MATTHIAS KONRADT
Israel, Kirche und die Völker im Matthäusevangelium
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 215
Mohr Siebeck
Matthias Konradt untersucht das für das theologische Verständnis des Matthäusevangeliums zentrale Problem, worin der Übergang des vorösterlich auf Israel konzentrierten Wirkens Jesu und seiner Jünger zur universalen nachösterlichen Mission begründet ist und wie sich die Bildung der Kirche zur Rolle Israels als Volk Gottes in der matthäischen Konzeption verhält. Der Autor setzt sich detailliert mit der traditionellen Deutung, dass Matthäus einer Ablösung Israels durch die Kirche und der Israelmission durch die Völkerrnission das Wort rede, auseinander. Er zeigt, dass die Heilszuwendung zu Israel und die universale Dimension des Heils über die narrative Konzeption vermittelt sind, in der Matthäus die messianische Identität Jesu als Sohn Davids und Sohn Gottes entfaltet, und die Kirche nicht als neues oder wahres Israel aufgefasst wird.
Im Zuge einer kritischen Auseinandersetzung mit der traditionellen Deutung des Matthäusevangeliums, dass der Evangelist einer Ablösung Israels durch die Kirche bzw. die Völker das Wort rede, entwickelt Matthias Konradt eine differenzierte Sicht über das Verhältnis von Israel, Kirche und Völkerwelt in der matthäischen Theologie.
ISBN 978-3-16-149331-7
Mohr Siebeck
Wissenschaftliche Untersuchungen zum N euen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey Mitherausgeber / Assoeiate Editors Friedrieh Avemarie (Marburg) Judith Gundry-Volf (New Haven, CT) Hans-Josef Klauek (Chieago, IL)
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Matthias Konradt
Israel, Kirche und die Völker im Matthäusevangelium
Mohr Siebeck
MATTHlAS KONRADT, geboren 1967; Studium der Evangelischen Theologie in Bochum und Heidelberg; 1996 Promotion; 1999 Ordination; 2002 Habilitation; ordentlicher Professor für Neues Testament an der Universität Bern.
ISBN 978-3-16-149331-7 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungs beständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ot1ersweier gebunden.
Vorwort Das vorliegende Buch hat eine lange Entstehungsgeschichte. Seine Anfänge reichen zurück bis zu der "Hausarbeit", die ich im Herbst 1992 zum Thema "Israel und die Heilsgeschichte nach dem Matthäusevangelium" im ersten theologischen Examen der Evangelischen Kirche von Westfalen anzufertigen hatte. Von da an hat mich das Thema "Israel im Matthäusevangelium" und die Arbeit an diesem Buch kontinuierlich begleitet, zunächst nur in zweiter Reihe während meiner Assistenzzeit in Heidelberg bei Prof. Dr. Christoph Burchard, in der von 1993 bis 1996 meine Dissertation zum Jakobusbrief entstand, dann intensiver während des Vikariats von 1996 bis 1999 in Bochum. Von dem Vorhaben, die Studie zur Habilitationsschrift auszubauen, bin ich abgekommen, als Prof. Dr. Michael W olter (Bonn) mir die Mitarbeit an einem von ihm mitinitiierten Sonderforschungsbereich ermöglichte, in deren Zusammenhang ich von 1999 bis 2002 meine Habilitationsschrift zur Gerichtsthematik bei Paulus anfertigte. Die Planung, direkt im Anschluss zügig auch das Matthäusbuch fertigzustellen, ist mir auf erfreuliche Weise durch den im Herbst 2002 erfolgten Ruf nach Bern durchkreuzt worden. Zu Beginn der Arbeit am Matthäusevangelium habe ich durch die Studien von Andrew Overman und Anthony Saldarini wichtige Anregungen erhalten. Im Laufe der Jahre, in denen ich mal mehr, mal weniger an diesem Buch gearbeitet habe, sind verschiedene Studien erschienen, die in wichtigen Teilbereichen meines Gesamtthemas ähnliche Interpretationsperspektiven entwickelten und weitere Überlegungen inspirierten. Zugleich sah ich die Aufgabe, die theologische Konzeption des Evangelisten zu analysieren, die das Verhältnis von Mt 10,5fund 28,19 zueinander verstehen lässt und das Verhältnis der ecclesia zu Israel zu bestimmen sucht, als nach wie vor nicht erledigt an. Sehr profitiert habe ich bei meiner Einarbeitung in die matthäi sehe Theologie von den (in mehrfacher Hinsicht) großen Kommentaren von Ulrich Luz sowie von Dale C. Allison und W.D. Davies. Ich bin an vielen Punkten anderer Meinung (sonst hätte ich dieses Buch nicht geschrieben), doch ändert dies nichts daran, dass ich von diesen Kommentaren sehr viel gelernt habe - auch dort, wo ich meine, andere Wege beschreiten zu müssen. Im weiteren Sinn stehen die Genannten nur exemplarisch für den Kreis derer, die mit ihren Arbeiten zum Matthäusevangelium meine eigenen Studien bereicherten. Dass diese Studie nun abgeschlossen werden konnte, verdanke ich der engagierten und vorzüglichen Arbeit einer Reihe von Personen, denen ich an dieser Stelle von Herzen danken möchte. Delia Richner und Esther Schläpfer haben mit viel Einsatz, Umsicht und Sorgfalt das gesamte Buch Korrektur gelesen und zahlreiche Verbesserungen vorgeschlagen; beide waren mir fer-
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Vorwort
ner bei der Anfertigung und Korrektur des Literaturverzeichnisses behilflich. Esther Schläpfer hat sich zudem der Mühe unterzogen, die Verweise auf Quellentexte zu überprüfen; sie war mir überdies bei der Erstellung der Druckvorlage eine unschätzbare Hilfe. Roman Häfliger und Christine Rosin haben mir große Dienste bei der Beschaffung der Literatur geleistet. Zu danken habe ich in dieser Hinsicht auch den Bibliothekaren der Theologischen Fakultät in Bern, Martin Fischer und Eduard Wälchli, die bei schwierigen Fällen stets hilfreich zur Seite standen. Christine Rosin hat das Stellen- und Personenregister, Johanna Hess das Sachregister erstellt. Die äußerst angenehme Zusammenarbeit mit den Genannten in den vergangenen Jahren hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Freude an der Erarbeitung der Monographie nie verloren ging. Prof. Dr. Ulrich Luz und Johanna Hess danke ich fiir konstruktiv-kontroverse Gespräche zur Auslegung des Matthäusevangeliums, der Universität Bern für die Gewährung eines Forschungssemesters im WS 2006/07, das die Fertigstellung der Studie entscheidend befördert hat. Mein Dank gilt ferner Prof. Dr. Jörg Frey fiir die Aufuahme der Monographie in die WUNT-Reihe sowie Dr. Henning Ziebritzki und Ilse König fiir die freundliche und professionelle Betreuung des Buches im Verlag Mohr Siebeck.
Bern, im Juli 2007
Matthias Konradt
Inhaltsverzeichnis
F onnale Hinweise ................................................................................... XI Kapitell Einleitung .................................................................................................. 1 Kapitel 2 Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel ....... ...... 17 2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels ................................ 18 2.1.1 Der Gottessohn als Davidssohn ............................................. 24 2.1.1.1 Die Einführung der Davidssohnschaft in Mt 1 ......... 24 2.1.1.2 Die Frage nach der Sohnschaft des Messias in 22,41-46 ................................................................... 31 2.1.2 Der davidische Messias als Hirte Israels ................................ 33 2.1.3 Der heilende Davidssohn ...................................................... .41 2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der matthäischen Jesusgeschichte ................................................................................. 52 2.2.1 Die Darstellung des Wirkens Jesu in Mt 4,23-9,35 .............. 52 2.2.2 Die Bearbeitung der Markusvorlage in Mt 15,29-31 ............ 56 2.2.3 Das Wirken Jesu an ,Heiden' ................................................ 59 2.2.3.1 Die beiden besessenen Gadarener (Mt 8,28-34) ....... 59 2.2.3.2 Die kanaanäische Frau (Mt 15,21-28) ...................... 63 2.2.3.3 Der Hauptmann von Kapemaum (Mt 8,5-13) .......... 70 2.2.3.4 Zusammenfassung .................................................... 80 2.3 Die Sendung der Jünger zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" in Mt 10 ................................................................................. 81 2.4 Zusammenfassung ............................................................................. 93 Kapitel 3 Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel ............... ................................. 95 3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion .............................. 96 3.1.1 Die Reaktion der Volksmengen bis zur Passion .................... 96 3.1.2 Die Gegnerschaft gegen Jesus bis zur Passion .................... 108 3.1.2.1 Die Exposition der Konfliktthematik im Prolog (Mt 1,1-4,16) ......................................................... 110
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Inhaltsverzeichnis
3.1.2.2 Die Konfliktthematik innerhalb der grundlegenden Präsentation des Wirkens Jesu (und seiner Jünger) inMt4,17-11,1 ...................................................... 115 3.1.2.3 Die Zuspitzung des Konflikts in Mt 11,2-16,20 ...... 118 3.1.2.4 Die Ankündigung des Leidens in Mt 16,21-20,34 .. 131 3.1.2.5 Die Auseinandersetzung zwischen Jesus und den Autoritäten in Jerusalem in Mt 21-23 .................... 133 3.1.3 Zwischenresümee: Die Konfiguration des Konflikts und die Darstellung der Gegner Jesu im Matthäusevangelium ........ 146 3.2 Die Passion ..................................................................................... 151 3.3 Zusammenfassung ........................................................................... 180 Kapitel 4 Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken ........................... 181 4.1 Die Parabeltrilogie .......................................................................... 182 4.1.1 Hinführung .......................................................................... 182 4.1.2 Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (Mt 21,28-32) ... 184 4.1.3 Das Winzergleichnis (Mt 21,33-46) .................................... 187 4.1.4 Das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (Mt 22,1-14) ........................................................................ 209 4.2 "Viele von Osten und Westen" und "die Söhne des Reiches" (Mt8,11f) ....................................................................................... 218 4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht" und die Weherufe gegen galiläische Städte ............................................................................. 224 4.3.1 Das Gleichnis von den spielenden Kindern und die Weherufe gegen galiläische Städte in Mt 11,16-19.20-24 ........... 226 4.3.2 Die Zeichenforderung des bösen und ehebrecherischen Geschlechts in Mt 12,38-45; 16,1-4· ................................... 236 4.3.3 Die Gerichtsansage gegen "dieses Geschlecht" in Mt 23,34-36 ........................................................................ 243 4.3.4 Die weiteren Belege der Rede von "diesem Geschlecht" in Mt 17,17 und 24,34 ............................................................. 258 4.4 Die Rede in Gleichnissen und das Unverständnis der Volksmengen in Mt 13,3-23 .................................................................................. 263 4.5 Das "Richten" der zwölf Stämme Israels in Mt 19,28 ..................... 278 4.6 Zusammenfassung ........................................................................... 283 Kapitel 5 Israel und die Völker .............................................................................. 285 5.1 Die universale Dimension der matthäischen Jesusgeschichte vor 28, 16-20 ......................................................................................... 286
Inhaltsverzeichnis
IX
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 .................................................................................... 303 5.2.1 Die universale Vollmacht des Auferstandenen ..................... 303 5.2.2 Die narrative Entfaltung der Gottessohnschaft Jesu im Matthäusevangelium ........................................................... 307 5.2.2.1 Die Exposition der Gottessohnschaft Jesu im Prolog (Mt 1,1-4,16) ................................................... 308 5.2.2.2 Die Gottessohnschaft Jesu in Mt 4,17-20,34 .......... 312 5.2.2.3 Die Passion und Erhöhung des Gottessohns ............ 319 5.3 Der Messias als Davids- und Gottessohn und die Zuwendung zu Israel und zu den Völkern in der matthäischen Erzählkonzeption ... 329 5.4 Das Verhältnis von Völkermission (28,19) und Sendung zu Israel (10,6) .............................................................................................. 334 5.5 Zusammenfassung ........................................................................... 347 Kapitel 6 Israel und die Kirche .............................................................................. 349 6.1 Die missionarische Grunddimension in der matthäischen Ekklesiologie ................................................................................... 350 6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes? ............................... 354 6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia ..................... 369 6.4 Zusammenfassung ........................................................................... 376 Kapitel 7 Erwägungen zur Situation der matthäischen Gemeinde ......................... 379 Kapitel 8 Resümee ................................................................................................ 393 Literaturverzeichnis .............................................................................. 407 Stellenregister ....................................................................................... 457 Autoren- und Autorinnenregister ........................................................... 479 Sachregister ........................................................................................... 484
Formale Hinweise In den Anmerkungen werden durchgehend Kurztitel verwendet; die vollständigen bibliographischen Angaben sind dem Literaturverzeichnis zu entnehmen. Kommentare werden nur mit Verfasser und Kürzel des biblischen oder außerkanonischen Buches angegeben. Bei mehrbändigen Werken gibt eine römische Ziffer die Bandzahl an (also z.B. Luz, Mt II). Im Literaturverzeichnis werden Kommentare zum Matthäusevangelium gesondert aufgeführt. Ähnliches wie für Kommentare gilt ftir Textausgaben aus der Reihe JSHRZ. Verfasser und Kürzel des jeweiligen Buches sind hier jedoch noch um den Zusatz "JSHRZ" ergänzt, um Verwechslungen mit Kommentaren zu vermeiden. Bei ThWNT-Artikeln mit mehreren Verfassern werden die für den zitierten Abschnitt nicht verantwortlichen Autoren in Klammem gesetzt. Die Abkürzungen jüdisch-hellenistischer Literatur folgen dem von Christfried Böttrich in Zusammenarbeit mit Roland Deines, Jens Herzer, Matthias Konradt und Karl-Wilhelm Niebuhr für das Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (CJHNT) erarbeiteten Abkürzungsverzeichnis, das erstmals abgedruckt ist in: Philo und das Neue Testament. Wechselseitige Wahrnehmungen. I. Internationales Symposium zum Corpus Judaeo-Hellenisticum 1.4. Mai 2003, Eisenach/Jena, hg. v. R. Deines und K.-W. Niebuhr, WUNT 172, Tübingen 2004, XI-XVI. Abkürzungen richten sich nach: S.M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, 2., überarb. und erw. Aufl., Berlin - New York 1992, ergänzt durch: Abkürzungen Theologie und Religionswissenschaften nach RGG4 , hg. v. der Redaktion der RGG4 , Tübingen 2007.
Kapitell
Einleitung Fragt man nach der theologischen Konzeption, die Matthäus bei seiner Neuerzählung der Jesusgeschichte geleitet hat, zeigt sich als ein zentrales Interpretationsproblem, wie die Entwicklung von der in Mt 15,24 programmatisch formulierten Ausrichtung des Wirkens Jesu auf Israel und von dem diesem korrespondierenden Auftrag an seine Jünger in 10,6 zum universalen Missionsbefehl in 28,18b-20 zu deuten ist!. Wie sind Israelkonzentration einerseits und Universalismus andererseits in der theologischen Konzeption des ersten Evangelisten miteinander vermittelt? Ein geläufiges Lösungsmodell sieht 28,19 als Antwort auf die kollektive (oder zumindest weitgehende) Ablehnung, die Jesus (am Ende) in Israel erfahren habe 2 . Jesu Wirken stoße vor allem bei den führenden Kräften des Volkes auf erbitterten Widerstand, dem sich bei der Kreuzigung das ganze Volk anschließe. Der Verurteilungsszene in 27,24f wird in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zugewiesen3: Indem Matthäus lTiXe; 0 Äaoe; rufen lasse: "Sein Blut über uns und unsere Kinder", werde Israel als Ganzes mit der Schuld am Tod Jesu behaftet. Die Funktion der Israelkonzentration des Wirkens Jesu kann dann darin gesehen werden, die Messianität 1 Vgl. CUVILLIER, Particularisme, 481-489 mit einem exemplarischen Überblick über die in der Forschung vertretenen Hypothesen zur Erklärung des Verhältnisses der beiden Aussagen zueinander. 2 Siehe Luz, Mt 15,92: "Das Matthäusevangelium erzählt ... , wie es dazu kam, daß der größte Teil Israels am Schluß Jesus ablehnt (vgl. 28,11-15). Die Antwort darauf ist der Befehl des Auferstandenen an die Jünger, ,alle Völker' zu Jüngern zu machen (28,1620)." Siehe ferner z.B. Luz, Mt II, 278; GNILKA, Mt I, 362f; Mt II, 381; LUCK, Mt, 126; TRILLING, Israel, 105; BORNKAMM, Der Auferstandene, 300; WALKER, Heilsgeschichte, 9; MCCONNELL, Law, 159; BEARE, Mission, 9; LANGE, Erscheinen, 248.488f u.ö.; GASTON, Messiah, 32f; HARE/HARRINGTON, Disciples, 367; HARE, Rejection, 39f; SENIOR, Passion of Jesus, 122 (vgl. SENIOR, Passion Narrative, 260); VERSEPUT, Rejecti on, 264; HÜBNER, Israel, 385; BROER, Antijudaismus, 340 (vgl. BROER, Verhältnis, 10); MATERA, Plot, 243.252f; GARBE, Hirte, 59.150.212f; PAUL, Texte, 306.309; SPARKS, Gospel, 655f sowie MEIER, Vision, 180: "The death of Jesus, the result of Israel's total rejection of its Messiah, frees the church for its mission to all the nations." J Siehe in der neu esten Literatur z.B. PAUL, Texte, 94f.304f ("Schlüsselstelle für die mt Konfliktgeschichte zwischen Jesus und Israel" [94]). Weiteres unten Kap. 3.2, S. 169, Anm.382.
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Kap. 1: Einleitung
Jesu zu bezeugen4 und die Schuld Israels hervorzuheben. "Damit Israel unentschuldbar sei und seine Schuld eindeutig festgestellt werden könne, muß Jesus nur zu ihm gesandt sein"s. Die Auseinandersetzung Jesu mit den Autoritäten in Mt 21-23 wird als finale Abrechnung mit Israel gedeutet6 . Untervarianten ergeben sich hier insofern, als die Konsequenz dieser Ablehnung unterschiedlich bestimmt werden kann. Einige Ausleger sehen diese in der definitiven Verwerfung Israels 7 , die sich im Endgericht in der eschatologischen Verdammnis dokumentieren werde 8 • Texte wie das Doppellogion von den auf die ,Heiden' gedeuteten ,,vielen aus Osten und Westen", die sich mit den Stammvätern Israels zu Tische legen werden, auf der einen Seite und den auf Israel bezogenen "Söhnen des Reiches", die in die äußerste Finsternis hinaus gestoßen werden, auf der anderen (8,11f) oder die Worte gegen "dieses Geschlecht" in 11,16-19; 12,38-45; 16,1-4 sowie, mit der Klage über Jerusalem verbunden, in 23,29-39 werden häufig als Belege für diese These beigebracht. Andere tendieren dagegen dahin, die Konsequenz eher allein in dem Verlust der heilsgeschichtlichen Prärogative Israels im Sinne der Nivellierung der früheren Differenz zu den ,Heiden' zu sehen: Israel verliere seine Sonderstellung und stehe fortan mit den übrigen Völkern auf einer Stufe 9 . Unter der Voraussetzung, dass 1O,5f durch 28,19 revoziert wird, lässt sich die Differenz zwischen diesen beiden Untervarianten anhand der Alternative erfassen, ob man in E9vT) exkludiert sieht oder 1Tlxvm ,IX E9vT) inklusiv 28,19 Israel in 1TlXV,IX
nx
Siehe z.B. MARGUERAT, Jugement, 395. TRILLING, Israel, 105. Siehe ferner z.B. WALKER, Heilsgeschichte, 62f; HARE, Theme, 151; VÖGTLE, Anliegen, 265; COOK, Passages, 140-143; ANNO, Mission, 342; GARBE, Hirte, 209. 6 Siehe exemplarisch Luz, Perspektive, 244 (,,21,1 - 25,46 schildert Jesu große Abrechnung mit dem ungläubigen Israel in Gleichnissen, Streitgesprächen und durch die große Weherede, die mit Jesu Auszug aus dem Tempel endet.") und MARGUERAT, Jugement, 347: "Mt 21-23 se presente comme une vaste etiologie destint!e a montrer pourquoi et comment Israel a ete depose par son Dieu" (Hervorhebung im Original). 7 Pointiert FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 210 zu 27,24f: ,,27,24f ist eine von Mt in Szene gesetzte Ätiologie für das Ende ,Israels'." Ebenso sieht FRANKEMÖLLE, Pharisäismus, 163 in der "großen Komposition 21-25 eine Ätiologie für die Verwerfung Israels". 8 So z.B. WALKER, Heilsgeschichte, passim; HARE, Theme, 152-156; LANGE, Erscheinen, 279-282 u.ö. 9 So oder ähnlich z.B. MEIER, Nations, 102; MARGUERAT, Jugement, 377; SENIOR, Passion of Jesus, 120f; VERSEPUT, Rejection, 45.264.276; MCKNIGHT, Critic, 77 ("Jews are no longer the special people of God but are rather simply human beings like all others."); BROER, Verhältnis, 37f; E.C. PARK, Discourse, 185; W. KRAUS, Passion, 416f; ECKSTEIN, Weisung, 380-385 ("Nach der Überzeugung des Matthäus hat Israel mit dem einhelligen Ruf atc(Upw9~tw [27,22f.] und der anschließenden Kreuzigung Jesu seine hervorgehobene Stellung unter den Völkern - als Gottes Ä.1X6~ (1,21; 2,6) unter den e9v1]verwirkt." [384]). Siehe auch unten Anm. 12. 4
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Einleitung
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versteht lO • Im ersten Fall würde die Gemeinde die Israelmission als abgeschlossene Phase betrachtenIl und sich nicht weiter um Juden bemühen; im zweiten Fall würde sie sich in der universalen Mission unterschiedslos an Juden und ,Heiden' wenden 12• Auch im zweiten Fall kann 28,19 dabei als "etwas schockierend Neues,,13 gewertet werden. Ein anderer Akzent kann (nicht muss) sich ergeben, wenn die Israelmission als bleibende Aufgabe nicht an der Deutung von mxV'ta '!a E9vT) festgemacht, sondern auf der Basis von Mt 10 begründet wird l4 . Denn dies eröffnet die Möglichkeit, die Israelmission ihrem Charakter nach von der Völkermission zu unterscheiden und Israel auch nachösterlich eine besondere Rolle unter den Völkern zuzuerkennen. So unterscheidet von Dobbeler zwischen der Bekehrung von ,Heiden', um die es in 28,19 gehe, und der ,,Restitution des am Boden liegenden, verschmachtenden Volkes,,15, welche das Ziel der Sendung zu Israel sei l6 . Auch wenn eine solche komplementäre Zuordnung - im Unterschied zur These der bloßen Ausweitung des Missionsfeldes - im Ansatz richtig sein sollte, bliebe freilich zu fragen, warum die bei den sich ergänzenden Missionen in der matthäischen Für Vertreter bei der Positionen s. unten Kap. 5.2, S. 334, Anm. 256. So u.a. WALKER, Heilsgeschichte, 9.38-74; STRECKER, Weg, 33f; HARE, Theme, 147f und Luz, Antijudaismus, 315f: "Für die matthäische Gemeinde ist nun die Zeit der Israelmission abgeschlossen; sie wendet sich an der Stelle Israels den Heiden zu" (316 [Hervorhebung im Original]). 12 Siehe z.B. E.C. PARK, Discourse, 185: ,,[T]here will be only one mission, that is, the universal mission to TIlxvta E9vTJ (28:19), which includes all the gentiles as weIl as the Jews, who are now simply part ofthe people to be converted into Christianity." 13 Luz, Mt IV, 451. Siehe zuvor bereits HAGNER, Mt 11, 887 sowie auch STUHLMACHER, Bedeutung, 117, Anm. 52. - Nach LEVINE, Anti-Judaism, 14.30 hingegen geht es in 28,18-20 nicht um einen Statusverlust Israels, sondern um einen Statusgewinn der Völker. 14 Siehe in der neueren Literatur neben den in Anm. 15 Genannten GIESEN, Sendung, l30f und GARBE, Hirte. GARBE sieht zwar ganz Israel mit der Schuld am Tod Jesu behaftet und dafür kollektiv bestraft, doch bestehe die Bestrafung in der ganz Israel betreffenden Zerstörung Jerusalems (115), denn "Jerusalem ist nicht irgendeine Stadt in Israel, sondern dessen kultisches und symbolisches Zentrum, und was an Jerusa1em geschieht, hat Auswirkungen für ganz Israel" (104). Entscheidend ist für GARBE aber, dass die Schuld mit dieser Strafe abgetan sei (120.206). Die Israelmission von Mt 10 sei - auch noch nach 70 n.Chr. - eine bleibende Aufgabe der Jünger (125-150.210) neben der Völkerrnission. Wie bei der Mission unterscheide Matthäus auch in seiner Eschatologie: Dem Gericht an den Weltvölkern (25,31-46) stehe das Gericht an Israel in 19,28 zur Seite (172-208), worin sich zugleich dokumentiere, dass Israels besonderer Status keineswegs nivelliert ist (207.213 u.ö.). 15 A. VON DOBBELER, Restitution, 28 (Hervorhebung im Original). Siehe auch den Ansatz von WILK, Eingliederung, 57. 16 Näheres zur These von A. VON DOBBELER unten in Kap. 5.4. 10
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Kap. 1: Einleitung
Erzählung an unterschiedlichen Stellen sitzen. Warum beginnt die Restitution Israels vor Ostern und die Bekehrung der ,Heiden' erst danach? Ferner: Auch von Dobbeler deutet die Zerstörung Jerusalems als ein Gericht an Israel, das in der Schuld des Volkes am Tod Jesu begründet sei, nur wird dieses Gericht nicht als Zeichen für die Verwerfung Israels verstanden, sondern er postuliert, dass mit diesem Strafgericht die Schuld abgetan sei 17. Demgegenüber wird zu fragen sein, ob Matthäus tatsächlich mit dem Konzept einer kollektiven Ablehnung Jesu in Israel operiert. Die Erklärung des Nebeneinanders der Sendungsworte in 10,6; 28,19 stellt im Blick auf die Stellung Israels im Matthäusevangelium freilich nur die eine Seite der Medaille dar. Ihr Pendant bildet die Bestimmung des Verhältnisses von Israel und Kirche. Auch hier ist häufig eine Ablösungsthese vertreten worden: Die Kirche sei an die Stelle Israels getreten 18 • Der zentrale Beleg dieser Substitutions- bzw. Sukzessionsthese ist das matthäische Kommentarwort zum Winzergleichnis in Mt 21,43: "Darum sage ich euch, dass die ßaoLAELa Gottes von euch genommen und einem EeVO~ gegeben wird, das ihre Früchte bringt". Vorausgesetzt ist bei dieser Deutung (häufig fraglos), dass &
Einleitung
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Interpretationsansatzes häufig 13,10-17, wo die Unterscheidung von verstehenden Jüngern und unverständigen Volksmengen auf das Gegenüber von Kirche und Israel bezogen wird. Auffallend ist, dass die beiden genannten Ablösungsthesen nicht selten gar nicht als zwei Relationen wahrgenommen, sondern ohne jede Differenzierung in eins gesetzt werden. So kann 21,43 angeführt werden, um die Ablösung Israels durch die Völker zu belegen 21 . Kirche und Völker sind
tains to salvation-history fulfillment and to Christology, as well as to discontinuity." MCKNIGHT sieht freilich beide Aspekte im matthäischen Selbstverständnis miteinander verbunden und spricht daher von der matthäischen Gruppierung als "the true and new Israel" (69). Anders TRILLlNG, Israel, 96: "Die Kirche ist strenggenommen nicht ein neues Israel, das an die Stelle des alten gerückt wäre, sondern das eigentliche, wahre Israel, wie es Gott sich von Anfang an gedacht hat" (Hervorhebung im Original). Gegen die These, Matthäus verstünde die Kirche als neues oder wahres Israel, z.B. GREEN, Mt, 180; SALDARINI, Community, 7.27 (vgl. SALDARINI, Boundaries, 240); FRANKEMÖLLE, Tora, 111. HARE, Theme, 156-162 sieht zwar Israel als Unheilskollektiv an und redet der Ersetzung Israels durch die Kirche das Wort, hält aber ebenfalls fest, dass Matthäus nirgendwo die Konzeption eines neuen oder wahren Israels andeute (s. ferner LEVINE, Dimensions, 11). 2i Exemplarisch sei auf die Arbeiten von Luz verwiesen, der verschiedentlich das Verhältnis von 1O,5f zu 28,19 unter anderem durch dessen Parallelisierung mit der von ihm aus 21,43 abgeleiteten Ersetzung Israels durch die Kirche zu bestimmen sucht. So führt Luz aus: "Das Matthäusevangelium endet doppelt: Das ungläubige Volk wird zu den Juden, denen Jesu Auferstehung verschlossen bleibt bis zum heutigen Tag (28,1115); der Messias Israels aber, der seinen Jüngern geboten hatte, nur zu Israel zu gehen (l0,5f), sendet nunmehr seine Jünger zu allen Heiden (28,16-20). So erzählt das Matthäusevangelium, wie durch das Geschick Jesu es sich ereignete, daß die ßaoLÄELa einem anderen Volke gegeben wurde (21,43), damit es deren Früchte bringe" (Perspektive, 244, vgl. Mt H, 92). In einer Anmerkung vermerkt Luz in diesem Zusammenhang: "Dieser Aufsatz ist unter der Voraussetzung geschrieben, daß Matthäus das heilsgeschichtliche Verhältnis Israels zur Kirche in einem Sukzessionsmodell (21,43!) und nicht in einem Erweiterungsmodell versteht; anders gesagt: unter der Voraussetzung, daß E9vT) in Mt 28,19 wie an den meisten anderen Stellen ... im Sinn von ,Heiden' zu deuten ist. Das Verhältnis von Mt 10,5f zu Mt 28,19 ist dann als Neuorientierung zu begreifen" (Perspektive, 244, Anm. 22). Schon die Rede von einem "Erweiterungsmodell" lässt erkennen, dass Luz die Frage, ob 21,43 einer Ersetzung Israels durch die Kirche das Wort redet, mit der anderen Frage nach dem Verhältnis von Israel- und Völkerrnission überblendet. Dementsprechend kann Luz im Blick auf 21 ,43 statt von der ("Heiden"-)Kirche auch von den "Heiden" sprechen: "Zum Heil kommen die Heiden, indem von Israel die ßaoLÄELa weggenommen wird (21,43)" (Mt I\ 171 [Hervorhebung von mir], vgl. z.B. E.C. PARK, Discourse, 190: "The Kingdom is ... transferred from the Jews to the Gentiles [21:43]" [Hervorhebung im Original]). Umgekehrt verbindet Luz die Frage, ob mxvta ta E9vT) in 28,19 die "Heiden" oder die Völker meint, mit der Alternative: "Vertritt Matthäus eine ,Sukzessionstheologie' , wonach die Kirche Israel als Gottesvolk ablöst, oder vertritt er einen Universalisierungsgedanken in der Art von Eph 2,11-22, wonach Israel und die
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Kap. 1,' Einleitung
aber keineswegs austauschbare Größen. Die Völker erscheinen in 28,19 als Adressaten der missionarischen Zuwendung der Jünger und damit als Adressaten des Heilsangebotes Gottes. Die Gemeinde hingegen bildet, grob gesagt, die Gemeinschaft derer, die den AOYO<; 'Tl<; ßaolAELa<; (13,19) angenommen haben und sich an der Weisung Jesu (28,20) in ihrem Leben orientieren - wenngleich sie diese Existenzorientierung noch zu bewähren haben - und die zugleich ihrerseits von Gott als Medium seiner heilsamen Zuwendung zu den Menschen in den Dienst genommen sind. Die ,doppelte Ablösungsthese' - Ablösung Israels zum einen durch die Völker, zum anderen durch die Kirche - operiert also mit zwei Verhältnisbestimmungen, die soteriologisch auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Sollte Matthäus einer Ablösung Israels durch die Kirche das Wort reden, muss dies keineswegs heißen, dass Israel als Adressat der Mission durch die Völker ersetzt worden ist. Und vor allem: Dass es - aus welchem Grund auch immer - nicht bei der exklusiven Zuwendung zu Israel bleibt, bedeutet umgekehrt nicht zwangsläufig, dass die Kirche Israel ersetzt hat. Die Frage nach dem Verhältnis von Israel und Völkerwelt und damit das der beiden Sendungsworte zueinander ist also - zunächst einmal - von der Erhebung des Verhältnisses von Israel und Kirche zu unterscheiden. Mit diesem Votum für eine in heuristischer Hinsicht differenzierte Vorgehensweise ist die Option einer Integration beider Perspektiven im Sinne des doppelten Ablösungsmodells nicht prinzipiell verneint. Nach der in Frage stehenden Deutung konvergieren beide Aussagekreise an dem entscheidenden Punkt: Israel habe sich dem Heilshandeln Gottes in Jesus verschlossen, habe die Schuld an seinem Tod auf sich geladen und müsse daher die Verwerfung durch Gott bzw. den Verlust seiner privilegierten Stellung als Konsequenz tragen. Von diesem Ausgangspunkt aus kann man konstruieren, dass die ecclesia sich zunächst durch die Sendung zu Israel und also in und aus Israel gebildet habe, sich die überwiegende Mehrheit des Volkes jedoch der messianischen Heilszuwendung verschlossen und damit selbst disqualifiziert habe, weiterhin Volk Gottes zu sein. Dieser Status sei vielmehr auf die in Israel entstandene ecclesia übergegangen, die sich aufgrund der Ablehnung in Israel den ,Heiden' zugewandt habe 22 . Dass die Grundaussagen dieses Modells so nicht expressis verbis im Text stehen, spricht ebenfalls nicht prinzipiell gegen ihre Richtigkeit. Jünger/innen gewordenen Heidinnen und Heiden zusammen das neue Gottesvolk bilden?" (Mt IV, 448). 22 Die narrative Abfolge von Israel- und Völkermission wird hier auf die Geschichte der Gemeinde bezogen. Aus Mt 22, I-I 0 ist dabei verschiedentlich die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n.Chr. als Wendepunkt postuliert worden (s. dazu noch unten S. 11 mit Anm. 39).
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Matthäus hat keinen systematisch-theologischen Traktat, sondern eine facettenreiche (!) Jesusgeschichte geschrieben. Jeder Versuch, diesem narrativen Text eine theologische Konzeption abzugewinnen, basiert darauf, dass - für sich genommen zuweilen mehrdeutige - Textphänomene interpretiert, miteinander abgeglichen und gewichtet und konstruktiv wie zu einem Mosaik zusammengesetzt werden, und dabei entsteht nicht nur das Mosaik aus der Interpretation der Einzeltexte, sondern zugleich beeinflusst auch die (vorläufige) Vorstellung vom Gesamtmosaik die exegetischen Entscheidungen bei den einzelnen Texten. Im Rahmen einer hermeneutisch reflektierten Exegese sind solche Konstruktionsleistungen kritisch darauf zu befragen, inwiefern aus anderen Zusammenhängen vertraute Modelle bei der Wahrnehmung bzw. bei der konzeptionellen Verknüpfung und dem Leerstellen des Textes fullenden Zusammendenken einzelner Textaspekte (unbewusst) einwirken und Textindizien vorschnell im Sinne bekannter Konzeptionen interpretiert werden. So erinnert zum einen das für Matthäus häufig postulierte Modell ,Erstzuwendung zu Israel- Ablehnung in Israel- Zuwendung zu den Völkern als Folge der Ablehnung' nicht nur an Röm 11,11-15, sondern auch und vor allem an das bekannte Darstellungsschema der Apostelgeschichte, nach dem sich die Apostel zunächst an die Synagoge gehalten und erst infolge der dort erfahrenen Ablehnung den ,Heiden' zugewandt haben23 , die Hinwendung zu den ,Heiden' also die Konsequenz aus dem Verhalten Israels zieht. Zum anderen ist im Blick auf das Verhältnis von Israel und Kirche zu fragen, inwiefern hier das vom heutigen Standpunkt aus vertraute Gegenüber von Kirche und Israel als Rezeptionsfilter die Lektüre leitet und von daher die Differenzierung zwischen den Jüngern Jesu/der ecclesia und (anderen) jüdischen Gruppen in der matthäischen Jesusgeschichte fast selbstverständlich, aber möglicherweise vorschnell im Sinne des Gegenübers von Christentum und Judentum gelesen wird. Anders gefragt: Darf man für den ersten Evangelisten, über dessen jüdische Herkunft heute ein weitgehender Konsens besteht, dieses Stadium des Trennungsprozesses voraussetzen? Begreift Matthäus die ecclesia tatsächlich als eine mit Israel sachlich auf einer Ebene und in Konkurrenz stehende Größe? Die hier aufgeworfene Problematik lässt sich durch ein Zitat von Bornkamm exemplarisch illustrieren: "Der Kampf gegen Israel ist noch ein Kampf intra muros,,24. Wenn Bornkamms These, dass die matthäische "Gemeinde sich vom Judentum noch nicht gelöst hat"25, richtig ise 6, ist kaum von einem "Kampf gegen Israel" zu reden. Es wäre eher
Apg 13,46f; 18,5f; 19,8-10; 28,24-28. 24 BORNKAMM, Enderwartung, 36 (Hervorhebungen von mir). 25 Ebd. 26 Siehe zu dieser Frage unten Kap. 7. 23
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davon zu sprechen, dass es um den "Kampf' der christus gläubigen Gruppierung gegen andere Juden innerhalb Israels bzw. des Judentums geht27 • Zu fragen ist also: Bildet für Matthäus die ecclesia das eschatologisch erneuerte Gottesvolk, das an die Stelle Israels getreten ist? Oder repräsentiert das Matthäusevangelium ein Stadium, in dem sich die ecclesia als innerhalb Israels entstandene (und Menschen aus den [übrigen] Völkern offen stehende) Heilsgemeinde versteht, die in ihrer Sendung bleibend aufIsrael bezogen ist? Auf Mt 13,10-17 bezogen: Ist das hier ansichtig werdende kontrastive Gegenüber von Jüngern und Volksmengen tatsächlich auf das Gegenüber von ecclesia und Israel zu beziehen oder aber steht hier die Jüngerschaft eben für die sich in Israel bildende Heilsgemeinde?
Zu fragen ist ferner, ob Begriffe wie ,neues Israel' oder ,wahres Israel', mit denen häufig versucht wird, die matthäische Konzeption zu erfassen, Matthäus' eigene Perspektive adäquat wiederzugeben vermögen. Beide Termini kommen im Matthäusevangelium nicht vor. Matthäus bezeichnet die Jüngergemeinschaft auch nirgendwo explizit als Aaoe;28. 21,43 spricht von einem E6voe; lTOLOUV 'tOue; KaplTOUe; alrrile; (= file; ßaOLAELae;), was interpretationsbedürftig ist29 • Gleiches gilt für das Verhältnis der Bezeichnung der Jüngergemeinschaft als EKKAT]OLa in 16,18; 18,17 zum Israelbegriff30 . Luz vermerkt mit Recht, "daß im Matthäusevangelium eine feste ,1nnenAußen-Begrifflichkeit' gegenüber Israel und entsprechende Selbstbezeichnungen der Gemeinde noch fehlen,,31. Aber wie ist dies zu deuten? Liegt dies daran, dass es dieses Innen und Außen für Matthäus - jedenfalls in der Klarheit, dass er es hätte auf den Begriff bringen können - auch gar nicht gab? Oder sind die terminologischen ,Leerstellen' angesichts klarer konzeptioneller Indizien ein zu vernachlässigender Befund? Oder sind sie als ein Phänomen des Übergangs zu deuten, in dem die Gemeinde sich nach
27 Dem oben zitierten Beispiel lassen sich leicht weitere zur Seite stellen. So spricht z.B. SCHENK, Den Menschen, 273 davon, dass die häufig positiv erwähnten ÖXAOL "von dem als gegnerische Instanz gedachten ,Volk Israel' abgehoben" werden. Hier wird offenbar von vornherein im Rahmen eines kontrastiven Gegenübers von Kirche und Israel gedacht und Israel dabei als eine Größe definiert, die Jesus abgelehnt hat. Dass die ÖXAOL zu Israel gehören, kommt hier als Option erst gar nicht in den Blick. Instruktiv ist auch die Bemerkung von HUMMEL, Auseinandersetzung, 159 zum Evangelisten Matthäus: ,,[E]r ist weder Jude noch Pharisäer im Sinne glaubensmäßiger Zugehörigkeit. Er ist wahrscheinlich ein konvertierter jüdischer Schriftgelehrter der pharisäischen Richtung." Auch hier wird in theologischer Hinsicht apriorisch von einer Gegenüberstellung von Christentum und Judentum als eigenständigen Religionen ausgegangen. 28 Mt 1,21 wird von einigen als eine auf die ecclesia bezogene Aussage gelesen. Dem wird unten in Kap. 6.2 nachzugehen sein. Auch hier handelt es sich aber in jedem Fall nicht um eine explizite Aussage. 29 Siehe dazu Kap. 4.1.3. 30 Siehe dazu Kap. 6.2 und Kap. 6.3. 3\ Luz, Mt 15,98.
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der (kürzlich) vollzogenen Trennung vom Judentum befindee z? Die terminologischen ,Leerstellen' des Matthäusevangeliums mahnen in jedem Fall zur Behutsamkeit gegenüber einer vorschnellen begrifflichen Fixierung des Verhältnisses von Israel und Kirche in den genannten Kategorien. Dem steht zur Seite, dass die begriffliche Fixierung zuweilen gar nicht die Verständigung innerhalb der Matthäusexegese über die matthäische Konzeption in der gewünschten Klarheit gewährleistet, da die Begriffe unterschiedlich verwendet werden. So ist die Rede von der Kirche als ,wahrem Israel' in der Matthäusforschung nicht nur im Rahmen der These der Trennung der matthäischen Gemeinde vom Judentum und des sich entwickelnden Gegenübers von Christentum und Judentum, sondern auch als ein innerjüdisch zu verstehender Differenzierungsbegriff gebraucht worden33 . Je nachdem sind mit der Rede von der Kirche als, wahrem Israel' unterschiedliche Konnotationen verbunden.
Die vorangehende, das Verhältnis von Kirche und Israel betreffende Problemanzeige ist durch einen Aspekt zu ergänzen, auf den Davies und Allison aufmerksam gemacht haben. Sie vermuten einen Zusammenhang zwischen der kirchlichen Perspektive von Matthäusauslegem und den in der Forschung verbreiteten Generalisierungstendenzen: ,,[S]cholars, who tend to read the gospel through later ecc1esiastical lenses, often approach Matthew with subtle biases. Only this explains why, whenever Jewish figures oppose Jesus, it is regularly assumed that their opposition foreshadows Israel's complete rejection of her Messiah and portends God's rejection of Israel,,34. Umgekehrt tritt im Rahmen der Betonung der universalen Dimension der matthäischen Jesusgeschichte kaum ins Blickfeld, dass der negativen Charakterisierung von jüdischen Figuren auch schroff 32 Luz, Mt 15, 98 favorisiert, "von einer doppelten und ansatzweise gespaltenen Identität der matthäischen Gemeinde" zu sprechen. Siehe auch HAGNER, Sitz im Leben, 47. 33 Bei TRILLING, Israel, 55-65.84-87 U.ö. und MENNINGER, Israel, 4--9 U.ö. geht die Rede von der Kirche als wahrem Israel mit der These einher, dass Matthäus die Ablösung bzw. Verwerfung des nicht-christusgläubigen Israels vertrete. Eine gewisse Ambivalenz kennzeichnet die Aussagen bei McKnight. So findet er im Matthäusevangelium "a radical separation of Jews into true and false Israel" (Critic, 61), gewichtet aber das Moment der Diskontinuität stärker und spricht daher zugleich von der Kirche als neuem Israel (61.66 u.ö., zu McKnights Differenzierung der Termini s. oben Anm. 20). MCKNIGHT kann dabei zum einen der Position zustimmen, "that this group of Jesus' disciples is stilI within Israel and not aseparate, new religion" (68 [Hervorhebung im Original]). Zugleich postuliert er zum anderen, "that Matthew sees this group as the new people of God, replacing the Jewish nation as the true and new Israel" (69). OVERMAN, Gospel, 5.l48f.157 hat zwar die These, die Gemeinde verstünde sich als das "wahre Israel" (vgl. dazu oben [bei] Anm. 20), aufgenommen, versteht dies aber dezidiert im Rahmen eines innerjüdisch erhobenen Anspruchs (s. unten S. 12-13). 34 DAVIEs/ALLISON, Mt 1,23. Siehe auch a.a.O., 24: ,,[W]henever Gentiles appear in Matthew in a positive light, commentators always see this as foreshadowing the great commission and the future influx of Gentiles; yet the significance of the ethnic identity of Jews such as Joseph, Mary, and Peter is passed over in silence."
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negative Aussagen über Nichtjuden bzw. die ,heidnische' Welt zur Seite stehen und Verfolgung nicht nur als ein Kennzeichen der Israel-, sondern in 24,9-14 auch der Völkerrnission erscheint. Kurzum: Der Frage, ob es sich bei der Bildung der ecclesia in der Sicht des Evangelisten (zunächst einmal) um eine sich innerhalb Israels vollziehende Differenzierung handelt, ist die generelle Anfrage zur Seite zu stellen, inwiefern er mit Differenzierungen in Israel operiert oder ob Israel en blac gefasst wird und als Gegenüber der Kirche erscheint. Nun lassen sich die traditionellen Ablösungsthesen natürlich nicht durch den bloßen hermeneutischen Verdacht falsifizieren, dass sie auf Sinnkonstruktionen basieren könnten, die durch dem Text selbst fremde theologische Perspektiven beeinflusst, wenn nicht wesentlich gesteuert sind. Die vorgebrachten Überlegungen können und sollen, indem sie die Möglichkeit des Einwirkens verzerrender Leseperspektiven aufwerfen, allein dazu dienen, die Selbstverständlichkeit der besagten Interpretationsperspektiven zu hinterfragen und so die Textwahrnehmung zu schärfen35 . Entscheidend ist, ob die traditionellen - und bis in jüngste Veröffentlichungen wirksamen Ablösungsthesen signifikante Tendenzen der matthäischen Jesusgeschichte tatsächlich zutreffend erfassen und sinnvoll zu integrieren vermögen. Dies ist m.E. nicht der Fall. Vielmehr bleiben hier gewichtige Textphänomene unterbestimmt. Zu verweisen ist allem voran auf die eingangs angemerkte dezidierte Betonung der exklusiven Israelbezogenheit des irdischen Wirkens Jesu, die Matthäus seiner Darstellung im Ganzen mit großer Sorgfalt aufgeprägt hat. Christologisch geht damit einher, dass Matthäus die davidische Messianität Jesu zu einem gewichtigen Aspekt seiner Jesusgeschichte entwickelt hat. Die Funktion der Israelkonzentration nun allein darin zu sehen, dass sie als Widerlager des Schuldaufweises diene 6 , gibt schwerlich eine suffiziente 3S Es geht hier nicht darum, dem Phantom einer objektiven Lektüre nachzujagen. Dass "Auslegung ... nie ein voraussetzungsloses Erfassen eines Vorgegebenen [ist]" (HEIDEGGER, Sein und Zeit, 150), dürfte heute als hermeneutischer Grundsatz allgemein akzeptiert sein. Gleichwohl bleibt es im Rahmen historisch-kritischer Exegese das Ziel, mögliche Subjektivismen und potentielle, durch die Distanz zum historischen Kontext des exegesierten Textes bedingte Verzerrungen so weit wie möglich aufzudecken. Ausdrücklich angefiigt sei, dass dieses Ziel auch gegenüber anderen theologischen Pespektiven gilt. Es geht mir nicht darum, eine traditionelle theologische Vor-Urteilsstruktur als Rezeptionsfilter durch eine andere Vor-Urteils struktur, etwa eine durch den jüdisch-christlichen Dialog geprägte, abzulösen (s. dagegen die Ausfiihrungen von FIEDLER, Israel, 62). Ich möchte vielmehr daran festhalten, dass die exegetische Aufgabe zentral darin besteht, im Bewusstsein der Bedeutung von Vor-Urteilen im Verstehensprozess durch die exegetische Arbeit am Text die Kraft des Vor-Urteils, so weit dies geht, zugunsten des Textes zu schwächen. 36 Siehe oben S. 2 mit Anm. 5.
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Erklärung des Befundes. Denn um eine Schuldanklage gegen Israel erheben zu können, hätte es Matthäus ohne Weiteres bei dem markinischen npw'Wv (Mk 7,27) belassen können, statt dies in Mt 15,24 zu einer streng exklusiven Sendung zu Israel zu verschärfen. Im Blick auf die Rolle der Völker in der matthäisehen Konzeption bleibt damit die Frage offen, warum Matthäus die Zeit für die Zuwendung zu na.V'tIX 'tIX E9vT) erst mit Ostern gekommen siehe 7 . Ferner bleibt hier in christologischer Hinsicht der Sinn der Profilierung der Davidssohnschaft Jesu deutlich unterbestimmt. Wird das Verhältnis von 28,19 zu 10,5f nicht im Sinne der Ausweitung, sondern der Ersetzung bestimmt, ist als weiteres Problem zu verzeichnen, dass das Matthäusevangelium deutlich die nachösterliche Mission in Israel voraussetzt. Dies gilt keineswegs nur für 10,23 38 , sondern ebenso für verschiedene Aussagen, die die negativen Reaktionen thematisieren, auf die sich die Jünger einstellen müssen (10,17; 23,34); auch die matthäisehe Version des Gastmahlgleichnisses (22,1-14) ist hier einzustellen (22,3-7). Will man diesen Texten durch die These Rechnung tragen, dass die Zerstörung Jerusalems die eigentliche Wendemarke von der Israel- zur Völkerrnission darstelle 39 , entsteht wiederum eine empfindliche Spannung zu 28,16-20.
Dem Gesagten steht zur Seite, dass gegenüber der These, dass Matthäus Israel als Ganzes mit der Schuld am Tod Jesu zu behaften suchte und darin der Grund für den Verlust der Vorzugsstellung bzw. für die Verwerfung Israels zu sehen sei, auf die auffallige Tendenz der matthäisehen Jesusgeschichte zu verweisen ist, zwischen den jüdischen Volksmengen und den Autoritäten zu unterscheiden4o • In der traditionellen Deutung bleibt offen,
37 In der markinischen Jesusgeschichte kommt es an verschiedenen Stellen bereits vorösterlich zu einer Einbeziehung von Nichtjuden (Mk 5,18-20; 7,24-8,9). Matthäus hat hier, wie im Einzelnen zu verfolgen sein wird, signifikant bearbeitet, um diese Texte seiner Konzeption einer exklusiven Zuwendung zu Israel vor Ostern einzufügen. 38 Dazu unten Kap. 2.3. 39 So dezidiert WALKER, Heilsgeschichte, 9.56.92-97.115, s. auch SUHL, Beobachtungen, 353; KATO, Evangelium, 8f. Luz, Mt II, 270 weist Matthäus die Position zu, dass mit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr. das Ende der Geschichte Israels gekommen sei. Entsprechend führt er im Rahmen seiner Reflexion über die Deutung von Mt 22,7 im Sinne eines definitiven (innergeschichtlichen) Verwerfungsgerichts aus: Das Gericht "beendet eine lange Epoche der göttlichen Zuwendung zu Israel, die in der Sendung der Propheten sich zeigte und in der Sendung des Sohnes und seiner Boten gipfelte. Diese geschichtliche Epoche ist nach 70 definitiv zu Ende und wird durch die der Heidenmission abgelöst" (Luz, Mt III, 243). Zur These, dass die Zerstörung Jerusalems das Ende der Israelmission markiere, s. ferner THOMPSON, Perspective, 254. 40 Gegenüber dem Postulat von WALKER, Heilsgeschichte, 38-74, dass Matthäus Israel ohne jede Differenzierung "als Einheit des Bösen" (38) darstelle, haben verschiedene neuere Studien zum Matthäusevangelium eine differenziertere Sicht der von Matthäus erzählten Konfliktgeschichte entwickelt (s. v.a. GIELEN, Konflikt und REpSCHINSKI, Sto-
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welche Funktion dieser Differenzierung im Evangelium zukommt bzw. es wird die Relevanz dieser Differenzierung durch die These marginalisiert, dass die Unterscheidung von Autoritäten und Volksmengen durch 27,24f an entscheidender Stelle revoziert bzw. zu einer bloßen Episode herabgestuft werde. Warum aber hat Matthäus dann überhaupt diese Unterscheidung in der der Passion vorangehenden Darstellung profiliert, ja geradezu, wie sich zeigen lässt, als einen Leitaspekt seiner Jesusgeschichte hervortreten lassen? Spielt im Blick auf das Verhältnis von 27,24f zu der der Passion vorangehenden Darstellung möglicherweise noch eine andere Differenzierung eine Rolle, die durch die eigenständige Bedeutung Jerusalems in der matthäischen Konzeption bestimmt ist? Diese Anfrage verbindet sich damit, dass die Deutung von Mt 27,24f, dass hier durch die Verwendung von mie; 0 AUOe; Israel als Ganzes mit der Schuld am Tod Jesu behaftet wird, keineswegs unumstritten ist. Zu fragen ist also: Zielt Matthäus tatsächlich darauf, durch 27,24f seine vorangehende Darstellung zu ,überschreiben', und soll 27,24f überhaupt besagen, dass Israel als Ganzes mit der Schuld am Tod Jesu (und deren Konsequenzen) belastet wird? Nimmt man die Frage des Verhältnisses von Israel und Kirche auf, so ist darauf zu verweisen, dass die These, Matthäus rede einer Ersetzung Israels durch die Kirche das Wort, in der gegenwärtigen Forschung verschiedentlich Widerspruch gefunden hat41 . Damit geht eine Tendenz einher, die hinter dem Matthäusevangelium stehende Gemeinde dezidiert als eine jüdische Gruppierung zu verstehen. Wichtige Impulse haben hier insbesondere die Arbeiten von Saldarini und Overman gesetzt42 . Beide versuchen, das Matthäusevangelium im Kontext der Konsolidierungs- und Formierungsprozesse des Judentums nach 70 n.Chr. zu verorten, in dem die pharisäische Gruppierung (zumindest im Umfeld des Matthäusevangeliums) nach und nach in den Synagogen die Oberhand gewann. In Konkurrenz dazu erhebe die soziologisch als "deviant" einzustufende 43 , selbst in einem "process of self-definition,,44 befindliche jüdische Gruppierung, die ries) und auf die eigenständige Profilierung der Volksmengen im ersten Evangelium hingewiesen (s. bes. COUSLAND, Crowds). 41 Siehe z.B. OVERMAN, Mt [Church], 302-304 u.ö.; SEGAL, Voice, 24; SALDARINI, Community, Ilf.27-43.195; FRANKEMÖLLE, Kirche, 117f u.ö.; SIM, Christian Judaism, 148f; FIEDLER, Israel. 42 Siehe die im Literaturverzeichnis genannten Arbeiten. Siehe ferner den Ansatz in SIM, Christian Judaism, bes. 109-163. - Für eine kritische Auseinandersetzung mit Overman, Saldarini und Sim vgl. u.a. RICHES, Mythologies, 202-209 und FOSTER, Community, 36-65. 43 Zum devianzsoziologischen Ansatz s. vor allem SALDARINI, Conflict (1991), 4560, ferner auch SALDARINI, Community, 1.8.107-116 u.Ö. 44 OVERMAN, Gospel, 3 u.Ö.
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hinter dem Matthäusevangelium steht, einen konkurrierenden Führungsanspruch innerhalb des Judentums 45 , bei dem es vorrangig um einen Streit um den Besitz des richtigen Verständnisses der Tora gehe46 . In diesem Kontext seien die scharfen polemischen Angriffe des Matthäusevangeliums - allem voran in Mt 23 - zu sehen, mit denen der Evangelist darauf ziele, "to delegitimate riyal Jewish leaders,,47. Die distanzierende Rede von "ihren Synagogen,,48 bedeutet demnach keineswegs eine Abgrenzung von Israel49 , und von einer Verwerfung Israels könne im Matthäusevangelium nicht die Rede sein50 . Das Matthäusevangelium wird nicht als eine ,christliche' Standortbestimmung gelesen, die sich im Gegenüber zu Israel vollzieht5\ sondern in den Kontext eines noch innerjüdischen Differenzierungsprozesses eingestellt. Die oben vermerkte (innerjüdische) Unterscheidung von Autoritäten und Volksmengen lässt sich im Rahmen dieses Ansatzes in textpragmatischer Hinsicht plausibel deuten 52 . Vernachlässigt ist hier allerdings die Frage nach der Stellung der Völker in der theologischen Konzeption des Matthäusevangeliums 53 und zugleich die nach der Bedeutung der Völker45 Siehe SALDARINI, Community, 44-67.107-116 ("deviant Jews [in the technical, sociological sense] still within the community" [116]). SALDARINI wie OVERMAN greifen in diesem Zusammenhang auf den Sektenbegriff zurück (s. z.B. OVERMAN, Gospel, 143.149; SALDARINI, Community, 115: "a sect within first-century Judaism", s. auch SALDARINI, Boundaries, 253). Für eine kritische Auseinandersetzung damit s. LUOMANEN, Sociology, bes. 109-113. 46 Siehe SALDARINI, Community, 124-164. 47 SALDARINI, Delegitimation, 661. Siehe auch SALDARINI, Conflict (1991), 44: "Matthew attacks the Jewish leaders unceasingly in an attempt to delegitimize their authority and teaching and to win the people over to his interpretation of Judaism". Vgl. ferner OVERMAN, Gospel, 141-149. 48 Mt 4,23; 9,35; 10,17; 12,9; 13,54. Siehe auch "eure Synagogen" in 23,34. 49 Die Rede von "ihren" bzw. "euren Synagogen" ist immer wieder als Indiz für die bereits vollzogene Trennung der matthäischen Gemeinde vom Judentum vorgebracht worden. Siehe dazu unten Kap. 7, S. 385. 50 Siehe z.B. SALDARINI, Community, 43. Siehe auch oben Anm. 41. 51 Siehe dagegen STANTON, Gospel, 124.156fu.ö. sowie Luz, Mt 15 ,98. 52 Vgl. dazu noch unten in Kap. 7, S. 381. 53 Bei OVERMAN, Gospel wird der universalistischen Dimension des Matthäusevangeliums keine adäquate Beachtung geschenkt. Erst am Ende seiner Studie und nur knapp geht er auf die Frage der Zugehörigkeit von Nichtjuden zur matthäischen Gemeinde ein. Nach ihm befindet sich die Gemeinde aufgrund der schwachen Rezeption ihrer Botschaft in ihrem jüdischen Umfeld "in the process of turning to the wider Gentile world" (158), aber es gäbe "very little evidence of Gentiles (non-Jews) in the Matthean community" (157). Die Frage nach der theologischen Begründung der universalen Mission wird hier nicht verfolgt. SALDARINI, Community, 68-83 widmet sich zwar unter der Überschrift "Matthew's Horizon: The Nations" der Rolle von Nichtjuden im Matthäusevangelium. Er
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mission für die Gemeinde sowie damit auch nach der Rolle von Menschen aus den Völkern in der Gemeinde54 • Die Aufgabe, die theologische Konzeption aufzuweisen, die hinter dem Nebeneinander von 10,5f und 28,19 steht, tritt in den Hintergrund. Es genügt jedoch nicht, im Gegenzug zur ,traditionellen' Deutung des Matthäusevangeliums zu betonen, dass Matthäus nicht der Verwerfung Israels als Volk Gottes das Wort redet. Es ist vielmehr zugleich zu reflektieren, was zum einen die Bildung der ecclesia und zum anderen die universale Dimension der Heilszuwendung am Ende des Evangeliums für das Verständnis Israels (als Volk Gottes) bedeuten. Und insbesondere ist aufzuweisen, wie es von 1O,5fzu 28,19 kommt, wenn 28,19 nicht in der Ablehnung Jesu in Israel begründet ist. Mit der voranstehenden Problemskizze ist die im Rahmen dieser Studie verfolgte Aufgabe in nuce umrissen. Es geht darum, Bedeutung und Stellung Israels in der matthäisehen Theologie umfassend zu analysieren und damit insbesondere die theologische Konzeption zu ergründen, die hinter der Entwicklung von der Israelbezogenheit des vorösterlichen Wirkens Jesu und seiner Jünger hin zur Universalität der Heilszuwendung in 28,1820 steht. Meine These ist, dass die Aufeinanderfolge der beiden Missionsbefehle ein integrales Moment der narrativen Konzeption darstellt, in der Matthäus seine Christologie entfaltet55 • 28,19 hat in keiner Weise die Verbeschränkt sich hier aber darauf, in einem knappen Überblick die Vorkommen von Nichtjuden abzuschreiten - mit der Tendenz, diese zu Randfiguren der Erzählung zu machen (s. Z.B. das Fazit auf S. 75: "The non-Jews who appear in Matthew's narrative are peripheral and occasional.") - und in begriffsexegetischer Hinsicht der Bedeutung des Wortes e9vTj im Matthäusevangelium nachzugehen. Die theologische Einbettung der universalen Sendung in 28,19 wird auch hier nicht bedacht, das Verhältnis von 28,19 zu 1O,5f nicht näher reflektiert. So richtig es ist, dass in Mt 1O,5f ein geographischer Aspekt zu beachten ist (s. unten Kap. 2.3, S. 85-86) - in lO,5f spricht Jesus freilich nicht, wie SALDARINI ausführt, von dem Gebiet, "to which he had restricted hirnself" (81), es geht um die Sendung der Jünger - , so wenig lässt sich das Verhältnis von lO,5f zu 28,19 im Wesentlichen als geographische Erweiterung des Wirkungsfeldes fassen, wie dies in den Ausführungen von SALDARINI zu 28,19 erscheint: "Thus the nations would inc1ude Jews not living in Israel as weH as non-Jews everywhere" (81). Das theologische Gewicht der Schlussszene des Evangeliums für dessen Gesamtverständnis bleibt hier deutlich unterbestimmt. Dies gilt ebenso rur die Position von Sim (s. dazu unten Kap. 5.4, S. 340, Anm. 288). SENIOR, Between Two Worlds, 5 notiert in diesem Zusammenhang zu Recht: "A side effect ofthe focus on Matthew's relationship to Judaism in current scholarship is a relative lack of attention to Matthew's relationship to the Gentile world." 54 Siehe z.B. SALDARINI, Community, 84f: "Matthew's group is a household assembly of Jews who believe in Jesus" (Hervorhebung von mir). 55 Die Rede von einer ,narrativen Christologie' reflektiert, dass sich die Christologie des Matthäus nur erschließt, wenn man die von ihm erzählte Jesusgeschichte verfolgt. Zur Rede von einer ,narrativen Christologie' vgl. Luz, Skizze, ferner auch NOVAKOVIC, Jesus, 148f; M. MÜLLER, Interpretation, 164f; PAUL, Texte, 33lf.
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werfung der Erstadressaten des Wirkens Jesu zur Kehrseite; es gibt hier keinen "Bruch" in der matthäischen Jesusgeschichte56 . Vielmehr ist das Nebeneinander von 10,5f und 28,19 darin eingebunden, wie Identität und Bedeutung Jesu sukzessiv bzw. stufenweise enthüllt wird 57 . Daneben gilt es zu bestimmen, wie sich die Größen ecclesia und Israel im Matthäusevangelium zueinander verhalten. Im Folgenden wird zunächst in einem Dreischritt der Sendung Jesu zu Israel, der Reaktionen darauf und der Frage nach Konsequenzen negativer Reaktionen nachgegangen. Im Einzelnen: Einzusetzen ist mit der Untersuchung der Israelkonzentration des vorösterlichen Wirkens Jesu und seiner Jünger und der darin leitenden christologischen Motive (Kap. 2). Kap. 3 analysiert dann die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel. Welche Rolle kommt hier dem Volk zu? Wie ist die Konfliktkonfiguration genau zu bestimmen? Und wie hat Matthäus in dieser Hinsicht die Passion Jesu dargestellt? Die hier zu begründende These, dass das Matthäusevangelium keineswegs am Ende auf eine kollektive Ablehnung Jesu in Israel hinausläuft, die etwaige vorangehende Differenzierungen überschreibt, ist dann in Kap. 4 durch die Untersuchung von Texten, die häufig für das Postulat der Verwerfung Israels als Folge der negativen Reaktion auf Jesus in Anspruch genommen wurden, einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Zur Diskussion stehen hier die Parabeltrilogie (Mt 21,28-22,14), das Doppellogion in Mt 8,11f, die Worte gegen dieses Geschlecht (Mt 11,16-19; 12,3845; 16,1-4; [17,17]; 23,34-36), die Parabeltheorie (Mt 13,10-17) sowie schließlich das Logion über das KPLVElV der zwölf Stämme in 19,28. Implizieren die Kap. 3 und 4 die kritische Auseinandersetzung mit der im Voranstehenden skizzierten traditionellen Matthäusdeutung, so stellt Kap. 5 der Analyse der Israelkonzentration des vorösterlichen Wirkens Jesu und seiner Jünger die Untersuchung der universalen Dimension der matthäischen Jesusgeschichte und näherhin der christologisch-soteriologischen Begründung der Universalität des Heils zur Seite. Wenn das Schema ,Ablehnung in Israel- Zuwendung zu den Völkern' sich zur Erklärung des Verhältnisses von 10,5f und 28,19 als nicht tragfähig erweist, stellt sich neu in umfassender Weise die Frage nach der narrativen - und mit ihr nach der theologischen - Konzeption des ersten Evangelisten, wie die Betonung der Vorzugsstellung Israels und die Zuwendung zu allen Völkern miteinander vermittelt sind. Kap. 6 widmet sich dann der Bestimmung des Verhältnisses von Kirche und Israel. Wenn in der hier vorgelegten Studie die Erhebung der theologischen Konzeption ins Zentrum gerückt wird, so soll damit in keiner Weise die 56 57
Anders Luz, Mt 15 ,91. Vgl. dazu die Skizze in KONRADT, Sendung.
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Kap. 1: Einleitung
Bedeutung weiterer sozialgeschichtlicher Erforschung der matthäischen Gemeinde in Abrede gestellt werden. Mir scheint jedoch, dass umgekehrt die Analyse der theologischen Konzeption nicht vernachlässigt werden darf, sondern die erneute Zuwendung zu dieser durch die neueren Thesen zur Verortung des Matthäusevangeliums im Rahmen der jüdischen Formierungsprozesse geradezu gefordert wird 58 • In Kap. 7 wird die Frage nach Indizien, die Rückschlüsse auf den historischen Kontext der matthäischen Gemeinde erlauben, zumindest stichwortartig aufgenommen. Detailliertere Überlegungen würden zumal dann, wenn man nicht bei der Erörterung des Verhältnisses der Gemeinde zum Judentum im Sinne der intra/extra muras-Debatte stehen bleibt, sondern die Frage nach der Organisationsform der ecclesia im Gegenüber zur Synagoge, nach Partizipations formen und gen auen Gruppengrenzen stellt, eine eigene monographische Untersuchung erfordern. Ich muss mich hier auf Andeutungen beschränken. Kap. 8 bietet abschließend eine kurze Bündelung und Reflexion der Ergebnisse.
58 Ohnehin gilt, dass der Text selber das einzige Fenster zum historischen Kontext ist. Genauer: Um die matthäische Gemeinde historisch kontextualisieren zu können, sind aus dem Text sich ergebende Indizien im Licht der historischen Rahmendaten zu reflektieren. Dass zugleich das vorläufige Bild vom historischen Kontext des Textes die Deutung des Textes selbst mit beeinflusst, versteht sich von selbst (vgl. HAGNER, Sitz im Leben, 27).
Kapite12
Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel Die Ausrichtung des Wirkens Jesu auf Israel ist im Matthäusevangelium keine beiläufige historische Reminiszenz; ihr eignet theologisch vielmehr eine programmatische Bedeutung. Matthäus zeigt eine beachtliche redaktionelle Akribie, um die alleinige Sendung Jesu zu Israel herauszustellen und seiner Jesusgeschichte aufzuprägen. Damit geht einher, dass der erste Evangelist Jesu Wirken sowohl im Blick auf seine Lehre als auch im Blick auf sein heilendes Handeln betont von den Schriften Israels her beleuchtet, indem er beides vom Leitmotiv der Erfüllung umfangen sein lässt l . Matthäus' Bestreben, Jesu Lehre als wahre Erschließung von Inhalt und Intention der in Tora und Propheten niedergelegten Willenskundgabe Gottes darzustellen, ist hier nur am Rande zu erwähnen2 . Ausführlich nachzugehen ist im Folgenden hingegen einer anderen gewichtigen christologischen Grundlinie des ersten Evangeliums, nämlich der matthäischen Präsentation Jesu als des davidisch-messianischen Hirten seines Volkes, in dem Gott sich seinem Volk zuwendet und die ihm gegebenen Heilsverheißungen erfüllt (2.1). Sodann ist zu zeigen, wie Matthäus diese programmatische Grundthematik seiner Version der Jesusgeschichte im Einzelnen aufgeprägt hat, indem er Jesu irdisches Wirken tatsächlich auf Israel konzentriert sein lässt (2.2). Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang die matthäische Bearbeitung der drei aus Q und Mk übernommenen Erzählungen (8,5-13.28-34; 15,21-28), in denen es zur Begegnung Jesu mit Nichtjuden und zu einem heilsamen Wirken Jesu an diesen kommt I Siehe zum einen die Reflexionszitate in Mt 8,17; 12,17-21, zum anderen im Blick auf Jesu Lehre die Grundsatzaussage über die Erfiillung von Gesetz und Propheten in Mt 5,17. 2 Siehe dazu KONRADT, Erfüllung. - Die so genannten ,Antithesen' (Mt 5,21-48) stellen nicht Jesu Wort gegen die Tora (anders Luz, Mt 15 ,330; BROER, Freiheit, 75-81; ECKSTEIN, Weisung, 396-403; SIM, Christian Judaism, 129; NIEBUHR, Antithesen, 176f u.a.), sondern gegen die den eigentlichen Willen der Tora verdeckende bzw. einschränkende Auslegung der Tora, wie Matthäus sie vor allem den Pharisäern vorwirft (vgl. BURCHARD, Versuch, 40--44; DIETZFELBINGER, Antithesen, 3; H.-W. KUHN, Liebesgebot, 213-218; CHARLES, Righteousness, 8; KONRADT, Erfüllung, 135-140).
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
(2.2.3). Kap. 2.3 wendet sich dann der in der Aussendungsrede in Mt 10 thematisierten Weiterführung des Wirkens Jesu in Israel durch seine Jünger zu. Eine zentrale Frage ist dabei im Blick auf das Verhältnis zu 28,19, ob eine zeitliche Befristung der Israelmission erkennbar ist. Kap. 2.4 bietet ein kurzes Resümee.
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels Dass im Frühjudentum eschatologische Heilserwartungen auch ohne Messiasgestalt formuliert werden konnten und die Messiaserwartung in sich vielgestaltig war, muss hier nicht im Einzelnen erneut dargelegt werden 3 . Die Spuren, die die Erwartung eines davidischen Messias4 in den erhaltenen Quellen hinterlassen hat, sind überschaubars , doch gibt dies keinen 3 Zur Betonung der Vielgestaltigkeit s. z.B. W.S. GREEN, Introduction, 2-4.10; CHESTER, Expectations, 40f; CHARLESWORTH, From Messianology to Christology, 57.14.28f; GARCiA MARTINEZ, Erwartungen; THOMA, Redimensionierungen, bes. 214216; SCHALLER, Messiaserwartungen, 204-206; HENGEL, Jesus, 34-45. Gegenüber einer einseitigen Betonung der Diversität ist freilich mit COLLINS, Scepter, 12 festzuhalten: ,,[T]he variation was limited, and ... some forms of messianie expectations were widely shared." 4 Angestoßen ist das Aufkommen der Erwartung offenbar wesentlich durch das Königtum der Hasmonäer (nach Josephus, Ant XIII 301 war Aristobulos [104-103 v. Chr.] der erste Hasmonäer, der für sich königliche Würde beanspruchte) und dessen Scheitern. Vgl. exemplarisch COLLINS, Scepter, 49(ff). 5 Die Bezeichnung "Messias" begegnet im Blick auf den erwarteten davidischen Herrscher, sieht man von 4Esra 12,32 ab, nur in PsSal 17,32; 18,5.7 (und im Titel des Psalms) und in 4Q252 5,3 (in 4Q521 Fragm. 2 2,1 ist ein Bezug auf den davidischen Messias möglich, aber unsicher, s. dazu unten S. 45, Anm. 153). Zu verweisen ist jedoch auch auf die Rede von den "Gesalbten Aarons und Israels" in IQS 9,11, singularisch (möglicherweise distributiv zu verstehen, vgl. SCHREIBER, Gesalbter, 202f) in CD 12,23-13,1; (14,19); 19,10f; 20,1, s. ferner noch die Rede vom Messias (Israels) in lQSa 2,12.14.20. Vor allem aber sind im Blick auf die Erwartung eines davidischen Messias weitere Bezeichnungen hinzuzuziehen, so zum einen die durch Jer 23,5; 33,15 inspirierte Rede vom "Spross Davids ("1' n~~)" (4Q161 Fragm. 8-10 15.22; 4Q174 Fragm. li+2l+2 (3,)11; 4Q252 5,3f [neben "Messias"]; 4Q285 Fragm. 5 3f, s. auch Sir 51,12h [vgl. dazu Ps 132,17] sowie Sach 3,8; 6,12; TestJuda 24,5). Zum anderen sind ausweislieh des Nebeneinanders von "Spross Davids" und "Fürst der Gemeinde (n'lIn It'Wl)" in 4Q285 Fragm. 5 3f hier auch die Texte, in denen vom It'Wl (vgl. Ez 34,24; 37,25!) die Rede ist (s. neben dem bereits genannten Beleg noch CD 7,20 sowie lQSb 5,20f, wo der davidische Bezug explizit ausgeführt wäre, wenn der Textergänzung von H. STEGEMANN, Remarks, 499 zu folgen wäre, der für Z. 21 "[1]' n":Jl vorschlägt, wonach hier von der Erneuerung des Davidbundes durch Gott die Rede wäre, um die Königsherrschaft seines Volkes aufzurichten [zustimmend ZIMMERMANN, Texte, 53f.55; SCHREIBER, Gesalbter, 217f]), zu berücksichtigen (vgl. COLLINS, Scepter, 61; ZIMMERMANN, Texte, 50.126 sowie Zimmer-
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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hinreichenden Grund, ihre Bedeutung zu marginalisieren6, belegt doch das Vorkommen der Vorstellung in den Qumrantexten7 wie in den in Qumran nicht nachgewiesenen Psalmen Salomos (17; 18) ihre Beheimatung in unterschiedlichen Gruppierungen8 . Zu verweisen ist ferner auf die 14. Berakha in der palästinischen Rezension des Schemone Esre mit ihrer Bitte um Erbarmen "über die Königsherrschaft des Hauses Davids, des Gesalbten deiner Gerechtigkeit" (lP'~ n'tL1~ ", n':l n1:h~ t,11,)9. Reicht diese Bitte, wenn nicht im Wortlaut, so doch zumindest dem Inhalt nach, in das 1. Jh. n.Chr. zurück 10, war die Erwartung eines davidischen Messias also schon zur Zeit des entstehenden Christentums in einem Hauptgebet des Judentums verankert.
manns Resümee: Es "ergibt sich im Qumranschrifttum eine Konvergenz verschiedener messianischer Traditionen und Bezeichnungen des AT; der K'~l [Ez], der "" n~~ [Jer, vgl. Sach] und Jesaja II können auf einer Linie gesehen werden." [94]). Zur Übersicht über die Belege s. die tabellarische Zusammenstellung bei ZIMMERMANN, Texte, 126. 6 Dezidiert COLLINS, Scepter, 12: "If we may accept Ed Sanders's notion of a common Judaism, in the sense of what was typical, though not necessarily normative, in the period 100 BCE-IOOCE, the expectation of a Davidic messiah was surely part of it". Siehe ferner LAATO, Star, 394; HORBURY, Messianism, 36-63; SCHNIEDEWIND, Society, bes. 165f; HENGEL, Jesus, 41; DEINES, Gerechtigkeit, 454-457. Anders die Tendenz z.B. bei W.S. GREEN, Introduction, 2-4; KARRER, Der Gesalbte, 243-267.294-313; POMYKALA, Dynasty Tradition, passim, s. bes. 4-8.270f. 7 Siehe 4QI61 Fragm. 8-10 15-29; 4QI74 Fragm. li+21+2 (3,)10-13; 4Q252 5,1-5; 4Q285 Fragm. 5 2-5, s. auch IQSb 5,20-29; CD 7,19-21 (zur Analyse der Texte s. COLLINS, Scepter, 56-67; ZIMMERMANN, Texte, 46-127). Hoch umstritten ist die Interpretation von 4Q246 (s. exemplarisch SCHREIBER, Gesalbter, 498-508). Folgt man der m.E. plausiblen - Deutung von ZIMMERMANN, Texte, 128-170 (s. auch KNIBB, Messianism, 174-177), ist der Text hier einzustellen. 8 Vgl. zu diesem Argument COLLINS, Scepter, 10f. CHESTER, Expectations, 41-43 verweist ferner auf die durch Josephus bezeugten ,messianischen' Aufstandsbewegungen. 9 Siehe für die palästinische wie für die babylonische Rezension mit deutscher Übersetzung die Ausgabe des Mischnatraktats Berakhot von HOLTZMANN, Berakot, 10-27, englische Übersetzung bei SCHÜRER, History 11, 456-461. - In der babylonischen Rezension hat diese Bitte ein Pendant in der 15. Berakha. 10 Vgl. K.G. KUHN, Achtzehngebet, 10 ("Inhaltlich bestehen nach der ältesten uns erhaltenen Textform, der palästinischen Rezension, keine Bedenken dagegen, daß es jedenfalls bereits in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. bestand"); DEINES, Gerechtigkeit, 456 (die palästinische Rezension ist "entstanden im 1. Jh. n.Chr., evtl. früher"). Zur Problematik einer exakten Datierung s. exemplarisch SCHREIBER, Gesalbter, 391f. Siehe auch die Ausführungen bei KELLERMANN, Achtzehn-Bitten-Gebet, 155-159 zur Traditionsgeschichte. Kritisch zur Heranziehung des Achtzehngebets als Beleg für das 1. Jh. n.Chr. POMYKALA, Dynasty Tradition, 7.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Zentraler Anknüpfungspunkt für diese Erwartung war die Natanverheißung in 2Sam i I, in der dem Königtum Davids ewiger Bestand zugesagt wird (V.13.16, vgl. Ps 89,4f.29f.37; PsSal 17,4 12). Für ihre Ausformulierung boten die prophetischen Herrscherverheißungen\3, aber auch Texte wie Ps 2; Gen 49,8-12 oder Num 24,17-19 ein facettenreiches Arsenal von Einzelaspekten. Daraus, dass die erhaltenen frühjüdischen Quellen Einblick nur in einen Ausschnitt der Erwartung eines königlichen Messias l4 gewähren dürften, der nicht repräsentativ sein muss l5 , und zudem der zum Teil fragmentarische Charakter der Quellen ihre Auswertung erschwert, folgt methodisch, dass die erhaltenen Aussagen nicht in das Prokrustesbett der Annahme einer festgeprägten einheitlichen Erwartung zu zwängen sind. Gleichwohl kann man Konvergenzpunkte beobachten l6 , die nicht unwesentlich durch die primär herangezogenen alttestamentlichen Referenztexte wie Jes 11,1-5; Ps 2 oder auch Gen 49,8-12; Num 24,17-19 inspiriert sind. So ist der königliche Messias in den PsSal wie in den Qumrantexten eine menschliche Gestalt mit militärischen Zügen I7 , hinter deren 11 In 4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)10-13 wird 2Sam 7 messianisch gedeutet (vgl. ZIMMERMANN, Texte, l1lf; SCHNIEDEWIND, Society, 158-160; PIETSCH, Sproß, 214-219). 12 Siehe auch 2Sam 23,5; Jer 33,17; Ps 132,llf; Sir 47,11; IMakk 2,57. 13 Siehe Jes 8,23-9,6; 11,1-9; Jer 23,5f; 30,8f; 33,14-26; Ez 34,22-31; 37,15-28; Mi 5,1-5; Sach 9,9f, s. auch Hos 3,5; Am 9,llf. - Siehe dazu SEEBASS, Herrscherverheißungen sowie die Beiträge in STRUPPE (Hg.), Studien. 14 Zu den Traditionslinien ausführlich SCHREIBER, Gesalbter. Speziell zu den Qumrantexten ZIMMERMANN, Texte, 46-229. 15 SCHREIBER, Gesalbter, 37 gibt zu Recht zu bedenken, "daß die bis heute erhaltenen Schriften der jüdischen Volksgruppen im 1. Jh. keinen umfassenden Einblick in deren Lebens- und Geisteswelt gestatten, sondern tatsächlich eine durch die Willkür der Geschichte gelenkte Auswahl bieten, so daß nur begrenzte Aussagen über die Wirklichkeitsverhältnisse dieser Periode möglich sind." 16 Vgl. dazu COLLINS, Scepter, 67f. 17 Das gilt auch für PsSal 17 (ebenso z.B. COLLINS, Scepter, 54; STRAUSS, Messiah, 4lf; KNIBB, Messianism, 169; ATKINSON, Origin, 444f; SCHREIBER, Gesalbter, [9].170172; PIETSCH, Sproß, 244, anders CHESTER, Expectations, 28; POMYKALA, Dynasty Tradition, 162; LAA TO, Star, 281 f; CHARLESWORTH, Messianology in the Biblical Pseudepigrapha, 31; SCHALLER, Messiaserwartungen, 205: "Gewaltlosigkeit ist sein Merkmal."): Der davidische Messias zermalmt ungerechte Fürsten (V.22), verstößt die Sünder vom Erbe (V.23a) und zerschlägt den Hochmut des Sünders wie des Töpfers Geschirr und all ihren Bestand mit eisernem Stab (V.23b.24a, vgl. Ps 2,9), er vernichtet gesetzlose Völker mit dem Wort seines Mundes (V.24b, ferner V.35a.36b, vgl. Jes 11,4). Siehe ferner 1QSb 5,24-29 (wiederum u.a. Rezeption von Jes 11,4 und Ps 2,9); 1QM 5,lf; 4Q161 Fragm. 8-10 23.25f; 4Q285 Fragm. 5 3f (auch hier steht Jes 11,4 im Hintergrund); Fragm. 6+4, s. auch CD 7,19-21; 4Q376 Fragm. 1 3,1-3 sowie 4Esra 12,31-34 (vgl. 13,25-38.49). - Zu Qumran s. das Resümee von ZIMMERMANN, Texte, 94: ,,4QI61, lQSb 5,20ff und 4Q285 sind ... wichtige Belege für die Verbindung von Jes 11 mit dem ,Fürsten' als militärisch-politischem Führer in der Endzeit und in der eschatolo-
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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Stärke Gott selbst steht l8 • Er wird Israel vom Joch anderer Völker befreien 19, die Völker unterwerfen 20 und zugleich, nach innen gerichtet, das Gottesvolk in Recht und Gerechtigkeit flihren 21 . Dass die mit dem davidischen Messias verbundene Heilserwartung streng israelbezogen ist, ist evident 22 . Wendet man sich dem Matthäusevangelium zu, so zeigt sich in diesem im Vergleich zu seinen Quellen Markus und Q ein signifikanter Bedeutungszuwachs der Rede von Jesus als davidischem Messias, wie schon das vermehrte Vorkommen von "Sohn Davids,,23 zu erkennen gibt: Während es keinen Hinweis auf ein Vorkommen des Titels in Q gibt und sich dessen Verwendung im Markusevangelium auf zwei Textsegmente beschränkt, nämlich die Heilung des blinden Bartimäus (Mk 10,47.48) und die Frage nach der Davidssohnschaft des Messias (12,35.37)24, hat Matthäus die Verwendung des Davidssohntitels erheblich ausgebaues. gischen Schlacht, der für die Qurnran-Gemeinde zugleich der erwartete davidische König war." 18 Siehe PsSal 17,22a.33f.37-39 ("Gott hat ihn stark gemacht mit heiligem Geist", V.37b); 4Q161 Fragm. 8-1023. 19 Nach PsSal 17 wird der "Sohn Davids" (V.21) "Jerusalem von Heidenvölkern reinigen" (V.22b) und "gesetzlose Völker durch das Wort seines Mundes vernichten" (V.24b, s. auch V.45: Gott "errette uns von der Unreinheit unheiliger Feinde."). Siehe ferner lQSb 5,24f. - Zum Motiv der Befreiung von Fremdherrschaft in den alttestamentlichen Herrscherverheißungen s. Jes 9,1-4; Jer 30,8; Ez 34,27f, s. auch 2Sam 7,10. Vgl. auch das wiederholt begegnende Motiv, dass Israel in Sicherheit wohnen wird (Jer 23,6; 33,16; Ez 34,[25].27f; Mi 5,3, s. wiederum auch 2Sam 7,10). 20 Siehe PsSal 17,30 (die Völker der Heiden werden ihm dienen unter seinem Joch); CD 7,20f; lQSb 5,27f; 4Q161 Fragm. 8-10 25f. - Siehe hingegen Sach 9,10: "Und er verkündet Frieden den Völkern." 21 Siehe PsSal 17 ,26f (er wird das heilige Volk in Gerechtigkeit führen); 17,32 ("und er ist ein gerechter, von Gott gelehrter König über sie, und nicht ist Ungerechtigkeit in seinen Tagen in ihrer Mitte"); 17,40 ("er weidet die Herde des Herrn in Treue und Gerechtigkeit"); lQSb 5,21f; 4Q161 Fragm. 8-1026-29, s. auch 4Q252 5,3 ("der Gesalbte der Gerechtigkeit"). - Dass der ideale Herrscher (Recht und) Gerechtigkeit bringt, ist ein stehender Zug in den prophetischen Herrscherverheißungen (s. Jes 9,6; 11,4f; Jer 23,5; 33,15; Sach 9,9). 22 Siehe exemplarisch die Deutung von Am 9,11 im Zusammenhang von 2Sam 7 in 4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)12f: "Das ist die zerfalle[ne] Hütte Davids, [d]ie er auftreten lassen wird, um Israel zu retten" (Übers. Steudel). 23 Vorchristlich als Messiasbezeichnung (kaum titularisch im strengen Sinne, vgl. KARRER, Der Gesalbte, 251; S. BRANDENBURGER, Gesalbte, 221; SCHREIBER, Gesalbter, 168; PIETSCH, Sproß, 242f) nur PsSal 17,21. - Zu anderen Bezeichnungen wie "Spross Davids" s. oben S. 18, Anm. 5. 24 Siehe dazu unten S. 32 mit Anm. 87. 25 Neben den vier aus Mk übernommenen Belegen (Mt 20,30.31; 22,42.45 par Mk 10,47.48; 12,35.37) hat Matthäus den Titel an weiteren sechs Stellen eingefügt. Resultiert
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Das sachliche Gewicht und die genaue Bedeutung dieses Christologoumenons sind freilich in der Matthäusforschung umstritten26 • Während es von einigen als ein wesentlicher Ausdruck der matthäischen Konzipierung der irdischen Wirksamkeit Jesu gewürdigt wurde27 , hat insbesondere Kingsbury die Relevanz des Titels zu marginalisieren versucht28 : Der Titel habe mit dem heilenden Handeln Jesu ein begrenztes Applikationsfeld29 ; er begegne nie im Munde der Jünger30 und bringe im Munde der Volksmengen (12,23; 21,9) angesichts von 21,11 letztlich deren inadäquate christologische Erkenntnis zum Ausdruck3 !. Stehe der Titel im Zusammenhang des Nachweises, dass Jesus der erwartete Messias gewesen sei, so diene der Beleg in 9,27 aus der Duplizierung von Mk 10,46-52 (vgl. dazu unten Kap. 2.2.1, S. 55) und hat die Verwendung des Titels in Mt 21,9 in der Vorlage Mk 11,10 (" ... gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da konunt") zumindest einen gewissen Anhalt, so sind die sonstigen vier Belege (neben 1,1 noch 12,23; 15,22; 21,15) sowie auch die Bezeichnung Josephs als ULOC; llauLö (1,20) dem Matthäusevangelium eigen. 26 Einen knappen Forschungsüberblick bietet NOVAKOVIC, Messiah, 2-5. 27 Siehe HUMMEL, Auseinandersetzung, 116-122; SUHL, Davidssohn; JOHNSON, Purpose, 217f; STRECKER, Weg, 118-120; SAND, Gesetz, 143-150; NOLAN, Son, 149-215; VERSEPUT, Role, 533-537 (vgl. VERSEPUT, Messiah); BROER, Versuch, 1256-1261; PAFFENROTH, Jesus, 551-554; NOVAKOVIC, Messiah, passim und zuletzt BAXTER, Healing, bes. 37-41.46 und vor allem DEINES, Gerechtigkeit, 469-500, nach dem "für die Christologie des Matthäus das Bekenntnis zu Jesus als dem messianischen Davidssohn eine herausragende Funktion besitzt" (497), ferner auch TATUM, Origin, bes. 534. 28 KINGSBURY, Son of David. Ich beziehe mich im Folgenden auf diesen Aufsatz. KINGSBURY hat seine Thesen ferner dargelegt in seiner Monographie Matthew: Structure, Christology, Kingdom, 99-103. - Vgl. im Gefolge Kingsburys W.R.G. LOADER, Son of David; BAUER, Structure, 80-82.142-145 sowie MEIER, Vision, 72; R.E. BROWN, Birth, 134; GIELEN, Konflikt, 202. Eine extreme Position hat EBERSOHN, Nächstenliebegebot, 188-192 bezogen: Auch in 1,1 charakterisiere die Davidssohnschaft Jesu allein "die gängige jüdische Meinung, die abgelehnt wird" (191). Die Unhaltbarkeit dieser These geht schon aus 21,15f eindeutig hervor (dazu unten Kap. 2.1.1.1, S. 25 und Kap. 3.1, S. 104 mit Anm. 51). 29 KINGSBURY, Son ofDavid, 592f. - Die enge Verbindung von Davidssohnschaft und Heilungen wird allgemein vermerkt, doch geht dies nicht notwendig wie bei Kingsbury mit der dezidierten Abwertung der Bedeutung des Titels einher (vgl. vor allem NoVAKOVIC, Messiah, passim). 30 KINGSBURY, Son ofDavid, 592. Vgl. SUHL, Davidssohn, 76. 31 KINGSBURY, Son of David, 600. In diesem Sinne auch SUHL, Davidssohn, 79; EBERSOHN, Nächstenliebegebot, 190f sowie auch NOVAKOVIC, Messiah, 90. 112f. Die Position von Novakovic beruht freilich nicht darauf, dass sie die Davidssohnakklamation an sich als inadäquat ansieht (s. vielmehr z.B. a.a.O., 122!), sondern auf ihrer Sicht der Volksmengen. Die bei ihr anzutreffende negative Abhebung der Volksmengen von den Kranken, die Jesus als Davidssohn anrufen, sowie von den Kindern im Tempel begegnet schon bei KINGSBURY, Son of David, 599f. Sie hat, wie unten Kap. 3.1 noch darzulegen sein wird, den Textbefund in 21,1-17 eindeutig gegen sich.
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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dies wesentlich dem apologetischen Zweck, Israels Schuld nachzuweisen 32 . Und schließlich: Im Gesamtzusammenhang sei die Rede von der Davidssohnschaft mit ihrer begrenzten Bedeutung deutlich dem für Matthäus zentralen Christologoumenon der Gottessohnschaft Jesu unterzuordnen 33 • Damit sind bereits einige wesentliche thematische Aspekte aufgeworfen, denen im Folgenden sukzessiv nachzugehen sein wird. Welcher Stellenwert kommt dem Motiv der Davidssohnschaft im Rahmen der matthäisehen Entfaltung des (irdischen) Wirkens Jesu zu? Wie ist die Rede von Jesus als Davidssohn im Munde der Volksmengen (und der Kinder im Tempel) in 12,23; 21,9.(15) zu werten? Gegen Kingsburys Versuch einer strengen Hierarchisierung der christologischen Titel ist auf die Aspekthaftigkeit aller Titel hingewiesen worden 34 . Wie sind Gottes- und Davidssohnschaft in der matthäisehen Christologie einander zugeordnet? Und was ergibt sich daraus im Blick auf die heilsgeschichtliche Konzeption des Evangeliums? Im Zuge der nachfolgenden Analysen wird dabei deutlich werden, dass die isolierte Betrachtung christologischer Titel dem narrativen Charakter der matthäisehen Christologie 35 nicht gerecht zu werden vermag. Vielmehr gilt gerade im Blick auf den Davidssohntitel, dass dieser zwar in bestimmten Aussagezusammenhängen schwerpunktmäßig beheimatet, aber in einen umfassenderen christologischen Zusammenhang eingebunden ist und seine Bedeutung nur im Licht der Gesamtkonzeption adäquat gewürdigt werden kann. Die folgende Analyse setzt mit der Einführung des Christologoumenons der Davidssohnschaft in Mt 1 und seiner letzten expliziten Erwähnung in Mt 22,41-46, also gewissermaßen mit den Rahmentexten, ein. Beiden Textzusammenhängen ist gemeinsam, dass hier Davids- und Gottessohnschaft miteinander verbunden sind.
KINGSBURY, Son ofDavid, 597-60l. KINGSBURY, Son of David, 593-597. - Zur These der Zentralität der Gottessohnschaft Jesu s. KINGSBURY, Son of God. Kritisch dazu z.B. D. HILL, Son, 2-6. 34 So Luz, Skizze, 235: "Man kann ... nicht einfach einen einzelnen christologischen Titel als ,hauptsächlichen' Titel bezeichnen. Jeder von ihnen urnfaßt besondere Aspekte gegenüber anderen und alle bezeichnen nur Aspekte der mt Christologie." Vgl. die Kritik an Kingsbury bei BROER, Versuch, 1258f; COUSLAND, Crowds, 180; NOVAKOVIC, Messiah, 62 sowie VERSEPUT, Role, 533: ,,[A]ny reconstruction of the Matthean christology which ex alts the Son of God concept at the expense of the Davidic Messiahship must be admitted to run counter to an obvious Matthean preoccupation." 35 Dazu Luz, Skizze, 223. Siehe ferner z.B. REpSCHINSKI, Stories, 333-335. 32 33
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
2.1.1 Der Gottessohn als Davidssohn 2.1.1.1 Die Einführung der Davidssohnschaft in Mt 1
Ein Charakteristikum des Matthäusevangeliums besteht bekanntlich in den zahlreichen Reflexionszitaten36, mit denen der Evangelist Weg und Wirken Jesu als Erfüllung der Verheißungen der Schrift ausweist und so zu zeigen sucht, dass Jesus tatsächlich der in den Heilshoffnungen Israels erwartete Messias ist37 • Angelegt ist dieser Grundzug der matthäisehen Jesusgeschichte bereits in der Überschrift in 1,1 sowie im nachfolgenden Stammbaum in 1,2-17. Zugleich zeichnet sich schon hier die Relevanz der Davidssohnschaft Jesu in der Christologie des ersten Evangeliums ab, wird doch gleich in 1,1 in der doppelten appositionellen Näherbestimmung von "Jesus 38 Christus" als ULO<; ßauLö und ULO<; 'AßpaatJ. der Davidssohntitel eingeführt. Dabei ist die Frage, ob 1,1 literarisch Überschrift nur über den Stammbaum (bzw. Mt 1)39, über den gesamten Prolog (1,1-4,16)40 oder über das ganze Evangelium41 ist42 , insofern von untergeordneter Relevanz, als dies die grundlegende inhaltliche Bedeutung des Verses wenig tan-
36 Siehe Mt 1,22f; 2,15.17f.23; 4,14-16; 8,17; 12,17-21; 13,35; 21,4f; 27,9f. - Anzumerken ist, dass die Reflexionszitate im Blick auf die Relevanz der Schrift in der matthäischen Jesusgeschichte nur exemplarische Bedeutung haben (vgl. STANTON, Gospel, 346; SENIOR, Lure, 90.104; HAYS, Torah, 168f). 37 Zur apologetischen - bzw. nach innen gerichtet legitimatorisch-vergewissemden Funktion der Zitate vgl. MCCONNELL, Law, 134.138; HOWELL, Story, 185f; OVERMAN, Gospel, 75-78; SENIOR, Lure, 101f.l04; THEISSEN, Davidssohn, 156-158; HAYS, Torah, 167 u.a. 38 Dass der Leser bei dieser ersten Nennung des Namens "Jesus" an Josua denken, die Landnahme assoziieren und dies auf die Überwindung Roms durch Jesus beziehen soll (so CARTER, Christology, 156f), geht an der matthäischen Intention vorbei, wie 1,21 zeigt, wo Matthäus den Namen "Jesus" explizit deutet. 39 Siehe LOHMEYER, Mt, 4; Luz, Mt 11, 88; SCHWEIZER, Mt, 8; GNILKA, Mt I, 7; GUNDRY, Mt, 13; HAGNER, Mt 1,5.9; WIEFEL, Mt, 27; JOHNSON, Purpose, 225; VÖGTLE, Genealogie, 73; TATUM, Origin, 524f; R.E. BROWN, Birth, 58f; STANTON, B(ßAoc;, 11881190; NOLLAND, Genesis, 471; ELOFF, Exile, 78. 40 So KRENTZ, Extent, 411-414; KINGSBURY, Matthew: Structure, 9-11; BAUER, Function, 133-139.153 (vgl. BAUER, Structure, 75-77); LANDMESSER, Jüngerberufung, 18-30. 41 So ZAHN, Mt, 39-44; KLOSTERMANN, Mt, 1; SCHNIEWIND, Mt, 9; GRUNDMANN, Mt, 61; SAND, Mt, 40f; FRANKEMÖLLE, Mt I, 128f (vgl. FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 360-365); SENIOR, Mt, 33f; Luz, Mt 15, 117-119; S. BROWN, Universalism, 393; DORMEYER, Mt 1,1 als Überschrift, 1361-1363, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt I, 149154.156; MAYORDOMo-MARiN, Anfang, 212f. 42 Zur Diskussion der Argumente s. die Ausführungen bei DAVIEs/ALLISON, Mt I, 149-154; Luz, Mt 117-119; MAYORDOMO-MARiN, Anfang, 208-213.
e,
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giert43 . Matthäus exponiert mit dieser einleitenden doppelten Bezeichnung Jesu die beiden heilsgeschichtlichen Horizonte seiner Jesusgeschichte: Ist mit der Davidssohnschaft die Erfiillung der Israel gegebenen HeilsverheiBungen verbunden, so weitet sich der Blick mit der Rede von der Abrahamsohnschaft auf das Heil fiir die Völkerwelt aus 44 • Mt 1,1 enthält somit in gewisser Hinsicht "in nuce das ganze mt Evangelium,,45. Umgekehrt formuliert: Dass Matthäus diese heils geschichtliche Thematik gleich in 1,1 aufwirft, deutet deren Zentralität fiir die matthäisehe Neuerzählung der Jesusgeschichte an und verweist damit darauf, dass die Rede von der Davidssohnschaft Jesu ein wesentliches Thema der matthäi sehen Jesusgeschichte titularisch verdichtet. Blickt man von hier aus auf21,9.15, so signalisiert schon die Einführung des Christologoumenons der Davidssohnschaft Jesu an der prominenten Stelle von 1,1, dass in den Akklamationen des Volkes und der Kinder in Mt 21 schwerlich eine insuffiziente oder gar verfehlte christologische Erkenntnis zum Ausdruck kommen so1l46, zumal Jesus selbst den Ruf der Kinder durch das Zitat aus Ps 8,3 als ein gottgewolltes Lob ausweist (21,16). Zugleich macht die Hinzusetzung von utou 'Aßpaaf! in 1,1 deutlich, dass mit der Davidssohnschaft Jesu noch nicht alles gesagt ist. Mit dem Stammbaum in 1,2-16, der mit den verschiedenen geziehen Ergänzungen des genealogischen Grundschemas "x zeugte y"47 eine schriftgelehrte Meisterleistung des Evangelisten darstellt, wird in komprimierter Weise die für Matthäus auf Jesus zulaufende Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel vergegenwärtigt48 und damit zugleich in verdichteter Form eine facettenreiche Präsentation der Bedeutung Jesu geboten. Die auffälligsten Zusätze sind zweifelsohne die Nennungen von vier Frauen, deren Sinn später nachzugehen sein wird49 . Im hier verfolgten Zusammen43 Auch dann nämlich, wenn man 1,1 ,nur' als Überschrift zu 1,2-17 auffasst, ist zu beachten, dass der Stammbaum selbst eine gebündelte, andeutende Vorwegnahme zentraler Aspekte der in der matthäischen Jesusgeschichte entfalteten Bedeutung Jesu darstellt (vgl. GNILKA, Mt I, 7f; HAGNER, Mt I, 9). Siehe dazu im Folgenden. 44 Vgl. KINGSBURY, Son of David, 598; FRANKEMÖLLE, Tora, 103; DEINES, Gerechtigkeit, 449. - Zur Bedeutung der Rede von der Abrahamsohnschaft Jesu in Mt 1,1 ausführlicher unten Kap. 5.1. 45 So - die etwas überspitzte - These von FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 318. - Dies muss freilich nicht heißen, dass 1,1 formal die Überschrift zum ganzen Evangelium ist (vgl. Anm. 43). 46 Ebenso COUSLAND, Crowds, 17. 177f. - Zur Gegenposition s. unten Kap. 3.1, S. 103-105. 47 Vgl. Rut 4,18-22; lChr 2,10-22; 2,36-41; 5,30-41 u.ö. 48 Treffend Luz, Mt 15 , 130 mit Blick auf die Zusatzbemerkungen in Mt 1,2-16: Die Genealogie wird ,,[h]ier ... zu einem Stenogramm der Geschichte Israels." 49 Siehe dazu unten Kap. 5.1.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
hang ist neben dem Verweis auf die zwölf Stammväter Israels in 1,2 (vgl. Mt 10,2-4; 19,28!), mit dem wahrscheinlich das Motiv der Sammlung und Restitution des Zwölfstämmevolkes angedeutet werden so1l50, zunächst die Hervorhebung Davids zu vermerken: Nicht nur wird das Königtum Davids in dem Kommentarwort in 1,17 neben dem babylonischen Exil als Epocheneinschnitt angeflihrt; David ist auch im Stammbaum selbst dadurch betont, dass nur bei ihm der Königstitel hinzugesetzt ist (1,6). Der einzige, der danach mit einem Titel genannt wird, ist Jesus selbst51 : Er wird, so V.16, Christus genannt. Im Licht von 1,1 liegt die Annahme nahe, dass Matthäus hier gezielt eine Verbindung zwischen dem König David und dem davidischen Messias Jesus aufbauen wollte 52 , um die Rede von Jesus als Davidssohn in 1,1 zu unterstreichen. Matthäus klammert in seiner Darstellung Jesu als Davidssohn königliche Attribute keineswegs aus 53 , wie nicht nur die Einfligung des Reflexionszitats in 21,4f, sondern auch Mt 2,1-6 deutlich macht 54. Kurzum: Matthäus präsentiert Jesus gleich zu Beginn als den königlichen davidischen Messias. Das die Genealogie in dreimal vierzehn Generationen gliedernde 55 Kommentarwort in V.17 evoziert den Gedanken an einen "göttlichen Plan, der über der auf Jesus hinflihrenden Geschichte Israels liegt"56. Die von Gott mit der Berufung Abrahams begonnene Heilsgeschichte läuft zielge-
Vgl. SAND, Mt, 43; JOHNSON, Purpose, 151f; OBERFORCHER, Wurzel, 9.14. Vgl. GNILKA, Mt I, 4; FRANKEMÖLLE, Mt I, 139; SCHNIDERISTENGER, Frauen, 189(f); DEINES, Gerechtigkeit, 470f. Siehe auch DAVIS, Fulfillment, 528; ELOFF, Exile, 77. 52 Vgl. HARRINGTON, Mt, 28f; GUNDRY, Mt, 15; HAGNER, Mt I, 11; OBERFORCHER, Wurzel, 14f. 53 Vgl. VERSEPUT, Messiah; BAUER, Kingship. 54 Siehe dazu unten Kap. 2.1.2, S. 33-35. 55 Die Diskussion über den Hintergrund der Strukturierung in drei mal vierzehn Generationen ist hier nicht aufzunehmen; s. dazu die Übersicht bei DAVlEs/ALLISON, Mt I, 161-165, ferner auch JOHNSON, Purpose, 189-208. Zur Schwierigkeit, die in 1,17 vorgebrachte Gliederung mit der tatsächlichen Generationenzahl in Einklang zu bringen, s. DAVlEs/ALLISON, Mt I, 186; Luz, Mt 15, 129.130. Erwägenswert ist der Vorschlag von WILK, Jesus, 83, Anm. 3: "Mit V.17 weist Matthäus selbst daraufhin, wie er zu dieser Zahl kommt: Die erste und die zweite Epoche sieht er in der Person Davids verbunden, die daher doppelt zählt - als Abschluß und als Anfang. Die zweite und die dritte Epoche jedoch sind in der matthäisehen Darstellung durch das Ereignis des Exils verknüpft, so daß Jechonja - er wurde nach V.II ,zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft' geboren! - nur in der dritten Epoche mitgerechnet wird" (Hervorhebung im Original). 56 Luz, Mt 15 , 136. Vgl. SAND, Mt, 42.46; FRANKEMÖLLE, Mt I, 139; JOHNSON, Purpose, 208.219; WAETJEN, Genealogy, 212; BAUER, Function, 142; OBERFORCHER, Wurzel, 13; OSTMEYER, Stammbaum, 189 u.a. 50
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richtet auf Jesus ZU57 • Die Epochenmarkierungen in 1,17 treffen sich dabei mit Zusatzbemerkungen im genealogischen Schema und sind insofern innerhalb der Genealogie selbst vorbereitet. Die erste Periode reicht bis David, "dem König" (1,6); der nächste Epocheneinschnitt bei Jechonja wird durch den Verweis auf das babylonische Exil markiert (l, 11). Fragen kann man darüber hinaus, inwiefern Matthäus die drei Epochen mit bestimmten Themen verbunden sah, welche die Bedeutung dessen, auf den diese Geschichte zuläuft, beleuchten58 . Für die erste Periode von Abraham bis David wäre dann an die Setzung der großen Heilsverheißungen - der die Völker einbeziehenden Verheißung an Abraham zum einen, der speziell auf Israels Heil blickenden Verheißung an David zum anderen -zu denken. In der zweiten Periode fUhrt Matthäus die Genealogie - anders als Lukas 59 - über die Könige Judas. Dies ermöglicht ihm, dass der Stammbaum weiterhin als eine verdichtete Vergegenwärtigung der mit Abraham begonnenen Geschichte Israels fungieren kann; auch und im Besonderen die Erwähnung des babylonischen Exils ergibt sich aus der Wahl der königlichen Linie. Zugleich ist mit EiTt ,ile; flEwLKEOLae; BaßuAwvoe; implizit auf die seitdem bestehende Vakanz auf dem Thron Davids verwiesen 6o • Da die Geschichte der Nachfolger Davids auf dem Thron nach der deuteronomistischen Geschichtsbetrachtung, von wenigen Lichtblicken wie etwa König Josia abgesehen, eine Geschichte des Scheiterns, des Vers agens und des Abfalls ist, die schließlich eben in der Katastrophe der Exilierung als Konsequenz endet, kann man fragen, ob hier das sich in der flE,oLKEoLa BaßuJ..wvoe; dokumentierende Versagen der Herrscher als Kontrasthintergrund fUr die Erwartung des idealen Herrschers, des davidischen Messias, dienen soll. Dazu passt jedenfalls, dass Matthäus später z.B. durch die Metapher der hirtenlosen Herde (9,36) die desolate Lage der jüdischen Volksmengen betont und dabei alttestamentliche Texte Pate stehen, die eben die Katastrophe des babylonischen Exils aufnehmen und das Versagen der Führungsschicht beleuchten61 . Die Führung der Genealogie über die königliche 57 Im Blick auf die Davidssohnschaft Jesu wird dadurch unterstrichen, dass Jesus nicht ein beliebiger, sondern eben der messianische Davidssohn, der Christus (1,16), ist (vgl. TATUM, Origin, 528f; NOVAKOVIC, Messiah, 42). 58 Vgl. den Vorschlag von OSTMEYER, Stammbaum, 178-185. 59 Lukas führt die Genealogie über einen unbekannten Davidssohn namens Natan (es ist schwerlich der Prophet gemeint). NovAKOVIC, Messiah, 39 verbindet dies mit der lukanischen Betonung der Zuwendung zu den Marginalisierten: "Luke shows that Jesus' ancestors were insignificant people, which is in agreement with his concern for those who are poor and marginalized." 60 Vgl. NOLLAND, Women, 533, Anm. 19. 61 Siehe unten Kap. 2.l.2, S. 38.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Linie mit der ausdrücklichen Erwähnung des Exils verstärkt so die in 1,1 introduzierte Präsentation Jesu als des königlichen Messias Israels, in dem sich die Hoffnungen auf den idealen davidischen Herrscher erfüllen62 . Im dritten Teil des Stammbaums lassen sich, von Schealtiel und Serubbabel abgesehen 63 , die Namen nicht mehr aus anderen Quellen bekannten Personen zuweisen. Es zeigt sich aber auch hier ein auffälliges Charakteristikum, nämlich die Häufung von Namen bzw. Personen, zu denen es im Alten Testament Namensvetter gibt, die mit Priestertum und Tempel in Verbindung stehen64 • Dies lässt daran denken, dass Matthäus hier neben dem königlichen Akzent der zweiten Periode noch einen priesterlichen Akzent zu setzen sucht65 , der an die Erwähnung des Exils als Hinweis auf die Sünden der Regenten und des von diesen geleiteten Volkes anknüpft. Ist das richtig, dann ist das in 1,21 im Zuge einer Deutung des Namens "Jesus" angeführte christologische Basismotiv, dass Jesus sein Volk von "ihren (au't"wv)" Sünden retten wird, durch den vorangehenden Stammbaum vorbereitet66 . Wie dem auch sei: Festzuhalten ist, dass Matthäus mit der Genealogie wichtige Momente der Sendung Jesu andeutet 67 und schon hier die Zeichnung Jesu als des königlichen Messias aus dem Hause David als bedeutsames christologisches Motiv hervortritt. Freilich ist gerade an dieser Stelle zugleich eine Spannung zu vermerken, die durch die auffälligste Abweichung vom genealogischen Schema in 1,16b erzeugt wird: Die Ge62 DAVlEs/ALLISON, Mt I, 180 fragen zu Recht: "Is not the reader to infer that the kingdom that was inaugurated with David and lost at the captivity is restored with the coming of Jesus, the Davidic Messiah?" - Siehe auch ELOFF, Exile, 83f. 63 Siehe lChr 3, I 9LXX (diff. MT); Esra 3,2.8; 5,2; Neh 12,1; Hag 1,1 u.ö. 64 Siehe dazu OSTMEYER, Stammbaum, 183f. Anders MAYORDOMO-MARIN, Anfang, 236: "eine Reihe Namen, die nicht näher erläutert werden und wohl kaum bekannt waren". - Beachtung verdient, dass in IChr 3,19-24 Nachkommen Serubbabels genannt werden. Ein Abiud ist nicht darunter. Wenn Matthäus die Passage kannte, würde dies unterstreichen, dass im dritten Abschnitt nicht beliebige Namen angeführt werden bzw., positiv gewendet, dass die angesprochene Häufung ,priesterlicher' Namen schwerlich Zufall ist. 65 Vgl. OSTMEYER, Stammbaum, 182-185 und zuvor schon GNILKA, Mt I, 10. Zustimmend zu Ostmeyer z.B. KARRER, David, 332; DEINES, Gerechtigkeit, 472. - Königliche und priesterliche Vorfahren zu haben ist im Übrigen nach Josephus, Vita If das Höchste, was im Judentum an Adel aussagbar ist. 66 So WRIGHT, People, 386. 67 Extensiv OSTMEYER, Stammbaum, 189f: Jesus ist der "Kulminationspunkt der Heilsgeschichte, indem er mittels seiner Abstammung und durch sein Leben ihre wesentlichen Epochen und Aspekte verkörpert und rekapituliert: Väter, Könige, Priester, das Hinzukommen der Heiden, Krankheit bzw. Heilung (der aussätzige Usija) und Gefangenschaft bzw. Befreiung (der gefangene Jechonja) gehören zu seinem Leben und Werk".
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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nealogie läuft zwar über Joseph, doch wird dieser dann lediglich als "Mann der Maria" bezeichnet, E~ ~C; EYEVV~6'll 'I'lloouC; 6 A.EYOfJ.EVOC; XPWTOC;. Die Auflösung dieser Spannung leistet 1,18-25 68 . Das Passivum EYEVV~6'll wird dadurch erläutert, dass Maria vom Heiligen Geist schwanger ist (1,18.20). Die Mehrheit der Ausleger findet hier zu Recht durch das Motiv der gottgewirkten Geburt, näherhin der - durch das Erf'üllungszitat in 1,22f in der Schrift verankerten - Jungfrauengeburt, das Christologoumenon der Gottessohnschaft grundgelegt69 • Daf'ür spricht grundlegend die anderorts anzutreffende Verbindung von Geist und Gottessohnschaft (Mk 1,9-11; Lk 1,35; Röm 1,3f)7o, ferner aber auch die Verbindung, die Matthäus durch die parallelen Einleitungswendungen zwischen den Reflexionszitaten in 1,22f und 2,15 71 hergestellt hatn. In dem Zitat in 2,15 ist erstmals ausdrücklich von Jesus als Sohn Gottes die Rede; die zu 1,22 parallel formulierte Zitateinleitung indiziert, dass es auch in 1,23 um den Gottessohn geht. Zugleich aber dient 1,18-25 wesentlich dazu, angesichts der durch 1,16 entstandenen Spannung zu begründen, dass Jesus tatsächlich Davidide ist: Joseph, ein Sohn Davids (1,20), wie Matthäus ausdrücklich anmerke 3 , hat ihn zum Sohn adoptiere4 • Der Gottessohn Jesus ist dadurch vollgültig in die Nachkommenschaft Davids eingegliedert. 68 In dieser Hinsicht ist die Bezeichnung von 1,18-25 als "enlarged footnote" zur vorangehenden Genealogie durch STENDAHL, Quis et Unde, 102 durchaus treffend (zustimmend z.B. SCHNACKENBURG, Mt I, 19; VÖGTLE, Genealogie, 70; BORNKAMM, Der Auferstandene, 307, s. auch KLEIN, Christologie, 159: "eine midraschartige Erläuterung zum Geschlechtsregister 1,1-17"). Zugleich ist freilich anzumerken, dass es in 1,18-25, wie schon die Einführung des Immanuelmotivs in 1,23 zeigt, noch um anderes als allein um die Davidssohnschaft Jesu geht. 69 Siehe DAVIEs/ALLISON, Mt I, 212; HAHN, Hoheitstitel, 314; PESCH, Gottessohn, 410f.416-419; KINGSBURY, Son of God, 6f (vgl. KINGSBURY, Matthew as Story, 54f); R.E. BROWN, Birth, 133-137; GEIST, Menschensohn, 387f; BAUER, Structure, 65.80.82; DUNN, Christology, 49f; RIEDL, Mt 1, 95-109; BROER, Versuch, 1277; NOVAKOVIC, Messiah, 46f. Dagegen aber SCHNIDERISTENGER, Abstammung, 263f; VERSEPUT, Role, 532f; NOLLAND, Christology; KLEIN, Christologie, 164. 70 Anders Kupp, Emmanuel, 172f. 7\ Nur in diesen bei den Zitaten begegnet in der Einleitung tmo KUP LOu öux 'tOU
1TPOCP~'tou. 72 Siehe dazu PESCH, Gottessohn, 397f.405-413, vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt I, 212; Luz, Mt 15 , 149; RIEDL, Mt 1, 97; MILER, Citations, 20f; PAUL, Texte, 281.289 u.a. 73 Zur redaktionellen Herkunft von ULO, ßewLö in 1,20 s. BURGER, Davidssohn, 103f sowie auch Luz, Mt 15 , 142, Anm. 9. Anders z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt I, 207f. 74 Vgl. SUHL, Davidssohn, 67f; MCCONNELL, Law, 105f; JOHNSON, Purpose, 218; BURGER, Davidssohn, 104; WAETJEN, Genealogy, 225; TATUM, Origin, 531; VERSEPUT, Role, 533; WEREN, Women, 295; NOVAKOVIC, Messiah, 43-45; PAUL, Texte, 29.256.267; BAXTER, Healing, 37.
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Mit der hier zutage tretenden Zuordnung von Gottes- und Davidssohnschaft Jesu - Jesus ist sozusagen von Geburt an Sohn Gottes, während er zum Sohn Davids durch Adoption wird - unterscheidet sich Matthäus von anderen Zuordnungen, die in frühchristlichen Texten greifbar sind. So erscheinen Davids- und Gottessohnschaft Jesu in der Röm 1,3f zugrunde liegenden judenchristlichen Tradition in eine Zweistufenchristologie eingespannt, in der Jesu irdisches Wirken unter dem Vorzeichen seiner Davidssohnschaft steht, während seine Gottessohnschaft mit seiner Erhöhung bei der Auferstehung verbunden erscheine5 . Ähnlich verknüpft Apg 13,33f im Zusammenhang einer Zitation von Ps 2,7 die Gottessohnschaft des Davidssohns Jesu (vgl. Apg 13,23) mit dessen Auferweckung. Blickt man auf Ps 2,7 selbst, so geht es hier darum, dass Gott den König auf dem Throne Davids im Sinne eines Adoptionsvorgangs als seinen Sohn annimmt 76 (vgl. Ps 89,27f; 2Sam 7,14). In Mt 1 liegt dagegen ein umgekehrter Vorgang vor: Nicht der Davidssohn Jesus wird als Gottessohn adoptiert, sondern der Gottessohn Jesus als Davidssohn77 • Die Gottessohnschaft, die Jesu einzigartige Nähe zu und Verbundenheit mit Gott zum Ausdruck bringeS, geht voran und erscheint als übergreifende Identität Jesu. Dies scheint prima facie Kingsburys Ansatz zu bestätigen. Aber Matthäus sucht damit gerade nicht die Davidssohnschaft abzuwerten. Aussageintention von Mt 1 ist nicht, dass Jesus nicht bloß Davidssohn, sondern Gottessohn ist. Der Ton liegt hier vielmehr darauf, dass der Gottessohn Jesus in die Verheißungsgeschichte Gottes mit Israel eingestellt wird und zunächst wesentlich als Davidssohn, d.h. in seiner ihm als Davidssohn zukommenden Aufgabe in Erscheinung tritt. Anders gesagt: Mit dem Motiv der Davidssohnschaft lässt schon Mt 1 die Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen als zentrales Moment der Sendung Jesu hervortreten. Man verfehlt Matthäus' Konzeption grundlegend, wenn man die Bedeutung von Davids- und Gottessohnschaft gegeneinander ausspielt. Schon in Mt 1 sind sie vielmehr positiv einander zugeordnet, womit Matthäus, wie gesehen, alttestamentlich-frühjüdische Tradition modifiziert aufnimmt. Davon bleibt unbenommen, dass die Inversion des Adoptionsvorgangs damit einhergeht, dass die Gottessohnschaft Jesu noch andere und weitergehende Aspekte umfasst als die Davidssohnschaft. Der zweite , Rahmentext' 22,41-46, in dem Davids- und Gottessohnschaft Jesu erneut gemeinsam thematisiert werden, deutet ebenZur in Röm 1,3frezipierten Tradition WILCKENS, Röm 1,56-61. Siehe dazu H.-J. KRAUS, Ps I, 150-153 (vgl. H.-J. KRAUS, Theologie der Psalmen, 142); PREUSS, Theologie II, 34. 77 Vgl. dazu WAETJEN, Genealogy, 228; NOVAKOVIC, Messiah, 50.63. 78 Vgl. VERSEPUT, Rejection, 31-33; Luz, Skizze, 231. 75
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dies an. Umgekehrt ist aber eben nicht weniger zu beachten, dass beide Titel einen konzeptionellen Zusammenhang bilden: Hinter Jesu Auftreten als Davidssohn steht seine Würde als Gottessohn, und umgekehrt ist das irdische Wirken des Gottessohns zentral durch die ihm als davidischem Messias zukommende Aufgabe bestimmt. 2.1.1.2 Die Frage nach der Sohnschaft des Messias in 22,41-46 Matthäus hat hier den Monolog Jesu in der Markusvorlage (Mk 12,35-37) dialogisch zu einem Streitgespräch umgestaltet79 • Die markinische Eingangs frage, wieso die Schriftgelehrten sagten, dass der Messias der Sohn Davids sei, ist durch die an die Pharisäer adressierte Frage ersetzt worden: "Was meint ihr über den Christus? Wessen Sohn ist er?" Im Gesamtkontext betrachtet ist diese Neuformulierung in die für Matthäus bedeutsame Konzeption der doppelten Sohn schaft Jesu einzustellen, d.h. für Matthäus gibt es auf die Frage zwei richtige (und zusammengehörige) Antworten: Jesus ist Sohn Davids und Sohn Gottes 80 . Dies wird dadurch erhärtet, dass Davids- wie Gottessohnschaft Jesu vom Evangelisten explizit mit dem Christustitel verbunden wurden. Weist zum einen Mt 1,1(-17); 2,4; 11,2 auf davidisch-messianisches Kolorit 8l , so hat Matthäus zum anderen das Christus-Bekenntnis des Petrus um 6 utoc; toD eEOD toD (WVtOC; ergänzt82 . Die Antwort der Pharisäer nimmt nur die Davidssohnschaft auf. Jesu weitere Ausführungen stellen nicht in Frage, dass die Antwort korrekt ist, sondern problematisieren deren Eingliedrigkeit83 : Jesus ist tatsächlich Sohn Davids, aber nicht nur. Im Blick auf die christologische Konzeption des ersten Evangelisten ist zum einen zu beachten, dass die folgenden Aussagen über den Messias als 79 Zur Bedeutung des Streitgesprächs im Kontext von Mt 21,23-22,46 s. unten Kap. 3.1.2.5. 80 VgJ. GUNDRY, Mt, 451.452; Luz, Mt III, 286-288; FRANKEMÖLLE, Mt 11, 357; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 250.252.255; FIEDLER, Mt, 340f; SUHL, Davidssohn, 61; JOHNSON, Purpose, 228; LANGE, Erscheinen, 228; HULTGREN, Jesus, 45; VERSEPUT, Rejection, 34; GlELEN, Konflikt, 272; MEISER, Reaktion, 248; NOVAKOVIC, Messiah, 60; BAXTER, Healing, 41. Gegen die These einer Anspielung auf Jesu Gottessohnschaft in 22,41-46 BURGER, Davidssohn, 89; BROER, Versuch, 1258. - Unhaltbar ist die These von EBERSOHN, Nächstenliebegebot, 188-192, hier werde behauptet, dass "der Christusund damit auch Jesus - nicht der Sohn Davids ist und sein kann" (188). VgJ. dazu oben S. 22, Anm. 28. 81 Zu Mt 11,2 s. unten Kap. 2.2.1, S. 56. 82 Näheres dazu unten Kap. 5.2.2.2, S. 315-316. 83 Dabei ist zu beachten, dass die Pharisäer die Frage als eine allgemeine Frage über den Messias nehmen. Jesus freilich stellt damit näherhin eine Frage über sich selbst, mit der die Frage nach seiner Vollmacht (21,23-27) weitergeführt wird. Wessen Sohn ist er?
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Kyrios und seine Erhöhung zur Rechten Gottes (V.43-45) im Licht der Eingangsfragen in V.42a, wie gesehen, als Aussagen über seine Gottessohnsch-aft zu lesen sind, zum anderen, dass die beiden TTwc;-Fragen in V.43-45 keineswegs gleichbedeutend sind84 . Vielmehr steht zunächst die Frage im Raum, wie der Sohn Davids zugleich Davids Herr sein kann. Die Lösung dieser scheinbaren Spannung ergibt sich daraus, dass der messianische Davidssohn zugleich eben Gottes Sohn und als solcher David als Kyrios übergeordnet ist. Bei der zweiten Frage geht es dann umgekehrt darum, wie der, den David Herr nennt, sein Sohn sein kann. Der Leser der matthäischen Jesusgeschichte weiß die Antwort aus 1,18-25: Der Gottessohn Jesus wurde vom Davidssohn Joseph als Sohn ,adoptiert'. 22,41-46 rekapituliert und bekräftigt in seiner redaktionellen Gestaltung also den christologischen Ansatz von Mt 1. Der Ton liegt nun darauf, dass die Identität Jesu mit der Davidssohnschaft noch nicht erschöpfend dargestellt ist. Jesus ist noch mehr als der davidische Messias 85 - im nachfolgenden Kontext, konkret in der Erzählung von Jesu Passion und Auferstehung, wird dies betont herausgestellt. Gleichwohl ist daraus eben nicht die Insuffizienz der Rede von der Davidssohnschaft Jesu zu folgem 86 ; Züge der markinischen Version, die sich im Sinne einer Marginalisierung, wenn nicht grundsätzlichen Infragestellung der (Bedeutung der) Davidssohnschaft Jesu 87 verstehen lassen, werden in der matthäischen Umgestaltung des Textes nicht fortgeschrieben 88 • Festzuhalten ist: Kennzeichnend für Matthäus' christologische Konzeption ist die positive Zuordnung von Gottes- und Davidssohnschaft. Das Vgl. zum Folgenden NOVAKOVIC, Messiah, 61f. In diesem Sinne jetzt auch DEINES, Gerechtigkeit, 494. 86 Auf dieser Linie auch SUHL, Davidssohn, 61; JOHNSON, Purpose, 227; BURGER, Davidssohn, 88.90; SAND, Gesetz, 147f; COUSLAND, Crowds, 177-181; DEINES, Gerechtigkeit, 494f; HAGNER, Mt II, 651; Luz, Mt rrr, 289; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 254f; NOLLAND, Mt, 916 u.a. Anders J.M. GIBBS, Purpose, 461.463; J.M. JONES, Textuality, 269, auch KINGSBURY, Son of David, 596. - Siehe dazu noch unten Kap. 3.1, S. 103105. 87 Eine Infragestellung bzw. Ablehnung des Davidssohnprädikats als adäquater Bezeichnung Jesu (vgl. [Joh 7,41f]; Barn 12,10t) sehen in Mk 12,35-37 z.B. SUHL, Davidssohn, 57-60; SCHNEIDER, Davidssohnfrage, 89f; KARRER, David, 344f. Anders z.B. LÖVESTAM, Davidssohnfrage, 79f. BURGER, Davidssohn, 56-58 sieht zwar die vormarkinische Tradition auf eine Ablehnung des Prädikats der Davidssohnschaft hinauslaufen, doch habe der Text im markinischen Kontext von Mk 10,46-52 und 11,1-11 eine neue Ausrichtung erhalten (59.64-66): Es gehe nur noch um eine Überbietung des Prädikats (64, s. auch 168t). 88 Dem fügt sich ein, dass kurz zuvor in dem redaktionellen Passus 21,14-16 die Davidssohnakklamation der Kinder im Tempel durch den von Jesus zitierten Psalmvers (Ps 8,3), wie gesehen, als gottgewolltes Lob ausgewiesen wird. 84 85
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Wirken Jesu, das Matthäus vor 22,41-46, d.h. gewissermaßen gerahmt von Mt 1 und 22,41-46, schildert, ist zentral dadurch charakterisiert, dass sich der Gottessohn Jesus in seiner ,Rolle' als Davidssohn seinem Volk zuwendet 89 • Dies gilt es im Folgenden zu entfalten.
2.1.2 Der davidische Messias als Hirte Israels Nach ihrer EinItihrung in Mt 1 wird die Rede von der Davidssohnschaft Jesu in der Magierperikope in 2,1-12 durch die Frage nach dem "geborenen König der Juden" (2,2) in variierter Form aufgenommen9o . Die Magierperikope ist dabei im Blick auf die matthäische Konzipierung der Davidssohnschaft Jesu in doppelter Hinsicht von expositioneller Bedeutung. Zum einen wird hier die Opposition gegen Jesus eingeführt und die Kontliktkonstellation konfiguriert 91 ; zum anderen wird die Metaphorik von Hirt und Herde als ein Leitmotiv eingeItihrt, durch das Matthäus sein Verständnis Jesu als des davidischen Messiaskönigs entfaltet92 . Die Worte der Magier, sie hätten den Stern des geborenen Königs der Juden beim Aufgehen 93 gesehen, entziffert Herodes - vollkommen richtig - als Nachricht von der Geburt des Christus, des Messias, d.h. Jesus erscheint hier als königlicher Messias bzw. als messianischer König (vgl. wiederum 21,5.9)94. Der Messiastitel wird hier also, wie sich dies bereits in 1,16 andeutete, in den Kontext der Erwartung des messianischen Davids-
89 Traditionsgeschichtlich ist die Israelbezogenheit der Erwartung eines "Sohns Davids" bzw. "Sprosses Davids" (vgl. Jer 23,5; 33,15, auch Sach 3,8; 6,12) evident. Siehe PsSal 17 (s. hier auch die sachliche Verbindung von Sohn Davids [17,21] mit dem Bild von Israel als "Herde des Herrn" [17,40]); 4Q161 Fragm. 8-10 15-29; 4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)10-13; 4Q252 5,1-5; 4Q285 Fragm. 5; (4Esra 12,31ft) u.ö., rabbinisch bSanh 97b-99a. Vgl. BURGER, Davidssohn, 16-24. Bei Matthäus wird die Israelbezogenheit schon durch den angesprochenen Zusammenhang zwischen 1,1 und 2,6 deutlich. 90 V gl. dazu das Nebeneinander von 21,5 und 21,9. Siehe auch PsSal 17,21. 91 Dazu Näheres unten Kap. 3.1.2.1, S. 110. 92 V gl. dazu die kurz vor Abschluss der hier vorgelegten Studie erschienene Monographie von Chae mit dem Titel "Jesus as the Eschatological Davidic Shepherd". Ich habe im Folgenden nur noch an einzelnen Stellen Verweise auf diese weiter führende Untersuchung nachtragen können. Ein grundlegender Konvergenzpunkt zwischen der Studie von Chae und den nachfolgenden Ausführungen besteht in der Bedeutung, die Ez 34 und der dort begegnenden Verheißung des davidisch-messianischen Hirten als Hintergrund für die matthäi sehe Konzeption des heilenden Davidssohns beigemessen wird. Vgl. unten Kap. 2.1.3, S. 47. 93 Zum Verständnis von EV 1:fj aVU1:0Afj in Mt 2,2 s. Luz, Mt r5 , 157, Anm. 1. 94 Zum ,königlichen Kolorit' in Matthäus' Rede von Jesus als davidischem Messias vgl. oben Kap. 2.1.1.1, S. 26.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
sohns eingestellt95 . Das Schriftzitat in 2,6 nimmt dies auf und führt zugleich die angesprochene Metaphorik ein. Matthäus ergänzt dazu den als Nachweis des Geburtsortes des Messias dienenden - und als solcher Nachweis genügenden (!) - Rekurs auf Mi 5,1 durch eine Anspielung auf 2Sam 5,2 96 : Der in Bethlehem, der Stadt Davids (Lk 2,4)97, geborene Davidssohn Jesus 98 ist der ~Y01)f.LEVO<;, der Gottes Volk Israel weiden wird. Matthäus greift mit 2Sam 5,2 - sicher gezielt - auf eine Schriftstelle zurück, in der es um das Königtum Davids geht99 , und unterstreicht damit, dass es sich in 2,6 um eine Kennzeichnung der Aufgabe Jesu handelt, die ihm als Davidssohn, als "König der Juden" (2,2), zukommt 100. Dem fugt 95 Ebenso VERSEPUT, Role, 534. Siehe auch MA YORDOMO-MARiN, Anfang, 293, Anm. 484; DEINES, Gerechtigkeit, 473. 96 Es ist durchaus möglich, das Zitat aus dem Kontext zu lösen (vgl. Luz, Mt 15 , 159; VÖGTLE, Messias, 20; PAUL, Texte, 34). Andererseits lässt Herodes' Frage an die Hohenpriester und Schriftgelehrten einen Schriftbeweis erwarten, und die Tradition von der Geburt Jesu in Bethlehem dürfte eine auf Mi 5,1 beruhende theologische Konstruktion sein (anders KARRER, Jesus Christus, 32lf; zu Nazareth als Geburtsort Jesu vgl. nur THEISSEN/MERZ, Jesus, 158 und FIEDLER, Mt, 56). Das macht eine vorredaktionelle Herkunft des Zitats zumindest wahrscheinlich. Matthäus hat aber bearbeitet (zur matthäischen Redaktion vgl. Luz, Mt 15 , 159). Dies gilt sicher für die Einleitungsformel und - im Zitat selbst - sehr wahrscheinlich für die Anfügung von 2Sam 5,2 (in diesem Sinne z.B. auch GIELEN, Konflikt, 33), die mit dadurch inspiriert sein mag, dass die Metapher des 1TOL~aLVELV im Kontext von Mi 5,1 selbst verankert ist (5,3). Möglicherweise ist ~YOU~EVO~ in Mt 2,6c im Zusammenhang der Anfügung in das Michazitat geraten. Matthäischer Redaktion könnte sich schließlich die im alttestamentlichen Text nicht vorgegebene Wendung yfi 'Iouöa verdanken (vgl. SCHWEIZER, Mt, 17; GIELEN, Konflikt, 33). Dass Matthäus nicht wie in 2,1 'IouöaLa schreibt, erklärt sich am einfachsten als Anspielung auf den Stammvater Juda als "progenitor of the royal tribe (1 :2-3), in order to heighten the stress on Jesus' kingship (cf. Gen 49: 10)" (GUNDRY, Mt, 29). 97 Vgl. GUNDRY, Mt, 26: "The stress on Bethlehem serves his interest in Davidic Christology." 98 In Mi 5,lff setzt der verheißene Herrscher zwar streng genommen die davidische Dynastie nicht einfach fort, sondern ähnlich wie in Jes 11,1 ist ein völliger Neuanfang anvisiert (vgl. SEEBASS, Herrscherverheißungen, 51: kein Davidide, "nur noch DavidTypologie"). Matthäus macht diese feine Unterscheidung aber offenbar nicht. 99 Vgl. 4Q504 Fragm. 24,6-8: "Und Du hast Deinen Bund aufgerichtet für David, um Hirtenfürst über Dein Volk zu sein (,1::ml1 "11 " l l '11'::> m'.,,,), damit er vor Dir sitze auf Israels Thron alle die Tage" (Übers. Maier). 100 Zur Verbindung von 2,6 mit dem Motiv der Davidssohnschaft vgl. DA VIES/ ALLISON, Mt I, 243.253; NOLLAND, Mt, 115; J.M. GIBBS, Purpose, 448; F. MARTIN, Image, 272f; KINGSBURY, Son of David, 595; VERSEPUT, Role, 534; BROER, Versuch, 1257; BAUER, Kingship, 309. - Die These von BURGER, Davidssohn, 105, dass Matthäus "den Namen Bethlehem nicht mit seiner Anschauung von Jesus als Davidssohn in Verbindung" bringt, übergeht, dass Matthäus in 2,6 Mi 5,1 mit 2Sam 5,2 kombiniert hat, wo es eben um Davids Königtum geht.
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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sich traditionsgeschichtlich ein, dass die Herrschaftsmetapher des TIOLf.udnicht nur in Mi 5,3 und Ez 34,23, sondern auch in PsSal 17,40 zur Kennzeichnung des Wirkens des davidischen Messias aufgenommen ist lO2 •
VELV IOI
Der skizzierte Konnex zwischen der Rede von Jesus als Davidssohn in Mt I, die in 2,2 in der Bezeichnung als "König der Juden" durch die Magier fortgeschrieben wird, und dem Messiastitel (2,4) sowie der Hirtenmetaphorik (2,6) macht deutlich, dass es methodisch fragwürdig wäre, den matthäischen Gebrauch des Davidssohntitels isoliert zu betrachten. Die Verwendung des Titels ist vielmehr als Element einer umfassenderen christologischen Konzeption zu betrachten und erhält von dieser her ihr Gewicht lO3 •
Die Kennzeichnung der Aufgabe des Davidssohns Jesus als der des verheißenen davidisch-messianischen Hirten seines Volkes wird dann durch das Sendungslogion in 15,24 104 interpretierend aufgenommen, in dem sich die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu geradezu programmatisch formuliert findet 105: Jesus ist allein zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gesandt. Im Erzählduktus betrachtet, sagt Jesus hier über seine eigene göttliche lO6 Sendung aus, was zuvor in seiner Aussendung der Jünger in 10,6 zum Ausdruck gekommen ist. Über 2,6 geht das Sendungslogion dabei insofern hinaus, als die Jesus als davidischer Messias (vgl. 15,22! 107) zukommende Aufgabe, das Gottesvolk Israel zu weiden, hier als sein ausschließlicher Auftrag bestimmt wird: Gott erfüllt also die seinem Volk gegebene Heilsverheißung, wie sie durch das Zitat in 2,6 aufgenommen 101 Siehe 2Sam 7,7 (vgl. lehr 17,6); Jer 3,15; 6,18 Lxx ; 23,2.4; Ez 34,23; Mi 5,3.(5); 7,14; Ps (2,9); 77,71f- xx , s. auch Phil0, Det 3.9; Agr 41; Sobr 14; Prob 31. 102 PsSal 17,40: "Gewaltig in seinen Werken und mächtig durch Gottesfurcht, indem er die Herde des Herrn weidet in Treue und Gerechtigkeit (uoq.LaLVWV ta UOL~VLOV KUPLOU EV ULOtEL Kat ÖLKaLOouvu), und er wird nicht zulassen, daß (einer) unter ihnen ermüde auf ihrer Weide" (Übers. Holm-Nielsen). 103 Beachtet man dies, erscheint insbesondere der Versuch von KINGSBURY, Son of David fragwürdig, die Bedeutung des Davidssohntitels im Matthäusevangelium herunterzuspielen (s. dazu oben S. 22). 104 Fragt man nach der Herkunft des Wortes, liegt die Annahme einer redaktionellen Bildung des Evangelisten nahe (ebenso z.B. FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 137; GNILKA, Mt II, 29; Luz, Mt II, 430). Das Logion fügt sich jedenfalls nahtlos in die - erheblichen sonstigen matthäischen Eingriffe in die markinische Vorlage in Mt 15,21-28 ein, insbesondere in die Streichung des UPWtOV (Mk 7,27) in Mt 15,26 (dazu unten Kap. 2.2.3.2). 105 Das Wort geht im Kontext von 15,21-28 schwerlich in der Funktion auf, die Größe des Glaubens der kanaanäischen Frau zu unterstreichen (anders RA Y, Relationship, 227; GUNDRY, Mt, 313) bzw. - formgeschichtlich ausgedrückt - das Erschwernismotiv zu verstärken (anders MERKLEIN, Jesusgeschichte, 135). Matthäus formuliert hier vielmehr, wie das Weitere zeigen wird, ein wesentliches theologisches Moment seiner Jesusgeschichte. 106 UUEOtaA.T]V ist passivum divinum; die ausschließliche Sendung Jesu zu Israel gründet also in seiner göttlichen Beauftragung. 107 Dazu unten Kap. 2.2.3.2, S. 68.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
wird, durch die exklusive Sendung Jesu zu Israel. Und umgekehrt erscheint, wenn man von 15,24 zu 2,6 zurückgeht, die Israelkonzentration der irdischen Wirksamkeit Jesu als in der Schrift begründet. Die Hirt/Schafe-Metaphorik wird nun nicht nur in 2,6 mittels eines alttestamentlichen Zitats eingeflihrt, sondern ihre Verwendung im Matthäusevangelium zeigt sich insgesamt als wesentlich durch das intertextuelle ,Spiel' mit alttestamentlichen Passagen bestimmt. Die Schaf- bzw. Herdenmetapher ist ein im Alten Testament l08 wie im Frühjudentum zur Bezeichnung des Gottesvolkes Israel geläufiges Bild 109 . Als Gegenstück dazu begegnet zum einen die Rede von Gott llO oder auch dem davidischen Messias 111 als dem Hirten Israels, zum anderen werden die Regierenden bzw. 108 Der im Folgenden skizzierte übertragene Sprachgebrauch von Hirt und Herde ist freilich kein Proprium des biblischen Traditionsbereichs, sondern im Alten Orient verbreitet, s. HUNZIKER-RoDEWALD, Hirt, 16-38 sowie die knappe Übersicht bei JEREMIAS, lToq.tTjV K-rA.,485. 109 Siehe Num 27,17; 2Sam 24,17 = IChr 21,17; Jes 40,11; 63,11; Jer (10,21); 13,17.(20); 23,1-4; 50,6.(17); Ez 34,2ff; Mi 7,14; Sach 9,16; 1O,2f; Ps 74,1; 77,21; 78,52; 79,13; 95,7; 100,3; PsSal 17,40; LAB 23,12; 30,5; 31,5; ApkElia 42,8; PesR 26,1/2; BemR XXIII zu 33,1, s. auch die frühchristliche Adaption des Bildes in Lk 12,32; Joh 10,1-16 (hier steht deutlich Ez 34 Pate, vgl. WILCKENS, Joh, 164); 21,15-17; Apg 20,28f; IPetr 5,2f; lKlem 16,1; 44,3; 54,2; 57,2; 59,4 (zit. Ps 78,13 Lxx). 110 Siehe dazu ausführlich HUNZIKER-RoDEWALD, Hirt. - Zwar ist die förmliche Bezeichnung Gottes als Hirt selten (Gen 48,15; 49,24; Ps 23,1 [dazu Philo, Agr 50-53]; 80,2 sowie ApokrEz, Fragm. 5 [so OTP 1, p.495]); betrachtet man jedoch das gesamte Bildfeld (dazu JEREMIAS, lTOLj.l~V K-rA., 486) und zieht vergleichende Rede hinzu, häufen sich die Belege, s. Jes 40,11; 49,9f; Jer 23,3; 31,10; Ez 20,37; 34,l1ff; Mi 2,12; 7,14; Ps 28,9; (68,8); 77,21; 78,52f; 79,13; 95,7; Sir 18,13; LAB 23,12; 28,5 sowie auch 4Q521 Fragm. 2 2,13 (s. KVALBEIN, Wunder, 114) und IHen 89,16.28 (in Sach 9,16 isn~l! nicht durch Oll;.' zu emendieren). Israel als Herde Gottes (mit unterschiedlichen Formulierungen): Jes 40,11; Jer 13,17; 23,1-3; 50,19; Ez 34,5ff; Mi 7,14; Sach 10,3; Ps 74,1; 79,13; 95,7; 100,3; PsSal 17,40; !Hen 89,12ff; LAB 30,5; 31,5. - Frühchristlich tritt die Bezeichnung Gottes als Hirte zurück (s. aber Ignatius, Röm 9,1). Der Grund dafür dürfte kaum in der Verwendung des Bildes für gemeindliche Amtsträger, die eine entsprechende Bezeichnung Gottes "als mißverständlich" (so GOLDSTEIN, lTOLj.l~V K-rA., Sp. 302) erscheinen lassen könnte, zu suchen sein (schon im Alten Testament werden Autoritäten als Hirten bezeichnet, s. im Folgenden), sondern darin, dass Christus das Hirtenattribut auf sich gezogen hat (s. die Belege in der folgenden Anm.). 111 Ez 34,23; 37,24; PsSal 17,40, s. auch Mi 5,3. Das Wort "Gesalbter" fällt dabei erst in PsSal 17 (V.32, vgl. 18,5.7). Frühchristlich - neben den im Folgenden zu verhandelnden Belegen - Joh 1O,11ff; Hebr 13,20; IPetr 2,25; 5,4; Apk 7,17; MartPol 19,2. - Angesichts der alttestamentlich wie in der frühjüdischen Literatur insgesamt seltenen Verwendung des Hirtenattributs für den Messias ist es keineswegs zwingend, das - von MTeh 29,1 (zit. Ez 34,23) abgesehen - völlige Fehlen der Hirtenmetapher als Messiasbezeichnung im rabbinischen Judentum auf die christliche Adaption des Bildes zurückzuführen (anders JEREMIAS, lTOLj.l~V Kt"A.,488).
