFER, Aufstand, 186–198; S TRONACH, Genesis; WATERS, Darius; ROLLINGER, Stammbaum. Der Achaimenide Dareios I. scheint Kyros zu seinen Vorfahren gezählt zu haben, vermutlich zur legitimatorischen Untermauerung seines eigenen, durch Usurpation errungenen Herrschaftsanspruches (s. W IESEHÖFER, Aufstand, 199–212). Kyros war siegreich über die Meder, Lyder und Neu-Babylonier und errichtete das persische Weltreich. Nach griechischen Zeugnissen soll er im Kampf gegen Steppenvölker gefallen sein, seine Grablege befindet sich in Pasargadai und ist noch heute zu besichtigen (Hdt. 1, 205–214; zu Pasargadai s. S. 114f. zu Plut. Art. 3, 1, ‹). Das positive Bild des Kyros als ›guter‹ König, das sich bis › heute erhalten hat, ist u.a. geprägt durch das Alte Testament, in dem Kyros verantwortlich ist für die Rückführung der Juden (Judäer) aus der ›babylonischen Gefangenschaft‹ und die Aufforderung zum Bau eines neuen Tempels in Jerusalem (z.B. Jes. 44, 24. 28; 45, 1: Hier wird Kyros gar als ›Messias‹, also als »Gesalbter« bezeichnet). Auch die griechische Literatur fand zumeist lobende Worte für Kyros, wie z.B. Xenophons Kyroupaideia zeigt. Dieses positive Kyrosbild ist deutlich an den Worten abzulesen, die Plutarch oder seine Quelle dem Artagerses in den Mund gelegt haben; zum positiven Kyrosbild, s. W IESEHÖFER, Kyros a); ferner dens., Persien, 71–89; zur Ety‹. mologie des Namens s. bereits S. 94f. zu Plut. Art. 1, 3, ›
Artagerses
Kyros der ›Gute‹
194 Tod des Artagerses
Kyros’ Tod
9, 3f. Art. 9, 1–4, ›
2. Kommentar
:
Siehe hierzu bereits S. 190f. zu Plut. ‹.
9, 4 : Xenophon berichtet tatsächlich nur sehr oberflächlich über den Tod des Kyros (an. 1, 8, 26f.): Kyros entdeckt seinen Bruder im Schlachtgetümmel, stürmt auf ihn los und verwundet ihn durch den Brustpanzer mit einem Lanzenwurf. Diese Passage wird schon lange verdächtigt, interpoliert zu sein (s. D ÜRRBACH, L’Apologie, 363 mit Anm. 1 mit folgenden Argumenten: 1. Stilistisch ist diese kurze Passage auffällig und passt nicht in den Text, 2. Xenophon nennt seine Quellen in der Anabasis normalerweise nicht namentlich, sondern nutzt unbestimmu.ä. oder den Verweis auf Autopsie, hier wird aber te Angaben wie gleich zweimal Ktesias erwähnt, 3. im Folgenden kämpft Artaxerxes, als ob er nicht verwundet worden wäre [s. an. 1, 10, 1f.], was zeigt, dass Xenophon wohl von keiner bzw. keiner schwerwiegenden (wie eben Ktesias) Verwundung ausgegangen ist – allerdings muss hier eingewendet werden, dass diese Interpolation vor Plutarch eingetreten sein müsste, da er explizit sagt [Art. 13, 6], dass Xenophon Ktesias in seinen Schriften erwähnt habe: , hierbei kann es sich nur um die Anabasis gehandelt haben; so geht R EUSS, Bemerkungen, 2 genau von diesem Fall aus). D ÜRRBACHs Argumente für eine Interpolation sind m.E. überzeugend, letzte Sichheit kann es aber nicht geben. Dann sei Kyros von einer Lanze unter dem Auge getroffen worden und im folgenden Kampfgeschehen zu Tode gekommen (ob durch diese Verletzung oder eine weitere bleibt unklar), s. hierzu kurz auch L ENDLE, Kommentar, 74f. Wie schon in Art. 8, 1 angekündigt, will Plutarch Details über den Tod Kyros’ des Jüngeren nachreichen, die bei Xenophon nicht zu finden sind, deshalb liefert er in den folgenden Kapiteln in einer Gegenüberstellung die Varianten des Dinon (Art. 10) und des Ktesias (Art. 11).
Artaxerxes 10 In Dinons Version greift Kyros mehrfach den König an, dieser stürzt sogar zweimal in Folge eines solchen Angriffs. Letztendlich fällt Kyros aber in einem Hagel von Speeren, die der König und seine Umgebung geworfen haben. Entweder Artaxerxes selbst oder ein Karer hat nach Dinon den Usurpator tödlich verwundet.
Inhalt
Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6.
Datierung
10, 1–3 : Nach Plutarchs eigener Aussage überliefert er in diesem Kapitel ein längeres Fragment des Werkes Dinons, dessen Beschreibung des Todes Kyros’ des Jüngeren kaum die Hälfte des Platzes der Schilderung des Ktesias (Kapitel 11) einnimmt. S MITH, Study, 15 vermutet, dass Plutarch nur eine kurze Zusammenfassung gibt, weil Dinons Darstellung eine offensichtliche Nähe zu der Xenophons aufweist und er dessen allseits bekannte Ausführungen explizit nicht wiederholen wollte. Für eine deutliche Kürzung durch Plutarch sind allerdings keine Hinweise zu finden. Er zitiert hingegen eine direkte Rede des Tiribazos, nennt den dreimaligen Angriff des Kyros, gibt sogar Dinons Alternativversion des Todes Kyros’ des Jüngeren wieder, die sich mit Ktesias’ Darstellung zu decken und daher redundant zu sein scheint, und liefert einen Exkurs zu den karischen Helmen. Eine starke Verkürzung der Darstellung, wie im Falle des ktesianischen Berichtes (Plutarch lässt hier keine Zweifel aufkommen: »Die Erzählung des Ktesias – um eine lange Schilderung kurz zusammenzufassen – lautet folgendermaßen.«, Plut. Art. 11, 1; Übers. Z IEGLER), ist m.E. unwahrscheinlich, Dinons Ausführung wird nicht sehr viel länger gewesen sein. In der Tat weist aber Dinons Beschreibung deutliche Parallelen zu Xenophons kurzem Bericht auf: Kyros wird von einem Wurfgeschoss getroffen und fällt schließlich in Gegenwart des Königs und nicht irgendwo im Schlachtgeschehen (s. auch S TEVENSON, Persica, 88). Eine Abweichung findet sich interessanterweise erst dort, wo Xenophon explizit Ktesias zitiert, indem er berichtet, dass Artaxerxes nach Ktesias von Kyros verletzt worden sei (Xen. an. 1, 8, 26). In Ktesias’ Darstellung wird Artaxerxes von Kyros verwundet und muss sich vom Schlachtgeschehen entfernen; Kyros fällt schließlich in Abwesenheit des Großkönigs (ähnlich auch bei Diodor 14, 23, 6f.). Hiervon findet sich bei Ktesias’ Nachfolger Dinon nichts mehr, die Abweichung zu Xenophon ist allerdings nur graduell, da auch bei Xenophon die Verwundung keine Auswirkungen auf das Verhalten des Artaxerxes in der Schlacht hat: Er kämpft weiter und greift mit seinen Truppen bei der
Quellenanalyse
Nähe zu Xenophon
196
Spannung
Dinon vs. Ktesias
2. Kommentar
Verfolgung der Feinde deren Lager an (Xen. an. 1, 10, 1); die Erwähnung der Verwundung bei Xenophon wird deshalb auch als Interpolation betrachtet, s. ‹. hierzu S. 194 zu Plut. Art. 9, 4, › Zumindest für die Schlachtbeschreibung und den Tod des Kyros scheint Dinon sich, soweit dies an diesem Fragment ablesbar ist, an den wenigen von Xenophon gelieferten Rahmenpunkten orientiert zu haben. Bei aller inhaltlichen Nähe ist Dinons Darstellung im Vergleich zu der Xenophons aber ungleich dramatischer – so stürzt der Großkönig zweimal durch Angriffe des Kyros vom Pferd, bevor er beim dritten Angriff dann mit seinem Gefolge erfolgreich ist. D REWS, Accounts, 118 meint sogar, dass sich Dinon aufgrund der Dramatik deutlich von Xenophon und Ktesias abhebe, was aber abzulehnen ist, da Ktesias’ Bericht der Vorgänge durch viele unglaubliche Wendungen und Details, verglichen mit Dinons Schilderung – sofern dies überhaupt anhand der spärlichen Fragmente zu beurteilen ist –, deutlich dramatischer wirkt; selbst Plutarch spricht davon, dass Ktesias Kyros geradezu mit einem stumpfen Messer langsam umgebracht habe: (Plut. Art. 11, 11). Diese Tendenz der geringeren Dramatisierung in Dinons Werk durch weniger unglaubwürdige Details kann auch in anderen Passagen beobachtet werden, s. z.B. S. 267–269 zu Plut. Art. ‹ zur Ermordung der Stateira; auch dies 19, 1–10, › sollte als Versuch gewertet werden, der Darstellung eine höhere Plausibilität zu verleihen (S TEVENSON, Lies, 28f.). Betrachtet man zudem die von Plutarch in der Vita aufgezeigten inhaltlichen Abweichungen zwischen Dinons und Ktesias’ Darstellung (u.a. erneut im Zusammenhang mit der Ermordung der Stateira, s. S. 161f. zu Plut. Art. ‹ und S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, 6, 1–9, › ‹), so zeigt sich deutlich, dass Dinon versucht, › sich von Ktesias’ Werk abzuheben, indem er Details aus dessen Darstellung variiert. In den Grundzügen mögen also Ktesias’ und Dinons Bericht übereingestimmt haben, aber in Details und Tendenz sind deutliche Unterschiede zu erkennen (so auch schon S TEVENSON, Persica, 69–73), wie sie typisch sind für ›fiktionale Geschichtsschreibung‹, (s. hierzu B LECKMANN, Weg, 183–188; 615–617, ferner dens., Fiktion, 9–21: Als Beispiel seien die Hellenika Theopomps erwähnt, die von der Darstellung Xenophons ausgehen, die er aber erweitern oder durch konstruierte Gegenversionen widerlegen wollte. Allerdings ist er bereits von der antiken Literaturkritik als entlarvt worden [Nikagoras von Athen nach Eus. Pr. Ev. 10, 3, 9; s. B LECKMANN, Weg, 615]. Auch Photios hat sich in ganz ähnlicher Weise über Ktesias geäußert: [L ENFANT, Ctésias, T 8]).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 10
197
Diese Beobachtung zu Dinons Werk sagt aber nichts über den Quellenwert seines ›Gegenstücks‹ Ktesias aus, sondern nur über dessen durch angebliche Autopsie offenkundig erfolgreich errungenen Ruf als Experte für persische Interna; dieser ist aber nun bekanntermaßen schon in der Antike angezweifelt worden (s. nur Plutarch in dieser Vita; ferner wissen wir von , s. S TEMPLINGER, Plagiat, der Schrift eines Pollion 35 ). Für den Tod des Kyros und vielleicht den Schlachtablauf ingesamt scheint Dinon einen anderen Weg gewählt zu haben, da es mit Xenophon bereits einen von Ktesias abweichenden Bericht gab, der sich auf Autopsie stützen konnte: Innerhalb dieser kurzen Schilderung scheint Dinon einen Gegenentwurf zu Ktesias in Form einer rhetorischen Ausgestaltung auf der Grundlage der xenophontischen Schilderung entwickelt zu haben (weitere Beispiele bei S TEVENSON, Persica, 68f.: Kambyses-Ägypten, Ninos und Semiramis). P ELLING, Adaption, 129–131 sieht eine ähnliche Vorgehensweise auch bei Plutarch und spricht in diesem Zusammenhang von expansion, der Erfindung von Details zur Erhöhung der Spannung und Ausweitung des Kontextes. Im Vergleich zu Ktesias’ Beschreibung ist dagegen, wie oben gezeigt, von einer reductio zu sprechen, was insgesamt Dinons Schilderung den Anschein eines höheren Maßes an Plausibilität verleiht. Fraglich ist nun, ob weiterhin die These aufrecht zu halten ist, dass Dinons Quelle für diese Beschreibungen im Bereich der offiziellen Darstellung des achaimenidischen Hofes zu suchen sei und er deshalb eine deutliche prokönigliche Tendenz zeige (dies ist communis opinio: S TEVENSON, Lies, 29– 31 und 34f.; dies., Persica, 12f., 92f. [sie geht hier von einer Nähe der Quelle zu Tiribazos aus, wenn es sich nicht gar um ihn selbst gehandelt haben mag]; auch O RSI, Tendenza, 127f.; schon K ÆMMEL, Berichte, 681; H OOD, Plutarch, 73f. und auch B RIANT, Cyrus, 630 u. 989). Meines Erachtens ist nämlich weder eine eindeutig prokönigliche Tendenz zu erkennen, noch muss Dinons Schilderung, wie gezeigt, zwangsläufig auf einer hofnahen Quelle aufgebaut sein. Dinon wollte sich in erster Linie von Ktesias, d.h. hier von dessen kyrosfreundlicher Darstellung absetzen, was in diesem Fall nur durch eine eher königsnahe Schilderung realisiert werden konnte (wobei der mehrfache Sturz des Großkönigs vom Pferd und die von Dinon genannte Alternativversion zum Tode des Kyros keine übertrieben positive Darstellung des Königs zeigen). Vielmehr zielt Ktesias’ Darstellung des Schlachthergangs darauf, Kyros positiv darzustellen; nur vor diesem eindeutig gefärbten Hintergrund erscheint Dinons Beschreibung als königsnah. Immerhin fällt auch bei Xenophon Kyros im Kampf mit dem König (wenn auch nicht sicher im Duell), woraus sich aber kaum eine prokönigliche Tendenz Xenophons ableiten lässt.
Eine offizielle Quelle?
198 Tod des Artagerses
Tiribazos
Artaxerxes vs. Kyros
Charakterisierung
10, 1 1–4, ›
2. Kommentar
:
Siehe hierzu S. 191 zu Plut. Art. 9, ‹.
: Die prominente Rolle, die Tiribazos hier in Dinons Schilderung des Schlachtgeschehens einnimmt, lässt darauf schließen, dass er auch in anderen Passagen in Dinons Werk – wie auch in späteren Kapiteln der Artaxerxes-Vita zu sehen ist – eine zentrale Figur war (s. hierzu ‹). Xenophon erwähnt S. 131 zu Plut. Art. 5, 3f., › in der Anabasis dieses Geschehen um das Pferd des Großkönigs nicht, dafür aber zu einem späteren Zeitpunkt, dass Tiribazos, der Satrap von Westarmenien, ein Freund des Großkönigs gewesen sei. Wenn er zur Stelle gewesen sei, habe niemand anderes dem Großkönig auf das Pferd helfen dürfen (an. 4, 4, 4). Diese offenkundige Ehre zeigt, dass Tiribazos zum engsten Kreis des Großkönigs gehörte (s. hierzu B RIANT, Cyrus, 310–312; ausführlich auch ‹). NatürS. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, › lich kann dies bedeuten, dass Dinon tatsächlich über eine Vorlage mit sehr guten Kenntnisse verfügte, was dann aber eine Neubewertung der Dignität der Dinonfragmente bedeuten müsste (s. S. 199f. zu Plut. Art. 10, 3, › ‹). Plausibler erscheint mir aber, dass es sich einfach um die geschickte Ausnutzung eines Details aus der xenophontischen Schilderung durch Dinon handelt, die ihm immerhin sehr gute Kenntnisse der Anabasis Xenophons bescheinigt; zu Tiribazos allgemein s. S. 153f. zu Plut. Art. ‹. 5, 3, › 10, 2 : Kyros greift den Großkönig dreimal an und wirft ihn dabei zweimal von seinem Pferd. Erst beim dritten Angriff reagiert der Großkönig und attackiert den Usurpator, der ihm ohne jede Vorsicht entgegensprengt. Der Speerkampf zu Pferde ist eine Disziplin im Krieg und auf der Jagd, in der die achaimenidischen Könige ihre militärischen Qualitäten besonders unter Beweis stellen mussten, wie Dareios uns in einer seiner Grabinschriften überliefert hat (DNb §8h), s. ‹. hierzu S. 101 zu Plut. Art. 2, 1, › Plutarchs bisherige Charakterisierung der beiden Protagonisten (s. Plut. Art. 2, 1; 4, 4; 6, 1; 6, 4; 8, 3) lässt sich durchaus auch hier in Dinons Schilderung finden: Artaxerxes ist eher passiv-reaktiv und handelt erst sehr spät, erneut ermuntert ihn auch Tiribazos (s. S. 177 zu Plut. Art. 7, 3, › ‹). Dann reitet der Großkönig aber entschlossen und mutig gegen den Usurpator. Sein Bruder Kyros ist hingegen sogleich entschlossen und angriffslustig, stürzt sich aber auch ohne jede Vorsicht tollkühn in die Gefahr. Diese Punkte sind in Ktesias’ Beschreibung tendenziell anders: Artaxerxes reitet seinem Widersacher sogleich entgegen, und Kyros, der zwar auch von Ktesias als leidenschaftlich und mutig charakterisiert wird, wird von seinem
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 10
199
unbändigen Pferd weiter zwischen die Feinde getragen: (Plut. Art. 11, 3). Vielleicht deuten diese ähnlichen Charakterzeichnungen bei Dinon und Plutarch auf eine Nähe hin, allerdings stellt wie immer der fragmentarische Charakter der Werke (Dinon und Ktesias) eine nicht zu nehmende Hürde dar. Wie schon gesagt (s.o.), ist Dinons Schilderung des Kampfes m.E. eine Ausgestaltung der Darstellung Xenophons. Dort lesen wir von einem direkten Angriff des Kyros und dann folgenden unbestimmten Kampfhandlungen. Dinons Darstellung lässt sich also als Ausweitung des xenophontischen Berichtes sehen (expansion). Natürlich ist nicht auszuschließen, dass Kyros in der Tat drei Angriffe hintereinander gegen den Großkönig reiten konnte. Aber zum einen sollte bereits die Dreizahl Skepsis wecken: Dass es sich hierbei bis in die heutige Zeit um eine ›Märchen-‹ bzw. um eine ›magische‹ Zahl handelt, ist hinlänglich bekannt. Der Verweis auf A LYs Auflistung von Ereignissen bei Herodot, die die Zahl drei bestimmt, mag hier genügen, um die Bedeutung auch für die griechische Historiographie zu belegen (Volksmärchen, 240): drei Brüder (Hdt. 8, 137); drei Söhne (Hdt. 4, 5; 4, 84); drei Antworten (1, 30f.); drei Botschaften/Briefe (Hdt. 3, 68; 3, 128); dreifacher Zweikampf (5, 1) usw. Aber auch ohne diesen Rekurs auf den besonderen Charakter der Dreizahl ist kaum glaubhaft, dass Kyros offenbar zweimal vollkommen unbehelligt vom Gefolge des Großkönigs diesen angreifen konnte und erst beim dritten Versuch auf größeren Widerstand stieß. Beide Punkte zeigen, dass es sich hier um eine historiographische Konstruktion handelt. : Dinon scheint eine Version zu kennen, 10, 3 in der der Usurpator durch die Hand des Großkönigs fällt, die sich in den von Xenophon gesetzen Rahmen gut integrieren lässt, wozu auch passt, dass Xenophon den Phalinos, einen Gesandten des Großkönigs an die Griechen nach der Schlacht, sagen lässt, dass der Großkönig Sieger sei, weil er Kyros getötet habe (Xen. an. 2, 1, 11; auch Diod. 14, 25, 1). Neben dieser Überlieferung scheint Dinon auch eine Alternative geboten zu haben: Nicht der Großkönig, sondern ein namenloser Karer habe den für Kyros tödlichen Speer geschleudert. An einen Eingriff Plutarchs mag man hier nicht denken, da er zum einen zuvor eindeutig gesagt hat, dass er Dinons Version wiedergeben möchte und zum anderen keinen Grund hatte, eine Alternativversion hier einzufügen, die er sowieso im nächsten Kapitel unter Ktesias’ Namen noch einmal ausführlich berichtet (der zu erwartende Eingriff Plutarchs hätte eher eine Kürzung/Streichung seien müssen). Diese Variante bietet ein starkes Argument gegen die These, dass Dinon eine prokönigliche oder offizielle Sicht wiedergibt. Welchen plausiblen Grund sollte er haben, seine tendenziöse Darstellung selbst zu schwächen? S TEVENSON, Persica, 93 vermutet nicht überzeugend, dass a) die großkönigliche Propa-
Ein Konstrukt?
Alternativen
Ein Karer?
200
2. Kommentar
ganda Zeit gebraucht habe, sich durchzusetzen und dass b) Dinons Quelle vielleicht im Umfeld des Tiribazos zu suchen sei, der immerhin direkt am Kampfgeschehen beteiligt war – diese Quelle habe es dann für notwendig erachtet, Dinon über diese weitere, ihr bekannte Variante (Tod durch einen Karer) zu unterrichten. Damit diese Argumentation greift, müsste Dinon also über einen Informanten verfügt haben, der am Kampf beteiligt war oder zumindest mit einem ehemaligen Kämpfer in Kontakt stand (zuvor noch mit Zweifeln S TEVENSON, Persica, 13). Konsequenterweise müsste somit Dinons Schilderung eine gleich hohe Dignität wie der des Ktesias zugesprochen werden, da er seine Informationen offenbar nicht nur von einem gut informierten, sondern auch von einem kritischen Zeugen erhalten hat, den Dinon dann auch noch zu Wort kommen lässt (hätte er eine tendenziöse Darstellung abfassen wollen, hätte er diese Einwände auch einfach übergehen können). Diesen Schritt vollzieht S TEVENSON, Lies, 31 aber gerade nicht, sondern stellt fest: »It can then be seen from these two examples that blatant lies are recorded in Deinon’s Persica.« Diese Sicht basiert einzig auf dem Glauben an die grundsätzliche Historizität des ktesianischen Berichtes. S TEVENSON räumt ihm eine höhere Glaubwürdigkeit ein, obwohl sie der Meinung ist, dass Dinon eine hofnahe Quelle genutzt habe. Es ist natürlich nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass Dinon über eine solche Quelle verfügen konnte (wobei nicht zu sagen ist, wer dies gewesen sein und wie die Vermittlung ausgesehen haben soll), aber m.E. ist die Sicht zu favorisieren, dass Dinon bemüht ist, eine Gegendarstellung zu Ktesias zu liefern, die plausibler wirken sollte (offenbar erfolgreich, wie z.B. Nep. Konon 5, 4 zeigt: »contra ea Dinon historicus, cui nos plurimum de Persicis rebus credimus, effugisse scripsit.«). Es handelt sich bei dieser Alternativversion um einen geschickten Griff Dinons, um seiner Darstellung mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, geschickt auch deshalb, weil diese Variante eine Nähe zu Ktesias’ Bericht aufweist, da in diesem ein Kaunier/Karer (Plut. Art. 11, 9f.; Art. 14, 6) die letztendlich zum Tode führende Verwundung verursacht. Somit ist im Ergebnis S TEVENSONs Meinung zuzustimmen, dass Dinons Version keine Historizität zukommt, allerdings sind ihre Prämissen und ihr Argumentationsgang nicht zu halten. Karer und Hähne
: Über den besonderen Helmschmuck der Karer und ihren Namen bei den Persern ist über dieses Dinon-Fragment hinaus nichts bekannt. So lässt sich zwar über den konkreten historischen Gehalt dieser Schilderung nichts aussagen, aber die materielle und/oder ideelle Belohnung eines loyalen und tatkräftigen Untertanen durch den Großkönig ist ein wichtiger Bestandteil der achaimenidischen Königsideologie, s. ‹. Allerdings S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, › ist bekannt, dass der Hahn im Zoroastrismus als reines Tier gilt, das hohes
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 10
201
Ansehen und Verehrung genoss. Auch im täglichen Leben erfreute er sich als Ungeziefervertilger allgemeiner Beliebtheit (die Tötung von derartigen schädlichen Kleintieren galt den Zoroastriern als besonderes Verdienst: Hdt. ‹), s. hierzu ausführ1, 140, s. hierzu bereits S. 116 zu Plut. Art. 3, 1, › lich G RABOW, Schlangenbilder, 53–58.
Artaxerxes 11 Inhalt
Datierung
Quellenanalyse
Ariaios
In Ktesias’ ausführlicher Version des Todes des Kyros verwundet dieser zunächst seinen Bruder so schwer, dass dieser aus dem Kampfgeschehen flüchten muss. Kyros wird daraufhin von seinem Pferd weit unter die Feinde getragen, wo er selbst zweimal schwer verwundet wird. In Folge der zweiten Verletzung stürzt er so unglücklich, dass er stirbt. Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6. 11, 1–11 : Ktesias’ Schilderung ist von allen uns erhaltenen Beschreibungen des Todes Kyros’ des Jüngeren die detailreichste. In den Exzerpten des Photios wird der eigentliche Tod des Kyros nur kurz erwähnt (FGrH 688, F 16 [64]), so dass einzig Plutarch die genauen Umstände beschreibt, die nach Ktesias letztendlich zum Tode des Kyros führen (z.B. den Tod des Satiphernes, die Verwundung des Großkönigs durch Kyros, die mehrfache Verwundung und letztendlich den unglücklichen Tod des Kyros). Plutarch stellt zunächst fest, dass er die lange Schilderung zusammengefasst habe: (Plut. Art. 11, 1), wobei immer noch ein recht umfangreiches Exzerpt entstanden ist, so dass im Vergleich Photios’ Arbeitsweise kaum als Vorgang des Kürzens, sondern wohl eher als eine bewusste Auslassung bezeichnet werden kann. Die Gründe hierfür sind nicht mehr zu ermitteln. Photios erwähnt aber in späteren Exzerpten Einzelheiten über die Rache der Parysatis an denen, die an der Tötung des Kyros in der Schlacht von Kunaxa beteiligt gewesen sind. Deren Rolle in und nach der Schlacht wird aus Photios’ Exzerpten nicht deutlich, diese sind uns allerdings (z.T. mit auffälligen Abweichungen) auch aus Plutarchs Ktesias-Exzerpt bekannt. Es ist also unzweifelhaft, dass der von Plutarch wiedergegebene Bericht so ähnlich auch bei Ktesias gestanden hat. Photios wollte den Tod des Kyros offensichtlich nicht detailiert wiedergeben (auch nicht die von Ktesias abhängige Überlieferung bei Diodor und Trogus/Iustin). : ›Ariaios‹ (lat. Ariaeus) ist die griechische Namensform, 11, 1 die das altiranische Hypokoristikon *Ariy-aya- widerspiegelt (S CHMITT, Anthroponyme, 133). Das altpersische Grundwort Ariya-, ein Ethnikon, »Arier«, d.h. der »Iraner« bzw. »arisch, iranisch« ist onomastisch reich bezeugt (s. S CHMITT, Iranier-Namen, 42; dens., Anthroponyme, 133). Der bekannteste Träger dieses Namens war Kommandeur unter Dareios II.; er stellte sich nach der Thronfolge Artaxerxes’ II. auf die Seite Kyros’ des Jüngeren und befehligte bei Kunaxa dessen einheimische Kontingente
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 11
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(Xen. an. 1, 8, 5 u. 1, 9, 31; weiter Diod. 14, 22, 5; 14, 24, 1. 7; Polyain. 7, 16, 1 u.a.). In der Schlacht führte er den linken Flügel des Heeres (Xen. an. 1, 8, 5; oik. 4, 19), der aus persischer Infanterie, flankiert von 1000 paphlagonischen Reitern, bestand. Ob er – wie Plutarch hier nach Ktesias berichtet – an den Kämpfen im Zentrum beteiligt war, lässt sich nicht ersehen, erscheint allerdings aufgrund seines eigentlichen Kommandos nicht wahrscheinlich (hier ist L ENDLE, Kommentar, 75 zu folgen, der dies als deutlichen Beleg für die phantasievolle Konstruktion des Schlachtherganges durch Ktesias wertet, während M ANFREDINI, Plutarco, 282 noch die Möglichkeit von zwei Kriegern dieses Namens nicht ausschließen mag, allerdings auch auf ein mögliches Missverständnis des Ktesias hinweist). Auf jeden Fall ist er der einzige von Kyros’ Getreuen, der nicht im Kampfe fiel, sondern nach dem Tode des Kyros zunächst noch auf dem linken Flügel weiterkämpfte, mit dem er sich dann bald zur Flucht wandte (Xen. an. 1, 9, 31; 1, 10, 1). Bei diesen Kämpfen ist er verwundet worden (Xen. an. 2, 2, 14). Ariaios kam in den Genuss der königlichen Amnestie nach der Schlacht und unterstützte später sogar Tissaphernes bei der Gefangennahme der griechischen Söldnerführer, die ihn zunächst als Kyros’ Nachfolger auf den Thron heben wollten (Angebot der Griechen: Xen. an. 2, 1, 4; Ablehnung durch Ariaios: 2, 2, 1; Verrat: 2, 4, 1–2, 5, 42), und wurde offenbar Satrap von Phrygien. In dieser Position – wenn er wirklich der Ariaios ist – war er schließlich auch an der Ermordung des Tissaphernes beteiligt (s. S. 308 zu Plut. Art. 23, 1, › ‹). Er ist höchstwahrscheinlich mit dem Ariaios identisch, der sich 394 in Sardeis gegen Artaxerxes II. erhob. Bei den Griechen war Ariaios, der von Kyros ausgezeichnet worden war, für seinen Verrat an den Söldnerführern verhasst und wurde scharf kritisiert (Xen. an. 3, 2, 2. 5). Allerdings kann sein Seitenwechsel nach Kyros’ Tod pragmatisch nicht als Verrat bezeichnet werden, da die Sache des Usurpators definitiv verloren war (s. auch S HAHBAZI, Ariaeus, 405f.). 11, 2 : Zu Satiphernes, der nur in diesem Ktesias-Fragment bei Plutarch und sonst nirgends in der griechischen oder lateinischen Überlieferung erwähnt wird, lässt sich demnach nicht viel mehr sagen, als wir genau hier erfahren: Er ist ein Freund des Kyros und wird vom Großkönig Artaxerxes II. in der Schlacht bei Kunaxa getötet. Im Codex Laurentianus : Diese Handschrift ist zum einen aber nofindet sich die Lesart torisch fehlerhaft, zum anderen liefert sie mit diesem bekannten Namen eine lectio facilior, die zu Recht in den Textausgaben abgelehnt wird (S CHMITT, Anthroponyme, 189 mit Anm. 168). Am iranischen Ursprung dieses Namens lässt sich nicht zweifeln; er ist von J USTI, Namenbuch, 291f. analysiert worden, doch ist seine Bedeutung umstritten, da die syntaktische Anordnung nicht eindeutig ist (z.B. J USTI: »das Glück der Freude genießend«; B EN -
Satiphernes
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2. Kommentar
VENISTE,
Titre, 93: »gloire de félicité«; H INZ, Sprachgut, 231: »FreudenGlücksglanz« u.v.a.m.; s. neuerdings S CHMITT, Anthroponyme, 189f., der eher eine »mechanische« Namenbildung ohne tieferen Sinn durch Kombination geläufiger Namenselemente vermutet).
Die Verwundung des Königs
Der Schuldige: ein Pferd?
11, 2f. : Neben Ktesias berichtet auch Xenophon von der Verwundung des Großkönigs. Allerdings beruft er sich ausdrücklich nicht auf Autopsie, sondern nennt Ktesias als seine Quelle (an. 1, 8, 26; hier ist zu beachten, dass diese Passage vielleicht interpoliert ist, s. S. 194 zu ). Außer diesen beiden Plut. Art. 9, 4, › Erwähnungen findet sich auch eine kurze Notiz bei Diodor, dass Kyros seinen Bruder durch ein Wurfgeschoss verletzt habe (14, 23, 6). Allerdings ist Diodors Notiz keine unabhängige Überlieferung, da er sie entweder direkt dem Werk des Ktesias entnommen hat oder über den Umweg über Ephoros. Diese Abhängigkeit Ktesias-Ephoros-Diodor zeigt sich z.B. auch bei der Wiedergabe der Anzahl der Kämpfenden: Alle drei gehen offensichtlich von 400000 Mann auf der königlichen Seite aus (Ktesias nach Plut. Art. 13, 3; Ephoros nach Diod. 14, 22, 2f.). Weitere spätere Quellen, die die Verwundung des Artaxerxes erwähnen, sind Trogus/Iustin und Orosius, deren Darstellung aber auch letztlich von Ktesias abzuhängen scheint (Iust. 5, 11, 8f.; Orosius 2, 18, 2). : Den Namen des Pferdes nach Ktesias hat 11, 3 Plutarch bereits erwähnt, und es ist wahrscheinlich, dass er ihn aus dieser Beschreibung genommen hat, s. hierzu S. 191 zu Plut. Art. 9, 1, › ‹. KÖNIG, Persika, 109f. befasst sich intensiv, aber nicht immer überzeugend, mit dieser Passage und stellt hier die Nähe zur Schilderung des Trogus/Iustin heraus (5, 11, 9), der das Detail liefert, dass Artaxerxes »equi fuga« gerettet worden sei (»quem cum equi fuga periculo subtraxisset, Cyrus a cohorte regia oppressus interficitur.«). KÖNIGs Vermutung, dass es sich hier um ein von Plutarch übergangenes Detail des Berichtes des Ktesias handele, erscheint plausibel. Das flüchtende Pferd kann nur das des Kyros sein, das wohl in Panik geraten sein muss und seinen Reiter so vom tödlichen Wurf gegen seinen Bruder abhält. Die Übersetzung »Ihn [Artaxerxes II.] zwar entzog sein scheuendes Pferd der weiteren Gefahr, Kyros dagegen wird von der Königsgarde überwältigt und fällt.« (Übers. S EEL) wäre folglich fehlerhaft (richtig: »Ihn [Artaxerxes II.] zwar entzog das scheuende Pferd [seines Bruders] der weiteren Gefahr . . .«). Hier deckt sich die Schilderung auch wieder mit Plutarchs Beschreibung, da das scheuende Pferd Kyros weiter unter die Feinde trägt, wo er dann fällt. Artaxerxes scheint also durch ein ›Wunder‹ gerettet worden zu sein. In den Berichten Diodors und des Trogus/Iustin stirbt Kyros dann ohne Umschweife, ihnen erschien der Bericht wohl auch kür-
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zungsbedürftig (Diod. 14, 23, 6f.; Iust. 5, 11, 9), während der Usurpator bei Ktesias erst nach mehreren weiteren Zufällen zugrunde geht. : Keine Quelle gibt Auskunft über die genaue Dauer der Kampfhandlungen, allerdings scheint die Schlacht nach Ktesias bis in die Abendstunden gedauert zu haben (Xenophon [an. 1, 8, 8] gibt an, dass sie die durch den in der Ebene aufmarschierenden Feind aufgewirbelte Staubwolke am frühen Nachmittag erblickt hätten: ). Die Verwundung des Kyros geschah nach Ktesias, als es bereits dunkel wurde. Allerdings sind Ktesias’ Zeitangaben nach Plutarch nicht mit Xenophons Darstellung in Einklang zu bringen, bereiten auch – wie noch ‹ – inzu zeigen ist, s. S. 206f. zu Plut. Art. 11, 4, › nerhalb der Erzählung bei Plutarch logische Probleme und lassen sich nach S MITH, Study, 39 auch nicht mit den Umständen der Schlacht vereinbaren. K ÆMMEL, Berichte, 685 versucht eine Harmonisierung der Schilderungen Xenophons, des Ktesias und Diodors und sieht daher konsequenterweise diese störenden Angaben als Interpolation, vielleicht durch Plutarch. Grundlage für diese Annahme ist aber einzig der Harmonisierungsversuch widersprüchlicher Quellen, so dass sie auch schon deshalb nicht überzeugend ist. Da Plutarch zudem in den nächsten Kapiteln (12 und 13), die ebenfalls sicher aus Ktesias’ Werk stammen (s. hierzu die kurze Quellenanalyse S. 213 zu ‹), den Gebrauch Plut. Art. 12, 1–13, 7, › ‹ und S. 222 zu von Fackeln erwähnt (s. S. 219 zu Plut. Art. 12, 3, › ‹) und damit indirekt den AnPlut. Art. 13, 1, › bruch der Nacht bestätigt, müsste es sich um einen größeren Eingriff handeln, der aber für Plutarchs Arbeitsweise untypisch wäre, da die Details vollkommen belanglos sind und kein Motiv hierfür erkennbar ist (vermutete Eingriffe Plutarchs finden sich stattdessen in Art. 2, 5, s. S. 108f., › ‹ und in Art. 6, 3–5, s. S. 160, › ‹). Eine Interpolation vor Plutarch ist zwar theoretisch denkbar, entbehrt aber in diesem Fall jedes erkennbaren Motivs. Auch ist fraglich, woher die zusätzliche Information stammen sollte. Somit ist S MITH, Study, 41 zuzustimmen: » . . . there is no good reason to doubt that the phrase really had its source in Ctesias.« Alle Versuche, den genauen Schlachthergang (Beginn der Kampfhandlungen, Verwundung und Tod des Kyros etc.) anhand mehrerer Quellen zu rekonstruieren, müssen an der widersprüchlichen Quellenlage scheitern. Eine Harmonisierung der Angaben ohne große und unverhältnismäßige Eingriffe ist unmöglich, da die Widersprüche zeigen, dass es sich eindeutig um grundsätzlich verschiedene Darstellungen handelt. Grundlage für eine fundierte historische Konstruktion kann allein der Bericht Xenophons sein, der
Die Zeit
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2. Kommentar
allerdings nur dürftige Informationen liefert – dies erklärt die Verlockung, ihn mit Ktesias’ Schilderung zu harmonisieren. Persisch
Die Tiara
11, 4 : Ktesias/Plutarch scheint es erwähnenswert zu finden, dass Kyros auf Persisch ( ): (»Aus dem Weg, elendes Pack«) gerufen habe. Da dies nun seine Muttersprache war, ist es eigentlich nicht verwunderlich. S TROBACH, Plutarch, 162f. meint, dass Ktesias’/Plutarchs Bemerkung nur vor dem Hintergrund, dass Kyros ein vorwiegend aus Griechen bestehendes Heer befehligte (dies stimmt nun nicht, die griechischen Kontingente werden wohl maximal 50%, vermutlich sogar weniger, der Streitmacht ausgemacht haben, s. S. 184 zu ‹), zu verstehen sei. Da Plut. Art. 8, 3–8, › sich Kyros aber zu diesem Zeitpunkt zwischen den Feinden, also zwischen ›barbarischen‹ Truppen befand, hätte er – wenn er überhaupt eine Chance sehen wollte, verstanden zu werden, was bei der heterogenen Zusammensetzung der persischen Heere sicher ein Problem war – kaum eine andere Sprache wählen können; die Zusammensetzung seines Heeres ist hierbei unerheblich. In der Anabasis Xenophons entsteht zwar immer wieder der Eindruck, dass Kyros direkt mit den griechischen Feldherren sprechen konnte, aber es werden auch der Dolmetscher Pigres (Xen. an. 1, 2, 17; 1, 5, 7; 1, 8, 12) und der Sohn des Tamos, Glus (oder Glos), der eine Art Ordonnanzoffizier bei Kyros war und vermutlich über Griechischkenntnisse verfügte, erwähnt, weshalb er den Kontakt zur griechischen Heeresgruppe vermittelte (1, 4, 16; 1, 5, 7; s. L ENDLE, Kommentar, 42). Zur demütigen Reaktion der Kämpfer auf Kyros (Proskynese) s. ausführlich S. 225 zu Plut. Art. 13, 3, ‹. › : Dieses ist ein weiteres zufälliges Detail der Schilderung des Ktesias, das letztendlich zum unglücklichen Tod des Kyros führt: Eigentlich war es bereits so dunkel, dass weder Freund noch Feind Kyros erkennen konnte. Dennoch verneigten sich alle vor ihm, solange er die Tiara trägt, die offensichtlich in der Dunkelheit ein eindeutiges Merkmal des Feldherrn war (s. hierzu auch S. 337f. zu Plut. Art. 26, 4, › ‹). So könnte man sich denken, dass ihn die Truppen aufgrund der Tiara für ihren Feldherrn gehalten haben, was hier aber als Interpretation auszuschließen ist, da Kyros ohne Tiara offensichtlich eindeutig als Feind zu identifizieren war – sonst hätte Mithridates wohl nicht auf ihn geworfen. Daher wollte Ktesias/Plutarch wohl eher zeigen, wie groß der Respekt der Truppen des Artaxerxes vor Kyros war, so dass erst dann jemand auf ihn anlegte, als man ihn nach dem Verlust des Erkennungszeichens nicht mehr als Kyros, sondern nur noch als Feind identifizieren konnte. Dies bedeutet allerdings, dass die Notiz, dass weder Freund noch Feind ihn erkennen konnte, fehl am
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Platze oder sinnentstellt durch Plutarchs Verkürzung ist. Ob es ferner wirklich plausibel ist, dass ein Feldherr sich allein in den Reihen seiner Feinde bewegt, ohne dass ihn jemand attackiert, erscheint zumindest fraglich. KÖNIG, Persika, 111 ist verwundert, dass diese besondere Tiara anscheinend keine Rolle mehr spielte, jedenfalls erwähnt Plutarch nicht, dass sie gefunden wurde – wobei sie sicherlich ein besserer Aufhänger als die später gefundene Satteldecke des Kyros gewesen wäre. Daher meint er, dass es sich bei der Erzählung um den Verlust der Tiara um eine Erfindung des Ktesias in Zusammenhang mit einem späteren Botenbericht an Parysatis handele, der uns als Fragment bei Ps.-Demetrios erhalten ist (de eloc. 216; L ENFANT, Ctésias, F 24), in den KÖNIG die gesamte bei Plutarch wiedergegebene Schilderung verorten will (Persika, 109–112). Dies vermag zwar nicht zu überzeugen, aber seine Vermutung, dass die Tiara ein weiteres erfundenes Detail sein könnte (im Rahmen einer insgesamt unglaubwürdigen Geschichte) ließe sich mit einer Notiz unseres Augenzeugen Xenophon erhärten: (»Kyros ging unbedeckten Hauptes in die Schlacht.«, Xen. an. 1, 8, 6). Dies bedeutet eben nicht nur ohne Helm, sondern ohne irgendeine Kopfbedeckung, was auch die Tiara ausschließt. L ENDLE, Kommentar, 66 meint zwar, dass Kyros vielleicht nur den Erkundungsritt an der Schlachtreihe entlang barhäuptig durchgeführt habe, in die Schlacht aber mit Tiara gezogen sei, was nicht gänzlich ausschließen ist, da es sich außerhalb von Xenophons Kenntnis abgespielt haben wird (ebenso BASSETT, Death, 476f. mit Verweis auf Alexander bei Gaugamela nach Plut. Alex. 32, 8, was allerdings ein sehr schwaches Indiz ist). Aber sehr große Zweifel bleiben bestehen, zumal sich auch Ktesias – lassen wir uns auf seine Erzählung ein – nicht mehr auf Autopsie berufen konnte, da er nach eigenen Worten zu diesem Zeitpunkt bereits den Großkönig abseits der Schlacht versorgen musste. : Das griechische (Mitradates) ist die prä11, 5 zisere Ableitung vom altiranischen (nicht-persischen) *Mi ra-d¯ata- und findet sich auch in den Ktesias-Exzerpten des Photios (z.B. FGrH 688, F 15 [56]), so dass davon auszugehen ist, dass dies die von Ktesias verwendete Originalform ist. Plutarch hingegen verwendet konsequent (Mithridates), welches auch bei den meisten Schriftstellern (antik und modern) die weit häufiger verwendete Variante dieses Namens ist, so dass eine potentielle Änderung des Ktesias-Textes durch Plutarch eigentlich leicht zu erklären ist (s. S CHMITT, Anthroponyme, 110–113). Es bleibt aber die Frage, weshalb Plutarch seiner Vorlage nicht in der Überlieferung des Namens folgt. Photios ist eben nicht der notorisch unzuverlässige Abschreiber, wie immer wieder behauptet wird. Er folgt der ktesianischen Schreibweise, wäh-
Mitradates oder Mithridates
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2. Kommentar
rend Plutarch den Namen mit der übrigen Überlieferung abgeglichen hat, s. ‹. hierzu auch schon S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › Mithridates – Plutarchs Sprachgebrauch sei hier nun maßgeblich – ist der wohl meistbezeugte und am weitesten verbreitete altiranische Personenname überhaupt. Angesichts der Fülle anderer Mi ra-›phorer‹ Personennamen in elamischen, babylonischen, aramäischen, griechischen und vielen anderen Quellen darf aber nicht übersehen werden – wie S CHMITT, Name, 139–141 zu Recht bemerkt –, dass in vielen Fällen höchstwahrscheinlich nicht das altiranische Theonym *Mi ra angewandt ist. Bei dem Namen *Mi ra-d¯atabesteht allerdings kein Zweifel an der Verwendung des Theonyms mit der Bedeutung: »von Mithra gegeben«. Nach S CHMITT, Personennamengebung, 272 handelt es sich wohl um einen ›Kalendernamen‹ vergleichbar mit der Benennung eines Kindes nach dem jeweiligen Tagesheiligen mit der speziellen Nuance »von Mithra (als Genius des 16. Tages des zoroastrisch-altiranischen Kalenders) gegeben« (auch S CHMITT, Anthroponyme, 111; zur Nebenüberlieferung und Bedeutung s. dens, Iranier-Namen b], 63f.). Prosopographisch lässt sich über den von Plutarch erwähnten Mithridates nichts Zusätzliches zu den hier nach Ktesias überlieferten Informationen sagen: Er soll an der Tötung Kyros’ des Jüngeren in der Schlacht von Kunaxa beteiligt gewesen und später auf Betreiben der Parysatis von Artaxerxes II. hingerichtet worden sein (Plut. Art. 11; 15f.). J USTI, Namenbuch, 210 meint noch eine weitere Information liefern zu können, die ebenfalls von Ktesias stammt, allerdings nicht bei Plutarch, sondern bei Photios überliefert ist: Der Sohn des Udiastes, des Schildträgers des Terituchmes, soll mit dem bei Plutarch erwähnten Mithridates identisch sein (FGrH 688, F 15 [56]). Abgesehen davon, dass schon die Verbreitung des Namens Zweifel an dieser Identifizierung aufkommen lässt und sich kein Hinweis und auch keine Argumente hierfür finden lassen, muss ihr zum einen aufgrund mangelnder Stichhaltigkeit, zum anderen auch aufgrund chronologischer Schwierigkeiten widersprochen werden (so weist S CHMITT, Anthroponyme, 110 Anm. [»jun146 darauf hin, dass Plutarch/Ktesias Mithridates als gen Perser«] bezeichnet, was zu diesem Zeitpunkt wohl kaum noch auf den kann zwar auch charakterliche Sohn des Udiastes anzuwenden war; Eigenschaften in positivem wie negativem Sinn beschreiben, s. hierzu S. 347 ‹, allerdings ist es fraglich, ob dies hier Plutzu Plut. Art. 28, 1, › archs Absicht war). Kyros’ Satteldecke
11, 6 : Die von Ktesias erwähnte Satteldecke ist hier nur ein unwichtiges Detail, steht doch der Tod des Kyros im Mittelpunkt. Sie taucht aber in der späteren Erzählung noch einmal auf und ist mit dem tragischen Schicksal des Mithridates verknüpft
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(Plut. Art. 14f.), so dass sie ein durchaus wichtiges Indiz für die Quellenanalyse der folgenden Plutarch-Kapitel ist. BASSETT, Death, 480–483 ist der Ansicht, dass die übliche Deutung des als »Satteldecke« falsch sei, es habe sich eher um eine Art Kopfschutz für das Pferd gehandelt. Es ist sicherlich interessant, sich Klarheit über die Begrifflichkeiten Plutarchs zu verschaffen; da aber die Historizität der gesamten Schilderung mehr als fragwürdig ist, erscheint es nicht sinnvoll, über die Analyse bestimmter Details dieser phantasiereichen Ausgestaltung zu Ergebnissen zu gelangen. Die Frage, ob Kyros mit einer Kopfwunde die Satteldecke überhaupt mit Blut verschmieren konnte und nicht eher davon auszugehen sei, dass er, vornübergeneigt, den Kopfschutz des Pferdes besudelt habe (ganz ähnlich schon KÖNIG, Persika, 110, der aber aufgrund der Blutspuren auf der Satteldecke nicht nur eine Kopf-, sondern eine zusätzliche Körperwunde vermutet, die ihm vielleicht schon Artagerses beigebracht habe), mag in der Beantwortung zwar von Scharfsinn zeugen, zeigt aber auch eine allzu quellenpositivistische Sicht, die die Ergebnisse methodisch fragwürdig erscheinen lässt. : In der Tat mutet vieles in Ktesias’ Schilderung wunder11, 7 sam an (KÖNIG, Persika, 109f.). Während der Leser eben noch erfahren hat, dass Kyros mitten unter den Feinden sei, seine Tiara verloren habe und es dunkel wurde, so dass weder der Feind ihn erkennen noch die Freunde ihn finden konnten, sind nun plötzlich einige Eunuchen zur Stelle, um ihrem Herrn zu helfen. Zu Ktesias’ Verteidigung mag eingewendet werden, dass das Überraschende dieser Szene auch der Kürzung durch Plutarch geschuldet sein mag, der vielleicht längere Erklärungen ausgelassen hat. , Der Begriff ›Eunuch‹ kommt aus dem Griechischen: »der das Bett beaufsichtigt/Betthüter« und bezeichnet einen zumeist durch Kastration zeugungsunfähigen versklavten Mann, wobei aber auch angeborene oder erworbene Missbildungen der Gonaden denkbar sind (G UYOT, Eunuchen a), 15). Die Anfänge der Praxis, Knaben vor oder während der Pubertät zu kastrieren (oder junge Männer nach dem zwanzigsten Lebensjahr), liegen im Dunkeln, hängen aber wohl mit der Entwicklung der Polygamie zusammen: der Eunuch als Wächter der Gemächer. Die Perser scheinen diese Praxis von den Babyloniern oder Assyrern übernommen zu haben (G UYOT, Eunuchen b), 256f.). Nicht geklärt ist bisher die Frage, ob es sich bei allen in der griechischen Literatur (eben z.B. bei Ktesias) als Eunuchen bezeichneten Männern wirklich um Verschnittene gehandelt hat. Der Befund der klassischen Quellen scheint nach B RIANT, Cyrus, 276 eher auf zwei unterschiedliche Arten von Eunuchen hinzuweisen: 1. Verschnittene, die als Sklaven für spezifische Aufgaben im königlichen Haushalt eingesetzt wurden, aber in der Hierar-
Quellenpositivismus
Eunuchen
Verschnitten oder nicht?
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Stereotype
Die Aufgaben der Eunuchen
2. Kommentar
chie eher weit unten anzusetzen sind (ihre Existenz am achaimenidischen Hof ist unbestritten); 2. Adlige, die als Eunuchen hohe Positionen in der Hofhierarchie in unmittelbarer Nähe zum Großkönig innehatten, ohne aber verschnitten zu sein. Da der Quellenbefund keine sicheren Erkenntnisse zulässt (u.a. auch weil wir mit Verwechslungen der Abschreiber zwischen »Mundschenk« und zu rechnen haben [z.B. Neh. 1, 11]), wird immer wieder der Blick auf die vorderasiatischen Textfunde gerichtet. Allerdings ist in der Assyriologie der Status (und allein auch die Übersetzung) des assyrischen ša r¯eši oder ša r¯eš šarri ebenso umstritten, wobei die jüngste Forschung betont, dass die durchgehende Übersetzung als »Kastrat« auf sehr tönernen Füßen stehe (s. J URSA, Höflinge und P IRNGRUBER, Eunuchen). Es ist wahrscheinlich, dass schon unter den Assyrern ›Eunuch‹ sich zu einem Titel am Hofe entwickelt hat, ohne sich auf körperliche Spezifika des Amtsinhabers zu beziehen. Nach Herodot haben die Perser die Vertrauenswürdigkeit der Eunuchen sehr hoch eingeschätzt, so dass ein Eunuch am Hofe eines regierenden Herrschers durchaus über seine administrativen Aufgaben und durch die Nähe zum Herrscher sehr einflussreich werden konnte (Hdt. 8, 105). Für die Griechen stellte das Eunuchenwesen eine exotisch-orientalische Einrichtung dar, die häufig thematisiert wurde. Eines von Ktesias’ bevorzugten Themen sind die ›Haremsintrigen‹ und die dunklen Machenschaften der Eunuchen, die bei ihm immer mächtige Männer mit direktem Kontakt zum jeweiligen Großkönig sind (Ktesias, FGrH 688, Petesakas: F 9 [6]; Bagapates, Aspadates und Izabates: F 13 [9]; Artoxares: F 15 [51] u.a.). Allerdings muss hier angemerkt werden, dass die griechischen Quellen zwar besser über das Hofeunuchentum der Achaimeniden Bescheid wussten als über die assyrischen oder medischen Verhältnisse, die Überlieferung insgesamt aber dennoch eher als dürftig zu bezeichnen ist. Das ausgeprägte Interesse des griechischen Publikums an allen möglichen orientalischen Stereotypen (auch Verschwörungen zwischen königlichen Frauen und Eunuchen) wird entscheidenden Einfluss auf die Darstellungen gehabt haben (»Many of Ctesias’s stories are pure fiction, especially the Egyptian expedition of the eunuch Bagapates . . . We have now entered the realm of imaginative fiction and fairy tale, not history.«; B RIANT, Cyrus, 268). Die ›klassischen‹ Aufgaben eines Eunuchen im Hause waren die Sorge für das Schlafgemach, die Bedienung des Herren bei den Mahlzeiten und die Bewachung des Vermögens und des Hauses. Die griechischen Quellen berichten uns, dass seit Xerxes am Hofe eine institutionalisierte und hierarchisch gegliederte Gruppe von Hofeunuchen existierte, die z.T. über großen Einfluss auf den Herrscher verfügte. So verhalf z.B. nach dem Tode Artaxerxes’ I. der Eunuch Artoxares Dareios II. auf den Thron. Der wohl berühmteste Eunuch, der Ägypter Bagoas, diente unter Artaxerxes III. als persischer
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Kommandeur und ließ diesen später töten, um dessen Sohn Arses auf den Thron zu setzen, den er aber ebenso nach kurzer Zeit töten ließ und somit Dareios III. zur Herrschaft verhalf (Diod. 16, 47–50; 17, 5; Ail. var. 6, 8; mehr zu Bagoas s. G UYOT, Eunuchen a), Nr. 17, 189f.; zum gesamten Themenkomplex s. G UYOT, Eunuchen a), bes. 80–91 sowie 181–233 [Prosopographie der Hofeunuchen]; B RIANT, Cyrus, ›eunuch‹, bes. 268–277 und 919f.; ferner L LEWELLYN -J ONES, Eunuchs). In den griechischen Quellen erscheint dieser Einfluss der Eunuchen als Indiz für die ›moralische Dekadenz‹ am persischen Hofe. Tatsache ist aber, dass es sich bei den häufigen Thronstreitigkeiten unter den Achaimeniden, in denen tatsächlich immer wieder Eunuchen eine Rolle spielten, um eine strukturelle Schwäche handelte, die auch in anderen Großreichen mit monarchischer Spitze zu beobachten ist. Besonders die kurze Phase zwischen dem Tod des legitimen Königs und dem Regierungsantritt eines Nachfolgers war bei den Achaimeniden ein kritischer Zeitraum, da eine bestimmte ›Trauerzeit‹ eingehalten werden musste (s. hierzu S. 114 zu Plut. Art. 3, 1, › ‹). Dieses Interregnum bot zuweilen die Möglichkeiten für Auseinandersetzungen bestimmter Personen um die Macht. Hier ist z.B. auch an die Rolle der Ehefrau des verstorbenen Königs zu denken, die versuchen kann, als künftige Königinmutter in die Thronfolge einzugreifen (so favorisierte und unterstützte Parysatis nach unseren Quellen ihren jüngeren Sohn Kyros, nicht den designierten Thronfolger Arses, den späteren Artaxerxes II.; s. hierzu auch B ROSIUS, Women, 105–119). Die vielfältigen privaten Beziehungen und die verschiedenen Abhängigkeiten innerhalb des Königshauses und der Hofgesellschaft, in die auch die Eunuchen eingebunden waren, konnten in einem solchen Kontext zu einem Politikum werden, da einflussreiche Männer, wie vielleicht Bagoas, versuchten, ihre Position zu sichern oder gar auszubauen. Mit ›moralischer Dekadenz‹ der Beteiligten, jedenfalls gebunden an ihre orientalische Herkunft, hat dies indes nichts zu tun (maßgeblich W IESEHÖFER, Zusammenbruch, 22f.). 11, 9 : Die Kaunioi waren die Bewohner der Küsten- und Hafenstadt Kaunos im südwestlichen Karien im Grenzgebiet zu Lykien. Nach Herodot waren die Einwohner autochthon, sie selbst aber sollen nach Strabon behauptet haben, kretischer Herkunft zu sein (Hdt. 1, 172; Strab. 14, 2, 3). Sie pflegten ein eigenes Brauchtum, aber ihre Sprache war dem Karischen sehr ähnlich. Allerdings zeigen inschriftliche Zeugnisse, dass das kaunische Alphabet vom karischen abwich (s. B ÜRCH NER , Kaunos, 86–88; K ALETSCH , Kaunos, 364f.; neuerdings sind viele Veröffentlichungen zu einer fragmentarisch erhaltenen karisch-griechischen Bilingue aus Kaunos erschienen, die unser Wissen über das Karische deutlich erweitert hat: F REI /M AREK, Bilingue, 1–18; dies., Inschriften, 83–132;
Dekadenz?
Die Kaunier (1)
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2. Kommentar
A DIEGO, Bilingue, 57–79; B LÜMEL, Karien, 163–173). Es ist fraglich, ob Plutarch zwischen Karern und Kauniern keinen Unterschied gemacht oder einen erneuten Widerspruch/Fehler in diese Vita eingefügt hat, da hier Kyros von einem Kaunier verwundet wird, der sicher mit dem Karer in Plut. Art. 14, 6 identisch ist, s. hierzu S. 234 zu Plut. Art. 14, 6, ›14, 6 ‹. Freund oder Feind?
Der Tod des Kyros
: Xenophon berichtet von einer Parade der Truppen des Kyros bei Tyraion/Tyriaion. Die griechischen Hopliten waren hierbei offensichtlich relativ einheitlich gekleidet – in diesem Kontext interessiert vor allem die Bemerkung, dass sie purpurne Chitone trugen (Xen. an. 1, 2, 16; s. L ENDLE, Kommentar, 22f.) –, während die einheimischen Einheiten sicherlich keine einheitliche Bewaffnung und Uniformierung aufwiesen. Zumindest die griechischen Truppen des Kyros scheinen sich also durch einheitlich rote Kleidungsstücke von der Masse abgehoben zu haben. Allerdings ist nichts darüber bekannt, ob auch andere Truppenteile des Kyros derartig gewandet waren. Dass wiederum die Reiter Artaxerxes’ II. weiße Brustpanzer trugen, überliefert ebenfalls Xenophon (an. 1, 8, 9), so dass Ktesias’ Information erneut zu stimmen scheint. Allerdings dürfte es sich hier wirklich nur um die Reiterei auf dem linken Flügel des großköniglichen Heeres gehandelt haben. Von einer Uniformierung des heterogenen Heeres des Großkönigs, das ja zumindest aus persischen, ägyptischen und karischen Verbänden bestand ( ; Xen. an. 1, 8, 9: »Diese alle rückten, nach Stämmen geordnet, heran, jeder Volksstamm in einem festgefügten Karree.«, Übers. V RETSKA), ist nicht auszugehen. 11, 10 : Kyros wird zufällig (der Kaunier weiß nicht, wer er ist) und auch feige (nämlich von hinten) erneut verwundet. Aber auch an dieser Verletzung stirbt er nicht direkt, sondern erst der hieraus resultierende Sturz und die erneute Kopfverletzung führen zum Tode. Letztendlich stirbt Kyros durch einen leblosen und unbewegten Stein, nicht durch Menschenhand. Dass Ktesias’ Darstellung ein sehr positives Bild von Kyros zeichnen will, der zwar in der Schlacht sein Leben verlor, dies aber nur aufgrund einer Verkettung unglücklicher Ereignisse, ist offenbar, so dass sich auch Plutarch am Ende nicht des bissigen Kommentars enthalten kann, dass Ktesias den Mann nahezu mit einem stumpfen Dolch langsam sterben ließ: (Plut. Art. 11, 11). Auch dies fügt sich in die bisherigen Beobachtungen ein: Unkommentiert kann Plutarch das Werk des Ktesias nicht zitieren.
Artaxerxes 12 Nach den zwei Varianten zum Tode des Kyros (Art. 10f.) fährt Plutarch nun in seiner Darlegung fort: Ein königlicher Beamter (›Auge des Königs‹) entdeckt den Leichnam des Kyros und meldet dieses dem Großkönig, der sich aufgrund seiner Verletzung in einer extremen Notsituation befindet. Es werden Diener ausgeschickt, um das Gerücht vom Tode des Usurpators zu bestätigen. Eine Anekdote, die die Genügsamkeit des Artaxerxes im Speziellen, die des Menschen in Not im Allgemeinen beschreibt, beschließt das Kapitel.
Inhalt
Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6.
Datierung
12, 1–13, 7 : Die communis opinio seit dem 19. Jahrhundert sieht aus verschiedenen Gründen Ktesias’ Werk eindeutig als einzige Vorlage für die gesamte Passage Plut. Art. 11–18 (H AUG, Quellen, 93f.; S CHOTTIN, Observationes, 4f.; S MITH, Study, 32; M ANTEY, Quellen, 13–16; neuerdings S TEVENSON, Persica, 24; L ENFANT, Ctésias, F 20, 22, 23, 26, 28). Da die Kapitel 12 und 13 eine inhaltliche Einheit bilden, die die Beschreibung des direkten Geschehens auf dem Schlachtfeld beendet, sei die Quellenanalyse zunächst auf diesen Bereich beschränkt. Eine Vielzahl von Details in diesen beiden Kapiteln deutet auf eine Abhängigkeit von Ktesias’ Schilderung hin (sowohl nach Plut. Art. 11 als auch nach den Exzerpten des Photios): 1. Artasyras benachrichtigt Artaxerxes, der sich offensichtlich abseits des Kampfgeschehens befindet, vom Tode des Kyros. Diese Schilderung ist nicht im von Dinon und Xenophon beschriebenen Handlungsverlauf zu verorten, da Kyros dort in Gegenwart des Großkönigs fällt, dieser also nicht gesondert benachrichtigt werden musste. 2. Dieser Artasyras ist bereits als Feldherr Dareios’ II. aus den PhotiosExzerpten bekannt (FGrH 688, F 15 [52]). 3. Die Aussendung und spätere Rückkehr der 30 Diener, die das Gerücht über den Tod des Kyros überprüfen sollen, sowie besonders die Schilderungen der Verwundung des Großkönigs sind nicht in Plutarchs Schilderung des Handlungsverlaufes nach Dinon einzubinden. 4. Ktesias kennt außerdem – auch das wissen wir aus den Exzerpten des Photios – den Eunuchen Satibarzanes (FGrH 688, F 16 [60]; F 30 [73]), der beim König in einer vertrauensvollen Stellung gestanden haben muss.
Quellenanalyse
214
Gesinnungswandel?