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religiösen Autoritäten als Hirten bezeichnet 1l2 • Dass die Schafherde keine autarke Größe darstellt, sondern auf die Tätigkeit des bzw. der Hirten angewiesen ist, ist ein wesentliches Moment dieser Metapher: Die Situation der Schafe ist von ihrem/n Hirten abhängig. Dabei zeigt sich eine deutliche Differenz in den Verwendungsweisen - je nachdem, wer als Hirte erscheint: Ist Gott bzw. der Messias der Hirte, treten die positiven Aspekte des Bildes hervor; es geht um das Heil des auserwählten Volkes 1l3 , um Gedeihen und Wohlergehen l14 und Schutz 1l5 . Die Führungsschichten werden dagegen in der prophetischen Kritik als schlechte Hirten gebrandmarkt l16 ; im Bild der Herde/Schafe treten dann die Aspekte des Preis ge ge112 2Sam 7,7 = lChr 17,6 (von den Richtern); Jes 56,11; Jer 2,8; 3,15; 10,21; 12,10; 22,22; 23,1-4; 50,6; Ez 34,2ff; Sach 1O,2ff; 11,3ff; CD 13,9; ApkElia 42,6-8; 2Bar 77,13 (zur Deutung SCHNABEL, Law, 157); (4Esra 5,18), von fremden Herrschern Jes 44,28 (Kyros, nur MT); Jer 25,34-36; Nah 3,18, s. auch Philo, Jos 2f; Agr 41-50. Mose als Hirt Jes 63,11; LAB 19,3, s. auch Num 27,17; Ps 77,21. David ist aufgetragen, Israel zu weiden (2Sam 5,2 = lChr 11,2 [vgl. Mt 2,6!]; Ps 78,7lf, s. sodann 4Q504 Fragm. 2 4,6f [Text oben Anm. 99]). - Frühchristlich von gemeindlichen Autoritäten Eph 4, 11; Ignatius, Phld 2,1; Herrn, Sim IX 31,5f, implizit Joh 21,15-17; Apg 20,28; IPetr 5,2. 113 Zur Metapher im Kontext der Erwählung bes. Ps 95,7; 100,3; LAB 30,5. 114 Ez 34,11-16.26-31. Jer 23,3 fügt an die Rede von der Sammlung der zersprengten Schafe an: "Ich [= Gott] bringe sie zurück auf ihre Weide; sie sollen fruchtbar sein und sich vermehren." Ähnlich entfaltet LAB 23,12 das Bild im Sinne des Wohlergehens des Volkes: "Und ich [= Gott] werde ... euch lenken wie eine liebenswerte Herde, und ich werde dem Regen [vgl. Ez 34,26] und dem Tau Auftrag geben, und sie werden euch sättigen in der Zeit eures Lebens" (Übers. Dietzfelbinger). Nach PsSal 17,40 wird der davidis ehe Messias die Herde des Herrn weiden "in Treue und Gerechtigkeit, und er wird nicht zulassen, daß (einer) unter ihnen ermüde auf ihrer Weide" (Übers. Holm-Nielsen). Siehe auch die Aufgabe des Aufsehers in CD 13,9: "Let hirn pity them as a father does his children and watch over them in all their distress as a shepherd for his flock" (Übers. BAUMGARTEN/SCHWARTZ [DSS 2, p.55]). Indirekt gehört auch Ps 74,1 ("Warum Gott hast du uns für immer verstoßen? Warum ist dein Zorn gegen die Herde deiner Weide entbrannt?") hierher, denn die Metapher dürfte hier auf die vergangene Fürsorge anspielen. 115 Siehe z.B. Ez 34,25.27f; Ps 78,52f: "Dann führte er sein Volk hinaus [aus Ägypten] wie Schafe, leitete sie wie eine Herde durch die Wüste. Er fiihrte sie sicher, sie mussten nichts fiirchten, doch ihre Feinde bedeckte das Meer" (zur Hirtenmetaphorik im Kontext des Exodus vgl. Ps [68,8]; 77,21; IHen 89,12ff), vgl. auch LAB 30,5: "Und nun seid ihr geboren zur Herde vor dem Angesicht unseres Herrn, und er hat euch hindurchgeführt auf der Höhe der Wolken, und Engel hat er unter eure Füße gelegt" (Übers. Dietzfelbinger). - JEREMIAS, 7l0LfJ.~V KÜ, 486 macht darauf aufmerksam, dass das Hirtenbild gehäuft "im Psalter und in der Trostprophetie des Exils [begegnet]. Die letztere läßt neben Ps 23 am deutlichsten den Gehalt des Bildes hervortreten: es brachte die Geborgenheit Israels bei seinem Gott wie kaum ein andres zum Ausdruck." 116 Zur prophetischen Hirtenkritik s. HUNZIKER-RoDEWALD, Hirt, 50-62. - Zu guten Hirten als Gegenstand der Heilsverheißungen Gottes s. Jer 3,15; 23,4.
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ben- und Verlorenseins, der Schutzlosigkeit und Zerstreuung hervor ll7 bzw. legen, umgekehrt betrachtet, diese Aspekte der Metapher deren Verwendung im genannten Kontext nahe. Besonders dicht tritt die Metaphorik mit ihren verschiedenen Aspekten in Jer 23,1-4 und in Ez 34 118 zutage. Die schlechten Hirten, die sich nicht um die Schafe gekümmert haben, werden in Jer 23,1-4 durch neue Hirten ersetzt (vgl. Jer 3,15), nachdem Gott selbst die versprengte Herde gesammelt und auf ihre Weide zurückgebracht hat. V.5f spitzt die Verheißung einer neuen Führung sodann auf das Kommen eines Recht und Gerechtigkeit übenden davidischen Königs zu. Ez 34 führt zum einen die Kritik an der (alten) Führungsschicht (V.2-1O) sowie das Eingreifen Gottes (V. 11ft) breiter aus, zum anderen und vor allem ist hier die Hirtenmetapher direkt auf den davidischen Messias bezogen (vgl. [Mi 5,3]; PsSal 17,40 119): Die schlechten Hirten werden durch den einen davidischen Messias als Hirten abgelöst (V.23). In der Aufnahme der Metaphorik im Matthäusevangelium kehren diese verschiedenen Aspekte wieder. Nicht nur bildet nämlich die Hirtenmetaphorik ein bedeutsames Motiv der matthäischen Konzipierung der Zuwendung Jesu zu seinem Volk, sondern es wird in ihrer Aufnahme bei Matthäus auch die das gesamte Evangelium durchziehende Polemik gegen die etablierten Autoritäten des Volkes laut. Einzubeziehen ist hier neben 10,6; 15,24 noch 9,36. Matthäus hat den Vers aus Mk 6,34 vorgezogen und so einen Hintergrund für 10,6 geschaffen. Genauer: Durch 9,36 begründet Matthäus die Aussendung der Jünger im Erbarmen Jesu über die "abgematteten" und "daniederliegenden" Volksmengen, die Schafen gleichen, "die keinen Hirten haben". Matthäus hat den Aussagegehalt des auch anderorts verbreiteten Bildmotivs des Fehlens eines Hirten l20 durch die Einfügung von EOKUAjJ.EVOL Kat Eppq.LjJ.EVOL verstärkt und so den desolaten Zustand der Herde betont. Liest man dies auf dem Hintergrund der oben skizSiehe Jer 10,21; 23,lf; 50,6 (= 27,6LXX); Ez 34,2ff; Sach 10,2. Zur zentralen Bedeutung von Ez 34 als Bezugstext des ersten Evangelisten s. HEIL, Ezekiel, 34 und zuletzt BAXTER, Healing, bes. 43-45 sowie CHAE, Jesus, 205-219. Siehe auch F. MARTIN, Image, 275f.282f.298. Diese These findet Bestätigung durch die matthäische Version des Gleichnisses vom verlorenen Schaf in Mt 18,12-14, s. dazu Luz, Mt III, 32 mit Anm. 56. VERSEPUT, Messiah, 112 verweist gleichermaßen auf Ez 34 und Jer 23,1-3. - Für eine ausführliche Analyse des Motivs des davidischen Hirten in Ez 34-37 s. jetzt CHAE, Jesus, 38-76. 119 Auch in PsSal 17 wird die Hoffnung auf das Kommen des davidischen Messias (V.21ff) auf dem Hintergrund des Versagens der Führungsschicht laut (V.20). - Zum Einfluss von Ez 34 aufPsSal 17 s. MANNING, Echoes, 92f.95f. 120 Num 27,17 (vgl. Philo, Agr 44; Virt 58); lKön 22,17 = 2Chr 18,16; Jes 13,14; Ez 34,5.8; Sach 10,2; (11,17); Jdt 11,19. lJ7
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zierten alttestamentlichen Verwendung der Metaphorik, liegt die Annahme nahe, dass diese Negativattribute nicht nur dazu dienen, eine Kontrastfolie für das Heilshandeln Jesu bereitzustellen, sondern auch eine Kritik an der bestehenden Führungsschicht implizieren 121. Die Rede vom "Fehlen eines Hirten" bedeutet im Licht von Ez 34,5.8 betrachtet l22 keineswegs eine tatsächliche Vakanz; im Blick ist vielmehr, dass die Hirten des Volkes ihrer Aufgabe nicht nachkommen 123. In dieselbe Richtung weist die Rede von den "verlorenen Schafen" in 10,6; 15,24. Im Hintergrund dürfte hier Jer 27,6 LXX bzw. Ez 34,4.16 stehen l24 ; in beiden Fällen wird das Verlorensein der Herde mit dem Versagen der Hirten erläutert. Dem Matthäusevangelium eignet, wie noch im Einzelnen zu entfalten sein wird, insgesamt eine dezidiert kritisch-polemische Sicht der Führungsschichten 125. Die These einer in 9,36; 10,6; 15,24 implizierten Kritik lässt sich also nicht nur traditionsgeschichtlich, .sondern auch vom literarischen Kontext her plausibel machen. Blickt man speziell auf den vorangehenden Kontext, so ist in Sonderheit auf 9,9-13 zu verweisen l26 . Jesu Erbarmen (aTIAayxvl(E08aL) in 9,36 entspricht dort die Hervorhebung der Barmherzigkeit (EAEOI:;) als zentraler Forderung Gottes, der Jesus selber mit seiner Zuwendung zu den Sündern nachkommt. Die Pharisäer hingegen demonstrieren mit ihrem Protest gegen Jesu Verhalten, dass sie sich um die "daniederliegenden" und "verlorenen Schafe" (9,36; 10,6) nicht kümmern. Verweisen kann man hier noch einmal auf die Kritik an den Hirten in Ez 34,4, das Kranke nicht geheilt 121 Vgl. DAVIEs/ALLlSON, Mt II, 148.158; OVERMAN, Mt [Church], 138f; SENIOR, Mt, 113; KEENER, Mt, 309; NOLLAND, Mt, 407; GARLAND, Intention, 128; RUSCHE, Haus, 109f; KINGSBURY, Conflict, 62.64; McKNIGHT, Shepherds, 183-185; LEVINE, Dimensions, 47.55f; STANTON, Gospel, 331; HEIL, Ezekiel 34, 700f; KNOWLES, Jeremiah, 180; LOHMEYER, Apostelbegriff, 383; Kupp, Emmanuel, 68; GIELEN, Konflikt, 105f; REpSCHINSKI, Stories, 301f; COUSLAND, Crowds, 92f, vorsichtig GNILKA, Mt I, 352. Anders Luz, Mt II, 81; VERSEPUT, Messiah, 112. 122 Zu verweisen ist neben Ez 34,5.8 ferner auf Sach 10,2f (MT) (vgl. die Rezeption von Sach 9,9 in Mt 21,5, von Sach 11,12fin Mt 26,15; 27,9fsowie von Sach 13,7 in Mt 26,31). Allerdings begegnet die Hirtenmetapher nicht in der LXX-Version von Sach 10,2f. - Gegen einen Bezug auf Sach 10,2 in Mt 9,36 HAM, King, 86f. 123 Vgl. BAxTER, Healing, 39. 124 Zu Jer 27,6 LXX vgl. z.B. GUNDRY, Mt, 184, zu Ez 34 F. MARTIN, Image, 278 sowie auch BAXTER, Healing, 44, Anm. 29. Siehe aber auch noch die singularische Formulierung in Ps 118,176Lxx . Vgl. ferner - ohne Schafmetaphorik - die Rede von der Sammlung der Verlorenen Israels in Jes 11,12LXX (Kat ouva~EL "!:Oue; &1TOÄO~EVOUe; 'Iopa~Ä). MOORE, Violence, 176 vermutet Ez 34,4 auch als Hintergrund für Mt 11,12, doch fehlen hier eindeutige verbale Übereinstimmungen. 125 Siehe dazu unten Kap. 3.1.2. 126 Vgl. OLMSTEAD, Trilogy, 66.
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und das Verlorene nicht gesucht zu haben. Der messianische Hirte Jesus hingegen wendet sich als "Arzt" den "Kranken" zu (Mt 9,12)127. Die Pharisäer sind es dann auch, die - im 9,36 unmittelbar vorangehenden KontextJesu Heilungen, die für den Evangelisten zentraler Ausdruck der Zuwendung Jesu zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" sind l28 , mit dem Beelzebulvorwurf quittieren (9,34, vgl. 12,24) und damit erneut zeigen, dass das Wohlergehen des Volkes für sie keine Rolle spielt l29 • Schwingt in 9,36; 10,6; 15,24 Kritik an der Führungsschicht mit, dann ist bei der üblichen Alternative, ob mit den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" in 10,6; 15,24 das ganze Volk oder nur die ,Sünder' gemeint sind l3O, die entscheidende Differenzierung noch gar nicht im Blick. Zwar sind alle Schafe aufgrund des Fehlverhaltens der Hirten verloren, und dazu passt, dass Jesu Aufgabe, sein Volk zu weiden (2,6), an die Aussage von 1,21, dass er sein Volk von den Sünden retten wird, anschließt l3l . Aber mit den Schafen sind ausweislieh 9,36 allein die Volksmengen bezeichnet. Ihnen stehen die Hirten, die Autoritäten des Volkes, gegenüber 132 , deren Haltung Jesus gegenüber im Matthäusevangelium von Anfang an (s. Mt 2,3ft) feindlich ist und dies ohne Ausnahme bis zum Ende bleibt. Eine Differenzierung innerhalb Israels liegt bei 1:& lTPOßIX1:t" 1:& !XlTOAWA01:1X also nicht im Partizip, sondern in 1:& lTPOßIX1:1X selbst 133 • Festzuhalten ist damit: Die Sendung Jesu (und seiner Jünger) zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" steht im Matthäusevangelium in einem zu Texten wie Jer 23,1-4; Ez 34 analogen Vorstellungshorizont. Aufgrund des Versagens der Autoritäten gleicht das Volk einer hirtenlosen Herde. Mit der Sendung Jesu, deren Adressaten die Volksmengen im GeVgl. LANDMESSER, Jüngerberufung, 104-107. Vgl. dazu den Heilungsauftrag an die Jünger in 10,8 im Kontext von 10,6. 10,25 verweist überdies darauf, dass auch die Jünger in diesem Zusammenhang mit dem Beelzebulvorwurf zu rechnen haben. 129 Vgl. REpSCHINSKI, Stories, 302. 130 Im ersten Fall wird der Genitiv OLKOU 'Iopa~Ä. epexegetisch aufgefasst (so die Mehrheit der Ausleger, häufig mit Verweis auf das Gegenüber zu ,Heiden' und Samaritern in 10,5f, s. z.B. GNILKA, Mt I, 362; Luz, Mt H, 90; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 167.551; HAGNER, Mt I, 270; HUMMEL, Auseinandersetzung, 138; HAHN, Mission, 44f mit Anm.6; LEGASSE, Episode, 32f; RUSCHE, Haus, 107, Anm.18; FRANKEMÖLLE, Iahwe-Bund, 128 mit Anm. 226; TISERA, Universalism, 140; LICHTENBERGER, "Bittet den Herrn der Ernte ... ", 277; GIESEN, Sendung, 129f), im zweiten Fall partitiv (so FÜLLKRUG-WEITZEL, Frau, 45; A. VON DOBBELER, Restitution, 29f; NOLLAND, Mt, 416f). 131 Vgl. GIELEN, Konflikt, 34: "Die Hirtenfunktion des XpLo"t6~ besteht in der Erlösung des Volkes von den Sünden". 132 In diesem Sinne auch LEVINE, Dimensions, 56. 133 Dass dies möglich ist, zeigt schon Ez 34,2-10. 127 128
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genüber zu den (alten) Hirten sind, nimmt Gott sich der Not seines Volkes an und schenkt ihm Heil. Die Autoritäten werden dabei zu Gegnern des messianischen Hirten 134 . Bereits die Exposition der Aufgabe Jesu in 2,6, Gottes Volk Israel zu weiden, steht im Kontext der Opposition gegen Jesus: Matthäus lässt - ironischerweise - die bisherigen ,Hirten' des Volkes die Bedeutung des Messias als Hirten des Volkes vorbringen. 2.1.3 Der heilende Davidssohn Verfolgt man, in welchen Kontexten der in Mt 1 eingeführte und in 22,4146 aufgenommene Davidssohntitel in der dazwischen stehenden bzw. mit 4,17 beginnenden Schilderung des Wirkens Jesu beheimatet ist, zeigt sich bekanntlich der bereits oben notierte Befund, dass der Titel in der narrativen Entfaltung der Zuwendung des messianischen Davididen zu seinem Volk mit auffalliger Konsequenz mit dem heilenden Handeln Jesu verbunden wird 135. Grundlegend zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Matthäus insgesamt den Heilungen im Kontext seiner Darstellung der Zuwendung Jesu zu Israel eine bedeutende Rolle einräumt. Redet schon das Summarium in 4,23 betont davon, dass Jesus jede Krankheit und jede Schwäche EV ,~ ÄO:~ heilte (vgl. 9,35, im Blick auf die Jünger 10,1), so stellt Matthäus in 4,24, bevor er mit der Bergpredigt (Mt 5-7) die Lehre Jesu entfaltet, zunächst einmal die Heilung der Kranken heraus. Den beiden Speisungsgeschichten gehen bei Matthäus jeweils Massenheilungen voraus (14,14; 15,30); in 14,14 hat der Evangelist dazu die markinische Rede von Jesu Lehre (Mk 6,34) durch einen Verweis auf sein heilendes Handeln ersetzt - eine Änderung, die sich in Mt 19,2 par Mk 10,1 wiederholt 136 . Charakteristisch für Matthäus ist ferner die Rede davon, dass Jesus nicht bloß viele, sondern alle heilte 137 . Schließlich sind auch die Heilungen 134 Ist in der genealogischen Einstellung Jesu in die königliche Linie der Nachkommen Davids in 1,6-11 ein Kontrastmotiv mitzuhören (s. dazu oben Kap. 2.1.1.1, S. 28), lässt sich dies mit der skizzierten Konfliktkonstellation der matthäischen Jesusgeschichte verbinden. Die gegenwärtige Führungsschicht reiht sich ein in die Geschichte des Versagens der judäischen Könige. Mit der Sendung Jesu als des messianischen Hirten nimmt sich Gott der daraus resultierenden Not seines Volkes an. I35 Vgl. BURGER, Davidssohn, 72ff; KINGSBURY, Son of David, 592f.598; DULING, Therapeutic Son ofDavid; PAFFENROTH, Jesus, 551-554; COUSLAND, Crowds, 184-191; NOVAKOVIC, Messiah, passim; CHAE, Jesus, 279-324. 136 Zur redaktionellen Betonung der Heilungen als Ausdruck der Zuwendung Jesu zu den Volksmengen vgl. COUSLAND, Crowds, 108-117, s. auch COMBER, Verb, 432. 137 Siehe Mt 8,16: ... KaL 1TlxlI'rac; tOUe; KaKWe; EXOVtac; e9EpalTEUOEV (diff. Mk 1,34: KaL e9EpalTEUOEV lTOA...1.0VC; KaKWe; EXOVtae; lToLdJ..aLe; VOOOLC;); Mt 12,15: KaL e9EpalTEUOEV auroue; 1Tlxvrat; (diff. Mk 3,10: lTO..1...1.0Vt; yap e9EpalTEUoEv). Siehe ferner die Ersetzung von Mk 7,31-37 durch Mt 15,29-31. Zu Mt 4,23; 9,35 s. oben.
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im Tempel in Mt 21,14 eine redaktionelle Einfügung des ersten Evangelisten. Kurzum: Die Konzeption des heilenden Davidssohns ist bei Matthäus darin eingebettet, dass er insgesamt das heilende Wirken in Israel betont. Damit geht des Weiteren einher, dass Matthäus in den hier relevanten Texten das Motiv des Erbarmens Jesu mit seinem Volk deutlich hervortreten lässt\38. So fügt der Evangelist in 20,34 ein, dass Jesus sich der Blinden erbarmte (01TAIXnVw6dc;)139, womit EAET)OOV ~Iliic;, KUPlE, ul.oc; ßIXuUi aus dem Bittruf der Blinden (20,30.31) aufgenommen wird. Die Verbindung des Erbarmensrufes im Munde Hilfesuchender mit dem Davidssohntitel begegnet ebenso in der Parallele zu Mt 20,29-34 in 9,27 sowie gleichlautend mit 20,30f - redaktionell in 15,22 14°: Die kanaanäische Frau bittet den Davidssohn darum, sein Erbarmen auch ihr zugute kommen zu lassen l41 . Hinzuzuziehen ist sodann wiederum Mt 14,14: Durch die angesprochene Bearbeitung der Markusvorlage artikuliert sich Jesu Erbarmen mit den Volksmengen bei Matthäus eben im Heilen ihrer Kranken. Dem steht der Kommentar des Evangelisten in 9,36 zur Seite, dass Jesus sich der Volksmengen erbarmte (E01TAIXnVL06T))142, "denn sie waren geplagt und niedergeschlagen wie Schafe, die keinen Hirten haben,d43. Im weiteren Sinn ist hier schließlich einzustellen, dass der matthäische Jesus in der Verteidigung seiner Mahlgemeinschaft mit den Zöllnern auf Hos 6,6 rekurriert (9,13, vgl. 12,7). Barmherzigkeit erscheint damit im Matthäusevangelium als zentrales Kennzeichen der heilsamen Zuwendung Jesu zu den Menschen. Zugleich fallt auf diesem Hintergrund umso deutlicher auf, dass Jesus in 15,21-28 gegenüber der kanaanäischen Frau sein Erbarmen zunächst verweigert. Matthäus' Einstellung des Christologoumenons der Davidssohnschaft Jesu in den Zusammenhang des heilenden Wirkens Jesu mag durch Mk
Vgl. DULING, Matthew's Plurisignificant "Son ofDavid", 112f. Vgl. W.R.G. LOADER, Son ofDavid, 573. 140 Unverbunden mit der Anrufung Jesu als Davidssohn begegnet die Erbarmensbitte nur in 17,15. NOVAKOVIC, Messiah, 89 vermerkt daher zu Recht, "that Matthew puts the plea for mercy almost exc1usively into the mouth of those individuals who address Jesus as the Son ofDavid." 141 Näheres dazu unten Kap. 2.2.3.2. 142 Neben den genannten Belegen begegnet 071Äo:yxv((Eo8O:L im Matthäusevangelium nur noch im Kontext der zweiten Speisungsgeschichte (Mt 15,32, vgl. Mk 8,2) sowie innerhalb des Gleichnisses vom gnadenlosen Schuldner in 18,27. Zu EAEEI.V vom Erbarmen Jesu s. ebenfalls die oben im Text angeführten Belege, zu UEO, im Folgenden. 143 Zu 9,36 als Begründung für die Aussendung der Jünger s. oben S. 38 sowie ferner unten Kap. 2.3, S. 82. \38
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2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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10,46-52 144 inspiriert worden sein, doch ist damit der traditionsgeschichtliche Kontext kaum hinreichend ausgeleuchtet l45 . Nun ist immer wieder dar144 Nach BURGER, Davidssohn, 61-63 ist in Mk 10,46-52 selbst freilich nicht ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Davidssohnprädikat und Jesu Heilungstätigkeit intendiert. Vielmehr sei die Anrede Jesu als Davidssohn vom Evangelisten im Vorblick auf die Einzugserzählung eingefügt worden. Dagegen postuliert CHARLESWORTH, Solomon, 132-147, dass die Davidssohnanrede, die CHARLESWORTH schon für die vormarkinische Tradition in Anschlag bringt (146f), hier nicht messianisch zu verstehen sei, sondern die Tradition von Salomo als Exorzisten und Heiler (s. dazu unten Anm. 145) im Hintergrund stehe. 145 Als Hintergrund der Vorstellung vom heilenden Davidssohn ist verschiedentlich die frühjüdische Tradition von Salomo als Heiler und Exorzisten (dazu BERGER, Messiastraditionen, 5-8; DULING, Solomon, 237-249; CHARLESWORTH, Solomon, 136-143; TORIJANO, Solomon, 41-105; NOVAKOVIC, Messiah, 97-103) postuliert worden (DAVIES/ ALLISON, Mt 1,157; Mt 1I, 135f; FISHER, Son ofDavid, 89f; BERGER, Messiastraditionen, [3-]8; DULlNG, Solomon, 249-252; NOLAN, Son, 166; CHILTON, Jesus ben David, 92100; HARRINGTON, Jesus, 192f; J. BECKER, Jesus, 245; KARRER, David, 342f, s. auch DE JONGE, Jesus, 100; TORIJANO, Solomon, 112-119). So schreibt SapSal 7,20 - anknüpfend an lKön 5,9-14 - Salomo das Wissen "um Gewalt der Geister und um die Gedanken der Menschen, um die Unterschiede der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln" (Übers. Georgi) zu. Ähnlich gehörte nach Josephus, Ant VIII 45 zur Weisheit Salomos die ihm von Gott gelehrte Kunst (tEXVTj), Menschen von Dämonen zu heilen. Josephus weiß sogar von einem Zeitgenossen namens Eleazar zu berichten, der die - von Josephus in diesem Zusammenhang näher beschriebene - Heilkunst des Salomo praktizierte (Ant VIII 46-49, zur Interpretation von Ant VIII 45ff s. DEINES, Josephus, 372-390). Die Tradition der Vollmacht Salomos über die Dämonen klingt ferner in LAB 60,3 an und ist schließlich in TestSal breit ausformuliert (zu späteren aramäischen Beschwörungstexten s. FISHER, Son of David, 83-88). Die Tradition ist, wie vor allem SapSal 7,20 zeigt, vorchristlich. Freilich begegnet die Bezeichnung des heilenden Salomo als Sohn Davids erst in TestSal 1,7; 20,1 (vgl. aber bereits 3Reg (IKön) 2,46 1; lChr 29,22; 2Chr 1,1; 13,6; 30,26; 35,3; Prov 1,1; Koh 1,1; [Sir 47,12]) - auch dort nicht in einem titularischen Sinn. Ferner ist damit zu rechnen, dass hier Einfluss der neutestamentlichen Texte vorliegt (vgl. DULING, Solomon, 243.249). Im Blick auf die matthäische Vorstellung vom heilenden Davidssohn ist sodann anzumerken, dass jedes spezifische Kolorit salomonischer Heilungspraktik fehlt. Überhaupt hat Matthäus den Aspekt des Austreibens von Dämonen eher der allgemeineren Rede vom Heilen Jesu untergeordnet (vgl. für viele PAFFENROTH, Jesus, 548551; NOVAKOVIC, Messiah, 104-106). Dass Matthäus sich also von der Vorstellung von Salomo als Exorzisten inspirieren ließ, muss als unwahrscheinlich gelten (in diesem Sinne auch Luz, Skizze, 224; PAFFENROTH, Jesus, 552; COUSLAND, Crowds, 185-187; NOVAKOVIC, Messiah, 103-109.122f; BAXTER, Healing, 47f; CHAE, Jesus, 288-291). Zu beachten ist im Übrigen, dass David selbst als Psalmisten in Anknüpfung an 1Sam 16,14-23 die Fähigkeit zugeschrieben wurde, böse Geister zu vertreiben (LAB 60,2f; l1Q05 27,9f, s. dazu KARRER, David, 337). Die These von FISHER, Son of David, 89, dass sich die Frage der Volksmengen in 12,23 ursprünglich - anders als im matthäischen Kontext - nicht auf den Messias, sondern auf einen Heiler im Gefolge Salomos bezogen habe, scheitert schon daran, dass die Worte der Volksmengen auf matthäischer Redaktion beruhen.
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auf hingewiesen worden, dass sich der davidische Messias in den bekannten frühjüdischen Texten nirgendwo durch Heilungen auszeichnet l46 . Gleichwohl lässt sich die Genese der matthäischen Konzeption im Kontext der Rezeption alttestamentlich-frühjüdischer Heilserwartungen ohne Weiteres verständlich machen l47 . Wie Q 7,18-23 zeigt, war schon in der Matthäus vorgegebenen Tradition das Wirken Jesu, allem voran sein heilendes Handeln, mit jesajanischen Heilsverheißungen (Jes [26,19]; 29,18f; 35,5f; 61,1) in Beziehung gesetzt worden l48 • Nach den genannten Jesajatexten gehört die Beseitigung physischer Gebrechen zu den Kennzeichen der Israel verheißenen Heilszeit. Die vorgegebene Tradition des heilenden Handelns Jesu konnte nun im Licht dieser Texte als Erfüllung von Heilsverheißungen der Schrift interpretiert werden, womit zugleich - unter dem Vorzeichen des in diesem Auslegungsprozess vorausgesetzten Christusbekenntnisses - die jesajanischen Verheißungen als messianische Heilsverheißungen gedeutet waren. Dabei ist traditionsgeschichtlich zu beachten, dass die Beseitigung von Krankheiten bzw. Heilung in frühjüdischen Texten zumindest vereinzelt als Kennzeichen der mit dem Auftreten des Messias verbundenen Heilszeit begegnet (2Bar [29,7]; 73,2; 4Q521 Fragm. 2 2 149)15°. Die Affinität zwischen Q 7,18-23 und 4Q521 ist zum Teil so eng, dass die Annahme nahe liegt, dass 4Q521 als Zeuge einer Tradition zu lesen ist, die in Q 7,22 rezipiert ist l51 . Zwar ist als Unterschied festzuhalten, 146 Vgl. für viele BROER, Versuch, 1261; KARRER, Der Gesalbte, 323; NIEBUHR, Werke, 640f. Anders jetzt CHAE, Jesus, 292-296. 147 In diesem Sinne auch NOVAKOVIC, Messiah, 124-184. Vgl. auch COUSLAND, Crowds,114-117. 148 Siehe dazu die synoptische Präsentation von Mt 11,5 und den angeführten Jesajastellen bei NOVAKOVIC, Messiah, 160. 149 Hinzuzuziehen ist möglicherweise noch 11Q14 Fragm. 1 2,12(-14). Der parallele Text 4Q285 Fragm. 1 spricht dafür, "den Segen als eschatologischen Segen zu sehen" (ZIMMERMANN, Texte, 76 [Hervorhebung im Original]). Gehört in 4Q285 das Fragment 1 an das Ende des Werks, geht es hier um den Segen, der auf die zuvor geschilderte eschatologische Schlacht folgt, in der dem "Fürsten der Gemeinde" bzw. dem "Spross Davids" eine prominente Rolle zukommt (Fragm. 5 3f, s. auch Fragm. 6+4 2.10). Im Blick auf das Matthäusevange1ium ist dabei von Interesse, dass die Abwesenheit von Krankheit als Ausweis des Mitseins Gottes (vgl. das Immanuel-Motiv in Mt 1,23!) und der Engel verstanden ist (4Q285 Fragm. 1 9f; 11Q14 Fragm. 1 2,14f). - Als Kennzeichen paradiesischer Existenz 4Esra 7,123; 8,53. In Jub 23,30 begegnet die Heilung ebenfalls als Element endzeitlichen Heils, doch fehlt in der in Jub 23,26-31 laut werdenden Heilshoffnung das Auftreten eines Messias. 150 Vgl. NOVAKOVIC, Messiah, 163-183 sowie auch COUSLAND, Crowds, 115. 151 Vgl. BERGER, Qumran, 99f; COLLINS, Works, 107 ("It is quite possible that the author ofthe Sayings source knew 4Q521; at the least he drew on a common tradition."); M. BECKER, 4Q521, 93; NEIRYNCK, Q 6,20b-21, 58; NOVAKOVIC, Messiah, 177.190; FALCETTA, Logion, 232.247.
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dass in 4Q521 nicht gesagt wird, dass die Heilungen 152 durch den Messias 153 vollbracht werden i54 , sondern Gott selbst als deren Subjekt erscheint, doch erklärt sich das Proprium von Q 7,18-23 bzw. Mt 11,2-6 an dieser Stelle zwanglos dadurch, dass die traditionellen alttestamentlichfrühjüdischen Heilserwartungen im Licht der vorgegebenen Überlieferung von Jesu wundersamen Heilungen interpretiert wurden 155 . Es bleibt also zwar dabei, dass in den bekannten frühjüdischen Schriften kein heilender Messias belegt ist, doch ist diese Vorstellung in einigen Texten dadurch, dass die messianische Heilszeit unter anderem als durch die Beseitigung von Krankheiten gekennzeichnet erscheint, zumindest angelegt. 152 Gegen die übliche Deutung hat KVALBEIN, Wunder bestritten, dass 4Q52l buchstäblich im Sinne körperlicher Heilungen zu verstehen sei. Es ginge vielmehr "um eine bildlich-poetische Darstellung der Erneuerung des Gottesvolkes in der Endzeit auf Grund von traditionellen, alttestamentlichen Vorstellungen und Ausdrücken, wie wir sie vor allem in der Jesaja-Rolle und im Psalter finden" (123). Ist nicht auszuschließen, dass in einzelnen Wendungen ein metaphorischer Sinn mitschwingt, so vermag der generelle Ausschluss eines wörtlichen Verständnisses kaum zu überzeugen. Ich greife exemplarisch die Rede von der Sättigung der Geringen in 4Q52l Fragm. 2 2,13 heraus: Dass in Jer 15,2 unter anderem Hunger als Strafe des Exils erscheint (a.a.O., 120) und von daher die Verheißung lesbar wird als "Aufhebung der Strafe des Exils" (ebd.), besagt in keiner Weise, dass es hier nicht ,buchstäblich' um Hunger geht. 153 Singularisches Verständnis von ,;r'l!l~" ist Mehrheitsmeinung (s. z.B. GARCiA MARTiNEZ, Erwartungen, 182f; BERGMEIER, Beobachtungen, 39; COLLINS, Jesus, 114f; ABEGG/EvANS, Passages, 194; NOVAKOVIC, Messiah, 172). Pluralisch deuten dagegen H. STEGEMANN, Essener, 50.286; M. BECKER, 4Q521, 75-78; NIEBUHR, Werke, 638. Handelt es sich in 4Q521 nicht um die Gestalt des königlichen/davidischen Messias (Bezug auf einen davidischen Messias favorisieren bzw. postulieren aber GARciA MARTiNEZ, Erwartungen, 183f; B. LOADER, Scrolls, 70-72, s. auch PUECH, Apocalypse, 487.497), sondern um eine prophetische Gestalt (so COLLINS, Works; COLLINS, Herald, 235f; M. BECKER, 4Q521 [verbunden mit einem pluralischen Verständnis von ,;r'l!l~", s.o.]; ZIMMERMANN, Texte, 382f, s. auch BERGMEIER, Beobachtungen, 39, Anm. 7; noch anders NIEBUHR, Werke, 639, der - ebenfalls verbunden mit einem pluralischen Verständnis von 1;r'l!l~" - für das Vorliegen eines priesterlichen Gesalbtenverständnisses votiert [kritisch dazu z.B. COLLINS, Jesus, 114fJ), so besteht darin eine Differenz zu Mt 11,2-6, doch ist zu erwägen, dass das davidische Kolorit des Messiasverständnisses, das in Mt 11,2 hinter der Rede von ta Epya toD XpwtoD steht, ein ursprünglich prophetisch geprägtes Messiasverständnis des Überlieferungsstücks ,überschreibt' (vgl. dazu M. BECKER, 4Q521, 93-96). 154 Siehe für viele GARCiA MARTiNEZ, Erwartungen, 184f; CHARLESWORTH, Solomon, 149f; M. BECKER, 4Q521, 90-92. Anders akzentuieren COLLINS, Works, 100 (da Gott als Subjekt der Verkündigung des Guten [Z.12] ungewöhnlich wäre, sei es "likely that God acts through the agency of a prophetie messiah in line 12.") und vor allem B. LOAD ER, Scrolls,71. 155 Dabei dürfte dann zugleich das heilende Handeln Jesu im Licht der Verheißungstexte weiter ausgestaltet und profiliert worden sein.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Den in Q 7,18-23 vorgefundenen Bezug auf alttestamentliche Verheißungstexte hat Matthäus durch die zweimalige Einfügung von Reflexionszitaten im Anschluss an Heilungssummarien verstärkt (8,16f; 12,15-21)156. Dass Matthäus wiederholt die Davidssohnschaft Jesu im Rahmen der Schilderung des heilenden Wirkens Jesu thematisch werden lässt, ist in diesem Kontext zu betrachten. Anders gesagt: Konnte die Erfüllung von Heilsverheißungen für Israel an Jesu heilendem Handeln festgemacht werden, so bot es sich für den Evangelisten an, dieses konzeptionell mit Jesu Würde als Davidssohn zu verbinden, da mit dem Auftreten des davidischen Messias traditionell die Aufrichtung des Heils für Israel verbunden war. Dass politische Aspekte der Heilshoffnung wie die Befreiung vom Joch der Fremdherrschaft und die Vergeltung an den Israel unterdrückenden Völkern, wie sie in PsSal 17,21-25.28-31 oder 4Q161 Fragm. 8-10 15_19 157 mit der Erwartung des davidischen Messias verbunden sind, im Matthäusevangelium im Blick auf Jesus keine Rolle spielen und aufgrund der vorgegebenen Daten des Wirkens Jesu auch nicht spielen konnten, unterstreicht nur umso mehr, dass für den ersten Evangelisten dem heilenden Handeln Jesu als Bindeglied zu den Heilsverheißungen fur Israel eine zentrale Bedeutung zukommen musste, wollte er Jesus als davidischen Messias und Erfüller der Heilshoffnungen Israels ausweisen. In der matthäischen Darstellung ist dies so umgesetzt, dass die Kranken selbst mit dem Auftreten des Messias die Erlösung von Krankheiten verbinden. Denn wenn Matthäus in 9,27-31 die Anrufung Jesu als Davidssohn durch die Blinden mit dem Glauben an das Vermögen Jesu, sie zu heilen, verknüpft, dann ist hier eben ihre Erwartung impliziert, dass der Messias von Krankheiten befreit. Und wenn in 12,23 den Volksmengen aufgrund der vorangehenden Heilung( en) die Erkenntnis dämmert, dass Jesus nicht bloß ein Wunderheiler, sondern der Sohn Davids ist, ist auch hier die angesprochene Erwartung an das Auftreten des Messias vorausgesetzt l58 . Die Verankerung der matthäischen Konzeption in der Schrift lässt sich schließlich noch von einer anderen Seite her weiter profilieren. Matthäus nimmt, wie ausgeführt, in seiner Darstellung Jesu als davidischer Messias auf der Basis von Ez 34,23 die Hirtenmetaphorik aufl59 . Die Präsentation Jesu als heilender Davidssohn passt dabei gut zu dem in der Hirtenmeta156 In 8,16fweist Matthäus Jesu heilendes Handeln als Erfüllung von Jes 53,4a aus. In 12,17-21 ist der Zusammenhang des Zitats von Jes 42,1-4 mit dem Heilungssummarium in 12,15 nicht so eindeutig, doch lässt sich V.20 im Kontext auf die Krankenheilungen beziehen (s. dazu unten Kap. 5.1, S. 298). 157 Siehe ferner 4Esra 12,31-34; (13,33-38). Dagegen fehlt dieses Moment in den erhaltenen Fragmenten von 4Q521. 158 Siehe dazu ferner Mt 21,9.15 und dazu unten Kap. 3.1, S. 104. 159 Siehe oben Kap. 2.1.2.
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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phorik enthaltenen Fürsorgeaspekt: Ein guter Hirte sorgt sich um das Wohlergehen seiner Herde l6o . Beachtung verdient nun, dass zum Katalog der Vorwürfe gegen die schlechten Hirten in Ez 34,4 die Anklage gehört, dass sie das Schwache nicht stärken und das Kranke nicht heilen, während es umgekehrt in der nachfolgenden Heilsankündigung von Gott als Hirten Israels heißt, dass er das Verwundete verbinden und das Schwache stärken wird (34,16)161. Bildet Ez 34 einen wichtigen, wenn nicht den zentralen Bezugstext der matthäisehen Rezeption der Hirtenmetaphorik, ist festzuhalten, dass Matthäus - auf der Basis der ezechelischen Übertragung des Hirtenamtes auf den davidischen Messias in 34,23 - seine Konzeption des heilenden davidisch-messianischen Hirten auch hier in der Schrift verankert sehen konnte l62 . Beachtung verdient ferner, dass in Sach 10,2 LXX der Verweis auf das Fehlen eines Hirten im Zusammenhang der elendigen Lage der "Schafe" durch öLon OUK ~v '(aoL1; ersetzt bzw. interpretiert ise 63 . Betrachtet man die matthäisehe Darstellung Jesu als heilender Davidssohn näher, zeigt sich, dass Matthäus den Titel vornehmlich mit der Heilung von Blinden verknüpft hat l64 . Mk 10,46-52 wird nicht nur in 20,2934 verarbeitet, sondern auch in 9,27-31 dupliziert. Das "Hosanna dem Sohn Davids" der Kinder im Tempel (Mt 21,15) gilt dem, der Blinde und Lahme l65 heilt (21,14), wie bereits der Akklamationsruf der Volksmengen in 21,9 im Kontext mit der Heilung der Blinden in 20,29-34 verbunden erscheint. In 12,22-30 schließlich ist der Besessene, nach dessen Heilung Matthäus die OXAOL vermuten lässt, ob Jesus nicht der Sohn Davids ist, nicht nur stumm (Q 11,14), sondern auch blind. Dies ist umso auffallender, als Matthäus es bei seiner ersten Aufnahme von Q 11,14 in Mt 9,32 bei der Charakterisierung des Besessenen als Kw
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
die Annahme nahe, dass die redaktionelle Erweiterung der Krankheitsangabe in 12,22 einerseits und die Einfügung des Motivs der Davidssohnschaft in 12,23 andererseits als sachlicher Zusammenhang zu betrachten sind. Konturen gewinnt dies, wenn man die - bei Matthäus ausschließlich auf die Pharisäer und Schriftgelehrten bezogene - metaphorische Verwendung von "t"u<jJlo<; in 15,14; 23,16.17.19.24.26 einbezieht. Liest man die Heilungsgeschichten in diesem Licht, erscheint die verschiedentlich geäußerte These plausibel, dass es in den genannten Heilungsgeschichten auch darum geht, dass Israel im übertragenen Sinn von seiner Blindheit geheilt wird 166 (vgl. u.a. Ps 145,8LXX ; Targum Jes 35,5). Angesichts der metaphorischen Verwendung von "t"u<jJ1O<; in der antipharisäischen Polemik lässt sich dies noch dahingehend präzisieren, dass Israel von der Blindheit geheilt wird, die von den blinden Führern, den Pharisäern und Schriftgelehrten, verursacht ist 167 • Im Blick ist damit die Lehre, die Unterweisung in der Tora. Das Christologoumenon der Davidssohnschaft ist demnach nicht auf Jesu heilende Tätigkeit (im physischen Sinne) engzufUhren. Vielmehr bringt der Davidssohntitel, wie dies in dem angesprochenen Zusammenhang zwischen 1,1 und 2,5f angelegt ist, die messianische Zuwendung Jesu zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" im Ganzen zum Ausdruck 168 • Dass gleichwohl Jesus nie im Kontext seiner Lehre als Davidssohn präsentiert wird, steht dem nicht entgegen. Zwar kann man auch im Blick auf die ethische Unterweisung Jesu geltend machen, dass sie im matthäisehen Sinn im Licht der gnädigen Zuwendung Gottes im Immanuel zu betrachten ise 69 , doch liegt der Akzent zweifelsohne auf der Forderung der Befolgung der Worte Jesu (vgl. nur 7,21-27). Von daher ist zu verstehen, dass der Davidssohntitel nie dort begegnet, wo Matthäus die Lehre Jesu entfaltet, denn beim Mo-
166 Vgl. J.M. GIBBS, Purpose, 451-453.458.460; SUHL, Davidssohn, 80f; Luz, Skizze, 225 (vgl. Luz, Mt 15, 46; Mt 11, 58f; Mt III, 326f); NOVAKOVIC, Jesus, 164 (vgl. NOVAKOVIC, Messiah, 95); PAUL, Texte, 29lf. Siehe auch KINGSBURY, Son of David, 600f sowie W.R.G. LOADER, Son of David, 578-580, die freilich undifferenziert postulieren, dass Israel in seiner Blindheit verharrt. 167 Dass es allein bei der Anrufung Jesu als Sohn Davids durch die Kanaanäerin in Mt 15,22 nicht um eine Blindenheilung geht (zum Davidssohntitel im Munde der Volksmengen s. unten Kap. 3.1), ist sicher kein Zufall. Das Motiv der von den Autoritäten ausgelösten "Blindheit" ist bei Matthäus israelbezogen. Die redaktionelle Verwendung des Davidssohntitels in 15,22 steht, wie in Kap. 2.2.3.2 zu zeigen sein wird, in einem anderen Zusammenhang. 168 Anders KINGSBURY, Son of David, 592, der den Titel allein mit Jesu heilendem Handeln (vgl. dazu oben S.41) verbunden sieht. Dies geht aber nur, wenn man den Gebrauch des Titels von seinem konzeptionellen Eingebundensein, also etwa von dem Zusammenhang mit 2,6; 15,24, isoliert. 169 So der Interpretationsansatz bei Luz, Jesusgeschichte, 58-63 (vgl. Luz, Mt 15 , 534.542 u.ö.). Siehe ferner z.B. HAGNER, Righteousness, 102f.l05-107.
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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tiv der Davidssohnschaft geht es - auf der Basis der Verheißungen in der Schrift - um die gnadenhafte Zuwendung Gottes zu seinem Volk. Oder anders: Der Davidssohntitel kann nur insofern, wie dies in den metaphorischen Implikaten der Heilungsgeschichten anvisiert ist, mit der Lehre verbunden sein, als diese - durch die Erschließung des zuvor verdeckten Willens Gottes - Teil der göttlichen Heilsinitiative ist, mit der Gott sich des hirtenlosen, daniederliegenden Volkes (9,36) annimmt 170. Die Fokussierung der Verwendung des Davidssohntitels auf Jesu heilendes Handeln ist also nicht im Sinne einer Beschränkung der Bedeutung des Christologoumenons der Davidssohnschaft Jesu zu lesen. Sie erklärt sich vielmehr dadurch, dass in der matthäischen Ausarbeitung dieses Motivs, allem voran durch die Aufnahme der die Fürsorge Gottes betonenden Hirtenmetaphorik, der Aspekt der barmherzigen Zuwendung Gottes zu seinem Volk in Einlösung der Israel in der Schrift gegebenen Heilsverheißungen im Zentrum steht.
Dem metaphorischen Sinnhorizont der Blindenheilungen ist noch ein weiterer Aspekt zur Seite zu stellen. Mit der Aufnahme von Mk 2,1-12 in Mt 9,2-8 nimmt Matthäus den Konnex von Krankheit und Sündenvergebung auf: Die Heilung erscheint nicht bloß als Genesung des körperlichen Gebrechens, sondern ist mit der Vergebung der von Gott trennenden Sünden verbunden. Die Heilung wird hier geradezu zum Beiwerk der im Vordergrund stehenden Sündenvergebung. Zu fragen ist, ob dies als Einzelfall zu verstehen oder dieser Verknüpfung exemplarische Bedeutung zuzumessen ist, so dass Jesu heilendes Handeln insgesamt in den Zusammenhang der Sündenvergebung eingestellt wäre 171. Es war bereits oben darauf hinzuweisen, wie stark Matthäus im Rahmen der Aufnahme der Hirt/Herde-Metaphorik im Blick auf die Volksmengen in 9,36; 10,6; 15,24 deren desolate Lage herausstellt. Die Rede vom Verlorensein der Schafe (10,6; 15,24) blickt dabei nicht nur, ja nicht zentral, auf physische Not, sondern hat, wie 18,14 bestätigt, an erster Stelle die soteriologische Notlage des Volkes im Blick 172 • In 10,6-8 wird nun die Sendung der Jünger zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" inhaltlich zum einen durch die Verkündigung der Nähe der Basileia und zum anderen durch die Heilung der Kranken näherbestimmt. In 15,24 begründet Jesu 170 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach Mt 11,2.5 die Verkündigung der Frohbotschaft an die Armen zu ,& Epya 1:OÜ XPLO,OÜ zählt und sich XpLO,6~ hier dem Kontext nach speziell auf Jesus als den davidischen Messias bezieht (s. dazu unten Kap. 2.2.1, S.56). Siehe ferner die Rede vom sanften Joch Jesu in 11,30. In Mt 23,10 wird zudem "der Christus" explizit als der eine Ka91]Y1],~~ ausgewiesen. 171 Letzteres nimmt NOVAKOVIC, Messiah, 73 an, die auf der Basis von Mt 9,2-8 folgert: "It is therefore highly likely that Jesus' healing ministry is viewed by Matthew as saving his people from their sins." Siehe auch DAVIEs/ALLISON, Mt 1,415; HAGNER, Mt I, 232f; BEAUCHAMP, Heritage, 23f; LANDMESSER, Jüngerberufung, 138f; BEATON, Isaiah's Christ, 115f (im Rahmen der Auslegung von Mt 8,17). Gegen eine "ursächliche Verknüpfung von Sünde und Krankheit" in Mt 9,2-8 hingegen FIEDLER, Mt, 215. 172 Siehe auch Mt 10,28.39; 16,25.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Aussage über seine Sendung allein zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel", warum die Bitte der kanaanäischen Frau um Erbarmen mit ihr wegen ihrer kranken Tochter bei ihm kein Gehör findet. Ist in "ta. TIp6ßa"ta "ta. &TIOAwA.6"ta der Aspekt einer soteriologischen Notlage nicht auszuklammern, erhärten 10,6-8 und 15,24 den in 9,2-8 expressis verbis angesprochenen Konnex von Heilung und Sündenvergebung. Zieht man Mt 9,9-13 hinzu, wird deutlich, dass die Sündenvergebung auch abseits des heilenden Handeins Jesu ein zentrales Wesensmerkmal seiner Sendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" ist, denn die sich in der Tischgemeinschaft manifestierende Zuwendung Jesu zu den Zöllnern und Sündern führt die in 9,2-8 aufgeworfene Thematik der Sündenvergebung unmittelbar weiter 173. Anders gesagt: Die von Jesus gewährte Tischgemeinschaft korrespondiert dem Wort der Sündenvergebung in 9,2 174• Zugleich erscheinen die Sünder in dem Bildwort in V.12 als die eines Arztes bedürftigen Kranken. Zu beachten ist überdies, dass Matthäus, wie gesehen, bereits in Mt 1,21 die Rettung von den Sünden als Ziel der Sendung Jesu vorgebracht hat I75 • Die finale Realisierung findet diese Aufgabe, wie in dem Kelchwort in 26,28 176 deutlich, aber auch durch die Einfügung des Jesusnamens in den titulus erucis (27,37) signalisiert wird 177, im Tod Jesu, worauf hier zunächst nur hinzuweisen ist. Die eben aufgewiesenen Zusammenhänge machen aber deutlich, dass von 1,21 aus nicht nur eine Linie zum Verständnis des Todes Jesu im Matthäusevangelium führt, sondern 1,21 umfassend als Vorzeichen vor dem Wirken Jesu in Israel fungiert 178, das im Tod Jesu "für die Vielen" (26,28) seinen soteriologischen Zielpunkt findet l79 • 173 Vgl. SCHNACKENBURG, Knecht, 215; GIELEN, Konflikt, 95; LANDMESSER, Jüngerberufung, 138; J. PARK, Sündenvergebung, 221f. 174 Vgl. GIELEN, Konflikt, 95. 175 Zur soteriologischen Notlage des Volkes als Implikat von Mt 1,21 vgl. exemplarisch Kupp, Emmanuel, 59. 176 Matthäus hat im Kelchwort El~ ä
EOLV a~etptLwv eingefügt und zugleich die markinische Bezeichnung der Johannestaufe als ßU1TtLO~et ~HetVO(et~ Ei, &cjJWLV a/lapnw/J (Mk 1,4) so nicht übernommen. Zwar bekennen auch bei Matthäus die Taufanwärter ihre Sünden (Mt 3,6), aber von ihrer tatsächlichen Vergebung ist hier nicht die Rede (vgl. exemplarisch GNILKA, Mt I, 68). 177 Matthäus' bewusster und gezielter Gebrauch des Namens "Jesus" wird in 1,18-25 noch dadurch unterstrichen, dass der Evangelist durch die Voranstellung des Genitivattributs in ,oü öE 'ITjoOÜ Xpw,oü ~ YEVEOL~ in 1,18a und Kett EKUAEOEV ,0 ÖVO~et etlhoü 'ITjoOÜV eine inclusio bildet (vgl. LANDMESSER, Jüngerberufung, 11). 178 LANDMESSER, Jüngerberufung, 91 spricht im Blick auf Mt 9,10 treffend davon, dass hier "das Motiv der Errettung von den Sünden ... narrativ konkretisiert" werde. Zur Verbindung zwischen 1,21 und Jesu heilendem Handeln vgl. NOVAKOVIC, Messiah, 7375 sowie auch HEIL, Death, 8 und COUSLAND, Crowds, 115-117: "Matthew Iikely under-
2.1 Jesus als davidisch-messianischer Hirte Israels
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Im Kontext von Mt 1 steht die Aussage in 1,21 im Zusammenhang der doppelten Präsentation der Identität Jesu als Gottessohn und als Davidssohn 180. Sein heilendes Handeln an Israel ist, wie gesehen, vom Evangelisten eng mit seiner Davidssohnschaft verbunden worden. Im Kontext von Passion und Auferstehung aber lässt Matthäus betont Jesu Bedeutung als Gottessohn hervortreten 181 . Es zeigt sich also eine Korrespondenz zwischen der doppelten christologischen Präsentation Jesu als Gottessohn und Davidssohn in Mt 1 und der doppelten Verwirklichung der ihm in 1,21 zugeschriebenen Aufgabe, sein Volk von seinen Sünden zu retten. Dieser sich hier erst andeutenden christologischen Konzeption wird - zumal im Blick auf ihre Bedeutung für die Bestimmung des Verhältnisses von Israel und Völkerwelt - noch im Einzelnen nachzugehen sein 182 . Hier ist zunächst festzuhalten, dass nach den aufgewiesenen Sinnzusammenhängen auch Jesu mit seiner ,Rolle' als Davidssohn verbundenes Wirken, nämlich sein heilendes Handeln an den "verlorenen Schafen des Hauses Israel", als Explikation von 1,21 zu verstehen ist. Die soteriologische Not ist (wesentlicher) Teil der desolaten Lage des Volkes, zu deren Kennzeichnung die wiederholte Erwähnung der Begegnung Jesu mit einer Vielzahl von Kranken 183 geradezu paradigmatische Bedeutung zukommt. Die Heilung von Krankheiten bedeutet für Matthäus auch die Behebung von Auswirkungen der Sünden. Zieht man die Ausführungen zur metaphorischen Dimension der Blindenheilungen und die Überlegungen zum soteriologischen Aspekt der Heilungen zusammen, wird evident, dass die matthäisehe Konzentration der Verwendung des Davidssohntitels keineswegs intendiert, die christologische Relevanz der Davidssohnschaft Jesu zu minimieren. Die Rede von Jesus als vLa<; ßavLö erscheint vielmehr als konzentrierter Ausdruck des für Matthäus wesentlichen Aspektes der barmherzigen Zuwendung Gottes zu seinem des Heils bedürftigen Volk in Jesus. Die zentrale Bedeutung, die hier der Zeichnung Jesu als des königlich-messianischen Davidssohns zukommt, wird noch erhärtet, wenn man beachtet, dass die entsprechende Bedeutungszuschreibung an Jesus, wie dies bereits durch 2,3-6 signalisiert stands Jesus' therapeutic ministry to the crowds as the outworking of 1:21" (117). Zur Position von LUOMANEN s. unten Kap. 5.2.2.3, S. 320, Anm. 188. 179 Vgl. LANDMESSER, Jüngerberufung, 12: "Die Errettung von den Sünden ist das zuerst genannte und damit herausragende Motiv des Wirkens Jesu nach dem Matthäusevangelium." Vgl. dazu noch unten Kap. 5.2.2.3, S. 320. 180 Siehe dazu oben Kap. 2.1.1.1. 181 Siehe dazu unten Kap. 5.2.2.3. 182 Siehe dazu unten Kap. 5.3. 183 Siehe dazu vor allem die matthäischen Summarien in 4,23-25; 8,16; (9,35[f]); 12,15b; (14,14); 14,34-36; 15,30f; 19,2; 21,14.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
wird, ein bedeutsames Moment der von Matthäus erzählten Konfliktgeschichte darstellt l84 , steht hier doch offenkundig nicht der Widerstand gegen einen Wunderheiler im Zentrum. Kurzum: Es hat sich im Laufe der Analyse bestätigt, dass die Vorkommen des Davidssohntitels nicht isoliert zu betrachten sind; die vermehrte Verwendung des Titels ist vielmehr in ihrer sachlichen Zusammengehörigkeit mit anderen christologischen Aussagen des Evangeliums zu sehen, die die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu zum Ausdruck bringen. Der Gebrauch von ul.oc; ~au(6 stellt hier nur eine titularische Verdichtung dieses wesentlichen Aspekts der matthäisehen Jesusgeschichte dar.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der matthäisehen Jesusgeschichte Sind mit dem Voranstehenden grundlegende christologische Aspekte zum Ausdruck gekommen, mit denen Matthäus die Zuwendung Jesu zu Israel konzeptionell ausgestaltet hat, so gilt es nun zu verfolgen, inwiefern bzw. wie der Evangelist die in 15,24 programmatisch formulierte Exklusivität der Sendung Jesu zu Israel seiner Jesusgeschichte im Ganzen aufgeprägt hat J85 . Dazu ist zum einen die Änderung geographischer Angaben in Mt 4,24f und 15,29 gegenüber der Markusvorlage in den Blick zu nehmen, wobei sich zu 4,24f empfiehlt, den Passus im übergeordneten Zusammenhang von 4,23-9,35 zu betrachten. Zum anderen ist zu analysieren, wie Matthäus die ihm aus seinen Quellen vorgegebenen Texte bearbeitet hat, in denen Jesus Nichtjuden heilt. 2.2.1 Die Darstellung des Wirkens Jesu in Mt 4,23-9,35 Nach dem Prolog (1,1-4,16) beginnt Matthäus die Schilderung des öffentlichen Wirkens Jesu in einem ersten größeren Block (4,17-11,1) mit einer systematisch komponierten Präsentation Jesu in seiner vollrnächtigen Lehre (5,1-7,29) und seinem vollrnächtigen Handeln (8,1_9,34)186, die Dazu Näheres unten Kap. 3.1.3. Verschiedentlich ist für Matthäus eine breite Wirksamkeit Jesu unter ,Heiden' postuliert worden, durch welche die in 15,24 programmatisch zum Ausdruck kommende Israelkonzentration des Wirkens Jesu relativiert werde. Siehe - mit Unterschieden im Detail - JEREMIAS, Verheißung, 29f; RAY, Relationship, 193-211; BARTNICKI, Bereich, 254 (ebenso BARTNICKI, Jünger Jesu, 49); KRIEGER, Publikum, 105-107; WONG, Theologie,91-93. 186 Die beiden Grundelemente Lehre und Heilungen kehren in Mt 21-22 - in gegenüber Mt 5-9 inverser Stellung - als Strukturmoment wieder (s. dazu unten Kap. 3.1.2.5, 184 185
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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durch die fast gleich lautenden Summarien in 4,23(-25) und 9,35 gerahmt wird. Die Komposition in 4,23-9,35 wird wiederum umfasst durch zwei Jüngertexte, die Berufung der ersten Jünger in 4,18-22 und die Aussendung der Zwölf in 9,36-11,1. 4,17 leitet ein bzw. vom Prolog über: Jesus beginnt nun mit seinem öffentlichen Wirken. Durch die kompositorische Voranstellung eines Summariums erhält das Nachfolgende den Charakter der exemplarischen Entfaltung des Allgemeinen und Typischen, das in 4,23 dargelegt wird: Jesus lehrt in ihren Synagogen, verkündigt das Evangelium vom Reich 187 und heilt jede Krankheit und jede Schwäche l88 . Beachtung verdient, dass Matthäus dieses Wirken Jesu ausdrücklich EV ce:) Aae:) geschehen lässt. Zu lesen ist dies auf dem Hintergrund der in 1,21; 2,6; 4,16 vorangegangenen Vorkommen von Aa6t;189: Jesus beginnt hier damit, was nach 2,6 seine Aufgabe ist und worauf 4,16 ausblickt: Mit seinem Lehren, Verkündigen und Heilen weidet er Gottes Volk (Aa6t;) Israel (2,6); dem Volk (Aa6t;), das in Finsternis sitzt, geht - durch Jesu Wirken - ein helles Licht auf (4,16)190. Schildert 4,23 summarisch das Wirken Jesu, so beschreibt 4,(24b).25 ebenso summarisch die Reaktion des Volkes: Jesu Wirken lässt die Menschen mit den Kranken bei ihm zusammenkommen und aXAOt TTOAAOl ihm nachfolgen 191. Von Bedeutung sind im hier verfolgten Zusammenhang die Herkunftsangaben in V.25. Matthäus knüpft an Mk 3,7b.8 an, streicht aber Idumäa sowie Tyros und Sidon und fügt dafür die Dekapolis hinzu. Legt S. 133). 8,1-9,34 ist allerdings keineswegs bloß eine Zusammenstellung von Wundergeschichten, wie 9,9-13.14-17 zeigen (s. auch 8,19-22!). Auch in 9,2-8 steht nicht das Heilungswunder im Zentrum, sondern das Thema der Sündenvergebung. Von daher ist für Mt 8-9 umfassender vom vollrnächtigen Handeln Jesu zu reden. - Zu den ekklesiologischen Implikaten der Präsentation des HandeIns Jesu in Mt 8-9 s. BURGER, Taten; Luz, Wundergeschichten, 153-155. 187 Lehre und Verkündigung des Reiches sind bei Matthäus nicht sauber zu unterscheiden (s. dazu Luz, Mt I5 , 247-250, ferner DAVIEs/ALLISON, Mt I, 415; HAGNER, Mt I, 80; NOLLAND, Mt, 182; VERSEPUT, Rejection, 57f, anders akzentuieren BORNKAMM, Enderwartung, 35, Anm. 1; HAHN, Mission, 104f; GIESEN, Krankenheilungen, 85-87). 188 Möglicherweise steht hier Dtn 7,15 Pate (so z.B. GNILKA, Mt I, 106.107; FRANKEMÖLLE, Mt I, 202; FIEDLER, Mt, 102; GIESEN, Krankenheilungen, 88). Stimmt dies, wird durch diese Anspielung der durch EV 1:Q ÄIXQ explizit werdende Gottesvolkbezug noch verstärkt. 189 Das Bedeutungsspektrum von Ä1X6~ spannt sich von der Bezeichnung eines "Volkshaufens" bis zum technischen Gebrauch im Sinne von "Gottesvolk". VgI. zur Semantik die Ausführungen in Kap. 3.2, S. 169-172. 190 Streiten kann man, ob sich EV 1:Q ÄIXQ in 4,23 syntaktisch allein auf das letzte Partizip und also auf das Heilen oder auf das Ganze bezieht. So oder so geht es jedenfalls darum, den Israelbezug des Wirkens Jesu herauszustellen. 191 Zur Kennzeichnung der Volksmengen s. unten Kap. 3.1.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
man eine zeitgeschichtliche Perspektive an, bleibt die Absicht dieser Änderungen unklar. Die Dekapolis hatte wie Tyros und Sidon mit umliegendem Land eine überwiegend ,heidnische' Bevölkerung; in bei den Gebieten gab es auch Juden 192 . Die Idumäer hatte Johannes Hyrkan unterworfen und zur Beschneidung gezwungen, also ,judaisiert' (Josephus, Ant XIII 257f); Idumäa fehlt aber in Mt 4. Sinn machen diese Veränderungen dagegen, wenn man Matthäus in biblischer Perspektive einen Umriss des Siedlungsgebiets der zwölf Stämme, des biblischen yf]' Iapa~Ä (vgl. 2,20f), zeichnen sieht 193 , womit Matthäus zugleich auf das Motiv der Restitution Israels anspielen dürfte 194. Die Dekapolis deckt dabei das nördliche Gebiet der ostjordanischen Stämme ab. Gesagt ist also: Volksmengen aus ganz Israel lassen sich durch das Auftreten Jesu ansprechen 195 . Tyros und Sidon sowie Idumäa = Edom 196 sind als ,heidnische' Territorien gestrichen. Dass solch eine biblische Perspektive für den ersten Evangelisten nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt sich schon daran, dass er die syrophönizische Frau (Mk 7,26) als Kanaanäerin bezeichnet (Mt 15,22). Ist das Verständnis der geographischen Angaben in 4,24f richtig, denkt Matthäus bei den Volksmengen aus der Dekapolis also an Juden 197 • 7,28fbestätigt dies 198 : Die Volks192 Siehe nur Josephus, Bell Ir 466-480. Vgl. THEISSEN, Lokalkolorit, 69f; SCHMELLER, Jesus, 57f; SCHRÖTER, Historizität, 202. 193 Vgl. GNILKA, Mt I, 108f; DAVIES/ALLISON, Mt I, 420; FRANKEMÖLLE, Mt 1,202; NOLLAND, Mt, 185; FIEDLER, Mt, 103f; TRILLING, Israel, 136; G. LOHFINK, Bergpredigt, 273-276; GIESEN, Krankenheilungen, 90f; MEISER, Reaktion, 231.258; LANDMESSER, JÜllgerberufung, 31; COUSLAND, Crowds, 53-68; GARBE, Hirte, 39, auch Luz, Mt 15, 247. Anders GUNDRY, Mt, 65; KRIEGER, Publikum, 102-105 (vgl. KRIEGER, Maps, 271-275); STANTON, Revisiting Matthew's Communities, 15. - Matthäus schreitet zuerst den Norden, dann den Süden von Westen nach Osten ab. Jerusalem, "die Stadt des großen Königs" (5,35), kommt in der Mitte zu stehen. Samaria wird als nichtjüdisches Territorium betrachtet und fehlt daher (vgl. GNILKA, Mt I, 108). 194 Ebenso FIEDLER, Mt, 104. - V gl. dazu im Blick auf die Aussendung der zwölf Jünger unten Kap. 2.3, S. 83. 195 Mt 4,24a steht der Ausrichtung des Wirkens Jesu auf Israel nicht entgegen, denn Jesus geht hier nicht selbst nach Syrien, sondern nur die Kunde von ihm greift über das Land Israel (2,20f) nach Syrien hinaus. Wahrscheinlich meldet sich in dieser Notiz die Perspektive der wohl in Syrien beheimateten matthäi sehen Gemeinde zu Wort (s. für viele GNILKA, Mt I, 108; FRANKEMÖLLE, Mt I, 203; FIEDLER, Mt, 102). Zu fragen ist freilich zugleich, ob 4,24a in erzähllogischer Hinsicht die Voraussetzung für 15,21-28 schaffen soll, sofern vorauszusetzen ist, dass die aus dem Gebiet um Tyros und Sidon, also aus Syrien stammende Frau zuvor von Jesu Wirken in und an Israel gehört haben muss (vgl. dazu GUNDRY, Mt, 64). 196 Vgl. den LXX-Befund, wo Idumäa häufig für Edom steht, s. 2Sam 8,14; lKön 11,14f; 2Kön 14,10; Am 1,6.9; Ob 1.8; Jes 34,5f(!); Thr 4,21 (!); Ez 25,12-14 (!) u.ö. 197 Anders ist die Perspektive auf die Dekapolis in 8,28-34. Siehe dazu unten Kap. 2.2.3.1.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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mengen von 4,25 bilden den weiteren Zuhörerkreis der Bergpredigt und erkennen in ihr eine vollmächtige Lehre, die Jesus von ihren Schriftgelehrten abhebt. Über Israel hinaus nach Syrien reicht vorerst nur die Kunde von Jesus (4,24a). Der explizite Verweis auf Israel als Ort des Wirkens Jesu (4,23[-25]) kehrt am Ende der matthäischen Komposition in 4,23-9,35 wieder. Zwar besitzt Ev -rQ AaQ (4,23) in dem korrespondierenden Summarium in 9,35 keine Entsprechung, doch hat Matthäus statt dessen die Israelbezogenheit der Sendung Jesu unmittelbar zuvor am Ende des Zyklus in 8,1-9,34 durch die bei den Heilungsgeschichten in 9,27-31.32-34 noch einmal betont herausgestellt'99. Ist schon durch die Schluss stellung das besondere Gewicht dieser bei den Erzählungen angedeutet, so wird dies durch den auffälligen literarischen Befund unterstrichen, dass Matthäus in beiden Fällen Texte dupliziert, die später noch einmal vorkommen (vgl. 12,22-24; 20,2934200 ). Eine mögliche Erklärung kann man darin sehen, dass Matthäus im Vorblick auf 11,5 komponiert hat 20 '. Um den dortigen Verweis Jesu auf seine Werke (v gl. 11,2) durch vorangehend erzählte Geschehnisse illustriert sein zu lassen, fehlen noch die Heilung eines Blinden und die eines Tauben. Ginge es allein darum, einen suffizienten Hintergrund für 11,5 zu gewinnen, hätte Matthäus, statt Mk 10,46-52 zu duplizieren, freilich auch die andere Blindenheilung seiner Markusvorlage (Mk 8,2226) - möglicherweise um für ihn anstößige Details der dortigen Heilungspraktik Jesu gekürzt - vorziehen können. In Mk 8,22-26 begegnet jedoch nicht die Anrufung Jesu als Davidssohn202 • Positiv gewendet: Mit Mk 10,46-52 variiert Matthäus in 9,27-31 den markinischen Text, in dem er die Anrufung Jesu als Davidssohn (9,27) vorgefunden hat. Matthäus Vgl. COUSLAND, Crowds, 68-70. Vgl. VERSEPUT, Messiah, 111; NOVAKOVIC, Messiah, 80f. 200 Während Mt 20,29-34 nicht nur im Blick auf die Stellung im Erzählfaden, sondern auch dem Wortlaut nach die Abhängigkeit von Mk 10,46-52 deutlich zu erkennen gibt, stellt Mt 9,27-31 ein vom Evangelisten recht frei gestaltetes Duplikat dar (zu Mk 10,4652 als Grundlage von Mt 9,27-31 vgl. GNILKA, Mt 1,344; Luz, Mt 11,58; GUNDRY, Mt, 176; HELD, Wundergeschichten, 207-209). Die Annahme der Verarbeitung einer anderen (mündlichen) Überlieferung in Mt 9,27-31 (s. zu dieser Option HAGNER, Mt I, 252) ist unnötig. 201 In diesem Sinne SAND, Mt, 202f; DAVlEs/ALLISON, Mt 11, 134.138; LUCK, Mt, 122; GUNDRY, Mt, 176.179; HAGNER, Mt I, 252.255; NOLLAND, Mt, 400.403; BULTMANN, Geschichte, 226; BURGER, Davidssohn, 76; SCHÖNLE, Johannes, 123. 202 Fragen kann man ferner, wieso Matthäus die Markusperikope nicht bloß vorgezogen und dann in Mt 20 ausgelassen hat (vgl. Luz, Mt 11, 58). Offenkundig liegt ihm daran, die Davidssohnschaft Jesu zu betonen. Näherhin braucht Matthäus 20,29-34 als Hintergrund rur die Akklamation der Volksmengen in 21,9 (s. dazu unten Kap. 3.1, S. 104). 198
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
präsentiert Jesus am Ende der Einheit und damit paradigmatisch für das Ganze 203 gezielt als Messias Israels. Ebendies wird durch 9,32-34 verstärkt. Die Heilung selbst wird hier nur knapp erwähnt (9,33). Der Ton liegt darauf, zum Schluss des Zyklus 8,19,34 und wiederum paradigmatisch für das Ganze die divergierenden Reaktionen der Volksmengen und der Autoritäten auf die Taten Jesu herauszustellen204 . Dem wird in Kap. 3 im Einzelnen nachzugehen sein. Hier ist zunächst von Bedeutung, dass Matthäus durch die den Volksmengen in den Mund gelegte Äußerung "noch nie ist so etwas in Israel geschehen" den Israelbezug des Wirkens Jesu noch einmal unterstreiche05 : Es geht in der Komposition 4,23-9,35 um die grundlegende Präsentation des Wirkens Jesu im Gottesvolk Israef06 • In diesem Licht ist sodann der Rückverweis auf das in 4,23-9,35 Erzählte durch 1:"a Epya: ,aD XpwmD in 11,2207 zu sehen208 • '0 Xpw,6c; meint hier entsprechend - wie in 2,4 - Jesus als den Messias Israels, als messianischen Davidssohn209 • Dass in der Antwort Jesu in 11,5, wie gesehen, Heilsverheißungen anklingen, wie sie verschiedentlich im Jesajabuch begegnen21O, verstärkt im Gesamtkontext des Evangeliums betrachtet das für Matthäus zentrale Moment, dass in Jesus - durch sein heilendes Handeln und die Frohbotschaft an die Armen - die Israel gegebenen und von Matthäus auf die messianische Zeit bezogenen Heilszusagen erfüllt werden.
2.2.2 Die Bearbeitung der Markusvorlage in Mt 15,29-31 Im Matthäusevangelium kommt es zweimal zu Begegnungen Jesu mit Nichtjuden außerhalb des galiläischen Wirkungsgebietes Jesu (vgl. 4,15t), Vgl. VERSEPUT, Role, 534; NOVAKOVIC, Messiah, 81, s. auch CHAE, Jesus, 305. Mit SAND, Mt, 205; HARE, Mt, 108; HELD, Wundergeschichten, 235; VAN TILBORG, Leaders, 144; Luz, Wundergeschichten, 153; COUSLAND, Crowds, 137. 205 Da EV ,Q 'Iopa~A in 9,33 EV ,Q AaQ (4,23) variiert (vgl. Luz, Mt 11,63, Anm. 5), findet zugleich das oben vertretene Verständnis der Wendung in 4,23 Bestätigung. 206 Dem stehen 8,5-13 und 8,28-34 scheinbar entgegen. Siehe dazu unten Kap. 2.2.3.3 und Kap. 2.2.3.1. 207 Die Wendung verdankt sich matthäischer Redaktion. 208 Zum Bezug der Wendung auf 4,23-9,35 vgl. Luz, Mt 11, 167; DAVlEs/ALLISON, Mt 11,240; LUCK, Mt, 135; FRANKEMÖLLE, Mt 11, 103 (4,23-11,1) sowie auch MENNINGER, Israel, 84. Allein auf Mt 8f beziehen SAND, Mt, 237; GNILKA, Mt I, 406, s. auch GUNDRY, Mt, 204. Da Mt 11,5 die Heilungen um die Frohbotschaft an die Armen ergänzt, liegt für Epya ,oü XPLO,OÜ jedoch ein weiter gefasstes Verständnis nahe. 209 In diesem Sinne auch Luz, Mt 11, 167; VERSEPUT, Role, 535. - Dem Gesagten fügt sich ein, dass die Rede vorn EPX6j..LEVO~ in der Täuferanfrage in Mt 11,3 nicht nur an 3,11 zurückdenken lässt, sondern zugleich mit 21,9 zusammenklingt, wo es um die Akklamation Jesu als Davidssohn geht (vgl. NOVAKOVIC, Messiah, 153). 210 Siehe oben Kap. 2.1.3, S. 44. 203
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,a
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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nämlich in 8,28-34 und 15,21-28. Auf beide Texte wird unten in Kap. 2.2.3 noch näher einzugehen sein. Hier ist die Aufmerksamkeit zunächst darauf zu lenken, dass Matthäus Jesus nicht nur in 9,la - im Gefolge von Mk 5,21a - direkt wieder nach Galiläa zurückkehren lässt, sondern sich dies in 15,29 - gegen die Markusvorlage - nach Jesu Abstecher EL~ "tIZ flEPTl Tupou Kat ~LÖWVO~ (15,21) wiederholt. Nach der Heilung der Tochter der Syrophönizierin (Mk 7,24-30) lässt Markus Jesus durch Sidon ziehen und sich schließlich in die Dekapolis begeben (Mk 7,31), wo man sich neben der Heilung des Taubstummen (Mk 7,31-37) offenbar auch die sich in Mk 8,1-9 anschließende Speisung der 4000 zu denken hat2l1 . Markus lässt Jesus also in Gebieten wirken, die zwar einen jüdischen Bevölkerungsanteil hatten, aber vornehmlich ,heidnisch' waren. Zieht man hinzu, dass der Heilung der Tochter der Syrophönizierin in Mk 7,1-23 die kategorische Abrogation der Speisetora vorangeht212 , liegt es nahe, die markinische Komposition so zu verstehen, dass nach der Aufhebung dieses wichtigen ,boundary marker' zwischen Israel und den Völkern213 die Einbeziehung von Nichtjuden in das Wirken Jesu geschildert werden soll, deren Auftakt die Heilung der Tochter der Syrophönizierin bildet214 . Matthäus hat dagegen den - komplizierten - markinischen Reiseweg öuz ~LÖWVO~ d~ t~V 8UA,aooav tfj~ raA.LA,aLa~ &va flEOOV tWV OPLWV MKa1ToA,EW~ zu dem schlichten 1Tapa t~V edA,aooav tfj~ raA.LA,aLa~ verändert (15,29), womit in Analogie zu den beiden weiteren Vorkommen der Wendung im Matthäusevangelium (4,18; 13,li 15 und angesichts der Streichung der ,heidnischen' Gebiete aus Mk 7,31 zweifelsohne nur gemeint sein kann, dass Jesus unmittelbar nach Galiläa zurückkehrt. Das Mk 7,31-37 ersetzende Summarium 15,29-31 spricht also wie 4,25 von ÖXA,OL 1TOUOL (15,30) aus Israel 216 . Dazu passt ferner, dass die Volksmengen nach 15,31
Jedenfalls folgt erst in Mk 8,10 wieder eine neue Ortsangabe. Siehe insbesondere den markinischen Erzählerkommentar in 7,19c: Damit erklärte er (= J esus) alle Speisen für rein. 213 Siehe vor allem EpArist 139-142. 214 Vgl. KERTELGE, Wunder, 169f; KATO, Völkermission, 81-100; FELDTKELLER, Identitätssuche, 28-30; FELDMEIER, Syrophönizierin, 224f; SCHMELLER, Jesus, 48f.52; POKORNY, Puppy, 330; PESCH, Mk I, 384.385.402 u.a. 215 In 4,18 und 13,1 (hier ohne raALAaLa,) ist jeweils eindeutig die galiläische Seite des Sees Genezareth gemeint. 216 Ebenso GNILKA, Mt II, 34; Luz, Mt II, 440; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 563f; HAGNER, Mt II, 445f; TRILLING, Israel, 133f; DONALDSON, Mountain, 128.130 und 261, Anm.42; LEVINE, Dimensions, 162f, ausführlich COUSLAND, Feeding. Anders LOHMEYER, Mt, 257f; FENTON, Mt, 257; GREEN, Mt, 147f; MORRls, Mt, 407; FRANCE, Mt, 248; GUNDRY, Mt, 317-319; JEREMIAS, Verheißung, 29; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 117; WONG, Theologie, 85f. Beide Optionen zu einer dritten kombinierend FRAN211
212
"ij,
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
auf die Heilungen hin "den Gott Israels loben". Auch hier weist nichts auf nichtjüdische Volksmengen hin217 , im Gegenteil: Matthäus nimmt mit der Rede vom "Gott Israels" eine im Alten Testament weit verbreitete 218 und im jüdischen Lobpreis Gottes verwurzelte2l9 Wendung auf und lässt damit - analog zu 9,33 - heilsgeschichtliche Töne anklingen 22o : In Jesus wendet sich der Gott Israels seinem Volk zu. Die Rede von der Heilung von Lahmen, Blinden, Verkrüppelten und (Taub-)Stummen lässt intratextuell an 1l,5f zurückdenken und damit intertextuell an die dort im Hintergrund stehenden alttestamentlichen Verheißungen 221 . Entsprechend ist bei Matthäus dann auch die Speisung der 4000 in 15,32-39 als eine Speisung jüdischer Volksmengen zu lesen222 • Festzuhalten ist demnach: Die zuweilen geäußerte These, dass Matthäus in 15,29-31 auf das Exemplum der kanaanäischen Frau "eine Heidenwirk-
KEMÖLLE, Mt H, 210: Volksmengen "aus Juden und Heiden" (vgl. dazu MINEAR, Disciples, 40). 217 Ebenso SCHNACKENBURG, Mt I, 145; GNILKA, Mt H, 35; DAVlEs/ALLISON, Mt H, 564; HAGNER, Mt H, 446; WIEFEL, Mt, 289; COUSLAND, Feeding, 14-21; GIESEN, Galiläa, 38, s. auch NOLLAND, Mt, 640f. Anders M'NEILE, Mt, 232f; SCHNIEWIND, Mt, 185; LOHMEYER, Mt, 258; FENTON, Mt, 257; BEARE, Mt, 346; FRANCE, Mt, 248; HARRINGTON, Mt, 240; MORRIS, Mt, 407; BEAUCHAMP, Heritage, 25; BYRNE, Messiah, 69; JACKSON, Mercy, 33. 218 GERLEMANN, SK,tD', Sp.783 zählt 201 alttestamentliche Belege (nur elf Belege sind mit Nichtjuden verbunden, s. COUSLAND, Feeding, 18, Anm.70). In der (nichtmasoretischen) außerkanonischen frühjüdischen Literatur s. ferner Est 4,17\ 3Esra 5,64; 7,15; 8,3.63; 9,39; Jdt 4,12; 6,21; 10,1; 12,8; 13,7; 14,10; lBar 2,11; 3,1.4; Sir 50,22 (hebr. Textform); Jub 1,28; 45,3; PsSal 4,1; 9,8; 16,3; LAB 49,6; 1QM 1,9f; 6,6; 10,8; 13,1.13; 14,4; 15,13.(16); 16,1; 18,3.6. 219 Zum Lobpreis s. die Wendung S~~~~ ,;:tS\$ "i"~ l1'~ in Ps 41,14; 72,18; 106,48, s. auch Jub 45,3; 1QM 13,2; 14,4; 4Q502 Fragm. 242; 4Q503 Fragm. 7-9 6f; Fragm. 1316 (4).14; Fragm. 33-351,20; Fragm. 48-503.7; Fragm. 51-55 6.12; 4Q512 Fragm. 2932 21; Fragm. 1-3 If, neutestamentlich Lk 1,68. Vgl. auch Sir 50,22 (hebr. Textform); 1QM 18,6. - Für die Verwendung von "Gott Israels" in Anrufungen Gottes s. ferner Ps 59,6; 69,7; Est 4,17 k ; Jdt 4,12; 6,21; 10,1; 12,8; 13,7; IBar 3,1.4; PsSal 9,8; LAB 49,6; 4Q502 Fragm. 7-10 4f.1O.16; Fragm. 144; 4Q512 Fragm. 10-118. 220 Vgl. COUSLAND, Feeding, 19, s. auch RYAN, Matthew 15:29-31,41. 221 Am nächsten steht 15,30 Jes 35,5f (vgl. DONALDSON, Mountain, 127.129; NOVAKOVIC, Messiah, 120; HARRINGTON, Mt, 240). Neu (auch gegenüber 11,5f) ist in 15,30 die Erwähnung der KUUOL. 222 Dazu passt im Übrigen, dass Matthäus KaL nve~ alm;)v (bro flaKp6gev ~Kaolv in Mk 8,3 ausgelassen hat. Auch wenn (bro flaKp6gev nicht zwingend als Anspielung auf Jos 9,6 (vgl. FELDTKELLER, Identitätssuche, 29; SCHMELLER, Jesus, 48) zu lesen ist, schwingt in der markinischen Formulierung eine universalistische Note mit, die der vorangehenden Ausweitung auf die Völkerwelt in Mk 7 korrespondiert. - Zur Komposition in Mt 15,2139 s. noch unten Kap. 2.2.3.2, S. 70.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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samkeit großen Stils" folgen lässt 223 , ist ohne jeden Anhalt am Text. Matthäus lenkt vielmehr nach der Heilung der Tochter der Kanaanäerin direkt wieder auf die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu zurück.
2.2.3 Das Wirken Jesu an ,Heiden' Die deutliche Tendenz der matthäischen Redaktion, Jesu irdische Wirksamkeit auf Israel zu konzentrieren, wird schließlich gerade auch an der Bearbeitung der drei von Matthäus aus den Vorlagen Mk und Q übernommenen Erzählungen deutlich, in denen Jesus ,Heiden' heilt (8,5-13.28-34; 15,21-28).
2.2.3.1 Die beiden besessenen Gadarener (Mt 8,28-34) Nach der nächtlichen Überfahrt über den See Genezareth gelangt Jesus in 8,28 in die Gegend von Gadara224 und damit in das ostjordanische Gebiet der Dekapolis. Nach der ,biblischen Geographie' von 4,25 225 befindet Jesus sich hier noch in den Grenzen des Landes Israel. In zeitgeschichtlicher Perspektive betrachtet gelangt er durch die Überfahrt in ein Gebiet mit jüdischem Bevölkerungsanteil. Wie allem voran die Erwähnung der Schweineherde zeigt, treten in 8,28-34 beide Aspekte aber zurück 226 , d.h. Matthäus dürfte sich die beiden 227 Besessenen und die Stadtbevölkerung als ,heidnisch' gedacht haben 228 • Beobachtungen an der matthäischen Redaktion bestätigen dies. Die Erzählung ist gegenüber Mk 5,1-20 extrem gestrafft. Markus' anschauliche Schilderung des Verhaltens des Kranken (Mk 5,3-5) ist auf die knappe Notiz verkürzt, dass die bei den Besessenen "sehr geHihrlich" wa-
JEREMIAS, Verheißung, 29, s. auch BYRNE, Messiah, 69. Matthäus hat das weit im Landesinneren liegende Gerasa (Mk 5,1) aufgrund besserer Ortskenntnis durch Gadara ersetzt, denn die Vernichtung der Schweineherde im See setzt einen Schauplatz in dessen Nähe voraus. Zudem vermeidet Matthäus so den Eindruck, Jesus sei tief in das Land vorgedrungen. 225 Siehe dazu oben Kap. 2.2.1, S. 54. 226 FIEDLER, Mt, 212 postuliert hingegen, Jesus wolle "sich im Sinn des Mt der am (Süd-)Ostufer des Sees ansässigen jüdischen Landbevölkerung zuwenden." 227 Matthäus macht aus dem einen Besessenen von Markus zwei. Eine sichere Deutung der bei Matthäus auch anderorts zu beobachtenden Verdoppelung (9,27-31; 20,2934) ist schwerlich möglich, vgl. die Übersicht bei DAVIEs/ALLISON, Mt II, 80. 228 Vgl. GUNDRY, Mt, 157; SALDARINI, Community, 74, ferner SAND, Mt, 190.191; GNILKA, Mt II, 321.323; LUCK, Mt, 114 sowie auch Luz, Mt II, 32 (,,[w]ahrscheinlich"); NOLLAND, Mt, 378. Anders WILK, Jesus, 139: "Die Besessenen dürften ... als Israeliten anzusehen sein". DAVIEs/ALLISON, Mt II, 83 lassen die Frage offen. 223
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ren und deshalb niemand "den Weg229 passieren konnte". Die Perspektive ist auf Jesus, auf den Erweis seiner Vollmacht in seinem wirkmächtigen Wort, konzentriert230 ; insofern wird 8,27 fortgesetzt 231 • In der Begegnung mit Jesus werden aus den gefährlichen Wegelagerern Bittsteller. Während nach Mk 5,8 der exorzistische Befehl Jesu vorangeht und hierauf der Besessene zu ,verhandeln' beginnt, sprechen bei Matthäus die Besessenen Jesus an. Der erste Evangelist vermeidet so zum einen die Konsequenz des markinischen Erzählduktus, dass das Wort Jesu keine sofortige Verwirklichung findet. Zum anderen bewirkt der Eingriff, dass die Initiative in der matthäischen Fassung nicht von Jesus ausgeht232 • Jesus schweigt vielmehr zunächst233 , während die Dämonen ihn beharrlich anflehen234• Dass diese mit übernatürlicher Erkenntnis ausgestattet sind und also in Jesus den Gottessohn235 erkennen (V.29), ist nicht ungewöhnlich; Dämonen sind Eingeweihte236• Die recht forsch klingende "Beschwörung" in Mk 5,7 verbietet sich für Matthäus §egenüber dem Gottessohn; die Besessenen in Mt 8,29 reden respektvolle~ 7. Die Tendenz, die Hoheit Jesu herauszustellen, zeigt sich auch in der Bearbeitung von Mk 5,13a: Der matthäische Jesus spricht nur ein Wort, und dieses ist, wie der Ausgang deutlich macht, keine Konzession an die Dämonen238 , sondern ein eindrucksvoller Machterweis
229 Der Vorschlag von GUNDRY, Mt, 158, dass in ÖUI Tijt; Oöoü EKELYTlt; möglicherweise "a symbolic reference to discipleship" zu sehen sei, hat den Ausgang der Erzählung bei Matthäus (diff. Mk!) gegen sich. 230 Vgl. GNILKA, Mt I, 320; Luz, Mt 11, 33; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 76f.80; LUCK, Mt, 113; FRANKEMÖLLE, Mt I, 310; HAGNER, Mt I, 225; HELD, Wundergeschichten, 163f u.a. 231 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 76. 232 Dass Jesus um Hilfe angegangen wird, ist der Normalfall. Eine explizite Bitte fehlt aber in Mt 8,14f. Die Heilung am Sabbat in 12,9-14 ist ein Fall sui generis. 233 Trägt die Konditionalphrase in V.31 dem Rechnung? Jesus hat jedenfalls noch gar nicht kundgetan, dass er die Dämonen zu vernichten gedenkt. Dass V.31b als sog. "reales" Bedingungsgefiige formuliert ist, macht den Exorzismus nicht zu einer bereits beschlossenen Sache (anders HAGNER, Mt 1,227), denn im Blick auf seinen Wirklichkeitsbezug ist der "Realis" ein "Indefinitus" (s. BORNEMANNIRISCH, Grammatik § 278; BDR § 371). Vgl. fiir Matthäus z.B. Mt 12,26f; 26,39. 234 Siehe das Imperfekt lTapEKlo..oUV in 8,31 (diff. Mk 5,12, s. aber 5,10). 23S Die Anrede ist gegenüber Mk 5,7 verkürzt. Streicht Matthäus TOÜ lnjILoTou ebenfalls deswegen, um den Blick auf Jesus zu konzentrieren (vgl. GUNDRY, Mt, 159; HAGNER, Mt I, 225)? 236 Zum Wissen der Dämonen vgl. Mk 1,24.34; 3,llf, ferner Jak 2,19 sowie Apg 16,17; 19,15. 237 Vgl. GUNDRY, Mt, 160; DAVIEs/ALLISON, Mt 11,83 zu 8,31. 238 Vgl. Luz, Mt 11, 33, Anm. 19, anders z.B. GNILKA, Mt I, 322. - Kat l:1!ETPEI/IEY aUTOLt; (Mk 5,13) hat Matthäus weggelassen.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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Jesu, denn die Dämonen fahren zwar in die Schweine239 , erhalten aber keine neue ,Wohnung', sondern kommen im See um240 . Auffallend ist nun, dass die bei den Männer nach dem Exorzismus nicht mehr in Erscheinung treten (diff. Mk 5,15); die Heilung an sich bildet offenbar nicht das Hauptaugenmerk des matthäischen Interesses. Die herbeigerufene Stadtbevölkerung kommt zu Jesus, um ihn zu bewegen, das Land zu verlassen, nicht aber, um den Geheilten zu sehen (diff. Mk 5,14b.15). Mit E~f]A.eEV El<; U1HXVtTjOLV bildet Matthäus in 8,34 einen deutlichen Rückverweis auf den Beginn des Textsegments 241 : "The meeting at the beginning (Jesus and the demoniacs) paralleis the meeting at the end (Jesus and the citizens of that region), and hostility is the keynote of both,,242. Matthäus übergeht dabei nicht nur die ausdrückliche Erwähnung der Heilung der Besessenen, sondern auch das Nachfolgegesuch des Geheilten und dessen vorästerliche Mission unter ,Heiden' aus Mk 5,18-20. Jesu Landgang an das Ostufer des Sees bleibt damit ohne jedes positive Ech0 243 . Diese Auslassung ist schwerlich suffizient damit zu erklären, dass es Matthäus in Dass Matthäus die Schweineherde nicht EKEl. rrpos 't'Q OPEL (Mk 5,11), sondern arr' Il:(nwv sein lässt, soll kaum die Gefährlichkeit der Besessenen unterstreichen (als Möglichkeit erwogen von Luz, Mt II, 32, vgl. zuletzt NOLLAND, Mt, 376: die Schweinehirten halten sich von den Besessenen fern), sondern zeigt exemplarisch das judenchristliche Kolorit des Matthäusevangeliums (ebenso z.B. SAND, Mt, 190): Jesus begibt sich nicht in die Nähe unreiner (vgl. Lev ll,7; Dtn 14,8, ferner Jes 65,4; 66,17 sowie IMakk 1,47; 2Makk 6, 18ff; 7,lff; 4Makk 5,2ff; Philo, LegGai 361; Josephus, Ant XIII 243; Juvenal, Sat XIV 98; Epiktet, Diss I 22,4 u.ö.) Tiere (zu Mt 15,1-20 s. unten Kap. 2.2.3.2, S. 64, Anm. 254), und ferner ist opos bei Matthäus als Ort der Lehre (5,1, s. auch 24,3) und Offenbarung (17,1; 28,16) wie auch des Gebets (14,23) und der messianischen Zuwendung Jesu zu seinem Volk (15,29) positiv konnotiert (vgl. GUNDRY, Mt, 160; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 82 u.a.). 240 Die Dämonen sind Subjekt der Pluralform arrE81l:vov in V.32 (mit Luz, Mt II, 34; LUCK, Mt, 114; GUNDRY, Mt, 160; HELD, Wundergeschichten, 164 u.a., anders HAGNER, Mt I, 228; FIEDLER, Mt, 213, Anm. 60). ,',Yrruyw hat hier den starken Sinn von ,weggehen', wie 4,10 und 16,23" (Luz, Mt II, 33, Anm. 19). 241 E~iiA8EV (Mt 8,34) ersetzt das markinische ~A80v (Mk 5,14) bzw. EPXOV't'Il:L (5,15); Eis urruv't'TjOLV ist redaktionell. In Mt 8,28 wird das E~EPXE08a.L redaktionell auf die Besessenen bezogen, während es in der markinischen Fassung Jesus ist, der aus dem Boot herauskommt. 242 DAVIEs/ALLISON, Mt II, 85. 243 Dieser Befund spricht dezidiert gegen die These von Luz, Mt II, 66, dass die matthäische Gemeinde "in der gefährlichen Fahrt der Jünger ans heidnische Ufer ihre eigene Geschichte unterwegs von Israel zu den Heiden präformiert [sieht] (8,23-34)". Mit gleichem Recht könnte dann die sofortige Rückkehr nach Galiläa in 9,1 das schnelle Scheitern der Völkermission und die Rückwendung zur Israelmission symbolisieren. Oder anders: Die - in Mt 8,23-34 dem Markusfaden folgende - matthäi sehe Komposition wird hier überinterpretiert. 239
~Il:KpaV
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
8,28-34 allein um die Herausstellung der Vollmacht Jesu gehe44 . Im Licht von 10,5b.6; 28,19 ist vielmehr auch daran zu denken, dass Matthäus die Episode seiner Konzeption einzupassen suchte, nach der die Zuwendung zu den Völkern erst nach Ostern beginnt245 • Unterstrichen wird dies durch eine weitere Besonderheit der matthäischen Fassung. Matthäus lässt die Dämonen fragen, ob Jesus gekommen sei, sie "vor der Zeit" zu quälen. Die Vorstellung, dass der Teufel und die Dämonen am Ende der Zeit vernichtet werden, ist traditionell 246 ; KIUPO<; könnte sich hier also auf das Endgericht beziehen247 . Mt 12,28 stellt freilich gerade das Austreiben von Dämonen unter die Perspektive der in Jesus bereits anbrechenden Herrschaft Gottes 248 . Berücksichtigt man dies für 8,28-34, wird die angesprochene Deutung von npo KIUPOU schwierig249 . Weiter hilft die Beobachtung, dass Matthäus nur hier, also im Zusammenhang einer Begegnung mit ,Heiden', von einer Vernichtung der Dämonen "vor der Zeit" spricht. Das ist schwerlich Zufall, sondern fügt sich nahtlos in die bereits beobachtete und noch weiter zu verfolgende Tendenz der matthäischen Redaktion ein, Jesu vorösterliches Wirken auf Israel zu beschränken. Wie die Zeit für die Mission unter ,Heiden' noch nicht gekommen ist, so ist Jesu den Anbruch der Gottesherrschaft bringendes 244 Gegen GUNDRY, Mt, 161. - Dass von Mk 5,14b-20 allein die Abweisung Jesu stehen bleibt, spricht zugleich gegen die Vermutung von GNILKA, Mt I, 323, dass Matthäus ,,[d]ie Ablehnung Jesu im heidnischen Gebiet ... gegen den Strich [ging]". 245 Umgekehrt gilt: Die Streichung von Mk 5,18-20 wird verständlich, wenn Matthäus die Geheilten und die Stadtbevölkerung als ,Heiden' angesehen hat. Vgl. dazu die Erwägung von HARRINGTON, Mt, 123 zur Streichung von Mk 5,18-20: "perhaps because he assumed that they were Gentiles and the time for the Gentile mission had not come". 246 Siehe IHen 10,6; 16,1; 19,1; TestSim 6,6; TestLevi 3,3; 18,12; TestJuda 25,3; TestSeb 9,8; IQS 3,18; 4,18-23; TestMos 10,1; Apk 20,10 (KaL ßaaavw8riaOVT:aL [I] ~j.LEpae; KaL VUK,Oe; de; ,oue; aLwvae; ,wv atwvwv). 247 So die meisten Ausleger, z.B. SAND, Mt, 190; GNILKA, Mt I, 321; HARE, Mt, 97; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 77.8If; GUNDRY, Mt, 159; NOLLAND, Mt, 375f; HELD, Wundergeschichten, 164; STRECKER, Weg, 88; W.R.G. LOADER, Son of David, 580.58lf; TRUNK, Heiler, 112. Zu Gegenstimmen s. unten Anm. 250. - Zu KaLpoe; in endzeitlichem Sinne (Gericht, Parusie) vgl. Mk 13,33; Lk 21,8; IKor 4,5 (TIPO KaLpoil); GaI6,9; (1 Thess 5,1); 2Thess 2,6; IPetr 1,5; 5,6; Apk 1,3; 11,18; 22,10, s. auch Sib V 348.361.432.447; TestJos 19,5. Vgl. auch PsSal 17,21 von der Zeit des Kommens des davidischen Messias. 248 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 82; GUNDRY, Mt, 160; HAGNER, Mt 1,227. 249 Zu der Hilfskonstruktion zu greifen, dass die Dämonen zwar um die Identität Jesu wissen, nicht aber darum, dass in ihm die Heilszeit schon anbricht und damit eben ihr Ende gekommen ist, ist eine ebenso unwahrscheinliche wie unnötige Verlegenheitslösung (gegen HARRINGTON, Mt, 120). Unplausibel ist auch, dass Matthäus gegenüber 12,28 eine Inkonsistenz unterlaufen ist oder TIPO KULpoil keinen tieferen Sinn hat (die letztere Tendenz zeigt Luz, Mt II, 32f). Dazu zeigt sich Matthäus insgesamt als zu sorgfältiger Redaktor.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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Heilshandeln vorerst auf Israel beschränkt; die ,Heiden' sind noch nicht ,an der Reihe'. Von daher versteht sich die Einfügung von lTPO K(Upou 250 . Der K(UPOC; ist das Geschehen von Tod und Auferstehung Jesu, mit dem die universale Ausrichtung des Heils inauguriert wird. Dazu passt, dass Matthäus zu Beginn der Passionsgeschichte in 26,18 die Worte 6 K(npOC; flOU EYYUC; Eonv eingef"ligt251 und überdies durch die dreimalige Einf"ligung der temporalen Markierung alT' apn (23,39; 26,29.64) Tod und Auferstehung Jesu als heilsgeschichtliche Zäsur betont hat. Hinzuzuziehen ist ferner die Streichung der perfektischen Aussage lTElTA~PW't(U 6 K(UPOC; aus Mk 1,15 in Mt 4,17, wo KIX LPOC; nicht auf Jesu Tod bezogen ist. Kurzum: Matthäus macht in 8,29 durch die Einf"ligung von lTPO KIXLpOU gegenüber der markinisehen Fassung deutlich, dass der Exorzismus extra ordinem geschieht. Die Dämonen sind wahrhaft Eingeweihte. An im hier verfolgten Zusammenhang signifikanten redaktionellen Eingriffen ist festzuhalten: 1. Die Initiative zum Exorzismus geht anders als bei Markus nicht von Jesus aus. 2. Durch lTPO KIXLPOU stellt Matthäus heraus, dass die Heilung der ,heidnischen' Besessenen eigentlich noch nicht ,an der Reihe' ist. 3. Dementsprechend ist die vorösterliche Mission unter ,Heiden' (Mk 5,18-20) - als mit Mt 10,5b.6 inkompatibel- gestrichen. 2.2.3.2 Die kanaanäische Frau (Mt 15,21-28) Betrachtet man Mt 15,21-28 im Kontext, so ist mit den Ausf"lihrungen in Abschnitt 2.2.2 schon gesagt, dass 15,21-28 keineswegs den Auftakt zu einer groß angelegten Wirksamkeit Jesu unter ,Heiden' bildet, sondern Episode bleibt. Matthäus lässt Jesus nach dessen Abstecher in das Gebiet von Tyros und Sidon sogleich nach Galiläa zurückkehren. Eine signifikante Veränderung gegenüber der Markusvorlage ist auch im Blick auf den vorangehenden Kontext zu verzeichnen. Lässt sich im markinischen Erzählduktus die Position Jesu zur Speisetora als sachliche Voraussetzung für dessen nachfolgendes Wirken unter Nichtjuden verstehen 252 , so liegt ein solcher Zusammenhang in der matthäi sehen Version schon deshalb gänzlich fern 253 , weil in Mt 15,1-20 von einer prinzipiellen 250 Favorisiert wird ein Bezug auf den Zeitpunkt der Völkermission von ROCHAIS, R6cits, 50; WILK, Jesus, 140, erwogen ferner von WONG, Theologie, 118. Siehe auch Luz, Wundergeschichten, 157. 25\ Siehe auch Mt 26,45 par Mk 14,41. 252 Siehe dazu oben Kap. 2.2.2, S. 57. 253 Ähnlich DAVlEs/ALLISON, Mt II, 543, anders GUNDRY, Mt, 310, s. auch FRANKEMÖLLE, Mt H, 206; WAINWRIGHT, Reading, 246.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Abrogation der Reinheitsgebote keine Rede sein kann254 • Schon gar nicht zeichnet 15,1-20 einen Konflikt Jesu mit Israel, der in 15,21-28 durch Jesu - wenngleich zögerliche - Zuwendung zu ,Heiden' kontrastiert wäre. 15,1-20 bietet eine innerjüdische Gesetzesdebatte255 ; in 15,lOf sucht Jesus den galiläischen ÖXAOC; ftir seine Position zu gewinnen. Und Jesus zieht sich, wie Matthäus durch eine Reihe von Änderungen seiner markinischen Vorlage256 mit Nachdruck deutlich macht, nicht deshalb in das Gebiet von Tyros und Sidon zurück257, um dort seine Wirksamkeit fortzusetzen 258 • Der Grund ist vielmehr, wie der redaktionelle Gebrauch des Verbs a.vaxwpELv anzeigt259, der vorangehende Konflikt Jesu mit Pharisäern und Schriftgelehrten, und allein darin besteht eine Verbindung zu 15,1-20.
254 Matthäus bezieht, wie vor allem die Streichung des markinischen Kommentars, Jesus habe alle Speisen für rein erklärt (Mk 7,19c), und die Anfügung der Schlussnotiz von Mt 15,20b zeigen, die Ausführungen allein auf den in V.2 aufgeworfenen Fall des Essens mit ungewaschenen Händen (vgl. GNILKA, Mt 11, 24.26f; FIEDLER, Mt, 278-280; S. VON DOBBELER, Grenze, 68; KONRADT, Erfüllung, 143-145, anders z.B. MEIER, Vision, 100104; BROER, Anmerkungen, 141f [vgl. BROER, Freiheit, 114-122]; THIELMAN, Law, 67), Matthäus vermeidet es also, einer grundsätzlichen Außerkraftsetzung der Speisegebote das Wort zu reden (vgl. - neben den bereits Genannten - z.B. noch Luz, Mt 11,422.428; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 517; HAGNER, Mt 11, 437; HUMMEL, Auseinandersetzung, 48; SNODGRASS, Law, 552f; MA YER-HAAS, Geschenk, 477f; REINBOLD, Pharisäer, 58f). - Zu Mt 8,30 s. oben Kap. 2.2.3.1, S. 61, Anm. 239. 255 Vgl. S. VON DOBBELER, Grenze, 64-72. 256 Siehe im Folgenden zu der mehrmaligen und gegenüber Markus grundsätzlicher gestalteten Ablehnung der Frau. - Die Unterschiede zwischen Mt 15,21-28 und Mk 7,24-30 gehen ausschließlich auf matthäische Redaktion zurück. Die Annahme einer weiteren Quelle (so z.B. STREETER, Gospels, 260; HAHN, Mission, 24, Anm.4; PoKORNY, Puppy, 321 ["oral tradition"]) ist unbegründet (mit GNILKA, Mt 11, 28f; Luz, Mt 11,430; DAVIES/ALLIsON, Mt 11, 542f; DERMIENCE, Pericope, bes. 45f). 257 Ob Jesus tatsächlich in das "Gebiet von Tyros und Sidon" hineingeht, ist syntaktisch nicht eindeutig (DAVIES/ALLISON, Mt 11, 548 lassen die Frage offen, s. auch DONALDSON, Mountain, 132; TRUNK, Heiler, 148), wenngleich die wahrscheinlichere Lösung (anders aber z.B. LEGASSE, Episode, 24-26; DERMIENCE, Pericope, 31; GUARDIOLA-SAENZ, Women, 74). anD tWV OPLWV EKeLVWV in V.22 kann man auch auf E~elaoüaa statt auf yuv~ XavavaLa beziehen (so z.B. GRUND MANN, Mt, 376; HARRINGTON, Mt, 235; NOLLAND, Mt, 632; DERMIENCE, Pericope, 31; FÜLLKRUG-WEITZEL, Frau, 42; MEIER, Matthew 15:21-28,398; LEVINE, Dimensions, 137; TISERA, Universalism, 196), doch ist eLc; in V.21 als "in Richtung auf' verstanden schon angesichts der sonstigen matthäischen Verwendung von avaxwpeLv €Lc; (s. 2,12.14.22; 4,12; 14,13) zweite Wahl (vgl. GUNDRY, Mt, 310; WAINWRIGHT, Reading, 103 u.a.). 258 Gegen GUNDRY, Mt, 310. 259 Matthäus verwendet das Verb häufig im Sinne eines Entweichens vor drohender Gefahr (s. neben Mt 15,21 ferner 2,14.22; 4,12; 12,15 [I]; 14,13). Zum Rückzugsmotiv bei Matthäus s. GOOD, Verb; METZNER, Rückzug.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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Matthäus hat die szenischen Rahmennotizen äußerst knapp gehalten. Durch die Ergänzung von Tyros (Mk 7,24) durch Sidon trägt Matthäus biblisches Kolorit in die Erzählung ein26o . Auf derselben Linie ist die Ersetzung von 'EAA:rlVLc;, ~UPO~olvLKLOaa 'e\) YEVH (Mk 7,26) durch XavavaLa (Mt 15,22) zu sehen 261 : Das Folgende, insbesondere V.24.26, erhält seine Konturen auf dem Hintergrund des klassischen Gegensatzes zwischen Israel und Kanaan 262 • Anders gesagt: Durch die Eintragung biblischen Kolorits in 15 ,21f beleuchtet und unterstreicht Matthäus indirekt die biblische Verankerung der Beschränkung der Sendung Jesu auf das von Gott auserwählte Volk263 • Die Einkehr in ein Haus (Mk 7,24) hat Matthäus gestrichen264; ön Kpa(H OTTL08EV ~j..twv in Mt 15,23 verweist vielmehr darauf, dass Jesus und die Seinen des Weges ziehen, während die Frau (ihnen nachläuft und) ihr Anliegen vorträgt265 . Der knappe markinische Gesprächsgang (Mk 7,27-29) ist bei Matthäus zu einem längeren dialogischen Passus ausgebaut, auf den damit das Gewicht der Perikope verlagert ise66 . Seine vier Abschnitte sind durch wiederkehrende Elemente in der Einleitung der durchgehend Jesus zugeschriebenen Erwiderung267 deutlich markiert, wie folgende Übersicht zeigt:
o öl: o öl: o öl: ,on:
OUK
aTTEKpL8~
aTToKpl8E1.<; aTToKpl8EL<; aTToKpl8E1.<;
0
au,fj AOYOV ELTTEV ELTTEV 'I~aou<; ELTTEV au,fj
(V.23) (V.24) (V.26) (V.28)
260 Siehe Jes 23,1-18; Jer 25,22; 27,3; 47,4; Ez 26-28; Joel 4,4; Sach 9,2-4, ferner Jdt 2,28; IMakk 5,15; EupolHist, Frg. 2B (bei Euseb, Praep Ev IX 33,1; 34,4). 261 VgI. DAVIES/ALLISON, Mt 11, 547; DERMIENCE, Pericope, 29f; DONALDSON, Mountain, 132; KLAUCK, Allegorie, 274; TRUNK, Heiler, 148 u.a. - Dass Xavavalo~ zur Zeit des Matthäus möglicherweise Selbstbezeichnung der Phönizier war (Luz, Mt 11, 432, s. auch KILPATRICK, Origins, 132), ist - zumal im Licht der Ergänzung von Sidon - für die Erklärung der matthäischen Änderung von nachgeordneter Bedeutung. 262 Siehe Gen 9,25-27; 24,3.37; 28,1-8; Ex 23,23.28; 33,2; 34,11; Lev 18,3; Num 33,51f; Dtn 20,17; Jos 3,10; 24,11; Jdc 1,lff; Ps 106,38; Esra 9,1 u.ö. - Die These, dass Matthäus zugleich textintern eine Querverbindung zu Rahab intendiert (WAINWRIGHT, Reading, 105.225f, s. auch JACKSON, Mercy, 100), ist ebenso subtil wie unwahrscheinlich, zumal Rahab nicht expressis verbis als Kanaanäerin tituliert wird. 263 VgI. oben Kap. 2.1.2 zu Mt 2,6. 264 VgI. dazu Mt 8,6f. Zum Verständnis von 8,7 als Frage unten Kap. 2.2.3.3, S. 71. 265 VgI. DAVIEs/ALLISON, Mt 11,549. 266 VgI. GNILKA, Mt 11, 28; Luz, Mt 11, 430; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 541; HELD, Wundergeschichten, 186f. 267 In der markinischen Fassung begegnet al1oKpLvEo9aL nur einmal, und zwar in 7,28 in der Einleitung der Reaktion der Frau auf Jesu Wort in V.27. Matthäus hat dies konsequenterweise gestrichen; Jesus ist der, der antwortet (vgI. GNILKA, Mt 11, 28; TRUNK, Heiler, 141).
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger aufIsrael
Der Effekt dieser Ausgestaltung ist, dass vor der - durch den Wechsel von 0 oE zu .O.E ... 0 'ITjooiiC; gekennzeichneten - Zuwendung Jesu zur Kanaanäerin deren dreifache Ablehnung durch Jesus erfolgt ist. Zunächst ignoriert Jesus sie (V.23a); er ist nicht ,zuständig'. Das inständige 268 Bitten der Jünger, die Frau wegen ihres lästigen Geschreis fortzuschicken (V.23)269, bestärkt Jesus 270 sodann in V.24 mit dem in Kap. 2.1.2 bereits thematisierten Sendungslogion, das seine Nichtzuständigkeit begründet. Schwer zu beantworten ist die Frage, an wen 15,24 gerichtet isr71 • Der Kontext spricht für die Jünger, doch ist nicht ohne Weiteres einsichtig, inwiefern das Logion auf deren Begehren reagiert bzw., liest man öl: adversativ, dieses korrigierf72 • Auf der anderen Seite gilt, dass die Frau - wie auch in V.26 (gegen Mk 7,27!) - zumindest nicht direkt angesprochen wird, denn es ist angesichts der klaren Durchstrukturierung des Textes sicher Absicht, dass a.lrc'ij, in deutlicher Antithese zu V.23, erst bei der Wende in V.28 begegnet. Möglicherweise hat Matthäus die ,Adresse' gezielt offen gelassen. Dass sich die Frau in Hörweite befindet, ist erst für V.26 zwingend und wird hier zuvor in V.25 durch ~ öE EJ..90üoa. lrPOOEKUVEL a.ll't(~ signalisiert. Von einem echten Dialog mit der Frau kann jedenfalls bis V.27 keine Rede sein273 •
Siehe das Imperfekt ,,;pw'Couv in Mt 15,23. Im Licht der matthäischen Verwendung des Verbs in Mt 1,19; 14,15 (s. dazu noch S.68, Anm. 281; NOLLAND, Mt, 633 sieht Mt 14,15 in 15,23 Modell stehen, s. auch J.M.C. SCOTT, Matthew 15.21-28,37); 14,22f; 15,32.39 (s. auch 5,3lf; 19,3.7-9) kommt eine andere Bedeutung für (hroJ..uoov in 15,23 nicht in Frage. Ebenso deuten z.B. SAND, Mt, 315; GNILKA, Mt 11, 30; Luz, Mt 11, 429.434; LUCK, Mt, 180; GUNDRY, Mt, 312; SENIOR, Mt, 181; NOLLAND, Mt, 633; BURGER, Davidssohn, 81; NEYREY, Decision, 375; J.M.C. SCOTT, Matthew 15.21-28,37; WAINWRIGHT, Reading, 108f. Als Aufforderung, der Bitte der Frau zu entsprechen, lesen Mt 15,23 hingegen PATTE, Mt, 221; SUHL, Davidssohn, 65; LEGASSE, Episode, 28; MEIER, Matthew 15:21-28,398; WILK, Jesus, 145. 270 Vgl. Luz, Mt 11, 434; GIESEN, Sendung, 131. 271 An die Jünger denken GUNDRY, Mt, 312 (auch für V.26, s. 314); HAGNER, Mt 11, 441, an die Frau NOLLAND, Mt, 633; GIESEN, Sendung, 131, Anm. 57; JACKSON, Enemies, 781. DAVIES/ALLISON, Mt 11,550 lassen die Frage offen. 272 FÜLLKRUG-WEITZEL, Frau, 45f sieht auf der Grundlage eines partitiven Verständnisses des Genitivs OLKOU 'Iopa.~J.. in Mt 15,24 insofern eine Korrektur der Initiative der Jünger, als "die Sendung Jesu zu den verlorenen Schafen Israels nicht national oder genealogisch begrenzt zu verstehen ist und von daher die Bitte der kanaanäischen Frau um Barmherzigkeit jedenfalls nicht apriori durch den bloßen Hinweis auf die Grenzen seiner Sendung abschlägig beschieden wäre". Dagegen spricht, dass sich V.24 schon wegen V.23a.26 schwerlich anders denn als Ausschluss der Kanaanäerin verstehen lässt. Den Sinnzusammenhang so zu fassen, dass Jesus dem Begehren der Jünger insofern nicht nachkommt, als er die Frau weiterhin ignoriert statt sie, um sie wegzuschicken, anzusprechen, ist ebenso wenig plausibel. 273 Gegen WAINWRIGHT, Reading, 109: "Jesus ignores the plea ofthe disciples and his own initial hesitation and enters into dialogue with the woman". - Die Frage, ob die Frau sich mit ihrem weiteren Bitten über V.24 oder ,nur' über Jesu Schweigen hinwegsetzt, muss man offen lassen, ist jedoch auch ohne größere Bedeutung. 268
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2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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So oder so erscheint die Ablehnung der ,Heiden' durch Mt 15,24 gegenüber der markinischen Fassung nicht nur anhaltender, sondern vor allem auch grundsätzlicher und entschiedener: Die Ausschließlichkeit des Sendungslogions verschärft das markinische TIpW"tOV 274 , das entsprechend in Mt 15,26 fehlt. Dass sich Jesus der Frau am Ende doch zuwendet, lässt sich schwerlich mit deren durch die Imperfekte EKpa(Ev (V.22) und TIPOOEKUVH (V.25) unterstrichenen Beharrlichkeit begründen 275 , denn auch nach ihrem anhaltenden Schreien und Bitten wehrt Jesus noch durch das Bildwort in V.26 ab. Die Wende ist für Matthäus allein in dem Argument in V.27 begründet, das V.26 zum einen bestätigt, zum anderen aber entscheidend erweitert. Stehen die Kinder wie vielfach in alttestamentlich-jüdischer Literatur für Israel 276 , so ergibt sich der Bezug der Hunde 277 auf die ,Heiden' aus dem Zusammenhang278 • Zumindest zu erwägen ist darüber hinaus, dass das Brot als das Lebensmittel der Zeit279 für das Heil transparent ist28o • Jesus wiederholt in V.26 V.24 mit anderen Worten: Er ist ge274 Im markinischen Kontext kann man das 1TPW1:0V durch die Aufeinanderfolge der beiden Speisungsgeschichten in 6,34-44 und 8,1-9 illustriert sehen (vgl. PESCH, Mk I, 391; HAHN, Mission, 97 mit Anm. 6; SCHMELLER, Jesus, 48 u.a., anders GNILKA, Mk I, 304). - Dagegen gibt es innerhalb der irdischen Wirksamkeit des matthäischen Jesus keine zwei Phasen, und auch im Blick auf das Verhältnis von Mt 10,5f zu 28,19 ist das markinische 1TPW1:0V insofern ungeeignet, als die "Speisung der Kinder", wie sich zeigen wird, mit 28,19 nicht an ihr Ende gekommen ist (vgl. LEVINE, Dimensions, 147). 275 Anders z.B. HEIL, Roles, 544. 276 Israel ist Gottes Sohn (Ex 4,23; Hos 11,1; SapSal 18,13), näherhin der erstgeborene Sohn (Ex 4,22; Sir 36,11; Jub 2,20; [PsSal 18,4]; 4Esra 6,58; LAB 32,16; 4Q504 Fragm. 1-2 3,5f, s. ferner Jer 31,9), Israeliten sind Kinder/Söhne und Töchter Gottes (Dtn 14,1; 32,5.19; Jes 43,6; 45,11; Hos 2,1; [Mal 3,17]; Jdt 9,4; Est 8,12qLxx; SapSal 9,7; 12,7.19-21; 16,10.21.26; 18,4; 19,6; 3Makk 6,28; PsSal 17,27; Jub 1,24f; Testjuda 24,3; TestMos 10,3; Sib III 702; mAb 3,14, s. auch Jes 1,2.4; 30,1.9; Jer 3,14.22; 4,22). 277 Mit "Hunden" sind in alttestamentlich-frühjüdischer wie in frühchristlicher Literatur vorwiegend negative Assoziationen verbunden (s. den Überblick bei SCHREIBER, Cavete Canes, 171-174, ferner auch THOMAS, Kelebh, 414-426). Dass es sich in Mt 15,26 um Haushunde - und nicht um die verachteten Straßenköter - handelt, wird, wenn nicht schon durch die Verwendung des Diminutivs (vgl. Luz, Mt 11, 435; SCHREIBER, Cavete Canes, 175), spätestens durch V.27 evident. 278 In Mt 7,6 sind die "Hunde" und "Schweine" nicht Chiffre für ,Heiden', sondern wohl für Menschen, die sich den missionierenden Jüngern gegenüber feindlich verhalten (vgl. BURCHARD, Versuch, 47; SCHREIBER, Cavete Canes, 183-186.192; GNILKA, Mt I, 259). In der rabbinischen Literatur gibt es zwar Belege, in denen "Hunde" als Metapher für ,Heiden' benutzt wird (s. Bill. I, 724t), doch lässt sich von da aus kein stehender Gebrauch ableiten (s. z.B. ABRAHAMS, Studies, Bd.2, 195f; Luz, Mt 11, 436 mit Anm. 62). 279 V gl. nur BERGER, Manna, 15-17. 280 Vgl. DAVIES/ALLISON, Mt 11,553; SCHREIBER, Cavete Canes, 175; GIESEN, Sendung, 132. - Vgl. das "Brot des Lebens" in JosAs 8,5.9; 15,5; 16,16; 19,5; 21,21 sowie Joh 6,35.48.
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sandt, um als der ,,(Haus-)Herr" im "Haus Israel" die "Kinder" mit Brot zu versorgen281 . Matthäus lässt die kanaanäische Frau durch die Einfügung des vaL vor KUPLE in V.27 zunächst ausdrücklich bestätigen, dass es nicht gut ist, Israel das Heil zugunsten der ,Heiden' wegzunehmen. Dazu passt im Übrigen, dass die Frau Jesus zu Beginn betont als "Sohn Davids" (V.22) und also in matthäischer Perspektive als Messias Israels 282 angesprochen hae 83 . Das Argument der Frau in V.27 bewegt sich im Rahmen der heilsgeschichtlichen Differenz von Israel und ,Heiden' 284: Unbeschadet der Versorgung der Kinder fallt etwas für die Hunde ab 285 • Dass die Frau Jesus als "Sohn Davids" anspricht und sich die Differenz zwischen Israel und Völkerwelt zu eigen macht, ist freilich nur die eine Seite. Denn indem die Frau sich trotzdem an Jesus wendet, zeigt sie einen Glauben, der schon jetzt in Jesus nicht nur den Messias Israels erkennt, sondern den, der als Messias Israels der Heilsbringer auch für die Völker ist. Die Kanaanäerin antizipiert damit die Universalität der Heilszuwendung, die Jesus selbst erst nach seiner Auferstehung und Erhöhung zum Weltenherrn kundtun wird 286, und sie vermittelt dies in ihrem Argument zugleich mit dem heils geschichtlichen status quo der noch absoluten Differenz zwischen Juden und ,Heiden'. Ihr Glaube antizipiert, mit anderen Worten, das letztendliche Ziel der Sendung Jesu. Darin, und nicht, wie 281 Geht man im Kontext zurück, so lässt sich die Speisung der 5000 in 14,13-21 als Illustration der in 15,26 genannten Tischgemeinschaft Jesu mit Israeliten lesen. - Formal ist auffallend, dass die Jünger in 14,15 in gewisser Parallelität zu 15,23 Jesus bitten, die Volksmengen wegzuschicken (vgl. NOLLAND, Mt, 633); hier freilich geschieht dies in fürsorglicher Absicht. 282 Siehe dazu Kap. 2.1. - Vgl. Luz, Mt H, 434; GUNDRY , Mt, 311. 283 FIEDLER, Mt, 281 postuliert, dass die Frau auf diese Weise als Gottesfürchtige charakterisiert werden soll. JACKSON, Mercy, 2.101-144 (s. auch JACKSON, Enemies) macht sie gar zu einer Proselytin. Aber dass ihre Bitte um Erbarmen alttestamentliche Psalmensprache aufnimmt (Ps 6,3; 9,14; 24,16 Lxx ; 25,II Lxx; 26,7 LXX ; 30,10Lxx ; 40,5. 11 LXX; 50,3 LXX ; 55,2 LXX ; 85,3 LXX u.ö.) und sie Jesus als Davidssohn anruft, also vom Messias Israels Heil erwartet, lässt zwar modellhaft deutlich werden, dass Matthäus bei ,Heidenchristen' an Christusgläubige aus den Völkern denkt, für die das Christusgeschehen in Kontinuität zur Erwählungsgeschichte Israels steht und sich die eigene Partizipation am Heil allein als Folge der Heilszuwendung zu Israel ergibt. Aber dies macht Völkerchristen nicht im vollen Sinne des Wortes zu Proselyten, also zu Menschen, die förmlich zum Juderitum übertreten. 284 Vgl. GIESEN, Sendung, 131: Mit der Anrede Jesu als Sohn Davids erkenne die Frau "die Vorrangstellung Israels" an. Siehe auch STRECKER, Weg, 119; TRUNK, Heiler, 150. 285 Wiederum ist an die Speisungsgeschichte in 14,13-21 zu erinnern: Nach der Speisung der 5000 bleibt mit 12 Körben voll Brot reichlich übrig (vgl. J.M.C. SCOTT, Matthew 15.21-28,40). Siehe auch 15,37 (dazu KEENER, Mt, 419). 286 Vgl. dazu noch unten Kap. 5.2.1.
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bereits oben angedeutet wurde, in der Beharrlichkeit der Frau, dürfte der Grund zu sehen sein, warum Jesus ihr nicht nur Glauben bescheinigt, sondern diesen groß nenne 87 - und der Frau am Ende ihre Bitte gewährt288 . Beachtung verdient in diesem Zusammenhang, dass Matthäus im Argument der Frau in V.27 "die Brocken der Kinder" durch "die Brocken, die vom Tisch ihrer Herren herabfallen,,289 ersetzt hat. Dies soll schwerlich die Vorzugs stellung Israels unterstreichen29o, denn "Kinder" und "Herren" sind sicher nicht gleichzusetzen291 . Matthäus verlagert den Akzent vielmehr vom Brot als Besitz der Kinder auf den KUPLO~, der dem Mahl vorsteht und das Brot gibt. Der im Blick auf die, Sachebene' auffallige Plural KUPLWV ergibt sich dabei aus der allgemeingültig gehaltenen Formulierung des Bildes: Hunde essen Brocken, die vom Tisch ihrer Herren (= ihres jeweiligen Herrn) herabfallen 292 • Der KUPLO~ ist hier auf der ,Sachebene' Jesus 293 • Bei der Tischgemeinschaft, die er gewährt, erscheinen die Israeliten als Kinder. Ihretwegen wird Brot gereicht, davon profitieren die ,Heiden'. Die beschriebene Akzentverlagerung in V.27 bewirkt dabei jedoch, dass das Heil nicht ,statisch' - eben als Besitz - , sondern ,relational' als den "verlorenen Schafen" gewährte Gabe in den Blick kommt und damit
Zum redaktionellen Charakter von 15,28 s. unten Kap. 2.2.3.3, S. 70. Es geht hingegen nicht, wie WAINWRIGHT, Reading, 11 Off (s. auch 246) postuliert (s. auch J.M.C. SCOTT, Matthew 15.21-28, 42f), um einen sich im Laufe der Geschichte auflösenden Konflikt zwischen der durch Mt 12,17-21 (zu diesem Text s. Kap. 5.1, S.297-301) repräsentierten, vom allwissenden Erzähler eingenommenen Sicht Gottes und der zunächst durch überkommene Tradition bestimmten, sich erst allmählich der Sicht Gottes nähernden Position Jesu. Jesus rekurriert vielmehr in 15,24 auf nichts anderes als auf seine Beauftragung eben durch Gott! Überhaupt treffen Auslegungen, die den Ton darauf legen, dass Jesus seine Position durch die Beharrlichkeit oder die Argumentation der Frau verändert (s. z.B. RINGE, Story, 7lf; PATTE, Woman, 35.43-45), kaum das Anliegen, das Matthäus mit der Erzählung verfolgt. Ebenso wenig dürfte Matthäus bei V.28 im Blick haben, dass die Frau dadurch, dass Jesus ihr Glauben bescheinigt, in den Status der Kinder gehoben werde (gegen FORD, Bread, 329f, der Mt 15,21-28 im Licht von Gal 3,7 interpretiert). 289 Gedacht ist an die Krümel, kaum an das Brot, das zum Reinigen der Hände gebraucht wurde (mit DAVIEs/ALLISON, Mt H, 555). 290 Anders HAGNER, Mt II, 442. 291 Umgekehrt geht es bei der Streichung von llTToKa:rw "tfj~ "tpa.TlE(T]~ (Mk 7,28) nicht darum, die Perspektive der Erzählung auf die ,Heiden' zu mildern (anders GUNDRY, Mt, 315, s. auch LEVINE, Dimensions, 151f). 292 Vgl. DAVIES/ALLISON, Mt H, 556: "The one plural, 'dogs', demands the other plural, 'masters'''. 293 Es ist also nicht wegen des Plurals an Gott und Jesus als "Herren" zu denken (erwogen von BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 73, Anm. 41) oder an Jesus und seine Jünger (anders WILK, Jesus, 146). 287
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zugleich die ,Heiden' nicht Anteil an etwas erhalten, was Israel ,gehört' (die Brocken der Kinder), sondern Jesus gibt. Festzuhalten ist damit: Matthäus hat die Ablehnung der Frau dezidiert verstärkt. Die Zurückweisung wird nicht nur beharrlicher, sondern auch grundsätzlicher: Im Rahmen der Sendung Jesu hat das Begehren der Frau für ihre Tochter grundsätzlich keinen Platz. Dass die Tochter am Ende doch geheilt wird, also das für Israel bestimmte Heil auf die ,Heiden' ausstrahlt, zieht Zukünftiges in die Gegenwart: Die Heilung geschieht - im Rahmen der irdischen Sendung Jesu gesehen - extra ordinem 294, oder mit 8,29 gesprochen 1TPO K!UPOU. Der nachfolgende Kontext unterstreicht, wie angedeutet, den Ausnahmecharakter. Das Mk 7,31-37 ersetzende Summarium Mt 15,29-31 hat Matthäus mit dem folgenden zweiten Speisungswunder zu einer Sinneinheit zusammengefüge95 . Die Austeilung des Brotes (15,35f) aber weist auf V.26 zurück; durch die in Kap. 2.2.2 dargelegte Änderung der geographischen Angaben unterlegt Matthäus damit der Komposition in 15,21-39 eine gegenüber Markus signifikant veränderte Aussage, die bereits Holtzmann treffend so charakterisiert hat, dass Matthäus zeigen wolle, "wie Jesus in der That fortfuhr, das Brod nur den Kindern zu reichen,,296. 2.2.3.3 Der Hauptmann von Kapernaum (Mt 8,5-13) Der aus dem Markusevangelium übernommenen Heilung der Tochter der Kanaanäerin in Mt 15,21-28 steht die aus Q stammende Heilung des Sohns 297 eines Hauptmanns in Kapernaum 8,5-13 zur Seite. Die Zusammengehörigkeit bei der Erzählungen hat Matthäus durch die redaktionelle parallele Formulierung der Schlussverse (8,13; 15,28) unterstrichen298 : Mt 8,13: KaI. El1TEV 0 'Inaouc; r0 EKamvrapxrr Ü1TUYE, Mt 15,28: tOtE &1TOKpLeEI.C;; 0 'Inaouc;; EI1TEv avrU· cJ YUVUL, In diesem Sinn auch DONALDSON, Mountain, 133. 15,32-39 weist ein zur ersten Speisungsgeschichte paralleles Kompositionsschema auf, das aus den Elementen "Andrang des Volkes", "Heilung von Kranken" und "Brotspende" besteht (vgl. TRILLlNG, Israel, 133t). 296 HOLTZMANN, Mt, 255. 297 Matthäus spricht durchgehend von einem 110:1:, (8,6.8.13), Lukas nur in 7,7, während er sonst - ausweislich des Vorkommens von 110:1:, in Q 7,7 wohl redaktionell (vgl. WEGNER, Hauptmann, 138; DAVIES/ALLISON, Mt H, 20t) - öoüÄ.o, gebraucht (7,2.3.10). Zur Übersetzung von lTIXi:, mit "Sohn" in Mt 8,5-13 s. Luz, Mt II, 14, Anm. 17, ferner HAGNER, Mt I, 204; FIEDLER, Mt, 202. Für "Knecht" hingegen GNILKA, Mt I, 300; GUNDRY, Mt, 142; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 21; NOLLAND, Mt, 354; FRANCE, Exegesis, 256. 298 Wörtliche Übereinstimmungen sind durch Unterstreichung hervorgehoben, sachliche Entsprechungen kursiviert. 294 295
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte ~
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Hat Matthäus in 8,13 lediglich das in der Vorlage vorgegebene Glaubensmotiv verstärkt (Mt 8,10 par Lk 7,9), so hat er es in 15,28 erst eingetragen und dabei zugleich die in 8,10 in komparativischer Weise formulierte Herausstellung der Größe des Glaubens ("t"oaau"t"T"}v lTLanv) übernommen, was im gesamten Evangelium ohne weitere Parallele ist299 . Für das Verständnis von Mt 8,5-13 von zentraler Bedeutung ist, dass die Worte Jesu in 8,7 schwerlich als Aussagesatz ("ich werde kommen und ihn heilen"), sondern nur als abweisende Frage ("soll ich etwa kommen und ihn heilen?") aufgefasst werden können30o . Sprechen schon der Fortgang des Gesprächs in V.8 301 sowie die mit der Hinzusetzung des Pronomens gegebene Betonung für eine Frage, so wird diese Deutung durch die von Matthäus herausgestellte Zusammengehörigkeit von 8,5-13 und 15,21-28 geradezu zwingend. In beiden Perikopen bittet ein ,heidnischer' Mensch jeweils für sein Kind; er bekommt von Jesus am Ende (großen) Glauben bescheinigt, die Schlussverse sind, wie gesehen, weitgehend parallelisiert. Und beide erfahren zunächst eine Ablehnung ihrer Bitte durch Jesus. In der lukanischen Fassung ist, wie auch in der johanneischen Version (Joh 4,46-54), die anfängliche Zurückweisung des Bittstellers ohne Entsprechung. Die Beantwortung der sich damit stellenden Frage, ob erst Matthäus diese Ablehnung eingetragen oder ob er sie bereits in Q vorgefunden hat, steht vor der Schwierigkeit einer zuverlässigen Rekonstruktion der Q-Fassung der Hauptmannperikope, denn bis zum dialogischen Passus in Mt 8,8-10 par Lk 7,6b_9 302 divergieren beide Fassungen erheblich voneinander303 . Vgl. exemplarisch TISERA, Universalism, 208; AURELIUS, Gottesvolk, 432. Als Frage lesen Mt 8,7 auch ZAHN, Mt, 338f; KLOSTERMANN, Mt, 74; GNILKA, Mt I, 301; Luz, Mt II, 14; HARE, Mt, 90; NOLLAND, Mt, 354f; FIEDLER, Mt, 202; HELD, Wundergeschichten, 184; WEGNER, Hauptmann, 375.380 (zu Q); TISERA, Universalism, lO7-113; LANDIS, Verhältnis, 9 mit Anm.28; KATO, Evangelium, 4, auch DAVIES/ ALLISON, Mt II, 22. Anders SAND, Mt, 179; LUCK, Mt, lO7; GUNDRY, Mt, 142f; HAGNER, Mt 1,204; KRIEGER, Publikum, 110; CATCHPOLE, Faith, 525-527. 301 Bei Lukas (7,I-lO) sind die Worte als Demutsgeste durch das Gesandtschaftsmotiv vorbereitet, bei Matthäus nicht (s. unten). 302 Die Zuweisung der Hauptmannperikope zu Q leidet dadurch keinen Zweifel. Zum einen sind die Übereinstimmungen in der genannten Passage sehr eng, zum anderen ist die verwandte Verortung der Erzählung im Erzählfaden von Matthäus und Lukas zu be299
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Während Matthäus eine direkte Begegnung zwischen dem Hauptmann und Jesus schildert, schickt jener nach Lukas zwei Gesandtschaften zu Jesus. Davon ist in jedem Fall die zweite sekundär, denn die direkte Rede Mt 8,8f; Lk 7,6b-8 verweist auf den Hauptmann als ursprünglichen Sprecher304 • Bezüglich der ersten Gesandtschaft ist eine Entscheidung schwierig305 ; auch die Klärung der Herkunft des Zurückweisungsmotivs wird hier, wie sich zeigen wird, keinen sicheren Schluss zulassen. Für die Frage der Herkunft des Zurückweisungsmotivs führt die Beobachtung weiter, dass die unterschiedlichen Krankheitsschilderungen und die divergierenden Reaktionen Jesu bei Lukas und Matthäus jeweils miteinander korrespondieren. Bei Matthäus ist der Sohn gelähmt und leidet große Qualen, aber er schwebt nicht in Lebensgefahr306• Bei Lukas hingegen liegt der Knecht im Sterben; eine Abweisung der Bitte des Hauptmanns würde hier ungleich härter wirken. Nun stammt die Krankheitsschilderung in Lk 7,2 kaum aus der Feder des Lukas 307• Vor allem entspricht 'tEAEU1:iiv nicht dem Sprachgebrauch des dritten Evangelisten, der
achten: Die Hauptmannperikope ist in beiden Evangelien das nächste auf die Feld- bzw. Bergpredigt folgende Textstück, das nicht aus dem Markusevangelium stammt. Bei Lukas folgt es direkt auf die Feldrede, Matthäus hat lediglich die Heilung des Aussätzigen (8,1-4) aus Mk 1,40-45 eingeschoben, die ihm an dieser Stelle dazu dient, die in 5,17 vertretene prinzipielle Gesetzestreue Jesu zu exemplifizieren (8,4!). 303 Ein Konsens ist noch nicht gefunden (für eine Übersicht über die Lösungsmodelle s. DAUER, Johannes, 76-78). Für die größere Ursprünglichkeit der lukanischen Version votieren z.B. SCHÜRMANN, Lk I, 395f; DAVIES/ALLISON, Mt 11, 19f; DAUER, Johannes, 88-106, für eine - vom Einschub in Mt 8,11f abgesehen - ziemlich wörtliche Wiedergabe der Q-Fassung bei Matthäus hingegen Luz, Mt 11, 13; WEGNER, Hauptmann, bes. 242f.269-271; LANDIS, Verhältnis, 4-17.55. - Die Q-Fassung im Wortlaut rekonstruieren zu wollen, ist angesichts der erwähnten Divergenz m.E. nicht möglich. Dies gilt umso mehr, als methodisch zu bedenken ist, dass man angesichts des Befundes bei der matthäisehen und der lukanischen Redaktion von Mk damit rechnen muss, dass heide an derselben Stelle von der Vorlage abweichen können. Zur methodischen Problematik vgl. WOLTER, Reconstructing Q?, 117f. 304 Vgl. GNILKA, Mt 1,299; DAVIES/ALLISON, Mt 11, 22; THEISSEN, Wundergeschichten, 183; LANDIS, Verhältnis, 5 u.a. Anders aber GUNDRY, Mt, 141; DAUER, Johannes, 96-98.115. 305 Für Zuweisung zu Q (bzw. die Matthäus und Lukas gemeinsame Quelle) DAVlEsl ALLISON, Mt 11, 19; GUNDRY, Mt, 141; NOLLAND, Mt, 353; THEISSEN, Wundergeschichten, 183; DAUER, Johannes, 112-115, auch SCHNACKENBURG, Mt I, 79 ("vielleicht"). Anders z.B. GNILKA, Mt I, 299; CATCHPOLE, Faith, 528-532; LINDARS, Capernaum, 1997; GAGNON, Shape, 135-142 sowie JUDGE, Luke 7,1-10, 486fund die dort S. 479486 Referierten. Siehe auch oben Anm. 303. 306 Anders akzentuiert NOLLAND, Mt, 354: ,,[T]he paralysis is a symptom of the acute phase of an i1Iness (not a permanent disability)". Aber woraus geht dies hervor? ÖELVW~ ßa(JaVLC6I!EVO~ ist dazu schwerlich ein hinreichendes Indiz. 307 KaKW~ EXELV begegnet im Lukasevangelium ansonsten nur noch in 5,31 und ist dort aus Mk 2,17 übernommen, während Lukas die Vorkommen in Mk 1,32.34 übergangen hat (vgl. JEREMIAS, Sprache, 151; WEGNER, Hauptmann, 142f). Mk 6,55 fällt in die große Auslassung.