2. Kommentar
All diese Widersprüche zu Xenophon und Dinon sowie diese und weitere Parallelen und Übereinstimmungen zu Ktesias lassen ihn als Vorlage für viele Informationen dieses Kapitels erscheinen. Meines Wissens ist nur KÖNIG, Persika, 104–107 für den gesamten Bereich (Art. 11–18) anderer Ansicht, die ich prinzipiell teile, dessen Argumente teilweise aber nicht zu halten sind ... (s. z.B. unten zu Artasyras, S. 216f. zu Plut. Art. 12, 1, › ‹). Sie werden im Kommentar ad loc. behandelt. Plutarchs Einschätzung des Werkes des Ktesias und sein Umgang mit diesem ist bereits mehrfach thematisiert worden. In diesen Kapiteln scheint Plutarch von seinem bisherigen Schema abzuweichen, was bereits K RUMB HOLZ, Ctesia, 16 bemerkt hat: »Sed ad novem illa Plutarchi capita [Plut. Art. 11–19] ea res nisi fallor non pertinet.« (wobei ea res Plutarchs Einschätzung des ktesianischen Werkes als allzu sagenhaft und dramatisch meint; s. Plut. Art. 6, 9). Plutarch scheint hier also weite Passagen aus dem Werk des Ktesias zu schöpfen, das eigentlich nicht hoch in seiner Gunst stand, was er u.a. immer wieder durch deutliche Kritik an Ktesias gezeigt hat (s. Plut. Art. 1, 4; 6, 9; 11, 10). Nach den bisherigen Ergebnissen und streng nach meiner These müsste Plutarch sich also in diesen beiden Kapiteln beständig von Ktesias distanzieren. Da dies nicht geschieht, hätte ihm eine weitere Quelle vorgelegen, die Ktesias’ Ausführungen sehr nahegestanden haben müsste (was dann aufgrund des sehr redundanten Inhaltes ihren Verlust erklären könnte). Dass diese Annahme nicht unbegründet ist, zeigt besonders die Quellenanalyse der Kapitel 15f., in denen das Maß der Abweichungen zwischen den Exzerpten des Photios und dem von Plutarch Berichteten so groß ist, dass die communis opinio korrigiert werden muss (s. S. 238–243 zu Plut. Art. 15, 1–16, 7, ‹). Da aber für die Schilderungen der Kapitel Plut. Art. › 12f. Vergleichsquellen fehlen (Photios berichtet hierzu nichts), lässt sich hier nur innerhalb des plutarchischen Berichtes argumentieren, der in sich keine Widersprüche aufzeigt, so dass die Quellenkritik keinen weiteren Ansatzpunkt hat und Ktesias tatsächlich als alleinige Vorlage angesehen werden muss. Diese Annahme basiert aber nur auf dem Überlieferungsausfall. Wie die spätere Analyse zeigt, muss – sobald weitere Berichte hinzutreten – der Status des Ktesias als alleinige Vorlage immer wieder bezweifelt werden (s. ‹). Diese hierzu S. 238–243 zu Plut. Art. 15, 1–16, 7, › Erkenntnis sollte zumindest eine große Skepsis bei den Kapiteln aufkommen lassen, für die es keine Vergleichsquellen gibt. Abgesehen von gewissen Einschüben in Kap. 13, in denen Plutarch Xenophons, Ktesias’ und Dinons Berichte vergleicht, muss also davon ausgegangen werden, dass dieser gesamte Bereich dem Werk des Ktesias entnommen ist (wobei auf jeden Fall zu beachten ist, dass zumindest für Einzelinformationen, wie die Verstümmelung des Leichnams des Kyros, sicher pa-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 12
215
rallele Berichte vorlagen). Trotz aller Skepsis ist es aufgrund verschiedener Umstände sogar möglich, Ktesias als Vorlage für die Kapitel 12f. anzusehen, ohne Plutarch Inkonsequenz vorwerfen zu müssen: 1. Da Plutarch über eine längere Passage Ktesias als Vorlage genommen hat, wäre eine andauernde Kritik nicht vertretbar gewesen, wobei hier auch das Kriterium der Lesbarkeit des Textes beachtet werden sollte. 2. Dieser Abschnitt endet in Art. 13, 5–7 mit einer Invektive gegen Ktesias, der besonders auffällig ist: Plutarch lässt zwar die Frage nach der Anzahl der Soldaten und Gefallenen der Schlacht von Kunaxa auf königlicher Seite ausdrücklich unentschieden zwischen Xenophon und Dinon einerseits, Ktesias andererseits ( ), versucht aber sogleich, Ktesias anhand des xenophontischen Berichtes eine Lüge nachzuweisen, die sachlich mit dem zuvor besprochenen Problem überhaupt nicht in Zusammenhang steht (Plut. Art. 13, 5–7): Xenophon (an. 2, 1, 7) berichtet, dass als einziger Grieche Phalinos, ein Günstling des Tissaphernes, an der Gesandtschaft des Großkönigs an die griechischen Söldnerführer beteiligt gewesen sei. Ktesias, der nach Plutarch behauptet hat, ebenfalls einer der Gesandten gewesen zu sein, wird an dieser Stelle von Xenophon nicht erzählt. Ich möchte Plutarch zustimmen, dass Xenophon diesen Umstand nicht unerwähnt gelassen hätte. Ktesias’ Teilnahme an dieser Gesandtschaft ist daher auszuschließen. Aber Plutarchs Kritik an Ktesias ist beachtenswert: Standen seine vorherigen Angriffe immerhin noch inhaltlich mit dem zuvor Beschriebenen in Zusammenhang oder waren zumindest sehr allgemeiner Natur, so hat Plutarchs Argumentation hier nichts mehr mit seiner eigentlichen Erzählung zu tun: Er diskreditiert Ktesias’ Darstellung, indem er einen ›Nebenkriegsschauplatz‹ eröffnet. Aber hier ist Plutarch mit seiner Kritik noch nicht am Ende: Er nennt Ktesias ferner außerordentlich ehrbegierig ( ), außerdem spartaner- und klearchosfreundlich ( , ; Plut. Art. 13, 7; s. hierzu auch Plut. Art. 18, 7f.) – dies ist allerdings ein interessanter Vorwurf an Ktesias, wo Plutarch doch Xenophon, für den nun das Gleiche galt, als Autor so hoch eingeschätzt hat. Anstatt also Ktesias in diesen Kapiteln immer wieder zu kritisieren, scheint sich Plutarch dies für einen Großangriff am Ende dieses Sinnabschnittes aufgespart zu haben. Übrig bleibt aber noch die Klärung der Frage, weshalb Plutarch sich überhaupt für eine so lange Übernahme aus Ktesias entschieden hat, was doch bisher nicht seiner Arbeitsweise entsprach. Zum einen muss hier noch
Erklärung
216
2. Kommentar
einmal betont werden, dass Plutarch von der Authentizität des Aufenthaltes des Ktesias am Hofe des Großkönigs überzeugt war, so dass er natürlich davon ausging, dass Ktesias mitunter auch gute und korrekte Informationen liefern konnte (so entscheidet er sich zweimal explizit für Ktesias gegen Dinon: Plut. Art. 1, 4; 6, 9). Plutarchs Missfallen haben offenkundig eher Ktesias’ Hang zur übermäßigen Dramatisierung (s. Plut. Art. 6, 9 und 18, 6–8), seine unglaubwürdigen Geschichten, die er in seine Persika eingelegt hat (s. Plut. Art. 1, 4), seine offensichtlich extrem tendenziöse Darstellung, z.B. zugunsten des Kyros und des Klearchos (s. Plut. Art. 13, 7 und 18, 6–8), und sein Bestreben, sich selbst beständig in den Vordergrund zu rücken (s. Plut. Art. 13, 5–7), erregt. Plutarch erscheint durchaus unentschlossen zwischen den beiden Polen ›potentiell gute Informationen contra offenkundige Lügengeschichten und Übertreibungen‹, so dass er Ktesias häufig nur genutzt hat, wenn er auf eine parallele Überlieferung zurückgreifen konnte. Wenn dies nicht der Fall war – er also für bestimmte Punkte keine weitere Quelle hatte – hat er sich im Anschluss von Ktesias’ Werk deutlich distanziert. Generell scheint Plutarch eine intensive Nutzung der Persika des Ktesias vermieden zu haben, weshalb ich Ktesias auch als Hauptvorlage für große Passagen dieser Vita ausgeschlossen habe. Abgesehen davon, dass Plutarch sich in dieser längeren Passage sehr deutlich von Ktesias’ Persika distanziert (hier ist er also seiner bisherigen Arbeitsweise treu), blieb ihm, wollte er überhaupt ausführlicher über die Geschehnisse um Kyros nach der Schlacht berichten, vielleicht keine andere Quelle (zumindest nach unserem bisherigen Kenntnisstand), da – wie bereits ‹ beschrieben (s. S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹) – alsowie S. 202f. zu Plut. Art. 11, 1–11, › le anderen uns erhaltenen Autoren nur sehr kurz über Kyros’ Tod berichten, während Ktesias die Umstände weit ausführt. Artasyras
12, 1 : Bei Ktesias ist ›Artasyras‹ der Name von mindestens drei verschiedenen Männern (1. Verbündeter Kyros’ II., 2. ein Vertrauter des Kambyses, 3. ein General Dareios’ II., der vermutlich mit unserem Artasyras identisch ist, FGrH 688, F 15 [52]). Ktesias kannte folglich diesen Namen und wohl auch den bei Plutarch erwähnten Mann, so dass KÖNIGs Annahme (Persika, 105), dass diese Information hier nicht aus Ktesias’ Werk stammen könne, weil Photios sie nicht erwähnt, nicht zu halten ist (er vermutet eine nicht genannte persische Quelle). KÖNIG übersieht hier offenbar den besonderen Charakter der Überlieferung, da wir nichts über die Kürzungen und Auslassungen des Photios sagen können, außer dass sie teilweise umfangreich gewesen sein müssen. Die Ausgangsform des Namens ist nach S CHMITT, Anthroponyme, 138– 140 das altiranische *R.ta-s¯ura- (»durch R.ta stark/heldenhaft«), was auch
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 12
217
durch babylonische und elamische Nebenüberlieferung bestätigt wird. Der hier von Plutarch erwähnte Artasyras ist vielleicht der inschriftlich bezeugte Vater des Orontes, des Satrapen von Armenien, der eine Tochter Artaxerxes’ II. (Rhodogune) zur Frau genommen hat (s. hierzu OGIS 264, 391 und 392; zu Orontes und Rhodogune s. S. 345f. zu Plut. Art. 27, 7, › ‹). Nach Plutarchs Auskunft hatte er die Funktion eines ›Auges des Königs‹ inne. Zu diesem Amt und zur Funktion des ›Auges‹ sind leider keine achaimenidischen Quellen überliefert. Nur die aramäische Bezeichnung eines »Aufsehers« auf satrapaler Ebene aus Ägypten ist bekannt (aram. gwšky’, altpers. *gaušaka, von gauša »Ohr«), wobei aber dessen Aufgabenbereich nicht exakt mit dem Befund aus den griechischen Quellen identisch ist (DAE 101 [AP 27]; s. S HAHBAZI, Notes, 172; B RIANT, Cyrus, 343f.). Dafür kann aber einiges auf der Basis der griechischen Zeugnisse über diese Funktionäre gesagt werden, da die Autoren wohl ein Interesse bei ihrem Publikum antizipierten. Xenophons Bericht über die ›Augen und Ohren des Königs‹ in seiner Kyroupaideia (Kyr. 8, 2, 10–12) ist in der älteren Forschung als Hinweis auf ein regelrechtes Spitzelsystem des Großkönigs gewertet worden, was aber – so die neuere Forschung – nicht zutreffend ist (s. BALCER, Episkopos, 257f.; zu den ›Ohren des Königs‹, die hier nicht ausführlich besprochen werden können, s. u.a. auch W IESEHÖFER, Persien, 97 u. 346; beide sind sich einig, dass es sich bei den ›Ohren‹ nicht um bezahlte Informanten des Großkönigs gehandelt habe). Wie umstritten dieser gesamte Themenkomplex aber ist, zeigt sich u.a. daran, dass eine der neueren Untersuchungen die Existenz dieses Amtes aufgrund einer Analyse des griechischen Quellenbefundes vollständig ablehnt (H IRSCH, Friendship, 101–139; dieser Ansatz wird unterstützt von F RYE, Echoes, 248f.), der aber widersprochen wurde (s. S HAHBAZI, Notes, 170–189, der vor allem H IRSCHs Ablehnung der späteren iranischen Quellen als Fehler ansieht). Zumindest nach griechischer Darstellung handelte es sich beim ›Auge‹ um einen königlichen Beamten, der vom König selbst aus dem befreundeten Adel oder seiner eigenen Familie erwählt wurde (Aischyl. Pers. 989). Dass dieses Amt einen medischen Ursprung habe (S HAHBAZI, Notes, 184; vielleicht ist der Ursprung des Amtes noch weiter auf die Assyrer oder Uratäer zurückzuführen, wie BALCER, Episkopos, 256 meint), wird aus der Schilderung bei Herodot geschlossen (Hdt. 1, 114), in der der junge Kyros (unter angeblich medischer Herrschaft) einen seiner Freunde zu seinem ›Auge‹ ernennt – allerdings sollte hier nicht der zweifelhafte historische Gehalt dieser Anekdote übersehen werden, zumal die neueste Forschung die Existenz eines organisierten medischen Reiches und somit einer medischen Herrschaft über die Perser bestreitet (s. hierzu W IESEHÖFER, Persien, 19; dens., Geschichte, 23: »Vermutlich können wir allerdings weder in dieser Phase, noch
Das Auge des Königs
218
Aufgaben
Pariskas
2. Kommentar
später ein geeintes Mederreich fassen; vielmehr haben wir es mit einer eher losen medischen Stammeskonföderation zu tun, die nur in Krisenzeiten unter einem allgemein anerkannten ›Anführer‹ ins Feld zog. Untertanen der Meder waren die siegreichen Perser, entgegen griechischer Auffassung, nie.« Siehe außerdem S ANCISI -W EERDENBURG, Empire; ROLLINGER, Expansion, 289–319, sowie dens.: Kerkenes Da˘g, 321–326; J URSA, Observations, 170– 179). BALCER, Episkopos, 257 betont zu Recht, dass sich hieraus – und auch aus den anderen Erwähnungen dieser Beamten in den griechischen Quellen – nicht auf die Anzahl der ›Augen‹ im königlichen Dienst schließen lässt. Die plausible Annahme, dass es gleichzeitig mehrere dieser Beamten gegeben haben müsste, fußt auf der Größe des potentiellen Aufgabenspektrums, das doch für eine einzige Person zu umfangreich gewesen sein muss (anders W IESEHÖFER, Persien, 346, der die Meinung vertritt, dass es jeweils nur ein ›Auge des Königs‹ gegeben habe). Unsere Quellen zeigen, dass die ›Augen‹ eine deutliche persönliche Nähe zum König vorweisen konnten (wie z.B. die oben vermutete Ehe des Sohnes des Artasyras mit einer Tochter Artaxerxes’ II. zeigen würde) und in den Satrapien als Informanten des Großkönigs arbeiteten. Ihr Aufgabenfeld, das allgemein das Sammeln von Informationen über die Satrapie, aber auch die Überwachung des Satrapen beinhaltet hat, scheint vielfältig gewesen zu sein und gute Kenntnisse verlangt zu haben, wie Xenophon zu berichten weiß: Überwachung, aber auch Unterstützung des Satrapen, Kontrolle der Finanzen und Steuern, außerdem auch Schutz der Bevölkerung und Prävention vor Rebellionen und regionalen Erhebungen (Xen. Kyr. 8, 6, 16). Es handelte sich hierbei keineswegs um ein militärisches Amt wie das des Chiliarchen oder um eine Funktion in der Art einer Satrapieverwaltung. Vielmehr war ein ›Auge des Königs‹ ein Inspekteur auf Reichsebene, der dem König Informationen aus den Satrapien lieferte, die dieser selbst kaum in Erfahrung bringen konnte. In einem polyethnischen Großreich ist dies eine notwendige Einrichtung, um die Zentralgewalt mit nötigen Informationen zu versorgen. : Der Name des nach Plutarch treuesten Eunuchen des Kyros ist nur hier belegt (s. G UYOT, Eunuchen a), 218, Nr. 75). Nach S CHMITT, Anthroponyme, 264f. hat er zwar ein durchaus iranisches Aussehen, die bisher in der Forschung vorgeschlagenen Deutungsversuche hält er aber mit guten Argumenten für unzulässig (J USTI, Namenbuch, 511; E ILERS, Kleinasiatisches, 221; W ERBA, Personennamen, 377, Nr. 271). Er bevorzugt die altiranische Form *Parıs/škV- (vielleicht »ringsum/reichlich yaska- habend«), wobei damit aber auch keine Erklärung gegeben ist, da das Kompositum mit dem in avest. yaska- (»Krankheit«) vorliegenden Stamm semasiologisch für einen Personennamen unverständlich ist. Aufgrund dieser Schwierigkeiten bei der Deutung dieses Namens sollte m.E. auf jeden Fall auch die Mög-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 12
219
lichkeit in Erwägung gezogen werden, dass Ktesias – dem wir diesen Namen wohl verdanken – auch hier, wie bei dem Rest der Erzählung um den Tod Kyros’ des Jüngeren, seiner Phantasie freien Lauf gelassen hat (eine ähnliche Möglichkeit ist von mir bereits für Artostes und Pasakas erwogen worden: Auch diese Namen liefert nur Ktesias, sie haben ein gut iranisches Aussehen, widerstehen aber allen Deutungsversuchen, so dass es sich auch um gute Erfindungen handeln könnte, s. S. 93 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹ und S. 191 zu Plut. Art. 9, 1, › ‹). 12, 2 : Neben der Erwähnung des Artasyras, der zufällig auf die Leiche des Kyros stößt, ist die Schilderung der Verwundung und des schlechten Zustandes des Großkönigs ein deutlicher Hinweis auf Ktesias als Plutarchs Vorlage für dieses Kapitel. Bereits hier wird erwähnt, dass Artaxerxes unter großem Durst litt. Dieses Motiv wird im Folgenden noch weiter ausgebaut und gipfelt in einer Schilderung, die einen deutlichen Anekdotencharakter aufweist (Plut. Art. 12, 5f.). : Zum Erfolg der griechischen 12, 3 Söldner s. bereits S. 188 zu Plut. Art. 8, 3–8, › ‹. : Nach Ktesias’ Schilderung (Art. 11, 3) wurde es bereits dunkel, als Kyros zum ersten Mal verletzt wurde. Dass die Männer, die seine Leiche suchen sollten, also Fackeln trugen, ist innerhalb der Erzählung konsequent. Im nächsten Kapitel wird Plutarch noch einmal implizit die späte . Diese erneute Nennung Tageszeit erwähnen: ist ein deutliches Indiz für die Abhängigkeit beider Kapitel (12 und 13) von einer einzigen Vorlage, die wohl mit Plutarchs Vorlage für Art. 11 (Ktesias) identisch ist. : ›Satibarzanes‹ ist ein persischer Name und bedeu12, 4 tet nach neuestem Kenntnisstand soviel wie »das Glück groß werden lassend/ erhöhend« von altiran. *Š(iy)¯ati-br.z-ana-, neben altpers. *Š(iy)¯ati-br.d-ana(s. hierzu S CHMITT, Anthroponyme, 188f.; fehlerhaft J USTI, Namenbuch, 291 »Freude bewirkend« und die darauf aufbauenden Deutungen). Bei dem hier von Plutarch erwähnten Satibarzanes handelt es sich um nach Plut. mor. 173E, wo einen Eunuchen bzw. Kämmerer ( er noch einmal erwähnt wird) in der Umgebung Artaxerxes’ II (s. G UYOT, Eunuchen a), 225f., Nr. 90). Nach Ktesias (in den Photios-Exzerpten) soll er Orontes, den Sohn des Terituchmes, denunziert haben, mit der Parysatis Ehebruch begangen zu haben, woraufhin dieser getötet worden sei (FGrH 688,
Die Verwundung
Die siegreichen Griechen
Fackeln (1)
Satibarzanes
220
2. Kommentar
F 16 [60]). Ferner erwähnt Ktesias diesen Satibarzanes noch einmal bei der Beschreibung der Ereignisse des Jahres 399: Satibarzanes nimmt Geschenke des Gesandten des Königs Euagoras entgegen (F 30 [73]). Das mehrmalige Auftreten dieses Eunuchen in den Exzerpten des Photios ist ein weiteres deutliches Indiz dafür, dass Ktesias Vorlage für dieses Kapitel Plutarchs gewesen ist. Bekannter als dieser Satibarzanes ist der gleichnamige Satrap von Areia, der auf persischer Seite bei Gaugamela kämpfte und später als ein Gefolgsmann des Bessos an der Ermordung Dareios’ III. beteiligt war (Diod. 17, 78, 1–4; Curt. 6, 6, 13 u.a.). Das Wasser des Großkönigs
Die Kaunier (2)
Kotyle
: Diese kurze Schilderung zeigt den 12, 4–6 Charakter des Großkönigs, der hier – wie auch in den Anekdoten in den Kapiteln Art. 4 und 5 – als maßvoller und bescheidener Mensch erscheint. In der Not gibt er sich mit dem schlechtesten Wasser zufrieden, schwört gar, dass es das beste sei, das er je getrunken habe. Wenn er den Spender nicht belohnen kann, so bittet er, dass dies wenigstens die Götter tun mögen. Der anekdotenhafte Charakter dieser Passage, die nicht in den sonst stringent verfolgten Handlungsablauf passen mag, könnte – auch aufgrund der ähnlichen Charakterzeichnung – auf die erneute Nutzung eines Anekdotenkompendiums (s. KÖNIG, Persika, 105) oder eine Adaption einer Anekdote durch Plutarch deuten. Ferner zeigt sich hier, dass – entgegen der von Herodot berichteten Tatsache, dass der Großkönig ausschließlich das Wasser des Choaspes trinken dürfe (Hdt. 1, 188) – der Großkönig in Notzeiten auch anderes Wasser zu ‹. sich nahm, s. hierzu S. 143f. zu Plut. Art. 5, 1, › 12, 5 : Plutarch greift hier auf seine Erwähnung der Kaunier etwas weiter oben zurück, s. S. 211 zu Plut. Art. 11, 9, › ‹. Die Tatsache, dass Plutarch hier das Demonverwendet, ist ein weiteres Indiz dafür, dass er die Erzählung strativ aus dem vorangegangenen Kapitel (nach Ktesias) fortsetzt. : Einerseits handelt es sich bei einer Kotyle um eine bestimmte Gefäßform, andererseits – wie in diesem Fall bei Plutarch – um ein griechisches (und von den Römern weiterhin genutztes, lat. cotula, cotyla) Hohlmaß für Flüssiges und Trockenes. Nach H ULTSCH, Metrologie, 703, Tab. X entspricht 1 Kotyle ungefähr 0,27 l, nach V IEDEBANTT, Forschungen, 66–72 u. 133–150 ca. 0,22 l (s. auch dens., Kotyle, 1546–1548). Zu beachten sind – wie bei allen antiken Maßen – die starken regionalen Unterschiede. Plutarchs 8 Kotylen werden ungefähr einer Flüssigkeitsmenge
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 12
221
von 1,76–2,16 l entsprochen haben. Dies mag dem zeitgenössischen Leser plausibel erschienen sein, doch ist diese Angabe nur ein weiteres Detail, das genaue Kenntnisse und Autopsie vortäuschen soll. Es ist somit – wie die gesamte Erzählung von der Verwundung Artaxerxes’ II. – als nicht historisch zu werten. : Zur Religion und dem 12, 6 Glauben der achaimenidischen Herrscher, die Plutarch hier mit dem Schwur ‹. Zu Artaxerxes’ II. anspricht, s. bereits S. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, › ), die zum ersten den anderen Göttern (Plutarch spricht explizit von Mal unter Artaxerxes II. inschriftlich belegt sind, s. S. 117–120 zu Plut. Art. ‹(An¯ahit¯a) und S. 141f. zu 3, 2, › ‹ (»bei Mithra«). Plut. Art. 4, 5, ›
Die Götter
Artaxerxes 13 Inhalt
Datierung
Quellenanalyse
Rückverweis
Fackeln (2)
Bestrafung des Usurpators – post mortem
Die ausgesandten Diener bestätigen bei ihrer Rückkehr den Tod des Usurpators. Artaxerxes lässt Kyros die rechte Hand und den Kopf abschlagen und ist Sieger der Schlacht. Plutarch betreibt ferner Quellenkritik, geht auf die in seinen Vorlagen umstrittene Zahl der Gefallenen und die Heeresgrößen ein und äußert auf der Basis des xenophontischen Textes scharfe Kritik an Ktesias’ Arbeitsweise. Zur Datierung s. S. 159 zu Plut. Art. 6. 13, 1–13, 7 S. 213–216 zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, ›
:
Siehe hierzu bereits ‹
: Die Rückkehr der 30 Diener 13, 1 greift auf die Erzählung aus Kap. 12 zurück und weist somit auf dieselbe Vorlage bzw. Tradition beider Kapitel hin. Auch für die Information, dass der König, nachdem er neuen Mut gefasst habe, von dem Hügel herabgestiegen sei, kann nur Ktesias Vorlage gewesen sein. Plutarch muss hier den Hügel meinen, auf den sich der verwundete Artaxerxes zurückgezogen haben soll (Plut. Art. 11, 3). Dies ist ein weiteres deutliches Indiz für eine einheitliche Vorlage für die Kapitel Plut. Art. 11–13. : Diese zweite indirekte Erwähnung der Fackeln (s. bereits S. 219 zu Plut. Art. 12, 3, › ‹) ist neben der Erwähnung der Diener und des Hügels ein klarer Anhaltspunkt für eine einheitliche Vorlage der Erzählung in Plut. Art. 11–13. : Von dieser Verstümmelung des Leichnams 13, 2 des Kyros berichtet auch Xenophon in seiner Anabasis (an. 1, 10, 1). Er fügt später der Erzählung noch ein durchaus plausibles Detail hinzu: Die Leichenteile sollen, auf Stangen aufgespießt, zur Schau gestellt worden sein (an. 3, 1, 17). Es ist naheliegend, diese Schilderung auch in Dinons Persika zu vermuten, der sich an Xenophons Rahmenpunkten orientiert zu haben scheint. Seine Schilderung wird allerdings ausführlicher gewesen sein, da er zudem in diesem Punkt doch wieder in direkte Konkurrenz zu Ktesias trat, der diese Schändung des Leichnams sicher beschrieben hat, wie wir aus Photios’ Exzerpten wissen (FGrH 688, F 16 [64]). Allerdings schlägt hier der Großkönig selbst seinem Bruder den Kopf und die rechte Hand ab ( ; s. L ENFANT, Ctésias, 143: »il lui trancha lui-même la tête et la main . . .« u. 277 mit Anm. 657).
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 13
223
Plutarch ist hier vorsichtiger in der Formulierung und lässt diesen Sachver), berichtet er halt offen ( doch später selbst (wie auch Ktesias), dass der Eunuch Masabates/Bagapates für diese Tat von Parysatis gehäutet und gepfählt wurde (Plut. Art. 17). Es ist nur eine Vermutung, dass Plutarch hier durch das bewusst unbestimmte Passiv einen werkinternen Widerspruch vermeiden wollte. Sicher aber ist, dass ihm für diese Tat wieder mehrere Berichte vorlagen, die in der Grundaussage übereinstimmten – sollte Ktesias tatsächlich behauptet haben, dass der Großkönig selbst den Kopf abgeschlagen hat (dieser Eindruck mag auch einzig Photios’ Exzerpierung geschuldet sein), so hat auch er dieses Bild zumindest nicht konsequent aufrecht erhalten (FGrH 688, F 16 [66]). Darauf aber, dass Plutarch an dieser Stelle zwei widersprüchliche Quellen kontaminiert habe, wie es KÖNIG, Persika, 105 behauptet, lassen sich in Plutarchs Darstellung keine Hinweise, wie etwa ein interner Widerspruch, finden. In diesem Punkt ist Plutarchs Darstellung durchaus konsequent, und es lässt sich nicht sagen, ob er hier Ktesias folgt oder ob er ihn mit Dinon kontaminiert bzw. verbessert hat (da auch nicht eindeutig zu sagen ist, ob Photios’ Exzerpt hier korrekt ist) – es gibt aber keinen zwingenden Grund für diese Annahme. Usurpatoren zu verstümmeln (durch Abschneiden der Nase, der Ohren, der Zunge, aber auch Verstümmelungen an den Gliedmaßen) war im Alten Orient in der Tat ein üblicher Brauch: Phraortes was seized (and) led to me; I cut off his nose, ears and tongue, and I put out one eye of his; at my Porte he was held in fetters, (and) all the people could look at him. After that I impaled him at Ecbatana; and the men who were his foremost followers, those I hanged at Ecbatana in the fortress. (DB §32; Übers. S CHMITT, Bisitun, 60f.) By the favour of Auramazd¯a my army defeated that rebellious army, and it captured Tritantaechmes (and) led (him) to me. After that I cut off his nose and ears, and I put out one eye of his; at my Porte he was held in fetters, (and) all the people could look at him. Afterwards I impaled him at Arbela. (DB §33; Übers. S CHMITT, Bisitun, 61)
Auch die Seleukiden nutzten noch – ganz der regionalen Tradition verpflichtet – diese Form der Bestrafung für Usurpatoren (s. z.B. die Verstümmelung des Achaios durch Antiochos III., Pol. 8, 23; s. hierzu S CHMITT, Untersuchungen, 146; s. auch nach Hdt. 3, 68f. die Entlarvung des falschen Smerdis anhand der verstümmelten Ohren; hierzu D EMANDT, Ohren). Dem Delinquenten sollte hierdurch symbolisch die Herrschaftsfähigkeit geraubt werden. Gerade das Abschlagen der rechten Hand passt gut in diesen Kontext. Vielleicht ist auch an eine Form der Talion, also spiegelnder Strafe, zu den‹. ken, s. hierzu S. 232 zu Plut. Art. 14, 3f., › Die Hand, die die Waffe gegen den Großkönig führte, wurde abschlagen (so
Die Verstümmelung
224
2. Kommentar
auch Ktesias in den Photios-Exzerpten: ). Diese Form der Bestrafung wurde im Normalfall allerdings an Lebenden praktiziert. Dass Strafen aber auch über den Tod hinaus dem Bestraften zur Schande gereichen sollten, beschreiben u.a. Curtius Rufus in Zusammenhang mit der Hinrichtung des Bessos (Curt. 7, 5, 36– 43) bzw. Polybios mit der Beschreibung der Pfählung des Leichnams des Achaios (Pol. 8, 21, 3). Ebenso ist das Zurschaustellen der zunächst noch lebenden und dann gepfählten Rebellen durch Dareios I. (s.o.) zu verstehen, so dass auch die Verstümmelung des Leichnams Kyros’ des Jüngeren, der sich gegen die gottgesetzte Ordnung, vertreten durch den legitimen Großkönig, gestellt hatte, in diesem Kontext zu sehen ist (s. hierzu JACOBS, Tod, 182f.). Auch wird durch die Zurschaustellung des Delinquenten bzw. seiner Gliedmaßen (allen voran des Kopfes) die Niederschlagung der Usurpation publik gemacht. Neben religiösen und ideologischen Motiven ist also auch ein pragmatischer Aspekt zu berücksichtigen. Es gibt kaum einen Grund, dieser Beschreibung bei Plutarch nicht Glauben zu schenken, auch wenn sie vielleicht auf Ktesias’ Bericht fußt. Xenophon weiß gleiches zu berichten, diese Form der Bestrafung war im Vorderen Orient verbreitet und wurde auch anderswo praktiziert. So lässt Antonius das Haupt Ciceros in Rom auf den Rostra zur Schau stellen (Plut. Cic. 49, 4) und Octavian das des Brutus nach Rom schicken, um es dort vor einer Statue seines Adoptivvaters aufzustellen (Suet. Aug. 13, 1; allerdings soll das Schiff mit dem Kopf im Sturm gesunken sein: Cass. Dio. 47, 49, 2). Auch Konstantin präsentierte noch den Kopf des Maxentius in Rom, um ihn dann gar als Trophäe nach Afrika zu schicken (Paneg. XII 17, 2. 3; 18, 3; Zos. 2, 17, 1; dieser Brauch ist noch für die Regierungszeit des Honorius belegt [Verstümmelung des Attalos], vgl. Olympiodor Frg. 20 Blockley; s. auch im Jahre 468/69 die Zurschaustellung des Kopfes von Dintzic, Attilas Sohn, in Konstantinopel: Marcell. chron. s.a. 469 u. Chr. pasch. s.a. 468 [Dindorf]). Kyros’ Haarpracht
: Plutarch erwähnt hier explizit, dass Kyros langes und dichtes Haar gehabt habe. Von den Reliefs in Persepolis wissen wir, dass Adlige Langhaarperücken getragen haben, was auch mit den in den griechischen Quellen erwähnten falschen Bärten in Einklang zu bringen ist (Xen. Kyr. 1, 3, 2 [medische Sitte]; s. B RIANT, Cyrus, 226). Ferner erwähnt Strabon Haar als wertvolles Gut, das die Könige in ihren Schatz- und Lager) und Heilmitteln ( ), Wolle häusern neben Silber, Färbe- ( und auch Vieh aufbewahrten (Strab. 15, 3, 21). Der pseudo-aristotelische Traktat Oikonomika (1348a) scheint dies zu belegen: Da die Lykier bekannt für ihre langen Haare waren, soll es eine Weisung des Großkönigs gegeben haben, dass Kondalos, ein Statthalter des Mausolos ( ), Haar an den Königshof zu schicken habe, welches den Unterta-
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 13
225
nen abgeschnitten werden sollte. Astyages soll nach Xenophon auch eine Perücke getragen haben (Kyr. 1, 3, 2; s. auch 8, 1, 4). Lange Haare scheinen also durchaus einem Schönheitsideal entsprochen zu haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es besonders betonenswert, dass Kyros offenbar keine Perücke trug, sondern von Natur aus dichtes und langes Haar hatte (zur Frisur des Großkönigs in der textlichen und ikonographischen Überlieferung s. S CHLUMBERGER, Coiffure). 13, 3 : Die Proskynesis/Proskynese ist ein antiker Gestus der Verehrung bzw. Anbetung, dessen konkrete Ausführung in der Forschung umstritten ist. Die neueste Forschung, die den Begriff nicht losgelöst »zuküsvon seinem etymologischen Ursprung betrachtet (von – sen«, z.B. Aischyl. Prom. 936: das lateinische Äquivalent ist adoro, wie es z.B. Plinius der Ältere im Kontext des Betens gebraucht [nat. 28, 25]; zu den verschiedenen griechischen Termini s. bereits S ACHSEN -M EININGEN, Proskynesis, 130 mit Anm. 10), sieht in der Proskynese eine Art von Kusshand, die häufig in Verbindung mit bestimmten Körperhaltungen (Verneigung, Drehung) zu denken ist (Plut. Marc. 6, 11f.; Numa 14, 4; Plin. nat. 28, 25 u.a.; F RYE, Gestures, 102–107 meint, dass auf dem Audienzrelief in Persepolis eine Proskynese eines persischen Adligen vor dem Großkönig dargestellt ist, s. Abb. 4, S. 151; auch B RIANT, Cyrus, 913f.). Neben dieser Deutung wird die Proskynese oft als ein Niederfallen und Küssen des Bodens vor dem Herrscher betrachtet, was aber eher einer ›Prostration‹, also einem Unterwerfungsgestus, entsprechen würde (so z.B. G A BELMANN , Audienz- und Tribunalszenen, 15f., 88–95, der die Geste, die auf dem Schatzhausrelief dargestellt ist, nicht als Proskynese, sondern als Zurückhalten des Atems deutet; die Proskynese sei dagegen ein »Niederfallen und Küssen des Bodens vor dem Herrscher« [Audienz- und Tribunalszenen, 89]; dies ist allerdings nicht nur aus etymologischen Gründen nicht vertretbar [S ACHSEN -M EININGEN, Proskynesis, 140–145; W IESEHÖFER, Bemerkungen, 448], sondern passt auch nicht zu den Beschreibungen der griechischen und lateinischen Quellen, s.u. zu Ismenias). Im vorhellenistischen Griechenland war eine derartige Form der Verehrung nur Gottheiten und göttlich gedachten Wesen und Naturerscheinungen vorbehalten (besonders: Sonne, Mond, Himmel und Erde, Hippon. Frg. 51 D; Aristoph. Plutos 771–774; Soph. Phil. 657; Plat. leg. 887e; Lukian. salt. 17; Aischyl. Pers. 499; Soph. Oid. K. 1655 etc.; s. hierzu M ITROPOULU, Worshippers, 9–13, 25–58 und W IESEHÖFER, Bemerkungen, 448), wie auch Herodot beschreibt: Die beiden Spartiaten Sperthias und Bulis weigern sich, auf diese Weise einen Menschen zu ehren (Hdt. 7, 136). Unsere Quellen zeigen aber auch, dass diese Form der Verehrung für den Großkönig von den
Proskynese
Prostration?
226
Ismenias
Heeresgröße
Phallynos, Phalynos, Phalinos?
2. Kommentar
Griechen als entehrend empfunden wurde und sich hierin der Despotismus des persischen Großkönigs offenbarte, dem sich ein freier Grieche nicht unterwarf (s.u. zur Ismenias-Anekdote bei Plutarch und Ailian, ebenso auch der erste Teil der Weigerung des Sperthias und Bulis bei Hdt. 7, 136; ferner Nep. Konon 3, 2–4; anders Themistokles nach Plut. Them. 27; alle drei Erzählungen weisen nicht darauf hin, dass es einem Griechen aus religiösen Gründen nicht möglich war, die Proskynese zu vollziehen). Im Alten Orient, vor allem im achaimenidischen Iran, wurde die Proskynesis vor dem nicht als göttlich betrachteten Herrscher vollzogen (Hdt. 3, 86; 7, 13f.; 8, 118; Xen. Kyr. 8, 3, 12–14; s. zum Gottesgnadentum S. 312f. ‹). Hierbei mussten Perser zu Plut. Art. 23, 5, › niederen Standes, Unterworfene und Bittsteller (auch griechische) die Proskynesis mit Fußfall (Hdt. 1, 134; Plut. Arist. 5, 7), persische Große und auch geachtete Hellenen nur mit einer Verneigung durchführen (u.a. Ail. var. 1, 21; zu den bildlichen Darstellungen der Achaimeniden s. S ACHSEN M EININGEN, Proskynesis, 131–136). W IESEHÖFER, Proskynesis, 443f. vermutet, dass die Proskynese einer der Gründe für die falsche griechische Vorstellung von der Verehrung des persischen Großkönigs als Gott sei (auch B RIANT, Cyrus, 223). Plutarch (Art. 22, 8) und Ailian (var. 1, 21) überliefern ferner eine Anekdote (Ailian wie immer ausführlicher als Plutarch), die durchaus zutreffend zeigt, wie eine Proskynese für einen Griechen vor dem König aussah: Der Thebaner Ismenias lässt seinen Ring zu Boden fallen und hebt ihn auf, um so den Eindruck der Proskynese zu erwecken. Aus dieser Beschreibung ist ersichtlich, dass Ismenias sich sicherlich nicht auf den Boden geworfen hat; zum Aufheben eines Ringes genügt es, sich leicht im Knie zu beugen (dies erwähnen Plutarch und Ailian hier nicht explizit, s. aber z.B. Plut. Arist. 5, 7) und zu bücken. Plutarch und Ailian schöpfen erneut aus einem älteren Anekdotenkompendium, so dass hier nicht ihre Vorstellung einer Proskynese wiedergegeben wird. Leider lässt sich diese Tradition nicht datieren, ihre Darstellung erweckt aber einen durchaus historischen Eindruck. : Zu den verschiedenen An13, 3f. gaben über die Heeresgrößen s. ausführlich im Zusammenhang mit der Beschreibung der Schlacht von Kunaxa S. 184–188 zu Plut. Art. 8, 3–8, › ‹. Dass Plutarch hier aus verschiedenen Quellen (Xenophon, Dinon und Ktesias) geschöpft hat, ist evident. 13, 5 : Xenophon nennt einen , der nach der Schlacht von Kunaxa als Unterhändler und Dolmetscher Artaxerxes’ II. mit den griechischen Söldnerführern verhandelt haben soll. Dieser Phalinos gehörte zur engeren Umgebung des Satrapen Tissaphernes, der ihn
Kyros als Protagonist: Artaxerxes 13
227
aufgrund seiner militärischen Fähigkeiten hoch geschätzt haben soll (Xen. an. 2, 1, 7–22). Es ist eindeutig, dass Plutarch dieselbe Person meint, wenn auch die Schreibweise hier abweicht, da der Handschriftenbefund nicht eindeutig ist. Aus diesem Grund hat sich Z IEGLER auch für zwei unterschiedliche Schreibweisen für ein und dieselbe Person entschieden: Phallynos und Phalinos. Diodor nennt in demselben Kontext der Friedensverhandlungen (14, 25, 1). Z IEGLERs Entscheidung erscheint einen fragwürdig. Eine einheitliche Namensform wäre angemessen, somit eine Emendatio angeraten. Entweder hätten beide Formen der xenophontischen Schreibweise angepasst werden müssen (Phalinos), oder aber es hätte in beiden Fällen Phallynos gewählt werden müssen, wofür sich z.B. F LACE LIÈRE /C HAMBRY aufgrund der Überlieferungslage entschieden haben. Wie dem auch sei: Alle drei Autoren meinen eindeutig dieselbe Person (s. hierzu H OFSTETTER, Griechen, Nr. 251, 148). 13, 5–7 Plutarch gibt sich hier große Mühe ›quellenkritisch‹ zu arbeiten: Er versucht Ktesias eine offenkundige Lüge nachzuweisen, indem er den Parallelbericht Xenophons zu Rate zieht. Darauf basierend kritisiert Plutarch erneut allgemein Ktesias’ Arbeitsweise, ausführlich hierzu s. bereits S. 215f. zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, › ‹.
Ktesias: ein Lügner?
2.3 Parysatis als Protagonistin (Art. 14–19)
Artaxerxes 14 Inhalt
Nach der Schlacht belohnt der Großkönig die Männer, die ihm treu ergeben waren; Überläufer und Lügner bestraft er maßvoll. Die beiden am Tode des Kyros beteiligten Soldaten lässt er mit Geschenken zum Schweigen bringen, um die offizielle Version, dass er selbst Kyros getötet habe, verbreiten zu können. Dennoch bezichtigt ihn einer der beiden der Lüge und wird daraufhin ein Opfer der Rache der Parysatis.
Datierung
Die Ereignisse dieses Kapitels müssen direkt nach der Schlacht stattgefunden haben. Diodor erwähnt, dass Artaxerxes zunächst einen dreitägigen Waffenstillstand mit den Griechen ausgehandelt und danach sein Heer in das nahe Babylon geführt habe, wo er alle die, die sich in der Schlacht ausgezeichnet hätten, belohnt habe (Diod. 14, 26, 4f.).
Quellenanalyse
: Wie bereits dargelegt, ist es die commu14, 1–10 nis opinio seit dem 19. Jahrhundert, dass die Kapitel Plut. Art. 11–18 mit nur geringen Ausnahmen vollständig aus Ktesias Persika geschöpft sind, s. hierzu S. 213–216, bes. S. 213, zu Plut. Art. 12, 1–13, 7, › ‹, der allerdings KÖNIG, Persika, 104–107 vollständig widerspricht. Beide Ansätze erscheinen unter Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse zwar bedenkenswert, aber nicht vollkommen überzeugend, wobei auch KÖNIGs Argumente mitunter methodisch fragwürdig sind. Die gesamte Vita ist von einem extrem hohen Maß an Quellenkontamination geprägt, so dass es häufig überhaupt nicht mehr möglich ist, Plutarchs Vorlagen zu identifizieren. Während es in der Tat – allerdings auch aufgrund des Fehlens von Vergleichsmaterial – möglich erscheint, die Erzählung der Sinneinheit Plut. Art. 12f. größtenteils auf Ktesias zurückzuführen (so erfolgt eben auch Plutarchs Kritik an dessen Werk zum Abschluss dieses Abschnittes), sind die Gründe, die für eine Zuweisung weiter Passagen aus Kap. 14 an Ktesias genannt werden, nicht zwingend: 1. Die Erwähnung der Belohnung des Ktesias (Plut. Art. 14, 1) 2. Die Belohnung des Kauniers, der Artaxerxes während der Schlacht mit Wasser versorgt hat (ein Rückverweis auf Plut. Art. 12, 5, somit vielleicht auf eine Erzählung des Ktesias) 3. Die Übereinstimmungen der Ereignisse um Mithridates und den Karer mit Ktesias’ Bericht nach Plutarch (ein Rückverweis auf Plut. Art. 11, 5 mit Parallelen zu den Exzerpten des Photios)
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 14
229
Hiergegen sind aber mehrere Punkte einzuwenden: 1. Die Erwähnung des Ktesias ist sicherlich ein deutliches Indiz dafür, dass Plutarch ihn für diese Kapitel als Vorlage genutzt hat, allerdings kein Beweis dafür, dass er die einzige Vorlage war. Plutarch hat schon betont, dass Ktesias in seinen Persika die Bedeutung seiner Person überzeichnet habe (Plut. Art. 13, 7), so dass es naheliegend ist, die Erwähnung seiner Belobigung hier auf sein eigenes Werk zurückzuführen. Aber dies zeigt auch noch einmal deutlich Plutarchs Haltung zu Ktesias’ Werk: Obwohl Plutarch von der Verwundung des Großkönigs berichtet hat, erwähnt er nirgends, dass Ktesias von sich selbst sagt, dass er diese Wunde versorgt habe, wie wir aus der (interpolierten?) Erwähnung bei Xenophon (an. 1, 8, 26) wissen. Diese Wundversorgung auf dem Schlachtfeld wäre dann auch der Grund für die Ktesias’ Belohnung). Eine Geringschätzung des Ktesias durch Plutarch lässt sich in der Vita immer wieder feststellen – und eben nicht nur an den Dingen, die Plutarch sagt, sondern auch an denen, die er übergeht. KÖNIG, Persika, 105 behauptet zwar, dass aufgrund der Nichterwähnung der Belobigungen des Sohnes des Artagerses, des Kaunieres und anderer bei Photios diese Passage bei Plutarch nicht aus Ktesias’ Werk stammen könne. Dies ist aber zu bestreiten, da mit deutlichen Auslassungen durch den Exzerptor Photios zu rechnen ist (er mag es einfach – wie offensichtlich viele Dinge im Zusammenhang mit dem Tode des Kyros – ausgelassen und nur die Belobigungen erwähnt haben, die im Fortgang der Geschichte noch von Bedeutung sind). Aber dieses Fehlen kann sicherlich auch nicht die Basis für die Annahme bilden, dass diese Erzählung nur aus Ktesias’ Persika stammen kann. Da den Tod des Artagerses nach Plutarchs Auskunft fast alle übereinstimmend beschrieben haben, kommen hier auch weitere Autoren für eine postume Belobigungsszene in Frage. So berichtet u.a. auch Diodor von den Auszeichnungen des Artaxerxes für die tapferen Soldaten in Babylon – hier wird besonders Tissaphernes hervorgehoben (Diod. 14, 26, 4f.). Auch die Tatsache, dass Tiribazos hier nicht belohnt wird, der in Dinons Darstellung der Schlacht doch eine prominente Rolle gespielt zu haben scheint, reicht m.E. nicht aus, Dinon als Vorlage auszuschließen (anders KÖNIG, Persika, 105). Die Tatsache, dass Tiribazos dem Großkönig auf ein neues Pferd helfen durfte, ist bereits eine am Hofe hochgeachtete Ehrung gewesen (s. ‹). S. 198f. zu Plut. Art. 10, 1, › 2. Wie bereits zu Plut. Art. 12, 4–6 gezeigt wurde (s. S. 220f.), kann es nicht als sicher gelten, dass Plutarch die Erzählung um den Kaunier, der den verwundeten Artaxerxes mit Wasser versorgt hat, aus Ktesias’
230
2. Kommentar
Werk genommen hat, womit auch der Rückverweis kein Beweis dafür ist, dass Ktesias hier für eine längere Passage Vorlage Plutarchs war. 3. Auch Dinon kannte nach Plutarchs Exzerpt die Variante, dass ein Karer Kyros getötet habe – immerhin ist es bei ihm also eindeutig ein Karer, während Ktesias (allerdings ebenfalls nur nach Plutarch) zunächst von einem Kaunier spricht. Dies ist aber wohl ein erneuter Fehler Plutarchs, wie sie anscheinend immer wieder dann auftreten, wenn er Quellen kontaminiert (s. z.B. S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › ‹ und S. 189 zu Plut. Art. 8, 4, › ‹). Artaxerxes’ Bemühen um eine offizielle Version, die ihn als Verantwortlichen für den Tod seines Bruders sieht, der aber der Karer im Wege stand, lässt sich somit problemlos in Dinons Persika verorten, so dass für diese Erzählung Plutarch mutmaßlich wieder parallele Berichte vorlagen, die sich vielleicht nur in Details widersprochen haben (so hat zumindest nach den Photios-Exzerpten Parysatis den Karer eigenmächtig bestraft, bei Plutarch erfolgt erst ein Urteilsspruch des Artaxerxes, den Parysatis dann verschärft. Dies mag, muss aber nicht auf den Exzerptcharakter zurückzuführen sein). 4. Auch Ktesias’ Kenntnis des bloßen Namens ›Arbakes‹ (FGrH 688, F 1b [24]) erhebt ihn nicht automatisch zur Quelle der Schilderungen um diesen Überläufer bei Plutarch. Der Name war den Griechen für Meder offensichtlich bekannt (so z.B. Xen. an. 1, 7, 12, dessen Bericht Dinon als ›Folie‹ für längere Ausführungen diente, so dass er hier durchaus genauso als Vorlage für Plutarch in Frage käme, s. ‹). hierzu S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › 5. Ein recht deutlicher Beleg für Eingriffe Plutarchs in seine Vorlagen ist darin zu sehen, dass der Ereignishergang ein anderer als bei Photios ist. Während bei Plutarch der Eunuch Masabates als letzter der Rache der Parysatis zum Opfer fällt (Plut. Art. 17), ist Bagapates (eindeutig identisch mit dem Masabates Plutarchs, s. hierzu S. 256 ‹) bei Photios der erste, der für seizu Plut. Art. 17, 1, › ne Tat büßen musste. Erst dann wird über Mithridates und den Karer berichtet. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Photios den Verlauf geändert hat, er hat höchstens Informationen ausgelassen und gekürzt. Plutarch hat aber aus Gründen, die höchstwahrscheinlich einer Harmonisierung seiner verschiedener Berichte geschuldet sind, in die Darstellung eingegriffen. Um es noch einmal klar zu stellen: Es soll nicht bezweifelt werden, dass Ktesias diese Ereignisse in irgendeiner Form beschrieben hat. Vielmehr scheint
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 14
231
es aufgrund der Ungereimtheiten und Abweichungen, dass Plutarch hier nicht einfach einer einzigen Vorlage gefolgt ist, was auch seiner bisher beobachteten Arbeitsweise widersprechen würde. 14, 1 : Zu Artagerses, dessen Tod und den Berichten hierüber s. S. 190f. zu Plut. Art. 9, 1–4, › ‹. Über einen Sohn des Artagerses ist außer dieser Erwähnung nichts bekannt. 14, 2 : Plutarch verweist hier zurück auf den namenlosen Kaunier, der dem verwundeten Artaxerxes etwas faules Wasser anbieten konnte, s. S. 220f. zu Plut. Art. 12, 4–6, › ‹. Artaxerxes wird hier als großzügiger Ehrenmann dargestellt, der sein Versprechen einlöst, den Mann zu belohnen, der ihn errettet hat. Bereits oben war nicht zu entscheiden, ob Plutarch diese Schilderung aus Ktesias’ Werk entnommen oder (was durchaus wahrscheinlich ist) aus einem Anekdotenkompendium geschöpft hat. : Der Name Arbakes ist u.a. für einen me14, 3 dischen Stadtfürsten unter Sargon II. belegt (assyrisch Ar-ba-ku). Es handelt sich hier nach S CHMITT, Iranier-Namen, 41f. und neuerdings dems., Anthroponyme, 129f. wohl um ein altiranisches Hypokoristikon *Arba-ka- zu einem Vollnamen mit dem Vorderglied *arba- (»klein, jung«). Nach Xenophon war Arbakes einer der vier Feldherren des Großkönigs in der Schlacht von Kunaxa (an. 1, 7, 12), der naheliegenderweise mit dem Satrapen von Medien identifiziert wird, den er im Schlussabschnitt seiner Anabasis erwähnt (dort: Arbakas; an. 7, 8, 25), ohne dass sich dieses aber sicher beweisen ließe. Auch Ktesias nennt in seiner legendären Frühgeschichte des Mederreiches einen medischen Anführer unter dem assyrischen König Sardanapallos, der später dessen Herrschaft abgeschüttelt und das Mederreich begründet haben soll (FGrH 688, F 1b [24]; zu den Medern bei Ktesias s. ROLLINGER, Logos). Plutarch gibt also in der Tat einen echt-medischen Namen wieder. Allerdings ist uns nichts bekannt über einen mehrmaligen Seitenwechsel des bei Xenophon erwähnten Arbakes/Arbakas. Eine Identifizierung beider ist auszuschließen, so dass nur die Annahme, dass es einen weiteren Meder dieses Namens im Heer des Artaxerxes gegeben habe, die Historizität der Erzählung stützen würde. Dies erscheint natürlich möglich, allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Geschichte auch eine Erfindung Plutarchs oder wohl eher seiner Quelle sein kann. Dass es Überläufer vom Heer des Großkönigs zu Kyros gab, berichten u.a. Xenophon und Ktesias (Xen. an. 1, 9, 29; Ktesias, FGrH 688, F 16 [63]).
Der Sohn des Artagerses
Die Kaunier (3)
Arbakes, der Meder
232
2. Kommentar
Schon während der Schlacht soll – so Xenophon – der Großkönig Überläufer wieder in seine Reihen aufgenommen haben (an. 1, 10, 6). Es ist nur eine Mutmaßung, dass Dinon hier die Vorlage gebildet haben könnte, der Punkte der Erzählung Xenophons genutzt zu haben scheint, um seine Erzählung zu konstruieren (s. hierzu bereits S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹). Persische Strafen (1 und 2)
Die nackte Dirne
Talion
14, 3f. : Plutarch führt zwei Beispiele für das maßvolle Verhalten des Artaxerxes nach der Schlacht an: Selbst bei der Verhängung von Strafen für Verrat und Lüge habe er sich besonnen gezeigt, indem er sich für entehrende und durchaus milde Strafen gegen schwere Körperstrafen (Todesstrafe) entschied. Im ersten Fall muss der Meder Arbakes zur Strafe für seinen mehrmaligen Frontwechsel, der ihm aber nicht als Verrat, sondern nur als Feigheit ) auf seinen Schultern ausgelegt wird, eine unbekleidete Prostituierte ( über den Marktplatz tragen. In der Vita des Lykurgos berichtet Plutarch, dass ältere kinderlose Junggesellen in Sparta im Winter mitunter gezwungen wurden, nackt um den Markt zu laufen und Spottlieder auf sich selbst zu singen (Plut. Lykurg. 15). Diese Strafe ist begrenzt vergleichbar, allerdings lässt sich über den historischen Wert beider Schilderungen nichts sagen (KÖNIG, Persika, 106: »Schabernack!«), sie ist hier wohl eher als literarische Ausformung zu betrachten, um die Gesinnung des Artaxerxes an einem Beispiel zu verdeutlichen (zu dem Komplex ›Rügebräuche und Schandstrafen‹ im archaischen und klassischen Griechenland mit weiterführender Literatur und weitergreifenden Ausführungen, s. S CHMITZ, Nachbarschaft, 259–410; s. ferner zu allen in der Artaxerxes-Vita Plutarchs erwähnten ›orientalischen Strafen‹ B INDER /ROLLINGER, Strafen). Die zweite von Plutarch angesprochene Bestrafung, einem Lügner die Zunge mit drei Nadeln zu durchstoßen, ist eng verwandt mit einer Form der Vergeltung, die nahezu in allen antiken Rechtssystemen zur Anwendung kam: der Talion, also der Wiedervergeltung durch Gleiches (Ex. 21, 22–25: »Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Wunde um Wunde, Strieme um Strieme«). Streng genommen handelt es sich in dem hier von Plutarch geschilderten Fall um eine ›spiegelnde Strafe‹, um die von B RUNNER geprägte Terminologie zu verwenden: Die Tat wird an dem Glied vergolten, mit dem das Unrecht begangen wurde (da es wenig Sinn ergibt, einen Lügner anzulügen oder einen Dieb zu bestehlen), s. hierzu B RUNNER, Rechtsgeschichte, II 767f. (es ist nur der »Schein einer Talion«); K AUFMANN, Strafen, 1761–1763. Schon in altsumerischen Urkunden findet sich die Androhung dieser Bestrafung als Vertragssicherungsklausel (s. R ADNER, Privatrechtsurkunden, 191).
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 14
233
Die zweite Strafe fällt härter aus, da zu dem Vergehen des Arbakes auch noch eine Lüge, altpers. drauga, getreten ist. Bereits Herodot hat festgestellt, dass die Perser ihren Kinder hauptsächlich drei Dinge beibrächten: Reiten, Bogenschießen und die Wahrheit Sagen (Hdt. 1, 136). Dass diese ›Wahrheitsliebe‹ für die Untertanen (bei Dareios vielleicht als ›Loyalität‹ zu verstehen), aber in besonderem Maße auch für den Großkönig galt, findet tatsächlich nicht nur in der griechischen Überlieferung, sondern auch in den Königsinschriften der Achaimeniden seinen Niederschlag: »And may Auramazd¯a protect this country from the (enemy) army, from crop failure (and) from Falsehood! Upon this country may not come an (enemy) army, nor crop failure nor Falsehood.« (DPd §3, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 58) sowie »What (is) right, that (is) my desire. To the man following Falsehood I am not friendly.« (DNb §2b, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40; s. auch S. 247 ‹). zu Plut. Art. 16, 1, › 14, 5 : Artaxerxes versucht, einen der Beteiligten (Mithridates) am Tode Kyros’ des Jüngeren zum Schweigen zu verpflichten, indem er ihn reichlich für die überbrachte Satteldecke belohnt (so erhält er wertvolle Kleidung, Goldschmuck und einen Dolch, wie Plutarch ein wenig später berichtet; Art. 15, 2). Diese Satteldecke hat Plutarch schon einmal in seinem Exzerpt des Schlachthergangs nach Ktesias erwähnt (Plut. Art. 11, 5), so dass Ktesias höchstwahrscheinlich für diese Beschreibung die Vorlage war, obwohl nach den Exzerpten des Photios ein Namenloser für das Überbringen der Satteldecke belohnt wird ( FGrH 688, F 16 [67]), während ein Mitradates dort ohne Zusammenhang mit diesem Detail hingerichtet wird. Lägen uns nur die Fragmente des Photios vor, wäre niemand auf die Idee gekommen, beide Personen miteinander zu identifizieren. Trotz dieser Abweichungen muss dieses Detail in irgendeiner Form auf Ktesias bzw. einen von ihm abhängigen Überlieferungsstrang zurückgehen, da sich die Figur des Mithridates in Dinons Erzählung nur mit großer Mühe verorten lässt. Letztendlich wird die Satteldecke das Schicksal des Mithridates besiegeln, der sich hier aber noch still verhält. Die Darstellung des Artaxerxes ist hier nicht positiv: Der Protagonist der Vita möchte sich selbst den Ruhm zuschreiben und erkauft dafür das Schweigen. So zeigt sich ein erstaunliches Spannungsverhältnis innerhalb dieses Kapitels: Einerseits wird zu Beginn das maßvolle und bescheidene Verhalten des Großkönigs besonders erwähnt und mit Beispielen belegt, andererseits wird derselbe nun als Lügner dargestellt, der versucht, eine gefälschte Darstellung der Schlacht zu verbreiten. Da gerade eben noch die königliche Bestrafung für einen Lügner beschrieben wurde (s. S. 232 zu Plut. Art. 14, 3f., ‹), wirft dies ein umso schlechteres Licht ›
Lügen
Artaxerxes der Lügner?
234
2. Kommentar
auf Artaxerxes. Dieses Spannungsverhältnis innerhalb des Kapitels mag einer Quellenkontamination durch Plutarch geschuldet sein, der hier vielleicht Ktesias folgt. Karer oder Kaunier?
14, 6 : Der hier von Plutarch erwähnte Karer dürfte aufgrund der Verwundung in der Kniekehle mit dem Kaunier des Berichtes bei Ktesias über den Tod des Kyros bei Plutarch übereinstim‹). men (s. S. 211f. zu Plut. Art. 11, 9, › Dass aber Ktesias bei der Belohnung sicher von einem Karer (und nicht von einem Kaunier) gesprochen hat, zeigt ein Photios-Exzerpt: (FGrH 688, F 16 [67]). Die Annahme ist deshalb berechtigt, dass Plutarch in seinem Ktesias-Exzerpt ein Fehler unterlaufen ist und Ktesias auch bei der ersten Erwähnung von einem Karer gesprochen hat. Besondere Beachtung sollte dem Umstand gezollt werden, dass Dinon nach Plutarchs Exzerpt ebenfalls von einem Karer wusste, der Kyros getötet haben soll (s. Plut. Art. 10, 3). Wie bereits gezeigt, unterlaufen Plutarch in dieser Vita mehrfach Fehler, die immer mit Eingriffen in seine Vorlagen zusammenhängen (so wird Kyros von seinem Vater zweimal zum Karanos ernannt [s. hierzu S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › ‹], und Klearchos zieht einmal auf Befehl der spartanischen Obrigkeit und einmal freiwillig mit Kyros gegen den Großkönig [s. hierzu S. 189 zu ‹]). Seit H AUG, Quellen, 93f. findet Plut. Art. 8, 4, › sich immer wieder das Argument, dass Plutarch keinen Unterschied zwischen Kauniern und Karern gemacht habe, da »die Kaunier . . . ein Stamm der Karer« waren. Dies stimmt zwar (s. hierzu S. 211f. zu Plut. Art. 11, 9, ‹), erscheint aber nicht gänzlich über› zeugend, da sich zum einen die Kaunier durchaus von den Karern (u.a. in der Sprache) unterschieden (s. hierzu ebenfalls S. 211), und zum anderen der Kaunier, der Artaxerxes mit Wasser versorgt hat (Art. 12, 5), auch in Kap. 14 noch ein Kaunier ist, während der Speerwerfer vom Kaunier zum Karer wird. Dass Plutarch so inkonsequent ist, mag man nicht glauben. Sollte er dies als ein Unterscheidungsmerkmal der beiden Namenlosen eingeführt haben, wäre es auch von Beginn an zweckmäßiger gewesen, da so erst recht Verwirrung entstanden ist. Es liegt m.E. schlichtweg ein weiterer Fehler Plutarchs vor. Wie dem auch sei, der Quellenwert dieser gesamten Erzählung ist als sehr gering zu betrachten. So ist allein schon auffällig, dass der Karer offensichtlich eine Belohnung verlangt hat, was für einen Untertan (in diesem Falle einen ärmlichen Soldaten) undenkbar gewesen sein muss. Diese Passage dient eher einer negativen Charakterzeichnung des Artaxerxes und bot
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 14
235
Plutarch die Möglichkeit, moralische Bewertungen anzubringen (überzogene Forderungen des Karers). 14, 7–9 : Plutarch nutzt diese Episode, um nicht nur die Grausamkeiten der Frauen am Hofe zu beschreiben, sondern auch moralisch zu belehren: Der Mensch soll nichts Höheres erstreben, als ihm zusteht. Da sich der Karer hieran nicht hielt und von Ehrgeiz getrieben war, besiegelte er selbst sein Schicksal. Nicht ganz klar wird hier, wen Plutarch für den Verantwortlichen für den Tod des Kyros hält. Während er noch in Art. 14, 5 den König zeigt, wie er sich das Schweigen anderer erkauft, um so seine Version verbreitet zu wissen, scheint der Karer hier nach etwas zu streben, das ihm nicht gebührt. Aufgrund derselben Dummheit ( ; Plut. Art. 15, 1) wird später auch Mithridates zugrunde gehen. Aus einem Kommentar Plutarchs zu den Worten des Sparamizes (Plut. Art. 15, 5) wird aber deutlich, dass Plutarch davon ausgeht, dass Mithridates zumindest in irgendeiner Form am Tod des Kyros beteiligt war. Die offenkundige Torheit ist es, sich gegen den Großkönig zu stellen und ihn öffentlich einer Lüge zu bezichtigen. Plutarch scheint der Ansicht zu sein, dass sowohl der Karer als auch später Mithridates sich mit ihren Geschenken hätten zufrieden geben müssen, auch wenn sie der Meinung waren, dass dies nicht gerecht sei: Sich gegen das Urteil des Großkönigs zu stellen, ist nicht nur eine Dummheit, sondern nach Plutarch offensichtlich ungebührlich. Entscheidend für die Verurteilung des Karers ist letztlich der Umstand, dass er den König wohl öffentlich der Lüge bezichtigt hat. Dies hat folgenschwere Konsequenzen: Die Reaktion des Königs ist eindeutig. Aufgrund des großen Einflusses der Königinmutter wird der Karer aber nicht sogleich geköpft, sondern zunächst noch grausam gefoltert. Wenn auch diese Episode erfunden sein mag, war es nicht nur den Untertanen des Großkönigs, sondern auch den Griechen des Mutterlandes klar, dass der Großkönig in einem besonderen Verhältnis zur ›Wahrheit‹ stand und es Bestandteil der Königsideologie war, die Lüge (drauga) zu bekämpfen. Ferner belohnte ein ›guter‹ König seine loyalen und hilfsbereiten Untertanen immer überreichlich (auch hier scheint zumindest dem Karer der Lohn nicht ausreichend gewesen zu sein), während er Übeltäter hart bestrafte, s. hierzu z.B. die bereits zitierten Inschriften des Dareios und Xerxes (DB §8 und §63f. sowie DNb §2c und §8e und XPl §2e) auf S. 138f. sowie auch die Erläuterungen zur Deutung des Thronnamens ›Artaxerxes‹ dessen einer Bestandteil r.ta (»Gerechtigkeit, ‹; ferner s. Ordnung, Wahrheit«) ist, S. 81f. zu Plut. Art. 1, 1, › ‹. S. 247f. zu Plut. Art. 16, 1, › 14, 9 : Nach Plutarch nennt Parysatis als Grund für ihr Einschreiten, das für den Karer eine Verlänge-
Das Vergehen des Karers
Parysatis’ Rache (1)
236
2. Kommentar
rung seiner Leiden auf zehn Tage bedeutet, den Umstand, dass sie das Vergehen dieses Mannes gegen den König bzw. ihren Sohn so hoch erachte, dass die Bestrafung möglichst grausam ausfallen müsse. An dieser Stelle schweigt sich Plutarch über etwaige andere Motive der Königinmutter aus; allerdings ist offenkundig, dass sie Rache für ihren getöteten Lieblingssohn nehmen möchte. Explizit spricht Plutarch dieses Motiv dann in Kap. 17, 1 aus: (»Das letzte Ziel der Rache der Parysatis war der Mann, der Kyros den Kopf und die Hand abgehauen hatte, ein Eunuch des Königs namens Masabates.« Übers. Z IEGLER). Er bezeichnet Masabates als das letzte Ziel der Rache der Parysatis, der Karer erscheint als das erste Opfer. Angemerkt sei schon hier, dass später noch Tissaphernes Parysatis zum Opfer fällt (Plut. Art. 23, 1f.). Auch hier mag als ihr Motiv die späte Rache für ihren Sohn gelten, da Tissaphernes das Vorhaben ihres jüngeren Sohnes an Artaxerxes verraten hat (Plut. Art. 6, 5; s. ‹). hierzu auch S. 134–136 zu Plut. Art. 4, 3, › Somit ist eigentlich Tissaphernes das letzte Ziel der Rache der mordgierigen Königinmutter. Plutarch zeigt durch diese Beispiele, wie groß der Einfluss der Frauen, speziell der Königinmutter, am Hofe des Großkönigs war. Dieses Bild wird nicht der Realität entsprochen haben; bestimmte königliche Frauen werden sicherlich auf dem familiären und informellen Feld über begrenzte Möglichkeiten der Einflussnahmen verfügt haben, aber es gibt keinerlei Hinweise auf diesen Einfluss auf politischem, militärischem oder juristischem Gebiet außerhalb der griechischen Quellen. Stark zu bezweifeln ist somit auch der hier beschriebene Einfluss der Parysatis auf die Verurteilung des Karers (anders B ROSIUS, Women, 113–115, die zwar die Abhängigkeit vom Urteilsspruch des Königs sieht, aber das Einwirken auf das Strafmaß für glaubwürdig erachtet), besonders auch ihre Weisungen an die Henker. In den PhotiosExzerpten scheint Parysatis gar losgelöst vom Urteil des Großkönigs zu agieren (FGrH 688, F 16 [67]), was vielleicht dem Exzerptor zuzuschreiben ist. Allerdings ist auch bei Dinon ein ähnlicher Bericht zu vermuten, der vielleicht in diesem Detail plausibler erschien und deshalb Plutarchs Vorlage gebildet hat; s. hierzu auch ausführlicher S. 171 zu Plut. Art. 6, 8, › ‹. Persische Strafen (3)
14, 10 : Über die persischen Methoden, Feinde oder Verbrecher zu foltern, sind uns einige Berichte überliefert (z.B. zur Hinrichtung des Bessos bei Curt. 7, 5, 36–43). So wird auch das Ausstechen der Augen z.B. von Dareios I. explizit in seiner Bisutun-Inschrift erwähnt ‹). Aber (s. bereits DB §32f. S. 223 zu Plut. Art. 13, 2, › über eine auch nur ähnliche Art der Hinrichtung, wie sie hier von Plutarch
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 14
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berichtet wird, ist mir nichts bekannt. Meiner Ansicht nach spricht hier – wie auch an vergleichbaren Stellen der Vita (z.B. Plut. Art. 16, 2) – nicht viel für die Historizität des Beschriebenen. Natürlich ist letzte Sicherheit nicht zu gewinnen, und es ist auch kaum zu bestreiten, dass das Eingießen von flüssigem Erz ins Ohr zum Tode führen würde. Dies deutet aber keineswegs auf empirische Erkenntnisse und somit eine Historizität dieser Strafe hin. JA COBS , Hinrichtungen, 1f. nennt mittelbabylonische Bindungsklauseln, die damit drohen, dass dem Vertragsbrüchigen eine Mine Blei oder Zinn in den Mund geschüttet werden solle (s. auch R ADNER, Privatrechtsurkunden, 189– 191; das Eingießen von Blei in die Kehle findet sich noch in der Gesetzgebung Konstantins: z.B. C. Th. 9, 24, 1). Diese Form der Strafandrohung, die aber kein Todesurteil war (s. R ADNER, Privatrechtsurkunden, 189), würde im Rahmen der Talion bzw. der ›spiegelnden Strafe‹ (s. hierzu S. 232 zu Plut. ‹) noch Sinn ergeben, während Art. 14, 3, › das Gießen ins Ohr in diesem Kontext unverständlich erscheint. Plutarchs Quelle bedient sich hier eher gängiger Klischees (großer Einfluss der Frauen bei Hofe und deren extreme Grausamkeit). Vielleicht mag sogar ein ungenaues Wissen um derartige Praktiken in Vorderasien bestanden haben (s.o. zur Bindungsklausel); deren Bedeutung scheint aber – wenn diese Episode nicht ohnehin frei erfunden ist – zumindest nicht mehr verstanden worden zu sein. Ausführlicher hierzu und zu weiteren von Plutarch erwähnten persischen Strafen s. B INDER /ROLLINGER, Strafen.
Artaxerxes 15 Inhalt
Mithridates, der – nach Ktesias – erste Beteiligte am Tode des Kyros, wird bei einem Gastmahl von einem Eunuchen der Parysatis dahingehend provoziert, dass er öffentlich den König der Lüge in Bezug auf Kyros’ Tod bezichtigt.
Datierung
Die in diesem und dem folgenden Kapitel beschriebenen Ereignisse sollen nach Plutarch kurze Zeit nach der Schlacht von Kunaxa stattgefunden haben ). (
Quellenanalyse
15, 1–16, 7 : Die Frage nach Plutarchs Vorlage für diese zwei Kapitel, die das Schicksal des Mithridates nach der Schlacht von Kunaxa beschreiben, ist schwierig zu beantworten. Einerseits scheinen wiederum (s. Kap. 12f.) einige Punkte auf Ktesias als einzige Vorlage hinzudeuten: 1. Die gesamte Erzählung um Mithridates und die Satteldecke des Kyros scheint in Plutarchs Exzerpt aus den Persika des Ktesias (Plut. Art. 11, 5f.) zu passen. Nur unter größtem Aufwand wäre diese Erzählung in Dinons Schilderung des Schlachthergangs zu verorten. Auch Photios’ Exzerpte zeigen, dass Artaxerxes einen Menschen belohnt hat, der die Satteldecke des Kyros abgeliefert hat, und auch, dass ein Mitradates, der sich bei Tisch gebrüstet habe, den Kyros getötet zu haben, von Parysatis hingerichtet worden ist. Diese beide Ereignisse sind – Plutarchs Schilderung in Art. 14–16 folgend – in der Forschung immer zusammengefasst worden, so dass Ktesias als die Basis für diese Episode bei Plutarch erscheinen muss. 2. Der Name, den der Eunuch der Parysatis trägt (Sparamizes), ist Ktesias nach den Exzerpten des Photios bekannt, wenn auch dieser bestimmte Eunuch nicht in den Fragmenten erwähnt wird (s.u. zu Plut. ‹; dagegen s. aber S. 230f. zu Plut. Art. 14, Art. 15, 3, › ‹ [4.]). 1–10, › 3. Ktesias kennt prinzipiell die hier bei Plutarch erwähnte Form der Hinrichtung mit den ›Mulden‹, wie erneut die Photios-Exzerpte zeigen; ähnlich wie schon im Fall des Namens des Sparamizes (s.o. 2.) taucht sie aber nicht in Zusammenhang mit unserem Mitradates in den Fragmenten auf, sondern zeitlich früher.
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 15
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Andererseits fallen aber verschiedene Punkte auf, die Ktesias’ Status als einzige Vorlage in Frage stellen (wobei die Punkte 1. und 2. zunächst zwar verdächtig wirken, aber in der Analyse diesen Eindruck verlieren): 1. In den Exzerpten des Photios wird für den Mann, der sich bei Tisch brüstet, Kyros den Jüngeren getötet zu haben, die präzisere (im Vergleich zur altiranischen Form), aber in der griechischen Überlieferung verwendet (s. hierzu S. 207 zu Plut. seltenere Ableitung ‹), so dass davon auszugehen ist, dass es sich Art. 11, 5, › hierbei um die korrekte ktesianische Form handelt (S CHMITT, Anthroponyme, 111), von der Plutarch abweicht. Dies tut Plutarch aber bereits in seinem Exzerpt, das eindeutig Ktesias zuzuweisen ist (Plut. Art. 11, 5), so dass entweder bereits dort diese andere Namensform in Plutarchs Vorlage stand oder Plutarch den Namen konsequent ›modifiziert‹ hat. Zudem ist die Handschriftenlage hier nicht eindeutig (so und belegt). Diese Abweichung ist sind auch somit weder als Argument gegen noch für Ktesias als Vorlage zu nutzen. Erneut zeigt sich aber, dass Photios bei der Überlieferung der Namen nicht so notorisch unzuverlässig ist, wie häufig behauptet wird ‹ und (s. hierzu S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹). auch S. 253 zu Plut. Art. 17, 1–9, › Es stellt sich aber die Frage, weshalb Plutarch von seiner Vorlage, die nach der communis opinio Ktesias gewesen sein soll, abweicht, die es doch eigentlich am besten wissen sollte (s. hierzu ebenso S. 91–94).
Mithridates
2. Auch wird in den Photios-Exzerpten nicht erwähnt, dass Mitradates überhaupt mit den ›Mulden‹ hingerichtet worden sein soll. Wir erfahren lediglich, dass Parysatis ihn grausam töten ließ. Dass Ktesias diese Form der Hinrichtung aber kannte (genau genommen gibt es keine Überlieferung hierfür, die nicht von Ktesias abhängt), zeigen erneut die Photios-Exzerpte: Dort wurde Aspamitres für die Beteiligung am Mord an Xerxes und Dareiaios auf diese Weise hingerichtet (Ktesias, FGrH 688, F 14 [34]). Allerdings gibt es zwei Hinweise darauf, dass auch Mitradates so ums Leben gekommen sein muss und Photios dieses Detail ausgelassen hat: In beiden Fällen (Aspamitres und Mitradates) nutzt Photios zur Verdeutlichung der Grausamkeit der Stra(»hart, grausam«): fe Ableitungen des Adjektives und . Bleibt noch zu erwähnen, dass dies die einzigen Stellen sind, an denen Photios dieses Wort benutzt. Ferner heißt der von Photios als Aspamitres bezeichnete Eunuch bei Diodor (11, 69, 1) Mithridates, also genau wie unser hier mit den ›Mulden‹ hingerichteter Perser. Vielleicht ist dies auch ein Hinweis auf den Urheber bzw. den Grund der Namensveränderung von Ktesias zu
Die ›Mulden‹
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2. Kommentar
Diodor, den B IGWOOD, Revolt, 23, Anm. 89 und S CHMITT, Anthroponyme, 144 nicht ausmachen konnten: Entweder könnte es Diodor selbst gewesen sein, der aus irgendeinem Grund die beiden Beschreibungen der mit den ›Mulden‹ Hingerichteten vertauscht oder (schon weniger plausibel) den singulären Namen Aspamitres aufgrund des weiteren Beleges bei Ktesias ›verbessert‹ hat, oder Diodor hat hier nicht Ktesias direkt, sondern eine in diesem Fall von Ktesias abhängige Quelle genutzt, die vielleicht auch Plutarch für dieses Kapitel vorgelegen haben mag. Erneut: Die Satteldecke
3. Es ist zumindest eigenartig, dass Photios nicht explizit sagt, dass Mitradates die Satteldecke des Kyros überbracht habe, sondern zunächst nur erzählt, dass ein Namenloser hierfür belohnt worden sei, während Mitradates – betrachten wir nur Photios’ Exzerpte – nicht mit der Satteldecke in Verbindung zu stehen scheint, da auch noch zwischen die beiden Erzählungen die Ehrung und Marter bzw. der Tod des Karers geflochten ist.