2.2 Die Israelbezogenheit des Wirkens Jesu in der mt Jesusgeschichte
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deutlich O:lTOeV~OKELV bevorzuge 08 . Zwar sind KUKW, EXELV und tEAEUtiiv umgekehrt keine matthäischen Meidevokabeln309, doch lässt sich die Veränderung der Krankheitsangabe durch Matthäus hier eben sachlich damit begründen, dass er im Gefolge seiner heils geschichtlichen Konzeption den Hauptmann zunächst durch Jesus zurückweisen lässt, dieser Ablehnung aber die bei Lebensgefahr ungleich größer erscheinende Härte nehmen möchte. Umgekehrt fällt es schwerer zu erklären, warum Lukas, falls die matthäische Krankheitsschilderung ursprünglich ist, diese geändert haben sollte31O • Es liegt also nahe, dass die Eintragung des Zurückweisungsmotivs die Änderung der Krankheitsangabe bei Matthäus bedingt3\l. Mit anderen Worten: Matthäus hat die anfängliche Zurückweisung des Hauptmanns nicht in seiner Q-Vorlage vorgefunden. 308 tEAEutiiv begegnet im Lukasevangelium nur hier, in der Apostelgeschichte nur 2,29; 7,15, während O:lTOeV~OKELV im Lukasevangelium verschiedentlich redaktionell verwendet ist (8,42.53; 20,31.36) sowie neben den aus Markus übernommenen Belegen (Lk 8,52; 20,28.29.32) zweimal im lukanischen Sondergut (Lk 16,22) und viermal in der Apostelgeschichte (7,4; 9,37; 21,13; 25,11) begegnet. Vgl. WEGNER, Hauptmann, 144. 309 tEAEutiiv verwendet Matthäus in 9,18; 22,25 und wohl auch in 2,19 redaktionell. KUKW, EXELV übernimmt Matthäus in 9,12 aus Mk 2,17. In Mt 4,24; 8,16 hallt Mk 1,32.34 nach, in Mt 14,35 Mk 6,55, wobei die matthäische Formulierung hier zugleich an 4,24 erinnert. 310 Falls das JohEv nicht literarisch von (den) synoptischen Evangelien abhängt (zur Gegenposition SCHNELLE, Einleitung, 540-544, weitere Vertreter dort S. 543, Anm. 195, speziell zu Joh 4,46-54 DAUER, Johannes, 121.297 und dazu NEIRYNCK, John 4,46-54, 679-686, zu Lindars s.u.), sondern die (vor)johanneische Version der Hauptmannperikope (Joh 4,46-54) auf einer mit Mt 8,5-13 par Lk 7,1-10 gemeinsamen Traditionsgrundlage fußt (so z.B. WEGNER, Hauptmann, 32-37; LANDIS, Verhältnis, bes. 41-47.71; SCHÜRMANN, Lk I, 397; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 18), kann man zudem bestätigend darauf verweisen, dass auch Johannes vom drohenden Tod redet (Joh 4,47.49), so dass dieses Moment schon auf die der Logienquelle und der vorjohanneischen Perikope gemeinsame Traditionsgrundlage zurückgehen dürfte. Dem fügt sich ein, dass auch die vorjohanneische Tradition nichts von einer Zurückweisung des Bittstellers weiß. Ist Joh 4,46-54 nicht von den Synoptikern abhängig, sondern Zeuge einer gegenüber Q eigenständigen Variante, kann man im Übrigen mit LANDIS, Verhältnis, 50-52 erwägen, dass die Kennzeichnung des Bittstellers als ExutovtapXTJ,/EKUtOv-rUPXo, gegenüber dem johanneischen ßUOLALKO, sekundär ist. Ursprünglich wäre es dann um einen Beamten des Herodes Antipas gegangen; erst später, nachdem Galiläa 44 n.Chr. unter direkte römische Verwaltung gestellt worden war, wäre ßUOLALKO, auf einen römischen Offizier bezogen und mit EKutOVtapXTJ, wiedergegeben worden (a.a.O., 50f). In diesem Falle wäre der Bittsteller ursprünglich gar nicht als ein Nichtjude bezeichnet gewesen bzw. hätte dessen Nationalität keine Rolle gespielt. Sowohl die Vermittlung durch die jüdischen Ältesten in Lk 7,3-5 als auch die anfängliche Zurückweisung in Mt 8,7 wären dann Züge der Erzählung, die überhaupt erst durch diese Umdeutung veranlasst wurden. LINDARS, der die johanneische Version für die Rekonstruktion der Q-Fassung heranzieht (Capernaum, 1988-1998), postuliert hingegen umgekehrt, dass Johannes EKUtOVtapXTJ, durch ßUOLALKO, ersetzt habe, da für ihn die Unterscheidung zwischen Juden und ,Heiden' bereits irrelevant war (a.a.O., 1989). 311 Siehe noch unten Anm. 312 zu lTUPUAUHKO,. - Nach GNILKA, Mt I, 299 ist dagegen ,,[d]ie Steigerung zur Todeskrankheit ... sicher sekundär". WEGNER, Hauptmann, 46-50
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Dem damit gewonnenen Rekonstruktionsansatz fügt sich ein, dass Mt 8,5-7 insgesamt stark von matthäischen Spracheigentümlichkeiten geprägt ist312 • Matthäisch dürfte
(s. auch 143f) hält die Krankheitsangaben bei Matthäus, Lukas und auch Johannes allesamt für traditionell, rechnet also mit einer vorevangeliaren Differenzierung, die für Matthäus und Lukas, bestreitet man nicht die Existenz von Q, die Zusatzhypothese einer Ausdifferenzierung in QM! (s. dazu Luz, Matthäus und Q, 205-207) bzw. QLk oder der Benutzung einer weiteren Version, die einem der beiden Synoptiker vorlag, nötig macht. WEGNER nimmt Letzteres für Lukas an (s. S. 247ff, für eine zweite, von Lukas benutzte Fassung auch LANDIS, Verhältnis, 18-27): Lukas "habe in Lk 7,1-10 einen Q-Abschnitt durch die entsprechende Parallelversion seines Sg ersetzt" (WEGNER, Hauptmann, 252). Wegen der teilweise engen Übereinstimmungen zwischen der lukanischen und der matthäischen Version muss Wegner freilich noch zu der Zusatzhypothese greifen, dass die Fassung des lukanischen Sonderguts auf der Q-Version fußt (252.254), da Perikopenmischung unlukanisch ist (hingegen postuliert LANDIS, Verhältnis, 19, dass Lukas die beiden Perikopen zusammengearbeitet hat). Die Annahme eines derart komplizierten Befundes ist ebenso unwahrscheinlich wie unnötig, da sich Mt 8,5-7, wie im Folgenden im Einzelnen zu demonstrieren sein wird, ohne Schwierigkeit als Ergebnis einer weitreichenden matthäischen Redaktion erklären lässt und andererseits keine stichhaltigen Gründe dagegen sprechen, Lk 7,1-10 als eine von Lukas stilistisch überarbeitete Q-Perikope anzusehen. Im Blick auf die Krankheitsangaben übersieht Wegner, dass es für Matthäus mit dem Zurückweisungsmotiv in 8,7 sehr wohl einen guten, ja zwingenden Grund gab, die bei Lukas bewahrte Angabe nicht zu übernehmen. Wegners Analysen kennzeichnet insgesamt ein die wortstatistischen Befunde zu isoliert betrachtendes Vorgehen, d.h. die Möglichkeit jeweiliger Redaktion wird nicht im Gesamtzusammenhang des lukanischen bzw. matthäischen Erzählfadens verhandelt (s. zu den Kranheitsangaben diesbezüglich z.B. a.a.O., 144.241). 312 Im Einzelnen: Q 7,la ist in Mt 7,28a verarbeitet. ELOEAe6Vto~ öE alrmü EL~ Ka!jJapvaouj..L (Mt 8,5, vgl. Lk 7,lb: ELOf)A9EV EL~ Ka!jJapvaouj..L) entspricht der matthäischen Vorliebe für genetivus absolutus zu Beginn einer Perikope oder eines neuen Erzählabschnitts (s. neben 8,5 noch 8,1.28; 17,22.24; 24,3; 27,19 [vgl. DAVIES/ALLISON, Mt II, 18; WEGNER, Hauptmann, 126f]). lTPOOEPXEo9aL ist matthäische Vorzugsvokabel (s. Luz, Mt 15 ,71); die Verbindung des Verbs mit Dativ (meistens autQ) hat Matthäus zweimal übernommen (Mt 14,15 par Mk 6,35; Mt 26,49 par Mk 14,45), an mindestens neunzehn Stellen ist sie redaktionell (Mt 5,1; 9,14.28; 15,1.30; 17,14.19; 18,1; 19,3.16; 20,20; 21,14.23; 22,23; 24,3; 26,7.17.69; 27,58 [hier minor agreement mit Lk 23,52], ferner im matthäischen Sondergut 13,36; 17,24; 21,28.30). Die gesamte Konstruktion lTPOOEpXEo9aL + Dativobjekt + Subjekt + Partizip ist für Matthäus typisch (s. Mt 9,14; 14,15; 15,1; 17,14; 19,3; 20,20; 21,23; 24,3; 26,[7].69, s. auch 18,1; 26,17). Nichts anderes gilt für deren Verbindung mit einem vorangehenden genetivus absolutus (Mt 14,15; 17,14; 21,23; 24,3, ferner 5,1, wo lediglich das Partizip fehlt [zur matthäischen Verwendung von lTPOOEPXEo9aL vgl. FUCHS, Untersuchungen, 100-111]). AEYWV ist ein Matthäismus (Luz, Mt II, 13, Anm. 6, vgl. WEGNER, Hauptmann, 135f); lTapaKaAwv resultiert aus Q 7,4; die parataktische Aneinanderreihung zweier Partizipien nach einer finiten Form von lTPOOEPXE09aL ist dem Matthäusevangelium auch sonst nicht fremd (s. Mt 17,14f; 19,3; 20,20, vgl. auch 3,2; 26,39). Die Anrede Jesu mit KUPLE ist bei Matthäus stereotyp und häufig redaktionell (s. Mt 8,2 [minor agreement mit Lk 5,12]; 8,25; 9,28; 14,28.30; 15,22.25; 16,22; 17,4.15; 18,21; 20,30.31.33 [minor agreement mit Lk 18,41]; 26,22).
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ferner sein, dass die Krankheitsschilderung in 8,6 in wörtlicher Rede begegnet (vgl. Mt 15,22 diff. Mk 7,25t)313. Die Worte Jesu in Mt 8,7 haben ihr lukanisches Pendant in der in indirekter Rede gehaltenen Bitte der Ältesten in Lk 7,3 (ÖlTUl~ U9wv öuwuloU tOV öouJ..ov uUtou), während in den Worten des Hauptmanns in Mt 8,6 - trotz des wohl aufQ zurückgehenden lTUPUKUAWV (vgl. lTUpEKaJ..ouv in Lk 7,4) - eine explizite Bitte fehlt. Im matthäischen Erzählduktus ist dieses Fehlen einer Bitte erzähllogisch notwendig: Matthäus steht durch die Eintragung des Zurückweisungsmotivs vor der Aufgabe, einen logischen Anschluss der Worte des Hauptmanns in V.8f zu gestalten. Indem Matthäus V.6 auf die Schilderung der Notsituation beschränkt und Q 7,3 zu einer abweisenden Frage Jesu umgestaltet, wird erzählerisch die Möglichkeit eröffnet, dass der Hauptmann trotz der Zurückweisung mit den in Q vorgegebenen Worten (Mt 8,8f par Lk 7,6b-8) "antworten,,314 kann, ohne dass es zu einer nicht nur erzählerisch, sondern vor allem auch sachlich störenden Revision der Bitte kommen muss 3l5 • ßaUELV ist eine matthäische Vorzugsvokabel; in diesem Zusammenhang insbesondere zu vergleichen ist die redaktionelle Eintragung in Wundergeschichten in Mt 8,14 (diff. Mk 1,30) und in 9,2 (lTUPUAUHKOV ElTL KA[Vll~ ßEßJ..llj.lEVOV, diff. Mk 2,3; vgl. WEGNER, Hauptmann, 138; DAvlEs/ALLISON, Mt Ir, 21). lTUPUAUHK6~ hat Matthäus in 4,24 redaktionell gebraucht. Zu erwägen ist hier ferner, dass die Verwendung des Wortes in 8,6 durch die Heilung des Gelähmten in Mk 2,1-12 inspiriert ist (die weiteren drei matthäischen Belege [9,2(bis).6] stammen aus Mk 2,1-12), da diese Perikope in der Markusakolouthie direkt auf die Heilung des Aussätzigen (Mk 1,40-45) folgt, die bei Matthäus (Mt 8,1-4) der Hauptmannperikope vorangeht (vgl. DAvlEs/ALLISON, Mt II, 21; GUNDRY, Mt, 140f; GAGNON, Shape, 136.137). ßuouv[(ELV findet sich im Matthäusevangelium neben 8,6 nur noch in 8,29; 14,24, wo das Verb jeweils aus dem Markusevangelium (5,7; 6,48) übernommen ist, doch begegnen die Stammverwandten ßaouvo~ redaktionell in Mt 4,24 und ßUOUVLOt~~ innerhalb des matthäischen Sonderguts in 18,34. Zu ÖELVW~ ist der statistische Befund nicht aussagekräftig. Das Wort ist neutestamentlich neben Mt 8,6 nur noch in Lk 11,53 belegt. In 8,7 ist das Präsens historicum in einer Einleitung eines Jesuswortes für Matthäus charakteristisch (vgl. Luz, Mt II, 13, Anm. 6). Das Partizip U9u1v benutzt Matthäus zwar in ähnlichen Konstruktionen häufig (redaktionell bzw. innerhalb des Sonderguts: Mt 2,8.9.11.23; 4,13; 5,24; 9,18[bis]; 14,12; 20,9.10; 27,64; 28,13, hingegen aus Q in Mt 24,46 par Lk 12,43; Mt 25,27 par Lk 19,23, aus Mk Mt 15,25 par Mk 7,25; Mt 26,43 par Mk 14,40, vgl. ferner Mt 8,14; 13,54; 16,5.13; 27,33; 28,11), könnte hier ausweislich Lk 7,3 aber auf Q zurückgehen. 9EPUlTEUELV ist wiederum eine matthäische Vorzugsvokabel (s. Luz, Mt 15, 64). Auf der anderen Seite könnte ö~uo~(ELV angesichts der lukanischen Vorliebe für ö~u-Komposita und der mit fünf Belegen auffälligen Ballung des Wortes in der Apostelgeschichte (Apg 23,24; 27,43.44; 28,1.4, ansonsten neutestamentlich neben Lk 7,3 nur noch Mt 14,36; IPetr 3,20) auf den dritten Evangelisten zurückgehen, aber vermutlich nur in der Form, dass er das Kompositum für das Simplex setzt, denn "retten" passt zur Lebensgefahr besser als zur Lähmung, so dass matthäische Redaktion an dieser Stelle nicht nur wortstatistisch, sondern auch im Blick auf den matthäischen Kontext plausibel ist. 313 Stand die Notiz, dass der Hauptmann von Jesus hörte (Lk 7,3a, vgl. Joh 4,47!) in Q, wäre deren Streichung durch Matthäus als weitere Parallele zur Bearbeitung von Mk 7,24-30 in Mt 15,21-28 zu notieren (s. Mk 7,25a, vgl. WEGNER, Hauptmann, 162). 314 &.lTOKp[VE09u~ ist ebenfalls ein matthäisches Vorzugswort (s. Luz, Mt 15, 59), wie im Übrigen auch <\Javu~, zumal im Impf. (a.a.O., 75; WEGNER, Hauptmann, 158t). Aller-
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Dass Mt 8,5-7 stark redaktionell geprägt ist, muss nun nicht zwingend bedeuten, dass Lk 7,1-6a die Q-Fassung in ihren Grundzügen getreu wiedergibt, also die erste Gesandtschaft ursprünglich ist. Ein Indiz für ihre Ursprünglichkeit könnte dem Lukas und Matthäus gemeinsamen Partizip (Lk 7,3; Mt 8,7) zu entnehmen sein, wenn U8wv in dem bei Lukas vorausgesetzten Zusammenhang einer an Jesus gerichteten Bitte in Q stand. In diesem Fall würde nämlich Q 7,6b-8 nicht gut passen, wenn der ö1Tw~-Satz in Q 7,3 eine vom Hauptmann selbst angetragene Bitte wiedergäbe, da er diese dann durch Q 7,6b-8 sogleich wieder zurücknehmen würde316. Allerdings kann man nicht ausschließen, dass U8wv ursprünglich in der - bejahenden - Antwort Jesu situiert war. Unter der Voraussetzung, dass Joh 4,46-54 nicht literarisch von den Synoptikern abhängig ist, spricht zudem die dortige direkte Begegnung des Hauptmanns mit Jesus dafür, dass die Gesandtschaft sekundär zugewachsen ist317 • Q könnte also erzählt haben, dass ein Hauptmann Jesus wegen seines sterbenskranken Sohns um Hilfe bat und Jesus anbot, mit ihm zu kommen 3l8, worauf der Hauptmann die Worte aus Q 7,6b-8 entgegnete. Einwenden kann man hier wiederum, dass das Gesandtschaftsmotiv schon in Q zugewachsen sein kann und Matthäus dieses - aus nachvollziehbaren Gründen 319 - gestrichen haezo . Kurzum: Sicherheit ist hier nicht zu erlangen.
dings ist der Gesamtausdruck Kat a1ToKpL8EC~ ... E<jlT] im Matthäusevangelium - freilich auch im NT insgesamt - singulär (WEGNER, Hauptmann, 159), doch begegnet a1ToKpL8E[~/-8EV'tE~ auch anderorts im Matthäusevangelium mit vorangestelltem Ka[ (redaktionell 22,1; 27,25, ansonsten 11,4 [Q); 21,27 [Mk); 25,40 [Sondergut)). 315 Zu beachten ist, dass der Gestaltungsspielraum für die Einfügung der Ablehnung für Matthäus in 8,5-13 eben durch V.8f deutlich begrenzt ist. Ein programmatisches Wort wie 15,24 hätte hier im Erzählduktus nicht gepasst. 316 Dass der im Verbund mit der zweiten Gesandtschaft eingefügte Halbvers Lk 7,7a oM;' Ej.laUTOV ~~[woa ... im Kontext auf ä~L6~ Eonv ... in V.4 zurückverweist, muss nicht heißen, dass auch V.4fin sekundär ist. Lukas könnte auch in V.7a sprachlich gezielt an V.4fin anknüpfen, um die durch die Einführung der zweiten Gesandtschaft hervorgehobene Demut des Hauptmanns zusätzlich zu unterstreichen. Für eine vorlukanische Herkunft von V.4fin kann man anführen, dass Lukas selbst ä~LO~ ansonsten mit Infinitiv (Lk 15,19.21; Apg 13,25) oder Genitiv der Sache (Lk 3,8; 10,7; 12,48; 23,15.41; Apg 13,46; 23,29; 25,11.25; 26,20.31) konstruiert (vgl. SCHÜRMANN, Lk I, 392, Anm. 17). - Macht man die Gegenprobe, ob sich die Streichung der ersten Gesandtschaft durch Matthäus verständlich machen lässt, so ist diese Frage eindeutig zu bejahen. Abgesehen davon, dass Matthäus auch sonst Rahmennotizen kürzt, wäre die Ausrichtung der Bitte durch eine Gesandtschaft erzähllogisch ein Hindernis für einen flüssigen Fortgang der ,Handlung' nach der vom Evangelisten eingetragenen Zurückweisung. Vor allem aber konfligierte die positive Sicht der Ältesten in Lk 7,3ff mit der durchweg negativen Darstellung sämtlicher Autoritäten des Volkes bei Matthäus (s. unten Kap. 3.1.2). 317 Vgl. GAGNON, Motives, 124f. 318 In diesem Fall wäre also Lk 7,4f sekundär; Lk 7,6 würde die - bejahende - Antwort Jesu ersetzen. 319 Siehe dazu oben Anm. 316. 320 Man muss dazu nicht Einfluss einer näher an Joh 4,46-54 stehenden Fassung aus der mündlichen Tradition annehmen (s. wiederum Anm. 316 zu möglichen Gründen für die matthäische Redaktion), kann diesen aber auch nicht ausschließen.
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Lässt sich die genaue Gestalt der hinter Mt 8,5-7 stehenden Q-Fassung nicht mit hinreichender Plausibilität rekonstruieren, so kann man aufgrund des sekundären Charakters der matthäischen Schilderung der Krankheit gleichwohl begründet vermuten, dass die anfangliche Zurückweisung des Hauptmanns erst von Matthäus eingefügt wurde, denn die ,Entschärfung' der lebensbedrohlichen Krankheit zu einer Lähmung lässt sich als Konsequenz der Einfügung des Zurückweisungsmotivs verständlich machen321 . Konsequenz der matthäischen Redaktion in 8,5-7 ist, dass die Worte des Hauptmanns in V.8f durch die vorangehende Zurückweisung weniger als Ausdruck von Demut erscheinen, sondern - analog zu Mt 15,27 - einen stärker argumentativen Charakter erhalten. Was aber ist der entscheidende Punkt in V.8f, der Jesus dazu bewegt, von seiner Ablehnung abzugehen? Anders gefragt: Worin besteht der große Glaube des Hauptmanns, den Jesus zuvor so bei niemandem in Israel hat finden können? Verwiesen wird hier in der Regel auf das Vertrauen, das der Hauptmann Jesus bzw. näherhin der Wirkmacht seines Wortes entgegenbringe 22 , so dass der Ton auf&U& \-Lovav ELlTE )"'OY0I, KaI. Lae~aEtaL 0 lTal.c; \-Lau (V.8c) liegen würde. V.9 würde dann lediglich illustrieren, und zwar - ausweislich der zu V.8c parallelen Struktur der drei Befehlsworte in V.9 - den Folgezusammenhang zwischen &U& \-Lovav ELlTE )..,0Y0I und KaI. Lae~aE,aL o lTal.c; \-Lau323. Allerdings erklärt sich von daher schwerlich die Heraushebung des Glaubens des Hauptmanns in V.10. Matthäus spricht nur wenige Verse später redaktionell wieder von Heilungen )..,0Y0I (8,16), und hier sind es jüdische Volksmengen, die Kranke zu Jesus bringen. Anders gesagt: Darin, dass der Hauptmann Jesus eine Heilung )..,0Y0I - und sei es eine Femheilung - zutraut, unterscheidet er sich nicht so von den in V.10 angeredeten Volksmengen, dass V.10(-12) begründet erscheine 24 •
32\ Die These von RA Y, Relationship, 204, dass die Zurückweisung allein dazu diene, "that it provides an opportunity for the Gentile to demonstrate a great faith" (s. auch a.a.O., 227 und ferner FRANCE, Exegesis, 257: "Jesus is testing the faith ofthe supplicant by an apparent refusal"), geht an der matthäisehen Konzeptualisierung der irdischen Wirksamkeit Jesu vorbei. 322 Siehe KLOSTERMANN, Mt, 75; SCHWEIZER, Mt, 138; GNILKA, Mt I, 298; Luz, Mt H, 14; HARRINGTON, Mt, 114; LUCK, Mt, 108; GUNDRY, Mt, 144; HAGNER, Mt I, 204; WIEFEL, Mt, 162; FIEDLER, Mt, 203; WEGNER, Hauptmann, 389f; TrSERA, Universalism, 121. 323 Es ist zwar richtig, dass die "bescheidene[n] Befehle an kleine Untergebene" in V.9 keine treffenden Abbilder für ein wirkmächtiges Wort Jesu sind (BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 72), doch sticht dieses Argument nicht, wenn man wie oben durch V.9 lediglich den Folgezusammenhang zwischen Wort und Ereignis illustriert sieht. 324 Ähnlich BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 72 sowie WILK, Jesus, 114.
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Zu erwägen ist daher, ob der Grund für die in V.I0 erfolgende Wende erst in V.9 steckt, während V.8c primär das positive Gegenstück zu V.8b ist, V.8 im Ganzen also dazu dient, deutlich zu machen, dass der Hauptmann die Differenz zwischen dem erwählten Volk und den ,Heiden' akzeptiert325 • Jesus soll sich nicht die - ihn von seinem eigentlichen Auftrag, von seiner Sendung zu Israel, abbringende - Mühe machen, zu ihm zu kommen, sondern der Hauptmann bittet nicht mehr, als dass Jesus quasi ,en passant' durch sein Wort heilt326• Erst V.9 sagt dann, wieso der Hauptmann glaubt, von Jesus Hilfe erwarten zu können. Das entscheidende Stichwort ist hier die E~oUcr(Q'., von der, was Jesus angeht, unmittelbar zuvor in 7,29 noch die Rede war. uno E~oucr(Q'.v wird in der Regel fraflos zum Voranstehenden gezogen327 , könnte aber auch zu EXWV gehören32 • Gesagt wäre dann nicht, dass der Hauptmann unter einer Befehlsgewalt steht, sondern dass er jemand329 ist, der Soldaten unter der seinen hat. Der Unterschied wäre freilich sachlich nicht erheblich, denn auch im ersten Fall wäre die E~oUcr(Q'. des Hauptmanns impliziert. Dass er Soldaten unter sich hat, ist Folge dessen, dass er selber unter einer Befehlsgewalt steht, die er seinen Soldaten gegenüber vertritt330 • So oder so ergibt sich als zentrale Aussage der in V.9 anvisierten 325 Und zwar nicht erst notgedrungen, denn durch die Umgestaltung von V.6f revidiert V.8fnicht eine vorige Bitte. - Dass der Hauptmann seine ,Unwürdigkeit' überhaupt nicht an seinem Status als ,Heide' festmacht (so WEGNER, Hauptmann, 384f), ist zumindest fiir die matthäische Version angesichts der heils geschichtlich bedingten Eintragung der Ablehnung in V.7 sowie vom Gesamtkontext des Evangeliums her mehr als unwahrscheinlich. 326 Zu beachten ist, dass IlOVOV matthäische Redaktion ist (vgl. WEGNER, Hauptmann, 206f). - V.8b muss man dann nicht im Sinne des Reinheitsgedankens (vgl. Apg 10,28, s. auch Joh 18,28) verstehen (anders fiir viele GIESEN, Krankenheilungen, 95). 327 So auch die Interpunktion im NTG 26 .27 • 328 So BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 70f. 329 avSpul1To<; wäre dann - anders als in Apg 10,26; 14,15 - tonlos im Sinne von ,jemand" zu fassen (s. BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 70). 330 Es ist von daher unbegründet, einen grundlegenden Gegensatz zwischen dem Hauptmann und Jesus zu konstatieren, da dieser E~ouaLa habe, während jener unter einer stehe. Konsequenz einer solchen Konstruktion ist, dass die in Kat yap EYW angezeigte Analogie schwer verständlich wird. Einige Ausleger hat dies zur Annahme einer falschen Periodisierung gefiihrt, "so daß eLllL eigentlich (konzessiv-)partizipial durch ~v, während EXWV indikativisch-präsentisch durch EXW urspr wiederzugeben waren" (WEGNER, Hauptmann, 274f, vgl. BEYER, Syntax, 278 u.a.). Zu übersetzen wäre dann: ,,Auch ich, obwohl ich ein Mensch unter Befehlsgewalt bin, habe Soldaten unter mir ... ". Das Argument des Hauptmanns böte einen Schluss a minori ad majus. Besser ist in jedem Fall eine Auslegung, die dem jetzt vorliegenden Text Sinn abgewinnt. - OVERMAN, Mt [Church], 117 sucht dagegen UTrO E~ouaLav positiv in die Analogie zwischen dem Hauptmann und Jesus einzubeziehen: "The centurion understands how authority works. He understands that
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Analogie 33l zwischen dem Hauptmann und Jesus: Wer E~oua(a hat, der kann, wie die drei Beispiele in V.9b illustrieren, Befehle geben, die befolgt werden 332 . Das, was in V.9 gegenüber V.8 neu ist und als begründendes (yap) Moment erscheint, ist also, dass mit der E~oua(a die Voraussetzung dafür benannt wird, dass das gesprochene Wort Verwirklichung findet. Im Blick auf Jesus geht es dabei, wie der Kontext deutlich macht, um die Universalität seiner Vollmacht: Der Hauptmann geht zum einen von seinem mit der Erwählung Israels gegebenen Status und dem Vorrecht des Gottesvolkes aus, dass diesem die Sendung Jesu zugute kommt; zum anderen aber erkennt er die Universalität der E~oua(a Jesu und zeigt damit einen Glauben, nach dem Jesus der Heilsbringer auch für die Menschen aus den Völkern ist333 • Wie der Befehlsgewalt des Hauptmanns Soldaten unterstehen und diese seine Befehle ausführen, so hat Jesus als der Kyrios (8,6), auch wenn dies im Rahmen seiner irdischen Sendung noch nicht vorgesehen ist, prinzipiell die Macht, auch außerhalb Israels Heil zu wirken334 . Ist dies richtig, dann zeigt sich hier dasselbe Ineinander von Akzeptanz der Differenz zwischen Israel und den Völkern und der daraus folgenden Sendung Jesu zu Israel einerseits und Glauben an die Universalität der Vollmacht und Heilsbedeutung Jesu andererseits wie in 15,21-28. Verständlich wird damit auch, warum Jesus dem Hauptmann in V.10 einen Glauben bescheinigt, den er so bei den jüdischen Volksmengen, die ihm both he and Jesus receive their power and authority from somewhere or someone." Siehe auch HARRINGTON, Mt, 114; NOLLAND, Mt, 355f. 33\ Kat y&p EYW, wie FRANCE, Exegesis, 259 erwägt, im Sinne von ,,[flor I indeed" zu fassen, ist philologisch die unwahrscheinlichere Lösung. 332 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 23. 333 In diesem Sinn auch BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 74: "Der große Glaube des Hauptmanns ... besteht ... nicht einfach im Vertrauen auf Jesu Macht ... , sondern genauer darauf, daß Jesus auch denen Heil bringt, die nicht zu Israel gehören und von Haus aus kein Recht darauf haben." Siehe ferner WILK, Jesus, 114f.144. 334 Möglicherweise kann man von da aus noch einen Schritt weitergehen und fragen, ob innerhalb der drei Beispiele in V.9b der Akzent auf dem letzten liegt. Nach (DlTO E~oua(av) EXWV DlT' Ef!aU1:0V a1:paHW1:a~ gehört der Sklave hier streng genommen nicht hin (mit BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 72f, im Anschluss an Burchard WILK, Jesus, 114f). Die Analogie könnte dann sein: So wie der Hauptmann Soldaten unter sich hat, übt Jesus seine E~oua(a als Messias über Israel aus, aber wie jener daneben auch Herr über einen Sklaven ist, so geht Jesu E~oua(a faktisch über Israel hinaus. Freilich hebt Matthäus das Sklavenbeispiel nicht besonders hervor, sondern folgt Q in der schlichten Aneinanderreihung, so dass diese Deutung zumindest fraglich ist. Dem zuvor Gesagten tut dies keinen Abbruch. - Dass der Glaube des Hauptmanns "groß" genannt wird, verbindet auch WEGNER, Hauptmann, 396f mit dessen Herkunft, ohne dies jedoch in den oben aufgeführten Zusammenhang der heilsgeschichtlichen Konzeption des ersten Evangelisten einzuzeichnen: Der Hauptmann hatte "es gerade als Nicht-Jude in seinem Zugang zu Jesus schwerer ... als Jesu eigenes Volk" (401).
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seit der Bergpredigt folgen (8,10)335, noch nicht gefunden hat. Auch sie haben zwar erkannt, dass Jesus Vollmacht besitzt (7,29) und erwarten Wunder von ihm, die er Ä,0Y4> ausfUhrt (8,16), und "einzelnen bestätigt Jesus ihren Glauben (9,2.22.29). Aber an Jesu universale Sendung glauben sie nicht,,336. Eben darin unterscheidet sich der Hauptmann von ihnen. Was daraus für das Verständnis der in 8,Uf von Matthäus eingefügten Verse folgt, wird in Kap. 4.2 darzulegen sein. Festzuhalten ist hier: Hat Matthäus die Zurückweisung der Kanaanäerin in 15,21-28 in der markinischen Vorlage vorgefunden und redaktionell erheblich verstärkt, so geht die anfängliche Ablehnung des Hauptmanns ganz auf die Hand des ersten Evangelisten zurück. In beiden Fällen richtet sich das Insistieren der ,Heiden' nicht gegen Jesu Sendung zu Israel, sondern sie akzeptieren ihren Status, verweisen aber auf die Universalität des im Messias Israels erschienenen Heils und antizipieren damit, was Jesus selbst erst in 28,19 kundtut. Darin besteht jeweils die besondere Qualität ihres Glaubens, weshalb Jesus ihnen extra ordinem ihre jeweilige Bitte am Ende gewährt. 2.2.3.4 Zusammenfassung Zieht man die voranstehenden Untersuchungen zusammen, zeigt sich ein einheitlicher gestalterischer Wille des ersten Evangelisten. Das Motiv der Konzentration auf Israel, wie sie als Grundsatz des irdischen Wirkens Jesu in 2,6; 15,24 formuliert wird, wird gegen die Quellen der Darstellung aufgeprägt. Matthäus verändert geographische Angaben, und in allen drei in den Quellen vorgegebenen Perikopen, in denen Jesus an ,Heiden' wirkt (8,5-13.28-34; 15,21-28), zeigt sich ein deutliches Bemühen, diese Fälle als (begründete) Ausnahmen von der in 15,24 formulierten Regel zu kennzeichnen. Zwei Aspekte treten dabei hervor. Zum einen: Der KaLpo<; der Zuwendung zu den Völkern ist noch nicht gekommen (8,29). Vom Ende des Evangeliums her wird deutlich, dass dieser Zeitpunkt mit der Auferstehung Jesu erreicht sein wird. Zum anderen verwendet Matthäus in diesem Zusammenhang das Motiv des "großen Glaubens". Beide Aspekte gehören zusammen: Der Hauptmann und die Kanaanäerin erfassen bereits, dass Jesu Sendung letztlich auf die Universalität des Heils zielt. Insofern heißt ihr Glaube "groß". Dass es neben den drei verhandelten Perikopen im Matthäusevangelium eine Reihe weiterer Aussagen gibt, die den Universalismus von Mt 28,19 vorbereiten, steht dem dargelegten Befund nicht entgegen, denn die hier
335
Zu 'WL<;
336
BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 74. Siehe auch WILK, Jesus, 115.
aKOAOUSOUUW
s. noch unten Kap. 4.2, S. 220.
2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
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relevanten Passagen wie Mt 1,1-17; 2,1-12; 4,15; 12,17-21 sind im Prolog bzw. auf der Ebene der Reflexion des Wirkens Jesu an Israel angesiedelt 337 . Es kann daher in keiner Weise davon die Rede sein, dass Matthäus eine breite Wirksamkeit Jesu unter Nichtjuden anvisiere und damit das ,Programm' von 15,24 faktisch durchbreche 338 . Vielmehr hat der Evangelist seine Quellen konsequent im Sinne der grundsätzlichen Konzentration des irdischen Wirkens Jesu aufIsrael redigiert. Ist mit dem Voranstehenden die matthäische Konzipierung der irdischen Wirksamkeit Jesu in den Blick genommen worden, so ist im Folgenden der auf Israel konzentrierte Sendungsbefehl in 10,5f einzubeziehen. Über das Bisherige hinausgehend stellt sich hier die Frage, in welchem Zeithorizont Matthäus die Israelmission der Jünger gedacht hat.
2.3 Die Sendung der Jünger zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" in Mt 10 Nach der Schilderung des Wirkens Jesu in 4,23-9,35 inauguriert die planvoll aus Markus, Q und Sondergut komponierte Aussendungsrede339 "gleichsam die ekklesiologische Verlängerung des Wirkens Jesu,,340. Matthäus macht diese Anbindung nicht nur durch die Stellung der Aussendung direkt im Anschluss an den Zyklus 4,23-9,35 deutlich, sondern auch durch eine betonte Analogisierung des Jüngerauftrags mit dem Wirken Jesu. Jesus überträgt seinen Jüngern seine E~ouoLa (10,1, vgl. Mk 3,15; 6,7; Lk 9,1); durch die Anfügung von 6EpaTTEllELV mioav VOOOV Kat TTiioav llaAadav wird dabei direkt auf die Summarien in 4,23; 9,35 zurückverwiesen. Der dann in der Aussendung ergehende Verkündigungs auftrag an die Jünger (10,7) ist - von der Auslassung des Umkehrrufes abgesehen - parallel zu 3,2 und 4,17 gestaltet, und der in 10,8 nachfolgende, zu einer viergliedrigen Imperativreihe ausgestaltete Heilungsauftrag (vgl. Mk 3,15; 6,13) lässt an Jesu eigene, in Mt 8f erzählte Taten zurückdenken 341 . Zu diesen Passagen s. unten Kap. 5.1. Zur Gegenposition, bei der der Charakter der oben genannten Texte nicht berücksichtigt wird, s. die oben in Kap. 2.2, S. 52, Anm. 185 Genannten. 339 Zur Quellenverarbeitung s. Luz, Mt II, 77f. 340 Luz, Mt 15 , 34, vgl. Luz Mt II, 79, ferner DAVIEs/ALLISON, Mt II, 158; GNILKA, Mt 1,370; HARRINGTON, Mt, 141; MINEAR, Disciples, 34.42; MOROSCO, Formation, 546; WEAVER, Discourse, 75-82.84f; LOHMEYER, Apostelbegriff, 365.367.374.378 sowie auch GRASSI, Last Testament-Succession, 172, dessen weitergehende These, dass in Mt 9,35-11,1 Gen 49 im Hintergrund steht, freilich keinerlei Anhalt am Text hat. 341 Zu verweisen ist ferner auf die Analogie zwischen Kat TIEpdjYEV 6 '1llaou~ 1TOA.H' 1Taaa, Kai KWf.La, in 9,35 und El~ ~v ö' äv 1TOA.LV fi KWf.LTW ElaEA.911tE in 10,11 337 338
ra,
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Nicht zuletzt ist ferner darauf zu verweisen, dass die Sendung der Jünger wie das Wirken Jesu auf die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" beschränkt ist (lO,5b-6)342. Es ist bereits oben auf die Begründung der Sendung der Jünger im Erbarmen Jesu über die Volksmengen (9,36) hingewiesen worden 343 . Für das Verständnis der Israelmission ist dies von elementarer Bedeutung: Die Sendung der Jünger zu 1IX TIpoßam 1IX aTIoÄ.wÄ.om O'LKOU 'Iapa~Ä. ist Jesu Antwort auf die (Größe der) Not des Volkes, der er in seinem eigenen Wirken begegnet ise 44 . Mit ihrer Aussendung nehmen die Jünger teil am Hirtenamt des messianischen Davidssohns Jesus, der das Gottesvolk Israel weiden soll (2,6), d.h. in ihrem Wirken soll sich die messianische Zuwendung des Hirten Israels zu seiner Herde durch Heilung der Kranken und Verkündigung der Botschaft vom nahen Reich, durch Sammlung der "verlorenen Schafe" fortschreiben. Die Jünger werden in den Dienst der messianischen Zuwendung des Hirten Israels zu seiner Herde gestelle 45 . Dem fügt sich ein, dass Matthäus - zwischen der Einleitung der Aussendung in 9,36-38 und den Missionsanweisungen in 1O,5ff - in 10,1-4 erstmals in seinem Evangelium den Kreis der zwölf Jünger einführt. Der (vgl. Mk 6,10: ÖlTOU €ci,v EloEA9r),rE El.; OLKW,V; Lk/Q 10,8: Kut El.; ~v äv lTOAW EloEPXllo9E). In Mt 1O,24f wird dann das Ergehen der Jünger explizit mit dem Jesu in Beziehung gesetzt (vgl. S, BROWN, Mission to Israel, 77-79; WEAVER, Discourse, 105t). 342 Nach den Negationen von V.5b heißt ~iiUov "vielmehr, statt dessen", nicht "in höherem Grade" (vgl. BAUER/ALAND, Wörterbuch, s.v., vgl. zu Mt 10,6 ferner z.B. FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 129 mit Anm.232; BARTNICKI, Jünger, 46). In 10,5b-6 geht es also um alleinige Israelmission, nicht um deren Einschärfung als primäre Aufgabe (gegen LOHMEYER, Apostelbegriff, 385). - Unhaltbar ist m.E. der Vorschlag von RADERMAKERS, Mission, 1078, Mt 10,5b eine symbolische Bedeutung zu unterlegen: "Ne pas prendre 'un chemin de Nations' et ne pas entrer dans 'une ville de Samaritains' signifient, bien silr, a un premier niveau de lecture du texte mattheen, une interdiction d'ordre geographique, mais c'est aussi eviter un chemin - un mode d'agir et d'etre - et s'ecarter d'une ville - une fa~on de vivre ensemble - qui sont les types memes de l'antiIsrael, opposes a Jesus." Im Gefolge dieses Ansatzes kommt Radermarkers dann dazu, schon in Mt 10 eine universale Reichweite der Mission zu finden (a.a.O., 1080). Siehe noch unten Anm. 346. - Zur Frage der Herkunft von Mt 10,5b.6 s. S. 85, Anm. 367. 343 Siehe oben Kap. 2.1.2, S. 38. 344 Im Kontext betrachtet expliziert 9,36 Jesu Erfahrungen, wie er das Volk angetroffen hat. 9,37ff ist seine Antwort darauf (vgl. DAVlEs/ALLlSON, Mt Ir, 147; LOHMEYER, Apostelbegriff, 374). 345 Vgl. - mit Blick auf die kompositorische Stellung der Aussendungsrede - die treffende Bemerkung von WEAVER, Discourse, 73: ,,[T]he narrator wishes the implied reader to interpret the ministry to which Jesus commissions his disciples (1O.5b-42) as not mere1y parallel to, but rather an integral part of, the ministry of Jesus hirnself." Zu den Jüngern als den neuen ,Hirten Israels' vgl. McKNIGHT, Shepherds, bes. 183-185 und zuletzt CHAE, Jesus, 217f.
2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
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Zwölferkreis korrespondiert der Zwölfzahl der Stämme Israels (vgl. 19,28)346. Matthäus verstärkt also mit der Einstellung der Zwölferliste an dieser Stelle kompositorisch den Israelbezug der Aussendung und verweist darauf, dass es bei ihr um die endzeitliche Restitution des Zwölfstämmevolkes gehe 47 . Es wurde ferner bereits darauf aufmerksam gemacht, dass die Rede von den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" in 10,6 mit 9,35f zusammenzusehen ist: 'ta 'ITpoß(t.'t(x 'ta &'ITo.:\.w.:\.o'ta O'LKOU 'Iapa~.:\. bezieht sich auf die Volksmengen im Unterschied zu den Autoritäten des Volkes 348 , die als schlechte Hirten für dessen Zustand verantwortlich sind. Beachtet man die in der Rede von der "verschmachteten" Herde und den "verlorenen Schafen" implizierte Schelte der Führungsschichten349 , treten die Jünger als neue Hirten im Dienste des einen messianischen Hirten zugleich in Konkurrenz zu den (bisherigen) Autoritäten des Volkes 35o . Durch das die Aussendungsrede von Q einleitende Erntelogion (9,37f; vgl. Lk 10,2) hat Matthäus einen eschatologischen Horizont über die Israelmission gespanne 51 (vgl. Mt 13,30.39). "Ernte" ist in der alttestamentlich-jüdischen Tradition häufig Gerichtsmetapher352 , wobei aber nicht notwendig einseitig die Konzeption eines Strafgerichts zu assoziieren ist, es kann auch um die Sammlung der Gerechten gehen 353 • In Mt 13,39-43 nimmt die Erntemetapher positives wie negatives Ergehen in den Blick. Klingt die Gerichtsthematik in 9,37f mit, gilt auch hier die doppelte Perspektive von Mt 13,39-43 354 : Mit der Aufnahme oder Ablehnung der Jünger entscheiden die Menschen über ihren Frieden (10,13-15), und das 346 Vgl. nur DAVIEs/ALLlSON, Mt H, 151; HARRINGTON, Mt, 138; LOHMEYER, Apostelbegriff, 374; LICHTENBERGER, "Bittet den Herrn der Ernte ... ", 275. Siehe auch RADERMAKERS, Mission, 1079, der aber die Verbindung "Israels" zum jüdischen Volk zugunsten des Gedankens des neuen bzw. wahren Israels untergräbt. 347 Vgl. GNILKA, Mt 1,355; HARRINGTON, Mt, 137f; NOLLAND, Mt, 409; FIEDLER, Mt, 225; LEVINE, Dimensions, 41 sowie auch GARBE, Hirte, 132. 348 Siehe oben Kap. 2.1.2, S. 40. 349 Siehe oben Kap. 2.1.2, S. 39. 350 Vgl. DAVIEs/ALLlSON, Mt II, 158 sowie MCKNIGHT, Shepherds, 183-185.188f. 351 Vgl. Luz, Mt II, 81; DAVIEs/ALLlSON, Mt H, 149.158; LUCK, Mt, 123f; HAGNER, Mt 1,260. 352 Siehe Jes 18,4-6; 24,13; Jer 51,33; Hos 6,11; Joel 4,13; 4Esra 4,28-32.39; 9,17; 2Bar 70,2; Mk 4,29; Apk 14,14-20; bei Matthäus selbst Mt (3,12 par Lk 3,17); 13,30.39. 353 Siehe 4Esra 4,32.(35).39 ("wird nicht vielleicht unseretwegen die Ernte der Gerechten aufgeschoben"!); 2Bar 70,2 ("die Saat der Bösen und der Guten wird ihre Ernte finden"), ferner auch Jes 27,12. Frühchristlich s. Mk 4,29. 354 Vgl. E.C. PARK, Discourse, 84: Die Ernte sei "also an eschatological blessing for the lost sheep ofIsrael". Hingegen betont Luz, Mt H, 82 "das Bedrohliche des Gerichts" (so Z.B. auch PATTE, Mt, 142). Siehe noch unten Anm. 355 und Anm. 356.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
heißt: über ihr Heil. Der Gerichtsgedanke steht in 9,37f aber zumindest nicht im Vordergrund355 ; vielmehr liegt der Ton im Kontext von 9,36 deutlich auf der Größe der Ernte und damit auf der Größe der missionarischen Aufgabe 356, die der Größe der in 9,36 anvisierten Not des Volkes korrespondiert357 • Im Vordergrund steht also positiv der Gedanke der von Gott durch die Sendung Jesu inaugurierten Sammlung des daniederliegenden Volkes angesichts der nahe gekommenen Basileia (10,7)358. "Die Erntearbeit hat ... eine soteriologische Intention,,359. Die Anbindung der Mission der Jünger an Jesu barmherzige Zuwendung zu den Volksmengen deutet zugleich darauf hin, dass es sich hier nach matthäischem Verständnis um eine Kernaufgabe der Jünger handele 6o . Jüugerexistenz ist rur Matthäus wesentlich missionarische Existenz im in 10,7fumrissenen Sinn361 . Durch die Konzentration der Matthäusexegese auf die Frage, wie sich das Verbot der Völker- und Samaritermission und die damit gegebene Be355 LOHMEYER, Apostelbegriff, 375 sieht den eschatologischen Aspekt der Ernte sogar durch die kontextuelle Einbindung des Logions aufgehoben. Siehe auch FIEDLER, Mt, 224 und McKNIGHT, Shepherds, 187. 356 Vgl. GAECHTER, Mt, 315; BEARE, Mission, 7; LEVINE, Dimensions, 40; LICHTENBERGER, "Bittet den Herrn der Ernte ... ",274 sowie GARBE, Hirte, 133, nach dem hier durch den Kontext "das Bild von der ,Ernte' als etwas primär heilvolles [sic!] gefüllt" ist. - Im Rahmen der Verwendung von eEpLa~6~ als Gerichtsmetapher in Mt 13,39 sind die Engel die Erntearbeiter, nicht die Jünger! 357 Treffend DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 146: "The task that the twelve are to perform ... results from the need for the ministry of teaching, preaching, and healing to be carried out by more than one individual (v. 35)". 358 CHARETTE, Harvest, 31-33 liest den Text hingegen auf dem Hintergrund, dass die Zusage reicher Ernte als Element in alttestamentlichen Heilsverheißungen begegnet (Lev 26,4f; Dtn 28,4f.ll; 30,9, sodann Am 9,13-15, vgl. auch Jes 9,2; Ps 126,6). "Matthew is not thinking in terms of a harvest of the people but rather in terms of a harvest for the people" (32). Der Akzent liegt aber in Mt 9,37f nicht auf dem paradiesischen Ertrag fruchtbaren Landes, sondern auf dem Verhältnis zwischen der Größe der Ernte und der geringen Zahl der Arbeiter. "Ernte" ist hier kaum anders zu verstehen als im Sinne der Aufgabe der Missionare, Menschen dem Reich Gottes zuzuführen. 359 LOHMEYER, Apostelbegriff, 373. 360 In diesem Sinn auch Luz, Mt 11, 80. Vgl. dazu noch unten Kap. 6.1. 361 Wenn sich ÖWPEcIV eÄ&ßEtE in 1O,8fin kontextuell nicht allein auf die Übermittlung der e~oua[a. in 10,1 bezieht, sondern darin die barmherzige Zuwendung im Ganzen, die die Jünger selbst von Jesus erfahren haben, zumindest mitschwingt, kann man zur Illustration gut auf den Zwölferjünger Matthäus verweisen. Der Evangelist hatte in 9,9-13 den Zöllner Levi (Mk 2,14) durch den Zwölferjünger Matthäus ersetzt; in der Zwölferliste in 10,2-4 hat er zu Matthäus 0 tEÄ.c..lV"~ hinzugesetzt und damit einen Rückverweis auf 9,9-13 geschaffen. Der, der selbst Jesu Barmherzigkeit (s. das Zitat von Hos 6,6 in Mt 9,13!) erfahren hat, gehört nun zu denen, die mit der in Jesu Erbarmen (9,36) begründeten Sendung zu den noch "verlorenen Schafen des Hauses Israel" betraut werden (vgl. BRISCOE, Faith, 113f).
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2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
schränkung auf Israel in 10,5f zu 28,19 verhalten, bleibt meist unbedacht, dass die Verbote in 10,5b in Form von geographischen Aussagen gestaltet sind362 : Die Jünger sollen sich nicht auf einen Weg zu den ,Heiden' begeben und nicht in eine Stadt der Samariter hineingehen. Positiv gewendet bedeutet dies: Sie sollen in Galiläa bleiben363 • 10,5f gebietet also gar nicht allein die Israelmission in Abgrenzung zur Völker- und Samaritermission, sondern impliziert zugleich Galiläa als Ort der Zuwendung zu Israee 64 • Dass Matthäus einen solchen geographischen Bezug intendierte, lässt sich angesichts des ,geographischen' Interesses, das er in Mt 2 und in 4,12-16 zeige 65 , schwerlich von der Hand weisen, ja 10,5fverweist direkt auf 4,14-16 zurück, wo der Evangelist Galiläa von der Schrift her als den Ort ausgewiesen hat, an dem dem in Finsternis sitzenden Gottesvolk ein Licht aufgeht: Das Wirken Jesu gilt (zunächst einmal) dem Aao<;, und Ort dieser Zuwendung ist der Schrift gemäß Galiläa. 4,23-9,35 schildert exemplarisch die Realisierung der Verheißung (Kal TIEpLilYEV EV DAn raALAaLCf ... , 4,23), 9,36ffbezieht die Jünger in das messianische Werk der Zuwendung ein. Zugespitzt: Sofern die Jünger das Wirken Jesu fortschreiben, gehört 10,5-8 mit zur Erfüllung der Schrift von 4,15f. Die Rede von den "verlorenen Schafen" in 10,6 korrespondiert dabei der Finsternis-Metapher in 4,16 366 . Im Blick auf die Herkunft von Mt 10,5b-6 gewinnt im Licht des Zusammenhangs der Verse mit 4,12-16 wie überhaupt mit der Konzipierung des Wirkens Jesu in 4,23-9,35 die These einer redaktionellen Bildung des Evangelisten an Plausibilitäe 67 : Matthäus hat die Verse auf der Basis
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Beachtet aber von SAND, Mt, 219f; GUNDRY, Mt, 185; KEENER, Mt, 315f. Denn Galiläa ist im Süden von Samaria und ansonsten von überwiegend ,heidnischen' Gebieten umgeben. Vgl. wiederum die oben in Anm. 362 Genannten. 364 Anders WILK, Jesus, 127: Die Jünger sollen "bei ihrer Wandermission unter Juden Städte und Gegenden mit nichtjüdischer Bevölkerung ... meiden". 365 Zum ,geographischen' Interesse des Matthäus s. auch die Angaben in Mt 16,21; 17,22; 19,1 und dazu VERSEPUT, Pilgrimage, 107-117. Zu Galiläa s. GIESEN, Galiläa. 366 Zu beachten ist ferner, dass die Lichtmetapher in 5,14-16 auf die Jünger in der Nachfolge Jesu übertragen ist. 367 Redaktionelle Bildung vertreten ferner GNILKA, Mt I, 361f; GUNDRY, Mt, 184f; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 126-130.137; LEVINE, Dimensions, 38ff; STANTON, Gospel, 330f, s. auch LOHMEYER, Apostelbegriff, 378f. - Bei Annahme von Tradition stellen sich die Folgefragen, ob Matthäus das Sendungswort in Q (so DAVIEs/ALLISON, Mt II, 164; SCHÜRMANN, Mt 10,5b-6, 274f[f]) bzw. QMI (so E.C. PARK, Discourse, 97) oder in seinem Sondergut (so z.B. KILPATRICK, Origins, 27; S. BROWN, Representation, 25; S.H. BROOKS, Community, 49t) vorgefunden hat sowie ob es auf ein Herrenwort zurückgeht (so JEREMIAS, Verheißung, 16-22; BARTNICKI, Bereich, 255; HAMPEL, "Ihr werdet mit den Städten Israels ... ",24, s. auch HARRINGTON, Mt, 141) oder an eine vormatthäisehe Gemeindebildung (so Luz, Mt II, 89f; SCHWEIZER, Mt, 152; BULTMANN, Geschichte, 167; HAHN, Mission, 44-46; STRECKER, Weg, 107) zu denken ist. Als Grund 362
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger au/Israel
seiner schriftbezogenen Exposition Galiläas als des vorherbestimmten Orts der Zuwendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gebildee 68 • Unabhängig von der Frage der Herkunft von 10,5b-6 ist festzuhalten: Der geographische und auf Israel bezogene Horizont der Aussendung der Jünger in 10,5f entspricht genau der bis dahin erreichten Phase des messianischen Wirkens Jesu. Für 28,19 lässt dies eine analoge Korrespondenz erwarten, d.h. es wird zu fragen sein, inwiefern die Differenz zwischen 10,5f und 28,19 mit der weiteren narrativen Entfaltung der messianischen Identität Jesu verknüpft ise 69• Mit dem Verweis auf 28,19 ist bereits die gewichtige Frage nach dem Zeithorizont der Israelmission hervorgetreten. Es ist offenkundig, dass die Verbote von 10,5b durch 28,19 außer Kraft gesetzt sind. Beachtet man den sachlichen Zusammenhang von 10,5b-6 mit der galiläazentrierten Perspektive von 4,14-16 als Vorzeichen vor Jesu Wirken, ist, was den geographischen Aspekt betrifft, im Grunde schon in Jesu Weggang a1T<> 't"ftc;; ra;A.LA.a;(a;c;; (19,1) eine Aufhebung der in 10,5b formulierten Beschränkung impliziert. Wie aber verhält es sich mit dem Gebot in 10,6? Bedeutet 28,19 eine Aufhebung der Israelmission oder bloß der Beschränkung der Mission auf Israel? Eine abschließende Antwort wird erst am Ende der Untersuchung möglich sein. Hier geht es zunächst darum, nach Hinweisen zu fragen, die sich aus der Aussendungsrede selbst und ihrem unmittelbaren Kontext ergeben. Verschiedene Indizien sprechen hier gegen die These, dass nicht nur 1O,5b, sondern auch 10,6 lediglich auf eine vergangene Phase verweist. Daraus, dass Matthäus im Anschluss an die Rede anders als die beiden Seitenreferenten keine Mission und/oder Rückkehr der Jünger schiIdert370, ist verschiedentlich gefolgert worden, dass die in Mt 10 gebotene Israelmission nicht durch einen entsprechenden Ausführungsbericht als eine vorösterliche Episode gekennzeichnet wird371 • Man kann dann ferner darauf hinweisen, dass die Aussendungsrede - wie die übrigen Reden des für die Zuweisung zur Tradition dient häufig die Differenz zu Mt 28,19, die durch die Aufteilung auf Tradition und Redaktion gelöst werden soll (s. z.B. S. BROWN, Representation, 25: ,,[T]here remains only one possible explanation: one view ofthe mission is traditional, while the other expresses the evangelist's own standpoint."). Zur methodischen Problematik s. unten S. 89f, Anm. 383). 368 El~ oö6v könnte dabei durch Mk 6,8 (vgl. Mt 10,10) inspiriert sein. Zu EL~ 1f(IALV vgl. im Kontext Mt 9,35; 1O,11.14f.23; 11,1. 369 Siehe dazu unten Kap. 5.2. 370 Siehe dagegen Mk 6,12f.30; Lk 9,6.10; 10,17. 371 Vgl. LOHMEYER, Apostelbegriff, 387; CUVILLIER, Particularisme, 492; A. VON DOBBELER, Restitution, 22f; GIESEN, Sendung, 130; GARBE, Hirte, 148-150. Kritisch zu diesem Argument E.C. PARK, Discourse, 164f.
2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
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Evangeliums auch - ftir die Gegenwart der Gemeinde , transparent' und diese die eigentliche Adressatin ist 372 • Einwenden kann man hier freilich mit Recht, dass die These der ,Transparenz' zwar im Großen und Ganzen zutreffend ist, der Gegenwartsbezug aber ausweislich 10,Sb jedenfalls nicht ftir jede einzelne Aussage gelten kann373 • Bedeutsamer ist daher ein zweites Argument: Anknüpfend an das QLogion, dass die Jünger wie Schafe unter die Wölfe gesandt werden (10,16/ 74 - in Q dürfte das Logion ausweislich der Stellung in Lk 10,3 die Missionsunterweisung eingeleitet haben375 - , lässt Matthäus anders als Markus und Lukas die auf die Jünger zukommende Verfolgung und Bedrängnis bereits im Rahmen der Aussendungsrede ausftihrlich zum Thema werden, indem er in 10,17-22 die einschlägigen Passagen aus der markinischen Apokalypse in Mk 13,9-13 vorzieht bzw. zum Teil dupliziert. 10,18 ergänzt dabei die lokalen innerjüdischen Instanzen (10, 17b)376 um die von 372 Vgl. exemplarisch S. BROWN, Mission to Israel, 74-76; O.S. BROOKS, Matthew XXVIII 16-20,9; Luz, Jüngerrede, 84-89. 373 Zur Problematik vgl. Luz, Mt H, 74-79, bes. 78f. Luz, Jüngerrede, 87 sieht in Mt 10 nur "zwei Logien, deren Gültigkeit auf eine vergangene Zeit beschränkt ist, nämlich V. 5fund in Verbindung damit V. 23." 374 Im matthäisehen Kontext betrachtet, wird in 10,16 die zuvor auf die Volksmengen bezogene Schafmetapher auf die ausgesandten Jünger übertragen. Damit werden nun nicht die verlorenen Schafe von 9,36; 10,6 zu Wölfen, die die Jünger verfolgen (gegen BEARE, Mission, 7; S. BROWN, Mission to Israel, 87, Anm. 53; WEAVER, Discourse, 91f und SCHENK, Sprache, 415, der die Bezeichnung des Hauses Israel als verlorene Schafe als Ironie interpretiert; Schenk beachtet nicht, dass 10,6 in 9,36, im Erbarmen Jesu, gründet). Vielmehr entsprechen die Wölfe den in 9,36 implizierten Hirten: "Jesus' missionaries ... are threatened by the wolflike leaders of the people. Thus a certain solidarity exists between the persecuted missionaries and the harried people; both suffer from the same source" (GUNDRY, Mt, 191, zustimmend DAVIEs/ALLISON, Mt H, 180; SAND, Mt, 222; HEIL, Ezekiel, 702f, s. auch BONNARD, Mt, 146; FRANKEMÖLLE, Mt Ir, 80f; LEVINE, Dimensions, 47; LOHMEYER, Apostelbegriff, 379-383; A. VON DOBBELER, Restitution, 30, ablehnend E.C. PARK, Discourse, 128f). Diese Deutung wird zum einen durch den redaktionellen Zusatz in 10,25b gestützt, in dem Matthäus auf die Beelzebul-Kontroverse rekurriert, die Matthäus in 9,32-34, also unmittelbar vor der Aussendungsrede, wie dann noch einmal in 12,22-24/30 dazu dient, die unterschiedlichen Reaktionen des Volkes und der Pharisäer zu schildern (s. dazu Kap. 3.1.1, S. 97 und Kap. 3.1.2.3, S. 123), zum anderen durch die Querverbindungen zwischen 10,16-23 und 23,34, wo die Schriftgelehrten und Pharisäer im Blick sind: Auch dort ist von der Aussendung von Boten (L/iou EYW U1TOOTEA.A.W [= 10,16]) und deren Züchtigung in der Synagoge die Rede ÜlO:onYWOETE EV Tui~ ouvuywyui~ UIlWV [vgl. 10,17, an beiden Stellen redaktionell]); ferner lässt in 23,34 die Rede von der Verfolgung der Jünger von Stadt zu Stadt an 10,23 zurückdenken. 375 Kritisch zu dieser geläufigen Annahme aber E.C. PARK, Discourse, 128. 376 OUVEÖPLU dürfte lokale jüdische Gerichtsinstanzen meinen (vgl. GNILKA, Mt I, 376; DAVIEs/ALLISON, Mt Ir, 182; HARRINGTON, Mt, 145; HAGNER, Mt 1,277; NOLLAND, Mt, 423).
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger aufIsrael
Rom eingesetzten politischen Instanzen. Zwar wird weder damit noch mit der Anfügung von Kat "tOle; ESVEOLV 377 der Rahmen der Israelmission zwingend transzendiert; der Duktus der Aussendungsrede lässt vielmehr an Verfolgung durch Juden denken, die über die den jüdischen Instanzen mögliche Verfolgung hinaus zur Anklage vor den ,heidnischen' Instanzen führt (vgl. Apg 17,1-9; 18,12-17)378, so dass Mt 10,18 also im Horizont der Israelmission verbleibf 79, wenn auch möglicherweise ausgeweitet auf das Diasporajudentum38o . Gleichwohl ist aber durch die Anfügung von Kat "tOle; ESVEOLV ein Signal auf Kommendes gesetzt. In dem vom Evangelisten auf der Basis von Mk 13,9fin.l0 relativ frei gebildeten Vers Mt 24,14 ist erneut vom llap"tUPLOV die Rede, nun, wie es dem jetzt explizit benannten weltweiten Horizont der Mission (EV (SA.lJ "tU OLKOUIlEVlJ) e~tspricht, für rriiaLv "tOle; ESVEOLV. Ferner lässt die Rede von der "Verkündigung dieses Evangeliums vom Reich in der ganzen Welt" für ELe; llap"tUPLOV mioLV "tOle; Die Anfügung dürfte durch Mk 13,10 inspiriert sein. Es geht also auch hier noch um Verfolgung von jüdischer Seite (in diesem Sinne auch LEVlNE, Dimensions, 45; E.C. PARK, Discourse, 134f; LOHMEYER, Apostelbegriff, 379f; WILK, Jesus, 124f, anders z.B. HARE, Theme, 108). - j.laptUpLoV dürfte dabei positiv konnotiert sein; gemeint ist das Verkündigungszeugnis der Jünger (vgl. GNILKA, Mt I, 376f; Luz, Mt H, 111; SAND, Mt, 221.224; TRILLING, Israel, 127-130; RARE, Theme, 107, differenziert GARBE, Hirte, 143: j.laptUpLoV meint zwar das Verkündigungszeugnis, aber weil ,,zumindest auch vom Misserfolg der Mission die Rede ist, ist dieses Verkündigungszeugnis als vergebliches angesehen, das den Angeredeten zum Gericht werden wird" [Hervorhebung im Original]), das sie vor Gericht abgeben (vgl. 24,14, s. auch die Streichung von EL~ j.laptUpLOv autOL~ aus Mk 6,11, wo die Wendung negativ besetzt ist, in Mt 10,14). aUtOL~ (Bezugspunkt sind die zuvor genannten Statthalter und Könige [vgl. HARE, Theme, 107], vielleicht auch noch die, die nach V.17b die Jünger ausliefern bzw. geißeln [vgl. Luz, Mt H, 111]) ist entsprechend dativus commodi (vgl. für viele TRILLING, Israel, 127-130; TiSERA, Universalism, 149; GIESEN, Sendung, 135, anders SCHENK, Sprache, 357t). Dieses Zeugnis ist aber hier nichts anderes als Folge der Israelmission. 379 In diesem Sinn auch LANGE, Erscheinen, 259f; LOHMEYER, Apostelbegriff, 380; WILK, Jesus, 124f. 380 Mt 10,18 lässt sich zwar durchaus im Rahmen palästinischer Verhältnisse verstehen (vgl. DAVIES/ALLISON, Mt H, 184; Luz, Mt H, 110f; LANGE, Erscheinen, 258), denn Matthäus bezeichnet Pilatus als ~YEj.lWV (Mt 27,2.11.14.15.21.27; 28,14), so dass sich E1Tt ~YEj.l6va~ auf die römischen Prokuratoren beziehen könnte; ferner trugen Agrippa I. (zur Verfolgung der Christen unter ihm s. Apg 12) wie dann auch sein Sohn Agrippa 11. den Königstitel. Auf der anderen Seite ist die plurale (!) Rede von Statthaltern und Königen aber so offen, dass sich in geographischer Hinsicht die Annahme anbietet, dass die Mission im Bereich der Diaspora mit im Blick ist (vgl. GNILKA, Mt 1,376; McDERMOTT, Mt. 10:23,233; WILK, Jesus, 124f, s. auch WEAVER, Discourse, 15). Auch die Anfügung von Kat tOL~ E9vEOLV erzwingt zwar keinen diasporajüdischen Kontext (vgl. DAVIES/ ALLISON, Mt H, 184), legt aber doch nahe, dass Matthäus hier auf einen weiter gefassten Horizont der Mission vorauszuweisen sucht. 377 378
2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
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E8vEOLV nicht mehr allein an das von den Jüngern vor Gericht abgelegte Zeugnis für Jesus denken. Die von rriioLV taie; E8vEOLV zu 28,19 führende
Verbindung erhärtet dies. Mt 24,14 nimmt demnach zwar 10,18fin auf, aber der Akzent ist insofern verschoben, als die Mission unter nav'm: 'L"a E8vT) in ihrer eigenen Bedeutung hervortrite 81 • Blickt also Mt 10,18 im Duktus der Aussendungsrede betrachtet zunächst einmal auf den Fall, dass es im Rahmen der Israelmission zum j.Lap'L"UpLOV 'L"oie; E8vEOLV kommt, so ist mit der Anfügung von KaL taie; E8vEOLV im Gesamtkontext des Evangeliums betrachtet zugleich ein Vorausverweis auf die universale Mission der Jünger (24,14; 28,19) gesetzt. Damit ist nun verbunden, dass durch die Aufnahme von Mk 13,9-13 in Mt 10, 17b-22, speziell durch die von der Auslassung von 'L"WV E8vwv abgesehen wörtliche Vorwegnahme von Mt 24,9b.13 in 10,22 (6 OE lmoj.LELvae; Ei, rEÄo, ... ), Israel- und Völkermission nicht nur im Blick auf die Erfahrungen, denen die Jünger ausgesetzt sind, sondern auch in zeitlicher Hinsicht parallelisiert sind. Das heißt: Der Zeithorizont der Israelmission ist kein anderer als der der endzeitlichen Mission unter nav'L"a 'L"a. E8vT) in 24,9-14 382 . Ebendies wird durch 10,23 383 dezidiert untermauert. Das durch Stichwortverbindung ('L"EA.Oe; -;. 'L"EA.EOT)'L"E) mit V.22b verknüpfte Logion, das wie 38\ Hingegen postuliert WILK, Jesus, 125f, dass 24,14 ganz auf der Linie der Israelmission und also im Sinne von 10,18 zu lesen sei (s. auch S. BROWN, Community, 214). Der Differenz zwischen 24,14 und 10,18 sowie dem Zusammenhang mit 28,19 wird hier nicht gebührend Rechnung getragen. 382 Dem fügt sich ein, dass Matthäus in 1O,17a eine allgemein gehaltene Warnung vorangestellt hat: 1IPOOEXEtE ÖE a1l0 'tWV aV8pu.l1!wv (vgI. 10,32t). Diachron betrachtet handelt es sich um eine Umformulierung von Mk 13,9. - Luz, Mt Ir, 111 postuliert "ein komplexes Ineinander verschiedener Zeitebenen". V.17a.18fin zielten darauf auszuweisen, dass die Verfolgungs situation der nach Luz der Vergangenheit angehörenden Israelmission "typischen Charakter" (ebd.) habe. Aus Mt 10 selbst ergibt sich diese Konstruktion freilich nicht, denn die Aussendungsrede enthält keinerlei Hinweis, der es erlaubt, die Israelmission der Vergangenheit zuzuweisen. Mt 10,23 weist vielmehr auf das Gegenteil (s. im Folgenden). Abzulehnen ist daher insbesondere das Postulat von E.C. PARK, Discourse, 132, dass gerade das Vorziehen von Mk 13,9-13 aus der Endzeitrede in die Aussendungsrede belege, dass für Matthäus Verfolgung seitens der jüdischen Autoritäten "a matter ofpast" sei. Dem steht nicht nur das unter Parks Annahme nicht suffizient erklärbare Gewicht der scharfen antipharisäischen Polemik im Matthäusevangelium insgesamt dezidiert entgegen, sondern innerhalb von Mt 10 eben speziell auch 10,22b.23. 383 Analog zu 10,5b-6 wird auch die Herkunft von 10,23 kontrovers beurteilt. Für Redaktion votieren unter anderem FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 130-135; GNILKA, Mt I, 374f; GUNDRY, Mt, 374f, für Tradition und ursprüngliche Einheit hingegen GEIST, Menschensohn, 228; HAMPEL, "Ihr werdet mit den Städten Israels ... ", 4-10; E.C. PARK, Discourse, 139; Luz, Mt H, 106-108; DAVIEs/ALLISON, Mt H, 188f. HAMPEL, a.a.O, 24-27 führt das Logion auf Jesus zurück. Luz hält dies immerhin für "nicht ausgeschlossen"
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
V.19b-20.22b als ein Trostwort an die Jünger angesichts der mit der Mission einhergehenden Drangsal in der letzten Zeit zu lesen ise 84 , schlägt mit seiner expliziten Ausrichtung auf Israel den Bogen zu 10,6 zurück. at 1T6A.EL~ ,ou 'Iapa~A. ist freilich nicht eindeutig. Die Wendung könnte im geographischen Sinn die Städte im Land ,Israel' meinen 385 , doch lässt sich dagegen fragen, warum Matthäus dann nicht analog zu Mt 2,20f formuliert386 • Von daher ist zu erwägen, an alle Städte mit jüdischer Bevölkerung zu denken. Mt 10,23 würde dann - wie implizit möglicherweise schon 10,18387 - den Raum der Israelmission auf die Diasporastädte ausweiten388 . Im Blick auf 1O,5f würde dies bedeuten, dass schon hier über die mit Jesu eigenem irdischen Wirken verbundene Phase der geographischen Fokussierung auf Galiläa (4,15f) hinaus geblickt wird: Im Rahmen ihrer nachöster(Mt II, 108). McDERMOTT, Mt. 10:23, 236-240 stuft allein 10,23a als traditionell ein, während er für 1O,23b eine matthäisehe Bildung vermutet. Für die Authentizität allein von 10,23b (im Verbund mit der These einer sekundären Zusammenfügung von Logien in 10,23) hingegen WEDDERBURN, Matthew 10,23b, 171-181. - Methodisch mehr als fragwürdig ist das Unterfangen von E.C. PARK, Discourse, 140, das Logion Mt 10,23 deshalb als aus der Tradition übernommen zu werten, weil es Matthäus' eigener Sicht widerspreche (s. aber auch z.B. SCHÜRMANN, Redaktionsgeschichte von Mt 10,23, 150). Die von Park postulierte Unvereinbarkeit wirft vielmehr die Rückfrage auf, ob bei ihm das matthäisehe Missionsverständnis adäquat erfasst ist, wenn er Mt 10,23 darin nicht zu integrieren vermag. - Vgl. in methodischer Hinsicht die treffenden Bemerkungen von FRANKEMÖLLE, Evangelist, 173 (" ... selbst nachweisbare traditionelle Texte dürfen der Verantwortung des Redaktors nicht entzogen werden. Sein Interesse bei der Selektion der ihm zur Verfügung stehenden Traditionen ... ist voll in Anschlag zu bringen." [vgl. FRANKEMÖLLE, Mission, 103-109]) sowie von BROER, Prozeß, 84f ("Eine Erhebung der Theologie bzw. der theologischen Ansichten des Matthäus ... muß auch das Traditionsmaterial, das der Evangelist unverändert in sein Evangelium übernimmt, berücksichtigen. Das gegenteilige Verfahren liefe auf eine Gleichstellung des von Matthäus übernommenen Materials mit dem Material, das er ausläßt, hinaus, was die Unmöglichkeit solchen Verfahrens deutlich vor Augen stellt."). 384 Vgl. SAND, Mt, 225; GNILKA, Mt I, 373; BAMMEL, Matthäus 10,23, 92; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 133; GEIST, Menschensohn, 230f.238; HAMPEL, "Ihr werdet mit den Städten Israels ... ", 11. 385 So z.B. FRANCE, Mt, 184; NOLLAND, Mt, 427; FEUILLET, Origines, 185; HAHN, Mission, 44f; KÜNZI, Naherwartungslogion, 178; SCHWEIZER, Gemeinde, 32; SABOURIN, Towns, 9; LEVINE, Dimensions, 51; TISERA, Universalism, I 54f; WILK, Jesus, 125, Anm.325. 386 Die Wendung EV ,Q 'Iopa~A. in Mt 9,33 ist nicht geographisch zu verstehen. 387 Siehe oben Anm. 380. 388 So GNILKA, Mt I, 379; FRANKEMÖLLE, Mt II, 84f; KILPATRICK, Origins, 119; STRECKER, Weg, 41f; McDERMOTT, Mt. 10:23,233; HAMPEL, "Ihr werdet mit den Städten Israels ... ",19, s. auch HARE, Theme, 112.129; GARBE, Hirte, 147 und HARVEY, Israel, 235, Anm. 34: ,,10:23 does not mean 'the cities in the land Israel' ... but 'the cities in which the people Israel live '."
2.3 Die Sendung der Jünger in Mt 10
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lichen Israelmission sollen die Jesusboten sich auch in der Diaspora den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" zuwenden. Unabhängig von der Deutung von at 1TOA.EL<; "WU 'Iapa~A. ist zu beachten, dass 10,23 die Israelmission - parallel zur universalen Völkermission - erst mit dem Kommen des Menschensohns, mit der Parusie, enden lässe 89 • Ist also V.5b (mit seinen geographischen Implikationen) im Zusammenhang des Ortes der Einbettung der Aussendung in die Erzählung zu sehen, so transzendiert V.23 mit seinem Ausblick auf die Parusie den Zeithorizont der voran stehenden Erzählung und macht deutlich, dass die den Jüngern aufgetragene Fortsetzung der Zuwendung zu Israel kein rür die Gegenwart des Evangelisten überholtes Gebot darstellt. Eine Bestätigung der vorgetragenen Deutung kann man im Übrigen im Tempusgebrauch in 10,5b.6 finden. In V.5b hat Matthäus nämlich Aoristformen verwendet, während beim Gebot in 10,6 der Imperativ Präsens begegnet. Dieser Tempusgebrauch fügt sich nahtlos der Deutung ein, dass das Verbot in 1O,5b, sich auf den Weg zu den ,Heiden' zu begeben und in eine Stadt der Samariter zu gehen, als etwas von Anfang an Einmaliges zu begreifen ist390, das auf den Stand des messianischen Wirkens Jesu bezogen ist, während das Gebot der Israelmission bis zum Kommen des Menschensohns Gültigkeit besitzt.
389 Vgl. GNILKA, Mt 1,379; NOLLAND, Mt, 428f; RAY, Relationship, 216ff; KÜNZI, Naherwartungslogion, 179; SCHWEIZER, Gemeinde, 36; S. BROWN, Representation, 23; McDERMOTT, Mt. 10:23, 235; MCKNIGHT, Jesus, 519; WONG, Theologie, 89f; LOHMEYER, Apostelbegriff, 384; SIM, Christi an Judaism, 158; KVALBEIN, Matthew, 55; BYRNE, Messiah, 66; GIESEN, Sendung, 131; GARBE, Hirte, 145-147. Anders z.B. E.C. PARK, Discourse, 141, doch ist das Postulat, dass Mt 10,23 für Matthäus und seine Gemeinde nicht mehr gilt, reine exegetische Willkür (vgl. zu Park oben S. 89, Anm. 383). Die Deutung des Kommens des Menschensohns auf die Zerstörung Jerusalems (HAGNER, Mt 1,280; J.A. GIBBS, Jerusalem, 66.75) hat keinerlei Anhalt am Text von Mt 10,23; sie basiert allein auf der unzutreffenden Interpretation von Mt 22,1-10; 23,34-39, dass den genannten Texten zufolge die Israelmission mit der Zerstörung Jerusalems beendet sein soll (s. J.A. GIBBS, Jerusalem, 68f). Für einen Bezug des Kommens des Menschensohns auf die Auferstehung Jesu in Mt 10,23 (so ALBRIGHT/MANN, Mt, 125; SABOURIN, Towns, 9f; LEVINE, Dimensions, 51, s. auch BARTA, Mission, 534), kann man möglicherweise zwar auf Mt 16,28 verweisen, wo das Sehen des in seinem (!) Reich kommenden Menschensohns sich auf die Erscheinung des Auferstandenen beziehen könnte (so MEIER, Vision, 120f; ROLOFF, Reich, 288; WILK, Jesus, 86; GARBE, Hirte, 146). Der Bezug von 10,23 auf die Parusie wird aber nicht nur durch Mt 16,27; 24,27.30.37-39.44; 25,31 (s. ferner 13,41; 19,28) nahe gelegt, sondern ist angesichts des Zusammenhangs mit der in 10,22 direkt vorangehenden Rede vom Standhalten ELe; t'EA.Oe; (vgl. 24,13f; zum Bezug von Ele; t'EAOe; auf das Weltende s. z.B. Luz, Mt II, 113, Anm. 49 und DAVIEs/ALLISON, Mt II, 187) alternativlos, zumal in 10,23 eben nicht vom Kommen des Menschensohns in seinem Reich die Rede ist. 390 Erwogen auch von WONG, Theologie, 90. Auf die Präsensform in 10,6 verweist auch GIESEN, Sendung, 130: "Die Aussendung der Zwölf zum Haus Israel ist nach Mt eine bleibende Aufgabe, wie schon der Imperativ Präs. 1TOPEUE08E anzeigt." - Zum Ge-
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
Die Formulierung von 10,23 reflektiert die Einschätzung, dass allein schon in der Israelmission den Jüngern eine Aufgabe gestellt ist, die bis zur Parusie gar nicht erschöpfend zu erfüllen ist. Im Kontext lässt das an 9,37f zurückdenken. Die Aufforderung an die Jünger, angesichts der Diskrepanz zwischen großer Ernte und wenigen Arbeitern den Herrn der Ernte (= Gott) um die Sendung von (weiteren) Arbeitern zu bitten, ist für den Evangelisten nach wie vor auch und gerade im Blick auf die Israelmission gültig391 . Unterscheidet man an dieser Stelle die Ebene der erzählten Welt und die Kommunikationsebene des Evangelisten, so können und sollen sich die Adressaten in der Rolle der Arbeiter sehen, um die die Jünger damals den Herrn der Ernte gebeten haben. Eine weitere Überlegung lässt sich hier anschließen: Die Bedrängnis der Jünger ist den angesprochenen Texten zufolge Signatur nicht nur der Israel-, sondern auch der universalen Völkermission. Überhaupt enthält das Matthäusevangelium nicht nur positive, sondern auch zahlreiche negative Aussagen über Nichtjuden bzw. die ,heidnische' Welt392 . Setzt nun das Gehasstwerden UTIO TIlxvrwv tWV E8vwv (24,9)393 den Missionsauftrag gegenbrauch der Tempora vgl. BDR § 335: "Der Imp.Präs. ist durativ oder iterativ, der Imp.Aor. ist momentan. Daraus ergibt sich von selbst, daß a) der Imp.Präs. mit Vorliebe allgemeine Vorschriften ... über das Verhalten und Tun, b) der Imp.Aor. die ... Anweisungen für das Handeln im Einzelfall ausdrückt." Dass Matthäus diesen Unterschied kennt, belegt das Nebeneinander beider Imperative in 23,3 (vgl. BDR § 335,1). 391 GNILKA, Mt I, 353 sieht mit Blick auf Q in dem Erntelogion "eine intensivierte missionarische Bemühung um Israel" vorausgesetzt. Zu ergänzen ist, dass die Einbettung des Logions im Matthäusevangelium zwischen Mt 9,35fund 10,1-8 darauf verweist, dass auch Matthäus die intensive missionarische Bemühung um Israel am Herzen liegt. GARBE, Hirte, 132-134 sieht in 9,37 mit Recht ein Indiz, "dass Mt die Israelmission nicht für beendet angesehen hat" (134). 392 Siehe Mt 5,47; 6,7.32; 18,17; 20,25; 27,27-36. Diese negativen Aussagen über Nichtjuden bzw. die ,heidnische' Welt werden häufig zugunsten der Betonung des matthäischen Universalismus nicht hinreichend beachtet (darin kommt der Einspruch von SIM, Gentiles, 25-30 zu seinem partiellen Recht). Matthäus zeichnet in keiner Weise ein idealisiertes Bild der ,heidnischen' Welt. Aus solchen negativen Äußerungen ist umgekehrt nicht zu folgern, dass die Völkermission für die matthäische Gemeinde zwar als (eschatologisches) Programm theoretisch akzeptiert war, aber selbst nicht praktiziert wurde (gegen HOULDEN, Puzzle, 123, s. auch SIM, Gentiles, 41-44 [vgl. noch unten Kap. 5.4, S. 340, Anm. 288]). Schon ein Seitenblick auf die Heidenpolemik von Paulus in I Thess 4,5 zeigt, dass der Verweis auf eine Stelle wie Mt 18,17 nicht tragfahig ist. 393 Gehört das Matthäusevangelium nach Syrien und möglicherweise näherhin nach Antiochien (vgl. unten Kap. 7, S. 388), kann man erwägen, dass die antijüdischen Ausschreitungen und Ressentiments, die Josephus im Zusammenhang des jüdischen Krieges für Syrien bzw. speziell Antiochien dokumentiert (s. Bell II 461-465; VII 41-62.100111), auch die matthäische Gemeinde betroffen haben (vgl. SIM, Gentiles, 35-39) und 24,9 vom Evangelisten und von seinen Adressaten vor diesem Hintergrund gesehen wird.
2.4 Zusammenfassung
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über den Völkern nicht außer Kraft, so ist zu folgern, dass ebenso wenig Negativerfahrungen unter Juden eine prinzipielle Beendigung der Israelmission, d.h. des Heilsangebotes für das Gottesvolk, begründen können 394 .
2.4 Zusammenfassung Die programmatisch in dem Sendungslogion in 15,24 formulierte Ausrichtung auf Israel ist von Matthäus durch die Änderung geographischer Angaben (4,23-25; 15,29-31) und die Bearbeitung der Texte, in denen der erste Evangelist ein Wirken Jesu an ,Heiden' in seinen Quellen vorfand (8,5-13.28-34; 15,21-28), konsequent als ein wesentliches Charakteristikum des irdischen Wirkens Jesu herausgearbeitet worden. Christologisch geht dies damit einher, dass Matthäus die davidische Messianität des Gottessohns Jesus betont und ihn näherhin als davidischmessianischen Hirten Israels präsentiert, durch dessen Wirken die Israel gegebenen Heilsverheißungen erfüllt werden. Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die barmherzige Zuwendung zu dem "daniederliegenden" und "abgematteten" Volk durch das heilende Wirken Jesu. Die Konzeption des heilenden davidischen Messias ergab sich für Matthäus aus der kreativen Reflexion alttestamentlicher Heilserwartungen im Licht der vorgegebenen Jesustradition. Und umgekehrt: Jesu Heilungen wurden im Licht der alttestamentlichen Texte als Ausdruck der messianischen Heilszuwendung Gottes zu seinem Volk interpretierbar. Die Verbindung der Rede von Jesus als Davidssohn speziell mit Blindenheilungen deutet - wie auch die Verknüpfung mit dem ausweislieh 1,21 für Matthäus zentralen Aspekt der Sündenvergebung (9,2-8) - dabei darauf hin, dass das Christologoumenon der Davidssohnschaft nicht auf Jesu heilendes Handeln im physischen Sinne engzuführen ist, sondern dieses umfassender im Sinne der barmherzigen Zuwendung des Messias zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" zu verstehen ist. Die Konsequenz, mit der Matthäus das irdische Wirken Jesu auf Israel konzentriert, und die Einbettung dieses Wirkens in die Profilierung der davidischen Messianität Jesu sprechen deutlich gegen die Annahme, dass die Zuwendung J esu zu Israel allein dazu dienen soll, Anklage und Verwerfung des Volkes zu begründen395 • Zu erwarten ist vielmehr, dass die Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen durch die Sendung des 394 VgI. FRANKEMÖLLE, Mt II, 85. - Schon die Sequenz in Mt 5,llf.13-16 (zur missionarischen Dimension in 5,13-16 s. unten Kap. 6.1) illustriert, dass die Jünger gerade auch als Verfolgte zur missionarischen Existenz aufgerufen sind. 395 VgI. oben Kap. I, S. 2, Anm. 5 sowie S. 10.
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Kap. 2: Die Ausrichtung des Wirkens Jesu und seiner Jünger auf Israel
davidisch-messianischen Hirten des Volkes eine bleibende positive Bedeutung im Rahmen der matthäischen Theologie besitzt. Die Beobachtungen in Kap. 2.3 bestätigen dies. Nach der grundlegenden Präsentation des vollrnächtigen Wirkens Jesu in 4,23-9,35 nimmt Matthäus in Mt 10 die Fortführung der Zuwendung zu Israel durch das Wirken der Jünger in den Blick. Die Einstellung der Zwölferliste in 10,1-4 unterstreicht dabei, dass die Sammlung der "verlorenen Schafe des Hauses Israel" in den theologischen Horizont der eschatologischen Restitution des Zwöfstämmevolkes eingestellt ist. Zudem wird durch den in Mt 10 zutage tretenden Zeithorizont der Israelmission deutlich, dass diese Restitution von Matthäus nicht als eine bloß vorösterliche (bzw. jedenfalls der Vergangenheit angehörende) Episode verstanden wird. Inwiefern sich durch die Analyse der matthäischen Konfliktgeschichte und der Konsequenzen, die die negativen Reaktionen auf Jesus nach sich ziehen, andere Perspektiven ergeben, wird im Folgenden zu überprüfen sein. Festzuhalten ist hier: Vertritt man die These, dass Matthäus die Israelmission als durch die Heidenrnission abgelöst betrachtet, weil Israel das Heilsangebot ausgeschlagen und seinen Status als Volk Gottes verwirkt habe, muss man postulieren, dass 10,6.23 durch 28,19 revoziert wird396 . Anders gesagt: Man müsste eine gravierende sachliche Inkohärenz an einer für Matthäus theologisch wesentlichen Stelle in Kauf nehmen, da das Postulat, der Evangelist sehe die Israelmission als vergangen an, in einem direkten Widerspruch zur expliziten Aussage Jesu über ihre Fortdauer bis zu seiner Parusie steht. Positiv gewendet: Die angeführten Textindizien lassen erwarten, dass 28,19 10,6 nicht ersetzt, sondern in einem noch näher zu bestimmenden Sinne ergänzt bzw. erweitert397 .
396 So Luz, Mt II, 117. Die Israelmission würde dann gegen den ausdrücklichen ,Termin' von 10,23 einer vergangenen (heilsgeschichtlichen) Phase angehören, so z.B. TRILLING, Israel, 103; WALKER, Heilsgeschichte, bes. 114-118. 397 In diesem Sinn auch S. BROWN, Representation, 30; GIESEN, Sendung, 130.148.
Kapite13
Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel Die matthäische Jesusgeschichte stellt zu einem beträchtlichen Teil eine Konfliktgeschichte dar l : Das Auftreten Jesu ruft von Anfang an Widerspruch, ja Feindschaft hervor, die schließlich in der Kreuzigung kulminiert. Daneben freilich weiß Matthäus auch von großem Zuspruch zu erzählen, den Jesu Wirken im Volk findet. Von erheblicher Bedeutung ist im Rahmen der hier verfolgten Thematik die Frage, wie sich diese beiden Linien im matthäischen Erzählkonzept zueinander verhalten. Wie hat Matthäus die Konfliktgeschichte konfiguriert, wer tritt als Gegner Jesu auf? Lässt sich die Gegnerschaft auf bestimmte Konfliktparteien eingrenzen oder ist es - wenn nicht von Anfang an, so doch zumindest am entscheidenden Punkt der Kulmination des Konflikts in Mt 26f - das Volk Israel als Ganzes, das seinen Messias verwirft, so dass zu folgern wäre, dass die positiven Reaktionen auf Jesus zuvor als eine bloß vorläufige Episode aufzufassen sind? Im Folgenden wird zunächst die Darstellung der Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion verfolgt (Kap. 3.1). Dabei steht die Untersuchung der positiven Reaktion auf Jesu Wirken bei den Volksmengen voran (Kap. 3.1.1 f Kap. 3.1.2 ist der Analyse des Konfliktgeschehens bis zur Passion gewidmet, bevor dann nach einem Zwischenresümee (Kap. 3.1.3) in Kap. 3.2 die matthäische Passionserzählung selbst untersucht wird.
I Siehe dazu vor allem die Monographien von GIELEN, Konflikt und REpSCHINSKI, Stories. 2 Die Berechtigung, die Volksmengen zunächst getrennt von den Autoritäten zu behandeln, wird sich im Folgenden erweisen. - Zur matthäischen Differenzierung zwischen den beiden Gruppen vgl. VAN TILBORG, Leaders, 142-165; RUSSELL, Image, 427430.436-442; KINGSBURY, Conflict, 63f; WONG, Theologie, 126-133 und vor allem COUSLAND, Crowds, passim. Anders TRILLING, Israel, 75-78; WALKER, Heilsgeschichte, 11-74.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion 3.1.1 Die Reaktion der Volksmengen bis zur Passion
Bereits bei der Untersuchung der matthäischen Präsentation Jesu als Hirte Israels wurde sichtbar, dass Matthäus zwischen den Volksmengen einerseits und den Autoritäten des Volkes andererseits differenziert: Als messianischer Hirte ist Jesus zu den Volksmengen gesandt, die aufgrund des Versagens der bisherigen Führungsschicht verloren sind (Mt 10,6; 15,24) und in ihrer desolaten Lage Schafen gleichen, die keinen Hirten haben (9,36). Dass es sich bei der Differenzierung zwischen dem Volk und den Autoritäten um ein wesentliches Moment der matthäischen Erzählkonzeption handelt, wird deutlich, wenn man die matthäische Darstellung der Reaktion auf Jesu Sendung in Israel hinzuzieht. Während Matthäus die Autoritäten als durch und durch feindselig zeichnet, fallt seine Darstellung der Volksmengen - bis in die Jerusalemer Tage hinein (Mt 21-23) - im Ganzen auffallend positiv aus. Zur Bezeichnung des Volkes verwendet Matthäus von 4,25 an 3 konsequent OXAO~4 - freilich ohne dass man den Umkehrschluss ziehen dürfte, dass OXAO~ durchgehend die Volksmengen bezeichnet, die sich in Jesu Gefolgschaft befinden bzw. als Adressaten seines Heilshandelns erscheinen. So ist in 9,23.25 eine Trauergemeinde als OXAO~ (eOpUßOl)J..LEVO~) bezeichnet (s. auch 26,47!5). Gleichwohl gilt, dass die OXAOL bei Matthäus wesentlich stärker als bei den Seitenreferenten Markus und Lukas mit einem eigenen Profil als Handlungsfigur der Jesusgeschichte hervortreten 6 und ihre narrative Funktion nicht darin aufgeht, zuweilen den applaudierenden Chor zu stellen. Einen exemplarischen Einblick in die Tendenz der matthäischenDarstellung gewährt bereits ein Negativbefund: Liest man das Matthäusevangelium im Licht seiner Quellen, ist eine Reihe von Stellen zu notieren, an denen die Volksmengen bei Matthäus nicht vorkommen. So hat Matthäus darauf wird sogleich noch näher einzugehen sein - die geteilte Reaktion der OXAOL in der Bee1zebulperikope Q 1l,14f7 in 9,32-34 und 12,22-24 so aufgeteilt, dass nur die positive Reaktion den Volksmengen, die negative In Mt 3,5(f) wird das Wort im Unterschied zu 4,25 noch nicht verwendet. Vgl. COUSLAND, Crowds, 39f. 5 Dazu unten Kap. 3.2, S. 154. 6 Vgl. dazu COUSLAND, Crowds, bes. 39-5l. 7 Ist angesichts der wörtlichen Übereinstimmung zwischen Mt 9,33 und Lk 11,14 in Kat E9auf.Laaav OL OXAOL die Rede von den OXAOL aufQ zurückzuführen, so dürfte darüber hinaus auch die in Lk 11,14f anzutreffende geteilte Reaktion der OXAOL auf Q fußen. Siehe dazu z.B. GNILKA, Mt 1,456; Luz, Mt Ir, 63; GIELEN, Konflikt, 104. 3
4
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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dagegen - wohl durch die ypalllla1"EI.<; von Mk 3,22 angeregt8 - den Pharisäern zugeschrieben wird. Ebenso lässt Matthäus die Zeichenforderung in 12,38 nicht wie vermutlich Q von nVE<;9 vorbringen, sondern von nVE<; n.Jv ypalllla1"EWV Kat apwa(wv (vgl. Mk 8,11), denen dann auch das Wort wider das "böse und ehebrecherische Geschlecht" (Mt 12,39f) samt den Drohworten in 12,4lf gilt lO • Ferner ist auch die Gerichtspredigt des Täufers in 3,7-10 anders als wohl in Q nicht allgemein an die zu Johannes kommende Menge, sondern an Pharisäer und Sadduzäer adressiertlI. Nicht die Volksmengen, sondern die Autoritäten sind für Matthäus Schlangenbrut (YEvv~lla1"a EXL<)VWV: 3,7, vgl. 12,34; 23,33)12. Zum ,positiven' Befund: Die OXAOL erscheinen, wie angedeutet, erstmals in 4,25, also im Rahmen des bereits in Kap. 2.2.1 untersuchten, die Komposition in 4,23-9,35 einleitenden Summariums auf der Bühne: Jesu Predigen und Heilen finden breiten Anklang und führen dazu, dass OXAOL nOAAo( sich in seine Gefolgschaft begeben. Gleich bei dieser ersten Erwähnung, und zwar nur bei dieser (!), werden die Volksmengen durch die mit uno angefügten Ortsangaben näher gekennzeichnet. Die OXAOL, die sich von Jesu Wirken positiv affizieren lassen, werden hier einleitend und damit für
8 Mt 9,34 stimmt in der Auslassung von "Beelzebul" mit Mk 3,22 überein, wo allerdings dem Vorwurf EV n\i äPXOVH tWV liaq.l.ovLwv EKßaHEL ta liaLf!OvLa das Votum BEEA,( EßOUJ.. ExEL vorangeht. 9 Lukas hat die Zeichenforderung in die Reaktion auf den Exorzismus Jesu in Lk/Q 11,14f vorgezogen (Lk 11,16): Einige (aus den Volksmengen, s. 11,14) reagieren mit dem Beelzebulvorwurf, andere mit der Zeichenforderung. - Zur vermutlichen Q-Fassung vgl. die Rekonstruktion von Q 11,16 von ROBINSON u.a., The Critical Edition of Q, 246f. Als matthäische Redaktion werten tWV ypaf!f!atEWV Kat apwaLwv z.B. auch Luz, Mt II, 273 und GIELEN, Konflikt, 147. 10 Dazu Näheres unten Kap. 4.3.2. 11 Nicht sicher zu entscheiden ist dabei, ob Lukas ÖXJ..OL~ in Q vorgefunden oder ergänzt hat. So oder so aber war das Gerichtswort in Q allgemein an die Menschen gerichtet, die zu Johannes herausgekommen waren (vgl. z.B. SCHÜRMANN, Lk I, 163; HOFFMANN, Studien, 17 und ARNAL, Fabrication, 168: "Q 3:7-9, 16-17 probably contained no indication of any precise group singled out for polemic. "). Die konkretere Adressierung an die Pharisäer und Sadduzäer verdankt sich also matthäischer Redaktion (vgl. Luz, Mt 15, 201f, Anm.3; HÄFNER, Vorläufer, 35-37; GIELEN, Konflikt, 54; REpSCHINSKI, Stories, 41.130; KEENER, Brood, 4f). TUCKETT, History, 116 hingegen mutmaßt, dass Matthäus die Rede von den Pharisäern in Q vorgefunden und lediglich um die Sadduzäer ergänzt hat. Dagegen lässt sich freilich geltend machen, dass Matthäus auch anderorts die Pharisäer redaktionell eingeführt hat (vgl. REpSCHlNSKI, Stories, 130, Anm. 155). WEBB, John, 176-178 votiert dafür, dass in Q die Sadduzäer die Adressaten waren und Matthäus die Pharisäer ergänzt hat. 12 Näheres dazu unten Kap. 3.1.2.1, S. 115 mit Anm. 107 und Kap. 3.1.3, S. 148 mit Anm.269.
98
Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
das Weitere als Volksmengen aus ganz Israel 13 bestimmt l4 . Erst in 26,47 erfolgt eine neue, anders geartete Näherbestimmung; nun geht es um 0XAOC; 1TOAUC; f.LHa f.IIXXaLpWV KaI. ~UAWV arro "tWV apXLEpEWV KaI. 1TPEOßU"tEPWV "tou Aaou l5 (vgl. Mk 14,43). aKOAOu8El.V muss in Mt 4,25 nicht mehr als "hinterhergehen, folgen" be-
deuten 16, muss also nicht wie dort, wo es um Jüngerschaft geht, als terminus technicus für die "Nachfolge"l? aufgefasst werden. Auf der anderen Seite ist die wiederholte Verwendung des Verbs im Blick auf die Volksmengen l8 zumindest suggestiv, zumal in 4,25 der technische Gebrauch von 4,20.22 noch nachklingt. Matthäus spielt sozusagen mit der Mehrdeutigkeit des Wortes und rückt die Volksmengen auf diese Weise assoziativ in die Nähe der Jünger l9 , ohne die Differenz aufzuheben 2o • In Mt 5-7 bilden die Volksmengen sodann den weiteren Zuhörerkreis der Bergpredigt. Ihre Reaktion auf Jesu Lehre formuliert Matthäus im Anschluss an Mk 1,22 21 : Die Menge erkennt die Jesus von den Schriftgelehrten abhebende E~oua[a seiner Lehre und gerät angesichts dessen außer sich (E~E1TA~aaov"tO), womit Verwunderung im positiven Sinn gemeint ist 22 • Siehe dazu oben Kap. 2.2.1, S. 54. Verweisen kann man höchstens noch auf Mt 14,13 (Kat &.K01JOaV"rE~ oL OXAOL ~KO AoU91]oav alm\) "IIE(ij &."110 tWV "IIOAEWV). 15 Dazu unten Kap. 3.2, S. 154. 16 Vgl. Mt 9,19.27; 26,58 und vor allem - mit Bezug auf die ÖXAOL - 21,9 (oL &'KOAOUeOÜVtE~ neben oL "IIPO&.YOV"rE~ autov). 17 Siehe Mt 4,20.22; 8,19.22; 9,9; 16,24; 19,2l.27.28. 18 Siehe noch Mt 8,1.10; 12,15; 14,13; 19,2; 20,29; (21,9). 19 Dagegen sieht CARTER, Crowds, 58 mit ~KOAOUe1]Oav in Mt 4,25 lediglich "physical movement" angezeigt. 20 Luz, Mt rS, 242 spricht durchaus treffend von "potentielle[r] Kirche" (vgl. a.a.O., 247, Anm. 15 sowie zu 7,28f a.a.O., 540). Vgl. auch CITRON, Multitude, 416 ("future converts") und FIEDLER, Mt, 216 zu 9,8: Die Volksmengen repräsentieren die "potentiellen Chtistusgläubigen". MINEAR, Discip1es, 40f geht noch einen Schritt weiter: Die Volksmengen stehen für die Laien in der Gemeinde, während die Jünger den Gemeindeleitern entsprechen. Nach GUNDRY, Mt, 65 verwendet Matthäus ÖXAO~ dazu, "to represent the masses in the church, professing discip1es both true and false - the result of extensive evangelism among the Gentiles" (s. auch a.a.O., 213.231.232.410.411). Matthäus kennzeichnet freilich die Volksmengen in 4,25 ausrucklich als solche aus Israel. 21 Die Bergpredigt ist bei Matthäus an der Stelle ,eingehängt', an der Jesus in der Markusvorlage erstmals in der Synagoge von Kapernaum lehrt (Mk 1,21). Mt 7,28b.29 par Mk 1,22 nimmt also den Markusfaden genau an der Stelle wieder auf, wo Matthäus ihn durch die Einstellung der ersten großen Redekomposition seines Evangeliums verlassen hat. 22 Für eine positive Wertung des EK"IIA~OOEOeaL der Volksmengen s. die unten in Anm. 24 zu Mt 22,33 Genannten. Anders REpSCHINSKI, Stories, 212: "Matthew does not describe whether this impression is positive or negative. It is a distanced reaction, and as 13
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3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Matthäus wiederholt dieses Motiv - ebenfalls im Anschluss an Markus - in 22,33 (vgl. Mk 11,18). Matthäus hat die Verschwörungs szene nach der Tempelreinigung gestrichen23 , in der Markus die Furcht der Hohenpriester und Schriftgelehrten vor Jesus damit begründet hatte, dass "die ganze Volksmenge über Jesu Lehre außer sich geriet" (Mk 11,18). Er hat aber offenbar nicht auf die erneute Erwähnung der positiven Reaktion des Volkes auf Jesu Lehre 24 verzichten wollen, sondern hat sie an einem in seiner Komposition passenden Ort25 aufgenommen: Die in dem Streitgespräch mit den Sadduzäern (Mt 22,23-33) aufscheinende Überlegenheit Jesu bot ihm die Gelegenheit, die Notiz nachzutragen und damit zugleich erneut auf den Kontrast zwischen dem Volk und der Führungsschicht zu verweisen 26 . Ist das Außersichgeraten der ÖXAO L über Jesu Lehre in 7 ,28f explizit auf die in dieser ansichtig werdende E~oua(a bezogen, so ist durch die Einstellung von Mk 11,18fin in den Kontext der Komposition 21,23-22,4627 auch die zweite Erwähnung des EKTTA~aaEOeaL der Volksmengen über Jesu Lehre in die Thematik der Vollmacht Jesu eingebunden (21,23)28. such probably inadequate." Nach WALKER, Heilsgeschichte, 13 wird die Volksmenge mit ihrem EK1TA~OOEOeaL über Jesu Lehre sogar mit den jüdischen Autoritäten zu einer Größe zusammengebunden. Der Befund steht dem eindeutig entgegen. In der Markusvorlage (Mk 1,22; 11,18) ist positiv an Verwunderung gedacht, wie besonders deutlich 11,18 erhellt, wo das EK1TA~OOEOeaL des Volkes den Kontrast zur Tötungsabsicht der Hohenpriester und Schriftgelehrten darstellt. Matthäus knüpft hier an die Markusvorlage an (s. oben). Positiv gebraucht wird das Wort auch von Lukas (Lk 4,32; 9,43; Apg 13,12 [im Zusammenhang einer Bekehrung!]). Siehe ferner Barn 1,3 (positives Überwältigtsein); 16,10 oder auch SapSal 13,4; 2Makk 7,12; 4Makk 17,16(!); TestAbr A 3,12; Philo, SpecLeg 173; Prob 124; Josephus, Ant 1288; II 231; IV 66; VI 290; VIII 168 (von der Königin von Saba: " ö' E~E1TA~OOE1:0 flEV KaL 1'~V oo<jl(av 1'OU EOAOflWVO~) U.ö. Siehe auch den positiven Gebrauch von EK1TA1]~L~ in EpArist 96.99; Josephus, Ant II 280; III 132; VIII 170 U.ö. 23 Zum Grund dieser Auslassung s. unten Kap. 3.1.2.5, S. 135, Anm. 208. 24 Für einen positiven Sinn von Mt 22,33 votieren Z.B. auch SAND, Mt, 445; HAGNER, Mt II, 642; FIEDLER, Mt, 338, vgl. noch unten Anm. 26. Anders GNILKA, Mt II, 255. Siehe ferner unten Anm. 28. 25 Das Außersichgeraten der Volksmengen passt bei Matthäus schon deshalb nicht in den Kontext der Tempelreinigung, weil Matthäus Jesus im Tempel heilen lässt (21,14). Erst am darauf folgenden Tag folgt die Lehre (21,23). Siehe dazu unten Kap. 3.1.2.5, S.133. 26 Vgl. HARRINGTON, Mt, 313: "Matthew has added this verse to remind the reader of the distinction between the Jewish leaders and the Jewish crowds." Siehe auch FRANKEMÖLLE, Mt II, 352; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 233. 27 Dazu unten Kap. 3.1.2.5, S. 136. 28 GIELEN, Konflikt, 257.258.260 sieht in Mt 22,33 gegenüber 7 ,28f einen Erkenntnisrückschritt bei den Volksmengen, die sich nach Gielen allmählich von Jesus lösen (s. dazu noch unten S. 107, Anm. 68), dokumentiert, weil der Bezug auf die Vollmacht in 22,33 fehlt. Dieses Postulat ist eingebunden in die narratologische These, dass hier das
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Zeigen sich die Volksmengen also von Jesu Lehre beeindruckt, so setzt Matthäus signifikant eigene Akzente in der Darstellung der OXAOL vor allem im Zusammenhang des heilenden Wirkens Jesu. Matthäus hat nicht nur die heilende Zuwendung Jesu zu seinem Volk betone9, sondern zugleich auch die positive Reaktion der OXAOL auf Jesu heilendes Handeln profiliert. Geht die Rede vom Lobpreis (Eö6~aaav) des Gottes Israels durch die Volksmengen in 15,31 30 ganz auf die Hand des Evangelisten zurück, so hat er ferner dem Lobpreis in 9,8 gegenüber Mk 2,12 in mehrfacher Hinsicht eine veränderte Ausrichtung gegeben. In der markinischen Fassung der Heilung des Gelähmten (Mk 2,1-12) geraten am Ende alle Anwesenden außer sich und preisen Gott mit den Worten: "So etwas haben wir noch nie gesehen". Dem Kontext nach können zu diesen Lobpreisenden auch die Schriftgelehrten gehören. Matthäus hat diese Verständnismöglichkeit ausgeschlossen3 \ indem er ausdrücklich die OXAOL einführt. Er hat - neben der Ersetzung des markinischen E~[ataae(U durch die Furcht des Volkes 32 ferner durch die Aufnahme des zentralen Stichworts E~OUaLa aus 9,6 (par Mk 2,10) den Bezugspunkt des Lobpreises Gottes neu akzentuiert33 . Der Zusammengehen des Volkes mit den Autoritäten in 27,20-25 vorbereitet werde. 22,33 vermag allerdings schwerlich als Stütze für diese - m.E. insgesamt fragwürdige (s. im Folgenden) - These zu dienen. Der Ton liegt in 22,33 darauf, dass sich die Volksmengen nach wie vor positiv von Jesu Lehre affizieren lassen, ja dass der Versuch der Kontrahenten, Jesus vor dem Volk in seiner Lehrautorität zu diskreditieren, genau das Gegenteil bewirkt (s. dazu noch unten Kap. 3:1.2.5, S. 141). Das komparativische Moment von 7,28f (... Ko:t OUX w~ ol YPO:llllo:tEL~ O:Utwv) ist hier durch den situativen Zusammenhang des Streitgesprächs mit den Sadduzäern präsent, und die Vollmachtsthematik steht durch 21,23-27 als Vorzeichen vor der gesamten Komposition in 21,23-22,46 (zur Komposition s. unten Kap. 3.1.2.5, S. 136). 29 V gl. oben Kap. 2.1.3. 30 Siehe dazu oben Kap. 2.2.2, S. 57. 31 Vgl. Luz, Mt H, 37; NOLLAND, Mt, 383; HUMMEL, Auseinandersetzung, 37; LANGE, Erscheinen, 61; GIELEN, Konflikt, 92; REpSCHINSKI, Stories, 71. 32 V gl. die - ebenfalls auf matthäiseher Redaktion beruhende - Rede von der Furcht des Hauptmanns und der Seinen in 27,54, ferner auch den redaktionellen Passus zur Furcht der Jünger in 17,6. Zur positiven Bedeutung der Furcht vgl. GNILKA, Mt I, 327; FRANKEMÖLLE, Mt 1,315; NOLLAND, Mt, 383. 33 Vgl. REPSCHINSKI, Stories, 71. - Nach GUNDRY, Mt, 165 hingegen charakterisiert die partizipiale Gottesprädikation in 9,8 (tOV OOVto: E~oua(o:v tOLO:UtTlV tOL~ av9puhoL~) nicht den Lobpreis der Volksmengen, sondern ,,[i]t is Matthew's own characterization of God". Dies gewönne dann an Plausibilität, wenn V.6a ((vo: 01: ELOi'JtE ön E~oua(o:v EXEL o ulo~ tOU av9pw1ToU E1Tt ti'J~ Yi'J~ a
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Blick ist damit nicht allein, wie das in Mk 2,12 erscheint, auf das Heilungsgeschehen selbst gerichtet34, sondern die Volksmengen nehmen - an Jesu eigene Worte (9,6) anknüpfend und hinter das vor Augen stehende therapeutische Geschehen zurückgehend - auf, was in diesem vorausgesetzt ist und sichtbar wird: Sie erkennen wie in 7,28f die in dem Geschehen zum Ausdruck kommende außergewöhnliche Vollmacht 35 • Matthäus' Tendenz, die OXAOL als eigenen ,Charakter' seiner Jesusgeschichte zu profilieren, wird nun vor allem in 9,32-34; 12,22-24 deutlich. Matthäus hat hier nämlich nicht nur, wie oben angemerkt, den Beelzebulvorwurf in beiden Fällen den Pharisäern zugeschrieben, sondern zugleich auch den Volksmengen Sprache verliehen und so deren positive Reaktion verstärkt und damit kompositorisch am Ende der exemplarischen Präsentation des vollrnächtigen Handeins Jesu in Mt 8-9 ein Pendant zu ihrem Erstaunen über die Lehre Jesu am Ende der Bergpredigt (7,28f) geschaffen36 . In 9,33 lässt die Verbindung von OUöElTO"L"E und oihÜl~ daran denken, dass Matthäus sich durch Mk 2,12 hat inspirieren lassen 37 • Indem EaVll ... EV Jesu, welche die 0XAOL vernehmen. Die Unterbrechung durch ,O'E AEYEL ,C;) 1TapaAU"t"LKc;) signalisiert, dass Jesus sich im Zuge seiner Antwort von den Schriftgelehrten ab-und dem Gelähmten zuwendet. Zur Syntax in Mt 9,6 bzw. Mk 2,10 s. WOLTER, Anakoluth, 272-275. 34 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch die radikale Kürzung von Mk 2,2-4 durch den ersten Evangelisten. Siehe dazu noch unten Kap. 3.1.2.2, S. 116. 35 Vgl. SAND, Mt, 194: "Der Lobpreis Gottes geschieht, nicht weil die Umstehenden ein Wunder, sondern die Vollmacht der Sündenvergebung ,gesehen' haben." Siehe ferner KLAUCK, Frage, 310. - Durch die Rede von ,oi<; UV9PW1TOL<; wird auf die entsprechende Vollmacht der Gemeinde ausgeblickt (s. unten Kap. 6.1, S. 352). Man kann fragen, ob das auch etwas besagen soll über das Verhältnis der jüdischen Volksmengen zur matthäischen ecclesia. Sollen damit die jüdischen Volksmengen zugleich in das sympathisierende Umfeld der ecclesia eingestellt werden? Etwa, textpragmatisch betrachtet, um das Bemühen der Gemeinde um "die verlorenen Schafe des Hauses Israel" (10,6), die von ihren Sünden zu erretten sind (1,21), zu nähren? Ebenso kann man freilich daran denken, dass sich hier redaktionelle Interessen überlagern: Es geht zum einen darum, positiv Reaktionen auf Jesus ausschließlich den Volksmengen zuzuschreiben. Zum anderen sucht Matthäus, ein sich von Jesu Autorität ableitendes Kennzeichen der ecclesia (vgl. die ausdrückliche Übertragung der E~oua(a 1TVEUllthwv uKa9ap,wv in Mt 10,1) in den Text einzuschreiben - möglicherweise ohne näher über das Subjekt der Rede zu reflektieren. 36 In beiden Fällen ist die Differenz zwischen Volksmengen und Autoritäten präsent: Begegnen die Schriftgelehrten in 7,29 nur im Rahmen der Schilderung der Verwunderung der Volksmengen als Kontrastfolie, so lässt Matthäus die Autoritäten in 9,34 in Gestalt der Pharisäer eigens auftreten (vgl. oben Kap. 2.2.1, S. 56). 37 Vgl. COUSLAND, Crowds, 137; NOLLAND, Mt, 403; BURGER, Davidssohn, 77. - Die genannte Verbindung ist in der synoptischen Tradition ohne weitere Parallele (s. neutestamentlich nur noch Joh 7,46). Matthäus hatte die Äußerung der Leute aus Mk 2,12 in Mt 9,8 zugunsten der partizipialen Prädikation Gottes als 0 öou<; E~oua(fX.v ,0LfX.U"t"TW ,oi<; UV9PW1TOL<; übergangen.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
1'4> 'IapaN.. an die Stelle des markinischen E'(Ö0I..I.EV tritt, wird dabei aber aus einer auf den Erfahrungsraum der Menge begrenzten Bemerkung eine den Weg der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel umspannende Äußerung38 • Matthäus hebt damit nicht nur erneut Israel als Bezugsrahmen der irdischen Wirksamkeit Jesu hervor39, sondern schreibt zugleich den ÖXAOL zu, dass sie auf dem Weg sind, die Singularität und Besonderheit der göttlichen40 Zuwendung zu Israel in Jesus zu erkennen41 • Dies schreibt sich in der Wiederholung der Szenerie von 9,32-34 in 12,22-24 fort42 • Die Heilung des Besessenen lässt die Volksmengen nun fragen, ob Jesus etwa der Sohn Davids ist. Angesichts des Gegenübers zur Äußerung der Pharisäer in V.24 kann der von Matthäus intendierte Sinn der Frage nur ein positiver sein. Die Fragepartikel 1..I.~'t'L verweist in 12,23 also nicht auf eine negative Antwort43 , sondern charakterisiert die Äußerung der Volksmengen als eine Überlegung, die zwar noch mit Zweifeln behaftet ist, grundsätzlich aber positiv mit der Möglichkeit rechnet, dass Jesus tatsächlich der Sohn Davids ist44 . Matthäus schildert demnach eine 38 Vgl. NOLLAND, Mt, 403; COUSLAND, Crowds, 137. - Vergleichen kann man mit Mt 9,33 die Kennzeichnung der Geschehnisse der messianischen Zeit in 4Q521 Fragm. 2 2,11. 39 Siehe dazu oben Kap. 2.2.1, S. 56. 40 Vgl. GIELEN, Konflikt, 102f, die durch e<j>avTj in den Worten der Volksmengen zum Ausdruck kommen sieht, dass sich in der Heilung "nach ihrem Empfinden die Macht Gottes dokumentiert". 41 Die These von Luz, Mt H, 63 zu 9,33, den Volksmengen werde nicht mehr als die "äußere Fassade" der Wunder verstehbar, spielt die keimende Erkenntnis, die Matthäus den Volksmengen in 9,33 zuschreibt, herunter. Gerade der Vergleich mit Mk 2,12 illustriert, dass Matthäus die Volksmengen nicht bloß in ein oberflächliches Staunen geraten lässt. - Zur paradigmatischen Bedeutung der divergierenden Reaktionen der 8XAOL und der Autoritäten in 9,33ffür die gesamte Komposition Mt 8-9 s. oben Kap. 2.2.1, S. 56. 42 Matthäus folgt dabei der Markusakolouthie. In Mt 12,1-21 hat er Mk 2,23-3,12 verarbeitet. Die Berufung der Zwölf (Mk 3,13-19) hat Matthäus bereits in Mt 10,1-4 aufgenommen; Mk 3,20f wurde vom ersten Evangelisten ausgelassen. Mk 3,22-30 ist also das nächstfolgende Textsegment in der Markusvorlage. 43 Die Fragepartikelll~n weist zwar im grammatikalischen Normalfall auf eine negative Antwort hin, doch gibt es dazu Ausnahmen, in denen der Sinn modifiziert ist (s. BDR § 428 2), Eine ganz enge und instruktive Parallele zu Mt 12,23 findet sich in Joh 4,29, wo der samaritanischen Frau die Frage in den Mund gelegt ist: Il~n OUtOc; eonv 0 XPLOtOC;; Es handelt sich hier um eine mit Zweifel besetzte Frage. Gleiches gilt für Mt 12,23. 44 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt H, 335 mit Anm. 6; HAGNER, Mt I, 342; GUNDRY, Mt, 231; HUMMEL, Auseinandersetzung, 118; BURGER, Davidssohn, 79; STRECKER, Weg, 118; SAND, Gesetz, 146; W.R.G. LOADER, Son ofDavid, 573; NOVAKOVIC, Messiah, 82 (vgl. NOVAKOVIC, Jesus, 1561); DEINES, Gerechtigkeit, 480, s. auch Luz, Mt H, 258 mit Anm. 52. Anders hingegen SUHL, Davidssohn, 72; KINGSBURY, Son of David, 600 (vgl. KINGSBURY, Husbandmen, 650); MATERA, Plot, 249; BAUER, Structure, 94; CARA-
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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keimende christologische Erkenntnis der Volksmengen, die gegenüber 9,33 einen Fortschritt signalisiert45 . Die Volksmengen beginnen die in 9,33 festgestellte Singularität des Heilsgeschehens in der Geschichte Israels präziser, nämlich in messianischer Kategorie zu benennen: "Ist dieser etwa der Sohn Davids?,,46 21 ,8f führt dann noch einen entscheidenden Schritt weiter. Matthäus hat die Einzugserzählung mit der Tempelreinigung (21, 12t) zu einer Einheit zusammengebunden47 und um Heilungen im Tempel (21,14-17) erweitert. Ein wesentliches Merkmal der matthäischen Redaktion ist, dass er wiederum die doppelte Reaktion auf Jesus in Israelherausarbeitet48 und damit in die Tage in Jerusalem hinein verlängert. Die markinischen '!TOUOl, die ihre Kleider auf dem Weg ausbreiten (Mk 11,8), werden bei Matthäus zu 6 '!TAEl.moc; OXAO(; (Mt 21,8), und dem markinischen oi '!TPO&yov-tEC; KIXt oi &:KOAou8olwrEC; (Mk 11,9) stellt Matthäus oi ÖXAoL voran. Matthäus geht damit in der Konkretisierung der markinischen Angaben einen signifikant anderen Weg als Lukas, der die jubelnde Menge zum '!TA'ft8oc; ,WV tJ.IX8Tj'wv macht (Lk 19,37). Matthäus hat ferner in das Zitat aus Ps 117,25fxX ,<.\1 ui<.\1 ßIXUlÖ eingefügt. Nach der zweifelnden Frage von 12,23 lässt Matthäus also nun die Volksmengen Jesus als den messianischen Sohn Davids akklamieren. Die Szenerie wiederholt sich mutatis mutandis im Tempel. Dort sind es dann Kinder, die nach den - von Matthäus eingefügten - Heilungen Jesu (21,14) das "Hosanna dem Sohn Davids" aufnehmen (21,15). Dass Jesus noch mehr ist als Sohn Davids, ändert nichts daran, dass Matthäus die Volksmengen und die Kinder eine im Grundsatz richtige christologische Erkenntnis äußern lässt49 . Nicht nur der eigene Gebrauch des Titels durch GOUNIS, Peter, 78 und VERSEPUT, Rejection, 215: "They remained no more than ho stile witnesses to a reality which they failed to receive." 45 Vgl. BURGER, Davidssohn, 78; GIELEN, Konflikt, 127, ferner auch Luz, Mt II, 258; FIEDLER, Mt, 253; OLMSTEAD, Trilogy, 54. 46 Siehe zu diesem Fortschritt der Erkenntnis noch unten Kap. 4.3.1, S. 233. 47 Markus lässt Jesus nach dem Einzug in die Stadt (Mk 11,1-10) zwar auch in den Tempel gehen, doch sieht sich Jesus dort nur um, um dann die Stadt am späten Abend wieder zu verlassen (11,11). Erst am nächsten Tag folgt, nachdem Jesus auf dem Weg einen Feigenbaum verflucht hat (11,12-14), die Tempelreinigung (11,15-17). Matthäus hat dagegen die Tempelreinigung auf Jesu ersten Gang in den Tempel vorgezogen. - Zur Einheit von Mt 21,1-17 s. Luz, Mt III, 176; TRILLING, Einzug, 303f; N. LOH FINK, Messiaskönig, 181-191; WEREN, Entry, 117f. 48 Vgl. Luz, Mt III, 180.184.189f. 49 Anders CARTER, Crowds, 63; NOVAKOVIC, Jesus, 161 sowie KINGSBURY, Matthew: Structure, 102f (vgl. KINGSBURY, Son of David, 600). - Der Differenzierung zwischen der Akklamation der Volksmengen (21,9) und der der Kinder (21,15), wie sie KINGSBURY, Matthew: Structure, 100f und - im Anschluss an ihn - NOVAKOVIC, Mes-
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
den Evangelisten (1,1 )50 belegt dies, sondern auch der positive Kommentar Jesu zu den Rufen der Kinder in 21,1651 . Nicht zuletzt ist ferner das der Schilderung des Einzugs vorangestellte Erfüllungszitat in VAf zu beachten. Matthäus hat hier das Zitat aus Sach 9,9 in der Einleitung durch Worte aus Jes 62,11 modifiziert, da der an Jerusalem adressierte Aufruf zur Freude in Sach 9,9 nicht zur Typisierung Jerusalems im Rahmen der matthäisehen Konfliktgeschichte passt. Die aus Jes 62,11 gewonnene Einleitung E'( TIatE tij 9uyatp t ~ LWV dagegen fUgt sich hervorragend in den Textzusammenhang: Jerusalem wird durch die Volksmengen der Einzug des messianischen Davidssohns angesagt52. Anders gesagt: Matthäus bereitet durch die EinfUgung des ErfUllungszitats die Szenerie in 21,9-11 vor; die Volksmengen tun genau das, was das Prophetenwort angekündigt hat53 . Mit keinem Wort deutet Matthäus dabei an, dass die Volksmengen Jesus als davidischen Messias anders verstehen als im Sinne des sanftmütigen Königs von Sach 9,954 . Dazu passt, dass die Akklamationsrufe der Volksmengen wie dann auch der Kinder in Schilderungen des heilenden Handelns Jesu eingebettet sind: Der Einzugserzählung geht die Heilung zweier Blinder voran, die Jesus als "Sohn Davids" anriefen (20,30.31), dem Ruf der Kinder die Heilung von Lahmen und Blinden im Tempel (21,14f). Nicht also, dass die christologische Einsicht der Jünger weiter reicht und den Erkenntnisstand der ÖXAOL als unzureichend ausweist55 , ist im Kontext siah, 90f vorgetragen haben, fehlt jeder Anhalt am Text. Sie beruht auf einem Missverständnis von 21,11 (dazu unten S. 105-106) und hat die Analogie zwischen den Szenen in 21,9-11 und 21,15f eindeutig gegen sich. Die Ersetzung der Volksmengen durch die Kinder in 21,15 dürfte im Übrigen durch das in V.16 folgende Zitat von Ps 8,3 veranlasst sein (vgl. BURGER, Davidssohn, 87), d.h. Matthäus formuliert V.15 im Vorblick auf das Zitat. 50 Vgl. oben Kap. 2.1.1.1, S. 24. 51 Vgl. J.M. GIBBS, Purpose, 460; HUMMEL, Auseinandersetzung, 120 ("der Ruf der Kinder [gilt] als gottgewirkte Akklamation, wie die Zitierung von Ps 8, 3 erweist"); BROER, Versuch, 1259; NOVAKOVIC, Messiah, 94. 52 Vgl. PESCH, Gottessohn, 404; BURGER, Davidssohn, 84; N. LOHFINK, Messiaskönig, 188f; VERSEPUT, Pilgrimage, 116; WEREN, Entry, 125; NOVAKOVIC, Messiah, 87; MINEAR, Jesus, 76f. 53 Wenn sich die Verdoppelung des Reittiers in Mt 21,2 der Assoziation von Sach 9,9 mit dem Judaspruch in Gen 49,8-12 (s. V.ll) verdankt (s. dazu WEREN, Entry, 132f, ferner FRANKEMÖLLE, Mt 11, 308f; NOLLAND, Mt, 833 sowie auch GNILKA, Mt 11, 200.203, kritisch dazu Luz, Mt III, 179, Anm. 23), wäre zudem auch dadurch die Akklamation des Königs als Sohn Davids vorbereitet (vgl. HAM, King, 42.46). 54 Anders z.B. HAGNER, Mt 11, 591.597; SAUER, Messias-Erwartung, 86. Siehe noch unten Anm. 56. 55 Anders z.B. KINGSBURY, Son of David, 592; GIELEN, Konflikt, 202. - Dass die Jünger Jesus nie als Davidssohn bezeichnen (vgl. KrNGSBURY, Son of David, 592), wird
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von 21,1-17 der entscheidende Maßstab für die Bewertung der Jubelrufe in 21,9.15. Die Volksmengen erkennen Jesus vielmehr genau als den, als welcher er zu ihnen gesandt wurde: als den davidisch-messianischen Hirten seines Volkes, der sich diesem helfend und heilend zuwendet56 • Das durch das Erfüllungszitat in 21,4f eingeführte Moment, dass die Volksmengen Jerusalem das Kommen des Messias ansagen, wird, wie angedeutet, durch die von Matthäus in 21,10f angefügte Szene ausgestaltet. Der Einzug Jesu unter dem Jubel der 0XAOl lässt die ganze Stadt Jerusalem erbeben und die Volksmengen fragen, wer dieser ist. Das Gegenüber von Volksmengen und ganz Jerusalem macht deutlich, dass jene nicht zur Stadt gehören, also als auswärtige Festpilger gedacht sind57 . Wenn Matthäus sie in ihrer Antwort nun von Jesus als "Propheten58 Jesus aus Nazareth in Galiläa" sprechen lässt, zielt dies nicht darauf, ihre Erkenntnis von 21,9 zu
schon von daher verständlich, dass sie am davidisch-messianischen Hirtenamt Jesu partizipieren (vgl. COUSLAND, Crowds, 198). Siehe dazu oben Kap. 2.3, S. 82. - Zur Unterscheidung zwischen den Volksmengen und den Jüngern s. unten S. 108 mit Anm. 69. 56 Dass für Matthäus die Akklamation der Volksmengen Ausdruck eines falschen Messiasbildes ist, genauer: dass diese in dem in Jerusalem einziehenden Davidssohn einen Messias in politisch-nationalen Kategorien sehen und Matthäus diese Vorstellung korrigiert (s. SUHL, Davidssohn, 73; J.M. JONES, Textuality, 268-272, auch NOVAKOVIC, Jesus, 161, anders aber VERSEPUT, Messiah, 114), ist traditionsgeschichtliche Eisegese. Damit ist nicht in Abrede gestellt, dass Matthäus von der Erwartung eines davidischen Messias, wie sie in PsSal 17-18 und verschiedenen Qumrantexten zutage tritt (s. oben Kap. 2.1, S. 20), erheblich abweicht, aber Matthäus stellt dies nicht durch eine Kontrastierung des Handeins Jesu mit ,der' Erwartung Israels heraus, die ohnehin nicht einheitlich war (s. oben Kap. 2.1, S. 18 mit Anm. 3). Vielmehr hat Matthäus den im Blick auf eine politische Messiaserwartung missverständlichen Vers Mk 11,10 gestrichen (vgl. DEINES, Gerechtigkeit, 491). Und durch die Einfügung des Reflexionszitats in VAf stellt er die Akklamation des Volkes als in Übereinstimmung mit der Verheißung eines sanftmütigen Messias stehend dar. - Textpragmatisch ist einzubeziehen, dass Matthäus die jüdischen Menschen seiner Umgebung zu überzeugen sucht, dass Jesus der erwartete Heilsbringer ist. Die Davidssohnakklamation durch die Volksmengen im Evangelium (wie überhaupt deren weithin positive Zeichnung) ist in diesem Licht zu sehen. 57 V gl. GNILKA, Mt II, 198.203; Luz, Mt III, 177; KEENER, Mt, 494f; BRANDSCHEIDT, Messias, 43; WEREN, Entry, 125 u.a. - Die von NOLLAND, Mt, 840 (s. auch HAGNER, Mt H, 596) eingetragene Differenzierung zwischen zum Fest kommenden Volksmengen in V.9 und schon in der Stadt befindlichen Volksmengen in V.ll hat am Text keinerlei Anhalt. Ebenso wenig kann man wie RITTER, Klage, 125 "den rauschenden Empfang, den die Menge Jesus bereitet", Jerusalem zuweisen. 58 Es gibt keinen Hinweis, dass hier speziell die Erwartung des eschatologischen Propheten im Blick ist (ebenso z.B. COUSLAND, Crowds, 213-217, anders LOHMEYER, Mt, 297; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 127; SAND, Gesetz, 140f; WINKLE, Model, 160f; BRANDSCHEIDT, Messias, 44; NOVAKOVIC, Jesus, 161).
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
relativieren 59 bzw. ihr Davidssohnverständnis zu definieren 60 . Mit ,(c;; Eonv ou,oe;; werden die Volksmengen nämlich dem Kontext nach nicht danach gefragt, für wen sie Jesus halten 61 - das haben sie soeben kundgetan. Sie sollen vielmehr sagen, wer das ist, den sie als Davidssohn akklamieren 62 . Eigentlich auffällig ist daher, dass die Volksmengen den von ihnen Akklamierten nicht bloß als "Jesus aus Nazareth in Galiläa" identifizieren, sondern vom Propheten Jesus reden. Der Sinn erschließt sich, wenn man den von Mt 21 bis zu 23,37-39 reichenden kompositorischen Bogen beachtet und also die Klage Jesu über Jerusalem als prophetenmordende Stadt (23,37) einbezieht. Die Beziehung zwischen 21,9-11 und 23,37-39 wird dabei noch dadurch erhärtet, dass das Psalmwort im Jubelruf der Volksmengen (21,9) in 23,39 wiederkehrt 63 . Matthäus spielt in 21,11 also wie anderorts im Evangelium auf die Tradition vom gewaltsamen Geschick der Propheten an 64 und schafft so einen subtilen Querverweis auf die Klage Jesu über Jerusalem. Mit der Einfügung von 0 1TpO
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Von 21,11 fiihrt zugleich eine Verbindungslinie zu 21,45f. Dort schrecken die Hohenpriester und Pharisäer vor einem Vorgehen gegen Jesus zurück, weil sie die Volksmengen fiirchten, da diese Jesus fiir einen Propheten halten. Auch hier verdankt sich die Rede von Jesus als Propheten matthäischer Redaktion (vgl. auch 14,5). Zu beachten ist dabei, dass im vorangehenden Gleichnis von den bösen Winzern mit der Ermordung der Knechte des Weinbergbesitzers (21,35f) erneut an die Tradition vom gewaltsamen Geschick der Propheten angespielt wurde. Die matthäische Hinzufügung von E1TEl Etc; 1TPO<jJ~"tT)V IXU"tOV ELXOV in 21,46 dürfte allem voran in diesem Kontext zu betrachten sein. Anders gesagt: Das Augenmerk der matthäischen Redaktion liegt auch hier nicht darauf herauszustellen, dass die Volksmengen sogleich wieder hinter ihre Erkenntnis von 12,23 bzw. 21,9 zurückgefallen sind67 . 21,11 dient also nicht dazu, Schatten auf die Davidssohnakklamation von 21,9 zu werfen bzw. die Reaktion des Volkes auf Jesus zu disqualifizieren. Die Einzugserzählung bildet vielmehr den Höhepunkt der positiven Reaktion der Volksmengen auf Jesus, die damit zugleich in die Tage der Jerusalemer Wirksamkeit ausgezogen wird. Dies wird durch 21,46; 22,33 und 23,1 unterstrichen: Die OXAOl zeigen sich nach wie vor von Jesus beeindruckt und stehen - auch in Mt 21-23 noch unverändert - auf seiner Seite 68 . Anders GIELEN, Konflikt, 220. GIELEN, Konflikt, 202.220.257-260.320f hat hingegen postuliert, dass sich in Mt 21ff eine allmähliche Ablösung des Volkes von Jesus vollziehe (260), ja nach 12,22-24 setze "eine zunehmende Indifferenz ein" (320). GIELEN verbindet dies mit dem Postulat, dass die Darstellung des schwindenden Einflusses Jesu auf die Volksmengen den eigenen Erfahrungen der Gemeinde entspreche (259, Anm. 26), d.h. die postulierte matthäische Erzählkonzeption wird als ein Abbild der historischen Entwicklung des missionarischen Bemühens der Gemeinde in Israel betrachtet. Stützpfeiler der These vom sukzessiven Umschwenken des Volkes sind freilich Auslegungen von 21,9-11 und 22,33, die sich schwerlich halten lassen. 21,9 dokumentiert gegenüber 12,23 gerade einen Erkenntnisfortschritt, und dieser wird, wie ausgeführt, weder durch 21,11 noch durch 21,46 in Frage gestellt (s. oben S. 105-106). Ebenso wenig stellt 22,33 einen Rückschritt gegenüber 7,28f dar (s. dazu oben S. 99 mit Anm. 28), und es kann auch nicht, wie noch zu zeigen sein wird (s. unten Kap. 4.1.4 und Kap. 4.3.3), davon die Rede sein, dass die sonstige Differenzierung zwischen Volksmengen und Autoritäten in 22,1-14 oder 23,34-24,1 unterlaufen werde (gegen GIELEN, Konflikt, 232f.242-244 zum einen, 319-321.342 zum anderen). Gegen das von Gielen vermittelte Bild spricht ferner 26,3-5, wonach die Autoritäten mit List vorzugehen und das Fest zu meiden suchen, weil sie andernfalls einen Aufruhr im Volk befürchten. Nur am Rande sei schließlich vermerkt, dass die Hohenpriester und Pharisäer auch in 27,64 noch mit dem Einfluss der Jünger Jesu auf das Volk rechnen. Kurzum: Gielens These einer nach 12,22-24 beginnenden sukzessiven Ablösung des Volkes von Jesus ist ein Konstrukt, das sich am matthäischen Text nicht verifizieren lässt. 67
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Dies macht sie nicht zu Jüngern. Matthäus grenzt die Volksmengen vielmehr nicht nur deutlich von den Autoritäten ab, sondern auch von den Jüngern, wie - neben Mt 12,46-5069 - insbesondere Mt 13,10-17 zeigt, wo die verständigen Jünger von den unverständigen Volksmengen abgehoben werden 70 . Im Erzählduktus kommt die dortige Kennzeichnung der Volksmengen unvermittelt; ihr wird unten in Kap. 4.4 näher nachzugehen sein. Hier ist als Zwischenfazit zunächst festzuhalten: Matthäus hat das ,einfache Volk' in Jesu Umfeld verschiedentlich gegen sein Quellenmaterial auf Kosten der jüdischen Autoritäten von negativen Zügen entlastet, ferner direkte Kontrastierungen in der Reaktion auf Jesu Wirken zwischen den Volksmengen einerseits und den religiösen Anführern (samt Jerusalem) andererseits geschaffen (9,32-34; 12,22-24; 21,1-11) und schließlich durch eine Reihe redaktioneller Eingriffe den Eindruck einer positiven Reaktion auf Jesus bei den Volksmengen zu vermitteln gesucht - bis dahin, dass in ihnen die christologische Erkenntnis herangereift ist, dass Jesus der verheißene davidische Messias ist, in dem Gott sich seinem Volk zuwendet. Inwiefern sie, wie häufig postuliert wird, in Mt 26f die Seite wechseln, wird unten in Kap. 3.2 im Rahmen der Analyse der Passionserzählung zu reflektieren sein. 3.1.2 Die Gegnerschaft gegen Jesus bis zur Passion Im Voranstehenden ist bereits verschiedentlich auf die sich gegen Jesus erhebende Gegnerschaft verwiesen worden. Zugleich ist deutlich geworden, dass es bis in Jesu Wirken in Jerusalem hinein (Mt 21-23) keineswegs ganz Israel ist, das Jesus feindselig gegenübersteht. Matthäus konzentriert die Gegnerschaft Jesu vielmehr auf die politischen und religiösen Autori69 Matthäus bezieht das Wort Jesu über seine Geschwister anders als Markus ausdrücklich auf die Jünger (vgl. unten Kap. 4.4, S. 264). Zu vermerken ist ferner die Streichung des oXÄo<; aus Mk 8,34 in Mt 16,24: Die Worte zur Kreuzesnachfolge sind Jüngerunterweisung. Zu Mt 11,25-30 s. unten Kap. 4.3.1, S. 234-236. 70 Zur Abgrenzung von Jüngern und Volksmengen s. COUSLAND, Crowds, 247-256; MEISER, Reaktion, 232-235. Die Darstellung von MEISER zeigt freilich insgesamt die problematische Tendenz, die Abgrenzung von Jüngern und Volksmengen zu betonen, während die Differenzierung zwischen Autoritäten und Volksmengen (236-242) unterbestimmt bleibt. Ferner lässt MEISER die letztere Differenzierung nur für die Zeit Jesu geIten (260, s. dagegen unten Kap. 7, S. 381 mit Anm. 15). Inkonsequent ist es dann, wenn MEISER gleichzeitig der Darstellung der Autoritäten in 9,34; 12,24; 21, 15f (s. dazu unten Kap. 3.1.2.3, S. 123 und Kap. 3.1.2.5, S. 134) als "Träger[n] aktiver Gegenpropaganda" (260) aktuelle Bedeutung beimisst, denn in allen genannten Stellen suchen sie der (keimenden) Erkenntnis des Volkes zu wehren. Im Blick auf negative Reaktionen stellt MEISER mit 8,34 und 13,53-58 im Übrigen auch Texte ein (238), in denen vom 0XÄo<; gar nicht expressis verbis die Rede ist; in 8,34 geht es zudem um Nichtjuden.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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täten, die in auffälliger Konsequenz Jesus ausnahmslos feindlich gegenüberstehen. Als bedeutendste Opponenten treten im Matthäusevangelium bekanntlich die Pharisäer hervor71 , die der Evangelist in seiner Vorliebe für Zweiergruppen häufig mit den Schriftgelehrten paart72 . Analog dazu benutzt er zur Bezeichnung der politischen Autoritäten, konkreter: der Vertreter des Synedriums, oft die Wendung oL &.PX~EpEl.t; Ka.t (oL) npEOßutEPO ~ (tOU Aa.OU) 73. Matthäus zeichnet von diesen Autoritäten ein durch und durch düsteres Bild; ein verständiger Schriftgelehrter wie der in Mk 12,28-3474 hat darin keinen Platz75 . Innere Differenzierungen - wie zwischen Sadduzäern und Pharisäern - treten zurück 76 ; die Opposition gegen Jesus schließt die Gruppen der politischen und religiösen Autoritä-
71 Vgl. HUMMEL, Auseinandersetzung, 12-14; HULTGREN, Jesus, 189; REpSCHINSKI, Stories, 322f.325f u.a.m. - Aussagekräftig sind vor allem die redaktionellen Erwähnungen der Pharisäer (s. Mt 3,7; 5,20; 9,34; 12,24; 15,12[-14]; [16,11t]; 21,45; 22,34.41; 27,62 sowie den konzentrierten Angriff auf die Schriftgelehrten und Pharisäer in Mt 23). Näheres dazu im Folgenden. - GIELEN, Konflikt, 12 hat gegen die Beobachtung eines besonderen Hervortretens der Pharisäer (als Gegner Jesu) im Matthäusevangelium eine Gegenrechnung aufgemacht. Sie verweist zu Recht darauf, dass die absoluten Zahlen der PharisäersteIlen (bei Matthäus 29 [nicht, wie Gie1en notiert, 31] gegenüber 12 [nicht 13] Belegen bei Markus und 27 bei Lukas) mit der unterschiedlichen Länge der Evangelien in Beziehung zu setzen sind. Zur Berechnung des Quotienten eignet sich aber offenkundig nicht die von ihr benutzte Kapitelzahl (hier liegt dann nach ihrer Berechnung Lukas mit 1,13 sogar knapp vor Matthäus mit 1,11), denn die Kapitel sind bekanntlich unterschiedlich lang und Lukas ist, anders als dies in Gielens Berechnung erscheint, das längste Evangelium (19427 Wörter gegenüber 18297 im Matthäusevangelium, vgl. MORGENTHALER, Synopse, [89].328). Gielens Berechnung ist daher irreführend. Hätte sie mit dem Wortbestand als statistisch einzig sinnvollem Referenzwert gerechnet, hätte sie als Quotienten für Lukas 1,389 Pharisäerbelege auf 1000 Wörter erhalten, für Matthäus 1,585 Pharisäerbelege auf 1000 Wörter. Dass quantitative Werte allein die tatsächliche Bedeutung der Pharisäer in den Evangelien nicht adäquat abzubilden vermögen, versteht sich dabei von selbst. 72 Siehe Mt 5,20; 12,38; 23,13.15.23.25.27.29; vgl. 15,1; 23,2. 73 Siehe Mt 26,3.47; 27,1.3.12.20. - Die Schriftgelehrten werden von Mt z.T. gestrichen (vgl. Mk 14,1 par Mt 26,3; Mk 14,43 par Mt 26,47; Mk 15,1 par Mt 27,1), aber nicht konsequent (Mt 26,57; 27,41). 74 Siehe dazu unten Kap. 3.1.2.5, S. 138 und S. 144. 75 Selbst der apxwuv&.ywyoC; Jairus aus Mk 5,22 ist in Mt 9,18 zu einem bloßen äpxwv geworden. Instruktiv ist auch der Vergleich mit Lukas: Von einem offenen Umgang Jesu mit Pharisäern wie in Lk 7,36ff; 11,37; 14,1 oder gar von Pharisäern, die Jesus zu schützen suchen (Lk, 13,31; vgl. Apg 5,34-39), verlautet bei Matthäus bezeichnenderweise kein Wort. - Von dem düsteren Gesamtbild hebt sich bei Matthäus höchstens der - freilich abgewiesene - Schriftgelehrte in 8, 19f etwas ab. 76 Matthäus lässt bekanntlich Pharisäer und Sadduzäer sogar gemeinsam auftreten (3,7; 16,1, s. auch 22,23-40).