(Er erzählt,) wie Artoxerxes Geschenke gab dem, der die Satteldecke des Kyros gebracht hatte, und wie Artoxerxes den Karer ehrte, der glaubte, den Kyros getroffen zu haben, und wie Parysatis den durch Ehrungen ausgezeichneten Karer martern und töten ließ. (Er erzählt,) wie Artoxerxes der Parysatis auf ihr Verlangen den Mitradates auslieferte, der sich bei Tische gebrüstet hatte, den Kyros getötet zu haben; (und wie ihn) jene ergriff und zu einem bitteren Ende brachte. (Ktesias, FGrH 688, F 16 [67]; Übers. KÖNIG, Persika, §59)
Es entsteht hier klar der Eindruck, dass es sich um drei Personen gehandelt hat: a) einen namenlosen Überbringer der Satteldecke, b) den namenlosen Karer und c) Mitradates. Die Verbindung zwischen a) und c), also dem Überbringer der Satteldecke und Mitradates, und damit die Vermutung der Forschung, dass diese Erzählung so in Ktesias’ Persika gestanden habe, entsteht erst durch den Abgleich mit Plutarchs Schilderung (Art. 14–16) und die – nicht korrekte – Annahme, dass Ktesias für diese Kapitel Plutarchs einzige Vorlage gewesen ist, von der Plutarch auch nicht abgewichen ist. Dass dies nicht der Fall sein kann bzw. Plutarch zumindest deutlich in diese Vorlage
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eingegriffen hat, zeigt bereits die abweichende Anordnung der verschiedenen Hinrichtungen bei Plutarch und Photios (s. hierzu S. 230 ‹ [5.]). Genau genommen zu Plut. Art. 14, 1–10, › hat Plutarch in seinem Ktesias-Exzerpt auch nie ›seinen‹ Mithridates die Satteldecke besitzen lassen, sondern sagt explizit etwas anderes: (Plut. Art. 11, 6) »Die heruntergefallene Satteldecke – von Blut getränkt – nahm ein Begleiter des Mannes, der Kyros getroffen hatte, an sich.« Schauen wir uns zunächst nur die eindeutig Ktesias zuzuweisenden Passagen an, ergibt sich folgendes Bild: Mitradates verwundet Kyros schwer, ein Begleiter (die Übersetzungen wählen alle: Diener) des Mitradates nimmt die Satteldecke an sich und übergibt sie dem Artaxerxes, wofür er (namenlos) auch belohnt wird. Wenn sich der Mitradates der PhotiosExzerpte dann bei Tisch seiner Tat rühmt, muss dies nicht mit der Satteldecke in Verbindung stehen. So erscheint die Geschichte sogar noch brisanter, da nicht er, sondern jemand anderes für seinen Wurf belohnt wurde – der letzte Punkt ist aber zugegebenermaßen Spekulation. Dies ist zunächst der Befund, der aus den Passagen gewonnen werden kann, die – trauen wir dem Exzerptor – sicher Ktesias zuzuweisen sind. Diese Erzählung zeigt aber nicht, wie der Großkönig versucht, seine Version des Todes seines Bruders durch Bestechung durchzusetzen. Erst wenn Plutarchs weiterer Bericht hinzugenommen wird, ergibt sich ein anderes Bild, das Mithridates/Mitradates die Satteldecke abliefern lässt, die ihm offensichtlich auf einem weder von Plutarch noch Photios erwähnten Weg übergeben worden ist. Diese Geschichte mag aber eben zu Photios’ Exzerpt nicht recht passen. 4. Selbst wenn man den vorgenannten Punkt auf eine kaum verständliche Auslassung oder Verwirrung bei Photios zurückführen möchte, tritt noch eine weitere Ungereimtheit hinzu: Schon M ANTEY, Quellen, 15 hat festgestellt, dass die Rolle der Parysatis – wie auch schon im Falle des Karers – nach den Exzerpten des Photios eine gänzlich andere ist als in der Beschreibung Plutarchs: Bei Photios wird Mitradates auf Verlangen der Parysatis an sie ausgeliefert, und sie lässt ihn dann grausam töten. Bei Plutarch begeht zwar Mithridates dasselbe Vergehen wie bei Photios (er brüstet sich bei Tisch, den Kyros getötet zu haben), aber hier ist nun Parysatis’ Eunuch im Vorfeld die treibende Kraft, der den Mithridates durch Wein und List zu den unbedachten Äußerungen verführt. Die Hinrichtung in der ausführlicheren Version bei Plutarch wird aber vom Großkönig verhängt und auf sein Betreiben durchgeführt. Parysatis war also nur indirekt beteiligt und hat nur die entscheidenden Informationen über ihren Eunuchen
Parysatis’ Wirken
242
2. Kommentar
an den Großkönig weitergegeben. Weder verlangt oder erbittet sie die Auslieferung des Mithridates, noch betreibt sie dessen Hinrichtung. Es ist kein plausibler Grund erkennbar, weshalb Photios die Rolle der Parysatis abweichend von seiner Vorlage erhöht, noch weshalb Plutarch ihr Wirken heruntergespielt haben sollte. Schließlich liegt ihm sonst viel daran, das barbarische Wirken der Königinmutter zu thematisieren. Somit sind diese Abweichungen zwischen Plutarch und Photios keinesfalls mehr auf Auslassungen, Kürzungen o.ä. des späteren Exzerptors zurückzuführen, da bei ihm die Handlungen der Akteure grundsätzlich andere sind. Nimmt man nun noch hinzu, dass die zeitliche Abfolge der drei Hinrichtungen zwischen Plutarchs und Photios’ Bericht uneinheitlich ist (s. hierzu bereits S. 230f. zu Plut. Art. ‹), wird Plutarchs Eingriff offenbar. 14, 1–10, › Wer denn dann?
Es ist aufgrund dieser Schwierigkeiten nicht möglich, beide Berichte einfach auf dieselbe Vorlage zurückzuführen, die Abweichungen sind evident. Dieses Ergebnis stützt die bisherigen Beobachtungen zu Plutarchs Arbeitsweise in dieser Vita: Dass in diesen Kapiteln jede Kritik an Ktesias oder zumindest eine namentliche Nennung des Knidiers fehlt, schließt ihn als alleinige Vorlage aus. Während Photios wohl ein stark gekürztes Exzerpt der Persika liefern wollte, muss bei Plutarch mit der Harmonisierung bzw. – härter formuliert – der Kontaminierung verschiedener Vorlagen und auch mit Eingriffen Plutarchs in die Vorlagen gerechnet werden. Er hat sicherlich Ktesias’ Bericht hier genutzt, aber er muss entweder – und dies ist m.E. der wahrscheinlichere Weg – in einem nicht genau zu bestimmenden Ausmaß eine nicht zu nennende weitere Quelle in seine Vorlage hineingearbeitet oder aber in einem sehr hohen Maße eigenständig in Ktesias’ Darstellung eingegriffen haben. Der Umstand, dass die Schilderungen, für die Plutarch und Photios zumindest in Teilen parallele Berichte liefern, aufgrund deutlicher Abweichungen Ktesias als einzige Quelle fragwürdig erscheinen lassen, sollte zu denken geben. Wenn schon in diesen vermeintlich eindeutigen Fällen Zweifel berechtigt sind, wieviel mehr Vorsicht muss man in den Erzählungen walten lassen, die ohne namentliche Zuweisung nur bei Plutarch überliefert sind? Sie dürfen sicher nicht einfach der Vorlage Ktesias zugeschrieben werden. KÖNIG, Persika, 106f. meint hier als Plutarchs Vorlage Dinon benennen zu können, ohne dass sein Weg über angebliche Tendenzen in den Erzählungen zu diesem Schluss besonders überzeugend ist. Natürlich ist vieles denkbar, aber eine Verortung des Mithridates Plutarchs in Dinons Persika ist nach allem (zugegebenermaßen: dem wenigen), was wir nach Plutarch über dessen Schlachtbeschreibung wissen, höchst zweifelhaft. Um aber der Spekulation etwas Raum zu geben, halte ich es durchaus für denkbar, dass Plutarch hier zusätzlich die Quelle genutzt hat, die Diodor mutmaßlich dazu
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 15
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veranlasst hat, den Namen des Eunuchen Aspamitres in Mithridates umzuändern (Diod. 11, 69, 1; s. hierzu S. 239f. zu Plut. Art. 15, 1–16, 7, › ‹ [2.]). 15, 1 : Für die spätere Analyse der Historizität der Bestrafungsform des Mithridates ist es nicht unwichtig, dass Plutarch noch einmal explizit feststellt, dass der namenlose Karer und Mithridates dieselbe Torheit begangen haben, nämlich den Großkönig öffentlich einer Lüge zu bezichtigen (ob dies nun stimmt oder nicht, ist dann ohne Bedeutung), s. ‹. hierzu S. 248–251 zu Plut. Art. 16, 2–7, › 15, 1f. : An dieser Stelle erfährt der Leser, mit welchen Geschenken der Großkönig sich das Schweigen des Mithridates erkauft haben soll (Plut. Art. 14, 5); ferner liefert dieser Bericht einen Eindruck vom Schmuck, den persische Männer getragen haben (Gewänder, Ketten, Armbänder, Prunkwaffen), s. hierzu bereits S. 155f. zu Plut. Art. 5, 4, › ‹. 15, 3 : An der Bedeutung des Vordergliedes des Namens , das auf altiran. *spara- (»Schild«) zurückgeht, kann nach S CHMITT, Anthroponyme, 277–279 kein Zweifel bestehen, wenn es auch altiranisch nicht bezeugt, sondern nur durch Nebenüberlieferungen Deutungsproblegedeckt ist. Allerdings bereitet das Hinterglied me. H INZ, Sprachgut, 226 vermutete eine Nähe zu avest. 2 miz (»hegen, pflegen«), was aber S CHMITT, Anthroponyme, 277f. aus semasiologischen Gründen ablehnt (»Was soll man sich denn unter einem ›Schildheger‹ vorstellen?«). Nun ist m.E. die Vorstellung einer Person, die sich u.a. um den Schild eines Kämpfers kümmert, nicht ganz so abwegig, wie S CHMITT hier ) oder Knapmeint. Warum sollte ein »Schildträger« (griech. pe nicht altiran. ein »Schildheger« sein? S CHMITT selbst hält dagegen eine altiran. Ausgangsform *Spara-mi˘zda- mit der Bedeutung »einen Schild als Kampfpreis habend/gewinnend« für überzeugender. Der Sparamizes Plutarchs erscheint nicht in den Ktesias-Exzerpten des Photios, wo nur erwähnt wird, dass Mitradates sich bei Tisch gebrüstet habe, , der Euden Kyros getötet zu haben. Aber Ktesias kennt einen nuch des Assyrerkönigs Sardanapallos und an dessen Ermordung beteiligt gewesen sein soll (u.a. FGrH 688, F 1p; s. G UYOT, Eunuchen a), 226 Nr. 93). Informationen über unseren Sparamizes, den Obereunuchen der Königinmutter Parysatis, dessen Name trotz anderer Schreibweise mit dem oben genannten identisch ist, erhalten wir nur hier bei Plutarch (s. G UYOT, Eunuchen a), 226f. Nr. 94; O BST, Sparamizes, 1262).
Dieselbe Dummheit
Schmuck
Sparamizes
244 In vino veritas
Wahrheit
Der König ein Lügner?
Glücksglanz
2. Kommentar
15, 4 : Die bekannte deutsche Redensart »Im Wein liegt die Wahrheit« geht auf griechische Vorläufer zurück: (Zenob. 4, 5) bzw. (»Wein und Wahrheit«). Diese letzte Redewendung (Athen. 2, 37F) wird bereits auf Alkaios zurückgeführt (F 366 LP) und findet sich auch ähnlich bei Theokrit (Idyll. 29, 1). Der gesamte Dialog zwischen Mithridates und Sparamizes ist ohne jeden Zweifel reine Fiktion, um dem Ende des Mithridates einen plausiblen Rahmen zu geben. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass ein ranghoher Eunuch der Königinmutter, der zumindest dem Namen nach iranischen Ursprungs ist, griechische Redewendungen zitiert. : Dieser kurze Kommentar Plutarchs 15, 5 zeigt, welches Bild vom Schlachthergang er sich gemacht zu haben scheint: Der Eunuch der Parysatis kannte die Wahrheit, was hier nur bedeuten kann, dass er wusste, dass Mithridates mehr getan hatte, als nur die Satteldecke abzuliefern. Plutarch scheint also von einer Beteiligung dieses Mannes am Tode des Kyros auszugehen. Es überrascht nicht, dass Plutarch in Grundzügen der ktesianischen Version des Hergangs zustimmt. Zum einen hat er seine prinzipiellen Zweifel an der Darstellung des Ktesias deutlich gemacht (Plut. Art. 11, 11), zum anderen lagen ihm höchstwahrscheinlich auch andere Berichte vor, die, auf Ktesias aufbauend, einen ähnlichen Schlachthergang beschrieben haben, und er hat Details dieser Beschreibung (Verwundung des Großkönigs) auch in seiner Abschrift der Anabasis Xenophons gefunden (diese kurze Passage bei Xenophon steht im Verdacht interpoliert zu sein, ‹). s. hierzu S. 194 zu Plut. Art. 9, 4, › 15, 6 : Das schwere Vergehen des Mithridates besteht darin – genau wie zuvor beim Karer –, den König der Lüge bezichtigt zu haben. Dies wird letztendlich zu seiner grausamen Hinrichtung führen, die Plutarch in Art. 16 ausführlich beschreibt. Siehe hierzu bereits S. 235f. ‹ und S. 247f. zu zu Plut. Art. 14, 7–9, › ‹. Plut. Art. 16, 1 › 15, 7 : In der altiranischen Tradition gibt es ein Konzept von Xv ar nah (Yt. 19), d.h. eines ›Ruhmes-‹ bzw. ›Glücksglanzes‹, welches auch durch eine Gottheit (Farnah) dargestellt wurde. Unterschieden wurde ein ›national‹-iranisches Farnah (avest. Airy¯an m Xv ar nah), das allen Iranern beistand und sie vor dem Bösen schützte etc., und eine bestimmte königliche Form des Glücksglanzes, die nur den legitimen iranischen Königen als Glück und Wohlfahrt des Herrschers gegeben war und auch an den legitimen Erben weitergegeben werden
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 15
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konnte (avest. Kavaem Xv ar nah). Auch die Achaimeniden kannten diese Vorstellung: Zwar erscheint der Ausdruck *farnah- im Altpersischen nur als Bestandteil von Eigennamen (so z.B. bei Pharnabazos, s. S. 287 zu Plut. ‹), dennoch ist die Existenz des Wortes nahezu geArt. 21, 1, › sichert, da in den königlichen Inschriften immerhin die Idee des Wortes auftaucht: vašn¯a Auramazd¯aha »durch die Gunst Ahura Mazd¯as« (z.B. DB §5; s. S HAHBAZI, Symbol, 129).
Abbildung 5: Flügelscheibe mit ›bärtigem Mann‹
Die Griechen übersetzten diese Vorstellung vom Farnah häufig als , , so wie hier bei Plutarch. Die lateinischen manchmal aber auch als Quellen sprechen in Analogie von fortuna etc. (z.B. Tac. ann. 12, 18). Im Griechischen ist ebenfalls die besondere königliche Form des Xv ar nah bebzw. (Athen. 6, 251B; Strab. 12, 3, 31; Plut. kannt: Art. 15, 7). Nicht nur Plutarch überliefert uns den Brauch, dem Daimon des lebenden Großkönigs beim Gastmahle zu huldigen, auch Theopomp weiß Entsprechendes zu berichten (Athen. 6, 252B; s. auch O RSI, Daimon u. dies., Rappresentazione, 136f.). Mit dieser Thematik (Daimon/Xv ar nah) ist eine umstrittene Frage in der Achaimenidenforschung verbunden: Was stellt der auf zahlreichen Gegenständen (Siegeln, Bullen, Münzen, Schmuck, aber auch auf den königlichen Reliefs) zu sehende bärtige und gekrönte Mann dar, und was die – häufig in Verbindung mit ersterem – ›Flügelscheibe‹ (s. Abb. 5)? Die allgemein verbreitete Deutung geht seit dem 19. Jahrhundert wie selbstverständlich davon aus, dass es sich nur um Ahura Mazd¯a bzw. um ein Symbol für ihn handeln könne; in nahezu allen großen Handbüchern findet sich diese Annahme wieder (ausführliche Belege bei D E J ONG, Khvarenah, 482, dort auch zur älteren Literatur, und S TAUSBERG, Religion, 178, Anm. 69). Voll-
Ahura Mazd¯a
246
2. Kommentar
kommen überzeugt zeigt sich auch B RIANT, Cyrus, 900 aufgrund der Veröffentlichungen von ROOT, King, 169–176 und L ECOQ, Problème. Dieser Ansicht ist aber widersprochen worden. Andere Deutungen vermuten mit überzeugenden Argumenten in dem Mann mit der Flügelscheibe eine Symbolisierung eben des oben angesprochenen Kavaem Xv ar nah, des Glücksglanzes des jeweiligen Königs, was z.B. auch den jeweils identischen Ornat zwischen beiden dargestellten Figuren einschließlich Krone erklären würde. Die auch häufig allein zu findende Flügelscheibe wird dann als Farnah in seiner allgemeinen iranischen Ausprägung gesehen (Airy¯an m Xv ar nah). Die umfangreiche und detailreiche Diskussion hier im Rahmen des Kommentars angemessen darzustellen ist nicht möglich, so dass in diesem Zusammenhang besonders auf die Arbeiten S HAHBAZIs (Symbol) und C ALMEYERs (Fortuna) zu verweisen ist (ferner W IESEHÖFER, Tarkumuwa mit einem numismatischen Beweis für die ›Farnah-These‹); eine kurze und übersichtliche Gesamtschau der Forschung findet sich bei S TAUSBERG, Religion, 177–180. Zur Proskynese s. bereits S. 225f. zu Plut. Art. 13, 3, › ‹.
Artaxerxes 16 Mithridates’ Äußerungen (s. Kap. 15) gelangen über den Eunuchen Sparamizes und Parysatis zum König, der daraufhin Mithridates auf grausame Art hinrichten lässt. Indirekt ist Mithridates somit auch ein Opfer (das zweite neben dem Karer) der Rache der Parysatis.
Inhalt
Zur Datierung s. S. 238 zu Plut. Art. 15.
Datierung
16, 1–16, 7 zu Plut. Art. 15, 1–16, 7 ›
:
Siehe hierzu bereits S. 238–243 ‹.
: Man mag KÖNIG, Persika, 106f. zu16, 1 stimmen, dass dies hier nicht die Handlungen der Parysatis der PhotiosExzerpte sind, da dort Parysatis den Mitradates auf ihr Verlangen vom König ausgeliefert bekommt und ihn dann grausam töten lässt (
Quellenanalyse
Parysatis’ Wirken
), während bei Plutarch Parysatis über ihren Eunuchen den Mann an ihren Sohn ‹ ausliefert, s. hierzu S. 241 zu Plut. Art. 15, 1–16, 7, › (4.). : Plutarch berichtet, wie Mithridates durch sei16, 1 ne Version der Tötung Kyros’ des Jüngeren den König Lügen gestraft habe. Aus den königlichen Inschriften in Bisutun (ähnliche Passagen finden sich auch in der Inschrift Dareios’ I. in Naqš-i Rustam und in einer Inschrift seines Sohnes aus Persepolis – die Wiederholung, z.T. verbatim, zeigt, dass es sich um einen zentralen Aspekt der achaimenidischen Königsideologie gehandelt hat) wird indirekt ersichtlich, weshalb Mithridates und auch zuvor der namenlose Karer so schwer bestraft worden sind. Wenn diese Episode um Mithridates wahrscheinlich auch keinen historischen Wert besitzt, thematisiert sie dennoch ein Charakteristikum achaimenidischer Herrschaftsideologie: Der Großkönig ist die Verkörperung der Tugenden. Er kämpft gegen die Lüge (drauga) und für die Wahrheit (r.ta). Diese an sich moralischen Begriffe sind unter den achaimenidischen Herrschern politisiert worden, so dass jemand, der gegen die Wahrheit verstößt, sich gegen die gottgewollte und dynastisch legitimierte Herrschaft auflehnt, s. hierzu W IESEHÖFER, Persien, 58f.; K UHRT, Empire, 107; S TAUSBERG, Religion, 168f. In den Worten Dareios’ I. klingt das folgendermaßen: »Proclaims Darius, the king: You, whosoever shall be king hereafter, be on your guard very much against Falsehood (draug¯a)! The man who shall
drauga vs. r.ta
248
2. Kommentar
be a follower of Falsehood – punish him severely . . .« (DB §55; Übers. S CHMITT, Bisitun, 69) »Proclaims Darius, the king: For that reason AuraMazd¯a brought me aid and the other gods who are, because I was not disloyal, I was not a follower of Falsehood, I was no evil-doer . . .« (DB §63; Übers. S CHMITT, Bisitun, 71)
Mithridates’ Vergehen war also doppelter Natur: Zum einen hat er – jedenfalls nach der nun offiziell gültigen Version – gelogen, zum anderen dem von Ahura Mazd¯a eingesetzten Vorkämpfer der Wahrheit eine Lüge unterstellt (was Plutarch als Dummheit ansieht). Die Bestrafung durch Tötung erscheint plausibel, auch im Vergleich zur milden Bestrafung eines ›einfachen‹ Lügners, der nicht den Großkönig als Lügner bezeichnet hat, s. S. 232 ‹. Nicht plausibel zu Plut. Art. 14, 3f., › erscheint allerdings die auffällige Form der Hinrichtung (s.u.). Das Ziel des Großkönigs
Persische Strafen (4)
16, 2 : Hier expliziert Plutarch noch einmal, was er schon gesagt hat: Der Großkönig versucht, seine Version des Schlachther‹. gangs durchzusetzen, s. S. 233f. zu Plut. Art. 14, 5 › Da dies durch Bestechung nicht mehr möglich ist, greift er nun zu drastischeren Maßnahmen. 16, 2–7 : Diese Schilderung der Hinrichtung des Mithridates stammt aus dem Werk des Ktesias bzw. aus der von Ktesias abhängigen Überlieferung, da weitere – unabhängige – Belege für eine derartige oder vergleichbare Form der Folter und Tötung nicht bekannt sind. Es ist auf jeden Fall unwahrscheinlich, diese Beschreibung an der Stelle der Persika zu verorten, wo nach Photios die Hinrichtung des Mitradates erwähnt wird, da Ktesias bereits eine derartige Hinrichtung zu Beginn der Herrschaft Artaxerxes’ I. erwähnt zu haben scheint (FGrH 688, F 14 [34]) und – wenn überhaupt – dann sicherlich bereits dort genauere Ausführungen hierzu eingefügt haben wird (s. schon M ANTEY, Quellen, 15). Der dort hingerichtete Eunuch heißt nach Photios Aspamitres. JACOBS, Hinrichtungen, 5 geht von der Historizität des Beschriebenen aus, da er der Ansicht ist, dass in der damaligen Zeit die Zusammenhänge zwischen dem Anlocken der Fliegen und dem körperlichen Zersetzungsprozess nicht durchschaubar gewesen seien, diese Art der Hinrichtung und ihre ›Professionalisierung‹ also nur auf empirischen Erkenntnissen beruhen könne. Abgesehen davon, dass wir keinerlei Hinweise auf eine derartige Professionalisierung haben und es sich um eine bloße Annahme handelt, ist auch nicht zu ersehen, weshalb besondere Erfahrung hierfür nötig sein sollte. Immerhin müsste – gehen wir von der Historizität der Strafe aus – jemand ohne derartige Erfahrung diese Folter irgendwann
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 16
249
erdacht haben. Wie JACOBS, Hinrichtungen, 5f. mit der Existenz der ›Tröge‹ argumentieren kann (»Dafür mag auch sprechen, daß es überhaupt solche Tröge gab.«), ist unverständlich, da wir, abgesehen von den problematischen literarischen Belegen, keine Hinweise (z.B. Funde solcher Wannen) besitzen. Zweifel an dem historischen Gehalt erscheinen also durchaus berechtigt. Es ist naheliegend, zunächst innerhalb der Erzählung bei Plutarch Vergleiche mit dem Vergehen und der Hinrichtung des Karers/Kauniers, die Plutarch in Art. 14, 10 beschreibt, anzustellen: Beide – der Karer und Mithridates – haben sich des gleichen Vergehens schuldig gemacht (wie auch Plut. Art. 15, 1 noch einmal explizit gesagt wird), nämlich dem Großkönig eine Lüge zu unterstellen. Dieses Vergehen ist unter den Achaimeniden, die das Konzept von drauga und r.ta politisiert zu haben scheinen (s. hierzu ‹), einem Akt der Rebellion S. 247f. zu Plut. Art. 16, 1, › gleichzusetzen. Es handelt sich um ein Aufbegehren gegen die gottgewollte und legitimierte Herrschaft. Die erste Reaktion des Königs ist in beiden Fällen von Plutarch auch ähnlich dargestellt: (Plut. Art. 14, 9: »Als der König das hörte, ergrimmte (Plut. Art. 16, 1: »Der König war er sehr . . .«); aufgebracht . . .«). Auch fallen die Urteile (Tod) identisch aus. Allerdings unterscheiden sich – und das ist aus historischer Sicht höchst sonderbar, für die Dramatik einer Schilderung, die auch von Variation lebt, aber verständlich – die Formen der Hinrichtung: Den Karer will der Großkönig sogleich köpfen lassen (erst Parysatis sorgt für eine Verschärfung des Urteils durch eine Verlängerung der Qualen durch Folter), Mithridates hingegen wird zu einer anderen, extrem grausamen Todesart verurteilt. Diese ungleiche Behandlung ist auch nicht auf den zu vermutenden Standesunterschied dieser beiden zurückzuführen, wie die Hinrichtung des Eunuchen Aspamitres mit den ›Mulden‹ bei Ktesias zeigt (FGrH 688, F 14 [34], s.u.). Das Bild, das hier von den griechischen Quellen vermittelt wird, zeugt von höchster Willkür am Königshof bei der Verhängung der Strafen. Dass aber Willkür nicht immer herrschte, zeigt eine andere Passage in dieser Vita: Plutarch beschreibt die Hinrichtung einer Dienerin der Parysatis in Zusammenhang mit der Ermordung der Stateira und weist ausdrücklich darauf hin, dass es für Giftmischer bei den Persern eine besondere Form der Todesstrafe gegeben habe: Der Kopf werde zwischen zwei Steinen zerdrückt und zerschlagen (Plut. Art. 19, 9). B RIANT, Cyrus, 263 schließt aus der Existenz dieser besonderen Strafe für Giftmord, dass diese Gefahr bei den Achaimeniden ernst genommen wurde. Er impliziert gleichzeitig, dass es ein normiertes Vorgehen bei bestimmten Vergehen gab, was sicherlich nicht nur für Giftmorde galt, die kaum an der Tagesordnung gewesen sein werden. Auch JACOBS, Hinrichtungen, 12 stellt in Zusammenhang mit der Grausamkeit des Pfählens zu Recht fest: »[Es] bedarf . . . eigentlich keines
Willkür
Keine Willkür?
250
2. Kommentar
Hinweises, daß das Verhältnis von Vergehen und Strafmaß und die Vollstreckung selbst nach damaligem Verständnis nicht auf Willkür beruhten.« Er stützt seine Aussage auf dieselbe Plutarchstelle wie auch B RIANT. Im Fall des Karers und des Mithridates scheint es aber keine Norm gegeben zu haben. Stattdessen herrscht reine Willkür, der Großkönig lässt seinem Zorn freien Lauf. Da das Vergehen der beiden – wie schon gesagt – als Akt der Rebellion zu verstehen ist, wäre eigentlich nach allem, was wir aus den vorderasiatischen Quellen wissen, die Bestrafung zu erwarten gewesen, die auch schon Dareios I. an den ›Lügenkönigen‹ vollzogen hat (Verstümmelung und anschließend Pfählen), s. z.B. S. 223. zu Plut. Art. 13, 2, ‹. Besonders die Verstümmelung – vornehmlich auch das › Herausschneiden der Zunge – muss in einem solchen Fall zunächst oberstes Anliegen gewesen sein, um den Lügner zum Schweigen zu bringen und den weiteren Verstoß gegen die gottgewollte Ordnung zu unterbinden. Da die öffentliche Demütigung während des Sterbens und auch danach so entscheidend war, hat sich das Pfählen als sehr effektvolle Hinrichtungsart wohl durchgesetzt und ist sogar für die Seleukiden bezeugt, wie u.a. die Pfählungen des Molon (Pol. 5, 54) und des Achaios (Pol. 8, 23) unter Antiochos III. zeigen. In der Spätantike galt das Pfählen als die persische Hinrichtungsform überhaupt und ist noch im 6. Jahrhundert mehrfach bezeugt (z.B. Prok. Hist. 2, 11, 37f.; 2, 17, 11). Noch willkürlicher erscheint die Wahl der ›Mulden‹ für Mithridates, wenn man Plutarch verlässt und sich weitere Hinrichtungen bei Ktesias anschaut: Der Eunuch Aspamitres wird für seine Beteiligung an der Ermordung des Xerxes und dessen Sohnes Dareiaios von Artaxerxes I. ebenfalls zum Tode mit den Mulden verurteilt (Ktesias, FGrH 688, F 14 [34]). Hier findet nun wiederum diese auffällige Form der Hinrichtung statt, dieses Mal aufgrund eines Mordes an Mitgliedern des Königshauses. Dies ist zwar auch ein Akt der Rebellion, doch nehmen sich die Fälle des Karers und des Mithridates dagegen harmlos aus. Auch hier wäre als Konsequenz dieses kapitalen Deliktes nur das Verstümmeln und Pfählen als Strafe zu erwarten, wie dies z.B. auch für Bessos überliefert ist, der Dareios III. ermordet hat (Curt. 7, 5, 36–43 spricht zwar davon, dass Bessos »cruci affixus«, also gekreuzigt worden sei, dies meint aber hier sicher das Pfählen, da crux zunächst nur »runder Pfahl« bedeutet; s. P OKORNY, Wörterbuch, ›k-Erw. (s)kreu-k-‹, und von 938; auch im Griechischen werden Herodot eindeutig im Sinne von »aufspießen«, »pfählen« gebraucht [Hdt. 9, 78], später in christlichem Kontext aber auch für das Kreuzigen verwendet [Lukian. Peregr. 11]). Gerade der gute Informationsstand, über den Alexander hier verfügt, zeigt erneut, dass das Pfählen keine wilkürliche Strafmaßnahme, sondern das übliche Verfahren bei Rebellion war (so auch JACOBS, Hinrichtungen, 10). Zum Pfählen und anderen Hinrichtungsarten s. V ILLE -
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 16
251
NEUVE, Grausamkeit, 88–92. Das Pfählen für den Mord an einem Mitglied der Königsfamilie kennt auch Ktesias, der die Mutter Artaxerxes’ I., Amestris, den Inaros für die Ermordung ihres Sohnes Achaimen(id)es pfählen lässt (FGrH 688, F 14 [39]). Aber Ktesias kennt noch eine weitere ausgefallene und in ihrer Bedeutung heute umstrittene Form der Hinrichtung für Rebellion: das ›In-dieAsche-werfen› (z.B. FGrH 688, F 16 [63]; zu dessen möglicher Bedeutung s. KÖNIG, Persika, 85–88; neuerdings JACOBS, Hinrichtungen). So sind nun vier Hinrichtungsarten nach den griechischen Quellen für Illoyalität bekannt (Pfählen, Köpfen, ›Trogen‹ und ›In-die-Asche-werfen‹), wobei gerade die letzten beiden aufgrund des betriebenen Aufwandes und der mehr als problematischen Überlieferungslage extrem auffällig erscheinen. Vorderasiatische Quellen berichten hingegen konstant von einer anderen Form der Bestrafung für Illoyalität auf: das Pfählen. Der auch hier bei Plutarch deutlich zu greifende willkürliche Wechsel der Hinrichtungsarten deutet nicht auf deren Historizität hin, sondern zeigt viel eher, dass hier griechische Vorstellungskraft am Werk war, entspricht dieses Bild des willkürlichen Großkönigs doch den griechischen Vorstellungen des gewalttätigen Despoten. ROLLINGER, Herodotus, 139–143 hat gezeigt, dass bei Herodot die Verbindung von Despotismus, Graumsamkeit und physischer Gewalt als integraler Bestandteil einer Vorstellung von Grenze nicht so sehr zwischen Ost und West, als vielmehr zwischen politischen Systemen (Autokratie vs. Freiheit) dient, so dass eben auch griechische Tyrannen das gleiche Verhalten wie die persischen Großkönige zeigen können. Dieses Konzept ist wiederum keine Erfindung Herodots, sondern findet sich bereits in den frühesten griechischen Schriften (B ICHLER, Wahrnehmung). Allerdings kennen wir auch andere Berichte, die zeigen, dass im Perserreich Gerichtsverfahren abgehalten wurden, aus deren Ablauf sich der Großkönig herausgehalten hat. So beschreibt Plutarch selbst in dieser Vita einen solchen Prozess gegen Dareios, den Sohn Artaxerxes’ II., der sich gegen seinen Vater erhoben hatte und schließlich auch zum Tode verurteilt und geköpft wurde (Art. 29; auch dies ist eine Abweichung von der üblichen Bestrafungsform bei Rebellion, die vielleicht – weil ein Mitglied des Königshauses betroffen war – geändert wurde. Herodot berichtet aber, dass unter Xerxes Sataspes, der Sohn von dessen Tante, wegen einer Vergewaltigung gepfählt worden sei (Hdt. 4, 43); auch die Zugehörigkeit zur achaimenidischen Dynastie scheint nicht vor dieser Strafe geschützt zu haben). Diodor beschreibt ferner einen Prozess gegen Tiribazos, der von Orontes des Hochverrates bezichtigt wurde. Die vom König eingesetzten königlichen Richter entschieden schließlich, dass dieser unschuldig sei (Diod. 15, 8, 3–5). Ausführlich zu den von Plutarch erwähnten persischen Strafen und zu einer weiteren Bewertung ihrer Historizität s. B INDER /ROLLINGER, Strafen.
Artaxerxes 17 Inhalt
Plutarch berichtet in diesem Kapitel, wie der Großkönig in einem Würfelspiel den Eunuchen, der den Leichnam des Kyros verstümmelt hat, an seine Mutter Parysatis verliert. Diese lässt ihn daraufhin auf grausame Art hinrichten. Die Gemahlin des Königs, Stateira, tritt hierauf erneut in deutliche Opposition zur Königinmutter.
Datierung
Eine Datierung dieser Anekdote mit nur zweifelhaftem historischen Gehalt ist nicht möglich – natürlich kann sich dieser Vorfall aber erst nach der Schlacht von Kunaxa ereignet haben.
Quellenanalyse
Vergleich zu Plut. Art. 18
17, 1–9 : Auch dieses Kapitel gilt – genau wie die vorhergehenden – in der Forschung als rein ktesianisch. Da man dies offenkundig für evident hält, wird hierüber auch kaum diskutiert. Die einzige Ausnahme bildet erneut KÖNIG, Persika, 106f., dem ich in seinem Ergebnis, häufig aber nicht in seiner Argumentation folge. Plutarchs Bericht über das Würfelspiel lässt sich scheinbar ohne Schwierigkeiten mit dem Hergang, den Photios uns überliefert, in Einklang bringen (FGrH 688, F 16 [66]). Nach dem wissenschaftlichen Sparsamkeitsprinzip erscheint Ktesias somit als alleinige Vorlage plausibel. Diese Meinung lässt aber einige Gesichtspunkte außer Acht: 1. Sollte Plutarch hier tatsächlich Ktesias folgen, würde er von seiner bisher gezeigten Arbeitsweise abweichen. Plutarchs evidente Abneigung gegen Ktesias’ Persika äußert sich in bestimmten Verhaltensmustern, die immer wieder deutlich in der Vita des Artaxerxes zu finden sind. Ein Blick auf das folgende Kapitel (Plut. Art. 18) zeigt erneut deutlich, wie Plutarch die Nutzung der Persika des Ktesias in seinem Werk kenntlich macht. Er bezieht sich dort explizit etliche Male auf Ktesias als Quelle und gipfelt dann in einer deutlichen Kritik an dessen allzu dramatischer und klearchosfreundlicher Darstellung (s. hierzu ausführlich S. 260f. zu Plut. Art. 18, 1–8, › ‹). Will man Plutarch nicht vollkommene Beliebigkeit in seiner Arbeitsweise unterstellen, ist es kaum verständlich, weshalb er in Kap. 17, wenn es dann ebenso vollständig aus Ktesias geschöpft sein sollte, anders verfährt. 2. Erneut sei hier auf die veränderte Reihenfolge des ›Rachefeldzuges‹ der Parysatis bei Plutarch und Photios hingewiesen. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass Plutarch in seine Vorlage eingegriffen hat (s. ‹). hierzu bereits S. 230 zu Plut. Art. 14, 1–10, ›
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 17
253
3. Wie gesagt, wird diese Szene auch kurz bei Photios berichtet, nur nennt dieser den Eunuchen (Bagapates; Ktesias, FGrH 688, F 16 [66]), was – wie S CHMITT, Iranier-Namen, 61 und neuerdings ders., Anthroponyme, 156f. zeigt – der altiranischen Ausgangsform *Baga-p¯ata- (»von Gott/den Göttern beschützt«), die zwar nicht direkt belegt, aber durch die reichliche Nebenüberlieferung gesichert ist, näher steht (zur Nebenüberlieferung des Namens s. dens., Nachlese, 8f., und dens., Aischylos, 42). Mit demselben Namen belegt Photios auch noch einen Eunuchen zur Zeit des Kambyses, der den Leichnam Kyros’ des Großen nach Persien überführt haben soll (FGrH 688, F 13 [9]). Es liegt hier eine eindeutige Abweichung in der Namensform zwischen Plutarch und Photios vor, wobei sich die beschriebenen Ereignisse vereinbaren lassen, so dass von einer personellen Identität von Photios’ Bagapates und Plutarchs Masabates auszugehen ist.
Masabates/ Bagapates
Zu diesen beiden Namensformen tritt noch eine dritte, da die geläufigere Form dieses Namens im Griechischen (Megabates) ist. So spricht schon Aischylos von einem persischen Feldherren Megabates (Pers. 22. 983), Herodot erwähnt einen Vetter Dareios’ I. mit diesem Namen (Hdt. 5, 32–35), und auch Xenophon nennt einen Sohn des Spithridates mit Namen Megabates (hell. 4, 1, 28; Ag. 5, 4; auch die Hell. Oxyrh. kennen diesen Megabates: 24, 4). Dies sind alles Beispiele (s. auch Diod. 11, 12, 2 und Strab. 9, 2, 9) für eine Variante des Namens Bagapates. Die Wiedergabe des altiranischen -, vermutlich über das lykische Maga-, Baga- durch griechisch gilt als gesichert (S CHMITT, Nachlese, 8–11; sowie S CHMITT, Wiedergabe, 127f.). Der Name Magabata (nachgewiesen in einer lykischen Inschrift; N EUMANN, Kleinasien, 186) wurde also an die echt- angeglichen. griechischen Namen auf
Megabates
L ENFANT, Ctésias, 274, Anm. 629 ist der Ansicht, dass Plutarchs ›Masabates‹ Ktesias’ ursprüngliche Namensform wiedergebe und Photios vom ursprünglichen Text abweiche. Sie stützt dies einerseits damit, dass Plutarch aus Ktesias auch die richtigen Namen der jüngeren Brüder des Artaxerxes und des Kyros geschöpft habe (Oxathres und Ostanes), die bei Photios fehlerhaft seien. Dies ist aber, wie oben gezeigt, nicht korrekt: Diese Namen hat Plutarch nicht aus Ktesias’ Werk genommen (dort standen mit großer Sicherheit die von Photios überlieferten Namen ›Oxendras‹ und ›Artostes‹), sondern aus einer anderen Quelle, s. hierzu ausführlich S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, ‹. Ferner führt sie an, dass Photios von › spreche, obwohl Ktesias nach Stephanos von Byzanz wohl gesprochen hat (s. S. 93, ebendort). Aber korrekter von
Ktesias’ Form?
254
2. Kommentar
eben dieses ›Agbatana-Argument‹ kann hier nicht verfangen, da Photios’ Bagapates eben die lautlich präzisere Form darstellt. Sie argumentiert in beiden Fällen mit der notorischen Unzuverlässigkeit des Photios, die – wie nebenbei schon öfter im Kommentar gezeigt wurde –, abgesehen von eben diesem ›Agbatana-Beispiel‹ und einigen eindeutigen Namensvertauschungen (z.B. Artaxerxes zu Xerxes), nicht vorliegt. So führt Photios eben auch die lautlich korrekte Ableitung ›Mitradates‹ statt des gemeingriechischen ›Mithridates‹, das z.B. ‹; auch Plutarch verwendet (s. S. 207f. zu Plut. Art. 11, 5, › Eingriffe Plutarchs in seine Vorlagen, so eben auch in das onomastische Material, sind leicht zu belegen). Ferner ist der von Photios überlieferte Name bestens bezeugt, während Plutarch mit Masabates eine vollkommen isolierte Form liefert (z.B. S CHMITT, Anthroponyme, 163f.). Photios gibt also – wenn man ihm nicht vollkommen unplausibel unterstellt, dass er Ktesias wirklich verbessert habe – eindeutig die ursprüngliche Version des Namens. Plutarchs Quelle
Es sind sehr viele Hypothesen aufgestellt worden, woher Plutarchs Schreibweise dieses Namens stammt, wobei keine der vorgeschlagenen Lösungen erklärt – und vor allem dies muss hier im Vordergrund stehen –, warum Plutarch von Ktesias’ Version, die nun sicher bei Photios überliefert ist, vollkommen unmotiviert abgewichen sein soll. An einen Schreibfehler bzw. an Textverderbnis von ›Bagapates‹ zu ›Masabates‹ ist kaum zu denken (drei Verschreibungen); ferner zeigt das Engagement der vorderasiatischen Onomastik, den Namen Masabates zu deuten, dass die communis opinio ihn als in irgendeiner Form ›korrekte‹ Namensform ansieht. S CHMITT, Anthroponyme, 163f. liefert einen Überblick über die bisher gebotenen Lösungen, wobei W ERBAs Vorschlag durchaus tragfähig erscheint (Personennamen, 266, Nr. 192), dass es sich hierbei um eine anatolisch-iranische Hybridform *Masa-p¯ata- handele. Es liegt also nicht nur eine Identität der Personen bei Plutarch und Photios vor, sondern auch eine Identität der Namen, allerdings in deutlich unterschiedlichen Ableitungen. Dies steht keineswegs gegen M ARQUARTs Vermutung, dass Plutarch hier einer anderen Quelle gefolgt sein müsse (hier mit M AR QUART , Assyriaka, 620 Dinon zu vermuten mag naheliegen, ist allerdings nicht zu beweisen; dagegen jüngst S CHMITT, Anthroponyme, 163 und auch ders., Namen, 10, der der Ansicht ist, dass dies eine »Ad-hoc-Annahme« sei, die jeder Stütze entbehre, was aber m.E. aufgrund der bisherigen Ergebnisse auch dieser Arbeit nicht der Fall ist). Nimmt man, nach M ARQUART, Dinon als Vorlage an, muss aber klar sein, dass er hier nicht Plutarchs einzige Quelle gewesen sein kann, da in seiner Schilderung Stateira bereits vor der Schlacht von Kunaxa
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 17
255
ermordet worden ist (Plut. Art. 6, 8f.). Da sie hier aber noch eine Rolle spielt (Plut. Art. 17, 4 und besonders 17, 9), ist die einzig plausible Deutung, dass Plutarch wieder Quellen kontaminiert hat. Wichtig ist also: Offensichtlich hat Plutarch hier nicht Ktesias als einzige Vorlage genutzt (auch wenn H AUG, Quellen, 95 noch meinte, dass die Formen Bagapates und Masabates beide in Ktesias’ Persika vorgekommen sein müssten, worauf aber jeder Hinweis fehlt), sondern wohl noch weitere nicht genannte Quellen einfließen lassen und somit kontaminiert. Erneut lässt sich über das Maß dieser Einarbeitungen nichts sagen. Dieses kleine Beispiel verdeutlicht, dass der Schaffensprozess der Biographien Plutarchs nicht zu einfach gedacht werden darf. Abgesehen von diesen Punkten stimmen Plutarch und Ktesias (bei Photios) in den wesentlichen Grundzügen der Geschichte des Todes des Eunuchen überein, was aber nicht bedeuten muss, dass Ktesias ansonsten die Vorlage für diese Erzählung war, vor allem, wenn man berücksichtigt, wie kurz das Photios-Exzerpt ist. Wie noch zu zeigen ist, stimmen Ktesias und Dinon bis in Details in der Erzählung von der Ermordung der Stateira überein, so dass davon auszugehen ist, dass beide auch anderswo ähnliche Berichte geliefert haben. Aus dem spärlichen Material lassen sich bisher zwei Arbeitsweisen Dinons erkennen: 1. Er liefert ähnliche, nur in Details plausibler wirkende Darstellungen als Ktesias. Nur in den Namen bestimmter Randfiguren und im Handlungsablauf weichen beide voneinander ab (s. z.B. Plut. Art. 19). Dies bedeutet nicht, dass Dinons Darstellung eine höhere Dignität zuzubilligen ist, da sein Bericht wohl als Gegenfolie zu Ktesias’ Werk konstruiert ist. 2. Dinon lehnt sich an eine Autorität an und folgt dieser (z.B. Xenophon für den Schlachtverlauf bei Kunaxa), um sich so von Ktesias abzusetzen, s. hierzu bereits S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹. Aufgrund des Überlieferungsausfalls lässt sich hier erneut kein eindeutiges Ergebnis erzielen, aber die einfache Annahme, dass Ktesias hier Vorlage war, ist u.a. aufgrund der Abweichung im Namen sehr unwahrscheinlich. Sollte eine Abweichung zwischen Dinon und Ktesias wie im Falle der Ermordung der Stateira bestanden haben, ist natürlich erstaunlich, weshalb Plutarch diese hier nicht gegenüberstellt. Denkbar ist, dass dieser Fall eines Eunuchen für Plutarch nicht genügend Relevanz besaß, um Alternativversionen hervorzuheben. Vielleicht hat er einfach beide Berichte stillschweigend angeglichen.
Quellenkontamination
256 Das letzte Ziel?
Masabates
Der Einsatz: Masabates
2. Kommentar
17, 1 : Masabates ist nach Plutarch das letzte Ziel der Rache der Parysatis – dies stimmt aber nur bedingt, da auch Stateira und Tissaphernes Parysatis’ Agitationen zum Opfer fallen. Plutarch könnte hier die Rache für die direkte Tötung und postume Erniedrigung ihres geliebten Sohnes Kyros meinen. Die Feindschaft zwischen Parysatis und Tissaphernes, die Plutarch auch noch einmal explizit erwähnt (Plut. Art. 23, 1), mag auf dessen Rolle im Vorfeld der Schlacht von Kunaxa zurückgeführt werden. Schließlich soll er Kyros zu Beginn der Regierungszeit Artaxerxes’ II. angeklagt haben, einen Anschlag auf das Leben des Großkönigs zu planen ‹), und auch (s. hierzu S. 112f. zu Plut. Art. 3, 1–6, › später Kyros’ Rüstungen an den Großkönig verraten haben (s. hierzu aber ‹). S. 134–136 zu Plut. Art. 4, 3, › : Masabates ist nach Plutarch einer der Eunuchen des Großkönigs und soll der Leiche Kyros’ des Jüngeren nach der Schlacht bei Kunaxa die rechte Hand und den Kopf abgeschlagen haben (Plut. Art. 13, 2; s. ‹); s. hierzu aushierzu S. 222–224 zu Plut. Art. 13, 2, › führlich oben, S. 252–255 zu Plut. Art. 17, 1–9, › ‹. 17, 3–7 : S TEVENSON, Persica, 74f. weist zwar darauf hin, dass hier eine Adaption eines gängigen Motives in Sagen und Märchen vorliegt (s. T RENKNER, Novella, 140f.; zum Spiel um sehr hohe Einsätze und um noch höhere Einsätze bei der Revanche, s. auch T HOMPSON, Motif-Index, N0-N99 und K2378.1), zieht daraus aber nicht den Schluss, dass diese Erzählung deshalb erfunden sein muss: »but dice games are common in stories for the same reason that plots at night are, that is because they are common in reality.« (zu der Frage, ob Attentate wirklich häufiger nachts begangen wurden, s. S. 349f. zu Plut. Art. 29, ‹). Ferner sei Ktesias immerhin am Hofe ge1, › wesen und habe keinen Grund gehabt, diese Geschichte zu erfinden, da er selbst nicht involviert gewesen sei. Letzte Sicherheit ist – wie immer – nicht zu gewinnen: Natürlich könnte der Großkönig tatsächlich in einem Würfelspiel einen seiner Eunuchen an seine Mutter verloren haben. Allerdings ist der Sachverhalt doch nicht so einfach, wie S TEVENSON es darstellt. Aber abgesehen davon, dass es kaum vorstellbar ist, dass derartige Spieleinsätze tatsächlich üblich waren, sind Gründe für eine Erfindung durch Ktesias denkbar, da zum einen nicht alle seine sagenhaften Geschichten mit ihm selbst zu tun haben müssen (so z.B. die Umstände des Todes Kyros’ des Jüngeren, die Erzählung um den Grabhügel des Klearchos oder das Motiv für die Ermordung der Stateira als Rache für den Tod des Klearchos), zum anderen sich diese Erzählung in Ktesias’ sicherlich unhistorisches Konzept der
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 17
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»grausamen Frauen« am Königshof sehr gut einpasst (darüber, dass hierfür Hinweise außerhalb der griechischen Überlieferung fehlen und der Einfluss der königlichen Frauen auf politische und juristische Entscheidungen unhistorisch ist, ist bereits gesprochen worden, s. S. 171 zu Plut. Art. 6, 8, › ‹). Beide Punkte müssen unter dem Aspekt betrachtet werden, dass Ktesias offensichtlich sein griechisches Publikum mit furiosen Geschichten über den dekadenten persischen Königshof unterhalten wollte: Hierfür ist das Würfelspiel der Parysatis sicherlich ein Glanzstück. Dieses Kapitel ist ein für das griechische Publikum konzipiertes Sittengemälde des orientalischen Hofes. Dass dieser Beschreibung in der Forschung überhaupt ein Quellenwert zugesprochen wird, zeugt davon, dass auch heute noch die Sicht auf den Orient von den griechischen Quellen bestimmt wird bzw. dieses Bild des Orients sich bis auf die antike griechische Überlieferung zurückverfolgen lässt. Es ist also Vorsicht geboten, nicht der abendländischen Tradition des Vorurteils gegenüber dem despotisch-orientalischen Tyrannen aufzusitzen, die bereits seit der Antike besteht, aber auch in jüngster Zeit immer wieder belebt wird. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der großkönigliche Hof der Achaimenidenzeit grausamer und despotischer gewesen ist als viele andere Monarchien der Geschichte. Diese von Plutarch überlieferte Episode fügt sich in die bereits oben gezeigten Beobachtungen ROL LINGER s zu Herodots Bild der grausamen Tyrannen ein (s. S. 251 zu Plut. ‹). Art. 16, 2–7, › 17, 5 : Hier gibt Plutarch erneut einen historisch korrekten Hinweis auf die Finanzkraft der Frauen des Königshauses, s. hier‹. Natürlich lässt zu bereits S. 133f. zu Plut. Art. 4, 1, › sich die Summe von 1000 Dareiken nicht sinnvoll auf heutige Verhältnisse übertragen (bzw. ist es fraglich, ob diese Summe – wie eben auch die gesamte geschilderte Episode – überhaupt historisch ist), aber immerhin stimmt es, dass die Frauen des Königshauses über eigene finzanzielle Ressourcen verfügten. Die genannte Summe ist übrigens, wenn wir Xenophons Angabe zum Monatssold eines einfachen Söldners folgen (an. 1, 5, 6), immens, da ein Mietsoldat im Monat einen Dareikos (nach einer Erhöhung durch Kyros den Jüngeren 1 1/2 Dareiken) erhielt. : Photios erwähnt zwar nicht, 17, 7 dass der Eunuch auf drei Pfähle aufgespießt worden sei. Dies bedeutet aber keineswegs, dass es nicht bei Ktesias gestanden haben kann, da Photios an anderer Stelle berichtet, dass Amestris aus Rache für ihren Sohn (!) Inaros auf eben drei Pfählen pfählen ließ (Ktesias, FGrH 688, F 14 [39]). Es handelt sich hier also keineswegs um eine Abweichung, die ins Gewicht fällt, son-
Die Finanzkraft der Frauen
Persische Strafen (5 und 6)
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2. Kommentar
dern vielleicht um eine Auslassung/Kürzung durch den Exzerptor (s. S MITH, Study, 35). Die hier beschriebene Strafe besteht aus zwei getrennten Prozeduren: Schinden (Häuten) und Pfählen (zum Pfählen s. bereits S. 248–251 zu Plut. ‹). Medizinisch betrachtet, führt das AbArt. 16, 2–7, › ziehen der Haut (Schinden) zu bakteriellen Infektionen und zu einer starken Auskühlung des Körpers. Der Schmerz und Stress können zu Kammerflimmern und Herzversagen führen. Der Blutverlust wird eher eine Nebenrolle gespielt haben (s. JACOBS, Hinrichtungen, 15). Der Eunuch wird also sicherlich schon vor dem Pfählen den Tod gefunden haben. Als Strafe ist das Schinden schon vor den Achaimeniden in Babylonien und im assyrischen Reich belegt; so wurden auch gegnerische Anführer bestraft, deren Haut dann auf die Stadtmauer gespannt wurde (s. M EISSNER, Babylonien, 112). Der griechisch-römischen Welt war das Schinden als reale Strafe nicht mehr bekannt. Nur im Mythos kannte man es noch (so bestrafte Apollon den Satyr Marsyas, Ov. met. 6, 382–395; s. S CHEMPF, Schinden, 1–5). Herodot berichtet davon, dass Kambyses den Richter Sisamnes wegen Bestechlichkeit habe häuten lassen (Hdt. 5, 25). Dass der geschundene Eunuch Bagapates/Masabates anschließend noch gepfählt wird, ist auffällig, da aus dem vorderasiatischen Kontext zwar das Ausspannen der Haut (z.B. des feindlichen Heerführers auf der Stadtmauer) belegt ist, nicht aber das zusätzliche Pfählen des Opfers. Auch Herodot (s.o.) scheint eine entfernte Kenntnis davon gehabt zu haben, dass es nicht nur oder in erster Linie um die Marter beim Schinden, sondern auch um die Zurschaustellung der Haut danach ging (so wurde der Richterstuhl des korrupten Richters Sisamnes mit den Streifen seiner Haut bespannt und sein Nachfolger, sein Sohn Otanes, musste darauf richten; ein ähnlicher Bericht über die Bestrafung korrupter Richter: Diod. 14, 10). Nach der Vorstellung einiger christlicher Autoren praktizierten auch noch die Sasaniden das Schinden an gegnerischen Heerführern: Das prominenteste Opfer ist sicherlich Kaiser Valerian, s. Lakt. mort. pers. 5 (allerdings erst post mortem); en detail beschreibt Agathias 4, 23 dessen Schindung. Allerdings neigen einige der griechisch-römischen Quellen dazu, die Grausamkeit Š¯aburs I. zu überzeichnen, wobei aber zumindest Laktanz’ Bericht auf einer Tradition beruht, die breiter bezeugt ist; zum Schinden bei den Sasaniden s. auch Amm. 23, 6, 80; Zon. 13, 5, 26; Joh. Ant. F 178, 1; ausführlich äußert sich hierzu B LECKMANN, Reichskrise, 107–114. Die Passivität
17, 9 : Dieses Bild des Großkönigs findet sich oft in Plutarchs Vita: Artaxerxes ist wieder einmal passiv und reagiert nicht angemessen auf die Situation, in diesem Fall den Affront seiner Mutter Parysatis (ebenso Plut. Art. 2, 1; 4, 4; 7, 1–4; 10, 1–3).
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Anstelle der erforderlichen Reaktion des Großkönigs stellt sich Stateira in Opposition zu ihrer Schwiegermutter. Diese Szene mag aus Ktesias’ Persika geschöpft sein, da Stateira, nach Dinon, bereits während der Schlacht von Kunaxa ermordet worden sein soll. Das Bild, das Plutarch hier zeichnet, entspricht erneut dem gängigen Klischee des persischen Hofes: Ein schwacher, aber grausamer Tyrann ist dem Ränkespiel zweier Frauen hilflos ausgeliefert (so schon Plut. Art. 6, 7–9; 17, 4). Der Machtkampf gipfelt im Gifttod der Stateira auf Veranlassung der Königinmutter.
Artaxerxes 18 Inhalt
Nach der hinterhältigen Gefangennahme der griechischen Söldnerführer durch Tissaphernes gelingt es Ktesias, eine freundschaftliche Beziehung zu Klearchos aufzubauen, dessen Haftbedingungen er mit Hilfe der Parysatis verbessern kann. Artaxerxes lässt auf Betreiben seiner Gemahlin Stateira die Griechen hinrichten, was Parysatis nach Ktesias zum Mordplan gegen ihre Schwiegertochter veranlasst haben soll. Dies, wie auch die Beschreibung der wundersamen Bestattung des Klearchos, verwirft Plutarch als eindeutige dramatische Übertreibung des Ktesias.
Datierung
Die hier beschriebenen Ereignisse fanden kurze Zeit nach der Schlacht von Kunaxa statt. Folgt man Xenophons Schilderung, sind die Führer des griechischen Söldnerkontingentes etwas über einen Monat nach der Schlacht von Tissaphernes gefangen genommen worden. Sie wurden dann der großköniglichen Gerichtsbarkeit überantwortet und hingerichtet (Xen. an. 2, 5). Angaben zum weiteren zeitlichen Ablauf sind nicht zu geben, da Xenophon hierüber wohl die Kenntnisse fehlten.
Quellenanalyse
: Dieses Kapitel ist 18, 1–8 ein Musterbeispiel für Plutarchs Umgang mit Ktesias’ Persika. Unbestritten kann festgestellt werden, dass Plutarch sämtliche Informationen aus dieser Vorlage geschöpft hat (ausgenommen mag vielleicht der erste Satz sein, der inhaltlich auf Xenophons Bericht in der Anabasis zurückgehen könnte, aber nicht muss). Für das Ende des Klearchos und der übrigen Feldherren konnte Plutarch wohl auf keine weitere Quelle zurückgreifen, und Ktesias hat – wie auch die Photios-Exzerpte zeigen – besonders über die Geschehnisse um Klearchos ausführlich berichtet (FGrH 688, F 27 [68f.]). Zum Quellenwert dieser Erzählung mag schon hier angemerkt werden, dass sie allzu sehr das auch von Plutarch bemängelte Bemühen des Ktesias offenbart, sich selbst und seine Taten in den Vordergrund zu spielen (Plut. Art. 13, 7); außerdem stehen einige Informationen durchaus im Widerspruch zu Xenophon (zum Quellenwert s. u.a. unten S. 261f. zu Plut. Art. 18, 1, › ‹, S. 263 zu Plut. Art. 18, 5, › ‹ oder auch ‹, sowie die S. 265f. zu Plut. Art. 18, 7–8, › weiteren Einträge zu diesem Kapitel). Die parallele Überlieferung zu Plutarchs Bericht in den stark gekürzten Exzerpten des Photios reicht aber – wie im Verlauf des Kommentars immer wieder deutlich wird – nicht aus, diese Passage eindeutig Ktesias als einziger Vorlage zuzuweisen. Hierfür sind andere Punkte zu nennen, die diesem Kapitel eben nahezu Mustergültigkeit zukommen lassen:
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1. Plutarch zeigt dem Leser überdeutlich durch beständige Verweise auf seine Quelle, dass er Ktesias als Vorlage nutzt. So nennt er ihn namentlich in diesem Kapitel zweimal und bezieht sich etliche Male , , ), so dass dem Leser immer indirekt auf ihn ( klar ist, dass Plutarch hier Ktesias’ Schilderung nacherzählt. 2. Am Ende des Kapitels kritisiert Plutarch Ktesias’ Arbeitsweise deutlich (hier seinen Hang zu übermäßig dramatischer und einseitiger Darstellung, wobei die schon in Art. 13, 7 angebrachte Kritik, dass Ktesias Gelegenheiten suche, vielleicht besser gesagt: schaffe, in denen er sich selbst als Akteur zeigen könne, auch hier treffen würde). Dies ist schon aus anderen Passagen der Vita bekannt, in denen Plutarch auch nur Ktesias als Vorlage zur Verfügung hatte (Plut. Art. 1, 4; 6, 9; 13, 4). Schon die in Plut. Art. 13, 5–7 geäußerte Kritik war auffällig, da Plutarch dort einen ›Nebenkriegsschauplatz‹ eröffnet hat. Hier nun bleibt Plutarch beim Thema, führt dafür aber gleich zwei Beispiele für Ktesias’ unhaltbare Arbeitsweise an. Zweifelsfrei ist hier also der communis opinio zuzustimmen. Gleichzeitig liefert dieses Kapitel aber auch ein gewichtiges Argument dafür, dass eben diese allgemeine Forschungsmeinung zu den vorherigen Kapiteln falsch ist. Wenn man Plutarch nicht vollkommene Beliebigkeit in der Ausarbeitung dieser Vita unterstellen möchte (sollte man dieses tun, wäre der Quellenwert der gesamten Vita ebenfalls mehr als zweifelhaft), muss es Gründe geben, weshalb Plutarch hier und an einigen anderen Stellen (s.o. zu 2.) so deutlich seine Vorlage offenbart und sich in einem weiteren Schritt von ihr distanziert. Es ist nicht zu erkennen, weshalb Plutarch sich in anderen Kapiteln (so z.B. 12–17, die nach der communis opinio vollständig aus Ktesias’ Persika stammen sollen) eben dieser Vorlage gegenüber so eindeutig anders verhalten haben soll. Es bleibt m.E. hier nur die Möglichkeit, eben diesen Status des Ktesias als alleinige Vorlage in diesen Kapiteln mit guten Gründen und gestützt auf mancherlei Indizien in Zweifel zu ziehen, auch wenn Photios’ Exzerpte in ihrer immensen Kürze prima facie einen anderen Eindruck vermitteln. : Xenophon beschreibt im 18, 1 zweiten Buch seiner Anabasis die Geschehnisse direkt im Anschluss an die Schlacht bei Kunaxa. Die Griechen sind zwar als Sieger aus dem Gefecht hervorgegangen, aber die Sache, für die sie gekämpft haben (Usurpationsversuch des Kyros), ist durch den Tod Kyros’ des Jüngeren gescheitert. Tissaphernes gelingt es schließlich durch Bruch der Eide, die zwischen ihm und den griechischen Söldnerführern geschlossen worden sind (an. 2, 3, 26–29),
Verrat
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Klearchos’ Schicksal
Ein Kamm
2. Kommentar
diese gefangen zu nehmen und dem Großkönig auszuliefern (an. 2, 5, 31f.; s. auch Diod. 14, 25–27). Ktesias berichtet, wie sowohl hier aus Plutarch als auch aus den Exzerpten des Photios (FGrH 688, F 27 [68f. u. 71]) ersichtlich ist, dass Klearchos mit den übrigen gefangenen Söldnerführern (Proxenos, Menon, Agias und Sokrates nach Xen. an. 2, 5, 31) in Ketten zum Großkönig nach Babylon geschickt worden sei. Dies widerspricht aber dem Bericht Xenophons, dass Klearchos sogleich den Tod gefunden habe (an. 2, 5, 38). S TEVENSON, Persika, 73 meint zwar, dass dieser Widerspruch auf Xenophons Desinteresse am weiteren Schicksal der Söldnerführer nach dem Verrat zurückzuführen sei. Natürlich könnte diese Nachricht der sofortigen Exekution des Klearchos von Xenophon erdacht sein, um eine Wissenslücke zu überdecken, doch erscheint dies kaum plausibel, da bei ihm nur Klearchos hingerichtet wird, während er zu berichten weiß, dass die übrigen Feldherren zum Großkönig geschickt und erst dann hingerichtet worden seien (an. 2, 6, 1; über die Art der Hinrichtung konnte Xenophon wohl nur spekulieren, eine Enthauptung scheint aber bei unserer Kenntnis der Bestrafungspraktiken bei Rebellion unwahrscheinlich, das Pfählen sehr viel wahrscheinlicher, s. hierzu S. 250f. ‹). Hier nun zu Xenophons zu Plut. Art. 16, 2–7, › Beschreibung Ktesias’ Bericht hinzuzufügen, obwohl es in einem zentralen Punkt, nämlich dem Schicksal des Klearchos, einen deutlichen Widerspruch gibt, heißt methodisch fragwürdig Quellen zu harmonisieren (Addition). Da Ktesias’ Bericht in Widerspruch zu einer Quelle mit durchweg hohem Wert steht, zudem – wie auch Plutarch feststellt – in einer unglaubwürdigen Erzählung die Hinrichtung des Klearchos zum Mordmotiv für Parysatis erhebt und dann in einer sagenhaften Schilderung des Grabes des Klearchos gipfelt, ferner allzu offensichtlich darauf angelegt ist, die Person des Ktesias in den Vordergrund der Erzählung zu rücken und dessen enge Beziehung zur Königinmutter Parysatis hervorzuheben (hier ist auch Plutarchs Einwand zu beachten, Art. 13, 7), muss ihm mit allergrößter Skepsis begegnet werden. Selbst wenn man den Quellenwert der xenophontischen Anabasis in diesem einen Punkt bezweifelt, bleibt m.E. nur die Feststellung übrig, dass über das Schicksal des Klearchos nach dem Verrat durch Tissaphernes nichts zu sagen ist. : Nach Ktesias’ Aussage hat sich Klearchos 18, 1f. von ihm einen Kamm erbeten. Da die Spartiaten der Haarpflege größten Wert beimaßen (s. hierzu auch L INK, Sparta, 13f.), wie in der griechischen Welt bekannt war (Hdt. 7, 208), ist dies keine besonders ungewöhnliche Bitte. Hierin mag ein Hinweis auf eine prospartanische Tendenz des Ktesias erkannt werden, der sich als Sympathisant konservativer spartanischer Lebens-
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weise zu zeigen scheint, wie sie ihm Plutarch auch unterstellt (Plut. Art. 13, 7; zu Ktesias und Sparta s. E CK, Vie, 416; kurz T UPLIN, Doctoring, 308). 18, 2 : Diese Episode erscheint mit Blick auf das Ende der Persika des Ktesias konstruiert zu sein. Ktesias’ Reise nach Griechenland, der folgende Prozess und seine Freilassung bilden nach einer kurzen Notiz des Photios wohl den Abschluss des historisch-narrativen Teils des ktesianischen Werkes (FGrH 688, F 30 [75]). Die Interpretation dieser Passage ist zwar umstritten, es hat sich aber wohl um einen Prozess gegen Ktesias vor lakedaimonischen Gesandten auf Rhodos gehandelt (so auch E CK, Vie, 422–427 und D ORATI, Ctesia, 45f.; dagegen L ENFANT, Ctésias, XIXf.), der mit einem Freispruch endete. Dass Klearchos’ Siegelring hier als Zeugnis einer progriechischen und prospartanischen Haltung des Ktesias gedient haben mag, ist gut vorstellbar, aber natürlich reine Spekulation. : Karyatiden sind überwiegend langgewandete weibliche Figuren, die zum einen in der Ornamentik (s. den von Plutarch erwähnten Ring), zum anderen hauptsächlich als Stützfiguren in architektonischem Kontext auftauchen. Vitruv leitet den Begriff, der für das Griechische erst für das 4. Jahrhundert v.Chr. belegt ist (Lynkeus bei Athen. 6, 241Df.), vom peloponnesischen Ort Karyai ab, in dem sich ein Heiligtum der Artemis befunden hat (Vitr. 1, 1, 5). Die Forschung ist sich daher weitgehend einig, dass es sich bei den dargestellten Karyatiden um Tänzerinnen (wie auch von Plutarch erwähnt) zu Ehren der Artemis von Karyai handelt (s. hierzu F IECHTER, Karyatides, 2247–2252; H ÖCKER, Karyatiden, 310f.). 18, 5 : Zum wiederholten Male erscheint Artaxerxes als ein schwacher König, der nicht in der Lage ist, seine Entscheidungen eigenständig zu treffen bzw. konsequent durchzusetzen. So verspricht er zunächst seiner Mutter, den Söldnerführer Klearchos zu schonen, dann wiederum lässt er ihn auf Betreiben seiner Gemahlin hinrichten, so dass er sogar eidbrüchig wird (s. hierzu S. 235f. zu Plut. Art. 14, 7–9, › ‹ und S. 247f. zu Plut. Art. 16, 1 ). Diese topische Schilderung der für Griechen vollkommen dekadenten Zustände am Hof des Achaimenidenherrschers, die mit Sicherheit nichts mit der historischen Realität zu tun haben, sollte die ohnehin schon angebrachte Skepsis gegenüber dem Bericht des Ktesias noch verstärken. : Menon (der Thessaler) stieß als Söldnerführer in Kolossai mit 1000 Hopliten und 500 Peltasten zum Heer Kyros’ des Jüngeren (Xen. an. 1, 2, 6). Die Charakterisierung Menons durch Xenophon fällt sehr
Der Siegelring
Karyatiden
Der Einfluss der Frauen
Menon
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2. Kommentar
negativ aus:
Verrat?