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ten zu einer Front zusammen, so dass sie geradezu als "single character,,77 behandelt werden können. Im Folgenden soll zunächst in einem - nach den größeren Textblöcken gegliederten78 - Durchgang durch das Evangelium bis Mt 23 die narrative Entfaltung der Konfliktthematik im Einzelnen analysiert werden. Kap. 3.1.3 führt dann die Ergebnisse zu einem Gesamtbild der Gegner Jesu zusammen. 3.1.2.1 Die Exposition der Konfliktthematik im Prolog (Mt 1,1-4,16) Die Signalfunktion des Prologs 1,1-4,16 zeigt sich auch im Blick auf die Gegnerschaft gegen den Messias: Bereits in Mt 2,3-6 führt Matthäus die sich gegen Jesus stellende Front ein. Die Frage der Magier nach dem geborenen König der Juden löst nicht nur beim amtierenden König Herodes, sondern auch in der ganzen Stadt Jerusalem Entsetzen aus (2,3), und die Hohenpriester und Schriftgelehrten, die hier exemplarisch auf die politischen und religiösen Autoritäten verweisen, zeigen sich auf Seiten des Herodes. Durch die Rede vom "geborenen König der Juden" im Munde der Magier (2,2) und der gleichzeitigen Rede vom König Herodes 79 lenkt Matthäus die Aufmerksamkeit darauf, dass die Geburt Jesu von Herodes als Gefahrdung seiner Herrscherposition wahrgenommen wird 80 . Mit seiner 77 KINGSBURY, Conflict, 58. Vgl. WALKER, Heilsgeschichte, 11-33; VAN TILBORG, Leaders, 1-6. - Davon ist unbenommen, dass Matthäus' Konfiguration der einzelnen Konfliktszenen zu erkennen gibt, dass er die Gruppierungen durchaus zu unterscheiden weiß (s. dazu GIELEN, Konflikt, passim). In ihrer Gegnerschaft gegen Jesus bilden sie aber eine einheitliche Front mit gemeinsamen Wesensmerkmalen. 78 Die Gliederung des Matthäusevangeliums ist chronisch umstritten und schwierig (vgl. exemplarisch Luz, Mt 15,21-39). Ich gehe davon aus, dass sich die Gliederung am Erzählgang orientieren muss. Die fünf Reden sind ein auffälliges Merkmal des Matthäusevangeliums, aber sie eignen sich nicht als zentrales Kriterium für die Erhebung seiner Makrostruktur (anders BACON, Studies, XIV-XVII.145-335 [vgl. BACON, Bücher, 4850]; C.R. SMITH, Evidences). M.E. bilden 4,17 (&710 TOTE ~p~aTO 0 'ITjoOUI; KTjPUOOELV ... ) und 16,21 (&710 TOTE ~p~aTO 0 'ITjOOUI; ÖELKVUELV TOLl; fLa9TjTall; aUTou ... ) wichtige Übergänge (vgl. KINGSBURY, Matthew: Structure, 7-25; BAUER, Structure, 73-108 u.a., zum eher überleitenden als scharf zäsurierenden Charakter von 4,17; 16,21 s. NEIRYNCK, ,A 710 TOTE ~p~aTO, 55), doch ist innerhalb dieser Blöcke noch weiter zu unterteilen. Nach der grundlegenden Präsentation des Wirkens Jesu und der Aussendung der Jünger in 4,1711,1 (zur Untergliederung s. oben Kap. 2.2.1, S. 52) tritt in 11,2-16,20 stärker das Thema der Reaktion auf Jesus hervor. In 16,21-28,20 kann man 16,21-20,34; 21-25; 26-28 als Abschnitte untergliedern (v gl. HOWELL, Story, 115-158 u.a., s. auch CARTER, Kerneis, 472-481, der aber 21,1-27,66 als eine Einheit auffasst). 79 Vgl. für viele BAUER, Kingship, 308-313; WEAVER, Power, 182-187. 80 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt 1,238; GUNDRY, Mt, 26; BAUER, Kingship, 314; GIELEN, Konflikt, 30. - Zu bedenken ist dabei, dass Herodes selbst kein Davidide, sondern Idumäerwar.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Frage nach dem Geburtsort des Christus (2,4) gibt Herodes ebenso zu erkennen, dass er begriffen hat, um wen es gehtSI, wie die Schriftgelehrten mit ihrer Antwort (2,Sf). Fortan kommt dem Messiaskönig die Aufgabe zu, das Gottesvolk zu weiden. Ihm hätten sich Herodes und die mit ihm kollaborierendens2 jüdischen Autoritäten unterzuordnen S3 ; genau dies geschieht aber nicht. Das Wissen um die Geburt des Messias, das nicht zur einzig adäquaten, von den ,heidnischen' Magiern verkörperten Reaktion der Proskynese vor dem Kind (2,2.11) führt, und die äußerlich bleibende Schrifterkenntnis der Schriftgelehrten, die nicht mit dem Herzen verstehen (vgl. lS,7f), sind dabei mehr als ,nur' bittere Ironie s4 • Matthäus exponiert hier vielmehr ein Grundmotiv der Konfliktszenerie: Es geht um den Versuch der eigenmächtigen Selbstbehauptung der AutoritätenS5 . Herodes versucht mit Hinterlist, nämlich indem er die Magier für seine Zwecke zu instrumentalisieren sucht, den messianischen König zu ermorden, und die Hohenpriester und Schriftgelehrten stellen, ,,[s]tatt Jerusalem angesichts der Botschaft der Magier auf das Kommen des erwarteten Messias vorzubereiten, ... ihr Wissen seinem Feind zur Verfügung und liefern ihn so einer tödlichen Gefahr aus"S6. Matthäus setzt mit dieser Szene ein Signal auf das Ende Jesu in Jerusalems7 wie auch überhaupt auf die konsequente Opposition der politischen und religiösen Autoritäten gegen den, der als Messiaskönig ihre Führungsposition in Frage stellt. Herodes' Versuch scheitert aufgrund der Intervention Gottes (2, 12ff); Herodes erscheint damit als ein "Akteur[] zweiter Ordnung"SS, eigentlich bestimmt wird das Geschehen durch Gott. In Mt 26,3-5 versammeln sich die Hohenpriester und Ältesten, um Jesus mit List Vgl. GIELEN, Konflikt, 30. Nichts deutet in Mt 2,3-6 darauf hin, dass die Hohenpriester und Schriftgelehrten über die feindselige Haltung des Herodes dem "geborenen König der Juden" gegenüber im Unklaren sind (gegen POWELL, Plot to Kill, 605). 83 Daran ändert nichts, dass Matthäus Jesus nicht in den Farben eines politischen Herrschers zeichnet. 84 Einen ironischen Zug notieren rur Mt 2 z.B. KINGSBURY, Conflict, 65; SENIOR, Passion ofJesus, 21; HOWELL, Story, 240; OLMSTEAD, Trilogy, 50. 85 Vgl. GIELEN, Konflikt, 30. Treffend BAUER, Kingship, 317f: "Even as Herod's opposition is motivated by a sense ofthreat to his power and contro1 over the peop1e, so the religious leaders are motivated by a sense of their loss of control of the people as it passes into the hands of Jesus and by adesire to reclaim this power and control. For one thing, the conflict between Jesus and the religious leaders invo1ves apower struggle over the control of the crowds ... ". 86 GIELEN, Konflikt, 31. Vgl. auch a.a.O., 34. 87 V gl. dazu BAUER, Kingship, 316f. 88 GNILKA, Mt 11, 384, dort bezogen auf die Hohenpriester und Ältesten in Mt 26,3, doch trifft diese Bezeichnung ebenso auch rur Mt 2 zu. 81
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(26,4) aus dem Weg zu schaffen. Auch ihr Versuch scheitert letztlich durch die Intervention Gottes, der den Gekreuzigten auferweckt. Und auch sie erscheinen, wie in Kap. 3.2 deutlich werden wird, nur als "Akteure zweiter Ordnung"s9. In Mt 2 steht der Königstitel bei Herodes auffallenderweise nur in 2,1.3.9; nachdem die Magier dem "geborenen König der Juden" ihre Huldigung erwiesen haben, fehlt er90 . Dies ist kaum Zufall, sondern soll wohl andeuten, dass nunmehr Jesus der wahre König Israels ist91 . In Mt (26-)28 korrespondiert dem, dass am Ende der Auferstandene als der wahre Weltenherr präsentiert wird (28,16-20). Die Autoritäten haben in Matthäus' Sicht hingegen, wie noch im Einzelnen zu entfalten sein wird, ihre Führungsrolle eingebüßt92 • Kurzum: Herodes' vergeblicher Versuch der Selbstbehauptung gegen den Messias liest sich wie ein facettenreicher Vorausverweis auf die Opposition der jüdischen Autoritäten gegen Jesus. Dem fügt sich ein, dass Matthäus diese, wie angesprochen, in Gestalt der Hohenpriester und Schriftgelehrten bereits in 2,4-6 in Herodes' Versuch einbindet. Der expositionelle Charakter von Mt 2 tritt schließlich auch darin hevor, dass Matthäus nicht nur Herodes selbst, sondern mit ihm "ganz Jerusalem" ob der Nachricht von der Geburt des Messias erschrocken sein lässt. Auf die Wiederaufnahme des Motivs aus 2,3 in 21,10 ist in Kap. 3.1 bereits hingewiesen worden. Die Rolle Jerusalems ist bei Matthäus ferner auch durch die drei Leidensankündigungen profiliert. So wird nicht erst wie im Markusevangelium in der dritten Leidensankündigung (s. Mk 1O,33f par Mt 20,18t), sondern schon in der ersten (Mt 16,21) Jerusalem ausdrücklich benannt. Wenn auatpE<poiJEVWV ÖE alm3v EV tij raALAal~ in 17,22 auf die Sammlung zur Wallfahrt zu beziehen ist93 , hat Matthäus in der Einleitung zur zweiten Leidensankündigung das geographische Motiv von 16,21 aufgenommen und so verstärkt, so dass in allen drei Leidensankündigungen auf Jerusalem hingewiesen wird 94 . Dass Matthäus Jerusalem bereits in 2,3 einführt, korrespondiert also der Betonung der Rolle Jerusalems als Ort des Leidens Jesu. Anzumerken ist zugleich, dass in 2,3 nicht davon die Rede ist, dass Jerusalem an der Seite des Herodes aktiv wird. Auch 21,10 spricht Zur Bezeichnung s. oben Anm. 88. Zur Sache unten Kap. 3.2, S. 153. Siehe Mt 2,12.13.15.16.19.22. 91 V gl. NOLAN, Son, 39: "The omission of the tide suggests that the kingship has returned to lowly Bethlehem at 2: 11. The indubitable irony surrounding the act of homage in 2:2, 8, 11 favours the detection of significance in the absence of 'king' as the action progresses." 92 Siehe allem voran unten Kap. 4.1.3 zum Winzergleichnis in Mt 21,33-46. 93 So VERSEPUT, Pilgrimage, 109-111. Die Platzierung der Einsammlung der Tempelsteuer in Mt 17,24-27 macht dann chronologisch guten Sinn (s. a.a.O., I11f). 94 Zur Ausrichtung auf Jerusalem von 16,21 an s. noch unten S. 132 mit Anm. 198. 89 90
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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allein vom Erbeben der ganzen Stadt, nicht aber von feindlichen Aktionen. Diese gehen vielmehr von den Autoritäten aus. Erst in 27,20 lässt sich das (Jerusalemer95 ) Volk auf ihre Seite ziehen 96 • Und eben dass die Stadt unter der Ägide der alten Autoritäten steht und sich von ihnen beeinflussen lässt, wird ihr zum Schicksal 97 . Festzuhalten ist angesichts der Querverbindung zwischen 2,3 und 21,10 ferner, dass Jerusalem in 2,3 nicht als pars pro toto fungiert und ganz Israel repräsentiert98 , denn in 21,lOf stehen Jerusalem, wie gesehen, jüdische Volksmengen gegenüber. Einen charakteristischen Einblick in die Konfiguration des Konflikts im Matthäusevangelium gewährt sodann die matthäische Version der Täuferperikope in 3,1-12. Matthäus fand in Mk 1,5 die Notiz vor, dass das ganze jüdische Land und alle Jerusalemer zu Johannes hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen. Durch die Einstellung der Gerichtspredigt des Täufers aus Q 3,7-9 in Mt 3,7-10 und ihre sekundäre99 Adressierung an die Pharisäer und Sadduzäer (vgl. 16,1_12)100 stehen sich bei Matthäus die einfache Bevölkerung, die sich - unter dem Bekenntnis der Sünden - von Johannes taufen lässt (3,5f)101, und die Autoritäten kontrastiv gegenüber. Dazu unten Kap. 3.2, S. 172-178. Siehe noch unten Anm. 101 zu Mt 3,5. 97 Näheres unten Kap. 3.2, S. 166-179 im Rahmen der Auslegung von Mt 27,11-26. 98 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt I, 238: "Jerusalem does not stand for the entire Jewish community. Instead she represents those in charge, the Jewish leadership". - Dies unterstreicht, dass man mit Generalisierungen und Repräsentanzhypothesen, wie sie zu Mt 2,3f; 21,10 etwa FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 204, Anm.50 mit seiner Rede von der matthäischen "Tendenz zur Totalität und solidarischen Uniformität im Komplex ,Israel'" vorträgt, vorsichtig sein muss (kritisch zum Repräsentanzpostulat z.B. auch LEVINE, Anti-Judaism, 33; RITTER, Klage, 124). FRANKEMÖLLE hat sich in späteren Veröffentlichungen selbst kritisch gegen Repräsentanzhypothesen gewandt (s. z.B. FRANKEMÖLLE, Antijudaismus, 92). 99 Zur matthäischen Redaktion vgl. oben Kap. 3.1, S. 97, Anm. 11. 100 Zur auffälligen Zusammenstellung von Pharisäern und Sadduzäern s. unten Kap. 3.1.2.3, S. 128-129 bei der Diskussion von Mt 16,1-12. 101 Die Resonanz, die Johannes erzeugt, ist nach den geographischen Angaben in 3,5 im Unterschied zu dem Echo, das Jesus nach 4,25 findet - auf den Süden begrenzt (vgl. NOLLAND, Mt, 140, auch FRANKEMÖLLE, Mt I, 179, anders FIEDLER, Mt, 73). Eingebunden ist in 3,5 im Gefolge von Mk 1,5 auch Jerusalem. Allerdings hat Matthäus oL 'IEpoooAu~i't(Xl nav'tE<; in 'IEpoo6Au~a geändert und damit - trotz der Voranstellung doch wohl abgeschwächt; jedenfalls fällt im Vergleich zu Mt 2,3; 21,10 - und auch im Nebeneinander zu niioa ~ 'IouöaLa Kat niioa ~ nEpLXwpO<; 'tou 'IopMvou in 3,5 - das Fehlen von niioa auf. Man kann ferner darauf verweisen, dass es hier nicht um das Auftreten des Messias, sondern ,nur' um einen eschatologischen Umkehrprediger geht. Gleichwohl dokumentiert Mt 3,5, dass die Bevölkerung Jerusalems von Matthäus nicht in toto in das düstere Bild eingestellt wird, das er von den Autoritäten zeichnet. Dazu passt, dass Jerusalem, wie gesehen, in 2,3 keine aktive Rolle gegen Jesus zugeschrieben wird. 95
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Anders als die lukanische Infinitivkonstruktion ßa.1T'tLo9fWa.L im' a.trtou muss hL 1:0 ßa.1T'tL0IJ.a. a.U1:0U in Mt 3,7 keineswegs bedeuten, dass die Pharisäer und Sadduzäer in der Absicht kommen, sich taufen zu lassen 102 • Mt 3,7 ist eher so zu verstehen, dass sie an den Ort kommen, wo Johannes taufte 103, nämlich um sich angesichts des in V.5f Geschilderten ein Bild von der Situation zu machen 104 • Für dieses Verständnis spricht zum einen, dass so die Gerichtspredigt besser anschließt: Da die Pharisäer und Sadduzäer nicht kommen, um sich taufen zu lassen, und sich also nicht als umkehrwillig zeigen, müssen sie sich die invektivische Anrede als "Otternbrut" und die - angesichts des Horizonts des Zorngerichts (V. 7b.1 0) einen drohenden Ton tragende - Mahnung gefallen lassen, der Umkehr würdige Frucht zu bringen 105. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass Matthäus im Blick auf das Wirken Jesu verschiedentlich analoge Konstellationen gebildet hat: Die Autoritäten treten nach positiven Reaktionen im Volk auf den Plan und stehen zu diesen im Kontrast (9,33f; 12,23f; 21,14-17)106.
102 hL 'tO ßalTnOf.L1l IlIi'tOÜ im Sinne von "sich taufen lassen" dagegen z.B. NOLLAND, Mt, 412; GIELEN, Konflikt, 49f.52, s. auch GNILKA, Mt 1,68; FIEDLER, Mt, 75. 103 Instruktiv ist die Differenz von Mt 3,7 zur über Mk 1,9 hinausgehenden Angabe in Mt 3,13: Jesus kommt E1TL 'tov 'IOpMvTlV lTPO~ tOV 'IwavvTlV 'tov ßIl1Tno9ijl/a~ Im' aumv. Hier wird ebenfalls mit ElTL eine Ortsangabe eingeleitet, aber durch die mit Lk 3,7 verwandte Infinitivkonstruktion die Absicht des Kommens Jesu ausdrücklich genannt. 104 In diesem Sinne auch GUNDRY, Mt, 46; WEBB, John, 175 mit Anm. 32; TUCKETT, History, 113. Siehe ferner die Überlegungen von DAVIES/ALLISON, Mt 1,304 sowie von HAGNER, Mt I, 49. lOS Die einleitende Frage 'tL~ ll1TEÖEL~eV Uf.LLV cJluyeLv lilIo 'ti1~ f.LeA.J..ouo1]~ oPYi1~; ist entweder als Sarkasmus zu verstehen (so z.B. GUNDRY, Mt, 46), bei dem der Täufer den Pharisäern und Sadduzäern ironisch unterstellt, sie wollten sich taufen lassen. Oder aber V.7b ist als anklagende Frage aufzufassen, wer denn ihnen dargetan habe, dass sie dem Zorngericht entfliehen könnten. V.7b würde dann das Selbstverständnis der Pharisäer und Sadduzäer aufnehmen, dass das kommende Zorngericht sie nicht betreffen wird. Zu V.9 passt dies gut. - Vgl. die Paraphrase von HAUBECKlvoN SIEBENTHAL, Schlüssel, 11: " ... wer hat euch auf den Gedanken gebracht, ihr könntet (impliziert: wenn ihr nicht wirkl. umkehrt) ... entkommen" (Kursivierung im Original). Allerdings geht es hier nicht darum, dass die Pharisäer und Sadduzäer sich nicht bloß taufen lassen müssen, sondern auch wirklich umkehren müssen, sondern sie stehen der Taufe selber ablehnend gegenüber. Ist das richtig, stellt V.8 nicht eine die Taufe ergänzende Forderung dar (anders z.B. SAND, Mt, 67), sondern KIlPlTO~ &~LO~ 'ti1~ f.Le'tllvoLIl~ (Singular!) meint die gesamte durch die Taufe rituell symbolisierte Lebenskehre. 106 Schwierig ist bei der hier vorgeschlagenen Lesart allerdings das uf.Lä~ in 3,11, doch macht schon V.lIfin (1l1j;:0~ uJjiü; ßIl1Ti:LOEL EV lTVeUf.Llln aYLI{) KilL lTUp[) deutlich, dass sich in V.llf die Adressatenschaft des Wortes des Johannes faktisch geweitet bzw. geändert hat, denn die Ankündigung der Taufe mit Heiligem Geist löst sich nach der narrativen Konzeption des Matthäusevangeliums offenkundig nicht an den Pharisäern und Sadduzäern ein. Vgl. zu diesem Problem DAVIES/ALLIsON, Mt I, 312: "uf.Lä~ betrays the edi-
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Nicht zuletzt findet das vorgeschlagene Verständnis von ElT!. ,0 ßalTn0J.La au,oü in 3,7 darin Bestätigung, dass in 21,25.32 festgehalten wird, dass die Autoritäten, hier die Hohenpriester und Ältesten, Johannes nicht glaubten (vgl. auch Mt 17,12). Die die Gerichtspredigt einleitende Invektive YEvv~J.La,a EXLövwv verweist auf die den Autoritäten anhaftende Bosheie0 7 . Sie bildet einen schroffen Kontrast zum erwählungsgeschichtlich begründeten Selbstverständnis der Autoritäten, Kinder Abrahams zu sein (V.9): Ihnen wird ihre Abrahamkindschaft aufgrund ihrer Boshaftigkeit nichts nützen. Die weitere Erzählung wird zeigen, dass die Umkehrmahnung des Täufers (3,8) bei den Autoritäten auf taube Ohren gestoßen ist. Mit 3,7-10 wird gleich zu Beginn des Evangeliums ein die Autoritäten betreffender Gerichtshorizont aufgebaut, auf den in Kap. 4 näher einzugehen sein wird. Im Vorblick darauf ist bereits hier festzuhalten: Mag in der Q- Vorlage das Gericht über Israel anvisiert gewesen sein 108 , so ist der Text jedenfalls im Kontext des Matthäusevangeliums nicht (mehr) eine Gerichtspredigt an Israel 109 , sondern eben gegen die Autoritäten gerichtet.
3.1.2.2 Die Konfliktthematik innerhalb der grundlegenden Präsentation des Wirkens Jesu (und seiner Jünger) in Mt 4,17-11,1 Der Aspekt der Reaktion auf Jesu Wirken bzw. des Konflikts Jesu mit den Autoritäten steht zwar im Rahmen der grundlegenden Präsentation des Wirkens Jesu (und seiner Jünger) in 4,17-11,1 110 noch nicht im Vordergrund - er wird erst im folgenden Abschnitt 11,2-16,20 zu einem Leitthema - , doch läuft die Konfliktthematik gleichwohl bereits in 4,17-11,1 mit und tritt an einzelnen Stellen hervor. So wird schon innerhalb der Bergpredigt mit 5,20(-48) an gewichtiger Stelle lll das spannungsvolle Verhältnis zu den Schriftgelehrten und Pharisäern deutlich, indem in 5,20 deren Gerechtigkeit als soteriologisch unzureichend abqualifiziert wird. Als Grund für dieses Urteil ist aus dem vorangehenden Kontext zu erschließen, dass die Schriftgelehrten und Pharisäer nicht bloß Iota und Häkchen (5,18) vernachlässigen, sondern, mit tori al origin ofMt 3.7 ... 'You' more naturally applies to a large mixed audience that has come out for baptism (cf. Luke), not to Jewish leaders being rebuked." 107 Die EXLöva ist eine - todbringende - Giftschlange. Vgl. TestAbr A 19,14f; Apg 28,3-6, s. auch Rerodot, Rist III 109. 108 Zu Q s. z.B. Luz, Mt 15 , 205f. 109 Anders z.B. GNILKA, Mt I, 70. 110 Zur Komposition s. oben Kap. 2.2.1, S. 52. 111 Mt 5,20 beschließt die programmatische Einleitung des Korpus der Bergpredigt (5,17-7,12) in 5,17-20 und dient zugleich als Obersatz für 5,21-48. - Zur Gliederung vgl. BURCHARD, Versuch, 33-50.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
23,23 gesprochen, "Ca. ßO:PU"CEPO: "COU VOj..Lou ll2 , nämlich die für Matthäus zentralen sozialethischen Gebote ll3 . Entsprechend wird dann in den Antithesen in 5,21--48 anhand von sozialethisch gewichtigen Bereichen das Gesetzesverständnis der Schriftgelehrten und Pharisäer, das dem in 5,20 abqualifizierten Gerechtigkeitsniveau zugrunde liegt, als Kontrastfolie für die - Tora und Propheten (vgl. 5,17) in ihrer tieferen Intention und ihrem vollen Sinn erschließende - Weisung Jesu dargeboten 114. Im narrativen Gesamtzusammenhang des Evangeliums betrachtet fungiert 5,17-48 als eine Art Vorzeichen, das vor den nachfolgenden Konfliktszenen steht, in denen es immer wieder um das rechte Verständnis der Tora geht. Wird also mit 5,20-48 schon in der ersten Rede Jesu ein wichtiger Konfliktbereich deutlich, so kommt es im Rahmen der exemplarischen Schilderung des vollmächtigen HandeIns Jesu in Mt 8-9 bereits zu ersten konflikthaften Begegnungen Jesu mit Schriftgelehrten und Pharisäern. Dabei ist es nicht das Heilen selbst, das die Autoritäten auf den Plan ruft - in der die Komposition in Mt 8-9 einleitenden Schilderung des heilenden Handelns Jesu in 8,1-17 treten sie noch nicht als Akteure auf - , sondern erst die von Jesus in 9,2-8 beanspruchte Vollmacht der Sündenvergebung, auf die Matthäus durch die radikale Kürzung von Mk 2,2-4 und die bereits angesprochene Neufassung der Reaktion der Volksmengen in 9,8 das Gewicht gegenüber der Markusvorlage verlagert hat l15 . Einzubeziehen ist hier zum einen, dass Matthäus die Heilungen aufs Engste mit Jesu Rolle als
Über die Frage redaktioneller oder vormatthäiseher Herkunft von ta ßCXPUtEPCX tOÜ kann man letztlich nur spekulieren. Matthäisehe Redaktion favorisieren BARTH, Gesetzesverständnis, 58.74f; SAND, Gesetz, 40; GARLAND, Intention, I 37f; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 301; KOSCH, Tora, 113f; TuCKETT, History, 409. Für vormatthäisehe Herkunft votiert hingegen Luz, Mt III, 329 mit Anm. 69. 113 Zu dieser Deutung s. KONRADT, Erfüllung, 133. Ich gehe dabei davon aus, dass 5,19 nicht vom Heilsausschluss redet (anders z.B. GIELEN, Konflikt, 67f; SIM, Least, bes. 583f), sondern besagt, dass denen, die Iota und Häkchen vernachlässigen, im Himmelreich schlechtere Plätze drohen (vgl. BROER, Freiheit, 52f). - In narratologischer Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass Matthäus bis 5,20 noch keine Episode geschildert hat, die das hier gefällte Urteil substantiiert; die Ungerechtigkeit der Pharisäer - oder mit einem matthäisehen Terminus gesprochen: ihre aVOj.lLCX (vgl. 23,28!) - wird von Anfang an als Faktum vorausgesetzt. 114 In den Thesen sieht Matthäus m.E. nicht einfach Torasätze (anders z.B. Luz, Mt 15 , 330; BROER, Freiheit, 75-81; ECKSTEIN, Weisung, 396-403; SIM, Christian Judaism, 129; NIEBUHR, Antithesen, 176f), sondern Tora in ihrem defizitären Verständnis bei den Schriftgelehrten und Pharisäern (in diesem Sinne auch BURCHARD, Versuch, 40-44; DIETZFELBINGER, Antithesen, 3; H.-W. KUHN, Liebesgebot, 213-218; CHARLES, Righteousness, 8). Zur Begründung s. KONRADT, Erfüllung, 130-141. 115 Vgl. HELD, Wundergeschichten, 166f; GIELEN, Konflikt, 91. 112
VOj.lOU
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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davidischer Messias verbunden hat l16 , zum anderen, dass in 1,21 als seine zentrale Aufgabe vorgebracht wurde, "sein Volk von ihren Sünden zu retten". Die Opposition der Schriftgelehrten ist in diesem Kontext zu sehen. In 2,4-6 haben die Schriftgelehrten selbst auf der Basis der Schrift als Aufgabe des Messias aufgewiesen, Israel zu weiden; damals haben sie sich als Verbündete des Herodes gezeigt und damit ihre Bosheit und Verblendung zutage treten lassen. Nun, da Jesus erstmals die mit seinem heilenden Handeln verbundene soteriologische Dimension seines Wirkens und also seine Vollmacht als davidisch-messianischer Hirte Israels artikuliert, formiert sich - erneut - ihre Opposition, wobei Matthäus das Denken der Schriftgelehrten nun ausdrücklich als boshaft bezeichnet (9,4)117. Dass Matthäus die aus Mk 2,1-12 übernommene Erzählung kompositorisch als erste konflikthafte Begegnung positioniert, fügt sich dabei gut dem skizzierten Befund ein, dass in 9,2-8 die im Prolog exponierten Leitmotive Pate stehen: Es geht um die böswillige Opposition gegen den messianischen Hirten, der zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gesandt ist, um sie von ihren Sünden zu retten. Zu beachten sind in 9,2-8 des Weiteren die Querbeziehungen zur Passionsgeschichte 118 : Nur in 9,3 und in 26,65 wird gegen Jesus der Vorwurf der Blasphemie erhoben. Auch dort geht es um die Würde stellung Jesu, auch dort redet Jesus von sich als dem Menschensohn - nun ausblickend auf seine Erhöhung zur Rechten Gottes. Diese Querverbindungen unterstreichen, dass es bei der ersten Konfliktszene gleich um den Kern der Feindseligkeit der Autoritäten geht: Ihre Opposition richtet sich gegen die exzeptionelle Autorität Jesu 119. Während die Schriftgelehrten Jesus in 9,2-8 noch nicht offen kritisieren, führt die in 9,10-13 nachfolgende Szene einen ersten Schritt weiter: Die Pharisäer wenden sich zwar noch nicht direkt an Jesus, äußern aber auch nicht mehr bloß wie die Schriftgelehrten in 9,3f EV (:CWWl.C; böse Gedanken, sondern sprechen Jesu Jünger an. Thematisch schließt der Konfliktpunkt, die sich in der Tischgemeinschaft ausdrückende Zuwendung Siehe oben Kap. 2.1.3. Die Worte der Schriftgelehrten hat Matthäus auf den Kernvorwurf der Blasphemie gekürzt, der so vollen Ton erhält. V gl. GIELEN, Konflikt, 91: "Die mt Schriftgelehrten lassen ... im Unterschied zu den mk Schriftgelehrten jede Spur von Unsicherheit oder Hinterfragung ihrer eigenen Meinung vermissen und fällen stattdessen das kategorische Urteil: ,Dieser lästert Gott. '" V gl. dazu bereits HUMMEL, Auseinandersetzung, 37 und GUNDRY, Mt, 164. 118 Vgl. dazu REPSCHINSKI, Stories, 68.70. 119 Zugleich wird durch diese Querverbindungen im Blick auf 9,2-8 deutlich, dass es die Autorität des Weltenrichters ist, in der Jesus Vergebung der Sünden zuspricht, und dies im Blick auf das Endgericht geschieht (vgl. Luz, Mt II, 37). 116 117
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Jesu zu den Zöllnern und Sündern, unmittelbar an die vorangehende Kontroverse über die Sündenvergebung an l2o. Zugleich wird dadurch, dass Matthäus die Pharisäer in der anklagenden Frage an die Jünger von Jesus als 0 r5LliaoKaÄol; ullWV sprechen lässt, die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dass es um die Frage des rechten Verständnisses des Willens Gottes geht. Die Einfügung der Zitation von Ros 6,6 in Jesu Antwort (Mt 9,13) nimmt dieses Moment aufl21 . Schwingt in der Frage der Pharisäer der Vorwurf mit, dass Jesu Verhalten seine Kompetenz als Lehrer in Frage stelle, so dreht Jesu Antwort durch die Aufnahme von Ros 6,6 die Anklage um: Tatsächlich sind es die Pharisäer, die die Schrift zu lernen haben (nopEu6EV'L'E<; OE lla6E'L'E), während Jesu Verhalten im vollkommenen Einklang mit derausweislich Ros 6,6 - zentralen Forderung der Schrift steht. Jesus erweist sich als der eine wahre Lehrer (vgl. 23,10). Das Prophetenwort ist für Matthäus dabei nicht nur im positiven Teil (UEO<;) zur Kennzeichnung der Gesetzeshermeneutik Jesu bedeutsam, sondern für ihn bezeichnet zugleich 9UGlIX leitwortartig das Programm der Pharisäer122 . Im Kontext von 5,1720 betrachtet erscheint der Konflikt als eine erste Illustration, dass Jesus den in Tora und Propheten zum Ausdruck kommenden Willen Gottes erfüllt 123 , während die Pharisäer hinter den großen Geboten zurückbleiben. Matthäus lässt die Pharisäer sodann am Ende des Zyklus in 9,32-34 wieder auftreten. Es wurde bereits in Kap. 2.2.1 darauf hingewiesen, dass die zentrale Funktion des Textes darin besteht, paradigmatisch die divergierenden Reaktionen der Volksmengen einerseits und der Autoritäten andererseits herauszustellen. Eine Reaktion Jesu bleibt hier noch aus. Der Konflikt ist in Mt 5-9, wie ausgeführt, noch nicht das zentrale Thema; im Vordergrund steht zunächst die Präsentation des vollmächtigen Lehrens und Randelns Jesu selbst. In Mt 11,2-16,20 werden sich die Akzente signifikant verschieben. 3.1.2.3 Die Zuspitzung des Konflikts in Mt 11,2-16,20
Mit der Täuferanfrage in 1l,2f introduziert Matthäus einen neuen thematischen Schwerpunkt in seiner Jesusgeschichte: Es geht nun verstärkt um die
Siehe dazu oben Kap. 2.1.3, S. 50. REPSCHINSKI, Stories, 78 vermerkt zu Recht, dass die Rede von Jesus als Lehrer im Munde der Pharisäer in 9,11 die Einfügung des Schriftzitats in 9,13 vorbereitet. 122 Vgl. GIELEN, Konflikt, 98f. 123 Dieser kontextuellen Verbindung fügt sich ein, dass das auf das Hoseazitat folgende und dieses auf Jesu Wirken beziehende Logion in 9,13b nach 5,17 das zweite Wort ist, in dem Jesus den Sinn seines Gekommenseins artikuliert. 120 121
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
119
unterschiedlichen Reaktionen auf Jesu Wirken l24 , um die unterschiedlichen Antworten auf die Frage nach der Identität Jesu. 16,13-20 nimmt ebendiese Frage (und die Pluralität der Antworten darauf) auf - und führt sie zu einem vorläufigen Abschluss: Am Bekenntnis zu Jesus als Messias und Sohn Gottes bildet sich die Jüngergemeinde heraus (16,15-19). In den Volksmengen keimt christologische Erkenntnis (12,23), doch hebt Matthäus die Jünger nun deutlicher von ihnen ab (12,46-50; 13,10-li 25 ). Zugleich bleiben die Volksmengen aber, wie gesehen, dezidiert von den Autoritäten unterschieden, deren Opposition gegen Jesus nun eine neue Qualität gewinnt. Ansichtig wird diese Verschärfung des Konflikts in den Sabbatauseinandersetzungen in 12,1-14. Die Sabbatheiligung gehört zu den zentralen jüdischen ,identity markers'; die Kontroversen in Mt 12 berühren also einen sensiblen Punkt. Hatten die Schriftgelehrten in 9,3 den Blasphemievorwurf ,nur' EV EctU"t"OL<; erhoben und hatten sich die Pharisäer in 9,11 an Jesu Jünger gewandt, so gehen sie nun erstmals Jesus direkt an (12,2)126. Dabei tritt schon in der Äußerung der Pharisäer in V.2 eine Verschärfung des Tons gegenüber der Markusvorlage zutage, denn Matthäus lässt die Pharisäer nicht nach einem möglichen Grund für das Verhalten der Jünger fragen 127, sondern sogleich die Gesetzesübertretung konstatieren 128. Wiederum aber werden sie als die Unverständigen bloßgestellt. Von weichenstellender Bedeutung ist, dass Matthäus im narrativen Rahmen darauf verweist, dass die Jünger Hunger hatten. Diese Notiz dient nicht nur der Analogisierung mit dem Rekurs auf David in V.3 129 , sondern bereitet vor allem das von Matthäus in V.5-7 eingefügte halachische Argument vor l3 O, in dem der matthäische Jesus mit der Hierarchie unter den Geboten
124 Vgl. DAVIEs/ALLJSON, Mt 11, 294: "The issue now becomes response to Jesus" (Hervorhebung im Original). 125 Einzustellen sind hier auch die Speisungsgeschichten in 14,13-21 und 15,32-39, wo die Jünger als eine Art Mittler zwischen Jesus und den Volksmengen erscheinen (14,19; 15,36). Siehe dazu unten Kap. 6.1, S. 353. 126 Vgl. KINGSBURY, Conflict, 68f. 127 Vgl. Mk 2,24: KCtL oi ct>CXptaCXLOL EAqov cx\m~· '(OE tL (!) 1TOLOÜOLV tOL~ oaßßcxoLV
Ö OUK E~Ea'CI.V: 128 Treffend GIELEN, Konflikt, 108: Mit der Form ihrer Anklage schließen die Pharisäer "von vornherein die Möglichkeit aus, daß ein berechtigter Grund für das Tun der Jünger vorliegen könnte." Siehe auch DAVIES/ALLJSON, Mt 11,306. 129 Zu diesem Zusammenhang s. GNILKA, Mt I, 443.444; DAVIES/ALLJSON, Mt 11,306; VERSEPUT, Rejection, 158 u.a. 130 Dagegen sieht YANG in E1TELVCXOCXV bloß "a stylistic addition" (Jesus, 166) und streitet eine Bedeutung der Erwähnung des Hungers als Basis für 12,(5-)7 ausdrücklich ab (168).
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
argumentiert 131 und in diesem Sinne erneut auf Ros 6,6 rekurriert: Verdrängt schon der Tempeldienst das Sabbatgebot (Mt 12,5, vgl. Num 28,9f, ferner tShab 15,16), dann erst recht die Barmherzigkeit, die ausweislich des Prophetenwortes über dem Opfer steht (12,7) und daher Größeres 132 ist als der Tempel (12,6). Die Jünger sind deshalb - wie die Priester im Tempel - unschuldig. Die Pharisäer aber haben mit ihrem Vorwurf erneut ihre eigene Schriftunkenntnis offenbar werden lassen 133 . Insbesondere haben sie - im Licht von 9,10-13 betrachtet - demonstriert, dass sie Jesu Aufforderung von 9,13a in den Wind geschlagen haben 134 : Sie weigern sich, die Unterweisung des wahren Lehrers Jesus anzunehmen, um ihr Defizit zu überwinden; nach wie vor verstehen sie nichts von der zentralen Forderung der Barmherzigkeit. Anders als in 9,13 fordert Jesus sie nicht mehr zum Lernen auf, sondern konstatiert durch den Irrealis in 12,7 nur noch, dass sie ihre Lektion nicht gelernt haben 135 . Dieses Moment der Unkenntnis der Barmherzigkeit kennzeichnet auch die matthäische Version der nachfolgenden, durch die redaktionelle Über-
131 Vgl. MAYER-HAAS, Geschenk, 443.487; DEINES, Gerechtigkeit, 485. - Zur Differenzierung der Wertigkeit innerhalb der Gebote als wichtigem Moment der matthäischen Gesetzeshermeneutik s. KONRADT, Erfüllung, 132f.143.145-149. 132 }.lEi( ov wird im Kontext durch EAEO~ näher bestimmt (ebenso Luz, Mt II, 231; FRANKEMÖLLE, Mt II, 133; FIEDLER, Mt, 247f; GIELEN, Konflikt, 109f.115; DOERING, Schabbat, 433f, s. auch MA YER-HAAS, Geschenk, 444: "bedenkenswert"). Der von den meisten Auslegern postulierte Bezug auf Jesus selbst (s. SAND, Mt, 255; GNILKA, Mt I, 444; GUNDRY, Mt, 223; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 314; NOLLAND, Mt, 484; BRANDON, Fall, 228f; HUMMEL, Auseinandersetzung, 42.44; BARTH, Gesetzesverständnis, 76; VERSEPUT, Rejection, I 64f; Kupp, Emmanuel, 75f; LYBIEK, Use, 492f; YANG, Jesus, 176f.180f; SIM, Christian Judaism, 137; THIELMAN, Law, 65; REPSCHINSKI, Stories, 100; VAHRENHORST, "Ihr sollt überhaupt nicht schwören", 383 mit Anm. 13; BOERMAN, Structure, 323f; DEINES, Gerechtigkeit, 486 mit Anm. 85 u.a.) ist aufgrund der neutrischen Form unwahrscheinlich. Christologische Töne sind gleichwohl mitzuhören, denn Jesus selbst "verkörpert in seiner Person die an der Barmherzigkeit als oberstem göttlichen Willen ausgerichtete Torainterpretation" (MAYER-HAAS, Geschenk, 444). 133 Durch die Einfiigung von 12,5-7 tritt das Motiv der Schriftunkenntnis der Pharisäer wesentlich stärker hervor als in der markinischen Vorlage: Sie müssen nicht nur an die Szenerie bei David erinnert werden (12,3fpar Mk 2,25f); sie haben offenbar auch die Bestimmung über den Tempeldienst am Sabbat nicht gelesen (s. das erneute OUK aVEyvw'tE in 12,5), und schon gar nicht haben sie das Prophetenwort von Hos 6,6 verstanden (12,7). 134 Vgl. ANDERS ON, Web, 109f; GIELEN, Konflikt, 110; REPSCHINSKI, Stories, 100f.305; FIEDLER, Mt, 248. Hingegen sieht LANDMESSER, Jüngerberufung, 111.126-128 Mt 9,13 an die Jünger gerichtet. Im Kontext ist das nicht plausibel, denn der Vers ist Teil der Replik Jesu auf den Vorwurf der Pharisäer in V.Il. 135 V gl. GUNDRY, Mt, 224; GIELEN, Konflikt, 110; REpSCHINSKI, Stories, 100f. 305.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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gangswendung Kal j.1Etaßar; EKEl.6EV direkt mit 12,1-8 verknüpften 136 Sabbatauseinandersetzung in 12,9-14, in der der Konflikt mit den Pharisäern gegenüber der markinischeri Fassung ebenfalls an Schärfe gewonnen hat: Anders als bei Markus warten die Pharisäer nicht ab, ob Jesus den Mann mit der verdorrten Hand am Sabbat heilen wird, sondern sie konfrontieren ihn direkt und grundsätzlich mit der Frage, "ob man am Sabbat heilen darf' 137. Dieser Veränderung entspricht, dass Matthäus Mk 3,3 übergangen hat - der Mann mit der verdorrten Hand tritt in den Hintergrund - , während der Evangelist die Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern durch die Einfügung von Mt 12,1l-12a um ein wichtiges Argument 138 erweitert hat: Im Zentrum steht also die Konfrontation mit den Pharisäern 139 . Das Ziel der Initiative der Pharisäer ist V.10 zufolge, dass Jesus ihnen einen Grund zur Anklage gegen ihn liefert (vgl. Mk 3,2). Nach der Kontroverse in 12,1-8 mit Jesu Betonung der Barmherzigkeit dürfen sie davon ausgehen, dass Jesus den Mann heilen und also - in ihrem Verständnis den Sabbat durch eine an ihm verbotene Tätigkeit brechen wird. V.10 macht, anders gesagt, deutlich, dass Jesu Argumentation in 12,3-8 die Pharisäer nicht ihre Auffassung überdenken lässe 4o , sondern ihnen die Kenntnis der Position Jesu allein dazu dient, um ihn gezielt und erfolgversprechend provozieren zu können. Die Fronten sind längst, ja von Anfang an, verhärtet. Das Kalkül der Pharisäer geht freilich nicht auf, denn bevor Jesus den Mann heilt, stellt er seine Kontrahenten in einem kurzen halachischen Diskurs bloß. Jesus behaftet die Pharisäer nämlich in V.ll mit dem Verweis auf die selbstverständliche Hilfe für ein am Sabbat in die Grube gefallenes Schaf141 bei ihrer eigenen Sabbatpraxis. Da ein Mensch viel mehr ist als 136
Vgl. YANG, Jesus, 140.197f; GIELEN, Konflikt, 120; MAYER-HAAS, Geschenk,
448. 137 Vgl. GUNDRY, Mt, 225; YANG, Jesus, 198f.212; DOERING, Schabbat, 457; REpSCHINSKI, Stories, 109; VAHRENHORST, "Ihr sollt überhaupt nicht schwören", 384. 138 Dieses Argument ist keine freie Bildung des Evangelisten, sondern hat, wie Lk 13,15f; 14,5 zeigt, Tradition (s. dazu DOERING, Schabbat, 457-459). Die Erwägung von MA YER-HAAS, Geschenk, 451, dass das Logion "möglicherweise ein Bestandteil der vormarkinischen Fassung von Mk 3,1-6* war, der auf dem Weg der Matthäusredaktion wieder in den vormarkinischen Kontext zurückgelangte" (vgl. a.a.O., 353-355), bleibt spekulativ. 139 Vgl. Luz, Mt II, 237; BARTH, Gesetzesverständnis, 73; HARRINGTON, Tensions, 50.51 u.a. 140 Vgl. GIELEN, Konflikt, 118f; HAYS, Torah, 18lf(zuMt 12,7). 141 Diese Selbstverständlichkeit lässt sich freilich durch keine jüdischen Texte belegen. Vielmehr begegnet in CD 11,13f eine divergierende Halachah: "Niemand soll Vieh beim Werfen helfen am Sabbattag. Und wenn es in einen Brunnen fällt oder in eine Grube, so soll er es nicht am Sabbat wieder herausholen" (Übers. Lohse; vgl. 4Q265
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
ein Schaf (V.12a), ergibt sich aus der eigenen Praxis der Pharisäer notwendig die Konsequenz, dass erst recht einem Menschen zu helfen ist (V.12b)142. Jesu Folgerung in V.12b ist im Wortlaut direkt auf die Frage der Pharisäer von V.IO bezogen, nur ist 9EPO".lTEUELV durch KO".lwc; lTOLELV ersetzt und damit qualifiziert und interpretiert l43 . Dass die Pharisäer die für den Evangelisten alternativlose Folgerung von V.12b nicht ziehen, offenbart die Irrationalität ihrer Halacha. Oder anders: Jesus entlarvt mit seiner Argumentation die Boshaftigkeit der Pharisäer ihm gegenüber und ihre Unbarmherzigkeit gegenüber den Menschen; KO".lwc; lTOLELV haben sie nicht im Sinn. Wird Jesus in 12,2, wie angemerkt, erstmals direkt angegangen, so kann man in 12,9-14 in der Zuspitzung des Konflikts eine weitere Stufe erreicht sehen: Wandten sich die Pharisäer in 12,2 noch gegen ein Verhalten der Jünger, so ist nun - wie zuvor in 9,2-13, aber jetzt in direkter Konfrontation - das Handeln Jesu selbst anvisiert l44 . Dieser Entwicklung korrespondiert der Ausgang der Kontroverse in 12,9-14. Nach V.IO zielten die Pharisäer, wie gesehen, darauf, einen Anklagegrund zu erhalten. Ihr Schweigen am Ende verweist auf ihr Scheitern. Statt dessen gehen sie hinaus 145 und beschließen, Jesus umzubringen. Die Pharisäer, "die durch die Position Jesu ihre eigenen theologisch-religiösen Grundlagen in Frage gestellt sehen,,146, die in der Darstellung des Evangelisten der Argumentation Jesu aber nicht gewachsen sind und darüber hinaus noch zusehen müssen, wie Fragm. 7 1,6t). bShab 128b erlaubt immerhin Hilfestellung: "Wenn ein Vieh in einen Wassergraben fällt, so hole man Kissen und Polster und lege sie ihm unter, und wenn es dann heraufkommt, so ist nichts dabei" (Übers. Goldschmidt). Siehe ferner die Ausfiihrungen in tShab 15,11-16! 142 Ist Heilen folglich nicht zu den am Sabbat verbotenen Arbeiten zu zählen (vgl. MAYER-HAAS, Geschenk, 452), so ist zugleich anzufiigen, dass Matthäus zwar die halachis ehe Diskussion aufnimmt, durch 12,5-7 und den in 12,12b aufgestellten Grundsatz aber die Definition einer differenzierten Sabbathalacha überhaupt an Relevanz verliert, ja tendenziell obsolet wird. Vgl. DOERING, Schabbat, 462: "Zwar scheint man in der mt Gemeinde an der Sabbatbeobachtung festzuhalten ... Die grundlegend bestimmende Perspektive der Liebe läßt aber eine halachisch verläßliche Regelung nicht mehr zu" (Hervorhebung im Original; s. auch a.a.O., 435t). 143 Im Kontext betrachtet schreibt KaJ..w~ lTOLELV die Betonung des EJ..Eo~ in 12,5-7 fort. Oder anders: Mt 12,9-14 illustriert die in 12,5-7 vorgebrachte Überordnung der Barmherzigkeit (vgl. Luz, Mt H, 239; DAVIES/ALLISON, Mt H, 320; FRANKEMÖLLE, Mt H, 134f; D. HILL, Use, 115f; YANG, Jesus, 206f; GIELEN, Konflikt, 119; VAHRENHORST, "Ihr sollt überhaupt nicht schwören", 388; MA YER-HAAS, Geschenk, 448f.452). 144 Vgl. KINGSBURY, Conflict, 69. 145 Die Erwähnung der Herodianer in Mk 3,6 hat Matthäus ausgelassen. Sein Interesse gilt den Pharisäern. 146 GIELEN, Konflikt, 124.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Jesus die Volksmengen zu sich zieht, suchen der Situation Herr zu werden, indem sie den Rivalen zu beseitigen trachten. Der Konflikt ist zu einem tödlichen geworden l47 . 12,14 setzt damit einen - weiteren - Vorausverweis auf die Passion. Dem fügt sich ein, dass die Wendung aUf.LßouALOV AUf.Lß&.VELV mehrmals in den Jerusalem-Kapiteln aufgenommen wird l48 . Auf dem Hintergrund der Zuspitzung des Konflikts ist zu sehen, dass Jesus, als er - wie Matthäus ausdrücklich hinzufügt - diesen Plan erkannte, sich von dort zurückzog (12,15a)149. Matthäus benutzt dabei mit &VUXWpELV - in Anknüpfung an Mk 3,7 - dasselbe Verb, das er schon in Mt 2 im Zusammenhang der Flucht vor Herodes (2,14) und später vor seinem Sohn Archelaos (2,22) benutzt hatte l50 . Die Pharisäer sind in die Fußstapfen des Herodes getreten. Ihr Grundmotiv ist zu dem des Herodes analog: Es geht um die Ausschaltung des ihre Stellung bedrohenden Konkurrenten. Durch das vom Evangelisten in 12,18-21 angefügte Reflexionszitat stellt Matthäus dabei die Gottfeme der Pharisäer heraus, denn der, den sie zu töten trachten, wird von der Schrift her als der von Gott geliebte iTUL<; ausgewiesen, an dem Gott Wohlgefallen hat. Das Vorgehen der Pharisäer steht also in scharfem Kontrast zu Gottes Wohlgefallen an Jesus l51 . Die Volksmengen hingegen hängen Jesus weiterhin an: Sie folgen ihm in großen Scharen nach und lassen sich von ihm heilen (12,15). Genau diese positive Resonanz bildet den Kontext der nächsten Konfliktszene in Mt 12,22-24. Matthäus variiert hier, wie oben ausgeführt, 9,32-34. In den Volksmengen reift inzwischen die christologische Erkenntnis heran, Jesus könne der davidische Messias sein I52 • Diese Überlegung der Volksmengen ruft die Pharisäer auf den Plan: Jesu Wirken weist ihn nicht als Messias aus, sondern als im Bunde mit dem Teufel stehend. Der ausdrückliche Rückbezug auf die Äußerung der Volksmengen durch &KouaUV1:E<; in 12,24 macht dabei deutlich, dass hier nicht bloß divergierende Reaktionen auf die Heilung einander gegenübergestellt sind, sondern der pharisäische Vorwurf näherhin Reaktion auf die Worte der Volksmengen ist 153 • Noch nicht die Heilung an sich provoziert die Polemik VgJ. KrNGSBURY, Conflict, 69f; GIELEN, Konflikt, 119f. Siehe Mt 22,15; 27,1.7; 28,12. 149 Matthäus nimmt hier Mk 3,7 auf, doch wird durch die Einfügung von yvouC; der Zusammenhang mit dem Plan der Pharisäer stärker betont. 150 Siehe ferner 2,12f von den Magiern, die sich Herodes entziehen, sowie 4,12, wo Jesus sich auf die Nachricht von der Gefangennahme des Täufers hin nach Galiläa zurückzieht. 151 VgJ. exemplarisch YANG, Jesus, 218. 152 Siehe dazu oben Kap. 3.1.1, S. 102. 153 VgJ. ZAHN, Mt, 455 mit Anm. 71; SAND, Mt, 261; GNILKA, Mt I, 457; GUNDRY, Mt, 232; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 335; NOLLAND, Mt, 498; HUMMEL, Auseinanderset147 148
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der Pharisäer, sondern es ist die Zustimmung im Volk, die sie zu ihrer diffamierenden Äußerung veranlasst 154 . Dies wiederum verweist auf das eben erwähnte Basismotiv der matthäischen Darstellung des Konflikts: Die Autoritäten fürchten um ihre Stellung im Volk. Der fortschreitenden Erkenntnis der Volksmengen korrespondiert, dass die Pharisäer ihren Vorwurf von 9,34 nicht nur erneuern, sondern durch DtJK ••• EL Il~ noch eindringlicher formulieren 155. Kurzum: Dass die Pharisäer den Zuspruch für Jesus bei den Volksmengen kontern, indem sie ihm Bundesgenossenschaft mit dem Teufel unterstellen, ist ein Versuch, Jesus bei den Volksmengen zu diskreditieren l56 . Anders als in 9,32-34 folgt nun eine direkte Replik Jesu auf den Vorwurf der Pharisäer 157 , die deren Bosheit (12,34!) und Böswilligkeit scharf ans Licht stellt und in der Ansage des Gerichts gipfelt (12,25-37), was exemplarisch die Akzentverschiebung zwischen 4,17-11,1 und 11,2-16,20 anzeigt und insbesondere der Zuspitzung des Konflikts in 12,1-14 korrespondiert. An diesen "ersten direkten Angriff Jesu auf seine Gegner,,158 schließt mit der Zeichenforderung sogleich die nächste Kontroverse an. Matthäus folgt hier der Q-Version (Q 11,29-32), fügt aber - wohl wiederum durch Markus inspiriert (vgl. Mk 8,11) - "einige der Schriftgelehrten und Pharisäer" als Kontrahenten ein 159. Matthäus bleibt damit konsequent im Rahmen der in l2,23f eingetragenen Differenzierung; wie schon zung, 123; VERSEPUT, Role, 535; GIELEN, Konflikt, 126.128; REpSCHINSKI, Stories, 122; NOVAKOVIC, Messiah, 82. MEISER, Reaktion, 260 spricht in diesem Zusammenhang zutreffend von den Autoritäten als "Träger[n] aktiver Gegenpropaganda". Nach DAVIEsl ALLISON, Mt II, 139 ist bereits Mt 9,34 als Reaktion auf die Worte der Volksmengen zu verstehen. - Zur von Matthäus analog zu 12,23f gestalteten Szenerie in 21,15f s. unten Kap. 3.1.2.5, S. 134. 154 Der Zusammenhang mit V.23 wird in der matthäischen Version des Beelzebulvorwurfs in V.24 noch dadurch unterstrichen, dass OUto~ die Verwendung des Demonstrativpronomens in der Äußerung der Volksmengen aufnimmt: Dieser ist nicht etwa der Messias, sondern treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebul. 155 Vgl. dazu SAND, Mt, 261; Luz, Mt H, 252, Anm. 2; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 335. Zum semitischen Hintergrund BEYER, Syntax, (129-)131. 156 Die Notiz in 12,25, dass Jesus ihre Gedanken erkannte, kennzeichnet hier nicht die Worte der Pharisäer als nur im eigenen Kreise gesprochen (anders HAGNER, Mt I, 342; GUNDRY, Mt, 233); sie reden hier nicht wie die Schriftgelehrten in 9,3 EV E!XUtoi.~, sondern reagieren mit ihrer Äußerung auf die Worte der ÖXAOL. In 12,25 will Matthäus mit Elöw~ ÖE 1:Ct~ EVeUj.l~aEL~ !Xtm3v vielmehr "grundsätzlich sagen: Jesus durchschaut seine Gegner" (Luz, Mt II, 259, s. auch LUCK, Mt, 150). 157 Vgl. Luz, Mt II, 250f; GIELEN, Konflikt, 128; REPSCHINSKI, Stories, 132. 158 Luz, Mt II, 269. 159 In Q waren die, die Jesus mit der Zeichenforderung konfrontieren, offenbar nicht näher bezeichnet. Vgl. ROBINSON u.a., The Critical Edition of Q, 246, ferner z.B. GIELEN, Konflikt, 147.
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bei der Gerichtspredigt des Täufers in 3,7-10 wird also die Ausrichtung von Q-Logien von Matthäus verändert. Damit geht einher, dass er die Zeichenforderung in 12,38 als direkte Reaktion auf Jesu vorangehende an und gegen die Pharisäer gerichtete Rede (12,25-37) präsentiert (U1TEKpLeT)Oav!). Jesu Antwort mündet wiederum in eine Gerichtsankündigung ein (V.41±). Eine Vielzahl von Auslegern findet hier nun in der Rede von "diesem Geschlecht" (V.39.41.42) eine signifikante Veränderung der Stoßrichtung der Aussage gegenüber dem Voranstehenden: Die Rede von "diesem Geschlecht" bzw. "dieser Generation" transzendiere die auf der narrativen Ebene erreichte Situation und signalisiere das Gericht an IsraeZ 160 • Auf Mt 12,25-45 wird daher unten in Kap. 4.3.2 noch detailliert einzugehen sein. Der Konflikt mit den jüdischen Autoritäten hat in Mt 12 einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Nun verschwinden die Autoritäten vorerst von der Bildfläche. In der nachgetragenen Erzählung vom Tod des Täufers in 14,312 klingt die Konfliktthematik insofern indirekt an, als das Ergehen des Täufers, des Vorboten Jesu, ein Vorausverweis auf das gewaltsame Ende ist, das auch Jesus selbst erleiden wird 161 (vgl. 17,12±). Dies wird in 14,13 dadurch unterstrichen, dass die Nachricht vom Tod des Täufers Jesus zu einem nach 12,15 erneuten Rückzug veranlasst. Zu einer weiteren Auseinandersetzung mit den Schriftgelehrten und Pharisäern kommt es dann in Mt 15,1-9 über die pharisäische Reinheitshalacha, genauer: über die Frage des Händewaschens vor dem Essen. Die Auseinandersetzung ist eine Art Seitenstück zur Sabbatkontroverse in Mt 12,1-8. In beiden Fällen geht es um im pharisäischen Verständnis zentrale Bereiche jüdischer Identität, und wieder wird Jesus mit einem das Verhalten seiner Jünger betreffenden Vorwurf konfrontiert. Zugleich dokumentiert sich in 15,1-9 auch die durch die Sabbatkontroversen eingetretene Verschärfung des Konflikts. Zum einen ging es in Mt 9; 12 noch um ,lokale' Konflikte mit vor Ort befindlichen Pharisäern und Schriftgelehrten. Nun aber kommen Pharisäer und Schriftgelehrte aus Jerusalem eigens herbei 162, um die Auseinandersetzung mit Jesus zu suchen. Dies signalisiert eine neue Dimension des Konflikts: Das religiöse Establishment aus JeruSiehe z.B. Luz, Mt II, 278.282. Dies wird durch analoge Züge unterstrichen: Johannes hatte Herodes Antipas kritisiert; daraufhin sucht dieser den Täufer zu töten. Von der sofortigen Realisierung seines Begehrens lässt ihn aber zunächst seine Furcht vor der Volksmenge Abstand nehmen, denn diese hält Johannes für einen Propheten. Auch Jesus wird von denen getötet, die er scharf kritisierte. Auch Jesu Gegner fürchten das Volk, das Jesus ebenfalls für einen Propheten hält (21,45f). 162 Vgl. GIELEN, Konflikt, 153f. - Im Erzählduktus des Markusevangeliums begegnen bereits in Mk 3,22 Schriftgelehrte aus Jerusalem. Matthäus führt hier - statt einer lokalen Näherbestimmung - die Pharisäer ein (Mt 12,24). 160 161
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salem wurde auf Jesus aufmerksam (gemacht). Dies gewinnt an Kontur, wenn man des Weiteren beachtet, dass anders als in 12,1-2a - und auch anders als in der Markusvorlage (Mk 7,2)163 - kein aktueller Anlass für die Anklage der Pharisäer und Schriftgelehrten geschildert wird l64 . Matthäus lässt hier eine Leerstelle, die die Frage evoziert, ob er insinuieren möchte, dass die Jerusalemer Pharisäer und Schriftgelehrten auf der Basis von Nachrichten über Jesus und seine Jünger gegen ihn agieren l65 . Zum anderen zeigt sich die gegenüber 12,1-8 veränderte Situation darin, dass die Schriftgelehrten und Pharisäer auf ihre Frage von V.2 gar keine Antwort erhalten, sondern Jesus ihren Vorwurf sogleich mit einem Gegenvorwurf erwidert l66 . Matthäus hat dazu an seiner markinischen Vorlage (Mk 7,1-23) einige signifikante Veränderungen vorgenommen l67 . So hat er nicht nur Mk 7,8-13 vor Mk 7,6f gestellt, sondern auf dieser Basis zugleich den Vorwurf der Schriftgelehrten und Pharisäer (Mt 15,2) und den Gegenvorwurf Jesu (15,3) parallel formuliert. Der Evangelist lenkt damit die Aufmerksamkeit gleich am Anfang darauf, was für ihn der Kern der Auseinandersetzung ist: Der Übertretung der Überlieferung der Alten durch die Jünger steht die Übertretung des Gebots Gottes bei den Schriftgelehrten und Pharisäern um ihrer Überlieferung willen gegenüber (v gl. 15,6), womit das Postulat eines inhaltlichen Dissenses zwischen beiden Größen erhoben ist l68 . Indem Matthäus sodann zum einen in der Einleitung zum - der Illustration des Gegenvorwurfs dienenden - Elternehregebot Mwüafj<; (Mk 7,10) durch 0 8E6<; (Mt 15,4) ersetzt und zum anderen die in V.5-6a zitierte Position seiner Gegner im Wortlaut in einen direkten Ge(" , , 1HnEpa , '-)169 · gensatz zum Dek aIogge b ot bnngt ou f.LTJ "tLf.LTJaEl "tov au"tou , unterstreicht er die Kontrastierung und sachliche Differenz von menschlicher Satzung (vg1. V.9) und göttlichem Gebot. In aller Deutlichkeit tritt hier das Bestreben des Evangelisten zutage, die Gegner Jesu als Lehrer des göttlichen Willens zu delegitimieren.
163 In Mt 12,1 f sehen die Pharisäer das Ährenraufen der Jünger. In Mk 7,2 beobachten die Pharisäer und Schriftgelehrten, dass einige der Jünger Jesu mit ungewaschenen Händen essen. 164 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 519. 165 GIELEN, Konflikt, 163 findet hier "eine gleichsam inquisitorische Note" und führt aus: "Der Leser muß assoziieren, daß gezielte Informationen über Jesus nach Jerusalem gelangt sind, die Pharisäer und Schriftgelehrte veranlaßt haben einzuschreiten" (163f). 166 Vgl. GIELEN, Konflikt, 153; NOLLAND, Mt, 615 u.a. 167 V gl. die Übersichten bei Luz, Mt II, 416f; DAVIEsl ALLISON, Mt II, 517f. 168 Vgl. Luz, Mt II, 420. 169 Vgl. SAND, Mt, 312; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 524; HARRINGTON, Mt, 230; GUNDRY, Mt, 304; KRÄMER, Anmerkung, 69f; S. VON DOBBELER, Grenze, 65f.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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Auf die von den Kontrahenten aufgeworfene Frage geht Jesus erst in seiner Belehrung an die Volksmengen ein (15,1Of). Im Erzählduktus des Matthäusevangeliums erhält dies durch die vorangegangenen Kontroversen Profil: Die Schriftgelehrten und Pharisäer überzeugen zu wollen, hat sich längst als sinnlos erwiesen; sie sind nicht willens auf Jesus zu hören, wie 12,7 im Kontext von 9,13 gezeigt hat 170. Wohl aber geht es noch darum, die Volksmengen ,aufzuklären' und - trotz 13,10-17 - zum Verstehen zu führen 17l , d.h. mit dem wahren Verständnis des Willens Gottes vertraut zu machen. Das matthäische Interesse an der Delegitimation der Pharisäer tritt dann in der redaktionellen Einfügung von 15,12-14 172 deutlich hervor: Bevor Matthäus die Unterweisung der Jünger über die aufgeworfene Frage der Reinheitshalacha aufnimmt (V. 15-20)173, lässt er Jesus zunächst seinen grundsätzlichen Angriff auf seine Kontrahenten in V.3-9 untermauern. Diese sind nicht nur in Sachen Reinheitstora fehlorientiert, vielmehr ist der konkrete Konflikt bloß exemplarischer Ausweis dafür, dass sie überhaupt inkompetent und fern von Gott sind. Dass die Pharisäer 174 an Jesu Wort l75 Anstoß nahmen, soll die Jünger nicht weiter bekümmern (ä<jlE"L"E alrwuc;176 [V. 14]). Jesus bestreitet den Pharisäern zunächst mit einer solennen Ge-
Siehe oben S. 120. Siehe die Aufforderung in Mt 15,10: UKOIJHE Kat auvLHE. 172 Schwierig ist, wie die Szenerie zu verstehen ist. Matthäus hat die klare Zäsur zwischen Belehrung des Volkes und Jüngerunterweisung in Mk 7,17 - Jesus verlässt das Volk und begibt sich in ein Haus - nicht übernommen und lässt lediglich die Jünger herantreten. Von daher erscheint es möglich, dass die Volksmengen als Zeugen der Jüngerbelehrung gedacht sind. Die Szenerie wäre dann ähnlich wie bei der Bergpredigt, wo Matthäus die Jünger ebenfalls hinzutreten lässt und Jesus sie belehrt (5,1f), die Volksmengen aber den erweiterten Hörerkreis bilden, wie 7,28f zeigt. Auf der anderen Seite kann man aber auch auf 13,10 als Analogie zu 15,12 verweisen, wo die Volksmengen offenbar nicht als Zeugen der Jüngerunterweisung gedacht sind (in diesem Sinne offenbar Luz, Mt II, 416). \73 Zur matthäischen Position in Mt 15,1-20 s. oben Kap. 2.2.3.2, S. 64, Anm. 254. 174 Von den in Mt 15,1 aus Mk 7,1 übernommenen Schriftgelehrten ist nun nicht mehr die Rede. \75 Ob ,OV A.6yov eher aufV.11 (so z.B. GNILKA, Mt II, 25; HAGNER, Mt II, 436) oder eher aufV.3-9 zu beziehen ist (so z.B. GIELEN, Konflikt, 159, Anm. 25), lässt sich kaum (alternativ) entscheiden. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 532, Anm. 59 vermitteln: "AOYOV probably refers to v.ll, but it could encompass earlier verses, even the entire complex." Hat Matthäus (vorrangig) V.11 im Blick, bezieht sich das Ärgernis der Pharisäer notabene auf Jesu Unterweisung der Volksmengen. 176 Diese ausdrückliche Mahnung dürfte als ein Indiz zu werten sein, dass die Pharisäer für einige Gemeindeglieder eine durchaus attraktive Alternative darstellten. V gl. unten Kap. 7, S. 384. 170
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richtsansage ihren erwählungstheologischen Anspruch (V. 13)177, um sie dann speziell als Toralehrer zu diskreditieren: Sie sind blinde Führer 178 (V. 14, vgl. 23,16-22). Der Betonung und Verschärfung des Konflikts korrespondiert, dass Matthäus in 15,21 erneut das Rückzugsmotiv eingefügt hat: Wie Jesus sich nach den Sabbatkontroversen und dem Tötungsbeschluss der Pharisäer in Sicherheit brachte (12,15a), zieht er sich jetzt in das Gebiet von Tyros und Sidon zurück (avEXWp1JOEV El!; to: IJ.EpTJ Tupou KCXt .ELÖWVO<;). Als Jesus nach Galiläa zurückgekehrt ist, zeigen sich die Volksmengen wieder in seiner Umgebung (15,29-39). Im Kontrast dazu kommt es in 16,1-2a.4 179 zum nächsten Zusammenstoß mit den Autoritäten. Matthäus lässt die Autoritäten hier erneut von Jesus mit versucherischer Absicht ein Zeichen fordern. Wie schon beim Beelzebulvorwurf (9,34; 12,24) schafft der Evangelist gezielt eine Dublette, indem er nach der QVersion in 12,38f die entsprechende Markus-Perikope (Mk 8,11-13) nicht übergeht. Matthäus streicht auf diese Weise die Beharrlichkeit der Feindschaft und des Widerstands der Autoritäten gegen Jesus heraus. Wie bereits in 3,7 lässt er nun wieder die Pharisäer mit den Sadduzäern zusammen auftreten. In Entsprechung dazu warnt Jesus die Jünger anschließend in 16,5-12 eben vor den Pharisäern und Sadduzäern l80 • Ebenfalls wie in 3,7 zeigt das durchgehende Fehlen des Artikels vor .ECXÖÖOUKCXI.DL (16,1.6.11.12) an, dass Pharisäer und Sadduzäer hier als eine Einheit aufgefasst werden sollen 181. Es ist Matthäus schwerlich anzulasten, dass ihm
177 Das Wort von der Pflanzung nimmt einen geläufigen erwählungstheologischen Terminus auf. Siehe Jes 61,3; Jer 32,41; IHen 10,16; 62,8; 84,6; 93,2.5.10; Jub 1,16; 7,34; 16,26; 21,24; PsSal 14,3f; LAB 28,4; 2Bar 84,2; CD 1,7; IQS 8,5; 11,8; lQH 14[6*],15. 178 ·W<jJA.WV ist m.E. nicht ursprünglich (ebenso Luz, Mt II, 414 mit Anm. 2). Das Wort fehlt mit K und B in den besten Zeugen, wobei insbesondere die Übereinstimmung zwischen dem alexandrinischen Text und dem D-Text schwer wiegt. 179 Zur textkritischen Problematik s. exemplarisch GIELEN, Konflikt, 167f, die sich für die Ursprünglichkeit des Kurztextes entscheidet (ebenso SAND, Mt, 320; GNILKA, Mt 11, 39f; Luz, Mt 11, 443f; LUCK, Mt, 184; HIRUNUMA, Matthew 16: 2b-3). Für die ursprüngliche Zugehörigkeit von Mt 16,2b.3 hingegen MÄRZ, Lk 12,54b-56, 87-95; GUNDRY, Mt, 323f; DA VlEs/ALLISON, Mt II, 580f, Anm. 12; NOLLAND, Mt, 646. 180 Matthäus hat in Mk 8,15 die Warnung vor "dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes" vorgefunden. Er hat also das zweite Glied gestrichen und statt dessen Kat I:aööouKalwv angehängt. 181 Vgl. für viele HUMMEL, Auseinandersetzung, 19. - Dies tritt noch klarer hervor, wenn man in diachroner Perspektive beachtet, dass Mk 8,15 zwei Glieder bietet (s. oben Anm. 180), Matthäus also nicht bloß 'Hpu,iöou durch tWV I:aööouKalwv ersetzt hat.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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die Differenzen zwischen diesen Gruppierungen unbekannt waren 182. Ebenso wenig leitet ihn hier allein ein historisches oder historisierendes Interesse l83 • Ist die vielfach vertretene und m.B. nicht zu bestreitende Annahme richtig, dass die redaktionelle Dominanz der Pharisäer als Gegner Jesu im Matthäusevangelium auf aktuelle Kontroversen der matthäischen Gemeinde mit den Pharisäern verweist l84 , legt sich vielmehr die Annahme nahe, dass Matthäus hier gezielt mit der bekannten negativen Sicht der Sadduzäer und ihrer Lehren unter den Pharisäern operiert. Die Intention des Evangelisten ist eine polemische. Die Sadduzäer waren vor 70 n.Chr. zwar politisch einflussreich, aber beim Volk unbeliebt l85 . In der Neuformierung des Judentums nach 70 spielten sie keine Rolle mehr, während die Pharisäer ihren Einfluss vermehrt geltend zu machen wussten. Das Matthäusevangelium ist mit seiner Konzentration auf die Pharisäer als Gegner Jesu selbst Zeuge dieser Entwicklung. Indem Matthäus die Pharisäer nun mit ihren ,Erzgegnern', den Sadduzäern, gegen Jesus auftreten lässt (16,1), zielt er darauf, Erstere zu diskreditieren. In ihrer Opposition gegen Jesus haben sie auch das Zweckbündnis 186 mit den Sadduzäern nicht gescheut. An den Sadduzäern selbst hat Matthäus kein eigenständiges Interesse l87 ; Ziel ihrer Einfügung ist, die Pharisäer in ein negatives Licht zu rücken 188 , Bezieht man die Entwicklung des Konfliktgeschehens ein, lässt sich dies noch profilieren. Als Gegner Jesu erscheinen in 9,10-13.34 und 12,114.24ff zunächst die Pharisäer. In den Kontroversen in 9,10-13 und 12,114 müssen sie sich ob ihres Unverständnisses von Jesus belehren lassen, und sie werden sodann in 12,25-37 als Reaktion Jesu auf ihren Beelzebulvorwurf sowie in 12,39-45 als Antwort auf ihre Zeichenforderung scharf angegriffen. In Mt 15 erfahren sie Unterstützung von Gesinnungsgenossen und Schriftgelehrten aus Jerusalem. Beachtet man nun, dass von Mt 9 an die Pharisäer als die zentrale Gruppe der Opposition gegen Jesus erschei182 Anders z.B. VAN TILBORG, Leaders, 2.35. - DAVIEs/ALLISON, Mt 1,303 verweisen hingegen zu Recht darauf, dass die Einfügung der Sadduzäer nicht für, sondern gegen heidenchristliche Verfasserschaft des Matthäusevangeliums spricht: "A non-Jew would not have thought twice ab out a small group that passed away with the temple." 183 Gegen HUMMEL, Auseinandersetzung, 20; STRECKER, Weg, 140, s. auch DAVIES/ ALLISON, Mt 1,303; HARRINGTON, Mt, 245. 184 Siehe dazu noch unten Kap. 7. 185 Siehe dazu Josephus, Ant XIII 298; XVIII 17. 186 Vgl. GIELEN, Konflikt, 173. 187 Ebenso HUMMEL, Auseinandersetzung, 18f; H.-J. BECKER, Kathedra, 22, Anm. 33. 188 Vgl. HUMMEL, Auseinandersetzung, 19f: "Wenn man bedenkt, daß im rabbinischen Judentum ,Sadduzäer' zur Bezeichnung für Häretiker wurde, so versteht man, daß die Formel ,Pharisäer und Sadduzäer' das Urteil über die Pharisäer einschließt: Ihr seid auch nicht besser."
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nen, und insbesondere, dass die Zeichenforderung in 12,38 eben von den Pharisäern - hier zusammen mit Schriftgelehrten - erhoben wurde, ergibt sich für Mt 16 als Interpretationsperspektive, dass auch hier die Pharisäer die Hauptinitiatoren sind, die, nachdem sie in 12,39-45 ,abgefertigt' worden waren, nun sogar bereit sind, für ihre erneute Zeichenforderung die Unterstützung der Sadduzäer zu suchen und sich mit ihnen gegen Jesus zu verbünden. Die im Vergleich mit Mt 12,39ff knappe Antwort auf die erneute Zeichenforderung und vor allem die Notiz, dass Jesus die Pharisäer und Sadduzäer stehen lässt und weggeht (vgl. 21,17), signalisieren, dass es sinnlos wäre, die Autoritäten überzeugen zu wollen und sich weiter mit ihnen auseinanderzusetzen 189 • Sie stellen umgekehrt gleichwohl eine Gefahr für die Jünger dar, denen Jesus daher in 16,5-12 einschärft, sich vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer in Acht zu nehmen (16,6). Die redaktionelle Wiederholung der Warnung in V.ll weist dabei ebenso auf die Bedeutung dieser Warnung für den Evangelisten hin wie die in V.12 angefügte Notiz, dass die Jünger - anders als bei Markus - am Ende verstanden, dass Jesus mit dem Sauerteig bildlich den gefährlichen Einfluss der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer 190 meinte. Nach Luz, Mt II, 445 ist Jesu Antwort "ein eigentlicher Kommunikationsabbruch". Matthäus will, wie oben angedeutet, in 16,12 schwerlich vertreten, dass Pharisäer und Sadduzäer in allem eine gemeinsame Lehre hätten (gegen WALKER, Heilsgeschichte, 15). Auch 22,34 (diff. Mk 12,28) vermag die gegenteilige Annahme nicht zu stützen, denn aus der Stelle geht nicht mehr hervor, als dass die Pharisäer und Sadduzäer ein gemeinsames Anliegen haben, nämlich Jesus zu überwinden. Die Rede von der tSttSaXT] tWV cPapwaLWV Kat I:aMouKaLwv in 16,12 ist im Kontext der skizzierten polemischen Absicht des Passus zu verstehen. Sie insinuiert, dass die pharisäischen Anschauungen in keiner Weise besser sind als die bekanntermaßen irrigen Überzeugungen der Sadduzäer. Zugleich können die Lehrdifferenzen zwischen Pharisäern und Sadduzäern vom Evangelisten insofern als eine Quantite negligeable behandelt werden, als sie für ihn im Licht der übereinstimmenden Ablehnung Jesu als Messias und wahren Interpreten der Tora bzw. angesichts ihrer Ignoranz gegenüber der sich in Jesu Handeln ausdrückenden Vollmacht belanglos sind. Insofern die Pharisäer und die Sadduzäer also an diesem entscheidenden Punkt übereinstimmen, ist von ihrer Lehre zu sprechen. - Zugespitzt zu öL1iax~ in 16,12 GIELEN, Konflikt, 171: Matthäus will die Rede von der 1iL1iax~ "nicht abstrakttheoretisch auf die unterschiedlichen Lehrsysteme der Pharisäer und Sadduzäer bezogen wissen ... , sondern ganz konkret auf ihre belehrende Rede, die sich gegen Jesus und seine Verkündigung in Wort und Tat richtet." Ähnlich DAVIEs/ALLISON, Mt II, 592: ,,'The teaching of the Pharisees and Sadducees' refers to all that the Jewish leaders say which blocks the avenue to faith in Jesus and causes people to remain in unbelief' (vgl. auch CARSON, Leaders, 168f). HAGNER, Mt II, 460 denkt an die falsche Messiasvorstellung, die den Pharisäern und Sadduzäern gemeinsam sei, FIEDLER, Mt, 285 an "die Bestreitung des Messias-Jesus-Glaubens" und FRANKEMÖLLE, Mt II, 213 an die "Ablehnung des Jona-Zeichens, das ... metaphorisch auf die Auferweckung Jesu verweist". 189
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3.1.2.4 Die Ankündigung des Leidens in Mt 16,21-20,34 Kulminiert 11,2-16,20 im Petrusbekenntnis (16,16) als der rechten Antwort auf die mit der Täuferanfrage (11,2f) aufgeworfene Frage nach der Identität Jesu und in der sich anschließenden, auf die ecclesia ausblickenden Verheißung an Petrus (16,18f), so tritt in 16,21-20,34 die Thematisierung der Jüngergemeinschaft und der Anforderungen wahrer Christusnachfolge in den Vordergrund. Der Konflikt zwischen Jesus und den jüdischen Autoritäten, der in Mt 12 einen vorläufigen Höhepunkt und in Mt 15,1-14 und 16,1-12 durch das Auftreten von Jerusalemer Autoritäten und durch das - traditionelle Differenzen überwindende - Zweckbündnis der Pharisäer mit den Sadduzäern neue Dimensionen erreicht hat l91 , retardiert dagegen auf der Erzähloberfläche. Allein in 19,3-9 kommt es zu einer erneuten Auseinandersetzung zwischen Jesus und den wiederum in "versucherischer" Absicht auftretenden Pharisäern. Wie in den vorangehenden Kontroversen wie 12,1-14; 15,1_20 192 zeigt Matthäus auch hier die Tendenz, dem Eindruck zu wehren, Jesu Lehre stünde wider die Tora l93 . Statt dessen wird wieder den Pharisäern Schriftunkenntnis bzw. -unverständnis zur Last gelegt (19,4: OUK &VEYV{irtE •.. )194; Jesu Replik in V.4-6 erweist ihre Frage, ob ein Mann seine Frau aus jedem beliebigen Grund entlassen darf, als Ausdruck ihres Unverständnisses l95 . Das Augenmerk liegt freilich auch 191 V gl. GIELEN, Konflikt, 170: "Nicht nur über geographische, sondern auch über ideologische Grenzen hinweg beginnen sich ... die gegnerischen Reihen gegen Jesus zu schließen. " 192 Siehe zu diesen Texten oben in Kap. 3.1.2.3 und KONRADT, Erfüllung, 142-146. 193 Der markinische Jesus erwidert die Ausgangsfrage der Pharisäer EL E~Eanv avöpt YUVULKU aTToAüauL mit der Gegenfrage, was Mose geboten habe. Jesu Rekurs auf die Schöpfung erscheint sodann als Gegenargument gegen den Verweis der Pharisäer auf die Erlaubnis des Mose, einen Scheidebrief auszustellen. Indem Matthäus den Rekurs auf die Schöpfung vorzieht, vermeidet er den oben genannten, in der markinischen Fassung vermittelten Eindruck, Jesus würde sich gegen die Tora stellen (vgl. HUMMEL, Auseinandersetzung, 50; HOULDEN, Puzzle, 121). Hier sind es nun vielmehr die Pharisäer, die Jesu Argumentation mit (bzw. seine Interpretation von) Gen 1f durch den Verweis auf Dtn 24 auszuhebeln suchen. Zu beachten ist sodann die Vertauschung der Verben in Mt 19,7f gegenüber Mk 10,3f (vgl. Luz, Mt III, 94; HUMMEL, Auseinandersetzung, 50; GIELEN, Konflikt, 189; REpSCHINSKI, Stories, 175f): Matthäus lässt die Pharisäer von einem Gebot des Mose reden, einen Scheidebrief auszustellen, während Jesus von einer Erlaubnis spricht, und diese ist allein der Hartherzigkeit (der Pharisäer) geschuldet. Ferner vertritt der matthäi sehe Jesus kein prinzipielles Ehescheidungsverbot; Matthäus fügt vielmehr wie bereits in 5,32 den Ausnahmefall der TTOPVELU ein (die Formulierung der Ausgangsfrage der Pharisäer ist dem angepasst, s. unten Anm. 195). 194 Vgl. Mt 9,13; 12,3.5.7, ferner noch 21,16.42; 22,31. 195 Matthäus hat durch die Einfügung von KUTa TTiiauv UL,LUV in V.3 den Charakter der Frage der Pharisäer gegenüber der Markusvorlage in signifikanter Weise verändert:
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
in 19,3-12 weniger auf dem Konflikt mit den Pharisäern als auf der Unterweisung der Jünger (V. 10-12). Die Konfliktthematik ist allerdings in 16,21-20,34 noch in anderer Weise als allein durch das Streitgespräch in 19,3-9 präsent, nämlich in Jesu Ankündigungen seines Leidens in 16,21; 17,22f; 20,17-19. Denn diesen korrespondiert nicht nur, dass die Leidensthematik ein wichtiges Moment in der Unterweisung der Jünger in 16,21-20,34 bildet 196 ; vielmehr richten die wiederholten Ankündigungen zugleich auch die Aufmerksamkeit bereits auf das kommende Geschehen aus \97. Dass Matthäus Jesus schon in der ersten - dem Kontext nach in der Gegend von Cäsarea Philippi (16,13) zu verortenden - Ankündigung von der Notwendigkeit reden lässt, "nach Jerusalem zu gehen", bewirkt dabei, dass man Jesus von 16,21 an auf dem Weg nach Jerusalem sehen kann 198 . Die Zeit der Rückzüge
Es geht nun nicht mehr darum, ob ein Mann seine Frau entlassen darf, sondern es wird vorausgesetzt, dass er es darf, und lediglich noch verhandelt, ob jeder beliebige Grund (dieses Verständnis von KIX,a 1TUOIXV IXl,(IXV passt besser zu V.9, vgI. Luz, Mt IH, 92, Anm. 19) die Ehescheidung legitimiert. Indem Matthäus den Rekurs Jesu auf Gen 1f voranstellt, macht er deutlich, dass die Frage der Pharisäer im Ansatz fehlorientiert ist. Hätten die Pharisäer den Schöpfungsbericht in rechter Weise bedacht, würden sie wissen, dass Ehescheidung in der von Gott gewollten Ordnung der Schöpfung an sich gar nicht vorgesehen ist. Ihre Frage ist also unsinnig und macht nur erneut ihre Schriftunkenntnis deutlich. 196 Evident ist dies in der Mahnung zur "Kreuzesnachfolge" in 16,24-28 im direkten Anschluss an die erste Leidensankündigung sowie in der Thematisierung des Dienens in 20,20-28 unmittelbar nach der dritten Leidensankündigung, und man kann dem noch zur Seite stellen, dass die Jünger in 17,1-12 nach der Schau der Verherrlichung Jesu auf dem Berg ins Tal hinabgeführt und mit dem Leiden (V.12) konfrontiert werden (vgI. Luz, Jesusgeschichte, 118t). Im weiteren Sinne ist aber auch die Gemeinderede in Mt 18 nicht unverbunden mit der Leidensthematik, denn es geht darin wesentlich darum, die Jünger angesichts ihres Rangstreits eine Orientierung ,nach unten' zu lehren: durch Selbsterniedrigung (18,4 [red.!]), durch Achtgeben auf die Kleinen, Suche des Verirrten und barmherzigen Umgang mit den Sündern (vgI. die Verbindung des Todes Jesu mit der Sündenvergebung in 26,28!). 197 Die Unterweisung der Jünger wird damit gewissermaßen zu einer ,testamentarischen' . 198 Nach der Leidensankündigung in Cäsarea Philippi zieht Jesus nach Galiläa, wo die zweite Ankündigung verortet ist (17,22f, s. dazu oben Kap. 3.1.2.1, S. 112). In 17,24 befindet er sich in Kapernaum, von wo er in 19,1 nach Judäa aufbricht. Die dritte Leidensankündigung ist hier lokalisiert, genauer: auf dem Weg nach Jerusalem, nach 20,29 in (der Nähe von) Jericho. In diesem Zusammenhang ist möglicherweise eine kleine ÄnOPLIX ,ijt; derung in Mt 19,1 gegenüber Mk 10,1 von Belang. Markus lässt Jesus Elt; 'IouölX(lXt; KIXt 1TEPIXV ,ou 'IopMvou kommen; Matthäus hat das KIX( gestrichen. VERSEPUT, Pilgrimage, 114 folgert daraus, dass Matthäus hier eine lineare, auf Jerusalem gerichtete Bewegung beschreiben wolle, während man den markinischen Text im Sinne eines Über-
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(12,15; 14,13; 15,21) ist nun vorbei 199 . Jesus begibt sich nach Jerusalemund weiß, was ihm bevorsteht (vgl. 26,1f): Die Opposition der Autoritäten, d.h. hier der Ältesten, Hohenpriester und Schriftgelehrten (16,21, vgl. 20,18), wird sich nun in seiner Verurteilung zum Tod manifestieren. Beachtet man dieses Signal von 16,21, wird klar, warum Matthäus in 16,2120,34 die Konfliktthematik nicht durch die betonte Thematisierung weiterer Konfliktszenen beleuchtet. Zur Dynamik der Konfliktgeschichte würde dies nichts beitragen. Mit 16,21 ist vielmehr die Bühne bereitet für die ultimative Konfrontation in Jerusalem. Oder anders: Durch die Leidensankündigungen ist evident, dass das Zurücktreten der Konfliktszenen keine Beruhigung der Lage bedeutet, sondern lediglich die Ruhe vor dem Sturm darstellt.
3.1.2.5 Die Auseinandersetzung zwischen Jesus und den Autoritäten in Jerusalem in Mt 21-23 Bietet Matthäus in 4,23-9,35 eine durchkomponierte Präsentation Jesu in seiner vollrnächtigen Lehre und seinem vollrnächtigen Handeln, so zeigt sich die gezielt komponierende Hand des Evangelisten in ähnlicher Weise auch in Mt 21-23. Folgt man den - durch die Zusammenziehung von Einzug und Tempelreinigung zu einem Geschehen von der Markusvorlage differierenden - matthäischen Zeitangaben, dann verteilt sich das Geschehen auf zwei Tage. Spezifisch matthäisch und zweifelsohne bewusst gestaltet ist ferner, dass Jesus am ersten Tag nach seinem Einzug in Jerusalern und in den Tempel ebendort heilt (21,14), während Matthäus ihn am zweiten Tag200 als Lehrer im Tempel auftreten lässt (21,23). Es kehren hier also - in inverser Reihenfolge - die Grundbestimmungen des Wirkens Jesu wieder, die bereits in den Summarien in 4,23; 9,35 begegneten und in 5,19,34 entfaltet wurden. In Mt 2lfwird Jesus in heiden Fällen von den Autoritäten konfrontativ angegangen (21,15f; 21,23bff). Ihr Widerstand entzündet sich nicht an einem einzelnen Aspekt seines Wirkens, sondern ist umfassend und grundsätzlich gegen ihn gerichtet. Auffallend ist, dass sich der Protest der Hohenpriester und Schriftgelehrten in 21,15fnicht an Jesu Aktion gegen die Händler im Tempel, son-
gangs "to a new field of ministry preceding the final ascent to Jerusalem" verstehen kann. 199 Auf die Kontroverse über die Ehescheidung in 19,3-9 erfolgt anders als in 15,1-20 kein erneutes avaxwpEiv mehr. 200 Siehe in diesem Zusammenhang noch die Einfügung von EV EKELVlJ tij ~j.lEpq in Mt 22,23.
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dem erst an seinen Heilungen 201 und an der Akklamation der Kinder, genauer: erst an der Akklamation entzündet202 • Es ist also - wiederum analog zu 12,23f - die Jesus von anderen zugeschriebene Würde des davidischen Messiaskönigs, die den Kontext der feindseligen Haltung der Autoritäten bildee03 . Die Wiederholung der Konstellation macht deutlich, dass Matthäus dies als ein Grundmotiv des Konflikts verstanden wissen will, und dem fügt sich ein, dass dieses Motiv der Opposition gegen Jesus als davidisehen Messias bereits im Prolog, in 2,3-6, exponiert wurde. Es ist die Gefährdung der eigenen Führungsposition, die die Feindschaft gegen Jesus pra.. gt204 . Mt 2,3-6 und 21,14-17 verbindet zudem, dass das Geschehen von der Schrift her beleuchtet wird. Stellten die Hohenpriester und Schriftgelehrten in 2,4-6 ihr Schriftwissen Herodes zur Verfügung, ohne selbst daraus den einzig möglichen Schluss zu ziehen, nach Bethlehem zu gehen und dem "geborenen König der Juden" (2,2) zu huldigen, so ist es in 21,16 Jesus selber, der seinen Gegnem205 das Geschehen von der Schrift her erschließt. Durch den das Psalmzitat einleitenden Vorwurf O1J6EnotE aVEyvWtE wird dabei suggeriert, dass das richtige Verständnis des Geschehens für jeman201 tMV'L"Et; ... 'tcI eau~aaLa ä ~bTOLTJaEv (21,15) bezieht sich, wie schon der Zusammenhang mit den Rufen der Kinder (Kat 'tour; 1Ta'ioar; 'tOur; Kpa(oV'tar; ... ) nahe legt, auf Jesu Heilungen zurück. Ebenso z.B. LOHMEYER, Mt, 300; SAND, Mt, 418; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 141; WIEFEL, Mt, 360. Anders aber GIELEN, Konflikt, 20lf und REpSCHINSKI, Stories, 189f. 202 Vgl. FIEDLER, Mt, 326; BURGER, Davidssohn, 87; GIELEN, Konflikt, 34, s. auch GEWALT, Heilung, 168-170. - Eine zu Mt 21,15f analoge Szene findet sich in Lk 19,39f. Dort reagieren einige Pharisäer auf die Jubelrufe der Jünger (!) beim Einzug mit der Aufforderung an Jesus, seine Jünger zurechtzuweisen (vgl. auch Joh 12,18f). Es ist nicht auszuschließen, dass hier ein zumindest entfernter traditions geschichtlicher Zusammenhang besteht (vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 133; BULTMANN, Geschichte, 34; HUMMEL, Auseinandersetzung, 119; GIELEN, Konflikt, 205, Anm.22), Matthäus die Szene also nicht völlig frei ,erfunden' hat, doch zeigen sich gerade im Vergleich mit Lk 19,39f die spezifisch matthäischen Akzente, nämlich die Akklamation des heilenden Jesus als Davidssohn, der Protest der Autoritäten eben dagegen sowie die Legitimation des Rufes der Kinder durch Jesus mittels eines Schriftzitats. 203 Vgl. dazu VERSEPUT, Role, 535f; STANTON, Christology, 108-112; REPSCHINSKI, Stories,335.339-341. 204 Treffend Luz, Jesusgeschichte, 88 im Blick auf 9,34; 12,24: "Der Grund für ihre [sc. der Gegner Jesu, M.K.] Vorwürfe gegenüber Jesus ist ... eben dies, daß das Volk in Jesus den Davidssohn sieht und so zu ihrem Führungsanspruch in Opposition tritt." Ähnlich REPSCHINSKI, Stories, 340: ,,[T]he title expresses the claim of Jesus to displace the Jewish leaders from their position of authority in Israel." Siehe auch GIELEN, Konflikt, 45 und SCHNACKENBURG, Knecht, 206 zu 21,15f. 205 Wie in 2,3-6 handelt es sich um die Hohenpriester und Schriftgelehrten (vgl. noch 20,18). Siehe dazu REpSCHINSKI, Stories, 190.
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den, der in der Schrift bewandert ist, evident sein muss Z06 • Matthäus stellt also noch einmal, wie dies in 2,3-6 grundgelegt ist, heraus, dass sich die Autoritäten mit ihrer Opposition gegen Jesus zugleich "im Widerspruch ... auch zu ihrer eigenen Bibel"zo7 befindenzo8 . Am zweiten Tag begibt sich Jesus, wie angesprochen, wiederum in den Tempefo9 , nun um zu lehren (21,23). Wurden in 21,14 die Heilungen nur summarisch erwähnt, so wird in 21,23 die Lehre Jesu inhaltlich nicht ausgeführt; der Blick ist nun auf den sich zuspitzenden Konflikt gerichtet. Jesu Auftreten im Tempel als Lehrer - und damit in der Rolle, die an sich
206 Es ist dabei schwerlich zu entscheiden, ob Jesus den Autoritäten hier unterstellen will, den Psalm tatsächlich nie gelesen zu haben, oder aber auf ihre Unfähigkeit oder auch Unwilligkeit verweisen möchte, ihre - äußerliche - Schriftkenntnis richtig zu verwenden (GUNDRY, Mt, 414 postuliert, OÖliETI01:E aVEyvW1:E impliziere, "that the chief priests and scribes had read the passage about to be quoted. Therefore their unscriptural indignation stands condemned all the more" [Hervorhebung im Original]; auf dieser Linie auch GIELEN, Konflikt, 35: Jesus halte den Autoritäten "entgegen, daß sie aufgrund ihrer Schriftkenntnis das notwendige Wissen besitzen, seine Taten und die Reaktion der Kinder als schriftgemäß und als Beweis für das Kommen des Messias zu deuten"). Liest man im letzteren Sinn, passt dies jedenfalls gut zu den Bezügen zwischen 2,1-9 und 21,14-17 (vgl. GIELEN, Konflikt, 34-36.45). 207 Luz, Mt III, 189. - Wenn Matthäus bei dem Psalmzitat auch dessen eigenen Kontext mit im Sinn hatte (und er entsprechende Textkenntnisse bei seinen Adressaten voraussetzt), kann man die Rede von den Feinden in Ps 8,3b LXX auf die Gegner Jesu beziehen (so KLEIN, Wirkungsgeschichte, 197; WEREN, Entry, 138). Das Psalmzitat würde dann nicht nur den Lobpreis der Kinder legitimieren, sondern auch die Hohenpriester und Schriftgelehrten als Gottes Feinde identifizieren. Mt 21,16 stünde dann dem Befund in 27,43 zur Seite: Dass Matthäus die Autoritäten dort mit den Worten der gegen den Gerechten spottenden Gottlosen aus Ps 22,9 reden lässt, ist im Zusammenhang des Rückgriffs auf Ps 22,19 in Mt 27,35 sowie der Ps 22,2 entnommenen letzten Worte Jesu am Kreuz in Mt 27,46 zu sehen. In ironisch subtiler Weise werden hier die Autoritäten durch ihre Identifizierung mit den Gottlosen von Ps 22 disqualifiziert, die wie ein brüllender und reißender Löwe ihren Rachen gegen den Gerechten aufgesperrt haben. 208 In der markinischen Version der Tempelreinigung reagieren die Hohenpriester und Schriftgelehrten auf die Aktion Jesu gegen das Heiligtum mit dem Versuch, Jesus umzubringen (Mk 11,18). Begründet wird dies mit ihrer Furcht vor Jesus, weil das ganze Volk über seine Lehre außer sich geraten ist. Die matthäische Auslassung dieser Verschwörungsszene weist nicht darauf, dass Matthäus dem Konflikt hier seine Schärfe nehmen wollte. Sie ist vielmehr dem Bestreben des ersten Evangelisten geschuldet, die Akklamation Jesu als Davidssohn als Bezugspunkt der Opposition der Autoritäten herauszustellen und zugleich keine geringere Autorität als die Schrift gegen sie ins Feld zu führen. - Die Notiz über die Reaktion des Volkes auf Jesu Lehre hat Matthäus in 22,33 nachgetragen (s. dazu oben Kap. 3.1.1, S. 99). 209 Zur Verfluchung des Feigenbaums auf dem Weg (Mt 21,19-22) s. unten Kap. 4.3.3, S. 257.
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den Autoritäten zukam 210 - lässt die Hohenpriester und Ältesten ihn angehen, in welcher Vollmacht er dies tue. Analog zu 21,14-16 geht es um die Identität Jesu, die sich in seinem Wirken manifestiert. Durch die Einfügung von öLMoKovn ist in tauta lTOLEl.<; ausdrücklich Jesu Lehrtätigkeit und also Jesu Vollmacht als Lehrer (vgl. 7,29) einbezogen21l • Im matthäischen Kontext ist die Vollmachtsfrage ferner mit den Davidssohnakklamationen in 21,9.15 verklammert. Die Autoritäten stellen Jesus - nach 21, 16a erneut - zur Rede, was bzw. wer ihn zu seinem Auftreten legitimiert212 . In 21,23-22,46 ergibt sich durch die redaktionelle Anlagerung der Gleichnisse von den ungleichen Söhnen (21,28-32) und vom königlichen Hochzeitsmahl (22,1-14) an das Winzergleichnis (21,33-46) einerseits und die thematische Zusammenbindung der drei Streitgespräche in 22,15-40 andererseits eine symmetrische Komposition, in der die Frage der Autoritäten nach der Vollmacht Jesu (21,23-27) und die Frage Jesu an die Pharisäer, wessen Sohn der Christus sei (22,41-46), den Rahmen um jeweils drei Gleichnisse (21,28-22,14) und Streitgespräche (22,15-40) bilden, so dass sich eine 1-3-3-1-Struktur ergibt213 . Die Redeinitiative wechselt in 21,23-22,46 mit jedem Block zwischen Jesus und den verschiedenen Gruppen der Führungsschicht. Geht sie zunächst, wie ausgeführt, von den Hohenpriestern und Ältesten aus, so übernimmt mit der Parabeltrilogie (21,28-22,14) Jesus die Redeinitiative. Die folgenden drei Streitgespräche sind die Reaktion der Autoritäten auf Jesu Ausführungen (22,15a), bevor in 22,41-46 wiederum Jesus die Auseinandersetzung fortsetzt. Den Rah210 V gl. REPSCHINSKI, Stories, 196. - Zum Tempel als Ort der Lehre s. SAFRAI, Temple, 905. 2Il Vgl. SAND, Mt, 427.428; GNILKA, Mt II, 216; LUCK, Mt, 231; NOLLAND, Mt, 857; BROER, Versuch, 1279 und GUNDRY, Mt, 419, der allein an Jesu Lehrautorität denkt, doch hat ein alleiniger Bezug auf Jesu Lehre den Plural ,aum gegen sich (vgl. CARTERI HEIL, Parables, 150; REpSCHINSKI, Stories, 196). Gegen einen (betonten) Bezug auf Jesu Lehre in ,a(ha bzw. für einen (primären) Bezug auf die in 21,1-17 geschilderten Geschehnisse HAGNER, Mt II, 608.609; Luz, Mt III, 209; FRANKEMÖLLE, Mt II, 32lf; FIEDLER, Mt, 329; LANGE, Erscheinen, 83f. Zu bedenken ist aber nicht nur, dass das Vollmachtsmotiv in 21,23 an 7,28f zurückdenken lässt, sondern auch, dass in dem geheuchelten Lob Jesu durch seine Kontrahenten in 22,16 (s. dazu noch unten Anm. 227) die Thematik des Lehrens wieder aufgenommen wird. 212 Nach HARRINGTON, Mt, 299 zielen die Autoritäten schon hier darauf, "to force Jesus into a public admission that his power comes directly from God, thus opening hirn up to acharge ofblasphemy (see 26:65)" (s. auch DAVlEs/ALLISON, Mt III, 159). Dagegen ist freilich darauf hinzuweisen, dass (erst) mit 22,15 ein neues Stadium erreicht wird: Nach Jesu Abrechung mit den Autoritäten in Gestalt der Parabeltrilogie (21,28-22,14) suchen diese, Jesus in einem Wort zu fangen. 213 Dagegen ziehen GUNDRY, Mt, 418(-424); Luz, Mt III, 205f sowie FIEDLER, Mt, 32821,23-27 und 21,28-32 zu einem Textabschnitt zusammen.
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menstücken ist im Übrigen gemeinsam, dass die gestellten Fragen am Ende keine Antwort finden. Da die Autoritäten in 21,23-27 Jesu Gegenfrage nach der Herkunft der Taufe des Johannes, mit deren Beantwortung für Matthäus eine indirekte Antwort auf die Vollmachtsfrage gegeben wäre 214, ausweichen, lässt Jesus die ihm gestellte Frage offen, wenngleich die folgenden drei Gleichnisse eine implizite Antwort geben 215 • Mit seiner Gegenfrage zeigt sich Jesus schon hier als der, der die Situation souverän beherrscht. Die Überlegungen der Hohenpriester und Ältesten in 21,25f geben dabei zu erkennen, dass sie durchaus wissen, dass die Johannestaufe "vom Himmel" ist. Ihr "Nicht-Glauben" (V.25fin) ist ein bewusstes Sich-Verweigern216 • In ihrer kompositionellen Stellung erscheint die Parabeltrilogie als eine Art ultimative Abrechnung Jesu mit seinen Gegnern in der direkten öffentlichen Konfrontation mit ihnen. Nach 21,45f bemerken die Autoritäten, dass die Gleichnisse mit ihren Unheilsansagen auf sie gemünzt sind. Von ihrem dadurch genährten Bestreben, Jesus zu ergreifen, lässt sie freilich noch die Furcht vor dem Volk Abstand nehmen. Dass nun anstelle der Ältesten von 21,23 die Pharisäer auf der Bildfläche erscheinen, bindet die Kontroversen zum einen an die vorangehende Darstellung des Konflikts, insbesondere an den bereits in 12,14 erfolgten Tötungsbeschluss der Pharisäer an; zum anderen wird dadurch die zentrale Rolle der Pharisäer in den Streitgesprächen in 22,15-46 vorbereitet217 • Matthäus schreibt also auch hier die aufgewiesene Konfiguration des Konflikts fort, und dem steht zur Seite, dass er auch in der der Parabeltrilogie korrespondierenden Trias von
Vgl. GNILKA, Mt II, 216f; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 160f. Vgl. SAND, Mt, 432 (zu Mt 21,33-46); DAVIEs/ALLISON, Mt III, 188; MERKEL, Gleichnis, 259; ERLEMANN, Bild, 176. Zugleich beantwortet Jesus den Autoritäten durch das erste Gleichnis der Parabeltrilogie (21,28-32) die Frage nach der Herkunft der Taufe des Johannes (vgl. exemplarisch OLMSTEAD, Trilogy, 108). 216 V gl. GIELEN, Konflikt, 214, die mit Recht darauf verweist, "daß Hohepriester und Älteste selbst die zutreffende Antwort auf ihre Frage nach der Vollmacht Jesu geben könnten, sie jedoch wissentlich verweigern". Ebenso Luz, Mt III, 210. 217 Vgl. GIELEN, Konflikt, 220. - Fragt man näher nach dem Verhältnis zwischen den Ältesten des Volkes und den Pharisäern, kann man erwägen, ob Matthäus hier (wie dann auch in 27,62?) an Älteste denkt, die der Gruppierung der Pharisäer angehörten. H.-J. BECKER, Kathedra, 22 folgert aus der Ersetzung der Ältesten durch die Pharisäer gar, dass Matthäus "damit zu erkennen gibt, daß er ,Oberpriester und Pharisäer' für die Gruppen hält, aus denen sich zur Zeit Jesu der Jerusalemer Sanhedrin zusammensetzte". BECKER verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass "auch die Chakhamim ihren (,pharisäischen') Vorläufern der Zeit vor 70 eine entscheidende Rolle im damaligen Sanhedrin zugemessen haben" (ebd.). 214 215
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Streitgesprächen (22,15-40) den Kontrast zwischen den Autoritäten und den Volksmengen hervortreten lässt (Mt 22,33)218. In der Matthäusforschung ist freilich vielfach vertreten worden, dass die Parabeltrilogie nicht bloß eine Abrechnung mit den Gegnern darstellt, sondern weit darüber hinausgehend die Verwerfung Israels thematisiert werde. Die Parabeltrilogie - und darin insbesondere 21,43 als zentraler Beleg für die Substitutionstheorie - wird daher unten in Kap. 4.1 noch eingehend untersucht werden. Bereits hier kann allerdings festgehalten werden, dass die angedeutete heilsgeschichtliche Deutung der drei Gleichnisse durch die narrative Einbettung nicht gestützt, sondern - im Gegenteil - in Frage gestellt wird: Matthäus betont weiterhin die Distanz zwischen den Autoritäten und dem Volk, er zeichnet also nach wie vor ein differenziertes Bild der Reaktion auf Jesus in Israel. Der nachfolgende Kontext untermauert dies. Da den Autoritäten durch die positive Einstellung der Volksmengen zu Jesus die Hände gebunden sind, ihn in der Öffentlichkeit zu ergreifen, beschließen die Pharisäer nun, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen (22,15b). Was in Mk 12,13-17 als eine einzelne Episode erscheint, ist nun bei Matthäus zu einer Reihe von Versuchen ausgebaut, denn durch verschiedene redaktionelle Eingriffe in 22,34-40 bindet Matthäus die drei Streitgespräche in 22,15-40 zu einer Einheit zusammen. In Mk 12,28-34 tritt ein Schriftgelehrter auf, der Zeuge der vorangehenden Auseinandersetzung Jesu mit den Sadduzäern war, mit Jesus gegen diese übereinstimmt, deshalb das Gespräch mit Jesus sucht (Mk 12,28: Uiwv ön KaA.W~ &iTEKp(9T) a{)'roL~ EnT)PWtT)OEV autov), ihm am Ende zustimmt und dafür wiederum von Jesus gelobt wird (Mk 12,32-34). Hingegen lässt Matthäus die zuvor gescheiterten und abgezogenen (Mt 22,22) Pharisäer (!), nachdem diese gehört haben, dass "Jesus den Sadduzäern den Mund gestopft hatte", wieder bei Jesus zusammenkommen, um mit einer erneuten versucherischen Frage (vgl. 22,18i 19 selbst einen weiteren Versuch zu unternehmen 22o • Nach Matthäus springen also die Pharisäer tUr die zuvor abgefertigten Sadduzäer in die Bresche221 , und durch diese Umgestaltung erscheint nun auch die Auferstehungsfrage der Sadduzäer in 218 Die Erwähnung der Volksmengen steht parallel zu 21,46 am Ende des zweiten Abschnitts der Trias, doch mag diese Koinzidenz auf Zufall beruhen. 219 1TELpa(wv in 22,35 lässt an·rC }.lE 1TELpa(ETE in 22,18 (par Mk 12,15) zurückdenken. Zur literarkritischen Problematik s. unten S. 141f, Anm. 235. 220 Entsprechend hat Matthäus die positive Reaktion des verständigen Schriftgelehrten aus Mk 12,32-34 gestrichen. Zu verweisen ist ferner darauf, dass Matthäus die markinische Notiz, die Joseph von Arimathäa als Mitglied des Synedriums präsentiert (Mk 15,43), unterdrückt hat (Mt 27,57). 221 Im Kontext des Evangeliums ist diese Konstellation durch die ,Koalition' beider Gruppen in 3,7 und 16,1 vorbereitet.
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22,23-33 als ein Versuch, Jesus als Lehrer222 bloßzustellen. Matthäus folgt hier also zwar der Perikopenfolge von Markus, doch hat er die Texte sachlich zusammengebunden, indem er sie konsequent in das für ihn wichtige Thema des Konflikts zwischen Jesus und den Autoritäten eingestellt hat. 22,15 erscheint so als Einleitung zur gesamten Trias 223 : Jesu Kontrahenten versuchen, Jesus eine Aussage zu entlocken, die sich gegen ihn verwenden lässt, oder aber ihn durch ,knifflige' Fragen in die Ecke zu treiben, um die Bewunderung, die er beim - ausweislich 22,33 die Auseinandersetzungen verfolgenden - Volk genießt, zu untergraben und so das Hindernis von 21,46 aus dem Weg zu räumen. Wie in der vorangehenden Konfliktgeschichte erscheinen auch hier, wie angedeutet, die Pharisäer als die Hauptkontrahenten. Matthäus hat sie nicht nur in 22,34 eingefügt, sondern auch den narrativen Anfangsrahmen des ersten Streitgesprächs in 22,15-22 entsprechend umgearbeitet: Während in Mk 12,13 die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten (s. Mk 11,27) als Initiatoren des Versuchs erscheinen, Jesus in eine Falle zu locken, lässt Matthäus die Initiative von den Pharisäern ausgehen 224 , die er bereits in 21,45 eingefügt hatte 225 . Dem korrespondiert, dass Matthäus die Pharisäer einen förmlichen Beschluss fassen lässt (ouf.LßOUALOV EAaßov) und damit den Tötungsbeschluss der Pharisäer in 12,14 in Erinnerung ruft 226 • Diesem Rückverweis steht zur Seite, dass Jesus dort wie hier die Gegner durchschaut: Erkannte er nach 12,15 die Tötungsabsicht der Pharisäer, worauf er sich zurückzog (6 ÖE 'I1)ooüC; yvov, &VEXWP1)OEV EKEl:9EV), so durchschaut er auch hier ihr Ansinnen und erkennt also die Bosheit, die ihre Frage motiviert (22,18: yvouC; öl: 6 'I1)ooüC; ,~v 1TOV1)pLaV au,wv). Mit der Ersetzung von lJ1TOKPWLC; (Mk 12,15) durch 1TOV1)pLa - das markinische Motiv der Heuchelei trägt Matthäus dann in der wörtlichen Rede Jesu durch die Anrede der Gegner als lJ1ToKpL,aL nach (Mt 22,18) - nimmt Matthäus ein 222 Nicht nur in Mt 22,16 (par Mk 12,14) und Mt 22,24 (par Mk 12,19), sondern im Unterschied zu Mk 12,28 auch in Mt 22,36 (s. aber Lk 10,25 sowie auch Mk 12,32) beginnt die Anfrage der Kontrahenten jeweils mit der Anrede Jesu als "Lehrer". 223 Luz, Mt III, 253 (s. auch HARRINGTON, Mt, 310; LUCK, Mt, 239; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 211 u.a.) zieht noch 22,41-46 hinzu: "V 15 bildet die Exposition für den ganzen Hauptabschnitt V 15-46." Nur ist es dann in 22,41-46 eben Jesus, von dem die Redeinitiative ausgeht und der nun die Gegner bloßstellt. 224 Vgl. dazu GNILKA, Mt 11, 247; HARRINGTON, Mt, 309.310; LUCK, Mt, 239; GUNDRY, Mt, 441; REPSCHINSKI, Stories, 199fu.a. 225 Die Herodianer (22,16) sind bloß Nebenakteure. In 12,14 hat Matthäus sie gestrichen (vgl. Mk 3,6); in der politisch brisanten Steuerfrage sind sie wohl deshalb stehen geblieben, weil Matthäus in ihnen eine Rom gegenüber loyal eingestellte Gruppierung gesehen hat. 226 Vgl. LUCK, Mt, 240; HAGNER, Mt 11, 635; REPSCHINSKI, Stories, 199; GIELEN, Konflikt, 245fu.a.
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Grundmotiv seiner Darstellung der Gegner erneut auf. Ziel der Frage der Pharisäer, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu zahlen, ist offenbar, Jesus entweder zu einer kritischen Äußerung über die Steuerzahlung zu provozieren227 - dies böte die Gelegenheit, ihn bei Pilatus zu verklagen228 - oder aber eine positive Antwort dazu zu benutzen, ihn beim unter der Steuerlast leidenden Volk zu diskreditieren 229 . Indem Matthäus ljlEpE'rE J.l.OL ÖT]VapLOV '(va '(öw (Mk 12,15) in E1TLÖEL~a.E J.l.OL .0 vOJ.l.LOJ.l.a .0G K~VOOU ändert, lässt Matthäus die ,boshafte Heuchelei' der Gegner noch klarer ans Licht treten, denn die matthäische Formulierung verweist deutlicher als die markinische darauf, dass die Gegner die Steuermünze bei sich tragen230, selbst also die Steuern zahlen231 . Jesu abschließende Replik in V.21b ist Ausdruck seiner Souveränität. Aus dem ersten Teil der Antwort, dem Kaiser zu geben, was ihm zusteht, lässt sich, nachdem Jesus aufgedeckt hat, dass die Gegner selbst Steuern zahlen, nichts gewinnen, womit Jesu Popularität beim Volk entgegengewirkt werden könnte. Ebenso wenig hat Jesus ihnen einen Grund für eine Anklage bei der römischen Obrigkeit geliefert. Die eigentliche Pointe der Antwort Jesu liegt aber in dem angefiigten und den Ton tragenden Kat .& .0G 9EOG .~ 9E~. Dass Jesus das Zahlen der Steuer für erlaubt hält, beeinträchtigt nicht die Gott zustehende Verehrung. Vorausgesetzt ist dabei, 227 Die captatio benevolentiae ou ya.p ßA.ElTEL~ eL~ lTPOOWlTOV &.v9pc..lnwV in 22,16 versucht Jesus entsprechend herauszulocken (vgl. HAGNER, Mt 11, 635; Luz, Mt III, 257; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 213; GIELEN, Konflikt, 247). - Diachron betrachtet fällt in Mt 22,16 auf, dass Matthäus in den Worten der Kontrahenten deren Verweis auf die wahrhaftige Lehre Jesu vorgezogen hat. Dies verbessert innerhalb des Verses die Gedankenfolge, passt aber, sofern damit Jesu Lehre betont wird, zugleich zur redaktionellen Rede vom Lehren Jesu im Tempel in 21,23. 228 Steuerverweigerung aus radikaltheokratischer Gesinnung war bekanntlich in ,zelotisch' orientierten Kreisen Programm. So hatte Judas Galilaios nach Josephus, Bell 11 118 die Steuerzahlung an die Römer für einen mit der Verehrung des einen Gottes unvereinbaren Frevel erklärt (vgl. Josephus, Ant XVIII 23). Eine kritische Äußerung Jesu zur Steuer hätte ihn in Verdacht gebracht, einen Aufstand gegen Rom im Schilde zu führen (vgl. exemplarisch Luz, Mt III, 257: ,,[S]eit dem Aufstand des Galiläers Judas 6 n.Chr. bedeutet Steuerverweigerung das Signal zum Aufstand"). 229 Vgl. LUCK, Mt, 240; GUNDRY, Mt, 442; HAGNER, Mt 11, 636; Luz, Mt III, 257; NOLLAND, Mt, 897; MEIER, Vision, 155; GRAMS, Temple Conflict Scene, 56; SALDARINI, Community, 56; GIELEN, Konflikt, 247. 230 Und dies im Tempel! Vgl. für viele GNILKA, Mt 11,248: "Das Bild des Kaisers auf dem Denar verletzt die Würde des Ortes .... Indem sie ihm im Tempelareal einen Denar vorweisen, überführen sie sich selbst." 231 Vgl. GIELEN, Konflikt, 251 sowie auch DAVIES/ALLISON, Mt III, 215. - Die Ersetzung von öTWaPLOV durch 'ta VOflLOflD: 'toil K~VOOU macht klar, dass es hier ungeachtet dessen, dass die Münze nicht nur dem Bezahlen der Steuer diente, konkret um das Zahlen der Steuer geht.
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
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dass ta KaLaapoc; und ta tau SEOU auf verschiedenen Ebenen liegen. Vom ,au SEOU 1'(\) SE<.\i eine Gegenkritik Kontext her dürfte näherhin in KaI. an den Kontrahenten mitzuhören sein. Dass sie dem Kaiser geben, was ihm zusteht, ist dadurch, dass sie die Steuermünze bei sich tragen, deutlich geworden. Ihr Verhalten Jesus gegenüber zeigt aber in der Perspektive des Evangelisten, dass sie Gott nicht die Ehre geben. Indem Matthäus die am Ende des Winzergleichnisses übergangene No&.1Tf]A.SOV aus Mk 12,12 in Mt 22,22b nachträgt, kontiz KaI. &'CPEV,EC; statiert er ausdrücklich den Misserfolg der Kontrahenten: Sie haben ihr Ziel nicht erreicht und treten - zunächst einmal - ab. Den nächsten Versuch unternehmen die Sadduzäer, die, nachdem sie bereits in 3,7 und 16,1 zusammen mit den Pharisäern in Erscheinung getreten sind, "im Kontext von Mt 22,15-46 als eine Art Hilfstruppe der Pharisäer [erscheinen]"232. Ihr Auftreten steht, wie ausgeführt, unter dem Vorzeichen von 22,15: Mit ihrem spitzfindig konstruierten Fall von sieben Brüdern, die nacheinander die Leviratsehe (vgl. Gen 38,8; Dtn 25,5-10) vollziehen, versuchen sie Jesus - vor dem Publikum der Volksmengen (22,33) - in Verlegenheit zu bringen. Sie erreichen freilich genau das Gegenteil, nämlich Bewunderung für Jesus beim Volk (22,33)233, denn wiederum ,pariert' Jesus den Angriff souverän. Wie bereits wiederholt in den Kontroversen mit den Pharisäern beruft sich Jesus auf die Schrift234 und deckt dabei die Schriftunkenntnis seiner Gegner auf (V.29 .31). Nachdem auch der Versuch der Saddduzäer fehlgeschlagen ist, treten in 22,34-40 erneut die Pharisäer mit einer versucherischen 235 Frage auf den
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au,ov
232 Luz, Mt III, 262. - Dass die Sadduzäer als Hilfstruppen der Pharisäer Jesus mit der Frage nach der Auferstehung ausgerechnet mit einem Thema konfrontieren, bei dem die Pharisäer mit Jesus gegen die Sadduzäer grundsätzlich übereinstimmen, entbehrt, wie GIELEN, Konflikt, 254 zu Recht notiert, "nicht einer subtilen Ironie". 233 E~E1TAt\aaov'W (Mt 22,33) ist positiv zu verstehen. Siehe dazu oben Kap. 3.1.1, S.98. Zur Deutung von 22,33 bei GIELEN, Konflikt, 257.258.260 s. oben Kap. 3.1.1, S. 99, Anm. 28. 234 Im Blick auf die Sadduzäer als Gegenüber dürfte dabei von Bedeutung sein, dass Jesus sich mit dem Zitat von Ex 3,6 der Tora bedient (vgl. GNILKA, Mt H, 254; GUNDRY, Mt, 447; HAGNER, Mt II, 642; FRANKEMÖLLE, Mt H, 350; FIEDLER, Mt, 337; GRAMS, Temple Conflict Scene, 57). 235 1THpa(üJV ist eines von mehreren, z.T. auffälligen minor agreements zwischen Mt 22,34-40 und Lk 10,25-28 (s. die Übersichten bei KIILUNEN, Doppelgebot, l8f; ENNULAT, Agreements, 281-287; LA MB RECHT, Commandment, 79-81), die im Verbund mit der abweichenden kompositorischen Stellung der Perikope bei Lukas die Annahme der Existenz und Benutzung einer zweiten Fassung als höchst plausibel erscheinen lassen (vgl. BURCHARD, Liebesgebot, 6f; BERGER, Gesetzesauslegung, 203; FULLER, Doppe1gebot, 317-322; GIELEN, Konflikt, 264-268), die in Q gestanden haben kann (so z.B. STRECKER, Weg, 26. 135f; HULTGREN, Commandment, 373; LAMBRECHT, Command-
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Plan236 • Nun ist die Frage des Gesetzeslehrers nach dem größten 237 Gebot an sich gut jüdisch238 und hat damit für sich genommen nichts Versucherisches239 • Weshalb die Pharisäer mit ihr dennoch nach Matthäus' Darstellung die Hoffnung verbinden, Jesus im Wort zu fangen (vgl. 22,15)240, ergibt sich möglicherweise, wenn man den Text in den Zusammenhang der ment, bes. 78-88.95), aber nicht muss. An den Einfluss mündlicher Überlieferung denken z.B. SCHWEIZER, Mt, 277 (fragend); DAVIES/ALLISON, Mt III, 236. Das Postulat einer älteren oder jüngeren Markusfassung ("Urmarkus": BORNKAMM, Doppelgebot, 44; "Deuteromarkus": ENNULAT, Agreements, 287) ist m.E. nicht nur in diesem Fall, sondern schon im Ansatz nicht überzeugend, weil nicht erklärt werden kann, warum die postulierte Rezensionsstufe Matthäus und Lukas (an unterschiedlichen Orten) vorgelegen, sich aber nicht durchgesetzt, ja in der Überlieferung des Markusevangeliums keine Spuren hinterlassen hat. Eine redaktionskritische Erklärung der minor agreements (s. vor allem KIILUNEN, Doppelgebot, 33-77, ferner z.B. REpSCHINSKI, Stories, 222f) ist zwar, wenn man Matthäus und Lukas jeweils für sich betrachtet, weithin nachvollziehbar (eine gewichtige Ausnahme dürfte VOlltKO~ in Mt 22,35 sein, da Matthäus das Wort sonst nicht gebraucht), doch bleibt die z.T. auffallige Koinzidenz der matthäischen und lukanischen ,Redaktion' als Einwand bestehen. Folgt man der Annahme einer zweiten Fassung, ist 7TUpcX(WV in 22,35 von dieser anderen Version inspiriert (vgl. Lk 10,25). 236 Sollte auv~xe'laav E7TL tO auto eine gezielte Anspielung auf Ps 2,2 sein (so BERGER, Gesetzesauslegung, 203; GUNDRY, Use, 141 [vgl. GUNDRY, Mt, 447], s. auch GNILKA, Mt H, 258.259; FRANKEMÖLLE, Mt H, 353; GIELEN, Konflikt, 261, Anm.4; REpSCHINSKI, Stories, 216), erschienen die Pharisäer hier in der Rolle der ,heidnischen' Könige, die sich gegen den Herrn und seinen Messias auflehnen. auvcXYHv ist freilich ein matthäisches Vorzugswort und wird auch anderorts für das Zusammenkommen der Gegner Jesu verwendet (Mt 2,4; 26,3.57; 27,62; 28,12, s. auch 27,17). Zu bedenken ist ferner, dass hL tO auto mit 56 Belegen eine geläufige LXX-Phrase ist und auch das gesamte Syntagma auv~xe'laav E7TL tO auto in der LXX noch anderorts begegnet (s. Jdc 6,33; 2Reg[2Sam] 10,15). Kurzum: Die Übereinstimmung von Mt 22,34 mit Ps 2,2 "mag Zufall sein" (Luz, Mt III, 270, Anm.4, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 239: "speculative"). 237 IlEYcXA.'l hat hier, wie das Nebeneinander von IlEYcXA.'l und 7TPWt'l in V.38 zeigt, superlativische Bedeutung (ebenso GNILKA, Mt H, 259; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 240; zu IlEYcXA.'l im Sinne eines Superlativs s. BDR § 245,2). Versteht man V.36 so, dass nach der Beschaffenheit eines großen Gebots gefragt wird (so REpSCHINSKI, Stories, 217f), passt Jesu Antwort nicht zur Frage. 238 Vgl. Luz, Mt III, 278; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 239. Anders z.B. GNILKA, Mt H, 259. 239 Die Auskunft, dass allein die Böswilligkeit des Fragestellers markiert werden sollte (so DAVIEs/ALLISON, Mt III, 239), ist eine Verlegenheits lösung, die nur als ultima ratio in Frage kommt. Die Überlegung von GIELEN, Konflikt, 262, der Gesetzeslehrer ziele "offenkundig darauf, Jesus zu einer verkürzenden und das Gesetz verzerrenden Antwort zu verleiten", geht in die richtige Richtung, ist aber zu präzisieren. 240 Im Kontext von Lk 10,25 kann man EK7TUpcX(UV durchaus im neutralen Sinne von "prüfen, auf die Probe stellen" verstehen. Im Rahmen der matthäischen Komposition in Mt 21-23 hat 7TUpcX(UV aber eindeutig den negativen Sinn von "versuchen".
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vorangehenden Gesetzeskontroversen über den Sabbat (12,1-14) und das . 241 .. Händewaschen vor dem Essen (15,1-20) emstellt . Denn aus Jesu Uberordnung der Barmherzigkeit über den Tempel und damit über die Gottesverehrung im Tempel (12,5-7) sowie aus seiner Kritik an einer auf Kosten des Elternehregebots gehenden Gelübdepraxis (15,4-6) ließ sich auf Seiten der Gegner der Vorwurf ableiten, hier werde die Zuwendung zum Menschen auf Kosten der Gottesliebe betont 242 und damit der Bedeutung der Anerkenntnis und Verehrung des einen Gottes als des ersten und obersten Grundsatzes des Judentums 243 nicht adäquat Rechnung getragen. Ist also im frühjüdischen Kontext die Frage nach dem größten Gebot nicht anders als mit einem Verweis auf die Liebe zu Gott oder auf die Furcht Gottes zu beantworten, kann man die Frage so verstehen, dass die Pharisäer nun versuchen, Jesus eine ausdrückliche Stellungnahme zur Tora zu entlocken, die zeigt, dass bei ihm der Verehrung Gottes nicht die oberste Priorität zukommt 244 . Antwortet Jesus aber im Sinne der Zentralstellung der Verehrung des einen Gottes, könnten die Pharisäer dies zum Anlass nehmen, Jesu vorangehendes Handeln zu hinterfragen. Wieder schlägt der Versuch der Autoritäten fehl. Jesus verknüpft in seiner Antwort seine Betonung der barmherzigen Zuwendung zum Nächsten mit der Stellung der Gottesliebe als Hauptgebot, indem er zunächst durch die Zitation von Dtn 6,5 in den jüdischen Konsens einstimmt, diesen dann aber durch die ausdrückliche Gleichordnung der Nächstenliebe 245 in seinem Sinne interpretiert. Liest man Jesu Antwort konsequent auf dem Hintergrund der Konfliktthematik und insbesondere der vorangehenden Kontroversen mit den Pharisäern, in denen Jesus ihnen zweimal Hos 6,6 vorgehalten hat (Mt 9,13; 12,7), liegt die Annahme nahe, dass mit der expliziten Gleichordnung von Lev 19,18 für den Evangelisten eine Kritik an Vgl. zum Folgenden KONRADT, Erfüllung, 147-149. Vgl. dagegen die Reihenfolge in PseudPhok 8 (Text unten in Anm.243); Philo, SpecLeg II 235; Josephus, Ap II 206. 243 Siehe z.B. EpArist 132 (1TpOÜ1TEOEL~E yap 1TallTwlI rrpwTOII ÖH iJ.6vo~ 0 9E6~); PseudPhok 8 (1Tpw-ra 9EOV HiJ.UV iJ.E!E1TEL-ra OE OELO yoviia~); Philo, Decal 65 (1TPW-rOV iJ.EII ouv 1TapaYYEAiJ.a Kat 1TapayyEAiJ.a-rwv LEpul-ra-rov O-r"h-rEUOWiJ.EV EV Eau-rOI.<;, Eva -rov avw-ra-rw V0iJ.L(ELV -rE Kat HiJ.UV 9EOV); Josephus, Ap II 190. Siehe auch die - in seiner liturgischen Verwendung ansichtig werdende - zentrale Stellung des Schema Iisrael (Dtn 6,4-9). 244 Die Stoßrichtung von 22,35 berührt sich insofern in gewisser Weise mit der ersten Fangfrage in 22,15-22, als auch dort der Aspekt der Verehrung des einen Gottes thematisch war. 245 oEu-rEpa OE 0iJ.0La au-rij ist matthäische Redaktion. In dieser ausdrücklichen Gleichordnung (v gl. GNILKA, Mt II, 260.261; GUNDRY, Mt, 449; DAVIES/ALLISON, Mt III, 243; KIILUNEN, Doppelgebot, 40f.46 sowie BURCHARD, Liebesgebot, 25: "Gleichordnung trotz Differenz") liegt die Pointe der matthäischen Version. 241
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den Pharisäern verbunden ist: Die Nächstenliebe wird von ihnen vernachlässigt (vgl. Mt 23,23)246. Folgerichtige Konsequenz der Einstellung der Perikope vom Doppelgebot der Liebe in die Konfliktgeschichte ist, dass Matthäus Mk 12,32-34b gestrichen hat. Die freundliche Atmosphäre des markinischen Dialogs hat in der matthäischen Erzählkonzeption keinen Ort247 . Oder anders: Das Doppelgebot der Liebe und damit die Hochschätzung des Nächstenliebegebots wird exklusiv flir die eigene Gruppe reklamiert248 . Nachdem die Gegner Jesu in allen drei Anläufen gescheitert sind, stellt Jesus die Pharisäer in 22,41-46 mit einer einzigen ,Gegenattacke , bloß. Die Einbindung der Perikope in den Konflikt Jesu mit den Pharisäern geht - analog zu 22,34-40 - wieder auf Matthäus zuruck249 , der die Unterweisung des Volkes in Mk 12,35-37 zu einem weiteren Streitgespräch mit den Pharisäern umgestaltet hat25o . Erstmals im gesamten Evangelium fordert nun Jesus seine Gegner heraus 251 , ihre Kompetenz als Ausleger der Schrift zu demonstrieren, indem er sie mit einer interpretatorischen Schwierigkeit konfrontiert 252 • Matthäus notiert in V.46a ausdrücklich, dass niemand Jesus auf seine Fragen zu antworten wusste, und schließt daran in V.46b die am Ende der Perikope vom Doppelgebot der Liebe ausgelassene Notiz aus Mk 12,34c an, dass niemand mehr Jesus etwas zu fragen wagte. Die Anfügung von .l..oyov an &1TOKPl8f)VUl utrtG) schlägt einen Bogen zum Plan der Pharisäer in 22,15 zuruck253 : Die, die Jesus EV .l..oy
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Sohn Davids eingefügt (21,9) und diese in 21,15 wieder aufgenommen. Das Motiv der Davidssohnschaft bildet also eine Art inclusio in Mt 2122 254 . In Mt 21,15 evozierte die Davidssohnakklamation der Kinder den Protest der Hohenpriester und Schriftgelehrten. Dem steht die Reaktion der Pharisäer in 12,22-24 zur Seite. Die also, die sich mit aller Schärfe gegen die Überlegung der Volksmengen, ob Jesus etwa der davidische Messias sei, gewandt haben, offenbaren nun ihre Unfähigkeit, die Aussagen der Schrift über den davidischen Messias zu erläutern. Das Moment der Unkenntnis der Pharisäer über die Gestalt des (davidischen) Messias ist im Blick auf die Erzähllogik der weiteren Erzählung von wesentlicher Bedeutung. Weil den Autoritäten verschlossen ist, dass der davidische Messias als Sohn Gottes der Kyrios ist, den Gott zu seiner Rechten erhöhen wird, geben sie sich wie einst Herodes der Illusion hin, sie könnten, um ihre Stellung zu behaupten, Jesus, den die Volksmengen und die Kinder öffentlich als Davidssohn akklamiert haben, erfolgreich aus dem Weg räumen, wie dies zuvor mit den Propheten geschehen ist (vgl. 21,35f). Die in 21,37-41 enthaltene Warnung schlagen sie in den Wind. Auch das Zitat von Ps 110,1 in Mt 22,44 erhält im Zusammenhang der Konfliktthematik betrachtet für die Autoritäten einen bedrohlichen Charakter: Sie gehören zu den Feinden, die Gott dem erhöhten Christus unter seine Füße legen wird. Auf dem Hintergrund des Erweises der Inkompetenz der Pharisäer ergeht dann in Mt 23 Jesu Rede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer, deren Adressaten nicht nur die Jünger, sondern - an Mk 12,37b.38 anknüpfend - auch die Volksmengen sind255 • Nachdem diese die Deklassierung der Autoritäten mitverfolgt haben256, werden sie nun also von Jesus zusammen mit den Jüngern abschließend über die Autoritäten instruiert - und dies heißt: vor ihnen gewarnt. Das Volk sollte fortan wissen, an wen es sich halten sollte257 . Die Weherede mündet ein in eine solenne Gerichtsansage gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer, in die mit 23,37-39 Jerusalem einbezogen wird. Jesu öffentliches Wirken ist damit an sein Ende gekommen. In Mt Vgl. REpSCHINSKI, Stories, 188.192. Siehe dazu noch unten Kap. 4.3.3, S. 243. 256 Es sei nochmals auf die durch Mt 22,33 angezeigte Szenerie verwiesen. 257 Eine Reaktion des Volkes auf Jesu Warnungen wird weder in Mt 15 noch in Mt 23 geschildert, so dass man fragen kann, inwiefern Matthäus hier gezielt eine ,offene' Situation schildern möchte. Allerdings wird man diesen narrativen Zug kaum überbetonen dürfen (anders GIELEN, Konflikt, 320 zu Mt 23: "Das erlöschende Interesse der ÖXAOL an Jesus dokumentiert er [sc. Matthäus, M.K.] dadurch, daß er sie kommentarlos von der Bühne des Geschehens verschwinden läßt."); auch eine Reaktion der Jünger wird nicht geschildert. 254 255
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24f folgt nur noch - 23,38 weiterführend - Jesu Ankündigung der Zerstörung des Tempels (24,1f)258 und daran durch die Jüngerfragen in 24,3 anknüpfend die an die Jünger gerichtete eschatologische Rede (24,4-25,46), bevor 26,1-5 die Passion einleitet. 3.1.3 Zwischenresümee: Die Konfiguration des Konflikts und die Darstellung der Gegner Jesu im Matthäusevangelium Überblickt man den Befund bis zur Passionsgeschichte, so ist allem voran festzuhalten, dass Matthäus bis in die Jerusalemer Tage des öffentlichen Wirkens Jesu hinein insofern ein differenziertes Bild der Reaktion auf Jesus in Israel schildert, als er konsequent und, wie die redaktionell gestalteten Texte Mt 3,5-10; 9,33f; 12,23f; 21,9-17 exemplarisch zeigen, gezielt die Autoritäten und die Volksmengen voneinander unterscheidet: ,Kritische' Worte wie die Gerichtspredigt des Täufers (3,7-10) werden an die Autoritäten umadressiert 259 , negative Reaktionen auf Jesus wie im Falle des Beelzebulvorwurfs nicht wie offenbar in Q dem (einfachen) Volk, sondern den Pharisäern angelastet (Mt 9,34; 12,24 diff. Lk 11,15), während den Volksmengen Reaktionen in den Mund gelegt werden, die ihre zunehmende Erkenntnis zum Ausdruck bringen (Mt 9,33; 12,23; 21,9). Auch die matthäisehe Version der Heilung des Gelähmten und der Auseinandersetzung über die Sündenvergebung in 9,2-8 ist durch die Zuschreibung von 9,8 an die Volksmengen und die Neugestaltung ihrer Äußerung redaktionell durch den Kontrast zwischen diesen und den Autoritäten bestimmt26o . Überhaupt hat Matthäus die Volksmengen als eigene Größe der Erzählung herausgearbeitet. Sie werden zwar in 12,46-50; 13,10-17 auch deutlich von den Jüngern abgegrenzt, stehen diesen aber wesentlich näher als den Gegnern Jesu, und bis Mt 23 bleibt dies auch unverändert S0261. Fragt man nach Leitmotiven des Konflikts, so ist zum einen auf die Opposition gegen Jesus als davidischen Messias zu verweisen262 . Dieses Motiv wird bereits im Prolog in 2,3-6 exponiert und dann in der Schilderung 258 Das "Scherflein der Witwe" (Mk 12,41-44) fehlt bei Matthäus; die Perikope hat in der thematischen Ausrichtung der "Jerusalemkapitel" im Matthäusevangelium keinen Platz. 259 Vgl. auch Mt 12,25-30 mit Lk 11,[16].17-23 und Mt 12,38-42 mitLk 11,[16].2932. 260 Vgl. oben Kap. 3.1.1, S. 100 und Kap. 3.1.2.2, S. 116-117 sowie REpSCHINSKI, Stories, 73: ,,[T]he Scribes are described more cIearly as opposed not only to Jesus, but also to the crowds who accept the power to forgive sins". 261 Zur entgegengesetzten These von Gielen s. oben Kap. 3.1.1, S. 99, Anm. 28 sowie vor allem S. 107, Anm. 68. 262 Vgl. neben den oben Kap. 3.1.2.5, S. 134, Amm. 203 Genannten noch CHAE, Jesus, 282-285.
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des Wirkens Jesu verschiedentlich aufgenommen. Da Matthäus die Davidssohnschaft Jesu zentral mit seinem heilenden Handeln verbunden hat, steht die Opposition der Autoritäten des Öfteren in diesem Kontext, genauer: Sie entzündet sich daran, dass die Volksmengen (zunehmend) die Autorität wahrnehmen, die in den Heilungen Jesu zum Ausdruck kommt, bis eben dahin, dass sie Jesus als Davidssohn akklamieren. Dagegen, gegen die Bedeutung also, die Jesus von den Volksmengen (und den Kindern im Tempel [21,15]) zuerkannt wird, richtet sich die boshafte Opposition der Autoritäten. Diesem Leitmotiv stehen zum anderen die Konflikte um das Verständnis des Willens Gottes, von Tora und Propheten, zur Seite 263 • Neben dem heilenden Handeln Jesu ist also auch seine Lehre in die Konfliktthematik eingebunden. Die Opposition gegen Jesus richtet sich damit, da mit Heilen und Lehren die zentralen Aspekte des Wirkens Jesu summarisch benannt sind (vgl. 4,23; 9,35 sowie 21,14 + 21,23a), gegen Jesu Wirken im Ganzen. Wie es im Kontext der Heilungen um die Verweigerung geht, Jesus als von Gott gesandten davidischen Messias anzuerkennen, so steht in den Konflikten um das Verständnis des Willens Gottes letztlich Jesu göttliche Vollmacht zur Diskussion (v gl. 21,23). Beide angeführten Themenkreise konvergieren also darin, dass sich die Opposition gegen die einzigartige Autorität richtet, die von Jesus - in seiner Lehre, aber auch im Fall der Sündenvergebung (9,6) sowie im Fall der Heilungen (vgl. 12,28) - beansprucht wird bzw. ihm von anderen zugeschrieben wird. Das Bild, das Matthäus von den Autoritäten zeichnet, ist ohne jegliche Aufhellungen. Ein zentrales Kennzeichen dieses Bildes ist, dass der Evangelist immer wieder die Boshaftigkeit der Gegner hervorhebt264 • So tadelt der matthäische Jesus die Schriftgelehrten in 9,4, dass sie Böses in ihrem Herzen denken; die Pharisäer vermögen nichts Gutes zu reden, weil sie (wesenhaft) böse sind (TIOVT]POL övw;, 12,34265), und angesichts der Frage der Pharisäer und Herodianer nach der Steuer lässt Matthäus Jesus ihre
Ausführlicher dazu KONRADT, Erfüllung, 133-152. KINGSBURY, Conflict, 58-60 bezeichnet die 1TOVTJPLQ; als "root character trait" (58) der Autoritäten (60). Vgl. REPSCHINSKI, Stories, 324 sowie VAN TILBORG, Leaders, 2738, der freilich neben der Bosheit die Heuchelei als die beiden wichtigsten Charakterisierungen anführt (7, vgl. unten S. 148 mit Anm. 271). 265 Die Wendung begegnet zwar auch in 7,11, wo die 1TOVTJPLQ; als eine Art anthropologisches Grunddatum erscheint, doch prägt dies keineswegs die anthropologische Grundkonzeption des Evangelisten. Die Wendung ist hier vielmehr ein rhetorisches Mittel, um die Güte Gottes zu betonen und darüber die Gebetszuversicht zu stärken (vgl. exemplarisch Luz, Mt 15, 50lf). 263
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lTOv..,pLa erkennen (22,18)266. 9,4 steht im Rahmen der allerersten Auseinandersetzung Jesu mit den Autoritäten; von Anfang an zeigen diese also ihre Boshaftigkeit. Die lTOvllPLa kennzeichnet mithin ihr Wesen, und weil sie wesenhaft böse sind, hören sie nicht auf Jesus, sondern suchen ihn zu bekämpfen. So unternehmen die Gegner in ihrer Boshaftigkeit mehrere Anläufe, Jesus zu versuchen (lTELpa(ELvi67 . lTELpa(ELv wird im Matthäusevangelium sonst nur vom Teufel gebraucht (4,1.3), der zudem in Mt 13,19 redaktionell als 0 lTOVllPOe; bezeichnet wird268 • Hier eine assoziative Verbindung zu sehen, dürfte - zumal angesichts der mehrfachen Anrede der Autoritäten als Otternbrut (3,7; 12,34; 23,33)269 - schwerlich eine Überzeichnung des Befundes bedeuten: Die bösen Gegner stehen unter dem Einfluss "des Bösen,mo. Neben ihrer Boshaftigkeit erscheint als ein zweiter charakteristischer Grundzug ihre Heuchelei 271 • Anders als bei der lTOVllPLa hat Matthäus den Vorwurf der ll1TOKP une; bereits in seiner Markusvorlage vorgefunden (Mk 7,6; 12,15, vgl. Mt 15,7; 22,18), ihm aber durch die stereotype Anrede der Schriftgelehrten und Pharisäer als 1l1ToKpL"taL in Mt 23,13-36 272 erheblich mehr Gewicht verliehen273 • Äußere Erscheinung und innere Wirklichkeit bilden einen Gegensatz (vgl. 23,27f). Sie suchen nach außen als fromm zu erscheinen (23,5, vgl. 6,2.5.16 274); sie demonstrieren im Blick auf das Le266 Siehe ferner noch die Rede vom "bösen und ehebrecherischen Geschlecht" in Mt 12,39; 16,4. Matthäus hat zwar in diesem Fall das erste Attribut in Q 11,29 vorgefunden, doch sind in Q 11,29 nicht die Führungsschichten Adressaten des Wortes. Im Markuswie auch im Lukasevangelium werden die Gegner Jesu nie als lTOV1]POL gekennzeichnet. 267 Mt 16,1; 19,3; 22,18.35. In 16,1-4 und 22,18 ist dies direkt mit der Kennzeichnung der Gegner als "boshaft" verbunden. 268 Unsicher ist, ob der Genitiv in OL ULOL TOU lTOV1]POU in 13,38 maskulinisch oder neutrisch zu verstehen ist. Im ersten Fall, für den man die unmittelbar nachfolgende Deutung dessen, der das Unkraut (= die Söhne des Bösen) sät, als 0 liL&.ßoÄ.o~ (13,39) anfUhren kann, wäre auch hier der Teufel gemeint. Dasselbe philologische Problem begegnet mutatis mutandis in der letzten Vaterunser-Bitte in Mt 6,13 (Kat ~~ ELaEVEYK'O~ ~~ii~
EL~ lTELpaa~6v,
aHa
puaaL ~~ii~ alTo TOU lTOV1]POU).
Siehe dazu DAVIES/ALLISON, Mt 1,304; KINGSBURY, Conflict, 59f. 270 Vgl. KINGSBURY, Conflict, 60.66; POWELL, Plot to Kill, 608f (s. auch POWELL, Plot and Subplots, 20lf); VAN AARDE, God-With-Us, 77; OLMSTEAD, Trilogy, 66. - Immerhin bezeichnet Matthäus die Gegner nicht als "Teufelskinder" (vgl. Joh 8,44 sowie frühjüdisch Jub 15,33), doch steht dem die mehrmalige Anrede als "Otternbrut" kaum nach. Siehe ferner noch unten Kap. 4.3.2, S. 242. 271 Vgl. VAN TILBORG, Leaders, 8-26. 272 Siehe Mt 23,13.15.23.25.27.29 sowie auch 23,28. 273 Zu Mt 6,2.5.16 s. unten Anm. 274. 274 Die Stoßrichtung gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer wird in 6,2.5.16 von Matthäus nicht expliziert, ist aber im Licht der wörtlichen Wiederaufnahme von lTPO~ TO 9Ea9fjvaL (6,1) in 23,5 wie überhaupt sowohl im engeren Kontext (5,20!) als auch im 269
3.1 Die Reaktionen auf Jesu Wirken bis zur Passion
149
ben nach der Tora ihre strenge Frömmigkeit, indem sie den Menschen unerträgliche Lasten aufbürden, rühren aber selber keinen Finger (23,4). Es geht ihnen um ihre Reputation beim Volk (23,5-7), aber nicht um dessen Wohl 275 • Mit Letzterem ist bereits ein weiterer zentraler Aspekt ins Blickfeld gerückt, denn nicht weniger bedeutsam ist in der matthäi sehen Darstellung der Gegner Jesu, dass diese in ihrem Führungsanspruch den Volksmengen gegenüber völlig versagt haben. Das Volk gleicht einer daniederliegenden, abgematteten, hirtenlosen Herde (9,36), weil die Autoritäten sich um die Notleidenden nicht gekümmert und das Verlorene nicht gesucht, sondern ausgegrenzt haben (vgl. 9,11). Und als das Volk in Jesus die barmherzige Zuwendung Gottes erfährt, befeinden sie den, der dem Volk Heilung und Heil bringt. Das Versagen der Autoritäten betrifft sodann ihre Unfähigkeit, die Volksmengen in rechter Weise zu unterweisen, weil sie von der Schrift nichts verstehen. Der Vorwurf der Schriftunkenntnis durchzieht die Auseinandersetzung Jesu mit den Autoritäten geradezu wie ein roter Faden (9,13; 12,3.5.7; 19,4; 21,16.42; 22,31)276. Die zentralen Forderungen Gottes, allen voran die Nächstenliebe und die Barmherzigkeit, haben sie nicht begriffen. Statt dessen pflegen sie ihre eigene TIa.pciÖOOL~, die Überlieferung der Alten, und zwar zu Lasten zentraler Gebote Gottes (15,2-6). Auch deshalb sind sie voller Gesetzlosigkeit (23,28). Kurz gesagt: Sie sind "blinde Führer" (15,14; 23,16.24). Wer sich ihnen anvertraut, gerät ins Verderben (15,14, vgl. 23,15). Diesem Versagen der Autoritäten gegenüber dem Volk steht zur Seite, dass Matthäus ihr Vorgehen gegen Jesus, wie oben ausgeführt wurde, wiederholt mit dem Zuspruch in Verbindung bringt, den Jesus bei den Volksmengen erfährt. Dieser Zug der matthäi sehen Darstellung des Konflikts bildet die Kehrseite zum oben genannten Aspekt, dass es den heuchleri-
Gesamtkontext des Evangeliums - der Vorwurf der Heuchelei (6,2.5.16) ist anderorts im Evangelium gezielt auf die Schriftgelehrten und Pharisäer gemünzt (s. die Belege oben, anders nur 7,5; in 24,51 sind die Schriftgelehrten und Pharisäer nicht gezielt im Blick, aber auch nicht ausgeschlossen) - nahe liegend, wenn nicht evident (vgl. exemplarisch VAN TILBORG, Leaders, 8.17 und ANDERSON, Web, 103f). Zwar kann man aus einer leserorientierten Perspektive einwenden, dass die Identifikation der Heuchler in den Synagogen und auf den Straßen in Mt 6,1-18 noch offen ist, doch gilt dies erstens nur für die Erstlektüre des Evangeliums, und zweitens ist zu beachten, dass das Evangelium in eine Kommunikationssituation eingebunden ist und in der matthäischen Gemeinde die Disqualifikation der Schriftgelehrten und Pharisäer als Heuchler kaum erst durch das Evangelium erstmals vorgebracht wurde. Anders gesagt: Die Leser besitzen Vorinformationen, mit denen sie dechiffrieren können, wer in 6,1-18 zentral im Blick ist. 275 Vgl. KINGSBURY, Conflict, 64. 276 Vgl. oben Kap. 3.1.2.5, S. 135, Anm. 206.
150
Kap. 3: Die Reaktionen aufJesu Wirken in Israel
schen Autoritäten, namentlich den Schriftgelehrten und Pharisäern, um ihr Ansehen im Volk geht. Jesus gefährdet ihre Stellung; seiner Autorität wollen sie sich nicht unterordnen, worin sich fortsetzt, dass sie sich in ihrer Boshaftigkeit und Heuchelei dem Willen Gottes faktisch längst verschlossen haben (vgl. 15,1-9). Mit ihrem Vorgehen gegen Jesus versuchen sie, ihre Position zu behaupten. Der Konflikt ist in diesem Licht betrachtet wesentlich ein Führungskonflikr77 , d.h. ein Streit um miteinander kollidierende Führungsansprüche. Dass die Sendung Jesu von Anfang an allein auf die Volksmengen ausgerichtet erscheint, ist im Zusammenhang dieses Grundthemas der Konfliktkonstellation zu sehen. Kurzum: Die Art und Weise, wie Matthäus seine Jesusgeschichte erzählt, ist im Ganzen von dieser Konfliktkonstellation bestimmt. Von daher ist es auch zu verstehen, dass die Volksmengen wesentlich stärker als im Markusevangelium als eigene Größe der Erzählung hervortreten. Denn mit der zentralen Bedeutung des Konflikts zwischen Jesus und den Autoritäten in der matthäischen Jesusgeschichte gewinnt auch das Moment, zu welcher Seite die Volksmengen tendieren, an Relevanz. Ein erstes Signal auf das angeführte Grundthema der Konfliktgeschichte wurde von Matthäus bereits in Mt 2 durch die subtile doppelte Verwendung des Königstitels gesetzt278 • Die im Voranstehenden untersuchten Konfliktszenen entfalten und illustrieren dieses Grudmotiv in verschiedenen Facetten. Am Ende, im Rahmen der Passionsgeschichte, klingt es erneut an, wenn Matthäus Pilatus in 27,18 die Erkenntnis aussprechen lässt, dass die Autoritäten Jesus aus Neid ausgeliefert haben. Die entscheidende Frage, der nun nachzugehen sein wird, lautet, ob die Konfliktkonfiguration in der Passionserzählung gegenüber der Darstellung, die Matthäus bis dahin mit großer Sorgfalt und Konsequenz vorgetragen hat, darin grundlegend verändert ist, dass nun die Volksmengen auf die Seite der Autoritäten überwechseln und dies alles Vorangehende zur nicht weiter relevanten Episode werden lässt.
Vgl. OVERMAN, Gospel, bes. 141-149; SALDARINI, Community, bes. 44-67; Stories, 319.340fu.Ö. 278 Dass der Konflikt so ausgehen wird, dass die bisherigen Autoritäten von Gott ,entthront' werden, ist dabei in Mt 2 darin schon angedeutet, dass nach der Anbetung Jesu durch die Magier der Königstitel bei Herodes keine Verwendug mehr findet. Siehe dazu oben Kap. 3.1.2.1, S. 112. 277
REpSCHlNSKl,
3.2 Die Passion
151
3.2 Die Passion Matthäus hat in seiner Bearbeitung der markinischen Passionsgeschichte279 nicht nur die Hoheit Jesu profiliert 280, sondern auch die Bosheit und Skrupellosigkeit der Gegner Jesu noch schärfer hervortreten lassen. Nach dem Scheitern des Versuchs, Jesus in Wortgefechten zu fangen, um etwas gegen ihn in die Hand zu bekommen (22,15-46), bedeutet 26,3-5 einen Neueinsatz. Der das Evangelium durchziehende Konflikt strebt nun seinem Höhepunkt entgegen. Matthäus hat die in Mk 14,lfvorgefundene Beratschlagung der Hohenpriester und Schriftgelehrten zu einer formellen Zusammenkunft, und zwar der Hohenpriester und Ä'ltesten des Volkes, also des Hohen Rates, variiert 281 . Matthäus hat diese erstmals zu Beginn des Zyklus der Auseinandersetzungen zwischen Jesus und den Autoritäten in 21,23-22,46 gemeinsam auftreten lassen (21,23); in der Passionsgeschichte nennt Matthäus sie durchgehend als die Gegner Jesu, während die Schriftgelehrten nur noch in 26,57 (offenbar als schriftkundige Berater der Hohenpriester) und bei der Verspottung Jesu (27,41) begegnen und die Pharisäer nur noch im Kontext der Bitte an Pilatus um Bewachung des Grabes explizit erwähnt werden (27,62)282. Suchen die Autoritäten nach Mk 14,lf nach einem Weg, wie Jesus mit List ergriffen und getötet werden kann, so lässt Matthäus sie in 26,4 übereinkommen, dass sie - nach dem vorangegangenen Scheitern - nun zu diesem (letzten) Mittel greifen wollen. V.4 lässt sich dabei als eine Art Obersatz über das Weitere lesen: Das Ergreifen Jesu "mit List,,283 gewinnt durch das Angebot des Judas Gestalt; das Vorhaben der Tötung Jesu öOA41284 weist auf das Verhalten der Synedriumsmitglieder im Prozess ge-
279 Das Markusevangelium ist die einzige schriftliche Quelle des ersten Evangelisten in der Passionsgeschichte, doch ist daneben mit dem Einfluss mündlicher Tradition zu rechnen. Vgl. für viele GNILKA, Mt II, 380f; Luz, Mt IV, 7; DAHL, Passionsgeschichte, 17-22. 280 Siehe nur SENIOR, Passion Narrative, 9; BROER, Bemerkungen, 27fu.ö. 281 Vgl. DAVlEs/ALLISON, Mt 111, 439; Luz, Mt IV, 53; GIELEN, Konflikt, 348f. Zum förmlichen Charakter der Zusammenkunft s. auch SENIOR, Passion Narrative, 23f. 282 Siehe aber die Erwägungen zum Verhältnis von Ältesten und Pharisäern in Mt 21,23.45 oben Kap. 3.1.2.5, S. 137, Anm. 217. 283 Gegen dieses geläufige Verständnis von cS6A.41 Luz, Mt IV, 53: "MA.o~ ist ein Rechtsterminus und meint nicht die ,List' (also z.B. die heimliche Festnahme Jesu im Garten Getsemani), sondern die ,böse Absicht' der vorsätzlichen Tötung". 284 cS6A.41 dürfte auf beide nachfolgenden Verben zu beziehen sein (ebenso SENIOR, Passion Narrative, 26). Dafür spricht stilistisch, dass Matthäus statt des markinischen Partizips eine parataktische Konstruktioll wählt; matthäischem Stil entspricht die Hypo-
152
Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
gen Jesus und bei der Verurteilung durch Pilatus voraus. Als Ort des Beschlusses nennt Matthäus ausdrücklich die IXUA~ des Hohenpriesters (V.3), wodurch der Zusammenhang zwischen dem Beschluss in V.4 und dem Vorgehen beim Prozess (vgl. 26,57f) auch räumlich unterstrichen wird285 • Die Sympathie fUr Jesus im Volk hindert die Autoritäten nicht mehr (vgl. 21,46), bestimmt aber das beabsichtigte Vorgehen: Der Zeitpunkt des Festes ist angesichts des Zuspruchs, den Jesus zuvor bei den - zum Fest nach Jerusalem gekommenen - Volksmengen286 gefunden hat, zu meiden287 , damit diese keinen Aufruhr veranstalten. Noch einmal tritt der Gegensatz zwischen dem (einfachen) Volk und der Führungsschicht hervor. Die Bezeichnung der Ältesten als OL npwßUtEPOL rov Aaov in 26,3 288 entbehrt im Licht von V.5 nicht einer gewissen Ironie. Das Genitivattribut als Indiz zu fassen, dass die Autoritäten das Volk im strengen Sinne des Wortes repräsentieren 289 , hat die matthäische Differenzierung zwischen den beiden Größen eindeutig gegen sich29o . Die Ältesten des Volkes suchen das Volk zu umgehen, weil sie es fUrchten (vgl. 21,45f). toD AIXoD besagt also schwerlich ,Repräsentanz', sondern verweist auf einen Verantwortungsbereich 291 und damit angesichts dessen, dass Matthäus gerade die Distanz zum Volk betont, auf das Versagen der Autoritäten in ihrer bisherigen Rolle, fUr die sie sich durch ihr Verhalten selbst delegitimieren. Indem Matthäus in 26,lf eine Szene voranstellt, in der Jesus gegenüber den Jüngern auf seinen bevorstehenden Tod hinweist, macht der Evangelist ferner deutlich, dass auch jetzt die Autoritäten nur scheinbar das Heft des taxe (vgl. Luz, Mt r5 , 54 mit Anm. 137; KLEIN, Bewährung, 28 mit Belegen innerhalb der Pass ions geschichte ). 285 Siehe auch die in beiden Fällen redaktionelle Verwendung von auv~xeT]aav (26,3.57). 286 Zu Aa6~ in Mt 26,5 s. unten S. 174 mit Anm. 405. 287 Treffend GIELEN, Konflikt, 347: Die Furcht vor dem Volk "blockiert ... jetzt nicht mehr das intendierte Handeln als solches, sondern veranlaßt das Synhedrium nur noch zu einer Vorsichtsmaßnahme in der Wahl des geeigneten Zeitpunktes." 288 Vgl. Mt 21,23; 26,47; 27,1. Siehe ferner ypaj.lj.latEL~ rou A.aoU in 2,4. 289 So SCHNACKENBURG, Mt II, 254; SAND, Mt, 518; GNILKA, Mt II, 216; LUCK, Mt, 279; VAN TrLBORG, Leaders, 4; SENIOR, Passion Narrative, 24f (mit Anm. I auf S. 25); BUCK, Sentiments, 171 u.a., s. auch Luz, Mt III, 208f. 290 Vgl. FRANKEMÖLLE, Mt H, 320.439; LEVINE, Dimensions, 266f, s. ferner GUNDRY, Mt, 518 zu 26,3 und REPSCHINSKI, Stories, 235.329. 291 Treffend LEVINE, Dimensions, 267: Das Volk dient hier "merely as a frame ofreference: rulers must rule someone, and since the rulers are evil, these 'people' are the lost sheep without a good shepherd." Siehe auch FRANKEMÖLLE, Bund, 350: "Selbst die ,Ältesten des Volkes' sind vom Leser vermutlich nur als angemaßte Führer zu interpretieren, da sie ,das Volk' fürchten (21,26; 26,4f), und sich selbst nach der Auferweckung noch vom Volk distanzieren (27,64)."
3.2 Die Passion
153
Handelns in die Hand nehmen. Tatsächlich sind sie weiterhin nur "Akteure zweiter Ordnung,,292. Während sie das Fest zu umgehen suchen (V.5), kündigt Jesus seinen Tod eben am Fest an (V.2), und genau so wird es kommen 293 . Die Möglichkeit, Jesus öDÄ41 zu ergreifen, eröffnet sich den Autoritäten überraschend durch das Angebot des Judas. Indem Matthäus diesem die Frage cl 8EÄnE IlOL ÖOUVIXL; in den Mund legt, deutet er nicht nur Geldgier als Motiv für den Verrat an294 (v gl. Joh 12,6), sondern er bereitet auch und vor allem die Nennung der dreißig Silberstücke in 26,15b vor, mit denen Matthäus auf Sach 1l,12b anspielt. Der Geldbetrag wird in dem Reflexionszitat in 27,9f aufgenommen, er ist also im Kontext der matthäischen Erfüllungschristologie zu lesen, doch dürfte der von Matthäus hier intendierte Sinngehalt damit noch nicht erschöpft sein. Sach 11,13 MT bezeichnet ironisch die dreißig Silberstücke, mit denen der Hirte ausgezahlt wird, als einen "herrlichen Preis". Dazu passt, dass Ex 21,32 diesen Betrag als Schadensersatzleistung für den Besitzer eines - durch ein Rind ums Leben gekommenen - Sklaven nennt 295 • Hat Matthäus dies im Blick296 , dann ist der Betrag als Ausdruck für die Geringschätzung Jesu bei den Autoritäten zu verstehen 297 • Die Betonung, die der Preis durch die überladene Wen292 GNILKA, Mt H, 384, vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 437; SENIOR, Passion of Jesus, 5lf; HEIL, Death, 18.24. 293 Vgl. Luz, Mt IV, 53f; NOLLAND, Mt, 1048. 294 Vgl. dazu VOGLER, Judas, 59; SENIOR, Passion of Jesus, 56; HARRINGTON, Mt, 363; GNILKA, Mt H, 390; GUNDRY, Mt, 523; FRANKEMÖLLE, Mt H, 442.443; DAVIEsl ALLISON, Mt III, 452; Luz, Mt IV, 70. Anders FIEDLER, Mt, 385. 295 Ex 21,32 dürfte (zusammen mit Sach 11,12) in der Darstellung des Verkaufs von Joseph durch seine Brüder in TestGad 2,3 Pate stehen (vgl. J. BECKER, Untersuchungen, 358, der zugleich die verschiedentlich vertretene These einer durch Mt 26,15; 27,9f inspirierten christlichen Interpolation ablehnt). Während der Kaufpreis nach Gen 37,28 LXX 20 Goldstücke betrug, erhöht TestGad 2,3 auf 30 Goldstücke (eine Harmonisierung mit Gen 37,28 wird dadurch erreicht, dass Gad und Juda zehn Goldstücke vor den Brüdern verbergen). 296 Kritisch zu einem Bezug auf Ex 21,32 VAN TILBORG, Matthew 27.3-10, 167. 297 Vgl. F. MARTlN, Image, 292f. - Ob bei der Anspielung auf Sach 11 für Matthäus noch ein weiterer Aspekt mitschwingt, lässt sich höchstens vermuten, aber nicht mit hinreichender Sicherheit klären, da die Personenverhältnisse in Sach 11 und Mt 26 nicht zu analogisieren sind. Deutlich ist, dass die Autoritäten die Rolle der Schafhändler einnehmen. In Sach 11 wird der Hirte von ihnen ausbezahlt. Dies könnte nahe legen, dass Judas dem Hirten entspricht (vgl. NOLLAND, Mt, 1059; dann in 27,9fEAUßOV als 1. Ps. Sg. und EOWKU [mit Codex Sinaiticus u.a.] statt EOWKUV [so z.B. WICK, Judas, 30]?), doch passt dazu nicht, dass Sach 11,11 dessen göttliche Autorisierung zu erkennen gibt. Überdies liegt es im matthäischen Kontext nach 2,6; 9,36; 10,6; 15,24 wie auch im Licht der Aufnahme von Sach 13,7 in Mt 26,31 nahe, Jesus mit dem Hirten zu identifizieren (so z.B. LOHMEYER, Mt, 350; LIMBECK, Mt, 290; BRUCE, Book, 342-346.349; Moo, Tradition,
154
Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
dung .~v .qJ.~v 'OÜ 'HlI.LTJjJ.EVOU ÖV hLjJ.~alX.v.o in der (freien) Wiedergabe von Sach 11,13 in Mt 27,9 erfährt, machte jedenfalls in diesem Fall guten Sinn. Die günstige Gelegenheit (26,16), um Jesus mit List, ohne einen Aufruhr im Volk zu provozieren, zu ergreifen, bietet die Nacht298 • Die von Markus inspirierte Wendung ÖXAOC; 1TOAUC; in 26,47 ist offen genug, dass damit eine offizielle Streifschar oder Delegation der Tempelwache299 gemeint sein kann30o, aber nicht muss. Es könnte sich auch bloß um einen vom Hohen Rat angeheuerten Volkshaufen handeln 30I . Im letzteren Fall stellte sich die Anschlussfrage, wie dieser sich zu den zuvor tendenziell positiv gezeichneten Volksmengen in Galiläa verhält. Oder anders: Deutet die Verhaftungs szene darauf hin, dass die ÖXAOL die Seite gewechselt haben302 ? Dagegen ist freilich schon darauf zu verweisen, dass ÖXAOC; keine fest umrissene Menschengruppe bezeichnet, sondern eine gewissermaßen ,amorphe' Größe darstelleo3. In Mt 26,47 wird der ÖXAOC; explizit als ÖXAOC; ... (ho .Wv apXLEpEWV KlX.t 1TPEOßU.EpWV 'OÜ AIX.OÜ eingeführt und damit gegenüber den voranstehenden Vorkommen neu bestimmt. Ferner lässt das an das Verhaftungskommando in 26,55 gerichtete Wort Jesu noch einmal an die Furcht der Hohenpriester und Pharisäer zurückdenken, Jesus zu er165f; VAN TILBORG, Matthew 27.3-10, 168). Hier wiederum kann man einwenden, dass in Sach 11 der Hirte die Silberstücke erhält; die Rolle des Judas wäre ohne Entsprechung. Abmildern kann man diese Differenz allerdings insofern, als es in beiden Fällen darum geht, den Hirten loszuwerden. Für den Fall, dass Matthäus Jesus in der Rolle des Hirten von Sach 11,4-14 sieht (vgI. GNILKA, Mt 11,391: "Die Differenz hat Mt offenbar wenig gestört"), kann man fragen, ob der Aspekt von Sach 11, dass die Schathändler den Hirten gering achten, obwohl sie dessen göttliche Beauftragung erkannt haben (Sach 11,11), auch für Matthäus gilt. Zieht man Mt 2,3-6 hinzu, ist diese Option nicht von der Hand zu weisen, doch steht dies hier unter dem genannten Vorbehalt der unklaren Personenbezüge. Siehe aber noch unten S. 159. 298 VgI. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 506. 299 Zu ÖXAO~ im militärischen Kontext s. MEYER[IKATZ], ÖXAO~, 583. 300 So z.B. BEARE, Mt, 516; HARRINGTON, Mt, 374; DAVIES/ALLISON, Mt III, 507. FIEDLER, Mt, 395 schließt aus f,LE"t1l f,LltXltLPWV in Mt 26,47 (und der Verwendung von ATJa"t~~ in 26,55) auf römische Soldaten als Teil des Verhaftungskommandos (s. dazu auch HAGNER, Mt 11, 788). 301 So z.B. M'NEILE, Mt, 393 ("a mere hired rabble"); LUCK, Mt, 290. 302 Einen solchen Seitenwechsel postulieren z.B. GARLAND, Intention, 39-41; KINGSBURY, Matthewas Story, 4, s. auch FRANCE, Matthew, 225f. Dagegen aber OLMSTEAD, Trilogy, 61: "The narrative has offered no hint that the crowds, whose regard for Jesus had, as recently as 26.5 (cf. 21.46), paralysed the Jewish leaders and prevented his arrest as he taught openly in the temple, have suddenly altered their allegiance." 303 VgI. zum matthäisehen Wortgebrauch oben Kap. 3.1.1, S. 96, s. auch die Ausführungen zur ersten Nennung der Volksmengen in Mt 4,25 Kap. 3.1.1, S. 98.
155
3.2 Die Passion
greifen, während er in der Öffentlichkeit des Tempels lehrte, da mit dem Protest der Volksmengen zu rechnen war (21,45f)304. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang ein redaktionelles Detail in Mt 26,55: Matthäus hat in der an die OXAOL adressierten Reaktion Jesu auf die Verhaftung Ka9' ~I!Epav f)JlT)1l 1TPO' vJla., EV "tt\) LEp<\J (Mk 14,49) in Ka9' ~I!EpaV EV -r<\J LEp<\J ExaeE(OJlT)1l geändert. Dies macht guten Sinn, wenn Matthäus eine Identifikation des Volkshaufens in 26,47.55 mit den OXAOL, die Jesus zuvor zugejubelt und zugehört hatten, vermeiden wollte 305 . Zieht man zusammen, ist zu folgern, dass Matthäus den Haufen von 26,47.55, der "mit Schwertern und Stangen" (V.47) gegen Jesus auszieht und V.52 zufolge also durch das Schwert umkommen wird 306, nicht mit den Jesus positiv gesonnenen (galiläischen) Volksmengen identifiziere o7 . Der OXAOC; von Mt 26,47.55 wird vielmehr ausdrücklich zu denen gerechnet, die zuvor wegen der Jesus umgebenden Volks scharen von einem Vorgehen gegen Jesus Abstand genommen haben. Im Licht von 21,1-17.46; 26,5 einerseits, 21,10; 23,37-39 andererseits betrachtet liegt es überdies nahe, dass es sich hier um einen Jerusalemer OXAOC; handelt308 . Dass in 26,51 im Gefolge von Mk 14,47 ein Beteiligter als "Knecht des Hohenpriesters" identifiziert wird, spricht dafür, OXAOC; TlOAUC; noch enger zu fassen und konkret an Untergebene der Synedriumsmitglieder zu denken, doch lässt sich hier keine Sicherheit erreichen; in welchem (Dienst-)Verhältnis genau der Haufen zum Hohen Rat steht, muss letztlich offen bleiben309 . Festzuhalten ist aber: Mt 26,47.55 sagt nicht, dass sich diejenigen, die Jesus zuvor zugejubelt haben, nun auf die Seite seiner Gegner stellen. Signifikante Eingriffe hat Matthäus sodann in der Darstellung des Prozesses gegen Jesus (26,59-68) vorgenommen. Der Hohe Rat, ergänzt durch
Kat OUK EKpa.~aa.E f-lE (Mt 26,55) lässt an 21,46 zurückdenken: Kat (1l'0iiV'E~ Kpa'iiaa~ E<poß~91laav .oU~ ÖXA.OU~. ElTEL El~ lTPO
au.ov
au.ov
156
Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
die Schriftgelehrten als Expertenstab 3lO , sucht im Unterschied zur markinischen Darstellung von Anfang an ein Falschzeugnis gegen Jesus, denn seit den erfolglosen Streitgesprächen in 22,15-40 ist, wie gesehen, klar, dass anders nichts gegen Jesus vorzubringen ist. Auf dem Hintergrund von 26,4 formuliert: Nachdem Jesus durch die List der nächtlichen Aktion ergriffen worden ist, geht es nun um den zweiten und entscheidenden Schritt, ihn mit List, nämlich auf der Grundlage falschen Zeugnisses, zu töten (26,59)311. Dass Jesus der Israel verheißene Messias ist, unterstreicht Matthäus nicht nur durch die Erfüllungszitate und die Hervorhebung der Davidssohnschaft Jesu, sondern in dieses Bild gehört auch, dass gegen Jesus auf der Grundlage der Tara keine Anklage zu erheben ist. Der Prozess ist also von Beginn an ein Scheinprozess 3l2 , dessen Urteil längst beschlossen ist (26,4.59). Der genetivus absolutus iTOUWV iTpooü8ov-tWV 4IEUÖ0f.LUptUpwv in V.60a ist konzessiv aufzulösen: Der Hohe Rat scheitert nicht wie bei Markus, weil es sich um Falschzeugen handelt, sondern obwohl die Zeugen falsch aussagen3l3 . Dazu passt, dass Matthäus Mk 14,56b übergangen hat. Dass Matthäus nach der generellen Aussage in V.59 den Vorwurf in V.60b.61 nicht noch einmal ausdrücklich als Falschzeugnis kenntlich gemacht hat, lässt fragen, ob Matthäus diesen im Unterschied zu Mk 14,57 als ein wahres Zeugnis verstanden wissen Will 314 . Dagegen spricht, dass Jesus nirgendwo im Evangelium die in V.61 angeführte Aussage getätigt hat315 • Ferner ist das Auftreten der letzten beiden Zeugen durch - das bei Matthäus freilich stereotype - 1TpoaEAe6VtE~ sprachlich eng an den vorangehenden genetivus absol,utus angeschlossen; EI1Tcxv ließe sich von daher als bloße stilistische Variation zum
310 Die Schriftgelehrten sind im Vergleich zu Mk 14,53 vorgezogen, wohl um sie den Hohenpriestern als Sachverständige zuzuordnen (vgl. GIELEN, Konflikt, 362). 311 Vgl. BUCK, Sentiments, 169: "The Jewish authorities of Matthew know from the start that there is no possibility of finding legitimate evidence". 312 Vgl. HARRINGTON, Mt, 383: ,,[F]rom Matthew's perspective the Jewish 'trial' and condemnation of Jesus were a sham based upon 'false witness' (Matt 26:59)". Vgl. ferner Luz, Mt IV, 175; BROER, Bemerkungen, 28-34. 313 Zum konzessiven Verständnis des genetivus absolutus vgl. GUNDRY, Mt, 54lf, s. ferner z.B. SAND, Mt, 539.540; HARRINGTON, Mt, 379; FRANKEMÖLLE, Mt II, 462; Luz, Mt IV, 173.175; FIEDLER, Mt, 398. 314 Die meisten Ausleger bejahen diese Frage, finden in Mt 26,60b.61 also wahre Zeugen (s. Z.B. GNILKA, Mt II, 427; LUCK, Mt, 293; GUNDRY, Mt, 542; HAGNER, Mt II, 798; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 525; Luz, Mt IV, 176; CATCHPOLE, Answer, 223; MEIER, Vision, 191; SENIOR, Passion Narrative, 163f.166-168; GEIST, Menschensohn, 333; FIEDLER, Passion, 306f; R.E. BROWN, Death, 435f). Anders KINGSBURY, Matthew as Story, 87; GERHARDSSON, Confession, 56; GIELEN, Konflikt, 358f.362f; SIEGERT, Tempel, 115. 315 Vgl. GIELEN, Konflikt, 358.
3.2 Die Passion
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markinischen E1(rEuÖOlJ.ap"tupouv lesen, um nach E(~"tOUV 1(rEuÖOlJ.ap"tupLav (V.59) und 1(rEuÖOlJ.ap"tupwv (V.60) eine störende Wiederholung zu meiden 316. Auf der anderen Seite kann man zumindest Anhaltspunkte für das Logion im Wirken Jesu finden. Der matthäisehe Jesus spricht zwar kein prinzipielles Nein zum Tempel(kult)317, ordnet ihn aber der Barmherzigkeit unter (12,5_7)318 und kritisiert mit der Vertreibung aller (I) Händler (21,12f) den aktuellen Tempelbetrieb: Statt eine Heimstätte rechter Frömmigkeit zu sein, ist der Tempel zur "Räuberhöhle" (Jer 7,11), zum Ort religiöser Geschäftemacherei, degeneriert. In 23,38 kündigt Jesus an, dass den Jerusalemern ihr Haus 319 verödet zurückgelassen wird; vom Tempel wird kein Stein auf dem anderen bleiben (24,2). Zwar ist Letzteres nur zu den Jüngern gesprochen, aber das in 23,37-39 gegen Jerusalem gerichtete Drohwort ergeht in der Öffentlichkeit eben des - von Jesus erst in 24,1 verlassenen - Tempels. Die Verbindung von Jesus und Zerstörung des Tempels, wie sie in 26,61 laut wird, ist also nicht aus der Luft gegriffen320. Beachtung verdient weiter, dass in 26,61 anders als in Mk 14,58 nicht von der Absicht, sondern vom Vermögen Jesu die Rede ist (vgl. bes. 26,53!), den Tempel abzubrechen und binnen drei Tagen wieder zu errichten. Ferner geht es bei Matthäus nicht um die Ersetzung des bestehenden, von Händen gemachten Tempels durch einen anderen nicht von Händen gemachten (Mk 14,58), sondern eben allein um die Fähigkeit zur Wiedererrichtung binnen drei Tagen321 • Matthäus hat das Logion also ganz auf Jesu Voll-
316 Zu erwägen ist, dass die Einfügung von Ka"t« "tou 'ITjaou WatE 8aVatWaaL autov in den Bericht über die Entscheidung des Synedriums in 27,1 darin gründet, dass Matthäus eine Entsprechung zu 26,59 intendiert hat (E(~tOUV 1(rEuÖolJ.ap"tupLav Kat« "tou 'ITjaou ÖiTW~ autov 8ava"twawaLv), also Vorhaben und Beschluss gezielt sprachlich aufeinander abgestimmt sind (vgl. SENIOR, Passion Narrative, 216). Das muss aber nicht heißen, dass 27,1 auch sachlich auf 26,59 beruht. Die Grundlage des Urteilsspruchs ist Jesu Wort in 26,64, das Zeugnis von 26,61 ist ,nur' Auslöser der beschwörenden Frage des Hohenpriesters. 317 Beachtung verdient gleichwohl, dass Jesu Sühnetod (Mt 26,28) den Tempel obsolet macht. Das Zerreißen des Vorhangs beim Tod Jesu (27,51) gehört in diesen Zusammenhang und ist zugleich ein auf die Zerstörung hinweisendes Gerichtszeichen (vgl. dazu KONRADT, Deutung, 213f). 318 Zur Deutung des 1J.e1(ov in Mt 12,6 s. oben Kap. 3.1.2.3, S. 120, Anm. 132. Auch Mt 5,23f setzt den Tempelkult voraus, ordnet ihm aber die zwischenmenschliche Versöhnung vor. 319 Zur Deutung von OrKO~ in Mt 23,38 s. unten Kap. 4.3.3, S. 253 mit Anm. 364. 320 27,40 taugt m.E. nicht als Indiz für die Korrektheit der Zeugenaussage (anders z.B. HAGNER, Mt 11, 798), denn die Spottworte der Vorübergehenden setzen mit dem - von Matthäus eingefügten - Konditionalsatz eL uto~ er tOU 8EOU die Verbindung der Aussage von 26,61 mit der Frage des Hohenpriesters in 26,63 (... eL au EI 0 XPLatO~ 0 uto~ "tou 8EOU) voraus. 321 Vgl. PAESLER, Tempelwort, 45f. Ein Bezug von 0 vao~ "tou 8EOU auf Jesus selber im Sinne von Joh 2,21 (so DAVIEs/ALLISON, Mt III, 526) wird im Kontext durch nichts nahe gelegt und hat die Einfügung von 1lUValJ.aL gegen sich (mit Luz, Mt IV, 176, Anm. 20). - Zur eschatologischen Erwartung eines neuen Jerusalems (und eines neuen Tempels darin) s. Jes 54,llff; Ez 40ff; Hag 2,7; Tob 14,5; IHen 90,29; TestDan 5,12; 4Esra 7,26; 13,36; 2Bar 32,2-4 u.ö. (s. dazu die Studie von SÖLLNER, Jerusalem).
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macht fokussiert 322 , was sich gut der vorangehenden Darstellung in Mt 2lf einfügt. Insbesondere ist daran zu erinnern, dass Matthäus direkt im Anschluss an die Tempelreinigung vom heilenden Wirken Jesu im Tempel berichtet und erst dieses - bzw. genauer: das "Hosanna, dem Sohn Davids" der Kinder als Reaktion auf die Heilungen - das feindselige Einschreiten der Hohenpriester und Schriftgelehrten evoziert (21,15). Es geht also bereits im Zusammenhang der tempelkritischen Aktion Jesu um seine - hier im Davidssohntitel zum Ausdruck kommende - messianische Vollmacht, und die Komposition in Mt 21,23-22,46 führt, wie gesehen, ebendiesen Aspekt weiter323 .
Fasst man die Indizien zusammen, so empfiehlt sich auf die Frage, ob es sich in 26,61 um ein Falschzeugnis handelt, eine differenzierte Antwort. Das Wahrheitsmoment der Aussage besteht darin, dass Jesus dem Tempel, wie er sich unter der Führung der Jerusalemer Autoritäten darstellt, kritisch gegenübersteht, ja seine Zerstörung angekündigt hat und Jesus tatsächlich die ihm zugeschriebene Vollmacht besitze 24 . Trotzdem handelt es sich insofern um eine Falschaussage, als Jesus nicht gesagt hat, er werde den Tempel zerstören, und schon gar nicht hat er mit dem Vermögen, dies tun zu können, ,geprahlt'. Schauwunder sind nicht seine Sache325 . Offen ist damit noch, was das Neue an V.60b.61 ist, das die Aussage für das Vorgehen gegen Jesus als verwertbar erscheinen lässt. Geht es darum, dass hier zwei Zeugen in ihrer (falschen) Aussage übereinstimmen, so dass den Verfahrensvorschriften formal entsprochen wird326 (vgl. Dtn 17,6; 19,15, auch Num 35,30; l1Q19 61,6f)? Dafür kann man darauf verweisen, dass Matthäus Mk 14,59 (Kat OUOE o15,w<;; '(aT] ~v ~ Ilap,up(a a{nwv) übergangen hae 27 . Gleiches gilt aber, wie gesehen, auch für die erste markinische Notiz, dass die Aussagen der Zeugen nicht übereinstimmten (Mk 14,56), was darauf hindeutet, dass Matthäus das entscheidende Moment schon in 26,60a nicht in der mangelnden Absprache der Zeugen gesehen
322 Vgl. LUCK, Mt, 293; HAGNER, Mt II, 799; FRANKEMÖLLE, Mt II, 463; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 525f; FIEDLER, Mt, 399; SENIOR, Passion of Jesus, 92-94; BROER, Prozeß, 91; PAESLER, Tempelwort, 46 u.a. 323 Siehe oben Kap. 3.1.2.5, S. 136-144. 324 Zu beachten ist die Verbindung zwischen dem Mvc(j.laL in 26,61 und Jesu Aussage in 26,64, der Menschensohn werde zur Rechten der öUVaf.LL~ sitzen (vgl. HEIL, Death, 61). 325 Mit GIELEN, Konflikt, 363. - Siehe auch die Ablehnung der Zeichenforderung in Mt 12,38-42 und 16,1-4. 326 In diesem Sinn z.B. SUHL, Beobachtungen, 341. 327 Diese Auslassung hätte dann keineswegs bloß den Grund, dass die Bemerkung "für den Gang der Erzählung unerheblich bleibt" (Luz, Mt IV, 174). Sie würde vielmehr inhaltlich nicht passen.
3.2 Die Passion
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hat32s . Von daher ist eher daran zu denken, dass die Vorwürfe zuvor nicht substantiell genug waren 329 • Der Ton läge dann also nicht darauf, dass jetzt zwei Zeugen das Gleiche aussagen, sondern dass dies Gewicht hat (vgl. Jer 26,7-11!): Es geht um das kultische Zentrum. Der Hohepriester sucht in - wie Matthäus dramatisiert - beschwörender Weise auf Jesus einzuwirken, auf den im Tempellogion implizierten Anspruch zu reagieren. Dass der Hohepriester diesen als Anspruch Jesu fasst, der Messias und Gottessohn zu sein, nimmt im weiteren Kontext betrachtet, 21,37-44 auf33o, wo Jesus erstmals öffentlich von sich selbst, wenngleich indirekt, als Sohn Gottes geredet hat. Während Jesus zu den vorangegangenen (falschen) Anschuldigungen geschwiegen hat, reagiert er nun. Jesu Antwort ou EL1Ta<; (26,64) ist wie das markinische EYW EI.I.LL (Mk 14,62) bejahend331 (vgl. Mt 26,25 332). Erwägen kann man, ob Matthäus mit der Indirektheit der Antwort333 insinuieren wollte, dass der Hohepriester selber nicht nur um Jesu Anspruch weiß 334, sondern näherhin auch, dass dieser keine Anmaßung, sondern berechtigt ist335 • Die Exposition der Konfliktthematik in 2,3-6 hat jedenfalls genau dies als Vorzeichen vor das Weitere gesetzt. Die Ablehnung Jesu erscheint als Versuch, trotz besserer 328 Vgl. exemplarisch PAESLER, Tempelwort, 40: "Daß die Erfolglosigkeit der gedungenen Zeugen durch das Vorliegen ungleicher Aussagen bedingt ist, wird bei Mt - gegen Mk 14, 56 - nicht gesagt." 329 So GUNDRY, Mt, 542. 330 Vgl. KINGSBURY, Husbandmen, 643.654; LAMBRECHT, Treasure, 121; J.A. GIBBS, Jerusalem, 120 sowie auch Luz, Mt IlI, 228. - Die Rede "vom lebendigen Gott" in der Schwuraufforderung lässt zugleich an das Messiasbekenntnis des Petrus in 16,16 zurückdenken. 331 An dieser Stelle besteht in der gegenwärtigen Forschung ein breiter Konsens. Siehe SAND, Mt, 541; GNILKA, Mt II, 428; DAVIES/ALLISON, Mt III, 528; FRANKEMÖLLE, Mt II, 464; WIEFEL, Mt, 462; Luz, Mt IV, 178; NOLLAND, Mt, 1131; KINGSBURY, Husbandmen, 654; CATCHPOLE, Answer; SENIOR, Passion Narrative, 176f; GEIST, Menschensohn, 334; BROER, Bemerkungen, 30; FIEDLER, Passion, 307; R.E. BROWN, Death, 49lf; W. KRAus, Passion, 423; LAMBRECHT, Treasure, 121; J.A. GIBBS, Jerusalem, 142; DEINES, Gerechtigkeit, 340 u.a. 332 Auch Mt 27,43 setzt voraus, dass Jesu Antwort in 26,64 bejahend ist. 333 Die Indirektheit der Antwort ist ein minor agreement mit Lk 22,70, dem &:n' &pn (Mt 26,64) I &:no toD vDv (Lk 22,69) und - vor allem - tL~ Eonv 0 na.Loa.~ OE; (Mt 26,68; Lk 22,64) zur Seite stehen. Letzteres ist kaum zufällig entstanden, sondern verweist auf das Einwirken mündlicher Tradition (zur Option eines Deuteromarkus s. oben Kap. 3.1.2.5, S. 14lf, Anm. 235). Für das matthäische ou d na.~ liegt durch Mt 26,25 redaktioneller Ursprung nahe. &:n' &pn geht bereits in 23,39; 26,29 aufMatthäus zurück. 334 Vgl. GIELEN, Konflikt, 360.363f. 335 Vgl. GUNDRY, Mt, 545, POWELL, Plot to Kill, 608 ("Jesus' response might be rendered, idiomatically, 'You know that I amI"'). Anders z.B. HARRINGTON, Mt, 379; NOLLAND, Mt, 1120.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Erkenntnis die eigene Stellung zu behaupten336 . 27,11 gibt zu erkennen, dass der Messiasanspruch Jesu den Autoritäten als Anklagepunkt vor Pilatus dient, freilich so, dass sie - um der Erfolgschancen ihres Vorgehens willen - mit der Verwendung des Königstitels einen politischen Anspruch Jesu suggerieren, Jesus also als einen politischen Gegenspieler des Pilatus darzustellen suchen. Jesus belässt es freilich nicht bei der indirekten Bestätigung seiner messianischen Würde, sondern verweist darüber hinaus auf seine zukünftige Rolle als Weltenherr und Richter, durch die das Unterfangen des Synedriums zum Scheitern verurteilt ist337 • Jesu Antwort in 26,64 kombiniert dabei Dan 7,13 mit einem Rückverweis auf das Zitat von Ps 110,1 in Mt 22,44. Während man KlXt EPXOJ..LEVOV ElTt tWV VE
3.2 Die Passion
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Wolken des Himmels nennt in 26,64 den Schlusspunkt der mit der Erhöhung Jesu eingeleiteten heils geschichtlichen Phase und kann aufgrund dieses Zusammenhangs in das Geschehen, dessen Zeugen die Autoritäten an' &pn werden, einbezogen werden. Für die Autoritäten impliziert Jesu Antwort eine manifeste Drohung: Zur Rechten Gottes wird er nach dem Psalmzitat sitzen, bis Gott seine Feinde unter seine Füße legt (Ps 110,1, vgl. Mt 22,44?42, und wenn der zur Rechten Gottes sitzende Menschensohn als Weltenrichter (25,31) "auf den Wolken des Himmels" kommt, wird er die verurteilen, die jetzt ihn verurteilen343 . Die Zeichen des Herrschafts antritts Jesu, die die Autoritäten "von jetzt an" sehen werden, sind zugleich Zeichen für ihre eigene - bei Gott bereits geschehene - Entmachtung. Den Autoritäten bietet der von Jesus in 26,64 - wenngleich nur indireke 44 - erhobene Anspruch die Gelegenheit, ihn der Blasphemie zu bezichtigen (V.65)345 und des Todes schuldig zu sprechen (V.66). Zur dezidiert negativen Darstellung der Autoritäten im Matthäusevangelium passt schließlich, dass der erste Evangelist in der Verspottungsszene (Mt 26,671) das markinische nVE~ (Mk 14,65) gestrichen hat; der gesamte Hohe Rat ist an der Schmähung des Messias beteiligt. Diese negative Darstellung der Autoritäten wird duch die Einfügung von 27,3-10 in den markinischen Erzählfaden weiter verstärkt. Matthäus' primäres Interesse an dieser Einfügung ist weniger das Ende des Judas
Vgl. dazu oben Kap. 3.1.2.5, S. 145. Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 531f. 344 Jesus spricht in Mt 26,64b nämlich gar nicht direkt von sich selbst, sondern nur indirekt, indem er vom Menschensohn redet. Entsprechend ist in der Reaktion des Hohenpriesters vorausgesetzt, dass jener die Rede vom Menschensohn auf Jesus zu beziehen weiß (vgl. dazu Mt 9,6!). 345 Matthäus betont dies noch stärker als Markus, indem er die Reaktion des Hohenpriesters durch EßA.aacp~~T]aEV einleitet, also die Feststellung der Blasphemie verdoppelt und ferner ~KoUaatE t~V ßA.aacpT]~[av durch das vorangestellte 'UiE VUV unterstreicht. Deutlich ist, dass Mt 26,65 sowenig wie 9,3 der eng definierte Begriff von Lästerung von mSanh 7,5 zugrunde liegt, wo das Aussprechen des Gottesnamens als Lästerung definiert wird. Worauf genau sich der Blasphemievorwurf in Mt 26,65 bezieht, wird im Übrigen im Gefolge von Markus - nicht ausdrücklich benannt. Genügt Jesu Messiasanspruch (so z.B. BROER, Bemerkungen, 31)? Oder liegt erst in dem Erhöhungs- und Parusiemotiv von 26,64b ein blasphemischer Anspruch (vgl. Luz, Mt IV, 183: "Der Anspruch Jesu, zur Rechten Gottes auf dem Thron zu sitzen und die Welt als Menschensohn zu richten, wurde von Juden als Eingriff in göttliche Prärogative und als Infragestellung der Einzigkeit Gottes empfunden")? Zumindest im ersten Fall ginge es kaum darum, dass jemand einen solchen Anspruch erhebt, sondern dass Jesus - mit seiner Kritik am Tempel - dies tut (vgl. BROER, Bemerkungen, 33). 342
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
selbst als das Verhalten der Hohenpriester346 . Matthäus formuliert ausweislich Apg 1,16_20347 nicht frei 348 . Zu den gemeinsamen Zügen gehört dabei nicht nur die Verbindung des Verräterlohns mit dem Erwerb eines Ackers, der Blutacker genannt wird, sondern auch der Verweis auf die Schrift, der dann allerdings - den unterschiedlichen Ätiologien des Ackernamens in Mt 27,6-8 und Apg 1, 18f korrespondierend - verschieden ausgeführt wird349 . Apg 1,16-20 weiß nichts von einer Reue des Judas, und entsprechend kommen die Hohenpriester nicht vor. Dies muss nicht heißen, dass diese Züge erst auf Matthäus zufÜckgehen 35o • In jedem Fall aber passen sie in sein Konzept, und Matthäus hat zumindest ausformuliert, wie Querverbindungen zu 27,24 zeigen 351 . Matthäus lässt die Hohenpriester 346 Mit GNILKA, Mt II, 449; Luz, Mt IV, 241; BROER, Bemerkungen, 36; SUHL, Beobachtungen, 343f, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt 111, 557.571. - Schon dies spricht dagegen, die Einfügung von Mt 27,3-10 in einer etwaigen Gegenüberstellung von Petrus und Judas motiviert zu sehen (anders LOHMEYER, Mt, 374; SENIOR, Fate, 347-351; VOGLER, Judas, 65f, s. auch PAUL, Texte, 77). 347 Siehe ferner die bei Apollinaris aufbewahrte Darstellung von Papias, Fragm. 6 (SUC 111, 59f), die freilich keine Zeugin eines eigenständigen dritten Überlieferungszweigs darstellt, sondern der durch Apg 1,18f bezeugten Gestalt der Tradition zuzuweisen sein dürfte (vgl. Luz, Mt IV, 232: "eine mündliche Weiterentwicklung der in Apg 1,18f überlieferten Textform durch Anreicherungen mit Topoi aus dem traditionellen Inventar des Todes von Bösewichten"). 348 Vgl. GNILKA, Mt II, 443f; GUNDRY, Mt, 553; DAVIEs/ALLISON, Mt 111, 557f; Luz, Mt IV, 230; BROER, Prozeß, 97 u.a. - Stilistisch zeigt sich Mt 27,3-10 als eine Mischung aus matthäischem Vorzugsvokabular (s. v.a. TOTE V.3.9, avcqwpew V.5, OUIlßOUALOV AallßuVW V.7, Weiteres bei Luz, Mt IV, 230, Anm. 7) und Wörtern, die nur in 27,3-10 begegnen (a7TuyxollaL V.5, Kopßavii, V.6, HIl~ V.6.9, KEpaIlEU, V.7.10, Taljl~ V.7), deren Vorkommen hier jedoch sachlich bedingt ist. 349 In Apg 1,18 ereilt Judas - als ,Gottesgericht' - ein schicksalhafter Unfalltod auf dem vom Verräterlohn erworbenen Acker. Auch nach Papias (s. oben Anm. 347) geht Judas auf seinem Grundstück elend zugrunde. Dass Judas hingegen nach Mt 27,5 Selbstmord begeht (steht Ahitofels Selbstmord durch Erhängen in 2Sam 17,23 Pate [so z.B. LUCK, Mt, 297; GUNDRY, Mt, 553.555; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 565f; KLAUCK, Judas, 95f; R.E. BROWN, Death, 656f, anders z.B. FRANKEMÖLLE, Mt II, 472; Moo, Passion Narratives, 189f; KLASSEN, Judas, 170]?), korrespondiert mit dem Reuemotiv, das mit dem Gedanken eines göttlichen Strafgerichts schwer kompatibel ist. Die Rolle der Hohenpriester in der matthäischen Version aber ist erzähllogisch von der Reue des Judas abhängig. 350 Siehe nur DAVIES/ALLISON, Mt 111, 558.559fund Luz, Mt IV, 231f. - Die Frage, ob Apg 1,18f der Urfassung (wenn es eine Urfassung gegeben hat) traditionsgeschichtlich näher steht als die matthäische Fassung (so z.B. BROER, Bemerkungen, 41f, anders z.B. BENOIT, Tod; VOGLER, Judas, 88), kann hier offen bleiben und ist auch kaum zu beantworten (vgl. Luz, Mt IV, 232 und HARRINGTON, Mt, 386). 351 Die Rede vom aLlla a9Qov in 27,4 hallt in Pilatus' Worten, "unschuldig an diesem Blut zu sein", nach. Vor allem aber hat ou öljJu (27,4) eine sprachliche Parallele in UIlELC;
3.2 Die Passion
163
und Ältesten auf das Schuldbekenntnis des Judas mit ostentativem Desinteresse reagieren (tL TTPO~ ~f.Lii~;)352, in dem sich ihr Desinteresse an einem gerechten Verfahren und ihr unbedingter Wille zur Tötung Jesu spiegelt. Dessen Unschuld ist für sie nicht neu, die Gewissenslage des Judas ihnen gleichgültig, so dass sie neben der Verantwortung am Tod Jesu auch eine Mitschuld am Tod des Judas tragen 353 . Die Reue des Judas fungiert als Kontrastmotiv zur unbußfertigen Gottlosigkeit der Sanhedristen354 . Da f.LEtaf.LEAE08aL im Matthäusevangelium außer in 27,3 nur noch in 21,29.32 begegnet und es dort um die Unbußfertigkeit eben der Autoritäten, näherhin ebenfalls der Hohenpriester und Ältesten (s. 21,23), geht, kann man erwägen, ob Matthäus hier gezielt einen Querverweis gesetzt hae 55 . Weder durch die Umkehr selbst von Zöllnern und Prostituierten noch durch die Reue des Judas haben sich die Autoritäten von ihrem frevlerischen Verhalten abbringen lassen. V.6 ist auf diesem Hintergrund voller Ironie 356 : Die Befolgung des Gesetzes (vgl. Dtn 23,19) erscheint nach dem Voranstehenden als rein äußerlich (vgl. 23,25-29, auch 23,23f), ja als Farce. V.6 enthält zugleich die Begründung für den Namen des von den dreißig Silberlingen erworbenen 81jJE09E (27,24). - Cl.lflCl. a9Qov ist eine biblisch traditionelle Wendung (vgl. Dtn 27,25;
lReg (ISam) 19,5; 25,26.31; 3Reg (lKön) 2,5; 4Reg (2Kön) 21,16; 24,4; 2ehr 36,5 d; IMakk 1,37; 2Makk I,S; Ps 93,21 Lxx ; 105,3S Lxx ; Jer 7,6; 19,4; 22,3.17; 33,15 LXX [= 26,15 MT], vgl. TestLevi 16,3; TestSeb 2,2; Philo, SpecLeg I 204, s. auch 2Bar 64,2). In sachlicher Hinsicht sind im Blick auf Mt 27,4 besonders Dtn 27,25 und lReg (ISam) 19,5 zu beachten (vgl. NOLLAND, Mt, 1150t), daneben aber auch, zieht man den Verweis auf Jeremia in Mt 27,9 hinzu, Jer 19,4. Überhaupt geben die Dichte der Belege im Jeremiabuch und ihr dortiger Zusammenhang mit der Thematik der Zerstörung Jerusalems zu der Vermutung Anlass, dass die dem ersten Evangelisten eigene Fokussierung der Begründung der Zerstörung Jerusalems auf den Gedanken des unschuldig vergossenen bzw. gerechten Blutes durch die Lektüre des Jeremiabuches (und der Klagelieder) mit inspiriert ist (s. aber auch Ez 24,6-9). 352 Fragen kann man, ob hier ein gezielter Kontrast zwischen matthäischer Gemeinde und den jüdischen Autoritäten mitschwingt. Denn jene sollen sich nach Mt IS,21 dadurch auszeichnen, dass in ihr (selbst notorisch rückfällige) Sünder im Falle ihrer (erneuten) Umkehr nicht abgewiesen werden. 353 Ebenso GIELEN, Konflikt, 367, s. auch GNILKA, Mt 11, 446. - Judas kann aufgrund der schroffen Abweisung, die seine Intervention bei den Autoritäten erfährt, sein Vergehen, "unschuldiges Blut" verkauft zu haben, nicht mehr korrigieren und wird zugleich in der damit eingetretenen Schuld allein zurückgelassen. Ihm bleibt nur noch, die fällige Strafe (vgl. Dtn 27,25) an sich selbst zu vollstrecken (vgl. SCHLATTER, Mt, 769; Luz, Mt IV, 239; NOLLAND, Mt, 1153; NORTJE, Motive, 4S). 354 Vgl. Luz, Mt IV, 235: "Das Verfahren der jüdischen Führer wirkt zynisch, weil sie die Feststellung des Judas, daß Jesus unschuldig sei, nicht einmal bestreiten." 355 Siehe NOLLAND, Mt, 1150; VAN TILBORG, Matthew 27.3-10, 166; HEIL, Death, 6S. 356 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 566; Luz, Mt IV, 239.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Ackers: Anders als in Apg 1,18f bezieht sich Blutacker nicht auf das Blut des Judas, der auf dem von ihm erworbenen Feld grausam ums Leben gekommen sein soll, sondern auf das Blut Jesu, d.h. Blutacker heißt das Gelände, weil an dem Kaufpreis das Blut Jesu ,klebt,357. Dem entspricht, dass das in Mt 27,9f angeschlossene Reflexionszitae S8 das Motiv des Kaufgeldes und den Erwerb des Ackers aufnimmt, während 357 Zur Wendung nll~ a'Llla';Oe; vgl. TestSeb 3,3, wo es ebenfalls um Skrupel im Umgang mit dem Blutgeld geht. 358 Bei dem Zitat handelt es sich um ein Mischzitat. Der primäre Bezugstext ist Sach 11,13, doch lässt die Rede vom Töpfer und vom Acker daneben zum einen an Jer 18,112; 19,1-13, zum anderen an Jer 32 denken (zur Mischform des Zitats s. SENIOR, Fate, 353-362; R.E. BROWN, Death, 65lf; WIeK, Judas, 27-32 sowie GNILKA, Mt H, 448f; FRANKEMÖLLE, Mt 11, 471.474; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 568f). Die Zuschreibung an Jeremia (eine Übersicht über Erklärungsversuche bietet KNOWLES, Jeremiah, 60-77) ist dabei kein Versehen (anders zuletzt wieder Luz, Mt IV, 240), aber auch nicht allein dem eher peripheren Einfluss von Jeremia im Zitat selbst geschuldet (WOLFF, Jeremia, 164 z.B. beschränkt sich auf die Erklärung, der Grund für die Zuweisung des Zitats sei die Erwähnung des Töpferackers). Sie erschließt sich zum einen auf dem Hintergrund der Beziehungen, die Matthäus zwischen Mt 2, wo mit Mt 2, 17f ebenfalls ein Jeremia zugeschriebenes (hier allerdings auch aus dem Jeremiabuch stammendes) Reflexionszitat begegnet, und der Passionsgeschichte geknüpft hat (s. dazu KNOWLES, Jeremiah, 78-80). Zum anderen dürfte die Nennung Jeremias als Hinweis für die Leser zu verstehen sein, das Geschehen in 27,3-8 im Licht von Jeremia bzw. der genannten Jeremiastellen zu betrachten (vgl. VAN TILBORG, Matthew 27.3-10, 168 und die am Ende der Anmerkung Genannten; zu möglichen Bezügen s. die Übersicht bei DAVIEs/ALLISON, Mt III, 558f, speziell zu Jer 19,1-13 GUNDRY, Use, I 24f; SENIOR, Fate, 359-361; Moo, Tradition, 159f [vgl. Moo, Passion Narratives, 195f]; MENKEN, References, 10f und vor allem KNOWLES, Jeremiah, 69-76 sowie MILER, Citations, 266-271). Anders gesagt: Matthäus hat Sach 11,13 sowie die vorangehende Erzählung im Licht der genannten Jeremiastellen reflektiert. Dabei dürfte eine wichtige Rolle gespielt haben, dass in Jer 19 die Ältesten des Volkes und die Ältesten der Priester adressiert sind (V.I, vgl. Mt 27,3), die Zerstörung Jerusalems angekündigt und mit dem Vergießen unschuldigen Blutes (V.4, vgl. Mt 27,4) begründet wird und ferner in V.II im Kontext der durch das Zerbrechen des Gefäßes des Töpfers symbolisierten Zerstörung der Stadt zugleich explizit vom Gericht an ihren Bewohnern (vgl. V.12 und bereits V.3) die Rede ist, die in V.l1 als 6 Aaee; olfwe; bezeichnet werden (vgl. Mt 27,25, dazu unten S. 168-178). Im Blick auf die Adressierung des Gerichtswortes in Jer 19,1 ist ferner in Erinnerung zu rufen, dass die Rede von den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" (Mt 10,6; 15,24) durch Jer 27,6 LXX (1Tpoßa1:a a1TOAWA01:a EYEv~eTJ 6 AaOe; IlOU, OL 1TO~IlEVEe; atm;)v E~woav aU1:0Ue;, E1Tt 1:!t ÖpTJ a1TE1TAavTJoav aU1:0Ue; ... [= 50,6MT]) (mit)inspiriert sein und in der darin implizierten Kritik an den "Hirten" ferner unter anderem Jer 23,1-4 Pate stehen dürfte (vgl. dazu oben Kap. 2.1.2, S. 38-39). Dies legt nahe, dass bei der Nennung Jeremias - ganz auf der Linie der matthäisehen Intention in 27,3-8 - das Moment der Autoritätskritik mitschwingt (vgl. PAUL, Texte, 80). Zieht man Jer 18,1-12 hinzu, kann man überdies fragen, ob Matthäus die in Jer 18,llf herausgestellte Unbußfertigkeit der bei Jeremia adressierten Judäer und Bewohner Jerusalems (!) vor Augen hatte. Einzelheiten bleiben zu einem gewis-
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3.2 Die Passion
es in den in Apg 1,20 zitierten Psalmworten um das Ergehen des Gottlosen geht. Das Kaufgeld wird dabei durch die überladen wirkende Formulierung ,359 'ta 'tpLaKOV'ta apyupLa, 'tTW 'tq.J.TJV 'tOU 'tE'tLIlTJIlEVOU ov E'tLIlTJaav'to ano ULWV 'Iapa~A. auffallend betont. Im hier verfolgten Zusammenhang von Interesse ist insbesondere die matthäische Einfügung der Wendung &:no ULWV 'Iapa~A., die an Cij'~~1,) in Sach 11,13 MT einen Anhalt hat. Syntaktisch wird man sie kaum iu ~ou 'tE'tLIlTJIlEVOU ziehen dürfen (Hyperbaton)36o, sondern - analog zu Cij'~~1,) - zum Relativsatz nehmen müssen. Damit wird aber nicht Israel kollektivisch mit der Schuld an Jesu Blut belastee 6\ so dass die Synedriumsmitglieder, die Handlungsträger auf der narrativen Ebene, auf der mit dem Zitat beschrittenen Ebene der Reflexion als Repräsentanten des Volkes im strengen Sinn des Wortes erschienen. Es fehlt in &:no ULWV 'Iapa~A. nämlich zum einen der Artikel, zum anderen gehört die Wendung zum im Verb implizierten Subjekt und hat partitiven Sinn362 . Allein die Mitglieder des Hohen Rates sind also Subjekt in hLIl~ aaV'to, und die Hinzufügung von &:no ULWV 'Iapa~A. kennzeichnet sie als "welche aus den Söhnen Israels". Autoritäten und Volk sind also auch hier nicht zu einer einheitlichen Größe zusammengeschlossen363 . ,
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sen Grade spekulativ, doch tangiert dies nicht den übergreifenden Sinn der Zuschreibung des Zitats: Die Nennung Jeremias in Mt 27,9 fungiert "as a means of drawing attention to an important aIIusion that could otherwise easily be overlooked" (KNOWLES, Jeremiah, 77, in diesem Sinne auch GUNDRY, Use, 125; SENIOR, Fate, 369; Moo, Tradition, 161; HAM, King, 62-64.68). 359 Es ist schwerlich zu tou tEtLfiT]fiEVOU, wie BAUER/ALAND, Wörterbuch, Sp. 1628 und HÜBNER, tll.l&.W, Sp. 856 vorschlagen, &.ypou zu ergänzen. Gemeint ist vielmehr Jesus. 360 Die Wendung könnte dann den Urheber bezeichnen (zu &.no statt uno beim Passiv vgl. BDR § 210,2), doch wäre in diesem FaII der folgende Relativsatz überflüssig, oder aber partitiv gemeint sein und also Jesus als einen aus den Söhnen Israels bezeichnen, doch machte dies inhaltlich wenig Sinn. 361 Gegen ROTHFUCHS, Erfüllungszitate, 88, nach dem hier "die ,Kinder Israel' in ihrer schuldhaften Ablehnung Jesu behaftet" werden. Zustimmend zu Rothfuchs VOGLER, Judas, 69f; koIIektivisch auf Israel deuten ferner z.B. KLAUCK, Judas, 100; R.E. BROWN, Death, 649; J.A. GIBBS, Jerusalem, 149. Zur Gegenposition s. die unten in Anm. 363 Genannten. 362 Vgl. ZAHN, Mt, 709 (mit Anm. 75); HAGNER, Mt II, 814; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 570; Luz, Mt IV, 240f; NOLLAND, Mt, 1157; STENDAHL, School, 126 mit Anm. 1; GUNDRY, Use, 126f (vgl. GUNDRY, Mt, 557); BRUCE, Book, 340; MCCONNELL, Law, 133; SENIOR, Fate, 355f; GARBE, Hirte, 44f. Zur Umschreibung des partitiven Genitivs mit &.no s. BDR § 164,1. 363 Vgl. GUNDRY, Mt, 557; Luz, Mt IV, 248f; NOLLAND, Mt, 1157; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 570 (,,&'no ... is partitive ... and harmonizes with Matthew's tendency to distinguish between the Jewish people and their leaders") sowie STENDAHL, School, 126 mit Anm. I: "Matthew distinguishes between the authorities and the people, putting the re-
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Der Sinn dieser Kennzeichnung dürfte sich am besten erschließen, wenn man sie als Kontrastmotiv zum Verhalten der Hohenpriester und Ältesten auffasst: Ihr Verhalten steht in einem eklatanten Widerspruch zu ihrer Zugehörigkeit zum auserwählten Volk. Der Messias Israels, in dem die Israel gegebenen Heilsverheißungen zur Erfüllung kommen, wird - unglaublicherweise - von (den führenden) Söhnen Israels, also aus den eigenen Reihen, bekämpft. Mit anderen Worten: U'1TD UlWV 'la paN\' kennzeichet das Unfassbare des gottlosen Vorgehens des Hohen Rates. Von einer Schuld ganz Israels am Blut Jesu ist auch in 27,9fnichts gesagt. Die zentrale Frage ist nun, ob dies auch in 27,11-26 noch so bleibt. Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Verständnis von mx<; 0 Aao<; in V.25 zu. Deutlich ist, dass Matthäus die Verurteilungsszene durch die Einfügung von 27,19.24f364 und andere Eingriffe in seine markinische Vorlage dahingehend neu akzentuiert hat, dass er das vor Pilatus versammelte Volk als Träger der Verantwortung für das Urteil weiter belastet hat, während die römische Gerichtsinstanz wenn nicht exkulpiert, so doch entlastet wird365 . Dabei stehen sich freilich nicht von Anfang an Volk und Pilatus als Gegenspieler gegenüber, sondern Pilatus und die jüdischen Autoritäten, und beide versuchen sich des Volkes zu bedienen, um ihr Ziel zu erreichen366 . Die jüdischen Autoritäten erstreben die Kreuzigung Jesu, Pilatus dagegen seine Freilassung, denn "er wusste, dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten" (27,18). Matthäus übergeht in V.18 zwar die ausdrückliche Nennung der Hohenpriester als Subjekt (s. Mk 15,10), doch ist schon von 27,2 ('1TapEÖwKav) her klar, dass an niemanden sonst als an die Mitglieder des Hohen Rates gedacht ise 67 . 27,18 bestätigt somit noch einmal, dass
sponsibility on the former." Vgl. dazu die Überlegungen zur Zuschreibung des Zitats an Jeremia oben in Anm. 358. 364 Die Verse sind der matthäischen Redaktion zuzuweisen, s. exemplarisch GNILKA, Mt II, 453f. 365 Erwägen kann man, dass hier "politische" Apologetik gegenüber der paganen Umwelt eine Rolle spielt (vgl. RUSSELL, Image, 442, Anm. 103; SCHMITHALS, Konflikt, 375f; FIEDLER, Passion, 316; KVALBEIN, Matthew, 49f). Verweisen kann man ferner darauf, dass sich Matthäus in 8,28-34 zur Streichung des Namens der Dämonen (Mk 5,9: Legion) wohl dadurch veranlasst sah, dass man darin "eine ironische Anspielung auf die römische Besatzungsmacht" (GNILKA, Mt I, 322) erblicken konnte. - Keine Entlastung des Pilatus in 27,llff sehen z.B. DAVIES/ALLISON, Mt III, 555.579 und vor allem CARTER, Gentiles, 275f. 366 Vgl. GIELEN, Konflikt, 377. 367 Vgl. GUNDRY, Mt, 562; FRANKEMÖLLE, Mt 11,478; Luz, Mt IV, 272, Anm. 43 u.a. Anders aber BROER, Prozeß, 103 (der Begründungssatz erhalte "nach Matthäus durch die Auslassung der Hohenpriester den Sinn, daß das Volk Jesus aus Mißgunst überliefert hatte"); R.E. BROWN, Death, 802; SUHL, Beobachtungen, 348 sowie auch SAND, Mt, 552.
3.2 Die Passion
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es den Autoritäten darum geht, ihre Stellung zu verteidigen, die durch den Zulauf, den Jesus erfahren hat, gefährdet erscheint. Pilatus wähnt offenbar die Volksmenge auf seiner Seite 368 . Daher scheint ihm der Brauch der Passaamnestie das geeignete Mittel, um das Bestreben der Autoritäten ins Leere laufen zu lassen. So ist es bei Matthäus bezeichnenderweise Pilatus selbst (nicht wie in Mk 15,8 das Volk), der die Initiative zur Passaamnestie ergreift (Mt 27,15-17) und also - an den Jesus verklagenden Hohenpriestern und Ältesten (27,12f) vorbei - den vor ihm versammelten369 ÖXA.OC; einbezieht37o . Dieser wird betont vor die Alternative gestellt, wobei Pilatus freilich die Entscheidung des Volkes zugunsten von Jesus zu präjudizieren sucht, indem er mit Barabbas einen "berüchtigten"37) Gefangenen gegen Jesus aufbietet und auf der anderen Seite Jesus dem Volk entgegenkommend aus jüdischer Perspektive als 6 A.EYOj..LEVOC; XPWTOC; bezeichnet (27,17), statt in ,heidnischer' Diktion vom "König der Juden" (vgl. 27,11.29.37, s. auch 2,2) zu reden 372 • Wird Pilatus in seinem Vorgehen durch seine Frau bestärkt (V.19), so nimmt das Geschehen mit V.20 eine für ihn unerwartete Wendung, denn die durch die Botschaft der Frau des Pilatus verursachte Unterbrechung gibt den Hohenpriestern und Ältesten373 die Gelegenheit, auf die neue Situation, die durch Pilatus' Rückgriff auf die Passaamnestie entstanden ist, zu reagieren und das versammelte Volk zu verführen374 (V.20)375, die
Vgl. HEIL, Death, 73f. ouvayw meint bei Matthäus zumeist schlicht das Zusammenkommen von Menschen (vgl. 13,2; 18,20; 22,34.41; 25,32 u.ö.; vgl. SAND, Mt, 552), nicht "eine offizielle Volksversammlung" (anders GNILKA, Mt II, 453.455 zu 27,17). 370 GIELEN, Konflikt, 376 sieht hier gar einen "Affront gegen die Anklage führenden Jerusalemer Offiziellen ... , die der Statthalter ... geradezu ,links liegen läßt'." 371 E1TLOTlI.l OV wird meist in malam partem gedeutet, heißt aber zunächst einmal "ausgezeichnet, hervorragend" und könnte hier lediglich Barabbas als einen bekannten Gefangenen kennzeichnen (vgl. Luz, Mt IV, 265.271f). Im matthäi sehen Kontext liegt ein pejorativer Sinn aber nahe, wenn es richtig ist, dass Matthäus die Passaanmestie als Pilatus' Versuch, das Ansinnen der jüdischen Autoritäten zu unterlaufen, darzustellen sucht. - Vgl. GUNDRY, Mt, 560: "In order to heighten the Sanhedrin's guilt, Matthew wants to highlight the undesirability of Barabbas, not his association with Jewish patriotism" (s. auch LUCK, Mt, 300). 372 Vgl. GIELEN, Konflikt, 376.38l. 373 Die Ältesten werden von Matthäus wie zuvor in 27,12 (diff. Mk 15,3) und später in 27,41 (diff. Mk 15,31) zu den Hohenpriestern aus Mk 15,11 ergänzt. Matthäus benennt also von 26,3 an konsequent den Hohen Rat als Handlungsträger. 374 E1TELOaV hat hier ohne Zweifel diesen pejorativen Sinn (vgl. SAND, Tfd9w, Sp. 149; FRANKEMÖLLE, Mt II, 479 u.a.). 375 GNILKA, Mt II, 457 vermerkt treffend, dass impliziert ist, "daß das Volk bis dahin noch unentschlossen gewesen wäre." Siehe auch FIEDLER, Mt, 409. 368 369
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Freilassung des Barabbas zu erbitten, Jesus aber zu Tode zu bringen376 • Nicht Pilatus, sondern den Autoritäten gelingt es also, sich des Volkes zur Erreichung des eigenen Ziels zu bedienen. Die Ersetzung von aVEOELOaV (Mk 15,11) durch ETIELOaV (Mt 27,20, vgl. 28,14) dürfte im Dienst der Transparenz der Szene bzw. der Möglichkeit ihrer paränetischen Aktualisierung stehen. Die Verführung des vor Pilatus versammelten Volkes wird zum Modell für jede Art von Verführung des Volkes durch seine Autoritäten und damit auf der Kommunikationsebene zur Warnung, sich diesen in irgendeiner Form anzuvertrauen. Am tumultuarischen Charakter der nachfolgenden Szene ändert sich durch die Ersetzung des markinischen aVEOELOaV nichts (s. nur V.24)377. Nachdem Matthäus Pilatus als Initiator der Passaamnestie als des Weges, Jesus freizubekommen, gezeichnet hat, ist es nur konsequent, wenn er nun - nach dem Scheitern dieses Versuchs 378 - Pilatus jegliche Schuld an dem Urteil gegen Jesus demonstrativ379 zurückweisen lässt: a84>6c; ELjlL aTID ,au a'l.jla,ac; wu,au' ujlE'i.C; ö1jJm8E 380 • Die, denen damit die Verantwortung zugeschoben ist, hat Matthäus bis jetzt in Anknüpfung an Markus 376 Die matthäische Formulierung 'LVCX ••• 1:0V ••• 'IT]oOÜV a1l0ÄEowOW verstärkt nicht nur die Bezüge zwischen der Passionsgeschichte und Mt 2 (vgl. dazu unten S. 173 und Anm. 401), wo Herodes danach trachtet, das Jesuskind umzubringen (2,13: ... taÜ a1l0ÄEOCXL CXU1:o), sondern lässt zugleich auch an den Beschluss der Pharisäer in 12,14 zurückdenken (Ö1lW~ CXU1:0V a1l0:\.Eowow). Vgl. NOLLAND, Mt, 1173. 377 Siehe dazu noch unten S. 175, Anm. 410. 378 Pilatus gibt sich dabei keineswegs sogleich geschlagen, sondern unternimmt nach der Entscheidung des Volkes für Barabbas (V.21) noch zwei Anläufe (V.22t), um das Ansinnen der Jerusalemer Offiziellen zu durchkreuzen. 379 Die Szene trägt biblisches Kolorit, s. Dtn 21,1-9 sowie Ps 26,6; 73,13 und auch Jes 1,15f. Vgl. ferner EpArist 305f. 380 Dagegen fügt sich der markinische Pilatus, nachdem er nichts gegen das Volk auszurichten vermochte, sogleich dem Willen des Volkes (Mk 15,15). - Umstritten ist, ob die Änderung des markinischen 01:CX\JpWOOV CXU1:0V (Mk 15,13t) durch die passive Form 01:CXUpwEl~1:W (Mt 27,22t) Pilatus entlasten soll (so GNILKA, Mt II, 453; LUCK, Mt, 300; GUNDRY, Mt, 563f; STRECKER, Weg, 116; SCHELKLE, Selbstverfluchung, 150; GIELEN, Konflikt, 380 u.a.) oder sich lediglich matthäischem Stil verdankt (so SENIOR, Passion Narrative, 251; R.E. BROWN, Death, 825, Anm. 8; Luz, Mt IV, 275, Anm. 63). Geht man im Kontext weiter zurück, kann man eine Tendenz zur Entlastung des Pilatus in der dritten Leidensankündigung angedeutet sehen. Während in der parataktischen Reihung von Mk 10,34 die EElVT] Subjekt von EfJ.1ICXL(ELV, EfJ.1T1:UELV, fJ.cxonyoüv und a1l0K1:ELVEW sind, hat Matthäus dies zu einer Reihe substantivierter finaler Infinitive verändert (Ek 1:0 EfJ.1ICXL~CXL KaL fJ.aonywoaL KaL o1:aUpWOCXL, Mt 20,19), die von 1IapaÖWOouoLV abhängig ist und also die Absicht des Auslieferns durch die Hohenpriester und Schriftgelehrten benennt. Durch diese syntaktische Änderung liegt der Ton ganz auf den Hohenpriestern und Schriftgelehrten als der treibenden Kraft im Vorgehen gegen Jesus und damit als Verantwortlichen für die Kreuzigung (vgl. GIELEN, Konflikt, 196t).
3.2 Die Passion
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(s. Mk 15,8.11.15) als OXAOC; bezeichnet (Mt 27,15.20). Matthäus greift diese Bezeichnung zudem auch in V.24 auf - Pi1atus wäscht sich die Hände &nEVaVtl 'WU ÖXAOV - , wechselt dann aber in V.25 zu niic; 0 Aaoc;. Von zentraler Bedeutung, aber wegen der Mehrdeutigkeit von Aaoc; in der gegenwärtigen Forschung umstritten ist, ob hier die zuvor konsequent durchgeführte Differenzierung zwischen den Autoritäten (einschließlich Jerusalems) einerseits und dem einfachen Volk andererseits im entscheidenden Moment der Verurteilung Jesu aufgehoben und das gesamte Volk durch den Wechsel zu Aaoc; im theologisch aufgeladenen Sinne - oder zumindest mit der Konnotation - des gesamten Gottesvolkes in die Front der Gegnerschaft Jesu eingereiht wird381 • Liest man so, erhält 27,25 eine einzigartige Bedeutung für die heils geschichtliche Konzeption des Evangelisten382 . Matthäus würde hier - die Situation transzendierend - ganz Israel zu belasten suchen. Dem steht als Alternative die These gegenüber, dass niic; 0 Aaoc; im Duktus von 27,15-26 betrachtet auf der Linie des zuvor ge381 Siehe GRUNDMANN, Mt, 555; FENTON, Mt, 436; FRANCE, Mt, 52.392f; SAND, Mt, 554; PATTE, Mt, 380; GNILKA, Mt II, 458; LIMBECK, Mt, 295; HARE, Mt, 317; LUCK, Mt, 301f; BRUNER, Mt II, 723; CITRON, Multitude, 409f; TRILLING, Israel, 72; FITZMYER, Anti-Semitism, 669; KINGSBURY, Parables, 26; SCHELKLE, Selbstverfluchung, 150f; WALKER, Heilsgeschichte, 47; STRECKER, Weg, 115f; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 204211; MEIER, Vision, 199f; SENIOR, Passion Narrative, 258f; MORA, Refus, 33-39; VERSEPUT, Rejection, 44; FREYNE, Unterdrückung, 464; MIYOSHI, Theologie, 43; HEIL, Death, 8.76; BROER, Antijudaismus, 335; FIEDLER, Passion, 309; R.E. BROWN, Death, 837; W. KRAUS, Passion, 416f; WEISS, Kirche, 2074; W. STEGEMANN, Beteiligung, 4 und 21, Anm. 3; COUSLAND, Crowds, 83; FELDMEIER, Israel, 140; REpSCHINSKI, Stories, 331; GARBE, Hirte, 108f.115; PAUL, Texte, 92f.304f; KELLER, Blutruf, 145f, auch CARGAL, Blood, 106, der aber neben der Schuldübernahme eine Beziehung des Blutrufes zu 26,28 (sowie 1,21) sieht (s. jetzt auch REpSCHINSKI, "For He Will Save ... ", 263) und daher die These einer durch die Schuldübernahme ausgelösten definitiven Verwerfung Israels verneint (CARGAL, Blood, 108-112). 382 Vgl. nur TRILLING, Israel, 75 ("Für Matthäus ist 27,25 eines der Schlüsselworte"); FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 206f ("ein Kulminationspunkt und Angelpunkt im geschichtstheologischen Aufriß des Mt" [206], vgl. zu Frankemölle noch unten S. 179 mit Anm. 430); KÜHSCHELM, Verhältnis, 171 ("Schlüsselpassage, die mit aller wünschenswerten Klarheit über das Konzept des Mt Auskunft gibt ... Mt will damit ... den Grund angeben, warum Israel sein Privileg als Jahwes erwähltes und heiliges Eigentumvolk vertan hat"); BROER, Prozeß, 109 ("Matthäus ... belastet das Judentum ... , um den Übergang der Heilsprärogative von Israel auf die Christen deutlich zu machen" [Hervorhebung im Original]); GNILKA, Prozeß, 24f ("In dieser Schuldzuweisung ... ist der Gedanke beschlossen, daß die heilsgeschichtliche Rolle Israels als des Volkes Gottes an ihr Ende gekommen ist"); Luz, Antijudaismus, 315 ("eine für den Ablauf der Matthäusgeschichte entscheidende Stelle"); J.A. GIBBS, Jerusalem, 150 ("Now they as a nation will lose their status as tenant-farmers in the eschatological vineyard-reign"); GUNDRY, Mt, 565 ("Matthew's composition of v 25 implies the transferal of the kingdom from the Jewish people to the church").
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
brauchten OXAOe; zu verstehen sei und also nicht mehr als den vor Pilatus versammelten Volkshaufen bezeichne383 , wobei man mie; durch das sich auf die OXAOL (V.20) beziehende mXVtEe; in V.22 vorgebildet sehen kann 384 . Nun ist philologisch gegenüber der üblichen Diskussion, ob ,Hie; 6 Aa6e; in 27,25 bloß Wechselbegriff zu OXAOe; ist oder aber gezielt das ganze Gottesvolk in die Schuld an Jesu Tod einbezieht, anzumerken, dass mit dieser Alternative nur die beiden Enden des Spektrums von Optionen anvisiert wird. Exemplarisch verdeutlichen kann man sich dies anhand des lukanischen Doppelwerks 385 . Aa6e; meint hier verschiedentlich betont das Gottesvolk386, häufig aber auch schlicht einen Volkshaufen 387, im Übrigen auch in der Wendung 1Tae; 6 Aa6e;388 und dies sogar als Wechselbegriff zu OXAOe;, so in der Speisungsgeschichte in Lk 9,12f. Lukas verwendet Aa6e; - auch in der Apostelgeschichte - aber nie zur Bezeichnung nichtjüdischer V olksmengen 389 ; Aa6e; weist sozusagen Volksmengen als zum Gottesvolk gehörig aus. Dies ist nun ferner keine lukanische Sondersprache, sondern schreibt eine durch die LXX grundgelegte und zum Beispiel auch bei Josephus begegnende, wenngleich hier in beiden Fällen nicht in letzter Konsequenz durchgeführte 390 Tendenz fort, Aa6e; für das Volk Israee 91 oder eben auch Im Sinne von "Volksmenge", also als (bloßen) Wechselbegriff zu ÖXAO~ deuten in 27,25 u.a. DAVIES/ALLISON, Mt III, 592; FIEDLER, Mt, 411; STRATHMANN [/MEYERj, Aa6~, 50; HUMMEL, Auseinandersetzung, 145 (27,5 meint wohl 27,25); KOSMALA, Blood, 96-99.118; KREMERS, ludenmission heute?, 39; LOVSKY, Sang, 350f; LEVINE, Dimensions, 266ff; SALDARINI, Community, 32f; GIELEN, Konflikt, 383-386, s. auch HAACKER, Blut, 50, Anm. 12. 384 Vgl. LEVINE, Dimensions, 267. 385 Auf dieses entfallen mit 84 Vorkommen (36+48) immerhin fast 60% der neutestamentlichen Aa6~-Belege. 386 Z.B. Lk 1,68.77; 7,16; Apg 3,23; 13,17.24, gelegentlich im ausdrücklichen Gegenüber zu den EeVT] (Lk 2,32; Apg 26,17.23). 387 Lk 6,17; 7,1.29; 9,13; 18,43; 20,1.9; Apg 3,12; 4,1 u.ö. 388 Lk 7,29; 9,13; 18,43. 389 Nichtjüdische Volksmengen heißen ÖXAO~ (Apg 13,45; 14,11.13.14.18.19; 16,22; 17,8.13; 19,26.33.35) oder auch 1:0 lTAfjeo~ 1:fj~ lT6AEW~ (Apg 14,4). Siehe auch lirrav 1:0 lTAfjeo~ 1:fj~ lTEPLXulpou 1:WV rEpaOT]VWv in Lk 8,37. - Vgl. STRATHMANN [/MEYERj, Aa6~, 52; SCHÜRMANN, Lk I, 163, Anm. 10. 390 Zum Befund in der LXX vgl. STRATHMANN [/MEYER], Aa6~, 33: Wie sich EeVO~ zuweilen auf das jüdische Volk bezieht, ist ,,[u jmgekehrt ... für cl! nicht überall, wo es sich nicht auf Israel bezieht, EeVO~ eingetreten. Auch die Ägypter (Gn 41,40.55; Ex 1,22; 9,27 usw), die Philister (Gn 26, 11), die Moabiter (Nu 21,29; 24, 14), die Sodomiter (Gn 19,4), die Hethiter (Gn 23,7), die Äthiopen (Js 18,2; ljI 86, 4), die Skythen (IEP 6,22; 26,24; 27,41) heißen Aa6~." - In Josephus' Bellum bezieht sich von 39 Belegen nur einer nicht auf Juden (Bell VI 439). In den Antiquitates sind bei insgesamt 239 Belegen allein II 301; XI 212 anzuführen. Deutlich ist auch der Befund in 4Bar: Von den - nach der Konkordanz von Denis (Herzer ist in seiner Neuedition [so im Literaturverzeichnis] 383
Aa6~
3.2 Die Passion
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für jüdische Volksmengen oder Leute392 , für Teile des Volkes 393 bzw. die Bevölkerung eines Gebiets oder einer Stade94 zu verwenden. Zu beachten zuweilen zu anderen textkritischen Entscheidungen gelangt als die bei Denis zugrunde liegende Ausgabe von KraftiPurintun) - 42 Belegen (ohne den christlichen Schluss in 9,10-32) bezieht sich nur 4Bar 1,5 auf Nichtjuden. 391 Ich beschränke mich auf eine kleine Auswahl von Belegen: Ex 3,7.10.12.21; 6,7; 7,4; 15,13.16; 19,5; 33,13; Lev 26,12; Num 23,9; Dtn 7,6; 9,29; 2Reg (2Sam) 5,2.12; 7,24; 3Reg (lKön) 8,16.51; 16,2; 4Reg (2Kön) 9,6; Neh 1,10; 2Makk 1,26; 3Makk 2,6.16; Ps 27,9 LXX ; 77,71 LX \ 78,13 Lxx ; 93,14 Lxx ; 94,7 LXX ; 99,3 LXX ; SapSal 10,15; Am 7,8.15; 8,2; 9,14; Mi 6,2.3.5; JoeI2,17-19; Sach 8,8; 9,16; Jes 1,3; 40,1; 49,13; Jer 2,11; 38,33 LXX (= 31,33 MT); IBar 2,35; 4,5; Ez 34,30; 36,28; 37,23.27. - Im Rahmen der "rewritten Bible" der ersten Bücher der Antiquitates meint Äaot; bei Josephus häufig gesamthaft das Volk Israel (s. Z.B. im Rahmen der Schilderung des Exodus Ant 11 311.323.336), aber keineswegs durchgehend (s. nur Ant VIII 32 und die Belege unten in Anm. 392). Übergänge zwischen den Bedeutungsaspekten können im Übrigen fließend sein, so z.B., wenn es um das Volk im Unterschied zu den Leviten und Priestern geht (Ant IV 6870.74.164; VIII 101; IX 163.260, s. auch III 258, vgl. Ex 19,24; Dtn 18,3; 4Reg [2Kön] 12,9; 22,4; 2Chr 30,3; 31,4; 34,30; Esra 2,70; 7,13.16; 8,15; 9,1; Neh 8,9; 10,35; 3Esra 5,45; IMakk 14,44; Hos 4,9; Sach 7,5; Jes 24,2; Jer 33,7ffxX [= 26,7ftM T ]; 34,16LXX [= 27,16 MT]; 35,1.5 LXX [= 28,1.5 MT]; IBar 1,7). Und, um nur ein weiteres Beispiel anzufügen, bei der Rede von der Trauer des Volkes beim Abschied von Mose nimmt Äaot; in Ant IV 322 (s. auch IV 330) tO 1TÄfJ90t; auf (IV 320.322, s. auch IV 328). In der LXX s. ferner z.B. den Gebrauch von Äaot; in Ex 5 (V.1.4.5.6.7.10.12.16.22.23) oder Ex 18,1326 (V.13.14.15.18.19.21.22.23.26). - Recht häufig bezieht sich Äaot; auf das Kriegsvolk (s. z.B. Jos 8,3.11; 10,7; 11,7; IReg [ISam] 26,14; 30,21; 2Reg [2Sam] 10,10.13; 12,28.29; 15,23.24; 16,6; 17,2; 18,1.2.4.5.6.7.8.16; 19,3.4.9[Kat ELofJÄ9EV !Tiie; cl .-laae; Kata 1TPOOul1TOV tOU ßaOLÄEWt; Kat 'Iopary.-l E<jlUYEV &v~p ELt; ta OKTlVWflata aUtou]; 20,15; 23,10.11; 4Reg [2Kön] 13,7; IChr 19,7.11.14; 2Chr 13,17; 14,12; Jdt 7,1.7; IMakk 5,6.30; 12,44; 16,6.7; Ps 3,7 u.ö.), und auch dies nicht ausschließlich im Blick auf Israel (s. Ex 14,6; 17,13; Num 21,23.33-35; Dtn 20,1; 3Reg [IKön] 21[20],10; Nah 3,13; Ez 17,15, s. ferner TestJuda 3,1.2; 9,2). 392 Siehe z.B. Num 21,6 (die Schlangen EöaKvov tOV Äaov Kat &1TE~9aVEV Äaot; 1TOÄUt; tWV uLwv 'Iopa~Ä); 2Reg (2Sam) 13,34; 15,12.30; 20,12; 22,28 (Kat tOV Äaov tOV 1TtWXOV OWOELt; Kat 6<jl9aÄflOUt; E1Tt flEtEWPWV ta1TELVWOELt;, vgl. Ps 17,28LXX); 3Reg (IKön) 19,21; 4Reg (2Kön) 4,41.42.43; 2Chr 30,13.20; 32,4; IMakk 5,53; Ps 21,7 Lxx ; 34,18 Lxx ; Koh 4,16; Sir 16,17; 42,11; DanSus 7Th • - Für Josephus' Bellum ist charakteristisch, dass Äaot; die jüdischen Volksmengen/die (einfache) Bevölkerung bezeichnet. So meint z.B. in Bell II 226 6 Äaot; mit;, dessen Angriff Cumanus fürchtet, die im Tempel beim Fest zusammengekommene und durch das unanständige Verhalten eines römischen Soldaten aufgebrachte jüdische Menge (vgl. VI 290). In der weiteren Darstellung tritt dann immer wieder die Unterscheidung zwischen dem Äaot; und den Aufständischen hervor (Bell 11 425; IV 326.[363]; V 101.251.335.345.547.566; VI 259.273). Äaot; zur Bezeichnung des einfachen Volkes aber auch z.B. Josephus, Ant IV 54; V 24.99; XII 397; XIII 39.201 u.ö., s. ferner auch XVIII 352. 393 Instruktiv ist Josephus, Ant VIII 222: Rehabeam will mit einem Heer aus den ihm verbliebenen beiden Stämmen gegen Jerobeam Kat tOV Äaov, also den Teil des Volkes, der sich von Rehabeam abgewandt hat (vgl. den Gebrauch von Äaot; in Ant VIII
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
ist dabei, dass Ao:6c; - hier zeigt sich die semantische Nähe zu OXAOC; - ein sozialer Aspekt innewohnen kann: Es geht häufig um das einfache Volk im Unterschied zu den Führungsschichten395 • Kurzum: Die übliche Diskussion, ob Ao:6c; in Mt 27,25 "Gottesvolk" oder "Volkshaufen" bedeutet, stellt vor eine falsche Alternative; es ist vielmehr das verbreitete Oszillieren zwischen diesen Polen im frühjüdischen Sprachgebrauch zu bedenken. In Mt 27,25 ist niic; 6 Ao:6c; durch den Kontext eindeutig als die vor Pilatus versammelte Volksmenge denotiere 96 . Nach der vorangehenden Leserlenkung durch 2,3; 16,21; 21,10fund 23,37(-39) ist näherhin an Bewoh215.217.218), ziehen (s. ferner Josephus' Rede vom Aa6~ des Stammes Juda in Ant VII 8 [vgl. z.B. 2Reg (2Sam) 19,41] oder von 6 ,WV öEKa <j>UAWV Aa6~ und 6 tWV Mo <j>UAWV in Ant X 183). In 4Reg (2Kön) 25,26 meint 1TIi~ 6 Aa6~ die nach der Exilierung in Juda übrig Gebliebenen (vgl. Jer 47,5fxx), die nach Ägypten fliehen (vgl. Jer 50,1.4 LXX ; 51,15.20.24Lxx ). Nach VitProph 2,1 ist Jeremia vom Volk (UTrO tOU Aaou) in Ägypten gesteinigt worden. VitProph 3,14 bezeichnet mit 6 Aao~ 'lopa~A allein die babylonische Exulantenschaft der ersten (!) Deportation (vgl. für die babylonische Exulantenschaft nach 587 z.B. 4Bar 5,21.23 u.ö.). Herodes versammelte bei seiner Ankunft in Jerusalem nach Josephus, Bell I 457 den Aa6~ (hier kommen natürlich nicht alle Juden aus allen Ländern zusammen; vgl. dazu Bell I 550; 11 1). Siehe ferner z.B. Esra 10,1; Neh 5,1; IMakk 5,16. Auch hier ließen sich die Belege leicht erweitern. 394 Häufig liegt ein Bezug auf die Bewohner Jerusalems vor: 2Chr 31,4 (Kat ErTrEV tQ AaQ 1:Oi~ KatOLKouOLV EV 'IEpouoaA~Il); 32,18; IMakk 10,7 (Kal ~ASEV IwvaSav EL~ 'IEpouoaA~1l Kat &.VEyVW ta~ ETTLOtOAa~ EL~ ta <>ha Travto~ tOU Aaou Kat ,WV EK t* &Kpa~); s. auch Sach 14,2; Jes 28,14; 30,19; 33,24; Jer 14,16; 19,11 (s. ot Ka,oLKOUVtE~ EV autQ in V.12); 21,7; 43,9 LXX (= 36,9 MT); 45,4 LXX (= 38,4MT); Thr 1,7.11. Ebenso meint in Josephus, Bell V 566 (vgI. zu diesem Text noch unten Kap.4.3, S.225, Anm. 220) oder auch in VI 3011Tii~ 6 Aa6~ - wie Aa6~ häufig im Bellum - die Jerusalemer Bevölkerung (und dies im Unterschied zu den Aufständischen, s. oben Anm. 392). Auch in 4Bar 5,18 ist bei Aa6~ die Bevölkerung der Stadt im Blick (Trii~ 6 Aao~ rroMw, -rav'lJ" s. aber auch z.B. 2,2f im Kontext von 1,1.7, s. ferner 2,7; 3,6.11; 4,2.5). Siehe ferner z.B. Gen 19,4 (die Bewohner Sodoms); Num 13,32; 14,9 (die Bewohner Kanaans); Jdc 9,42.43.45 (die Bewohner Sichems, s. auch Sir 50,26); Jdc 18,7.27 (die Bewohner von Lajisch); 2Reg (2Sam) 12,31; lChr 20,3 (die Bewohner Rabbas); 2Reg (2Sam) 20,22 (die Bewohner von Abel-Bet-Maacha); 4Reg (2Kön) 6,30; 7,16.17.20 (die Bewohner Samarias); Jer 48, 1OLXX (= 41,10 MT) und Josephus, Ant X 172 (die übrig gebliebene Bevölkerung Mizpas, die von Jismael gefangen weggeführt wird); Josephus, Ant VI 74 (die Bevölkerung Gibeas/der Stadt Sauls). 395 Ich nenne wiederum nur einige exemplarische Belege: Jdc 16,30; Rut 4,9. I I; lReg (lSam) 6,4; 3Reg (lKön) 21(20),8; lChr 28,21; 2Chr 23,13.20; 24,10; 35,7f; 36,14; Neh 5,1 (die verarmte Bevölkerung: Kat ~V Kpauy~ tOU Aaou Kat yuvaLKwv autWV IlEYaAT] TrPO~ tou~ &.ÖEA<j>OU~ autWV tOU~ Iouöa(ou~); 7,5; IMakk 14,28; Jer 1,18; 5,31; 33,7f.llf.16 LXX (= 26,7f.l1f.16 MT); 36,I LXX (= 29,I MT); 41,19 LXX (= 34,19MT); 49,1.8 LXX (= 42, 1.8 MT); 50,4 LXX (= 43,4 MT) (vgI. Josephus, Ant X 177-179); IBar 1,3f.9. 396 VgI. z.B. FIEDLER, Mt, 411; KOSMALA, Blood, 96, vgI. auch HAACKER, Blut, 50, Anm. 12 sowie die in Anm. 397 Genannten.
,ij,
3.2 Die Passion
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ner Jerusalems zu denken 397 . 1Tlx,; 6 Acta<; nimmt entsprechend nicht nur im engeren Kontext na.V"tE<; aus 27,22 auf, womit Matthäus schon dort die Handlungseinheit des Volkshaufens betont hae 98 , sondern knüpft zugleich an 2,3 (rraoa 'IEpooaAufla) und 21,10 (rraoa ~ nah<;) an 399 . Der in 2,3-6 signalhaft eröffnete Spannungsbogen gelangt mit 27,25 ans Ziel. Nicht nur ist es wie in Mt 2 Jesus als ,,König der Juden" (2,2; 27,11, vgl. 27,29.37), der aus dem Weg geräumt werden so1l400, sondern Exposition und Zielpunkt der Konfliktgeschichte entsprechen sich auch darin, dass mit der Stadt Jerusalem und ihrer Führungsspitze dieselbe Konfiguration der Gegnerschaft Jesu begegnet. Anders gesagt: Mt 2,3-6 fungiert auch im Blick auf den Figurenbestand des Konflikts als Signal im Blick auf die Passions· hte 401 . geschlC In 2,3 und 21,10fist Jerusalem zwar noch keine aktive Rolle im Vorgehen gegen Jesus zugeschrieben, doch weist das beide Texte verbindende Motiv, dass die Stadt ob der Nachricht vom Kommen des Messias in Unruhe gerät, darauf hin, dass sie den Konflikt mit den bestehenden Autoritäten zumindest ahnt. 23,37 nimmt Jerusalem dann - nach der subtilen Anspielung in 21,11 - als die prophetenmordende Stadt in den Blick und weist damit auf ihre aktive Rolle im Vorgehen gegen Jesus voraus. Dazu bedarf es freilich noch der ,Überzeugungsarbeit' der Autoritäten (27,20), damit die Stadt sich gegen Jesus entscheidet. Den gegenüber dem Voran397 In diesem Sinne z.B. auch OVERMAN, Heroes, 599f; SALDARINI, Community, 38; LEVINE, Anti-Judaism, 34 sowie BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 97: "Die ,antwortende' Schar repräsentiert konkret die von den religiösen Verantwortungsträgern aufgewiegelten Jerusalemer ÖXA.OL (vgl. 27,20.24). Das Adjektiv TriiC; (vgl. 27,22: TTlxV""CEC;) beschreibt nicht ein darüber hinausreichendes ethnisch-religiöses Kollektiv, sondern gehört zur Inszenierung des gepußoc; (vgl. 26,5; 27,24)." - Zu Triic; 6 A.uec; mit Blick auf die Jerusalemer Bevölkerung s. oben Anm. 394. 398 Zugleich kann man TravtEC;/TriiC; in den Zusammenhang des tumultuarischen Charakters der Szenerie einstellen (vgl. die Position von Backhaus oben in Anm. 397, s. dazu ferner noch unten Anm. 410). 399 Vgl. OLMSTEAD, Trilogy, 62: ,,'All the people' recalls both 'the whole city' (21.10) and 'all Jerusalem' (2.3)". Vgl. auch DAVIEs/ALLlSON, Mt III, 594. 400 Die explizite Identifizierung von "König der Juden" mit "Messias" in 2,2.4 hat in 27, Ilff eine Entsprechung in V.17.22. - Darf man als Querverweis zwischen 2,lff und 27, Ilff ferner darauf verweisen, dass das - in die Verhörszene redaktionell eingefügte Motiv der Traumoffenbarung (27,19) auch in Mt 2 begegnet (2,12.13.19.22) und dort u.a. die Magier vor einer unbeabsichtigten Kollaboration mit Herodes (sowie den Hohenpriestern und Schriftgelehrten) schützt, wie das Auftreten der Frau des Pilatus diesen davor bewahren soll, sich vor den Karren des die Hinrichtung Jesu verfolgenden Hohen Rates spannen zu lassen? 401 Zu den Querverbindungen zwischen Mt 2 und der Passionsgeschichte vgl. KNOWLES, Jeremiah, 77-81; DAVIES/ALLISON, Mt III, 594. - Siehe noch unten S. 178, Anm.423.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
stehenden veränderten Bezug von 0XÄoc; auf eine Jerusalemer Volksmenge kann man dabei durch 26,47.55 vorbereitet sehen402 . Der Wechsel zu mic; 0 AaOt; macht aus dieser nun nicht symbolisch "ganz Israel", ist aber auch nicht bloß stilistische Variation, sondern verweist darauf, dass es um ein Geschehen in Israel geht, das sich in die Kette des Widerstandes gegen Gottes Boten in der Geschichte Israels einreiht (vgl. 21,33-46). mic; 0 AaOt; nimmt damit einen Akzent auf, den Matthäus bereits in 27,9 durch uno utwv 'Iapar]A gesetzt hat. Der messianische Hirte findet in seinem Volk nicht nur Gefolgschaft, sondern von Anfang an auch böswillige Ablehnung bei den Autoritäten und schließlich bei denen, die sich von diesen beeinflussen lassen. Matthäus sagt nicht, wie die Autoritäten das Jerusalemer Volk in 27,20 auf ihre Seite brachten. Auf dem Hintergrund der Darstellung des Prozesses vor dem Hohen Rat einerseits und der Verspottung Jesu durch die "Vorübergehenden" in 27,39f andererseits kann man erwägen, ob der Verführung der Menge das Tempellogion zugrunde liegt403 . Matthäus hat sicher soviel Sachkenntnis besessen, dass er wusste, dass mit dem Tempel die wirtschaftlichen Interessen der gesamten Stadt, also auch der ,einfachen Leute' in Jerusalem berührt waren404 • Erzähllogisch würde so verständlich, woher die "Vorübergehenden" von dem Vorwurf aus 26,61 Kenntnis erhalten haben. Freilich schweigt Matthäus über das Wie der Verführung und die ,Quelle' der Worte der "Vorübergehenden", so dass man hier letztlich nur - mehr oder weniger begründet - mutmaßen kann. Matthäus lässt hier eine Leerstelle, die die Auslegung nicht mit hinreichender Sicherheit füllen kann. So oder so ist festzuhalten, dass die Bedeutung des Tempellogions im Prozess gegen Jesus und seine Wiederaufnahme im Rahmen der Verspottung Jesu am Kreuz gut dazu passen, dass sich Matthäus die Menschen, die sich hier gegen Jesus wenden, als das Volk von Jerusalem denkt.
Die Deutung von Än:6c; in 27,25 wird erhärtet, wenn man die beiden weiteren Vorkommen des Wortes in der Passionsgeschichte (26,5; 27,64) hinzuzieht, denn in beiden Fällen liegt der fiir 27,25 vorgeschlagene Sprachgebrauch vor405 . In 26,5 wie in 27,64 handelt es sich dabei um wörtliche Rede der Autoritäten406 • Dass Matthäus sie nicht vom 0XÄoc;, sondern vom Än:6c; reden lässt, passt gut zu ihrem Selbstverständnis als Führer Israels, wie Matthäus dies in der Wendung "Älteste des Volkes" zum Ausdruck
Siehe dazu oben S. 154-155. Hingegen vermutet HAGNER, Mt 11, 823, "that Jesus was characterized as a charlatan and blasphemer, one who was misleading the people." 404 Siehe dazu TREISSEN, Tempelweissagung, 153-158, ferner auch HARRINGTON, Mt, 382. 405 FRANKEMÖLLE, AlX6~, Sp. 839 und STRATRMANN [/MEYER], AlX6~, 50 fassen AlX6~ in Mt 26,5 und 27,64 jeweils im Sinne von ÖXAO~ auf. Auch hier ist zu ergänzen, dass AlX6~ den Akzent setzt, dass es um Volksmengen aus Israel geht. 406 Folgt Mt 26,5 Mk 14,2, so gehört 27,64 dem matthäischen Sondergut an. 402
403
3.2 Die Passion
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bringt407 • Mit 26,5 ist 27,24f durch das Motiv des 86pußo~ verbunden408 . Fürchten die Autoritäten nach 26,5, mit Recht, einen e6pußo~ im Volk und das heißt dort im Licht der vorangegangenen Erzählung: unter den Jesus positiv gesonnenen auswärtigen Festpilgern (s. 21,1-11.45t) - , so müssen sie in 27,20-25, da Pilatus zum Mittel der Passaamnestie gegriffen hat, das vor dem Statthalter versammelte Volk überreden, die Tötung Jesu zu fordern; erst durch den e6pußo~, der in dem durch die Autoritäten angestachelten Volkshaufen (ÖXA.o~) in 27,24 entsteht, gibt Pilatus schließlich auf, so dass die Autoritäten mit ihrem Vorhaben ans Ziel kommen. Der e6pußo~ einer Volksmenge, den die Autoritäten in 26,5 fürchten, wird also ironischerweise von ihnen selbst initiiert, um angesichts der durch den Festbrauch möglichen, von Pilatus intendierten Wende des Verfahrens Jesus doch noch aus dem Weg zu räumen; das Geschehen liegt nicht in ihrer Hand409 • Im Blick auf die Interpretation von A.a.6~ macht diese Verbindung der Tumultszene in 27,24f mit 26,5 deutlich, dass A.a.6~ in 27,25 nicht anders als in 26,5 zu verstehen ist, und bestätigt damit die Zusammengehörigkeit von ÖXA.o~ und A.a.6~ in 27,24t lO • Umgekehrt, d.h. textgenetisch betrachtet, wird nun auch von der Verbindung zu 26,5 her verständlich, warum Matthäus in 27,25 A.a.6~ verwendet. Und da A.a.6~ in 26,5 und in 27,25 nicht auf Israel als Kollektiv blickt, sondern "Menschen aus Israel"
Zur Wendung "Älteste des Volkes" s. oben S. 152. e6pußo, kommt im Matthäusevangelium überhaupt nur in 26,5 und 27,24 vor. 409 Vgl. oben S. 153. 410 STRECKER, Weg, 115f hat hingegen seine Deutung von Au6, im Sinne von ,Gottesvolk = ganz Israel' dadurch zu stützen versucht, dass "die Diszipliniertheit der Antwort nicht einem zusammengelaufenen Volkshaufen entspricht, sondern den rechtlichen Aspekt der Aussage hervorhebt". Eine solche Tendenz zur Versachlichung und zur Meidung der tumultuarischen Züge wird vielfach für die gesamte Verurteilungsszene konstatiert (so z.B. SAND, Mt, 553.555; LUCK, Mt, 301; TRILLING, Israel, 73; SENIOR, Passion Narrative, 239.240.250, GNILKA, Prozeß, 23; SUHL, Beobachtungen, 345-347) und damit das Grundsätzliche der Entscheidung des Volkes unterstrichen. Aber Matthäus setzt durch ElTHOUV in V.20, wie gesagt, einen neuen Akzent, ohne auf das markinische Moment (&VEOHOUV) zu verzichten. Das schlichte AEYouow (V.22) kann nicht dagegen ins Feld geführt werden, da es nicht nur durch miVtE, verstärkt wird (vgl. dazu oben S. 173, Anm. 398), sondern vor allem von V.23 her keineswegs als nüchterne Rede zu verstehen ist. Matthäus sagt nicht, dass die Mengen jetzt anfingen zu schreien, sondern dass sie noch mehr (lTEPWOW,) schrieen (anders SUHL, Beobachtungen, 347). Matthäus hat hier zudem den markinischen Aorist EKPU~IXV (Mk 15,13.14) durch ein Imperfekt (EKpU(OV) ersetzt, das auf die Beharrlichkeit des Schreiens verweist. In diesem Licht ist auch eLlTEV in V.25 zu verstehen. Schließlich wird das Tumultartige der Szene, wie oben ausgeführt, deutlich durch !-uxUov e6pußo, YLVEtUL herausgestellt (V.24). 407 408
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
meint, ist es zugleich ohne Weiteres möglich, dass es sich dabei um unterschiedliche Gruppen des Volkes handelt 411 . Zieht man 27,64 hinzu, wird überdies deutlich, dass die Autoritäten auch nach der Tötung Jesu noch den Einfluss der Jünger auf den Aa6~, auf die Volksmengen aus Israel, zu fürchten haben. 27,64 bestätigt damit zugleich, dass 27,25 in keiner Weise als finales Wort über die Entscheidung des Volkes gegen Jesus zu lesen ist. Während sich die Feindschaft der Autoritäten auch nach der Kreuzigung fortsetzt (27,62-66; 28,11-15) Matthäus hat die Konfliktthematik also nicht nur durch den Prolog ,nach vorn' ausgebaut (Mt 2), sondern auch nachösterlich verlängert - , steht die Aufgeschlossenheit des Volkes gegenüber Jesus, wie sie während des Wirkens Jesu zutage trat, auch fUr die Zukunft als Möglichkeit im Raum412 • Die Autoritäten suchen dem mit dem Gerücht vom Leichendiebstahl entgegenzutreten. Dass dieses Gerede "bis zum heutigen Tag" TIapa 'IouöaLoL~ umläuft (28,15), verweist dabei direkt auf die Polemik, der die matthäische Gemeinde in ihrem jüdischen Umfeld ausgesetzt ist. TIapa 'IouöaLoL~ klingt distanzierend4l3 . 28,15 sagt aber weder pauschal, dass aus Israel die Juden geworden sind414 , noch ist überhaupt von den 'Iouöa"LoL die Rede 415 der Artikel fehlt in TIapa 'IouöaLoLC;416. Gesagt ist allein, dass sich aufgrund der Bestechung der römischen Soldaten417 durch die Hohenpriester und Ältesten das Gerede vom Leichendiebstahl in jüdischen418 Kreisen verbreitet hat. 411 Es ist also keineswegs aus Mt 27,15-26 zu folgern, dass diejenigen, die wenige Tage zuvor das "Hosanna dem Sohn Davids" anstimmten (21,9), nun O1;CtupWe~tW rufen (vgl. FIEDLER, Mt, 323, anders DAVIEs/ALLISON, Mt III, 589; SENIOR, Passion of Jesus, 116 u.a., s. auch oben S. 154, Anm. 302 zu Mt 26,47.55). 412 Vgl. FRANKEMÖLLE, Mt 11,515; FIEDLER, Mt, 422f; DUNN, Partings, 155 und - im Blick auf die Kommunikationsebene des Evangelisten - DAVIEs/ALLISON, Mt 111,655: "This may reflect missionary competition: two groups have two different stories for 'the people"'. Anders GNILKA, Mt 11,488. 413 Vgl. FIEDLER, Mt, 427. 414 Gegen WALKER, Heilsgeschichte, 74; STRECKER, Weg, 116f; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 353f; MEIER, Vision, 166; HOFFMANN, Auferweckung, 118. 415 Es geht dementsprechend nicht pauschal um "die jüdische Version ... der Osterereignisse" (gegen SAND, Mt, 593). 416 Vgl. Luz, Mt IV, 424; GOLLINGER, Lehre, 370; DUNN, Question, 209, s. auch NOLLAND, Mt, 1257; FIEDLER, Mt, 427; WONG, Theologie, 108. 417 Das Stichwort apyupLoV (Mt 28,12.15) verbindet 28,11-15 mit der Judasperikope in 27,3-10 (27,3.5.6.9, s. auch 26,15): Die Autoritäten nutzen ihre finanziellen Mittel, um gegen Jesus vorzugehen. Vgl. dazu PAUL, Texte, 114f. 418 Der Bezug auf die Gegenwart in I.LE'XP L t~<; a~IlEpov ~IlEpa<; spricht dagegen, TTapa 'IouoaLoL<; allein in einem geographischen Sinn ("bei Judäern") aufzufassen (geographisch deutet aber MALINA, Rez. LEVINE, 130, s. auch LEVINE, Anti-Judaism, 20: ,,[T]he single reference to the 'IouoaLoL may be to 'Judeans' rather than 'Jews"'). Davon ist aber
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Die Identifizierung von mxc; 6 Aaoc; in 27,25 mit einer Jerusalemer Volksmenge wird schließlich durch den in 27 ,25b aufgespannten Gerichtshorizont untermauert. Matthäus greift hier auf eine alttestamentliche sakral-rechtliche Wendung zurück419 . Mit den Worten 1;0 alfla aU1;ou Ecp' ~fliic; erklären die Versammelten ihre Bereitschaft, die von Pilatus abgewiesene Verantwortung für das Urteil auf sich zu nehmen. Paraphrasieren kann man: "Wir sind bereit, für die Rechtmäßigkeit des Urteils spruches mit unserem Leben zu haften". Da sie damit unschuldiges Blut auf sich nehmen, ist die Bestrafung unausweichlich 420 , die Matthäus in der Zerstörung Jerusalems gesehen hat 421 . Dieser Bezug machte für Matthäus die auffällige
zu unterscheiden, ob Matthäus bei den Lesern bzw. Hörern eine assoziative Verbindung zu Judäa evozieren wollte. In Mt 2,2 steht die Frage der Magier nach dem ßIXOlAdJ~ 1:WV 'IouölXtwv in unmittelbarem Zusammenhang der geographischen Angabe, dass Jesus zu Bethlehem in Judäa geboren wurde (2,1). Der Titel 6 ßIXOlAEU~ 1:WV 'IouölXtwv kehrt dann, wie gesehen, in Mt 27 wieder (V.II.29.37); auch hier liegt geographisch ein Bezug zu Judäa vor (s. aber die Variation zu "König Israels" in 27,42). Nach 28,11-15 geht das Gerücht vom Leichendiebstahl von Jerusalem, also von Judäa aus. Zieht man hinzu, dass Matthäus insgesamt mit einer theologisch aufgeladenen Gegenüberstellung von Galiläa und Jerusalem in Judäa operiert, liegt es nahe, in 1TlXpa 'IouölXtol~ einen Bezug zu Judäa mitzuhören, zwar, wie ausgeführt, nicht in dem Sinn, dass allein die Bewohner Judäas gemeint sind, aber so, dass es um solche "Juden" geht, die sich - aufgrund des immer noch umlaufenden Gerüchts - im Fahrwasser der ,judäischen' Ablehnung Jesu befinden. Liest man so, ergibt sich im Übrigen eine Konvergenz zu einem Sprachgebrauch von 'IouöIXLol, wie er bei Josephus anzutreffen ist und auf den SALDARINI, Community, 36f als Analogie zur matthäischen Verwendung in 28,15 aufmerksam gemacht hat: "Josephus uses the gentile designation 'Jews' for that part ofthe people he opposes" (36). Hinzuzufügen ist nur, dass dies bei Matthäus mit der ,geographischen' Konzeption des Evangelisten verbunden ist. 419 In LXX: 2Reg (2Sam) 1,16; 3,28f; 3Reg (lKön) 2,33.37; Jer 28,35 LXX [= 51,35 MT ]; (33,15 LXX [= 26,15 MT ]); Ez 18,13; nur im MT ferner: Lev 20,9.11.12.13.16.27; Jos 2,19 (vgl. REVENTLOW, Blut, bes. 316ff, ferner GERLEMANN, 0';1, Sp.449t), s. ferner LAB 6,11, frühchristlich Apg (5,28); 18,6. Der von Matthäus geschilderte Fall aber, dass fremdes Blut auf das eigene Haupt herabgerufen wird, ist im Alten Testament ohne Parallele (GNILKA, Mt 11, 458; BROER, Antijudaismus, 335; PAUL, Texte, 93). TestLevi 16,3 ist christlich (vgl. J. BECKER, Untersuchungen, 284t). 420 Dass Matthäus den Blutruf in 27,25 im Licht des Ke1chwortes in 26,28 verstanden wissen will, das Volk also das Blut auf sich herabruft, das zur Vergebung der Sünden vergossen wird (NIEDNER, Rereading Matthew, 45; R.H. SMITH, Matthew 27:25, 425427; CARGAL, Blood, 109-112; BEDENBENDER, Blut, 39f, s. auch JANKOWSKl, Blut, 28t), hat den klaren Bezug der mit 27,25 verwandten Passage in 23,35 auf das Gericht eindeutig gegen sich. 421 Ebenso HARRINGTON, Mt, 392; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 591f; Luz, Mt IV, 281; HARE, Theme, 156; HAACKER, Blut, 48; SUHL, Beobachtungen, 348; REpSCHINSKI, Stories, 331 u.a.
178
Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
Hinzufügung der Kinder notwendig422 . Diejenigen, die Jesu Blut auf sich geladen haben, mussten dafür in der Sicht des Evangelisten tatsächlich mit ihrem bzw. ihrer Kinder423 Leben haften (vgl. 22,7). Umgekehrt wird von der Deutung der Zerstörung Jerusalems als Strafgericht Gottes her verständlich, wieso Matthäus die Rolle der Volksmenge wie dargelegt profiliert hat; schließlich war die ganze Stadt von dem ,Strafgericht' betroffen 424 . Da Jerusalem aber, wie gesehen, in der matthäisehen Konzeption nicht Israel repräsentiert425 , kann man die Zerstörung Jerusalems nicht als das bloß äußerliche Zeichen eines weitergehenden Gerichts an Israel deuten 426 . Ist die Rolle Jerusalems in 27,20-25 durch 23,37, wie erwähnt, vorbereitet, kann man weiter darauf verweisen, dass der Zusammenschluss von Autoritäten und Jerusalem in 27,20-25 der Sequenz der Gerichtsansage in 23,32-39 korrespondiert, die überdies über das Blutmotiv (23,35) mit 27,25 verbunden ist427 : Auch in 23,32-39 gilt, wie in Kap. 4.3.3 noch zu entfalten sein wird, das Gericht den Autoritäten und Jerusalem, nicht ganz Israel.
Anzumerken ist schließlich, dass die Gegenüberstellung von Jerusalem und Galiläa durch 27,62-28,20 nachösterlich fortgeschrieben wird. Während
422 TEKVU meint entsprechend ,die nächste Generation', nicht ,alle folgenden Geschlechter'. Ebenso z.B. HARRINGTON, Mt, 392; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 592; KEENER, Mt, 671; HARE, Rejection, 38; HAACKER, Blut, 48; OVERMAN, Heroes, 600; WONG, Theologie, 136; GIELEN, Konflikt, 383; GARBE, Hirte, 1l3.1l7.120; PAUL, Texte, 312f. Anders FASCHER, Untergang, Sp.83; TRILLING, Israel, 71; REINHARTZ, Anti-Judaism, 532; HEIL, Death, 76. 423 Die Hinzufügung der Kinder bildet ferner ein weiteres Glied in den Verbindungen zwischen Mt 2 (s. das Jeremiazitat in 2,18) und der Passionsgeschichte (vgl. KNOWLES, Jeremiah, 37.78; GARBE, Hirte, 32f; vgl. oben S. 173). Beachtung verdient dabei, dass sich die Rede von den Kindern in dem Jeremiazitat (Jer 38,15 LXX [= 31,15 MT ]) einer Abweichung vom alttestamentlichen Text verdankt, in dem vom Weinen RaheIs über ihre "Söhne" die Rede ist ('PUX~A. alToKJeuLollEVT] OUK ~eEA.EV lTUUOUOeUL ElTL TOlt; ulOlt; ulJTiit; [MT: ;n~-"l!]). Die Verbindung bestätigt zugleich, dass Matthäus daran gelegen ist, die Autoritäten zu belasten. So wie Herodes Tod über die Kinder in Bethlehem bringt, so die jüdischen Autoritäten über die Kinder Jerusalems. Oder anders: Herodes und die jüdischen Autoritäten wollen den Messias aus dem Weg räumen - auf Kosten des Volkes. Der Unterschied zwischen Mt 2 und Mt 27 besteht darin, dass sich das Jerusalemer Volk in 27,20-25 von den Autoritäten hat verführen und in deren Bestreben einbinden lassen. - Zu den "Kindern" Jerusalems s. auch Mt 23,37. 424 Vgl. COUSLAND, Crowds, 237 (allerdings im Zusammenhang einer pauschalisierenden Deutung auf Israel). 425 Vgl. Kap. 3.1.2.1, S. 113. 426 Gegen HARE, Theme, 156; TISERA, Universalism, 242 u.a. - Diese These wird sich in Kap. 4 bewähren müssen. 427 Vgl. dazu unten Kap. 4.3.3, S. 247.
3.2 Die Passion
179
von den Hohenpriestern und pharisäischen (?, s. 27,62) Ältesten (28,12)428 in Jerusalem das Gerücht vom Leichendiebstahl ausgeht (27,62-66), konstituiert sich der Kreis der Jünger in Galiläa neu und setzt von hier aus in neuer Dimension sein missionarisches Wirken im Auftrag Jesu fort 429 . Will man ein Fazit ziehen, so ist die Verurteilungsszene 27,15-26 unstreitig als Kulminationspunkt der von Mt 2 an thematisierten Gegnerschaft gegen Jesus zu werten. Aber die gegnerische Front ist auch hier nicht identisch mit dem gesamten jüdischen Volk. Mt 27,24f ist daher nicht als "eine von Mt in Szene gesetzte Ätiologie für das Ende ,Israels,,·43o zu verstehen. Ein von den Autoritäten verführter Jerusalemer Volkshaufen übernimmt zusammen mit den Verführern die Verantwortung und damit die Schuld am Tod Jesu samt den sich in der Zerstörung Jerusalems manifestierenden Konsequenzen. Die vor Pilatus versammelte Volksmenge steht nicht für ganz Israel, wohl aber als warnendes Beispiel, das zeigt, welche Konsequenz es hat, wenn man sich von den neidischen Autoritäten verführen lässt. Reflektiert die Art und Weise, wie Matthäus seine Jesusgeschichte gestaltet hat, einen aktuellen Konflikt zwischen der Gemeinde und der pharisäisch dominierten Synagoge431 , bedeutet dies in textpragmatischer Hinsicht: Matthäus benutzt die Zerstörung Jerusalems zur Delegitimation des Gegenübers. Auch dann aber, wenn man den OXAOC; in 27,20-25 nicht, wie im Voranstehenden ausgeführt, als Jerusalemer Volk identifiziert, sondern mit den vorangehenden Erwähnungen der Volksmengen stärker zu einer Größe der Erzählung zusammenbindet432 , zeigte 27,20-25 zwar die Unstetigkeit und mangelnde Festigkeit des OXAOC; in seinem Verhältnis zu Jesus und damit eben die Verführbarkeit der Volksmengen. Auch in diesem Fall ließe sich die Verurteilungsszene angesichts des Gesamtbefundes jedoch nicht auf Kosten der vorangehenden Darstellung verabsolutieren433 , sondern wäre in die differenzierte matthäische Sicht der Volksmengen einzuzeichnen. Es wäre jedenfalls kaum verständlich, dass Matthäus die betonte und sorgfältig durchgeführte Differenzierung von Autoritäten und Volksmengen nur vorgenommen hätte, um sie in 27,20-25 mit einem Federstrich aufzuhe428 Vgl. die Erwägungen zum Verhältnis von Ältesten und Pharisäern in Mt 21,23.45 oben Kap. 3.1.2.5, S. 137, Anm. 217. 429 Zum ,geographischen' Kontrastmotiv in Mt 28 vgl. HEIL, Death, 102f. 430 FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 210. FRANKEMÖLLE hat die zitierte These in seinem Kommentar selbst widerrufen (s. FRANKEMÖLLE, Mt 11, 484f). 431 Siehe dazu unten Kap. 7. 432 So z.B. COUSLAND, Crowds, 227-239. 433 Vgl. die Kritik an traditionellen Auslegungen bei HEDINGER, Jesus, bes. 204, der allerdings die literarische Ebene der Evangelien und die Ebene des historischen Jesus nicht sorgfältig unterscheidet.
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Kap. 3: Die Reaktionen auf Jesu Wirken in Israel
ben. Zudem ist 27,25 eben, wie 27,64 zeigt, keineswegs das letzte Wort, zumal auch nach 27,25 mit Simon von Kyrene (27,32), den galiläischen Frauen (27,55f) und Joseph von Arimathäa (27,57-61) noch Juden positiv erwähnt werden, die notabene alle nicht aus Jerusalem stammen.
3.3 Zusammenfassung Die Beobachtungen zur Konfliktkonfiguration bis zur Passion und zur Darstellung der Gegner Jesu sind bereits in Kap. 3.1.3 in einem Zwischenresümee gebündelt worden. Hier ist daher nur noch anzufügen, dass die matthäische Jesusgeschichte entgegen einer verbreiteten Deutung auch in der Passionserzählung nicht auf eine kollektive Ablehnung Jesu in Israel hinausläuft. Die in Kapitel 3.1 dargestellte Differenzierung zwischen den Volksmengen und den Autoritäten wird durch die Passionsgeschichte bzw. speziell durch 27,25 nicht aufgehoben, sondern durch die bereits in 2,3 angedeutete und durch die drei Leidensankündigungen (16,21; 17,22f; 20,17-19) sowie durch 21,10f; 23,37-39 weiter vorbereitete Einstellung Jerusalems in die Front der Gegner lediglich modifiziert bzw. profiliert: 27,25 besagt nicht pauschalisierend, dass sich das Gottesvolk Israel gegen seinen Messias entschieden hat43\ sondern weist dem von den Autoritäten verführten Jerusalemer Volk die Verantwortung für den Tod Jesu zu.
434 In diesem Sinn auch DA VIEs/ALLISON, Mt III, 592; FIEDLER, Mt, 411; SALDARINI, Community, 32f. Zur Gegenposition oben S. 169 mit Anm. 381 und 382.
Kapitel 4
Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken Im Zuge der Analyse der Ausrichtung des Wirkens Jesu auf Israel (Kap. 2) und insbesondere der Reaktionen auf dieses Wirken (Kap. 3) hat sich zum einen wiederholt eine Differenzierung zwischen den Volksmengen und den Autoritäten, zum anderen eine Gegenüberstellung von Jerusalem und den Volksmengen ergeben, die aus ganz Israel (4,25) zu Jesus in Galiläa zusammenkamen und dort die Zuwendung Jesu erfuhren. Beide Momente der Erzählung verwehren es, generalisierend von einer Ablehnung Jesu durch Israel im Matthäusevangelium zu reden. In einem dritten Schritt ist nun zu fragen, inwiefern sich eine differenzierte Sicht auch in den Worten Jesu durchhält, welche die Konsequenzen von negativen Reaktionen, von Feindschaft und Ablehnung oder auch bloß von mangelnder positiver Reaktion thematisieren. Die in Kap. 3.2 vorgetragene Deutung von 27,25 wird sich hier bewähren müssen. Ich setze im Folgenden mit der Analyse der Parabeltrilogie in Mt 21,2822,14 und damit mit dem Textkomplex ein, dem im Rahmen der traditionellen Deutung, dass Matthäus einer Ablösung Israels durch die Kirche bzw. die Völker das Wort rede, eine zentrale Bedeutung zukommt (Kap. 4.1). Daran schließt sich in Kap. 4.2 die Exegese des Doppel10gions in Mt 8,llf an. Kap. 4.3 zieht ferner die Worte gegen "dieses Geschlecht" hinzu (11,16-19; 12,38-45; 16,1-4; 23,34-36), die verbreitet als pauschale Anklagen Israels gelesen werden. Im Zuge der Einbeziehung der Kontexte der Worte gegen "dieses Geschlecht" werden hier ferner die Weherufe gegen galiläische Städte in 11,20-24 und die Wehklage über Jerusalem in 23,37-39 thematisiert. Kap. 4.4 wendet sich dem in 13,3-23 begegnenden Gedanken des Unverständnisses der Volksmengen zu, bevor abschließend noch auf das Logion vom Richten der zwölf Stämme Israels eingegangen wird (Kap. 4.5). Kap. 4.6 fasst die Ergebnisse zusammen.