(»Zur Befriedigung seiner Wünsche hielt er für den kürzesten Weg den Meineid, Lüge und Betrug; Gradlinigkeit und Wahrheit hielt er für Einfalt.«, Xen. an. 2, 6, 22; Übers. V RETSKA), vielleicht aufgrund des angespannten Verhältnisses zwischen Klearchos und Menon (s. besonders an. 2, 6, 21–29; hierzu auch H OFSTETTER, Griechen, Nr. 219, 128f.). Ein bedeutend positiveres Bild zeichnet Platon von ihm, der ihn als Titelfigur in einem seiner Dialoge auftreten lässt. Dass Menon ein äußerst ehrgeiziger und vielleicht auch ruhmsüchtiger Feldherr – wie Xenophon behauptet (an. 2, 6, 21) – war, zeigt seine Überschreitung des Euphrats, während die übrigen griechischen Feldherren nach Bekanntwerden des eigentlichen Ziels ihres Zuges (Sturz des legitimen Großkönigs) noch zögern (Xen. an. 1, 4, 13–17). In der Schlacht von Kunaxa befehligte er den linken Flügel des griechischen Söldnerkontingentes und begab sich nach der Niederlage zu seinem Gastfreund Ariaios (Xen. an. 2, 1, ‹). 5; Plat. Men. 70b; 78d; zu Ariaios s. S. 202f. zu Plut. Art. 11, 1, › Offensichtlich trat er durch dessen Vermittlung in Sonderverhandlungen mit Tissaphernes ein, wurde dann aber doch mit den übrigen Söldnerführern im persischen Hauptquartier gefangen genommen und zum Großkönig geschickt (Xen. an. 2, 5, 31–42). Artaxerxes II. ließ nach Plutarch (Ktesias) alle Kommandanten bis auf Menon hinrichten (Xen. an. 2, 6, 29; Diod. 14, 27, 2). Es ist nicht zu klären, ob Menon die anderen Griechen verraten hat. Xenophon sagt dies nicht explizit, aber ›sein‹ Klearchos vermutet es zumindest (an. 2, 5, 28), und Ariaios behauptet, dass Proxenos und Menon den Klearchos des Meineides überführt hätten, wofür dieser sogleich hingerichtet, die beiden anderen aber belohnt worden seien (an. 2, 6, 38). Auf jeden Fall ist er in der späteren Überlieferung als Verräter geführt worden (s. Ktesias, FGrH 688, F 27 [68f.]; Athen. 11, 505Af.; hierzu K ROLL, Menon, 925f.). Allerdings berichtet Xenophon eben auch, dass Menon genau wie die übrigen Strategen von Tissaphernes gefangen genommen wurde. Er sei dann aber nicht hingerichtet, sondern verstümmelt worden (s. hierzu auch L ENDLE, Kommentar, 143). Erst nach einem Jahr sei er dann elendiglich gestorben (an. 2, 6, 29), wobei fraglich ist, woher Xenophon diese Information haben sollte, die er als einziger überliefert. Die Quellenlage zu den Vorgängen um die Inhaftierung der Söldnerführer und ihr weiteres Schicksal ist so widersprüchlich und schwierig, dass es nicht zu entscheiden ist, ob Menon wirklich Verrat begangen hat oder nur versuchte, über seinen Gastfreund Ariaios sein eigenes Leben zu retten. Die Schonung seines Lebens, die vielleicht bekannt wurde oder nur erfunden sein mag, um Menon des Verrates bezichti-
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gen zu können, ist vielleicht eher auf dessen besondere Beziehung zu Ariaios zurückzuführen als auf Vorteile durch Verrat. 18, 6–8 : Zu Plutarchs Kritik an Ktesias, die hier – typisch für seine Arbeitsweise – auf eine Passage folgt, in der er Ktesias als einzigen Gewährsmann genutzt hat, s. bereits S. 260f. zu Plut. ‹. Art. 18, 1–8, › 18, 7 : Die Verweigerung der Bestattung und die Preisgabe des Leichnams an wilde Tiere scheinen für einen Griechen eine unerträgliche Vorstellung gewesen zu sein (Hom. Il. 1, 4f.). Interessant an dieser Schilderung ist aber, dass das Abnagen der Knochen eines Toten durch die nach zoroastrischer Lehre ›guten Geschöpfe‹ (eben Hunde und Vögel) exakt den Vorschriften des Avesta (Vid¯evd¯at) entspricht, das u.a. eine Erdbestattung untersagt (s. hierzu kurz und informativ B OYCE, Corpse, 279–286 und S TAUSBERG, Religion, 136–138, beide mit weiterführender Literatur). So beschreibt auch Herodot diese Praxis (Hdt. 1, 140), wobei er einräumt, dass er dies nur genau von den Magern wisse, da sie ihre Bestattungsrituale öffentlich vollzögen (s. hierzu bereits S. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, ‹; auch Strab. 15, 3, 20). Man könnte also mutmaßen, dass es bei den › von Plutarch auf der Basis von Ktesias beschriebenen Ereignissen nicht um eine postume Entehrung der Feldherren ging, sondern dass an ihnen die zoroastrischen Begräbnisrituale vollzogen wurden. Abgesehen davon, dass wir keine Belege für einen zoroastrischen Glauben der Achaimenidenherrscher haben (s. hierzu ebenfalls S. 115f.), zeigt aber B RIANT, Cyrus, 95 – ebenfalls anhand dieser Plutarch-Stelle –, dass eine Vielzahl von Quellen (und auch archäologischen Befunden) darauf hindeuten, dass diese Bestattungsformen unter den Achaimeniden nicht Brauch waren. Allerdings sollte man den Quellenwert eben dieser Plutarchstelle nicht zu hoch bemessen (so sieht B OYCE, Corpse, 280 in genau dieser Passage einen weiteren Beleg für die verbreitete Anwendung dieser Riten – dies ist aber nicht vertretbar, da Ktesias’/Plutarchs Bericht eindeutig ist: Die hier verweigerte Bestattung ist keine Ehrbezeugung, sondern eine postume Strafe), da die Analyse dieses Kapitels deutlich zeigt, dass es sehr problematisch ist, Ktesias Kenntnisse über das Schicksal der Söldnerführer zuzuschreiben. Eher ist hier mit einer Erfindung zu rechnen (in Zusammenhang mit dem ›Wunder‹ um Klearchos’ Grabhügel), die vermutlich auf überhaupt keinen Kenntnissen über derartige Praktiken in Iran aufbaut. : Da die hingerichteten Söld18, 7–8 nerführer in der Erzählung des Ktesias nicht bestattet worden sind, bot sich
Kritik an Ktesias
Hunde und Vögel
Der Palmenhain
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Eine Erfindung
2. Kommentar
ihm die Möglichkeit, um den Leichnam des Klearchos eine sagenhafte Erzählung zu konstruieren, deren Wert bereits Plutarch ausdrücklich bezweifelt. B RIANT, Cyrus, 238f. vermutet, dass diese Geschichte ihren Ursprung tatsächlich im Umfeld der Königinmutter hat, die bemüht war, das Andenken ihres gefallenen Sohnes hochzuhalten. Einen der treuen Anführer seines Zuges so zu Ehren kommen zu lassen, würde in dieses Konzept passen (daher lässt sie nach Photios auf Klearchos’ Grabhügel die Palmen pflanzen, FGrH 688, F 27 [71]; dieses Detail übergeht Plutarch, dessen Erzählung mit einer zufälligen Einsamung der Palmen noch unglaubwürdiger wirkt, s. hierzu bereits Kap. 1.9, S. 73 und H OOD, Plutarch, 77). Allerdings ist B RIANTs Vermutung keineswegs vollständig überzeugend. So stellt sich u.a. ein durchaus gewichtiges chronologisches Problem: Selbst wenn diese Episode von kyrosfreundlichen Teilen des Hofes erfunden sein sollte, ist kaum zu denken, wann und vor allem wie Ktesias davon hätte erfahren sollen. Photios berichtet nämlich, dass acht Jahre nach dem Tode des Klearchos (frühest mögliche Hinrichtung im Spätherbst 401), also frühestens Ende des Jahres 393, Palmen auf dem Grabhügel des Klearchos gestanden hätten, die nach Plutarch den Platz überschattet hätten, was dann die heftige Reue des Großkönigs ausgelöst habe, der doch einen Liebling der ; Plut. Götter getötet habe ( Art. 18, 8). Da Ktesias aber selbst vorgibt, zu der Zeit, als Konon die Führung der großköniglichen Flotte übernahm, geflüchtet zu sein (FGrH 688, F 30 [72–75]), muss er um 397 den Machtbereich des Großkönigs verlassen haben. Zudem endet Ktesias’ Darstellung nach Diodor mit dem Jahr 398/97 (Diod. 14, 46, 6). S TEVENSON, Persica, 4 meint zwar, dass Ktesias dies nicht selbst in Babylon gesehen haben müsse, da ihm diese Information auch berichtet worden sein könne. Dies würde zunächst einmal generell Ktesias’ Autorität als Augenzeuge untergraben, doch muss auch gefragt werden, wer dieser Übermittler gewesen sein sollte, der nach B RIANT, Cyrus, 238f. – in sich durchaus konsequent – im Umfeld der Parysatis zu verorten wäre. All dies erfordert zu viele zusätzliche Annahmen, die dem Sparsamkeitsprinzip der Wissenschaft entgegen stehen. Eine derart unglaubwürdige Geschichte der Hofpropaganda der Parysatis zuzuschreiben, entspringt eher dem Wunsch, den Quellenwert der Persika möglichst hoch anzusetzen. Da diese Erzählung nicht nur aufgrund ihres vollkommen unglaubwürdigen Inhaltes, sondern auch aufgrund massiver Probleme in der Chronologie nicht haltbar ist – eine spätere Übermittlung an Ktesias ist doch höchst unwahrscheinlich –, muss einfach davon ausgegangen werden, dass es sich um eine Erfindung dieses Autors handelt, selbst wenn man an die Authentizität des Persienaufenthalt des Ktesias glaubt. Dies stimmt sowohl mit Plutarchs Einschätzung dieser Episode als auch mit der generellen Einschätzung des Quellenwertes der Persika überein.
Artaxerxes 19 Plutarch beschreibt die Ermordung der Stateira durch Parysatis in den jeweiligen Varianten bei Ktesias und Dinon. Die Königinmutter muss schließlich aufgrund des Mordes, zerstritten mit ihrem Sohn, ins Exil nach Babylon gehen.
Inhalt
Plutarch folgt Ktesias in der Datierung des Anschlages, der nach der Schlacht von Kunaxa stattgefunden haben soll – nach Dinon hat Parysatis Stateira schon während des Krieges gegen Kyros ermordet (s. Plut. Art. 6, 9).
Datierung
19, 1–10 : In diesem Kapitel nun bietet Plutarch drei Varianten zwischen Ktesias und Dinon im Zusammenhang mit dem Mord an Stateira. Allerdings handelt es sich nur um geringfügige Abweichungen: 1. die Rolle der Gigis in dem Mordkomplott gegen Stateira 2. den Namen des Giftmischers: Belitaras oder Melantas 3. die Frage nach der Ausführung des Mordes (von Parysatis selbst oder durch Melantas). S MITH, Study, 16 vermutet hinter Dinons Aussagen eine andere Autorität, vielleicht den von Plutarch später erwähnten Polykritos von Mende (Plut. Art. 21, 3). S TEVENSON, Persica, 13 geht zwar prinzipiell auch von einer hofnahen Quelle Dinons aus (Persica, 13; s. hierzu bereits S. 199 zu Plut. ‹), postuliert aber im Falle der Ermordung Art. 10, 3, › der Stateira, dass hier das reine Bemühen Dinons, sich von Ktesias abzusetzen, am Werke gewesen sei (dies., Lies, 29–31, 34f. nahm noch an, dass Dinon auch für diese Passagen auf seine hofnahe Quelle zurückgegriffen habe). Dass sie ferner versucht, Dinon in diesem Abschnitt zumindest das Bemühen zu unterstellen, eine hofnahe Version zu entwerfen, ist innerhalb ihrer Argumentation konsequent. Die Umwandlung des mutmaßlich babylonischassyrischen Belitaras in einen griechischen Melantas zeuge von Dinons Absicht, einen griechischen Akteur für die Ermordung der Stateira verantwortlich zu machen. Dies ist eine Überinterpretation eines Details, da – entgegen der Aussage S TEVENSONS – nirgends in den Quellen behauptet wird, dass Artaxerxes alle Griechen gehasst habe, somit auch die bloße Nutzung eines griechischen Namens in negativem Kontext nicht als proköniglich anzusehen ist. Plutarch überliefert lediglich, dass Artaxerxes die Spartiaten für die
Quellenanalyse
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Das Motiv
2. Kommentar
unverschämtesten Menschen hielt (Art. 22, 1), aber eben mit der Ausnahme des Antalkidas, der bei ihm hoch in Ehren stand; S TEVENSON argumentiert also unzulässig, wenn sie die Spartiaten als pars pro toto für alle Griechen sieht. Die wenigen Angaben bei Plutarch erlauben nicht, darüber zu urteilen, ob Dinons Version ›königsnah‹ ist. So kann auch Dinons Schilderung des Schlachtverlaufes von Kunaxa nicht dazu dienen, eine königsnahe Tendenz dieses Autors zu belegen, obwohl auch dies immer wieder behauptet wird ‹). (s. hierzu S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › Die angebliche generelle prokönigliche Tendenz Dinons ist ein Trugbild, das einer kritischen Überprüfung am spärlichen Quellenmaterial nicht standhält. S TEVENSON ist zuzustimmen, dass Dinon für diese ›Korrekturen‹ hier keine von Ktesias unabhängige Quelle genutzt hat. Die Abweichungen im Detail zeigen deutlich, wie er darum bemüht war, Ktesias nach Möglichkeit zu verbessern, ohne allerdings auf eine unabhängige Überlieferung zurückzugreifen bzw. zurückgreifen zu können. Hierfür ist die Abwandlung von Namen ein probates Mittel (s. B LECKMANN, Weg, 183–188; 615–617 u. passim und ferner dens., Fiktion, 9–21 u. passim zur sogenannten ›fiktionalen Geschichtsschreibung‹). Sicher ist zunächst einmal nur, dass diese Passage keine Hinweise darauf liefert, dass Dinon auf eine gutinformierte Quelle, die unabhängig von Ktesias gewesen wäre, für seine Darstellung zurückgreifen konnte. Allerdings hebt diese eindeutige Entlarvung der Arbeitsweise Dinons keineswegs den Quellenwert seiner Vorlage Ktesias (dagegen: S TEVENSON, Lies und dies., Persica, 72f.). Nach Plutarch nennt Ktesias als Motiv der Parysatis für den Giftanschlag auf Stateira die Hinrichtung des Klearchos. Da Plutarch dies schon ein Kapitel vorher als unglaubwürdig verworfen hatte (Plut. Art. 18, 5f.), scheint er hier von Ktesias’ Bericht abzuweichen, wenn er stattdessen als Mordmotiv Rivalität um die Gunst des Großkönigs und somit um Macht nennt. Er führt vielleicht den ihm selbst plausibel erscheinenden Grund für eine solche Tat an. Der Faktor ›Plutarch‹ darf, wie schon mehrfach betont, nicht unterschätzt werden, allerdings entzieht er sich nahezu jeder Überprüfbarkeit. Allerdings ist auch durchaus vertretbar, hier Dinon als Quelle zu vermuten, der – wie auch Plutarch – Ktesias’ Motiv für abwegig hielt und sich durch ein rationaleres Motiv, das vielleicht wirklich nur seinem common sense entstammt (S TEVENSON, Persica, 71), von Ktesias absetzen konnte (S MITH, Study, 16). Eben diese Rationalisierung der ktesianischen Schilderung lässt sich auch in der Schilderung des Tathergangs erkennen: Die Rolle der Königinmutter wird kleiner, dafür treten andere Akteure (Gigis und Melantas) stärker in den Vordergrund. Andererseits ist auch L ENFANTs Ansicht, dass Plutarch Ktesias missverstanden habe, bedenkenswert (L ENFANT, Ctésias,
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162, Anm. 733). Das auslösende Moment für die Ermordung der Stateira sei zwar die Hinrichtung des Klearchos gewesen, doch habe sich in ihr nur der wachsende Einfluss der Stateira beim Großkönig gezeigt, der für Parysatis’ Stellung am Hofe bedrohlich wurde; beide Äußerungen Plutarchs ließen sich demnach verbinden. L ENFANT harmonisiert beide Aussagen prima facie durchaus überzeugend, liefert aber eher ein Indiz dafür, dass Ktesias hier nicht Vorlage gewesen sein kann. Wenn Plutarch Ktesias tatsächlich falsch interpretiert haben sollte, wäre er in dieser Meinung befangen gewesen. Für ihn war dann die angebliche Rache für Klearchos Ktesias’ Erklärung für den Mord an Stateira. Er müsste sehr inkonsequent in seiner Arbeitsweise gewesen sein, wenn er erst das, was er für Ktesias’ Meinung hielt, ablehnt, dann aber dessen weiteren Ausführungen, die im Widerspruch zu Plutarchs Verständnis gestanden haben müssen, doch wieder folgt. Für die ebenfalls geschilderte zeitweise Aussöhnung der Königinmutter mit ihrer Schwiegertochter, die sich u.a. in gemeinsamen Mahlzeiten der beiden Rivalinnen äußert, muss aber wohl Ktesias die Quelle gewesen sein. Nach Dinons Darstellung war für eine derartige Aussöhnung gar keine Zeit, da Parysatis noch während der Kämpfe um Kunaxa zur Tat geschritten sein soll (Plut. Art. 6, 9). Offenkundig hat Plutarch für dieses Kapitel aus beiden Quellen geschöpft und strittige Punkte dabei unentschieden gelassen. Eine Bewertung dieser Abweichungen in Nuancen fehlt – vielleicht, weil Plutarch keine weiteren Stimmen neben diesen beiden Autoren kannte. : Das schlechte 19, 1 Verhältnis zwischen Parysatis und ihrer Schwiegertochter wird von Plutarch mehrfach thematisiert. Als Kyros mit seinem Heer gegen seinen Bruder aufgebrochen ist, erfährt der Leser zum ersten Mal von den Spannungen zwischen den beiden Frauen (Plut. Art. 6, 7–9). In Zusammenhang mit der Tötung des Masabates (17, 9) und dann der Hinrichtung des Klearchos (18, 5), die nach Ktesias sogar Parysatis’ Motiv für die Ermordung der Stateira gewesen sein soll, wird dieses Thema von Plutarch wieder aufgegriffen. Zu Beginn des 19. Kapitels nennt er nun für die Ermordung einen anderen Beweggrund, weshalb hier Dinon als Vorlage vermutet wird (s. hierzu S. 267f. ‹). Dieses Spannungsverzu Plut. Art. 19, 1–10, › hältnis zwischen den beiden Frauen, die versuchen, die Entscheidungen des Großkönigs zu beeinflussen, ist ein wichtiges Motiv der Darstellung Plutarchs, um so die Dekadenz am Königshof zu charakterisieren. Allerdings ist Plutarch hier auch von seinem Quellenmaterial abhängig, da nach unserer Kenntnis u.a. Haremsintrigen und das grausame Wirken der Frauen am großköniglichen Hofe im Fokus von Ktesias und Dinon standen. Plutarch ist übrigens nicht ganz präzise, wenn er behauptet, dass Parysatis Stateira ) gehasst habe, da er erwähnt, dass sie selbst auf schon immer (
Parysatis vs. Stateira
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2. Kommentar
Bitten ihres Sohnes (Art. 2, 2; ebenso Photios: FGrH 688, F 15 [56]) ihre Schwiegertochter begnadigt habe, was nicht als Ausdruck bedingungslosen Hassen von Anbeginn gewertet werden kann. Dies mag entweder als ein Widerspruch in dieser Vita oder als eine ungenaue Formulierung Plutarchs angesehen werden, der hier vielleicht nur die Zeit seit der Thronübernahme im Blick hatte. B ROSIUS, Women, 110–112 hält das von Plutarch wiedergegebene Motiv für durchaus plausibel: Parysatis habe versucht, ihre Stellung bei Hofe zu wahren, weshalb sie ihre Schwiegertochter, die offensichtlich – wie die Erzählung um die Hinrichtung des Klearchos gegen den Willen der Parysatis zeige (s. L ENFANT, Ctésias, 162, Anm. 733) – erfolgreicher gewesen sei als ihre Schwiegermutter, als ein Hindernis beseitigen musste. Ähnlich sei auch die später von Plutarch beschriebene ›Installation‹ ihrer vielleicht leichter lenkbaren Enkelin Atossa als neue Gattin ihre Sohnes zu verstehen (Plut. Art. 23). Prinzipiell ist es tatsächlich vorstellbar, dass es deutliche Rivalitäten zwischen den Frauen im Umfeld des Königs um seine Gunst gegeben hat, allerdings erscheint die gesamte Erzählung in ihrer bunten und interessanten Ausgestaltung auch des Tathergangs – wobei sich die Frage stellt, woher Ktesias und Dinon derlei Informationen hatten – unhistorisch. Die Annahme, dass die Geschichte im Kern stimmen müsse, da sowohl Ktesias als auch Dinon sie berichten (B ROSIUS, Women, 111), ist ein Trugschluss. Wie schon gezeigt wurde (s. S. 195–197 zu Plut. Art. 10, 1–3, › ‹), konstruiert Dinon seine Erzählung u.a. dadurch, dass er sich bewusst in Details von Ktesias absetzt, so dass in diesen Passagen seiner Darstellung jeder Quellenwert abzusprechen ist, da es sich eben nicht um eine unabhängige Parallelüberlieferung handelt. So bleibt allein Ktesias’ Erzählung mit ihrem bekanntermaßen geringen Quellenwert. Gigis
: Plutarch nennt die Dienerin der Pary19, 2 satis ›Gigis‹ ( ) und folgt hierin wahrscheinlich Dinon, da Photios den ; Ktesias, FGrH 688, F 27 [70]) verwendet. Diese Namen ›Ginge‹ ( Abweichung wird nicht wie in einigen anderen Fällen auf Photios zurückge‹; S. 252–255 führt (s. S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹). S CHMITT, Anthrozu Plut. Art. 17, 1–9. › ponyme, 236f. geht davon aus, dass der Byzantiner korrekt den von Ktesias genannten Namen wiedergibt (weshalb er auch das Prädikat ›notorisch unzuverlässig‹ nicht verdient). Über das Verhältnis der beiden Namensformen zueinander und auch über ihre Herkunft lässt sich nichts Sicheres sagen. J U STI , Namenbuch, 116 vermutet eine iranische Abstammung und leitet ihn ), was die Rubia tinctorum (Färvon jingi, jingii (skr.) ab (griech. berröte oder auch Krapp), eine Pflanze, aus deren Wurzel ein roter Farbstoff zur Färbung gewonnen werden kann, bezeichnet. Über eine giftige Wirkung
Parysatis als Protagonistin: Artaxerxes 19
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dieser Pflanze – als passender Name für eine Giftmischerin – ist nichts bekannt, aber abgesehen davon spricht sich die neuere Forschung aufgrund lautlicher Schwierigkeiten für eine nicht-iranische Herkunft aus (S CHMITT, Anthroponyme 237 mit W ERBA, Personennamen, 133, Nr. 124). So wird eine babylonische Herkunft vermutet (so schon H ÜSING, Poruš¯atiš, 20 und KÖNIG, Persika, 25, Anm. 14), was dann auch aufgrund der bekannten Beziehungen der Parysatis zu Babylon als plausibel angesehen wird (so soll ihre Mutter Andia Babylonierin gewesen sein, und es war auch den Griechen bekannt, dass Parysatis über Landbesitz in Babylonien verfügte). Historisch lässt sich über diese Dienerin und offenbar auch Vertraute der Parysatis über die Schilderungen bei Plutarch und Photios hinaus nichts sagen. : Genau wie über Parysatis’ Dienerin Gigis/Ginge lässt sich historisch aucht über diesen Helfer (Eunuch?) bei der Ermordung der Stateira nichts sagen. Im Unterschied zur Dienerin ist aber wenigstens das Namenmaterial zu identifizieren. So handelt es sich bei der von ) nach L EHMANN Ktesias gelieferten Namensform ›Belitaras‹ ( , 1005 um einen babylonisch-assyrischen Namen (B¯elH AUPT, e¯ t.ir »B¯el [der Herr] hat gerettet« mit dem häufigen Theonym ›B¯el‹). Dieser Name ist auch für einen legendären assyrischen König überliefert (Alex. Po) ist hinlyhistor, FGrH 273, F 81a–b). Dinons Name ›Melantas‹ ( gegen griechisch, wie weitere Belege zeigen (Diog. Laert. 5, 36. 51. 53–55; Demosth. or. 18, 249 u.a.; s. auch S TEVENSON, Persika, 71). 19, 4 : Ktesias nennt nach Photios diesen Vogel Rhyndakes, Plutarch führt ihn als Rhyntakes. Nur diese beiden Autoren ‹ (abgesehen von einer Hesych-Glosse, die wohl auf Ktesias fußt, › [ 503], dort aber Rhyndake) verwenden diesen Namen (zum Sprachlichen s. neuerdings B RUST, Lehnwörter, 550–552). B RUST vermutet in Photios’ abweichender Schreibweise eine spätaltpersische Form, während S CHMITT, Namen hier eine Besonderheit der Überlieferung durch Photios sieht, die den spätgriechischen Lautwandel von - zu - bei allen Namen iranischer Herkunft widerspiegele: So kennt Photios u.a. einen sonst unbekannten Orondes ), der sicherlich mit dem reich bezeugten Orontes ( ) zu ( identifizieren ist. Ein verbreiteter Deutungsversuch des Vogelnamens greift auf neupers. rund, rundah (»Reis fressender Vogel«) zurück. B RIANT, Histoire, 274 vermutet, dass es sich vielleicht um den Ortolan (Emberiza hortulana) handeln könne: die Gartenammer (so nicht mehr in der englischen Übersetzung, B RI ANT, Cyrus, 263). Immerhin handelt es sich bei der Gartenammer um einen sehr kleinen Vogel, der in weiten Teilen der antiken Welt wegen seines Wohlgeschmacks als Delikatesse galt. Was ihn besonders begehrenswert machte,
Belitaras oder Melantas?
Rhyntakes
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2. Kommentar
ist seine schnelle Gewichtszunahme bei Mästung. So ist eine Verdoppelung seines Gewichtes in kurzer Zeit zu erreichen, was auch der deutsche Name des gemästeten Vogels ausdrückt: ›Fettammer‹. Die schnelle Mästung und der damit verbundene hohe Fettgehalt des Vogels korrespondieren mit der ), so dass Beschreibung bei Plutarch ( B RIANTs Vorschlag interessant ist, auch wenn es sich um reine Spekulation handelt. Dass kleine Vögel aller Art auf der großköniglichen Tafel zu finden waren, ist aus Polyainos’ Aufzählung der Speisen zu ersehen (4, 3, 32; s. hierzu B RIANT, Cyrus, 290). Ob dieses doch recht aussageschwache Detail der Erzählung einen gewissen Wert zukommen lässt, ist allerdings fraglich. Der Tathergang
Persische Strafen (7)
19, 5–6 : Zu den Unterschieden in der Darstellung des Ktesias und Dinons s. bereits die Quellenanalyse S. 267– ‹. 269 zu Plut. Art. 19, 1–10, › 19, 9 : B RIANT, Cyrus, 263 und auch JACOBS, Hinrichtungen, 12 gehen von der Historizität der Schilderung aus: Giftmörder seien auf diese Weise bestraft worden. Beide widersprechen damit dem Bild der grausamen Achaimenidenherrscher, die willkürlich Strafen verhängt haben sollen, da offenbar ein normiertes Strafmaß für dieses Vergehen existierte (s. hierzu bereits S. 249f. zu Plut. Art. 16, 2–7, › ‹). Die Quelle für diese Information ist wohl entweder Dinon (S MITH, Study, 16; M ANTEY, Quellen, 16 mit dem nicht sonderlich schlagkräftigen Argument, dass in Dinons Schilderung die Rolle der Gigis und des Melantas bedeutender als in Ktesias’ Erzählung war) oder Ktesias (H AUG, Quellen, 96 mit dem ebenso schwachen Argument, dass Photios erwähne, dass Ginge gefoltert und hingerichtet worden sei – dies stimmt zwar, bedeutet aber nicht, dass Dinon, in dessen Schilderung Gigis sogar maßgeblich beteiligt war, dies nicht auch berichtet hat). Zumindest letzterer ist für seine Schilderungen sonderbarer Hinrichtungsarten bekannt, die aber von mehr als zweifelhaftem historischen Gehalt sind (s. hierzu z.B. S. 236f. zu Plut. Art. 14, 10 › ‹ und S. 248–251 zu Plut. Art. 16, 2–7 › ‹). Aus diesem Grund ist auch diesem Bericht nur mit äußerster Skepsis zu begegnen. Letztendlich wird sich zwar nicht eindeutig klären lassen, welchen historischen Wert diese Passage besitzt, aber die ständige Gefahr von Giftattentaten auf den Großkönig oder sein Umfeld (und somit die Notwendigkeit einer besonderen Form der Bestrafung für Giftmörder) wird nicht so hoch gewesen sein, wie es z.B. Xenophon glauben machen möchte: Nirgendwo sonst seien mehr Menschen vergiftet worden als bei den Persern (Kyr. 8, 8, 14). Dies Erzählung verwendet ein Element der Tyrannentopik, die sich leicht auf den Großkönig als orientalischen Despoten anwenden ließ. Aus
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den griechischen Quellen ist zudem nur ein erfolgreicher Giftanschlag auf einen Großkönig bekannt (Diod. 17, 5, 3: Bagoas lässt Artaxerxes III. vergiften; sein Versuch, dieses auch mit Dareios III. zu tun, scheitert: Bagoas muss das Gift selbst trinken, Diod. 17, 5, 6). : Über das Exil der Pary19, 10 satis in Babylon gibt es keine weiteren Quellen, und es ist nicht einmal zu entscheiden, welcher Quelle Plutarch hier folgt. In Photios’ Exzerpten findet sich nichts über das ›Babylonische Exil‹ der Parysatis, was aber aufgrund des Exzerptcharakters kaum mehr als ein schwaches Indiz für Dinon als Vorlage sein kann. Beider Berichte werden, abgesehen von Details, grundsätzlich sehr ähnlich gewesen sein. Dass nun das Exil der Mutter des Großkönigs so spektakulär war, dass es auch den Griechen in Erinnerung bleiben musste (B ROSIUS, Women, 111), und der Erzählung deshalb ein wahrer Kern zuzusprechen ist, erscheint weniger wahrscheinlich. Zweifel sind auch aus einem anderen Grund angeraten: Die von Plutarch überlieferten Worte des Großkönigs, dass er sich bis zu Parysatis’ Lebensende nicht mehr in Babylon sehen lassen werde (Plut. Art. 19, 10), sind verdächtig. Es ist zudem kaum vorstellbar, dass der Großkönig für eine unbestimmte Dauer aufgrund eines familiären Streites eine der wichtigsten Städte des Reiches, die nebenbei auch eine der wechselnden Residenzen des Großkönigs war, nicht mehr besuchen werde (zum Thema ›Reisekönigtum‹ s. S. 144–146 zu Plut. Art. 5, ‹). Die Bedeutung Babylons für Artaxerxes II. zeigt 1, › sich auch darin, dass er im Zuge seiner Einschränkung der Exklusivität Ahura Mazd¯as u.a. in dieser Stadt Standbilder der An¯ahit¯a aufstellen ließ, zu der er sich offensichtlich in einem besonderen Verhältnis sah (Berossos, FGrH 680, F 11; s. hierzu S. 117–120 zu Plut. Art. 3, 2, › ‹). Hinzu tritt noch, dass Babylon sicherlich nicht der gängigen Vorstellung eines Exils entspricht, so dass diese Notiz insgesamt nicht glaubwürdig wirkt. Immerhin erscheint die Parysatis zugeschriebene Ortswahl insoweit plausibel, als wir aus den keilschriftlichen Texten des Murašû-Archives, aber auch aus griechischen Zeugnissen informiert sind, dass sie in Babylonien Ländereien besessen hat (z.B. Xen. an. 1, 4, 9; 2, 4, 27; s. S TOLPER, Entre‹). preneurs, 63f.; s. hierzu bereits S. 88f. zu Plut. Art. 1, 2, ›
Parysatis’ Exil
2.4 Das Verhältnis Perser–Griechen nach Kunaxa (Art. 20–22)
Artaxerxes 20 Inhalt
Plutarch gibt die Dekadenz der Perser als Grund für das Scheitern der intensiven Bemühungen des Großkönigs an, die griechischen Söldner auf ihrem Rückmarsch zu stellen. Griechenland habe daraufhin neuen Mut gefasst und Sparta sich entschlossen, für die Freiheit der Griechen in Kleinasien zu kämpfen. Nach wechselvollen Kämpfen unter Thibron und Derkylidas (bzw. Thimbron und Derkyllidas) ist Agesilaos dabei besonders erfolgreich, muss aber letztendlich nach Griechenland zurückkehren, da der Großkönig mit Geldmitteln die innergriechische Opposition gefördert hat. Nur durch Bestechung, nicht durch offene Schlachten kann Artaxerxes Agesilaos nach Plutarch zum Rückzug zwingen.
Datierung
Der in diesem Kapitel beschriebene Zeitraum umfasst die Jahre 400/399 mit der Flucht der Griechen und dem Eingreifen der Spartaner in Kleinasien bis 394 zur Rückberufung des Agesilaos auf die Peloponnes. Das folgende Kapitel reicht zeitlich bis zum Antalkidasfrieden (386), so dass ein Zeitraum von gut 15 Jahren in nur zwei Kapiteln behandelt wird. Deutlich ist die bereits angesprochene Asymmetrie im Aufbau der Vita zu erkennen (s. hierzu bereits Kap. 1.6 [Nr. 3.], S. 45).
Quellenanalyse
: Es ist zweckmäßig, dieses Ka20, 1–6 pitel grob in zwei Abschnitte zu gliedern: eine Anfangspassage (20, 1f.), die die Unfähigkeit des Großkönigs thematisiert, die griechischen Söldner zu fassen, und allgemein den dekadenten Zustand des Perserreiches schildert (implizit die charakterlichen Qualitäten der Griechen hervorhebt), und eine knappe Schilderung der Kriegshandlungen der Spartaner in Kleinasien bis zum Ausbruch des Korinthischen Krieges (20, 2–6). Gerade in der Anfangspartie dieses Kapitels sind Plutarchs Aussagen sehr allgemein gehalten, so dass kaum zu entscheiden ist, welcher Vorlage er hier folgt. Natürlich stehen im Hintergrund die Erzählung von der erfolgreichen Flucht der Griechen nach der Schlacht bei Kunaxa und die Erlebnisse nach dem Erreichen des Schwarzen Meeres (Weiterzug bis nach Thrakien), die Xenophon in seiner Anabasis in den Büchern 3 bis Ende schildert. M ANTEY, Quellen, 16 hält es sogar für wahrscheinlich, dass Plutarch hier gar keiner Vorlage gefolgt sei, sondern diese ein- und überleitenden Gedanken frei formuliert habe (ihm folgt S TEVENSON, Persica, 24f.). Die einfache Bündelung der Topoi über den persischen Hof mag diese Sicht unterstützen ‹). (s. S. 276f. zu Plut. Art. 20, 1, ›
Perser und Griechen: Artaxerxes 20
275
Für den zweiten Abschnitt mit den Schilderungen der spartanischen Feldzüge in Kleinasien, die zudem ein recht positives Bild des Agesilaos liefern, bietet Xenophon besonders in seinen Hellenika reichhaltiges Material, so dass er zumeist als Vorlage betrachtet wird (hell. 3, 1, 3: Die kleinasiatischen Poleis bitten Sparta um Hilfe, ihre Freiheit gegen Tissaphernes zu verteidigen; hell. 3, 1, 4–7: die Aktionen des Thibron; hell. 3, 1, 8–2, 21: die Aktionen des Derkylidas; ab hell. 3, 4, 2: Agesilaos in Kleinasien; hell. 3, 5, 1 u. 4, 2, 1: Timokrates’ Mission in Griechenland; s. S MITH, Study, 37). Das dem Agesilaos zugeschriebene Bonmot findet sich allerdings nicht bei Xenophon (dafür noch einmal bei Plut. Ages. 15, 8 und mor. 211B; s. hierzu ‹). Dies fällt aber nicht S. 283 zu Plut. Art. 20, 6, › ins Gewicht, da Plutarch hierfür durchaus wieder auf ein Anekdotenkompendium zurückgegriffen haben kann (s. hierzu auch S. 128–131 zu Plut. Art. 4, ‹). 1–5, 6, › Xenophon (hell. 3, 5, 1 u. 4, 2, 1) und Pausanias (Paus. 3, 9, 8) nennen aber – nach der communis opinio fälscherlicherweise (hierzu s. S. 279–281 ‹) – Tizu Plut. Art. 20, 4f., › thraustes als Auftraggeber des Timokrates, die Hellenika Oxyrhynchia in einer Variante hierzu Pharnabazos (Hell. Oxyrh. 7, 2. 5; 18, 1). Plutarch weicht nun in einer dritten Version von beiden ab, da bei ihm Timokrates eindeutig auf Weisung des Großkönigs selbst handelt: So könnten sowohl Xenophon als auch die Hellenika Oxyrhynchia kaum als direkte Vorlage gelten, wenn Plutarch hier nicht eine Verkürzung des Kontextes durch transfer (s. hierzu Kap. 1.3.1, S. 23) vorgenommen hat, was nicht sicher zu entscheiden ist. Es ist aber durchaus denkbar, dass er in Tithraustes als direkt vom Großkönig Beauftragtem eine entbehrliche Figur sah, die er streichen konnte. In diesem Fall läge doch eine Nähe zum xenophontischen Bericht vor. Wie bereits für die Anfangspartie dieses Kapitels betont, könnte Plutarch natürlich ebenfalls frei erzählt haben; dies hat aber schon M ANTEY, Quellen, 16, allerdings ohne Argument, bezweifelt (»Der Rest des Kapitels ist dann so eingehend, daß Plutarch denselben kaum ohne eine bestimmte Quelle geschrieben haben wird.«). Geht man aber nicht von einem Eingriff Plutarchs aus, sondern sucht nach einer weiteren potentiellen Vorlage, ist zunächst festzustellen, dass Ktesias hierüber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht berichtet hat, da ein Großteil der erwähnten Ereignisse chronologisch bereits außerhalb seiner Erzählung lag und zudem Photios zu Thibron und Derkylidas nichts überliefert hat. Deshalb erscheint es durchaus plausibel, hier Dinon als Vorlage zu vermuten (so H AUG, Quellen, 98; M ANTEY, Quellen 17). Allerdings basiert diese Annahme hauptsächlich auf dem Argument, dass Plutarch nun seine angebliche Hauptquelle Ktesias nicht mehr habe nutzen können und so auf eine andere, bisher auch schon wichtige Quelle habe zurückgreifen müssen: Dinon.
276
2. Kommentar
Gegen diese These lässt sich aufgrund des Überlieferungsausfalls nicht handfest argumentieren (allerdings sind Argumente ex silentio per se methodisch problematisch), aber immerhin lassen sich Bedenken begründen: Dinons Schilderungen zeichnen sich in weiten Bereichen gerade durch eine Nähe zu Xenophons Bericht aus. Es scheint nahezu eine Arbeitsweise Dinons zu sein, Xenophons Darstellung auszubauen (s. S. 195–197 zu Plut. ‹), so dass es zumindest erklärungsArt. 10, 1–3, › bedürftig ist, wenn hier eine unnötige Abweichung zu Xenophon im Punkte des Auftraggebers des Timokrates vorliegen sollte. Die Kombination aus recht allgemeinen Informationen, die Plutarch bietet, und schlechter Überlieferungslage lässt hier keinen Raum für begründete Ergebnisse. Die Flucht der Griechen
Dekadenz
: Den Griechen des Kyros-Zuges gelang 20, 1 nach Plutarch die Flucht nahezu aus der königlichen Residenz ( ), weil die Herrschaft der Perser nur in ), Üppigkeit ( ) und Frauen ( ) bestehe. Plutarchs Gold ( Vorwürfe entsprechen der Topik über das Leben am persischen Hofe, die sich seit dem 5. Jahrhundert in der griechischen Literatur entwickelt hat. Bereits das Bild des Großkönigs (hier Xerxes) als Aischylos prägte in seinen eines Despoten par excellence aufgrund der persönlichen Machtfülle, der Erhabenheit über die Gesetze etc. (Aischyl. Pers. 242 u.a.). Zu Beginn des 4. Jahrhunderts sieht Ktesias in den politischen Intrigen der Frauen und Eunuchen am Hofe den eigentlichen Grund für die politische Instabilität der persischen Herrschaft. Die Beispiele aus den Exzerpten des Photios, der diese Stellen anscheinend mit Vorliebe herausgeschrieben hat, sind vielzählig. Es mag hier stellvertretend ein Verweis auf die Fragmente 14 (39), 15 (52) und (54) genügen (Ktesias, FGrH 688; s. hierzu auch W IESEHÖFER, Persien, 120; B RIANT, Cyrus, 631–634). Besonders deutlich treten diese Vorstellungen der Degeneration persischer Charaktereigenschaften seit Xerxes bei Xenophon (u.a. in seiner Kyroupaideia und seinem Agesilaos) und Isokrates hervor. Xenophon kontrastiert die ›gesunden‹ Zustände des persischen Reiches unter dem Reichsgründer Kyros mit denen seiner persischen Zeitgenossen, die aufgrund von Änderungen in den Erziehungsinhalten verweichlicht seien, was sich in allzu üppigen Mahlzeiten, übermäßiger Pracht in Kleidung und Palasteinrichtung sowie im Verzicht auf körperliche Ertüchtigung und in mangelndem Kampfesmut zeige (Kyr. 8, 1f.). Auch kommentiert er sein direktes Erleben des Perserreiches: »Jeder, der [mit den Persern] im Krieg liegt, kann, wenn er es nur wünscht, ohne Kampf durch ihr Land ziehen.« (Kyr. 8, 8, 7). Isokrates ruft mehrfach zu gesamtgriechischen Unternehmungen gegen das Perserreich auf; er unterstützt seine Argumentation dabei immer wieder mit Hinweisen auf die militärische Schwäche desselben, basierend auf der
Perser und Griechen: Artaxerxes 20
277
Verweichlichung und der sklavischen Gesinnung der Perser (so deutlich in or. 4, 41). Die von Plutarch vorgetragenen Vorwürfe sind eine einfache Bündelung der in der Literatur verwendeten Topoi (ausführlich hierzu B RIANT, Idéologie, 33–47; W IESEHÖFER, Persien, 119–132). 20, 2 : Plutarch nennt als Motiv für die spartanische Intervention in Kleinasien (ab 400/399) die Absicht Spartas, die kleinasiatischen Städte von der persischen Unterdrückung zu befreien. In der Tat präsentierte Sparta sich als Vorreiter einer panhellenischen Bewegung zur Befreiung dieser Poleis. Unter dieser Parole konnte Sparta u.a. seinen Anspruch auf Hegemonie innerhalb von Hellas bekräftigen, außerdem sollen mehrere kleinasiatische Poleis Hilfegesuche an Sparta gesandt haben (Xen. hell. 3, 1, 3f.; s. hierzu H ORNBLOWER, World, 212–214), wobei aber nicht außer Acht gelassen werden sollte, dass die meisten dieser Städte von oligarchischen Regimen regiert wurden, die von Sparta eingesetzt worden waren. Einerseits war nach dem vollständigen Sieg über Athen (404) die persische Unterstützung für Sparta uninteressant geworden, andererseits war seit 401 Kyros der Jüngere, dem gegenüber Sparta sich aufgrund der Hilfeleistungen vielleicht noch hätte verpflichtet fühlen müssen, nicht mehr am Leben (s. C ARTLEDGE, Agesilaos, 191). Zudem brach auch Artaxerxes II. mit der peloponnesischen Polis, die, zumindest mittelbar, den Usurpationsversuch Kyros’ des Jüngeren unterstützt hatte. Es ist offenkundig, dass Spartas panhellenische Beweggründe nur eine ›imperialistische‹ Politik maskieren sollten. Wie zuvor Athen den Krieg zur Befreiung der kleinasiatischen Städte zur Rechtfertigung einer immer aggressiveren hegemonialen Politik genutzt hatte, so tat dies nun auch Sparta (s. hierzu L EWIS, Sparta, 138– 144). Schon im Peloponnesischen Krieg hatte Sparta, um Subsidien für den Flottenbau zu erhalten, die Interessen der kleinasiatischen Poleis an die Perser ›verkauft‹ (412/11; Thuk. 8, 18 u. 8, 57f.; s. B ENGTSON, Staatsverträge, Nr. 200–202, 138–143; ferner L EWIS, Sparta, 90–107; W IESEHÖFER, Sides). Der sogenannte ›Antalkidas‹- oder Königsfriede, in dem Sparta die kleinasiatischen Poleis dem persischen König endgültig preisgab, zeigt dies besonders deutlich (s. hierzu S. 290–292 zu Plut. Art. 21, 5f., › ‹). Nach dem Königsfrieden blieben die Poleis unter achaimenidischer Herrschaft, bis Alexander diese beendete – was allerdings auch nicht die Freiheit für die Poleis bedeutete. Plutarch selbst erwähnt die Preisgabe der Interessen der kleinasiatischen Poleis im Königsfrieden durch Sparta (Plut. Art. 21, 6: ». . . wenn man die Mißhandlung und den Verrat Griechenlands einen Frieden nennen will.«; Übers. Z IEGLER), äußert aber dennoch hier keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Freiheitsparole (z.B. Xen. hell. 3, 2, 20; 3, 4, 5). Natürlich darf auch
Sparta vs. persisches Großreich
278
2. Kommentar
nicht übersehen werden, dass Sparta zu diesem Zeitpunkt unter einem erheblichen innerhellenischen Druck stand (zum Korinthischen Krieg s. F UN KE, Homónoia; J EHNE, Koine Eirene, 31–47; S EAGER , Corinthian War, 97– 119). Kämpfe in Kleinasien vor Agesilaos
Thibron
Derkylidas
20, 3 : Plutarch behauptet zwar, dass Thibron und Derkylidas (die verschiedenen Herausgeber entscheiden sich für die sonst eher selten in der Überlieferung zu diesen Feldherren zu findenden Namensformen ›Thimbron‹ und ›Derkyllidas‹) keine nennenswerten Erfolge gegen die Perser, also besonders gegen Tissaphernes, den Satrapen in Westkleinasien, erzielt hätten, doch ist dies nicht korrekt. Plutarch scheint hier einer eindeutig agesilaosfreundlichen Quelle (Ephoros, der Xenophon ausgearbeitet hat?) allzu gern und unkritisch gefolgt zu sein. Um 400 war Tissaphernes aus Persien in seinen ehemaligen Amtsbereich in Kleinasien zurückgekehrt (s. hierzu S. 123f. zu Plut. Art. 3, 3, › ‹). Gleichzeitig erhielt Thibron das spartanische Oberkommando in Kleinasien. Allerdings standen ihm nur wenige Truppen zur Verfügung (ca. 2000 Mann), so dass er trotz anfänglicher Erfolge bei der Belagerung befestigter Orte, wie z.B. Tralleis (Karien), scheiterte bzw. scheitern musste (s. hierzu W ESTLAKE, Intervention, 410–413). Da er offensichtlich nicht in der Lage war, einen Teil seiner Einheiten zu disziplinieren – so kam es wohl zu Plünderungen bei spartanischen Verbündeten (Xen. hell. 3, 1, 8f.; Diod. 14, 38, 2; zur negativen Darstellung des Thibron bei Xenophon s. K RENTZ, Thibron) –, wurde er 399 nach Sparta zurückberufen, dort angeklagt und verbannt. Derkylidas, der bereits im Peloponnesischen Krieg Erfahrungen als Feldherr in Kleinasien gesammelt hatte, übernahm noch in demselben Jahr den Oberbefehl. Der als gewandter und listenreicher Truppenführer angesehene Derkylidas – so soll er nach Xenophon den Beinamen ›Sisyphos‹ ( ; hell. 3, 1, 8), nach Ephoros bei Athenaios ›Skyphos‹ ( ; 11, 101) erhalten haben – erzielte mehrere schnelle Erfolge gegen die Perser und gewann die gesamte Troas von Pharnabazos. In der Folgezeit wandte er sich hauptsächlich gegen die Thraker zur Sicherung der Chersonesos, rückte aber auf Weisung der Ephoren nach Karien vor, wo er aufgrund einer konzertierten Aktion der Satrapen Tissaphernes und Pharnabazos geschlagen und zum Rückzug gezwungen wurde. Derkylidas schloss daraufhin einen Waffenstillstand in Magnesia (397), der den Abzug der Spartaner und die Autonomie der griechischen Städte Kleinasiens garantieren sollte (Xen. hell. 3, 2, 12–20). Da allerdings persische Flottenrüstungen für Furcht in Griechenland sorgten, wurde Derkylidas nach drei Jahren im Jahre 396 von Agesilaos II. im Oberbefehl in Kleinasien abgelöst (zu Agesilaos s. S. 279f. zu Plut. ‹; s. ferner H OFSTETTER, Griechen, Nr. Art. 20, 3, ›
Perser und Griechen: Artaxerxes 20
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83, 48f.; H AMILTON, Agesilaus, 29f. u. 90f.). Derkylidas’ Hauptstärke lag – trotz deutlicher militärischer Erfolge – eher auf dem Gebiet der Diplomatie, wenn sich auch der Waffenstillstand von Magnesia als nicht dauerhaft erwies, da der Großkönig nicht auf seinen Anspruch auf die griechischen Städte verzichten wollte (W ESTLAKE, Intervention, 413–426; ausführlich zu Derkylidas und besonders zu seinen Aktionen in Kleinasien seit 399 s. W INTER, Derkylidas). 20, 3 : Der spartanische König Agesilaos II. (444/43–360/59) stammte aus der Familie der Eurypontiden und folgte im Jahre 398 seinem Bruder Agis II. in der Königswürde mit Hilfe seines Freundes Lysandros nach. Dieser setzte sich auch dafür ein, dass Agesilaos den panhellenisch stilisierten Kampf gegen Persien in Kleinasien ab 396 führen durfte (Xen. hell. 3, 4, 2–4). Obwohl er durch seinen Sieg am Paktolos bei Sardeis im Frühjahr 395 gegen Tissaphernes (Plut. Art. 20, 3: ) an Operationsfreiheit in Kleinasien gewonnen hatte, wurde er ein Jahr später von den Ephoren nach Sparta zurückberufen, da die spartanische Hegemonie durch die offene Feindschaft anderer griechischer Poleis (hauptsächlich Athen, Theben, Korinth und Argos) bedroht war (›Korinthischer Krieg‹). Wie von Plutarch angesprochen, hat der persische Großkönig die spartafeindlichen Städte, die sich bereits in einer Kriegskoalition gegen Sparta befanden (s. neuerdings B LECKMANN, Fiktion, 91–100) mit finanziellen Mitteln unterstützt; zu dieser gesamten Periode im Leben des Agesilaos s. H AMILTON, Agesilaus, 86–119 (ch. 4: Agesilaus’ Rise to Power). Agesilaos führte in der Folgezeit die spartanischen Truppen erfolgreich (394 Sieg bei Koroneia über die Boioter) und erhielt somit Spartas hegemoniale Stellung. Er konnte 387/86 zusammen mit Antalkidas und persischer Unterstützung die Annahme des ›Königsfriedens‹ durch die griechischen Poleis erzwingen und Sparta neben der persischen Garantiemacht immerhin in die Rolle der treibenden innergriechischen Kraft dieser Friedensordnung setzen. Seine starre Hegemonialpolitik führte letztendlich aber zur Katastrophe von Leuktra (371). Agesilaos konnte zwar Sparta in den Jahren 370 und 362 vor der Eroberung bewahren (Xen. hell. 6, 5, 3–32), die Macht der Polis aber war gebrochen. In hohem Alter (über 80jährig) kämpfte er noch als Söldnerführer in Nordafrika, um Subsidien für seine bedrängte Polis zu erlangen, und verstarb um 360/59 in Kyrene (Plut. Ages. 36–50; s. H OFSTETTER, Griechen, Nr. 3, 2–4; W ELWEI, Agesilaos, 254f.; C ARTLEDGE, Agesilaos; D E VOTO, Agesilaos; D EBORD, L’Asie, 233–263). 20, 4f. : Plutarchs Schilderung der Mission des Timokrates ist problematisch: Der Großkönig per-
Agesilaos II.
Timokrates
280
Chronologie
2. Kommentar
sönlich schickt Timokrates nach der Niederlage des Tissaphernes gegen Agesilaos mit Bestechungsgeldern nach Griechenland. Bei der hier erwähnten Feldschlacht wird es sich um die Schlacht bei Sardeis, Tissaphernes’ Niederlage am Paktolos im Frühjahr 395, gehandelt haben. Diese zeitliche Einordnung Plutarchs passt zu Xenophons Datierung in seinen Hellenika, wobei dieser aber Tithraustes als Auftraggeber des Timokrates sieht, nicht den Großkönig (hell. 3, 5, 1f.). Die communis opinio unterstellt Xenophon hier einen Fehler und meint, dass dem Bericht der Hellenika Oxyrhynchia mehr Vertrauen zu schenken sei (z.B. U RBAN, Königsfrieden, 44–47; S CHEPENS, Money, 1217f.; B RUCE, Commentary, 60: »There can be no doubt that the information given by P is preferable to that of Xenophon« u.a.), die Pharnabazos als Initiator der Mission nach Griechenland führen (Hell. Oxyrh. 10, 5). Xenophons Darstellung bietet nämlich ein chronologisches Problem, weil Tithraustes Tissaphernes erst nach der Niederlage am Paktolos abgelöst hat, der Korinthische Krieg aber schon vor oder allenfalls gleichzeitig mit dieser Schlacht ausgebrochen ist (B LECKMANN, Fiktion, 92): Timokrates’ Bestechungen können also nach dieser gängigen Chronologie unmöglich diesen Krieg ausgelöst haben. Hält man aber an diesem Zusammenhang fest, muss Timokrates bedeutend früher in Griechenland aktiv gewesen sein (vielleicht schon 397/96), so dass als Akteur tatsächlich Pharnabazos, wie die Hellenika Oxyrhynchia behaupten, plausibler erscheinen würde, da Tithraustes noch gar nicht in Kleinasien aktiv war – Xenophon hätte demnach einen falschen Namen genannt. B LECKMANN zeigt aber überzeugend gegen die communis opinio, dass Xenophons Chronologie und ›Tithraustes‹ richtig, dessen Ursacheneinschätzung des Krieges aber eine falsche, weil tendenziöse ist: Das Geld hat nicht – wie von Xenophon explizit behauptet – der Schaffung einer antispartanischen Stimmung und eines Krieges in Griechenland gedient (so stellte es wohl die spartanische Propaganda dar, von der Xenophon hier abhängt), sondern der konkreten Finanzierung konzertierter Aktionen der schon gegen Sparta verbündeten Truppen, die dann wohl in der Schlacht von Nemea gipfelten (Mai/Juni 394; Xen. hell. 4, 2, 17). Trennt man sich also von Xenophons Aussage, dass der Krieg erst durch das persische Geld initiiert worden sei, stimmen die Datierung der Mission und der Auftraggeber Tithraustes bei Xenophon, nur dessen Verquickung mit dem Ausbruch des Krieges ist fehlerhaft (beeinflusst durch die spartanische Deutung, die so die Polis einer vom Großkönig ›gekauften‹ Opposition in Griechenland gegenüberstehen lassen konnte und nicht einer Opposition, die nur vom Großkönig unterstützt wurde; hinzu tritt vielleicht noch eine gewisse Sorglosigkeit Xenophons in chronologischen Fragen).
Perser und Griechen: Artaxerxes 20
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Eine solche Annahme erscheint auf den ersten Blick gewagt, da einerseits der Bericht der Hellenika Oxyrhynchia scheinbar ohne einen derartigen Eingriff stimmig ist und andererseits viel leichter eine Namensvertauschung als ein Fehler auf der Ebene der Ursachenerklärung denkbar ist. Aber B LECKMANN, Fiktion, 95–100 weist zu Recht darauf hin, dass nirgends in den Hellenika Oxyrhynchia die Mission des Timokrates datiert wird. Es stimmt zwar, dass Pharnabazos hier als Auftraggeber genannt wird, aber nach B LECKMANN ist davon auszugehen, dass der Autor der Hellenika Oxyrhynchia – seiner auch sonst zu beobachtenden Arbeitsweise entsprechend – nur Details (so den Namen des Tithraustes) geändert, die Chronologie Xenophons aber beibehalten hat, so dass sich beide nicht im Zeitpunkt, sondern nur in der Angabe über die Herkunft des Goldes unterscheiden (s. auch T UPLIN, Failings, 169: »We might theoretically construct that Xenophon and Hellenica Oxyrhynchia only differ on the gold’s source.«). Hierzu passt auch, dass der Autor der Hellenika Oxyrhynchia gerade beabsichtigt zu zeigen, dass die antispartanische Stimmung und der Krieg nicht erst durch Bestechungen des Großkönigs ›ausgelöst‹ wurden, vielmehr lediglich die bestehende Allianz gestärkt worden sei (Hell. Oxyrh. 9, 3–10, 5). Er sah also keinen Zusammenhang zwischen dem Kriegsausbruch und der Mission des Timokrates, so dass es auch keinen Grund, außer der Nennung des Pharnabazos, gibt, bei ihm eine Frühdatierung zu vermuten (397/96). Diese Sicht wird durch eine Polyainos-Passage unterstützt, die bisher als eine Mischung aus Xenophon (angeblich falsche Chronologie) und Hellenika Oxyrhynchia (scheinbar richtiger Name: Pharnabazos) angesehen wurde (Polyain. 1, 48, 3). Diese Kontaminationsthese ist nach B LECKMANN, Fiktion, 99 nicht erforderlich, da Polyainos in beiden Punkten (eben: richtige Chronologie, dafür aber ein falscher Name) einfach die Version der Hellenika Oxyrhynchia wiedergibt. Wie dem auch sei, Plutarchs Quelle scheint, auch wenn sie vielleicht nicht Xenophon war (Dinon [?], s. hierzu oben, S. 275f. zu Plut. Art. 20, ‹), dieser Chronologie zu folgen. Nicht 1–6, › zu entscheiden ist hier, um wen es sich handeln könnte, da weder Tithraustes noch Pharnabazos erwähnt werden. Mit dem direkten Auftrag durch den Großkönig bietet Plutarch eine dritte Variante, die vielleicht seiner Vorlage, vielleicht aber auch einer Kürzung (transfer) zuzuschreiben ist, so dass der Name des Satrapen, der vielleicht in Plutarchs Augen, eines Griechen unter römischer Herrschaft, sowieso nicht eigenständig handeln konnte, ausgefallen ist. Damit fehlt dann aber gerade das entscheidende Indiz, um die Vorlage näher bestimmen zu können. Die hier von Plutarch erwähnten Städte, die sich gegen Sparta erhoben haben, sind sowohl nach Xenophons Hellenika (hell. 3, 5, 1) als auch nach Aussage der Hellenika Oxyrhynchia (Hell. Oxyrh. 10, 3; 20, 1) Theben, Ko-
Die antispartanische Koalition
282
Die Peloponnes
Boiotischer/ Korinthischer Krieg?
Die Ephoren
2. Kommentar
rinth, Argos und Athen. Beide Autoren unterscheiden sich darin, dass bei Xenophon in Theben, Korinth und Argos erst durch die Bestechungen des Timokrates eine antispartanische Gesinnung aufkam, während athenische Politiker das Gold nicht annahmen, aber aus Gründen der Staatsraison zum Krieg gegen Sparta entschlossen waren (Xen. hell. 3, 5, 1f.). Beim Autor der Hellenika Oxyrhynchia ist es genau andersherum: Nur in Athen waren die Bestechungsversuche erfolgreich bzw. nötig, da die anderen Poleis bereits einen antispartanischen Kurs verfolgten (Hell. Oxyrh. 10, 2f.). Diodor berichtet, anders als Plutarch, nichts davon, dass Städte auf der Peloponnes in Aufruhr geraten seien; im Gegenteil sagt er, dass dort niemand die Seite gewechselt habe, während aber andere Bündner Spartas der antispartanischen Allianz beigetreten seien (Diod. 14, 82, 3f.). Xenophon hingegen lässt die thebanischen Gesandten in Athen, die eine Kriegsallianz gegen Sparta anregen sollen, erwähnen, dass nicht nur in Argos und Korinth, sondern auch in Elis, Arkadien und Achaia antispartanische Strömungen die Überhand gewinnen würden (Xen. hell, 3, 5, 12f.). Allerdings zieht wenig später der König Pausanias mit seinen peloponnesischen Verbündeten (mit Ausnahme Korinths) nach Boiotien (Xen. hell. 3, 5, 17), so dass es mit dieser feindlichen Gesinnung wohl doch nicht so weit her war (so führt Xenophon auch u.a. Elis und weitere peloponnesische Verbündete der Spartaner vor der Schlacht von Nemea auf; hell. 4, 2, 16f.; auch Diod. 14, 83, 1f.). Plutarch nennt diesen Konflikt hier recht allgemein (»griechischer Krieg«; Art. 20, 4), kennt ihn aber auch als (»Boiotischer Krieg«; Plut. Lysan. 27, 1; auch Diod. 15, 25, 1). Andere Autoren sprechen – ein Terminus der sich auch heute weitgehend durchgebzw. vom bellum Corinthium, dem setzt hat – vom »Korinthischen Krieg«, da ein großer Teil der militärischen Operationen im Gebiet Korinths stattfand (Isokr. or. 14, 27; Paus. 3, 9, 12; 4, 17, 5; Nep. Agesilaos 5, 1; Polyain. 1, 48, 3; zur Bezeichnung des Krieges s. auch F UNKE, Homónoia, 54, Anm. 27). 20, 5 : Erstaunlicherweise spricht Plutarch hier von Archonten, anstatt den korrekten spartanischen Terminus ›Ephoren‹ zu verwenden. Dass er die Bezeichnung für die spartanischen Jahresbeamten kannte, steht außer Frage (nur einige Belege: Lykurg. 28, 4; Per. 22, 2; Alk. 28, 10 usw.). Noch auffälliger ist, dass er den Terminus an anderer Stelle in genau demselben Kontext korrekt gebraucht (Plut. Ages. 15, 2; ebenso mor. 211A; s. auch Nep. Agesilaos 4, 1: ephorum missu). Hinzu tritt noch, dass er auch in dieser Vita noch einmal die Ephoren erwähnt: Angeblich nimmt sich Antalkidas aus Furcht vor den Ephoren das Leben (Art. 22, 7). Mehr als die eigenartige Abweichung hier zu konstatieren ist nicht möglich. We-
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der ist ein Fehler seiner Vorlage denkbar, noch dass Plutarch diesen einfach übernommen hätte. 20, 6 : Plutarch wiederholt diese Anekdote sowohl in der Vita des Agesilaos (15, 8), als auch in den Apophthegmata Lakonika (mor. 211B), wobei die Handschriften nicht eindeutig die Geldmenge wiedergeben. Die meisten Textausgaben (Teubner und Budé) führen als Lesart 30000 Bogenschützen. Xenophon, der zwar das Bonmot nicht wiedergibt, weiß aber, dass Timokrates Gold im Wert von 50 Talenten Silber mit sich geführt habe (hell. 3, 5, 1). Dies ergibt nach Xenophons eigener Umrechnung (an. 1, 7, 18: 3000 Dareiken sind 10 Talente) 15000 Dareiken, 30000 dieser Münzen würden also 100 Talenten entsprechen (s. hierzu S HIPLEY, Commentary, 209, der sich für Xenophons Mengenangabe entscheidet). Die häufige Wiederholung dieser Anekdote legt durchaus nahe, hier Plutarch wieder die Nutzung eines Anekdotenkompendiums zu unterstellen (zu diesem The‹). Zum ma s. S. 128–131 zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹. Dareikos und seinem Münzbild s. S. 146–149 zu Plut. Art. 5, 1, ›
Bonmot des Agesilaos (1)
Artaxerxes 21 Inhalt
Unter dem Kommando Konons und des Pharnabazos gelingt es der persischen Flotte, die spartanische Flotte anzugreifen und in der Schlacht bei Knidos (394) die Seeherrschaft der Spartaner endgültig zu brechen. Der Großkönig gewinnt daraufhin entscheidenden Einfluss auf die Geschicke Griechenlands, so dass unter seiner Schirmherrschaft der sogenannte Antalkidasfriede geschlossen wird, der alle griechischen Städte Kleinasiens dem Großkönig tributpflichtig macht.
Datierung
Der Zeitraum der Flottenrüstungen unter Konon bis zur Schlacht von Knidos und dem Antalkidasfrieden lässt sich relativ sicher auf die Jahre zwischen 397 und 387/86 datieren.
Quellenanalyse
Briefwechsel
21, 1–6 : Plutarchs Quellennutzung in diesem Kapitel ist erneut nicht einfach zu bestimmen. Als sicher hat zu gelten, dass er hier ein letztes Mal auf Ktesias’ Persika zurückgegriffen hat, aus denen er die Information nimmt, dass der Großkönig selbst Ktesias zu Konon geschickt habe (Plut. Art. 21, 4). Diese Aussage des Ktesias lässt Plutarch allerdings erst einer anderen Version folgen, die Ktesias der Fälschung eines Briefes Konons an Artaxerxes II. mit dem Ziel bezichtigt, zu Konon geschickt zu werden. Plutarch führt diese Variante mit einem sehr allgemeinen ein, was aber keineswegs eine Distanzierung zum Gesagten ausdrücken soll (s. hierzu S. 289 zu Plut. Art. 21, 4, › ‹). Es ist die communis opinio, dass Plutarch diese Version aus Dinons Persika genommen habe (H AUG, Quellen, 98; S MITH, Study, 4; M ANTEY, Quellen, 17; S TEVENSON, Persica, 25, 117). In der Tat ist auch kaum eine andere Möglichkeit denkbar, da eine derartige Detailkorrektur der Schilderung des Ktesias nur aus einem Werk stammen kann, das sich dadurch auszeichnet, Ktesias Fehler und Schwächen nachzuweisen. Wie schon in vielen Fällen zu sehen war, entspricht diese Art der ›Korrektur‹ einer der Hauptarbeitsweisen Dinons (s. z.B. die Schilderungen zur Ermordung der Stateira, Plut. Art. 19). Auffällig ist hieran nur, dass Plutarch Dinon nicht namentlich erwähnt, wie er es bei Widersprüchen zwischen seinem und dem Werk des Ktesias immer wieder getan hat. Dies ist nicht zu erklären, mag aber vielleicht auf der Verwendung eines weiteren Parallelberichts beruhen, der dann sehr nah an Dinons Werk angelehnt gewesen sein muss. Auch denkbar ist, dass ein Verfasser einer sogenannten ›Plagiatschrift‹ (z.B. Pollion in seiner , s. S TEMPLINGER, Plagiat, 35) Dinons Kritik Schrift übernommen hat. Ein Bericht über den Briefwechsel zwischen Konon, Artaxerxes, Euagoras und Ktesias ist in den Exzerpten des Photios zwar etwas ausführlicher
Perser und Griechen: Artaxerxes 21
285
erhalten, allerdings in seiner Zusammenfassung der Ereignisse sehr komplex und nicht unbedingt luzide (FGrH 688, F 30 [72–74]). Ohne auf Details eingehen zu wollen, ist aber festzuhalten, dass Ktesias dem Euagoras eine relativ wichtige Rolle bei der Bestellung Konons zum Admiral der persischen Flotte zuzuschreiben scheint. Andere Überlieferungen betonen indes eher die Rolle des Pharnabazos (Diod. 14, 39; Iust. 6, 1; Nep. Konon 2f.). Ferner fällt auf – auch dies ist für Ktesias nicht überraschend – , dass er selbst in prominenter Rolle hierbei erscheint. So erhält Ktesias sowohl Briefe von Konon als auch von Euagoras, mit dem Ktesias offensichtlich sogar über andere politische Probleme, wie etwa die Aussöhnung mit Anaxagoras, dem König der Kyprier, gesprochen haben soll. Ferner spricht Ktesias auch mit dem Großkönig über Konon. Schon Plutarch stellt fest, dass Ktesias eine Tendenz zeige, sich selbst in die Darstellung in wichtiger Funktion einzubringen, was eben diese Stelle höchst verdächtig macht (Art. 13, 7). Wenn wir Plutarchs Urteil vertrauen, sollte der Umstand, dass der griechische Arzt erstaunlich häufig bei wichtigen Entscheidungen (u.a. als Intimus der Königinmutter) zugegen war, Misstrauen wecken. Plutarchs Informationen über diesen Brief, der entweder Zenon, dem Kreter, oder Polykritos von Mende ausgehändigt werden und erst für den Fall, dass die beiden nicht erreichbar wären, über Ktesias zum Großkönig gelangen sollte, können kaum aus Ktesias’ Persika stammen. Ktesias gibt nämlich vor, bereits vorher in Briefkontakt zu Konon und Euagoras gestanden zu haben, so dass es erstaunlich wäre, wenn Konon nun einen anderen Adressaten gewählt haben sollte. Ferner deutet vor allem die Einführung weiterer Namen an, dass hier Ktesias’ ursprünglicher Bericht überarbeitet worden ist, mit der Absicht, den Autor nicht in gutem Licht dastehen zu lassen: So scheint zwar Zenon in Ktesias’ Werk aufzutauchen (FGrH 688, F 31; Athen. 1, 22C), aber nichts deutet in den Photios-Exzerpten darauf hin, dass Ktesias ihn hier in diesen Staatsgeschäften eine Rolle hat spielen lassen. Vielmehr ist klar zu erkennen, dass die Funktion des Ktesias herabgesetzt werden sollte: Ein Tänzer und ein anderer Arzt werden als ursprüngliche Überbringer genannt, Ktesias ist sozusagen nur die Notlösung, sein Einfluss erscheint hier also minimal. Nur durch Zufall gerät so der Brief in seine Hände, und er fälscht ihn auch sogleich zu seinem Vorteil. S TEVENSON, Persica, 118 hält Dinons Version für nicht überzeugend, da es kaum denkbar sei, dass Ktesias den Inhalt des Briefes ›überarbeitet‹ haben sollte. Sie schließt ebenfalls aus, wie schon in Zusammenhang mit der Ermordung der Stateira (s. S. 267f. zu Plut. Art. 19, 1–10, › ‹), dass Dinon diese Information der königlichen Propaganda entnommen habe: Dem König könne kaum daran gelegen gewesen sein, dass der Eindruck entstehe, seine Korrespondenz könne gefälscht werden. Dieser Ansicht ist sicher zuzustimmen; die Korrekturen an Ktesias dürften allein der
Diskreditierung
286
2. Kommentar
Phantasie Dinons entstammen. Konsequenterweise sollten aber diese Passagen (Ermordung der Stateira und hier die Fälschung), die Dinon offensichtlich frei als Gegenentwurf zu Ktesias gestaltet hat, Anlass geben zu fragen, ob er überhaupt über eine gut informierte, hofnahe Quelle verfügt hat. Meiner Ansicht nach ist dies zu verneinen (s. auch S. 195–197 zu Plut. Art. 10, ‹ sowie S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, 1–3, › ‹). › Die Seeschlacht von Knidos (1)
Konon
21, 1 : Plutarch greift hier vor: Er meint die Niederlage der spartanischen Flotte bei Knidos (394), die er ein wenig weiter unten noch einmal explizit anspricht (s. S. 290f. zu Plut. Art. 21, 5, ‹). › : Konon war einer der führenden athenischen Feldherren während des Peloponnesischen Krieges und kämpfte im Korinthischen Krieg unter persischem Oberbefehl gegen Sparta. Ihm gelang nach der athenischen Niederlage bei Aigospotamoi (zur Schlacht s. S. 288f. zu Plut. Art. 21, 1, ‹) die Flucht mit wenigen Schiffen nach Zy› pern (Xen. hell. 2, 1, 28f.; Diod. 13, 106, 6), wo er vom König Euagoras freundlich aufgenommen wurde. Konon verblieb auf Zypern für mehrere Jahre, immer auf eine Gelegenheit wartend, seiner Heimatstadt zu helfen (Isokr. or. 7, 62–65; 9, 52–57; Diod. 14, 39, 3). Mit Spartas Kriegseröffnung in Kleinasien gegen die Perser bot sich ihm die Möglichkeit, mit Hilfe von Pharnabazos (zur Person s. den unmittelbar folgenden Eintrag, › ‹) und Artaxerxes II. auf Zypern eine Flotte von 100 Schiffen (Trieren) zu bauen, um als Admiral in persischen Diensten gegen Sparta zu kämpfen (Diod. 14, 39, 1f.; Iust. 6, 1, 4–9). Die Arbeiten sollen schnell vollendet (397) und die Flotte u.a. mit athenischen Mannschaften und Waffen ausgestattet worden sein (Isokr. or. 9, 56). Zunächst waren Konons Flottenoperationen seit 396 in der süd-östlichen Ägäis nur mäßig erfolgreich, hatte er doch auch mit finanziellen Problemen zu kämpfen, die erst nach seiner Reise zum Großkönig nach Babylon endgültig ausgeräumt wurden (Diod. 14, 81, 4–6; Iust. 6, 2, 12–16; s. auch M ARCH, Konon, 264–269). Mit Pharnabazos als weiterem Flottenkommandanten gelang Konon im Jahre 394 bei Knidos der entscheidende Sieg über die spartanische Flotte unter dem Nauarchen Peisandros (zur Schlacht bei Knidos s. S. 290 zu Plut. Art. 21, 5, › ‹). In der Folgezeit nutzte Konon persisches Geld, um in Athen den Wiederaufbau der ›Langen Mauern‹ und der Befestigungen der Hafenanlagen (Piräus) zu vollenden (Xen. hell. 4, 8, 9–12; Diod. 14, 85, 2). Sein Hauptziel – auch in persischen Diensten – war offensichtlich die erneute Stärkung und Wiederherstellung der verlorenen hegemonialen Stellung Athens nach der Niederlage im Krieg gegen Sparta. In Folge dieser Entwicklungen
Perser und Griechen: Artaxerxes 21
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trat Sparta durch Antalkidas (zur Person s. S. 290–292 zu Plut. Art. 21, 5f., ‹) mit dem neuen Satrapen von Sardeis, Tiribazos › ‹), der mit Pharnabazos in (s. bereits S. 153f. zu Plut. Art. 5, 3, › Konkurrenz stand, in Friedensverhandlungen und bot den Verzicht auf die griechischen Städte Kleinasiens an. Auch Konon befand sich – wohl nicht in offiziellem Auftrag – bei Tiribazos in Sardeis, der, umgestimmt durch die spartanischen Unterhändler, Konons Ablehnung der Vertragsbedingungen als Verrat auslegte und ihn verhaften ließ (Xen. hell. 4, 8, 16; Diod. 14, 85, 4). Ihm soll aber die Flucht nach Zypern zu Euagoras gelungen sein, wo er kurze Zeit später verstorben sein soll (Lysias 19, 39–41; zu Konon s. S CHMITT, Conon, 133f.; F UNKE, Homónoia, 118–135; M ARCH, Konon, 257–269). : Pharnabazos II., Sohn Pharnabazos’ I., der unter Xerxes und Artaxerxes I. Satrap des Hellespontischen Phrygiens war (Thuk. 2, 67, 1), diente unter Dareios II. und Artaxerxes II. als Satrap im selben Amtsbereich wie sein Vater (s. neuerdings K LINKOTT, Satrap, 509 [Verzeichnis der Einzelbelege] u. passim; ferner BALCER, Study, 84 mit Anm. 11). Seine Residenz befand sich in Daskyleion (Xen. an. 5, 6, 24 u. 7, 8, 25; hell. 4, 1, 15). Der Name Pharnabazos enthält genau wie Tiribazos (s. ‹) als zweiten Bestandteil das altiraS. 153 zu Plut. Art. 5, 3, › nische *vazdah- »(etwa:) Kraft, Ausdauer, Gedeihen«. Das erste Element bildet der in altiranischen Personennamen sehr häufige altiranische Stamm *farnah- »Ruhm(esglanz)« (s. S CHMITT, Iranier-Namen, 75–77; neuerdings dens., Anthroponyme, 125f.; zum Farnah s. S. 244f. zu Plut. Art. 15, 7, › ‹). Im Peloponnesischen Krieg unterstützte er zunächst Sparta, schloss aber auch Verträge mit den Athenern, weil er nicht in der Lage war, ihre Angriffe auf seine Territorien abzuwehren (Xen. hell. 1, 3, 8–13). 404 nahm er Alkibiades auf, ließ ihn aber wenig später ermorden. Über Pharnabazos’ Motiv hierfür gibt es verschiedene Überlieferungen: Plutarch behauptet, dass Lysander auf Weisung der spartanischen Obrigkeit von Pharnabazos die Ermordung des Alkibiades gefordert habe (Plut. Alk. 38), während Diodor überliefert, dass er ihn töten ließ, weil er mit ihm in Konkurrenz um die Gunst des Großkönigs stand. Konkret ging es um Informationen über die spartanische Zusammenarbeit mit Kyros dem Jüngeren gegen Artaxerxes (Diod. 14, 11, 2–4; Isokr. or. 16, 40; s. S. 135 zu Plut. Art. 4, 3, › ‹). Er unterstützte Konon (zu ihm s. bereits S. 286f. zu Plut. ‹) beim Bau einer Flotte und brachte mit ihm zusammen Art. 21, 1, › 394 bei Knidos (zur Seeschlacht s. S. 290 zu Plut. Art. 21, 5, › ‹) der spartanischen Flotte die entscheidende Niederlage bei. Pharnabazos hat im folgenden Jahr noch Melos und Kythera erobert und soll eine
Pharnabazos
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2. Kommentar
Tochter Artaxerxes’ II., Apama, geheiratet haben (zu Apama und der Ehe mit ‹). Pharnabazos s. S. 344 zu Plut. Art. 27, 7, › Aigospotamoi
Briefwechsel
Zenon
Polykritos
: Aigospotamos oder Aigospotamoi (»Ziegenfluss«) ist der Name eines Baches an der Ostküste der thrakischen Chersonesos gegenüber von Lampsakos (Xen. hell. 2, 1, 21: die Meeresbreite zwischen der Küste der Insel und dem Festland soll hier ungefähr 15 Stadien, ca. 2, 8km, betragen haben). Bekannt wurde dieser Ort durch die katastrophale Niederlage der athenischen Flotte gegen die Spartaner unter ihrem Nauarchen Lysandros im Jahr 405. Diese Niederlage bedeutete die Entscheidung im Dekeleischen Krieg (413–404) und somit im Peloponnesischen Krieg, da Athen seiner gesamten Flotte beraubt wurde und keine Ressourcen für den Bau einer neuen aufbringen konnte. Die spartanische Flotte konnte nun ungehindert Athen belagern und die lebensnotwendige Zufuhr von Getreide über See unterbinden. Ein Jahr nach der Niederlage, die das Ergebnis militärischer Fehlleistungen Athens war, musste die Polis kapitulieren (s. B LECKMANN, Weg, 115–128 u. 594–603 mit einer detaillierten Analyse der Überlieferung zur Schlacht). 21, 2–4 : Zu diesem Briefwechsel, der Rolle von Ktesias, Euagoras und Konon, die in der Überlieferung sehr unterschiedlich ausfällt, s. S. 284–286 zu Plut. Art. 21, 1–6, › ‹. 21, 3 : Zenon, ein Kreter, war angeblich Tänzer am Hofe Artaxerxes’ II. Über ihn haben wir – abgesehen von einem Fragment des Ktesias bei Athenaios (Athen. 1, 22C), wo wir erfahren, dass der Großkönig ihn sehr geschätzt habe – nur Kenntnis aus Plutarch, der hier vielleicht Dinon als Vorlage genutzt hat, der wiederum Ktesias umgeschrieben zu haben scheint. Letztlich scheint also nur Ktesias über Zenon berichtet zu haben (s. H OFSTETTER, Griechen, Nr. 337, 190). Konon soll einen Brief an den Großkönig geschickt haben, in dem er ihm seine Pläne für einen Seekrieg gegen Sparta unterbreitet habe. Der Überbringer sollte dieses Schreiben entweder dem Kreter Zenon oder Polykritos von Mende, der als Arzt am Hofe Artaxerxes’ II. tätig gewesen sein soll, aushändigen. Über diesen Polykritos sind wir noch schlechter – nämlich nur aus dieser Erwähnung Plutarchs – informiert (B RIANT, Cyrus, 263). S MITH, Study, 16 vermutet diesen Polykritos hinter den Ausführungen Dinons zur Ermordung der Stateira durch Parysatis (Plut. Art. 19); diese Zuweisung ist allerdings zum einen reine Spekulation, zum anderen zeigt die Analyse der Arbeitsweise Dinons, dass er hierfür keiner gut informierten Autorität gefolgt ist bzw.