182
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
4.1 Die Parabeltrilogie 4.1.1 Hinführung Forschungsgeschichtlich von herausragender Bedeutung für die hier verfolgte Fragestellung ist die Parabeltrilogie in 21,28-22,14, darin insbesondere das Winzergleichnis (21,33-46) mit dem vom Evangelisten gebildeten Kommentar zum Gleichnis in V.43', der - im Zusammenspiel mit 27,25 häufig als zentraler Beleg für die Substitution Israels durch die Kirche fungiert2 . Die Parabeltrilogie3 ist eine matthäische Komposition4 . Matthäus hat dem in der Markusvorlage an dieser Stelle vorgefundenen Winzergleichnis das Sondergutsgleichnis von den bei den ungleichen Söhnen5 vorgelagert 1 Zum redaktionellen Charakter von V.43 s. exemplarisch Luz, Mt III, 217; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 186 mit Anm. 66; TRILLlNG, Israel, 58-60; OGAWA, L'histoire, 183f (= OGAWA, Paraboles, 128-130); OLMSTEAD, Trilogy, 148 u.a. Anders z.B. NOLLAND, Mt, 868; DILLON, Tradition-History, 14-35; SNODGRASS, Parable, 65f.70. 2 Siehe ZAHN, Mt, 632-634; SCHMID, Mt, 305-307; SCHWEIZER, Mt, 270; FRANCE, Mt, 52.310; SAND, Mt, 435; SCHNACKENBURG, Mt II, 207; GNILKA, Mt II, 230-232; HARE, Mt, 248f; LUCK, Mt, 236; HAGNER, Mt II, 617.623; BRUNER, Mt II, 381-383; TRILLING, Israel, 55-65, bes. 58-63; HARE, Theme, 153f (vgl. HARE, Rejection, 38f); KLAUCK, Gleichnis, 143; KRETZER, Herrschaft, 159f; STRECKER, Weg, 33.110f; LANGE, Erscheinen, 273-285; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 252; MEIER, Vision, 17.150; MEEKS, Breaking Away, 112; SENIOR, Passion of Jesus, 119f; KÜHSCHELM, Verhältnis, 167f; VERSEPUT, Rejection, 44; FLUSSER, Beispiele, 85; Luz, Perspektive, 244 mit Anm. 22; KNOWLES, Jeremiah, 114.118; MENNINGER, Israel, 8.34.152f; E.C. PARK, Discourse, 184; POWELL, God, 17; BROER, Verhältnis, 24.33 (vgl. BROER, Antijudaismus, 339.351); METZNER, Rezeption, 162; LAMBRECHT, Treasure, 119f.123; LUOMANEN, Kingdom, 167.177; OLMSTEAD, Trilogy, 89-95.117.121 u.ö., auch HUMMEL, Auseinandersetzung, 149; FOSTER, Community, 232-234 und ROLOFF, Kirchenverständnis, 347f, der aber aufgrund des Kontextes (21,29!) die Endgültigkeit des Ausschlusses in Frage stellt. - Es gibt freilich auch - in der neueren Forschung vermehrt - Gegenstimmen. Siehe dazu unten S. 200, Anm. 98. 3 Zur Zusammengehörigkeit der drei Gleichnisse s. exemplarisch Luz, Mt III, 196f. 4 Siehe dazu zuletzt OLMSTEAD, Trilogy, 33-46. Für eine vormatthäische Komposition plädieren hingegen VAN TILBORG, Leaders, 49-52.62f; I.H. JONES, Parables, 372 (mit Anm. 97).382.400 u.ö., s. auch DILLON, Tradition-History, 5.40ffür 21,33-22,14. 5 In dem Gleichnis begegnen einige Matthäismen (s. dazu KRETZER, Herrschaft, 155; MERKEL, Gleichnis, 255-257; KLEIN, Bewährung, 93, Anm. 94.95; OLMSTEAD, Trilogy, 134f). Dies muss nicht heißen, dass das gesamte Gleichnis eine matthäische Schöpfung ist (für redaktionelle Herkunft votieren hingegen GUNDRY, Mt, 422-424; MERKEL, Gleichnis, 255-261; SCHLOSSER, Regne, 458-461 [ohne V.31c, bei Schlosser V.31b]). Bedenkt man, worauf Luz, Mt III, 207 hingewiesen hat, dass der Evangelist Gleichnisse sonst nie "erfindet", ist eher davon auszugehen, dass Mt 21,28-31 b auf Tradition fußt (in diesem Sinne auch KLEIN, Bewährung, 93; I.H. JONES, Parables, 391-393; LAMBRECHT, Treasure, 94f.97; LUOMANEN, Kingdom, 158f). Das ebenfalls traditionelle, aber kaum
4.1 Die Parabel trilogie
183
(21,28-32) und das aus Q stammende Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl angefügt (22,1-14)6. Die ersten beiden Gleichnisse weisen einen analogen Aufbau 7 auf. Indem Matthäus im Winzergleichnis gegen die markinische Vorlage die Antwort auf die Frage nach dem Geschick der Weingärtner (VAO) den Diskussionspartnem Jesu in den Mund legt (VAl), gestaltet er 21 ,33ff nach der durch die redaktionelle Eingangsphrase ,L öl: Dj.1LV ÖOKEL; (vgl. 17,25; 18,12; 22,17042; 26,66) angebahnten dialogischen Struktur von 21,28-32: Jesu jeweils mit äv8pwTIoC; einsetzende (V.28.33 [diff. Mk 12,1]) Gleichniserzählung mündet in beiden Fällen in eine Frage. An die auf der Ebene des Gleichnisses bleibende Antwort der Diskussionspartner schließt sich dessen Anwendung durch Jesus an (21,31b-32A2-44), die jeweils gleichlautend durch AEYEL au,oLC; 6 'ITjoouC; eingeführt wird 8 • 21,28-44 bewegt sich, von den durchgehend im praesens historicum gehaltenen und asyndetisch angeschlossenen Redeeinleitungsformeln 9 abgesehen, allein auf der Ebene direkter Rede. In 21,45f schließt ursprünglich zum Gleichnis gehörende Jesuslogion in V.31c ersetzt den ursprünglichen Schluss; V.32 nimmt kein Q-Logion (vgl. Lk 7,29f) auf (anders z.B. STRECKER, Weg, 153 mit Anm. 1; LAMBRECHT, Treasure, 95-97; LUOMANEN, Kingdom, l60f; üLMSTEAD, Trilogy, 140), sondern ist Matthäus' redaktionell gebildeter Kommentar zu V.31c (mit Luz, Mt III, 206f, s. ferner z.B. GIELEN, Konflikt, 222fmit Anm. 44). 6 Die Zuweisung des Gleichnisses zu Q ist wegen der beträchtlichen Differenzen zwischen Mt 22,1-10 und Lk 14,16-24 nicht unbestritten, aber nach wie vor Mehrheitsmeinung (s. z.B. HAGNER, Mt II, 627; FITZMYER, Lk II, 1052; WIEFEL, Lk, 273; KLEIN, Lk, 505f; SCHOTTROFF, Gleichnis, 192f; WEDER, Gleichnisse, 177f; VÖGTLE, Gott, 12; HOPPE, Gastmahlgleichnis, 277-280 ). Eine ausführliche Begründung der These einer QFassung bietet GIELEN, Konflikt, 235-242. Gegen die Zuweisung zu Q votieren z.B. Luz, Mt III, 233; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 194. Unnötig und unplausibel ist die Hypothese von WEREN, Matthew 22,1-14, 674-677, dass in Mt 22,2-7 neben Q 14,16-23 noch eine Erzählung von einem König und seinen aufständischen Untertanen rezipiert sei, die auch in der lukanischen Redaktion von Q 19,11-27 eingewirkt habe und ebenfalls in Q gestanden haben könnte. Die Rede vom König in Mt 22,2 und vom gewaltsamen Verhalten der Eingeladenen in Mt 22,2-7 lässt sich ohne Weiteres der matthäisehen Redaktion zuweisen. 7 Vgl. in dieser Hinsicht auch 2Sam 12,1-7; Lk 7,41-47; 4Esra 4,13-21. 8 Ansonsten bei Matthäus nur noch in 9,28; 15,34 mit vorangehendem KaL sowie in 26,31 mit 't'6't'E. - Siehe auch in Mt 21,31.41 die jeweils fast gleichlautende Einleitung zur Antwort der Gesprächspartner mit AEYOUOLV (au't'Q). 9 V.31.41 AEYOUOLV (a.u't'Q [au't'Q nur in V.41, in V.31 sekundär eingedrungen]), V.31.42 AEYEL a.UtOLt; 6 'IT]oout;. - Asyndetisch angeschlossene Redeeinleitungen sind typisch für Matthäus. Sämtliche Belege gehen auf matthäisehe Redaktion zurück oder begegnen im SM', im Einzelnen: AEYEL allein (vgl. AEYOUOLV in 21,31) sonst nur noch 17,25, AEYEL/AEYOUOlV mit Dativobjekt 13,51; 16,15; 19,7.8.18; 20,7[2x].21.22.23.33; 22,21.42.43; 26,25, zusätzlich mit 6 'IT]oout; als explizit genanntem Subjekt wie in 21,31.42 noch 18,22; 26,64, mit anderen Subjekten 19,20; 26,35; 27,22, nur Prädikat und Subjekt 27,22b. Die einzige markinische Stelle (Mk 8,19) ist bei Matthäus durch Auslas-
184
Kap. 4.' Konsequenzen negativer Reaktionen aufJesu Wirken
eine auf Mk 12,12 fußende Schilderung der Reaktion der Diskussionspartner Jesu an, die ausweislich des redaktionellen Plurals 'tac; 1HXpaßoAuc; auf beide Gleichnisse zu beziehen ist lO • Matthäus hat die Gleichnisse von den ungleichen Söhnen und von den bösen Winzern also formal zu einer Einheit zusammengeschlossen. Nach dem sachlichen Zusammenhang wird im Folgenden zu fragen sein. Die Reaktionsschilderung in V.45f macht den Neueinsatz in 22, I nötig. Das zuvor gebrauchte praesens historicum weicht hier dem Aorist; auch fehlt dem Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl die dialogische Struktur der beiden voranstehenden Perikopen, V.2-14 ist durchgehend Jesusrede ll . Dafür zeigen sich zwischen 22,1-14 und 21,33-46 - noch stärker als zwischen den ersten beiden Gleichnissen - deutliche Übereinstimmungen im Vokabular 12 • Demgegenüber sind die Berührungen zwischen 21,28-32 und 22,1-14 auffallend schwach. Das - in der Markusakolouthie an dieser Stelle vorgegebene - Winzergleichnis zeigt sich deutlich als Kristallisationspunkt und Achse der matthäischen Komposition. Im Blick auf ihre thematische Einheit steht als zentrale Frage im Raum, ob hier heilsgeschichtlich die Ablösung Israels durch die für die Völkerwelt offene Kirche erzählt wird oder ob es allein um eine Abrechnung mit den Autoritäten des Volkes geht. 4.1.2 Das Gleichnis von den ungleichen Söhnen (Mt 21,28-32)
Das Gleichnis 13 verstärkt einen typischen Zug matthäi scher Theologie: JaSagen genügt vor Gott nicht, das Tun des göttlichen Willens, das Wandeln auf dem "Weg der Gerechtigkeit,,14 (21,32) ist gefordert (vgl. 7,21). Durch Jesu Anwendung in V.31c.32 und den weiteren Kontext erhält das Gleich-
sung des dialogischen Elements in Mt 16,9 weggefallen. - Siehe ferner mit ljIT]f.LL Mt 4,7; 17,26; 19,21; 21,27; 25,21.23; 26,34; 27,65. 10 Vgl. tIUT]V 7TapaßOA.~v in 21,33. 11 Siehe dazu unten Kap. 4.1.4, S. 213, Anm. 159. 12 Siehe die Übersicht bei DAVIEs/ALLISON, Mt III, 188fsowie Luz, Mt III, 197. 13 Ich folge dem von NA 26 •27 gebotenen Text (anders zuletzt FOSTER, Tale; OLMSTEAD, Trilogy, 167-176, die beide für die u.a. vom Codex Vaticanus gebotene Lesart votieren), d.h. der erste Sohn sagt zur Aufforderung des Vaters "nein", geht dann aber doch. Zur Begründung s. GNILKA, Mt H, 218f; DAVIES/ALLISON, Mt III, 167, Anm. 18; Luz, Mt III, 204f. 14 Zur Wendung vgl. Prov 8,20; 12,28; 16,31; 17,23; 21,16.21 Lxx; Hiob 24,13 Lxx ; IHen 82,4; 91,18f; 92,3; 94,1; 99,10; Jub 1,20; 23,26; 25,15; CD 1,16; lQS 4,2; lQH 15[7*],14; 2Petr 2,21; Barn 1,4; 5,4. - Zur ethischen Bedeutung der Wendung in Mt 21,32 s. die Kritik an der Deutung von HAGNER, Righteousness, 117f bei OLMSTEAD, Trilogy,102-104.
4.1 Die Parabeltrilogie
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nis freilich einen die paränetische Dimension überlagernden Akzent 15 . Dabei geht es aber schwerlich heilsgeschichtlich um die Ablösung Israels 16 • In der Kritik stehen die Hohenpriester und Ältesten des Volkes von 21,23, und durch nichts ist angedeutet, dass die Zöllner - anders als sonst im Matthäusevangelium - keine Juden sind, sondern die ,Heiden' repräsentieren l7 . Der Kontrast in 21,28-32 ist also ein innerjüdischer 18 • Damit ist zugleich gesagt, dass die Autoritäten hier nicht für ganz Israel stehen 19 , was durch die Differenzierung zwischen der Führungsschicht und den 0XAOl im Evangelium nachdrücklich unterstrichen wird20 und noch in der voranstehenden Perikope deutlich markiert wurde (21,26), auf die Matthäus durch die wörtliche Aufnahme von OUK ElTlo"tEumnE au"t(~ (V.25) in V.32 21 direkt zurückverweist. Jesus erhebt gegen die Autoritäten also nun genau den Vorwurf, den diese durch die Verweigerung einer Antwort auf Jesu Frage von V.25a zu vermeiden suchten22 •
15 Nach MERKEL, Gleichnis, 259 ist die in V.31c (bei Merkel V.31b) "enthaltene Polemik das Ziel des Gleichnisses", und V.32 stelle "den ,Schlüssel der ganzen Perikope' dar". 16 Nach MEIER, Vision, 149f sahen Matthäus und seine Gemeinde in den beiden Söhnen Pharisäer/Juden und ,Heiden' einander gegenübergestellt (s. auch CLARK, Bias, 166; KRETZER, Herrschaft, 158; ZUMSTEIN, Condition, 377; SCHELKLE, Israel, 29 und SCHWEIZER, Mt, 268 ["Daß man nach Ostern auch an die Jesus ablehnenden Juden und die ihn aufnehmenden Heiden, für die die Zöllner so etwas wie ein Vor-Bild darstellen, gedacht hat, ist wahrscheinlich."]; zu diesem Deutungstyp in Antike und Mittelalter s. Luz, Mt III, 213). Das geht besser bei einer anderen Textreihenfolge (s. dazu S. 184, Anm. 13). - OOA WA setzt ,,1 'incredulite des autorites religieuses juives" (L'histoire, 181 [= OOAWA, Paraboles, 125]) und "Ie refus obstine du peuple d'Israel" (L'histoire, 182 [= Paraboles, 127]) in eins. 17 Das Nebeneinander von "Heide und Zöllner" in Mt 18,17 (vgl. 5,46f) weist deutlich darauf hin, dass Letzterer ein Israelit ist (vgl. für Lukas v.a. den im Tempel betenden Zöllner in 18,9-14). Ebenso sind der zum Jünger berufene Zöllner Matthäus sowie die Zöllner in seinem Haus (Mt 9,9-13) Juden (Jesus betritt notabene im Matthäusevangelium kein ,heidnisches' Haus, vgl. 8,7 und die Streichung des Hauses aus Mk 7,24). Im Übrigen waren allgemein mit der Zollpacht vorrangig Einheimische betraut (s. MICHEL, 'EAu\VT]~, 97). - 1TOPVT] begegnet im Matthäusevangelium nur hier. 18 Ebenso LOHMEYER, Mt, 309f; SCHMID, Mt, 304; GNILKA, Mt II, 223; HARRINOTON, Mt, 300f; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 172; Luz, Mt III, 214; NOLLAND, Mt, 862; SALDARINI, Community, 58; GIELEN, Konflikt, 226; CARTERIHEIL, Parables, 158f. Siehe auch KYNES, Christology, 137, der jedoch trotzdem die Autoritäten als Repräsentanten Israels auffasst. 19 Ebenso z.B. GIELEN, Konflikt, 226. 20 Vgl. oben Kap. 3.1 und unten Kap. 4.1.3, S. 198 mit Anm. 92. 21 Zu V.32 als matthäischer Redaktion s. oben S. 182, Anm. 5. 22 Zu diesem Zusammenhang vgl. Luz, Mt III, 205.212; TRILLINO, Täufertradition, 284; GIESEN, Handeln, 43f; GIELEN, Konflikt, 215.
186
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Auffallend ist, dass die (sekundäre) Anwendung keineswegs analog zum gedeuteten Gleichnis verläuft. Die Erstreaktion der beiden Söhne kann man höchstens vorausgesetZt finden: Das "Nein" des einen wäre dann auf die vormalige Gottesferne der Zöllner und Prostituierten zu deuten, die sich aber durch den Täufer zur Umkehr haben führen lassen; das - geradezu emphatische - "Ja" des anderen23 könnte man auf die vermeintliche Gottesnähe der Autoritäten beziehen. Vor allem aber geht V.32c über das Gleichnis hinaus. ouoi: jJ.E1:EjJ.EA.~9TrtE Üa1:EpOV wendet Üa1:EpOV öi: jJ.Em.jJ.EAT]9ELC; in der Reaktion des Nein-Sagers (V.29) ins Negative24 ; Matthäus fügt also noch einen zusätzlichen Kontrast zur Reue der Zöllner und Prostituierten ein25 : Nicht einmal die Umkehr der Sünder par excellence hat an der ablehnenden Haltung der Autoritäten etwas geändert. Der Ton liegt durch diesen Schlusssatz deutlich auf deren Fehlverhalten. Es geht Matthäus - zumindest primär - nicht darum, ein positiveres Bild von Zöllnern und Prostituierten zu zeichnen26 • Diese dienen vielmehr nur als Kontrastfolie27 , um die völlige Unbußfertigkeit der Autoritäten zu beleuchten. Solches Fehlverhalten hat eschatologisch-soteriologische Konsequenzen. V.31 b kann man vom Kontext her nur exklusiv verstehen; den Autoritäten bleibt der Zugang zur Basileia Gottes 28 versperrt29 • Vom Heil oder Unheil
eyw
23 und die Anrede "Herr" statt "Vater" suggerieren selbstverständlichen Gehorsam (vgl. GNILKA, Mt II, 221). 24 Luz, Mt II1, 206 folgert, dass in der Kritik an den jüdischen Führern das Schlechte von beiden Söhnen des Gleichnisses vereint sei. Dies setzt freilich voraus, dass das Nein des ersten Sohns in V.32 in OUK E1TLo·mJOa,e au,Q wiederkehrt. Dann aber folgt, dass die Zöllner und Prostituierten im Gleichnis gar kein Pendant haben. Näher liegt es daher, 1TLo,euELv in V.32 in Analogie zum Gehen in den Weinberg zu sehen. - LANOLEY, Parable, 234-242 postuliert, dass es im Gesamtduktus des Gleichnisses unerheblich sei, für welche Antwort sich die Autoritäten in V.31 entscheiden, da die Pointe darin liege, in einem qal-wäMmer-Schluss den partiellen Ungehorsam beider Söhne mit dem totalen Ungehorsam der Autoritäten zu kontrastieren. Auch dagegen spricht, dass sich dann die Zöllner und Prostituierten (V.31t) schlecht mit dem Gleichnis verbinden lassen. Dass sie in das Reich Gottes eingehen werden, setzt voraus, dass sie den "Willen des Vaters" (V.31a) getan haben. 2S Zum redaktionellen Charakter von V.32[c] s. oben S. 182, Anm.5 sowie z.B. OOAWA, L'histoire, 180 (= OOAWA, Paraboles, 123t). 26 Dies wird schon durch die Stellen deutlich, an denen der Evangelist im üblichen negativen Sinn von den Zöllnern spricht (Mt 5,46; 18,17). 27 V gl. DA VIESIALLISON, Mt III, 164, ferner auch LUOMANEN, Kingdom, 164. 28 Matthäus bevorzugt bekanntlich ßaoLAeLa ,WV oupavwv. geoü weist aber, wie schon 21,43 zeigt, keineswegs zwingend auf Tradition. Matthäus könnte hier gezielt mit Blick auf die Vatermetapher des Gleichnisses "Gott" geschrieben haben (vgl. GUNDRY, Mt, 423; DAVIES/ALLISON, MtIlI, 170; NOLLAND, Mt, 863). 29 Mit SCHMID, Mt, 303; GNILKA, Mt II, 222; GUNDRY, Mt, 422; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 169f; OLMSTEAD, Trilogy, 101 u.a. Anders FIEDLER, Mt, 330.
4.1 Die Parabeltrilogie
187
Israels ist in 21,28-32 kein Wort gesagt; das Gleichnis zeigt sich vielmehr als ein polemischer Angriff Jesu gegen die Führungsschicheo. 4.1.3 Das Winzergleichnis (Mt 21,33-46) Matthäus hat seine markinische Vorlage 3! nicht unerheblich bearbeitet. Die Sendungen hat er auf drei gekürzt; dafür werden sogleich beim ersten Mal mehrere Knechte gesandt, und schon hier kommt es zum Mord32 • Mit den letzten beiden Gliedern der als klimaktische Reihe zu verstehenden Trias EÖELpaV, alTEK"tELVaV, EAL80ßoÄ.lloav33 bildet Matthäus einen Querverweis auf 23,37 34 : Jerusalem ist eine Stadt, die die Propheten tötet und die zu ihr Gesandten steinigt. Die zweite Sendung unterscheidet sich bei Matthäus nur darin von der ersten, dass die Gruppe größer ist. Die Reaktion der Weingärtner ist dieselbe (V.36). Bei der Tötung des Sohns35 hat Matthäus - wie Lukas - den Rauswurf des Sohns aus dem Weinberg vorangestelle 6. In dem zu einem kurzen Dialog ausgestalteten Schluss des Gleichnisses hat Matthäus die bei Mk offen gestaltete Frage nach der Reaktion des Weinbergbesitzers ("tC ouv lTOL~OEL 6 KUPLO<; "toG aj..llTEÄ-wvo<;;) enger gefasst, indem er das Kommen des Weinbergbesitzers (EÄ.EuonaL, Mk 12,9) in die Frage vorgezogen und "toL<; YEWPYOL<; EKElVOL<; ergänzt hat. Die Antwort, 30 Ebenso z.B. GIELEN, Konflikt, 214-216; REpSCHINSKI, Stories, 315, s. auch GUNDRY, Mt, 421-424. 31 Beim Winzergleichnis ist eine ganze Reihe von minor agreements von Matthäus und Lukas gegen Markus zu verzeichnen (s. die Auflistung bei ENNULAT, Agreements, 264-269). Das auffälligste ist zweifelsohne die fast wörtliche Übereinstimmung von Mt 21,44 und Lk 20,18 (ENNULAT sieht darin ein gewichtiges Argument für die These einer Markusrezension, s. dazu aber oben Kap. 3.1.2.5, S. 141, Anm. 235). Da Mt 21,44 textkritisch nicht auszuscheiden ist (vgl. Luz, Mt III, 217 mit Anm. 11; SNODGRASS, Parable, 66-68, anders z.B. NOLLAND, Mt, 879; FIEDLER, Mt, 330, Anm. 79; KLAUCK, Gleichnis, 129f), bleibt der Einfluss anderweitiger frühchristlicher Tradition bzw. eines Florilegiums (s. dazu ROLOFF, Deutung, 250) zu erwägen. 32 Bei Markus endet erst die dritte Sendung tödlich. 33 Die Steinigung stellt eine besonders brutale und verächtliche Form der Tötung dar (vgl. DAVlEs/ALLISON, Mt 111,182). 34 h8oßOÄELV begegnet bei Matthäus nur in 21,35 und 23,37. - Vgl. RARE, Theme, 120, Anm.l; KNOWLES, leremiah, 113; OLMSTEAD, Trilogy, 112.153fsowie GUNDRY, Mt, 426. 35 Die Ersetzung des markinischen aya1TTFov (Mk 12,6) durch das Possessivpronomen autaG ist im Kontext der theozentrischen Akzentsetzung in Mt 21,33-46 zu sehen: Matthäus spricht von seinen, also Gottes Knechten (21,34 f, diff. Mk 12,2f), seinen Früchten (21,34, diff. Mk 12,2) und schließlich auch, ganz im Sinne der theozentrischen Ausrichtung, in 21,43 von Gottes Reich (vgl. OLMSTEAD, Trilogy, 151f). - SNODGRASS, Parable, 58f wertet das Fehlen von aya1TTrro~ in Mt 21,37 dagegen als ein Indiz für die Priorität der matthäischen Version. 36 Siehe dazu unten S. 208, Anm. 137.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
mit der Matthäus nach dem Vorbild von 1Sam 12 die Autoritäten ihr eigenes Urteil sprechen lässt, ist bei Matthäus signifikant erweitert: Durch die Einfügung von KCXKOUe; KCXKWe; wird der Ton ungleich schärfer als bei Markus, und gegenüber dem markinischen aHOle; spricht Matthäus konkret von "anderen Winzern", die durch einen - wohl auf Ps 1,3 anspielenden 37 Relativsatz, der das Moment des Ablieferns der Früchte aufnimmt, näher bezeichnet werden. Erheblich ausgebaut hat Matthäus vor allem Jesu Anwendung des Gleichnisses. An das aus Mk 12,10 übernommene Psalmzitat in V.42, das in seiner ersten Zeile (H8ov ov arrEÖoKL/-LcxOCXV Ol OlKOÖO/-LOUVtEe;) die im Gleichnis erzählte Tötung des Sohns aufnimmt, dann aber die von Gott herbeigeführte Wende, also die Auferweckung und Erhöhung Jesu in den Blick nimmt, ist eine Schlussfolgerung (Öla tOUto) angefügt, die die Konsequenz aus der im Gleichnis abgebildeten Verwerfung Jesu sowie seiner Auferweckung38 explizit macht. Formal entspricht V.43 dabei exakt V.41: KCXKOUe; KCXKWe; arrOAEOEL cxUtOUe; korrespondiert die Wegnahme der Basileia, die wie der Weinberg anderen übergeben wird; die Partizipialkonstruktion in V.43 entspricht dem Relativsatz in V.41, die neuen Winzer werden durch das Abliefern bzw. das Bringen von Früchten positiv qualifiziert. V.44 nimmt die Metaphorik von V.42 auf und führt auf den Einzelnen bezogen (6 rrEOwv ... ) die Folge der Ablehnung des Sohns aus. Redaktionell neu gestaltet ist schließlich die szenische Schlussnotiz in V.45f. Das in E'~tOuv in Mk 12,12 implizierte Subjekt sind die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten von 11,27. Matthäus fügt die Hohenpriester und Pharisäer als Subjekt ausdrücklich ein. Deren Erkenntnis, dass die Gleichnisse auf sie gemünzt waren, geht in der bei Matthäus verbesserten Erzählfolge ihrem Bestreben, Jesus zu ergreifen, voran. Die markinische Rede vom Weggang der Diskussionspartner hat Matthäus gestrichen; bei ihm folgt noch ein weiteres an die Autoritäten adressiertes Gleichnis. Dagegen wird die Furcht der Autoritäten vor dem Volk bei Matthäus eigens begründet: Es hält Jesus für einen Propheten. Matthäus verstärkt damit zum einen die Verklammerung mit 21,23-32 (s. V.26). Zum anderen lässt V.46fin an 21,1 Of zurückdenken, womit sich ein für die Interpretation des Textes nicht unwichtiges Geflecht von Textbeziehungen ergibt. In 21,lOf standen sich Jerusalem und die Volksmengen gegenüber.
37
Ebenso SCHWEIZER, Mt, 270; GUNDRY, Mt, 428; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 184;
Luz, Mt III, 224; TRILLING, Israel, 57; KLAUCK, Gleichnis, 123; SNODGRASS, Parable, 61f; üLMSTEAD, Trilogy, 115 u.a. 38 Vgl. ROLOFF, Deutung, 260: "Mt 21,43 will als unmittelbare Konsequenz aus der Aussage von V. 42c verstanden werden." Anders z.B. TRILLING, Israel, 60: "lha ·wii"t:o bezieht sich auf das ganze Gleichnis."
4.1 Die Parabeltrilogie
189
In 23,37 wird Jerusalem als prophetenmordende Stadt angeklagt werden. Zu ebendieser Anklage bildet Matthäus, wie gesehen, durch die Trias in 21,35 einen Querverweis 39 . Wie die allegorischen Züge des Winzergleichnisses zu dechiffrieren sind, ist weithin evident. Der Gutsherr ist Gott (vgl. 20,1.11), der Sohn Jesus 40 , die Knechte sind die Propheten41 . Kontroversen gibt es aber über die Deutung des Weinbergs. Möglich ist, "Weinberg" als Chiffre für Israel zu verstehen42 • Das liegt insofern nahe, als V.33 deutlich auf Jes 5,2 an39 Im weiteren Kontext ist in diesem Zusammenhang auf die matthäisehe Redaktion in 14,5 zu verweisen. Anders als in Mk 6,20 fürchtet Herodes nicht Johannes, weil dieser ein gerechter und heiliger Mann ist, sondern die Volksmengen, weil sie Johannes for einen Propheten halten. 40 In der verhüllenden Sprache des Gleichnisses deutet Jesus damit erstmals öffentlich gegenüber seinen Gegnern seine Identität als Gottessohn an, wie KINGSBURY, Husbandmen, 632.652f betont hat. KINGSBURY überzeichnet freilich, wenn er in 21,37 einen gezielten Verweis auf die Himmelsstimme in 3,17 und 17,5 ausmacht (652f). Hätte Matthäus darauf anspielen wollen, hätte er schwerlich das markinische ayalTT]tov (Mk 12,6) übergangen. 41 Vgl. dazu wiederum den Querverweis in 21,35 auf 23,37! - Zur Bezeichnung der Propheten als Knechte vgl. lKön 14,18; 15,29; 2Kön 9,7.36; 10,10; 14,25; 17,13.23; 21,10; 24,2; Jer 7,25; 25,4; 26,5; 29,19; 35,15; 44,4; Ez 38,17; Am 3,7; Sach 1,6; Esra 9,11 U.ö. - Im Hintergrund steht in 21,35f und 23,37 die Tradition vom gewaltsamen Geschick der Propheten. Alttestamentlich ist vor allem auf das Schicksal Jeremias zu verweisen (Jer 20,2.7f; 37,15ff; 38,4ff, auch 11,18ff; 15,10ff; 17,18; 18,18ff, zur frühjüdischen und frühchristlichen Rezeption s. Sir 49,7; VitProph 2,1; 4Bar 9,21-31 [christlich!]; ApkPI 49; EupolHist, Frg. 4 [bei Euseb, PraepEv IX 39,2-5, hier 3, vgl. DENIS, Fragmenta, 185]), s. ferner die Ermordung Urias (Jer 26,20-23), die Steinigung Sacharjas (2Chr 24,20f) und die Inhaftierung von Micha ben Jimla (lKön 22,24-28, vgl. MartJes 2,12f). Nach MartJes 5,lff (vgl. 1,7); VitProph 1,1; ApkPl 49 wurde Jesaja durch Manasse entzweigesägt (vgl. Hebr 11,37). Die Prophetenviten nennen ferner die Steinigung Jeremias (s. oben) sowie die Tötung Ezechiels (3,2, vgl. ApkPI49), Michas (6,1), Amos (7,1f) und Sacharjas (23,1). Obadja musste um seines Lehrers Elia (s. lKön 18,3ff und GINZBERG, Legends VI, 343) willen "viel erdulden" (9,2). In VitProph gibt es aber keine Gleichung Prophet = leidvolles Ergehen; David, Hosea, Joel und Nahum starben "im Frieden" (vgl. STECK, Israel, 249). Zur Verfolgung/Verspottung von Propheten s. ferner Jer 2,30; 2Chr 36,16; Neh 9,26; Jub 1,12; Josephus, Ant IX 265f; X 38f. Rabbinisches bei FISCHEL, Martyr, bes. 270-280, zum Ganzen, STECK, Israel. 42 So z.B. HARRINGTON, Mt, 302.303; NOLLAND, Mt, 869f; MUSSNER, Winzer, 130; SALDARINI, Community, 60f; TISERA, Universalism, 218; LOHMEYER, Apostelbegriff, 381; OVERMAN, Parables, 431; CARTERIHEIL, Parables, 161; Döpp, Deutung, 24; GIELEN, Konflikt, 218.227; SIM, Christian Judaism, 149; REpSCHINSKI, Stories, 41.316; WILK, Jesus, 118. Nach DAVIES/ALLISON, Mt III, 176 mit Anm. 9 wechselt die Bedeutung des Weinbergs im Laufe des Gleichnisses von Israel am Anfang zu Jerusalem in V.39 (s. dazu aber unten S. 208, Anm. 137) und schließlich zum Reich Gottes (vgl. unten S. 191 mit Anm. 50). BROOKE, 4Q500 1, 285 folgert auf der Basis jüdischer Auslegungstradition zu Jes 5,1-7 (s. dazu unten S. 217, Anm. 179), dass der Weinberg - von Anfang an - für
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
spielt43 und "Weinberg" auch sonst - in der alttestamentlich-frühjüdischen Literatur - als Metapher für Israel belegt ist44 . Die Winzer stünden dann für die - in diesem Fall zwingend von Israel zu unterscheidenden (!) Autoritäten45 . Das Gleichnis Jesu geht hier gegenüber dem alttestamentlichen Bezugspunkt, auf den in V.33 rekurriert wurde, eigene Wege: Nicht das Versagen des Weinbergs wird thematisiert46 , sondern das der Winzer, die in Jes 5,1-7 kein Pendant haben. An die Stelle der Frage ,( TToL~aw EH -r4) &}-L1TEJ..WV{ }-LOV; in Jes 5,4 und der dieser korrespondierenden Ankündigung in 5,5 ist die Frage ,( TTOL~aEL LO"ie; YEwpyo"ie; EKELVOLe;; getreten. Das Problem ist nicht, dass der Weinberg schlechte Trauben bringt, sondern dass die Winzer die Früchte nicht abliefern. Und entsprechend schildert das Gleichnis als Strafe nicht die Zerstörung des Weinbergs (Jes 5,5f), sondern die Bestrafung der Winzer, während der Weinberg neuen Winzern anvertraut wird (Mt 21,41). Steht in dem Gleichnis der Weinberg für IsJerusalem stehe, darüber hinaus der Turm für den Tempel und die Kelter für den Altar. Warum aber geht dann in Mt 21,33 das Graben der Kelter der Errichtung des Turms voran? - HENGEL, Gleichnis, 17 konstatiert die Schwierigkeit, "für den ,Weinberg' auf der Bildhälfte eine wirkliche Entsprechung auf der Sachhälfte zu finden", und postuliert, dass eine konsequente allegorische Deutung deshalb scheitern müsse, "weil die Parabel ursprünglich ... keine Allegorie war und die spätere allegorische Interpretation der Gemeinde den ursprünglichen Gleichnischarakter trotz aller Erweiterungen nicht aufheben konnte" (17, Anm. 59). HENGEL will insgesamt die Bedeutung der Anspielung auf Jes 5 nicht "überbewertet" wissen (18). Dem Gewicht, das den alttestamentlichen Bezügen jedenfalls für den ersten Evangelisten zukommt, und zwar in seiner Jesusgeschichte im Ganzen, wird dieses Votum freilich schwerlich gerecht. 43 Vgl. HARRINGTON, Mt, 304; HAGNER, Mt II, 620; DAVlEs/ALLISON, Mt III, 178f; NOLLAND, Mt, 868-870; KLAUCK, Gleichnis, 122; WEREN, Use, (7.9f).19; OLMSTEAD, Trilogy, 110.145.153 u.a. - Möglicherweise ist die Umstellung von EIjJU"t"EUOEV vor das zugehörige Objekt all1TEAwva. und von IjJpO:YIlOV vor das zugehörige Verb 1TEPLE8T)KEV sowie die Einfügung von EV a.tm~ zwischen WPU~EV und AT)VOV in Mt 21,33 als gezielte redaktionelle Verdeutlichung der Bezugnahme auf den Jesajatext zu lesen (vgl. SAND, Mt, 433; WEREN, Use, 19, s. auch GUNDRY, Use, 43f; OLMSTEAD, Trilogy, 153 und KLAUCK, Gleichnis, 126.142 zu Mt 21,41b [so dazu obenD. 44 Jes 3,14; 27,2-6; Jer 12,10; LAB 28,4 (?); 30,4; gr3Bar 1,2, vgl. auch Herrn, Sim V 2,2; 5,2f; 6,2. In LAB 12,8f; 18,10f; 23,12; 39,7; 4Esra 5,23 ist vinea mit Weinstock zu übersetzen, vgl. dazu Ps 80,9.15; Jer 2,21; Ez 17,5-10; Hos 10,1; Joel 1,7. Übergänge sind freilich zuweilen fließend, wie Ps 80,9-15 illustriert, denn die metaphorischen Bezeichnungen Israels als Weinstock in V.9 und V.15 umschließen hier Aussagen, die, wie KLAUCK, Allegorie, 299 mit Recht vermerkt, "nur verständlich werden, wenn der Weinberg den Vorstellungshintergrund bildet."- Zur Auslegungstradition von Jes 5,1-7 s. unten S. 217, Anm. 179. 45 So z.B. HARRINGTON, Mt, 303; GUNDRY, Mt, 424; DAVlEs/ALLISON, Mt III, 176.180; NOLLAND, Mt, 871; LEVINE, Dimensions, 209f; SALDARINI, Community, 6062; GIELEN, Konflikt, 227; CARTERIHEIL, Parables, 161. Vgl. unten S. 200, Anm. 98. 46 Vgl. exemplarisch DE MOOR, Background, 65.68.
4.1 Die Parabeltrilogie
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rael, wäre das Gleichnis also nicht gegen Israel, sondern gegen die Führungsschicht gerichtet47 . In der jüngsten Matthäusforschung hat diese Interpretationsrichtung zunehmend an Bedeutung gewonnen48 . Nach der traditionellen und auch in der jüngeren Forschung weit verbreiteten Deutung geht es in Mt 21,33-46 freilich um die heilsgeschichtliche Rolle Israels. V.43 spreche von der Ablösung Israels durch die (He iden-)Kirche49 • Will man konsequent sein, muss man dann die obige Deutung der Weinbergmetapher bestreiten. Da nach V.41 der Weinberg anderen Winzern übereignet wird und nach dem Deutewort in V.43 das Reich Gottes weggenommen wird, bietet sich als eine alternative Lösung an, die Weinbergmetapher durch ~ ßaoLAELa ,OU eEOU bestimmt zu sehen 50 . Oder aber man fasst das Arbeiten im Weinberg allgemein als Beschäftigung mit der ,Sache Gottes' auf5 !. Mit dem Voranstehenden sind zwei für die Interpretation des Gleichnisses vorrangig zu klärende Fragen aufgeworfen, zum einen die Frage, gegen wen sich der Text richtet, zum anderen, wofür &.i.J.TIEAWV in Mt 21,33-41 steht. Als dritte wichtige Frage gesellt sich die Deutung von ~ ßaoLAELa TOU eEOU in V.43 hinzu. Die Beantwortung einer Frage lässt nicht automatisch die übrigen beantwortet sein, umgekehrt ist auch nicht jede Antwort mit jeder kombinierbar. Von den ersten beiden Fragen her ergeben sich für die Auslegung drei Hauptvarianten, die durch die dritte Frage Untervarianten erhalten. 1. Die traditionelle Deutung lässt die Perikope, wie oben angedeutet, vom Verlust der Vorzugsstellung Israels reden: Mt 21,43 ziele auf die Ersetzung Israels durch die Kirche. Vorausgesetzt ist bei dieser Deutung, dass &'<1>' Ui.J.WV in V.43 letztlich nicht nur die angeredeten Autoritäten, sondern
47 In der alttestamentlichen Prophetie begegnen nicht selten die Autoritäten als spezielle Adressaten der Worte der Propheten, s. Jes 3,14f; 28,14-16; Jer 12,lOf; 23,1-4; Ez 11,1-13; 34,2ff (ein Text, der wie Jer 23,1-4 als Hintergrund der matthäischen Verwendung der Hirtenmetapher von Bedeutung ist, s. oben Kap. 2.1.2, S. 38); Mi 3,9-12. Von besonderem Interesse für Mt 21,28-46 könnte Jes 3,14 sein, weil hier ein Fehlverhalten der Führungsschicht gegenüber Gottes Weinberg angegriffen wird (atJ1:oc; KUPLOC; Elc; KPLoLv ~~EL f!Ha tWV 1TPEOßUtEPWV tOÜ Aaoü Kat f!Ha twv &.pXOVtWV autoü' Uf!ELC; OE tL EVE1TUPLOatE tOV &.f!1TEAWva f!OU ... ). Vgl. dazu SALDARINI, Anti-Semitism, 171. 48 Siehe unten S. 200, Anm. 98. 49 Siehe oben S. 182, Anm. 2. 50 So z.B. LOHMEYER, Mt, 314; HARE, Mt, 248; GUNDRY, Mt, 430; HAGNER, Mt II, 620; HUMMEL, Auseinandersetzung, 149; HARE, Theme, 151.153; STECK, Israel, 297; KLAUCK, Gleichnis, 137; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 252; MEIER, Vision, 150; LAMBRECHT, Treasure, 119. 51 Vgl. SNODGRASS, Parable, 74.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
diese stellvertretend für das ganze Volk meint52 . Bei ~ ßllaLAELIl TOU 9EOU könnten dann, sieht man in der Rede von der Wegnahme und vom Geben der Basileia ein präsentisches Verständnis nahe gelegt53, die heilsgeschichtlichen Prärogative Israels im Blick sein: Gott ist der (wahre) König54 der Welt55 , der sein Regiment zum Wohlergehen seines erwählten Volkes (bzw. der Gerechten) ausübt bzw. endzeitlich zur Geltung bringen wird56 und daher insbesondere der König Israels ist57 . V.44 würde dann den Verlust der Vorzugsstellung Israels durch eine auf den Einzelnen zugespitzte Gerichtsdrohung ergänzen und - positiv gewendet - zugleich anzeigen, dass der Verlust der Königsherrschaft Gottes über Israel als Ganzem nicht notwendig eschatologische Verdammnis für alle Israeliten impliziert, sich vielmehr das Heil des Einzelnen individuell an seiner Stellung zu Jesus entscheidet. So verstanden wäre durch V.43f eine differenzierte Position anvisiert und die Reihenfolge der Verse machte durchaus guten Sinn. Möglich ist zum anderen aber auch, hier unter der Basileia das zukünftige Heilsgut zu verstehen58 . Das ,Haben' müsste dann im Sinne von Mt 5,3.10; 19,14 gefasst werden: Es geht um den Zuspruch zukünftigen Heils. Fruchtbringen im ethischen Sinn gibt das Kriterium an. ~ ßllaLAElIl TOU 9EOU passt bei dieser Deutung gut zu 21,31 und zum eschatologischen Ho-
52 Siehe SCHMID, Mt, 306.307; SAND, Mt, 435; HAGNER, Mt II, 617; WALKER, Heilsgeschichte, 43f; KLAUCK, Gleichnis, 137; KRETzER, Herrschaft, 151; LANGE, Erscheinen, 274; van ELDEREN, Purpose, 187; E.C. PARK, Discourse, 183f; LAMBRECHT, Treasure, 119, auch Luz, Mt 111, 222.225f; KYNES, Christology, 136fu.a. 53 Siehe dazu Allen, Mt, 232; SCHMID, Mt, 306 ("Gottes in der Geschichte wirksames Walten"); TRILLING, Israel, 62; HARE, Theme, 153; KRETZER, Herrschaft, 165f; PAMMENT, Kingdom, 231; ERLEMANN, Bild, 232, zuletzt DEINES, Gerechtigkeit, 119. 54 Zur Vorstellung des Königtums Gottes s. den Überblick bei PREUSS, Theologie I, 173-183, s. ferner z.B. JEREMIAS, Königtum; JANOWSKI, Königtum; SCHREIBER, Gesalbter, 39-142, speziell zu den Sabbatliedern aus Qumran SCHWEMER, Gott. 55 Ps 24,7-10 (im Zusammenhang mit V.lt); 47,3f.8f; 93,lf; 95,3-5; 96,10; 97,1-6; 98,6; 99,1-4; 103,19; Jer 10,7.10; 3Esra 4,46.58; Est 4,17\ Jdt 9,12; 2Makk 7,9; 3Makk 2,2(ff); 6,2; IHen 9,4f; 12,3; 25,3-7; 27,3; 84,2f; TestBenj 10,7; PsSal 2,30.32; Sib III 47-50.767f; TestMos 4,2; 10,1 u.ö. 56 Ex 15,18; Num 23,21; Jes 24,21-23; 52,7(-12); Ob (17-)21; Zef 3,15; Sach 14,9. 16f; Ps (10,16); 29,10f; 98,3-6; 149,2-4; Est 4, 17f - \ Jdt 9,12-14; 2Makk 1,24(-29); 3Makk 2,2-20; 6,2-15; PsSal 5,18; 17; TestMos 4,2-5; 10,1-10; lQM 12,7-16 U.ö. 57 Siehe vor allem Jes 44,6; Zef 3,15, ferner Dtn 33,5; Jes 33,22; 41,21; 43,15; Mi 2,13; 4,7; Ps 114,2; Est 4,li; PsSal 5,18f; 17,1.46. Siehe auch Jub 15,31f: Israel ist Herrschaftsgebiet Gottes, während Gott über die anderen Völker die Geister herrschen lässt. 58 So z.B. Luz, Mt III, 226; HUMMEL, Auseinandersetzung, 149; MUSSNER, Winzer, 132; GIELEN, Konflikt, 228.232; GARBE, Hirte, 83.
4.1 Die Parabeltrilogie
193
rizont von 22,1-14. Israel als Ganzes ist durch die Ablehnung Jesu des eschatologischen Heils verlustig gegangen, V.44 konkretisierte wie gehabt. Als zentrales Argument für die These einer israelkritischen Stoßrichtung von 21,43 wird darauf verwiesen, dass Matthäus als Gegenüber zu &<jJ' UflWV von einem EeVOC; redet, was sich auf die Kirche beziehe und die Gottesvolkthematik anklingen lasse59 • Oder anders: Als Gegenüber zu dem EeVOC; in 21,43b könnten nicht allein die angeredeten Autoritäten figurieren, so dass &<jJ' UflwV einen umfassenderen Sinn haben müsse. Wollte Matthäus hier einer Ersetzung Israels durch die Kirche das Wort reden, hätte er dies freilich ohne Weiteres schreiben können. Er redet im negativen Glied aber nicht davon, dass Israel die Königsherrschaft genommen werde. Erklärungsbedürftig ist bei der in Frage stehenden Auslegung ferner der Gebrauch von EeVOC; selbst, der bei näherem Hinsehen geradezu eine crux interpretum darstellt 60 . EeVOc; im Sinne von "Volk" genommen meint eine nationale, keine religiöse Größe 61 , passt in diesem Sinn also schlecht zur Kirche. Hätte Matthäus die Gottesvolkthematik anklingen lassen wollen, hätte eher die Verwendung von Aaoc; nahe gelegen. In EeVOC; eine Anspielung auf das Hinzukommen der ,Heiden' zu sehen62 , ist philologisch fragwürdig, weil der Singular diese Bedeutungsnuance des Plurals nicht teilt63 • Nicht weniger misslich ist die These, dass Matthäus EeVOC; verwende, weil eben das vorige Gottesvolk eines ist64 . Zudem: Wenn sich &<jJ' UflwV faktisch auf das jüdische Volk beziehen soll, hätte Matthäus dies durch die Rede von der Übergabe der Königsherrschaft an ein anderes "Volk" leicht
59 Siehe SCHMID, Mt, 306; SAND, Mt, 435; LUCK, Mt, 236; TRILLING, Israel, 63.65 ("zum neuen E8vo~ muß doch wohl als Gegenstück ein altes gedacht werden" [63]); KYNES, Christology, 137; Luz, Antijudaismus, 313; ÜLMSTEAD, Trilogy, 89-95.117 u.a. 60 Treffend Luz, Mt 111, 226: "Am wichtigsten und schwierigsten ist die Interpretation von E8vo~" (Hervorhebung von mir). 61 Auch die neutestamentliche Verwendung des Wortes im Singular (32 Vorkommen) belegt dies. Die einzige Stelle, in der eine religiöse Bedeutung vorliegt, IPetr 2,9 (E8vo~ äyLOV), verdankt sich der wortgetreuen Wiedergabe von 1l1,'P '1l (Ex 19,6) in der LXX (dagegen ~;'i? c~ / A.ao~ äyLO~ in Dtn 7,6; 14,2.21; 26,19; 28,9, vgl. unten S. 195, Anm. 75), ist also ,Zitat' und geht nicht auf zeitgenössischen Sprachgebrauch zurück. 62 Siehe z.B. SCHWEIZER, Mt, 270; HAGNER, Mt 11, 623 ("The singular E8vo~ ... inevitably alludes to the eventual mission to the Gentiles, the e8voL [sie!]"); LANGE, Erscheinen,275. 63 Vgl. LOHMEYER, Mt, 314; Luz, Mt 111,226; CARTERIHEIL, Parables, 164. 64 So ZAHN, Mt, 634: "Als ein E8vo~ bezeichnet Jesus diese seine Gemeinde nur darum, weil er sie als die zukünftige Trägerin der Gottesherrschaft der bisherigen Inhaberin derselben, der alten Gemeinde, die eine Nation war, gegenüberstellen will." In diesem Sinne ferner ALLEN, Mt, 232; PUNGE, Endgeschehen, 117f; TRILLING, Israel, 61.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
kenntlich machen können 65 , wie er zuvor von äAAOL'; YEWPYO'LC; geredet hatte 66 . Erwägen kann man, ob Matthäus durch eine bestimmte alttestamentliche Passage inspiriert ist. Da in 21,44 Dan 2,44fin.45 nachklingt, könnte man " """8 , In . Dan, 244 LXX verwel-. " Tl'ßlWLII.Ela au f KCH' lW'Tl all.lI.o E VOC; ou" IlTl,EaOlJ sen67 und Mt 21,43 als eine Kontrastaussage dazu lesen, doch sind die semantischen Zusammenhänge in bei den Texten zu unterschiedlich 68 . Ferner lässt sich einwenden, dass im Falle einer gezielten Anspielung als Formulierung wiederum zu erwarten gewesen wäre, dass die Königsherrschaft einem anderen Volk gegeben wird. Als möglicher Bezugstext ist zum andern Kat 1TOL~OW OE ELc; E8voC; IlEya in Gen 12,2 vorgeschlagen worden 69 . Dafür kann man geltend machen, dass in dem in 1,1 exponierten Motiv der Abrahamsohnschaft Jesu die Völkerverheißung von Gen 12,3 von Gewicht sein dürfte 70 , so dass man als Zusammenhang konjizieren könnte: Wie in Jesus die Segensverheißung für die Völker in Erfüllung geht, so ebenso die Abraham gegebene Verheißung, ihn zu einem großen Volk zu machen (vgl. Mt 3,9!). 21,43 in diesem Licht zu lesen, hat freilich gegen sich, dass in 21,43 selbst in keiner Weise ein Bezug auf die Abrahamthematik bzw. speziell auf Gen 12,2 signalisiert wird. Wiederum ist anzuführen, dass Matthäus einen solchen Bezug ohne Weiteres durch die Hinzufügung des entsprechenden Adjektivs hätte markieren können. Als eine dritte Option kann man schließlich einen Bezug auf Ex 19,6 (vgl. Ex 23,22 LXX ) erwägen 7l . Dies passt sachlich insofern gut, als das Fruchtbringen dem im Kontext von Ex 19,6 thematisierten Bundesgehorsam korrespondiert. Hinweisen kann man auch auf die mit Mt 21 ,42f verwandte Sequenz in 1Petr 2,7-9, wo auf das Zitat von Ps 117,22 LXX (V.7, vgl. Mt 21,42) in V.9 eine unter anderem E8voc; äyLOv aus Ex 19,6 aufnehVgl. MUSSNER, Winzer, 131; FIEDLER, Israel, 54. Bezeichnend für die hier in Frage stehende Deutung ist die ,Überblendung' von 21,41 und 21,43 bei OLMSTEAD, Trilogy, 162: ,,[T]he kingdom will be taken from the nation and given to another E8vo, (21.41,43). As a nation, Israel has ceased to be the people of God" (Hervorhebung im Original). 67 So GUNDRY, Mt, 430; SWAELES, L'arriere-fond, 31lf; SNODGRASS, Parable, 68-70, s. auch LUOMANEN, Kingdom, 165f. 68 Zu beachten ist im Übrigen, dass das in Mt 21,44b verwendete Verb ALKf.LCXV nur in Dan 2,44Theod., nicht aber in LXX vorkommt, Theod. aber nicht wie LXX von einem anderen E8vo" sondern einem Aab, hE po, spricht. 69 WILK, Jesus, 120; OLMSTEAD, Trilogy, 91-95. 70 Siehe dazu unten Kap. 5.1, S. 287. 71 Vgl. LOHMEYER, Mt, 314, s. auch KEENER, Mt, 515; TRlLLING, Israel, 61; SNODGRASS, Parable, 93 sowie DILLON, Tradition-History, 20. 65
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4.1 Die Parabeltrilogie
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mende Aneinanderreihung von Würdeprädikaten Israels folgt. Ist es richtig, dass 1Petr das Matthäusevangelium rezipiert hatn , könnte man Mt 21,42f in 1Petr 2,7-9 nachwirken sehen, und dies bedeutete, dass jedenfalls der Verfasser des 1Petr als ein früher Interpret E8vo<; in Mt 21,43 im Licht von Ex 19,6 gelesen hat. Freilich besagt dies für die Matthäusstelle selbst nicht viel. Wiederum gilt zudem, dass ein Bezug auf den alttestamentlichen Text durch Matthäus nicht klar signalisiert wird 73 • Zwar kann man in der Partizipialwendung in Mt 21,43 ein funktionales Äquivalent zu cx.YlO<; in Ex 19,6 sehen, doch ändert dies nichts an dem Einwand, dass Matthäus eine Bezugnahme auf den alttestamentlichen Text leicht durch die Hinzusetzung des Adjektivs hätte markieren können. Zudem ist in biblischer Tradition wesentlich öfter als vom E8vo<; cx.YLOv 74 vom Acta<; cx.YLO<; die Rede 75 , was nochmals die Frage evoziert, warum Matthäus nicht Acto<;, womit das von vielen Auslegern unterstellte Verständnis zum Ausdruck hätte gebracht werden können, sondern E9vo<; gebraucht hat. Nun hat Saldarini 76 geltend gemacht, dass E9vo<; keineswegs "Volk" bedeuten muss, und als für Mt 21,43 passende Bedeutung "voluntary organization or small social group" vorgebracht77 • Tatsächlich bedeutet E9vo<; 72 Dazu METZNER, Rezeption (speziell zu 1Petr 2,7-9 a.a.O., 162f). Siehe auch Luz, Mt 15 , 103f. 73 Dass ßaoL\.ELov (Ex 19,6) - das Wort ist in der frühjüdischen Rezeption offenbar häufig als Nomen aufgefasst worden (s. 2Makk 2,17; Philo, Sobr 66; s. auch Jub 16,18; Targum Onqelos zu Ex 19,6; Targum Neofiti I zu Ex 19,6; Targum Pseudo-Jonathan zu Ex 19,6) - sich mit ~ ßaoLAELa TOÜ 9EOÜ (21,43) berührt, entkräftet das oben Gesagte nicht. 74 Neben den genannten Exodus-Belegen ist, soweit ich sehe, nur auf SapSal 17,2 zu verweisen. Hier dürfte sich der Gebrauch von E9vos damit erklären, dass aus der Fremdperspektive der äVO~OL geredet wird. Eine gezielte Anspielung auf Ex 19,6 ist nicht erkennbar. - Im Übrigen lässt sich schwerlich von einer besonders reichen Rezeption von Ex 19,6 im Frühjudentum reden (s. zur Rezeption ELLIOTT, Elect, 50-128); zumindest hätte diese sich nicht in den erhaltenen Texten niedergeschlagen. Pate steht Ex 19,6 offenbar in Jub 16,18; 33,20 sowie in 2Makk 2,17 (vgl. oben Anm.73), doch ist hier aYLao~6s an die Stelle von E'9vos IXYLOV getreten. Philo nimmt Ex 19,6 in Sobr 66 und Abr 56 auf, in Sobr 66 aber ohne E'9vos IXYLOV. Josephus übergeht Ex 19,3-6 in seinem Bericht über die Gesetzgebung am Sinai in Ant III 75(ff). Frühchristlich ist neben 1Petr 2,9 noch auf Apk 1,6 und 5,10 zu verweisen, wo Ex 19,6 rezipiert sein dürfte, doch fehlt auch hier eine Aufnahme von E'9vos IXYLOV. 75 Dtn 7,6; 14,2.21; 26,19; 28,9; Jes 62,12; Dan 7,27 LXX (Kat T~V ßaaLAELav ... EÖWKE AaQ aYLq> tn/lLoTOU!); 2Makk 15,24; grLAE 13,3; PsSal 17,26; 1Klem 8,3 (= ApokrEz?, s. JSHRZ V/I, 53), s. auch MOs ÖOLOs in SapSal 10,15. 76 Community, 59-61. 77 SALDARINI, Community, 60 (s. auch SALDARINI, Anti-Semitism, 171-173). Vgl. HARRINGTON, Mt, 303: "The term ethnos can mean a 'group ofpeople'" (Hervorhebung im Original, vgl. unten S. 200, Anm. 99). Zustimmend zu Saldarini OVERMAN, Mt
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
zunächst nur eine zusammengehörige Gruppe 78. "NationN olk" hat sich im nachhomerischen Griechisch 79 - zwar zur vorherrschenden Bedeutung entwickelt, ohne aber andere Verwendungs möglichkeiten vollständig zu verdrängen, und dies gilt nicht nur für die pagane Literatur, sondern auch für den biblischen Traditionsraum. Pindar spricht vom aVEpwv E6vo~ (OlympOd 1,66) und vom E6vo~ yuvaLKwv avöpo<jlovwv (PythOd 4,252), Plato von der Wahl von Ärzten oder Schiffsbaumeistern oder einer anderen Art von Gewerbsleuten (äUou nvo~ ÖT]j.!LOUPYLKOÜ E6vou~, Gorg 455b) sowie von den Herolden als vom Kl]PUKLKOV E6vo~ (Politikos 290b). Letzterem lässt sich PKöln 260,3 zur Seite stellen, wo sich die Anweisung, ta E6vl] zu versammeln, auf Berufsgruppen bezieht. Wenn in PPetr 32 (p.67) E6wwv Verschreibung von E6vwv ist, bezeichnet E6vl] hier Handelsvereinigungen. In OGIS 90,17 und PPetr 59 (p.174) ist im Blick auf Priester von (ta) LEpa E6vl] die Rede, in POxy 3470,16 (131 n.Chr.) von uLOt LEPEWV Kat lEPOE6vw (v )80. In Plato, Politeia IV 420b wird "irgendein E6vo~" der ganzen Stadt gegenübergestellt, meint also eine Bevölkerungsgruppe (vgl. 421c), und in Politeia I 351c begegnet die Auflistung ~ 1IOALV ~ atpat01lEÖOV ~ A1Jata~ ~ KAE1Tta~ ~ äUo n E6vo~. Dionysius Halicarnassus, AntRom X 60,5 bezeichnet die Gruppen der Patrizier und Plebejer als E6vl]. Besondere Beachtung verdient sodann, dass Xenophon in Symp 3,6 Antisthenes an Nikeratos die Frage richten lässt, ob er ein E6vo~ kenne, das einfaltiger sei als die Bänkelsänger (E6vo~ ... ~AL6LWtEPOV patJr41öwv). Und bei Dion Chrysostomos, einem Zeitgenossen des Matthäus, meint die an die Auflistung von Flötenspielern, Schauspielern, Zitherspielern, Gauklern, Faustkämpfern, Ringern und Pankratisten angehängte Wendung Kat tO tOLoÜtOV E6vo~ "und dergleichen Leute" (Or 66,8). Belege sind ferner auch aus dem alttestamentlich-frühjüdischen Bereich anzuführen. In 2Chr 32,7 meint E6vo~ ein Heer des Königs von Assur, also das bewaffnete "Volk", das ihn bei seinem Feldzug begleitet. Dem steht IMakk 1,34 nahe, wo eine in der Davidsstadt stationierte seleukidische Besatzungseinheit als E6vo~ UflaptWAOv bezeichnet (vgl. Dan 11,23 Lxx ) und durch ävöpa~ 1Iapavoflou~ erläutert wird. In Jer 31,2 LXX (= 48,2 MT) meint E6vo~ die Stadtbevölkerung Hesbons 81 • Im Lobgesang des Tobits in Tob
[Church), 303f; FIEDLER, Mt, 332, Anm. 86. Siehe ferner DULING, Ethnicity, 138-140, s. dort auch S. 129 den Überblick über Verwendungsweisen von E6vo~ in antiken Texten (vgl. dazu ferner HALL, Identity, 34f). 78 LIDDELL/SCOTT, Lexicon, 480a geben als Bedeutung an "number of people living together, company, body ofmen". 79 Homer spricht z.B. vom hapwv E6vo~ bzw. E6vo~ haLpwv (Ilias 7,115; 11,585.595; 13,165.533.566.596.648 u.ö.). Siehe auch Aawv E6vo~ von den Scharen des Heeres in Homer, Bias 13,495 sowie E6vEa 1IE(WV (Ilias 11,724). 80 Siehe dazu ferner Corpus Papyrorum Raineri XV 32,8. Zu verweisen ist möglicherweise auch auf Diodorus Siculus, BiblHist XVII 102,7, wo vom E6vo~ tWV ovofla(OflEVWV BpaXflavwv die Rede ist, doch könnten die Brahminen hier als indisches Volk angesehen sein. 81 Möglicherweise ist Jer 31 ,2 LXX Lev 20,2 zur Seite zu stellen, wo tO E6vo~ tO E1It tfJ~ YfJ~ wohl die Bevölkerung meint.
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4.1 Die Parabeltrilogie
13,1-18 ist von einem E9vo~ cXllaptwWV die Rede 82 , dem Tobit die Macht und Größe Gottes verkündigen will (V.8). In der nachfolgenden Umkehrmahnung ist die Wendung durch das einfache cXllap,wAoL variiert. Im Blick ist hier schwerlich das Volk der Assyrer, sondern offenbar das exilierte Israel 83 , nur kann damit nicht das Gottesvolk im Ganzen gemeint sein; der literarischen Fiktion nach geht es allein um das Nordreich, und um Letzteres auch nicht in seiner Gesamtheit, denn Tobit selbst und sein Sohn Tobias (1,3.68.11ff; 4,3ff) gehören ebenso wenig dazu wie Tobias' (spätere) Frau Sara und ihr Vater (Tob 3,llff; 6,12, s. ferner 5,14). Einstellen kann man hier vielleicht Prov 26,3 LXX (WOTTEp Ilaon~ LTTTTCV Kat KEVCPOV ÖVCV olhw~ paßeSo~ E9vEL TTapavoIlCV), wo E9vo~ keineswegs "Volk, Nation" im soziologischen Sinne bezeichnen muss, sondern sich analog zu Tob 13,8 E9vo~ TTapavolloV durch TTapavolloL (vgl. Prov 2,22; 4,14; 11,30; 13,2 u.ö.) variieren ließe. Dies findet in Prov 28, 17 LXX Bestätigung, wo eine gegenüber MT überschießende Mahnung zur Erziehung des Sohns mit der Verheißung versehen wird: ou Il~ ilTTaKOlJ01J~ E9vEL TTapavollcv84. Philo spricht in Her 272 von ,0 ,WV TTa9wv E9vo~. Kann man diese Verwendungsweise damit erklären, dass hier Gen 15,14 ausgelegt wird, und gilt Analoges für ,WV eSLnwv eSLavoLa~ E9vwv ... , apHii~ ,E Kat KaKLa~ in Congr 129 85 und die Rede von der Unterteilung der Tugend in E9vT] in Mut 148 86, so trifft dies nicht für Somn II 133 zu, wo Philo den "lichtlosen Raum der Gottlosen" als einen solchen charakterisiert, "den tiefe Nacht, endlose Finsternis und ungezählte Scharen (E9vT] llupLa) von Trugbildern, Gespenstern und Traumgestalten erfüllen,,87. In SpecLeg II 121 meint E9vo~ offenbar das "einfache Volk" im Gegenüber zum Priesterstamm (vgl. SpecLeg II 222). Verschiedentlich belegt ist die Verwendung von E9vo~ für Tierarten, und zwar sowohl in ,klassischen' wie alttestamentlich-frühjüdischen Texten 88 . Hinzuweisen ist schließlich auf Röm 10,19, wo sich in der Aufnahme von Dtn 32,21 (vgl. gr3Bar 16,2) E9vo~ aouvHov auf die Heidenchristen, also nicht auf ein Volk, sondern einen Verbund von Menschen bezieht.
Überblickt man den lexikalischen Befund, dann zeigt sich, dass E9voe; zwar am häufigsten im Blick auf ein "Volk" bzw. eine "Nation" verwendet wird, damit aber das Spektrum möglicher Verwendungsweisen keineswegs abgedeckt ist. In Wendungen wie E9voe; TIapavOllov (Prov 26,3; 28,17) oder E9voe; allap'w).ov (Tob 13,8) liegt der Ton auf dem beigegebenen Adjektiv. Dies könnte analog für die Partizipialwendung TIOLOUV ,oue; KapTIOUe; au,f]e;
82 In den aramäischen Tobit-Fragmenten aus Qumran ist der Passus nur unvollständig erhalten, s. 4Q196 Fragm. 172,4. - Vgl. zur Wendung auch Jes 1,4. 83 Zu diesen Optionen vgl. FITZMYER, Tob, 310. 84 Vgl. zu dieser Wendung ferner noch Prov 29,18: ou Il~ ilTTap~1J E~T]YT]'~~ E9vEL TTapavollCV 6 eSE !jJuÄaoowv VOIlOV llaKapLO'o~. 85 Philo interpretiert hier Gen 25,23: .suo E9vT] EV ,fj yao,pL oou ELOW. 86 Ausgelegt wird hier die Verheißung von Gen 17,16: Kat EUÄOY~OW Kat EomL EL~ E9vT]. 87 Im Kontext geht es um die Auslegung des Traums Josephs in Gen 37,9-11 (Somn II 110-154). 88 Homer, Ilias 2,87.459.469; Sophokles, Ant 344; Phil 1147 sowie Prov 30,26; Philo, SpecLeg I 162.
,ov
au,ov
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
(= ,ilt; ßCI.GLAElat;) in Mt 21,43 gelten. E9vot; könnte hier also einen Verbund von Menschen bezeichnen 89 , der durch die den Ton tragende Partizipialwendung näher bestimmt wird. Dezidiert für diese Option spricht das Gegenüber zu &$' UJ.LWV, denn die damit angeredeten Autoritäten, mit denen Jesus sich seit 21,23 auseinandersetzt, als Repräsentanten des Volkes bzw. pars pro toto aufzufassen, ist im engeren wie im weiteren Kontext von 21,43 als äußerst problematisch zurückzuweisen. Das Volk und die Autoritäten sind im Matthäusevangelium, wie gesehen, alles andere als eine homogene Masse. Matthäus ist vielmehr immer wieder bemüht, die Differenz zwischen diesen bei den Größen herauszustellen, und diese Intention prägt auch die matthäische Darstellung der Wirksamkeit Jesu in Jerusalem in Mt 21-23: Die Parabeltrilogie ist Teil einer gezielt gestalteten Komposition, die den Konflikt zwischen Jesus und den Autoritäten sich zuspitzen lässt, dabei wiederholt die Differenz zwischen der (Jerusalerner) Führungsschicht und dem Volk betont und entsprechend in eine Belehrung des Volkes über die zuvor ,abgefertigten' Autoritäten einmündet9o . Die Repräsentationsthese erscheint von daher in hohem Maße unplausibel. Zu beachten ist insbesondere, dass eine der Kontrastierungen von Autoritäten und Volksmengen in Mt 21-23 innerhalb von 21,33--46 selbst begegnet, nämlich in der von Matthäus neu gestalteten Schlussszene in V.45f, wo ausdrücklich gesagt wird, dass die Hohenpriester und Pharisäer die Gleichnisse auf sich beziehen91 , und - das ist entscheidend - die Volksmengen eben von der Führungsschicht abgegrenzt werden 92 • Kurzum: Die Komposition in Mt 21-23 lässt erwarten, dass es in der Parabeltrilogie darum geht, die Führungsschicht zu disqualifizieren und zu delegitimieren. Ebendies ist bereits oben für 21,28-32 gezeigt worden. Der Kontext legt also nahe, dass das E9vot;, das Früchte der Basileia bringt, nicht Israel als Gottesvolk, sondern die bisherigen Autoritäten ablösen soll. Wenn man dies mit der - m.E. eher unwahrscheinlichen - These einer Anspielung auf Ex 19,6; 23,22 LXX (oder auf Gen 12,2) verbinden will, dann höchstens so, dass - so, wie die Geschichte Israels nach 1,17 Vgl. die in LIDDELLIScOTT angegebene Wortbedeutung, s. oben S. 196, Anm. 78. Siehe im Einzelnen oben Kap. 3.1.2.5. - Siehe zu diesem Kontextargument ferner CARTER/HEIL, Parables, 154f. 91 Vgl. WEREN, Israel, 363; REpSCHINSKI, Stories, 316. 92 Treffend SNODGRASS, Parable, 91 (im Blick auf alle drei synoptischen Fassungen): "If the Evangelists wanted to direct this parable against the Jewish people, why would all three of them counteract this intention immediately by saying that the religious authorities knew that Jesus spoke about them but could not seize hirn for fear of the people? In all three Gospels the judgment is pronounced against the religious leaders" (Hervorhebung im Original). 89
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4.1 Die Parabeltrilogie
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zielgerichtet auf Jesus zuläuft - in diesem EeVOe; oder durch dieses die eigentliche Bestimmung des Gottesvolkes Israel zum Ziel kommt 93 , was durch die bisherigen Autoritäten verhindert wird 94 • Dass mit dem EeVOe; die (wahren) Jesusnachfolger gemeint sind, also die, die in dem verworfenen Stein den Eckstein erkannt haben, ist schwerlich zu bestreiten95 . Gegenüber einer geradlinigen Identifikation des EeVOe; mit der Kirche ist freilich Zurückhaltung geboten, sofern diese ein corpus mixtum ist. Man könnte also höchstens sagen, dass das EeVOe; nOlOUV TOUe; KapnoUe; atnf]e; (= ef]e; ßaolAElae;) auf die ideale Kirche blickt96 • Als Zwischenfazit ist festzuhalten: Mt 21,43 vertritt nicht die Ablösung des alten durch ein neues Gottesvolk. Von dem ausdrücklichen Bezug des Gleichnisses auf die Autoritäten und deren Absetzung von den 0XAOl in V.45f sowie vom weiteren und engeren Kontext her, der die Volksmengen deutlich von den Autoritäten abhebt, ist vielmehr zu folgern, dass &:tjJ' uf.1wv schlicht so zu nehmen ist, wie es dasteht: Das Gegenüber zum EeVOe;
93 In diese Richtung geht WILK, Jesus, 120 im Kontext seiner These einer Aufnahme der Abrahamverheißung von Gen 12,2 in der Rede von der Jüngergemeinschaft als E8vo<;: Die Jüngergemeinschaft "übernimmt ... die von Israel nicht wahrgenommene Aufgabe, Licht und Segensmittler für die Völker zu sein." Siehe auch SNODORASS, Parable, 93f. 94 Nach GIELEN, Konflikt, 228 deutet die Gegenüberstellung von UjlEl<; und E9vo<; "verhalten an, daß in V. 43a nicht mehr nur die Führer Israels im Blick stehen, sondern auch die involviert sind, die ihretwegen nicht die basileiagemäßen Früchte erbracht haben und nun auch mit dem Verlust der Basileia bestraft werden." Sie fügt aber hinzu: "Bezeichnend ist nun aber, daß Mt die Opposition ujlEl<; vs E8vo<; TfOWÜV 'tou<; KapTfOu<; aU'tij<; (sc. 'tij<; ßao~ÄELa<;) wählt, nicht aber 'Iopa~Ä vs E8vT] oder 'Iopa~Ä vs EKKÄT]OLa. Er vertritt also kein einfaches Substitutions schema, demzufolge jetzt die Heidenvölker oder die Kirche gleichsam als das neue Israel den Platz des ,alten' Israel einnähmen. Vielmehr ist das E8vo<;, dem aufgrund seiner Früchte die Basileia gegeben wird, offen für Israel und wenigstens partiell deckungsgleich" (228t). 95 Anders jedoch MUSSNER, Winzer, 134, der im Licht von 21,3lfund 22,8-10 an das einfache Volk, den "am-ha-arez", im Gegenüber zu den Autoritäten denkt. Siehe auch MUSSNER, Israel, 54fund WEREN, Israel, 364. 96 OOAWA, L'histoire, 190 (= OOAWA, Paraboles, 139) spricht von der "ecclesia postulata, c'est-a-dire I'Eglise qu'il faut realiser, non pas l'ecclesia realis" (Hervorhebung im Original), LAMBRECHT, Treasure, 119 von "the ideal church" (s. auch 120). ROLOFF, Deutung, 261 findet in 21,43 die "auch sonst zu beobachtende[] ekklesiologische[] Zurückhaltung des Matthäus. Weder nimmt er die EKKÄT]OLa als eine fest umrissene Gemeinschaft in den Blick, noch deutet er gar eine unmittelbare Verbindung zwischen dieser Gemeinschaft und der ßao~ÄELa 'tOÜ 8EOÜ an. Er spricht lediglich von einer Gruppe von Menschen, einem E8vo<;, das in einem konditional bestimmten Verhältnis zum Reich steht. Damit vermeidet er jede empirische soziologische Festlegung" (Hervorhebung von mir). Ähnlich WEREN, Use, 24, s. auch MAROUERAT, Jugement, 320-323 und Luz, Mt III, 226. Nach GARBE, Hirte, 84 hat Matthäus hier "weniger die Kirche im Blick als das eschatologische Heilsvolk nach dem Endgericht" (84).
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
bildet die mit &<jJ' Uj..LWV angesprochene Führungsschicht97 • Gegen diese also, nicht gegen Israel ist das Gleichnis gerichtet98 , und sie ist es, die durch die Schar der (wahren) Jesusnachfolger99 ersetzt wird. Ist damit die erste der oben aufgeworfenen Fragen, gegen wen sich der Text richtet, beantwortet, so unterscheiden sich die folgenden beiden Hauptvarianten der Deutung des Gleichnisses nach dem Verständnis der Weinbergmetapher. 2. Der Weinberg kann mit den oben angeführten Gründen aufIsrael bezogen werden. Das Gleichnis, noch ohne V.42-44 betrachtet, ergibt dann einen klaren Sinn: Gott hat eine Führungsschicht in Israel eingesetzt, die sich jedoch kontinuierlich gegen die Gesandten Gottes gestellt hat. Mit der Tötung des Sohns verbindet sich die Hoffnung, den Weinberg gänzlich an sich reißen und in Besitz nehmen zu können, doch geht die Rechnung nicht auf, denn mit der Tötung des Sohns ist in Wirklichkeit der Punkt erreicht, an dem die Weingärtner ihre Strafe empfangen und andere mit der Führung 97 Dieser Deutung fügt sich ein Detail ein: Matthäus ändert in 21,38 das markinische TTPOC; eau'touc; (Mk 12,7) in EV eau'toic;, was an die Szenerie in 21,25 zurückdenken lässt, wo es von den Autoritäten heißt: OL ÖE ÖLEAOyt(OV'to EV eau'toic; (vgl. GUNDRY, Mt, 427: "In this way Matthew yet again applies the parable to the Jewish leaders in Jerusalem", s. auch CARTER/HEIL, Parables, 162). Zu verweisen ist ferner noch darauf, dass die Metapher von den Bauleuten in V.42 einen Bezug auf die Führenden nahe legt (vgl. DA VIESI ALLISON, Mt III, 185, Anm. 62; SNODGRASS, Parable, 96 mit Anm. 102; REpSCHINSKI, Stories, 316f). Im Übrigen steht das Motiv der Prophetenverfolgung alttestamentlichfrühjüdisch verschiedentlich speziell mit den Autoritäten in Verbindung, s. lKön 18,4.13; Jer 26,20-23; Josephus, Ant X 38 (vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 190, Anm. 80) sowie VitProph 1,1 (s. dagegen das Begräbnis Jesajas durch das Volk in 1,5!); 3,2; 6,1; 7,1; 23,1. 98 Ebenso LOHMEYER, Mt, 314; HARRINGTON, Mt, 302f.304; GUNDRY, Mt, 424.426. 427.430; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 189f; FIEDLER, Mt, 33lf (vgl. FIEDLER, Israel, 54); MUSSNER, Winzer, 131; TAGAWA, People, 161; SNODGRASS, Parable, 90-94 (vgl. SNODGRASS, Research, 192f); LEVINE, Dimensions, 208-211; ERLEMANN, Bild, 176.234-236; TISERA, Universalism, 226.228; SALDARINI, Community, 44f.60-62; LOHMEYER, Apostelbegriff, 381f; OVERMAN, Parables, 433f; Kupp, Emmanuel, 91.95.213; WEREN, Use, 26; CARTER/HEIL, Parables, 163-165; Döpp, Deutung, 24; SIM, Christian Judaism, 149; FRANKEMÖLLE, Antijudaismus, 92; REpSCHINSKI, Stories, 41.315-317; A. VON DOBBELER, Restitution, 25, s. auch BROOKE, 4Q500 1, 286; INGELAERE, Universalisme, 51 und unten S. 201, Anm. 103. 99 HARRINGTON, Mt, 304 grenzt auf der Basis der Deutung von u' UflWV auf die Autoritäten ein: E9voC; "should be understood in its most basic sense as a 'group of people,' in this case the leaders of the Jewish Christian community" (Hervorhebung von mir). Siehe auch SALDARINI, Community, 61: "The ethnos ... is a group ofleaders, with their devoted followers, that can lead Israel well" (Hervorhebung im Original).
4.1 Die Parabeltrilogie
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in Israel betraut werden 100. Das Gleichnis deutet also das Vorgehen gegen Jesus als Versuch der in Israel eingesetzten Autoritäten, ihre Stellung eigenmächtig zu behaupten. So verstanden nimmt das Winzergleichnis ein Leitmotiv der matthäischen Darstellung des Konflikts zwischen Jesus und den Führungsschichten auf, das, wie gesehen, bereits in 2,3-6 eingeIlihrt wurde. Ihr Unterfangen ist aber zum Scheitern verurteilt, weil der getötete Sohn vom Vater auferweckt und erhöht wird, wie V.42 ausweist: Nimmt die erste Zeile des Zitats von Ps 117,22 LXX (ÄLeOV ÖV a.1TEÖOKLf,laOaV Ol OlKOÖOf,lOUVtEC;;) die Tötung des Sohns (V.39) auf, so blicken die nachfolgenden Zeilen des Zitats (OUtOc;; EYEV~eT] dc;; KEcpaÄ~v ywvLac;; ... ) eben auf die Auferweckung und Erhöhung Jesu aus. V.43 expliziert dann die Konsequenz des gescheiterten Versuchs der Autoritäten. Für das Verständnis von ~ ßaoLÄELa tOU eEOU ergeben sich dabei zwei Möglichkeiten, die einander nicht ausschließen. Zum einen kann man Basileia, wie oben, im Sinne des eschatologischen Heilsgutes verstehen. V.43 würde dann die soteriologische Seite des Urteils von V.41 ausdrücklich machen: Die Führungsschicht wird aufgrund ihres Fehlverhaltens nicht nur als solche abgelöst, sondern hat auch ihr eigenes Heil verspielt lOl • 21,43 würde dann V.31fin verstärken. Möglich ist aber auch ein Verständnis von Basileia, das näher bei der Thematik des Gleichnisses bleibt. Mit seiner Botschaft der Neubesetzung der Führungsrolle in Israel bildet das Winzergleichnis einen Baustein der auch anderorts im Evangelium begegnenden Problematik konkurrierender Führungsansprüche. Das zentrale Legitimationsmoment ist dabei das richtige Verständnis des Willens Gottes (s. 5,20ff102). Die Aufgabe der Führungsschicht besteht nach ihrer religiösen Dimension, um die es hier allein geht, hauptsächlich darin, für die rechte Auslegung der Tora zu sorgen lO3 • Nun werden Petrus nach 16,19 die "Schlüsse! des Himmelreiches" gegeben, und dies ist, wie die WeiterIlihrung in 16,19b.c zeigt, verbunden mit 100 Vgl. mit Blick auf die Parabeltrilogie im Ganzen REpSCHINSKI, Stories, 319: "The conflict between Jesus and his adversaries is a conflict over rightful leadership of the people of Israel." Siehe zu diesem Ansatz auch ERLEMANN, Bild, 176.234; Döpp, Deutung, 24. 101 So z.B. NOLLAND, Mt, 878: "The displacement of the Jewish religious leaders is expressed not now in terms of their leadership role, but in terms of their own personal participation in the kingdom of God." 102 Zum Verständnis der so genannten "Antithesen" s. oben Kap. 3.1.2.2, S. 116, Anm.114. 103 Vgl. den Ansatz von HORNE, Parable, 112-116, der das ursprüngliche, auf Jesus zurückgeführte Gleichnis als "an indictment ... of the temple leadership" (112) versteht und näherhin die Frage "Who gets control of the Moses traditions?" (114) verhandelt sieht.
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der Interpretation des Gesetzes 104, also mit der von Petrus garantierten, in der Gemeinde tradierten, auf Jesus als den einen und wahren Lehrer (vgl. 23,8) zurückgehenden rechten Auslegung der Tora. Die mit der Bezeichnung "Schlüssel der Basileia" angezeigte Beziehung zwischen Basileia und Tora ist dabei eine zweifache. Zum einen öffnet die rechte Gesetzesauslegung den Menschen die Basileia 105 ; hier geht es um den Zukunfts aspekt des Himmelreiches, dessen Nähe die Jünger zu verkündigen haben (10,7). Zum anderen ist im Blick auf die präsentische Seite der Königsherrschaft Gottes daran zu denken, dass Gott diese wesentlich durch die Kundgabe seines Willens ausübt. Mit der Übergabe der Schlüssel der Basileia wird Petrus zum ,irdischen Arm' der Königsherrschaft Gottes 106 . Traditionsgeschichtlich ist eine solche Auslegung ohne Weiteres plausibel zu machen, denn die einzelnen Elemente des skizzierten Motivzusammenhangs sind in Matthäus' Umwelt geläufig. Der Gedanke, dass Gott seine Herrschaft durch irdische Repräsentanten ausführen lässt, lässt sich als Analogie zur chronistischen Vorstellung vom davidischen Königtum verstehen 107, die in TestBenj 9,1 108 weiterwirkt. Nach SapSal 6,3f haben die Könige auf Erden ihre Macht vom Herrn und sind daher ll1T1]PE-rC!l tij~ autou ßaaLAELa~.
104 Vgl. SCHWEIZER, Mt, 223; GNILKA, Mt 11,66; Luz, Mt 11, 465; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 635.638f; LIMBECK, Mt, 209-216; NOLLAND, Mt, 681; FIEDLER, Mt, 289; VON DOBSCHÜTZ, Matthäus, 343; HUMMEL, Auseinandersetzung, 60-63; HOFFMANN, PetrusPrimat, 330f; MARCUS, Gates, 449-452; WILK, Jesus, 100 u.a. - Die auf die vormatthäische Tradition bezogene These von HIERS, Binding, 240, "that the sayings ab out binding and loosing in Matt 16:19 and 18:18 may derive from an earlier statement or statements by Jesus authorizing Peter and the twelve to exorcise demons", hat dezidiert gegen sich, dass sich hier die Alternative von "binden" und "lösen" nicht integrieren lässt; die Jünger haben nur den einen Auftrag, nämlich Dämonen auszutreiben. Zu weiteren Hypothesen s. die Übersicht bei DAVIES/ALLISON, Mt 11,635-639. 105 Vgl. GNILKA, Mt 11,65; Luz, Mt 11,466; NOLLAND, Mt, 676.681f. 106 Die Bedeutung dieses Aspekts wird durch Mt 28,18-20 unterstrichen. Siehe dazu unten S. 205 mit Anm. 128. 107 Siehe lChr 28,5 (Salomo ist erwählt, EllL 9povou ßaaLAE[a~ KUp[OU EllL tOV Iapa1]A zu sitzen); 29,23; 2Chr 13,8, auch lChr 17,14. Siehe dazu CAMPONOVO, Königtum, 90f; SCHREIBER, Gesalbter, 79. 108 Benjamin kündigt hier seinen Nachkommen an, dass ihnen die ßaaLAELa KUPLOU genommen werden wird. Im hier verfolgten Zusammenhang ist dabei sekundär, ob der Passus das Ende des Königtums des Benjaminiten Saul im Blick hat (so CAMPONOVO, Königtum, 325; SCHREIBER, Gesalbter, 95) oder das des davidischen Königtums (so HOLLANDERIDE JONGE, TestXII, 435). So oder so ist hier der Gedanke aufgenommen, dass der König, um 1Chr 28,5 aufzunehmen, "auf dem Thron des Königtums des Herrn über Israel" sitzt.
4.1 Die Parabeltrilogie
203
Der Zusammenhang zwischen Himmelreich und Gesetz ist in der rabbinischen Literatur geläufig 109 , hat aber ausweislich Jub 12,19; 2Makk 1,7 vorrabbinische Wurzeln 11 0, ja ist letztlich bereits in den JHWH-Königspsalmen 93 und 99 verankere ll . In 2Makk 1,7 meint Jasons Abfall vom Königtum seinen Abfall von der Königsherrschaft Gottes ll2 , der darin festgemacht wird, dass er sich über die göttlichen Gesetze hinwegsetzte (4,11.17, s. auch 5,8)113. Umgekehrt bedeutet Abrahams Konversion, seine Abkehr von den Götzen und Hinwendung zu dem einen Gott, in Jub 12,19, dass er sich unter die Herrschaft Gottes begibt, was sich in der nachfolgenden Erzählung in Abrahams Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes konkretisiert (s. nur 24,11)114. Hinzuziehen lässt sich ferner Sib III 716-720, wo die Aufforderung, "zum unsterblichen König" zu flehen (716f), der "allein Herrscher ist" (718), die Ermahnung nach sich zieht, das Gesetz des höchsten Gottes zu bedenken (719). Die Unterstellung unter die Königsherrschaft Gottes ist verbunden mit der Befolgung des von ihm erlassenen Gesetzes. Zu verweisen ist ferner noch einmal auf den bereits erwähnten Passus SapSal 6,3f: Das Versagen der Könige wird hier daran festgemacht, dass sie das Gesetz l15 nicht bewahrt haben. Positiv gewendet: Als Diener
109 Siehe MekhEx 20,2: "Um das Lob Israels bekannt zu geben, daß, als sie am Berge Sinai standen, um die Thora zu empfangen, sie alle gleich, eines Herzens waren, um die Herrschaft der Himmel (Gottes) in Freude auf sich zu nehmen ... " (WinterlWünsche, p.206), ferner SifraLev zu 18,6 (Winter, p.488); MTeh 20,3 ("denn hättet ihr die Thora nicht angenommen, wo wäre mein Königthum?" [Übers. Wünsche, p.183]); LevR 2 (zu Lev 1,2) ("Gott sprach: Weil sie meine Regierung am Sinai auf sich genommen und gesagt haben Ex. 24, 7: ,Alles, was der Ewige geredet, wollen wir thun und gehorchen. '" [Übers. Wünsche, p.13]); TanchB 1" 1" §6 (Bietenhard I, p.69). - Vgl. Bill. I, 174f.176. 110 Siehe CAMPONOVO, Königtum, 188.234f. 111 Wenn 1'1)'11 in Ps 93,5 auf die Rechtssatzung Gottes zu beziehen ist (s. z.B. KRAUS, Ps II, 819), dann ist die Rede von der Königsherrschaft Gottes schon hier mit dem Gedanken des Gottesrechts verknüpft. Diese Verbindung begegnet sodann in Ps 99 (s. V.1.4.7). 112 Mit Habicht, 2Makk, JSHRZ z.St.; CAMPONOVO, Königtum, 187. 113 V gl. CAMPONOVO, Königtum, 187f. Dagegen deuten SCHWEMER, Gott, 72f und SCHREIBER, Gesalbter, 87 die Aussage auf die Verletzung der Heiligkeit des Tempels durch Jason. 114 Nach Jub 50,9 ist der Sabbat "ein Tag des heiligen Königreiches für ganz Israel". CAMPONOVO, Königtum, 235 deutet dies so, dass Israel ,,[d]urch das Halten des Sabbats ... seinen Gott [bekennt] und ... sich so seiner Herrschaft [unterstellt]". Als Hintergrund dieser Bezeichnung des Sabbats dürfte freilich vor allem zu beachten sein, dass nach Jub 2,18 auch die Engel im Himmel Sabbat feiern. V gl. DOERING, Concept, 194: ,,[T]his expression refers to the special comrnunity between Israel and the heavenly world on this day: In celebrating the sabbath together with the higher angels ... Israel experiences the kingdom of God on this day". Siehe dazu ferner SCHWEMER, Gott, 54; SCHREIBER, Gesalbter, 91f. 115 v6f.Lo~ meint hier schwerlich, wie HÜBNER, SapSal, 83 postuliert, "das in den einzelnen Ländern geltenden [sic!] Gesetz", sondern entweder wie in 2,12; 16,6; 18,4.9 die Tora (so CAMPONOVO, Königtum, 371; SCHREIBER, Gesalbter, 93) oder wahrscheinlicher das - frühjüdisch materialiter als mit den ethischen Geboten der Tora identisch angesehene (s. dazu nur Philo, Opif 3; Abr 3-6.275f) - Naturgesetz (HEINISCH, SapSal, 112; WINSTON, SapSal, 153).
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
der Königsherrschaft Gottes sind sie an das Gesetz gebunden 116• Beachtung verdient schießlich auch die Verbindung von Sinaigesetzgebung und Königsherrschaft im Traum des Mose in der Exagoge des Tragikers Ezechiel (68-82) sowie die Verbindung von Gesetzgebung und Königtum des Mose bei Philo, VitMos H 3f (s. auch VitMos I 334; Praem 54f).
Im Makrotext gelesen bildet 16,19 das Pendant zum Weheruf in 23,13 117 , der in der matthäischen Komposition die Reihe der Weherufe eröffnet und damit besonderes Gewicht erhalten hat l18 : Die Schriftgelehrten und Pharisäer sind es, die - aufgrund ihrer falschen Lehrel\9, in der Gottes Wille durch Menschensatzungen verdeckt ist - das Himmelreich vor den Menschen verschließen und selbst nicht hineingehen werden. Diachron betrachtet dürfte näherhin davon auszugehen sein, dass 16,19 vom Evangelisten als Gegenstück zu 23,13 (vgl. Lk/Q 11,52) gebildet wurde l2o. Kehrt man von hier zum Winzergleichnis zurück, so liest sich die Antithese zwischen 16,19 und 23,13 wie ein Kommentar zu 21,43: Gott hatte die Autoritäten in Israel eingesetzt, um durch die rechte Lehre der Tora seine Herrschaft in Israel auszurichten l21 und dem Volk den Zugang zu ihr zu eröffnen 122. Die Autoritäten - als (vermeintliche) Repräsentanten der Königsherrschaft Gottes über Israel - aber verstehen den Willen Gottes, wie er in der Schrift zum Ausdruck kommt, niche 23 ; sie haben vielmehr versucht, ihre eigene Herrschaft aufzurichten, und die Gesandten Gottes daher missachtet. Mit der Tötung des Sohns dachten sie, Israel für immer in ihren Besitz zu bringen. Aber ihr törichtes Vorhaben scheitert; sie werden abgesetzt, die Königsherrschaft Gottes wird von ihnen genommen und den Jüngern des auferstandenen Sohns (VA2) anvertraut (VA3), die die Menschen mit dem Willen Gottes, wie Jesus ihn erschlossen hat, vertraut Vgl. CAMPONOVO, Königtum, 371; SCHREIBER, Gesalbter, 93. Vgl. GNILKA, Mt H, 56.65; Luz, Mt H, 453.455.465f; LUCK, Mt, 250; GUNDRY, Mt, 333; HOFFMANN, Petrus-Primat, 330; GARLAND, Intention, 161; SALDARINI, Community,49fu.a. 118 Die Anfangsstellung in der Reihe der Weherufe dürfte auf matthäischer Redaktion beruhen (vgl. Luz, Mt III, 319; Polag, Fragmenta Q, 56f; GIELEN, Konflikt, 344). Auch im Blick auf den Wortlaut dürfte Lk 11,52 der Q-Fassung näher stehen, d.h. Mt 23,13 verdankt sich im Wesentlichen matthäischer Redaktion (vgl. Luz, Mt III, 320; Polag, Fragmenta Q, 56f; GIELEN, Konflikt, 324f). Ein Konsens besteht in dieser Frage freilich nicht. 119 Zu Mt 23,2fs. Kap. 4.3.3, S. 243, Anm. 318. 120 Ebenso GNILKA, Mt H, 56. 121 Vgl. SALDARINI, Community, 62: "Kingdom should here be understood in its most central sense as reign and ruling power." 122 Zum Zusammenhang von Mt 21,43a mit 23,13 s. jetzt auch WILK, Jesus, 119. 123 Siehe die wiederholten Verweise auf die Schriftunkenntnis der Autoritäten in Mt 9,13; 12,3.5.7; 19,4; 21,16.42; 22,31. Siehe dazu KONRADT, Erfüllung, 143.146.151. 116
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4.1 Die Parabeltrilogie
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machen und sie so dem Himmelreich zuführen 124 . Die Gemeinde kommt hier also in ihrer missionarischen Aufgabe in den Blick 125 . Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Rede vom EuaYYEALOv rfji; ßaoLAloLa, (Mt 4,23, vgl. 9,35; 24,14) im Kontext wesentlich durch die Bergpredigt bestimmt ist. Überhaupt erhält die ßaa LAELa- Vorstellung im Matthäusevangelium einen spezifisch ethischen Akzent 126 . Die Plausibilität dieser Deutung innerhalb des Gesamtkontextes des Matthäusevangeliums lässt sich noch von einer anderen Seite her beleuchten. Nach 13,41 ist die Welt schon jetzt das Herrschaftsgebiet, die ßaaLAELa, des Menschensohns 127. Illustriert wird dies zum einen durch 26,64, zum anderen und vor allem aber durch 28,18b-20. Der zum Weltenherrn Erhöhte, der alle Macht im Himmel und auf Erden innehat, fUhrt sein Regiment dadurch, dass er die auf ihn - und das heißt fUr Matthäus wesentlich: auf seine Lehre - hörenden (Mt 17,5) Jünger aussendet, um die Menschen zu lehren, alles zu halten, was er ihnen geboten hat 128 • Die Petrus (16,19)und im weiteren Sinne der Gemeinde (vgl. 18,18) - übergebene Vollmacht hat nicht nur einen gemeindeinternen, sondern auch einen missionarischen Aspekt. Zieht man schließlich 10,7 hinzu, dann ist in der missionarischen Verkündigung der Jünger die Lehre der Gebote Jesu, deren Befolgung die Menschen in die Basileia hineingehen lässt (vgl. 5,20[-48]), mit der Ansage der Nähe der Basileia verbunden. Offen ist noch die Deutung der Partizipialphrase in 21,43. Bei bei den Varianten des Verständnisses von ~ ßaaLAELa "tou SEOU kann man das Bringen von Früchten der Basileia mit der opinio communis auf das Han124 Nach CARTERIHEIL, Parables, 163 verlieren die Autoritäten in 21,43 "their role as representatives or agents of and participants in God's reign"; die neuen Winzer "will take over the task of enabling the vineyard to produce the fruit which it was established to produce" (164, s. auch 160). 125 Ebenso CARTERIHEIL, Parables, 165, Anm. 40: "Their task is a mission one, which includes calling Israel to live faithfully to God's will as revealed by Jesus." 126 Siehe dazu Luz, ßO:aLAE(a, Sp. 488. 127 Zur Verbindung von Menschensohn und Königsattribut bei Matthäus s. noch 16,28; 25,31.34. Vgl. KARRER, Jesus Christus, 299. 128 Vgl. die Deutung des "Reiches des Menschensohns" in 13,41 durch Luz, Mt II, 341: "Es ist die Herrschaft des Erhöhten über Himmel und Erde, die er jetzt vor allem durch die Verkündigung und das Leben seiner Jünger sichtbar werden läßt (28,16-20!)". Zum Verständnis der Herrschaft des Erhöhten im oben dargelegten Sinne s. ferner THEISSEN, Davidssohn, 164: "Eine ganz neue Art von Weltherrschaft kündigt sich hier an, eine Weltherrschaft durch ethische Gebote" (s. auch BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 91). - Dass in Mt 13,41; 28,18 die Welt - und nicht wie im Winzergleichnis im Besonderen Israel - als Herrschaftsgebiet erscheint, lässt sich im Rahmen der theologischen Konzeption des ersten Evangelisten erklären und spricht jedenfalls nicht dagegen, 21,43 von dem in 13,41; 28,18b-20 gegebenen Sachzusammenhang her zu verstehen.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
deIn der Jünger beziehen 129 . Bei der zweiten Variante ergibt sich noch eine andere Möglichkeit. Geht es in V.43a um die Aufgabe der Gemeinde im Weinberg, kann man fragen, ob 1Towuvn TOU~ Kap1Tou~ aUTfj~ (= Tfj~ ßaad.ELa~) diese Thematik fortführt, also den missionarischen Dienst meint. Kap1T(5~ kann bei Paulus als Bezeichnung des Missionserfolges dienen I3 O. Auf dem Hintergrund von 9,38 bedeutet die Israelmission der Jünger (10,5ft) ihre Sendung EL~ TOV 9EPWIlOV aUTou (= TOU KUpLOU). In 21,34 spricht Matthäus auffallenderweise von TOU~ Kap1Tou~ au'Wu (= 'WU OLKOÖEa1TOTOU), nicht von denen des Weinbergs. Der Wechsel von TOU~ Kap1Tou~ 'WU OLKOÖEa1TOTOU zu 'Cfj~ ßaad.ELa~ hat eine Analogie in der Rede von den Söhnen Gottes (5,9) bzw. des Vaters im Himmel (5,45) und den Söhnen des Reiches (8,12; 13,38). Ist die Deutung von 21,43 als Wechsel der Schlüsselgewalt richtig, so kann man 1Towvvn TOU~ Kap1Tou~ Tfj~ ßaad.ELa~ als Kontrast zu dem direkt auf 23,13 folgenden Weheruf über den Proselytismus der Schriftgelehrten und Pharisäer (23,15: rrOLELrE aUTov ulov YEEVV1]~) lesen. 21,43 wäre dann im Ganzen ein treffender Kommentar zum Gleichnis: Die Jünger sind die neuen Weingärtner, die Früchte im Weinberg wirken und diese dem Herrn bringen, wie sie nach 9,37f seine Ernte einfahren. Mit anderen Worten: Mit ihrer Einsetzung als geistliche Führer des Volkes ist den Jüngern in dem Sinne die Herrschaft über Israel anvertraut, dass sie durch die rechte Verkündigung des Willens Gottes Jünger des Himmelreiches (13,52) gewinnen sollen. Gegen diese Deutung der Partizipialphrase spricht, dass "Früchte" bei Matthäus anderorts in ethischem Sinn verwendet wird l3l . Dass freilich nie von "Früchten der Basileia" die Rede ist, sagt demgegenüber nicht viel. Der Genitiv bezeichnet die Früchte hier als solche, die der Heilsverheißung bzw. dem Auftrag gemäß sind. Vor allem aber weist in V.41fin die Anspielung auf Ps 1,3 132 auf ein ethisches Verständnis der Früchte, das dann auch für V.43 zu geIten haben wird. Auch so verstanden passt die Partizipialphrase freilich ohne Weiteres zur eben vorgetragenen Deutung von ~ ßaad.Ela TOU 9EOU. Ihr der ßaod.ELa gemäßes Tun erweist die Qualifikation der Jünger für ihr Amt: Sie kennen den Willen des Königs, können ihn daher recht verkündigen, ja sie verkündigen nicht nur durch das Wort, sondern auch durch ihre "guten Werke" sind sie "Licht der Welt" (5,1416). Oder anders: Lehre und Tun müssen eine Einheit bilden J33 .
Zieht man zusammen, so ist als Aussage des Gleichnisses nach der im Voranstehenden entfalteten Deutungsmöglichkeit festzuhalten: Das Winzergleichnis nimmt die von den Autoritäten beanspruchte Führungsrolle als Ausgangspunkt auf, um dann zu demonstrieren, dass sie diese durch ihre in der Ablehnung Jesu kulminierende Opposition gegen die Boten Gottes verwirkt haben. Erzählt wird näherhin der Versuch, durch die Tötung Jesu Siehe exemplarisch TRILLING, Israel, 62. Röm 1,13; Phi I 1,22, vgl. Koll,6 (vgl. HAUCK, Kap1T6~, 618). Matthäus kann Menschen metaphorisch als Samen (13,18-23; 13,38) und als Fische (13,47t) bezeichnen. 131 1TOLEIV Kap1Tov analog zu 21,43 in 3,8, ferner 3,10; 7,16-20, vgl. auch 12,33; 13,8.26. 132 Siehe dazu GUNDRY, Mt, 428; Luz, Mt III, 224; DAVIES/ALLISON, Mt III, 184; CARTERIHEIL, Parables, 163; OLMSTEAD, Trilogy, 115 u.a. 133 Siehe dagegen die Polemik gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer in Mt 23,3. 129
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4.1 Die Parabeltrilogie
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ihre Stellung in Israel zu sichern, doch scheitert ihr Unterfangen, Jesus ,aus dem Weg zu räumen', daran, dass Gott seinen Sohn auferweckt und erhöht hat. V,43 expliziert die daraus für die Autoritäten folgende Konsequenz: Ihnen wird die Basileia verschlossen bleiben (23,13), und die ihnen vormals von Gott als König zugedachte Führungsaufgabe, seinen Willen in Israel auszurichten und Menschen seiner Königsherrschaft zuzuführen, geht auf die Jesusanhänger über, die - aufgrund des von Jesus verkündigten EuaYYEALOv ,fi<; ßaolAELa<; bzw. der vollmächtigen Toraauslegung Jesu - "Früchte der Basileia" bringen, die Menschen in rechter Weise zu unterweisen vermögen (28,20a)134 und ihnen so die von ihnen als nahe verkündigte Basileia erschließen. Das E8vo<; von 21,43 in dieser Weise zu bestimmen, passt im Übrigen gut zur Rolle, die im nachfolgenden Gleichnis den Knechten, unter denen dort Jesusboten zu verstehen sind 135 , zugewiesen wird: Sie rufen die Menschen zum königlichen Hochzeitsmahl, d.h. zum eschatologischen Festmahl im Himmelreich (vgl. 8,11). 3. Die dritte Verstehensmöglichkeit geht mit der vorigen darin zusammen, dass das Gleichnis gegen die Führungsschicht gerichtet ist, fasst aber "Weinberg" nicht als Chiffre fur Israel auf. Geht man von der eben angeführten Deutung von V,41fin aus, dann dient die Beauftragung der Winzer mit der Arbeit im Weinberg dazu, Gott "gute Werke" übergeben zu können. Von daher kann man erwägen, dass die Verpachtung des Weinbergs im Sinne eines (heilsanbietenden) Rufes zur Beschäftigung mit ,der Sache Gottes' zu verstehen ist. Die Sendungen kann man dann so verstehen, dass die Propheten und Jesus als von Gott autorisierte Verkündiger des Willens Gottes von der Führungsschicht in Israel die rechten Früchte einforderten: Sie hätte durch ihr toragemäßes Verhalten dem Volk ein Vorbild sein und dieses leiten müssen. So verstanden passt das Winzergleichnis gut zur Aussage über Johannes den Täufer in 21,32, dass er die Autoritäten auf den Weg der Gerechtigkeit wies. Und wie die voranstehende Perikope würde das Winzergleichnis die Autoritäten bei ihrem Selbstverständnis fassen und dieses destruieren: Die Autoritäten, die sich mit der Sache Gottes, allem voran in Gestalt der Tora, befasst sehen, haben in Wahrheit fortwährend gegen Gott rebelliert, d.h. sie haben sich mit ihren Taten als Feinde Gottes erwiesen. Daher wird Gott diesen vermeintlichen Frommen sein Heil entziehen und anderen eine Chance zur Bewährung geben. ~ ßaolAEla ,OU 8EOU wäre hier als das 134 Ähnlich LOHMEYER, Mt, 314: Die christliche Gemeinde "tritt das Erbe an, das bisher die Pächter eigensüchtig verwalteten; sie wird wie diese das übrige Volk leiten und so die Frucht schaffen, die jene verweigerten." 135 Siehe dazu unten Kap. 4.1.4, S. 211.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen aufJesu Wirken
Heilsgut zu verstehen, in dessen Besitz sich die Autoritäten wähnten; näherhin kann man dies wiederum darauf beziehen, dass den Autoritäten anvertraut war, das Volk den in der Tora niedergelegten Willen des Königs zu lehren. Mit einem Wort: Wie 21,28-32 würde das Winzergleichnis die Autoritäten in ihrem Frömmigkeits- und Heilsanspruch attackieren. Da das Gleichnis nach dieser wie nach der zweiten Hauptvariante gegen die Führungsschicht gerichtet ist, ist eine Entscheidung über die Deutung der Weinbergmetapher für die hier verfolgte Fragestellung nicht von entscheidender Bedeutung. Sie ist auch schwierig. Spricht V.41c für die Deutung von O:f.L1TEAWV im Sinne einer Beschäftigung mit ,der Sache Gottes', so passt das Motiv der Inbesitznahme des Weinbergs schlecht zu dieser Deutung, gut aber zum Verständnis des Weinbergs als Metapher für Israel. Angesprochen ist damit die schwierige Frage nach der Grenze der ,Allegorisierung,136. Für V.41c könnte man hier immerhin auf die korrespondierende Partizipialphrase in V.43 verweisen. In den Gesamtkontext des Evangeliums passen beide Varianten. Mit der nach der zweiten Deutung angesprochenen Problematik konkurrierender Führungsansprüche dürfte ein Hauptaspekt des situativen Hintergrunds des Matthäusevangeliums benannt sein; ferner ergibt sich ein guter Zusammenhang zur Vollmachtsfrage. Die dritte Hauptvariante passt hingegen gut zu den umstehenden Gleichnissen, in denen es um einen Angriff auf den Frömmigkeitsund Heilsanspruch der Autoritäten geht, ohne dass deren Führungsrolle thematisiert würde. Die Anspielung auf Jes 5,2 in V.33 bildet ein m.E. gewichtiges Argument für die zweite Hauptvariante 137 , und die sonstige Verwendung der Weinbergmetapher steht dieser zumindest nicht im Weg 138 • Folgt man dem Textsignal zu Beginn der Einheit, kann man ~ Vgl. dazu in Bezug auf das Winzergleichnis KLAUCK, Allegorie, 307f. Dies gälte auch dann, wenn V.39 auf die Tötung Jesu außerhalb der Mauem Jerusalems anspielen sollte (so z.B. HARRINGTON, Mt, 302; HAGNER, Mt II, 618.621; Luz, Mt III, 224; KLAUCK, Gleichnis, 129; LANGE, Erscheinen, 279; FELDMEIER, Heil, 13, Anm.29; OLMSTEAD, Trilogy, 113.154 und 239, Anm.95) und also die durch V.33 signalisierte Bedeutung der Metapher gewissermaßen überlagert würde. Sicher ist die erwähnte Anspielung aber nicht (s. SNODGRASS, Parable, 60f): Tötung "außerhalb" ist üblich (s. Lev 24,14.23; Num 15,35f; Dtn 17,5; lKön 21,10.13; Lk 4,29; Apg 7,58). 138 DAVIEs/ALLISON, Mt II1, 167 erwägen, dass "Weinberg" auch in 21,28 für Israel steht (s. ferner GIELEN, Konflikt, 226 und 216, Anm. 21; OLMSTEAD, Trilogy, 100.145, s. auch CARTERIHEIL, Parables, 157). Ausgeschlossen ist das nicht. Auch in 20,1-15 kann Israel gemeint sein (so z.B. CULBERTSON, Vineyard, 265), da es im Kontext um die jünger, d.h. um den Lohn ihrer Nachfolge geht (19,27-30), dabei in 19,28 direkt ihr Bezug auf Israel aufgenommen wird und überhaupt in 10,5f "Israel als Arbeitsgebiet der missionierenden Jünger genannt ist" (ERLEMANN, Bild, 101). In 20,1-15 und 21,28-32 ließe sich die Weinbergmetapher aber auch im Sinne der Beschäftigung mit der ,Sache Gottes' 136
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4.1 Die Parabeltrilogie
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ßocaLAEla tOU eEOU in V.43 funktional auf das ,Amt' der Winzer im Wein-
berg beziehen und den Aspekt der Zusage bzw. Vemeinung eschatologischen Heilsempfangs darin eingeschlossen sehen. Schwerlich zu bestreiten ist m.E. jedenfalls, dass das Gleichnis eine eindeutige Stoßrichtung gegen die Führungsriege hat. Die Erwählung Israels wird entweder vorausgesetzt und bestätigt (2. Hauptvariante) oder thematisch gar nicht berührt (3. Hauptvariante). 4.1.4 Das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (Mt 22,1-14) Fußt Mt 22,1-14 auf einem Q-Gleichnis, dessen lukanische Version in Lk 14,16-24 zu finden ist, legt sich die Annahme nahe, dass Matthäus das Gleichnis im Zuge seiner Einstellung in den Zusammenhang der von ihm geschaffenen Parabeltrilogie grundlegend überarbeitet hat. Aus dem Gastmahl ist ein Hochzeitsmahl geworden, das ein König für seinen Sohn veranstaltee 39 • Während in der lukanischen Fassung ein einzelner Knecht den Geladenen den Beginn des Mahles ansagt, wird bei Matthäus in wörtlicher Anlehnung an das Winzergleichnis 140 zweimal gleich eine Gruppe von Knechten ausgesandt. Die Verdoppelung der Sendung unterstreicht das nachhaltige, gütige Bemühen des Gastgebers l41 • Lässt Lukas die Geladenen sich mit verschiedenen - an sich durchaus nachvollziehbaren - Gründen entschuldigen 142, so verschärft Matthäus bereits bei der ersten Sendung die negative Zeichnung der Geladenen, indem er nur knapp auf ihren Unwillen verweist, zum Mahl zu kommen (Kai. OUK ~eEAOV UeElV)143. Da es bei Matthäus zudem um die Einladung eines Königs geht, erscheint dieser Unwille als Ausdruck anmaßender Eigen-
verstehen. Kurzum: Aus dem sonstigen Gebrauch der Weinbergmetapher im Matthäusevangelium lässt sich für die Deutung des Winzergleichnisses kein entscheidendes Argument gewinnen, denn der Kontext schließt keine der beiden verhandelten Optionen aus. 139 Zum redaktionellen Charakter von Mt 22,2 vgl. VÖGTLE, Gott, 48f; HOPPE, Gastmahlgleichnis, 282; GIELEN, Konflikt, 238-240; WEREN, Matthew 22,1-14, 665f.674. 140 UlTEOtELAEV toUe; 1i0UAOUe; autoG (22,3) stimmt wörtlich mit 21,34b überein, 1T!XALV UlTEOtELAEV tlHoue; 1i0UAOUe; (22,4) mit 21,36a. 141 Zur liebevollen Geduld des Gastgebers s. exemplarisch VÖGTLE, Gott, 50.52. 142 Dass Gäste trotz Zusage nicht zum Mahl erscheinen, ist nicht aus der Luft gegriffen (s. Plinius d.J., Ep I 15: "Was soll das heißen? Du sagst Dich zum Essen an und kommst nicht! ... "). 143 Darin matthäische Redaktion zu sehen, liegt schon deshalb nahe, weil dies die weitere Zuspitzung in 22,6 vorbereitet (vgl. VÖGTLE, Gott, 15.50). Zu Mt 22,5b.c s. unten S. 210 mit Anm. 147.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
mächtigkeit!44. Bei der zweiten Sendung werden dann sowohl die Einladung der Knechte!45 als auch die Reaktionen der Geladenen ausfiihrlicher dargestellt, wobei sich entferntere Berührungen mit der lukanischen Version zeigen 146. OL 61: &.IlEA~aaV"m; &.1T11A8ov in 22,5 variiert zunächst lediglich OUK ~8EAOV H8ELV in 22,3, doch lässt Matthäus, vermutlich im Gefolge von Q, dann noch eine differenziertere Reaktionsschilderung folgen. Dass sich der eine seinem Acker, der andere seinem Geschäft zuwendet, erinnert entfernt an die von den Geladenen in Lk 14,18f vorgetragenen Gründe, nur dass Matthäus den Eindruck vermittelt, die Geladenen gingen einfach ihren - aufschiebbaren - Alltagsgeschäften nach, während Lukas besondere Anlässe nennt l47 . Vor allem aber treibt Matthäus die Darstellung der anmaßenden Eigenmächtigkeit der Geladenen dadurch auf die Spitze, dass nach ihm die Übrigen die Knechte des Königs verhöhnen und töten (22,6). Bezieht sich der Zorn des Hausherrn in Lk 14,21 auf das Fernbleiben der Geladenen und deren Entschuldigungen und zieht er aus dem Geschehen die Konsequenz, dass er seinen Knecht die Armen und Verkrüppelten rufen lässt, so entbrennt der Zorn des Königs in Mt 22,7 ob der Tötung seiner Knechte, und sein Zorn entlädt sich darin, dass er seine Heere aussendet, um die Mörder umzubringen und ihre Stadt niederzubrennen, bevor er seine Knechte anweist, andere Gäste zu laden. Schildert das lukanische Gleichnis - an dieser Stelle die Grundausrichtung der Q- Vorlage offenbar bewahrend!48 - Desinteresse bzw. eine falsche Prioritätensetzung, so reflektiert die von Matthäus gestaltete Version einen massiven Konflikt. Dass der Sohn in Mt 22,2 wie in 21,37 Jesus selbst ist, liegt auf der Hand. Die Knechte dürften dann nicht wie zuvor die alttestamentlichen 144 Vgl. BAUCKHAM, Parable, 484: "To refuse the invitation is tantamount to rebellion. In refusing it, the invitees are deliberately treating the king' s authority with contempt." Vgl. auch Luz, Mt III, 240: "eine Unverschämtheit". 145 Dass Matthäus die Knechte nun in 22,4 die Gaumenfreuden anführen lässt, die die Gäste erwarten (ol 1:aUpOL J.lOU Kat 1:& OLn01:& 1:E9uJ.lEVa hat kein Pendant in der lukanisehen Fassung), unterstreicht noch das Bemühen des Königs um die Geladenen und damit zugleich deren Gleichgültigkeit. 146 Die Einladung der Knechte ist bei Matthäus (22,4) breiter entfaltet als in Lk 14,17, doch hat EPXE09E, ön ~ÖT] hOLJ.la Eonv (Lk 14,17) in lTavm ho Lj.la· ÖEU1:E El~ 1:0U~ yaj.lOUC; (Mt 22,4) ein Pendant. Zur Reaktion der Geladenen s. im Folgenden. 147 HOPPE, Gastmahlgleichnis, 286 weist diese der lukanischen Redaktion zu. Anders z.B. WEDER, Gleichnisse, 180f, Anm. 67; SÖDING, Gleichnis, 62; WEREN, Matthew 22,114, 668fund HAHN, Gleichnis, 54-56.64, nach dem Mt 22,5 "wie eine Zusammenfassung der bei Lukas vorliegenden Schilderung wirkt" (55). Möglicherweise ist die zu Lk analoge Nennung von Entschuldigungsgründen in EvThom 64 ein Indiz für ein älteres überlieferungsgeschichtliches Stadium, sofern EvThom 64 von Lk 14,16-24 nicht beeinflusst ist. 148 Vgl. exemplarisch VÖGTLE, Gott, 13-19.
4.1 Die Parabeltrilogie
211
Propheten sein, sondern die Jesusboten, die in ihrer Mission zur "Hochzeit des Sohns" einladen l49 . Die in dem Psalmwort in 21,42 angedeutete Auferweckung und Erhöhung Jesu ist hier vorausgesetzt. Die Anordnung der drei Gleichnisse der Parabeltrilogie macht damit chronologisch guten Sinn: Sie schildern nacheinander die Ablehnung Johannes des Täufers (21,2832), Jesu selber, worin der Widerstand, auf den schon die alttestamentlichen Propheten gestoßen sind, ihren Höhepunkt findet (21,33-46), und der Boten Jesu (22,1_14)150. Die ablehnende Haltung gegenüber den Gesandten Gottes wird damit als eine chronische dargestellt. Diesem Motiv dient auch die angesprochene Verdoppelung der Sendungen in Mt 22,3-6. Die in 22,7 geschilderte Strafaktion 151 nimmt zweifelsohne auf die Zerstörung Jerusalems Bezug l52 . In den zuerst Geladenen sehen zahlreiche Ausleger analog zur Interpretation des Winzer gleichnisses Israel repräsentiert, während V.8_10 153 auf die Sendung zu den Völkern bzw. die Einbeziehung 149 In diesem Sinne auch Luz, Mt III, 240; WALKER, Heilsgeschichte, 67.91-93; HAHN, Gleichnis, 79; KINGSBURY, Matthew: Structure, 72; MARGUERAT, Jugement, 336; KLAUCK, Allegorie, 312; KNOWLES, Jeremiah, 116; LAMBRECHT, Treasure, 136f; LUOMANEN, Kingdom, 174f; J.A. GIBBS, Jerusalem, 121; WILK, Jesus, 105; OLMSTEAD, Trilogy, 123; GARBE, Hirte, 85. Andere denken nur bei der zweiten Aussendung an die christlichen Missionare, während die erste auf die alttestamentlichen Propheten zu beziehen sei (so z.B. KLOSTERMANN, Mt, 174; LIMBECK, Mt, 246; HASLER, Hochzeit, 31; STECK, Israel, 301; WEISER, Knechtsgleichnisse, 66f; GlELEN, Konflikt, 244, Anm. 66). VÖGTLE, Gott, 57 hingegen postuliert, dass Matthäus in 22,6 auch, ja vor allem die Tötung Jesu im Blick habe (ähnlich DAVlEs/ALLISON, Mt III, 197, die erst in der dritten Sendung in 22,8-10 die Mission der Kirche repräsentiert sehen [ebenso auch GUNDRY, Mt, 437; CARTERIHEIL, Parables, 175]). Dagegen spricht, dass Jesus im Gleichnis bereits in der Gestalt des Sohns begegnet (V.2). - Zur Einstellung der Jesusboten in die Reihe der Propheten vgl. Mt 5,12 sowie 23,34. 150 Zur Abfolge Johannes - Jesus - Jünger in 21,28-22,14 vgl. WALKER, Heilsgeschichte, 92; OGAWA, L'histoire, 193 (= OGAWA, Paraboles, 144f); MARGUERAT, Jugement, 280f; OLMSTEAD, Trilogy, 164. 151 Die Erzähllogik des Gleichnisses wird dadurch offenkundig gestört. Wenn das Hochzeitsmahl bereitet ist, kann der König nicht zuerst seine Heere aussenden und die Stadt der Mörder niederbrennen, bevor er dann (,O,E, V.8) seine Knechte aussendet, um Ersatzgäste zu laden. Vgl. Luz, Mt III, 232.241f, ferner NOLLAND, Mt, 887 zu 22,7: "This particular development is being dealt with now without regard for chronological sequence in order to bring cJosure to a segment ofthe story." 152 Ebenso LIMBECK, Mt, 246f; DAVlEs/ALLISON, Mt I, 13lf; Mt III, 201; Luz, Mt III, 242; HAHN, Gleichnis, 80; KLAUCK, Allegorie, 312; ERLEMANN, Bild, 177; LAMPE, A.D.70, 165f; WENHAM, Parables, 135; VÖGTLE, Gott, 53f; GlELEN, Konflikt, 233.237; LUOMANEN, Kingdom, 174; OLMSTEAD, Trilogy, 120-122; WEAVER, Characters, 113 u.a. Anders aber SAND, Mt, 438; GUNDRY, Mt, 436f (im Hintergrund stehe Jes 5,24f); LUCK, Mt, 238; RENGSTORF, Stadt, bes. 125f; REICKE, Prophecies, 123. 153 Während Lukas nun zwei Sendungen schildert, in denen Menschen zunächst von den Gassen und Straßen der Stadt, dann von den Wegen (= Landstraßen?) und Zäunen
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
der Völker ausblicke 154• Liest man so, erscheint die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. als Wendepunkt von der Israel- zur Völkermission 155 . Das Gleichnis für sich genommen kann eine solche Deutung der Geladenen nicht begründen, weil der Text weder im Blick auf die zuerst noch im Blick auf die später Geladenen entsprechende Hinweise enthält. Auf der Bildebene liegt es, da es um das Hochzeitsmahl des Königssohns geht, nahe, unter den zuerst Geladenen die Notabeln des Reiches zu sehen 156 , während in V.9f das einfache Volk geladen wird. Da nun der König für Gott steht, bietet sich auf der ,Sachebene' eine analoge religiöse Qualifizierung an. Das Gegenüber von Notabeln und einfachem Volk auf das Gegenüber von Israel und den Völkern zu beziehen, ist dabei nur eine Option, und schwerlich die am nächsten liegende, denn näher beim Kontrast des Gleichnisses würde es bleiben, wenn man ihn auf das Gegenüber von religiöser Führungsschicht und (einfachem) Volk hin auflöst. Entscheidend freilich ist der Kontext, und im Licht der voranstehenden Ausführungen zu 21,28-32.33-46 liegt es nahe, auch 22,1-14 auf eine sich - zunächst einmal - innerhalb Israels vollziehende Differenzierung zu be-
gerufen werden (Lk 14,21 b-23), bietet Matthäus hier nur eine Sendung hL
,a~ ÖLE~OÖOU~
,wV böwv. Lukas dürfte hier verdoppelt haben (vgl. exemplarisch VÖGTLE, Gott, 20; SÖDING, Gleichnis, 62f). 154 So - mit Differenzen im Detail - FENTON, Mt, 347-349; SCHWEIZER, Mt, 275; SAND, Mt, 439; LIMBECK, Mt, 246f; HARE, Mt, 251 (s. auch HARE, Theme, 154 und HARE, Rejection, 39); HAGNER, Mt II, 629-631; Luz, Mt III, 241-244; LINNEMANN, Überlegungen, 254; STRECKER, Weg, 34; HAHN, Gleichnis, 79-82; WEISER, Knechtsgleichnisse, 67-69; KRETZER, Herrschaft, 173.176f; MEIER, Vision, 153; MARGUERAT, Jugement, 338f; WEDER, Gleichnisse, 191; BINDEMANN, Mahl, 22; DRURY, Parables, 97f; DSCHULNIGG, Gleichnisse, 105, Anm. 9; KATO, Evangelium, 8f; KINGSBURY, Rhetoric, 369; VÖGTLE, Gott, 58; H.-J. BECKER, Zerstörung, 61; GIELEN, Konflikt, 232.244; LAMBRECHT, Treasure, 133f; LUOMANEN, Kingdom, 175; J.A. GIBBS, Jerusalem, 68; üLMSTEAD, Trilogy, 124. GARBE, Hirte, 85 sieht in den zuerst Eingeladenen zwar "das Volk Israel", spitzt dies aber auf "die Generation Israels zur Zeit Jesu und zur Zeit der Mission in Israel vor der Zerstörung Jerusalems" (87) zu. - Zu mehr als vereinzelt laut gewordenen Gegenstimmen zur ,traditioneUen' Deutung s. die in Anm. 157 Genannten. 155 J.A. GIBBS, Jerusalem, 188-204 postuliert analog zu seiner Deutung von Mt 22,7.8-10 auch für Mt 24,29f.31 einen Bezug auf die Zerstörung Jerusalems (zu 24,29f in diesem Sinne bereits FEUILLET, Synthese, 343-356; GASTON, Stone, 483-485) und die nachfolgende Völkermission, doch kann im Blick auf 24,29-31 schwerlich bezweifelt werden, dass es hier um die Parusie Jesu geht (vgl. exemplarisch Luz, Mt III, 432-436). Ginge es in 24,31 um die Mission der Jünger, sammelten diese im Licht von 22,(8-)14 im Übrigen schwerlich die EKÄEK,OL (24,31), sondern die KÄTJ'OL. 156 In diesem Sinne auch BAUCKHAM, Parable, 484: "Those invited to such an occasi on are, naturaUy, the great men ofthe kingdom."
4.1 Die Parabeltrilogie
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ziehen 157. Der redaktionelle Überleitungsvers 22,1 weist das Gastmahlgleichnis als Antwort Jesu auf das Voranstehende aus (Kat arrOKpLedc; ... ), was sich kontextuell nur auf das in 21,46 erwähnte und also von Jesus erkannte (vgl. 9,4) Vorhaben beziehen kann 158. Der matthäische Jesus bekräftigt mit dem Gästmahlgleichnis, was er bereits zuvor als tatsächliches Verhalten der Autoritäten aufgewiesen und damit als Kritik an ihnen vorgebracht hat l59 . Die zuerst Geladenen stehen also wie zuvor der Ja-Sager, der den Willen des Vaters dann doch nicht ausführt, und die schlechten Winzer für die Autoritäten, für die Gesprächskontrahenten Jesu l60 . In 21,28-32 bilden sie in ihrem Ungehorsam das negative Gegenstück zu den reuigen Zöllnern und Prostituierten. In 21,33-46 erscheinen sie im Bilde der Winzer des Weinbergs als Autoritäten in Israel, denen nicht nur wie in 21,32 der Zugang zum Reich Gottes verwehrt bleibt, sondern die zugleich ihre führende Funktion in Israel an die verloren haben, die den Gottessohn bekennen und Früchte des Reiches bringen. In 22,1-10 schließlich stehen ihnen im Bild der Wegelagerer Menschen aus dem ,einfachen Volk' gegenüber, die sich von den Christusboten in die Gemeinde haben rufen lassen 161. Die ekklesiologische Perspektive ist dabei gegenüber 21,43 verändert. Nicht die Idealgestalt eines E8vot;, das Früchte der Basileia bringt, ist mehr 157 In diesem Sinne auch LOHMEYER, Mt, 322f; SCHMID, Mt, 311f; HARRINGTON, Mt, 308; FIEDLER, Mt, 334; MUSSNER, Winzer, 134; LEVINE, Dimensions, 212f; SALDARINI, Community, 63f; LOHMEYER, Aposte1begriff, 382; OVERMAN, Parables, 434f; CARTERI HEIL, Parables, 172-175; REpSCHINSKI, Stories, 42f, s. auch WEREN, Matthew 22,1-14, 678, Anm.47 sowie BAUCKHAM, Parable, 488 ("more plausibly"). Vgl. noch unten S. 214, Anm. 163. 158 Vgl. GUNDRY, Mt, 432. - Der Zusammenhang mit dem Voranstehenden wird noch durch mXAw unterstrichen. 159 Es liegt dabei ganz im Gefal1e des durch 21 ,45f erreichten Stadiums der Auseinandersetzung, dass die dialogische Struktur der ersten beiden Gleichnisse im dritten Gleichnis dem Monolog Jesu weicht. Nachdem die Autoritäten durch Jesu Kommentar in 21,42-44 erkannt haben, dass die Gleichnisse auf sie gemünzt waren, werden sie sich nicht noch einmal selbst das Urteil sprechen. 160 Vgl. neben den oben Anm. 157 Genannten noch GUNDRY, Mt, 432.437; NOLLAND, Mt, 889; REPSCHINSKI, Stories, 318; YIEH, Teacher, 55. - Auch nach WILK, Jesus, 124.130 geht es hier nicht um eine Ablösung der Israel- durch die Völkermission, doch vertritt WILK eine al1ein geographisch orientierte Interpretation: Es gehe um die Verlagerung der Missionstätigkeit von Jerusalem "in die Grenzgebiete Palästinas und in die Diaspora" (124). Man kann dies freilich nicht in ein chronologisches Schema pressen (zu diesem Problem s. noch unten S. 215), denn Ausgangspunkt der Israelmission ist nicht Jerusalem, sondern nach 10,6 Galiläa. 161 V gl. NOLLAND, Mt, 889f: "In view is the generous reach in the inclusion of the tax col1ectors and the prostitutes touched by John the Baptist's ministry (21 :31-32) and the tax col1ectors and sinners touched by Jesus' ministry (9:10-13)."
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
im Blick, sondern nun liegt der Akzent darauf, dass Gute und Böse eingeladen sind. Oder anders: Legt man die vorgetragene Deutung von 21,43 zugrunde, dass es dort um die Führungsrolle in Israel geht, kann man das E8voc;; in 22,2ff in den ausgesandten Knechten wiederkehren sehen. Denn sind diese als die Boten Jesu zu dechiffrieren, dann handelt es sich hier um die missionierenden Jesusnachfolger, denen die Schlüsselgewalt anvertraut ist und die die Menschen lehren sollen, alles zu halten, was Jesus geboten hat. Sie stoßen jedoch bei den ,alten' Autoritäten auf Gleichgültigkeit, ja auf gewaltsamen Widerstand 162 (vgl. 23,34), während sich das einfache Volk, wie dies ähnlich schon bei Jesus selbst war, ansprechen lässt 163 • Die "Tische" werden dabei "alle voll" (22,lOfin). So verstanden ist das Gleichnis gerade nicht Ausdruck einer völlig gescheiterten Israelmission. Die von Matthäus in 22,11-14 angehängten Verse machen dabei deutlich, dass tatsächlich nicht nur "Gute" in der Gemeinde zu finden sind. Die Gemeinde erscheint hier, wie vielfach vermerkt wurde, als ein corpus mixtum 164 • Dass 162 22,7_10 könnte dann einen Kommunikationsabbruch signalisieren: Die Zerstörung Jerusalems wird als Strafe für das Verhalten der Autoritäten gedeutet, die ,Mission' wendet sich nun von ihnen ab. Dem korrespondiert, dass das Verhältnis zur Synagoge im Matthäusevangelium als äußerst konflikthaft und zugleich in der Rede von "ihren/euren Synagogen" (Mt 4,23; 9,35; 10,17; [12,9; l3,54]; 23,34) als distanziert erscheint. Darf man das Gleichnis entsprechend ,pressen', ist gleichwohl zwischen der Auseinandersetzung mit den Autoritäten und dem Unterfangen, die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" zu sammeln, zu differenzieren. Anders gesagt: Ein etwaiger Kommunikationsabbruch mit den Autoritäten tangiert nicht die Aufgabe dem Volk gegenüber. 163 Matthäus dürfte damit die ursprüngliche Stoßrichtung des Gleichnisses bewahrt haben (vgl. SCHWEIZER, Mt, 275; JEREMIAS, Gleichnisse, 61.179; WEISER, Knechtsgleichnisse, 64, s. auch SCHULZ, Q, 400f; DSCHULNIGG, Gleichnisse, 254). Geht das Gleichnis auf Jesus zurück, kann man in denen, die sich "von den Straßen" holen lassen und zum Mahl kommen, Jesu eigene Tischgemeinschaft mit Zöllnern und Sündern (Q 7,34; Mk 2,15-17; Lk 19,5-7) reflektiert sehen (in diesem Sinne HAHN, Gleichnis, 69t). Andere Ausleger sehen in dem Gleichnis dagegen von Anfang an das Versagen Israels und den Gang zu den ,Heiden' thematisiert (s. z. B. VÖGTLE, Gott, 28f; kritisch zu beiden Thesen SÖDING, Gleichnis, 78t). Eine weitere Option besteht darin, die beiden Gruppen der Eingeladenen rein sozioökonomisch zu definieren und in dem Gleichnis das Gegenüber von Reichen und Armen dargestellt zu sehen (s. v.a. SCHOTTROFF, Gleichnis, 198-201 [kritisch dazu VÖGTLE, Gott, 68-71], ferner WEREN, Matthew 22,1-14, 668.671.673). Dazu kann man darauf verweisen, dass an den Kreuzungen Bettler stehen (s. Lukian, Nec 17). Falls in dem ursprünglichen Jesusgleichnis eine soziale Differenzierung anvisiert war, so sind die sozialen Kategorien gleichwohl im matthäischen Kontext religiös transformiert: Das Gegenüber bilden die Hohenpriester und Pharisäer, oder kurz: die Autoritäten. 164 Vgl. GUNDRY, Mt, 438; Luz, Mt 111, 245; BARTH, Gesetzesverständnis, 55; HASLER, Hochzeit, 29; C.W.F. SMITH, State, 156-158; HAHN, Gleichnis, 81; WEDER, Gleichnisse, 191; BINDEMANN, Mahl, 23; CARLSTON, Christology, 1295; VÖGTLE, Gott, 58; LAMBRECHT, Treasure, 135f u.a. Anders LUOMANEN, Kingdom, 175f.178 (s. auch
4.1 Die Parabeltrilogie
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zu den in 22,9f Geladenen auch Menschen aus den Völkern gehören können und also auch sie die Tische füllen, ist angesichts von 28,19 nicht zu verneinen, aber hier nicht betont l65 . Der Kontrast läuft hier zunächst einmal analog zu dem in 21,28-32 166 • Dem steht zur Seite, dass das Gleichnis in verschiedener Hinsicht mit anderen Aussagen des Evangeliums konfligierte, deutete man die Aufeinanderfolge der Aussendungen der Knechte in 22,3f und 22,9f im Sinne einer Ablösung der Israel- durch die Heidenmission nach 70 n.Chr. (22,7). Denn zum einen gibt Mt 10, wie gesehen, keinen Abbruch der Israelmission zu erkennen, sondern verweist auf die Parallelität von Israel- und Völkermission l67 . Zum anderen lässt Mt 28,18-20 die Völkermission programmatisch mit Ostern beginnen 168; mit dem Heilstod und der Erhöhung des Gottessohns sind, wie noch im Einzelnen darzulegen sein wird, die Voraussetzungen für die universale Sendung der Jünger gegeben. Nun stört 22,7 offenkundig die Erzähllogik des Gleichnisses selber l69 , sofern man eine chronologische Stimmigkeit erwartet. Dies lässt sich aber schwerlich als Argument aufnehmen, dass man den sich durch die in Frage stehende Deutung ergebenden chronologischen Unstimmigkeiten keine Bedeutung beimessen dürfe. Die Israel-Völker-Thematik steht zweifelsohne im Zentrum der matthäischen Aufmerksamkeit. Wollte der Evangelist in 22,1-10 die Ablösung der Israel- durch die Völkermission schildern, sollte man doch erwarten, dass sich das Gleichnis kohärent in die weiteren Aussagen des Evangeliums einbinden lässt. Eher ist der angesprochene Befund als ein Hinweis darauf zu werten, dass es in dem Gleichnis überhaupt nicht um verschiedene (heils geschichtliche ) Phasen geht, wie auch in 21,28-32 die Reihenfolge der Söhne keine heilsgeschichtliche Relevanz besitzt 170. Die Aufeinanderfolge der Einladungen lässt sich ohne Weiteres LUOMANEN, Corpus Mixtum, 474f). Für eine kritische Auseinandersetzung mit Luomanen s. GUNDRY, Defense. 165 Ähnlich CARTERIHEIL, Parables, 175. 166 Analogie meint nicht Identität, d.h. bei den in 22,9f Geladenen sind die Zöllner und Prostituierten von 21,31f einzuschließen (vgl. WENHAM, Parables, 135), aber die Geladenen sind nicht darauf einzugrenzen. 167 Siehe oben Kap. 2.3, S. 86-93. 168 Dagegen stellt GASTON, Stone, 485f auch Mt 28,16-20 in den Kontext des Jahres 70 (zu Gastons Deutung von Mt 24,29f s. oben S. 212, Anm. 155) und findet hier das in Mt 10,23 angekündigte Kommen des Menschensohns geschildert. Schon die Erwähnung der elf Jünger in Mt 28,16 hätte ihn von dieser mehr als gewagten Konstruktion abhalten müssen (der Zebedaide Jakobus ist bereits unter Agrippa 1. hingerichtet worden [Apg 12,1f], und auch Petrus dürfte das Jahr 70 nicht erlebt haben, sondern Opfer des Pogroms unter Nero geworden sein [so z.B. BÖTTRICH, Petrus, 217-220]). 169 Siehe oben S. 211, Anm. 151. 170 In diesem Sinne auch SCHMlD, Mt, 312.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
als erzählerisches Mittel verstehen, das dazu dient, an das Selbstverständnis der Autoritäten anzuknüpfen, als die theologisch Gebildeten und nach eigener Einschätzung Gerechten vor Gott privilegiert zu sein I71 , um dieses dann mit ihrer tatsächlichen Situation coram Deo angesichts ihres Verhaltens den "Knechten" Gottes gegenüber zu kontrastieren 172 : Ihr Verhalten erweist ihre tatsächliche Gottesferne und sie selbst als unwürdig. Eine chronologische Strukturierung ergibt sich allein aus der Anordnung der drei Gleichnisse, in denen die Reaktionen der Autoritäten auf Johannes, auf Jesus und auf seine Jünger aufeinander folgen 173 . Der Deutung der zuerst Geladenen allein auf die Autoritäten steht der Bezug auf die Zerstörung Jerusalems in 22,7 nicht im Weg; er bestätigt sie vielmehr. Denn das Strafgericht wird eben an Jerusalem vollzogen, wie dies bereits bei der Exegese des Blutrufs in 27,25 deutlich wurde 174, und Jerusalem repräsentiert im Matthäusevangelium, wie deutlich aus 21,9-11 hervorgeht, nicht Israel 175 • Entsprechend ist die Zerstörung J erusalems im matthäischen Sinn nicht als Strafgericht an ganz Israel oder gar als Zeichen der Verwerfung Israels zu verstehen 176 • Auch die Sequenz in 23,32-39 fügt sich der matthäischen Fokussierung auf die Autoritäten und Jerusalem nahtlos ein 177; sie bildet mit der Aufeinanderfolge von Gerichtswort an die Autoritäten, hier konkret an die Schriftgelehrten und Pharisäer (V.32-36), und an Jerusalem (V.37-39) eine direkte Analogie zu 22,2-7, wenn die zuerst Geladenen für die Autoritäten stehen und 22,7 auf das Strafgericht an diesen im Zusammenhang der Zerstörung Jerusalems zu beziehen ist. Zu beachten ist hier überdies, dass 22,2-7 zwischen den Unwilligen (22,3.5) und denen, die gewaltsam gegen die "Knechte" vorgehen (22,6), differenziert. Die Strafaktion des Königs betrifft die zweite Gruppe 178. 171 Vgl. zum - unterstellten - Erwählungsbewusstsein der Autoritäten dessen polemische Negation in Mt 15,13 (s. dazu oben Kap. 3.1.2.3, S. 128). 172 Fasst man die Fokussierung der Ersteinladung auf die Autoritäten als ein erzählerisches Mittel in besagtem Sinne, sticht das Argument, dass Jesus sich dem ganzen Volk bzw. von Anfang an besonders den Marginalisierten zugewandt habe (s. z.B. VÖOTLE, Gott, 27: "Jesus hat doch nicht damit begonnen, zuerst den Musterfrommen und nur diesen das Heil der Gottesherrschaft anzubieten"), nicht. 173 Siehe dazu oben S. 211 mit Anm. 150. 174 Siehe dazu oben Kap. 3.2, S. 177-178. l75 Vgl. Kap. 3.1.2.1, S. 113. 176 VgI. KONRADT, Deutung, 209-211, ferner DÖPp, Deutung, 24. Anders z.B. LANGE, Erscheinen, 279; GARLAND, Intention, 210; J.A. GIBBS, Jerusalem, 124; PAUL, Texte, 311. 177 Siehe dazu unten Kap. 4.3.3. 178 Die Erzähllogik wird, wie angesprochen, durch die Einfügung von V.6f gestört (s. oben S. 211, Anm. 151). Dieser Befund würde sich als noch problematischer darstellen, wenn man Gastgeber und Gäste in ein und derselben Stadt lokalisiert, wie dies im ur-
4.1 Die Parabeltrilogie
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Auch dies verweist darauf, dass Matthäus die Zerstörung Jerusalems nicht generalisierend als Gericht über Israel versteht, schon gar nicht als ein Gericht, das ganz Israel im Sinne einer Verwerfung als Gottesvolk betrifft. Vielmehr deutet Matthäus den Niedergang Jerusalems als ein innergeschichtliches Gerichtshandeln Gottes gegen die, die sich (gewaltsam) gegen Jesus und seine Boten gestellt haben, und dies dient ihm als Illustration, dass die Gegner Jesu Gott nicht auf ihrer Seite haben, und damit, textpragmatisch betrachtet, als Warnung, sich nicht auf die falsche Seite zu begeben. Sprach 21,41 davon, dass der Weinbergbesitzer die "Bösen böse vernichten wird", so führt 22,7 aus, wie dies geschieht 179 . Hier wie dort sind die Autoritäten (samt Jerusalem) im Blick. sprünglichen Gleichnis der Fall ist. Denn dann stellt sich die Frage, "wo denn nun das Hochzeitsfest des Königssohns eigentlich stattfinden soll. Etwa in den rauchenden Ruinen?" (Luz, Mt III, 242, vgl. VÖGTLE, Gott, 57). Freilich ist eine solche Lesart keineswegs zwingend (vgl. BAUCKHAM, Parable, 484: "This is an assumption inappropriately imported from the Lukan parable"). Der König sendet bezeichnenderweise nicht - wie bei Lukas (14,17) - einen, sondern mehrere Knechte aus. Es ist also durchaus möglich, dass Matthäus hier an die Aussendung in eine Vielzahl von Städten denkt, wie dies der Israelmission entspricht. V.6f lenkte dann das Augenmerk speziell auf das Verhalten gegenüber den Boten in Jerusalem. Historisch lässt sich hier immerhin auf die Steinigung des Stephanus (Apg 7,54-60), die Tötung des Zebedaiden Jakobus (Apg 12,11) und die Hinrichtung des Herrenbruders Jakobus (Josephus, Ant XX 200-202) verweisen (auch wenn hier nach Josephus gerade die Pharisäer protestiert haben, sofern unter denen, die die Gesetze akribisch beachteten [Ant XX 201], die Pharisäer zu verstehen sind [so dazu HENGEL, Jakobus, 73; WARD, James, 785 u.a., S. aber die Differenzierung bei C.C. HILL, Hellenists, 190]). 179 Zum Zusammenhang von 21,41 und 22,7 s. Luz, Mt III, 224.242.249; VAN TrLBORG, Leaders, 49; LANGE, Erscheinen, 279f; KLAUCK, Allegorie, 312; GIELEN, Konflikt, 243; üLMSTEAD, Trilogy, 114.154 u.a. - Ist schon in 21,41 die Zerstörung Jerusalems im Blick, verdient Beachtung, dass in der Auslegungstradition von Jes 5,1-7, wie sie durch das Jesaja-Targum und tMeilah 1,16; tSukkot 3,15 bezeugt wird, der Turm (Jes 5,2) auf den Jerusalemer Tempel bezogen und damit das Weinberglied als Weissagung von dessen Zerstörung gedeutet werden konnte (s. dazu EVANS, Vineyard, 83; WEREN, Use, 14). Da die Gleichung Turm = Tempel bereits in IHen 89,50.54.56.67.73 (s. NICKELS BURG, 1 Enoch I, 384) belegt ist (s. ferner Barn 16,5), ist eine vormatthäische Entstehung dieser Auslegungstradition, in der ferner die Kelter auf den Altar bezogen ist, möglich, wenn nicht wahrscheinlich (wenn in 4Q500 1 Jes 5 Pate steht [so BAUMGARTEN, 4Q500, If; BROOKE, 4Q500 1, 268-272; EVANS, Jesus, 400, S. auch WEREN, Use, 15t], wäre dies ein weiteres Indiz, doch muss dies aufgrund des fragmentarischen Zustands des Textes m.E. hypothetisch, wenn nicht spekulativ bleiben), so dass besagte Auslegungstradition Mt 21,41 inspiriert haben könnte (einwenden kann man, dass die Reihenfolge von Graben der Kelter und Errichtung des Turms einem Bezug auf Tempel und Altar widerrät, vgl. oben S. 189, Anm. 42). So oder so bleibt aber zu beachten, dass das synoptische Gleichnis durch die Einführung der Winzer (im Unterschied zum Weinberg) als Hauptakteure eine eigenständige Ausrichtung erhalten hat.
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Stellt das Winzergleichnis dar, dass das Vorgehen der Autoritäten gegen Jesus nicht zur Realisierung ihres Ziels, den Weinberg selbst in Besitz zu nehmen, sondern zu ihrem Ruin führt, so zeigt 22,1-10, dass das von den Autoritäten demonstrierte Desinteresse an der "Einladung" der Jesusboten bzw. ihr gewaltsames Vorgehen gegen diese sie selbst vom Heil, vom eschatologischen Festmahl, ausschließt und in den Untergang fUhrt, ihr Verhalten zugleich aber nichts daran ändert, dass das Mahl stattfinden wird: Die Tische werden voll. Kurzum: Wie die beiden vorangehenden Gleichnisse enthält das Gastmahlgleichnis eine scharfe Abrechnung mit den Autoritäten und führt zugleich aus, dass ihr Widerstand ins Leere läuft, weil sie sich mit ihrer Opposition gegen Johannes (21,28-32), Jesus (21,33-46) und die Jesusjünger (22,1-10) gegen Gott selbst richten. Von Israel ist in der Parabeltrilogie (nur) insofern die Rede, als das Winzergleichnis die Einsetzung neuer "Winzer" im "Weinberg" Israel ankündigt.