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folgen musste, sondern den Gegenentwurf zu Ktesias frei gestaltet hat, wobei ihn wohl das Bestreben leitete, eine plausibler erscheinende Darstellung als Ktesias zu liefern (s. hierzu S. 284–286 zu Plut. Art. 21, 1–6, › ‹ und S. 267 zu Plut. Art. 19, 1–10, › ‹). Aus chronologischen Gründen hat es als sicher zu gelten, dass er nicht mit dem Historiker Polykritos von Mende identisch sein kann, von dessen Werk uns wenige Fragmente erhalten sind (FGrH 559; anderer Ansicht ist T UPLIN, Doctoring, 318f., ohne allerdings das chronologische Problem zu lösen; so auch AUBERGER, Histoires, 9; s. zur Person des Polykritos vor allem Z IEGLER, Polykritos, 1760f., sowie ferner – wie immer für die Griechen in persischen Diensten – H OFSTETTER, Griechen, Nr. 272, 157). 21, 4 : Plutarch äußert hier erneut und zum letzten Mal Kritik an Ktesias, indem er eine Version wiedergibt, die Ktesias unterstellt, einen Brief gefälscht zu haben, um so vom Großkönig auf eine Mission zu Konon geschickt zu werden. Plutarch leiein, das nach der communis opinio Zweifel an tet diese Kritik mit der Glaubwürdigkeit der folgenden Aussage ausdrücken soll (s. z.B. D UFF, Lives, 3, 53f., 77, 213; S TADTER, Commentary, 320f.; P ELLING, Plutarch, 118). Dieser Ansicht hat C OOK, Use auf der Basis einer Untersuchung der griechischen Biographien mit einem Schwerpunkt auf der Alexanderbiograkein Signal für Zweifel des phie widersprochen. Er sieht in Plutarchs Autors, sondern eine Versicherung des Autors, dass er auf eine allgemeine Tradition zurückgreife, die besonders den Charakter des Protagonisten widerspiegle. So werden z.B. 23 der 26 Anekdoten in der Alexandervita von eingeleitet (C OOK, Use, 342f.). In der Vita des ArtaPlutarch mit xerxes nutzt Plutarch diese Einleitung nur ein einziges Mal (nämlich hier), und es ist C OOK zuzustimmen, dass Plutarch hier sicherlich keine Zweifel an der Information oder seiner Quelle ausdrücken will – im Gegenteil ist er bemüht, hiermit die Gegenmeinung (Ktesias) zu diskreditieren. Allerdings folgt Plutarch hier weder einer allgemeinen, unbestimmten Tradition, noch wird der Charakter des Protagonisten beleuchtet. Vielmehr nutzt Plutarch die Gelegenheit, Ktesias erneut zu diffamieren, wie er es in dieser Vita häufiger tut. Dass dieser Vorwurf wohl aus Dinons Werk stammt, ist bereits oben thematisiert worden (s. Quellenanalyse S. 284–286 zu Plut. Art. 21, 1–6, › ‹), so dass es ein wenig verwundert, dass Plutarch hier nicht einfach Dinon nennt, da er bisher auch beide Autoren des öfteren gegenübergestellt hat (Plut. Art. 1, 4; 6, 9; 10f.; 19). Ktesias’ Version war nach Plutarch eine andere: Der Großkönig habe ihn ohne sein Zutun mit dieser Aufgabe betraut. Die Exzerpte des Photios sprechen zwar in einer verwirrenden Kürze von mehreren Briefwechseln zwischen dem Großkönig, Konon, Euagoras und Ktesias (FGrH 688, F 30 [72–74]), erwähnen aber nicht, dass
Ktesias und Konon
290
2. Kommentar
Ktesias mit einer derartigen Aufgabe betraut worden, sondern nur, dass er nach Knidos zurückgekehrt sei (FGrH F 30 [75]). Diese Mission muss Photios ausgelassen haben, da wir Plutarchs Exzerpt vertrauen können, der hier sogar eine Gegenversion kennt. Die Seeschlacht von Knidos (2)
Der Einfluss des Perserkönigs
Antalkidas
: Die Polis Knidos auf der karischen bzw. 21, 5 dorischen Chersonesos ist hauptsächlich bekannt durch den Seesieg der persischen Flotte unter dem Kommando des Atheners Konon (und des persischen Satrapen Pharnabazos) im Jahre 394 über die Spartaner. Konon, der bereits seit 397 in persischen Diensten in der südöstlichen Ägäis operierte, konnte die spartanische Seeherrschaft durch seinen Sieg über die 84 Schiffe unter dem Kommando des spartanischen Nauarchen Peisandros mit einem Schlag vollständig vernichten (Xen. hell. 4, 3, 11f.; Isokr. or. 9, 56; Diod. 14, 83, 4–7). Dies war der größte Erfolg der Perser (wenn auch unter einem athenischen Admiral) seit dem Sieg über die Flotte des Seebundes im Nildelta während des Inaros-Aufstandes 454. Die griechischen Städte Kleinasiens waren damit für die Lakedaimonier in der Folgezeit unerreichbar, und viele fielen deshalb von Sparta ab (Xen. hell. 4, 8, 1–3; Diod. 14, 84, 3f.). : Schon vor der Schlacht von Knidos waren über Timokrates persische Subsidien nach Griechenland geflossen, um die antispartanische Allianz zu stärken, so dass der Großkönig durchaus effizient auf die Geschicke Griechenlands Einfluss nahm (so auch schon während des Peloponnesischen Krieges, den letztlich die Polis für sich entscheiden konnte, die über die persische Unterstützung verfügte). Aber nach dem Verlust der Flotte konnte Sparta den Druck im Krieg in Kleinasien nicht aufrecht erhalten, und binnen weniger Monate nach Knidos wechselten die meisten kleinasiatischen Poleis auf die persische Seite und vertrieben die spartanischen Harmosten (Xen. hell. 4, 8, 1–3; Diod. 14, 84, 3f.). Ferner stieß die persische Flotte unter Konon nun in die Ägäis vor, eroberte die Kykladen und Kythera und fuhr bis Korinth (Xen. hell. 4, 8, 8; Diod. 14, 84, 5). Es lag nun erstmals seit fast 90 Jahren wieder eine persische Flotte vor der griechischen Küste, so dass es nicht übertrieben ist, wenn B RIANT, Cyrus, 645 feststellt, dass der Triumph der Perser strahlend gewesen sei (noch deutlicher ist S CHULZ, Athen, 138: »Persien stand auf dem Zenit seiner Macht.«). Der persische Einfluss auf Griechenland war nun manifest, die Erfolge des Delisch-Attischen Seebundes waren praktisch aufgehoben. 21, 5f. : Antalkidas ist nach Plutarch Sohn des Leon. Sollte diese Notiz stimmen, könnte sein Vater der Olympiasieger von 440 gewesen sein. Pedaritos, der als spartanischer Harmost Chios 412/11
Perser und Griechen: Artaxerxes 21
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gegen die Athener verteidigte und dabei den Tod fand (Thuk. 8, 28, 4. 55, 3), wäre demnach sein Bruder. Antalkidas müsste dann zum spartanischen Hochadel gezählt werden. Er war bereits im Frühjahr 392 in diplomatischer Mission in Sardeis, um den Großkönig zu einem Frieden mit Sparta zu bewegen (wie schon 412/11 war Sparta wieder bereit, die kleinasiatischen Poleis dem Großkönig preizugeben), da die Fronten im Korinthischen Krieg relativ erstarrt waren (Xen. hell. 4, 8, 12–17; s. J EHNE, Eirene, 31f.: »Unverdrossen bot Antalkidas die offizielle Anerkennung der persischen Oberhoheit über die kleinasiatischen Griechen und damit die Erfüllung des territorialen Hauptzieles der Perser an; außerdem sollte man gemeinsam für die Autonomie aller anderen Griechen eintreten.«; ferner L EWIS, Sparta, 145f.; F UNKE, Homónoia, 136–139; U RBAN, Königsfrieden, 59–78). Durch das Herauslösen Persiens aus der Allianz der griechischen Spartagegner sollte – so das spartanische Kalkül – wieder Bewegung in den Kriegsverlauf kommen. Die Bedingungen schienen günstig, da Konon persische Subsidien zum Wiederaufbau der athenischen Hegemonie (Erneuerung der ›Langen Mauern‹) nutzte, was persischen Interessen gegenläufig sein musste (zu Konon s. S. 286f. ‹). Das spartanische Angebot entsprach im Kern zu Plut. Art. 21, 1, › bereits den Friedensbedingungen der Jahre 387/86: Die griechischen Poleis sollten autonom sein, ausgenommen die kleinasiatischen, die unter persische Herrschaft fallen sollten. Das Bekanntwerden der Mission des Antalkidas führte aber dazu, dass auch Athen, Korinth, Argos und Boiotien Gesandte nach Sardeis schickten, so dass es zunächst zu keinen bilateralen Verhandlungen zwischen Sparta und dem Perserkönig kommen konnte. Da die spartanischen Forderungen für die übrigen Poleis unannehmbar waren, scheiterte diese ungeplante Friedenskonferenz. Die persische Politik gegenüber den verfeindeten Griechen weist in dieser Zeit keine einheitliche Linie auf; so ist auch nicht von einer ›Schaukelpolitik‹ zu sprechen, die gezielt die griechischen Poleis gegeneinander führte. Tiribazos scheint, vielleicht aus Rivalität zu Pharnabazos, Sparta im Geheimen Subsidien zur Flottenrüstung gewährt zu haben (Xen. hell. 4, 8, 12–17; Plut. Ages. 23, 2), ohne hierfür anscheinend die Zustimmung des Großkönigs zu haben, der Struthas als Ablösung des Tiribazos nach Sardeis schickte. Dieser verfolgte einen proathenischen Kurs und zog gegen Thibron, der im Kampf gegen ihn sein Leben verlor (Xen. hell. 4, 8, 17–19; Diod. 14, 99, 1–3). Erst einige Jahre später, nachdem Athen wieder in der Ägäis aktiv geworden war und den aus persischer Sicht mittlerweile aufständischen Euagoras von Salamis auf Kypros unterstützte (Xen. hell. 4, 8, 24; 5, 1, 10), änderte Artaxerxes seine Außenpolitik in Hinsicht auf Sparta. Im Sommer 388 war Antalkidas mit Tiribazos in Persien und führte Verhandlungen, die letztendlich im Königsfrieden von 387/86 mündeten (Xen. hell. 5, 1, 6. 25; Diod. 14,
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2. Kommentar
110, 2). Die Bedingungen dieses Friedens wurden vom Großkönig diktiert und entsprachen weitgehend dem spartanischen Angebot von 392:
Der König Artaxerxes hält es für gerecht, daß die Städte in Asien ihm gehören und von den Inseln Klazomenai und Kypros, und daß die übrigen griechischen Städte, kleine wie große, in Unabhängigkeit gelassen werden, ausgenommen, Lemnos, Imbros und Skyros; diese sollen wie in der Vergangenheit den Athenern gehören. Wer aber diese Friedensbedingungen nicht annehmen will, gegen den werde ich Krieg führen mit denen zusammen, die diesen Frieden wollen, zu Lande und zu Wasser, mit meiner Flotte und meinem Gelde. (Xen. hell. 5, 1, 31; Übers. S TRASBURGER)
Der Widerstand Athens und der übrigen Spartafeinde musste erst von Antalkidas mit persischer Unterstützung durch die Sperrung der Meerengen (Engpässe in der Getreideversorgung Athens im Sommer 387) gebrochen werden. Im Herbst 387 wurde den griechischen Gesandten von Tiribazos in Sardeis der Frieden verlesen, für den der Großkönig als Garant eintrat (›Königsfrieden‹, Xen. hell. 5, 1, 31; Diod. 14, 110, 3). Auf einem anschließenden Kongress in Sparta mussten die Vertreter der Poleis diesen Frieden (der bekanntermaßen nicht allzu lange Bestand hatte) beschwören, der Korinthische Krieg wurde somit in aller Form beendet. Es ist sogar inschriftlich belegt, dass auch der Großkönig diesen Frieden beschworen hat (IG II2 34 = SIG3 142; zum Königsfrieden s. J EHNE, Eirene, 31–47; U RBAN, Königsfrieden, 101–125; BADIAN, Peace). Antalkidas unternahm nach der Niederlage bei Leuktra noch einmal eine diplomatische Mission nach Persien (s. dazu ‹), die angebS. 302f. zu Plut. Art. 22, 6f., › lich scheiterte, woraufhin er sich das Leben genommen haben soll (Plut. Art. 22, 7). Er war neben Agesilaos II. die zentrale Figur in der Zeit der Hegemonie Spartas. Die Inseln für den Großkönig
: Xenophon erwähnt im 21, 6 ›Königsfrieden‹ explizit die Inseln Klazomenai und Zypern als zukünftigen Machtbereich des Großkönigs (Xen. hell. 5, 1, 31), so dass davon auszugehen ist, dass Artaxerxes auch nur diese für sich beanspruchte. Aufgrund der bestehenden Machtverhältnisse wird sich diese Klausel hauptsächlich an
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Athen gerichtet haben, dessen Einmischung der Großkönig sich dort also explizit verbat. Für die restlichen Inseln der Ägäis galt somit die Autonomieklausel des Vertrages (s. hierzu U RBAN, Königsfrieden, 107–109.). : Plutarch sieht in dem Antalkidasfrieden eine Misshandlung ( ) und einen Verrat ( ) Griechenlands (auch Plut. Ages. 24, 1–4). Ähnlich sah es schon Isokrates, der mit seinem Panegyrikos wohl als einer der schärfsten Kritiker dieses Friedens gelten kann, der nichts Geringeres als dessen Aufhebung und einen Krieg gegen dessen Urheber (Perserreich) forderte (U RBAN, Königsfrieden, 11, 143f.; s. auch Z AHRNT, Xenophon, 303–309 zur Kritik des Königsfriedens bei Xenophon und Isokrates). Isokrates’ Kritik an athenischen Politikern zeigt aber, dass eine andere Sicht in Athen mehrheitsfähig war und auch verfolgt wurde (ebenfalls U RBAN, Königsfrieden, 169–177). Die Schuld für diesen schändlichen Frieden sucht Plutarch in anderen Werken bei den spartanischen Behörden und vor allem bei Antalkidas, der aus persönlicher Rivalität und Missgunst diesen Frieden betrieben habe, um Agesilaos’ Werk in Kleinasien bedeutungslos zu machen. Agesilaos selbst sei am Friedensschluss in keiner Weise beteiligt gewesen (Plut. Ages. 23; mor. 23B). Aus diesem Grund – er unterliegt seiner tendenziösen, agesilaosfreundlichen Sicht – hat Plutarch bereits keinen Zweifel an der Freiheitsparole der Spartaner geäußert (Plut. Art. 20, 2). Er übersieht hier, dass spätestens seit der Niederlage bei Knidos 394 Sparta de facto sowieso kaum Einfluss auf die Geschicke in Kleinasien nehmen konnte. Ferner zeigen auch die spartanischen Verträge von 412/11 (und die Bemühungen um einen bilateralen Frieden zwischen dem Perserreich und Sparta in den Jahren 392/91), dass Sparta relativ schnell bereit war, seine Interessen in Kleinasien aufzugeben.
Plutarch über den Frieden
Artaxerxes 22 Inhalt
Plutarch führt einige Beispiele für griechische Gesandte am Hofe des Großkönigs an: Antalkidas, der bis zur Schlacht von Leuktra beim Großkönig in hoher Gunst stand, die Thebaner Ismenias und Pelopidas, sowie den Athener Timagoras, der sich des Verrates schuldig gemacht hat.
Datierung
Abgesehen von den militärischen Aktionen des Agesilaos in Ägypten (361) sind die Gesandtschaften der anderen Griechen (auch die des Antalkidas) auf das Jahr 367 zu datieren.
Quellenanalyse
22, 1–12 : Zwei Punkte müssen für eine Quellenanalyse dieses Kapitel beachtet werden: 1. Die Erwähnung Dinons zu Beginn des Kapitels (Art. 22, 1): Es stellt sich u.a. die Frage, wie eng dieses Zitat mit dem Rest der Erzählung verbunden ist. 2. Die ganz ähnliche Auflistung von griechischen Gesandten am Hofe des Großkönigs bei Athenaios (2, 48D–F) sowie einige parallele Anekdoten bei Ailian.
Phainias?
Dieses Kapitel beginnt mit einer namentlichen Nennung Dinons, der nach Plutarch berichtet hat, dass Artaxerxes die Spartiaten verabscheut und für die unverschämtesten Menschen überhaupt gehalten habe. Dieses indirekte Zitat sei – so wurde es in der Forschung immer wieder gesehen – eng mit dem vorangegangenen Kapitel verbunden, so dass auch für Kap. 21 Dinon als wahrscheinliche Vorlage gilt (S MITH, Study, 17; M ANTEY, Quellen, 17). Ebenso sei es aber auch eng mit dem folgenden Inhalt und den Geschichten um Antalkidas verknüpft, so dass gemutmaßt wird, dass Dinon auch hierfür Vorlage gewesen sei (s. H AUG, Quellen, 98, der Dinon gar als Quelle des gesamten Kapitels ansieht; S MITH, Study, 17–21; M ANTEY, Quellen, 17f.; neuerdings S TEVENSON, Persica, 24f.). Zweifel hieran hat bereits S CHOTTIN, Observationes, 8 geäußert, der Phainias von Eresos als Quelle Plutarchs sieht. Nach der Suda war Phainias ein Schüler des Aristoteles und hatte seine ›Blütezeit‹ unter Alexander, ‹ [ 73]). wäre somit also deutlich jünger als Dinon gewesen (Suda, › Für einen Teil der bei Plutarch erwähnten Griechen am Hofe des Großkönigs (Antalkidas, Timagoras von Athen) gibt es eine ähnliche Textstelle im Werk des Athenaios (Athen. 2, 48D–F), die S CHOTTIN vollständig Phainias zuschreibt, der von Athenaios genannt wird (zu Person und Werk des Phainias s. L AQUEUR, Phainias; G OTTSCHALK, Phainias; FGrH 1012 (Phainias)
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mit Introduction and Commentary, 290–296; W EHRLI, Schule, IX, Phainias, F 1–51). Eine genaue Analyse der entsprechenden Athenaios-Passage ist zwar schwierig, da sich u.a. eine Doppelung, die vielleicht auf einen Fehler hinweist, findet (zwei Personen mit dem Namen ›Entimos‹ werden erwähnt, die zudem auch größtenteils die gleichen Gaben vom Großkönig erhalten). M ANTEY, Quellen, 18f. widerspricht zwar dieser These S CHOTTINs, seine Argumentation ist aber nicht überzeugend, so dass Phainias durchaus als Quelle des Athenaios in dieser Passage anzusehen sein könnte. Allerdings hat S MITH, Study, 20f. überzeugend nachgewiesen, dass die gravierenden Abweichungen zwischen der Version Plutarchs und der des Athenaios nicht erlauben, beide Texte direkt auf dieselbe Vorlage zurückzuführen: 1. Die Person, die Athenaios als Timagoras oder Entimos einführt (2, 48D; vielleicht identisch mit dem ein wenig später von Athenaios genannten Entimos, 2, 48F), scheint – bis auf den Namen – Plutarchs Timagoras zu sein. 2. In Plutarchs Schilderung vollzieht Ismenias von Theben die Proskynese vor dem Großkönig nur scheinbar, und ein Schreiber namens Beluris ist Mittelsmann für Timagoras – beide tauchen in Athenaios’ Wiedergabe nicht auf. 3. Bei Plutarch werden der Verrat und die Bestechlichkeit des Timagoras beschrieben und sind dann der Grund für dessen Hinrichtung in Athen. Athenaios erwähnt diesen Verrat nicht. Bei ihm wird Timagoras aufgrund seiner fußfälligen Verehrung des Großkönigs bestraft (6, 251B), von der wiederum Plutarch nichts berichtet. 4. Der Leser erfährt in Plut. Art. 22 und Pelop. 30, dass Antalkidas die höchsten Ehrbezeugungen der Griechen am Hofe des Großkönigs erhalten habe — Athenaios nennt stattdessen diesen Griechen Timagoras bzw. nach Phainias Entimos von Gortyn, der allerdings mit Plutarchs Timagoras eine erstaunliche Ähnlichkeit aufweist (s.o. zu 1.). Aufgrund dieser Differenzen ist sich S MITH sicher, dass Plutarch eine andere und ältere Version als die des Athenaios wiedergegeben habe. Dass es sich bei Athenaios tatsächlich um eine jüngere Version handeln könnte, zeigt die Erwähnung des bei Plutarch erwähnten Timagoras von Athen, dem eben nicht die Ehre zuteil geworden sei, an die Tafel des Großkönigs geladen worden zu sein (Athen. 2, 48E): Die von Plutarch wiedergegebene Version muss Athenaios’ Vorlage also bekannt gewesen sein. S MITH vermutet – und hierin stimmt ihm auch S EEBERG, fontibus, 57 zu –, dass Plutarch seine Erzählung aus Dinon geschöpft habe. Phainias habe dann seinen Vorgänger Dinon,
Dinon?
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2. Kommentar
dessen Version er kannte, genauso ›verbessert‹, wie es Dinon mit Ktesias’ Werk getan habe. Dies erscheint durchaus plausibel – eine solche Arbeitsweise lässt sich bei Ktesias (gegenüber Herodot s. hierzu bereits Kap. 1.8.1, S. 55 mit Anm. 275), Theopomp (gegenüber Xenophon; s. B LECKMANN, Weg, passim) und auch Dinon (gegenüber Ktesias; s. S TEVENSON, Persica, 67–73 sowie z.B. S. 267–269 zu Plut. Art. 19, 1–10, › ‹) beobachten. Diese geänderte Version des Phainias sei dann in die Überlieferung bei Athenaios eingedrungen, während Plutarch die unveränderte Schilderung Dinons genutzt habe. Ein Blick auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Detail verdeutlicht dieses. 1. Gemeinsamkeiten: a) Die Gaben des Großkönigs sind in beiden Fällen offensichtlich identisch, allerdings ist Athenaios etwas präsizer. Beide wissen von ), von Bettdecken ( ) und von Persoeinem Ruhebett ( nen, die sich auf die Herrichtung der Ruhestätte spezialisiert hätten, da die Griechen von dieser Kunst nichts verstünden; Plut. Art. 22, 10: ; Athen. 2, 48D–F: Die Parallelen sind so deutlich, dass beide Versionen voneinander in irgendeiner Weise abhängen müssen. 2. Unterschiede: a) Plutarch nennt einen Timagoras von Athen, Athenaios einen Timagoras, der aber von Phainias als Entimos von Gortyn bezeichnet werde. Diesem scheint Athenaios zu folgen, wenn er ein wenig später nur noch von ›dem Kreter‹ spricht, was sich doch nur auf Entimos’ Herkunftsort beziehen kann. Kurz sei auch der Blick auf den Namen des Entimos gerichtet: der Geehrte. Die Tatsache allein, dass es sich hier um einen ›sprechenden Namen‹ handelt, muss noch keine Skepsis hervorrufen. In dem aber hier diskutierten Zusammenhang kommt diesem Detail ein großes Gewicht zu, deutet es doch auf die literarische Konstruktion hin. b) Plutarchs Timagoras erhält täglich Speisen von der großköniglichen Tafel, ist selbst aber nicht hierzu geladen. Athenaios’ Entimos hingegen ist geladener Gast gewesen. Athenaios weiß weiterhin explizit zu berichten, und dies ist ein wichtiger Hinweis auf eine literarische Konstruktion, dass diese Ehre dem Timagoras von Athen nicht zugekommen sei: Athenaios’ Vorlage kannte also die Geschichte, die
Perser und Griechen: Artaxerxes 22
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Plutarch wiedergibt. Der Protagonist der neuen Version muss schon etwas anderes bieten: Was liegt näher, als ihn direkt zum Tischgenossen des Großkönigs zu erheben? c) Plutarchs Timagoras ist Gesandter am Hofe Artaxerxes’ II. Bei Athenaios handelt es sich um Artaxerxes I. (sicher zu schließen aufgrund des Erwähnung des Themistokles). S MITH bewies einen scharfen Blick, diese Arbeitsweise auch für Phainias beobachtet zu haben. Seine Zuweisung der Vorlage Plutarchs und des Phainias an Dinon basiert lediglich auf der Annahme, dass die Nennnung Dinons zu Beginn des plutarchischen Kapitels auf ihn als Quelle für den Inhalt schließen lasse. S MITHs These kommt zwar einige Plausibilität zu. Allerdings weist sie einen Schwachpunkt auf, den schon M ANTEY, Quellen, 20 bemerkt hat: Die zitierte Aussage Dinons zu Beginn dieses Plutarch-Kapitels passt nicht zu den Beispielen, die Plutarch im Folgenden anführt. Es kann überhaupt keine Gewissheit darüber bestehen, dass Dinon hier Vorlage war. Im Gegenteil ist dies eher fraglich. Dinon habe festgestellt, so Plutarch, dass Artaxerxes II. alle Spartiaten verabscheut habe. Nun kann man sich schon fragen, ob die Ausnahme Antalkidas wirklich aus Dinons Persika stammt oder von Plutarch eingefügt worden ist (wir kennen noch einen weiteren Spartaner, der offensichtlich nicht so verabscheuungswürdig war, s. S. 299 zu Plut. Art. 22, ‹). Gänzlich fragwürdig erscheint aber der Zusam1, › menhang zwischen diesem Zitat und den anderen Beispielen, die immerhin Griechen zeigen, die in der Gunst des Großkönigs standen, was aber mit dem Hass auf Sparta nichts zu tun hat. Viel eher hat Plutarch hier Beispiele zusammengetragen, die zeigen sollen, dass man sich dem Perserkönig nicht andienen solle. Deshalb (das ist die Moral dieser Beispiele) mussten auch Antalkidas und Timagoras von Athen scheitern (so auch B UCKLER, Plutarch, 144f.). Für einen Teil der bei Plutarch erwähnten Personen kann M ANTEY, Quellen, 20 eine andere plausible Vorlage nennen: Die Anekdoten, die sich wieder sowohl bei Plutarch als auch bei Ailian finden (Ail. var. 14, 39: Antalkidas; Ail. var. 1, 21: Ismenias), deuten darauf hin, dass beide hier erneut auf ein Anekdotenkompendium zurückgegriffen haben, wie dies u.a. auch schon für die Omises-Anekdote plausibel erscheint, s. S. 128–131 zu Plut. Art. 4, ‹. In dieser Beobachtung ist M ANTEY zuzustim1–5, 6, › men, so dass für einen Teil des Kapitels die Vorlage zumindest grundsätzlich erkannt zu sein scheint. Allerdings erklärt dies nicht, woher Plutarch die Geschichte um Timagoras genommen hat, die sich nicht in Ailians Werk findet. Schon dies weist von dem Anekdotenkompedium als Vorlage weg (natürlich könnte Ailian
Ein Anekdotenkompendium
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Herakleides von Kyme?
2. Kommentar
diese Geschichte auch einfach ausgelassen haben). Der Charakter der Erzählung aber mit ihrer Zusammenfassung vieler Details schließt eine einzelne Anekdote als Vorlage aus. Plutarch scheint hier eine längere Erzählung zusammenzufassen. Ferner taucht eine in der sonstigen Überlieferung vermutlich vollkommen unbekannte Person auf: Ostanes, einer der jüngeren Brüder Artaxerxes’ II., den der Leser bereits aus Plut. Art. 1, 2 kennt. In der betreffenden Quellenanalyse konnte allerdings nur Ktesias als Vorlage für diesen Namen ausgeschlossen werden (diese erneute Erwähnung hier in einem Bereich, der sicher nicht aus Ktesias’ Persika stammen kann, ist dafür ein wei‹). teres Indiz, s. hierzu S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › Folgt man der communis opinio, die Dinon als Vorlage für die Erzählung um Timagoras ansieht, kann man diesen Autor auch als Quelle für die Namen in Plut. Art. 1, 2 vermuten. Interessant ist, dass Ostanes’ Worte hier eine deutliche strukturelle Ähnlichkeit zu Tiribazos’ Worten in Plutarchs Dinon-Referat aufweisen (Art. 10, 1). Dies könnte als ein Indiz für Dinon als Quelle für den Namen dieses Bruders Artaxerxes’ II. und für diese Timagoras-Episode gewertet werden. Zwingend ist dies aber keineswegs. Viel eher sollte noch ein weiterer Autor beachtet werden, den die Forschung hier zu übersehen scheint: Herakleides von Kyme. Zu Beginn seiner Beispiele erwähnt Athenaios, dass die Perser die ersten gewesen seien, die Personen beschäftigt hätten, ihre Lager bequem zu gestalten. Dies überliefere Herakleides von Kyme (FGrH 689, F 5): Genau dieses Detail wird dann in dem folgenden Bericht des Athenaios indirekt aufgegriffen: Timagoras/Entimos aus Gortyn erhält vom Großkönig Ruhebetten und solche »Polstermeister«, da die Griechen sich eben nicht auf diese Kunst verstünden: (Athen. 2, 48D–F). Auch findet sich diese Aussage in fast identischem Wortlaut in Plutarchs Schilderung der Geschenke an seinen Timagoras: Da die Griechen sich nicht auf die Kunst verstünden, ein bequemes Lager zu errichten, habe Artaxerxes II. ihm alles zu seiner Bequemlichkeit geschickt, eben auch solche »Polstermeister« (Plut. Art. 22, 10: ). Es erscheint naheliegend, als Quelle für Plutarchs Erzählung Herakleides von Kyme anzunehmen. Wenn er derjenige ist, der diese persischen Spezialisten kannte (und eben nicht Dinon), spricht nichts dagegen, dass Plutarch diese Informationen über Timagoras seinem Werk entnommen hat, das dann vielleicht die Folie für Phainias’ Gegenentwurf bildete, den dann Athenaios wiedergibt. Diese These lässt sich im Gegensatz zu der Dinon-These immerhin im Text verankern. Ferner wird Herakleides von Plutarch im nächsten Kapitel (Art. 23, 6) als Autorität direkt zitiert. Zwar
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steht dieses Zitat nicht inhaltlich mit dem hier Besprochenen (außer in der Chronologie) in Zusammenhang, ein weiteres Indiz ist es aber allemal, zumal auch Dinons Zitat zu Beginn des Kapitels inhaltlich nicht enger angebunden ist und dennoch als Argument immer wieder angeführt wird. : Die Aussage, dass Artaxerxes II. alle 22, 1 Spartiaten gehasst habe, erscheint vor dem Hintergrund, dass Sparta in irgendeiner Form den Aufstand seines Bruders Kyros unterstützt hatte, durchaus plausibel. Allerdings wissen wir mindestens von einem weiteren Spartaner, den Artaxerxes auf jeden Fall nicht so tief verabscheut haben kann, da er sein Leben trotz eines deutlichen Vergehens schonte: Der Spartaner Eukleidas habe sich – so Plut. Art. 5, 2 – dem König gegenüber einer ungebührlichen Sprache bedient, wurde aber von Artaxerxes nicht bestraft (s. ‹). hierzu auch S. 149 zu Plut. Art. 5, 2, › : Die hier von Plutarch ge22, 1f. schilderte Anekdote findet sich auch bei Athenaios (2, 48E) und, allerdings etwas ausführlicher und detailreicher, bei Ailian (var. 14, 39). Die Erzählung von Antalkidas mag Plutarch genau wie Ailian erneut aus einem Anekdotenkompendium geschöpft haben (s. die Quellenanalyse zu diesem Kapitel, ı ‹). Bezeichnend ist hier übrigens S. 294–299, › nicht, was Plutarch über Antalkidas sagt, sondern eher, was er – im Vergleich zu Ailian – unterschlägt: nämlich Antalkidas’ typisch lakonische Reaktion auf diese Gabe, dass durch die Duftstoffe nun das natürliche Aroma der Bludurch Spartaner vgl. men verdorben worden sei (zur Ablehnung von auch die bei Theopomp überlieferte Anekdote zu Lysander: Fr. 22 Theopomp). Dies erwähnt Ailian, Plutarch scheint es aber nicht in sein in dieser Vita konsequent verfolgtes negatives Bild des Antalkidas gepasst zu haben (etwas anders mor. 192B–C; 217C–E). Zu öffentlichen Gunsterweisungen an Personen, die sich dem König gegenüber besonders ausgezeichnet haben, s. S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, ‹. Zur Person des Antalkidas s. S. 290–292 › ‹. zu Plut. Art. 21, 5f., › 22, 3 : Nach dem negativen Beispiel für griechische Anbiederung an die Perser nennt Plutarch nun zwei, seiner Meinung nach, positive Griechen: Leonidas und Kallikratidas, deren Taten aber durch Antalkidas’ Politik bei den Persern zum Gespött gemacht worden seien. Leonidas war spartanischer König (etwa 490/89–480) aus dem Hause der Agiaden und fand bekanntermaßen 480 mit ungefähr 300 Spartiaten und 700 Thespiern im – gegen die persischen Fernwaffen chancenlosen – Abwehrkampf bei den Thermopylen den Tod. Nach den griechischen Siegen
Der Spartahasser
Antalkidas
Leonidas
300
2. Kommentar
bei Salamis (480) und Plataiai (479) begann die Glorifizierung des Leonidas (spätere Überführung der Gebeine nach Sparta, kultische Ehren etc.; Paus. 3, 14, 1; IG V 1, 660). In der Nachwelt (wie hier bei Plutarch) erlangten Leonidas’ Kampf und Tod ein gewisses Eigenleben, das von einer nahezu mythischen Erhebung bis zur schärfsten Polemik reichte (s. hierzu W ELWEI, Leonidas, 57; ferner C HRIST, Spartaforschung, 1–72; H AMMOND, Sparta; L AZENBY, Defence, 117–150; S ZEMLER, Thermopylai, 59–77; R EBENICH, Thermopylae). Kallikratidas
: Kallikratidas war spartanischer Nauarch (Flottenkommandant) der Jahre 407/6 und Nachfolger des Lysandros im Kommando in Kleinasien. Seine militärischen Operationen gegen Athen waren nur unter großen Schwierigkeiten möglich, da er – im Gegensatz zu Lysandros – von Kyros dem Jüngeren keine finanzielle Hilfe erhalten hatte, sondern die Finanzierung mit Hilfe seiner Bundesgenossen selbst bestreiten musste. Dennoch eroberte er mehrere Städte (u.a. Teos und Methymna), und es gelang ihm, den athenischen Admiral Konon in Mytilene einzuschließen. Der größeren athenischen Entsatzflotte fuhr er entgegen, fiel aber 406 bei den Arginusen (vor der kleinasiatischen Küste gegenüber von Lesbos), und die Schlacht endete für die spartanische Flotte mit einer schweren Niederlage (Xen. hell. 1, 6, 1–33; Diod. 13, 76–79. 97–99; Plut. Lysan. 5–7, 1). Kallikratidas erscheint als ein Verfechter einer Politik, die sich gegen eine zu große Abhängigkeit Spartas vom persischen König wandte (L ENSCHAU, Kallikratidas, 1641f.; L EWIS, Sparta, 116f.; B LECKMANN, Weg, 93–114 mit weiterführender Literatur):
Kallikratidas aber, verärgert über den Aufschub und empört über das Antichambrieren bei Hofe, meinte, die erbärmlichsten Menschen seien die Hellenen, daß sie den Barbaren des Geldes wegen den Hof machten. (Xen. hell. 1, 6, 7; Übers. S TRASBURGER).
Plutarch nennt also mit Leonidas, einem der ›größten‹ Kämpfer gegen die Perser, und Kallikratidas, den zumindest Xenophon als Repräsentant einer altspartanischen Mentalität mit einer in die Zukunft weisenden gesamthellenischen Vision charakterisiert (s. M OLES, Xenophon), zwei Charaktere, die in den Darstellungen der Nachwelt als Beispiele für eine eher gemeingriechische, deutlich antipersische Politik stehen. Der Kontrast zu Antalkidas, der nach Plutarchs Meinung die griechischen Städte Kleinsasiens dem
Perser und Griechen: Artaxerxes 22
301
persischen Großkönig ausgeliefert hat und den er – z.B. auch durch die verkürzte Wiedergabe der Erzählung um den in Salböl getauchten Kranz – negativ charakterisiert, hätte künstlerisch von Plutarch kaum schärfer gestaltet werden können. : Dieses Bonmot des 22, 4 Agesilaos wiederholt Plutarch in der Vita des Agesilaos (Ages. 23, 4), und es findet sich noch einmal in den Apophthegmata Lakonika (mor. 213B). Nachdem Plutarch bereits Leonidas und Kallikratidas genannt hat, lässt er nun hier einen dritten Spartaner zu Wort kommen, der bei ihm durchweg positiv charakterisiert ist und seiner Meinung nach mit dem schändlichen Frieden von 387/86 nichts zu tun hatte (s. hierzu S. 293 zu Plut. Art. 21, 6, › ‹). Agesilaos’ hohe Gesinnung wird hier noch einmal deutlich herausgestellt: Obwohl der Antalkidasfriede seine Erfolge zunichte gemacht habe (so deutlich Plut. mor. 213B) und auch den Ruhm Spartas beschädigte, ist Agesilaos seiner Polis treu ergeben. Dies äußerte sich schon darin, dass er auf Geheiß der Ephoren sofort aus Kleinasien aufbrach, um in Griechenland zu kämpfen (s. hierzu auch S. 282, zu Plut. Art. 20, 5, ‹) und eben auch in dieser typisch lakonischen › Reaktion auf eine von Plutarch inhaltlich sicherlich geteilte Feststellung: Antalkidas hat in Plutarchs Augen medische Politik betrieben. : Plutarch benutzt in der Vita des Artaxerxes sehr häufig die korrekte ethnische Bezeichnung (»die Perser«; so z.B. Art. 1, 1. 3; 3, 2f.; 5, 6; 9, 2; auch hier 22, 2f. u.a.). Aber an dieser Stelle findet sich, wie auch oft in anderen seiner Schriften, die streng genommen fehlerhafte Ter(»die Meder«): Dies könnte als Zeichen dafür gewertet minologie werden, dass Plutarch hier seine Quelle – vielleicht ein Anekdotenkompendium – recht getreu wiedergibt. Dies ist aber nicht zwingend: Die Gleichsetzung von Medern und Persern, die in der griechischen Literatur verbreitet ist, , Verb: zeigt sich besonders deutlich im Vergehen des ›Medismos‹ ( , beides abgeleitet von , also der freiwilligen Kollaboration einzelner Griechen oder ganzer Poleis mit den Persern; ausführlich äußert sich G RAF, Medism zu den möglichen Ursachen dieser Gleichsetzung). Im verbreitet, eine analoge Wortkonstruktion Sprachgebrauch war also gibt es nicht. Das von Plutarch hier wiedergegebene Wortspiel, mit ) oder Meder lakonische Politik ob die Lakonen medische Politik ( ) betreiben, kann also nur funktionieren, wenn Plutarch Per( ser und Meder hier gleichsetzt. Auf ein Anekdotenkompendium als Vorlage deutet also nur der anekdotische Charakter der Schilderung hin. Im Vorfeld der Perserkriege und auch noch kurze Zeit danach bis zu den des Aischylos (472 aufgeführt) ist nur die Bezeichnung ›Meder‹ im
Bonmot des Agesilaos (2)
Meder – Perser
302
2. Kommentar
Griechischen nachweisbar. So wird z.B. auf vier Ostrakafunden aus Athen (vermutlich auf die 480er Jahre zu datieren) Kallias, der Sohn des Kratios, als ›der Meder‹ bezeichnet, sah sich also dem Vorwurf des Medismos ausgesetzt (G RAF, Medism, 18 mit Anm. 16). Erst ab dieser Zeit wurden beide Begriffe quasi synonym verwendet, wobei spätere Autoren, wie z.B. Aristoteles, wieder die ältere Terminologie bevorzugten (G RAF, Medism, 18–20; auch T UPLIN, Persians, der auch einen kurzen Überblick über die bisherige, nicht sehr breit geführte, Diskussion liefert). Der Antalkidasfrieden
Die Schlacht bei Leuktra
Agesilaos und Antalkidas nach 371 v.Chr.
: Plutarch bewertet erneut den Frie22, 5 den von 387/86 als eine Schande und meint sogar, dass Spartas Ruhm hieran ‹. zerbrochen sei, s. S. 293 zu Plut. Art. 21, 6, › : Leuktra ( ) ist der Name einer Ebene und eines Ortes (Strab. 9, 2, 39; Plut. mor. 773B) im Gebiet der Polis Thespiai im südlichen Boiotien. Berühmt wurde Leuktra durch den Sieg der Thebaner unter Führung des Epameinondas (und des Pelopidas, der die ›Heilige Schar‹ befehligte) über das spartanische Aufgebot (›schiefe Schlachtordnung‹ des Epameinondas) im Jahre 371. Mehr als 350 Spartiaten starben, und Sparta verlor mit Messenien, das wenig später von Theben befreit wurde, seine wirtschaftliche Grundlage. Die Schlacht von Leuktra beendete – wie Plutarch richtig anmerkt – Spartas Hegemonie über Griechenland und galt schon in der Antike als bedeutende Zäsur (s. Demosth. or. 9, 23; Dion. Hal. ant. 1, 3, 2f.; Rhet. Her. 4, 25, 32). Neun Jahre später besiegelte die Niederlage bei Mantineia (362) den endgültigen Zusammenbruch Spartas (s. W OLTER, Leuktra; W REDE, Leuktra, 2306f.; D E VOTO, Pelopidas). 22, 6f. : Plutarchs Schilderung der Ereignisse gibt ein verzerrtes Bild wieder: Agesilaos ist nicht im Anschluss an die Schlacht bei Leuktra (also etwa 371/70), sondern erst nach der Schlacht von Mantineia (Sommer 362) nach Ägypten gegangen (Anfang des Jahres 361). Als Ausgangspunkt für eine relative Datierung die Niederlage bei Leuktra zu wählen, zeigt deutlich Plutarchs Einschätzung dieser Schlacht als Zäsur. Spartas Lage nach der Niederlage von Mantineia war dermaßen schlecht, dass sich der greise König selbst – er muss zu diesem Zeitpunkt schon über 80 Jahre alt gewesen sein – noch in der Hoffnung auf Subsidien für seine Polis als Söldnerführer in die Dienste des Pharaos Tachos (362– 360) stellte, der 360 mit Agesilaos’ Hilfe einen Feldzug nach Syrien unternahm. Als Tachos’ Neffe Nektanebos II. als Usurpator den Thron bestieg, versuchte Agesilaos, auch in seine Dienste zu treten. Auf der Rückreise von Nektanebos starb er in Kyrene (359/58; Xen. Ages. 2, 28–31; Diod. 15, 92f.; Plut. Ages. 36–39).
Perser und Griechen: Artaxerxes 22
303
Antalkidas’ Mission nach Persien nach der Schlacht von Leuktra lässt sich nicht einfach datieren. Es gibt hauptsächlich zwei Thesen: Die häufigste Datierung legt seine erfolglose Gesandtschaft auf das Jahr 367 in Zusammenhang mit den Friedensverhandlungen in Susa (B ENGTSON, Staatsverträge, Nr. 282, 239f.; ROY, Arcadia, 591f.). Dies würde bedeuten, dass Plutarch eine Form der compression angewandt hat: Die Versuche des Agesilaos und des Antalkidas, Subsidien für Sparta zu erlangen, liegen tatsächlich mehrere Jahre auseinander, dennoch schildert Plutarch sie nahezu als synchron und scheint sogar die Chronologie umzudrehen. Solch ein Eingriff Plutarchs ist durchaus denkbar; so steht dieser Datierung nur entgegen, dass es keine Notiz über die Teilnahme des Antalkidas an dieser Gesandtschaft gibt. Deshalb favorisiert B UCKLER, Plutarch, 139–145 nach C AWKWELL, Agesilaus, 69, Anm. 32 für Antalkidas’ Mission das Jahr 361 und schenkt damit der Schilderung Plutarchs Glauben. Die von Plutarch erwähnte Mission des Agesilaos in Ägypten ist mit ziemlicher Sicherheit auf eben dieses Jahr zu datieren (Xen. Ages. 2, 28; Diod. 15, 90, 2; Plut. Ages. 36). Vertraut man nun Plutarch, müsste Antalkidas’ Gesandtschaft in derselben Zeit stattgefunden haben. Es ist zu einfach, jeden Synchronismus Plutarchs per se für falsch zu erklären, allerdings ist Fakten und Datierungen, die allein auf dem Bericht Plutarchs basieren, mit größter Skepsis zu begegnen, wie schon mehrfach gezeigt wurde (Beispiele: Ernennung Kyros des Jüngeren zum Ka‹; Klearchos’ ranos, s. S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › ‹). Zum einen Auftrag, s. S. 160 zu Plut. Art. 6, 1–9 stellt B UCKLER, Plutarch, 140f. selbst vollkommen zu Recht fest, wenn er sich gegen die Datierung 367 wendet, dass Plutarchs andere Beispiele in diesem Kapitel keinen Aufschluss über die Chronologie erlauben: Nur weil Plutarch nach Antalkidas und Agesilaos auch noch die Missionen des Pelopidas, Ismenias und Timagoras aus dem Jahre 367 erwähne, bedeute dieses nicht, dass die Antalkidas-Mission zwangsläufig davor oder zeitgleich stattgefunden haben muss – sie könnte chronologisch durchaus später liegen und von Plutarch nur aus kompositorischen Gründen vorgezogen worden sein. Dies bedeutet aber – und das übersieht B UCKLER –, dass die beiden Gesandtschaften des Antalkidas und Agesilaos auch nicht zeitgleich gewesen sein müssen. Sie könnten ebenso von Plutarch aus gestalterischen Erwägungen zusammengestellt worden sein. Einzig verbindender Punkt, und hier mögen wir Plutarch vertrauen, ist die Tatsache, dass beide nach der Schlacht von Leuktra stattgefunden haben. Zweitens ist auch die fehlende Notiz über Antalkidas im Jahre 367 ein zweischneidiges Argument, da uns aus dem Jahr 361, und dies ist in der Tat ein wichtiges Detail, überhaupt keine spartanische Gesandtschaft am persischen Hofe bekannt ist. Über das Maß eines potentiellen Eingriffs durch Plutarch kann keine Aussage getroffen werden. Erschwert wird die Einschätzung hier noch da-
Die communis opinio: 367 v.Chr.
361 v.Chr.?
304
2. Kommentar
durch, dass Plutarch seine Quelle nicht nennt (bei Zitaten ist er zumeist sehr korrekt) und mit Agesilaos und Antalkidas gerade seine Protagonisten der Kapitel 20–22 beschreibt. Alle Angaben Plutarchs über Antalkidas folgen einem bestimmten Schema: Er soll in möglichst schlechtem Licht erscheinen. Natürlich erwähnt er das Scheitern des Antalkidas und berichtet über dessen Selbstmord, äußert sich aber nicht zur Mission des Agesilaos, die ebenfalls nicht sonderlich erfolgreich war. So verkürzt er auch die Anekdote über den Kranz, den Antalkidas von Artaxerxes erhalten hat, um ihn negativer zeichnen zu können (s. S. 294–299 zu Plut. Art. 22, 1–12, › ‹). Es ist also keineswegs abwegig zu vermuten, dass Plutarch hier beide Missionen zeitlich miteinander verbindet, um so die Gelegenheit zu haben, noch einmal gestalterisch das Scheitern und das Schicksal des Antalkidas, der sich genau wie Timagoras dem Großkönig angedient hatte, deutlicher im Vergleich zu Agesilaos zu schildern. Eine absolute Datierung seiner Mission über die Angabe »nach Leuktra« – wenn es sie, genau wie den Selbstmord, den auch nur Plutarch zu kennen scheint, überhaupt gegeben hat – ist aufgrund dieser Notiz nicht möglich. Die Datierung ins Jahr 367 erscheint aber immer noch als plausibelste Annahme. Ismenias und Pelopidas
Pelopidas
: Plutarch meint 22, 8 hier nicht den bekannten thebanischen Politiker Ismenias, der nach dem Peloponnesischen Krieg in Theben eine proathenische Politik betrieb und 382 von einem Gericht des Peloponnesischen Bundes wegen perserfreundlicher Gesinnung (Medismos) während des Korinthischen Krieges zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde (Xen. hell. 5, 2, 35f.; Plut. Pelop. 5); dieser nahm nach unseren Quellen nie an einer Audienz des Großkönigs teil. Bei Plutarchs Ismenias handelt es sich um einen (weniger bekannten) engen Freund des Pelopidas. Ismenias geriet 368 mit Pelopidas in die Gefangenschaft des Alexandros von Pherai und reiste im Sommer 367 – nach der Befreiung durch Epameinondas – als einer der thebanischen Gesandten zu Artaxerxes II. nach Susa, um die thebanischen Interessen u.a. gegen Athen zu vertreten (Xen. hell. 7, 1, 33–37; s. H OFSTETTER, Griechen, Nr. 166, 95f.; B UCKLER, Hegemony, 119–128, 135, 151–160). Die Anekdote, die Plutarch zu berichten weiß, dass Ismenias die Proskynese (zu dieser Form der Ehrerweisung s. S. 225f. zu Plut. Art. 13, 3, ‹) umgangen haben soll, indem er seinen Ring zu Boden fallen › ließ, findet sich etwas ausführlicher bei Ailian beschrieben (var. 1, 21). Der Thebaner Pelopidas ist nach Epameinondas als der herausragende Feldherr Thebens und des Boiotischen Bundes anzusehen. Er war an der Befreiung Thebens und der Wiederbegründung des Boiotischen Bundes 379 maßgeblich beteiligt und wurde zu einem der sieben Boiotarchen gewählt. Dieses Amt hat er bis zu seinem Tode ständig bekleidet. Er führte sehr er-
Perser und Griechen: Artaxerxes 22
305
folgreich die thebanische Eliteeinheit (›Heilige Schar‹) in der Schlacht von ‹). Nach der BefreiLeuktra (s. S. 302 zu Plut. Art. 22, 5, › ung aus der Gefangenschaft leitete er die hier von Plutarch erwähnte Gesandtschaft zum Friedenskongress in Susa (Sommer 367), die für Theben günstige Bedingungen aushandeln konnte (Xen. hell. 7, 1, 33–37; s. J EHNE, Eirene, 82–90 mit weiteren Quellenbelegen). Auf einer erneuten Expedition gegen den Tyrannen Alexandros von Pherai gelang ihm zwar der Sieg in der Schlacht von Kynoskephalai (364), aber er fiel im Kampf (Diod. 15, 80, 4f.; Plut. Pelop. 32; s. H OFSTETTER, Griechen, Nr. 250, 146f.; B UCKLER, Hegemony, 110–129 [Mission zu Alexandros], 151–160 [Friedenskongress in Susa], 175–182 [Kynoskephalai und Tod des Pelopidas], sowie passim). 22, 9–12 : Der Athener Timagoras nahm im Sommer 367 an der athenischen Gesandtschaft zu Artaxerxes II. nach Susa teil, um zusammen mit Leon die athenischen Interessen besonders gegenüber Theben (s.o. zu Plut. Art. 22, 8, › ‹ zu Ismenias und Pelopidas) zu vertreten (Xen. hell. 7, 1, 33). Nach der Rückkehr nach Athen wurde Timagoras wegen Bestechung durch den Großkönig – dies berichtet Plutarch, allerdings als einziger (auch Plut. Pelop. 30, 9–13; Demosth. or. 19, 137 kennt dies noch als Gerücht) – oder, nach Xenophon, wegen Konspiration mit Pelopidas von Leon angeklagt (Xen. hell. 7, 1, 38). Timagoras wurde daraufhin zum Tode verurteilt und hingerichtet (Xen. hell. 7, 1, 34–38; Demosth. 19, 31. 137. 191; Plut. Pelop. 30). H OF STETTER , Gesandtschaften, 102–104 nimmt überzeugend an, dass der Vorwurf der Bestechlichkeit, den Xenophon nicht erwähnt, wohl ein Instrument der politischen Verleumdung gewesen sei (ferner H OFSTETTER, Griechen, , s. M ANFREDINI, Nr. 322, 183f.; generell zum Vorwurf der Plutarco, 296; B RIANT, Cyrus, 312f.). Zu dieser Textstelle, die in einer abweichenden Version auch von Phainias bei Athenaios überliefert ist (Anklage und Hinrichtung aufgrund der dem Großkönig erwiesenen Proskynese; Athen. 6, 251B), s. bereits oben S. 294– ‹. 299 zu Plut. Art. 22, 1–12, › B RIANT, Cyrus, 308 verdeutlicht an der Version des Athenaios den von (Tischgenosihm angenommenen Unterschied zwischen einem (eingeladenen Gast). Entimos sei zu der Tafel der sen) und einem ) geladen gewesen, Timagoras dagegen Gefolgsleute ( habe jeden Tag etwas von der Tafel des Großkönigs erhalten (Athen. 2, 48E; Plut. Art. 22, 11). Es lägen also zwei verschiedene Abstufungen von Privilegien vor. B RIANT ist in dieser scharfsinnigen Beobachtung prinzipiell zuzustimmen, allerdings hat die Quellenanalyse gezeigt, dass diese Passage bei Athenaios höchst verdächtig ist und seine Vorlage Phainias hier wieder ihre literarische Vorlage (wohl die Timagoras-Episode des Herakleides von
Timagoras
306
2. Kommentar
Kyme) überarbeitet und ›korrigiert‹ hat. Da die von Athenaios gelieferte Version (Entimos) also auf dieselbe Überlieferung wie Plutarchs Erzählung (Timagoras) zurückgeht, ohne eine weitere unabhängige Quelle einzubeziehen, kann Detailunterschieden nicht ohne enorme Skepsis der Status von historischen Fakten zugesprochen werden (s. hierzu S. 294–299 zu Plut. Art. 22, ‹; zum Bankett des Großkönigs s. auch 1–12, › VÖSSING, Mensa, 38–51). Beluris/ Beluros
Eine gewaltige Summe
Kuhmilch und Sänften
Ostanes
22, 9
: Dieser Schreiber, den J USTI, Namenbuch, 67 als , alle einschlägigen Textausgaben allerdings als Beluris führen, ist nur hier bezeugt. Den Namen meint P OTT, Eigennamen, 384 im neupersischen ›bel¯ur‹ zu finden, der mit dem Belurstein zusammenhänge.
ı : Zu der persischen Goldwährung s. bereits S. 146–149 zu Plut. Art. 5, 1, › ‹; 10000 Dareiken sind in der Tat eine gewaltige Summe, s. kurz zum Wetteinsatz der Parysatis (1000 Darei‹ bzw. zur Summe, mit ken) S. 257 zu Plut. Art. 17, 5, › der Timokrates den Korinthischen Krieg ausgelöst haben soll (nach Plut. Art. ‹. 20, 6: 30000 Dareiken), s. S. 283, › 22, 9f. : Zur hier ausgiebig thematisierten Freigebigkeit des Großkönigs s. S. 137–140 zu Plut. ‹. Die Anekdoten sind bereits Art. 4, 4, › ı analysiert worden, s. S. 294–299 zu Plut. Art. 22, 1–12, › ı ‹. Wer auch immer hier Plutarchs Quelle war, die Tendenz der Schilderung ist offenkundig: Natürlich verstehen sich die Griechen im Gegensatz zu den verweichlichten Persern nicht auf die Kunst des Ruhens, weshalb der persische Großkönig dem Timagoras alles hierfür Notwendige zur Verfügung stellt, um die Bequemlichkeit seines Gastes zu erhöhen. Auch die Sänftenträger, die es dem Timagoras ermöglichen, in aller Bequemlichkeit zum Meer zu gelangen, gehören in diesen Kontext. Erneut wird die im Luxus aufgehende Verweichlichung der Perser, mit dem persischen Großkönig an der Spitze, thematisiert. Diese Tendenz tritt in diesen Kapiteln deutlich hervor, s. ‹. z.B. S. 276f. zu Plut. Art. 20, 1, › 22, 11 : Zum Bruder des Großkönigs s. bereits S. 91–94 zu Plut. Art. 1, 2, › ‹. Zur gezeigten Freigebigkeit des Großkönigs s. S. 137–140 zu Plut. Art. 4, 4, › ‹.
2.5 Die Interna am Hofe (Art. 23)
Artaxerxes 23 Auf Betreiben der Parysatis, mit der sich der Großkönig mittlerweile wieder ausgesöhnt hat, wird Tissaphernes zur Freude aller Griechen hingerichtet. Des Weiteren nennt Plutarch in diesem Kapitel Beispiele für das nach griechischen Maßstäben unmoralische Treiben am persischen Hofe: Der Großkönig liebt und heiratet mindestens eine seiner Töchter.
Inhalt
Die Tötung des Tissaphernes lässt sich auf das Jahr 395 datieren (nach der verlorenen Schlacht am Paktolos, die aber wohl nicht die Ursache für seine Hinrichtung war). Aufgrund der für Plutarch bekannten Arbeitsweise ist es nicht möglich, die übrigen Ereignisse dieses Kapitels auf dasselbe Jahr zu datieren, wenn diese z.T. auch inhaltlich eng mit der Hinrichtung des Tissaphernes verknüpft zu sein scheinen. Hierfür bezeichend ist die Tatsache, dass die Ereignisse (zumindest die Hinrichtung des Tissaphernes) zeitlich vor den Ereignissen im vorangehenden Kapitel liegen (Gesandtschaften zum Großkönig). Zwar folgt Plutarch grundsätzlich einer Zeitlinie, fühlt sich durch diese aber nicht gebunden.
Datierung
: Die Umstände des 23, 1–7 Todes des Tissaphernes waren in der griechischen Literatur allseits bekannt (s. z.B. Xen. hell. 3, 4, 24f.; Xen. Ages. 1, 35; Hell. Oxyrh. 22, 3; Polyain. 7, 16, 1; Diod. 14, 80, 6–8; Plut. Ages. 10). Alle Autoren, die hierüber berichten, liegen inhaltlich so eng beieinander, dass es schwierig ist, anhand dieser Passage bei Plutarch den Bericht einem bestimmten Autor zuzuweisen. Die Szene um die Hinrichtung mag aufgrund einer höheren Dramatik durch die Darstellung einer weiteren grausamen Untat der Parysatis konstruiert sein. Dies ist aber sicher schon Plutarchs Vorlage zuzuschreiben. So erwähnen auch Polyainos und Diodor Parysatis’ Mitwirkung (Polyain. 7, 16, 1; Diod. 14, 80, 6–8). Ein Indiz könnte aber die im Folgenden beschriebene Aussöhnung zwischen dem Großkönig und seiner Mutter sein. In Kap. 19 hat Plutarch gezeigt, dass sowohl Ktesias als auch Dinon über das Zerwürfnis der beiden Damen (Parysatis und Stateira) geschrieben haben. Da aber die Aussöhnung nach der Ermordung der Stateira zeitlich in Plutarchs Erzählung mit der Hinrichtung des Tissaphernes verknüpft erscheint, die erst im Jahre 395, also nach der angeblichen Rückkehr des Ktesias nach Griechenland, stattfand, kann Plutarch diese Szene kaum aus dessen Werk geschöpft haben. Es findet sich auch in den Exzerpten des Photios kein Hinweis auf diese Aussöhnung, so dass Plutarch in dieser Schilderung vielleicht Dinon gefolgt ist (S MITH, Study, 16f., 21f.; M ANTEY, Quellen 20). Es sollte aber
Quellenanalyse
308
2. Kommentar
beachtet werden, dass Plutarch, wie weiter oben beschrieben, im Umgang mit der Chronologie nicht sonderlich genau war. Allerdings berichtet auch Nepos (reg. 1, 4), dass Artaxerxes II. sich rasch mit seiner Mutter ausgesöhnt habe. Da Nepos Dinon für die vertrauenswürdigste Quelle für persische Angelegenheiten hielt (Konon 5, 4), wird er diese Information wohl in dessen Persika gefunden haben. Da Dinon also wahrscheinlich die Aussöhnung des Königs mit seiner Mutter geschildert hat, kann er gut für diese Passage Plutarchs die Vorlage gebildet haben. So ist S MITHs Vermutung, dass Plutarch ihn auch für die sehr kurze Notiz über den Tod des Tissaphernes als Vorlage genutzt habe, nicht abwegig. Die immense Fülle an Parallelüberlieferungen sollte aber nicht außer Acht gelassen werden. In diesem Kapitel nennt Plutarch einen weiteren Autor, der ihm, wie bereits erwähnt, als Vorlage für diese Vita gedient hat: Herakleides von Kyme. Allerdings handelt es sich bei der Bemerkung, dass Artaxerxes auch noch eine weitere seiner Töchter geheiratet habe, sicher nur um einen Einschub in die laufende Erzählung: Es ist ein interessanter Nebenaspekt, den Plutarch bei Herakleides fand und auch erwähnen wollte. Mehr aus diesem Kapitel lässt sich dem Herakleides nicht sicher zuschreiben. Auf diese Ehen mit Atossa und Amestris wird noch einmal in Kap. 27, 8f. Bezug genommen. Der Tod des Tissaphernes
: Plutarchs Aussage, dass 23, 1 der Tod des Tissaphernes allen Griechen eine Freude gewesen sei, basiert auf dem negativen Bild dieses Mannes, welches u.a. Xenophon in seiner Anabasis vermittelt und das sich auch in Plutarchs Vita des Agesilaos findet:
Nach dieser Schlacht (am Paktolos) hatten die Griechen nicht nur die Freiheit, das Land des Königs ungehindert zu verheeren, sondern sie konnten auch die Bestrafung des Tissaphernes erleben, eines bösartigen Mannes und grimmigen Feindes der griechischen Nation. (Plut. Ages. 10, 5; Übers. Z IEGLER)
Tissaphernes war in seiner gesamten Amtszeit in Kleinasien dem Großkönig loyal ergeben: Er informierte – zumindest nach Aussage der griechischen Quellen – Artaxerxes II. über die Rüstungen Kyros’ des Jüngeren (s. hierzu ‹), allerdings S. 134–136 zu Plut. Art. 4, 3, › lockte die griechischen Söldnerführer nach der Schlacht von Kunaxa in eine heimtückische Falle (Xen. an. 2, 4, 1–5, 42; auch Plut. Art. 18, 1, s. S. 261f., ‹) und stand im Auftrag des Großkönigs › mit Sparta, das ab 399 militärisch in Kleinasien operierte, in Konflikt.
Interna am Hofe: Artaxerxes 23
309
Dennoch fällt nicht in allen griechischen Quellen das Bild des Tissaphernes derart negativ aus. Selbst Xenophon in seinen Hellenika, die die Hauptquelle für Tissaphernes’ Karriere nach 400 darstellen, und auch Diodor sind eher moderat im Ton (W ESTLAKE, Decline, 276). Während sich Xenophon und Plutarch eher kurz über den Tod des Tissaphernes äußern (Xen. Ages. 1, 35; Xen. hell. 3, 4, 25), findet sich die ausführlichste Schilderung bei Polyain: Nach der Schlacht am Paktolos (395) soll der Großkönig den Chiliarchen Tithraustes nach Kleinasien geschickt haben, um Tissaphernes mit Hilfe des Satrapen von Phrygien, Ariaios, zu töten (auch Xen. hell. 3, 4, 24f.; Hell. Oxyrh. 16, 1f., Diod. 14, 80). Beide lockten den arglosen Tissaphernes in Kolossai in eine Falle. Im selben Jahr soll er dann noch in Kelainai enthauptet, sein Kopf dem Großkönig geschickt, dann der Drahtzieherin der Unternehmung, Parysatis, übergeben worden sein (Polyain. 7, 16, 1; zur Beteiligung der Parysatis aus Rache für Kyros s. auch Diod. 14, 80, 6). Tissaphernes erscheint als Opfer einer Intrige und der späten Rache der Parysatis für ihren Sohn Kyros. In den Grundzügen kann dieser Geschichte wohl Historizität zugesprochen werden, allerdings sollte die Rolle der Mutter des Königs nicht überschätzt werden. Sicher ging es hier nicht primär um Rache für Kyros, sondern um handfeste machtpolitische Fragen. So geht die neuere Forschung auch nicht mehr davon aus, dass erst die Niederlage am Paktolos zum Vertrauensverlust geführt habe, sondern die gesamte Kriegführung des Tissaphernes gegen die Spartaner (s. W ESTLAKE, Decline, 257–268; D E VO TO , Agesilaos, 89–91). 23, 2 : Dieser Abschnitt ist in enger Verbindung zu Plut. Art. 19, 10 zu sehen, wo Plutarch das Exil der Parysatis in Babylon nach dem Mord an ihrer Schwiegertochter erwähnt. Aus diesem Grund wird auch diese Passage Dinon zugeschrieben, der dort potentiell die Vorlage gebildet hat. Diese Passage fügt sich in Plutarchs Porträt des schwachen und beeinflussbaren Großkönigs, der seiner Mutter den Mord an seiner geliebten Frau recht schnell verziehen zu haben scheint und auch sogleich wieder unter ihrem Einfluss stand, wie auch der Fortgang (Ehe mit seiner Tochter Atossa auf Betreiben der Parysatis) der Ereignisse nach Plutarch zeigt (s. hierzu auch H OOD, Plutarch, 80). Auch Nepos überliefert (aus Dinons Persika?), dass Artaxerxes II. Mnemon – trotz seines so guten Gedächtnisses – aufgrund der Liebe zu seiner Mutter den Groll gegen sie überwunden und sich mit ihr ausgesöhnt habe (Nep. reg. 1, 4). : Atossa ist offensichtlich ein traditio23, 3–7 neller Name in der teispidischen bzw. achaimenidischen Dynastie. Die grieist eine Ableitung des avestischen Hutaos¯a (u.a. Yt. chische Form 15, 35), altpersisch vermutlich *H utau a¯ (aus Persepolis ist das Matronymi-
Der Einfluss der Parysatis
Artaxerxes und Atossa
310
Inzest?
2. Kommentar
kon *H utau a¯ n¯a: »Tochter der Atossa« bekannt, M AYRHOFER, Onomastica, 243, Nr. 81684, ›Udusana‹). Die Etymologie des Namens ist umstritten, es handelt sich aber nach M AYRHOFER, Personennamenbuch, 1, I/52, Nr. 179 um ein Kompositum aus hu- (»gut, wohl«) und einem nicht genau zu bestimmenden Appellativum *taosa- (»gedeihend«). Berühmteste Trägerin dieses Namens war eine Tochter Kyros’ II., die mit ihrem Halbbruder Kambyses II. verheiratet wurde und später von Dareios I. – wohl zur Legitimation seiner Herrschaft – geheiratet und zu seiner , die immer die Mutter des Thronfolgers ist) Hauptfrau ( und Königin gemacht wurde (Hdt. 3, 88; ihre wichtige Funktion zur Legitimation der Herrschaft ist auch daran zu erkennen, dass sie ebenfalls Ehefrau von Gaumata war). Sie ist die Mutter des späteren Thronfolgers Xerxes (s. hierzu auch die bereits angesprochene Demaratos-Episode S. 107f. zu Plut. ‹). Art. 2, 4, › Nach Plutarchs Schilderung soll sich Artaxerxes II. in seine Tochter Atossa verliebt und diese auch geheiratet haben. Zunächst einmal ist es nicht unberechtigt, an dieser Geschichte Zweifel zu hegen, da die Parallelen zu der Schilderung Herodots über die inzestuöse Verbindung zwischen Kambyses und seiner Halb(!)-schwester Atossa evident sind (Hdt. 3, 31. 88). Plutarch (oder seine Vorlage) verfeinert die Episode literarisch dadurch, dass Atossa eine der beiden Frauen war, die eigentlich schon dem Tiribazos versprochen war (Plut. Art. 27, 8). B RIANT, Cyrus, 93 sieht in der Kambyses-Episode einen Beleg für die Institution der Endogamie bei den persischen Königen, die auf diese Weise Ansprüche anderer Adliger auf den Thron möglichst ausschalten wollten. Ob hierfür aber gerade diese Herodot-Passage geeignet ist, muss bezweifelt werden, beschreibt sie doch Kambyses’ Verhalten als degeneriert und so unüblich, dass er sogar die königlichen Richter hierzu befragen lassen musste, die dann feststellen, dass es dem König der Perser freistehe zu tun, was er wünsche (s.u. zu Plut. Art. 23, 5). Ferner ist auch der größte Teil der sonstigen angeblichen Missetaten des Kambyses von der Forschung als unhistorisch entlarvt worden (so z.B. seine angeblichen Vergehen in Ägypten). Derartige endogame Verbindungen wie zwischen Bruder und Schwester (Kambyses II.) oder Vater und Tochter (Artaxerxes II.) waren für die Griechen offenbar von besonderem Interesse. In der Tat lässt sich mit der Zeit eine Tendenz in der achaimenidischen Dynastie zur Herrschaftssicherung durch eheliche Verbindungen innerhalb des Königshauses erkennen. Wenn es aber – wie im Fall des Kambyses – zu einer Ehe zwischen Geschwistern kam, so handelte es sich immer um Halbgeschwister. Nur diese Form der Geschwisterehe ist bei den Achaimeniden belegt (s. W IESEHÖFER, Persien, 125–127; B RIANT, Cyrus, 590 spricht von einer »strict endogamy«, wobei er diesen Terminus aber nicht näher definiert). W IESEHÖFER vermutet, dass – wenn es überhaupt im Falle des Artaxerxes zu einer solchen Ehe
Interna am Hofe: Artaxerxes 23
311
gekommen sei – das Motiv des Großkönigs darin zu sehen sei, nach dem Tode der Stateira die Stellung der Frau des Königs wieder mit einer loyalen Person zu bekleiden (B ROSIUS, Women, 24–29, 66f., 110–112: Dort sieht sie den Mord an Stateira und die ›Installation‹ der Enkelin als Versuche der Parysatis, ihren Einfluss zu wahren, s. S. 270 zu Plut. Art. 19, 1, › ‹; zu Atossa auch S CHMITT, Atossa). Eine interessante, aber anfechtbare Deutung liefert S TAUSBERG, Religion, 159f., der eine Parallele zwischen den Blutsverwandtenehen der Ma‹) und gier (persische Priester, s. hierzu S. 115f. zu Plut. Art. 3, 1, › den endogamen Ehen der achaimenidischen Herrscher sieht. Die Großkönige haben einerseits nach S TAUSBERG auf diese Weise ein religiöses Ideal verwirklicht, andererseits dieses Ideal politisiert, um ihre Töchter dem Adel vorzuenthalten und den Einfluss des Adels auf die königliche Familie zu regulieren. Diese Deutung basiert auf einer zu schmalen Überlieferung. Die wenigen Notizen, die wir über Ehen zwischen achaimenidischen Großkönigen und ihren Töchtern haben, erscheinen – wie oben bereits dargestellt – nicht unbedingt glaubwürdig. : Diese Feststellung ist erstaunlich: Weshalb 23, 5 hätte sich der Großkönig auch nach den Gesetzen und den Vorstellungen der Griechen richten sollen, zumal bei einer innerfamiliären Entscheidung? B RUNK, Quellen, 98 meint, dass diese eindeutige Gräzisierung persischer Vorstellungen ganz klar Dinon als Vorlage verrate (so auch M ANTEY, Quellen 21: »Der Geschichtsschreiber, der dies berichtete, muß also völlig vom hellenischen Standpunkte aus das Leben und Treiben am Hofe des Königs aufgefaßt haben. Hier werden wir ganz von selbst auf Dino geführt, der durchgängig das Bestreben zeigt, persische Anschauungen und Namen in griechische Formen einzuzwängen.«). Dieser Annahme ist aber keineswegs zuzustimmen. Es stellt sich die Frage, wo an den spärlichen Resten der Persika Dinons diese Tendenz nachzuvollziehen ist, Belege hierfür werden keine angeführt. Es handelt sich um reine Spekulation, die ihre Basis in der Annahme hat, dass Ktesias als Augenzeuge korrekt und zuverlässig und keineswegs vom griechischen Standpunkt aus berichte. Selbst wenn man an Ktesias’ Persienaufenthalt festhalten möchte, so hat doch gerade die jüngere Forschung eindeutig gezeigt, dass auch aus dem von Ktesias Selbsterlebten keine historisch verwertbaren Erkenntnisse zu gewinnen sind (s. z.B. W IESEHÖFER, Ktesias). Ferner sei auch deutlich auf die offensichtliche Dehnbarkeit dieses Argumentes hingewiesen: Bereits in Kap. 6 (Kyros meint sich vor den Spartaner legitimieren zu müssen, s. S. 165–168 zu Plut. Art. 6, 4, › ‹) und in Kap. 15 (persische Adlige, die wie selbstverständlich griechische Redensarten nutzen, s. S. 244 zu Plut. Art. 15, 4, ‹) zeigt sich diese eindeutig gräzisierende Tendenz ›
Gesetze und Meinungen der Griechen
312
2. Kommentar
bei Plutarch bzw. seiner Vorlage. Allerdings schreiben H AUG, Quellen, 93f. und die communis opinio (s. ad loc.) diese Passagen Ktesias zu, ohne dieser Tendenz Beachtung zu schenken. Gottesgnadentum
: Plutarch beschreibt die Herrschaftsvorstellung der persischen Großkönige korrekt – andere griechische Autoren (wie z.B. Aischyl. Pers. 157 oder Isokr. or. 4, 151) sind der Ansicht, dass der Großkönig als Gott verehrt wurde. Aber im Gegensatz zu z.B. den ägyptischen Pharaonen sind die persischen Könige selbst nicht vergöttlicht worden, wie uns auch eine Reihe großköniglicher Inschriften beweist: Proclaims Darius, the king: By the favour of Auramazd¯a I am king; upon me Auramazd¯a bestowed the kingship. (DB §5; Übers. S CHMITT, Bisitun, 49) A great god (is) Auramazd¯a, who created this earth, who created yonder heaven, who created man, who created blissful happiness for man, who made Darius the king, the one king of many, the one master of many. (DNa §1) Proclaims Darius, the king: Auramazd¯a, when he saw this earth in turmoil, after that he bestowed it upon me; me he made king; I am king. By the favour of Auramazd¯a I put it in its proper place. (DNa §4; Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 30)
Der Großkönig regiert – erfolgreich – sozusagen als ›Stellvertreter‹ Ahura Mazd¯as auf Erden. In diesem Zusammenhang ist zu Recht vom ›Gottesgnadentum‹ der achaimenidischen Könige gesprochen worden (»durch die Gunst Ahura Mazd¯as«: vašn¯a Auramazd¯aha; s. W IESEHÖFER, Persien, 55). Der Großkönig ist der von Ahura Mazd¯a eingesetzte Garant der weltlichen Ordnung, weshalb sein Tod als Störung der Ordnung von den Untertanen offenbar als traumatisch empfunden wurde (s. hierzu bereits S. 183 zu Plut. Art. ‹). In der Inschrift von Bisutun betont Dareios 8, 2, › sein Bemühen um Gerechtigkeit: Er ist – wie auch Plutarch es schildert – für die Perser als Richter über Gut und Böse eingesetzt, wobei drauga (»Lüge«) bei Dareios allerdings nicht mehr im zoroastrischen Sinne als moralischer, sondern als politischer Begriff (drauga entspricht allem, was sich gegen die gottgewollte und legitime Herrschaft des Großkönigs richtet) aufgefasst wird und deshalb bestraft werden muss. Zur Politisierung zoroastrischer Begriffe s. S TAUSBERG, Religion, 163–174.
Interna am Hofe: Artaxerxes 23
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23, 6 : Dies ist die einzige namentliche Erwähnung des Herakleides von Kyme in dieser Vita Plutarchs (zu diesem Autor s. bereits Kap. 1.8.4, S. 69f.; in Kap. 27, 8 bezieht sich Plutarch noch einmal eindeutig auf das hier angeführte Detail). Auch an anderen Stellen der Vita ist Herakleides als Vorlage nicht auszuschließen, wenn auch nicht sicher belegbar (s. z.B. S. 294–299 zu Plut. Art. 22, 1–12, › ‹). Plutarch hat ihn zudem zumindest für die Vita des Themistokles zu Rate gezogen (Them. 27, 1). Es stellt sich die Frage, weshalb Plutarch hier Herakleides erwähnt. Seine Aussage, dass einige Autoren ( ), unter ihnen eben Herakleides, von einer weiteren Heirat zu berichten wissen, hat nicht zu bedeuten, dass er auch eine Vielzahl von Autoren genutzt hat; diese Information mag er einfach aus Herakleides übernommen haben (M ANTEY, Quellen, 21). Da diesem Herakleides-Fragment hier nur der Status eines Einschubes in die laufende Erzählung zuzuschreiben ist, scheint Plutarch grundsätzlich einer anderen Quelle zu folgen, fügt seinem Bericht aber ein weiteres Detail hinzu, das später noch einmal wichtig werden wird (Plut. Art. 27, 8): Plutarch berichtet dort, wie selbstverständlich, dass Artaxerxes zwei seiner Töchter geheiratet habe, wobei die Reihenfolge dort von der in Art. 23, 6 abweicht – allerdings sollte der Aufzählung in Art. 23, 6 auch nicht zuviel Gewicht beigemessen werden, da Plutarch in derlei Dingen bekanntermaßen eher sorglos war bzw. gestalterischen Aspekten folgte: Zunächst einmal wollte er offensichtlich die Heirat mit Atossa darstellen, die er neben seiner Hauptquelle (wohl Dinon) sicher auch bei Herakleides bestätigt fand. Dann erwähnt er noch eine weitere endogame Heirat, die nur Herakleides von Kyme erwähnt zu haben scheint. Dass Plutarch sie an zweiter Stelle anführt, sagt nichts über die tatsächliche Reihenfolge in seiner Vorlage aus (Herakleides), sondern zeigt nur, dass Plutarch zunächst die ihm vertrauenswürdigere Nachricht anführt (dagegen s. M ANTEY, Quellen, 21, der diesem Widerspruch große Bedeutung beimisst; m.E. existiert hier aber kein Widerspruch, auch Plut. Art. 27, 8 ist ein Herakleides-Fragment, s. hierzu S. 332–335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12, › ‹). Der Vergleich mit der Passage, in der Plutarch die Erzählung um Atossa und Amestris wieder aufgreift, ist deshalb auch besonders interessant, weil die Ereignisse dort zu der mésalliance des Thronfolgers Dareios mit Tiribazos führen, die schließlich in einem Mordversuch am Großkönig gipfeln. Da wohl nur Herakleides über die doppelte endogame Verbindung berichtet (jedenfalls nicht Dinon, wie es hier scheint), muss auch dessen Status als Vorlage für die Vorgänge um den Thronfolger Dareios überdacht werden. : ›Amestris‹ ist die ionische Form für ›Amastris‹, was vielleicht den altpersischen Namen *Am¯astr¯ı- wiedergibt, wobei er sich aus den
Herakleides von Kyme
Amestris
314
2. Kommentar
Formen *ama- (»Stärke, stark«) und *str¯ı- (»Frau«) zusammensetzen könnte (s. J USTI, Namenbuch, 484, 512; S CHMITT, Amestris, 936f.). Nach diesem Herakleides-Fragment bei Plutarch war Amestris eine Tochter Artaxerxes’ II. Sie war zunächst dem Tiribazos zur Ehe versprochen, wurde aber dann von ihrem Vater, dem Großkönig, geheiratet (Plut. Art. 27, 8: Auch hierbei muss es sich um ein Herakleides-Fragment handeln). Der Name Amastris/Amestris ist an sich nicht auffällig und findet sich in den griechischen Quellen recht häufig für adlige Frauen bei den Achaimeniden – eine Amestris war z.B. Ehefrau Xerxes’ I. und Mutter Artaxerxes’ I. Über diese Tochter Artaxerxes’ II. und über die Heirat mit ihrem Vater wissen wir allerdings nur aus dieser Plutarch-Vita, was der Geschichte nicht unbedingt hohe Glaubwürdigkeit verleiht (zu den angeblichen inzestuösen Verbindungen bei den Achaimeniden s. bereits S. 310f. zu Plut. Art. 23, 3–7, › ‹). Lepra?
23, 7 : Bei der hier von Plutarch erwähnten Krankeit handelt es sich nach M ANFREDINI, Plutarco, 299 wohl um die Leishmaniose (›Weiße Lepra‹). Die Betroffenen sind vor allem im Gesicht von einem entstellenden Hautausschlag befallen (kutane Leishmaniose). Auch Herodot hat diesen Ausschlag schon beschrieben: Die erkrankten Perser wurden gesellschaftlich isoliert, Fremde aus dem Land getrieben. Ferner wurde vermutet, dass sie sich gegen die Sonne vergangen hätten (Hdt. 1, 138). Auch die avestischen Schriften kennen diese Erkrankung (Yt. 5, 92; 8, 56; 14, 48: Die Krankheit galt als ein Zeichen für das Wirken Ahrimans; s. hierzu auch M O DI , Leprosy, 225–231).
Hera
: Wie schon dargelegt, ist diese Gottheit, die Plutarch bzw. seine Vorlage als Hera identifiziert, keineswegs – wie auch schon im Fall der Athene – einfach mit der persischen Göttin An¯ahit¯a gleichzusetzen, da es hierfür keinerlei Indizien gibt (s. hierzu ausführlich S. 117–120 zu Plut. Art. 3, 2, ‹). ›
Proskynese
: Zur Proskynese s. bereits S. 225f. zu Plut. Art. 13, 3, › ‹. Entscheidend ist hier, dass die Proskynese in der Sicht eines Griechen eben Ausdruck der Verehrung für eine Gottheit ist, abgesehen davon, ob es sich eher um eine Form des Zu-Boden-Werfens oder eher eine Verneigung gehandelt hat (hier scheint der Großkönig – wohl von der Norm abweichend, sonst hätte Plutarch es nicht explizit erwähnt – den Boden mit ). Dies ist auch seinen Händen zu berühren: einer der Gründe, weshalb die Griechen (griechische Gesandte am Hof des Großkönigs, aber auch später die Soldaten des Alexanderzuges) Schwierig-
Interna am Hofe: Artaxerxes 23
315
keiten mit der Ausübung dieses Rituals gegenüber einem Menschen hatten (s. hierzu auch den Eintrag zur Proskynese). 23, 7 : 16 Stadien entsprechen ca. 3km (1 Stadion gleich ca. 186m), so dass diese maßlose Übertreibung noch einmal deutlich den Luxus und Reichtum des persischen Großkönigs bzw. des persischen Adels und die Ergebenheit des Großkönigs gegenüber einer Frau verdeutlichen soll (zu den verschiedenen topoi s. S. 276f. zu Plut. ‹). Da Plutarch keinerlei Angaben zum KöArt. 20, 1, › nigspalast oder dem Tempel macht, lässt sich die Szene, die ohnehin mit Sicherheit ein literarisches Konstrukt ist, nicht verorten.
Ein Opfer für ›Hera‹
2.6 Die persische Außenpolitik nach 387/86 (Art. 24–25)
Artaxerxes 24 Inhalt
Dieses Kapitel handelt von dem erfolglosen Feldzug des persischen Königs gegen Ägypten unter Pharnabazos und Iphikrates, vor allem aber von der Kampagne gegen die Kadusier unter Führung des Großkönigs selbst. Das königliche Heer gerät in eine gefährliche Situation im feindlichen Gebiet und wird von Tiribazos und dessen Sohn nur durch diplomatisches Geschick gerettet. Auf dem Rückmarsch liefert der Großkönig ein Beispiel seines edlen Charakters, da er bereit und fähig ist, die Mühen eines einfachen Soldaten zu ertragen.
Datierung
Der Feldzug des Iphikrates in Kooperation mit Pharnabazos gegen Ägypten ist auf die Jahre 374/73 zu datieren. Der Kadusierfeldzug ist derselbe, den Diodor in Zusammenhang mit dem Krieg um Zypern erwähnt, gehört also in die Jahre 385/84, nicht wie immer zu lesen, in das Jahr 369 (s. hierzu die Quellenanalyse dieses Kapitels). Erneut schildert Plutarch zeitlich deutlich getrennte Ereignisse, ohne auf den ausgelassenen Zeitraum hinzuweisen (compression, s. z.B. bereits S. 108f. zu Plut. Art. 2, 5, › ‹; S. 303 zu Plut. Art. 22, 5f., › ‹; zum Umgang Plutarchs mit seinen Quellen s. bereits Kap. 1.3.1, S. 17–26). Dies zeigt, wie schwierig es ist, anhand der plutarchischen Schilderungen historische Abläufe zu rekonstruieren.
Quellenanalyse
: Von diesem Kapitel an liefert Plut24, 1–11 arch keine Andeutungen mehr, welcher Vorlage er gefolgt ist, und es existiert auch keine Parallelüberlieferung, die mit seinen Schilderungen übereinstimmt. Eine namentliche Zuweisung einzelner Passagen ist somit immer spekulativ, allerdings lassen sich Autoren als Vorlagen ausschließen und bestimmte Überlieferungsstränge identifizieren. Plutarch beschreibt einen Feldzug des Artaxerxes gegen die Kadusier. Tiribazos nimmt an dieser Kampagne teil und errettet das Heer aus höchster Not. Die Charakterisierung des Tiribazos als äußerst tüchtig, aber auch leichtfertig (Plut. Art. 24, 4), passt zu den Beschreibungen in den Kap. 5, 7, 10 und 27–29, so dass die Vermutung naheliegt, dass Plutarch seine Informationen über Tiribazos aus einer einzigen Quelle geschöpft hat (S MITH, Study, 22). Es ist durchaus plausibel, aufgrund der prominenten Rolle, die Tiribazos vielleicht in Dinons Persika gespielt hat, Dinon als Vorlage Plutarchs anzunehmen. Gewissheit kann aber kaum bestehen, da die Quellenlage viel zu dürftig ist. Aber immerhin kennt Dinon Tiribazos, der in Ktesias’ Persika nach unserer Kenntnis nicht erwähnt wird (s. z.B. S. 131 zu Plut. Art. 4, 1–5,
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 24
317
6› ‹). Auch bei Diodor (15, 8. 10f.) und Nepos (Datames 1f.) finden sich Beschreibungen dieser Expedition gegen die Kadusier, doch weichen diese deutlich von Plutarchs Schilderung ab. Diodor berichtet von einem Feldzug des Artaxerxes gegen die Kadusier, der zeitlich eng mit den Kampfhandlungen auf Zypern unter Tiribazos verknüpft ist (385/84). Einer der weiteren Feldherren vor Ort, Orontes, klagt Tiribazos vor dem Großkönig an, woraufhin Artaxerxes diesen durch Orontes verhaften lässt. Dann zieht Artaxerxes gegen die Kadusier zu Felde, und es kommt erst nach seiner Rückkehr zum Prozess gegen Tiribazos, der von den Anklagepunkten aufgrund seiner früheren Verdienste freigesprochen wird (Diod. 15, 10f.). Diese Schilderungen Diodors lassen die KadusierKampagne ins Jahr 385/84 fallen, ohne Beteiligung des Tiribazos. Da dieser Bericht Diodors mit Plutarchs Darstellung nicht zu vereinbaren ist (u.a. wegen der Rolle des Tiribazos, aber auch aufgrund chronologischer Probleme), ist schon L ACHMANN, Geschichte, 351 und 356 davon ausgegangen, dass Artaxerxes II. zwei Feldzüge gegen die Kadusier geführt haben muss (385/84 und nach 374). Diese Ansicht hat sich durchgesetzt; so datiert z.B. auch B RIANT, Cyrus, 650 diese zweite Kampagne auf die Zeit nach 374, da Plutarch sie mit dem zweiten Ägyptenfeldzug unter Pharnabazos zu verbinden scheint (s. auch S EKUNDA, Notes, 38f.). Diesen zweiten Feldzug versucht VAN DER S PEK, Chronology, 252f. auf der Grundlage eines Auszuges aus den babylonischen astronomischen Tagebüchern präziser auf 369 zu datieren. Für dieses Jahr (14. März bis 12. April 369) berichten die Tagebücher, dass der Großkönig Truppen für eine Schlacht im Land Razaundu gemustert habe (S ACHS /H UNGER, Diaries, No. -369, Rev. 8 [124f.]). Dieses Land nun identifiziert VAN DER S PEK mit dem Territorium der Kadusier und den Feldzug mit dem von Plutarch erwähnten Unternehmen. Dies ist aber eine schwache Argumentation, da zum einen die geographischen Angaben keineswegs eindeutig sind; so geht S TOLPER, Mesopotamia, 239 davon aus, dass mit Razaundu eine Stadt und kein Land gemeint sei (nach Ptol. Geog. 6, 2, 12). Ferner wird nirgends erwähnt, dass der Großkönig seine Truppen selbst führt, es ist nur von der Musterung die Rede. Der Eintrag ist inhaltlich mehr als dürftig. VAN DER S PEK kommt zu seinen Ergebnissen, weil er sich von Plutarchs Darstellung leiten lässt, die keineswegs diese Verbindlichkeit besitzt. Selbst wenn es sich bei Razaundu um ein größeres Territorium (und nicht eine Stadt) zwischen dem Urmia-See und dem Kaspischen Meer handeln sollte (also dem ungefähren Siedlungsgebiet der Kadusier; s. S YME, Cadusii, 137–139; 143f.), ist die Identifikation dieses Feldzuges mit der Kampagne, die Plutarch erwähnt, extrem problematisch, da nur Plutarch zu behaupten scheint, dass dieser Feldzug nach den Versuchen des Pharnabazos und Iphikrates in Ägypten, also nach 374 stattfand.
Diodors Bericht
Zwei Kadusierkriege
318 Parallelberichte
2. Kommentar
VAN DER S PEK, Chronology, 253 und S EKUNDA, Notes, 38f. weisen deshalb auf eine parallele Überlieferung hin: Auch Trogus (Iust. Prol. 10) erwähne, dass Artaxerxes selbst nach einer Kampagne in Ägypten und vor dem Aufstand des Datames einen Feldzug gegen die Kadusier geführt habe. So betrachtet, scheint dieser tatsächlich in die Zeit nach 374 zu fallen. Allerdings ist dies weder der präzise noch der vollständige Wortlaut der kurzen Zusammenfassung des Trogus: Ut Artaxerxes Mnemon pacificatus cum Euagora rege Cyprio bellum Aegyptium in urbe Ace conpararit, ipse in Cadusis victus, defectores in Asia purpuratos suos persecutus, primum Dotamen praefectum Paphlagoniae . Wie Artaxerxes Mnemon mit dem Zypernkönig Euagoras Frieden machte und den Krieg gegen Ägypten in der Stadt Ake rüstete, dann, selbst im Gebiet der Kadusier besiegt, seine von ihm abgefallenen Purpurträger verfolgte, und zwar als deren ersten den Dotames, den Satrapen von Paphlagonien. (Iust. Prol. 10; Übers. S EEL)
Zunächst einmal sieht Trogus eine zeitliche Verbindung zwischen den Auseinandersetzungen auf Zypern (385/84) und dem von ihm erwähnten Feldzug gegen Ägypten. Pharnabazos und Iphikrates werden überhaupt nicht erwähnt, genaugenommen spricht er auch nur von Vorbereitungen (conparare). Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass es sich hier um die Ägyptenkampagne des Pharnabazos handelt. Die von Trogus erwähnten Vorbereitungen gegen Ägypten weisen auf den ersten Feldzug Artaxerxes’ II. hin (um 385–383; die Datierung ist nicht gesichert, aber Isokrates spielt in seinem Panegyrikos 140 bereits darauf an, s. B RIANT, Cyrus, 652f.). Somit kann seine Notiz nicht Plutarchs Darstellung stützen, da dieser den Kadusierfeldzug nach der zweiten Ägyptenkampagne zu datieren scheint, wohingegen Trogus diesen nach der ersten setzt. Er steht somit auch nicht in Widerspruch zu Diodor, der zwar die Aktionen gegen Ägypten nicht erwähnt, dafür aber – ebenso wie Trogus – den Kadusierfeldzug mit den Konflikten auf Zypern verbindet. Nichts deutet darauf hin, dass Trogus eine andere Kampagne gegen die Kadusier gemeint hat als die, die auch Diodor erwähnt. Somit bleibt Plutarchs angeblicher zweiter Feldzug ohne Parallelüberlieferung. Wieder einmal zeigt sich deutlich, dass Plutarch nicht ohne eine genaue Analyse genutzt werden darf, um historische Abläufe nachzuvollziehen; vielmehr muss seine Arbeitsweise beachtet werden: Es ist in der Forschung bekannt, dass Plutarch gestalterisch in seine Überlieferung eingegriffen hat. Er fühlte sich, da er kein Historiker war, nicht von der Chronologie gebunden (s. hierzu z.B. B UCKLER, Plutarch, 140f.). Für ihn war nicht der Zusammenhang von Ursache und Wirkung und die historische Erzählung von Bedeutung, sondern die Darstellung des Charakters seines Protagonisten. Folglich
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 24
319
darf auch der chronologischen Verknüpfung der Feldzüge prinzipiell nicht zu viel Gewicht beigemessen werden: Die von Plutarch genannte Reihenfolge gibt keine chronologische Abfolge wieder (1. Ägyptenfeldzug des Pharnabazos, 2. Kadusierfeldzug des Artaxerxes). Dies bedeutet, dass der von ihm erwähnte Feldzug gegen die Kadusier derselbe sein könnte, den auch Diodor erwähnt (so auch S YME, Cadusii, 139, allerdings ohne Analyse der Quellenlage).
Abbildung 6: Medische Würdenträger am Aufgang zum Tripylon (Persepolis)
Diese Feststellung mag überraschen, da die Differenzen zwischen Plutarch und Diodor scheinbar nicht zu überbrücken sind. Der bisherige Weg der Harmonisierung durch Addition der Berichte ist methodisch aber nicht vertretbar. Der zweite Kadusierfeldzug erscheint als ein Artefakt, das seine Existenz lediglich einer einzigen Notiz bei Plutarch und deren falscher Deutung
320
Nepos’ Bericht
2. Kommentar
verdankt. Wie gezeigt, sind die stützenden Indizien (astronomische Tagebücher und Parallelüberlieferung) nicht aussagekräftig. Wenn man einräumt, dass uns hier nicht zwei voneinander unabhängige Berichte vorliegen, ist die Unvereinbarkeit (so eben auch eine Addition, also eine chronologische Abfolge der Erzählungen) evident: Die Unterschiede zwischen Diodors Überlieferung (Ephoros) und Plutarchs Bericht (Dinon) basieren auf einer literarischen Konstruktion. Der eine Bericht ist der Reflex des anderen: Während bei Plutarch Tiribazos der strahlende Held ist, befindet sich dieser bei Diodor zur Zeit des Feldzuges in Gefangenschaft, die erst nach dem Krieg beendet wird. Größer könnte der Gegensatz bei gleichzeitigem Anspruch auf höhere Plausibilität nicht ausfallen. Leider ist Diodors Wiedergabe des Feldzuges sehr knapp, seine Vorlage wird aber fast mit Sicherheit weitere derartige auffällige Abweichungen zu Plutarchs Schilderung aufgewiesen haben. Es handelt sich hier genau um die Technik, die für die Geschichtsschreibung des vierten Jahrhunderts typisch erscheint (z.B. Ktesias, Theopomp, Dinon, Ephoros). Jegliche Harmonisierung dieser Berichte muss daher vermieden werden. S MITH, Study, 22 ist der Ansicht, dass Plutarch die Version Dinons wiedergibt, die von Ephoros überarbeitet worden sei und sich so bei Diodor finde, was durchaus vertretbar erscheint, aber nicht mit Sicherheit zu sagen ist. Es ist nicht zu entscheiden, welche der beiden Versionen die ältere ist. Selbst wenn diese Entscheidung möglich wäre, ist fraglich, ob dieses Kriterium (Alter) Vertrauen in den historischen Gehalt rechtfertigt. Verdacht erregt in diesem Zusammenhang, dass Xenophon in seiner Kyroupaideia eine sehr ähnliche, wenn auch in vielen Details abweichende Erzählung bietet (Xen. Kyr. 7, 4, 3f.): Kyros schickt Adusios aus, um einen Bürgerkrieg in Karien zu beenden. Dieser erreicht sein Ziel, indem er mit den Anführern einzeln Freundschaft schließt und von beiden unabhängig voneinander die Erlaubnis erhält, mit seinen Truppen in ihre Städte zu ziehen. Mit diesem Plan gelingt es ihm, beide Städte gleichzeitig zu besetzen und Frieden zwischen den Parteien zu schließen. Es ist nicht zu entscheiden, ob diese Passage Dinon als literarische Vorlage für seine Ausgestaltung des Kadusierfeldzuges gedient hat. Auf jeden Fall sollten derartige Parallelen weitere Skepsis an der Historizität des Erzählten erzeugen (die optimistische Position von S TEVENSON, Persica, 97 ist nicht nachvollziehbar). Es führt zu weit, den Feldzug gegen die Kadusier (385/84; ein Feldzug zwischen 374 und 369 hat sicher nicht stattgefunden) als Faktum zu streichen, aber gesicherte Kenntnisse über ihn besitzen wir nicht. Für die Analyse der Überlieferung kann noch eine dritte Version betrachtet werden: In Nepos’ Datames-Biographie leistet Datames Beträchtliches auf dem Feldzug gegen die Kadusier. Ferner gelingt es ihm in der Folgezeit, Thuys, den König der Paphlagonier, gefangen zu setzen (Nep. Datames 2). Eben diese Verhaftung erwähnt auch Athenaios, der – ein Glücksfall der
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 24
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Überlieferung – seine Quelle nennt: Theopomp habe dies in seinem 35. Buch berichtet (Athen. 4, 144F; 10, 415D). S MITH, Study, 22 vermutet nun, dass Nepos für seine Datames-Biographie Theopomp gefolgt sei, also auch seine Informationen über Datames auf dem Kadusierfeldzug aus diesem Werk geschöpft habe. Dies erscheint vertretbar, allerdings ist auch bekannt, dass Nepos Dinon für einen der zuverlässigsten Zeugen für persische Geschichte hielt (Nep. Konon 5, 4), so dass kein Grund erkennbar ist, weshalb er seine Vorlage gewechselt haben sollte. S MITH vermutet ferner, dass hier eine weitere literarische Überarbeitung vorliege: Der Datames des Nepos habe die Rolle des Tiribazos übernommen, so dass vielleicht drei Versionen (Dinon, Ephoros und Theopomp) existiert hätten. Da allerdings die wenigen Angaben des Nepos in der Vita des Datames keine Abweichung zu Plutarchs Version offenbaren, da er nichts über die Leistungen seines Protagonisten auf diesem Feldzug erwähnt, ist diese Ansicht keineswegs zwingend, aber auch nicht zu widerlegen. : Iphikrates war ein bedeutender und fähiger 24, 1 athenischer General in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts und Musterbeispiel für einen Kondottiere dieser Zeit. Er zeichnete sich im Korinthischen Krieg besonders durch seine innovative Peltastentaktik aus. Nach dem Königsfrieden (387/86) stand er zunächst in Diensten des thrakischen Königs Kotys, dessen Tochter er heiratete und von dem er die Städte Drys und Antissa als Geschenk erhielt (Demosth. or. 23, 123). In den Jahren 374/73 stand er auf Weisung Athens als Söldnerführer in persischen Diensten. Unter dem Oberbefehl des Satrapen Pharnabazos (s. hierzu S. 287 zu Plut. Art. 21, 1, ‹) kämpfte er gegen die Ägypter. Die Datierung des persischen › Unternehmens gegen Ägypten basierte bisher vornehmlich auf der Auswertung der griechischen Zeugnisse (Diod. 15, 41, 4). VAN DER S PEK, Chronology, 251f. hat aber mit seiner Auswertung der babylonischen astronomischen Tagebücher der Datierung dieser Unternehmung des Pharnabazos mit Iphikrates auf das Jahr 373 mehr Sicherheit verliehen. Zunächst war Iphikrates erfolgreich, geriet dann aber, wie Diodor und auch Plutarch berichten, über die weitere Vorgehensweise mit Pharnabazos in Streit und kehrte nach Athen zurück (Diod. 15, 41f.; 42, 4f.; 43, 1–6). In der Folgezeit übernahm er noch mehrere wichtige Kommandos für Athen, wurde aber innenpolitisch kaltgestellt und zog sich nach Thrakien zurück (um 365). Im Bundesgenossenkrieg wieder für Athen aktiv, wurde er 356/55 wegen Hochverrats angeklagt, aber freigesprochen. Iphikrates soll bald darauf gestorben sein (s. K AHRSTEDT, Iphikrates, 2019–2021; H OFSTETTER, Griechen, Nr. 164, 93– 95; F UNKE, Homónoia, s.v. ›Iphikrates‹. Für die späten Jahre s. ferner K AL LET , Iphikrates, 239–252).
Iphikrates
322 Der Kadusierfeldzug
Die Kadusier
Der Preis für einen Esel
2. Kommentar
24, 2 : 300000 Mann scheint bei vielen griechischen Autoren die Normgröße der Standardheeresgruppe in der persischen Armee gewesen zu sein. Das Heer Artaxerxes’ II. bei Kunaxa hätte nach Xenophon 1200000 Mann, geführt von vier Feldherren, umfassen sollen. Da aber Abrokomas zu spät zur Schlacht erschien, befehligten die drei übrigen Feldherren ein Aufgebot von 900000 Mann (Xen. an. 1, 7, 11f.). Diese Zahlen sind eindeutig Übertreibungen (s. hierzu S. 184–188, bes. ‹). Über die S. 184 zu Plut. Art. 8, 3–8, › genaue Heeresgröße des Kadusierfeldzuges Artaxerxes’ II. lässt sich nicht viel sagen, da wir über diese Kampagne (sowie über eigentlich alle Feldzüge außerhalb Kleinasiens) fast keine Informationen besitzen. Durch seine Auswertung der babylonischen astronomischen Tagebücher hat VAN DER S PEK, Chronology, 252f. versucht, das in der Forschung übliche Datum des zweiten Kadusierfeldzuges des Artaxerxes (nach 374) zu präzisieren. Er vertritt eine Datierung auf das Jahr 369. Die spärliche weitere Überlieferung zu dieser Kampagne (nur Plut. 24, 2 erweckt überhaupt den Anschein, dass es einen zweiten Feldzug gegeben habe; Iust. Prol. 10 scheidet in diesem Zusammenhang aus) soll diesen Ansatz bestätigen. Wie aber die Quellenanalyse dieser gesamten Überlieferung zeigt, ist die Erwähnung bei Plutarch nicht geeignet, überhaupt einen zweiten Feldzug anzunehmen. Die Abweichungen vor allem zu Diodors Variante basieren auf literarischen Konstruktionen – es handelt sich keineswegs um voneinander unabhängige Berichte, s. hierzu ausführlich S. 316–321 zu Plut. Art. 24, 1–11, › ‹. Dieser Feldzug ist m.E. derjenige des Jahres 385/84. : Zum Volksstamm der Kadusier und der Topographie ihres Landes s. S. 192 zu Plut. Art. 9, 1, › ‹. 24, 3 : Es ist gut vorstellbar, dass unter den von Plutarch beschriebenen Umständen die Preise für Lebensmittel extrem hoch waren. Ähnliches berichtet Xenophon über den Zug Kyros’ des Jüngeren, der – um Geheimhaltung seiner Pläne bemüht – seine Marschroute durch unbewohnte Gegenden führte. Auf diese Weise konnten sich die Griechen nur auf dem lydischen Markt versorgen (s. hierzu Hdt. 1, 155: Die Perser haben den Lydern das Tragen von Waffen verboten und sie zum Handeln animiert), der dem Barbarenheer folgte (Xen. an. 1, 5, 6). Eine Kapithe (persisches Hohlmaß, ca. 2 Liter, d.h. zwei normale Tagesrationen) Weizen oder Gerste haben nach Xenophon um die 4 Sigloi gekostet (dies entspricht etwa 30 attischen Obolen, dem Wochenlohn eines einfachen Soldaten; s. L ENDLE, Kommentar, 48). Dieser Preis muss zu hoch gewesen sein, da Xenophon explizit betont, dass sich die Soldaten stattdessen mit Fleischkost durchgebracht hätten (durch geschlachtete Lasttiere und Jagd: Xen. an. 1, 5, 2f.). Da die von Plut-
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 24
323
arch erwähnten 60 Drachmen 360 attischen Obolen entsprechen, hätte solch ein Eselkopf fast den gesamten Jahressold eines einfachen Soldaten gekostet, so dass praktisch keiner der Soldaten sich einen derartigen Luxus hätte leisten können. Ferner ist fraglich, ob das Fleisch der Zugtiere überhaupt an das eigene Heer verkauft worden wäre. Es ist kaum vorstellbar, dass einheimische Händler sich derart hätten verhalten können, da sich das Heer in Feindesland und in Not befand, so dass hier sicherlich mit gewalttätigen Übergriffen zu rechnen gewesen wäre. Wenn also diese Beschreibung auch mit Sicherheit eine maßlose Übertreibung und wahrscheinlich frei erfunden ist, ist es dennoch prinzipiell denkbar, dass örtliche oder fahrende Händler eine solche Notsituation ausgenutzt haben (auch B RIANT, Cyrus, 628) – allerdings hätte wohl kein Händler seine eigene und auch geschäftliche Existenz durch eine derartige Preispolitik gefährdet. : S. 156f. zu Plut. Art. 5, 5, ›
Zur großköniglichen Tafel s. bereits ‹.
24, 4–9 : Historisch gesicherte Fakten lassen sich aus dieser Beschreibung des Feldzuges nicht gewinnen (S YME, Cadusii, 139: » . . . a full account but few details of value.«). Zu Tiribazos’ Rolle nach Plutarch und in der sonstigen Überlieferung ‹. s. bereits S. 316–321 zu Plut. Art. 24, 1–11, › 24, 5 : Zu den Kadusiern s. S. 192 zu Plut. Art. 9, 1, › ‹. Prinzipiell ist die Institution einer Dyarchie keineswegs unplausibel (weitere Belege: Polyain. 7, 12; Strab. 11, 2, 13 u. 11, 4, 6). Allerdings könnte diese Bezeichnung auch übertrieben sein: Es ist durchaus vorstellbar, dass die Kadusier in zwei (oder mehr) unabhängige Stämme geteilt waren mit jeweils eigenen Anführern (›Königen‹), so dass nicht notwendig von einem geeinten Territorium mit doppelter Spitze (wie z.B. in Sparta) auszugehen ist. Ferner existieren außer dieser einen Erzählung, deren Historizität mit gutem Grund angezweifelt werden muss (s. hierzu die ‹), Quellenanalyse, S. 316–321 zu Plut. Art. 24, 1–11, › keine Belege für diese Einrichtung bei den Kadusiern. : Plutarch erwähnt später einen Arpates, einen Sohn des Tiribazos, der – angestiftet von Ochos, dem späteren Artaxerxes III. – Arsames, einen unebenbürtigen Sohn Artaxerxes’ II. und potentiellen Thronfolger ermordet (Plut. Art. 30, 8, s. hierzu S. 358, ›
Die königliche Tafel
Tiribazos rettet das Heer
Das Doppelkönigtum der Kadusier
Arpates?
324
2. Kommentar
‹). Es ist naheliegend, aber nicht zwingend, hinter beiden Erwähnungen dieselbe Person zu vermuten. Der Charakter des Artaxerxes
Der Grund für Feigheit
24, 8 : Diese kurze Schilderung zeigt Plutarchs Bild des Großkönigs: Er ist schwankend in seinem Entschluss, vertraut seiner eigenen Entscheidung nicht mehr und lässt sich deshalb leicht von der Meinung anderer beeinflussen. Diese Charakterzeichnung findet sich in der gesamten Vita immer wieder (s. z.B. S. 100 zu Plut. Art. 2, 1, › ‹; ferner S. 136 zu Plut. Art. 4, 4, › ‹; S. 177 zu Plut. ‹). Auffallend, aber keineswegs unerklärArt. 7, 3, › lich ist, dass Plutarch diese negative Charakterisierung gerade in dem Kapitel wiederholt, das auch die wohl positivste Schilderung des Großkönigs enthält (Plut. Art. 24, 9f.), was vielleicht auf Kontamination verschiedener Quellen zurückzuführen ist. Allerdings ist somit kein Widerspruch innerhalb der Vita entstanden. Auch in seinen Lebensbeschreibungen, die positive Leitbilder bieten sollen, verbirgt Plutarch die Schwächen seiner Protagonisten nicht ), so dass es nicht verwundert, dass er auch einem sonst negativen ( Charakter positive Elemente beigibt. 24, 9f. : Plutarchs Gedankengang ist hier nicht gerade einfach. Er zieht – seiner Ansicht nach gegen die allgemeine – den Schluss aus Artaxerxes’ VerMeinung ( ) zur Feigheit ( ) und halten, dass nicht Luxus ( ) führe, sondern nur ein schlechter und unedler Verweichlichung ( Charakter bzw. schlechte und unedle Naturanlagen ( ), der auch von falschen Grundsätzen geleitet sei. Als Beweis für seine These sieht Plutarch hier den Großkönig, der nach griechischer Ansicht das Paradebeispiel für Luxus ist, sich aber auf dem Rückmarsch nach dem Kadusierfeldzug keineswegs verweichlicht oder feige zeigt, sondern als guter Truppenführer bereit ist, die Mühen des einfachen Soldaten zu tragen. Plutarch sieht also – und nur so kann der Großkönig als Beispiel funktionieren – bei Artaxerxes einen nicht durch Luxus verdorbenen Charakter, der auch keineswegs von falschen Grundsätzen geleitet ist. Sein Fehler ist sein ): Deshalb ist Artaxerxes aufgrund zauderndes, zögerndes Wesen ( seiner Unsicherheit leicht beeinflussbar und agiert furchtsam. In dieser Passage (und ihrer Fortsetzung in Kap. 25) findet sich somit die positivste Schilderung des Großkönigs durch Plutarch im ganzen Werk. Diese Wertung mag in einem Spannungsverhältnis zur bisherigen Charakterisierung stehen, aber unvereinbar sind sie nicht: Schon zuvor zeigte Plutarch den Großkönig, wenn er sich aus welchen Gründen auch immer für eine Handlung entschieden hat, als durchaus zielstrebig und mutig (hier sei u.a. auf Artaxerxes’ Vorgehen in der Schlacht von Kunaxa nach Dinon verwiesen: Der Großkönig greift den
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 24
325
Usurpator mehrfach mutig an, s. hierzu S. 198f. zu Plut. Art. 10, 2, › ‹). Grundsätzlich sieht Plutarch Artaxerxes aber als leicht beeinflussbaren, furcht- und deshalb später auch grausamen Herrscher (auch diese Eigenschaften des Großkönigs werden in den Kapiteln 24 und 25 thematisiert). Wie Plutarch aber auch in seinen positiven , die tadelnswerten Fehler, verhehlt, so meint Lebensbilder nicht die er vice versa, hier in seinem Protagonisten positive Züge zu erkennen. Dass zudem diese Vita nicht unbedingt durch die Schärfe ihrer Charakterzeichnung und ihre konzeptionelle Anlegung herausragt, ist schon angesprochen worden (s. hierzu Kap. 1.6, S. 37–49). : Zum Schmuck des 24, 10 Großkönigs s. die Arbeit von R EHM, Schmuck und auch breits S. 155f. zu ‹. Hier sei noch ein Zitat von CurPlut. Art. 5, 4, › tius Rufus angeführt, das die Kleidung des Großkönigs (hier: Dareios’ III.) beschreibt:
Der Luxus des Großkönigs
Cultus regis inter omnia luxuria notabatur: purpureae tunicae medium album intextum erat, pallam auro distinctam aurei accipitres, velut rostris inter se concurrerent, adornabant, et zona aurea muliebriter cinctus acinacem suspenderat, cui ex gemma vagina erat. Der verschwenderische Aufzug des Königs übertraf alles andere: Er trug ein Purpurgewand, das mit Weiß durchwirkt war; seinen goldgestickten Staatsmantel zierten zwei goldene Falken, als ob sie mit den Schnäbeln aufeinander losgingen, und an dem goldenen Gürtel, mit dem er nach Weiberart sein Gewand geschürzt trug, hing ihm ein Krummsäbel, dessen Scheide aus kostbarem Stein bestand. (Curt. 3, 3, 17f.; Übers. S CHÖN FELD)
: Der Köcher (und natürlich der Bogen) ist der typische Ausrüstungsgegenstand eines persischen Soldaten, wie nicht nur griechische Zeugnisse, sondern auch achaimenidische Inschriften, Reliefs und auch Münzen zeigen (s. z.B. S. 101 zur Inschrift Dareios’ I.; ferner Abb. 3, S. 148 zum Münzbild des Dareikos und auch Abb. 6, S. 319). Auch Herodot weiß von der persischen Affinität zu dieser Fernwaffe (Hdt. 1, 136): »Ihre Knaben lehren sie, vom fünften bis zum zwanzigsten Jahr, nur drei Dinge: Reiten, Bogenschießen und die Wahrheit sagen.« Zum Köcher s. ferner C ALMEYER, Köcher.
Der Köcher
326 Die Marschleistung
2. Kommentar
24, 11 : Das Stadion ist ein griechisches Längenmaß zu 6 (Plethra) bzw. 600 (Fuß). Je nach dem angesetzten Fußmaß entspricht ein Stadion einer Länge von umgerechnet 162–210m. Ein attisches Stadion, welches gern als Standardmaß genommen wird, entspricht 186m, ein Stadion in Olympia aber 192,3 m (s. hierzu L EHMANN -H AUPT, Stadion). Mit dem attischen Stadion als Maßstab entsprechen die hier erwähnten 200 Stadien einer täglichen Marschroute von ungefähr 37km, was eine erhebliche Leistung wäre. Herodot gibt die tägliche Marschleistung auf der Königsstraße mit 150 Stadien pro Tag an (ca. 28km; Hdt. 5, 53, 1). Ein großkönigliches Heer mit dem üblichen großen Tross wird in dem bergigen ) dieGelände (dies erwähnt Plutarch selbst: se Marschleistung nicht über-, sondern sicher deutlich unterboten haben – Plutarchs Angabe ist übertrieben, um so den Großkönig als Beispiel für sein moralphilosophisches Argument anführen zu können (s.o. S. 324 zu Plut. ‹). Art. 24, 9f., ›
Artaxerxes 25 Zur Versorgung seines auf dem Rückmarsch Not leidenden Heeres lässt der Großkönig einen königlichen Garten ( ) roden. Zugleich charakterisiert Plutarch Artaxerxes in diesem Kapitel auch als Tyrannen, der – nach dem erfolglosen Kadusier-Feldzug – aus Furcht viele der ersten Männer in seinem Umfeld töten lässt.
Inhalt
Anhand der Angabe, dass sich diese Ereignisse im Anschluss an den Kadusierfeldzug zugetragen haben sollen, ist eine Datierung auf die Jahre nach 384 (mit der nötigen Vorsicht) möglich.
Datierung
25, 1–4 : In der Forschung wird der enge Zusammenhang zwischen den Kapiteln 24 und 25 betont (M ANTEY, Quellen 22; K RUMBHOLZ, Ctesia, 15; S TEVENSON, Persica, 96–100), und es werden beide Passagen Dinon zugeschrieben. Da Plutarchs Angaben viel zu genereller Natur sind, lassen sich keine brauchbaren Erkenntnisse erzielen. In der Tat mag der Beginn des Kapitels als Fortführung der Erzählung des vorherigen Kapitels angesehen werden. Die Charakterisierung des Artaxerxes als furchtsam nach dem nur mäßig erfolgreichen Feldzug unter hohen Verlusten gegen die Kadusier korrespondiert mit dem auch sonst von Plutarch gezeichneten Bild. Es ist keineswegs sicher, dass Plutarch diese Charakterzeichnung, die die zweite Hälfte dieses Kapitels ausmacht, aus seinen Quellen (hier wohl Dinon) übernommen hat; genauso gut ist auch denkbar, dass Plutarch hier seine eigene Einschätzung des Charakters des Großkönigs aufgrund seines Quellenstudiums wiedergibt, was vielleicht auch das Spannungsverhältnis zwischen den positiven (edler Charakter, guter Truppenführer) und den negativen Elementen (schwankend, beeinflussbar, furchtsam) erklären könnte. Schließlich sagt Plutarch selbst, dass den meisten das Verhalten des Artaxerxes als Milde erschienen sei (dieses Bild findet sich z.B. bei Diodor und Nepos), er es aber besser wisse: Es handele sich eher um eine schwerfällige Langsamkeit (Art. 4, 4), sein Ruf der Milde basiere vor allem auf dem Vergleich mit seinem grausamen Sohn Ochos (Art. 30, 9). : In der Antike war die Infrastruktur, be25, 1 sonders das Straßenwesen, im persischen Reich hoch berühmt. Eine Vielzahl von ausgebauten Wegen und Straßen durchzog das gesamte Reichsgebiet (insgesamt an die 12900km, s. hierzu G RAF, System, 188; B RIANT, Cyrus, 357–387 zu allen Aspekten des Straßenwesens mit Kartenmaterial), wobei vor allem die sogenannten ›Reichsstraßen‹, von denen die ›Königsstraße‹
Quellenanalyse
Das Straßennetz
328
2. Kommentar
von Sardeis durch Kleinasien und Mesopotamien nach Susa durch Herodots Schilderung wohl die bekannteste ist (Hdt. 5, 52), in erster Linie zur schnellen Beförderung von Nachrichten als Grundlage der achaimenidischen Verwaltung des Reiches dienten. Sie wurden aber auch für Materialtransporte und schnelle und geordnete Truppenbewegungen genutzt (zum Nachrichtenwesen s. A SCHOFF, Nachrichtenübertragung; ferner dens., Rufposten). Der Überlandhandel – abgesehen vom Transport von Luxusgütern – wird aufgrund der hohen Transportkosten nur über kurze Distanzen von Bedeutung gewesen sein (W IESEHÖFER, Feind, 300f. mahnt aber, die zivile Nutzung der Fernstraßen nicht zu unterschätzen). So finden sich auch keine Erwähnungen von Händlern oder Karawanen in den Tontäfelchen aus Persepolis – alle Berichte über Transporte über größere Distanzen stehen in politischem Kontext (Tribute, Palastbauten etc.; s. W IESEHÖFER, Persien, 115f.; B RI ANT , Cyrus, 377–387, 929). Herodot berichtet, dass es an der ›Königsstraße‹ überall königliche Sta) und Herbergen gebe. Außerdem sei die Straße tionen ( sicher und führe nur durch bewohntes Land (Hdt. 5, 52). Auch für die ausgedehnten Reisen der Großkönige zwischen den Hauptresidenzen des Reiches (Persepolis, Ekbatana etc.) waren die gut ausgebauten Straßen und die königlichen Standquartiere, wie Plutarch hier eines erwähnt, mit Sicherheit von großer logistischer Bedeutung (s. hierzu auch S. 144–146 zu Plut. Art. ‹). 5, 1, › Der Paradeisos
25, 1f.
: Das griechische Wort (Paradeisos, »Park«) gibt das altiranische *pari-daida- bzw. avestisch pai ri.da¯eza- wieder und bedeutet so viel wie »Umzäunung, Ummauerung« (zu den persischen paradeisoi s. K AWAMI, Gärten, 81–100; T UPLIN, Studies, 80–131; ferner H ULTGÅRD, Paradies; zum Sprachlichen s. B RUST, Lehnwörter, 506–514; auch die spätantiken Kaiser nutzen noch Ummauerungen, um ihre Jagddomänen vor Raubtieren zu schützen, s. z.B. die 72km lange ›Langmauer‹ Valentinians I. oder Gratians nördlich von Trier bei Kordel und Butzweiler). Die Griechen bezeichneten als paradeisoi die Garten- und Parkanlagen der achaimenidischen Könige, die, obwohl es schon Vorläufer im Alten Orient gab, besonders berühmt waren (z.B. Arr. Ind. 39; Curt. 7, 2, 22; auch Plin. nat. 13, 41). Persische Quellen zu diesen »am ehesten als botanische Gärten mit umzäunten Wildgehegen« zu beschreibenden Anlagen (W IESEHÖFER, Wasser, 160) sind uns leider nicht erhalten, allerdings finden wir bei den griechischen Schriftstellern viele Informationen, wie z.B. Xenophons Beschreibung der Gartenanlagen des Pharnabazos in Daskyleion (hell. 4, 1, 11). Neben den schriftlichen Zeugnissen sind aber auch die archäologischen Stätten, wie z.B. Pasargadai, für die Erforschung der Parkanlagen von großer
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 25
329
Bedeutung (s. hierzu auch S. 114f. zu Plut. Art. 3, 1, › ‹). Die Paradeisoi dienten einerseits der königlichen Jagd (Xen. Kyr. 8, 1, 38), andererseits als reine Gartenanlagen (mit Bewässerung, Bäumen, Gebäuden etc.) auch der Erholung und dem Genuss (hier ist Xenophon etwas vage: an. 1, 4, 10; s. aber Diod. 19, 21, 3; Arr. Ind. 40). T UPLIN, Studies, 116–118 vermutet zusätzlich eine – wie es für die altorientalischen Vorläufer belegt ist – rituelle Funktion dieser Anlagen, die sogar bedeutender als die säkulare gewesen sein soll; beweisbar ist dies allerdings nicht (S TAUSBERG, Religion, 185f. schließt sich, in etwas relativierter Form, dieser Meinung an). Das besondere Verhältnis des Großkönigs zur gehegten Natur wird auch in den zurückhaltenden Aktionen der Soldaten deutlich, die Plutarch beschreibt. Der Großkönig in seiner Rolle als ›königlicher Gärtner‹ pflegt sein Reich wie einen Garten. Er bringt alles zum Wachsen und wendet Unheil von ihm ab. Die Natur erscheint geordnet und gebändigt. Der König tritt so in die Rolle des Beschützers der Bäume, ein Angriff auf diese zielt direkt auf seine Souveränität als Herrscher. Der Paradeisos ist somit auch als eine symbolische Abbildung des Reiches zu sehen, als ›Reichsgarten‹ (s. W IESEHÖFER, Wasser, 156–158; wie der Großkönig den ›Reichsgarten‹ versorgt, so pflegt der Satrap, der Provinzstatthalter, seinen ›Provinzgarten‹). In einem symbolischen Akt fällen die Phönizier, die sich gegen Artaxerxes III. erhoben haben, die Bäume einer solchen Parkanlage (351 v.Chr. unter Tennes von Sidon: Diod. 16, 41; ähnliches weiß Xen. an. 1, 4, 10 zu berichten: Kyros der Jüngere lässt den Park und den Palast des Statthalters Belesys niederreißen, der auf großköniglicher Seite stand; Xen. hell. 4, 1, 29–38: Die Verwüstung der Parkanlagen des Pharnabazos durch Agesilaos und seine Truppen wiegt so schwer, dass der Satrap zu keiner Einigung mit den Spartanern bereit ist; s. besonders FAUTH, Gärtner; S TÄHLER, Gärtner, 104–114; W IESEHÖFER, Wasser, 156–161 und B RIANT, Cyrus, 232–238). Nicht zuletzt auch in diesem Verhältnis von Großkönig bzw. Satrap zur gepflegten Landschaft sieht W IESEHÖFER, Jahrhunderte, 28 überzeugend einen Grund für die ablehnende Haltung der Satrapen Dareios’ III., die Strategie der ›verbrannten Erde‹ des griechischen Söldnerführers Memnon gegen Alexander den Großen anzuwenden (Arr. an. 1, 12, 9f.; Diod. 17, 18, 2–4; Curt. 7, 4, 3f.). Die von Plutarch erwähnte Anlage mit Parks in der Nähe eines , höchstwahrscheinlich im nördlichen Medien gelegen, weist aufgrund der Beschreibung des Baumbestandes im Vergleich zu der umgebenden, sonst öden Landschaft alle Kennzeichen eines solchen Paradeisos auf. 25, 2 : Diese Beschreibung fügt sich in das bereits in Kap. 24 gezeichnete Bild Artaxerxes’ II. als eines guten Feldherren ein (allerdings nicht im Kampf, sondern auf dem Rückmarsch), der bereit ist, die Lasten und Mühen seiner einfachen Soldaten zu teilen. Hier nun findet
Der Großkönig als Gärtner
Eine positive Charakterisierung
330
2. Kommentar
sich die Fortführung: Artaxerxes fällt eigenhändig den größten und schönsten Baum der Parkanalage, um seinen Soldaten, die es nicht wagen, Hand an die Bäume des königlichen Parks zu legen, als Vorbild zu dienen. Wenn Plutarchs Artaxerxes eine Entscheidung getroffen hat und negative Einflüsse (z.B. durch den Hof, seine Mutter etc.) ausbleiben, zeigen sich also durchaus edle Charakterzüge. Verluste im Feldzug
Willkür und Gewaltakte
: Da wir über die Kadusier 25, 3 im Allgemeinen und über diese Kampagne Artaxerxes’ II. im Speziellen nahezu keine Informationen haben, lässt sich auch nichts über die Verluste des königlichen Heeres sagen. Da die Heeresgröße von Plutarch (bzw. höchstwahrscheinlich Dinon) eindeutig zu hoch angesetzt ist (s. hierzu S. 322f. ‹), werden auch die zu Plut. Art. 24, 2, › Verluste nicht so gewaltig gewesen sein, wie Plutarch uns Glauben machen möchte. Allerdings scheint tatsächlich erst Artaxerxes III. kurz nach seinem Regierungsantritt gegen die Kadusier einen nachhaltigen militärischen Sieg errungen zu haben; sie finden sich auf jeden Fall bei der Schlacht von Gaugamela wieder im großköniglichen Aufgebot (Arr. an. 3, 8, 4; Diod. 17, 59, 5; Curt. 4, 12, 12). : Auch über diese Vorgänge am 25, 3f. Hof in der Folge des nach Plutarch nur mäßig erfolgreichen Feldzuges gegen die Kadusier (nach Iust. Prol. 10 handelte es sich gar um eine Niederlage) gibt es keine weiteren Zeugnisse. B RIANT, Cyrus, 631 geht aber von der Historizität dieser Schilderung aus, und M OYSEY, Plutarch, 160f. wertet diese Information Plutarchs gar als einen Hinweis auf den Satrapenaufstand der Jahre 362/61, den so nur Diodor (15, 90, 1–93, 6; die Zusammenfassung des 10. Buches von Iust. Prol. 10 weiß nur von einigen aufständischen Satrapen: Datames, Ariobarzanes und Orontes, die von Artaxerxes besiegt wurden, der daraufhin starb und seinem Sohn Ochos den Thron vererbte; auch Nepos weiß von der Erhebung des Datames in dessen Biographie zu berichten) erwähnt, dessen Dimension und Bedrohung für die Zentralgewalt aber von W EISKOPF, Revolt mit überzeugenden Argumenten stark relativiert wurden (es handelte sich um – dies ist unbestreitbar – teilweise gleichzeitige Erhebungen einzelner, aber z.T. untereinander verfeindeter Satrapen, die ihre Aktionen nicht koordiniert haben; diese These hat sich durchgesetzt, s. B RIANT, Cyrus, 656–675 u. 997f. für einen gelungenen Überblick zu diesem Thema; dagegen M OYSEY, Diodoros). Allerdings ist Plutarch hier sehr , also Adligen, die der Furcht des allgemein (so spricht er nur von Artaxerxes zum Opfer gefallen sein sollen) und nennt keine Namen. Ferner verbindet er die Auskunft mit einer Charakterstudie, so dass der historische Gehalt überhaupt nicht zu bewerten ist. Es ist durchaus denkbar, dass Plut-
Persische Außenpolitik: Artaxerxes 25
331
arch ›Fakten‹ geschaffen oder zumindest recht frei gestaltet hat, um sein Bild des Großkönigs zu zeichnen. Das vollständige Fehlen von Details, die Plutarch bei guter Quellenlage sonst immer wieder einstreut (hier sei nur auf den Namen des Pferdes Kyros’ des Jüngeren verwiesen [Art. 9, 1]), deutet auf diese Art von Eingriff hin. Auch reagiert Artaxerxes II. bei Plutarch aus unbegründeter Furcht, nicht aus einem konkreten Anlass, wie ihn ein Aufstand der Satrapen geboten hätte. Mit Sicherheit wird der Großkönig aus machtpolitischen Gründen auch Adlige entfernt haben (so z.B. Tissaphernes, ‹, s. hierzu S. 308f. zu Plut. Art. 23, 1, › den er nach Diod. 14, 26, 4 immerhin als einen seiner vertrauenswürdigsten Freunde ansah). Allerdings berichten die Quellen auch von der Milde und dem Gerechtigkeitssinn Artaxerxes’ II. (so z.B. Diod. 15, 93 und Nep. reg. ‹). Nach der Schlacht 1, 4; s. S. 86 zu Plut. Art. 1, 1, › von Kunaxa hat er zudem eine große Anzahl von Rebellen begnadigt (z.B. Glus: Diod. 14, 35, 3; Ariaios, der als einer der Feldherren des Kyros unter Artaxerxes seine Karriere fortführt, s. hierzu S. 202f. zu Plut. Art. 11, ‹) und schon während der Kampfhandlungen Überläufer in seine 1, › Reihen aufgenommen (Xen. an. 1, 10, 6). Diese Notiz hier bei Plutarch ist nicht als ein weiterer Hinweis auf den von Diodor erwähnten großen Aufstand zu werten.
2.7 Die Thronfolge Artaxerxes’ II. und sein Tod (Art. 26–30)
Artaxerxes 26 Inhalt
Artaxerxes ernennt, um eventuelle Thronstreitigkeiten unter seinen Söhnen im Voraus zu vermeiden, in schon fortgeschrittenem Alter seinen ältesten Sohn Dareios zum Thronfolger. Dieser erbittet sich daraufhin nach persischem Brauch als Geschenk eine Nebenfrau seines Vaters, Aspasia, deren Geschichte von Plutarch kurz skizziert wird.
Datierung
Die Ernennung des Dareios zum Thronfolger und sein Usurpationsversuch (Kap. 27–29) sind nach Plutarch vielleicht auf das Ende der Regierungszeit Artaxerxes’ II. zu datieren – gesichert ist dies, wie die gesamte Erzählung um den ältesten Sohn des Großkönigs, nicht.
Quellenanalyse
Herakleides?
26, 1–29, 12 : Es gibt innerhalb der Kapitel 26–29 nur wenige Anhaltspunkte für eine mögliche Vorlage Plutarchs. Nach der communis opinio wird dieser gesamte Bereich (einschließlich Art. 30), der inhaltlich kohärent wirkt und keine Widersprüche und nennenswerten Varianten bietet, auf Dinon zurückgeführt (H AUG, Quellen, 98; S MITH, Study, 22–27; M ANTEY, Quellen, 22f.; K RUMBHOLZ, Ctesia, 16 mit Anm. 12; S TEVENSON, Persica, 24f.). Dies ist allerdings kaum mit dieser Gewissheit aufrecht zu erhalten. Bereits M ÜLLER, Fragmenta II, Heraclides Cumanus, F 7, 98f. meinte, dass die Erzählung um Aspasia und der Bericht über die politischen Ehen der Töchter des Artaxerxes (Art. 27) aus dem Werk des Herakleides von Kyme stammten. Die Richtigkeit der These M ÜLLERs würde nicht nur eine vermehrte Nutzung dieser Vorlage in der Artaxerxes-Vita bedeuten (so s. auch ‹), sondern auch S. 298 zu Plut. Art. 22, 1–12, › Herakleides aufgrund der inhaltlichen Kohärenz der letzten Kapitel der Vita zur sicheren Hauptquelle dieses Abschnittes erheben. Allerdings sind hiergegen immer wieder verschiedene Indizien angeführt worden, wobei aber nur zwei Punkte aussagekräftig erscheinen: 1. Herakleides weiß offensichtlich nur von 300 Nebenfrauen Artaxerxes’ II. (Athen. 12, 514B), während Plutarchs Quelle 360 Nebenfrauen erwähnt zu haben scheint (Plut. Art. 27, 2). 2. Plutarch stellt fest (Art. 27, 2), dass der Großkönig gegen das Gesetz Atossa geheiratet habe. S MITH, Study, 23 sieht in der fehlenden Erwähnung der Amestris, die der Großkönig nach Herakleides ebenso
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 26
333
gegen das Gesetz geehelicht habe (Plut. Art. 23, 6), ein weiteres deutliches Indiz dafür, dass Herakleides hier nicht Quelle gewesen sein kann. Beide Aspekte sind bedenkenswert, aber zum einen keineswegs zwingend, zum anderen gar nicht gegen die von M ÜLLER vorgeschlagenen Passagen gerichtet, da es sich dort genauso gut um einen weiterführenden Einschub Plutarchs aus einer anderen Quelle handeln könnte. Gerade ein drittes Argument, das gegen die Herakleides-Quelle vorgebracht wird, lässt zudem – was von S MITH nicht intendiert war – Herakleides plausibel erscheinen: Die von Plutarch geschilderten Ereignisse um die geplanten politischen Ehen des Tiribazos mit zwei Königstöchtern (zunächst Amestris, dann Atossa) lassen sich nach S MITH, Study, 22f. nicht mit Herakleides vereinbaren, da dieser offensichtlich eine andere Reihenfolge genannt hat (1. Atossa, 2. Amestris), wie Plutarch in Art. 23, 6 zu zeigen scheint (es handelt sich hier um ein sicheres Herakleides-Fragment; s. schon M ÜLLER, Fragmenta II, Heraclides Cumanus, F 7). Dieser Argumentationsgang ist aber keineswegs überzeugend: 1. Die spärliche Überlieferung zu Herakleides lässt kaum einen Schluss über dessen Werk zu. So kann zunächst nur festgestellt werden, dass nicht Herakleides, sondern Plutarch diese Reihung anführt. Dies heißt zwar nicht, dass sie sich nicht in Herakleides’ Werk befunden haben mag, aber Skepsis ist auf jeden Fall angeraten; so könnte Plutarch ein simpler Fehler unterlaufen sein (Verwechslung der Namen). 2. Es ist bereits mehrfach – auch in anderem Kontext – darauf hingewiesen worden, dass Plutarch im Umgang mit der Chronologie recht frei agierte (s. z.B. S. 103–106 zu Plut. Art. 2, 3, › ‹; S. 303f. zu Plut. Art. 22, 6f., › ‹; ‹ u.a.), so dass S. 316–321 zu Plut. 24, 1–11, › dieser Reihung ohnehin nicht das Gewicht zukommen darf, das ihr beigemessen wird. In Kap. 23 sagt Plutarch außerdem nicht explizit, dass der Großkönig Amestris als zweite geheiratet habe, sondern nur, ) dass er auch eine zweite seiner Töchter ( geheiratet habe (s. hierzu S. 313f. zu Plut. Art. 23, 6, › ‹). Dies legt die Reihenfolge der Ehen bei Herakleides keineswegs fest, so dass das Argument von S MITH nicht greift. Plutarchs Motiv für diesen gestalterischen Eingriff wurde bereits erläutert, s. ‹. ebenfalls S. 313f. zu Plut. Art. 23, 6, › 3. Plutarchs Hinweis, dass er auf diese weitere Ehe mit Amestris noch eingehen wolle, ist unbedingt zu beachten (Art. 23, 6:
334
2. Kommentar
), da die versprochene Erzählung fast zwangsläufig mit Herakleides von Kyme verbunden sein muss, aus dessen Werk fast mit Sicherheit diese Nebeninformation stammt. Wenn Plutarch nun hier in Art. 27, 8 wieder auf Amestris und ihre Beziehung zu ihrem Vater zu sprechen kommt (mit dem deutlichen Rückverweis [Art. 27, 9]), deutet nichts darauf hin, dass auf Art. 23, 6: er an dieser Stelle Dinon folgt: Dieser scheint die Ehe doch gar nicht erwähnt zu haben – Plutarchs Einschub einer weiteren Detailinformation in 23, 6 wäre sonst nicht zu erklären. Die Verfechter der ›DinonThese‹ haben es verabsäumt zu erklären, woher der von ihnen favorisierte Autor die Informationen über die zwei Ehen des Großkönigs haben sollte. Wenn es vielleicht auch nicht Herakleides war, auf dem Plutarch hier aufbaut, so war es aber Dinon mit Sicherheit nicht.
Theopomp?
Dieses Problem ist deshalb zentral, weil die Erzählung über die beiden Ehen des Großkönigs eng mit dem weiteren Schicksal des Tiribazos und des Dareios verknüpft ist, das in Art. 28f. beschrieben wird. Wie die Forschung zu Recht feststellt (s.o.), wirkt die gesamte Erzählung kohärent, so dass eine ›Ein-Quellen-Hypothese‹ aufgestellt wurde. Möchte man diesen Ansatz weiter verfolgen, ist Dinon als potentielle Vorlage zu eliminieren. Nur kurz sei hier auf die Vermutung von H EEREN, Commentatio, 13 eingegangen, der einen anderen Autor als Vorlage Plutarchs sieht: Sowohl Plutarch als auch Pompeius Trogus (zumindest in den von Iustin verfassten Epitome gibt es Ähnlichkeiten zu Plutarchs Bericht: Iust. 10) seien einer gemeinsamen Vorlage, nämlich Theopomp gefolgt. Diese These ist nach einer genauen Analyse, wie sie bereits S MITH, Study, 23–25 vorgelegt hat, nicht haltbar. Eine Fülle von Unterschieden in Details zeigt, dass Plutarch und Trogus hier verschiedenen Quellen gefolgt sein müssen. So kennt zwar auch Trogus drei ebenbürtige Söhne Artaxerxes’ II., nennt den einen aber Ariarathes (Iust. 10, 1) statt Ariaspes wie Plutarch (Art. 30, 1); nach Trogus hat der König aus Rücksicht auf seinen Sohn und aus Freude über einen Thronfolger gegen das bestehende Gesetz Dareios zum Thronfolger ernannt (Iust. 10, 1), während Plutarch hier die Furcht vor einem Konflikt der Söhne um die Thronfolge als Motiv nennt und von dem Gesetz, das Trogus erwähnt, nichts weiß; dafür kennt er aber eines, welches dem Thronfolger einen Wunsch freistellt, der vom Großkönig erfüllt werden muss (Art. 26, 5). Plutarch sagt auch nichts über eine Beteiligung weiterer Brüder des Dareios an der Rebellion, dafür nimmt aber Tiribazos teil, während Trogus von 50 weiteren Brüdern als Mittäter zu berichten weiß. All diese deutlichen Abweichungen in Details zeigen, dass Plutarch und Trogus nicht aus einer gemeinsamen Quelle, aber wohl aus voneinander abhängigen Quellen geschöpft haben, wobei für Trogus Theopomp als Vorlage vermutet wird.