4.2 "Viele von Osten und Westen" und "die Söhne des Reiches" (Mt 8,110 Als ein weiterer Hauptbeleg für die These der Verwerfung Israels dient das Doppellogion Mt 8,11 f. Vorausgesetzt ist dabei, dass der Gegensatz der zum eschatologischen Festmahl hinzuströmenden "Vielen" und der "Söhne des Reiches" auf eine Entgegensetzung von zum Heil kommenden ,Heiden' und verworfenen Juden hin aufzulösen ist l8o : V.ll nehme das Motiv der Völkerwallfahrt auf, kehre es aber in sein Gegenteil, da das Hinzuströmen der ,Heiden' hier nicht der Verherrlichung Israels diene, sondern die ,Heiden' "als eine Art ,Ersatz' die Plätze beim Vätermahl ein[nehmen], die für die Juden bestimmt waren,,181. Verschiedene Beobachtungen lassen diese Deutung jedoch als fraglich erscheinen. 180 Siehe SAND, Mt, 179; GNILKA, Mt I, 303f; Luz, Mt 11, 13f.15f; HAGNER, Mt I, 205f; GUNDRY, Mt, 145f; KEENER, Mt, 268-270; BRANDON, Fall, 228.230; HELD, Wundergeschichten, 185; PUNGE, Endgeschehen, 119-122; HUMMEL, Auseinandersetzung, 146-148; TRILLlNG, Israel, 88-90; DUPONT, Beaucoup, 153.155; WALKER, Heilsgeschichte, 49.90; STRECKER, Weg, 99-101; KRETZER, Herrschaft, 86; LEGASSE, Antijudaisme, 420; ZELLER, Logion, 87f; FRANCE, Exegesis, 261-263; FRANKEMÖLLE, JahweBund, 111-114; STANTON, Gospel, 151; WOSCHITZ, Glaube, 320f, Anm.5 und 328; FLUSSER, Beispiele, 81-84; MARGUERAT, Jugement, 243.248-254; J.J. SCOTT, Gentiles, 166; KYNES, Christology, 137; TISERA, Universalism, 122; E.C. PARK, Discourse, 18lf; OLMSTEAD, Trilogy, 77f. Anders aber DAVIES/ALLISON, Mt 11, 27f; FIEDLER, Mt, 204f (vgl. FIEDLER, Israel, 64f); TAGAWA, People, 160f; LEVINE, Dimensions, 124-130; BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 74f, s. auch REpSCHINSKI, Stories, 40. 181 ZELLER, Logion, 87.
4.2 " Viele von Osten und Westen" und" die Söhne des Reiches" (Mt 8,11j)
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Ein weitreichender Konsens besteht darin, dass die Verse sekundär vom Evangelisten in die Hauptmannperikope eingefügt wurden 182 • Strittig ist, ob ihre Stellung in Lk 13,28f ursprünglich ist, und vor allem, ob die unterschiedliche Abfolge seiner einzelnen Elemente auf lukanische oder matthäische Redaktion zurückgehe 83. Letztere Annahme verdient m.E. den Vorrang. Lk 13,24-30 ist eine in sich stimmige Komposition aus Q-Logien l84. V.25-27 entfaltet das Motiv aus V.24, dass viele nicht durch die enge Tür gelangen. V.28 benennt die Reaktion der Ausgeschlossenen. Dass sie anders als in der matthäischen Fassung die Stammväter und Propheten im Reich Gottes sehen, passt zur Vorstellung von V.25, dass sie an die ,Himmelspforte' anklopfen. Und dass sie in V.29 durch Menschen kontrastiert werden, die aus der Ferne kommen, macht im Kontext von V.24ff insofern guten Sinn, als es sich bei den Ausgeschlossenen nach V.26 um Menschen handelt, denen Jesus begegnet war. Nun lässt die anderorts zu beobachtende Quellenbehandlung von Matthäus und Lukas erwarten, dass Lukas die Komposition als Block bereits aus Q übernommen hat. Matthäus dekomponiert auch an anderen Stellen Spruchkompositionen aus Q185. Die Annahme, dass dies auch hier der Fall ist, wird dadurch unterstützt, dass die Logien aus Q 13,24-30 bei Matthäus zwar zerstreut, aber in derselben Reihenfolge begegnen (Mt 7,13f.22f; 8,11f)186. Haben aber Matthäus und Lukas Q 13,28f an der bei Lukas erhaltenen Stelle vorgefunden, dürfte die lukanische Abfolge ursprünglich sein, denn die Verse fügen sich, wie gezeigt, nahtlos in den Kontext ein, während sich die matthäische Abfolge zwanglos durch die sekundäre Einfügung der Verse in die Hauptmannperikope erklärt 187 • Damit liegt zugleich nahe, dass die 2. Ps. Plural in Lk 13,28 gegenüber den "Söhnen des Reiches" in Mt 8,12 ursprünglich ist l88 . Auch in Mt 13,38 geht die Wendung "Söhne des Reiches" aufmatthäische Redaktion zurück l89 .
182 Siehe SAND, Mt, 178; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 26; Luz, Mt II, 13; HARRINGTON, Mt, 116; LUCK, Mt, 107; HAGNER, Mt 1,202; DUPONT, Beaucoup, 154f; ZUMSTEIN, Condition, 366; MARGUERAT, Jugement, 243f; DAUER, Johannes, 84f; WEGNER, Hauptmann, 3-5; GAGNON, Shape, 138; LANDIS, Verhältnis, 13f; BIRD, East, 443. Anders aber SCHWEIZER, Mt, 137. 183 Für die Ursprünglichkeit der matthäischen Abfolge s. GNILKA, Mt I, 300; Luz, Mt II, 13; NOLLAND, Mt, 353; DUPONT, Beaucoup, 155f; HOFFMANN, IIuV"tE<; EPYU"L"IXL aliLK(IX<;, 207f; ZELLER, Logion, 223f; CHILTON, God, 187f; BIRD, East, 445. Für eine Umstellung durch Matthäus hingegen DAVIES/ALLISON, Mt II, 26; TRILLlNG, Israel, 88; KRETZER, Herrschaft, 85; BORING, Reconstruction, 9f; GUNDRY, Mt, 145. 184 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 26; BORING, Reconstruction, 9. 185 Siehe z.B. Lk 6,27-45 = Mt 5,39-48* (mit Umstellungen); 7,12.1f; 15,14; 10,24f; 7,3-5; 7,16-20*; 12,34f; Lk 16,16-18 = Mt 11,12f; 5,18.32; Lk 17,1-4.[6] = Mt 18,6f.15.21f; [17,20]. 186 Beachtenswert ist hier ferner, dass von Mt 7,13 an keine anderen Q-Logien außerhalb von Q 13,24-30 die in Mt 7,15 weitergeführte Q-Akolouthie der Feldpredigt unterbrechen. Die Hauptmannperikope folgt in Q auf die Feldpredigt. Matthäus hat lediglich in 8,1-4 aus Mk 1,40-45 die Perikope von der Heilung des Aussätzigen zwischengeschaltet. 187 Vgl. dazu im Einzelnen DAVIEs/ALLISON, Mt 11,26. 188 Ebenso z.B. TRILLlNG, Israel, 88; BORING, Reconstruction, (12-)14 (mit Dokumentation der Diskussion); CHILTON, God, 19lf.196, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 30f. Anders Luz, Mt II, 13; HOFFMANN, IIuV"L"E<; EPYU"L"IXL aliLdlX<;, 208. - Ähnliche Kon-
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Betrachtet man die in Frage stehenden Verse zunächst im Kontext von Q, so ist hier von einem Kontrast zwischen Israel und Heidenwelt mit keinem Wort die Rede. Zwar handelt es sich bei den Ausgeschlossenen zweifelsohne um Juden, aber 13,29 spielt entgegen der üblichen Auslegung mitnichten auf die Völkerwallfahrt zum Zion 190 an. An keinem der Belege für diese Tradition begegnet wie in Q 13,29 eine Nennung der Himmelsrichtungen, während dies, wie Allison 191 gezeigt hat, in Texten, die von der Sammlung der Exilierten sprechen, breit belegt ist 192 • Von daher liest sich der Kontrast in Q 13,28f als ein innerjüdischer: Dem Heilsausschluss palästinischer Juden, bei denen die persönliche Begegnung mit Jesus (Lk 13,26) nicht gefruchtet hat, wird das eschatologische Heil von Diasporajuden gegenübergestellt l93 • Erst indem Matthäus die Verse disloziert und in den Kontext der Hauptmannperikope eingefügt hat, hat er die rein innerjüdische Ausrichtung des Kontrastes aus Q aufgebrochen, doch folgt aus der Anbindung von V.11f an V.I0, wo Jesus dem Hauptmann einen Glauben attestiert, den er so in Israel nicht angetroffen hat, keineswegs, dass Matthäus den in Q 13,28f gezeichneten Kontrast durch eine Entgegensetzung von ,Heiden' und Juden ersetzt. Jesus bescheinigt den seine anfängliche Zurückweisung überwindenden großen Glauben des Hauptmanns in V.I0 nicht diesem, sondern 'toLe; &:KOAou8ouOLV gegenüber. Im Kontext ist damit auf 4,25; 8,1 zurückverwiesen, wonach OXAOL lTOA.A.OL aus ganz Israel 194 von Jesu Wirken in Wort und Tat (4,23f) angezogen wurden und ihm ,,(nach)folgten" (4,25), dann als weiterer Zuhörerkreis der Bergpredigt von Jesu Lehre angetan waren und Jesu Vollmacht erkannten (7,28f), so dass sie dem vom Berg herabsteigenden Jesus weiterhin "nachfolgten" (8,1). In der matthäischen struktionen mit utoe; sind bei Matthäus geläufig (s. die Belege unten Kap. 4.3.3, S. 246, Anm. 332). - Auf Lukas geht hingegen die Hinzufügung von Kal navtae; tobe; npO(p~tae; in Lk 13,28 (vgl. Lk 11,50; 24,27; Apg 3,18.24; 10,43) und wohl auch von Kal ano poppii Kal votOU in Lk 13,29 zurück (vgl. DAVIES/ALLISON, Mt H, 26; JEREMIAS, Sprache, 233, anders GUNDRY, Mt, 145; NOLLAND, Mt, 357). 189 Siehe nur Luz, Mt H, 338 mit Anm. 11. 190 Zur Traditionsgeschichte s. JEREMIAS, Verheißung, 49-53; ZELLER, Logion, 225237. 191 ALLISON, Observations, 160ff, s. auch DAVIESIALLISON, Mt H, 27; FIEDLER, Mt, 204; THEISSEN, Lokalkolorit, 48; BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 74. 192 Jes 43,5f (schon von GRIMM, Hintergrund als Bezugstext vorgeschlagen); Sach 8,7; IBar 4,37; 5,5; IHen 57,1; PsSalll,2. - "Osten" spielt hier auf Assyrien/Babylonien an, "Westen" auf Ägypten (vgl. Jes 27,13; Sach 10,10). Lukas ergänzt "Norden und Süden" in Anlehnung an Ps 107,3. 193 Mit ALLISON, Observations, 165-167. Für eine kritische Auseinandersetzung mit ALLISON s. BIRD, East. 194 Zu den geographischen Angaben in 4,25 s. Kap. 2.2.1, S. 54.
4.2 .. Viele von Osten und Westen" und .. die Söhne des Reiches" (Mt 8.llj)
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Formulierung kann man in 8,10 neben den ÖXAOL auch die Jünger mitgemeint sehen 195 ; erst in 8,23 treten sie wieder als von der Volksmenge unterschieden hervor l96 . Bedenkt man nun die Adressaten des Wortes in 8,10, bezieht man also TIap' OUöEVL ... EV 'L"C.\i 'Iopa~A - zumindest auch - auf diese, dann setzt woautllv TIlOnV "den großen Glauben des heidnischen Hauptmanns nicht gegen Unglauben, sondern gegen keimenden (im Fall der Jünger kleinen, vgl. 8,26) Glauben,,197. Dazu passt, worin, wie oben in Kap. 2.2.3.3 dargelegt wurde, das Besondere des Glaubens des Hauptmanns im Unterschied zu den jüdischen Volksmengen besteht: Er vertraut darauf, dass das Heil, das Jesus bringt, über Israel hinaus auf die Völker ausgreift, dass also die Sendung Jesu letztlich darauf zielt, allen Menschen Heil zu bringen; er antizipiert damit in seinem Glauben, was erst der Auferstandene kundtut (28,18-20). Solchen Glauben an die universale Reichweite des Heilshandelns Gottes hat Jesus bei keinem in Israel gefunden. Ebendieser Gedanke der Universalität des Heils, das Juden und ,Heiden' umfasst, wird in V.ll mit der Rede vom Hinzuströmen von "vielen aus Osten und Westen" aufgenommen. Die "Vielen" sind also nicht nur ,Heiden', aber auch. Matthäus verleiht dem hinter V.ll stehenden Motivfeld damit einen neuen Akzent, ohne es gegen den Strich zu bürsten 198. Sein neuer Akzent hat im Übrigen Anknüpfungspunkte an der Tradition selbst. Zum einen begegnet das in Mt 8,11 aufgenommene Motiv des eschatologischen Festmahls in Jes 25,6-8 in universalistischer Ausrichtung, die freilich in den weiteren Belegen des Motivs fehlt 199 • Zum anderen lässt sich in einigen Texten die Verbindung des Motivs der Sammlung des zerstreuten Israels mit dem des Hinzuströmens von ,Heiden' beobachten 200 . Matthäus geht es um das die alttestamentlichen Verheißungen er195 Mit BURCHARD, Matthäus 8,5-l3, 73, s. auch HELD, Wundergeschichten, 185f; MARGUERAT, Jugement, 247; GARBE, Hirte, 153. - HUMMEL, Auseinandersetzung, 147 (mit Anm. 26) übergeht den Rückbezug von ·mi.<; &xoAou90Dow auf 8,1 und sieht allein die Jünger angesprochen. 196 Zu beachten ist, dass in Mt 8,18 das Objekt von EKEAEUOEV offen gelassen wird (diff. Mk 4,35). 197 BURCHARD, Matthäus 8,5-l3, 74. 198 Vgl. NOLLAND, Mt, 357: "Matthew does no more than allow for the inclusion of Gentiles in the gathering ofIsrael." 199 Siehe lQSa 2,11-22; IHen 62,14; 2Hen 42,5; 2Bar 29,3-8; mAbot 3,16, auch Jes 49,10-13; Ps 107,9. 200 TestBenj 9,2 (vgl. TestNaf 8,3); Tob l3,5.l3; 14,5f, s. auch Sach 8,23. Einen eigenen Traditionsstrang bilden Texte, nach denen die nach Jerusalem hinaufziehenden Völker Israeliten (als Gaben) mitbringen (Jes 14,2; 49,22; 60,4; 66,12.18-20; PsSaI17,31). ZELLER, Logion, 229 urteilt zu Recht, dass die Vorstellung von der Völkerwallfahrt in dieser Ausprägung "kaum Interesse am Ergehen der Nicht-Israeliten" bezeugt; "sie wird bloßes Ausdrucksmittel für den eigenen erhofften Heilszustand."
222
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
füllende Heil für Juden und ,Heiden,201. Die verbreitete Annahme, dass Matthäus die hinter 8,11 stehende Erwartung gegen Israel wendet, hat hingegen den matthäischen Ansatz, das Christus geschehen als Erfüllung der alttestamentlichen Heilsverheißungen zu präsentieren, dezidiert gegen sich202 . Blickt 7TOUOL nicht allein auf ,Heiden', so sind umgekehrt auch die "Söhne des Reiches" nicht einfach ,die Juden', und zwar nicht nur deswegen nicht, weil Matthäus nicht mxv-m; schreibt203 . Nimmt man die Wendung ol UlOL "Cf)<;; ßaolÄELa<;; für sich, kann man sie zwar als (ironische) Anspielung auf die Heilszuversicht Israels im Blick auf den Zugang zum eschatologischen Heil verstehen204 . Man kann die Formulierung aber auch mit der Basileia-Botschaft Jesu in Zusammenhang bringen. In 13,38 meint die hier vielleicht durch die Erwähnung der ßaolÄELa in der Gleichniseinleitung 13,24 inspirierte Wendung Christen; die "Söhne des Reiches" sind ,Früchte' des Wirkens des Menschensohns, also Jesu. Dies spricht dafür, dass auch die in 8,10-12 Angeredeten nicht wegen ihrer jüdischen Herkunft "Söhne der Basileia" genannt werden 205 , sondern als Menschen, die, wie gesehen, von Jesu Wirken angesprochen sind, die sich von der Bergpredigt, dem "Evangelium vom Reich,,206, haben bewegen lassen 207 und
201 Zum Bestreben des Evangelisten, die Universalität des Heils als Erfüllung der Schrift auszuweisen, vgl. unten Kap. 5.1. 202 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 27; FIEDLER, Mt, 204. 203 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt H, 31: "The definite article may indicate no more than many ofthe named c1ass will be cast out". Siehe auch ZAHN, Mt, 341. 204 Siehe exemplarisch FRANCE, Exegesis, 262. - Auf Mt 22,1-7 kann man dafür als Parallele nicht verweisen, denn hier wird speziell das Selbstverständnis der religiösen Autoritäten erzählerisch aufgegriffen, die sich vom Volk gerade abzuheben suchen. Als mögliche Analogie muss nach dem in Kap. 4.1.3 Gesagten auch Mt 21,43 ausscheiden (der Vers wird häufig zur Erläuterung von 8,12 herangezogen, s. nur TRILLING, Israel, 89 sowie Luz, Mt II, 15). In Mt 3,9 stellt der Täufer gegenüber Pharisäern und Sadduzäern heraus, dass Abrahamkindschaft allein nicht reicht. Kurzum: Wäre Mt 8,11 als Anspielung auf ein Selbstverständnis Israels als eines "Heilskollektivs" zu lesen, wäre dies im Matthäusevangelium ohne Parallele. 205 GARBE, Hirte, 152 vermerkt zu Recht: "Der Ausdruck uLot ,fj~ ß(XaLA.EL(X~ ist nicht als traditionelle Bezeichnung für Israel nachweisbar." 206 Zum Verhältnis von Bergpredigt und "Evangelium vom Reich" (4,23) vgl. Luz, Mt 15, 250: Die "Bergpredigt setzt das Evangelium des Reichs nicht voraus, sondern sie ist es" (im Original kursiv). Anders BURCHARD, Versuch, 30-33. 207 Ähnlich BURCHARD, Matthäus 8,5-13, 75, s. ferner TAGAWA, People, 160: "Söhne des Reiches" meine wie in 13,38 Gemeindeglieder. - DAVIEs/ALLISON, Mt II, 28 sehen auf der Grundlage einer geographischen Deutung von EV ,Q 'Iap(X~A. in Mt 8,10 in den matthäi sehen Söhnen des Reiches allein "the wise and privileged who have lived in Eretz Israel and beheld the Messiah, and yet do not believe" (Hervorhebung von mir). Die zu
4.2 " Viele von Osten und Westen" und" die Söhne des Reiches" (Mt 8.11j)
223
Gottes Reich und Gerechtigkeit suchen (6,33). Dem aber fügt sich wiederum nahtlos ein, dass Matthäus in V.lO - zum Beispiel nicht ÖxA.üLe;, sondern - 'Wie; aKoAou8oDolV schreibeo8, denn mit dieser im Evangelium ohne Parallele dastehenden ,Adresse' von V.lO-12 verweist Matthäus expressis verbis darauf, dass sich die Worte eben an Menschen richten, die von Jesus positiv angetan sind. Anders gesagt: Bereits durch die Adresse wird V.lO12 für einen Bezug auf die matthäische Gemeinde transparent gemacht209 . Die schon angesichts des redaktionellen Charakters von ol UlOL ,f'je; ßaolAElae; nicht unproblematische Annahme, dass die Wendung an beiden Stellen vollkommen unterschiedlich verwendet wird, nämlich einmal auf Israel, einmal auf die Kirche bezogen ist, ist also unnötig. Der Unterschied beider Vorkommen besteht allein darin, dass die "Söhne des Reiches" in 13,38 ans Ziel gelangt sind, während die von 8,12 scheitern. Angesichts dessen, dass Matthäus das Gericht auch über Christen für keineswegs entschieden hält, bereitet eine solche Differenzierung sachlich keine Schwierigkeit. Mit 22,14 gesagt: Wer von den berufenen "Söhnen des Reiches" zu den auserwählten gehören wird, wird sich erst am Ende zeigen. Die Kirche ist bei Matthäus immer "werdende Kirche .... Die Praxis wird zeigen, wo wahre Kirche gewesen ist,,21O. Die Volksmengen aber sind hier als "potentielle Kirche,,211 im Blick. Der vorgeschlagene Bezug von ol UlOL ,f'je; ßaOlAElae; in 8,12 wird ferner durch die Wiederaufnahmen des Schlusssatzes von 8,12 untermauert. Schwingt in 13,42.50 ein warnender Unterton gegenüber Christen zumindest mit212 , so stehen die weiteren drei Belege 22,13; 24,51; 25,30 deutlich im Rahmen der Gemeindeparänese213 . 8,12 fügt sich dem gut ein: Jesus droht hier solchen Nachfolgern mit eschatologischem Unheil, denen der am Beispiel des Hauptmanns illustrierte und in V.ll grundsätzlich konstaEV tQ }"o:Q (4,23) parallele Verwendung von EV tQ 'Iapo:~}" in 9,33 spricht aber gegen ein
geographisches Verständnis von 8,10. 208 Umstritten ist, ob Matthäus die Wendung in Q vorgefunden hat (so z.B. WEGNER, Hauptmann, 211f; LANDIS, Verhältnis, 12) oder die in Lk 7,9 begegnende Phrase tQ aKo}"OUeOÜVH O:UtQ ÖX},,4l gekürzt hat (so z.B. GUNDRY, Mt, 144). Für matthäische Redaktion spricht, dass die Wendung im Blick auf die Einfügung von V.11f guten Sinn macht. 209 Vgl. HELD, Wundergeschichten, 185, der aber mit einem doppelten Bezug von oL ULOL tii~ ßo:aL}"E(O:~ auflsrael einerseits und die Gemeinde andererseits operiert. 210 Luz, Mt II, 361 im Kontext von Mt 13,47-50. 211 Siehe oben Kap. 3.1.1, S. 98, Anm. 20. 212 Vgl. Luz, Mt II, 341 zu 13,41f: "Die Kirche ist ... Adressatin der matthäischen Mahnung. Der Text ist paränetisch: Die Jünger im Haus sollen aufpassen, daß sie nicht zu den aKavöo:A.o: und den Tätern der Gesetzlosigkeit gehören, die es innerhalb und außerhalb der Gemeinde gibt." 213 V gl. HELD, Wundergeschichten, 186.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
tierte Glaube an die Universalität des Heils fehlt. Auf der Erzählebene erscheint diese Glaubensdimension für die in V.IO-I2 Angeredeten als Neuland. V.12 verdammt sie nicht, droht aber: Wenn sie auch nach der Begegnung mit dem Hauptmann, in der Jesus ihnen die universale Dimension des Heils erschließt, daran festhalten, dass das messianische Heil allein Israel gilt, werden sie dieses Heils nicht teilhaftig werden. Bezieht man dies auf die Kommunikationsebene des Evangelisten, so legt sich die Annahme nahe, dass Matthäus sich mit der Einrugung von 8,Uf in die Hauptmannperikope kritisch gegen Judenchristen wendet, die ein partikularistisches Heilsverständnis vertreten214 • Matthäus stellt sie vor die Konsequenzen ihrer Position. Festzuhalten ist damit: Matthäus hat die aus Q 13,28f aufgenommenen Verse durch ihre Einrugung in die Hauptmannperikope und ihre redaktionelle Überarbeitung in zwei Richtungen neu akzentuiert. Zum einen blickt das Heilswort nun auf die die ,Heiden' einschließende universale Dimension des Heils, zum anderen akzentuiert Matthäus durch die Rede von "Söhnen der Basileia", beachtet man die Querbeziehung zu 13,38, und von den "Nachfolgenden" als Adressaten von 8,10-12 den gemeindlichen Horizont des Drohwortes. Zum Thema Juden und ,Heiden' sagen die Verse innergemeindlich etwas, von einer Verwerfung Israels nichts.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht" und die Weherufe gegen galiläische Städte Als Beleg :für die den Kreis der Autoritäten übersteigende, letztlich Israel im Ganzen betreffende Ausweitung der Gerichtsansage dienen in der Matthäusexegese häufig die Worte gegen "dieses Geschlecht" in 11,16-19; 12,38-45; 16,1-4; (17,17); 23,(34-)36; (24,34)215. Die negativ besetzte Rede von "diesem Geschlecht" hat Matthäus sowohl in Mk als auch in Q vorgefunden216 • Die Hinzu:fügung von ethisch-religiös qualifizierenden 214 Ähnlich jetzt auch GARBE, Hirte, 153: 8,10-12 "ist auch ein Drohwort an die Jünger und an potentielle jüdische Leser: Solcher Glaube wie der des Centurios ist heilsnotwendig, nämlich der Glaube an die Vollmacht Jesu und der Glauben [sie!] daran, dass auch die Weltvölker in das Heil einbezogen sind." 215 Siehe z.B. FRANCE, Mt, 51; GNILKA, Mt 1,422 (zu 11,16); MEINERTZ, "Dieses Geschlecht", 285-289; WALKER, Heilsgeschichte, 35-38; SCHÖNLE, Johannes, 29.122 u.ö.; HASLER, yevea, Sp. 579fsowie GARBE, Hirte, 119f: "In dem Begriff ,Generation' verbindet Mt Gruppen, die er ansonsten aus verschiedenen Gründen als getrennte Größen behandelt" (119). 216 Siehe Mk 8,12[2x].38[von Mt nicht übernommen]; 9,19; 13,30 sowie Q 7,31; 11,29-32.50f. Im Matthäusevangelium begegnet die Wendung an neun Stellen: 11,16;
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
225
Epitheta (Mt 12,39.45; 16,4; 17,17) hat Vorbilder in alttestamentlichen und frühjüdischen Texten217 . YEVH~ kann Geschlecht im Sinne von Sippe (die von einem Ahnherrn Abstammenden) oder - wie in Mt 1,17 - zeitlich die Generation, die Zeitgenossen, bedeuten218 . Wichtiger noch ist, dass YEVElf keineswegs immer die Gesamtheit einer Sippe bzw. alle Zeitgenossen219 bezeichnet, sondern im positiven wie im negativen Sinne auch eine bestimmte Menschengruppe meinen kann 22o . Liddell/Scott verzeichnen zu YEVEa. auch die metaphorische Bedeutung "class, kind,,221. 12,39.41.42.45[red.]; 16,4; 17,17; 23,36; 24,34. - In der LXX s. Ps 11,8 Lxx , s. auch ~ YEVEU EKELVTj Ps 94,IO Lxx ; Jer 8,3, ferner dann Jub 23,22. Neutestamentlich neben den genannten Belegen noch Lk 17,25; Apg 2,40; Hebr 3,10 (zitiert Ps 94,10 LXX). 217 Siehe Dtn 32,5 (YEVEU aKoAlU Kat OlEatpaflflEVTj); 32,20 (YEVEU E~EatpaflflEVTj); Ps 77,8 LXX (YEVEU aKoAlU Kat lIapa1TlKpaLVOuaa, YEVElX ~n~ ou KatTjUeUVEV t~V KapöLav autfi~); SapSal 3,19 (YEVEa~ yup aöLKou XaAE1Tu tu tEATj) sowie Jes 61,3 (YEvEat OlKaloauvTj~); grHen 107,1 (YEVEU olKaLOaUVTj~); PsSal 18,9 (YEVEU aya8~ EV ct>oßc..> 8EOU) und die weiteren positiven Belege unten Anm. 220. In nicht-griechischen bzw. nicht griechisch erhaltenen Texten s. ferner IHen 93,9 (abtrünniges Geschlecht); Jub 23,14f (das böse Geschlecht); IQSb 3,7 (Geschlecht des Frevels). Frühchristlich neben den Belegen in den synoptischen Evangelien noch Apg 2,40; Phi! 2,15 (rezipiert Dtn 32,5, vgl. Philo, Sobr 10). 218 Siehe BAUER/ALAND, Wörterbuch, s.v. 219 Alttestamentliche Vorbilder können bei einem temporalen Verständnis in der Generation der Sintflut und der Exodusgeneration gesehen werden (dazu LÖVESTAM, Eschatology, 406-409). Im zweiten Fall geht es allein um die damalige Generation Israels, im ersten aber um die damalige Menschheit - Israel existierte noch nicht. In beiden Fällen gibt es (wenige) Ausnahmen (vgl. LÖVESTAM, Eschatology, 410). Dass im matthäisehen Gebrauch von ~ YEVEU aütTj ein temporaler Aspekt zumindest mitschwingt, legt prima vista Mt 24,34 nahe (s. dazu aber noch unten Kap. 4.3.4, S. 261-262). Aber auch wenn man unter ~ YEVEU aütTj die Zeitgenossen Jesu versteht - dann ginge die Welt, kombiniert man Mt 1,2-17 und Mt 24,34 miteinander, mit der vierzigsten Generation seit Abraham (zu den vierzig Generationen im Stammbaum s. OSTMEYER, Stammbaum, 186-191) zu Ende - , ist damit keineswegs eo ipso gesagt, dass alle bzw. alle jüdischen Zeitgenossen im Blick sind. 220 Positiv: Ps 13,5 LXX ( ... ön 6 eEO~ EV YEVEif olKaLq); 23,6 LXX (aütTj ~ YEVEU (Tjtouvrwv autovals Bezeichnung derer, die reinen Herzens sind und auf den Berg des Herrn gehen dürfen [V.3-5]); 72,15 LXX (~ YEVEU tWV ULWV aou [= eEOU] im Gegenüber zu den UflaptWAOL [V.12]); 111,2LXX (YEVEU EUSELWV); PsSa118,9 (?, s. oben Anm. 217), s. auch Phi!o, Fug 126.129. Negativ: Ps 11,8 Lxx ; SapSaI3,19, im MT ferner Prov 30,11-14. Besonders instruktiv ist Josephus, Bell V 566, wo die YEvEa, die sogar gottloser als Sodom (!) war (zu diesem Überbietungsmotiv vgl. Ez 16,48; Thr 4,6, zum Vergleich mit Sodom s. ferner Jes 1,7-10; 3,9; Jer 23,14; TestLevi 14,6; TestNaf 4,1 u.ö.), den "Räuberhauptmann" Johannes und seine Leute meint, die von lIa~ 6 Aao~ (ebd.) unterschieden sind (s. auch Bell V 442; VI 408). Siehe zudem noch Dtn 2,14 (lIaaa YEVEU avopwv lTOAEflWtWV) und Lk 16,8, wo sich ~ YEVEU ~ EaUtWV auf die Gruppe der "Söhne dieses Äons" bezieht (vgl. HASLER, YEvEa, Sp. 579: YEvEa bezeichnet in Lk 16,8 "die Artzugehörigkeit" [Hervorhebung im Original]). - Auch die Mahnung in Apg 2,40, sich aus diesem
226
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Aus dem Gebrauch des Wortes an sich geht also keineswegs eine Verallgemeinerung der Anklage bzw. Gerichtsbotschaft hervor. Ob Matthäus die Wendung ~ YEVEU aihT] auf das gesamte Volk bzw. dessen lebende "Generation" oder auf eine bestimmte Gruppe bezieht, kann vielmehr jeweils nur vom Kontext her entschieden werden. 4.3.1 Das Gleichnis von den spielenden Kindern und die Weherufe gegen galiläische Städte in Mt 11,16-19.20-24 Mt 11,16-19 ist Teil einer Rede Jesu an die OXAOL (lI,7ff), die bereits in Q an die Anfrage des Täufers (Mt 11,2-6; Lk 7,18-23) anknüpfte. In der Gesamtkomposition des Matthäusevangeliums eröffnet die Täuferanfrage, wie gesehen, einen bis 16,20 reichenden Block, in dem die divergierenden Reaktionen auf Jesu Wirken bzw., mit Matthäus' eigener Formulierung in 11,2 gesprochen, auf tU Epya tOU XPWtOU in den Vordergrund treten222 . Die nur in 11,20 und 11,25 durch knappe erneute Redeeinleitungen unterbrochene Jesusrede in 11,7-30 dient dabei einleitend dazu, das heilsgeschichtliche Stadium, das mit dem Auftreten des Täufers erreicht ist, deutlich zu machen (lI,9c-15), und stellt so die entscheidende eschatologischsoteriologische Bedeutung der Antwort auf das Wirken des Täufers und Jesu selber heraus: An der Reaktion auf das Wirken (des Täufers und) Jesu entscheidet sich, wie dies bereits durch die Anfügung des Makarismus in 11,6 an die Rückverweise auf Jesu Werke (11,5) vorbereitet ist 223 , das Ergehen im Gericht. Zu fragen ist im Folgenden, inwiefern Mt 11,7-30 der differenzierten Konfiguration der Reaktionen auf Jesu Wirken in der matthäischen Jesusgeschichte, wie sie in Kap. 3 aufgewiesen wurde, korrespondiert oder aber die Rede entgegen dieser Differenzierung eine Ablehnung Jesu in (ganz) Israel und deren Konsequenz anvisiert. In Mt 11,7-15 wendet sich die Aufforderung an die Täuferjünger, selbst zu hören und zu sehen (Mt 11,4), das heißt zu verstehen, dass sich in Jesu Werken (11,2.19) die eschatologischen Heilshoffnungen erfüllen (11,46224), gegenüber den OXAOL zur Mahnung, der seit Johannes entstandenen eschatologischen Entscheidungssituation inne zu werden. Die dreimalige, im narrativen Duktus auf den Zustrom des Volkes zu Johannes in Mt 3,5f zurückverweisende Frage tL E~~AeatE ... (Mt 11,7.8.9) und die ebenfalls in Frageform in den Raum gestellten Antwortoptionen dienen dazu, einen verkehrten Geschlecht erretten zu lassen, setzt voraus, dass "dieses Geschlecht" nicht alle Einzelnen meint (s. auch Phil 2,15). 221 Siehe LIDDELL/SCOTT, s.v. 222 Siehe oben Kap. 3.1.2.3, S. 118-119. 223 Treffend GNILKA, Mt I, 409: "ein Makarismus mit warnendem Unterton". 224 Siehe dazu oben Kap. 2.1.3, S. 44.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
227
Konsens her- bzw. festzustellen 225 : Die Volksmengen sind zu Johannes hinausgegangen, um einen Propheten zu sehen (vgl. Mt 21,26). Mit 11,9cff will Jesus die Volksmengen über ihre Erkenntnis hinausführen: J ohannes ist nicht bloß (irgend)ein Prophet, sondern als solcher der in Mal 3,1 verheißene eschatologische Wegbereiter (Mt 11,10), d.h., wie Matthäus in V.14 (s. auch 17,12f) expliziert226 , der Elia redivivus (vgl. Mal 3,23f; Sir 48,10), mit dessen Auftreten die Zeit der Erflillung der prophetischen (Heils-)Verheißungen beginnt (Mt 11,13 227). Der Weckruf (11,15, vgl. 13,9.43) unterstreicht die Dringlichkeit der Entscheidung228 . Das Gleichnis von den spielenden Kindern (11,16-19) will dagegen nicht zum Verstehen führen, sondern thematisiert die J ohannes und Jesus entgegengebrachte Ablehnung 229 , also gerade nicht die Haltung der ÖXAOL, wie sie Jesus selbst zuvor gekennzeichnet hat: Die Volksmengen halten den Täufer nicht flir dämonisch besessen, sondern, wie gesehen, für einen Propheten (V.9). Legt schon dies nahe, die Rede von "diesem Geschlecht" nicht allgemein auf Israel bzw. Jesu (jüdische) Zeitgenossen230, sondern konkret auf die gegen (Johannes und) Jesus opponierenden Gruppen 231 zu 225 Vgl. GNILKA, Mt I, 413f; Luz, Mt II, 173f; FRANKEMÖLLE, Mt II, 108; FIEDLER, Mt, 239. 226 Zur redaktionellen Herkunft des Verses s. Luz, Mt II, 172 mit Anm. 3. 227 Vgl. dazu SCHÖNLE, Johannes, 128. 228 Vgl. Luz, Mt II, 180. 229 Die Anknüpfung des Gleichnisses (V. 16b-17) an die Einleitung (V. 16a) sowie der Bezug der Deutung (V.18t) auf das Gleichnis sind schwierig (zu den Interpretationsmöglichkeiten s. Luz, Mt II, 184-187; ZELLER, Bildlogik, 253-257). Der entscheidende Punkt ist m.E. die prinzipiell ablehnende Haltung, die in dem Geschehen zum Ausdruck kommt (vgl. GNILKA, Mt I, 423). Ebenso verhält sich "dieses Geschlecht" dem Täufer und Jesus gegenüber. 230 Häufig wird für YEvEa in Mt 11,16 (wie auch für die anderen Belege) - angesichts der Betonung der gekommenen heilsgeschichtlichen "Zeit" in 11,9-15 und des dominierenden Sprachgebrauchs der LXX, wo YEvEa ganz überwiegend zur Übersetzung des temporalen 1i"T (zur Zugehörigkeit von 1i"T zum "temporalen Bereich" s. GERLEMANN, 1i"T, Sp. 444) dient (Gen 6,9; 7,1; 15,16 usw.) - die temporale Bedeutung "Generation, Zeitgenossen" postuliert (s. Luz, Mt II, 187f; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 260; LUCK, Mt, 138; FRANKEMÖLLE, Mt II, 115; NOLLAND, Mt, 461; VERSEPUT, Rejection, 106f u.a.), die dann freilich auch noch auf die jüdischen Zeitgenossen hin konkretisiert wird (s. für viele STRECKER, Weg, 102; MENNINGER, Israel, 138f und VERSEPUT, Rejection, 107: "It is a collective portrayal oi Israel in that hour, conceived as a whole in rejecting the offer of God standing before her." [Hervorhebung von mir]). Gegen die Betonung des temporalen Aspekts aber GUNDRY, Mt, 211 ("a certain kind ofpeople rather than a certain period of time"); FIEDLER, Mt, 241 ("diese Sippschaft"); MEINERTZ, "Dieses Geschlecht", 283289; BAUMBACH, Verständnis, 85f. 231 Gegen eine Deutung "auf Israel als Ganzes" auch FIEDLER, Mt, 241. Ebenfalls konkret auf die Opponenten beziehen HARRINGTON, Mt, 157 und HÄFNER, Vorläufer,
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
beziehen, so wird dieser Ansatz dadurch erhärtet, dass die Ablehnung Jesu als Freund der Zöllner und Sünder dem Vorwurf der Pharisäer in 9,11 entspricht. Zudem hat Matthäu8 den Bezug auf die Autoritäten durch die Einfügung des Stürmerspruchs in 11,12232 vorbereitet. Denn ßLa(EtlU dürfte hier wie das zugehörige Nomen ßLlWtcx.L (in Verbindung mit aplTa(ELv 233 !) schwerlich anders als in negativem Sinn aufzufassen sein234 : "Von den Tagen Johannes des Täufers bis jetzt erleidet das Himmelreich Gewalt und Gewalttätige reißen es an sich. ,,235 Im Blick ist hier die Opposition gegen die Boten des Himmelreiches - nach Mt 3,2 verkündigte auch Johannes dessen Nähe 236 - , also der Widerstand gegen den Täufer237 und Jesus 238 , der als Widerstand gegen das Himmelreich selbst interpretiert wird. Die angeredeten - und über das Auftreten von ßLcx.omL unterrichteten - ÖXÄ.OL 260f, s. ferner FRANCE, Mt, 196 sowie OLMSTEAD, Trilogy, 53, nach dem primär an die Autoritäten zu denken ist, doch weise Mt 11,20-24 darauf hin, "that Jesus' indictment of 'this generation' cannot be limited to its leadership" (54, s. auch 121). 11,16-19 als Kritik an den Volksmengen z.B. bei VERSEPUT, Rejection, 47f; WEAVER, Discourse, 13lf. 232 Die Herkunft des Spruches ist dunkel (vgl. Luz, Mt II, 172f). In Q schloss das Gleichnis entweder direkt an V.II an (so z.B. Luz, Mt II, 183) oder an eine in Lk 7,29f verarbeitete Gegenüberstellung von Volk und Autoritäten (vgl. HOFFMANN/HEIL, Spruchquelle, 50f). Im letzteren Fall hätte Matthäus durch die Einfügung des Stürmerspruchs einen zur Q-Vorlage analogen Befund geschaffen. - Zur Interpretationsgeschichte des Logions s. CAMERON, Violence, 4-213. 233 Vgl. Mt 13,19 (redaktionell!), aber auch 12,29. 234 Siehe Luz, Mt II, 177f (mit Diskussion der Deutungsoptionen). Anders - in kritischer Auseinandersetzung mit Luz - HÄFNER, Gewalt, 26-37, der aber immerhin einen "überwiegend negativen Sprachgebrauch von ßla, ßLlx(Oj..LaL und aplTa(w in der griechischen Literatur" konzediert (37 [Hervorhebung im Original]). 235 Eine Deutung von Mt 11,12 in malam partem vertreten auch FRANCE, Mt, 195; SAND, Mt, 240; GNILKA, Mt 1,417; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 256; HARRINGTON, Mt, 157; HAGNER, Mt I, 307; GUNDRY, Mt, 209f; FIEDLER, Mt, 240; SCHRENK, ßLa(oj..LaL, 609f. Positiv hingegen deuten FRANKEMÖLLE, Mt II, 110-112; MUSSNER, Kairos, 608f; MERKLEIN, Gottesherrschaft, 81-83; VERSEPUT, Rejection, 92-99; HÄFNER, Gewalt, 4751. Nach KOSCH, Gottesherrschaft, 25f ist Mt 11, 12b eindeutig in malam partem aufzufassen, während V.12a positiv vom Hereinbrechen der ßaaLAEla rede (ähnlich zuletzt NOLLAND, Mt, 458). - Eine ausführliche Auflistung der Vertreter der Deutungsalternativen (samt Untervarianten) bietet HÄFNER, Gewalt, 21-24 mit Anm. 1-9. 236 Da auch die Jünger in diesem Sinne Boten des Reiches Gottes sind (s. Mt 10,7) und auch sie Anfeindung und Bedrängnis erleiden, können die Adressaten EW~ iipn von der Ebene der erzählten Zeit in ihre eigene Gegenwart hinein verlängern. 237 Dazu passt, dass Jesus hier über den gefangenen Täufer spricht (Mt 11,2). Vgl. die explizite Analogisierung des Leidens des Täufers und Jesu durch Matthäus in Mt 17, 12f. Mt 17,10-13 wiederholt dabei die ausdrückliche Identifizierung des Johannes als Elia redivivus. - Zum inklusiven Verständnis von alTo öle ,wv ~j..LEPWV 'Iwavvou ,oü ßalTnatoü s. GNILKA, Mt I, 416f; DAVIES/ALLISON, Mt II, 253f; GUNDRY, Mt, 209. 238 Ebenso z.B. Luz, Mt II, 178; HARE, Mt, 122; DEINES, Gerechtigkeit, 107.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
229
(vgl. 15,10f; 23,lft) gehören nach 11,7-9 gerade nicht dazu; sie sollen vielmehr trotz der Himmelsstürmer zum Verstehen gelangen. Liest man im Kontext weiter, kann man z.B. darauf verweisen, dass die Pharisäer in 12,23f die keimende christologische Erkenntnis der Volksmengen angesichts des heilenden Wirkens Jesu, in dem sich die Ankunft des Reiches Gottes dokumentiert (Mt 12,28), zu ersticken suchen. Auch auf diese Weise verschließen sie den Menschen das Himmelreich (23,13)239. Dass nicht die Volksmengen selbst mit der Rede von "diesem Geschlecht" in den Blick genommen werden, findet in dem dreimaligen und wohl redaktionellen 24o ÄEYOUOLV (V.17.18.19) Bestätigung: Während in Lk (= Q) 7,33f in der Anwendung des Gleichnisses die Angeredeten durch Kat ÄEYE'rE direkt adressiert werden, ergibt sich durch das matthäisehe Kat ÄEYOUOLV (Mt 11,18.19) als Redesituation, dass Jesus zu den Volksmengen (V.7) über Dritte spricht24J • Nachdem die Volksmengen über den Täufer (und damit indirekt über die Bedeutung Jesu) sowie über die gewaltsame Opposition, die sich der (Verkündigung von der anbrechenden) ßaoLÄEla entgegenstellt, instruiert wurden, werden sie nun also mit dem Gleichnis über den absurden Charakter der ablehnenden Haltung der Himmelsstürmer belehrt. Das Gleichnis und seine Anwendung in V.18f legen den Ton dabei auf die Widersprüchlichkeit der Opposition gegen den Täufer und Jesus selbst und stellen so für die Volksmengen heraus, dass diese Gegnerschaft nicht sachlich begründet ist, sondern gewissermaßen den Charakter eines Widerstandes um des Widerstandes willen trägt. Oder anders: Sie verweigern es prinzipiell, den - über ihnen stehenden - Boten des Himmelreiches zu folgen. Die Polemik der Autoritäten (V.18t) vermag freilich die für sich selbst sprechende Evidenz des Wirkens Jesu nicht zu verstellen, wie V.19fin mit EPya toD Xp LOtoD deutlich macht. Die ablehnende dem Rückgriff auf Haltung "dieses Geschlechts" disqualifiziert also nur dieses selbst, aber nicht Jesu Wirken. Im Blick auf die angeredeten Volksmengen verstärkt
,a
Vgl. SCHRENK, ßu;'(o~C(l, 610. Zu Mt 23,13 s. noch oben Kap. 4.1.3, S. 204. Siehe exemplarisch Luz, Mt II, 184. 24\ Vgl. GUNDRY, Mt, 213 (allerdings präsentieren die ÖXAOL nicht "disciples out of all nations" [ebd.]). Bei Matthäus werden also gerade nicht die Volksmengen, die die Adressaten der ,Rede' Jesu sind, als "dieses Geschlecht" angesprochen und zu den Kindern in Beziehung gesetzt (gegen SAND, Mt, 242; GARBE, Hirte, 70 u.a.) bzw. nun "selbst zum Gegenstand der Rede" (gegen SCHÖNLE, Johannes, 130 [Hervorhebung im Original]). Schwierig ist der Befund bei Lukas: Auf der einen Seite legt der vorangehende Kontext (Lk 7,29f) eine ,enge' Deutung auf die zuvor genannten Pharisäer und Gesetzeskundigen nahe, auf der anderen Seite dürfte AEYHE in V.33.34 auf die offenbar nach wie vor angeredeten ÖXAOL verweisen (V.24). 239
240
230
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
dieser Verweis auf die Rechtfertigung der Weisheit wegen ihrer Werke242 die vorangegangene Aufforderung, der Bedeutung des sich im Wirken (des Täufers und) Jesu manifestierenden Geschehens, des Andringens des Himmelreiches, und damit der eschatologischen Entscheidungssituation gewahr zu werden. Hingegen klingt im Blick auf "dieses Geschlecht" bereits das drohende Gericht an: Denn der, der hier als fressender und weinsaufender Mensch abgelehnt wird, ist in Wirklichkeit der Menschensohn (V.19), also der zukünftige Richter243 . Zielt Mt 11,16-19 auf die Autoritäten als Opponenten Jesu, so ist freilich darauf zu verweisen, dass sich mit der matthäischen Einstellung der Weherufe gegen Chorazin, Bethsaida und Kapemaum (11,20-24) in die Komposition von Mt 11 244 eine weiter reichende Gerichtsperspektive ergibt. Nach der redaktionellen Einleitung in 11,20245 richten sich die Weherufe gegen die Städte, die den Vorzug hatten, in besonderer Weise Zeugen der Krafterweise Jesu zu sein246 . at 1TAElo't"al öuvajlw; au't"oü ist durch Q 10,13 242 Dass EPYWV - statt TEKVWV (Lk/Q 7,35) - auf matthäische Redaktion zurückgeht, ist weitreichender Konsens. Siehe nur GNILKA, Mt I, 422; Luz, Mt II, 184; DA VIEs/ ALLISON, Mt H, 264; GUNDRY, Mt, 213. - Entgegen der üblichen und oben aufgenommenen Deutung von Mt 11,19fin hat GATHERCOLE, Justification, 480-485 vorgeschlagen, den Schlusssatz als Fortsetzung der gegen "dieses Geschlecht" gerichteten Anklage zu lesen. Zu übersetzen sei: ,,'And so Wisdom has been absolved ofher deeds'" (484). Die Werke der Weisheit seien nicht mit Ta Epya TOU XpWWU zu identifizieren, sondern bestünden "in her sen ding John and Jesus to be (respectively) ascetic and ebullient in the course of their announcement of the kingdom. The difference between their lifestyles ... is a function of God' s deliberate strategy to convict this last generation of sin" (483). 1l,19fin weise auf das Unterfangen der Zeitgenossen Jesu hin, "to decouple wisdom's actions from Lady Wisdom herself, that is to say, to dissociate Jesus and John from the God who sent them" (484, Hervorhebung im Original). Dagegen spricht aber der erwähnte deutliche Rückbezug von TWV EPYWV auf 11,2, zumal die Thematik der Reaktion auf Jesu Wirken in 11,20 direkt fortgeflihrt wird (s. dazu im Folgenden). Schon aus diesem Grund vermag ebenso wenig der Vorschlag von LEIVESTAD, Interpretation, 180f zu überzeugen, aoljJ(a meine in 11,19 nicht Gottes Weisheit, sondern stehe ironisch flir die ,Weisheit' derer, die immer einen Grund finden, nicht umkehren zu müssen. 243 Vgl. GNILKA, Mt I, 424; Luz, Mt II, 188. 244 Lukas dürfte auch hier den Q-Zusammenhang bewahrt haben, in dem die Weherufe gegen Ende der Sendungsrede standen (Q 10,13-15). 245 ~p~aTo OVELOl(ELV in Mt 11,20 ist parallel zu ~p~aTo 0 '11100U~ AEYELV in Mt 11,7 (= Q 7,24) formuliert. 246 Die hervorgehobene Rolle Kapernaums ist nicht nur durch Mt 4,13 vorbereitet, sondern wird auch durch die vorangehenden Erzählungen illustriert (s. 8,5-17; 9,1-34, zu Kapernaum vgl. STRECKER, Weg, 94-96). Chorazin und Bethsaida kommen sonst nicht vor; man kann hier nur auf die Summarien (4,23-25; 9,35; 11,1) verweisen. Die in 11,20-24 vorausgesetzte Reaktion der Stadtbewohner ist auch flir Kapernaum zuvor nirgends erwähnt worden.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
231
inspiriert, nimmt im matthäischen Kontext aber zugleich die Rede von den Werken Christi bzw. der Weisheit (11,2.19) auf, dient Matthäus also zur Verklammerung mit dem Kontext, mit der Thematik der rechten Erkenntnis Jesu aufgrund seines Wirkens und der entsprechenden Reaktion darauf. Insbesondere unterstreicht 11 ,20-24 die Aussage von V.19fin über die Werke Jesu: Da sich in ihnen die biblischen Heilsverheißungen erfüllen und sie damit auf das Kommen des Reiches Gottes verweisen (s. 12,28), hätten sie diejenigen, die gewürdigt waren, Zeugen dieser ÖuvaiJEL<; zu sein, zur in 3,2 und 4,17 geforderten Umkehr247 führen müssen, doch blieb diese in Chorazin, Bethsaida und Kapernaum aus. Anders als in 11,16-19 geht es in 11,20-24 nicht um Gegnerschaft gegen Jesus, die sich in polemischer Kritik äußert (11,19), sondern allein um Gleichgültigkeit248 : Den Städten wird allein das Ausbleiben der Umkehr zum Vorwurf gemache49 . Die kollektive Anrede der Städte ist, wie die Kontrastierung mit Tyros und Sidon sowie Sodom zeigt, durch biblische Vorbilder inspiriert25o . Die Kontrastierung mit den ,heidnischen' Städten macht dabei zugleich deutlich, wie selbstverständlich Jesu Wirken Umkehr hätte hervorrufen müssen: Selbst diese, biblisch für ihre Sündhaftigkeit bekannten ,heidnischen' Städte 251 hätten sich angesichts der ÖuvaiJEL<; Jesu zur Umkehr führen lassen. Dass es den ,heidnischen' Städten im Gericht besser ergehen wird als den galiläischen, blickt dabei nicht etwa auf Heil für Erstere aus 252 , sondern unterstreicht allein die Schwere des an Letzteren ergehenden Straf247 Das aus Q 10,13 aufgenommene Umkehrmotiv wird bei Matthäus durch 11,20 betont: Die ausgebliebene Umkehr ist der Grund für die folgende Anklage. 248 Hingegen sieht LUCK, Mt, 140 in Mt 11,20-24 "ein Urteil über die Reaktion derer gefallt, die sich so verhalten, wie in den vorhergehenden Versen 16-19 gezeigt wird". SCHÖNLE, Johannes, 146 deutet die Komposition so, dass "bereits das Gleichnis 11,16-19 als Schuldaufweis auf den Komplex der Weherufe 11,20-24 als Strafandrohung hinführt". Die Erwähnung der ausgebliebenen Umkehr in 11,20 bietet freilich einen eigenen Schuldaufweis. 249 Narrativ illustriert wird dies im weiteren Verlauf der Erzählung durch Mt 13,5358. Insbesondere das Nebeneinander von ao<jJ(o: und 1iuv&.I.l.EL~ in der Frage der Synagogenbesucher in 13,54 lässt an 11, 19f zurückdenken. 250 Zu Tyros und Sidon s. vor allem Jes 23; Ez 26-28, ferner noch Jer 25,22; 47,4; Joe1 4,4-8; Am 1,9f; Sach 9,2-4, zu Sodom Gen 18,16ff; 19,1ff; Jes 1,7-10; 13,19; Jer 23,14; 49,18; 50,40; Am 4,11; Zef 2,9; Thr 4,6. Ferner imitiert I.l.~ EW~ oupo:voD utjJwe~a1J; EW~ ~1iou Ko:mß~a1J (Mt 11,23) Jes 14,13-15, einen Passus im Gerichtswort gegen Babel in Jes 13,1-14,23. 251 Zu Tyros und Sidon s. Ez 28,2-6.9.16-18; Joel 4,4-6, zu Sodom Gen 18,16ff; 19,1ff; Jes 3,9; Jer 23,14; Ez 16,48f; Thr 4,6, ferner Jub 13,17; 20,5; TestNaf 4,1; LAB 8,2, Philo, Abr 133-136 u.ö. 252 Anders JACKSON, Mercy, 31: ,,[I]nhabitants of cities such as Tyre and Sidon are posed as possible participants in the salvation of the Jews."
232
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
gerichts und damit die Schwere ihres Versagens 253 • Geht es im Blick auf die etwaige Rolle der Völker also in 11,20-24 nicht um den Kontrast ,Heil für die Völker - Unheil Israels', so ist freilich die im hier verfolgten Zusammenhang gewichtigere Frage, ob bzw. inwiefern die Weherufe gegen die galiläischen Städte auf ein über Israel ergehendes Gericht verweisen. Signalisiert 11,20-24 "bereits exemplarisch, daß Jesu Wirken in Israel mit dem Gericht über Israel enden wird,,254? Evident ist, dass eine solche pauschalisierende Deutung nur von einer Gesamtsicht des Matthäusevangeliums her in 11,20-24 eingelesen werden kann. Dafür haben sich bis jetzt keine Indizien ergeben. Für sich genommen spricht der Text in rhetorischer Personifizierung allein von der ausgebliebenen Reaktion dreier galiläischer Städte, die zwar nach 11,20 bevorzugter Schauplatz des Wirkens Jesu waren, aber keineswegs mit dem in Mt 4,23 (KaI. lTEpLi'jyEV EV öÄ1J tfj faÄLÄa[q:); 9,35 (KaI. lTEpLfjyEV 0 'ITJOOUC; taC; lTDÄELC; rraaat; KaI. taC; KWf.1ac;) und 11,1 summarisch anvisierten Wirkungsfeld Jesu identisch sind. Dem fügt sich ein, dass 11,24 auf 10,11-15 zurückverweist, wo im Rahmen der Aussendungsrede die Reaktionen auf das Wirken der Jünger thematisiert werden. V.14 spricht dabei den Fall an, dass die Verkündigung der Jünger auf Desinteresse bzw. Ablehnung stößt. In diesem Fall sollen die Jünger das Haus bzw. die Stadt verlassen und den Staub von ihren Füßen schütteln - in dem Wissen, dass jenes Haus bzw. jene Stadt damit das Gericht auf sich herabgezogen hat. Das Amen-Wort in 10,15 expliziert dies: "Es wird dem Land der Sodomer und Gomorrer erträglicher ergehen am Tag des Gerichts als jener Stadt." Die Situation ist also vollkommen analog zum Urteil Jesu über Kapernaum angesichts der Reaktion auf sein Wirken. In Mt 10 führt aber das Verhalten einer Stadt in keiner Weise zum Abbruch der Mission an den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" überhaupt, sondern zur Zuwendung zu einer anderen Stadt, und dies ist hier, wie gesehen, mit der Aussage verbunden, dass die Jesus253 Mt 11,20-24 als Analogie zu Mt 8, Ilf zu sehen (s. Luz, MtII, 192.194), ist daher in doppelter Hinsicht irreführend: Nicht nur liegt in Mt 8,llf nicht der Kontrast Israel Völker vor (s. oben Kap. 4.2), sondern auch und vor allem steht in Mt 11,20-24 dem den galiläischen Städten drohenden Unheil nicht das Heil für die Völker gegenüber. 254 So das Postulat von Luz, Mt H, 193 (s. auch a.a.O., 196). In diesem Sinne ferner z.B. WALKER, Heilsgeschichte, 50-52; STRECKER, Weg, 102; Co MB ER, Composition, 502-504, s. auch HAGNER, Mt I, 313.315 sowie auch DAVIEs/ALLISON, Mt H, 296. Dass, wie Luz, Mt H, 193 postuliert, flEXPL tii_ a~flEpov in 11 ,23fin sprachlich auf 28, 15 vorausverweise, ist - abgesehen davon, dass in 28,15 wohl flEXPL tii_ a~flEpov ~flEpa_ zu lesen ist - weit hergeholt, denn die Bezüge sind völlig verschieden. In 11,23 geht es um den irrealen Fall, dass Sodom "bis heute" stehen würde, wäre die Stadt Zeugin der Werke Jesu gewesen, in 28,15 um das sich "bis zum heutigen Tag" unter Juden haltende Gerücht vom Diebstahl der Leiche Jesu.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
233
boten mit den Städten Israels bis zur Parusie nicht zu Ende kommen werden (10,23). Liest man 11,20-24 im Licht dieser Querverbindung zu Mt 10, wird deutlich, dass die Drohworte gegen die drei galiläischen Städte in keiner Weise die Verwerfung ganz Israels in den Blick nehmen. Zugespitzt formuliert: Die Plausibilität der pauschalisierenden Deutung von Mt 11,20-24 als Gericht über Israel ist einem hermeneutisch fragwürdigen Rezeptionsfilter geschuldet, in dem apriorisch in der generalisierenden binären Struktur von Judentum und Christentum, Israel und Kirche gedacht wird. Die Fragwürdigkeit einer pauschalisierenden Deutung lässt sich durch einen näheren Blick auf den Rededuktus in Mt 11 und auf die Funktion von 11,20-24 darin noch weiter untermauern. In der erneuten, durch die Rede von den ÖUVaIlEL<;; direkt an den vorangehenden Kontext anknüpfenden Redeeinleitung in 11,20 gibt ·tlx<;; rroAEl<;; ... allein das Objekt der Schelte, nicht aber das tatsächliche Auditorium an, besagt also nicht, dass die Volksmengen, die bereits in 11,16-19 über andere belehrt wurden, nicht mehr den Hörerkreis bilden255 • Liest man 11,7-24 (zu V.25-30 gleich) als eine fortlaufende Rede, kommt 11,20-24 nicht nur neben 11,16-19 in der Funktion zu stehen, inadäquate Reaktionen auf Jesu Wirken darzubieten. Vor allem unterstreicht 11,20-24 für die Volksmengen durch die Herausstellung der singulären soteriologischen Bedeutung, die der Reaktion auf Jesu Wirken zukommt, die Dringlichkeit der Entscheidung, zu der sie durch 11,7-15 hingeführt wurden: Nicht erst offene Gegnerschaft, sondern bereits das Ausbleiben der einzig angemessenen positiven Reaktion führt ins Verderben; das unbeteiligte Beziehen eines neutralen Standpunktes ist nicht möglich (vgl. Mt 12,30!). Die Volksmengen sind also aufgefordert, sich eindeutig zu positionieren. 11,20-24 enthält damit auch für sie ein bedrohliches Potential. Aber Matthäus redet eben nicht einem generellen Scheitern des Wirkens Jesu und seiner Jünger unter den Volksmengen in Israel das Wort. Vielmehr lässt sich Mt 11 positiv als Glied in die narrative Dynamik der Darstellung der ÖXAOl während des Wirkens Jesu in Galiläa bis zu seiner Huldigung durch die auswärtigen (!) Volksmengen in Jerusalem einzeichnen256 , denn 11,7-15 zeigt sich gewissermaßen als verbindendes Moment für den Erkenntnis schritt von 9,33 zu 12,23: Geht es in 9,33 zunächst noch unbestimmt um die Einzigartigkeit des Wirkens Jesu im Rahmen der Geschichte Israels, so reift nach der Belehrung über die Identität des Täufers als Elia redivivus die Überlegung, ob Jesus dann nicht der Sohn Davids, 255 Zur Unterscheidung von den Objekten der Rede (= galiläische Städte) und den Hörern der Rede (= Volksmengen) ebenso FRANKEMÖLLE, Mt H, 119. 256 Siehe dazu oben Kap. 3.1.1, S. 101-107.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
der Messias, sein müsse. In 9,33 wie in 12,23 handelt es sich dabei notabene um Reaktionen auf Jesu Wirken, in Anlehnung an 11,20 gesprochen: auf seine ÖUVUflElC;. Nicht nur hebt sich also innerhalb von Mt 11 der an die 0XAOl ergehende Aufruf vom Urteil über die drei galiläischen Städte ab, sondern 11,20-24 markiert auch in keiner Weise einen Einschnitt im Blick auf die Rolle der Volksmengen in der Erzählung. Im weiteren Erzählduktus betrachtet spricht demnach alles dafür, dass Matthäus 11,20-24 nicht pars pro toto versteht, sondern mit den gescholtenen galiläischen Städten und den (jüdischen) 0XAOl unterschiedliche Reaktionen innerhalb Israels zu präsentieren sucht257 : Gleichgültigkeit auf der einen Seite, Interesse und keimende Erkenntnis auf der anderen. Den 0XAOl und den genannten Städten sind in der Erzählung unterschiedliche Rollen zugewiesen; Matthäus redet differenzierter, als es eine pauschalisierende Deutung von Mt 11,20-24 zulässt258 . Der vorgetragene differenzierende Ansatz wird schließlich durch 11,2530 erhärtet. Matthäus hat die Verse durch a1ToKpl8ELC; in der Einleitung mit dem Voranstehenden verknüpft259 : Der Lobpreis Gottes erscheint als "Antwort" auf die in 11,20-24 dokumentierte Gleichgültigkeit und deren soteriologische Konsequenz. Zwar hat Jesu Wirken in den genannten Städten keine positive Resonanz gefunden, gleichwohl hat Gott aber den V~1TlOl, d.h. den - aus dem ,einfachen Volk' gewonnenen - Jüngern260 die
257 Im Übrigen ist auch die personifizierende Anrede der Städte kaum im Sinne aller einzelnen Menschen zu verstehen. - SAND, Gesetz, 87 spricht im Blick auf die Frage nach den Adressaten der Weherufe von "einem merkwürdigen Zwielicht". 258 Fragen kann man, inwiefern es im Blick auf Mt 11,2lfvon Bedeutung ist, dass die beiden Erwähnungen von Bethsaida in Mk 6,45; 8,22, die im matthäischen Aufriss Mt 11,21f nachfolgen würden, bei Matthäus fehlen (in Mt 14,22 ist lTPO~ BTj9aaiMv als Näherbestimmung zu EL~ ,0 lTEpaV [Mk 6,45] ausgelassen; Mk 8,22-26 hat Matthäus komplett übergangen). Darf man - die obige Differenzierung stützend - folgern, dass der matthäische Jesus zwar weiterhin sich den Volksmengen zuwendet, Matthäus es aber in Übereinstimmung mit den Weherufen meidet, Jesus in den genannten Städten weiter wirken zu lassen? Dagegen kann man einwenden, dass Jesus weiterhin in Kapernaum anzutreffen ist (17,24); ferner dürften die Erwähnungen der oLKCa in 13,1.36 auf Kapernaum verweisen (vgl. 17,25). Öffentliche ÖUV&.~H~ werden allerdings auch hier nicht mehr geschildert. Die entsprechenden Texte stehen alle vor Mt ll! 259 Vgl. SAND, Mt, 251; HAGNER, Mt 1,318 sowie auch NOLLAND, Mt, 470. Anders DAVIEs/ALLISON, Mt Ir, 273. 260 Zur Deutung von V~1TLOL auf die Jünger vgl. SAND, Mt, 252; GNILKA, Mt I, 435f; HARRINGTON, Mt, 167; FIEDLER, Mt, 244; DEUTSCH, Wisdom, 31f; VON UPS, Traditionen, 284 u.a. Luz, Mt Ir, 206 identifiziert die V~1TLOL zunächst mit dem ",Am ha aräz''', doch erfolge dann "in V 27 eine ekklesiologische Konzentration von V 25t" (207).
235
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
Bedeutung Jesu und seines Wirkens erschlossen261 . Zugleich steht die Offenbarung an die Jünger im Kontrast dazu, dass Gott die Erkenntnis vor "Weisen und Verständigen,,262 verborgen hat, womit erneut die (religiöse) Elite ins Blickfeld tritt 263 , deren uneinsichtige Polemik gegen Jesus in 11,19 zu Wort kam 264 . Dem Weherufvon 11,20-24 steht freilich nicht nur der Lobpreis gegenüber (11,25f), sondern auch der Einladungsruf in 11,28_30 265 . Neben den "Unmündigen", die für die Jüngerschaft transparent sind, und den für die Autoritäten stehenden "Weisen" erscheint hier eine dritte Gruppe, nämlich die (schwer) Beladenen (TIE<jJOpnoIlEVOl), die zwar noch nicht zur Jüngerschaft gehören266 , aber eingeladen sind, bei Jesus Ruhe zu finden, denn seine "Last ist leicht" (11,30). Die in Mt 23,4 gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer erhobene Kritik, den Menschen schwere Lasten aufzubürden, macht deutlich, dass sich Jesus hier in Abgrenzung von diesen Autoritäten ,empfiehlt,267 und also Menschen einge-
,a
261 ,au,a (11,25) lässt sich im Kontext am einfachsten als Aufnahme von Epya ,ou Xpwwu (11,2, vgl. 11,19 und öUVallEL~ in 11,20.21.23) lesen (in diesem Sinne auch GUNDRY, Mt, 216; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 276f; KINGSBURY, Son of God, 21; YANG, Jesus, 154f; NOVAKOVIC, Messiah, 94, s. auch HAGNER, Mt I, 318). Gemeint ist also: Den "Unmündigen" ist das Wirken Jesu in seinem Charakter als messianisches Wirken und damit die Identität Jesu als Messias erschlossen. Zu vergleichen ist noch Mt 13,11: UIlLV 1iEöo,aL yvwvaL llua,~pLa ,fj~ ßaaLA.E(a~ ,wv oupavwv. 262 Der Artikel fehlt vor aoljJwv Kat auvHwv. Dies könnte seinen Grund darin haben, dass es auch in der matthäischen Gemeinde "Schriftgelehrte" (vgl. 13,52; 23,34) gab (so FIEDLER, Mt, 244). 263 V gl. - mit Differenzen im Detail - SAND, Mt, 251; GNILKA, Mt I, 435f; DA VIESI ALLISON, Mt II, 275; HARRINGTON, Mt, 167; FIEDLER, Mt, 244 sowie Luz, Mt II, 206: "die ganze religiöse Aristokratie". Hingegen deuten WALKER, Heilsgeschichte, 5lf; LANGE, Erscheinen, 164; KINGSBURY, Son of God, 21; VERSEPUT, Rejection, 136f die "Weisen und Verständigen" allgemein auf Israel. DEUTSCH, Wisdom, 30f hält den Befund für ambivalent. 264 Umgekehrt bestätigt 11,25 den Bezug von 11,19 auf die Autoritäten: Die Weisen haben auf die Werke der Weisheit mit Unverständnis reagiert, weil Gott diese vor ihnen verborgen hat. 265 Auf die traditions geschichtlichen Beziehungen zur Weisheit, vor allem zu Sir 51,23-27, ist im hier verfolgten Zusammenhang nicht einzugehen. Siehe dazu LUCK, Weisheit, 40-50; DEUTSCH, Wisdom, 113-139; VON LIPS, Traditionen, 282-285, ferner Luz, Mt II, 217f; HARRINGTON, Mt, 169f; LUCK, Mt, 142.143; HAGNER, Mt I, 323; FRANKEMÖLLE, Mt II, 126f. 266 Mit HARRINGTON, Mt, 167.169; HAGNER, Mt I, 322.323; DEUTSCH, Wisdom, 41f.47; VON Ups, Traditionen, 284, s. auch WILK, Jesus, 96. Anders STANTON, Gospel, 340-342. 267 Vgl. FRANCE, Mt, 200f; GNILKA, Mt 1,439; Luz, Mt II, 219; HARRINGTON, Mt, 167; GUNDRY, Mt, 219; HAGNER, Mt I, 323-325; BETZ, Logion, 22f; STRECKER, Weg, 173; KÜNZEL, Studien, 89.92; DEUTSCH, Wisdom, 41.43; VON Ups, Traditionen, 283;
,a
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
laden sind, die unter diesen Autoritäten zu leiden haben. Im Textduktus betrachtet sind damit die - offenbar weiterhin bzw. zumindest ab V.28 wieder angeredeten - Volksmengen im Blick268 . Anders als bei den Autoritäten können sie bei Jesus bzw. in der Gemeinde Heil finden. Nicht 11,20-24, sondern die Einladung OEiJ-tE 1TPOC; f.LE ist also Zielpunkt von Mt 11 269 , und dies unterstreicht, dass 11,20-24 nicht als antizipierte finale Aussage über die Volksmengen bzw. pauschalisierend als Vorausverweis auf das Gericht über Israel zu lesen ist, sondern den Versen, wie oben ausgeführt wurde, im Kontext von Mt 11 gegenüber den Volksmengen die Funktion zukommt, die Dringlichkeit der zum Heil nötigen Umkehr und des Kommens zu Jesus einzuschärfen. 4.3.2 Die ZeichenJorderung des bösen und ehebrecherischen Geschlechts in Mt 12,38-45; 16,1-4·
Mt 12,38-45 ist Teil einer längeren Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern (und Schriftgelehrten), die sich an dem Beelzebulvorwurf als Reaktion der Pharisäer auf die Überlegung der Volksmengen, ob Jesus etwa der Sohn Davids sei270, entzündet (V.23f) und nur in diesem kontextuellen Zusammenhang adäquat zu interpretieren ist. Als llir das Folgende grundlegend aufzunehmen ist hier noch einmal die redaktionelle Kontrastierung der Reaktionen der Volksmengen und der Phariäser auf die in V.22 kurz und bündig berichtete Heilung (V.23f, vgl. 9,32-34)271. Denn im Gefolge von 12,23f sind es eben die Pharisäer, denen die Abrechnung Jesu in 12,25-37 gilt272 und die darauf wiederum mit der Zeichenforderung (12,38) reagieren. Die Jesusrede in 12,25-37 lässt sich grob in zwei Unterabschnitte teilen: V.25-30 llihrt die Auseinandersetzung mit dem in V.24 erhobenen Vorwurf der Pharisäer, während V.31-37 die soteriologische Konsequenz WILK, Jesus, 96 u.a. Anders aber DAVIEs/ALLISON, Mt 11,288 sowie auch NOLLAND, Mt, 476 mit Anm. 97. 268 Vgl. OLMSTEAD, Trilogy, 54 sowie Luz, Mt 11, 219: ,,[D]ie Adressaten unseres Logions [sind] nach wie vor das ganze Volk Israel, nicht etwa nur die Jünger." - Zur Verantwortung der Autoritäten für die Situation der Volksmengen s. vor allem die Auslegung von Mt 9,36 oben Kap. 2.1.2, S. 39. 269 öeihe lässt hier an den Ruf in die Nachfolge in Mt 4,19 zurückdenken. Im Vordergrund steht in 11,28-30 aber nicht die Aufgabe, zu "Menschenfischern" zu werden (4,19), sondern das Heil, das bei Jesus und also in seiner Gemeinde zu finden ist. Werden mit dem Nebeneinander von 4,19 und 11,28-30 verschiedene Rollen oder Gruppen innerhalb der Gemeinde sichtbar? 270 Zum Zusammenhang von Mt 12,24 mit V.23 s. oben Kap. 3.1.2.3, S. 123. 271 Vgl. dazu oben Kap. 3.1.1, S. 102-103. 272 Vgl. oben Kap. 3.1.2.3, S. 124-125.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
237
der boshaften Rede der Pharisäer aufweise 73 . Die redaktionell gestaltete Einleitung der Entgegnung Jesu in 12,25 (ELöwt; ö1: 'teXt; Ev8uf.L~oELt; alm;)v EIlTEV au't'Olt;) lässt an 9,4 (Kat Löwv 6 'IT]oout; 'teXt; Ev8uf.L~OELt; au't'{;)v EI lTEV) zurückdenken 274, wo die Schriftgelehrten als J esu Kontrahenten aufgetreten waren. 9,2-8 und 12,25-37 sind dabei durch den - freilich unterschiedlich adressierten - Blasphemievorwurf und die Thematik der Sündenvergebung miteinander verknüpfe 75 : Haben in 9,3 die Schriftgelehrten Jesus der Lästerung bezichtigt, weil er Vergebung der Sünden zuspricht, so entlarvt Jesus die Pharisäer in seiner Replik auf ihren Vorwurf von 12,24 als die tatsächlichen Lästerer, die sich einer unvergebbaren Blasphemie schuldig gemacht haben. Illustriert 12,25f die Unsinnigkeit des Vorwurfs von V.24, so deckt V.27 dessen Böswilligkeit auf 76 , denn in ihren eigenen Reihen - infolge der matthäischen Zuweisung des Beelzebulvorwurfs an die Pharisäer werden auch die Exorzisten aus Q 11,19 zu Pharisäern277 - beurteilen die Pharisäer Dämonenaustreibungen anders 278 • In V.28 folgt dann die eigentliche Korrektur des Vorwurfs: Nicht EV 'tC\l BEEA,(EßoUA., sondern EV lTVEUf.Lan eEoD 279 , dessen Kraft Jesu Leben von Anfang bestimmt (1,18.20, sodann 3,1628 °), treibt Jesus die Dämonen aus 281 . Die Äußerung der Pharisäer von roüro A.EyW Uj.!lV (V.31) markiert die Zäsur. Die Signifikanz der Wortübereinstimmung wird noch dadurch unterstrichen, dass Matthäus das Nomen Ev9ullllaL~ nur an diesen beiden Stellen verwendet. 275 Vgl. Luz, Mt II, 255, Anm. 22. 276 Mt 12,27 setzt damit einen ähnlichen Akzent wie das Gleichnis von den spielenden Kindern in Mt 11,16-19. Siehe oben Kap. 4.3.1, S. 229. 277 Ebenso DAVIEs/ALLISON, Mt II, 338, anders Z.B. FRANCE, Mt, 208; FIEDLER, Mt, 253 mit Anm. 66 und VERSEPUT, Rejection, 223: "Jewish exorcists in general". - Die These von SHIROCK, Exorcists, 46-51, Jesu Rede von "euren Söhnen" würde seine eigenen Jünger meinen, ist schon wegen des Possessivpronomens unhaltbar. 278 Es geht hier nicht allein, wie GUNDRY, Mt, 234f notiert, um Heuchelei, sondern analog zu Mt 11,16-19 vor allem darum aufzudecken, dass die Pharisäer sich aus Prinzip gegen Jesus stellen. 279 EV lTVEUllun 9EOÜ - statt EV OUKtUA.ql 9EOÜ (Lk = Q 11,20) - ist matthäische Redaktion, durch die zum einen an das Jesajazitat in Mt 12,18 angeknüpft, zum anderen Mt 12,31f fundiert wird (vgl. GNILKA, Mt I, 456; Luz, Mt II, 255 mit Anm. 23; DAVIEsl ALLISON, Mt II, 340; HARRINGTON, Mt, 183). 280 Siehe auch im direkt vorangehenden Kontext Mt 12,18. 281 Das Logion in Mt 12,30 ist im matthäischen Kontext nicht anders denn als Teil der Anklage gegen die Pharisäer zu lesen (ebenso GIELEN, Konflikt, 130 mit Anm. 18). Ihre Aufgabe - als religiöse ,Elite' - wäre gewesen, die hirtenlosen (9,36) und verlorenen Schafe (10,6) zusammen mit Jesus zu ,sammeln'; in ihrer Bosheit tun sie jedoch genau das Gegenteil. Die Bezeichnung des Logions als "Entscheidungsruf ... , der sich sinngemäß an offene und unentschlossene Menschen und nicht an die schon entschiedenen Gegner Jesu richtet" (Luz, Mt II, 262), ist für das Wort im Kontext von Lk 11,14-23 und 273 LlLa
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
12,24 ist daher eine Lästerung gegen den in Jesus wirkenden Geist Gottes, und diese ist nicht vergebbar (12,31f). Das wiederholte und so betonte OUK &.tPE9~oE'W,L (a.ur&» (V.31.32) erhält durch die angehängte Phrase oürE EV rourU! r&) aLWVL OürE EV r&) IlEUoVn noch zusätzliches Gewicht 282 • Matthäus betont also das auf die Pharisäer zukommende Gericht. Die Anfügung von 12,33-37 bestätigt diese Intention des Evangelisten: Matthäus verarbeitet hier nach 7,16-20 noch einmal Q 6,43-45 in variierter Form. Auf das Bildwort vom Baum (Mt 12,33) folgt in V.34f dessen auf die Pharisäer gemünzte Anwendung, die mit einem "Paukenschlag,,283 einsetzt. Wie zuvor der Täufer die Pharisäer und Sadduzäer (3,7) redet nun Jesus die Pharisäer als "Otternbrut" an (s. noch 23,33). Matthäus zielt darauf, die abgrundtiefe Bosheit der Pharisäer zu betonen. Der nachfolgende TIw~-Satz unterstreicht dies: Von den Pharisäern ist aufgrund ihrer Bosheit gar nichts anderes als boshafte Rede zu erwarten 284 ; ihre Worte wider Jesus von 12,24 sind Ausdruck ihres Wesens (TIOVTjPOl ÖlI'rEi;). Wenn sie am Gerichtstag für ihre Worte Rechenschaft ablegen müssen, wird ihnen ihre Agitation gegen Jesus zur Verurteilung gereichen (12,36f). Ihr Vorwurf an Jesus, mit dem Teufel im Bunde zu stehen, ist auf sie selbst zurückgefallen; sie selbst sind die Schlangenbrut. In der hieran anschließenden Zeichenforderung hat Matthäus, wie angedeutet, ganz auf der Linie seiner Redaktion in 12,22-37 wiederum die Pharisäer, nun ergänzt um die Schriftgelehrten, als Kontrahenten eingetragen 285 : Die Zeichenforderung erscheint als ihre Replik (&TIEKpL9Tjoa.v!) auf die ihnen geltende Anklage- und Gerichtsrede Jesu286 . Auffallend ist der in BEAO/lEII ... LÖElv liegende fordernde Ton; die Schriftgelehrten und Pharisäer treten Jesus als Autoritäten entgegen 287 • Im Kontext betrachtet unterstreichen die Schriftgelehrten und Pharisäer mit ihrer Zeichenforderung, dass sie Jesu Heilungen nicht als einen stichhaltigen Ausweis für die von
wohl auch für Q 11,23 durchaus treffend, doch hat Matthäus dem Logion eine andere Stoßrichtung gegeben. 282 Vgl. Luz, Mt II, 266. 283 So treffend Luz, Mt II, 268. 284 Die mit lTW, eingeleitete Frage in Mt 12,34 ist - wie zuvor in 12,26.29 (vgl. auch 23,33!) - rhetorisch. Matthäus betont so die Unmöglichkeit des angesprochenen Sachverhalts. 285 Zur matthäischen Redaktion vgl. GNILKA, Mt I, 463f; Luz, Mt II, 273; DAVIES/ ALLISON, Mt II, 353; GIELEN, Konflikt, 147. 286 Siehe dazu bereits oben Kap. 3.1.2.3, S. 125. - Hingegen findet SAND, Mt, 266 in 12,38 eine "sehr lose" Verbindung mit dem Vorhergehenden. Die kontextuelle Kohärenz bleibt hier deutlich unterbestimmt. 287 Vgl. GIELEN, Konflikt, 141.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
239
den Volksmengen in Erwägung gezogene (12,23) Identität Jesu288 bzw. für den von Jesus selbst in 12,28 artikulierten Anspruch anzuerkennen bereit sind 289 . Im Hintergrund steht hier nach wie vor die in 11,2 eingeführte Frage der Erkenntnis des messianischen Charakters der Werke Jesu. Die konsequente Differenzierung zwischen den Volksmengen und den Autoritäten im vorangehenden Kontext spricht nun deutlich gegen die verbreitete These, dass in Jesu Reaktion auf die Zeichenforderung durch die Rede von "diesem Geschlecht" Anklage und Gerichtsansage generalisiert würden 290 . Der Kontext legt vielmehr dezidiert nahe, YEVEO: lTOV11PO: KaI. f.l.OlXaHC; in 12,39 und entsprechend ~ YEVEO: aüt11 in 12,4lf - analog zu 11,16 - ,eng' zu lesen und allein auf die adressierten Autoritäten zu beziehen291 . Dies gilt umso mehr, als das Attribut lTOV11pa im matthäischen Kontext durch die redaktionelle Einfügung von 12,33-35, genauer: durch die Anklage der Pharisäer als lTOV11P01. OVtEc; und die diese aufnehmende Rede vom bösen Menschen in V.35b, vorbereitet ist. Die durch 12,22-37 und besonders durch 12,38a geforderte Deutung von YEvEa wird durch weitere Textindizien erhärtet. Nur Matthäus hat die Zeichenforderung in direkte Rede gefasst. Zugleich hat Matthäus den Definitionssatz ~ YEVEO: aüt11 YEVEO: lTOV11pa Eonv aus Q 11,29292 aufgelöst und dafür YEVEO: 1Tov11pa, ergänzt um KaI. f.l.OlXaHc; (vgl. Mk 8,38), als Subjekt vor Ol1jlEI.OV Em(l11"EI. gestellt. Durch diese Eingriffe erscheint YEVEO: lTOV11PO: KaI. jlOlXaHC; (Mt 12,39) als direkte Aufnahme bzw. qualifizierende Umschreibung des in 8EAOjlEV (V.38) enthaltenen "Wir" der Schriftgelehrten und Pharisäer. Ein Proprium des matthäischen Textes ist sodann die Jona 2,1 aufnehmende Explikation des Jonazeichens im Sinne eines Verweises auf Tod 288 Schon die Anrede Jesu mit oLoaOKCl:AE weist auf eine sich von Mt 12,23 unterscheidende Einschätzung hin. 289 Vgl. GIELEN, Konflikt, 142. 290 Für diese These z.B. Luz, Mt II, 276; NOLLAND, Mt, 509.510; WALKER, Heilsgeschichte, 35; STRECKER, Weg, 105f; VERSEPUT, Rejection, 258f; MENNINGER, Israel, 141; GARBE, Hirte, 59 sowie HAGNER, Mt I, 353 (Jesus beschreibe die Kontrahenten "as representative of YEvEa TIOV1Jpa Kat floLXa}..L,") und GNILKA, Mt I, 465 ("Der Vorwurf erscheint auf die Gruppe der Schriftgelehrten und Pharisäer reduziert, berührt aber über sie das ganze Volk"). 291 Vgl. vor aIIem GI ELEN, Konflikt, 142-144.149f; REpSCHINSKI, Stories, 135 mit Anm. 176 sowie FIEDLER, Mt, 257, der freilich - m.E. zu Unrecht - noch innerhalb der Pharisäer einzuschränken sucht: "die Clique ,einiger' (!) pharisäischer Widersacher des Mt". Siehe ferner VAN TILBORG, Leaders, 33; SAND, Gesetz, 92; HOFFMANN, Auferweckung, 113; SALDARINI, Community, 40f; HÄFNER, Vorläufer, 260f. BAUMBACH, Verständnis, 85fbezieht nur 12,39; 16,4 sowie 23,36 auf die Pharisäer, 12,41.42 dagegen auf das jüdische Volk. 292 V gl. die Rekonstruktion in ROBINSON u.a., The Critical Edition of Q, 248f.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
und Auferstehung Jesu in Mt 12,40293 • Sie weist nicht nur auf den Todesbeschluss der Pharisäer in 12,14 zurück, sondern auch und vor allem auf 27,62f voraus 294, wo die Hohenpriester, auffallenderweise295 zusammen mit den Pharisäern296, also den Kontrahenten in 12,22-45, vor Pilatus auf Jesu Ankündigung seiner Auferstehung nach drei Tagen verweisen, um eine Bewachung des Grabes zu bewirken. Dieses Unterfangen endet freilich damit, dass die Autoritäten von den Soldaten von der wirklich geschehenen Auferstehung Jesu erfahren (28,11). Tatsächlich wird also speziell ihnen das "Zeichen des Jona" zuteil. Zugleich wird hier deutlich, dass sogar das "Zeichen des Jona" die Autoritäten nicht zur Umkehr führt; vielmehr verharren sie selbst angesichts der nach Matthäus objektiven Evidenz der Auferstehung297 in ihrer auf Selbstbehauptung bedachten Opposition. 12,41 schließt daher folgerichtig an die Explikation des Jonazeichens in 12,40 an298 : Während sich die Niniviten von Jona zur Umkehr führen ließen, hat bei den Autoritäten nicht einmal das ihnen zuteil gewordene "Zeichen" der Auferstehung Jesu zu einem Umdenken geführt. Daher werden die Niniviten im Endgericht "dieses Geschlecht" verurteilen299 • Aber auch der Verweis auf die Königin des Südens zeigt sich infolge der redaktionellen Eingriffe des Evangelisten in 11,19 und 12,23 als gut in den Kontext eingebunden: Wie die Königin des Südens (IKön 10,1-13; 2Chr 9,1-12) nach ihrem anfänglichen Zweifel (lKön 10,7; 2Chr 9,6) die Weisheit des Davidnachfolgers Salomo anerkannte, so hätten die Pharisäer das Walten der Weisheit (Mt 11,19) in den Werken des messianischen Davidssohns 293 Zur matthäi sehen Herkunft dieser Explikation s. Luz, Mt II, 273; DAVlEsl ALLISON, Mt II, 351; EDWARDS, Sign, 97. 294 Siehe dazu WEISS, Mt, 489; GUNDRY, Mt, 244f; Luz, Mt II, 277f; FRANKEMÖLLE, Mt II, 152; FIEDLER, Mt, 258.422; VERSEPUT, Rejection, 262.264f; HOFFMANN, Auferweckung, 112-114 (vgl. HOFFMANN, Zeichen für Israel, 421-423); SUHL, Beobachtungen, 352; PAUL, Texte, 110. Es ist hier freilich nicht verallgemeinernd von einem Zeichen gegen Israel zu reden (gegen Luz, Mt II, 278; VERSEPUT, Rejection, 264f; HOFFMANN, Auferweckung, 114f.123). Siehe dazu im Folgenden. 295 Bekanntlich kommen die Pharisäer sonst in der matthäisehen (wie überhaupt in den synoptischen) Passionsgeschichte(n) nicht vor. 296 Verweist Matthäus damit wiederum gezielt auf Mt 12,38-42 zurück? 297 Vgl. SCHWEIZER, Mt, 341; PAUL, Texte, 111. GNILKA, Mt I, 466 spricht von einer "Tendenz, das Auferstehungsereignis zu historisieren". 298 In Lk 11,31f stehen die beiden Logien von der Königin des Südens und den Niniviten in umgekehrter Reihenfolge. Vermutlich hat Matthäus hier die Q-Akolouthie umgestellt (ebenso GNILKA, Mt I, 464; Luz, Mt II, 273; DAvIES/ALLISON, Mt H, 351.357; GEIST, Menschensohn, 278; EDWARDS, Sign, 96fu.a.). 299 Im Hintergrund steht hier das in der frühjüdischen Apokalyptik verschiedentlich belegte Motiv der Beteiligung der Gerechten am Endgericht. Siehe dazu KONRADT, Gericht, 332f.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
241
(12,23!) Jesus anerkennen müssen. Daher gilt wiederum: Die Königin des Südens wird mit "diesem Geschlecht" im Gericht auferweckt werden und es verurteilen. Jesu Replik auf die Zeichenforderung wird in 12,43-45 ohne Markierung einer Zäsur durch das - in Q der Zeichenforderung vorangehende Wort von der Rückkehr des unreinen Geistes weitergeführt. Durch die an 12,39 anknüpfende Anfügung von olhw~ Eo'tal Kat 't1\ YEVE~ 'tall't'lJ 't1\ 1TOVT]P~ wird 12,43-45b zu einem auf dieses Geschlecht gemünzten Gleichnis. Der ö'tav-Satz in V.43a schlägt einen Bogen zurück zur Dämonenaustreibung in V.22. Thematisiert wird nun der Fall, dass der Dämon zurückkehren wird. Voraussetzung dafür, dass er erneut in dem Menschen Wohnung nehmen kann, ist, dass das "Haus" unbewohnt geblieben ist30o • Ohne Bild gesprochen: Der Geheilte hat aus dem ihm widerfahrenen Heil keine Konsequenz gezogen, er ist - anders als im Fall der beiden Blinden in Jericho in Mt 20,34 - nicht in die Nachfolge Jesu eingetreten. In diesem Fall wird der Dämon sieben andere Geister, die (noch) schlimmer sind als er, mit sich nehmen, und erneut in dem Menschen Wohnung nehmen, so dass es diesem noch schlimmer ergeht als zuvor. Die Frage ist, mit wem in 12,43-45b "dieses Geschlecht" verglichen wird. Die Mehrheit findet "dieses Geschlecht" in dem Menschen wieder, der nach der Austreibung des Dämons erneut befallen wird301 . Für die Rede von "diesem bösen Geschlecht" ist bei diesem Ansatz eine andere Deutung als die für 11,16; 12,39.41.42 vertretene geradezu zwingend302 • Denn es sind Menschen aus dem Volk, denen die heilende Zuwendung Jesu zuteil wurde. Die Alternative ist, dass Matthäus "dieses Geschlecht" mit den Dämonen vergleicht303 • Deutet man so, fügt sich 12,43-45 wesentlich besser in den Kontext ein: Das Gleichnis thematisiert die Gefahr, dass die Autoritäten erneut Einfluss auf die Menschen gewinnen, denen Jesus sich zugewandt hat 304 . Den Vergleich mit den Dämonen kann man in der 300 Ebenso Luz, Mt H, 282: axoA.a(ovto: "notiert die Voraussetzung für die Wiederbesetzung des Hauses". Siehe auch HAGNER, Mt I, 357. - axoA.&(ovto: fehlt in der Lukasparallele (Lk 11,25); es dürfte sich hier um eine matthäische Einfügung handeln. 301 Siehe FRANCE, Mt, 214; DAVIEs/ALLISON, Mt H, 360-362; Luz, Mt H, 281f; HARRINGTON, Mt, 192; HAGNER, Mt I, 356; NOLLAND, Mt, 515; VERSEPUT, Rejection, 274. 302 Siehe nur Luz, Mt H, 282; HAGNER, Mt I, 356; HUMMEL, Auseinandersetzung, 123; HASLER, YEvEa, Sp. 580; GARBE, Hirte, 119, Anm. 232. 303 So GUNDRY, Mt, 246 (s. aber zu Gundrys Deutung noch unten Anm. 304); GIELEN Konflikt, 145f; REpSCHINSKI, Stories, 140f. 304 Anders entfaltet GUNDRY, Mt, 246 den Vergleich. Nach ihm symbolisiert die Phase der Befreiung des Menschen von dem Dämon die angebliche Gerechtigkeit der Pharisäer, während die Rückkehr des Geistes "comes to represent an outburst of multiplied evil on
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
schroffen Bezeichnung der Pharisäer als "Schlangenbrut" und ihrer Charakterisierung als wesenhaft böse (12,34) vorbereitet sehen. Überhaupt verbindet Autoritäten und Dämonen in Matthäus' Sicht, dass sie Gegenspieler Gottes sind305 . "Rauben" die Autoritäten nach Mt 11,12 das Himmelreich 306, so ist es nach Mt 13,19 6 1TOVT)PO<;, der das ins Herz Gesäte raubeo 7 . Zu beachten ist ferner, dass die betonte Rede von "diesem Geschlecht, dem bösen" direkt auf hra ErEpa 1TvEullara 1Tov17PorEpa Eaurou rückverweiseo 8 und damit in V.45 selbst die Inbeziehungsetzung "dieses Geschlechts" mit den Dämonen angezeigt wird. Gut verständlich wird bei dieser Deutung schließlich auch, warum Matthäus in 12,46a mit EH atl'L'ou AaAouvro<; m'ic; OXA.DLC; fortfahrt. Matthäus denkt sich - die Szenerie ist nach wie vor die von 12,22-24 - die Volksmengen als Zeugen der Auseinandersetzung Jesu mit den Pharisäern (und Schriftgelehrten). Mit 12,46a gibt der Evangelist dem Leser zu verstehen, dass Jesus sich im Laufe seiner Replik in 12,39-45 von den Autoritäten ab- und den Volksmengen zugewandt haeo 9 • 12,43-45 muss man dabei nicht allein als Ansage des - für Matthäus längst Wirklichkeit gewordenen - erneuten Einflussgewinns der gegnerischen Autoritäten verstehen31O • Der Passus ist zunächst einmal eine Warnung: Nach der durch Jesus erfahrenen Zuwendung darf das "Haus" nicht leer bleiben; es bedarf des Eintritts in die Nachfolge und damit in den Kreis der "Familie" Jesu (12,46-50). Sonst wird man erneut den Autoritäten zum Opfer fallen. Mt 12,22-45 weist damit eine auch anderorts im Matthäusevangelium begegnende Sequenz auf: Auf die Auseinandersetzung mit den Autoritäten folgt die Belehrung des Volkes über diese (s. Mt 15,1-9 + 15,lOf und 21,2322,46 + 23,1-36). Festzuhalten ist: Auch in 12,45c ist die Rede von
the part of the scribes and Pharisees". Für Matthäus sind die Autoritäten aber durchgehend boshaft, und ferner vermischt die Deutung die Rolle der Dämonen und des Besessenen. - Wie oben GIELEN, Konflikt, 146; REpSCHINSKI, Stories, 140f. 305Vgl. GIELEN, Konflikt, 146. 306 Zur Deutung s. oben Kap. 4.3.1, S. 228. 307 apmi(EL statt a'LpEL (Mk 4,15) ist wie 0 1TovT]p6~ statt 0 aa'r:ava~ matthäische Redaktion. Setzt der Evangelist hier gezielt einen Querverweis? apmx(ELv begegnet im Matthäusevangelium ansonsten nur noch - hier basierend aufMk 3,27 - in Mt 12,29. 308 Vgl. REpSCHINSKI, Stories, 140. 309 Vgl. GIELEN, Konflikt, 146. 310 In diesem Sinn akzentuieren REpSCHINSKI, Stories, 141 und GIELEN, Konflikt, 146f.152, die freilich zugleich festhält, dass "die mt Darstellung der Rolle des Volkes als Opfer die Tendenz zu weiterem Bemühen" impliziere (152, s. auch REpSCHINSKI, Stories, 143f).
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
243
"diesem (bösen) Geschlecht" auf die Autoritäten bezogen3\l. 12,38--45 bestätigt damit zugleich die Deutung von 11,16-19. Der Markusvorlage folgend lässt Matthäus die Pharisäer, nun zusammen mit den Sadduzäern, in 16,1-2a.4 erneut von Jesus ein Zeichen fordern 312 , diesmal explizit ein Zeichen vom Himmel. Aus der markinischen Frage, warum dieses Geschlecht ein Zeichen suche (Mk 8,12), ist bei Matthäus analog zu Mt 12,39 313 - eine Aussage geworden, die solche, die ein Zeichen fordern, erneut als ein böses und ehebrecherisches Geschlecht qualifiziert. Mt 16,4 unterstreicht damit den Bezug von YEvEa lTOVTJpa KaI. flOL" au fd·le At XaIl.LC; u on·t··t a en 314 .
4.3.3 Die Gerichtsansage gegen "dieses Geschlecht" in Mt 23,34-36 Trat schon in dem Wort gegen "dieses böse (und ehebrecherische) Geschlecht" in 12,38--45 durch den in 12,31-37 vorangehenden Kontext sowie explizit in 12,4lf der Gerichtsgedanke hervor, so wird dieser durch Mt 23,34-36 am Ende der Rede wider die Schriftgelehrten und Pharisäer weiter profiliert. Die kompositorische Stellung der materialiter wesentlich auf Q 11,39_52 315 fußenden Rede im Anschluss an die Auseinandersetzungen im Jerusalemer Tempel (21,23-22,46)316 und die Einbeziehung der 0XAOL als Zuhörer neben den Jüngern (23,1) ist durch Mk 12,37b-40 inspiriere 17 . Den Weherufen geht in V.2-12 eine Kritik nicht nur an der Lehre der Schriftgelehrten und Pharisäer318 - sie bürden den Menschen schwer zu 311 Ebenso die oben S.241 in Anm.303 Genannten. Siehe ferner VAN TILBORG, Leaders, 33; SAND, Gesetz, 92. 312 Siehe zu Mt 16,1-2aA bereits oben Kap. 3.1.2.3, S. 128. 313 Jesu Antwort in Mt 16,4 entspricht, von der Auslassung der Kennzeichnung Jonas als Propheten abgesehen, wörtlich 12,39. 314 Anders z.B. SAND, Mt, 320f; GNILKA, Mt II, 41; LUCK, Mt, 184 (böses und ehebrecherisches Geschlecht als "Bezeichnung des durch Pharisäer und Sadduzäer repräsentierten Volkes"). 315 Gegen die Q-Hypothese für Mt 23 NEWPORT, Sourees, 16f.51-53. Zu weiteren Theorien s. a.a.O., 19-48.53-55. 316 Vgl. oben Kap. 3.1.2.5, S. 136-145. 317 Vgl. oben Kap. 3.1.2.5, S. 145. 318 Mt 23,3a scheint auf dem ersten Blick auf eine grundSätzliche Akzeptanz der Lehre der Schriftgelehrten und Pharisäer zu verweisen (vgl. z.B. GARLAND, Intention, 20t), dürfte aber angesichts der vorangehenden Auseinandersetzungen über die Lehre (s. dazu KONRADT, Erfüllung, 141-150), der in <pop·tCa ßapEa (23,4) implizierten Kritik (vgl. den Kontrast zu 11,30!), der 23,2 mehr als relativierenden Herausstellung Jesu als des einen Lehrers in 23,8.10 und der in den nachfolgenden Weherufen erhobenen Vorwürfe (s. vor allem 23,13 sowie 23,16-26 [dazu unten S. 245]) primär als Widerlager für 23,3b fungieren (vgl. BEARE, Mt, 448; FRANCE, Mt, 324; BANKS, Jesus, 176f; PRZYBYLSKI, Setting,
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
tragende Lasten auf (V.4) -, sondern auch und vor allem an ihrer Praxis voran: Dem, was sie anderen auflasten, kommen sie selbst nicht nach (V.3f), und wenn sie etwas tun, dann nur, um von den Menschen gesehen zu werden (V.5, vgl. Mt 6,1-18). Überhaupt sind sie allein auf soziale Anerkennung und Verehrung aus (Mt 23,6f)319. Die in V.7fin redaktionell angeftigte Notiz, dass sie sich gern "Rabbi" nennen lassen, dient Matthäus als Widerlager für die in 23,8-12 eingestellte Unterweisung, in der Jesus eine nicht-hierarchische, geschwisterliche Sozialstruktur anmahnt, die allein Gott als "väterliche" Autorität und mit Christus nur einen Lehrer kennt. Es ist evident, dass es hier um die Gemeinschaftsstruktur des Jüngerkreises bzw. der ecclesia geht, doch bedeutet dies nicht, dass sich der Passus von V.8 an nur an die Jünger wendee 20 . Vielmehr sind zugleich die ÖXAOl als Zuhörer aufgerufen, sich von den bisherigen Autoritäten ab- und Jesus als dem einen Lehrer zuzuwenden (vgl. Mt 11,28-30). Eine Änderung der in 23,1 vorgestellten Szenerie wird auch in 23,13(ff) nicht angezeigt. Anders als in der lukanischen Szenerie (Lk 11,37-52) sind in den Weherufen in Mt 23,13-36 demnach nicht die in der 2. Person Plural adressierten Schriftgelehrten und Pharisäer die tatsächlichen Zuhörer, sondern nach wie vor die Jünger und Volksmengen (23,1)32\. Matthäus benutzt also das rhetorische Mittel der Apostrophe 322 : Die tatsächlichen Hörer und die formal Angeredeten treten auseinander. Die Weherufe fahren damit fort, die Volksmengen und die Jünger vor den Schriftgelehrten und Pharisäern zu warnen 323 .
188, anders FIEDLER, Pharisäer, 199.211 u.ö.; REINBOLD, Pharisäer,61-64.65f), d.h. Matthäus will den Ton auf den "heuchlerischen" Widerspruch zwischen Lehre bzw. Reden und Handeln der Schriftgelehrten und Pharisäer legen. Nicht plausibel ist der Vorschlag von POWELL, Moses, 431-435, nach dem sich das "Sagen" in 23,3a nicht auf die Gesetzesauslegung, sondern allein auf das Vorlesen der Tora beziehe, während "tu Epya atm.0v "their interpretation of Moses both through verbal teaching and practiced lifestyle" (432) meine. Dazu passt die Gegenüberstellung von Sagen und Tun in 23,3fin nicht. 319 Matthäus hat hier Mk 12,38f verarbeitet und erweitert, während er die Sozialkritik in Mk 12,40a - wie dann auch Mk 12,41-44 um des direkten Anschlusses von Mt 24,lf par Mk 13,lfan Mt 23,37-39 willen - übergangen hat. 320 Ebenso FRANKEMÖLLE, Pharisäismus, 155. Anders Luz, Mt III, 291. 321 Vgl. GNILKA, Mt II, 269; LUCK, Mt, 254; MINEAR, Disciples, 36f und FRANKEMÖLLE, Pharisäismus, 153.176. Anders DAVIEs/ALLISON, Mt III, 258.308; MEIER, Vision, 162; NEWPORT, Sources, 70. 322 Zum rhetorischen Mittel der Apostrophe s. Lausberg, Handbuch, §§762-765. 323 Vgl. im Blick auf die Jünger Mt 16,5-12, ferner 15,12-14 (zur Szenerie s. oben Kap. 3.1.2.3, S. 127, Anm. 172).
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
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Die planvolle Anordnung der sieben Weherufe 324, in der in einer symmetrischen Komposition drei Gruppen325 (2+3+2 Weherufe) zu erkennen sind, geht sicher auf die Hand des Evangelisten zurück326 • Die ersten beiden, umfangsmäßig knapp gehaltenen Weherufe (23,13 .15) thematisieren das "Verhältnis der Schriftgelehrten und Pharisäer zu den anderen Menschen und deren Heil,,327. Diese Eröffnung passt zweifelsohne gut zur beschriebenen Szenerie: Wenn die angeredeten Volksmengen sich unter die Autorität der Schriftgelehrten und Pharisäer begeben, bleibt ihnen das Himmelreich verschlossen. Es folgt in V.16-26 eine Dreiergruppe von Weherufen, in denen die Halacha bzw. das ToraverständIiis der Schriftgelehrten und Pharisäer angegriffen wird. Alle drei Anklagen lassen sich dabei aus dem vorangehenden Kontext illustrieren328 • Zur Torathematik passt, dass in allen drei Weherufen dieser Gruppe - und zugleich nur in diesen drei (!) - das in den Q-Weherufen nicht begegnende Motiv der Blindheit der Schriftgelehrten und Pharisäer eingefügt ist (Mt 23,16 329 .17.19.24.26), das Matthäus bereits in 15,14 gegen aus Jerusalem herbeigekommene Pharisäer und Schriftgelehrte gerichtet hatte und das sich in weiterem Sinne auch durch die wiederholten Vorwürfe der Schrift324 Die Vollständigkeit symbolisierende Siebenzahl der Weherufe findet sich auch in der Logienquelle. Matthäus hat freilich Q 11,46 und Q 11,43 bereits in Mt 23,4 und 23,6.7a verarbeitet. Um wieder auf sieben zu kommen, fügt Matthäus in 23,15 und 23,16-22 zwei andere Weherufe ein. 325 Vgl. zur folgenden Untergliederung Luz, Mt III, 316-318; NOLLAND, Mt, 932; SALDARINI, Delegitimation, 673. - Diese Gliederung ist nicht konkurrenzlos. So bilden z.B. nach FIEDLER, Mt, 350 die ersten sechs Weherufe "drei thematisch verwandte Paare", während der siebte Weheruf "aus der Reihe" falle. GARLAND, Intention, 32f sieht zwischen 23,28 und 23,29 eine Zäsur und bindet den siebten Weheruf (23,29-36) mit 23,37-24,2 zusammen, zerstört damit aber die Siebenerstruktur. 326 Dass Matthäus die Q-Akolouthie verändert hat, ist m.E. nicht anzuzweifeln (vgl. Luz, Mt III, 318-320; GARLAND, Intention, 17f). Allerdings lässt sich die Anordnung der Weherufe in Q nicht über alle Zweifel erhaben rekonstruieren, da Umstellungen auch von Lukas nicht auszuschließen sind. 327 Luz, Mt III, 317. 328 Der dritte Weheruf (Mt 23,16-22) nimmt die Thematik der vierten Antithese in Mt 5,33-37 auf. Zu beachten ist dabei, dass die Thesen im matthäischen Verständnis schwerlich einfach Toragebote wiedergeben, sondern das unzureichende Toraverständnis der Schriftgelehrten und Pharisäer (vgl. Mt 5,20) illustrieren (s. dazu oben Kap. 2, S. 17, Anm. 2). Der vierte Weheruf (Mt 23,23f) nimmt die Vorordnung sozialen Verhaltens vor ritueller Observanz auf, wie sie zuvor z.B. durch die zweimalige Zitation von Hos 6,6 (Mt 9,13; 12,7) hervorgetreten ist. Der fünfte Weheruf (Mt 23,25f) lässt schließlich an die Kontroverse in Mt 15,1-20 zurückdenken. 329 Matthäus variiert hier die Eröffnung der Weherufe durch die Ersetzung von ypaj.!j.!a1:E'ic; KaL cI>apwa'ioL durch 06TJYOL 1:U
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
unkenntnis 330 illustrieren lässt. Die Anklage kulminiert dann in Mt 23,2736 in zwei Weherufen, in denen der matthäische Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern allgemein und grundsätzlich zum einen ihre - die Selbstinszenierung als Gerechte widerlegende - tatsächliche Gesetzlosigkeit vorwirft und sie zum anderen - als Klimax - der Verfolgung der Propheten und (wirklich) Gerechten beschuldigt. Dieser siebte, mit einer scharfen Gerichtsansage einhergehende Weheruf bildet den engeren Kontext des Wortes gegen "dieses Geschlecht" in V.36. Wie der sechste Weheruf operiert auch Mt 23,29-31 mit der Entgegensetzung von äußerem Anschein, den die Schriftgelehrten und Pharisäer sich geben, und ihrem tatsächlichen Verhalten. Die Worte, die ihnen in V.30 in den Mund gelegt sind, sind dabei mit Hintersinn formuliert 33 !: Sie distanzieren sich von den Prophetenmärdern mit der Behauptung, sie wären, hätten sie damals gelebt, nicht am "Blut" der Propheten beteiligt gewesen - schon hier begegnet das in der Gerichtsansage in V.35f wiederkehrende Blutmotiv - , reden von den Mördern aber als von ihren Vätern (tWV Tl"CXtEPWV TII.uJv). Damit aber bezeichnen sie sich selbst, wie V.31 festhält, als Söhne der Prophetenmörder, doch meint die Anklage in V.31 damit nicht bloß Abstammung in genealogischem Sinn, sondern Zugehörigkeit bzw. Zusammengehörigkeit aufgrund gleichen oder verwandten Verhaltens 332 . Den ,Beleg' für die tatsächliche Zugehörigkeit erbringt dann zum einen das Sendungswort in V.34 333 , wobei vorausgesetzt ist, dass die von Jesus 334 ausgesandten Boten in der Reihe der Propheten stehen335 . Zum anderen erscheint für den Leser V.30 schon wegen der vorangegangenen Opposition der Schriftgelehrten und Pharisäer gegen Jesus, "den Propheten aus Nazareth in Galiläa" (21,11), als Heuchelee 36 (s. nur 12,14; 21,46[!]; 22,15).
330 Siehe Mt (9,13); 12,3.5.7; 19,4; 21,16.42 sowie auch 22,41-46. An die Sadduzäer gerichtet Mt 22,31. 331 Hingegen konstatiert FIEDLER, Mt, 355, hier bleibe "die Logik auf der Strecke". 332 Vgl. SAND, Matthäus-Evange1ium, 101f, s. auch FRANKEMÖLLE, Mt H, 378; GARLAND, Intention, 165f. - Vgl. zu diesem Gebrauch von uia<; im Matthäusevangelium 9,15 ("die Söhne des Brautgemachs" = die Hochzeitsgäste); 12,27 ("eure Söhne" als Bezeichnung von Exorzisten aus dem Kreis der Pharisäer) sowie auch "die Söhne des Reiches" (8,12; 13,38), "die Söhne des Bösen" (13,38) und "den Sohn der Hölle" (23,15), ferner die "Söhne Gottes" (5,9) und die "Söhne des Vaters im Himmel" (5,45). 333 Zur redaktionellen Erweiterung der Q-Fassung in Mt 23,34fin s. unten Anm. 352. 334 EYW ist eigens hinzugesetzt und betont so das Subjekt der Sendung. ~ ao
4.3 Die Worte gegen" dieses Geschlecht"
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Im matthäischen Kontext bezieht sich das durch ÖleX. WUtO angeschlossene Sendungswort insbesondere auf den sarkastischen, wohl von Matthäus zusammen mit V.33 eingefügten Imperativsatz in V.32 337 : Die Sendung geschieht hier demnach, damit das Sündenmaß 338 der "Väter" der Schriftgelehrten und Pharisäer voll wird339 - die Verfolger der Jesusboten bilden also mit den Prophetenmördern ein die Zeiten übergreifendes Schuldkollektiv340 - und so das Gericht über sie hereinbrechen kann (V.33). Die Ablehnung der Jesusboten durch die Schriftgelehrten und Pharisäer wird damit als - angesichts ihrer bisherigen Haltung und des Verhaltens ihrer Väter - erwartet bzw. von Jesus vorhergesehen dargestellt. Die invektivische Anrede in V.33 weist auf Mt 3,7 und 12,34 zurück, wo ebenfalls die Pharisäer (in 3,7 zusammen mit den Sadduzäern) anvisiert sind; die rhetorische Frage in 23,33 verstärkt den Rückverweis auf die Gerichtspredigt des Täufers noch 341 • Die Ausrichtung auf die Autoritäten wird durch diese intratextuellen Bezüge bekräftigt: Wie in 3,5-10 zwischen dem zu Johannes hinausgehenden Volk und den Pharisäern und Sadduzäern unterschieden ist, so in 12,22-45 zwischen den OXAOl und den Pharisäern (und Schriftgelehrten). V.35 nimmt die in V.33 hervorgetretene Gerichtsperspektive auf. Die Formulierungen H6lJ ECP' 1lf..I.U!;; lTUV aLf..I.a 6lKalov •.. (V.35) und ~~El tauta 1T!x.vtex hTL t~V YEvEav texUtT]V (V.36) verknüpfen die Gerichtsansage mit der nachfolgenden Passionsgeschichte, insbesondere mit dem Ruf des Vol337 Die redaktionelle Herkunft von Mt 23,33 ist kaum zu bestreiten. Zu V.32 gehen die Meinungen auseinander. Für Tradition, wofür man auf die Berührungen mit 1Thess 2,15f hinweisen kann (vgl. KONRADT, Gericht, 81, ablehnend zu einem Zusammenhang zwischen Mt 23,29-36 und lThess 2, 15f TUCKETT, Tradition, 165-167), votieren DA VIES/ ALLISON, Mt III, 303.306. Eher an matthäisehe Redaktion denken GUNDRY, Mt, 468f; Luz, Mt III, 343; HAENCHEN, Matthäus 23, 52, s. auch NEWPORT, Sourees, 150f. - KaL UflELs in V.32 ist m.E. zum vorangehenden Satz zu ziehen. 338 Zur Vorstellung, dass Gott den Sünden ein bestimmtes Maß gesetzt hat, s. Gen 15,16 (vgl. dazu Jub 14,16); 2Makk 6,14f; Jub 29,11; LAB (3,3); 26,13; 36,1; 41,1; (47,9); 1Thess 2,16; Barn 5,11; EvPetr 5,17. - Vgl. STUHLMANN, Maß, 93-98.103-105. 339 Vgl. Luz, MtIlI, 372; DAVIEs/ALLISON, MtIlI, 315; FIEDLER, Mt, 355; KNOWLES, Jeremiah, l36. Anders GNILKA, Mt II, 300. Völlig verdreht wird der Zusammenhang von Mt 23,34 mit dem Voranstehenden bei FRANKEMÖLLE, Mt II, 382: "Damit ihr dem Gericht der Hölle entkommt, um euch zur Besinnung zu bringen." 340 Dieser Aspekt ist bereits in 21,33-22,10 impliziert, denn auch hier werden die Autoritäten zur Zeit Jesu (21,37-39) und der Jesusboten (22,3-6) mit den Autoritäten früherer Zeiten zusammengeschlossen (21,34-36). Anders gesagt: Die Winzer repräsentieren die Autoritäten in Israel von der Zeit der Propheten an bis hin zu Jesus, und durch 22,3-6 wird ferner die nachösterliche Zeit einbezogen. 341 Siehe die ähnliche Frage 1:l~ UTTEÖEl~EV UflLV <jlUYELV aTTo 1:ils flEA.A.OUOTjs apYils; in Mt 3,7.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
kes in 27,25 (1"0 aLj..La au"t"Ou ECP' ~j..Lii~ Kat hr't. 1"a 1"EKVa ~j..Lwv). Ferner findet die - wohl durch Thr 4,13 beeinflusste 342 - qualifizierende Wendung aLj..La oLKaWV ihr Pendant in Judas' Rede vom aLj..La &ec;Jov im Blick auf Jesus in 27,4 sowie in den entsprechenden Worten des Pilatus in 27,24, zumal diesen das Votum seiner Frau vorangeht, er solle nichts mit "diesem Gerechten" zu schaffen haben (27,19). Freilich erscheint in 23,29-36 wie auch in 22,2-7 - nicht Jesu Tod allein als Grund für das Gericht; vielmehr ist die auch nachösterlich ausgebliebene Umkehr (vgl. 27,62-66; 28,11-15!) und die damit einhergehende Ablehnung und Verfolgung der Jesusboten einbezogen. Im Blick auf das Verständnis der Rede von "diesem Geschlecht" in 23,36 und damit auf die Frage nach dem hier anvisierten ,Objekt' des Gerichtshandelns Gottes verdient nun Beachtung, dass in Mt 23,35fEA.9lJ Ecp' ,- un d T)..,n "I: ,.. • 1 h en343 . D·le mIt . h 0 h er VJlW; ... E7TL '1]V YEVEaV mV'1]v para11 este Wahrscheinlichkeit redaktionelle Wendung E<j>' Uj..Lii~344 verweist im Kontext eindeutig auf das "Ihr" der Gerichtsaussage in V.33 zurück, also auf die Schriftgelehrten und Pharisäer. Sie können dem Höllengericht nicht entfliehen, da sie das Maß ihrer Väter anfüllen, so dass das gerechte Blut von Abel bis Sacharja über sie kommt. Im matthäischen Duktus erscheint hL 1"~V YEVEaV 1"au1"T)v in 23,36 damit als nichts anderes denn als Substitut für E<j>' Uj..Lii~345, was sich nahtlos den Belegen in 11,16-19; 12,38-45 und I
342 Vgl. GUNDRY, Mt, 470f; MOFFITT, Bloodshed, 305-308. - Die Wendung begegnet in der LXX nicht allzu oft, s. neben Thr 4,13 noch Joel 4,19; Jona 1,14, ferner IX.ljllX. ÖlKIX.LOU in Prov 6,17, frühjüdisch noch LAB 62,5 (David zu Jonatan über die Nachstellungen Sauls): "Et nunc timeo ne interficiat me, ne perdat pro me vitam suam. Sanguinem enim iustum numquam effudi". Ecjl' ujla~ in Mt 23,35 hat in Ecjl' i)jla~ in Jona 1,14 ein Pendant. Für Thr 4,13 aber spricht, dass dort wie in Mt 23,35 vom Vergießen des Blutes die Rede ist (.. :t:wv EKXEOVTWV IX.tjllX. ÖLKIX.LOV, s. aber auch Joel 4,19) und es ferner wie in Mt 23,37ffum die Tempelzerstörung geht. Zudem stehen in Thr 4,13 mit den Propheten und Priestern analog zu Mt 23 ebenfalls die Autoritäten in der Kritik (vgl. MOFFITT, Bloodshed, 306). Zu verweisen ist ferner auch auf Jer 26,15 (= 33,15 Lxx) (vgl. WINKLE, Model, 168). Jer 26 dürfte überhaupt im Kontext der matthäischen Deutung der Zerstörung Jerusalems/des Tempels als Strafgericht für die Tötung Jesu (und seiner Boten) und der Bedeutung der Rede von unschuldigem Blut in diesem Zusammenhang ein für Matthäus wichtiger Intertext gewesen sein (vgl. WINKLE, Model, 163-171; KNOWLES, Jeremiah, 199-203.220.245 und KONRADT, Deutung, 224). 343 In Q dürfte in beiden Sätzen von "diesem Geschlecht" die Rede gewesen sein. Vgl. ROBINSON u.a., The Criticial Edition of Q, 286-289. 344 Vgl. GUNDRY, Mt, 470. 345 In diesem Sinn auch HÄFNER, Vorläufer, 261; REpSCHINSKI, Stories, 45; HARTIN, Woes, 280 sowie GUNDRY, Mt, 472: "By context 'this generation' means the scribes and Pharisees" (s. auch GIELEN, Konflikt, 341). GUNDRY sieht dabei in der Verbindung der Schriftgelehrten und Pharisäer mit den Mördern der alttestamentlichen Propheten einen Beleg dafür, "that he [sc. Matthäus, M.K.] does not take 'this generation' in a sense
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
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16,1-4 einfügt. Der Wechsel von Eep' uj..Lii<; zu E1T1. 't~V YEVEav 'tau't'llv läuft analog zu 12,38f, wo, wie gesehen, YEvEa 1TOV'Ilpa KaI. j..LOlXaH<; (V.39) das in 8EJ..Oj..LEV (V.38) enthaltene, auf die Schriftgelehrten und Pharisäer bezogene "Wir" aufnimmt. Diese Deutung von V.36 wird ferner durch V.35b erhärtet. Ob hier der Bogen von Abel bis zum in 2ehr 24,20-22 erwähnten Priester Sacharja geschlagen wird346 und damit vom Anfang der Schrift zu ihrem Ende 347 oder, was m.E. die unwahrscheinlichere Option ist, von Abel zum laut Josephus, Bell IV 334-344 von Zeloten im Tempel (IV 343) ermordeten Sacharja, dem Sohn des Bareis 348 , und damit chronologisch vom Anfang der chronologically limited to Jesus' contemporaries, but in a qualitative sense concerning the 'unbelieving and perverted' ... " (Mt, 472). - Eine Ausweitung der Gerichtsperspektive zwischen V.35 und V.36 oder näherhin eine Deutung von Tj YEVEa. (&\'1') auf ganz Israel bzw. die (damals) lebende Generation Israels (für ein temporales Verständnis s. z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 310; NOLLAND, Mt, 948) postulieren hingegen SAND, Mt, 474; GNILKA, Mt II, 296.302; HAGNER, Mt II, 678; Luz, Mt III, 374 (vgl. Luz, Wehe, 266); STRECKER, Weg, 113; HARE, Theme, 151f (s. auch HARE, Rejection, 39); GARLAND, Intention, 186f; MEIER, Vision, 165f; STANTON, Gospel, 159; H.-J. BECKER, Zerstörung, 60.68 sowie NEWPORT, Sources, 149 mit Anm. 2, der schon von V.32 an eine Ausweitung von den Schriftgelehrten und Pharisäern auf "all Jews in general" (70) sieht. 346 So FRANCE, Mt, 330f; LUCK, Mt, 253; GUNDRY, Mt, 471; HAGNER, Mt II, 677; DAVIES/ALLISON, Mt III, 318f; FRANKEMÖLLE, Mt II, 383f; Luz, Mt III, 372-374; NOLLAND, Mt, 946f; FIEDLER, Mt, 356f; H.-J. BECKER, Zerstörung, 64 mit Anm. 13; TAYLOR, Destruction, 289; HAM, King, 92-94. - Das Problem dieser Identifizierung besteht darin, dass der Priester (!) Sacharja nach 2Chr 24,20 Sohn des Priesters Jojada ist. Im Alten Testament tragen hingegen zwei Personen den Namen "Sacharja, Sohn des Berechja", nämlich ein Zeitgenosse Jesajas (Jes 8,2) und der Prophet Sacharja in Sach 1,1. Von beiden sagt jedoch weder das Alte Testament noch die erhaltene frühjüdische Überlieferung, dass sie ermordet wurden (zum Propheten Sacharja [Sach 1,1] s. vielmehr VitProph 15,6). Man müsste also eine Namensverwechslung annehmen, was freilich kein gravierendes Problem darstellt (s. Luz, Mt III, 374; BLANK, Death, 328-333 und KNOWLES, Jeremiah, 138, der sogar eine gezielte Kombination des Priesters Sacharja mit dem Schriftpropheten postuliert). Für die Identifizierung des Sacharja in Mt 23,35 mit Sacharja ben Jojada kann man auf dessen Aufnahme in den Propheten-Viten verweisen (VitProph 23). Der besondere Frevel der Tötung "in der Nähe des Altars" (23,1) ist dabei als gewichtiges Motiv aufgenommen, denn VitProph 23,2 führt aus: "Seitdem ereigneten sich Vorzeichen von erschreckendem Eindruck im Tempel" (Übers. Schwemer). 347 Vgl. GUNDRY, Mt, 472; Luz, Mt III, 374; DAVIES/ALLISON, Mt III, 319; FRANKEMÖLLE, Mt II, 383f; HAGNER, Mt II, 677; NOLLAND, Mt, 947. - Vorausgesetzt wäre dann die Schlussstellung der Chronikbücher, wie sie im Kanon der Hebräischen Bibel anzutreffen ist. Kritisch zu dieser Annahme PEELS, Blood, bes. 586f.594-599. 348 So HARRINGTON, Mt, 328.329; GNILKA, Mt II, 301f; FASCHER, Untergang, Sp. 85; KÜNZEL, Studien, 95; DÖPp, Deutung, 22f. Voraussetzen muss man bei dieser Deutung, dass uLoii BapaXLou nicht in Q stand, sondern eine matthäische Hinzufügung ist (für die Zuweisung zu Q aber Luz, Mt III, 368); oder aber man müsste für Q eine Spätdatierung postulieren.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Menschheitsgeschichte bis hin in die unmittelbare Gegenwart des Matthäus bzw. bis kurz vor die Zerstörung des Tempels geschlagen wird, spielt dabei keine zentrale Rolle - in beiden Fällen soll V.35b ,Vollständigkeit' anzeigen. Von zentraler Bedeutung ist vielmehr, dass es ausweislich der Erwähnung Abels nicht um einen Abriss der - bekanntlich erst mit Abraham beginnenden (v gl. Mt 1,2!) - Geschichte Israels gehe 49, was im Übrigen gut dem oben notierten nicht-genealogischen Sinn von ULOL als Ausdruck der Zugehörigkeit korrespondiert. Ebenso geht es dann bei "diesem Geschlecht" nicht um eine Umschreibung Israels bzw. der jetzt lebenden Generation Israels, sondern um das , Geschlecht der Mörder', als dessen gegenwärtige Vertreter die Schriftgelehrten und Pharisäer benannt werden. Gegen die Deutung der 2. Person Plural in V.34f auf die Schriftgelehrten und Pharisäer ist geltend gemacht worden, dass Jesus die Jünger nicht bloß zu diesen, sondern zu ganz Israel gesandt hat, so dass für V.34 "ein unmerklicher Adressatenwechsel,,35o anzunehmen sei und daher die Gerichtsansage ganz Israel gelte351 . Nun geschieht die Sendung hier, wie gesehen, um das Sündenrnaß voll zu machen. Dies aber ist keineswegs nach Mt 10 als Gesamtperspektive für die Sendung der Jünger zu verallgemeinern. Mt 23,34 redet also aspekthaft, so dass einer ,engen' Deutung von npo<; Uf.1&.<; nichts im Wege steht. Das Pendant zu Mt 23,34 steht in Mt 10 nicht in 10,6, sondern in 10,16(_23 352); als Analogie ist ferner auf Mt 22,2-6 zu verweisen 353 . Auf der Kommunikationsebene des Evangelisten betrachtet weisen alle diese Texte auf die aktiv geführte Auseinandersetzung von Christusgläubigen mit Vertretern der Pharisäer. Eine Ausweitung der Gerichtsperspektive auf ganz Israel ist schließlich auch nicht durch die Anfügung der Klage über Jerusalem in 23,37-39 354 349 Gegen SAND, Mt, 474; GNILKA, Mt 11, 300; STECK, Israel, 293f; MARGUERAT, Jugement, 361. Luz, Mt 111,372 vermerkt zwar, dass Abel und Kain keine Juden waren, doch führt ihn dies nicht zu einer Infragestellung der Deutung auf die Geschichte Israels, sondern umgekehrt zu dem Postulat, dass "bereits der Q- Text keine Hemmungen [hat], die Ermordung Abels als Anfang der jüdischen Morde an Propheten und Gerechten zu bezeichnen" (Hervorhebung im Original). 350 Luz, Mt III, 291. In diesem Sinne ferner z.B. GARBE, Hirte, 90 (Anm. 70) und 106 sowie SAND, Mt, 473: "Die von Jesus Angesprochenen [,pros hymas'] sind das ganze Volk [Israel], näherhin die Generation Jesu und der Urgemeinden." 351 So Luz, Mt III, 371 (vgl. Luz, Antijudaismus, 313t); GARBE, Hirte, 90-93 u.a. 352 Der Rückverweis auf Mt 10,17 durch Kat E~ alm3v J!aon Yu\OHE EV ,aL~ ouvaywyaL~ uJ!wv und auf Mt 10,23 durch Kat ÖLW~HE &:1T0 1TOJ..EW~ EL~ 1TOJ..LV in Mt 23,34 unterstreicht dies. 353 Zur Deutung oben Kap. 4.1.4. 354 Lukas bringt den Q- Text bekanntlich in einem anderen Zusammenhang (Lk 13,34t). Die Anfügung an die Weherede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer geht auf die Hand des ersten Evangelisten zurück (ebenso Luz, Mt 111, 377; HARE, Theme,
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
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Matthäus wiederholt damit die bereits in 22,2-7 begegnende Verbindung der Zerstörung Jerusalems mit der Reaktion der Autoritäten auf die Sendung der Jünger - zu registrieren, da, wie bereits deutlich wurde, Jerusalern in der matthäischen Konzeption keineswegs für Israel steht355 • Die nahtlose Anknüpfung des Wortes gegen Jerusalem in 23,37-39 an die Weherede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer356 sowie vor allem die von Matthäus in 23,35 als Parallele zu 27,25 gestaltete Wendung v..6lJ ECP' Ufliic;; niiv alflIX 6lKIXLOV ... bestätigen vielmehr umgekehrt die in Kap. 3.2 vorgetragene Auslegung des Blutrufes in 27,25: Die Zerstörung Jerusalems deutet Matthäus als Gericht an den Opponenten Jesu, an den Prophetenmördern, sowie an denen, die sich von diesen zur Opposition gegen Jesus verführen ließen (27,20), nicht aber als Gericht allgemein an Israel. Die eigentlich treibenden Kräfte sind dabei die Autoritäten357 . Sie reißen wie im Falle Jerusalems die von ihnen Verführten mit ins Verderben. Die nahtlose Anknüpfung des Wortes gegen Jerusalem in 23,37-39 an die Weherufe reflektiert diesen Zusammenhang358 . Die Ablehnung einer pauschalisierenden Deutung von 23,34-39 findet im Übrigen Bestätigung, wenn man den doppelten Gerichtshorizont in diesen Versen beachtet. Erscheint in 22,7 die Zerstörung der Stadt als Strafe für die Misshandlung und Tötung der Boten, so nimmt 23,38 diese Perspektive auf. Dem fügt sich ein, dass, wie gesehen, auch 27,25 die Zerstörung Jerusalems als Strafe für den Tod Jesu anvisiert359 • Zugleich steht 23,34-36 aber durch V.33 unter dem Vorzeichen des eschatologischen Ge94f; GARLAND, Intention, 187-197; MARGUERAT, Jugement, 356, anders DAVIES/ ALLISON, Mt III, 312; NOLLAND, Mt, 949; BULTMANN, Geschichte, 120; SCHÜRMANN, Redekomposition, 56-58). 355 In diesem Sinne auch FRANKEMÖLLE, Mt II, 385. Anders FRANCE, Mt, 331; SAND, Mt, 475; GNILKA, Mt II, 302; HAGNER, Mt II, 680; Luz, Mt III, 385; Luz, Mt IV, 450; FIEDLER, Mt, 358; WALTER, Tempelzerstörung, 46f; GARLAND, Intention, 197-200; STANTON, Gospel, 154; KNOWLES, Jeremiah, 141; NEWPORT, Sources, 153f; H.-J. BECKER, Zerstörung, 60; GARBE, Hirte, 104. 356 HARE, Theme, 96 verweist mit Recht darauf, dass das Jerusalemwort durch seine kompositionelle Stellung im Matthäusevangelium eine ihm ursprünglich fremde antipharisäische Stoßrichtung erhält. 357 Dazu passt als Detail, dass die Abfolge der Partizipien alTOK"[ELvouaa ... Kat AL90ßoAoüaa in Mt 23,37, zieht man den weiteren Kontext hinzu, das Verhalten der für die Autoritäten stehenden Winzer in 21,35 (zur Deutung auf die Autoritäten s. oben Kap. 4.1.3) aufnimmt bzw. Matthäus, diachron betrachtet, 21,35 im Licht des in 23,37 aus Q aufgenommenen Jerusalem-Wortes neu formuliert haben dürfte (vgl. KNOWLES, Jeremiah, 181f). 358 Vgl. LUCK, Mt, 246 zu Mt 23: "Das Schicksal Jerusalems ... wird ... auf das Verhalten seiner führenden Schichten zurückgeführt." 359 In der ,offenen' Formulierung von Mt 23,37 kann man Jesu Tod impliziert sehen.
252
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
richts, d.h. allein im Kontext des siebten Weherufes in 23,29-36 betrachtet ist V.35f auf das Endgericht zu beziehen36o . Die Zerstörung Jerusalems als innergeschichtliches Gerichtshandeln Gottes und das Endgericht sind hier also in 23,29-39 auf eine noch näher zu kennzeichnende Weise miteinander verknüpft, und diese Verbindung wird durch die Analogie zwischen 23,29-36 und 22,2-7 und die Querverbindung von 23,35f zu 27,25 über das Blutmotiv untermauert. Wenn nun die Zerstörung Jerusalems als Kollektivstrafe an Israel gedeutet wird, wird eine Verweisfunktion der Zerstörung der Stadt im Blick auf das Endgericht jedoch problematisch, weil dem dann andere explizite Aussagen des Evangeliums wie die fortbestehende Aufgabe der Sendung zu Israel oder auch Mt 19,28361 entgegenstehen. Anders gesagt: Wenn man die Zerstörung Jerusalems als Gericht an Israel deutet, muss man einen Zusammenhang mit dem Endgericht abstreiten und postulieren, dass die mit der Tötung Jesu und seiner Boten aufgeladene Schuld durch Gottes Gerichtshandeln an Jerusalem abgetan ise62 . Schon im Duktus von Mt 23,29-39 ist dieser Ansatz aber, wie gesehen, nicht haltbar. Das Problem besteht hingegen nicht, wenn man die aus den angesprochenen Gründen ohnehin fragwürdige Kollektivthese fallen lässt: Konsequenz der Verantwortungsübernahme für den Tod Jesu wie für die Verfolgung der nachösterlichen Jesusboten ist die Zerstörung der "Stadt der Mörder" (22,7) wie deren eschatologische Verdammnis. Erstere verweist dabei auf die Gewissheit der Letzteren. Die Zerstörung Jerusalems wird von Matthäus also als Beleg interpretiert, dass die Gegner Jesu und seiner Jünger dem eschatologischen Strafgericht Gottes anheimfallen werden. Von einem kollektiv Israel treffenden Strafgericht ist weder in 23,35f noch in 23,37-39 die Rede. Nach 23,38 manifestiert sich Gottes Gerichtshandeln konkret darin, dass "euer Haus verödet zurückgelassen wird". Der Kontext, besonders 24,lf, legt nahe, 6 oIKo~ Uf.1WV nicht allgemein auf die Stadt, sondern speziell auf den Tempee 63 zu beziehen364 (s. auch Mt 21,13). In 21,1-17 ist 360 Hingegen denkt Luz, Mt III, 374 rur Mt 23,35f allein an die Zerstörung Jerusalems. Siehe ferner z.B. HARE, Theme, 156; H.-J. BECKER, Zerstörung, 60. 361 Siehe dazu unten Kap. 4.5. 362 So FELDTKELLER, Identitätssuche, 7lf; A. VON DOBBELER, Restitution, 25f.42; GARBE, Hirte, 120.206.212. 363 Zur Bezeichnung des Tempels als "Haus" in alttestamentlichen und frühjüdischen Texten s. 3Reg (lKön) 9,1.3.7.8; Jes 56,7 (zit. in Mt 21,13); 60,7; 64,10; Jer 7,11; 12,7; 33,6LXX (= 26,6 MT); Hag 1,9 (ave' wv 0 OrKlk f.LOU Eonv EPllf.LO~, Uf.LEi~ ö10 ÖLWKE,E EKao,o~ El~ OLKOV au,ou); Tob 14,4 ( ... Kat IEpoooJ..uf.La Eo,aL EPllf.LO~ Kat 0 OLKO~ ,OU eEOU EV au,ij KamKa~anaL Kat EPllf.LO~ Eo,aL f.LEXPL XPOVOU); Jub 49,19; 2Bar 8,2.4. Zu EPllf.LO~ im Blick auf den (zerstörten) Tempel s. neben Hag 1,9 und Tob 14,4 noch TestLevi 15,1. In Jer 22,5 geht es um das Königshaus.