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 26
335
Da zwingende Gründe gegen Dinon als alleinige Vorlage Plutarchs genannt sind und auch einige (aber schwache) Indizien gegen Herakleides als alleinige Vorlage zu sprechen scheinen, ist die Frage nach der Quellennutzung nicht zu beantworten. Ein gangbarer Weg liegt darin, sich von der ›Ein-Quellen-Hypothese‹ zu trennen, da diese mit keiner unserer bekannten Quellen vollständig vereinbar erscheint. Möchte man nicht eine weitere namenlose Quelle favorisieren, bleibt nur, Plutarch in diesen Kapiteln trotz des scheinbar kohärenten Eindrucks der Erzählung ein höheres Maß an Quellenkontamination zu unterstellen, als bislang angenommen. Die Schlüssigkeit der Erzählung wäre dann auf Plutarchs gestalterisches Können und/oder die inhaltliche Nähe der kontaminierten Quellen, abgesehen von Details, zurückzuführen. Eine ernstzunehmende Gewichtung der Vorlagen in diesen Kapiteln ist nicht möglich, allerdings deutet vieles darauf hin, dass den Persika des Herakleides eine wichtige Rolle zumindest in diesen abschließenden Kapiteln zugekommen sein muss. Da er die Ehen mit Amestris und Atossa gekannt zu haben scheint (anders als Dinon), ist auch die Vermutung überzeugend, dass die damit verbundene doppelte Demütigung des Tiribazos aus seinem Werk stammt. Diese Herabsetzung treibt dann Tiribazos in die Rebellion gegen den Großkönig, wie sie von Plutarch in Art. 28f. beschrieben wird. : Plutarch erwähnt in dieser Vita drei legitime Söhne 26, 1 Artaxerxes’ II.: Dareios (Art. 26, 1), Ariaspes (Plut. Art. 30, 1) und Ochos (Art. 26, 2). Trogus/Iustin spricht von insgesamt 118 Söhnen Artaxerxes’ II., ) – statt aber nur drei davon seien iusto matrimonio geboren (also 115 Ariaspes nennt er aber einen Ariarathes (Iust. 10, 1: »Artaxerxi, regi Persarum, ex paelicibus centum quindecim filii fuere, sed tres tantum iusto matrimonio suscepti, Darius, Ariarathes, et Ochus.«; s. hierzu S. 334 zu Plut. ‹). Diese Söhne müsArt. 26, 1–29, 12, › ) geboren worden sein, sen von der ›Frau des Königs‹ ( welche unserer Kenntnis nach Stateira war (s. hierzu S. 101f. zu Plut. Art. 2, ‹). Plutarch nennt ferner noch den Namen eines 2, › ) des Artaxerxes: Arsames (Art. 30, 1). unebenbürtigen Sohnes ( :
Zum Vorrecht des Älteren s. S. 106f. zu Plut. Art. 2, 4, › ‹.
: Dareios war der älteste der drei von Plutarch erwähnten legitimen Söhne Artaxerxes’ II. Zum Namen s. bereits S. 87 zu Plut. Art. 1, 2, ‹. Nach Arrian ist er der Vater des Arbupales, der als einer der per› sischen Heerführer in der Schlacht am Granikos sein Leben verlor (Arr. an.
Kontamination
Die Söhne Artaxerxes’ II.
Primogenitur
Dareios, Sohn Artaxerxes’ II.
336
2. Kommentar
1, 16, 3; s. hierzu B ERVE, Alexanderreich, › ‹, Nr. 106, 57). Alle weiteren Informationen, die wir über diesen Dareios haben, stammen aus Plutarch, wobei sich die Grundzüge – zwar mit deutlichen Abweichungen im Detail – auch bei Trogus/Iustin finden (Iust. 10, 2; s. hierzu S. 334 zu ‹). Eine genaue Plut. Art. 26, 1–29, 12, › Nacherzählung der Ereignisse um Dareios, der in fortgeschrittenem Alter zum Thronfolger ernannt worden sein soll, sich aber mit seinem Vater zerstritt und an einer erfolglosen Erhebung gegen ihn beteiligte, erscheint daher nicht zweckmäßig. Auf der Grundlage dieser dürftigen Angaben wird Dareios’ Todesdatum üblicherweise auf die Jahre 362/61, sein Geburtsdatum ungefähr auf 412 datiert. Diese Daten basieren einzig auf der Annahme, dass Dareios gegen Ende der Regierungszeit des Artaxerxes ernannt worden sei und kurz darauf das Attentat verübt habe. Da er bei der Ernennung bereits 50 Jahre alt gewesen sein soll, müsse er um 412 geboren sein. Diese Angaben sind aber, wie S CHMITT, Darius, 54f. zu Recht festgestellt hat, keineswegs überzeugend, da die Quellenlage einfach zu schlecht ist (auch B RIANT, Cyrus, 1002). Bei all diesen Angaben zu Dareios und seiner Erhebung (und deren Motivation) ist große Skepsis angeraten, da vieles, z.B. das Motiv des Streites zwischen den Barbaren um eine Frau, den typisch griechischen Klischees des niedrigen sittlichen Niveaus der Perser entspricht. In diesem Fall zerstreiten sich sogar Vater und Sohn wegen einer Frau, was schließlich zu der Katastrophe führt, dass der Sohn sich gegen den Vater gewaltsam erhebt und daraufhin sein Leben verliert. Ochos (Artaxerxes III.)
: Artaxerxes III. Ochos, Sohn Artaxer26, 2 xes’ II. und der Stateira, war persischer Großkönig von 359/58–338/37. Nach den griechischen Quellen ist Ochos der ›Privatname‹ des späteren Artaxerxes’ III., den er bei seiner Thronbesteigung abgelegt hat (Metonomasie: Diod. 15, 93, 1; Plut. Art. 26. 30; Plut. mor. 355C. 363C; zu dieser Praxis der Annahme eines Thronnamens, s. bereits S. 96 zu Plut. Art. 1, 4, › ‹). Er hat somit denselben Privatnamen wie sein Großvater Dareios II. geführt (zu diesem Privatnamen und Dareios II. s. S. 87– ‹). Der eigentliche Name Artaxerxes’ III. ist 88 zu Plut. Art. 1, 2, › uns in einer Anzahl von spätbabylonischen astronomischen Texten erhalten: Ú-ma-kuš (s. S ACHS, Names, 138–143). Plutarch berichtet (Art. 30), dass Ochos in Folge mehrerer Morde an seinen Brüdern zur Herrschaft gelangt sei (Iust. 10, 3 weiß von Morden im Königshaus nach der Thronbesteigung; auch Val. Max. 9, 2, 7; Curt. 10, 5, 23; hierzu B RIANT, Cyrus, 680f.). Sein Hauptanliegen in seiner Regierungszeit war es, die Aufstände in den verschiedenen Reichsteilen niederzuschlagen, die den Bestand des Reiches gefährdeten. Er zog erfolgreich gegen die aufständischen Kadusier (Iust.
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 26
337
10, 3; zu den Kadusiern S. 192 zu Plut. Art. 9, 1, › ‹) und gegen rebellische Satrapen in Kleinasien (356–352), was die persische Herrschaft dort wieder festigte. Seinen Haupterfolg erzielte er mit der Wiedereroberung Ägyptens (343), mit der er die fast 60jährige ägyptische Unabhängigkeit vom persischen Reich beendete. Am Ende seiner Regierungszeit bestand das Reich fast wieder in den Grenzen der Herrschaft Dareios’ I. Der territoriale Bestand war, bis auf die europäischen Besitzungen (u.a. Thrakien), gesichert und die Zentralgewalt gestärkt. Die verbreitete Behauptung, dass Alexander nur vier Jahre später auf ein im Innersten zerrüttetes und von Jahrzehnten des Niederganges gezeichnetes Reich gestoßen sei, ist somit nicht haltbar (s. hierzu W IESEHÖFER, Zusammenbruch; auch B RIANT, Cyrus, 680–690; M ILDENBERG, Artaxerxes). Allein aufgrund seiner Erfolge erscheint er uns als fähiger und rastloser Herrscher. Die griechischen Quellen bezeichnen ihn zwar als beispiellos grausam und gewalttätig (Diod. 17, 5, 3; Plut. Art. 26, 1 und 30, 9), aber auch als gerechten Richter (Diod. 16, 49, 6). Einer seiner Söhne, Arses (Artaxerxes IV.), folgte ihm, der einem Attentat zum Opfer fiel, auf den Thron nach, überlebte ihn aber nur um zwei Jahre (338/7–336/5). : Hier wird wieder einmal ein von Plutarch herausgearbeiteter Charakterzug Artaxerxes’ II. thematisiert: seine leichte Beeinflussbarkeit (besonders durch Frauen). Dieses Motiv findet sich in dieser Vita an vielen Stellen (s. z.B. S. 102 zu Art. 2, 2, › ‹; S. 235f. zu Plut. Art. 14, 9, › ‹), und auch Ochos hat dieses nach Plutarch erkannt und versucht, es für sich – allerdings erfolglos – zu nutzen. Auch Tiribazos wird dieses von Plutarch gezeichnete Bild des Charakters des Großkönigs noch einmal betonen (s. ‹). Neben der BeS. 347 zu Plut. Art. 28, 1f., › einflussbarkeit des Großkönigs trägt auch Ochos’ Verhalten für einen Griechen die typischen Züge persischer Politik: Er versucht über eine Frau an die Macht zu gelangen. : Zu Dareios, dem ältesten Sohn Artaxer26, 4 xes’ II., und seinem Alter bei der Ernennung zum Thronfolger s. bereits S. ‹. 335f. zu Plut. Art. 26, 1, › : Die Kitaris ( ) oder auch Kidaris ( ), die wohl auch als Kyrbasia ( ) bezeichnet wurde (z.B. Hdt. 5, 49; Aristoph. Av. 487 kennt gar eine »aufrechte Kyrbasia«: ; weitere Belege s. B RUST, Lehnwörter, 369–373; es handelt sich wohl um einen Untertyp der Tiara: C AL MEYER /E ILERS, Reisehut, 176f.), scheint eine bestimmte Form bzw. eine
Beeinflussung
Dareios’ Ernennung
Die aufrechte Kitaris
338
Die Tiara
2. Kommentar
bestimmte Tragweise der Tiara, einer iranischen Kopfbedeckung, wohl aus Filz oder Leder, zu sein. Die schwankende Schreibung im Griechischen (Kitaris/Kidaris) ist nach B RUST, Lehnwörter, 339–345 durchaus ein Indiz dafür, dass sich auch die Griechen nicht sicher waren, wie dieses persische Wort korrekt wiederzugeben ist (C ALMEYER /E ILERS, Reisehut, 169 meint zwar, dass Kitaris und Tiara bei den griechischen Autoren in ihrem Gebrauch eindeutig festgelegt und beschrieben seien, diesen Eindruck kann ich aber nicht teilen, wie auch Plutarchs Nutzung hier zeigt). Die sprachliche Herleitung dieses Begriffes ist zudem völlig unsicher. Hinzuzufügen ist ferner, dass offensichtlich auch eine deutliche Verwirrung der Begriffe vorlag (Tiara, Kitaris/Kidaris, Kyrbasia), die auch die heutige Betrachtung extrem erschwert. B ITTNER, Tracht, 193–198 ist der Ansicht, u.a. anhand einer Statuette aus dem sogenannten Oxosschatz, dass die Tiara eine Kappe mit einem aufgesetzten halbrunden Kamm (Tiarakamm) war, der höchstwahrscheinlich mittels einer Holz- oder Metallscheibe aufgerichtet werden konnte, ähnlich dem Helmkamm ionischer Helme (angelehnt an VON G ALL, Stämme, 277). Es scheint eine aufrechte oder aufgerichtete Tiaraform gegeben zu haben, die oder eben als Kitaris im Gegensatz zur wohl als (weiche Tiara) bezeichnet wurde, die u.a. auf lykischen Münzen der achaimenidischen Zeit zu sehen ist. Zur Unterscheidung in steife/aufrechte und weiche Tiara sind Herodot (Hdt. 7, 61) und Xenophon (Kyr. 8, 3, 13; an. 7, 5, 23) maßgeblich (s. hierzu auch VON G ALL, Kopfbedeckungen; C ALMEYER /E ILERS, Reisehut, 174–176). Xenophon überliefert uns, dass nur der Großkönig die aufrechte Tiara tragen durfte (Kyr. 8, 3, 13). Erstaunlicherweise ist die Tiara aber auf den achaimenidischen Reliefs niemals als weiche Tiara, also mit herabhängendem Tiarakamm, abgebildet, sondern wurde von allen Trägern nur in der aufgerichteten Form getragen. Nach B ITTNER ist dieser Widerspruch dadurch aufzulösen, dass der Großkönig in Kriegszeiten als Oberbefehlshaber seines Heeres als von Weitem erkennbare Insignie eine besondere Form der aufrechten Tiara trug, die sich vermutlich auch anhand anderer Merkmale von den übrigen unterschied (dagegen Xen. an. 1, 8, 6: Kyros ritt unbedeckten Hauptes in die Schlacht). In Friedenszeiten (die Szenen der Reliefs stellen i.A. nur friedliche Zustände dar; s. JACOBS, Hinrichtungen) habe der Großkönig aber eine andere Kopfbedeckung getragen. Offensichtlich hatte das militärische Personal dann nach B ITTNER, Tracht, 197f. seinen Tiarakamm bzw. seine Kyrbasia aufzurichten bzw. – falls die Kappen nicht multifunktional waren – eine entsprechende andere zu tragen. Diese muss sich deutlich von der großköniglichen Kopfbedeckung unterschieden haben. Die verschiedenen Tragweisen der Tiara scheinen auf jeden Fall strengen Regeln, vielleicht auch zur Kennzeichnung des Ranges (z.B. die Satrapentiara, ›Magiertiara‹; s. hierzu W IESEHÖFER, Jahrhunderte, 130–136, dort u.a.
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 26
339
zur Satrapentiara, die in nachachaimenidischer Zeit von den Fratarak¯a getragen wurde), unterlegen zu haben. spricht, was Die Tatsache, dass Plutarch hier von einer nach den obigen Erkenntnissen eine Redundanz ist, zeigt, dass die verschiedenen Tragweisen der Tiara zu Unklarheiten, Begriffsverwechselungen und -gleichsetzungen schon bei den antiken Autoren geführt haben. : Auch Herodot erzählt in seiner Masistes26, 5 ›Novelle‹ (Hdt. 9, 108–112), dass es dem Großkönig unmöglich war, einen Wunsch abzulehnen, den zu äußern er ausdrücklich verlangt hatte: Artaynte, die Tochter des Masistes und Ehefrau des Dareios, des Sohnes des Xerxes (also Xerxes’ Schwiegertochter) und somit Ehefrau des potentiellen Thronfolgers, erbittet sich vom Großkönig Xerxes, der ihr in Liebe zugetan ist, ausgerechnet den Mantel, den ihm seine Frau Amestris gestickt hat. Eine Ausdeutung der Symbolik dieser Szene hat S ANCISI -W EERDENBURG, Yaun¯a, 48–84, bes. 60–66 vorgenommen. Sie erklärt, weshalb Amestris daraufhin grausame Rache für ihren Sohn und potentiellen Thronfolger Dareios genommen habe, dessen Anspruch auf den Thron als Sohn der Hauptfrau des Xerxes von Artaynte nun in Frage gestellt worden war (ferner W IESEHÖFER, Persien, 85f.). Die Passage weist zusätzlich die Besonderheit auf, dass Plutarch erwähnt, dass der Großkönig per Gesetz nicht nur genötigt war, den Wunsch zu erfüllen, sondern auch, überhaupt einen Wunsch des Thronfolgers einzufordern. Hier liegt also eine doppelte Bindung des Großkönigs vor: Er muss einen Wunsch einfordern und diesen auch erfüllen. In beiden Fällen (Herodot und Plutarch) sind aber die Situation und vor allem der Effekt des Wunsches ähnlich: Beide erzeugen Reaktionen, die letztendlich in unheilvolle Versuche einer Rebellion münden (Masistes mit seinen Söhnen und seinem Gefolge – Dareios und Tiribazos), die für den, der zuvor den Wunsch geäußert hat, bzw. auch für dessen nächste Angehörige, tödlich endet. Die Frage danach, ob es diesen Brauch wirklich gab, lässt sich aufgrund der Quellenlage nicht beantworten. Allerdings ist Skepsis angeraten, da die Erzählung an ein bekanntes Märchen- und Sagenmotiv erinnert: den Wunsch, der, allzu leichtfertig ausgesprochen, Unheil bringt. Hier sei u.a. auf die Sage von König Midas und auf die bekannten Märchen ›König Drosselbart‹ und ›Von dem Fischer un syner Fru‹ verwiesen, die allerdings nicht tödlich, im Fall der Prinzessin im ›Drosselbart‹ sogar gut enden. Ein weiteres Beispiel findet sich im ›Iwein‹ des Hartmann von Aue (vv. 4543ff.): Artus verspricht, jeden Wunsch zu erfüllen – ein Ritter wünscht sich daraufhin Guinevra. Artus, als idealer König, muss diesem Wunsch entsprechen (T HOMPSON, Motif-Index, Q 115). Auch A LY, Volksmärchen, 202 warnt davor anzunehmen, dass am persischen Hofe ein solcher Brauch bestanden
Ein Wunsch
Ein Gesetz?
340
2. Kommentar
habe: »Es ist die volkstümliche Form des Gedankens, daß sich nur der Perserkönig so etwas leisten kann, was an göttliche Allmacht erinnert.« (dagegen S ANCISI -W EERDENBURG, Yaun¯a, 60–62). Aspasia
Aspasias Alter
26, 5–9 : In seiner Anabasis erwähnt Xenophon kurz eine Phokaierin, eine schöne und kluge Frau, eine der Nebenfrauen des Kyros, die bei der Plünderung des Lagers des Usurpators in die Gewalt des Großkönigs gelangt sein soll (an. 1, 10, 2; ähnlich kurz auch Athen. 13, 576D). Wenn Xenophon auch keinen Namen nennt, kann es sich nur um Aspasia gehandelt haben, denn Plutarch liefert uns hier die gleiche Geschichte, nur ein wenig ausführlicher. Deutlich ausführlicher ist Ailian (var. 12, 1), der praktisch die längere Version der Schilderung Plutarchs wiedergibt – beide scheinen also erneut auf dieselbe Quelle, potentiell ein Anekdotenkompendium zurückgegriffen zu haben, wobei Plutarch stark gekürzt hat (weitere Beispiele hierfür s. S. 128–131 zu Plut. Art. 4, 1–5, 6, › ‹; S. 226 zu Plut. Art. 13, 3, › ‹). In der Vita des Perikles erzählt Plutarch sehr Ähnliches, weicht aber insofern ab, als Kyros seiner ›Lieblings-Nebenfrau‹ den Namen Aspasia nach der berühmten Frau des Perikles gegeben habe. Ihr wahrer Name sei aber – so auch Zenophanes nach Athenaios – Milto gewesen (Plut. Per. 24, 7; Athen. 13, 576D; s. hierzu H OFSTETTER, Griechen, Nr. 55, 33; B RIANT, Cyrus, 278 geht sogar von zwei unterschiedlichen Frauen aus). Zur Verdeutlichung ihres edlen Charakters führt Plutarch noch eine Anekdote an, die auch Kyros’ Gesinnung beleuchten soll, der angeblich ihren edlen und freien Geist hoch schätzte. Der gesamte, ausführliche Bericht über Aspasia ist in die Erzählung eingefügt, die die Ursache des Streites zwischen Artaxerxes II. und seinem Sohn und Thronfolger Dareios erklären soll. Gewisse Zweifel an der Historizität der Erzählung um Aspasia, Artaxerxes II. und dessen Sohn Dareios sollte u.a. das Alter der Aspasia hervorrufen. Da sie bereits nach der Schlacht von Kunaxa in den Besitz Artaxerxes’ II. übergegangen ist – wie hier beschrieben –, muss sie, wenn Dareios’ Ernennung zum Thronfolger wirklich in die letzten Jahre des Großkönigs zu datieren ist, bereits über 50 Jahre alt gewesen sein. S TEVENSON, Persica, 49 stellt zu Recht fest, dass es kaum vorstellbar erscheint, dass Aspasia dann Streitgrund zwischen Vater und Sohn gewesen sei. Dinon (m.E. kommt hier eher Herakleides als Vorlage in Betracht) könnte nach S TEVENSON zwei Frauen verwechselt haben; sie hält dies aber selbst nicht für wahrscheinlich und zweifelt den historischen Gehalt der Erzählung an.
Artaxerxes 27 Dareios kränkt seinen Vater durch seinen Wunsch nach Aspasia. Als sie sich für Dareios entscheidet, gibt Artaxerxes sie zunächst frei, ernennt sie aber ein wenig später zur Priesterin der Artemis/Anaitis, um sie so seinem Sohn wieder zu entziehen. Dareios, der schwer gedemütigt ist, gerät unter den Einfluss des Tiribazos, der ebenfalls von Artaxerxes durch den zweimaligen Entzug der Verlobten erniedrigt worden war.
Inhalt
Zur Datierung s. bereits S. 332 zu Plut. Art. 26.
Datierung
27, 1–10 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12
Quellenanalyse
:
Siehe hierzu bereits S. 332–335 .
: Diese kurze Charakterisierung der 27, 1 ›Barbaren‹ und ihrer Eifersucht erinnert an Plutarchs Beschreibung der Flucht des Themistokles zum Großkönig: Themistokles hat nach Plutarch einen solchen Wagen für Frauen genutzt und konnte so, hinter Vorhängen verborgen, unerkannt reisen. Auf Fragen nach den Insassen habe seine Begleitung immer geantwortet, sie beförderten eine griechische Frau aus Ionien für einen persischen Adligen am Hofe (Plut. Them. 26). Die Eifersucht der Perser erlaubte es also Themistokles, unerkannt zu reisen. Diese Bemerkung Plutarchs hier, die erklären soll, weshalb der Großkönig und sein auserkorener Thronfolger wegen einer Frau in einen Streit geraten konnten, steht in Widerspruch zu dem, was Plutarch früher in dieser Vita und auch in anderen Schriften über Artaxerxes II. feststellt. Dass dieser seine Gemahlin Stateira über alles geliebt hat (er soll z.B. weinend seine Mutter um die Schonung der Stateira gebeten haben; Art. 2, 2), scheint in Plutarchs Darstellung immer wieder durch. Ihr soll er aber erlaubt haben, mit zurückgeschlagenen Vorhängen ihren Wagen zu benutzen, was sich nicht mit der hier thematisierten übertriebenen Eifersucht vereinbaren lässt (Art. 5, 6; mor. 173f; s. hierzu ‹) und zu dem bereits S. 157f. zu Plut. Art. 5, 6, › Beschriebenen geradezu in Kontrast steht. : Plutarch bezieht sich hier auf sei27, 2 ne Feststellung in Art. 23, 5, dass der Großkönig sich nicht um die Meinungen und Gesetze der Griechen gekümmert und seine Tochter Atossa (s. dazu geheiratet habe: ‹). Während er allerdings dort noch graecozenS. 311, › trisch einen Verstoß gegen griechisches Gesetz und Herkommen konstatierte (wobei eben offen bleibt, weshalb der Großkönig sich hierdurch gebunden fühlen sollte), handelt es sich hier schlicht um einen Verstoß
Die Eifersucht der Barbaren
Eine Heirat gegen das Gesetz?
342
2. Kommentar
, so dass der Eindruck entstehen könnte, dass hier ein persisches Gesetz gemeint sei. In der Tat berichtet Herodot, dass Kambyses seine (Halb-) Schwester Atossa heiraten wollte und dieses gegen das Herkommen der Perser verstoßen habe, weshalb der Großkönig die königlichen Richter um ein Urteil ersuchen musste (Hdt. 3, 31. 88, s. hierzu S. 310 zu Plut. Art. 23, 3–7, ‹). Diese stellten aber fest, dass dem Großkönig › freistehe zu tun, was er wolle (diese Ansicht kennt auch Plutarch: Art. 23, 5; ‹), so dass zumindest Kambyses s. auch S. 312, › nicht gegen bestehendes Recht verstößt. Der Fall des Artaxerxes liegt zwar geringfügig anders, da er seine Tochter ehelichen will, aber der Grundsatz, dass alles in seinem Ermessen liege, gilt natürlich auch hier. Historizität ist dieser Schilderung ohnehin nicht zuzusprechen (s. hierzu S. 310 zu Plut. Art. ‹). 23, 3–7, › Der königliche ›Harem‹?
: Aus vielen Quellen ist bekannt, dass der Großkönig – wie auch andere Perser – polygam gelebt und zudem noch eine Reihe von Konkubinen unterhalten hat. Schon Herodot (Hdt. 1, 135), aber auch andere griechische Autoren (Dinon nach Athen. 13, 556B; Plut. mor. 140B), unterscheiden den Status einer rechtmäßigen Ehefrau des Königs ) und eben einer Konkubine ( oder ); nahezu aus( schließlich wird dieser letzte Begriff für die Nebenfrauen verwendet, nicht , um wohl einen höheren sozialen Stellenwert zu kennzeichnen – etwa der Begriff Hetäre steht umfassend und allgemein für Prostituierte jeder Art (s. R EINSBERG, Ehe, 88f.; auch B RIANT, Cyrus, 278–280). Allerdings sollte nicht der dennoch niedrige soziale Status, den dieser ) vor dem Hintergrund z.B. athenischer Verhältnisse imTerminus ( pliziert, auf den persischen Hof übertragen werden. Anhand der griechischen Zeugnisse lässt sich vermuten, dass die meisten dieser Nebenfrauen nicht aus niedrigen sozialen Verhältnissen stammten, dafür aber sehr häufig nichtpersischer Abstammung waren, was nach B ROSIUS, Women, 32 einen Status als ›Frau des Großkönigs‹ verhindert haben könnte. Sie weist in diesem Zusammenhang auf eine Schilderung bei Herodot hin (Hdt. 3, 1, 2): Der ägyptische Pharao Amasis will verhindern, dass eine seiner Töchter nur wie eine Nebenfrau (hier: des Kambyses) behandelt werde. Theoretisch ist somit eine klare Trennung zwischen der ›Frau des Großkönigs‹, die aus einer persischen Adelsfamilie (oder auch der königlichen Familie) stammen musste, und den Nebenfrauen, die auch anderen Ethnien angehören konnten, möglich. Allerdings kann es sich hierbei nur um Idealvorstellungen gehandelt haben, wie die Thronfolge Artaxerxes I.–Dareios II. (als Sohn einer Babylonierin) bzw. die Ehe Dareios’ II. mit seiner Halbschwester Parysatis, die eine Tochter einer Babylonierin und Mutter Artaxerxes’ II. war, zeigen (B ROSIUS, Women, 32f., deren Arbeit für diese Thematik maßgeblich ist).
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 27
343
Am persischen Königshof gab es offensichtlich eine hohe Anzahl dieser Nebenfrauen; so berichtet z.B. Herakleides von 300 (FGrH 689, F 1; allerdings handelt es sich um eine verderbte Textstelle), Diodor – wie hier auch Plutarch – erwähnt aber 360 Nebenfrauen am Hofe des Artaxerxes (17, 77, 5; so auch Curt. 3, 3, 24; 6, 6, 8; Athen. 13, 557B). O LMSTEAD, History, eine Verbindung 424 sieht in der überlieferten Anzahl der 360 zu den Tagen des Jahres. Auch B RIANT, Cyrus, 281 weist auf den Bezug dieser Zahl zum babylonischen Rund- bzw. Verwaltungsjahr hin (s. G INZEL, Handbuch, 111, 126–128), sieht aber dennoch die Wurzel eher in der griechischen Tradition mit ihrem Hang zur Zahlenmystik: Herodot erwähnt, dass die Kilikier dem Großkönig (Dareios I.) jährlich 360 Schimmel stellen mussten, einen für jeden Tag des Jahres (Hdt. 3, 90). Dieses Motiv kehrt auch noch an anderen Stellen bei Herodot wieder, z.B. 1, 189f.; 3, 94; auch Curt. 3, 3, 10; s. hierzu auch B ROSIUS, Women, 31). Es hatte in der griechischen Literatur offensichtlich schon eine Tradition. Nach Herakleides haben die Frauen den König am Tag begleitet (so z.B. zur Jagd) und des Nachts seinen Schlaf gehütet (Musik und Gesang; FGrH 689, F 1), wobei die Tendenz der griechischen Autoren beachtet werden muss, die persischen Herrscher als verweichlicht darzustellen. Während gerade die griechische Geschichtsschreibung des 4. Jahrhunderts (Ktesias, Dinon) immer wieder Haremsintrigen und den verderblichen Einfluss dieser Nebenfrauen auf die großkönigliche Politik betonen (wie z.B. der Aspasia in der Schilderung Plutarchs), weiß Herodot hierüber überhaupt nichts zu berichten. Dies ist nur eines von vielen Indizien dafür, dass diese Schilderungen in das Reich der Legenden gehören (s. hierzu S. 89f. zu Plut. Art. 1, ‹: Einfluss der Parysatis; S. 171 zu Plut. Art. 6, 8, › 2, › ‹: grausames Wirken der Parysatis). Die Identifikation des südöstlichen Bezirkes des Xerxes-Palastes in Persepolis als ›Harem‹ (und somit als archäologischer Beweis für die hohe Anzahl von Nebenfrauen am persischen Hofe) kann mit Recht angezweifelt werden, da die etwas abgeschiedene Lage auf einem niedrigeren Terrassenniveau und die bloße Existenz einer Vielzahl kleinerer identischer Räume keine hinreichenden Beweise für diese These sind (so überzeugend ROOT, King, 101 gegen H ERZFELDs Ansicht; s. auch S CHMIDT, Persepolis I, 255– 264). Auch wenn solche geschlechtsspezifischen Wohnbereiche archäologisch nicht nachweisbar sind, ist prinzipiell an ihrer Existenz nicht zu zweifeln. Es finden sich immer wieder verstreute Notizen in der griechischen Überlieferung, die von Wohnbereichen für Männer wissen (z.B. Hdt. 3, 77f.), die von den Quartieren für Frauen getrennt waren (z.B. Hdt. 3, 68). Die Abgeschiedenheit der königlichen Frauen im ›Harem‹ muss allerdings als Mythos betrachtet werden. Allein die vielfältigen Hinweise auf ihre wirtschaftli-
Für jeden Tag des Jahres
Der Haremsbezirk
344
2. Kommentar
chen Aktivitäten stehen einer solchen Annahme entgegen (ausführlich hierzu B RIANT, Cyrus, 283–286). Gegen das Gesetz?
Artemis/ An¯ahit¯a
Pharnabazos und Apama
: Hier meint Plutarch jetzt (anders als in Plut. Art. 27, 2, s. S. 341, › ‹) das Gesetz, das dem Großkönig untersagt, einen von ihm geforderten Wunsch (in diesem Fall sogar einen mit der Inthronisation verbundenden Wunsch des Thronfolgers) abzuschlagen; s. ‹. hierzu bereits S. 339f. zu Plut. Art. 26, 5, › 27, 4 : Die Identifikation der Göttin An¯ahit¯a mit der Göttin Artemis ist die in der griechischen Literatur häufigste, s. hierzu, zu den anderen Identifikationen dieser Gottheit und zu An¯ahit¯a allgemein S. 117–120 zu Plut. Art. 3, 2, › ‹. Nach Berossos hat Artaxerxes als erster den Befehl erlassen, in wichtigen Städten im gesamten Reichsgebiet Statuen der An¯ahit¯a aufzustellen, u.a. eben auch in Ekbatana, so dass die Annahme, dass sich dort tatsächlich ein Heiligtum dieser Göttin befand, recht plausibel erscheint (Berossos, FGrH 680, F11). Weitere literarische Zeugnisse stützen diese These (z.B. Isidor von Charax, FGrH 781, F 2 [6]; ferner Pol. 10, 27, der eine Beschreibung Ekbatanas gibt). Nach Trogus/Iustin (Iust. 10, 2) soll Aspasia zu einer Priesterin der Sonne ernannt worden sein. : Neben dieser Erwähnung bei Plutarch gibt 27, 7 es noch zwei weitere Zeugnisse in der griechischen Literatur, die auf eine Ehe zwischen Pharnabazos und einer Tochter Artaxerxes’ II. hindeuten, die beide von Xenophon stammen: Zum einen erfahren wir, dass Pharnabazos zu der Zeit, als Agesilaos in Kleinasien war (396/95), eine Eheschließung mit einer Tochter des Großkönigs plante (Ages. 3, 3), zum anderen auch das ungefähre Datum dieser Eheschließung (um 387/86: ›Antalkidasfriede‹; hell. 5, 1, 28). Allerdings ist Plutarch unsere einzige Quelle für den Namen der ), den er vielleicht aus Herakleides’ Werk oder DiTochter: Apama ( nons Persika entnommen hat. Zu Pharnabazos s. bereits S. 287 zu Plut. Art. ‹. Der Name ›Apama‹ ist für viele Frauen der achaimeni21, 1, › dischen und einiger hellenistischer Dynastien überliefert (so heiratet Apama, die Tochter des Artabazos, des Sohnes der oben erwähnten Apama, sechs Jahre nach der Schlacht von Issos den späteren König Ptolemaios: Arr. an. 7, 4; Plut. Eum. 1, 7; am bekanntesten ist aber Apama, Tochter des Spitamenes, die 324 mit Seleukos, dem späteren Begründer des Seleukidenreiches, verheiratet wurde und Mutter Antiochos’ I. ist: Arr. an. 7, 4; App. Syr. 57; Plut. Demetr. 31, 5; nach ihr sind sicher vier Stadtgründungen des Seleukos benannt: Apameia am Orontes, Apameia am Euphrat, Apameia Rhagiane und
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 27
345
Apameia in Mesene; Antiochos I. hatte ebenfalls eine Tochter Apama: OGIS 745; Paus. 1, 7, 3; Iust. 26, 3). Der Ursprung des Namens scheint altiranisch zu sein und steht vielleicht in Zusammenhang mit avest. apama- (»das jüngste«; s. J USTI, Namenbuch, 19; H INZ, Sprachgut, 31; S HAHBAZI, Apam¯a, 150). : Der Name ist reich bezeugt (auch inschriftlich und numismatisch: z.B. OGIS 264, 4; 393; Photios , FGrH 688, F 16 [60] – der Wechsel - zu - ist führt ihn als spezifisch für Photios). So nennt Xenophon in der Anabasis zwei Personen dieses Namens. Eine von ihnen ist der hier zu behandelnde Orontas, der andere war ein Blutsverwandter des Großkönigs. Dieser befand sich im Lager des Kyros, versuchte diesen zu verraten und bezahlte dies vermutlich mit seinem Leben (Xen. an. 1, 6: Xenophon berichtet über das Todesurteil gegen Orontas, kann aber nur sagen, dass er nie wieder gesehen wurde; ferner 1, 9, 29; Herodot [Hdt. 7, 114] beschreibt die angebliche Sitte der Perser, Menschen als Opfer lebendig zu begraben; s. hierzu auch S. 135 zu Plut. Art. 4, 3, › ‹). Für die gesamte Regierungszeit Artaxerxes’ II. und über deren Ende hinaus (!) ist ein Satrap von Armenien nachweisbar, der genannt wird (OGIS 391f., s. hierzu O SBORNE, inschriftlich auch Orontes). Diese unterschiedlichen Namensformen sind alle zweifelsfrei auf altiranisch *Arvanta- (vgl. mittelpersisch arwand »schnell, tapfer«) zurückzuführen (S CHMITT, Iranier-Namen, 66–68 u. ders., Anthroponyme, 178f.). ), eiNach den Inschriften (OGIS 391f.) war er mit Rhodogune ( ner Tochter des Großkönigs Artaxerxes’ II. verheiratet, wie auch Plutarch zu berichten weiß. Eine Personenidentität mit dem aus Xenophons Anabasis bekannten Satrapen Orontas, der eine Tochter des Artaxerxes zur Frau hatte (an. 2, 4, 8f.; 2, 5, 40; 3, 4, 13; 3, 5, 17; 4, 3, 4), ist daher sehr wahrscheinlich. Diese Ehe mit einer Prinzessin ist ein Indiz für die Nähe der Familie des Orontas zum Großkönig. Sein Vater war vermutlich Artasyras, ein hoher Reichsbeamter (›Auge des Königs‹), s. hierzu bereits S. 216–218 zu Plut. ‹. Art. 12, 1, › In der griechischen Literatur wird der Name ›Rhodogune‹ häufig für adlige persische Frauen genannt (z.B. trägt die Tochter des Xerxes und der Amestris diesen Namen) und ist für die Tochter Artaxerxes’ II. u.a. auch inschriftlich belegt (s.o.). Die neueste onomastische Studie hierzu stammt von S CHMITT, Anthroponyme, 183–185, der O PPERTs Ergebnisse bestätigt (Mémoire, 260), dass die Vorlage der griechischen Form altiranisch *Vardagaun¯a- (»rosenfarbig«) gewesen sein muss (O PPERT: »la belle aux couleurs de rose, Rosalie«). J USTI, Namenbuch, 261 weist zu Recht auf die Angleihin; zu Rhodogune, die das Bindeglied in chung an das griechische väterlicher Linie der Ahnengalerie Antiochos’ I. von Kommagene zwischen
Rhodogune und Orontas
Rhodogune
346
2. Kommentar
Orontas und den Achaimeniden bildet, s. M ESSERSCHMIDT, Ahnengalerie, 39; W IESEHÖFER, Rhodogune. Tiribazos und Amestris/ Atossa
27, 7–9 : Wie bereits oben erwähnt, sind die Ehen zwischen Pharnabazos und Apama sowie zwischen Orontes und Rhodogune mehrfach (auch inschriftlich) bezeugt. Diese Informationen Plutarchs sind also historisch korrekt. Hingegen ist es schwieriger, die Episode um Tiribazos und den Entzug seiner potentiellen Ehefrauen durch ihren Vater (zunächst Amestris und dann Atossa) zu bewerten. Derart enge endogame Beziehungen – wie Plutarch sie erwähnt – waren bei den Achaimeniden nicht üblich, s. hierzu und zu Atossa bereits S. 309f. zu Plut. Art. 23, 3–7, ‹. Außerdem ist Misstrauen angebracht, da Plut› arch Artaxerxes wieder einmal als recht unbeherrschten und in seinen Aktionen von einer Frau beeinflussten Barbaren schildert, der auch einmal gegebene Hochzeitsversprechen nicht einhält. Plutarch liefert hier aber – vielleicht unbeabsichtigt – Beispiele für Heiratspolitik im persischen Hochadel: Da derartige Verbindungen und politische Ehen machtpolitisch relevant waren, ist es prinzipiell naheliegend, dass Spannungen entstehen konnten. Dies mag der historische Kern dieser Schilderung sein, allerdings ist der zweifache ›Frauenentzug‹ – vor allem das Motiv hierfür – sicher unhistorisch.
Artaxerxes 28 Tiribazos wiegelt den Thronfolger Dareios gegen dessen Vater, den Großkönig Artaxerxes II., auf.
Inhalt
Zur Datierung s. bereits S. 332 zu Plut. Art. 26.
Datierung
28, 1–28, 5 Plut. Art. 26, 1–29, 12
Quellenanalyse
:
Siehe hierzu bereits S. 332–335 zu .
28, 1
: Es ist überraschend, dass Plutarch Dareios hier als bezeichnet, da er doch weiter oben (Art. 26, 4) festgestellt hat, dass er um die 50 Jahre alt war, als sein Vater ihn zum Thronfolger ernannte. S TEVENSON, Persica, 49 erklärt dies mit Hinweis auf L IDD .-S C ., s.v. ›2. ‹, 1163 (»zur Anmaßung neigend«) so, dass Plutarch hier eine Charaktereigenschaft bezeichnen möchte (im Vergleich zu Tiribazos, der Dareios hier überlegen erscheint) und sich nicht auf das Alter des Dareios bezieht. nicht belegt Allerdings ist diese Bedeutung für das hier genutzte ‹, 1164). Wahrscheinlich handelt es sich einfach (L IDD .-S C ., s.v. › um einen Lapsus Plutarchs oder seiner Quelle (ein Thronfolger gilt per se als jung).
Ein junger Mann?
: Plutarch fügt hier wieder einen Rückbezug ein: In Art. 26, 2f. berichtet er, dass Ochos versucht haben soll, mit Hilfe der Atossa, mit der er gerüchteweise auch bereits ein Verhältnis unterhielt, seinen Vater für sich einzunehmen, um so zum Thronfolger ernannt zu werden. Plutarch diffamiert auf diese Weise auch gleich Ochos (den späteren Artaxerxes III.), der also versucht hat, seine Herrschaft auf dem Einfluss einer Frau aufzubauen, s. hierzu auch S. 337 zu Plut. Art. 26, 2, › ‹.
Ochos
: Natürlich erkennt Plutarchs Ti28, 1f. ribazos Artaxerxes’ II. große charakterliche Schwächen: Er ist unbeständig, leicht beeinflussbar (besonders durch Frauen), und er lässt sich sogar wegen (»Weibsbild«, auch: »Dirne«) zu unfassbaren Taeines griechischen ten verleiten. Tiribazos argumentiert hier mit dem unverbrüchlichen Gesetz, dass der König seinem Thronfolger einen Wunsch erfüllen müsse, s. hierzu ‹. Wer wegen einer bereits S. 339f. zu Plut. Art. 26, 5, › griechischen Frau dieses Gesetz verletze, sei wohl auch in anderen Dingen nicht zuverlässig – Tiribazos spielt hier auf die Thronfolgeregelung an, um Dareios zum Putschversuch zu treiben.
Tiribazos’ Argumente gegen Artaxerxes II.
348 Ochos als Bedrohung
Sophokles
incertum epos?
2. Kommentar
28, 3 : Sehr plausibel lässt Plutarch Tiribazos – aufbauend auf der Argumentation, dass Artaxerxes’ II. leicht beeinflussbar sei – schildern, welch eine Gefahr es bedeuten würde, wenn der jüngere Bruder Ochos über Atossa sein Ziel erreichen sollte: Dareios als designierter Thronfolger müsste dann als beständige Gefahr für den neuen Großkönig beseitigt werden, da er Ansprüche auf den Thron erheben könnte. Dieses Argument wird den Dareios Plutarchs schließlich überzeugt haben. Dieses Motiv wird noch einmal von Plutarch aufgenommen: Die Größe der Herrschaft und die Furcht vor Ochos (!) haben Tiribazos das Spiel erleichtert (Plut. Art. 28, 5: ). Dass allerdings Ochos unter der Herrschaft seines Bruders alt werden könne, mag in der Argumentation effektvoll sein, ist aber – lässt man sich auf dieses Gedankenspiel ein – unrealistisch: Sein Ehrgeiz würde für Dareios ebenso eine permanente Bedrohung sein, wie zuvor Kyros der Jüngere gezeigt hat. : Es handelt sich hier um ein Sophokles-Zitat 28, 4 aus einem uns unbekannten Drama (TrGF 4, F 870). 28, 5 : Dem Versmaß nach handelt es sich vielleicht um einen Vers eines uns nicht mehr erhaltenen epischen Textes, wobei die ersten vier Füße eines versus heroicus erst nach einem Eingriff in das Zitat erkennbar werden (s. hierzu Z IEGLER, Plutarch, ad loc.; F LACELIÈRE /C HAMBRY, Plutarque, ad loc., Anm. 3). Mehr lässt sich hierzu allerdings nicht sagen, da Plutarch seine Quelle leider nicht nennt. Auf jeden Fall zeigt er noch einmal seine Belesenheit und kann pointiert den auslösenden Faktor für die Palastrevolte benennen, bevor er die katastrophalen Folgen beschreibt. Erstaunlicherweise meint Plutarch seine Nutzung des Zi(»Die Wegnahme der tates erklären zu müssen: Aspasia«).
Artaxerxes 29 Dareios und Tiribazos unternehmen einen Anschlag auf das Leben des Großkönigs, der allerdings verraten wird und daher scheitert. Tiribazos fällt im Kampf, Dareios wird mit seinen Söhnen gefangen genommen, von einem königlichen Gericht zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Inhalt
Zur Datierung s. bereits S. 332 zu Plut. Art. 26.
Datierung
29, 1–12 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12
Quellenanalyse
:
Siehe hierzu bereits S. 332–335 .
29, 1 : Plutarch erwähnt hier (und später noch einmal: Art. 29, 6), dass die Verschwörung von mehreren Personen getragen wurde. Namentlich bekannt sind aus der Überlieferung aber nur der Thronfolger Dareios und Tiribazos als Initiator; ferner kennt Plutarch einen Eunuchen, der den Plan an Artaxerxes verraten haben soll. Offensichtlich wusste aber auch Plutarch von weiteren Beteiligten, ohne diese aber namentlich aufzuführen oder aufführen zu können. Trogus/Iustin berichtet, dass 50 weitere unebenbürtige Söhne des Großkönigs an diesem Attentat beteiligt gewesen sein sollen (Iust. 10, 1). Ailian weiß von einem weiteren Sohn des Artaxerxes (wohl Ariaspes, da er ihn als Dareios ebenbürtig darstellt; s. zu Ariaspes S. 356 zu Plut. Art. 30, 1, › ‹), der sich nach der Hinrichtung des Dareios auf Befehl des Vaters selbst tötet ( ). Dies deutet darauf hin, dass Ailian eine Version kannte, in der sich ein weiterer ebenbürtiger Sohn an der Verschwörung gegen den Vater in irgendeiner Weise beteiligt hat. : Über den historischen Gehalt dieser Nachricht lässt sich – wie so häufig – nichts Definitives sagen, allerdings ist es bedenkenswert, dass gerade ein Eunuch den Anschlag verraten haben soll. Die Offenlegung der Pläne durch einen Diener soll dem Publikum das Misslingen des Attentates plausibel erscheinen lassen (zu dem in der griechischen Literatur behandelten verderblichen Einfluss der Eunuchen am Hofe und der damit angeblich verbundenen moralischen Dekadenz der Perser ‹). Auch ist es bezeichnend für s. S. 209–211 zu Plut. Art. 11, 7, › den Anschlag, dass er nachts im Schlafgemach ausgeführt werden sollte, um den schlafenden Artaxerxes zu treffen: Es handelt sich also um einen heimtückischen, äußerst feige ausgeführten Plan. B RIANT, Cyrus, 563–565
Andere Verschwörer?
Verrat
350
Ein leichtes Spiel?
2. Kommentar
hegt vollkommen überzeugend aufgrund der immer wiederkehrenden Motive grundsätzliche Zweifel am Hergang bzw. an der Historizität solcher Attentate. Schon Xerxes soll nach Ktesias (FGrH 688, F 13 [33]), Diodor (11, 69) und Trogus (Iust. 3, 1) auf ganz ähnliche Weise zu Tode gekommen sein: Ein führender Adliger (Artapanos nach Ktesias; Artabanos nach Diodor und Trogus) habe unter Mitwirkung seiner Söhne und eines Eunuchen (Aspamithres nach Ktesias; Mithradates nach Diodor; sieben Söhne nach Trogus) das Attentat auf Xerxes in dessen Schlafgemach verübt (s. hierzu W IESEHÖFER, Ermordung). Der jüngere Sohn des Xerxes (Artaxerxes) wird dann getäuscht, so dass er seinen Bruder Darei(ai)os für die Ermordung ihres Vaters tötet und daraufhin Großkönig wird. Im Falle des Attentats auf Artaxerxes II. ist der Adlige Tiribazos, der nicht mit seinem Sohn, sondern sogar mit einem oder auch mehreren Söhnen des Königs den Anschlag plant, in den ebenfalls ein nameloser Eunuch verwickelt ist. Ferner ist gerade der Ort des Anschlags, die königlichen Gemächer und das Bett, ein typisches Motiv eines Attentats (u.a. Hdt. 1, 12, 2: Gyges tötet dort Candaules; Ktesias, FGrH 688, F 13 [16]: Die sieben Verschwörer töten den Magier im Schlafgemach [allerdings nicht schlafend, sondern einer babylonischen Konkubine beiwohnend]; ebenfalls Ktesias, FGrH 688, F 15 [48]: Xerxes II. wird betrunken schlafend von Sekyndianos und Pharnakes ermordet). S TEVENSON, Persica, 57 hält dieses Motiv gerade deshalb für so verbreitet, weil es eben auch die wahrscheinlichste Form des Attentates gewesen sei: Der sonst praktisch unzugängliche König sei im Bett ein leichtes Ziel gewesen. Diese Sicht mag plausibel wirken, doch ist die Frage zu stellen, weshalb der unnahbare König gerade in diesem Moment am verwundbarsten sein gewesen sollte. Da die Verteidigung seines Lebens sowieso in Händen von Leibwächtern lag (der Bewusstseinszustand des Großkönigs also praktisch keinen Einfluss auf die Sicherheit seines Lebens hatte) und zudem dieses Gefahrenmoment sicherlich bekannt war und eben sicher nicht nur ein Eunuch die Gemächer bewacht hat, den es zu gewinnen oder eben zu beseitigen galt, ist es nicht verständlich, weshalb der König gerade in seinen privatesten Gemächern besonders verwundbar gewesen sein sollte. Der Zugang zum schlafenden Großkönig war sicherlich keineswegs leichter als zu anderen Zeiten. So erwähnt auch Plutarch, dass die Leibwache des Großkönigs die Angreifer, jedenfalls zumindest Tiribazos niederkämpft. Unklar bleibt auch, wieso die Leibwache nicht vor dem Attentat zugegriffen hat (innnerhalb der Erzählung bei Plutarch ist vorstellbar, dass dies zum Plan des Großkönigs gehörte, um so auf jeden Fall die Attentäter entlarven zu können). Nur nebenbei sei angemerkt, dass die meisten historisch belegten Attentate keineswegs in den Privatgemächern, sondern coram publico ausgeführt wurden (es lassen sich hierfür nahezu beliebig viele Beispiele bis in die Moderne finden: Hipparchos, Philipp II., Caesar, Caracalla, Abraham Lincoln, John F. Kennedy,
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 29
351
Ronald Reagan, Papst Johannes Paul II. etc.; zu einigen ausgewählten historischen Attentaten s. u.a. D EMANDT, Attentat; zum Attentat auf Xerxes s. W IESEHÖFER, Xerxes). Historisch gesicherte Beispiele für Attentate auf eine bedeutsame Persönlichkeit im Bett oder in ähnlich hilfloser Situation sind deutlich schwerer zu finden (so wurde Jean-Paul Marat von Charlotte Corday in der Badewanne erstochen). : Zur zweifelhaften Historizität der 29, 2–5 Schilderung s. bereits S. 349f. zu Plut. Art. 29, 1, › ‹. Auch der sehr aufwändige Plan des Artaxerxes lässt weitere Skepsis berechtigt erscheinen. Abgesehen von der Frage nach der Quelle für derlei Geschehnisse am Hofe weist auch das Verhalten Artaxerxes’ II. Parallelen zu anderen Attentaten in der Literatur auf: Da das potentielle Opfer nicht ohne Beweise und nur im Vertrauen auf eine Denunziation Maßnahmen gegen die mutmaßlichen Attentäter einleiten will, wird ein durchaus gefährlicher Plan verfolgt: So beschreibt Nepos, dass Datames über einen geplanten Anschlag auf sein Leben informiert worden sei (Initiator ist hier Artaxerxes II.) und sich daraufhin durch einen ›Ersatzmann‹ abgesichert habe, um in relativer Sicherheit die Attentäter überführen zu können (Nep. Datames 9, 2–5); Ailian berichtet von einem geplanten Attentatsversuch auf Dareios während einer Jagd. Obwohl der Großkönig frühzeitig informiert wird, begibt er sich dennoch in Gefahr (dies ist das wiederkehrende Motiv). Sein Mut und seine Entschlossenheit lassen allerdings die Attentäter, die sich überführt wissen, ihren Plan aufgeben (var. 6, 14). M ANFREDINI, Plutarco, 305 meint die Grundlage für dieses Verhalten in einer königlichen Inschrift zu sehen: »What a man says about a(nother) man, that does not convince me, until I have heard the statement of both.« (DNb §2d, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 40). Allerdings ist die Aussage eine tendenziell andere als in den griechischen Werken, geht es doch darum, beide Seiten anzuhören (prinzipiell also schon, einer Denunziation nicht ungeprüft Gehör zu schenken), nicht aber den Wahrheitsgehalt durch Beweise (in diesem Fall auf eine recht gefährliche Weise) zu prüfen. Die griechischen bzw. römischen Autoren liefern somit m.E. in ihren Geschichten keineswegs Beispiele für diesen Rechtgrundsatz bei den Achaimeniden. Die Ahistorizität der ›Gegenmaßnahmen‹ lässt sich natürlich nicht mit Gewissheit zeigen, allerdings deutet vieles auf eine literarische Konstruktion hin: Das frühzeitige Aufdecken der Verschwörung erklärt bereits im Vorfeld, weshalb der Anschlag scheitern musste. Die gefahrvollen Pläne der potentiellen Opfer, die Attentäter in flagranti zu ertappen, erlauben es den Autoren dennoch, die Attentate ausführlich zu schildern, so dass hier eindeutig auch ein Unterhaltungsaspekt berücksichtigt werden muss.
Artaxerxes’ Plan
352 Das Ende des Tiribazos
Die königlichen Richter
2. Kommentar
29, 7 : Plutarch berichtet, dass Tiribazos im Kampf mit der Leibwache des Großkönigs zu Tode gekommen sei. Zweifelsohne wirkt sein Ende durchaus ehrenhaft: Während die anderen Mitverschwörer fliehen, kämpft Tiribazos, tötet viele Leibwächter und fällt erst durch eine Fernwaffe. Zur Leibgarde und vor allem zum Kommandanten dieser Garde des Großkönigs, dem ranghöchsten Offizier des gesamten Reiches (hazârapatiš), ‹. Nach einem Fragment s. bereits S. 150f. zu Plut. Art. 5, 2, › des Herakleides handelt es sich bei der Leibwache um eine Unterabteilung ; FGrH 689, F 1; Athen. 12, 514Bf.; der ›10000 Unsterblichen‹ ( zu Zeiten Alexanders; s. M ANFRE Ail. var. 9, 3 kennt 500 dieser DINI , Plutarco, 305; B RIANT , Cyrus, 261f.). Die Beschreibungen Herodots vom Auszug des Xerxes aus Sardeis (Hdt. 7, 41) widersprechen dieser Zuordnung: Die 1000 Adligen, die direkt hinter dem König marschieren und anstelle von Lanzenfüßen Äpfel tragen, sind als Leibwache des Großkönigs ), die eine eigenständige Einheit war, die von den ›Unzu sehen ( sterblichen‹ zu trennen ist (letztere sind die 10000, die hinter den 1000 Reitern zogen; von ihnen tragen 1000 Granatäpfel aus Gold und 9000 solche aus Silber; s. W IESEHÖFER, Persien, 135; S HABAZI, Army, 492f.). 29, 8 : Die königlichen Richter bildeten ein Gremium in unmittelbarer Umgebung des Großkönigs und werden zum ersten Mal von Herodot bei der Eroberung von Memphis durch ). Dieser Rat beKambyses erwähnt (Hdt. 3, 14, 5; dort stand aus ausgewählten Persern des hohen Adels, die ihr Amt als Richter lebenslang oder bis zu einem eigenen Vergehen (z.B. Bestechlichkeit, die i.R. mit dem Tode bestraft wurde: Hdt. 5, 25, 1; 7, 194, 2) ausübten (Hdt. 3, 31, 2; Diod. 11, 57, 5; 15, 10, 1). Nur im Buch Esther werden Meder als königliche Richter erwähnt, wobei diese Angabe vielleicht auf eine Gleichsetzung von Medern und Persern, wie sie auch in der griechischen Literatur üblich ‹). ist, zurückzuführen ist (s. hierzu S. 301f. zu Plut. Art. 22, 4, › Die Gruppe der königlichen Richter war besonders privilegiert (so durften sie z.B. ›das Angesicht des Königs‹ sehen: Est. 1, 14), darf aber deshalb nicht automatisch auf die sieben Smerdis-Mörder zurückgeführt werden, die offensichtlich über ähnliche Privilegien verfügten, wie zuletzt K LINKOTT, Satrap, 137–141 gezeigt hat (s. auch G SCHNITZER, Perser, 19–21, Anm. 22, Nr. 5; B RIANT, Cyrus, 129f.). Es handelte sich beim königlichen Gericht nicht um eine selbständige juristische Instanz, sondern eher um ein Instrument der juristischen Hierarchie , das dem Großkönig untergeordnet war, dessen Hauptin Form einer aufgabe die Verwaltung, Auslegung und Einhaltung der königlichen Gesetze war (s. hierzu W IESEHÖFER, Reichsgesetz, 45). Nur der König konnte diese
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 29
353
Richter ernennen und auch wieder entlassen (Diod. 15, 10, 1; Ail. var. 1, 34: So kann der Großkönig eben auch einen einfachen Mann wie Rhakokes in den Stand eines königlichen Richters heben; B RIANT, Cyrus, 129). Offenbar wandte sich der König aber auch in eigenen Angelegenheiten an diesen Rat (Hdt. 3, 31, 2; s. hierzu S. 310 zu Plut. Art. 23, 3–7, › ‹). Ferner scheint das königliche Gericht in besonders brisanten Rechtsfällen Urteile gefällt zu haben, die aber der Zustimmung des Großkönigs bedurften. 29, 9f. : Erneut kann Plutarch eine weitere Hinrichtungsart der Perser beschreiben. Es handelt sich hierbei um die fünfte in dieser Vita (1. Tod durch Erz: Art. 14, 10; 2. Tod durch die ›Mulden‹: Art. 16, 2–7; 3. Tod durch Häuten und Pfählen: Art. 17, 7; 4. Tod durch Zertrümmern des Kopfes: Art. 19, 9). Wie schon mehrfach festgestellt, ist die einzige, durch vorderasiatische Quellen gesicherte Form der Bestrafung für Rebellion das Verstümmeln und anschließende Pfählen ‹). Auch der (s. S. 250–251 zu Plut. Art. 16, 2–7, › Umstand, dass hier ein Mitglied der königlichen Familie betroffen ist, spricht nicht für eine andere Form der Bestrafung: Auch Kyros der Jüngere ist für seine Rebellion von seinem Bruder verstümmelt worden (so auch Plut. Art. ‹). 13, 2; s. hierzu S. 222–224, › 29, 11f. : Plutarch bietet eine Variante zum Gerichtsverfahren gegen Dareios: In dieser Version ist der Großkönig bei Gericht anwesend und richtet im Affekt seinen Sohn selbst auf brutale Weise durch mehrfache Schläge mit dem Schwert hin. Dareios habe zuvor noch um Gnade gefleht. Danach sei Artaxerxes in den Hof getreten und habe Helios/Horamazes angerufen. Wie die Quellenanalyse dieser Kapitel bereits gezeigt hat (s. S. 332–335 zu Plut. Art. 26, 1–29, 12, › ‹), lässt sich über Plutarchs Vorlagen nichts Genaues sagen: Sowohl Dinon als auch Herakleides kommen hier in Betracht. Es ist daher durchaus denkbar, dass Plutarch tatsächlich zwei Versionen aus verschiedenen Quellen gegenüberstellt (Dinon und Herakleides, wobei Plutarchs eben nicht anzeigen muss, dass ihm noch mehr Varianten vorlagen). Genauso ist es aber auch vorstellbar, dass Plutarch beide Versionen einer einzigen Quelle entnommen hat (nur Dinon oder Herakleides; so M ANTEY, Quellen, 22, dessen Ansicht, dass die Identifikation von Helios mit Horamazes eindeutig Dinon verrate, aber nicht haltbar ist). 29, 12 sichtlich Ahura Mazd¯a (griechisch
: Plutarch setzt offen; Z IEGLER entscheidet sich
Persische Strafen (8)
Eine Variante
Helios
354
Mithra
2. Kommentar
für die lectio difficilior und damit für das singuläre ; F LACELIÈ RE /C HAMBRY und P ERRIN haben die häufiger belegte Form, so auch in Plut. mor. 370A, gewählt) mit dem griechischen Gott Helios gleich. Üblicherweise wird Ahura Mazd¯a allerdings in der griechischen Literatur mit dem höchsten Gott des griechischen Pantheons als ›persischer Zeus‹ identifiziert (s. z.B. Aischyl. Pers. 739f.). Ein wichtiger, aber auch exzeptioneller Beleg findet sich in Xenophons Kyroupaideia, wo vom »größten Zeus« ) die Rede ist (5, 1, 29; 6, 4, 9). Dies entspricht verbatim der ( altpersischen Anrufung Ahura Mazd¯as als ma išta bag¯an¯am (DPd 1–5 §1: »the greatest of the gods«, Übers. S CHMITT, Naqsh-i Rustam, 58). Im iranischen Kontext ist eine Verbindung zwischen dem Gott Mithra und der Sonne zu sehen; so wird in Yašt 10, 13 gesagt, dass Mithra vor der Sonne einhergehe. Diese Nähe findet sich auch in griechischen Texten ). Mithra steht in einer wieder (Strab. 15, 3, 13: so komplexen Verbindung zur Sonne, dass die Begriffe später nahezu synonym gebraucht wurden (s. hierzu mit weiteren Belegen D E J ONG, Traditions, 286f.; zu Mithra s. bereits weiter oben S. 141f. zu Plut. Art. 4, 5, › ‹). Eine Verbindung zwischen Helios und Mithra wäre also sehr viel leichter verständlich als die hier von Plutarch erwähnte Version (in diesem Zusammenhang sei auf den Synkretismus Antiochos’ I. von Kommagene verwiesen, der in seinem Hierothesion am Nemrud Da˘gı Apollon-MithrasHelios-Hermes als einen Gott verehren ließ) . Die Verbindung des höchsten persischen Gottes mit der Bestrafung von Gottlosen und denen, die Ungerechtes tun, findet durchaus Parallelen in der Ideologie der achaimenidischen Herrscher, die durch die großköniglichen Inschriften teilweise zu erschließen ist, s. hierzu S. 232f. zu Plut. Art. 14, 3f., ‹ sowie S. 247 zu Plut. Art. 16, 1, › › ‹. Eine direkte Kenntnis der altpersischen Inschriften der Griechen ist aber eher unwahrscheinlich (s. S CHMITT, Grammata, 21–35: So scheint z.B. Ktesias nach einem Zeugnis Diodors unter in Bisutun tatsächlich Keilschrift verstanden zu haben, allerdings ohne Kenntnisse des Inhalts zu besitzen, weist er die Inschrift doch Semiramis zu [Diod. 2, 7, 2–8, 7]).
Artaxerxes 30 Thema dieses letzten Kapitels der Vita ist Ochos’ Weg zur Königswürde. Der jüngste legitime Sohn Artaxerxes’ II. intrigiert nach dem Tod des Dareios gegen zwei seiner Brüder, die aus unterschiedlichen Gründen für die Thronfolge in Betracht kommen. Ariaspes wird von Ochos in den Selbstmord getrieben, Arsames lässt er durch den Sohn des Tiribazos ermorden. Artaxerxes stirbt daraufhin aus Gram in sehr hohem Alter. Ochos folgt ihm auf den Thron und übertrifft alle vorherigen Könige an Grausamkeit.
Inhalt
Die Ereignisse des letzten Kapitels müssen nach Plutarchs Schilderung in die letzten Lebensjahre Artaxerxes’ II. datiert werden (ca. 360–358).
Datierung
30, 1–9 : Auch dieses Kapitel bietet genau wie die Kap. 26–29 kaum einen Anhaltspunkt für eine eingehendere Quellenanalyse. Allerdings verlangt Plutarchs Angabe, dass Artaxerxes 94 Jahre gelebt haben soll, Beachtung, da sie – ein glücklicher Zufall der Überlieferung – bei einem anderen Autor ebenfalls überliefert ist (Dinon, FGrH 690, F 20a = Lukian. Makrobioi 15:
»Artaxerxes genannt Mnemon, gegen den sein Bruder Kyros ins Feld gezogen war, König der Perser, starb an einer Krankheit, nachdem er 86 Jahre gelebt hatte; wie Dinon überliefert aber 94 Jahre.«). In der Tat scheint es zwingend, Dinon als Plutarchs Quelle für das Lebensalter des Artaxerxes anzunehmen, hat er doch wohl im Widerspruch zu anderen Autoren gestanden (so sind seine Daten auf den ersten Blick nicht mit Diodors Chronologie zu vereinbaren, s. S. 359 zu Plut. Art. 30, 9, › ‹). Aufgrund dieser Angabe werden nun dieses Kapitel und damit zusammenhängend auch die vorangehenden allein auf Dinons Persika zurückgeführt (S MITH, Study, 26f.; M ANTEY, Quellen, 22f. usw. bis S TEVEN SON , Persica, 24f.). Da aber die Analyse der Kap. 26–29 eine ›Ein-QuellenHypothese‹ als nicht tragfähig aufzeigt (zumindest kann Dinon nicht diese eine Quelle gewesen sein), kann auch dieses Detail eine Zuweisung an diesen Autor nicht stützen. Es ist in der Tat der communis opinio zuzustimmen, dass Dinon als Vorlage für die Altersangabe (und wohl auch die Regierungsdauer von 62 Jahren) sehr wahrscheinlich ist (natürlich ist keineswegs ausgeschlossen, dass nicht auch ein weiterer Autor diese Angaben aus Dinons Werk übernommen haben könnte – dies ist allerdings eine nicht weiterführende Spekulation). Aber diese Angabe ist keineswegs so eng mit der restlichen
Quellenanalyse
356
2. Kommentar
Beschreibung verbunden, dass Dinon hier für den gesamten Inhalt verantworlich sein muss. Eine Alternative wäre, dass Plutarch nur diese Information aus Dinons Persika ›eingeflickt‹ hat, weil seine Hauptvorlage hierzu schwieg. Allerdings muss eine so radikale Lösung gar nicht gewählt werden: Die Kap. 26–30 zeichnen sich – genau wie ein Großteil der Vita – durch ein hohes Maß an Quellenkontamination aus. In den meisten Fällen ist es nicht möglich, Plutarchs Vorlage zu identifizieren, häufig gelingt es aber, zumindest die m.E. meist zu kurz greifenden ›Ein-Quellen-Hypothesen‹ zu entkräften. Sollte Plutarch in weiten Bereichen tatsächlich Dinon in den Schlusskapiteln gefolgt sein, kann er dies nur unter Einbeziehung weiterer Quellen (mindestens Herakleides von Kyme) getan haben. Atossas Wirken
Ariaspes
: Bereits zuvor hat Plutarch be30, 1 richtet, dass Ochos über Atossa versucht habe, seinen Vater zu beeinflussen ‹). Dort scheint (s. hierzu S. 337 zu Plut. Art. 26, 2, › Ochos noch die treibende Kraft zu sein, der sich – eine Schwäche seines Vaters ausnutzend – einer Frau bedient, um seinen Willen durchzusetzen. Hier nun scheint Atossas Einfluss auf Ochos zugenommen zu haben, hegt er doch, von ihr ermutigt, große Hoffnungen auf den Thron. Eindeutig ist hier das topische Element des verderblichen Einflusses der Frauen auf die Politik am persischen Königshof zu erkennen: Jeder, der nach Macht strebt, scheint in irgendeiner Form durch weibliche Einflüsse gelenkt zu sein, s. zum Einfluss der Frauen auf Artaxerxes II. bereits S. 102 zu Art. 2, 2, › ‹; S. 235f. zu Plut. Art. 14, 9, › ‹. : Ariaspes ist nach Plutarch einer der drei legitimen Söhne Artaxerxes’ II., s. hierzu auch S. 335 zu ‹. Trogus/Iustin nennt ihn Ariarathes (Iust. 10, Plut. Art. 26, 1, › 1, 1); es sind zahlreiche weitere Träger dieses Namens bekannt (s. J USTI, Namenbuch, 23f.), der wohl altiran. *Ariya-wr¯a a (nach G ERSHEVITCH, Amber, 227: »having Aryan joy«) wiedergibt. Aber auch Plutarchs Variante ›Ariaspes‹ spiegelt eine altiranische Form wieder (*Ariy¯aspa; s. S CHMITT, Iranier-Namen, 126f., dort mit vielen Hinweisen auf die Diskussion zu dieser Namensform), deren Bedeutung aber umstritten ist. Er soll nach Plutarch von seinem jüngeren Bruder Ochos, dem späteren Artaxerxes III., aus Gier nach Herrschaft in den Selbstmord getrieben worden sein. Ailian liefert eine von Plutarchs Schilderung abweichende Beschreibung über dessen Tod: Ariaspes (diesen scheint Ailian zu meinen, nennt aber keinen Namen) tötet sich zwar auch selbst, allerdings ohne dass Ochos als treibende Kraft erwähnt wird, sondern auf Verlangen des Vaters nach der Hinrichtung des Dareios, was auf eine Beteiligung des Ariaspes an
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 30
357
der Verschwörung hindeutet (Ail. var. 9, 42). Aus anderen Quellen ist dieser Sohn nicht bekannt. : Arsames ist die griechische Namensform des altpersischen R.š¯ama- aus *arš¯an (»Mann, Held«) und *ama- (»Stärke, [Angriffs-]Kraft«), was – darin ist sich die Forschung einig – ungefähr »die Kraft von Helden habend« bzw. »mit Angriffskraft eines Helden« bedeutet (vgl. J USTI, Namenbuch, 29; M AYRHOFER, Personennamenbuch, 1, II/12 Nr. 7; zur Nebenüberlieferung auch S CHMITT, Iranier-Namen, 43; neuerdings ders., Anthroponyme, 79f.). Arsames ist als Name mehrerer persischer Adliger überliefert (z.B. des Großvaters Dareios’ I., der in der Bisutun-Inschrift erwähnt wird [DB §1]; weitere Träger dieses Namens s. J USTI, Namenbuch, 29). Nach Plutarch und Trogus/Iustin ist er ein nicht ebenbürti) Artaxerxes’ II. (s. S. 335 zu Plut. Art. 26, 1, › ‹), ger Sohn ( der von Arpates, dem Sohn des Tiribazos (s. hierzu S. 358 zu Plut. Art. 30, 8, ‹), auf Geheiß des Ochos ermor› det wird (der Chronologie Plutarchs folgend also um 360/59). Aus anderen Quellen ist er ebenso wie Ariaspes/Ariarathes nicht bekannt. 30, 2 : Plutarch kann hier nur so verstanden werden, dass Ariaspes älter als Ochos war. Dies sei aber nicht das ausschlaggebende Kriterium gewesen (zum Verhältnis von Primogenitur zur ›Purpurgeburt‹ s. S. 106f. zu Plut. Art. 2, 4, › ‹). ›Die‹ Perser, die Plutarch erwähnt (er weiß vermutlich selbst nicht, wer damit genau gemeint ist, denkbar ist hier natürlich der am Hofe vertretene Hochadel, der bereits zuvor genannt wurde [Art. 26, 1], was allerdings immer noch unpräzise ist und nur Wissen vortäuscht), seien aber der Meinung gewesen, dass Ariaspes’ sanfter, schlichter und menschenfreundlicher Charakter ihn ausgezeichnet habe. Da über Ariaspes/Ariarathes keine weiteren Quellen vorliegen (s.o.), ist es durchaus denkbar, dass diese Figur von Plutarchs Quelle erfunden wurde – sein Tod lässt Ochos natürlich in dem schlechtesten Licht dastehen. ) und Arsames galt als verständig ( war beim Vater besonders beliebt. Also zieht Artaxerxes II. sowohl Dareios, als auch Ariaspes und sogar den unebenbürtigen Arsames (s. Art. 30, 7) dem Ochos vor. Auch Artaxerxes wollte offensichtlich nicht, dass Ochos sein Thronfolger wird (so Plutarch). Diese Passagen in der Vita dienen mehr dazu, den Charakter des Ochos negativ zu zeichnen, als etwas über Artaxerxes II. auszusagen: Allerdings wird ihm hier immerhin ein gutes Urteilsvermögen zugestanden.
Arsames
Die Vorzüge der Brüder
358 Ochos’ Charakter
Arpates, der Mörder des Arsames
2. Kommentar
30, 3 : Artaxerxes III. Ochos steht auch in der modernen Geschichtsforschung in keinem guten Licht, wie M ILDENBERG, Artaxerxes gezeigt hat. Das moderne Urteil basiert dabei zumeist auf einer voreingenommenen und unkritischen Deutung der Quellen. Nach Plutarch soll Artaxerxes III. alle an Grausamkeit und Blutdurst übertroffen haben (Art. 30, 9). Da keine gesicherten Überlieferungen zum Regierungsantritt des Ochos vorliegen, ist es prinzipiell denkbar, dass es – wie Plutarch es beschreibt – zu Streitigkeiten unter den potentiellen Thronfolgern gekommen ist. Trogus/Iustin berichtet, dass Artaxerxes III. nach seiner Thronbesteigung drastische Maßnahmen zur Herrschaftssicherung auch im familiären Umfeld ergriffen hat (10, 3). Diodor weiß nichts von diesen Wirren zu berichten und lässt Artaxerxes III. seinem Vater ohne derartige Zwischenfälle nachfolgen (15, 93, 1). Auch gibt es keinen Hinweis darauf, dass Artaxerxes II. seinem jüngsten Sohn nicht getraut hat, hat er ihn doch in seinen letzten Lebensmonaten mit der Kriegführung gegen den Pharao Tachos betraut (Synk. p. 486f.; hierzu B RIANT, Cyrus, 665, 674f.). Es lassen sich in der griechischen Literatur noch viele Beispiele für die angeblichen Grausamkeiten des Ochos finden. M ILDENBERG befasst sich ausführlich mit diesen Berichten (z.B. über die Behandlung eroberter Städte etc.). Als bekanntes Beispiel des frevelhaften Verhalten Artaxerxes’ III. sei hier die Behauptung erwähnt, dass er nach der Rückeroberung Ägyptens im Jahre 343 einen Apisstier habe töten lassen, um ihn dann zu verzehren (Diodors Schilderung der Rückeroberung Ägyptens: 16, 46, 4–51, 3; zu den angeblichen religiösen Freveltaten s. Ail. var. 4, 8; 6, 8). M ILDENBERG weist zu Recht darauf hin, dass eine sehr ähnliche Tat auch dem Großkönig Kambyses zugeschrieben wurde, der ebenfalls Ägypten erobert hat: In beiden Fällen soll sich der ausländische Aggressor extrem frevelhaft und intolerant verhalten haben. Die Historizität des Beschriebenen sollte daher als eine Erfindung der ägyptischen Priester angezweifelt werden (s. K IENITZ, Geschichte, 108; M ILDENBERG, Artaxerxes, 205). Man darf sich M ILDENBERGs Urteil anschließen, dass sich Artaxerxes III. nicht nachweislich grausamer und brutaler verhalten habe als seine Vorgänger oder Nachfolger. 30, 8
: Arpates ( ) war nach Auskunft Plutarchs ein Sohn des Tiribazos. Dies ist die einzige erhaltene Notiz über diesen Mann. Es lässt sich nicht sicher sagen, ob er derjenige Sohn ist, der an der von Plutarch erwähnten Rettung des königlichen Heeres auf dem Kadusierfeldzug beteiligt war (Plut. Art. 24, 4–9) oder ob es sich hierbei um einen anderen Sohn des Tiribazos gehandelt hat ‹, 127). (J USTI, Namenbuch, ›
Thronfolge und Tod: Artaxerxes 30
359
30, 9 : Auch Trogus/Iustin weiß zu berichten, dass Artaxerxes II. an Kummer (in diesem Fall über die Erhebung seines Sohnes Dareios, an der viele weitere seiner Söhne beteiligt gewesen sein sollen) gestorben sei (Iust. 10, 2). Trotz aller Unterschiede in der Beschreibung der Nachfolgeregelung Artaxerxes’ II. und der Palastverschwörung stimmen Plutarch (auch mor. 480D) und Trogus grundsätzlich überein, was auf eine Abhängigkeit der Vorlagen hindeutet (zu den Unterschieden s. S. 334f. zu ‹). Diodor weiß Plut. Art. 26, 1–29, 12, › hingegen von all diesen Vorgängen nichts: Bei ihm folgt Ochos seinem Vater nach dessen Tod in der Herrschaft (15, 93, 1). : Plutarchs Angabe zum Alter Artaxerxes’ II. (94 Jahre) stammt nahezu sicher aus dem Werk Dinons, wie uns ein Testimonium bei Lukian zeigt (FGrH 690, F 20a, Lukian. Makrobioi 15; s. hierzu ‹). Ob die S. 355f. zu Plut. Art. 30, 1–9, › Angabe zur Lebensdauer korrekt ist, lässt sich nicht überprüfen, fest steht aber, dass Artaxerxes II. vor dem Regierungsantritt seines Vaters, also vor 424 v.Chr., wenn sich nicht die gesamte Überlieferung irrt, geboren worden sein muss (im Gegensatz zu seinem Bruder Kyros, s. hierzu S. 106f. ‹). Sollte die Altersangabe bei Plutarch zu Plut. Art. 2, 4, › stimmen, wäre Artaxerxes um das Jahr 453 geboren, da sein Todesdatum bzw. der Regierungsantritt Artaxerxes’ III. im Jahre 359/358 gesichert ist (zwischen Ende November 359 und April 358 nach babylonischen Tafeln, s. B ERGK, Chronologie, 363–370; PARKER /D UBBERSTEIN, Chronology, 19; M OYSEY, Plutarch, 161, Anm. 10; S TOLPER, Mesopotamia, 238f.). Plutarchs weitere Notiz, dass Artaxerxes II. 62 Jahre regiert habe, erscheint zunächst problematisch. Dementsprechend wäre er bereits im Jahre 421 zum Thronfolger ernannt worden – also noch zu Beginn der Regierungszeit seines Vaters. Diese Ernennung ist durchaus denkbar und verstößt auch nicht – entgegen der Aussage des Trogus (Iust. 10, 1) – gegen persischen Brauch, s. ‹. hierzu auch S. 103–106 zu Plut. Art. 2, 3, › Im Unterschied zu Plutarch erwähnt Diodor, dass Artaxerxes II. 43 Jahre regiert haben soll (15, 93, 1). Da er dessen Tod auf die Jahre 362/61 datiert, fällt bei ihm der Regierungsantritt mit dem Tod Dareios’ II. zusammen (404). Diese unterschiedlichen Angaben schließen sich – bei aller Vorsicht im Umgang mit Harmonisierungen – nicht aus: Während Dinon/Plutarch offensichtlich die Zählung mit der Ernennung zum Thronfolger beginnt, rechnet Diodor (Ephoros?) erst von der eigentlichen Alleinregierung und der Annahme des Titels ›König der Könige‹ (altpers. xš¯aya iya xš¯aya iy¯an¯am) mit dem Tode Dareios’ II. an.
Tod durch Trauer
Artaxerxes’ Alter
360 Vater – Sohn
2. Kommentar
: Auch in der Schlusspassage der Vita zeigt Plutarch, welche Meinung er von Artaxerxes II. hat: Zwar gilt er als milder Herrscher und Freund der Untertanen, dies aber nicht zum wenigsten durch den Vergleich mit seinem Sohn und Nachfolger Ochos (Artaxerxes III.), der alle achaimenidischen Herrscher an Grausamkeit und Blutdurst übertroffen haben soll ( »Er erwarb den Ruf, ein milder Herrscher und Freund der Untertanen gewesen zu sein, nicht zum wenigsten durch den Vergleich mit seinem Sohn Ochos, der an Grausamkeit und Blutdurst alle übertraf.«; Übers. Z IEGLER). Es scheint deutlich wieder durch, dass Plutarch den Ruf Artaxerxes’ II. für nicht ge‹. rechtfertigt hält, s. z.B. auch S. 136f. zu Plut. Art. 4, 4, › Zu Artaxerxes III. s. S. 358 zu Plut. Art. 30, 3, › ‹.
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Indizes Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen der verwendeten Zeitschriften folgen der Année Philologique, die der lateinischen Autoren dem Index des Thesaurus linguae Latinae und die der griechischen Autoren sowie der Sammelwerke und Handbücher den Richtlinien des Kleinen Pauly. Hier werden daher nur die Abkürzungen aufgelöst, die dort nicht zu finden sind bzw. in unserem Fach nur selten gebraucht werden. ab Abr. Aem. Ages. A2 H altind. altindoar. altindoiran. altiran. altpers. Alex. Alk. AMI Ant. AP Arat. Arist. Art. Artem. A2 S Aug. avest. BAR BBV BMAP CDAFI CM Coriolan. DAE DB de eloc. Demetr. DN DP D2 S
ab Abraham Aemilius Agesilaos Artaxerxes II., Ekbatana/Hamad¯an (Inschrift) altindisch altindoarisch altindoiranisch altiranisch altpersisch Alexander Alkibiades Archäologische Mitteilungen aus Iran Antonius Aramaic Papyri of the Fifth Century B.C. (C OWLEY) Aratos Aristeides Artaxerxes Artemidoros Artaxerxes II., Susa (Inschrift) Augustus avestisch British Archaeological Reports Berliner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte The Brooklyn Museum Aramaic Papyri (K RAELING) Cahiers de la Délégation archéologique française en Iran Kyros, Pasargadai/Murghab (Inschrift) Coriolanus Documents araméens d’Égypte (G RELOT) Dareios, Bisutun (Inschrift) De elocutione Demetrios Dareios, Naqš-i Rustam (Inschrift) Dareios, Persepolis (Inschrift) Dareios II., Susa (Inschrift)
392 Hippon. HRG KiBiDaNO Kim. Kleom. LexMA Lysan. Marc. Men. neupers. Nik. OrOcc Pelop. Per. Peregr. PF PFa PF-NN Phil. Pr. Ev. prooim. Ps.-Demetr. Pub. RlA s.a. Sert. skr. StIR succ. Syr. Thes. Titus Flam. TrGF ved. XP Y. Yt. ZAR
Indizes
Hipponax (D EGANI) Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte Kieler Bilddatenbank Naher Osten (http://www.kibidano.de) Kimon Kleomenes Lexikon des Mittelalters Lysandros (Plutarch) Marcellus Menon neupersisch Nikias Oriens et Occidens Pelopidas Perikles De morte Peregrini Persepolis Fortification Tablets Persepolis Fortification Tablets (selected) Persepolis Fortification Tablets (unediert) Philoctetes Praeparatio Evangelica Prooimion Pseudo-Demetrios Phalereus Publicola Reallexikon der Assyriologie sub anno Sertorius Sanskrit Studia Iranica Historia successorum Alexandri Syriaca Theseus Titus Flamininus Tragicorum graecorum fragmenta (S NELL /K ANNICHT /R ADT) vedisch Xerxes, Persepolis (Inschrift) Yasna (Avesta) Yašt (Avesta) Zeitschrift für altorientalische und biblische Rechtsgeschichte
Abbildungsverzeichnis Abb. 1, S. 115 Abb. 2, S. 124 Abb. 3, S. 148 Abb. 4, S. 151: Abb. 5, S. 245 Abb. 6, S. 319
© KiBiDaNO (ID: kibidano_kibpic_00002782) F RANKE /H IRMER, Münze, Tafel 184, 621 V S TRONACH, Coinage, 260 © KiBiDaNO (ID: kibidano_kibpic_00000304) © KiBiDaNO (ID: kibidano_kibpic_00002701) © KiBiDaNO (ID: kibidano_kibpic_00002701)
Stellenverzeichnis Agathias 4, 23: 258 A2 H a: VIII, 118, 142 b: 142 Ailian nat. 6, 39: 103 var. 1, 21: 129, 152, 226, 297, 304 1, 22: 137 1, 31: 140 1, 31f.: 140 1, 32: 128, 143 1, 33: 128, 140 1, 34: 353 3, 13: 144 3, 39: 122 4, 8: 358 6, 8: 211, 358 6, 14: 351 7, 1: 129 9, 3: 352 9, 42: 357 12, 1: 114, 340 14, 39: 297, 299 Aischylos Pers. 157: 312 242: 276 244: 87 353–364: 167 469f.: 167 499: 225 739f.: 354 983: 253 989: 217 Prom. 936: 225 Alkaios F 366: 244 Ammianus Marcellinus 23, 6, 33: 116 23, 6, 80: 258 Appian
Mithr. 42–45: 2 Syr. 57: 344 Apuleius apol. 26: 116 Archilochos F 185: 168 Aristobul F 51a: 116 Aristophanes Lys. 991f.: 168 Plutos 771–774: 225 Aristoteles poet. 9, 1 (1451A): 58 Arrian an. 1, 12, 9f.: 329 1, 16, 3: 336 1, 24, 6: 127 1, 27f.: 127 3, 8, 4: 192, 330 3, 18, 10: 114 3, 25, 3: 97 5, 14, 4: 192 6, 29, 1: 114 7, 4: 344 7, 14, 9: 114 Ind. 39: 328 40: 329 Artemidoros 4, 72: 9 A2 S a: VIII, 84, 118, 142 b: VIII, 118 d: VIII, 118, 142 Athenaios 1, 22C: 285, 288 1, 33F: 133 2, 37F: 244
394 2, 48D: 295 2, 48D–F: 294, 296, 298 2, 48E: 295, 299, 305 2, 48F: 295 2, 67A: 123 2, 67B: 60 4, 144F: 321 4, 145A–146A: 127 4, 145A: 69 4, 145D: 131 4, 146C: 60 4, 146Cf.: 156 6, 241Df.: 263 6, 251B: 245, 295, 305 6, 252B: 245 10, 415D: 321 10, 434E: 166 11, 464A: 139 11, 503F: 60 11, 505Af.: 264 12, 157B: 69 12, 513F: 144 12, 514A: 60 12, 514B: 332 12, 514Bf.: 352 13, 556B: 342 13, 557B: 343 13, 576D: 340 13, 608A: 146 13, 609Af.: 91 Avesta Y. 29, 10: 82 31, 7: 87 Yt. 5, 92: 314 8, 56: 314 10: 141 10, 13: 354 14, 48: 314 15, 35: 309 19: 244 Berossos F 11: 118, 273 Cassius Dio 47, 49, 2: 224
Indizes
68, 16, 2: 5 68, 29, 1: 47 Catull 90: 116 Chronikon Paschale s.a. 468: 224 Cicero div. 1, 46: 116 1, 91: 121, 166 leg. 2, 26: 116 Tusc. 5, 97, 5: 87 CIG 1713: 2, 5 Clemens Alexandrinus Paidagogos 1, 7, 55, 2: 116, 166 strom. 3, 11, 1: 116 CM a: 193 c: 193 Codex Theodosianus 9, 24, 1: 237 Curtius Rufus 3, 3, 10: 116 3, 3, 14–25: 146 3, 3, 17f.: 325 3, 3, 22–25: 146 3, 3, 24: 343 3, 7f.: 155 3, 12, 16f.: 84 3, 13, 10f.: 146 4, 12, 12: 192, 330 4, 16, 5: 145 5, 1, 22: 116 5, 2, 9: 144 5, 6, 10: 114 6, 6, 8: 343 6, 6, 13: 220 7, 2, 22: 328 7, 4, 3f.: 329 7, 5, 36–43: 224, 236, 250 8, 2, 19: 116 10, 1, 22: 114 10, 5, 18: 114
Stellenverzeichnis
10, 5, 23: 336 DAE 7 (AP 35): 134 53 (BMAP 12): 134 101 (AP 27): 217 DB §1: 357 §5: 183, 245, 312 §7: 153 §8: 138, 235 §19: 97 §32: 223 §32f.: 236 §33: 223 §55: 248 §62: 117 §63: 138, 248 §63f.: 235 §64: 138 Demosthenes or. 9, 23: 302 18, 249: 271 19, 31: 305 19, 137: 305 19, 191: 305 23, 123: 321 Dinon T 2: 60 F 1: 60 F 7: 61 F 10: 61 F 13–17: 16 F 14–20: 61 F 18: 61 F 19: 16 F 20a: 85, 355, 359 F 21: 60f. F 22: 61 F 23: 16 F 23b: 143 Diodor 2, 3, 2: 55 2, 7, 2–8, 7: 354 2, 22, 5: 54 2, 32: 54 11, 6: 108
11, 12, 2: 253 11, 57, 5: 352 11, 61, 4: 127 11, 69: 82 11, 69, 1: 239, 243 11, 71, 2: 84 12, 6, 1: 2 13, 76–79: 300 13, 97–99: 300 13, 106, 6: 286 14, 1: 135 14, 10: 258 14, 11, 2–4: 287 14, 19, 2: 100 14, 19, 4f.: 159 14, 19, 7: 170, 184 14, 19, 7f.: 127 14, 19, 9: 163 14, 21, 1f.: 160 14, 22, 1: 136 14, 22, 1f.: 173 14, 22, 2f.: 175, 185, 204 14, 22, 3f.: 176 14, 22, 5: 203 14, 22–24: 180 14, 23, 6f.: 205 14, 24, 1: 203 14, 24, 7: 203 14, 25, 1: 199, 227 14, 25–27: 262 14, 26, 4: 124, 331 14, 26, 4f.: 228f. 14, 27, 2: 264 14, 35, 3: 331 14, 38, 2: 278 14, 39: 285 14, 39, 1f.: 286 14, 39, 3: 286 14, 46, 6: 52, 266 14, 80: 124, 309 14, 80, 6: 309 14, 80, 6–8: 307 14, 81, 4–6: 286 14, 82, 3f.: 282 14, 83, 1f.: 282 14, 83, 4–7: 290 14, 84, 3f.: 290 14, 84, 5: 290
395
396 14, 85, 2: 286 14, 85, 4: 153, 287 14, 99, 1–3: 291 14, 110: 292 15, 8: 153 15, 8, 3–5: 251 15, 8f.: 154 15, 10, 1: 352f. 15, 10f.: 317 15, 11, 2: 137, 139 15, 25, 1: 282 15, 41, 4: 321 15, 41f.: 321 15, 42, 4f.: 321 15, 43, 1–6: 321 15, 80, 4f.: 305 15, 90, 2: 303 15, 92f.: 302 15, 93: 86, 331 15, 93, 1: 336, 358f. 16, 40, 4: 167 16, 41: 329 16, 47–50: 211 16, 49, 6: 337 16, 85f.: 2 17, 5, 3: 94, 273, 337 17, 5, 5: 91 17, 5, 6: 273 17, 6, 1f.: 167 17, 18, 2–4: 329 17, 34, 1: 94 17, 35, 3: 146 17, 37: 84 17, 59, 5: 192, 330 17, 76, 5: 192 17, 78, 1–4: 220 17, 107, 1: 114 17, 114, 4f.: 114 18, 48, 4: 152 19, 21, 3: 329 Diogenes Laertios 2, 48–59: 65 2, 56–59: 51 2, 56: 66 5, 36: 271 5, 51: 271 5, 53–55: 271 5, 93: 69
Indizes
prooim. 6f.: 116 Dionysios von Halikarnassos ant. 1, 3, 2f.: 302 comp. 10: 58 DN a §4: 83, 152, 312 §10: 312 b §2a–b: 166 §2b: 101, 233 §2c: 138, 235 §2d: 351 §2e: 138, 163 §2h: 101 §8e: 235 §8h: 84, 167, 198 DP d §1–5: 354 §3: 233 D2 S a: 88 b: 88 Esra 1, 8: 142 Esther 1, 14: 352 Eunapios vit. soph. 2, 1, 7: 1 Eusebios chron. ab Abr. 2135: 2 Pr. Ev. 10, 3, 9: 196 Flavius Iosephus ant. Iud. 11, 6, 1: 83 Gellius 17, 9: 168 Hellenika Oxyrhynchia 7, 2: 275
Stellenverzeichnis
7, 5: 275 9, 3–10, 5: 281 10, 2f.: 282 10, 3: 281 10, 5: 280 16, 1f.: 309 18, 1: 275 20, 1: 281 22, 3: 307 24, 4: 253 Herakleides F 1: 69f., 343, 352 F 2: 69, 127, 131f. F 3: 70 F 4: 69 F 5: 298 F 6: 70 F 7: 70 Herodot 1, 12, 2: 350 1, 30f.: 199 1, 101: 116 1, 107f.: 116 1, 114: 217 1, 120: 116 1, 126: 166 1, 128: 116 1, 132: 116 1, 134: 226 1, 135: 342 1, 136: 233, 325 1, 138: 117, 314 1, 140: 116, 201, 265 1, 155: 322 1, 172: 211 1, 183: 87 1, 188: 144, 220 1, 189f.: 343 1, 193: 55 1, 205–214: 193 2, 6, 3: 176, 189 2, 98, 1: 133 3, 1, 2: 342 3, 14: 352 3, 20: 155 3, 31: 310, 342, 352f. 3, 68: 199, 343 3, 68f.: 223
3, 70: 102 3, 77f.: 343 3, 86: 226 3, 88: 310, 342 3, 89: 139 3, 90: 343 3, 94: 343 3, 128: 199 3, 129: 167 3, 129–138: 56 3, 132: 156 3, 133f.: 57 3, 135f.: 57 3, 160: 137 4, 5: 199 4, 43: 251 4, 84: 199 4, 166: 147 5, 1: 199 5, 12: 145 5, 24: 139, 156 5, 25: 258 5, 25, 1: 352 5, 32–35: 253 5, 49: 337 5, 52: 328 5, 53: 326 6, 43: 107 6, 61–66: 108 6, 98, 3: 81 7, 2–4: 105 7, 2, 2: 107 7, 2f.: 100, 106, 108 7, 13f.: 226 7, 19: 116 7, 27–29: 137, 140 7, 28f.: 146 7, 31: 163 7, 32: 146 7, 41: 141, 151, 352 7, 61: 338 7, 81: 150 7, 87: 151 7, 101–104: 108 7, 113: 116 7, 119: 156 7, 132: 138 7, 136: 225f.
397
398
Indizes
7, 144: 345 7, 187: 84 7, 191: 116 7, 194: 352 7, 208: 262 8, 85: 138 8, 90: 138 8, 105: 210 8, 118: 226 8, 137: 199 9, 78: 250 9, 80: 155 9, 86–88: 138 9, 108–112: 155, 339 9, 109, 3: 137 9, 110: 139 Hesychios s.v. › ‹ ( 123): 85 s.v. › ‹ ( 1441): 150 s.v. › ‹ ( 4700): 95 s.v. › ‹ ( 503): 271 Hieronymus chron. Euseb. ad olymp. 79: 83 Homer Il. 1, 4f.: 265 24, 630: 11 Od. 17, 291–327: 191 Horaz carm. 4, 9, 28: 9 IG I3 383: 147 II2 34: 292 V 1, 660: 300 VII 3423: 5 IK 36, 1 I: 82 Isidor von Charax F 2 (6): 344 Isokrates or. 4, 41: 277 4, 140: 318 4, 151: 312 7, 62–65: 286 9, 52–57: 286
9, 56: 286, 290 9, 58: 135 14, 27: 282 16, 40: 287 Iustin: siehe Trogus/Iustin Jesaja 44f.: 193 Johannes Antiochenus F 178: 258 Ktesias Testimonia T 1: 52f. T 1–3: 52 T 2: 52 T 3: 52 T 5b: 52 T 7c: 52 T 7d: 52 T 8: 54f. T 9: 52 T 11: 55 T 11h: 52 T 13: 58 Persika F 1b (24): 230f. F 1p: 243 F 8a: 53 F 8b: 53 F 9 (6): 104, 210 F 13 (9): 210, 253 F 13 (16): 350 F 13 (24): 87 F 13 (27): 100, 108 F 13 (33): 87, 350 F 13–16: 87 F 14 (34): 239, 248–250 F 14 (39): 104, 157, 251, 257 F 14 (43): 167 F 14 (48): 350 F 15 (46): 150 F 15 (47): 86–88 F 15 (47–51): 87 F 15 (48): 166 F 15 (49): 139 F 15 (50f.): 87 F 15 (51): 85, 89f., 92, 95, 97, 210
Stellenverzeichnis
F 15 (52): 104, 213, 216 F 15 (52f.): 88 F 15 (53): 123 F 15 (55): 97, 99, 102 F 15 (55f.): 102 F 15 (56): 207f., 270 F 16 (57): 88, 103 F 16 (59): 112, 123, 125 F 16 (60): 213, 220, 345 F 16 (63): 231, 251 F 16 (64): 181, 202, 222 F 16 (65): 133 F 16 (66): 223, 252f. F 16 (67): 233f., 236, 240 F 17 (62): 80 F 24: 53, 104 F 27 (68f.): 260, 262, 264 F 27 (70): 270 F 27 (71): 262, 266 F 30: 53 F 30 (72–74): 285, 289 F 30 (72–75): 266 F 30 (73): 213 F 30 (74f.): 52 F 30 (75): 52, 263 F 31: 285 F 37: 144 F 44a: 103 F 44b: 103 Laktanz mort. pers. 5: 258 Lukianos Makrobioi 15: 355, 359 Peregr. 11: 250 salt. 17: 225 somn. 1: 3 Marcellinus Comes chron. s.a. 496: 224 Nehemia 1, 11: 210 5, 14–18: 133
Nepos Ages. 4, 1: 282 5, 1: 282 Alk. 9f.: 135 Dat. 2: 320 2, 1: 127 6: 127 9, 2–5: 351 Konon 2f.: 285 3, 2–4: 226 5, 4: 131, 200, 321 Milt. 3, 1: 87 reg. 1, 3: 83f. 1, 4: 84, 86, 308f., 331 Nikander Ther. 890f.: 122 Nikolaos von Damaskus F 66 (3): 93 F 66 (34): 122 OGIS 264: 217, 345 391f.: 217, 345 393: 345 470: 118 745: 345 Olympiodor Frg. 20: 224 Orosius 2, 18, 2: 204 Ovid met. 6, 382–395: 258 Panegyrici latini XII 17, 2f.: 224 18, 3: 224 Pausanias 1, 7, 3: 345 3, 9, 8: 275
399
400
Indizes
3, 9, 12: 282 3, 14, 1: 300 4, 17, 5: 282 5, 6, 6: 66 6, 5, 7: 87 PF 41: 166 44: 166 339: 117 688: 157 728: 166 1495: 147 1955: 117 PFa 5: 157 PF-NN 2533: 157 Pindar O. 6, 91: 168 Platon Alk. 121d: 116, 166 leg. 887e: 225 Men. 70b: 264 78d: 264 Plinius nat. 1, 10c: 60 1, 14c: 60 10, 36: 61 13, 41: 328 17, 42: 163 28, 25: 225 37, 147: 121 37, 156: 144 Plutarch Aem. 1, 1: 38 1, 1–3: 10 8, 9: 112 Ages. 10: 307 10, 5: 308 15, 2: 282 15, 8: 275
23: 293 23, 2: 153, 291 24, 1–4: 293 36: 303 36–39: 302 36–50: 279 Alex. 1: 11, 99, 156 1, 2: 12, 14, 100 6, 1: 192 20, 8: 167 21, 6: 84 30, 8: 141 32, 8: 207 46: 24 69, 4: 114 Alk. 25, 6: 112 28, 10: 282 37: 135 38: 287 39: 135 Ant. 5, 10: 23, 161 68, 7: 3 Arat. 1, 5: 38 16: 2 48, 5: 38 Arist. 5, 7: 226 Art.: siehe passim Caes. 7, 7: 22 31, 3: 23, 161 Cic. 49, 4: 224 Coriolan. 26, 2: 112 Demetr. 1: 11 1, 5f.: 41 31, 5: 344 Demosth. 1, 1: 5, 8 2, 1: 21 2, 2: 2, 5 3, 1: 10
Stellenverzeichnis
31, 7: 5, 8 Dion 1, 1: 8 Eum. 1, 7: 344 Galba 2, 3: 12 19: 39 Kim. 2: 11 10: 146 15, 2: 25 Lykurg. 15: 232 18, 2: 4 19, 20: 129 28, 4: 282 Lysan. 5–7, 1: 300 19, 5–7: 168 27, 1: 282 Marc. 6, 11f.: 225 Marius 29, 11: 9 mor. 23B: 293 140B: 342 173D: 82f. 173E: 166, 219 173F: 164 174A: 140 192B–C: 299 211A: 282 211B: 275 213B: 301 217C–E: 299 232F: 112 296B: 112 328C: 103 345E: 67 355C: 336 363C: 336 370A: 354 384D–394C: 6 385B: 1, 4 387F: 4 391E: 1
394D–409D: 6 464F: 130 467E: 112 522F: 87 537B: 116 558A: 3 608C: 4 611D: 4 620C: 166 628A: 2 642F: 6 678C: 4 693F: 6 773B: 302 811Bf.: 6 861E: 5 866B: 9 Nik. 1: 12 1, 5: 13 Numa 14, 4: 225 Otho 1, 1: 39 Pelop. 5: 304 30: 305 30, 9–13: 305 32: 305 Per. 1f.: 11 2, 5: 10 13, 15f.: 25 22, 2: 282 24, 1: 25 24, 7: 340 24, 12: 20 25, 1: 25 30f.: 25 Pub. 15: 21 15, 4: 21 Sert. 12, 3–5: 22 22, 5: 22 Sulla 16–19: 2 Them.
401
402
Indizes
26: 341 26, 4f.: 157 27: 226 27–29: 84 27, 1: 24, 70, 94 27, 2–7: 152 29, 5–8: 130 29, 11: 137 32, 6: 4 Thes. 1, 1: 8 Pollux Onomastikon 2, 151: 83 3, 87: 146 7, 58: 154 7, 98: 146 Polyainos 1, 48, 3: 281f. 4, 3, 32: 121, 166, 272 7, 12: 323 7, 16, 1: 203, 307, 309 Polybios 5, 54: 250 8, 21, 3: 224 8, 23: 223, 250 10, 27: 344 12, 25: 54 15, 26a: 60 20, 4f.: 2 Prokopios Hist. 2, 11, 37f.: 250 2, 17, 11: 250 Ps.-Aristoteles Oikonomika 1348a: 224 Ps.-Demetrios de eloc. 215: 58 216: 104, 207 Rhetorica ad C. Herennium 4, 25, 32: 302 SIG3 142: 292 829A: 2, 5
835B: 2 843: 5 Sophokles frg. 636, 1: 11 Oid. K. 1655: 225 Phil. 657: 225 Strabon 9, 2, 9: 253 9, 2, 39: 302 11, 2, 13: 323 11, 4, 6: 323 11, 7, 1: 192 11, 8, 1: 192 11, 13, 3f.: 192 12, 3, 31: 245 14, 2, 3: 211 15, 3, 1: 116 15, 3, 6: 95 15, 3, 8: 114, 152, 163 15, 3, 10: 145 15, 3, 13: 116, 141, 354 15, 3, 14: 117 15, 3, 15: 116 15, 3, 18: 121 15, 3, 20: 103, 116, 265 15, 3, 21: 83, 137, 224 16, 1, 10: 176 16, 1, 16: 144f. Suda s.v. › ‹ ( 1987): 84 s.v. › ‹ ( 1239): 60 s.v. › ‹ ( 96): 6 s.v. › ‹ ( 1793): 1, 5, 7 s.v. › ‹ ( 73): 294 Sueton Aug. 13, 1: 224 Tacitus ann. 3, 62: 118 12, 18: 245 Theokrit Idyll. 29, 1: 244
Stellenverzeichnis
Thukydides 1, 14, 2: 87 1, 113, 1: 2 1, 115, 4: 123 1, 129, 3: 138 1, 131, 1: 168 2, 65, 12: 91 2, 67, 1: 287 8, 5, 4: 123 8, 8, 3: 169 8, 18: 277 8, 28, 4: 146, 291 8, 29f.: 124 8, 39, 2: 169 8, 55, 3: 291 8, 57f.: 277 8, 80, 1–3: 169 8, 87, 4: 123 Trogus/Iustin 1, 1, 9: 117 1, 5, 1: 95 3, 1: 350 5, 11, 8f.: 204 5, 11, 9: 204f. 6, 1: 285f. 6, 2, 12–16: 286 Prol. 9: 84 Prol. 10: 84, 318, 322, 330 10: 334 10, 1: 105, 334f., 349, 359 10, 1, 1: 356 10, 2: 336, 344, 359 10, 3: 336f., 358 26, 3: 345 Valerius Maximus 3, 9, 2, 6: 87 Vitruv 1, 1, 5: 263 Xanthos F 13: 117 F 32: 115 Xenophon Ages. 3, 3: 344 5, 4: 253 9, 5: 144
an. 1, 1, 1: 86, 103 1, 1, 2: 90, 106, 109, 136 1, 1, 3: 103, 112, 123, 125 1, 1, 3f.: 89 1, 1, 4: 102, 112 1, 1, 5: 123, 162, 171 1, 1, 6–8: 127 1, 1, 6–9: 134 1, 1, 6–11: 127 1, 1, 6–11: 127 1, 1, 8: 128 1, 1, 9: 146, 169 1, 1, 11: 171 1, 2, 1: 170 1, 2, 4: 135 1, 2, 6: 263 1, 2, 9: 169f. 1, 2, 16: 212 1, 2, 17: 206 1, 2, 20: 135 1, 3, 1–19: 170 1, 3, 20: 134 1, 3, 20f.: 170 1, 3, 21: 147 1, 4, 2: 159 1, 4, 3: 160 1, 4, 5: 134 1, 4, 9: 89, 133, 273 1, 4, 10: 329 1, 4, 11–13: 170 1, 4, 13–17: 264 1, 5, 2f.: 322 1, 5, 6: 149, 257, 322 1, 5, 7: 206 1, 5, 8: 154f. 1, 6: 135, 345 1, 6, 6: 135 1, 6, 7: 135 1, 7–22: 23 1, 7, 1: 173 1, 7, 2–14: 173 1, 7, 9: 167, 181 1, 7, 10: 170, 179, 184 1, 7, 11: 193 1, 7, 11f.: 185, 322 1, 7, 12: 124, 175, 178, 230f. 1, 7, 12–16: 175
403
404
Indizes
1, 7, 14–16: 176 1, 7, 18: 283 1, 7, 18–20: 173 1, 7, 20: 187 1, 8, 1–7: 187 1, 8, 2: 186 1, 8, 5: 185, 203 1, 8, 6: 207, 338 1, 8, 8: 205 1, 8, 9: 124, 175, 212 1, 8, 10: 178, 188 1, 8, 11: 176 1, 8, 12: 167, 184, 188, 206 1, 8, 12f.: 182, 186f. 1, 8, 13: 182, 185 1, 8, 18–21: 191 1, 8, 20: 188 1, 8, 21: 188 1, 8, 22: 185 1, 8, 24: 188, 191, 193 1, 8, 25: 156 1, 8, 26: 195, 204, 229 1, 8, 26f.: 194 1, 8, 29: 155 1, 9: 101, 164f. 1, 9, 1–28: 163 1, 9, 2–6: 101 1, 9, 5: 162 1, 9, 5f.: 167 1, 9, 7: 90, 109 1, 9, 17f.: 164 1, 9, 20–25: 163 1, 9, 25: 166 1, 9, 27: 64 1, 9, 28: 162 1, 9, 29: 231 1, 9, 31: 203 1, 10, 1: 196, 203, 222 1, 10, 1f.: 194 1, 10, 2: 340 1, 10, 6: 232, 331 1, 10, 7: 124 1, 20: 188 2, 1, 4: 203 2, 1, 5: 264 2, 1, 6: 188 2, 1, 7: 80, 215 2, 1, 7–22: 227
2, 1, 11: 199 2, 2, 1: 203 2, 2, 6: 182, 188 2, 2, 14: 203 2, 3, 19: 135 2, 3, 26–29: 261 2, 4, 1–2, 5, 42: 203 2, 4, 1–5: 124 2, 4, 1–5, 42: 308 2, 4, 8f.: 345 2, 4, 25: 86 2, 4, 27: 89, 133, 273 2, 5: 260 2, 5, 28: 264 2, 5, 31: 262 2, 5, 31f.: 262 2, 5, 31–42: 264 2, 5, 38: 262 2, 5, 40: 345 2, 6, 1: 182, 262 2, 6, 1–15: 182 2, 6, 4: 169 2, 6, 15: 181 2, 6, 21: 264 2, 6, 21–29: 264 2, 6, 22: 264 2, 6, 29: 264 2, 6, 38: 264 3, 1, 17: 222 3, 2, 2: 203 3, 2, 5: 203 3, 4, 13: 345 3, 5, 17: 345 4, 3, 4: 345 4, 4, 4: 64, 153, 198 4, 4, 4–6: 153 4, 4, 13: 123 5, 3, 7–12: 66 5, 5, 4: 189 5, 6, 24: 287 7, 5, 23: 338 7, 8, 25: 231, 287 hell. 1, 1, 23: 168 1, 3, 8–13: 287 1, 4, 3: 90, 109, 123 1, 6, 1–33: 300 1, 6, 7: 300
Stellenverzeichnis
2, 1, 8: 103 2, 1, 8f.: 87 2, 1, 13: 103, 192 2, 1, 21: 288 2, 1, 28f.: 286 3, 1, 1: 159f. 3, 1, 2: 67 3, 1, 3: 275 3, 1, 3f.: 277 3, 1, 4–7: 275 3, 1, 8: 278 3, 1, 8f.: 278 3, 1, 8–2, 21: 275 3, 1, 13: 127 3, 2, 12–20: 278 3, 2, 20: 277 3, 3, 8f.: 168 3, 4, 2: 275 3, 4, 2–4: 279 3, 4, 5: 277 3, 4, 24f.: 307, 309 3, 4, 25: 309 3, 4, 25f.: 124 3, 5, 1: 275, 281, 283 3, 5, 1f.: 280, 282 3, 5, 17: 282 4, 1, 11: 328 4, 1, 15: 287 4, 1, 17–19: 179 4, 1, 28: 253 4, 1, 29–38: 329 4, 1, 33: 133 4, 2, 1: 275 4, 2, 16f.: 282 4, 2, 17: 280 4, 3, 11f.: 290 4, 8, 1–3: 290 4, 8, 8: 290 4, 8, 9–12: 286 4, 8, 12–16: 153 4, 8, 12–17: 291 4, 8, 16: 287 4, 8, 17–19: 291 4, 8, 24: 291 5, 1, 6: 291 5, 1, 25: 291 5, 1, 28: 344 5, 1, 30f.: 153
5, 1, 31: 292 5, 2, 34: 168 5, 2, 35f.: 304 6, 4, 37: 66 6, 5, 3–22: 279 7, 1, 33: 305 7, 1, 33–37: 304f. 7, 1, 34–38: 305 7, 1, 38: 305 Kyr. 1, 3, 2: 155, 224f. 1, 3, 8: 152 1, 3, 9f.: 166 1, 3, 15: 167 1, 4, 7–15: 167 5, 1, 29: 354 5, 2, 25: 192 6, 3, 31: 193 6, 3, 33: 193 6, 4, 9: 354 7, 1, 30: 156 7, 4, 3f.: 320 7, 5, 53: 141 8, 1, 4: 225 8, 1, 23: 116 8, 1, 38: 329 8, 1f.: 276 8, 2, 8: 155 8, 2, 10–12: 217 8, 3, 10: 154 8, 3, 12–14: 226 8, 3, 13: 338 8, 3, 14: 84 8, 3, 19–23: 145 8, 6, 16: 218 8, 6, 22: 144 8, 7, 5–28: 105 8, 7, 11: 192 8, 8, 7: 276 8, 8, 14: 272 oik. 4, 7: 139 4, 19: 203 4, 20–25: 163 4, 24: 141 XP f: 107f. l: 101, 138, 235
405
406 Zenobios 4, 5: 244 Zonaras
Indizes
13, 5, 26: 258 Zosimos 2, 17, 1: 224
Namenverzeichnis : 85 Abrokomas: 134, 170, 184, 322 Achaimen(id)es: 251 Achaios: 223f., 250 Adusios: 320 Agathokles von Kyzikos: 143 Agbatana: 93, 254, siehe auch Ekbatana Agesilaos: 44, 48, 50, 66f., 124, 133, 149, 274f., 278–280, 283, 292–294, 301–304, 308, 329, 344 Agias: 262 Ahura Mazd¯a: 107, 117f., 121, 141f., 153, 166, 183, 223, 233, 245, 248, 273, 312, 353f. Aigospotamoi: 135, 286, 288 Alexander der Große: 11f., 14, 18, 35, 44, 46f., 60, 94, 103, 114, 120, 122, 127, 150, 179, 183, 207, 250, 277, 294, 314, 329, 337, 352 Alexandros von Pherai: 304f. Alkibiades: 14, 44, 135f., 287 Amasis: 342 Amestris Ehefrau Xerxes’ I.: 82, 89, 157, 251, 257, 314, 339, 345 Tochter Artaxerxes’ II.: 70f., 308, 313f., 332–335, 346 Tochter Dareios’ II.: 86, 101f. Ammonios: 4 Amytis: 157 An¯ahit¯a: 118–120, 221, 273, 314, 341, 344 : siehe An¯ahit¯a Anaitis, Anaxagoras: 285 Andia: 88, 271 Antalkidas: 150, 153, 268, 279, 282, 287, 290–295, 297, 299–304 Antiochos I. von Kommagene: 345, 354 Antiochos I.: 344 Antiochos III.: 223, 250 Apama Ehefrau Ptolemaios’ I.: 344 Mutter Antiochos’ I.: 344 Tochter Antiochos’ I.: 345
Tochter Artaxerxes’ II.: 288, 344– 346 Aphrodite: 118f. Arbakas: siehe Arbakes Arbakes Meder: 230–233 Satrap von Medien: 184, 231f. Arbupales: 335 Ar dv¯ı S¯ur¯a An¯ahit¯a: siehe An¯ahit¯a Arginusen: 300 Ariaios: 185, 188, 202f., 264f., 309, 331 Ariarathes: 334f., 356f. Ariaspes: 51, 101, 334f., 349, 355–357 Aridaios: 185 Ariobarzanes: 330 Aristoteles: 55, 58, 294, 302 Arpates: 323, 357f. Arrian: 46f., 55 Arsakas/Arsakes: siehe Arsikas Arsames: 323, 335, 355, 357 Arses Artaxerxes II.: 96, 98, 105, 211 Artaxerxes IV.: 98, 211, 337 Arsikas: 79, 93, 96–99, 108 Arsites: 88 Aršu: 83, 98 Artabazos: 153, 344 Artagerses: 46, 111, 184, 188, 190–194, 198, 209, 229, 231 Artapanos/Artabanos: 350 Artasyras: 213f., 216–219, 345 Artaxerxes I.: 82–84, 87f., 96, 107, 250, 287, 342 Artaxerxes II.: siehe passim Artaxerxes III.: 86, 89 Artaxerxes IV.: 98, 211, 337 Artaynte: 339 Artazostre: 158 Artemis: 118–120, 263, 341, 344 Artobazanes: 107 Artostes: 79, 91–94, 219, 253 Artoxares: 210 Aspadates: 210 Aspamithres: 350 Aspamitres: 239f., 243, 248–250
408
Indizes
Aspasia Ehefrau des Perikles: 20 Nebenfrau Artaxerxes’ II.: 332, 340f., 343f., 348 Astyages: 114, 225 Athen: 2, 4, 15, 20f., 24f., 66, 105, 123, 135, 277, 279, 282, 286, 288, 291–293, 300, 302, 304f., 321 Athene: 117–120, 314 Atossa: 309 Tochter Artaxerxes’ II.: 71, 270, 308–310, 313, 332f., 335, 341f., 346–348, 356 Tochter Kyros’ des Großen: 107f., 310 Auramazd¯a: siehe Ahura Mazd¯a Autoboisakes: 103 Autobulos Sohn Plutarchs: 4 Vater Plutarchs: 3 Autophradates: 127 Babylon: 55, 67, 88, 91, 97, 102, 118, 144–146, 177, 182f., 228f., 262, 266f., 271, 273, 286, 309 Bagapates: 74, 93, 210, 223, 230, 253– 255, 258 Bagoas: 210f., 273 Baktra: 118 Bardiya: 105 Belesys: 329 Belitaras: 267, 271 Beluris: 295, 306 Bessos: 97, 220, 224, 236, 250 Bisutun: 97, 107, 116, 147, 153, 236, 247, 312, 354, 357 Bukephalas/Bukephalos: 191 Bulis: 225f. Byzantion: 169 Candaules: 350 Chairon: 4 Chaironeia: 2–6, 19 Chalos: 133 Charon von Lampsakos: 71, 94 Cheirisophos: 68, 160, 189 Choaspes: 122, 144, 220 Damaskus: 118, 146
Dareiaios: siehe Dareios (Sohn Xerxes’ I.) Dareios Sohn Artaxerxes’ II.: 41, 50, 105, 154, 157, 251, 313, 332, 334– 337, 339–341, 347–349, 353, 355–357, 359 Sohn Xerxes’ I.: 87, 239, 250, 339, 350 Dareios I.: 56, 82f., 88, 97, 101f., 105– 108, 116–118, 121, 123, 138f., 146f., 152f., 158, 163, 166f., 193, 198, 223f., 233, 235f., 247, 250, 253, 310, 312, 325, 337, 343, 357 Dareios II.: 49, 52, 75, 83f., 86–90, 92, 98–100, 102–106, 109f., 118, 121, 123f., 134f., 189, 192, 202, 210, 213, 216, 287, 336, 342, 351, 359 Dareios III.: 44, 91, 94, 97, 145f., 167, 183, 211, 220, 250, 273, 325, 329 Daskyleion: 135f., 287, 328 Datames: 127, 318, 320f., 330, 351 Delphi: 2, 4–6 Demaratos: 100, 106–108, 130, 154, 310 Demetrios: 11, 41 Demokedes: 56f. Derkylidas/Derkyllidas: 274f., 278f. Dinon: 60–65, siehe auch passim Dintzic: 224 Diogenes Laertios: 18, 69f. Dionysios von Milet: 71 Ekbatana: 93, 118f., 144–146, 173, 328, 344 Entimos: 295f., 298, 305f. Epameinondas: 8, 10, 14, 302, 304 Ephesos: 4, 53, 188 Ephoros: 18, 53, 60, 94, 109, 135f., 159, 170, 173f., 177, 180, 185, 191, 204, 278, 320f., 359 Euagoras: 53, 85, 153, 220, 284–289, 291, 318 Eukleidas: 131, 149f., 299 Euphrat: 55, 97, 134, 170, 176, 183, 185, 264, 344 Eurymedon: 127
Namenverzeichnis
Fettammer: 272 Galba: 8, 15, 37–39 Gaugamela: 145, 183, 192, 207, 220, 330 Gaum¯ata: 116 Gigis: 62, 267f., 270–272 Ginge: 270–272 Glus/Glos: 153, 206, 331 Gobryas Mitverschwörer Dareios’ II.: 107f. Satrap unter Artaxerxes II.: 184 Granikos: 335 Gyges: 350 Hadrian: 2, 9 Hekataios von Milet: 53 Helios: 353f. Hellanikos von Lesbos: 71, 80 Hephaistion: 114 Hera: 120, 314f. Herakleides von Kyme: 34, 43, 51, 69–73, 76, 94, 100, 109, 127, 131f., 180, 191, 298f., 306, 308, 313f., 332–335, 340, 343f., 352f., 356 Herodot: 18, 35, 53–58, 60, 64, 80, 87, 296, siehe auch Stellenverzeichnis Hippokrates: 168 : siehe Ahura Horamazes/ Mazd¯a Hydarnes: 101f., 123 Inaros: 251, 257, 290 Iphikrates: 316–318, 321 Ismenias: 226, 294f., 297, 303–305 Issos: 145f., 160, 183, 344 Ištar: 118 Izabates: 210 Ka‘ba-i Zardušt: 114, 119, 150 Kadusier: 28, 39, 103, 153, 188, 190, 192f., 316–324, 327, 330, 336, 358 Kallikratidas: 299–301 Kambyses II.: 82 Kaunier: 200, 211f., 220, 228–231, 234, 249 Kelainai: 124, 309
409
Kimon: 15, 25, 27 Klearchos: 46, 73, 75, 160f., 169f., 180– 183, 185–189, 216, 234, 256, 260, 262–266, 268–270, 303 Kleitarch: 44, 60, 94 Knidos: 47f., 284, 286f., 290, 293 Kolossai: 124, 263, 309 Kondalos: 224 Konon: 48, 53, 131, 153, 266, 284–291, 300 Korinth: 5, 66, 279, 282, 290f. Koroneia: 66, 279 Kosmartidene: 87 Kotys: 321 Kroisos: 114 Ktesiarchos: 52 Ktesias: 52–59, siehe auch passim Ktesiochos: 52 Kunaxa: 12, 24, 35, 39, 43–46, 48, 50, 62f., 66–68, 75, 85, 91, 123, 153, 159f., 162, 169, 174, 177, 180, 182–184, 188, 191f., 202f., 208, 215, 226, 231, 238, 252, 254–256, 259–261, 264, 267–269, 274, 308, 322, 324, 331, 340 Kynoskephalai: 305 Kyros (Fluss): 95 Kyros der Jüngere: 32, 35, 39, 43, 45f., 62–67, 69, 73, 75, 86, 88– 91, 93, 95, 99–106, 108–113, 123, 125–128, 132–137, 154, 159–167, 169–171, 173–177, 179–187, 189–191, 193–214, 216, 218f., 222, 224, 228– 231, 233–236, 238–241, 243f., 247, 252f., 256f., 261, 263, 267, 269, 277, 287, 299f., 303, 308f., 311, 322, 329, 331, 338, 340, 345, 348, 353, 355, 359 Kyros II.: 82, 114 Kyzikos: 143, 149, 168 Lamprias Bruder Plutarchs: 3f. Großvater Plutarchs: 3 Sohn Plutarchs: 6 Leon: 290, 305
410
Indizes
Leonidas: 9, 299–301 Leuktra: 66, 279, 292, 294, 302–305 Longimanus: 83f., siehe auch Artaxerxes I. Lucullus: 17 Magabyxos: 157 Magnesia: 278f. : 83f. Makrocheir/ : siehe auch ArtaMakrocheir/ xerxes I. Mantineia: 66f., 302 Marsyas: 258 Masabates: 50, 74, 93, 223, 230, 236, 253– 256, 258, 269 Masistes: 154, 339 Mausolos: 224 Megabates: 253 Megaphernes: 135 Melantas: 62, 267f., 271f. Memnon: 329 Menon: 187, 262–265 Mestrius (L. Mestrius Florus): 5 Milet: 134 Milto: 340 Mindaros: 168 Mithra: 118, 129, 141f., 166, 208, 221, 354 Mithridates: 40, 50, 206, 208, 228, 230, 233, 235, 238f., 241–244, 247– 250 Mitradates: siehe Mithridates Mitraios: 103 Mnemon: 84, siehe auch Artaxerxes II. Molon: 250 Murgh¯ab: 114 Myser: 127, 135 Nanaia: 118 Naqš-i Rustam: 88, 114, 138, 150, 152, 163, 247 Nektanebos II.: 302 Nemea: 280, 282 Nemrud Da˘gı: 354 Nero: 1f., 47 Nikarchos Urgroßvater Plutarchs: 3 Vater Plutarchs: 3
Nikolaos von Damaskus: 53 Ninos: 53, 197 Nippur: 88 Nothos: siehe Dareios II. Oarses: 79, 97 Ochos: siehe Dareios II. oder Artaxerxes III. Omises: 128, 131, 139f., 143, 164, 297 Onesikritos: 152, 163 Onomastik: siehe Sachindex: Onomastik Oroites: 56 Orondes: siehe Orontas/Orontes Orontas/Orontes Fluss: 344 Schwiegersohn Artaxerxes’ II.: 136, 153, 217, 251, 317, 330, 345f. Sohn des Terituchmes: 219 Verwandter Artaxerxes’ II.: 135f., 345 Ortolan: 271 Ostanes: 79, 86, 91–94, 97, 132, 253, 298, 306 Otanes: 258 Otho: 8, 15, 37–39 Oxathres: 79, 86, 91–94, 97, 132, 253 Oxendras: 79, 91–94, 253 Paktolos: 124, 280, 307–309 Panthoidas: 169 Pariskas: 218f. Parmenion: 145f. Parnaka: 152 Parysatis: 39, 43, 45, 49f., 52, 57, 62, 73, 75, 84, 86–91, 93, 95, 99, 102, 104, 109, 125, 128, 133, 135, 137, 159, 164, 171f., 202, 207f., 211, 219, 223, 228, 230, 235f., 238–244, 247, 249, 252, 256–258, 260, 262, 266–271, 273, 288, 306f., 309, 311, 342f. Pasakas: 190–192, 219 Pasargadai: 95, 111, 114f., 118–120, 144f., 193, 328 Pedaritos: 290 Peisandros: 286, 290 Pelopidas: 294, 302–305 Perikles: 10, 15, 24f., 340
Namenverzeichnis
Persepolis: 106, 108, 114f., 118, 133, 138f., 141, 144f., 152, 154, 167, 178, 224f., 245, 247, 309, 319, 328, 343 Petesakas: 210 Phainias von Eresos: 34, 294–298, 305 Phalinos: 80, 104, 199, 215, 226f. Phallynos/Phalynos: siehe Phalinos Pharnabazos: 86, 126f., 133, 135f., 153, 179, 245, 275, 278, 280f., 284–288, 290f., 316–319, 321, 328f., 344, 346 Pharnakes: 350 Philistos: 12 Photios: 18, 36, 51–53, 58, 75, 104, siehe auch passim Pigres: 206 Pisider: 127, 170 Pissuthnes: 88, 123 Plutarch: siehe passim Sohn Plutarchs: 4 Pollion: 56, 197, 284 Polybios: 32, 54 Polykrates von Sikyon: 38 Polykritos von Mende: 71, 267, 285, 288f. Proxenos: 187, 262, 264 Pulv¯ar: 114 Pythagoras: 159 Razaundu: 317 Rhodogune: 217, 345f. Rhyntakes/Rhyndakes: 271f. Roxane: 102 Sakas: 152 Samios: 159f., 189 Samos: 159f., 189 Sardanapallos: 231, 243 Sardeis: 4, 56, 103, 118, 123, 130, 135, 146, 149, 153, 203, 279f., 287, 291f., 328, 352 Sargon II.: 231 Sataspes: 251 Satibarzanes: 213, 219f. Satiphernes: 202–204 Šattiuaza: 141 Sekyndianos: siehe Sogdianos/Sekyndianos
411
Semiramis: 53, 55, 61, 197, 354 Sinaites: 128f., 131, 139f., 143, 164 Sisamnes: 258 Skillus: 66 Smerdis: 223, 352 Sogdianos/Sekyndianos: 87, 350 Soklaros: 4 Sokrates: 262 Sosius (Q. Sosius Senecio): 5, 8f. Sparamizes: 235, 238, 243f., 247 Sperthias: 225f. Spitamenes: 344 Spithridates: 253 Stateira: 50, 74f., 80, 99–102, 157, 159, 161, 171f., 196, 249, 252, 254– 256, 259f., 267–271, 284–286, 288, 307, 311, 335f., 341 Struthas: 291 Šuppiluliuma I.: 141 Susa: 84, 88, 118, 144f., 303–305, 328 Tachos: 302, 358 Tamos: 159, 206 Tanaoxares: 105, 192 Teispes/Teispiden: 82, 96, 107, 193, 309 Tennes von Sidon: 329 Terituchmes: 101f., 208, 219 Thamneria: 103 Themistogenes: 67 Themistokles: 70, 84, 94, 130, 138, 157, 226, 297, 341 Theophrast: 17 Theopomp: 18, 56, 196, 245, 296, 299, 320f., 334 Thibron/Thimbron: 274f., 278, 291 Thukydides: 8, 12f., 16, 18, 24, 58, 67, 94 Thuys: 320 Timagoras: 294–298, 303–306 Timokrates: 275f., 279–283, 290, 306 Timon: 3 Timoxena: 4 Tiribazos: 39, 50, 63f., 86, 130f., 137, 153f., 173f., 177, 192, 195, 197f., 200, 229, 251, 287, 291f., 310, 313f., 316f., 320f., 323, 333–335, 337, 339, 341, 346–350, 352, 355, 357f. Tiridates: 114
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Indizes
Tissaphernes: 49f., 80, 86, 88, 106, 112, 123–125, 127f., 133–136, 153, 159, 169, 171, 184, 187f., 203, 215, 226, 229, 236, 256, 260– 262, 264, 275, 278–280, 307– 309, 331 Tithraustes: 152, 275, 280f., 309 Traian: 2, 5, 8, 46 Tralleis: 82, 278 Tyraion/Tyriaion: 212 Udiastes: 208 Umasu/Umakuš: 87f., siehe auch Dareios II./Artaxerxes III.
Xenophon: 18, 58, 65–69, siehe auch passim Xerxes I.: 55, 82, 84, 87, 100f., 105–108, 138, 141, 146, 167, 210, 235, 239, 250f., 254, 276, 287, 310, 314, 339, 343, 345, 350–352 Xerxes II.: 84, 87, 166, 350
Zarathuštra: 114, 117 Zenon der Kreter: 285, 288 Zenophanes: 340 Zindan-i Sulaiman: 114f., 119
Sachverzeichnis Addition (Harmonisierung): 262, 319f. Alkohol: 140, 144, 166f., 241, 244 Anekdote: 12, 17, 20, 25f., 35, 44, 71, 100, 126, 128–131, 139f., 143f., 154, 164, 217, 219f., 226, 252, 283, 289, 294, 297–299, 304, 306, 340 Anekdotenkompendium: 20, 73, 129, 131f., 136, 142, 220, 226, 231, 275, 283, 297, 299, 301, 340 Antalkidasfriede: 45, 47f., 85, 153, 274, 277, 279, 284, 291–293, 301f., 321, 344 Apisstier: 60, 358 Apophthegma: 35, 129f., 157, 283, 301 Archiv (königliches): 54f., 57 Archontat: 6, 282 , Arete: 15, 40 arta/r.ta: 81, 235, 247–249 Astronomische Texte: 83, 87, 96f., 317, 320–322, 336 : siehe Unsterbliche Attentat: 49, 51, 90f., 111–113, 123, 125f., 161f., 256, 267, 336f., 349–351 Aufstand: siehe Rebellion Auge des Königs: 213, 217f., 345 Autopsie: 4, 21, 31, 54, 57, 61, 64, 74, 194, 197, 204, 207, 221, 266, 311 Avesta: 82, 141, 265 Begraben (lebendig): 345 Belohnung: 50, 56, 102, 137f., 140, 143, 167, 200, 220, 228f., 231, 233– 235, 238 Bewährung im Kampf/auf der Jagd: 101, 167, 183f., 198 Bibliothek: 19f. Bogen: 101, 122, 149, 188, 233, 283, 325 Boiotischer Krieg: siehe Korinthischer Krieg Brief: 128, 159f., 168, 199, 284f., 288f. Chiliarch: 150–152, 218, 309 Chrie: 129
Chroniken: 83, 96 compression: 22, 43, 110, 303, 316 conflation: 22, 43 Dareikos: 143, 146–149, 170, 257, 283, 306, 325 Dekadenz: 47, 85f., 90, 144, 211, 257, 263, 269, 274, 276f., 306, 315, 324f., 343, 349 Designation: 75, 99f., 103–106, 109f., 121, 139 dictum: 130, 156 displacement: 22, 43, 100, 108, 110 Distribution: 132, 140 Dolmetscher: 23, 175, 206, 226 Drachme: 323 drauga: 233, 235, 244, 247–249, 312, 354, siehe Lüge Dreizahl: 199 Dyarchie: 106, 323 Eifersucht: 41, 157, 341 Elektron: 147, 149 Eloge: 165 Emendatio: 52, 93, 227 Enkomion: 100, 163 Enthaupten: 235, 249, 251, 309 Ephoren: 159f., 189, 278f., 282f., 301 :6 Epistoleus: 168 : siehe Wohltäter Eunuch: 74, 104, 209–211, 213, 218– 220, 223, 230, 236, 238f., 241, 243f., 247–250, 252f., 255– 258, 271, 276, 349f. expansion: 23, 56, 65, 197, 199 Fackel: 205, 219, 222 Farnah: siehe Glücksglanz Feuer (Heiliges): 114, 116, 119 Flügelscheibe: 245f. Folter: 139, 171, 235f., 248f., 272 ): Frau des Königs ( 101, 310f., 335, 339, 342 Freunde des Großkönigs: 139, 156, 163, 198
414
Indizes
Gabe: 137–140, 143, 155f., 220, 228, 235, 240, 243, 295f., 298f., 321, 332 Gärtner: 144, 163, 329 Garten: siehe Paradeisos G¯a a¯ : 82 Gedächtnis: 20 Gesandtschaft: 5, 80, 104, 149, 160, 215, 294, 303, 305, 307 Geschenk: siehe Gabe Glücksglanz: 204, 244–246, 287 Gottesgnadentum: 121, 183, 226, 312 Granatapfel: 140f., 352 Haartracht: 224f. Häuten: 257f., 353 Hahn: 200 Harem: 54, 61, 69, 210, 269, 342–344 Harmonisierung: 31–33, 92, 136, 205f., 230, 242, 262, 269, 319f., 359 haz¯arapatiš: 150–152, 352 Helmschmuck: 200 Hierothesion: 354 Hinrichtung: 41, 50f., 99f., 102, 124, 135, 139, 153, 169, 171, 208, 224, 233, 236, 238–242, 244, 247– 252, 260, 262–266, 268–270, 272, 295, 304f., 307, 338, 349, 353, 356 Hof (der Satrapen): 133 Hof (großköniglicher): 44, 52, 54, 56, 69, 76, 89, 106, 146, 162, 164, 210, 257, 263, 274, 314, 330, 342 : siehe Tischgenossen : siehe Tischgenossen Hoplit: 24, 106, 136, 160, 179, 184, 186, 189, 191, 212, 263 Illoyalität: 102, 139, 163, 251 In-die-Asche-werfen: 251 Individualname: 79, 82f., 91f., 94, 96f., 108, 161, 336 Initiation: siehe Übergangs- und Trennungsriten; Investitur Inschrift (großkönigliche): 84, 88, 96f., 101, 106–108, 116f., 119, 137f., 141, 149f., 152f., 166, 193, 235f., 245, 247, 312, 325, 351, 354, 357
Intention: 10–15 Interpolation: 194, 196, 204f., 229, 244 Inthronisation: 104, 111, 114, 119–122, 344 Intrige: 54, 57, 61, 69, 103f., 109, 269, 276, 309, 343 Investitur: 49, 116, 119–122 Inzest: 71, 103, 308, 310f., 313f., 332f., 341f., 346 Jagd: 101, 163, 167, 183, 198, 322, 328f., 343, 351 Kadusierfeldzug: 28, 39, 316, 318–322, 324, 327, 330, 358 Kandys: 154f. Kapithe: 322 Karanos: 90f., 104, 108, 110, 113, 123, 125, 153, 189, 234, 303 Karyatiden: 263 Kastration: 209f. Keilschrift: 88, 133, 354 Kitaris: 122, 149, 337–339 Köcher: 325 Königsfriede: siehe Antalkidasfriede Königsstraße: 326–328 Köpfen: siehe auch Enthaupten , Konkubine: siehe Kontamination: 17, 86, 174, 223, 230, 255, 281, 324, 335 Korinthischer Krieg: 48, 149, 274, 278– 282, 286, 291f., 304, 306, 321 Kotyle: 220f. Krönung, Krönungszeremoniell: 94, 96, 111–113, 120–122, 126, 156 Krypteia: 121 Kryptographie: 168f. Kyrbasia: 124, 337f. Kyroszylinder: 193 Lampriaskatalog: 6–8, 37, 46 Langsamkeit: siehe Lanze: 122, 141, 149, 151, 194, 352 Legitimation: 84, 101, 107, 147, 162, 165, 167, 183, 193, 244, 247, 249, 310, 312 Leishmaniose: 314 Leitbild: 11, 23, 38–43, 324 Lepra: 314
415
Sachverzeichnis
Lotusblüte: 122 Loyalität: 102, 137f., 163, 200, 233, 235 Lüge: 23, 52, 54, 80, 165, 215f., 227f., 232–235, 238, 243f., 247–250, 264, 312 Märchen: 61, 199, 256, 339 Magier: 115–117, 121, 165f., 311, 350 m¯ar šarri: 105 Mauer Lange: 286, 291 Medische: 176 Medismos: 301f., 304 : 40, 126, 156, 324, 327 Messias: 193 Metonomasie: 83, 96, 108, 336 Milch: 121, 140 Mine: 170, 237 Mulden: 40, 238–240, 248–251, 353 Murašû: VIII, 87–89, 133, 273 ): Mutter des Königs ( 89f., 309 , Nebenfrau: siehe : 86, 323, 335, 349, 357 Obolos: 149, 322f. occasio: 130 Ohr des Königs: 217f. Onomastik Amestris: 313 Apama: 345 Arbakes: 231 Ariaios: 202 Ariarathes: 356 Ariaspes: 356 Arsames: 357 Arses: 97f. Arsikas: 98 Artagerses: 193 Artasyras: 216 Artaxerxes: 81f. Atossa: 309 Bagapates: 253–255 Belitaras: 271 Dareios: 87 Gigis/Ginge: 270f. Kyros: 94–96 Masabates: 253–255
Melantas: 271 Mitradates: 142, 207f., 254 Oarses: 97f. Ochos: 87 Orontas/Orontes: 345 Ostanes: 94 Oxathres: 94 Pariskas: 218 Parysatis: 88 Pharnabazos: 287 Rhodogune: 345 Satibarzanes: 219 Satiphernes: 203 Sparamizes: 243 Tiribazos: 153 Tissaphernes: 123 Xerxes: 107 Orgyia: 176f. : siehe Wohltäter Oxosschatz: 155, 338 ,
: 146, 332, 340, 342f., 350 Palmen: 73, 265f. Papponymie: 98 Papyrus: 25, 175 Paradeisos: 40, 114, 327–330 Parasangen: 68, 176, 188f. Park/Parkanlage: siehe Paradeisos Partherkriege: 46–48, 192 Peltast: 184f., 263, 321 Perücke: 225 Pfählen: 249–251, 257f., 262, 353 Phalanx: 178f., 186, 188, 191 : siehe Freunde des Großkönigs , Physis: 41 Pistazien: 121–123 Plagiat: 56, 197, 284 Plethra: 177, 326 Plutarchisches Paradoxon: 16, 29f., 175 (Fuß, Längenmaß): 176f., 326 Polygamie: 209, 342 Polytheismus: 117 Porphyrogennetos: siehe Purpurgeburt Porträtmünze: 124 Primogenitur: 106, 335, 357 Privatname: siehe Individualname
416
Indizes
Propaganda: 63, 65, 113, 162, 165–168, 197, 199f., 266, 280, 285 Proskynese: 152, 206, 225f., 295, 304f., 314f. provocatio: 130 Proxenie: 6, 66 Purpurgeburt: 85, 90, 106, 108, 357
Karien: 127, 134, 171 Lydien: 56, 90, 104, 109, 123, 125, 287 Lykien: 127 Medien: 184, 192, 231 Pamphylien: 127 Paphlagonien: 318 Phoinikien: 134, 170 Qualitäten (herrscherliche): 101, 137, 165– Phrygien: 104, 124, 127, 203 168, 183, 198 Transeuphratene: 184 Satteldecke: 207–209, 233, 238, 240f., Rebellion: 57, 82, 88, 102, 107, 113, 123, 244 127, 132, 134, 218, 249–251, Schatzhausrelief: 151f., 225 262, 290, 299, 318, 331, 334f., Schinden: siehe Häuten 339, 347f., 353 Schmuck: 139, 141, 155, 243, 245, 325 Rechtsprechung: 90, 171, 251, 260, 341f., Sichelwagen: 175, 178f., 184f., 188 349, 352f. Siglos: 149, 322 reductio: 197 Skytale: 168f., 189 Regalia: 122, 131 Sondervita: 37–49 Reichsstraßen: 327f. Speer: 101, 192, 195, 198f., 234 Reichtum: 42, 133, 155f., 315 Stadion (Längenmaß): 176f., 182, 188f., Reisekönigtum: 144–146, 273 288, 315, 326 Residenzen: 48, 114, 120, 144f., 153, 158, Stathmoi: 68 273, 276, 287 Strafen: 222–224, 232f., 236f., 239f., 248– Richter (königliche): 251, 258, 310, 342, 251, 257f., 272f., 345, 353 352f. Streitwagen: 178f. rite de passage: siehe Übergangs- und suppression: 22, 43 Trennungsriten; Krönung; InveSynarchie: siehe Dyarchie stitur : siehe Tischgenossen ša r¯eši: 210 Satrap: 56, 85, 88, 91, 104, 108–110, 113, 123f., 127, 132–135, 153, 170, 184–186, 198, 203, 217f., 220, 226, 231, 278, 281, 287, 290, 309, 318, 321, 329–331, 337, 345 Satrapenaufstand: 85, 330 Satrapenmünze: 124, 147 Satrapie: 104f., 218 Areia: 220 Armenien: 192, 217, 345 Babylonien: 184 Baktrien: 95 Gand¯ara: 95 Großphrygien: 90, 109, 125 Hellespontisches Phrygien: 135f., 287, 328 Kappadokien: 90, 104, 109, 125
Tafel des Großkönigs: 121, 127, 131f., 139, 146, 156, 210, 272, 295f., 305f., 323 Tafel des Satrapen: 132f. : 133 Talent: 283 :6 Telmarchie; Tendenz (proköniglich): 62–65, 197, 199, 267f. Terebinthe: 122f. Thronfolge: 96, 103–108, 111, 332, 334 Thronname: 82f. Artaxerxes: 81 Dareios: 87 Xerxes: 107 Tiara: 122, 130, 206f., 209, 337–339 Tischgenossen: 156, 297, 305 transfer: 23, 43, 75, 160f., 189
Sachverzeichnis
Tribut: 133f., 139f., 147, 218, 284, 328 Tröge: siehe Mulden : 139 Übergangs- und Trennungsriten: 120–122 Überlieferungsvulgata: 17 unebenbürtig: siehe Unsterbliche: 151, 352 Verschwörung: 57, 154, 210, 349, 351, 357 Verstümmelung: 214, 222–224, 250, 252, 264, 353, siehe auch Strafen Verteidigungsgraben: 174–177 Vid¯evd¯at: 265
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Volksetymologie: 82 Würfel: 74, 252, 256f. Wagen: 157, 178f., 187, 341 Wasser: 117f., 128, 143f., 146, 176, 220, 228f., 231, 234, 292, 329 Wein: 140, 144, 166, 241, 244 Wohltäter: 138, 156 Wunsch: 130, 154, 334, 339–341, 344, 347 Yazata: 141 Zoroastrismus: 82, 116f., 200f.