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4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
253
der Tempel das Ziel des Einzugs Jesu in Jerusalem. Unter der Leitung der (alten) Autoritäten ist der Tempel- seiner eigentlichen Funktion entkleidet - zu einer "Räuberhöhle" verkommen (21,13). Im Tempel beginnt Jesus nach der Vertreibung der Händler sein heilendes Wirken, das ihn als Sohn Davids ausweist, doch stellen sich die Autoritäten diesem Anspruch entgegen (21,14-17). Als Jesus am nächsten Tag im Tempel lehrt, erfährt er wiederum die Feindschaft der Autoritäten (21,23-22,46). Der Tempel ist ihre ,Domäne,365 und wird dies bis zu seiner Zerstörung auch bleiben. In 24,lfverlässt Jesus den Tempel und kündigt dessen Zerstörung an. Da Jesus der Immanuel ist, symbolisiert Jesu Weggang, dass Gott sich aus dem Tempel, der unter den Autoritäten eine Räuberhöhle bleibt, zurückgezogen hae 66, womit der Tempel der Zerstörung preisgegeben ise 67 . Die Ankündigung von 23,38 findet so durch 24,lf ihre Entfaltung368 . Beachtung verdient in diesem Zusammenhang ferner das als Gerichtszeichen zu verstehende Zerreißen des Tempelvorhangs in 27,51 beim Tod Jesu369 . Da Jesu Tod "fUr viele zur Vergebung der Sünden" geschieht (26,28), ergibt sich hier ein hintergründiger Zusammenhang: Die Autoritäten, die sich durch die Tötung Jesu in Jerusalem bzw. näherhin im Tempel als ihrem Machtzentrum zu behaupten suchen, ziehen damit nicht nur das Strafgericht auf sich selbst herab, sondern sie besiegeln damit zugleich auch das Ende des - durch sie ohnehin von seinem eigentlichen Sinn entfremdeten - Tempels, 364
Auf den Tempel deuten auch HARRINGTON, Mt, 329; GUNDRY, Mt, 473; Luz, Mt
III, 382; KEENER, Mt, 559; NOLLAND, Mt, 951; MEIER, Vision, 166; Döpp, Deutung, 24; GARBE, Hirte, 105 (primär), s. auch WINKLE, Model, 170f. Vermittelnd GNILKA, Mt II,
304: Matthäus "wird Stadt und Tempel in eins gesehen haben." Die These, dass 0
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UI-lWV im Sinn von "Haus Israel" (vgl. Mt 10,6; 15,24) aufzufassen ist (so STRECKER,
Weg, 113f; HARE, Theme, 154; GARLAND, Intention, 198-200 sieht die Deutungen auf den Tempel, auf Jerusalem und auf das Haus Israel nicht als Alternativen, sondern bindet alle drei Optionen zusammen, s. auch SAND, Mt, 475; HAGNER, Mt II, 680f; WHITTERS, Jesus, 239, Anm. 29), wird hingegen im Kontext durch nichts nahe gelegt, auch nicht, wie gesehen, durch die vorangehende Rede von "diesem Geschlecht" (gegen J.A. GIBBS, Jerusalem, 124). 365 Bezeichnenderweise heißt der Tempel in Mt 23,38 (im Gefolge von Q 13,35) nicht "Haus Gottes", sondern "euer Haus". 366 Nach HAENCHEN, Matthäus 23, 55f folgt aus der Anbindung von V.39 an V.38, dass V.38 bedeute, dass "die Schechina ... jetzt zusammen mit Jesus den Tempel [verlässt]". 367 Vgl. GARLAND, Intention, 200-204; H.-J. BECKER, Zerstörung, 7lf; GARBE, Hirte, 107; J.A. GIBBS, Jerusalem, 177f. Siehe auch GNILKA, Mt II, 304: ",Es soll euch öde überlassen werden' meint ein Zweifaches: Gott wird das Haus verlassen, und es wird den Feinden preisgegeben werden." 368 Dieser Zusammenhang basiert auf matthäischer Redaktion. Siehe zur matthäischen Komposition oben S. 244, Anm. 319 und S. 250, Anm. 354. 369 Vgl. oben Kap. 3.2, S. 157, Anm. 317.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
weil der Tempelkult durch Jesu Sühnetod obsolet geworden ist370 • Das von ihnen nach 27,20 verführte Volk von Jerusalem haben sie dabei mit ins Verderben gerissen. Die Zerstörung des Tempels und der Stadt bedeutet für Matthäus aber eben keineswegs das Ende Israels. Gleichwohl hat sich die heilsgeschichtliche Situation nicht nur für die Völker, sondern auch für Israel grundlegend verändert. Das Heil ist durch Jesus gewirkt und allein bei ihm zu finden. Die alten Autoritäten haben ihre Führungsrolle verloren. Die Zerstörung Jerusalems und besonders des Tempels dient Matthäus als Beweis dafür. Wenn die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" daraus die richtige Lehre ziehen, müssen sie sich zur Jüngergemeinde halten. Chronisch umstritten ist die Deutung des die Einheit abschließenden Verses Mt 23,39 371 • Ist die Gerichtsansage in 23,38 nicht pauschalisierend auf Israel zu beziehen und verweist zugleich die Zerstörung des Tempels bzw. Jerusalems auf das Ergehen der Gegner Jesu im Endgericht, so ist zunächst festzuhalten, dass Mt 23,39 nicht auf eine Befristung des Gerichts über Israel zielen; es geht vielmehr eben überhaupt nicht um ganz Israel 373 • Schwerlich bestreiten lässt sich ferner, dass Mt 23,39 die Begrüßung des Parusie-Christus in den Blick nimmt374 . Die Analogie zu der an' äpn ... Ew~-Konstruktion in 26,29 unterstreicht dies. Diese spricht zugleich gegen das verschiedentlich postulierte konditionale Verständnis des EW~ Satzes, dem ferner auch entgegensteht, dass Mt 23,39 bei diesem Verständnis in das eschatologische Szenarium von Mt 24-25 "nirgendwo einzuordnen [wäre] ,,375. Die Wiederkunft Christi ist nicht von einer Bekehrung Jerusalems abhängig. Der Ew~-Satz ist allein temporal zu verstehen. Vgl. MEIER, Salvation-History, 207f; KINGSBURY, Significance, 277 u.a. Zu den Auslegungsoptionen s. GARBE, Hirte, 197-201. Positiv deuten Mt 23,39 GUNDRY, Mt, 474; NOLLAND, Mt, 952f; FIEDLER, Mt, 358-360; SCHELKLE, Selbstverfluchung, 152; VERSEPUT, Rejection, 46; MUSSNER, Stellung, 220; Döpp, Deutung, 25; KVALBEIN, Matthew, 58, s. auch PEDERSEN, Israel, 146. 372 Anders GARBE, Hirte, 201-206, der dabei das "Sehen" Jesu nicht auf die Parusie enggeführt deutet, sondern auch die Aufnahme von Jesus-Boten einschließt. Konditional deuten den Ew,-Satz HARRINGTON, Mt, 329; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 323f ("when his people bless hirn, the Messiah will come" [323]); van der KWAAK, Klage, 168-170; ALLISON, Matt. 23:39, 77-80, s. auch STANTON, Gospel, 248-251. 373 Von daher ist auch das Votum von GARBE, dass Mt 23,39 "als Dreh- und Angelpunkt der Auslegung des MtEv betrachtet werden [kann)" (Hirte, 201), verfehlt. 374 Vgl. für viele Luz, Mt III, 383; KNOWLES, Jeremiah, 145. Anders aber van der KWAAK, Klage, 169 und Garbe (s. oben Anm. 372). 375 Luz, Mt III, 384, der ferner mit Recht darauf verweist, dass die konditionale Deutung "in sich unlogisch ist: Die Jerusalemer können ja den Parusie-Christus erst dann mit den Worten von Ps 118 begrüßen, wenn sie ihn sehen - also kann EW, {Xv keine Bedingung einleiten." 370 371
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
255
Viele Ausleger deuten auf dieser Basis negativ. Die Szenerie wäre dann analog zu dem Gerichtsszenarium in IHen 62 zu denken, wo die Mächtigen den Erwählten Gottes im Endgericht auf dem Thron "sehen" werden (62,3.5), ihre dann erfolgende Anbetung und Bitte um Barmherzigkeit (62,9) aber vergeblich ist (62,10-12). Mt 23,39 setzte also das Gerichtswort fort 376 und brächte nach V.33 erneut die eschatologische Dimension des Gerichts vor. Dass in der Eulogie das Psalmzitat aufgenommen wird, mit dem die Volksmengen Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem begrüßt haben, müsste man dann so verstehen, dass der Lobpreis nun zu spät kommt. Beim Einzug Jesu in die Stadt hat Jerusalem den Kairos verpasst, Jesus als den im Namen des Herrn Kommenden zu begrüßen. Die "Tochter Zion" hat ihren sanftmütigen König nicht aufgenommen, sondern hat im Gegenteil dessen Kreuzigung 377 zu verantworten. Nach der verpassten Chance wird die - durch den Einfluss der Autoritäten - verblendete Stadt ihn erst bei seiner Parusie zum Gericht wiedersehen und dann die Ansage der Volksmengen in 21,9 als richtig realisieren, doch wird ihr diese späte Einsicht nicht mehr helfen. Diese negative temporale Deutung birgt die Schwierigkeit, dass das Zitat von Ps 118,26 für sich genommen und nach seiner Verwendung in Mt 21,9 eine positive Aussage nahe lege 78 und die negative Szenerie im Sinne von IHen 62 vollständig ,eisegetisch' konstruiert werden muss. Diese Einwände widerlegen die negative temporale Deutung nicht zwingend; sie bleibt eine mögliche Interpretation, aber sie ist auch nicht mehr als das, sofern sich eine ebenso mögliche Alternative begründen lässt. Im matthäischen Duktus ist 23,39 durch die Partikel yap als Begründung bzw. Erläuterung von V.38 ausgewiesen 379 . Diesen Zusammenhang kann man so deuten, dass DU fl~ flE 'UilltE an' &pn impliziert, dass sich an der Verwüstung des "Hauses" Jerusalems bis zur Parusie Jesu nichts ändern wird380 ; in der matthäischen Sicht der Dinge war der Tempel, wie gesehen, ohnehin obsolet geworden, ja das bleibende Fehlen eines Tempels in Jerusalem konnte ihm als Beleg für die Legitimität der eigenen Position 376 Vgl. z.B. Luz, Mt III, 384f; LEGASSE, Antijudalsme, 425f; MARGUERAT, Jugement, 371f. 377 Zum Königstitel im Kontext der Kreuzigung s. Mt 27,37.42, ferner 27,11.29. 378 Vgl. NOLLAND, Mt, 952f: "The view that the fragment from Ps. 118:26 is to be uttered by those facing judgment is to be rejected. Blessing belongs to welcoming and celebrating, not to fear and despair." Siehe ferner z.B. FIEDLER, Mt, 358; ALLISON, Matt. 23:39, 75; STANTON, Gospel, 249. 379 yap dürfte matthäische Redaktion sein. 380 Da Matthäus offenbar nicht mit einem mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte langen Fortgang der Weltgeschichte rechnete, wäre dies angesichts der politischen Konstellation um das Jahr 80 n.Chr. keine gewagte Prognose gewesen.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
dienen. Konstruiert man den Zusammenhang von Mt 23,38f wie ausgeführt, bleibt in V.39 die Gerichtsthematik präsent, aber es besteht gleichwohl die Option, den nachfolgenden Ew<;-Satz positiv aufzufassen. Bei der Parusie wird Jerusalem Jesus analog zu den Volksmengen mit den Worten des Hallel-Psalms begrüßen. Annehmen müsste man dann, dass mit der rhetorischen Personifizierung der Stadt einhergeht, dass die Größe "Jerusalem" hier - im Unterschied zu den galiläischen Städten in Mt 11,20-24 ihren (jeweiligen) Bewohnern übergeordnet, also zwischen der Stadt und ihren "Kindern" (23,37) unterschieden ise 81 • Für eine positive Deutung von 23,39b kann man geltend machen, dass Matthäus neben den kritischnegativen Aussagen Jerusalem auch als "Stadt des großen Königs" (5,35) und als "heilige Stadt" (4,5; 27,53) adeln kann 382 . Eine solche Abstrahierung der personifizierten Stadt von ihren Bewohnern bedeutete freilich zugleich, dass Mt 23,39b für das (Jerusalemer) Volk von Mt 27,25 und seine Kinder gar nichts besagt. Festzuhalten ist: Für das Gesamtverständnis ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob man die Eulogie negativ oder positiv kontextualisiert383 , da es so oder so nicht um das finale Schicksal ganz Israels geht. Sowenig Matthäus die Zerstörung Jerusalems als Strafgericht an ganz Israel oder gar als Ausdruck der Verwerfung Israels deutet, sowenig blickt umgekehrt 23,39b auf das Heil für ganz Israee 84 . Möglicherweise kam es Matthäus primär gar nicht auf den zweiten, sondern auf den ersten Teil des Amen-Wortes (als erläuternde bzw. begründende Fortführung von V.38) an. Auf der Ebene der erzählten Welt betrachtet bestätigt 23,39 - so oder so - die seit 23,1 angeredeten Volksmengen in ihrer Begrüßung Jesu (21,9). Auf die Kommunikationsebene des Evangelisten übertragen appelliert der Text angesichts des den Adressaten bekannten Ergehens Jerusalems, auf der richtigen Seite zu bleiben oder sich fortan auf die richtige Seite zu stellen. Mt 23 ist nicht Matthäus' abschließende Abrechnung mit
381 Anders NOLLAND, Mt, 953, der vorschlägt, "to understand the material as prophetie of a change ofheart that will come during the period ofthe church's mission". 382 Vgl. HARTMAN, 'IEpoaoJ..uf.Lu, 'IEpouauJ..~f.L, Sp. 435f. 383 Vgl. oben S. 254, Anm. 373. 384 Gegen FIEDLER, Mt, 359f, der hier ausdrücklich die Gegner einschließt: "Bei der Parusie - so erwartet es Mt anscheinend - werden ... seine Widersacher (mit ihrer Gefolgschaft) nicht (mehr) darum herum kommen, Jesus als Messias zu huldigen, und dadurch Anteil am Reich Gottes, am ewigen Leben erlangen" (360). - Die theologischen Reflexionen von Paulus in Röm 9-11, vor allem in 11,25-32, sind in Mt 23,39 nicht einzulesen.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
257
,dem' Judentum und nicht seine kollektive Gerichtsansage an Israel, sondern allein die finale Delegitimation der pharisäischen Gegner Jesu 385 . Mit Mt 23 schließt Matthäus Jesu Auftreten im Tempel am zweiten Tag seines Wirkens in Jerusalem (21,18) ab. Wenn die Verfluchung des Feigenbaums zu Beginn dieses Tages in 21,19 im Kontext (zumindest auch) als Vorzeichen vor den nachfolgenden Auseinandersetzungen fungieren sollte, dann wäre auf der Basis der Analyse der Parabeltrilogie (21,28-22,14) in Kap. 4.1 und der Weherede (23,1-39) zu folgern, dass die Verfluchung des Feigenbaums jedenfalls nicht die Verwerfung Israels symbolisiere 86, sondern auf das Schicksal Jerusalems und der Autoritäten vorausblickt 387 • Dem korrespondiert, dass der Feigenbaum in keiner Weise eine konventionalisierte Metapher für Israel ise 88 . Zudem ist es keineswegs sicher, ja nicht einmal wahrscheinlich, dass der Evangelist 21,19 überhaupt symbolisch verstanden wissen wollte 389 . Vielmehr liegt nahe, dass das Verdorren des Feigenbaums ihm - als Episode auf dem Weg - allein dazu diente, die Macht des Glaubens ins Licht zu stellen (21,20-22i 90 • Zu beachten ist nämlich, dass Matthäus in V.21 ou f.LOVOV 1:0 1:1;t; aUK1;t; 1TOL~aE1:E eingefügt und damit das Verdorren des Feigenbaums ausdrücklich als Beispiel für die Möglichkeiten des Glaubens ausgewiesen hat. Dem korrespondiert, dass er die Jünger in V.20 fragen lässt, wie der Feigenbaum sogleich verdorrte. "What is of prime concern is the means whereby the tree has withered, the modus operandi ofthe mirac!e, in other words, and not what the tree's withering signifies to the reader in its Markan context,,391.
385 Vgl. vor allem SALDARINI, Delegitimation, 661.666-680. Zur sozialen Stoßrichtung von Mt 23 s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 309. 386 Anders z.B. GNILKA, Mt II, 212f; MUNCK, Israel, 13; KRETZER, Herrschaft, 152f; GASTON, Messiah, 30; MARGUERAT, Jugement, 348; DRURY, Parables, 95; Luz, Jesusgeschichte, 133; BÖTTRICH, Feigenbaum, 356; J.A. GIBBS, Jerusalem, 119. 387 Vgl. SALDARINI, Community, 62: "The parable ofthe fig tree (21:19) probably refers to the fruitlessness of the Jerusalem leaders" (vgl. unten Anm. 389). McKNIGHT, Critic, 75f sieht durch Mt 21,18f die Zerstörung Jerusalems präfiguriert. Nach Luz, Mt III, 201fhingegen lässt der Text offen, ob "an Israel, an Jerusalem oder nur an die Führer Israels zu denken ist" (s. dagegen die Festlegung in Luz, Jesusgeschichte, 133, s. oben Anm. 386). Für den markinischen Kontext nimmt MÜNDERLEIN, Verfluchung, 102-104 einen Bezug primär auf den Tempel an (in diesem Sinne auch TELFORD, Temple, 49). Ähnlich denkt BÖTTRICH, Feigenbaum, 352-355 an Stadt und Tempel, während z.B. nach GNILKA, Mk II, 125 und GIESEN, Feigenbaum, 99-111 das Verdorren des Feigenbaums die Verwerfung Israels symbolisiert. 388 Vgl. den Überblick über das Bildfeld Feigenbaum bei BÖTTRICH, Feigenbaum, 342-345, der im Blick auf Israel zum alttestamentlichen Befund festhält: "Als Bild für Israel ... sucht man den Feigenbaum ... vergeblich" (343). 389 GREEN, Mt, 177 konstatiert: ,,[T]he lesson of the fig-tree ... is here simply a mirac!e story introducing sayings on prayer and faith". Ähnlich TELFORD, Temple, 82: "In Matthew's account, ... the story ... functions purely as a paradigm for Christian faith and prayer." Gegen eine symbolische Deutung auf Israel oder den Tempel ferner FRANKEMÖLLE, Mt II, 318; SCHWEIZER, Matthäus 21-25, 365; SALDARINI, Community, 54f.62, s. auch LOHMEYER, Mt, 302-304. 390 Auch in Mt 24,32 ist der Feigenbaum nicht Symbol für Israel oder Jerusalem. 391 TELFORD, Temple, 78 (Hervor hebungen im Original).
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
4.3.4 Die weiteren Belege der Rede von " diesem Geschlecht" in Mt 17,17 und 24,34 Ist die Rede von "diesem Geschlecht" in den bisher behandelten Belegen vom Evangelisten durchgehend auf die jüdischen Autoritäten, vor allem auf die Pharisäer, bezogen worden, so zeigt sich in der Klage über das "ungläubige und verdrehte Geschlecht" in Mt 17,17 im Rahmen der Erzählung von der Heilung des mondsüchtigen Knaben ein anders gearteter Bezug. Einige Ausleger sehen hier in der YEVEa. ä,ma't'oe;; Kat ÖLEa't'pal!f.,LEVT]392 den oXAOe;; anvisiert 393 . Mit der Frage Ewe;; 1TO't'E f.,LE6' uf.,Lwv EaOf.,LaL; drohe Jesus den Entzug seiner Gegenwart und damit der Gegenwart Gottes an 394 . Ein Bezug auf den OXAOe;; liegt im Textduktus allerdings völlig fern, ja 17,17 wäre, so verstanden, innerhalb von 17,14-20 ein Fremdkörper. Die Volksmenge wird nur in der Überleitung in Mt 17, 14a kurz erwähnt und spielt ansonsten - anders als in der markinischen Vorlage 395 - in dem gesamten Textsegment überhaupt keine Rolle. Der postulierte Bezug ba392 Die Erweiterung von YEvEa ämoto~ (Mk 9,19) um Kat ÖLEOtpaIlIlEVl] (Mt 17,17), bei der Dtn 32,5 im Hintergrund stehen dürfte (zu ämoto~ vgl. Dtn 32,20), ist eines von zahlreichen und z.T. auffälligen minor agreements (s. die Übersicht bei ENNULAT, Agreements, 209-213). Hält man hier die Annahme voneinander unabhängiger Redaktionen des Markustextes durch Matthäus und Lukas für nicht hinreichend (anders aber z.B. GNILKA, Mt II, 105; DAVIEs/ALLlSON, Mt II, 719) und will man nicht zu dem m.E. nicht plausiblen Postulat einer deuteromarkinischen Rezension greifen (s. dazu oben Kap. 3.1.2.5, S. 141f, Anm. 235, speziell im Blick aufMk 9,14-29 ergibt sich ferner die Schwierigkeit, dass man annehmen müsste, dass der deuteromarkinische Redaktor hier viel stärker Hand angelegt hat als anderorts), bleibt als Erklärungsoption die These einer zweiten (mündlichen oder schriftlichen) Version, die Matthäus und Lukas verarbeitet haben (vgl. zur Problematik Luz, Mt II, 519f; TRUNK, Heiler, 165-167). 393 Siehe GNILKA, Mt II, 107; Luz, Mt II, 522f; GUNDRY, Mt, 350; HAGNER, Mt II, 504; FRANKEMÖLLE, Iahwe-Bund, 23f; VERSEPUT, Rejection, 48. 394 FRANKEMÖLLE, Iahwe-Bund, 21-27 hört aufgrund der redaktionellen Änderung von TlPO~ ull&.~ (Mk 9,19) in IlEe' UIlWV das bundestheologische Leitmotiv des Matthäusevangeliums angeschlagen und interpretiert den Vers als "eine bundestheologisch gefärbte Drohung gegen das ,ungläubige und verkehrte' Israel" (26). Eine gezielte Anspielung auf die in Mt 1,23 eingeführte Immanuelchristologie (ebd.) wird auch sonst häufig postuliert (s. GNILKA, Mt II, 107.109f; Luz, Mt II, 522f; GUNDRY, Mt, 350f). Anders aber z.B. DAVIES/ALLISON, Mt 11, 724: "That there is any allusion to 1.23 ." is improbable." Tatsächlich kann man fragen, ob man die angezeigte Änderung theologisch bzw. christologisch so aufladen darf, wie dies häufig geschieht. Denn in Mt 17,17 geht es allein um die (Dauer der) irdische(n) Anwesenheit Jesu, nicht wie in (18,20 und) 28,20 um die Gegenwart des Auferstandenen. Zudem handelt es sich hier möglicherweise allein um eine stilistische Glättung, denn die Wortstatistik lässt eine matthäisehe Vorliebe für llE"CtX mit Genitiv erkennen (61 Belege, llE"CtX insgesamt 71x), während Tlp6~ bei Matthäus, relativ gesehen, zurücktritt (nur 41 gegenüber 65 Belegen bei Markus). 395 Siehe neben Mk 9,14 die weiteren Erwähnungen des ÖXA.o~ in Mk 9,15.17.25.
4.3 Die Worte gegen "dieses Geschlecht"
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siert hier allein auf der - unzutreffenden - Annahme, dass YEvEa sonst immer die damalige Generation Israels im Ganzen, also die jüdischen Zeitgenossen Jesu meine, woraus gefolgert wird, dass dies dann auch hier der Fall sein müsse 396 . Oder anders: Man muss postulieren, dass Matthäus Jesus das Unvermögen seiner Jünger, den kranken Jungen zu heilen, zum Anlass nehmen lässt, an dieser Begebenheit vorbei eine allgemeine Klage über den Unglauben seiner jüdischen Zeitgenossen zu erheben. Matthäus hat dies besser gemacht. Betrachtet man Mt 17,17 im Duktus von Mt 17,14-20, drängt es sich geradezu auf, hier die Jünger in der Kritik stehen zu sehen397 • Die matthäische Version der Perikope stellt eine extrem gekürzte Fassung der markinischen Vorlage dar 398 . Als zentrales Thema tritt dabei in Mt 17,14-20 das Versagen der Jünger hervor, welches die Klage in V.17 rahmt (V.16.19)399. Die Jüngerbelehrung in V.19f ist bei Matthäus nicht wie bei Markus Appendix, sondern "das eigentliche Ziel der Perikope,,4oo. Dem steht zur Seite, dass Matthäus die Antwort des markinischen Jesus auf die Frage der Jünger nach dem Grund ihres Versagens, dass diese Art nur durch Beten ausgetrieben werden kann (Mk 9,29), in V.20 durch ein wohl aus Q 17,6 stammendes - Logion über den Glauben ersetzt hat und also mit dieser Aufnahme des Glaubensmotivs aus V.17 den Vorwurf der Klage weiterfuhrt: Wer Glauben hat wie ein Senfkorn, kann sogar Berge versetzen. Zwar kann man hier darauf verweisen, dass die Jünger nach V.20 nicht un-, sondern, wie sonst im Matthäusevangelium401 , kleingläubig sind402, doch lässt sich diese Verschiebung durch die unterschiedlichen Redeformen der Klage in V.17 und der Belehrung in V.20 verständlich machen. V.20 bietet daher keinen Einwand gegen den Bezug von YEvEa tXmGtOC; Kat ÖLEatpaf,Lf,LEvT) auf die Jünger, sondern bekräftigt diesen vielmehr: Es geht um das Vermögen, das die Jünger durch den Glauben und Siehe für viele FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 23f. Auf die Jünger beziehen HARRINGTON, Mt, 258; NOLLAND, Mt, 712; FIEDLER, Mt, 298; HELD, Wundergeschichten, 180f; ZUMSTEIN, Condition, 439; GIELEN Konflikt, 144; J.A. GIBBS, Jerusalem, 240, Anm. 223. SAND, Mt, 359 sieht die Jünger eingeschlossen; DAVIEs/ALLISON, Mt H, 724 verbinden die Deutung auf die Volksmenge und auf die Jünger miteinander: "Jesus is casting a moumful eye over his disciples who have, by their 'Iitde faith', retrogressed to the spiritual level of the multitude." 398 Zur literarkritischen Problematik s. oben S. 258, Anm. 392. 399 V gl. HELD, Wundergeschichten, 178.181. 400 HELD, Wundergeschichten, 179, s. auch Luz, Mt H, 519. - Unverständlich ist daher, dass NOLLAND, Mt, 714-717 Mt 17,19f als eigene Perikope abgrenzt. 401 Vgl. Mt 6,30; 8,26; 14,31; 16,8. Zum Motiv des Kleinglaubens im Matthäusevangelium s. exemplarisch ZUMSTEIN, Condition, 239-255. 402 So Luz, Mt H, 522; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 23 u.a. 396 397
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
dank der ihnen von Jesus übergebenen Vollmacht (Mt 10,1, vgl. 10,8) eigentlich haben sollten. Von daher ist auch die Frage fü)(; 1TO'E f.l.E6' Uf.l.WV EOOf.l.IXL; zu verstehen: Sie thematisiert nicht die theologisch fundamentale Frage der Gegenwart Gottes, sondern problematisiert, ob die Jünger unter der Bedingung der Abwesenheit des irdischen Jesus ihrem Auftrag im Sinne von Mt 10 gerecht zu werden vermögen403 • Kurzum: Mt 17,17 ist eine - auf die nachösterliche Situation der Gemeinde zielende - Klage Jesu, dass die Jünger ohne ihn nichts vermögen, obwohl sie nach 10,1 dazu in der Lage sein müssten. Ein weiteres Indiz erhärtet den Bezug der Klage auf die Jünger: In V.16 lässt Matthäus den Vater des Jungen ausführen, er habe seinen Sohn zu den Jüngern Jesu gebracht (TTpOG~vEYKa ain:ov rofr; f..l(81)rafr; GOU, s. hingegen Mk 9, 17: ~vEYKa tOV utov ~OU rrpor; uE). An Jesu Klage über das "ungläubige und verdrehte Geschlecht" schließt sich dann in V.17 die Aufforderung an: CPEpEtE ~OL ain:ov WOE. Dem Kontext nach kann der Imperativsatz nur als an die Jünger adressiert gelesen werden, zu denen der Junge zuvor von seinem Vater gebracht wurde404 • Dann aber kann man für die vorangehende Klage kaum etwas anderes annehmen.
Mt 17,17 erhärtet also gerade nicht die These, dass YEvEa kollektiv Jesujüdische Zeitgenossen anvisiert. Festzuhalten ist zugleich, dass aus dem Bezug von YEvEa ämo-roc; KIXI. ÖLEO'PIXf.l.f.l.EVTj auf die Jünger nicht folgt, dass diese mit den Gegnern Jesu auf eine Ebene gestellt werden. Zum einen unterscheiden sich die Epitheta in 17,17 signifikant von der Charakterisierung der Gegner als böse und ehebrecherisch (12,39.45; 16,4). Zum anderen - und dies ist das Entscheidende - steht die Wendung hier nicht im Kontext einer Gerichtsansage, sondern einer Klage405 • Betont man den temporalen Aspekt von YEvEa kann man für alle Belege als gemeinsamen Nenner anführen, dass die eschatologische Generation grundlegend dadurch charakterisiert ist, dass sie auf das Wirken des Messias nicht adäquat reagiert406 . Zugleich kann man hier den signifikanten Differenzen zwi-
403 Kompositionell ist darauf zu verweisen, dass es in der in Mt 17,2-9 vorangehenden Verklärungsgeschichte um die Verwandlung Jesu in die Gestalt des Auferstandenen ging, hier also auf die Zeit der Abwesenheit des irdischen Jesus vorgegriffen wurde. 404 Das Fehlen von ain:o'ic; (Mk 9,19) in Mt 17,17 - ein minor agreement mit Lk 9,41 (!) - spricht in keiner Weise dagegen, dass der matthäische Jesus hier seine Jünger anvisiert (gegen GUNDRY, Mt, 350), im Gegenteil: Dass die Jünger im Blick sind, kann der Leser aus dem Kontext problemlos erschließen, während die ohnehin bloß beiläufige Erwähnung des ÖXAOC; zu weit weg steht. Anders gesagt: Hätte Matthäus die Klage auf die Volksmengen beziehen wollen, hätte er dies in der Redeeinleitung kenntlich machen können und müssen. 405 Dies wäre auch dann zu berücksichtigen, wenn in 17,17 die ÖXAOL angeredet wären. 406 Vgl. allgemein LÖVESTAM, Eschatology, 409-413 und speziell zu Mt 17,17 NOLLAND, Mt, 712: "Here the disciples represent the present generation in its failure to
4.3 Die Worte gegen" dieses Geschlecht"
261
schen Jüngern und Gegnern Jesu insofern Rechnung tragen, als sich bei beiden die Zugehörigkeit zu dieser Generation völlig anders darstellt und jedenfalls Mt 17,17 nur aspekthaft und überspitzt, nicht aber grundsätzlich zu verstehen ist. Sicher ist die in der Regel postulierte prinzipielle Dominanz des temporalen Aspekts im matthäischen Gebrauch von YEVE&.407 allerdings in keiner Weise. Gerade Mt 17,17 kann man als Indiz werten, dass Matthäus dazu tendiert, unter "diesem Geschlecht" jeweils eine bestimmte Menschengruppe zu verstehen408 . 23,36 weist in dieselbe Richtung409 • In Jesu Ankündigung in Mt 24,34 (ou f.l~ mx-pEA6lJ ~ YEVE«X aütll EWs
av
lTa.vta tauta YEvlltaL) scheint, wie eingangs angedeutet, die temporale Bedeutung von YEVE&' hervorzutreten410 , da V.32f die Nähe der in V.29-31 in
den Blick genommenen Parusie 411 thematisiert. Wenn "diese Generation" bis zur Wiederkunft Christi nicht vergeht, müsste die Parusie - zur Zeit des Evangelisten - unmittelbar bevorstehen412 . Dass es anders gekommen ist, mag als theologisches Problem gewertet werden, ist aber kein exegetisches Argument gegen die angenommene Bedeutung von YEVE&.. Gleichwohl zeigt sich bei näherem Hinsehen auch hier eine exegetische Schwierigkeit413 ; Ist das Matthäusevangelium um 80 n.Chr. zu datieren, muss man respond to the ministry of Jesus, much as 'some of the scribes and Pharisees' do in Mt. 12:38-39." 407 Vgl. oben Kap. 4.3.1, S. 227, Anm. 230. 408 Das Argument von Luz, Mt II, 522, der Jüngerkreis sei zu klein, um eine YEvEa abzugeben, sticht angesichts der oben S. 225, Anm. 220 angeführten Belege nicht. 409 Siehe oben Kap. 4.3.3, S. 250. 410 Vgl. WIEFEL, Mt, 419: "Während sonst von dieser YEvEa nur in tadelnd-drohendem Zusammenhang die Rede ist, erscheint sie hier, um damit ein Zeitmaß auszudrücken." Auf die zur Zeit Jesu lebende Generation deuten auch SAND, Mt, 496f; GNILKA, Mt I1, 336; LUCK, Mt, 264; HAGNER, Mt I1, 715; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 366-368; NOLLAND, Mt, 988f, s. auch ERLEMANN, Naherwartung, 140 (zu Mk 13,30par): "Generation der Endzeit". Apodiktisch Luz, Mt III, 443: "Wie an den anderen YEvEa-SteIIen ist mit diesem Wort eindeutig ,Generation' gemeint; Umdeutungen, von denen es bis heute manche gibt, sind zwecklos." - SCHWEIZER, Mt, 299 erwägt einen Bezug von ~ YEVEU aihll "auf das Jesus verwerfende Judentum" (in diesem Sinne auch SCHNIEWIND, Mt, 246; MUSSNER, Geschlecht, 25f [aber ohne negative Qualifizierung]). WALKER, Heilsgeschichte, 37, Anm. 84 findet hier dagegen die Bedeutung "Menschengeschlecht", doch wird Mt 24,34 damit zu einer an Banalität kaum zu überbietenden Aussage: Die Menschheit besteht bis zur Parusie Jesu fort. 411 Zur Deutung von Mt 24,29-31 bei J.A. GIBBS, Jerusalem, 188-204 s. oben Kap. 4.1.4, S. 212, Anm. 155. 412 Anders FRANKEMÖLLE, Mt I1, 407. 413 Hier geht es nicht um die oben angedeutete theologische Problematik eines etwaigen Irrtums Jesu über den Zeitpunkt der Parusie (s. Luz, Mt III, 443, Anm. 13; NOLLAND, Mt, 989), wie sie sich aus einer nachmatthäisehen zeitlichen Perspektive er-
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
für "diese Generation" eine Zeitspanne von mehr414 als fünfzig Jahren ansetzen415 . Man könnte gegen diesen Einwand höchstens darauf verweisen, dass Matthäus auch in 1,12-16 für die Zeit vom Exil bis zur Geburt Jesu die Generationen großzügig gerechnet hat. Die Einfügung der Kinder als der nächsten Generation in 27,25 - offenbar mit dem Sinn, die Zeitspanne zwischen dem Tod Jesu und der Zerstörung Jerusalems zu überbrücken416 weist freilich in eine andere Richtung. Als Alternative ist daher im Licht der vorangehenden Belege von ~ YEvEa cxihT] zu erwägen, dass der Ton auch in 24,34 auf der negativen Qualifizierung dieses Geschlechts liegt417 . Die Frage muss hier nicht entschieden werden, denn bei keiner Deutung drängt sich ein israelspezifischer Bezug auf: Deutet man YEVElX in 24,34 temporal, ist nicht einzusehen, warum - zumal nach 24,9-14 - nur die jüdischen Zeitgenossen gemeint sein sollen. Legt man den Ton darauf, dass die YEvEa gegen das Wirken (Jesu und) seiner Jünger opponiert, macht wiederum 24,9 eine Eingrenzung auf jüdische Opponenten unmöglich. Festzuhalten ist damit: "Dieses Geschlecht" fungiert bei Matthäus nicht als Kollektivbezeichnung für Israel bzw. für die jüdischen Zeitgenossen Jesu. In 11,16-19; 12,38-45; 16,1-4; 23,34--36 ist die Rede von "diesem Geschlecht" auf die Autoritäten bezogen; sie sind für Matthäus das "böse und ehebrecherische Geschlecht". Dazu passt im Übrigen, dass Matthäus die weiter gefasste Rede von "diesem ehebrecherischen und sündhaften Geschlecht" in Mk 8,38 nicht übernommen hat. 17,17, wo ein Bezug auf die Jünger nahe liegt, bestätigt ferner die matthäische Tendenz, mit YEvEa eine bestimmte Menschengruppe zu qualifizieren. Als Belege für die These eines auf Israel aufgrund des Verhaltens des Volkes Jesus gegenüber zukommenden Strafgerichts bzw. gar der Verwerfung Israels können die Worte gegen "dieses Geschlecht" also nicht in Anspruch genommen wergibt, sondern um ein dem Text auf der Kommunikationsebene des Evangelisten selbst inhärentes Problem. 414 Das Ende steht ja noch aus. 415 Deshalb ~ YEvEa aü"t"T] auf die Zeitgenossen des Evangelisten zu beziehen (so zuletzt FIEDLER, Mt, 368), hat dezidiert gegen sich, dass ein etwaiger Wechsel von der Zeitebene der Rede Jesu zu der des Evangelisten durch nichts angezeigt wird. 416 Vgl. dazu Kap. 3.2, S. 178. 417 So GUNDRY, Mt, 491. - Für diese Deutung kann man anführen, dass im Rahmen der Darstellung der eschatologischen Drangsale speziell auch die Bedrängnis der Jünger Jesu thematisch war (24,9), allerdings in einem "universalen" Horizont (Kat EOE08E f.LLOOlJj.lEVOL Imo rra/Jrw/J rW/J ffi/Jw/J). 24,34 würde dann die Aussage implizieren bzw. bekräftigen, dass die Bedrängnis der Jünger unmittelbar bis zur Parusie reicht, was gut zur matthäisehen Umgestaltung von E/J EKELvaL~ "t"aL~ ~j.lEpaL~ j.lHa "t"~v 8A"i1jIL/J EKELVT]V (Mk 13,24) in EvfiEW, ö10 j.lHa "t"~v 9A"i1jIL/J "t"WV ~j.lEPWV EKELVWV (Mt 24,29) passt.
aHa
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
263
den. Sie fügen sich vielmehr der Differenzierung zwischen den Volksmengen und den Autoritäten ein.
4.4 Die Rede in Gleichnissen und das Unverständnis der Volksmengen in Mt 13,3-23 Anders als in den in Kap. 4.1 und 4.3 verhandelten Texten wird in 13,3-23 nicht die Reaktion der Autoritäten und Gegner Jesu reflektiert. Im Blick sind hier vielmehr (die) Volksmengen, denn alJ"L"OL<; in Mt 13,10.13.14 sowie EKELVOL<; in 13,11 kann man dem Kontext nach wie in 13,3a nur auf die OXAOL bzw. mi<; 6 0XAO<; (13,2) beziehen. Im Erzählduktus kommt die negative Wertung der Volksmengen überraschend. Noch in 12,23 hatten sie erwogen, dass Jesus der davidische Messias sein könne, und 21,9 zeigt, dass die Erkenntnis Jesu unter dem Volk gerade nicht abbricht. Mt 13,1017 bringt gegenüber dem in Kap. 3.1 analysierten Faden der Erzählung einen anderen Aspekt zur Geltung. Was er genau bedeutet, ob hier, wie verschiedentlich vertreten wurde, Scheitern und Verwerfung Israels im Blick sind418 , ist im Folgenden zu klären.
418 So findet GNILKA, Verstockung, 89.103 hier fraglos die Verstockung Israels ausgesagt (vgl. unten S. 275, Anm. 468, zur Problematik des Begriffs "Verstockung" unten S. 275, Anm. 467) und stellt den Passus in die angebliche Tendenz des Matthäus ein, "dem Leser seines Evangeliums einen starken Eindruck vom Unglauben des jüdischen Volkes, der seine Ablösung als Eigentumsvolk Gottes rechtfertigt, zu vermitteln" (97). TRILLING, Israel, 78 postuliert, dass Matthäus den Passus durch die Ersetzung des markinischen '(va durch on in 13,13 mit seiner Grundüberzeugung in Einklang bringt, dass "Israel durch eigene Schuld verworfen worden ist." KINGSBURY, Parables, 52 sieht hier "the [tl Jews" als "a hardened people that stands under judgement" dargestellt; sie verlieren "the prerogatives connected with being the chosen people of God" (48). Nach SAND, Mt, 281 geht es darum, "den Juden zu sagen, daß sie dem Anspruch, das auserwählte Gottesvolk zu sein, nicht gerecht geworden sind". Speziell zu Mt 13,12 kommentiert SAND: "Die Juden haben durch eigenes Verschulden bewirkt, daß ihnen die ursprüngliche Berufung weggenommen (davongetragen) wird" (280). Ganz ähnlich heißt es bei Luz, Mt H, 313 zu 13,12, dass es darum ginge, "daß Israel seine Erwählung verlieren wird, weil es sich auf Jesu Verkündigung nicht einläßt" (vgl. unten S. 266, Anm. 428). Siehe ferner unten S. 270, Anm. 446. Gegen dieses verbreitete, hier nur exemplarisch illustrierte Auslegungsmodell aber HARRINGTON, Mt, 198, der in Mt 13,3-23 "an innerJewish situation" adressiert findet (s. noch unten S. 274 mit Anm. 466), und VAHRENHORST, Gift, 162, der in dem schließenden Satz des Jesajazitats Kat l&aollaL ainolH; in 13,15 eine positive Perspektive findet, doch ist dagegen einzuwenden, dass auch dieser Schlusssatz syntaktisch an 1l~1TOtE anschließt. VAHRENHORST beruft sich zudem zu Unrecht auf 23,39, da es dort gar nicht um Israel geht (s. oben Kap. 4.3.3, S. 251). Zur Position von Roloff s. unten S. 274, Anm. 466.
264
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Matthäus hat die Verbindung der Parabeltheorie mit dem Sämannsgleichnis und seiner Deutung in Mk 4,3-20 vorgefunden. Stärker als bei Markus sind die drei Textsegmente, wie sich zeigen wird, bei Matthäus zu einer Texteinheit verbunden. Zugleich fügt sich Mt 13,3-23 inhaltlich nahtlos an den vorangehenden Kontext an, nämlich an die mit der Täuferanfrage in 11 ,2f hervorgetretene Thematik der Beurteilung des Wirkens Jesu und damit der Reaktion darauf, denn mit dem Sämannsgleichnis reflektiert Jesus eben die Rezeption seines Wirkens: Es geht um die (mangelnde) Aufnahme, die die Verkündigung des Reiches Gottes (13,19, vgl. 4,17.23; 9,35 sowie auch 10,7) findet. In drei der geschilderten Fälle bleibt die Aussaat vergeblich. Aus 13,10-17 ist zu folgern, dass dabei die Volksmengen im Blick sind. Die kontextuelle Einbindung von 13,3-23 zeigt sich ferner darin, dass sich in 13,10-17 die Profilierung der Jünger gegenüber den Volksmengen fortsetzt, wie sie Matthäus in 12,46-50 vorgebracht hat419 : Während in Mk 3,34f Jesu Wort über seine Brüder und Schwestern auf die um ihn im Kreis Sitzenden bezogen ist, die durch V.32 allgemein als OXAOC; bezeichnet sind, hat Matthäus hier die Jünger eingeführt (Mt 12,49f). Mit 13,3-23 tritt der positiven Aussage über die Jünger in 12,46-50 eine explizite negative Aussage über die Volksmengen zur Seite. Zieht man eine diachrone Perspektive hinzu, wird dabei deutlich, dass Matthäus, wie dies in Mt 12,46-50 angelegt ist, in 13,10-17 die klare Unterscheidung von Volksmengen und Jüngern im Wesentlichen durch die positive Profilierung der Jünger vorangetrieben hat, nicht hingegen durch eine im Vergleich zu Markus signifikant düstere Darstellung der OXAOL. Man kann vielmehr darauf hinweisen, dass Matthäus die klare Kennzeichnung der Volksmengen als oi E~W (Mk 4,11) übergangen hat42o • Schon die Neuformulierung von Mk 4,10 in Mt 13,10 gibt die veränderte Darstellung der Jünger bei Matthäus zu erkennen. Anders als in Mk 4,1 0 ändert Matthäus nicht die Szenerie421 , sondern lässt nur die Jünger hinzutreten422 • Die Jünger fragen nun nicht "nach den Gleichnissen" (Mk
419 Zum kontextuellen Zusammenhang vgl. ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 2: Mt 12,46-50 soll "das Vorzeichen für das Folgende setzen und eine Leseanleitung für die Rede liefern." - Zu Mt 12,46-50 vgl. oben Kap. 3.1.1, S. 108, Anm. 69. 420 Ev ANS, To See, 109 sieht darin die Intention am Werk, "to tone down the distinction". 421 Ö,E EYEVHO KIHU f.l6va~ in Mk 4,10 setzt voraus, dass die Volksmenge von 4,lf sich entfernt hat. 422 Ist hier szenisch vorausgesetzt, dass die Jünger mit Jesus im Boot sind? Das Boot könnte dann von Mt 8,18-27 her als Metapher für die Gemeinde konnotiert sein (gegen diese Option KINGSBURY, Parables, 23f).
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
265
4,10), sondern warum Jesus zu den Volksmengen in Gleichnissen423 redet424 . Die Jünger treten damit schon in ihrer Frage als von den Volksmengen klar unterschiedene Gruppe hervor, wie dies durch 12,46-50 vorbereitet, aber auch bereits in der Sendung der Jünger in 9,36ff zutage getreten ist. In ihrer Frage dürfte ferner mitschwingen, dass sie Zweifel haben, dass die verschlüsselte Form der Gleichnisrede - solange ihr keine Deutung beigegeben wird - dazu beizutragen vermag, die Volksmengen zum Eintritt in die Nachfolge zu bewegen425 . Genau dies soll die Gleichnisrede nach 13,11-17 aber auch nicht bewirken. Die auf die Jüngerfrage antwortende Parabeltheorie (Mk 4,11f) hat Matthäus stark überarbeitet und ausgebaut. Jesu Antwort geschieht bei ihm in zwei Schritten (13,llf.13-17); beide sind durch die direkte Kontrastierung von Jüngern und Volksmengen gekennzeichnet. Der erste Begründungsgang426 in V.1lf argumentiert mit dem passivum divinum MÖO,(XL (V. 11) von der Perspektive des Offenbarungshandelns Gottes her (vgl. 11,25-27). Mit der Einfiigung von YVWVO:L in 13,11 hat Matthäus das Augenmerk schon hier auf die Erkenntnis gelegt, die den Jüngern explizit zugeschrieben wird, den Volksmengen aber mit der Ersetzung von EKELVOL~ öE "L"OL~ E~W EV 1To:Po:ßOA.o:L~ mx,v,o: YLVECO:L (Mk 4,11) durch EKELVOL~ ÖE DU 6EÖO'mL ebenso ausdrücklich abgesprochen wird. Mt 13,11 bildet freilich noch nicht die ganze Begründung, sondern wird bei Matthäus durch das aus Mk 4,25 vorgezogene Doppellogion in V.12 ergänzt. Genauer: V.ll gibt die Situation an, auf die Jesus mit der Gleichnisrede reagiert. V.12
,a
423 Auch vor Mt 13 stehen Gleichnisse bzw. bildhafte Vergleiche (s. z.B. Mt 7,24-27; 9,15-17; 11,16-19). Aber erstmals wird hier Jesu Verkündigung ausdrücklich als Rede in Gleichnissen gekennzeichnet. EV 1To:Po:ßOAo:l.C; EAqEv (Mk 3,23) hat Matthäus in Mt 12,25 nicht übernommen. 424 Die Formulierung in Mk 4,10 ist in ihrem Sinn nicht eindeutig. Matthäus' Version kann man als eine mögliche Interpretation des markinischen Satzes lesen. Bei Lukas fragen die Jünger hingegen nicht nach dem Grund der Gleichnisrede im Blick auf die Volksmengen, sondern nach dem Sinn des Gleichnisses (Lk 8,9). Auch dies ist ein mögliches Verständnis von Mk 4,10, d.h. Matthäus und Lukas haben den unklaren markinisehen Satz in unterschiedlicher Weise interpretiert (vgl. DAVIES/ALLISON, Mt II, 387). 425 Vgl. NOLLAND, Mt, 533: "Speaking to the crowds in parables is represented as a new move, and the disciples ask for an explanation ofthis strategy." 426 Das Jesu Antwort einleitende ön (V.l1) ist nicht als ein ön-recitativum, sondernwie in V.13b - als kausale Konjunktion aufzufassen. Ebenso GUNDRY, Mt, 255; DAVIES/ ALLISON, Mt II, 389; HAGNER, Mt I, 372; NOLLAND, Mt, 533; WILKENS, Redaktion, 308; van ELDEREN, Purpose, 182; LA MB RECHT, Treasure, 159; MÜNCH, Gleichnisse, 89 mit Anm. 71; EWHERIDO, Gospel, 104. Anders M'NEILE, Mt, 189 und die Übersetzung bei GNILKA, Mt I, 479 und ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 20.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
macht deutlich, dass die Gleichnisrede nicht dazu dient, das Unverständnis der Volksmengen zu überwinden, sondern dieses vielmehr besiegelt427 . Matthäus expliziert nicht, was denen, die schon haben, noch gegeben wird und den Nichthabenden noch genommen wird, doch ist im Licht von V.ll zumal angesichts der durch yap angezeigten Verknüpfung zu erschließen, dass es eben um die Erkenntnis geht428 • Die "Habenden" sind die Jünger, und was sie haben, ist eben das, was ihnen nach V.II gegeben worden ist429 , also die Kenntnis der Geheimnisse des Himmelreiches, d.h. 427 Vgl. NOLLAND, Mt, 534: "This verse ... explains why the point made in v. II can stand as the basis for the present strategy ofusing parables with the crowds." Siehe auch WENHAM, Structure, 520. 428 In diesem Sinne z.B. auch SCHMID, Mt, 219; GUNDRY, Mt, 256; HAGNER, Mt I, 373; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 391 ("Knowledge is rewarded with knowledge, ignorance with ignorance."); KEENER, Mt, 381; EVANS, To See, 109; EWHERIDO, Gospel, 104, s. auch DU PLESSIS, Meaning, 43. Dass Zuwachs und Schwinden des Verstehens soteriologische Konsequenzen zeitigen, kann man mithören, ist aber in V.12 selbst nicht betont, d.h. im Vordergrund steht nicht, dass die Verstehenden neben dem Verständnis noch das eschatologische Heil empfangen und die Unverständigen das Gericht (anders SAND, Mt, 280 ["das ,Mehr' ... meint die eschatologische Fülle des Himmelreiches"]; KINGSBURY, Parables, 46f; MÜNCH, Gleichnisse, 109). Dass es speziell darum gehen soll, "daß Israel seine Erwählung verlieren wird" (Luz, Mt 11,313 [vgl. oben S. 263, Anm. 418], s. auch GNILKA, Verstockung, 92 ["Aufhören der Vorzugsstellung Israels", vgl. GNILKA Verstockungsproblem, 121f]; van ELDEREN, Purpose, 186), ergibt sich weder aus dem Zusammenhang in Mt 13 (s. vielmehr im Folgenden), noch lässt sich dies, wie Luz (ebd.) vorschlägt (s. auch WIEFEL, Mt, 250, Anm. 21; van ELDEREN, Purpose, 186f), von 21,43 her in 13,12 hineinlesen (zu 21,43 s. oben Kap. 4.1.3). Dass, diachron betrachtet, 21,43 gar von 13,12 inspiriert sein soll (LUZ, Mt II, 313; TRILLING, Israel, 58), ist angesichts dessen, dass dem Gegenüber von o09~aHal und ap9~aEtal (in 21,43 in umgekehrter Reihenfolge!) als einzigem Berührungspunkt eine nicht unerhebliche syntaktische und sachliche Differenz gegenübersteht (in 21,43 wird nicht dem, der schon hat, gegeben, sondern Gottes Reich von den einen weggenommen und den anderen gegeben), gänzlich unwahrscheinlich. Der engste Verwandte von Mt 13,12 ist im Matthäusevangelium 25,29. - Zum Nebeneinander von o09~aE,al und ap9~aEtal vgl. grLAE 13,5 (ön ap9~aEtal alT' alm3v ~ Kapo(a ~ lTOVTjpa Kat o09~aHal all1:Oi~ Kapo(a aUVEn(oIlEVTj ,0 aya90v). 429 Anders BURCHARD, Senfkorn, 81, nach dem 6Eoo,al und Oll 6Eoo,al in V.12 nicht in den Relativsätzen, sondern in o09~aHal und ap9~aHal aufgenommen sind. Dazu passt aber nicht das Perfekt in V.ll, und umgekehrt spricht die Verknüpfung mit yap nicht gegen die Aufnahme von 6Eoo,al bzw. Oll 6Eoo,al in den Relativsätzen, wenn man beachtet, dass nicht schon V.II die Jüngerfrage beantwortet, sondern V.llf im Ganzen. Anders gesagt: V.12 soll nicht begründen, dass den Jünger die Kenntnis der Geheimnisse des Himmelreiches gegeben wurde, weil denen, die haben, gegeben wird (anders neben Burchard auch GNILKA, Verstockung, 92 ["Es soll begründet werden, warum Gott den einen die Erkenntnis gewährt und den anderen vorenthält."]; TRILLING, Israel, 77). V.12 führt vielmehr aus, warum die in V.Il genannte Situation die Gleichnisrede veranlasst, d.h. es ist hier beim Verständnis der durch yap angezeigten Verknüpfung die Ausgangsfrage in V.lO mitzuhören.
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
267
sie vermögen Jesu Wirken als messianisches Geschehen zu verstehen und darin das Andringen des Reiches Gottes zu erkennen (v gl. 12,28)430, Sie werden durch die Deutung des Sämannsgleichnisses über die Verkündigung des Himmelreiches bzw, in den in 13,24-33 nachfolgenden Gleichnissen über das Himmelreich selber weiter belehrt und wachsen so in ihrer Kenntnis der I-LUOT~pLa 'L"f]e; ßaoLAELae; 'L"WV oupavwv. Nach 13,35 tut Jesus durch die Gleichnisse Verborgenes kund, und dieses Verborgene gehört mit zu den I-LUO'L"~pLa von 13,11 431 . Den Volksmengen hingegen fehlt mit der Erkenntnis, dass in Jesu Wirken das Himmelreich andringt, die Grundvoraussetzung auch für das Verständnis der Gleichnisrede 432 , so dass durch ihre Unfahigkeit, die Gleichnisse vom Himmelreich in ihrem Sinn und ihrer aktuellen Relevanz zu erfassen, ihr Defizit ans Licht tritt. Wenn V.12b nicht bloß als rhetorische Zuspitzung oder Dramatisierung zu lesen ist, ist hier impliziert, dass die Volksmengen Jesu Wirken nicht mit völligem Unverständnis betrachten - in der Deutung des Sämannsgleichnisses kann man dazu beim zweiten und dritten Fall (V.20-22) eine Entsprechung finden. Aber dazu, die Wirklichkeit des Reiches Gottes in Jesu Wirken zu erkennen und sich darauf einzulassen, sind sie eben nicht vorgedrungen. Wiederum kann man dies durch V.20-22 illustriert, aber in gewisser Weise auch bereits durch 12,43-45433 vorbereitet sehen. Der Status des bloß Interessierten kann kein Dauerzustand sein. Entweder Interesse verdichtet sich zum Eintreten in die Nachfolge, oder aber der bloß Interessierte fallt schließlich in den Status zurück, in dem er sich vor dem Hören des Aoyoe; 'L"f]e; ßaoLAELae; befand. Die Gleichnisrede steht nach 13,llf im Dienste dieser Scheidung, indem sie die Schere zwischen Verstehenden und Nicht-Verstehenden weiter öffnet434 . Die Zäsur in 13,36 unterstreicht dies. Der zweite Teil der Rede 435 gilt nur den Jüngern.
,a
430 Vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt H, 389 zu lluo,~pLa ,Tic; ßaOLAELac; ,wv oupavwv: "Its content, according to the consensus of modern scholarship, is the presence of the kingdom in Jesus and his ministry" (Hervorhebung im Original). 43\ Vgl. exemplarisch MÜNCH, Gleichnisse, 124f. 432 Mt 13,35 steht zu 13,11-17 nicht in Spannung, denn in 13,35 wird nur gesagt, dass die Gleichnisse Verborgenes kundtun, nicht aber, dass die Volksmengen dies auch zu erfassen vermögen (vgl. MÜNCH, Gleichnisse, 124f). 433 Mt 12,43 thematisiert, wie oben Kap. 4.3.2, S. 241-242 ausgeführt wurde, die Gefahr, dass die Autoritäten erneut Einfluss auf die Menschen gewinnen, denen Jesus sich zugewandt hat, die aber nicht den entscheidenden Schritt in die Nachfolge getan haben. 434 Vgl. EVANS, To See, 110: "Those who are not Jesus' disciples, because of their spiritual insensitivity, are only bewildered further by Jesus' parables, and so lapse deeper into ignorance." 435 Zur - kontrovers diskutierten - Gliederung s. KINGSBURY, Parables, 12-15.
268
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
In V.13a lässt Matthäus Jesus dann wörtlich die Frage der Jünger von V.lO aufnehmen436 , doch schließt Matthäus damit die Begründung nicht ab, sondern er leitet zum zweiten Begründungsgang über, in dem nun - im Gefolge von V.13a - anders als in V.11 die Aussage über die Volksmengen voransteht. Vor allem aber wird das, was V.ll im passivum divinum formuliert hat, aktivisch gewendet437 : Der Blick ist nun auf das Hören und Sehen auf Seiten der Menschen gerichtet. Die oben vermerkte Einbindung von 13,3-23 in den weiteren Kontext wird hier dadurch unterstrichen, dass die Rede vom Hören und Sehen an Jesu Aufforderung an die Johannesjünger zurückdenken lässt, dem Täufer zu berichten ä aKOUEtE Kat ßAE7TEtE (11,4). Diese Querverbindung unterstreicht zugleich, dass es in 13,13-17 um das Hören und Sehen des Wirkens Jesu geht. Der direkten Kontrastierung von Volksmengen und Jüngern in Mt 13,llf entspricht nun im zweiten Begründungsgang in V.13-17, dass dem Nicht-Hören und Nicht-Sehen der Volksmengen durch die Anfügung des aus Q stammenden (vgl. Lk 1O,23f) Makarismus in Mt 13,16f das Hören und Sehen der Jünger gegenübergestellt wird438 . Der in Lk 10,23 fehlende Passus Kat tU wta Uj..LWV ön aKOI)OUOLV dürfte dabei auf Redaktion des ersten Evangelisten beruhen, der so eine genaue Kontrastparallele zu Mt 13,13 geschaffen hat439 . Anders als die OXAOL haben die Jünger das Wirken Jesu, mit 11,2 gesprochen: tU Epya tOU XPWtOU, mit "sehenden Augen" und "hörenden Ohren" aufgenommen. Die hier zutage tretende positive Profilierung der Jünger dokumentiert sich ferner darin, dass Matthäus Jesu Schelte über das Unverständnis der Jünger in Mk 4,13 konsequenterweise weggelassen hat 440 und am Ende der Gleichnisrede die Jünger ausdrücklich bestätigen lässt, dass sie alles ver436 Diachron betrachtet kann man hier Mk 4,11 b verarbeitet sehen. In der direkten Parallele in 13,11 bß hatte Matthäus, statt Mk 4,11 b zu übernehmen, einen Kontrast zur Jüngeraussage in 13, 11ba gebildet. Nur EKELVO~~ stammt hier aus Mk 4,11. 437 Vgl. exemplarisch LAMBRECHT, Treasure, 159 und MÜNCH, Gleichnisse, 100f. 438 UflWV ist in Mt 13,16 betont vorangestellt. Die nachfolgende Partikel öE trägt vollen adversativen Ton. 439 Der angezeigten Parallelität der Aussagen korrespondiert, dass dem von Matthäus eingefügten Schriftzitat in V.14f der Verweis auf die Erwartung von Propheten und Gerechten in V.17 korrespondiert. 440 Es geht für Matthäus bei der Kontrastierung von verstehenden Jüngern und nichtverstehenden Volksmengen ja nicht darum, ob die Jünger begriffen haben, dass Jesus mit dem Gleichnis das Hören des A.6yo~ ,ij~ ßao~AELa~ thematisiert hat - dies erklärt er ihnen in 13,18-23. Wichtig ist ihm, dass sie den A6yo~ ,ij~ ßao~AELa~ selbst verstanden haben.Ebenfalls konsequenterweise hat Matthäus dann in der Jüngerschelte in 16,9 oUök OUVLHE; TIE1TWPWflEVTJV EXHE ,~v KapöLav UflWV; 6IjJeaA.flOU~ EXOV,E~ ou ßA.ETIHE Kat uha EXOV1:E~ OUK UKOUHE; aus Mk 8,17f weggelassen, so dass sich keine Spannung zu Mt 13,10-17 ergibt (vgl. DAVIES/ALLISON, Mt II, 586.591).
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
269
standen haben (13,51 441 ). Im weiteren Kontext des Evangeliums ist ferner darauf zu verweisen, dass Matthäus die markinische Rede von der Herzensverhärtung der Jünger (I) in Mk 6,52 wie in 8,17f übergangen hat. Mehr noch: In Matthäus' Fassung der Seewandelperikope (Mt 14,22-33 par Mk 6,45-52) erkennen die Jünger Jesus als Gottessohn (Mt 14,33), sie zeigen also alles andere als eine Verhärtung des Herzens. Und in Mt 16,12 stellt Matthäus wiederum ausdrücklich fest, dass die Jünger verstanden haben (rOtE auvfjKav ... ). Anders die Volksmengen: Obwohl sie Jesu Werke sehen, sehen sie nicht, was sich darin ereignet; und obwohl sie seine Verkündigung hören, hören sie nicht, was hier auf dem Spiel steht. Wie vielfach notiert wurde, hat Matthäus in 13,13b in Korrespondenz zu V.11 das markinische '(va durch ön ersetzt und damit den Sinn signifikant verändert: Der matthäisehe Jesus redet nicht EV rrapaßoAa'l.c;, damit die Volksmengen nicht verstehen und somit nicht zur Umkehr gelangen, sondern weil sie unverständig sind 442 . Matthäus setzt dabei, wie wiederum 11,2-6 zeigt, voraus, dass an den Werken Jesu seine messianische Identität erkannt werden kann. Wenn die Volksmengen zu dieser Erkenntnis nicht vorgedrungen sind, ist dies ihr Versagen. Die Rede in Gleichnissen ist Reaktion auf dieses Versagen. Gegenüber Mt 11,7-30 hat sich die Perspektive deutlich verschoben: Dort wurden die Volksmengen aufgefordert, der eschatologischen Entscheidungssituation inne zu werden, und zur Jüngerschaft eingeladen443 . Der Appell "Wer Ohren hat, der höre" aus 11,15 kehrt in 13,9 wieder, aber nun wird herausgestellt, dass "sie hören und doch nicht hören" (13,13) bzw. hören und nicht verstehen (13,19). Knüpft Mt 13,13b an Mk 4,12 an, so ist es für Matthäus charakteristisch, dass er das hier im Hintergrund stehende Jesajawort (Jes 6,9f) in Mt 13,14f eigens zitiert444 und damit das Geschehen ausdrücklich in einen Der Vers ist wiederum ein matthäisches Proprium. Vgl. Luz, Mt H, 313; DAVIEs/ALLISON, Mt H, 392; FRANKEMÖLLE, Mt H, 163.173; WILKENS, Redaktion, 311f; KLAUCK, Allegorie, 252; EVANS, To See, 107.110; EWHERIDO, Gospel, 105 u.a. - Matthäus vermeidet damit den Gedanken einer praedestinatio ad malum zugunsten der Verantwortlichkeit der Menschen (vgl. 2,17; 27,9). Vgl. STRECKER, Weg, 106, Anm. 2. ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 22 sieht hier den "prädestinatianische[n] Klang der Aussage" zwar "gemildert", aber "keineswegs beseitigt". 443 Siehe zu Mt 11,7-30 oben Kap. 4.3. 444 Das Zitat ist schwerlich eine Interpolation, sondern trotz der gegen die ursprüngliche Zugehörigkeit erhobenen Bedenken (DAVIEs/ALLISON, Mt II, 393f; STENDAHL, School, 131f; GNILKA, Verstockung, 103-105 [vgl. GNILKA, Verstockungsproblem, 127]; KINGSBURY, Parables, 38f; ROTHFUCHS, Erfüllungszitate, 23f) der Feder des Evangelisten zuzuweisen (mit GRUNDMANN, Mt, 340; Luz, Mt II, 301f; NOLLAND, Mt, 535; MÜNCH, Gleichnisse, 93-95; ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 23-25 u.a.). Dies wird dadurch 441
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
biblischen Horizont rückt (s. auch Jer 5,21; Ez 12,2). Analog zu den auf die Feindschaft gegen Jesus bezogenen Reflexionszitaten in 2,17f; 27,9f macht der Evangelist damit deutlich, dass auch die defizitäre Reaktion von vielen kein Grund für Irritationen ist, sondern eben im völligen Einklang mit dem Zeugnis der Schrift steht. Zu betonen ist zugleich, dass schon formal Mt 13,14f nicht in die Reihe der Reflexionszitate von 2,17f; 27,9f gehört, aber auch inhaltlich nicht: Es geht hier nicht um Feindschaft, sondern um defizitäres Verstehen bzw. Unverständnis 445 • Im Rahmen der hier verfolgten Fragestellung ist von Bedeutung, dass die Rede von der "Verhärtung" der Kapöla 'tOu AaoiJ ,ou,ou im Zitat in keiner Weise besagt, dass das Unverständnis der 0XA.OL als generelle Aussage über das Gottesvolk Israel im Ganzen zu lesen ist446 . Zum einen ist auf den zu Mt 27,25 aufgewiesenen differenzierten bzw. oszillierenden Gebrauch von A.aOc; in alttestamentlich-frühjüdischer Tradition zu verweisen447 . Zum anderen weist die Zitateinleitung, dass sich an den oder durch die Volksmengen (alJ1"o'Lc;)448 die Prophezeiung Jesajas "erfüllt", darauf hin, dass es um eine Entsprechung geht449 , wobei mit der Vorsilbe ava- der Aspekt des ,Auf-das-Vollmaß-Bringens' mitklingen kann: Was von dem untermauert, dass die matthäische Einfügung von EV ,fj KUpöL~ in 13,19 durch das Zitat (s. V.15) inspiriert sein dürfte (vgl. unten S. 272, Anm. 454 und S. 276, Anm. 476). 445 Matthäus hätte ohne Weiteres durch die Einleitung oder auch durch die Auswahl von Jer 5,21 statt Jes 6,9f eine größere Nähe zu Mt 2, 17f und 27,9f herstellen können. Überhaupt ist gegenüber einer Einstellung von Mt 13,14f in die Reihe der Erfüllungsbzw. Reflexionszitate Zurückhaltung geboten (mit SAND, Mt, 279.280; NOLLAND, Mt, 535; SOARES PRABHU, Quotations, 35 u.a., anders z.B. RAGNER, Mt I, 373; EVANS, To See, 110; LAMBRECHT, Treasure, 153; ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 23-25). Zwar weist der Gebrauch von aVU1TA1lpoii,Ul in der Einleitung auf eine sachliche Nähe zu dieser Zitatgruppe hin, aber die Reflexionszitate besitzen eine relativ festgeformte Einleitungsformel (es steht immer das Simplex 1TA1lpoiiv und ,0 P1lSEV OltX, nicht ~ 1Tpo<j>1l,du), und sie sind Kommentar des Evangelisten, nicht Rede Jesu. Anders gesagt: Die Besonderheiten in der Einleitung verweisen auf den eigenen sachlichen Zusammenhang von Mt 13,14f. Umgekehrt bedeuten die Besonderheiten nicht, dass Mt 13,14f "unmatthäisch" (GNILKA, Verstockung, 105) und als Glosse auszuscheiden ist (s. oben S.269, Anm.444), sondern eben nur, dass Matthäus das Zitat nicht in die Reihe der übrigen Reflexionszitate einstellen wollte. 446 In diesem Sinne auch SALDARINI, Community, 31. Anders z.B. SAND, Mt, 280; LUCK, Mt, 160; Luz, Mt II, 314; RARE, Theme, 149f; EWHERIDO, Gospel, 6.105.109f U.ö. Zur These von Garbe s. unten S. 275, Anm. 470. 447 Siehe oben Kap. 3.2, S. 170-172. - Im Falle des Jesajazitats in Mt 13,14f impliziert das Demonstrativpronomen, dass es neben dem anvisierten Au6~ noch andere gibt, was darauf hinweist, dass es hier schwerlich im betonten Sinne um "das Gottesvolk" geht. 448 Für ein instrumentales Verständnis von UlJt"OL~ s. GUNDRY, Mt, 257 ("by them"). 449 In diesem Sinn z.B. auch RAGNER, Mt 1,374: "typo1ogical correspondence".
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
271
Aaoe; in Jes 6,9f gesagt ist, ereignet sich nun bei den Volksmengen und
wird hier zugleich - der Nähe des Himmelreiches entsprechend - auf das Vollrnaß gebracht. Der Verwendung des Jesajazitats in Mt 13,14f lässt sich 15,7-9 zur Seite stellen. Auch hier ist in dem Zitat (Jes 29,13) von "diesem Volk (0 AaO~ OUtO~)" die Rede (Mt 15,8). Auch hier will die Zitation des Jesajaverses nicht besagen, dass ganz Israel zur Zeit Jesu Gott bloß mit Lippen ehrt, aber im Herzen fern von ihm ist und Menschengebote lehrt, sondern dem Kontext nach geht es um die Pharisäer und Schriftgelehrten450 , und auch hier wird in der Einleitung des Zitats (15,7) dieser Bezugspunkt der Applikation explizit benannt (E1TPO
Eng mit dem Kontext verknüpft ist das Jesajazitat in Mt 13,14f nicht nur durch die Rede vom Hören und Sehen, sondern im weiteren Sinne auch durch die Rede von der Bekehrung, die an der Herzensverhärtung, Schwerhörigkeit und an den geschlossenen Augen scheitert (1l~"lTOtE ... E"lTLOtPEo/WUlV), denn in dem EmUtpE
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
das Israel als Ganzem drohende Gericht. Beides lässt sich verdeutlichen, wenn man 13,18-23 hinzuzieht. Ist Matthäus mit der Situierung der Parabeltheorie zwischen dem Sämannsgleichnis und seiner Deutung der Markus-Akolouthie gefolgt, so hat er gegenüber Markus mittels der redaktionellen Rahmung der Gleichnisdeutung durch den in der Parabeltheorie erörterten Aspekt des (Nicht-)Verstehens (V.19 .23) die beiden Abschnitte enger aufeinander bezogen und so deutlicher 13,3-23 als eine Texteinheit hervortreten lassen 454 . Im zweiten und dritten Fall in V.20f.22 wird zwar das Motiv des Nicht-Verstehens nicht explizit wiederholt, hier werden andere Akzente gesetzt455 • Im Ergebnis zeigt sich aber auch in 13,18-23 eine Zweiteilung, die zu der Zweiteilung in Verstehende und Nicht-Verstehende in 13,10-17 analog verläuft456 , nämlich eine Unterscheidung zwischen denen, die Frucht bringen, und denen, die keine Frucht bringen457 , und Gegenstand des Verstehens ist in 13,19 der ÄOYo<; ,i'j<; ßaoLÄELa<; (diff. Mk 4,14f), womit f.l Uo,~p La ,i'j<; ßao LÄE La<; ,wv oupavwv in V.11 aufgenommen wird458 . Für die Interpretation von 13,10-17 folgt aus der angezeigten kompositionellen Stellung und der von Matthäus vorangetriebenen Verknüpfung mit 13,39.18-23, dass das Sämannsgleichnis bzw. seine Deutung in die Interpretation mit einzubeziehen ist 459 .
,a
454 Dies wird noch durch die Einfügung von EV ,fj KapliLq. in 13,19 unterstrichen, denn damit nimmt Matthäus ein Stichwort aus dem Jesajazitat in V.14f auf. 455 Nach SAND, Mt, 282; GNILKA, Mt I, 486; EWHERIDO, Gospel, 116.l21fu.a. ist das Motiv des Nicht-Verstehens auch für den zweiten und dritten Fall sachlich zu ergänzen (s. auch KLAUCK, Allegorie, 207 ["KaL f.l~ OUVLEV'O~ betrifft die drei ersten Abschnitte und bildet mit KaL auvLE[~ V. 23 eine Inklusion"] sowie KINGSBURY, Parables, 61 und GRUNDMANN, Mt, 343 zu V.20 und V.23). Anders NOLLAND, Mt, 539: "Presumably Matthew will allow that some understanding has taken place in the subsequent instances." 456 GUNDRY, Mt, 260 betont auch für Mt 13,18-23 den Kontrast von Verstehen und Nicht-Verstehen: Matthäus' "primary interest lies in the distinction between understanding and not understanding (see vv 19 and 23), not in the four distinctions original to the interpretation". Siehe ferner z.B. VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik, 231. 457 Ergänzend kann man darauf hinweisen, dass der ausformulierten dreigliedrigen Binnendifferenzierung in der Gruppe derer, die keine Frucht bringen, in V.23 eine ebenfalls triadische Binnendifferenzierung korrespondiert (vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 385). 458 Vgl. Luz, Mt II, 312. 459 Dies wird noch dadurch unterstrichen, dass die Deutung des Gleichnisses in Mt 13,18-23 anders als in der Markusvorlage nicht durch eine erneute Redeeinleitung abgesetzt ist. Matthäus bietet vielmehr in 13,11-23 eine durchgehende Rede Jesu an die Jünger. Das in V.16 betont vorangestellte Uf.lWV (.sE) wird dabei durch das ebenso betonte, den Satz eröffnende uf.lEi~ ouv in V.18 aufgenommen. In der einen neuen Absatz markierenden erneuten Redeeinleitung in 13,24 bezieht sich au,oi~ dann, wie 13,34 sicherstellt, ganz auf der Linie von auwi~ in V.3 (vgl. V.I0.13) auf die ÖXAOL zurück.
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
273
Angesichts der angezeigten Verknüpfung ist evident, dass die verstehenden Jünger in der Gleichnisdeutung in der vierten Gruppe, also in denen, die Frucht bringen, wiederkehren (13,23). Die ersten drei Gruppen (V.19-22) hingegen beleuchten in differenzierter Weise die Situation der nach 13,13-15 unverständigen Volksmengen. Durch die kontextuelle Einbindung der Gleichnisdeutung ist ferner deutlich, dass das Gleichnis - zumindest primär - nicht innergemeindliche Probleme thematisiert460 - der Acker ist nicht die Kirche - , sondern eben in umfassender Weise die Reaktion auf den Aoyoe; eile; ßaalAE(ae;. Mit dem zweiten und dritten Beispiel (13,20-22) werden dabei Fälle angesprochen, in denen Menschen das Wort zunächst positiv aufnehmen, also sich für eine gewisse Zeit zur Gemeinde halten - die oben angemerkte Streichung von OL E~W aus Mk 4,11 in Mt 13,11 fugt sich hier gut ein -, dann aber aus verschiedenen Gründen nicht dabei bleiben. Dem Kontext nach sind sie letztlich der Größe der Volksmengen zu subsumieren. Im Licht der Gleichnisdeutung in 13,18-23 wird damit deutlich, dass die Grenze zwischen Jüngern und Volksmengen keineswegs so klar gezogen ist, wie dies von 13,10-17 her zunächst erscheint. Wichtiger als dies ist jedoch ein anderer Aspekt: Mit der Tätigkeit des Sämanns ist, wie bereits angedeutet wurde, zunächst einmal Jesu eigenes Wirken im Blick461 , seine Verkündigung des Evangeliums vom Himmelreich (4,23; 9,35, vgl. Aoyoe; ,TI' ßaaLAELtXC; in 13,19) und dessen unterschiedliche Rezeption. Wie in Kap. 2 ausgeführt wurde, steht Jesu irdi460 Vielfach wird Mt 13,18-23 hingegen in einen ekklesialen Horizont eingestellt. So sieht SAND, Mt, 283 in dem Text eine Ermahnung der "durch Gesetzlosigkeit, Verfolgung und Drangsale, durch Verweltlichung und irdische Sorge angefochtene[n] Gemeinde ... , das Wort vom Königreich (Gottes) nicht nur zu hören, sondern auch zu verstehen, um so den Willen Gottes zu tun." Nach Luz, Mt 1I, 319 rechnet "Matthäus ... offensichtlich damit, daß es in der Gemeinde Menschen gibt, die vom Wort des Reichs überhaupt nicht berührt sind, und solche, in denen das Wort verkümmert, bevor es zu Früchten kommt." ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 40-42 findet in der Deutung des Gleichnisses "vier Möglichkeiten des Verhaltens von Gliedern der Gemeinde gegenüber dem AOYOC; ,fic; ßIl'.aLAELUC; [sie!]" aufgezeigt (42, Hervorhebung von mir). LAMBRECHT, Treasure, 164 postuliert: "The explanation is meant more as parenesis and exhortation; it is directed to the church community ofMatthew." Und nach GUNDRY, Mt, 250 geht es bei der Rede in Gleichnissen um die Unterscheidung zwischen "false disciples" und "true disciples", doch beruht dies auf einer Fehleinschätzung der 1JXAOL als Jünger (251: ,,[T]he crowds represent the whole mixed body ofprofessing disciples, the false as weIl as the true" [zu Gundrys Sicht der 1JXAOL s. oben Kap. 3.1.1, S. 98 mit Anm. 20]). Zur ekklesialen Deutung s. ferner z.B. KINGSBURY, Parables, 54-63. - Ablehnend zu einer Fokussierung auf eine innergemeindliche Problematik HARRINGTON, Mt, 198.201f, s. ferner EWHERlDO, Gospel, 119f.122. 461 VgI. GUNDRY, Mt, 251.252.258; DAVIEs/ALLISON, Mt 1I, 399; HAGNER, Mt 1,379; KINGSBURY, Parables, 34; ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 13.
274
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
sches Wirken bei Matthäus dezidiert unter dem Vorzeichen der exklusiven Sendung zu Israel. Beachtet man diese narrative Einbettung sowie näherhin die thematische Vernetzung von 13,18-23 mit der Reflexion über das Unverständnis jüdischer Volksmengen in 13,10-17, dann ist der Acker hier nicht nur nicht, wie oben vermerkt, die Kirche, sondern zumindest primär auch nicht wie in 13,38 die We1t462 . Es geht vielmehr zunächst einmal um die Reflexion des Wirkens Jesu eben in Israel 463 . Das Gleichnis spricht dabei, wie gesehen, gerade nicht von einem völligen Scheitern dieser Verkündigung464, sondern stellt (letztlich) vergebliche und erfolgreiche Aussaat nebeneinander bzw. einander gegenüber und reflektiert also, wie in und aus Israel Gemeinde entsteht. Es ist hier demnach nicht das (heute selbstverständliche) Gegenüber von Israel und Kirche in den Text hineinzulesen, indem die ersten drei Gruppen mit Israel oder ,den Juden' identifiziert werden465 . Nicht um eine Kontrastierung von Israels Versagen auf der einen Seite und Entstehung der ecclesia auf der anderen geht es hier, sondern dem Kontext nach um einen Differenzierungsprozess in Israel. Für das Selbstverständnis der matthäisehen Gemeinde deutet sich von Mt 13,323 her an: "The Matthean community views itself as part of Israel, indeed the 'best' part,,466.
Auf die Welt beziehen hingegen GNILKA, Mt 1,487; BURCHARD, Senfkorn, 89. Vgl. DAVlEs/ALLlSON, Mt 11,399: "The issue is Israel's response to Jesus and his proclarnation. " 464 Man kann daher nicht wie DA VIES und ALLISON zum einen in dem Gleichnis Israels Antwort auf Jesus thematisiert sehen (Mt 11, 399, s. oben Anm. 463), zum anderen aber, wie dies häufig geschieht (s. neben den in Anm. 418 und Anm. 446 Genannten z.B. noch HAGNER, Mt I, 375 ["unbelief of Israel"] und 376), undifferenziert von "Israel's failure" reden (DAVlEs/ALLlSON, Mt 11,403). 465 Vgl. für viele KINGSBURY, Parables, 35: ,,[T]he contrast is ... between the Word as proclaimed to the Jews, who have not responded to it, and the Word as proclaimed to the disciples, or Church, who have." Fragen kann man, ob in dieser "Auflösung" des Gleichnisses das aus der eigenen Lebenswelt vertraute Gegenüber von Israel und Kirche, Judentum und Christentum, von vornherein als Rezeptionsfilter fungiert. 466 HARRINGTON, Mt, 198, der weiter ausführt: "It [sc. the Matthean community, M.K.] must explain to itself and to anyone else who may be interested why some Jews accept the gospel and some do not." Siehe auch ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 28, der es für "eher fraglich" hält, dass Matthäus in 13,10-17 "auf eine bereits zur Zeit Jesu vollzogene grundsätzliche Verwerfung Israels verweisen will .... Mehr spricht dafür, dass er auch dieses Bild auf seine Gegenwart hin offen halten wollte. In dem nicht verstehenden Volk wären dann jene Menschen aus Israel gezeichnet, die sich der missionarischen Botschaft der Jesusanhänger verschlossen haben." 462 463
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
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Das in 13,10-17 konstatierte Unverständnis der Volksmengen ist entsprechend nicht mit einer "Verstocktheit,,467 ganz Israels zu identifizieren468 . Vielmehr wird durch das umstehende Sämannsgleichnis gerade deutlich, dass die Verkündigung in Israel keineswegs allein auf Ablehnung und Unverständnis stÖßt469, und die gegenteilige Ansicht kann sich, wie gesehen, nieht auf das Jesajazitat in Mt 13,14fberufen470 • Im Blick auf die Volksmengen kommt hinzu, dass 13,3-23 die bis dahin geschehene Entwicklung reflektiert, ohne dass die Kommunikation abgebrochen wird471 und es zu einer grundlegenden Wende im Verhalten Jesu gegenüber den Volksmengen kommt472 • Jesus wendet sich vielmehr weiterhin den Volksmengen zu, belehrt sie und fordert sie sogar ausdrücklich zum Hören und Verstehen auf (15,10: U.KOUE'L"E Kat aUVlE-tE, s. auch 23,1_39)473, was die oben vorgebrachte These untermauert, dass es sich bei Mt 13,11-15 nicht um ein nicht revidierbares Schluss fazit handelt, zumal 21,9 zeigt, dass die Volksmengen über das Stadium von 12,23 hinaus durchaus eine gewisse christologische Erkenntnis entwickeln. Von einer "Verstockung" durch Gott ist angesichts der Ersetzung des markinischen durch ön ohnehin nicht zu reden. Vgl. BURCHARD, Senfkorn, 83 zu Mt 13,13-15: "Keine Rede von Verstockung, die in Mk 4,12 anzunehmen jedenfalls möglich ist." 468 Anders GNILKA, Mt I, 475.483f (vgl. GNILKA, Verstockung, 89.97.103); Luz, Mt II, 302.313; HARE, Theme, 149f; LAMBRECHT, Treasure, 178 u.a. Gegen die These, Matthäus rede einer Verstocktheit ganz Israels das Wort, zuletzt auch ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 35, nach dem der Rückbezug von aUtOL~ in V.14a auf die "Hörerinnen und Hörern der Gleichnisverkündigung Jesu" (V.IO) "gegen ein Verständnis des Zitats als grundsätzliche Aussage über die Verstocktheit des gesamten jüdischen Volkes und seine Unfähigkeit zum Hören der Botschaft Jesu" spricht. 469 Zu beachten ist im Übrigen, dass Matthäus in der Deutung des Gleichnisses durchgehend singularisch formuliert (s. out6~ Eonv in V.19.20.22.23, vgl. SAND, Mt, 282; GNILKA, Mt 1,485; Luz, Mt II, 316; NOLLAND, Mt, 540; ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 39). Es geht Matthäus offenbar um die einzelnen ,Saatkörner', nicht um Gruppenhaftung. 470 GARBE, Hirte, 209 relativiert die Bedeutung der "Verstockungsaussage" im Blick auf Israel durch die These, dass diese "auf das Jesus zeitgenössische Israel beschränkt" sei. Dies ist aber nicht der entscheidende Punkt und ist zudem schwerlich zu halten, denn 13,3-23 ist auf der Kommunikationsebene des Evangelisten zweifelsohne für die eigenen Erfahrungen der Gemeinde transparent. 471 Anders BURCHARD, Senfkorn, 82f.86. Gegen die These eines Kommunikationsabbruchs auch ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 34 sowie ferner NOLLAND, Mt, 537. 472 Die These von KINGSBURY, Parables, 13.31.130f, Mt 13 sei der "turning-point" (130) des Evangeliums (zustimmend DRURY, Parables, 82f, s. auch RYAN, Matthew 15:29-31, 33), ist daher verfehlt. Kritisch zu Kingsburys These auch Luz, Mt II, 292; LUOMANEN, Kingdom, 125 mit Anm. 6; MÜNCH, Gleichnisse, 98f und ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 2f. 473 Umgekehrt droht die Gefahr unverständigen Hörens auch noch den Jüngern. In 13,43 gilt der Weckruf (vgl. 11,15; 13,9) ihnen. 467
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276
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Ein weiterer Aspekt ist hier anzuschließen: Ist bei der Gruppe derer, die das Wort hören und verstehen und Frucht bringen die (wahre) Jüngerschaft im Blick, so ist zugleich zu bedenken, dass die Jünger selbst nach 9,3610,42 von Jesus in den Dienst gestellt sind, um den A.6yo~ ,il~ ßaaLA.Ela~ zu verkündigen. Sie finden sich also in dem Gleichnis keineswegs nur in der vierten Gruppe wieder, sondern in anderer Perspektive gewissermaßen auch in der Rolle des Sämanns474 . Die auf der Erzählebene während des irdischen Wirkens Jesu erfolgte Entwicklung wird hier transparent für die durch die Mission der Gemeinde erreichte Situation. Auf dieser Ebene betrachtet steht 13,18-23 für eine Relektüre von 28,19 her, d.h. für eine Applikation auf die Völkermission, prinzipiell offen, so dass das Verständnis des Ackers im Sinne von 13,38 zu weiten ist, doch dürfte angesichts des kontextuellen Bezugs auf die jüdischen Volksmengen in 13,10-17 die Reflexion der Bemühungen um die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" (10,6), wie dies in der bisherigen Auslegung vorausgesetzt wurde, zumindest im Vordergrund stehen. Dies ist einzubetten in die soziale Situation der Gemeinde, auf die hier daher vorzugreifen ist475 • Einige sind von Anfang an476 unverständig. Dass Matthäus in 13,19 statt vom Satan vom TTOVT)PO~ spricht, dürfte im Gesamtkontext des Evangeliums betrachtet als eine gezielte Doppelsinnigkeit zu interpretieren sein: Zum einen hat auch Matthäus bei dem TTOVT)PO<; den Satan im Blick, aber er hat, wie gesehen, zugleich auch die Autoritäten als
474 Vgl. KINGSBURY, Parables, 35: "The sower is Jesus. At one time he delivered his message personally; after Easter, as the exalted Kyrios, he speaks through his Church." CARTERIHEIL, Parables, 71: ,,[T]he sower who went out ... to sow [v 3b] also portrays the disciples." Siehe auch NOLLAND, Mt, 539 zum A6yo~ tfJ<; ßaoL,,-da~: "The activity is intended to embrace both the preaching of Jesus and that of the early church." - Der These, dass 13,18-23 zumindest auch als Reflexion der gemeindlichen Mission zu lesen ist, lässt sich die Deutung vom Unkraut unter dem Weizen in 13,36-43 zur Seite stellen, denn das Säen des guten Samens durch den (erhöhten) Menschensohn ist darauf zu beziehen, dass der Auferstandene seine Jünger aussendet, um alle Völker zu Jüngern zu machen (vgl. VÖGTLE, Anliegen, 271). 475 Vgl. unten Kap. 7. 476 Aus tO EOTTapllEvov EV tij Kapö(~ autou wird zuweilen gefolgert, dass es auch in diesem Fall zunächst zu einer Annahme des Wortes kommt (s. z.B. KINGSBURY, Parables, 55; VON GEMÜNDEN, Vegetationsmetaphorik, 231), aber die Einfügung von EV tij Kapö(~ autou dürfte hinreichend aus dem Bestreben zu erklären sein, die Deutung mit 13,10-17 zu verbinden (s. 13,15: ETTaxuv9T) yap ~ KapMa tOU ,,-aou tOUtOU .... Il~TTOtE ... tij Kapö(~ OUVWOLV). Den Menschen der ersten Gruppe wird also zwar das Wort ins Herz gesät, aber sie verstehen mit dem Herzen nicht. Auch dass sie nach V.19 "hören". steht nicht in Spannung zu V.13-15, wie V.14 zeigt (sie hören und verstehen nicht), und V.13 (Kat aKouOVtE<; OUK aKOUOUOLV ou61: OUVLOUOLV) meint nichts anderes. Dass jemand das Wort hört, ist in V.19 also nicht "tantamount to saying that he becomes a Christian" (gegen KINGSBURY, Parables, 55).
4.4 Die Rede in Gleichnissen in Mt 13,3-23
277
wesenhaft böse (s. v.a. 12,34f zu den Pharisäern) dargestellt477 , und zudem verbindet das auf matthäischer Redaktion beruhende Verb apmx(ELv 13,19 mit dem Stürmerspruch in 11,12, nach dem "Gewalttätige (ßLaara[)", womit die Autoritäten als Gegner Jesu im Blick sind, das Himmelreich an sich zu reißen suchen478 . Für 13,19 lässt sich folgern: Wenn die Verkündigung bei einigen von vornherein vergeblich ist, liegt dies daran, dass sie unter dem Einfluss der Autoritäten/Pharisäer stehen 479 • Andere nehmen das Wort zunächst "mit Freuden" auf, fallen aber ab, wenn sich "Bedrängnis oder Verfolgung um des Wortes willen" erhebt (13,21, vgl. 5,10-12; 10,18). Auch hier ist im Wesentlichen an Bedrängnis zu denken, die von Autoritäten ausgeht, also im sozialen Kontext der matthäischen Gemeinde(n) vor allem von den Pharisäern, d.h. Mt 13,21 spiegelt die Erfahrung, dass zunächst von der Botschaft der ecclesia positiv Affizierte sich aufgrund von sozialem Druck und (drohenden) Schikanierungen wieder zurückziehen, und verweist damit auf den Konflikt, in dem die Gemeinde steht. Ferner kommt die Gefahr hinzu, die von den weltlichen Sorgen und dem betrügerischen Reichtum ausgeht (13,22)480.
Zu beachten ist freilich auch und gerade bei der Lektüre von Mt 13,18-23 mit Bezug auf die Mission der Gemeinde, dass diese als nicht nur erfolglos erscheint, sondern mit V.23 auch im Blick ist, dass durch die Verkündigung der Gemeinde weitere Jüngerschaft entsteht. Ferner: War oben festzuhalten, dass 13, I 0-17 auf der Ebene der matthäischen Erzählung nicht als Schlussstrich fungiert, so gilt mutatis mutandis auf der Ebene der Kommunikation des Evangelisten mit seiner Gemeinde, dass 13,10-23 nicht anders denn als Zwischenfazit aufgefasst werden kann: Die Gemeinde kann anhand der Parabeltheorie und der Deutung des Gleichnisses auf die bisherige Entwicklung ihrer missionarischen Bemühungen zurückblicken und den erreichten status qua reflektieren. Ihre Mission ist aber noch keineswegs abgeschlossen, und im Licht der bleibenden missionarischen Aufgabe481 weist 13,18-23 zugleich auch in die Zukunft und dynamisiert so die bestehende Situation, denn auch weiterhin darf die Gemeinde - neben der Ablehnung, die ihre Botschaft vielfach aus den genannten Gründen erfährt - darauf hoffen, dass das Wort auch auf guten Boden fällt und dies nicht nur in der Völkermission, sondern auch in der 477 Vgl. oben Kap. 4.3.2, S. 238. - Vergleichen kann man, dass dem Versuchtwerden Jesu durch die Autoritäten in 16,1; 19,3; 22,18.35 die Bezeichnung des Teufels als 0 1TELpa(wv in 4,3 zur Seite steht (vgl. GUNDRY, Mt, 55). 478 Siehe zur Deutung oben Kap. 4.3.1, S. 228. 479 Alleiniger Bezug von 0 1TOVT]PO~ in Mt 13,19 auf den Satan ist die übliche Auslegung (s. z.B. Luz, Mt H, 316; HARRINGTON, Mt, 196; GUNDRY, Mt, 259; NOLLAND, Mt, 539; KINGSBURY, Parables, 56; ROLOFF, Jesu Gleichnisse, 43f). - Anders als oben ausgeführt verortet VAN TrLBORG, Leaders, 43 die Autoritäten in Mt 13,19. Er hält es für wahrscheinlich, "that Mt in his 1Tavro~ &K01JOV't'O~ rov AOYOV rfi~ ßaaLAE[a~ Kat I.l.~ aUVLEvro~ has thought of the Jewish leaders as the prototype of everybody who refuses to accept the good tidings of the Kingdom. " 480 Beide sind auch in Mt 6,19-34 verbunden. 481 Zum Fortgang der Israelmission s. oben Kap. 2.3.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Israelmission. Das Gegenüber von Jüngern und Volksmengen ist also nicht in einem statischen Sinne fixiert, sondern es geht um einen dynamischen Prozess: Es gibt sozusagen auch Volksmengen, die zu Jüngern werden. Festzuhalten ist: Mt 13 ,3-23 spricht weder von einer Verstocktheit ganz Israels - vielmehr erscheinen die Jünger als eine durch Jesu Wirken in Israel entstandene (und weiter entstehende) Gruppe - , noch ist die Konstatierung des Unverständnisses der Volksmengen als eine definitive Verwerfungsaussage zu deuten. Im Blick auf die Darstellung der Volksmengen ist überhaupt die Aspekthaftigkeit der einzelnen Texte zu beachten. 13,10-23 bietet so wenig wie umgekehrt 21,9 das Urteil über die Volksmengen482 . Die ÖXAOL sind im ,Rollenangebot' der matthäischen Jesusgeschichte eine vielschichtige und differenzierte Größe, die es in dieser Vielschichtigkeit wahrzunehmen und auf die Kommunikationsebene des Evangelisten zu beziehen gilt. Auf der einen Seite dient 13,3-23 der Reflexion, Einordnung und Verarbeitung von Negativerfahrungen in der Mission, zum anderen lesen sich die Texte, die eine positive Reaktion der Volksmengen im Kontrast zu den Autoritäten zum Ausdruck bringen, als Ermutigung zu weiteren missionarischen Bemühungen. Freilich liegt auch in 13,18-23 der Akzent nicht allein auf den Negativerfahrungen. Und wirft 13,10-23 zum einen den Blick zurück auf die zurückliegende Geschichte, so wird zum anderen die damit anvisierte Situation zugleich insofern dynamisiert, als die Verkündigung des Himmelreiches keine bereits abgeschlossene Aufgabe der Gemeinde darstellt.
4.5 Das "Richten" der zwölf Stämme Israels in Mt 19,28 Nur kurz ist, dieses Kapitel abschließend, noch auf die den Jüngern Jesu geltende Verheißung in Mt 19,28 einzugehen, dass sie bei der Wiederge-
482 Ebenso wenig lässt sich die positive Darstellung der fruchtbringenden Jüngerschaft als die Aussage über die Gemeinde verabsolutieren. Im Gesamtkontext des Evangeliums wird diese vielmehr durch kritischere Töne (s. z.B. 7,21-23; 22,11-14) ausbalanciert. Von daher ist auch eine ekklesial orientierte Relektüre von Mt 13,18-23 möglich, wenngleich diese im Textduktus von Mt 13, zumal angesichts der Verbindung zur "Parabeltheorie", nicht als primäre Intention des Evangelisten gelten kann. Dies bestätigt zugleich, dass im Gesamtzusammenhang betrachtet die Grenze zwischen Jüngern und ÖXJ..OL nicht so scharf gezogen ist, wie dies bei der alleinigen Lektüre von Mt 13 erscheint. Und dies unterstreicht wiederum, dass, wie oben ausgeführt, die Aspekthaftigkeit der einzelnen Texte zu beachten ist. Mt 13 ist nicht das ganze Bild, sondern trägt dazu bei.
4.5 Das" Richten" der 12 Stämme Israels
279
burt483 , wenn der Menschensohn sich auf den Thron seiner Herrlichkeit gesetzt hat484, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten werden. Diachron betrachtet handelt es sich bei dem wohl Q entnommenen Logion (vgl. Lk 22,30)485 um eine matthäische Einfügung in den Markuszusammenhang Mk 10,28-31: Nachdem mit dem Scheitern der Berufung eines Reichen in die Nachfolge der Reichtum als Hindernis für das Eingehen in das Himmelreich herausgestellt worden ist, stellt Petrus als Sprecher des Jüngerkreises - die Frage, was ihnen, die alles verlassen haben und Jesus nachgefolgt sind, zuteil werden wird. Während der markinische Jesus in Mk 1O,29f eine allgemein formulierte Antwort (OUÖELc; EOrLV ö<; (hlrijKEv OtKltxV ... ) gibt, die bei Matthäus ihr Pendant in 19,29 hat, steht im matthäischen Kontext mit der in 19,28 eingefügten Verheißung eine Aussage voran, die man angesichts der Rede von den zwölf Thronen kaum anders denn als streng auf den (später um Judas reduzierten) Kreis der zwölf Jünger bezogen lesen kann. Die Zwölf stehen hier also nicht für die Christusgläubigen überhaupt486 . Erst V.29 verallgemeinert487 . In V.28
483 Im Licht der Rede vom Vergehen von Himmel und Erde in Mt 5,18; 24,35 ist mXALYYEvwLa schwerlich bloß auf die Auferweckung der Toten zu beziehen (s. aber DERRETT, Palingenesia, 51-55, bevorzugt auch von Luz, Mt 111, 129, als ein Aspekt postuliert von Burnett, IIahYYEvwLa, 64f), sondern meint, wie die meisten annehmen, umfassender die Neuschöpfung der Welt (s. z.B. GNILKA, Mt 11, 172; HAGNER, Mt 11, 565; NOLLAND, Mt, 798f; SIM, Meaning, 4-12). Die Restitution Israels als Zwölfstämmevolk (so deutet z.B. GUNDRY, Mt, 392), die mit der Mission der Jünger anhebt, kann man darin als einen Aspekt der Neuschöpfung integrieren. 484 Ob der öTav-Satz wie in der parallelen Stelle 25,31 auf den Evangelisten zurückgeht (so z.B. BROER, Ringen, 15lf, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 55) oder aber gewissermaßen als Modell für 25,31 diente, ist nicht mit hinreichender Sicherheit zu entscheiden (vgl. Luz, Mt III, 121). 485 Die meisten Ausleger weisen das Logion Q zu (s. z.B. GNILKA, Mt 11, 169f; DAVIES/ALLISON, Mt III, 39.55; FIEDLER, Mt, 315; KARRER, Gemeinde, 159f; SIM, Meaning, 3; HOFFMANN, Herrscher, 253.262). Zurückhaltend aber z.B. Luz, Mt 111, 121. 486 Anders z.B. Luz, Mt 111, 128fund BROER, Ringen, 164, die auch hier das Moment der Transparenz der Zwölf für die gegenwärtigen Jünger in den Vordergrund rücken. Kritisch dazu HOFFMANN, Herrscher, 257, der zu Recht festhält: ,,[I]n 19,28 geht es speziell um die Zwölf." Siehe auch die unten Anm. 487 Genannten. 487 In diesem Sinn z.B. auch SAND, Mt, 399; MORRIS, Mt, 496; WIEFEL, Mt, 340f; NOLLAND, Mt, 801, s. auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 58. - Matthäus hat Mk 10,29f erheblich gekürzt: Mk 10,29f verheißt "hundertfaches Empfangen", das nach zwei Seiten, nämlich im Blick auf das irdische Leben und das Eschaton, entfaltet wird: ,jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker mitten unter Verfolgungen und in der kommenden Welt das ewige Leben". Matthäus hingegen blickt allein auf den hundertfältigen Empfang und das Erbe des ewigen Lebens aus. Ersteres dürfte angesichts der Auslassung dabei allein eschatologisch gemeint sein.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen aufJesu Wirken
hingegen geht es zunächst um die besondere Auszeichnung der Jünger, die alles verlassen haben und mit Jesus umhergezogen sind488 Liegt der Ton in V.28 dem Kontext nach nicht auf dem Objekt, sondern dem Subjekt des KPLVElV 489 , so ist gleichwohl nicht auszuklammern, dass die Ehrenstellung des Jüngerkreises im Reich Gottes mit der Vorstellung vom Sitzen auf zwölf Thronen und vom KPLVELV der zwölf Stämme israelbezogen formuliert wird490 . KPLVElV wird hier analog zum Bedeutungsspektrum des hebräischen ~Eltli491 nicht selten im Sinne von "herrschen,,492 aufgefasst493 . Philologisch lässt sich dies nicht eindeutig belegen494 . Man kann nur sagen, dass "richten" eine wichtige Funktion des Herrschers ist und insofern "richten" auf die herrscherliche Würde verweisen kann. Zu beachten ist im Blick auf Mt 19,28 allerdings, dass nach PsSal 17,26 das Richten (KpLVELV) der "Stämme des Volkes, das geheiligt ist vom Herrn, seinem Gott", zu den offenbar dauerhaften Aufgaben des davidischen Messias gehört, der, so fährt PsSal 17,27 fort, es "nicht erlauben wird, dass 488 Zur matthäisehen Konzeption des Zwölferkreises vgl. noch unten Kap. 6.3, S. 371. Mt 5,12.19; 1O,4lf; 11,11; 18,1-4 und 20,23 geben zu erkennen, dass Matthäus die Vorstellung kennt, dass es im Himmelreich unterschiedliche Ehrengrade gibt. 19,28 lässt sich dem einordnen: Den Zwölfen wird hier der höchste Rang verheißen (vgl. WONG, Theologie, 142). 489 Vgl. BROER, Ringen, 164; WONG, Theologie, 142. 490 Zugleich rät schon die primäre Funktion des Verses, die Ehrenstellung der Jünger im Reich Gottes herauszustellen, zur Vorsicht, aus dem Nebeneinander von Mt 19,28 und 25,31-46 eine von Matthäus konzeptionell durchreflektierte Differenzierung des Endgerichts in ein Israel und ein die Völker betreffendes Gericht zu folgern. Siehe zu dieser Frage noch unten Kap. 5.4, S. 337. 491 Siehe dazu LIEDKE, ~DIli, Sp. 1001-1003. 492 Vergleichen könnte man dann Testjuda 25,1: "Und danach werden Abraham und Isaak und Jakob zum Leben auferstehen, und ich und meine Brüder werden die Anführer unserer Szepter in Israel sein: als erster Levi, als zweiter ich, als dritter Joseph, als vierter Benjamin, als fünfter Simeon, als sechster Issachar und so alle der Reihe nach." 493 So z.B. BEARE, Mt, 399; GUNDRY, Mt, 393; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 55f. Versteht man KPLVELV im Sinne von "herrschen", ergibt sich ein schlüssiger Zusammenhang, wenn man md.lYYEvEoLa auf die eschatologische Restitution der zwölf Stämme bezieht (vgl. GUNDRY, Mt, 393): Die zwölf Jünger fungieren als Herrscher über das restituierte Zwölfstämmevolk Israel. MENNINGER, Israel, 143f trägt hier hingegen den Restgedanken ein und bezieht 19,28 auf die Kirche als ,wahres' Israel. - BERGER, Theologiegeschichte, 136 deutet KPLVELV in Mt 19,28; Lk 22,30 im Sinne von "zum Recht verhelfen". 494 BAUER/ALAND, Wörterbuch, Sp. 918 verweisen für die Bedeutung "herrschen" auf 4Reg (2Kön) 15,5; Ps 2,10; IMakk 9,73 und PsSal 17,29, doch lässt sich für keinen der genannten Belege die Bedeutung "richten" ausschließen (vgl. die Differenzierung in SapSal 3,8a: KPLVOÜOLV E9VT) Kat Kpa,~ooUOlV Aawv). - Dezidiert urteilt Luz, Mt Irr, 129: "Daß KPLVW ,herrschen' heißen könne, ist ein philologisches Märchen, das sich zwar seit seinem vermutlichen Ersterzähler H. Grotius geradezu universaler Verbreitung erfreut, aber trotzdem eindeutig falsch ist."
4.5 Das" Richten" der 12 Stämme Israels
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Ungerechtigkeit ferner in ihrer Mitte wohnt". Eine solche Vorstellung könnte auch in Mt 19,28 nachwirken. KPLVELV wäre dann nicht speziell auf den Vollzug des Endgerichts zu beziehen, sondern Ausdruck der herrscherlichen Würde der Jünger des Zwölferkreises im Reich Gottes. Ein dazu analoges Verständnis tritt in der lukanischen Aufnahme von Q 22,30 zutage, denn hier geht der Rede vom Sitzen auf den Thronen und dem Richten der zwölf Stämme die Aussage voran, dass die Jünger in Jesu Reich beim eschatologischen Festmahl an Jesu Tisch essen und trinken werden, was gegen einen spezifischen Bezug auf das Endgericht spricht495 . Meint das mit den Sitzen auf den Thronen verbundene KPLVELV eine Funktion der Jünger nicht speziell am Jüngsten Tag, sondern im Reich Gottes, lässt sich dies mit der Restitution des Zwölfstämmevolkes verbinden, die mit der Zuwendung Jesu zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" (15,24, vgl. 10,6) inauguriert ist. Von einer Verwerfung Israels wäre dann in 19,28 in keiner Weise die Rede. Dies gilt mutatis mutandis freilich auch, wenn man 19,28 im Sinne einer Teilhabe der Zwölf am Endgericht496 deutet, in dem (sonst) der Menschensohn als Richter fungiert (vgl. 16,27; 25,31)497. Denn philologisch wäre in diesem Fall festzuhalten, dass KPLVELV keine Aussage über den Ausgang des Gerichts trifft, d.h. KPLVELV selbst besagt nicht, dass die zwölf Jünger die zwölf Stämme Israels "verurteilen" oder "verdammen" werden498 . Eine solche Deutung könnte in 19,28 nur vom Gesamtkontext des Evangeliums her eingelesen werden, doch haben sich dafür keine Indizien ergeben. Hätte Matthäus hier einer kollektiven Verurteilung Israels das Wort reden wollen, hätte er dies durch KCi.TCi.KpLVELV (vgl. 12,41f) unzweideutig zum
495 Analog zu Mt 19,28 wird KPLVELV auch in Lk 22,30 häufig im Sinne von "herrschen" aufgefasst. Siehe z.B. KLEIN, Lk, 673 und SCHNEIDER, Lk II, 451: ",Richten' als vorzügliche Herrscherfunktion steht hier für ,Herrschen', und es ist nicht an eine Entscheidungskompetenz über Israel am Jüngsten Tag gedacht". 496 Die Begrenzung der Aussage auf die Zwölf unterscheidet Mt 19,28 von der verwandten Vorstellung in lKor 6,2f (dazu und zu verwandten frühjüdischen Aussagen KONRADT, Gericht, 330-334). 497 Für einen spezifischen Bezug von 19,28 auf das Endgericht kann man anführen, dass die Vorstellung vom Sitzen des Menschensohns auf dem Thron seiner Herrlichkeit in 25,31 wiederkehrt und dort auf das Gericht am Jüngsten Tag bezogen ist. 498 In diesem Sinn auch GARBE, Hirte, 192f und NOLLAND, Mt, 801: "Judging does not mean condemming: as in Mt. 25:31-46, there are two options." Auf die Vorstellung eines Vernichtungsgerichts beziehen Mt 19,28 hingegen BROER, Ringen, 157-165; HOFFMANN, Herrscher, 264. GNILKA, Mt II, 171 sieht das Gericht hier zwar "primär als strafendes konzipiert", wendet sich aber dagegen, von einem Vernichtungsgericht zu sprechen. Einseitig positiv auf die Erfüllung der Heilshoffnung Israels hin wird 19,28 bei FIEDLER, Mt, 316 ausgelegt.
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Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Ausdruck bringen können499 . Positiv gewendet: Der Ausgang des Gerichts ist offen50o . Dieser Ansatz lässt sich nicht durch den Verweis auf frühjüdische Texte entkräften, in denen das Motiv der Beteiligung der Gerechten am Endgericht mit der Vorstellung des Vernichtungsgerichts verbunden ist50I . Kontext ist in Texten wie IHen 38,5; 48,9; 91,12; 95,3; 98,12 nämlich die gegenwärtige Unterdrückung der Gerechten durch die Frevler. Die Texte fungieren als Trost angesichts der aktuellen Bedrängnis; sie nehmen eine Umkehrung der Verhältnisse in den Blick502 . Dies ist offenkundig nicht identisch mit dem Zusammenhang, in den Mt 19,28 eingebettet ist503 . Kontextuell zu beachten ist hier - neben dem unmittelbaren Zusammenhang in Mt 19 - vielmehr wiederum die Verbindung von 19,28 mit der Aussendungsrede. 19,28 ist die erste Anspielung auf den Zwölferkreis seit seiner erstmaligen Erwähnung in 10,1-4, die dort auf die Sendung der Jünger zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" im Sinne der Restitution des Zwölfstämmevolkes bezogen ist. Bilden die Zwölf nach Mt lOden Kern des zu sammelnden Gottesvolkes, so wird ihre damit gegebene fundamentale Rolle für Israel durch 19,28 unterstrichen 504 . Der Gerichtsgedanke klingt in der 10,1-4 vorangehenden Erntemetapher in 9,37f bereits mit, ohne im Vordergrund zu stehen; der Ton liegt dort vielmehr positiv auf der Größe der Aufgabe der Sammlung des Volkes angesichts seiner Not505 . Nun endet diese Aufgabe für die Jünger, wie die Auslegung von 10,23 gezeigt hat, erst mit der Parusie506 . Ihr Ausgang ist also offen. Dieser Offenheit der Mission korrespondiert die Offenheit der Gerichtsaussage in 19,28: Wer von den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" verloren bleibt und wer zu den gehören wird, die in das Reich Gottes eingehen, wird sich im Gericht erweisen. Festzuhalten ist damit: Auch dann, wenn man 19,28 nicht auf eine Funktion der Jünger im Reich Gottes, sondern auf ihre Beteiligung am Endgericht bezieht, weist nichts darauf hin, dass Matthäus hier ein eschaSemantisch instruktiv ist die Differenzierung in lKor 11,32: KPlVOJ1.EVOL ö1: {mo ouv ,Q KOOflU) KuraKpleWJ1.EV. Hier soll also gerade das als Züchtigungs gericht verstandene Richten die (eschatologische) Verurteilung verhindern (s. dazu KONRADT, Gericht, 439-451). 500 Ebenso GARBE, Hirte, 191f. 501 Gegen BROER, Ringen, 157(-165). 502 Vgl. die Ausführungen in KONRADT, Gericht, 333f. 503 Matthäus hat vielmehr den Verweis auf die Bedrängnis in Mk 10,30 übergangen! 504 Vgl. zu 19,28 HARRINGTON, Mt, 281: "The point is that at the eschaton Jesus and his disciples will be revealed as the most important persons among the Jewish people." sos Zur Deutung von Mt 9,37fs. oben Kap. 2.3, S. 83-84. 506 Siehe oben Kap. 2.3, S. 89-92. 499
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KUPLOU lTlXLÖEuoflE9a, '(va fl~
4.6 Zusammenfassung
283
tologisches Vernichtungs gericht an Israel im Sinn hat. Dem fügt sich ein, dass bei Matthäus der Typus des Beurteilungsgerichts mit doppeltem Ausgang 507 auch anderorts hervortritt (s. v.a. 16,27; 25,31-46).
4.6 Zusammenfassung Die in Kapitel 3 entwickelte differenzierte Sicht der Konfliktkonfiguration der matthäischen Jesusgeschichte wird durch die im Voranstehenden behandelten Texte, die häufig für die These herangezogen wurden, dass Israel kollektiv das Gericht angesagt werde bzw. seine Stellung als Volk Gottes eingebüßt habe, nicht in Frage gestellt. So stellt die Parabeltrilogie in 21,28-22,14 keineswegs die heilsgeschichtliche Ablösung Israels durch die ,Heiden'-Kirche dar, sondern sie ist Teil der finalen Auseinandersetzung Jesu mit den ihm feindselig gesonnenen Autoritäten, die in 23,1-39 in die Rede wider die Schriftgelehrten und Pharisäer einmündet, deren Auditorium nicht nur die Jünger, sondern auch die Volksmengen sind (23,1). Die Differenzierung zwischen den Autoritäten und den Volksmengen wird nicht aufgelöst bzw. revoziert, sondern - im Gegenteil- weiterhin vorausgesetzt bzw. bekräftigt. Mt 21,43 visiert die Ablösung der Autoritäten durch die Jüngerschar im Blick auf die Führungsrolle in Israel an. Die Übergabe der ßaolAEla 'tou 8EOU dürfte dabei so zu verstehen sein, dass die Aufgabe, Gottes Herrschaft durch die Unterweisung des Volkes über Gottes Willen auszurichten, nunmehr den Jüngern Jesu anvertraut ist. Sie sind dazu durch die vollmächtige Lehre Jesu befähigt, der gekommen ist, um Tora und Propheten zu erfüllen (5,17), und den wahren Sinn der Tora erschlossen hat. Die Differenzierung zwischen Autoritäten und Volk ist ferner durch die Worte gegen "dieses Geschlecht" in 11,16-19; 12,38-45 und 23,34-36 bestätigt worden. Auch hier zeigt Matthäus gerade nicht eine die Anklage generalisierende Tendenz, sondern eine klare Einbindung der Worte in die Auseinandersetzung Jesu mit den Autoritäten. Auch die Zerstörung Jerusalems (22,7; 23,37-39) ist in diesen Zusammenhang eingestellt. Sie repräsentiert für Matthäus nicht die Verwerfung Israels, sondern dient dem Evangelisten zur Delegitimation der Autoritäten, denn an ihr wird ansichtig, wer auf Gottes Seite steht und wer nicht. Oder anders: Die Zerstörung Jerusalems wird zur Warnung, dass die, die sich gegen Jesus und seine ecclesia stellen, dem eschatologischen Gericht entgegengehen.
507
Zur Unterscheidung der Gerichtstypen vgl. KONRADT, Gericht, 11-17.
284
Kap. 4: Konsequenzen negativer Reaktionen auf Jesu Wirken
Wird also durch die Parabeltrilogie und die Worte gegen dieses Geschlecht die in Kapitel 2 und Kapitel 3 entwickelte differenzierte Sicht der matthäischen Jesusgeschichte gerade bestätigt, so steht dem zur Seite, dass auch sonst im ersten Evangelium keine pauschal gegen Israel gerichtete Ansage des Gerichts oder des Verlusts des Heils bzw. der Erwählung begegnet. Mt 8, I1f kontrastiert nicht das Heil für die Völker mit dem Gericht an Israel, sondern bringt innergemeindlich ausgerichtet die Universalität des Heils (für Juden und Nichtjuden) gegenüber solchen Christusgläubigen (!) zur Geltung, die sich von Jesu Basileiabotschaft haben affizieren lassen, sich aber der Einbeziehung der Völker in das von Jesus gewirkte Heil verschließen. Durch das Sämannsgleichnis und seine Deutung sowie die darin eingebettete Parabeltheorie treibt Matthäus in 13,3-23 die Unterscheidung zwischen den Jüngern und den Volksmengen voran, doch lässt sich dies nicht mit der Gegenüberstellung von Kirche und Israel gleichsetzen. Geschildert wird hier vielmehr ein sich innerhalb Israels vollziehender Differenzierungsprozess, der zudem nicht abgeschlossen ist, sondern durch die fortbestehende Aufgabe der Israelmission weitergeht. Dem fügt sich schließlich ein, dass auch für Mt 19,28 nichts darauf hindeutet, dass hier einseitig ein Strafgericht an den zwölf Stämmen und nicht ein offenes Beurteilungsgericht anvisiert ist. Bindet man die Ausführungen in Kapitel 2 mit ein, so ist schließlich festzuhalten, dass die Herausstellung der Israelkonzentration der Sendung Jesu nicht zur Begründung der Schuld und Gerichtsverfallenheit des Volkes dient, sondern positiv auf die Bedeutung der besonderen Stellung Israels im theologischen Denken des ersten Evangelisten verweist. Der Frage, wie sich dazu die Einbeziehung der Völker in das Heil und die Bildung der ecclesia verhalten, ist in den folgenden beiden Kapiteln nachzugehen.
Kapitel 5
Israel und die Völker Im Blick auf die im ersten Kapitel skizzierte Kernfrage, wie der Übergang von 10,5f zu 28,19 zu verstehen ist, können Lösungen, die die Hinwendung zu den Völkern mit der (kollektiven) Ablehnung Jesu in Israel, mit dem Scheitern seiner Zuwendung zu Israel bzw. mit der Schuld und Verwerfung Israels verbinden, auf der Grundlage der bisherigen Ergebnisse nunmehr ausgeschlossen werden. Die nachösterliche Völkermission ist im Matthäusevangelium auch nicht durch eine gezielte oder gar extensive vorösterliche Zuwendung Jesu zu Nichtjuden vorbereitet. Dennoch kommt die universalistische Dimension in 28,18-20 I nicht unvermittelt. Matthäus hat vielmehr von Anfang an auf 28,18-20 vorausverweisende Signale gesetzt2. Im Folgenden soll zunächst in Kap. 5.1 diese universale Dimension der matthäischen Jesusgeschichte vor 28,16-20 näher untersucht werden. Daran schließen sich in Kap. 5.2 Überlegungen zur christologischen Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,19 an, die im Gesamtaufbau dieser Studie das Pendant zu den Ausflihrungen in Kap. 2.1 bilden. Kap. 5.3 bringt auf dieser Basis das Verhältnis von 10,5f und 28,19 zueinander mit der narrativen Konzeption in Zusammenhang, mit der Matthäus die messianische Identität Jesu entfaltet. Kap. 5.4 sucht abschließend das genaue Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel zu klären.
I Auf das große Gewicht dieses Textes im Matthäusevangelium ist immer wieder hingewiesen worden. Siehe für viele MICHEL, Abschluß, 21 ("der Schlüssel zum Verständnis des ganzen Buches" [im Original hervorgehoben]); MATERA, Plot, 245 ("the climax of the entire Gospel"); SAND, Schule, 60f ("Schlüsseltext" [60]); HA YS, Torah, 185 ("the telos towards which Matthew's whole narrative has been driving" [Hervorhebung im Original]). 2 Vgl. für viele FRANKEMÖLLE, Mission, 110f; ECKSTEIN, Weisung, 385f; GARBE, Hirte, 122-124.
286
Kap. 5: Israel und die Völker
5.1 Die universale Dimension der matthäisehen Jesusgeschichte vor 28,16-20 Ein erster Hinweis auf die universale Dimension des mit Jesus verbundenen Heils ist, wie dies oben in Kap. 2.1.1.1 schon angedeutet wurde, bereits dem das Evangelium einleitenden Vers zu entnehmen: Die Bezeichnung Jesu als "Sohn Davids" ist um "Sohn Abrahams" ergänzt. Betrachtet man die Wendung vom matthäischen Kontext isoliert, lässt sich aus ihr zwar keineswegs geradlinig ableiten, dass damit die Völkerwelt in den Blick gerät. Abraham könnte vielmehr genannt sein, weil er der Stammvater Israels ist, mit ihm also die Erwählungsgeschichte beginnt, so dass die Anfügung von uto~ 'Aßpaaj..L in 1,1 das durch das Christologoumenon der Davidssohnschaft Jesu zum Ausdruck gebrachte Moment der Israelbezogenheit noch verstärken würde: Jesus ist der Zielpunkt der mit Abraham beginnenden Erwählungsgeschichte Israels 3• Dabei könnte ferner mitschwingen, dass Abraham in der frühjüdischen Tradition zur idealen Verkörperung des Israeliten stilisiert wurde. Jesus würde dann in 1,1 als davidischer Messias und idealer Israelit präsentiert4 . Abraham wird in der frühjüdischen Tradition aber zugleich als erster Konvertit aufgefasst 5 • Als solcher wird er bei Philo zum "Muster an Adel für alle Proselyten (a1TaoLv E1TT]AU,aL~ EUYEvda~ Kavulv)" (Virt 219)6. Gewichtiger dürfte angesichts der verheißungstheologischen Dimension der in Mt 1,1 vorangehenden Bezeichnung Jesu als uto~ ßauUi jedoch sein, dass in der Genesis mit Abraham eine die Völkerwelt umgreifende Segensverheißung verbunden ist (Gen 12,3; 18,18; 22,18; 26,4). Die Bedeutung dieses universalistischen Horizontes für den ersten Evangelisten wird deutlich, wenn man die nachfolgenden Rekurse auf Abraham im Evangelium einbezieht. Die Worte der Täuferpredigt in Mt 3,9, dass "Gott Abraham aus diesen Steinen Kinder zu erwecken vermag", sind zwar im unmittelbaren Kontext primär als Element der an die Pharisäer und Sadduzäer adressierten Infragestellung ihrer sich auf die Abrahamkindschaft berufenden Heilsgewiss3 Für eine israelbezogene Deutung von uto~ 'Aßpaaf.l votieren HARRINGTON, Mt, 28; HARE, Mt, 6; KEENER, Mt, 73f; KRENTZ, Extent, 411.414; KYNES, Christology, 13, s. auch DORMEYER, Mt 1,1 als Überschrift, 1363; WILK, Jesus, 83, Anm. 5. 4 So KRENTZ, Extent, 411.414. 5 Nach der frühjüdischen Abrahamhaggada war Abraham der erste, der zum Glauben an den einen Gott kam. Siehe Jub 11,16-12,21; ApkAbr 1-8; LAB 4,16; 6,1-8,3; 23,5; Philo, Abr 68-84; Virt 211-219; Josephus, Ant I 155-157; PseudEupolHist, Frg. I (bei Euseb, PraepEv IX 17,8), s. auch Jdt 5,5-9. Vgl. NICKELSBURG, Abraham, 152-167. 6 Vgl. Philo, VitMos I 7: Abraham als erster E7TT]A.U1:T]~. Zu Abraham als "Vater der §6 (Bietenhard I, p.69). Proselyten" bzw. erster Proselyt s. ferner bHag 3a; TanchB
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5.1 Die universale Dimension der mt Jesusgeschichte vor 28,16-20
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heit zu werten. Im Gesamtkontext des Evangeliums betrachtet schwingt aber zugleich mit, dass der Täufer hier eine Möglichkeit aufwirft, die später tatsächlich realisiert wird: Durch die Völkerrnission erweckt Gott Abraham neue Kinder?, d.h. Menschen aus den Völkern werden in die mit Abraham begonnene Heilsgeschichte einbezogen8• Diese Deutung von Mt 3,9 findet darin eine Bestätigung, dass der erneute Rekurs auf Abraham (und die übrigen Väter) in 8,11 explizit mit dem Moment der Universalität des Heils verbunden ist. Die 1TOUOL, die sich mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch legen werden, sind zwar nicht allein Menschen aus den Völkern, aber auch9 • Im Himmelreich werden die christusgläubigen Abrahamkinder aus Israel und den übrigen Völkern lO mit Abraham das eschatologische Festmahl einnehmen. Im Licht von 3,9 und 8,11 liegt nun auch für 1,1 nahe, dass Matthäus mit dem Verweis auf die Abrahamsohnschaft Jesu einen Hinweis auf die Universalität des mit Jesus verbundenen Heils setzen wollteIl. Mt 1,1 dürfte dabei näherhin, wie angedeutet, ein weiterer Beleg für die Rezeption der die Völkerwelt umgreifenden Segensverheißung an Abraham im frühen Christentum sein l2 (vgl. Apg 3,25; Gal 3,8). Deutet man so, macht ferner die auffaIIige, da inverse Reihenfolge von uto~ LlCWLO und uto~ 'AßpextXJ.L in 7 Das Motiv der Einbeziehung von Nichtjuden in die Abrahamkindschaft spielt auch anderorts in frühchristlichen Rekursen auf Abraham eine Rolle, wie Gal 3 und Röm 4 illustrieren. 8 Zum Bezug von Mt 3,9 auf die Völkermission vgl. Luz, Mt 15, 206; DAVIES/ ALLISON, Mt 1,293.309; HARRINGTON, Mt, 56; HAGNER, Mt 1,50; TISERA, Universalism, 33; OLMSTEAD, Trilogy, 75, s. auch SIKER, Disinheriting, 81. Nach FIEDLER, Mt, 77 dagegen hat Mt 3,9 "die endzeitliche Wiederherstellung des Zwölf-Stämme-Volkes im Blick", ohne dass FIEDLER freilich die Deutung "auf die Menschen aus der heidnischen Welt" (78) ausschließt. 9 Siehe oben Kap. 4.2, S. 222. 10 Im Licht von 3,9 ist die Unterscheidung zwischen Abrahamkindern und Gästen, wie sie WILK, Jesus, 117 (mit Anm. 258) vorgebracht hat, nicht zu pressen. 11 In diesem Sinne auch GAECHTER, Mt, 35f; ALBRIGHT/MANN, Mt, 3.5; GREEN, Mt, 52; BEARE, Mt, 65; GNILKA, Mt I, 7; GUNDRY, Mt, 9f; SENIOR, Mt, 34f; BRUNER, Mt I, 5f; H. STEGEMANN, Die des Uria, 267f; KINGSBURY, Matthew: Structure, 12; GOLLINGER, Heil, 203f; STANDAERT, L'evangile, 1247; R.E. BROWN, Birth, 67f; TISERA, Universalism, 32-39; E.C. PARK, Discourse, 178f; LAGRAND, Mission, 171f; BAUER, Function, 149; OBERFORCHER, Wurzel, 21; KVALBEIN, Matthew, 57; OSTMEYER, Stammbaum, 186; NOVAKOVIC, Messiah, 44f; OLMSTEAD, Trilogy, 73; ELOFF, Exile, 81; BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 89; CARTER, Gentiles, 263; YIEH, Teacher, 32; FRANKEMÖLLE, Sendung, 48; SPARKS, Gospel, 652f, s. ferner ZAHN, Mt, 43f. 12 Vgl. GNILKA, Mt 1,7; VÖGTLE, Anliegen, 259; BETZ, Sermon, 272f; DAVIES, Sources, 502f; E.C. PARK, Discourse, 7; OBERFORCHER, Wurzel, 21; KVALBEIN, Matthew, 57; OSTMEYER, Stammbaum, 186; ELOFF, Exile, 81; YIEH, Teacher, 32; WILK, Eingliederung, 53.56; SPARKS, Gospel, 653 u.a.
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Kap. 5: Israel und die Völker
Mt 1,1 Sinn. Der (nach)österlichen Ausweitung der Heilszuwendung auf die Völkerwelt geht die Phase des irdischen Wirkens Jesu voran, in der er allein zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gesandt war. 1,1 signalisiert also gewissermaßen die ,Chronologie' dieser beiden Phasen. Setzt Matthäus mit utoc; 'Aßpaaf.L einen Hinweis auf die Universalität des Heils, so muss man diesen Aspekt dabei keineswegs alternativ gegen die Bedeutung Abrahams als Stammvater Israels setzen, sondern kann beides vielmehr positiv aufeinander beziehen: Als Stammvater Israels ist Abraham zugleich Träger der Verheißung für die Völker. Die Erwählung Israels erscheint als von Abraham an auf die Universalität des Heils hin angelegt, und zugleich wird, umgekehrt formuliert, mit utoc; 'Aßpaaf.L als Eingangssignal die universale Weite des Heils an die Erwählungsgeschichte Israels angebunden, d.h. die Rückbindung der Universalität des in Jesus erschienenen Heils an die mit Abraham beginnende Heilsgeschichte macht deutlich, dass es um das in Israel kundgewordene Heil Gottes geht, an dem die Völkerwelt durch die Erfüllung der Abrahamverheißung in Jesus Anteil erhält\3. Der matthäische Universalismus ist also auf Israel bezogen, wie umgekehrt Israel mit Abraham, also von Anfang an, auf die Völkerwelt hingeordnet wird. Dass für den ersten Evangelisten gerade dieses positive Aufeinanderbezogensein der Heilszuwendung zu Israel und zu den Völkern von leitender Bedeutung ist, erhellt bereits aus den nachfolgenden Textsegmenten des Prologs, zum einen aus dem Stammbaum in 1,2-16, zum anderen aus der Magierperikope in 2,1-12. Ein im Licht antiker Genealogien auffalliger Zug von Mt 1,2-16 besteht in der Einfügung von vier Frauen l4 in das genealogische Grundschema durch den Evangelisten 15. Diese Auffalligkeit wird noch dadurch unterstrichen, dass dabei die großen Stammmütter Israels, Sara, Rebekka sowie auch Lea, gerade fehlen. In der Auslegung wird zumeist nach einem einheitlichen Sinn der Nennung von Tamar, Rahab, Rut und "der des Uria" gefragt l6 , m.E. zu Recht 17 • Eine verbreitete Position 13 V gl. WILK, J esus, 116 zum Festmahl in Mt 8,11: "Dabei erscheinen Israels Patriarchen als Gastgeber und nicht Jesus; dieser Sachverhalt unterstreicht, daß Menschen in der Gemeinschaft mit ihm Anteil erhalten an der Erfüllung der Erwählungsgeschichte Israels." - BORNKAMM, Der Auferstandene, 309 findet in der Rede von der Abrahamsohnschaft des Messias paulinisches Gedankengut weitergeführt: "Von dem einen Universalerben der Abrahamsverheißung und nur durch ihn geht Segen und Abrahamskindschaft auf alle Völker (Gal. 3 16.29)" (Hervorhebung im Original). 14 Zur Auffälligkeit der Nennung von Frauen in Genealogien vgl. MA YORDOMOMARiN, Anfang, 243f. 15 Zur redaktionellen Herkunft der Nennung der vier Frauen s. Luz, Mt 15 , 13l. 16 Anders aber z.B. HEIL, Roles; NOLLAND, Women; MAYORDOMO-MARiN, Anfang, 248-250.
5.1 Die universale Dimension der mt Jesusgeschichte vor 28,16-20
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findet den gemeinsamen Nenner darin, dass die vier Frauen Nichtjüdinnen waren l8 • Für Rahab und Rut ist dies aus den alttestamentlichen Texten (Jos 2; 6; Rut 1,4) selbst evident. Bei Tamar (Gen 38) schweigt der Text. Die 17 Die entscheidenden Gründe hat Luz, Mt 15 , 135 zusammengestellt: "Eine einheitliche Deutung wird ... durch die ,provokative' Auswahl der vier Frauen nahegelegt", und dafür spricht ferner "das viermalige gleichlautende EyeVVT]OEV •.• EK ,f]~ ... ". Letzteres hebt die vier Frauen zugleich von Maria ab (a.a.O., 134f, vgl. H. STEGEMANN, "Die des Uria",255). 18 Siehe SCHWEIZER, Mt, 9; LIMBECK, Mt, 23; HARE, Mt, 6; GUNDRY, Mt, 14f; KEENER, Mt, 78-81; Luz, Mt 15 , 135f; ROTHFUCHS, Erfüllungszitate, 100; H. STEGEMANN, "Die des Uria", bes. 260-266; NOLAN, Son, 62f; TISERA, Universalism, 44-46; BAUER, Function, 148f; ECKSTEIN, Weisung, 385; OSTMEYER, Stammbaum, 180f; JACKSON, Mercy, 28.93-99; OLMSTEAD, Trilogy, 74; SLEE, Church, 129; WICK, Mission, 78; BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 89f; HAYS, Torah, 172f, s. auch DAVlEs/ALLISON, Mt I, 171 (einige Ausleger konzedieren dies nur für einige der Frauen, s. z.B. HEIL, Roles, 540f für Rahab und Rut). An Alternativvorschlägen fehlt es nicht (s. die Übersicht bei JOHNSON, Purpose, 154-159; DAVlEs/ALLISON, Mt 1,170-172), doch vermögen sie nicht zu überzeugen. In den vier Frauen Sünderinnen zu sehen (so verbreitet in der Alten Kirche [so die Verweise bei MAYORDOMO-MARiN, Anfang, 245, Anm. 239], in der modernen Exegese z.B. Bill. I 15; KITTEL,8af1up KÜ, lf, s. auch MORRIS, Mt, 23 für drei der vier Frauen), passt zu Rahab, aber nicht zu Tamar (s. Gen 38,26) und erst recht nicht zu Rut. Auch in 2Sam Ilf ist David der Beschuldigte (12,7ff!), nicht Batseba (HEIL, Roles hält am Moment der Sündhaftigkeit fest, aber nur bei Tamar und Batseba, und er modifiziert zugleich: Angespielt werde auf die Sünde Judas [540] und Davids [541], und damit werde auf Jesu Bedeutung hingewiesen: Jesus ist "the Davidic Christ, who will deliver the people of Israel from the sinfulness introduced by the previous Davidic kings, as signaled by Tamar and the wife ofUriah" [543]). Der Vorschlag, dass an den vier Frauen die wundersame Führung Gottes angezeigt wird bzw. die genannten Frauen außergewöhnliche Geschehnisse durchlebten, in deren guten Ausgang sich Gottes Wirken manifestiert (mit Unterschieden im Detail SCHNACKENBURG, Mt I, 18; GNILKA, Mt 1,9 [die Frauen sind "erwählte Gefaße, deren Gott sich bediente, um seinen Willen auf ungewöhnliche Weise zum Ziel zu führen. So können sie auf Maria vorausweisen"]; HAGNER, Mt I, 10; FRANKEMÖLLE, Mt I, 142; STENDAHL, Quis et Unde, 101; VÖGTLE, Genealogie, 94f ["Gottes ... souveränes, auch Umwege nicht scheuendes Walten", 95]; ZAKOWITCH, Rahab, 1; WAETJEN, Genealogy, 215f.218; R.E. BROWN, Birth, 73f; WEREN, Women; WILLIAMS, Illustration, Illf, auch SAND, Mt, 44; DAVIES/ALLISON, Mt I, 171f), hat den Vorteil, dass man - was freilich keineswegs zwingend ist, da die syntaktische Konstruktion hier signifikant anders ist - auch noch Maria (Mt 1,16) einbinden kann (s. exemplarisch WEREN, Women), doch spricht schon "die Allgemeinheit und Abstraktheit des gemeinsamen Nenners" (Luz, Mt 15, 134, vgI. MAYORDOMO-MARiN, Anfang, 247f) gegen diese Interpretation. Ferner wird so nicht erklärbar, warum z.B. die Stammmutter Sara fehlt. SCHNIDERISTENGER, Frauen, 195 sehen als gemeinsamen Nenner aller fonfFrauen das Moment der Zeugung "in fremdem Bereich". Allerdings ist das Fremde unterschiedlich bestimmt: Während Rahab und Rut ,Heidinnen' sind, gehören Tamar und Batseba (eigentlich) einem anderen Mann. Und ist die Zeugung aus Heiligem Geist wirklich in Analogie dazu zu sehen?
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Kap. 5: Israel und die Völker
jüdische Tradition geht in verschiedene Richtungen. Nach einer von Jub 41,1 und TestJuda 10,1 bezeugten Tradition stammt sie als eine Tochter Arams aus der Familie Terachs l9 . Philo, Virt 220-222 präsentiert Tamar hingegen als eine Götzendienerin aus dem palästinischen Syrien20 , die sich zu dem einen Gott bekehrte; sie ist hier also als eine Nichtjüdin gesehen, die, wie Rahab und Rut, Proselytin wurde. Kannte Matthäus diese Tradition21 , passt also Tamar zur These, dass der Grund für die Nennung der Frauen in ihrer ,heidnischen' Herkunft zu sehen ist. Bei Batseba schließlich schweigt der alttestamentliche Text ebenfalls; anders aber als bei Tamar gibt es auch in der erhaltenen frühjüdischen Literatur meines Wissens keinen Beleg für eine Reflexion über ihre Herkunfe2. Auffallend ist hier, dass sie nicht wie die anderen mit Namen erwähnt, sondern als "die des Uria" bezeichnet wird. Für sich genommen kann man dies so lesen, dass auf das Unrecht Davids verwiesen werden so1l23 (vgl. 2Sam 12). Im Kontext der drei anderen Frauen betrachtet legt sich aber nahe, dass sie über ihren ersten Mann Uria als Nichtjüdin identifiziert werden soll, denn Uria war Hethiter (2Sam 11,3.6 u.ö.). Umgekehrt formuliert: Matthäus musste zu dieser ungewöhnlichen Formulierung greifen, weil er nur durch diesen 19 Gemeint ist hier nicht der Sohn Sems (Gen 10,22), sondern der Sohn Kemuels aus Gen 22,21, also ein Enkel Nahors, des Bruders Abrahams (vgl. Jub 34,20, s. dazu BAUCKHAM, Ancestry, 314-318). Tamar soll hier also gerade nicht als ,Heidin' präsentiert werden (gegen H. STEGEMANN, "Die des Uria", 260 u.a.). HEIL, Roles, 539 findet den Grund für die Nennung Tamars in Mt 1,3 auf dem Hintergrund von Gen 24,3f und 28,1-4 eben darin, dass sie, wie in TestJuda und Jub ausgeführt, anders als Judas (erste) Frau (Gen 38,2) keine Kanaanäerin sei. "By explicitly naming her Matthew reminds the reader that Judah continued the Abrahamic line not by his Canaanite wife but by the nonCanaanite Aramean, Tamar" (ebd.). Aber warum fügt Matthäus dann die Kanaanäerin Rahab ein - und dies, obwohl ihre Einfügung nicht einmal einen Anhalt an der Schrift hat? 20 Steht auch dahinter die durch Jub 41,1; TestJuda 10,1 bezeugte Tradition, dass Tamar eine Nachfahrin Kemue1s (Gen 22,21) ist, nur dass Philo mit der LXX dessen Bezeichnung als rrat~p ~upwv (vgl. unten Anm. 21) voraussetzt und für ihn die Herkunft aus der Familie Terachs keine Rolle spielt, sondern allein von Bedeutung ist, dass Tamar eine Proselytin ist? 21 Zu bedenken ist hier, dass die von Jub und TestXII bezeugte Tradition den hebräischen Text von Gen 22,21 voraussetzt. In der LXX wird c~~ '::l~ nämlich mit rraTEpa ~upwv übersetzt. 22 Nach 2Sam 11,3 war sie die Tochter eines sonst nicht bekannten Eliam (LXX: 'EALUß). In lChr 3,5 findet sich dieser durch Ammiel (LXX: 'Af.LL~A) ersetzt. Diesen Namen trägt nach 2Sam 9,4f auch der Vater Machirs, der Mefi-Boschet bei sich aufgenommen hatte. Will 1Chr 3,5 Batseba zu einer Schwester Machirs (zu ihm noch 2Sam 17,27) machen? Der Chronist hat freilich die in 2Sam 9 erzählte Episode ausgelassen. 23 Siehe nur HEIL, Roles, 541; BAUER, Function, 146; NOLLAND, Women, 537.539; MA YORDOMo-MARiN, Anfang, 232.246.
5.1 Die universale Dimension der mt Jesusgeschichte vor 28,16-20
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Verweis auf ihre nichtjüdische Herkunft hindeuten konnte, da die Leser die Nennung Batsebas ansonsten auf der Basis ihres Traditionswissens nicht im genannten Sinn hätten entschlüsseln können 24• Die Nennung von vier nichtjüdischen Frauen im Stammbaum Jesu gibt nun nicht nur - die Rede von der Abrahamsohnschaft Jesu in 1,1 verstärkend - in christologischer Hinsicht einen Vorausverweis auf die universale Dimension des von Jesus gebrachten Heils, sondern lässt zugleich in ,ekklesiologischer' Hinsicht anklingen, dass Israel schon immer für Nichtjuden offen war 25 . Dabei ist zu beachten, dass die genannten Frauen ohne Weiteres als Proselytinnen aufgefasst werden können 26 . Sie verkörpern die Offenheit Israels für Menschen, die sich dem Glauben Israels anschließen. Analog zum Gedanken der Abrahamsohnschaft wird die universale Dimen24 Vgl. H. STEGEMANN, "Die des Uria", 261f; ZAKOWITCH, Rahab, 2f, ferner GUNDRY, Mt, 15. - Macht man die Gegenprobe, ob es weitere Frauen gibt, die unter dem genannten Kriterium in den Stammbaum hätten aufgenommen werden können, kann man auf die Frau Salomos und Mutter Rehabeams, auf die Ammoniterin Naama (IKön 14,21.31; 2ehr 12,13), verweisen (als Einwand gegen die hier in Frage stehende Deutung der Nennung der vier Frauen bei LEVINE, Dimensions, 79). Ihr Fehlen ist aber nur allzu gut verständlich. Denn Salomos Liaison mit ihr steht im Kontext seines Abfalls von dem einen Gott (vgl. IKön 11,5!). Im Unterschied zu den vier im Stammbaum genannten Frauen geht es bei Naama also nicht um eine Frau, die sich Israel und der Verehrung des einen Gottes Israels anschloss, sondern im Gegenteil um eine Frau, die zum Einfallstor für die Verehrung fremder Götter und damit für den Abfall von Gott wurde. - H. STEGEMANN, "Die des Uria", 263f argumentiert hier damit, dass Matthäus die biblische Überlieferung keiner systematischen Durchsicht unterzogen hat und Naama nicht den Bekanntheitsgrad der übrigen Frauen hatte (BAUER, Function, 149 variiert zu einer offenbar bewussten Auslassung, "because the implied reader would have been less familiar with her than with the others"). OSTMEYER, Stammbaum, 181 postuliert dagegen, dass Naama nicht übersehen, sondern bewusst ausgelassen wurde, weil das Motiv der fremden Frauen für den ersten Teil der Genealogie von Abraham bis David (vgl. 1,17) reserviert sei. Dies ist aber schon deshalb schwierig, weil Batseba als Mutter Salomos streng genommen im zweiten Teil der Genealogie steht (vgl. H. STEGEMANN, "Die des Uria", 255). 25 Vgl. LIMBECK, Mt, 23. 26 Philo, Virt 220ff führt genau dies im Blick auf Tamar aus, die in Philos Präsentation als weibliches Pendant zu Abraham (212-219) fungiert. Rut erscheint schon in Rut 1,16 in ihren Worten zu ihrer Schwiegermutter Noomi als Proselytin: "Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott". LAB 61,6 lässt David über Rut sagen, dass sie "sich die Wege des Allmächtigen erwählte und in ihnen wandelte". Rahab erscheint in Hebr 11,31 und lKlem 12,1.7f als Glaubensexempel, in Jak 2,25 als Beispiel für die Rechtfertigung aus Werken, wobei ihr Glaube, analog zum Abrahambeispiel in 2,21, vorausgesetzt wird (vgl. KONRADT, Existenz, 246). Ihr "Glaube" konnte zwanglos aus Jos 2,IOf abgeleitet werden (" ... denn JHWH, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf Erden"); nach Jos 6,25 "blieb sie in Israel wohnen bis auf diesen Tag". Kurzum: Auch sie erscheint als Proselytin. - Zu den vier Frauen als Proselytinnen vgl. SIM, Gentiles, 22; JACKSON, Mercy, 94-99.
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Kap. 5: Israel und die Völker
sion des Heils von Matthäus damit in gewisser Weise in seinem Israelbegriffverankert. Wenn die in Jesu Wirken begründete Heilsgemeinde Juden und Nichtjuden einschließt, bedeutet dies keinen prinzipiellen Bruch mit der vorangehenden Heilsgeschichte, sondern auch darin kommt zur Erfüllung, was in der auf Jesus zulaufenden Geschichte Israels angelegt war. Hier erfüllt sich, was Gott in der Erwählung Abrahams schon immer intendiert hatte. Die universale Dimension des Heils wird sodann durch die Erzählung von den Magiern in Mt 2,1-12 angedeutet27 , deren ,heidnische' Herkunrr8 durch ihre Rede vom "König der Juden,,29 unterstrichen wird3o. Dem Moment der Universalität entspricht, dass die Magier durch ein Himmelsereignis Kenntnis von der Geburt des Königs erhalten3!: Sie vermögen einen bestimmten Stern als seinen Stern zu identifizieren32 und dessen Aufgehen 33 als Hinweis auf die Geburt des Königs zu entziffern34 . Der Stern war in der hellenistisch-römischen Welt seit Alexander d.Gr. ein geläufiges Herrschaftssymboe s. Vor diesem Hintergrund betrachtet liest sich die Rede von "seinem Stern" als Hinweis auf die universale Dimension der Herrschaft des ,,(neu)geborenen Königs,,36 und damit als Vorausverweis 27 KINGSBURY, Son ofDavid, 595 sieht hier das in Mt 1,1 exponierte Motiv der Abrahamsohnschaft Jesu weitergeführt. 28 Die ,heidnische' Herkunft der Magier ist breiter Konsens (s. für viele HAGNER, Mt I, 27; SENIOR, Mt, 45; HENGELIMERKEL, Magier, 144; TiSERA, Universalism, 53-61; WICK, Mission, 78t). Anders jedoch MANN, Epiphany, 498 ("there is not the slightest hint in Matthew that the Magi were Gentiles"); SIM, Magi. 29 Die Wendung kehrt in Mt 27,11.29.37 wieder, immer als Bezeichnung von Nichtjuden, während die jüdischen Autoritäten bei der Verspottung Jesu in 27,42 vom "König Israels" reden. 30 Vgl. nur DAVIES/ALLISON, Mt 1,229: ,,'king ofthe Jews' would be difficult on the lips of Jews". 31 Vgl. GARBE, Hirte, 28. 32 Zur Vorstellung eines bei der Geburt aufgehenden ,persönlichen' Sterns s. HENGELI MERKEL, Magier, 148f. 33 EV tfj a:vatOAfj (Mt 2,2) heißt hier nicht "im Osten", sondern "beim Aufgehen" (s. dazu DAVIESIALLISON, Mt I, 236; GNILKA, Mt I, 36; Luz, Mt IS, 157, Anm. 1). 34 Siehe dazu HENGEL/MERKEL, Magier, 151 ("Nach allgemeinantiker Anschauung wurde gerade den f.UXYOL die Fähigkeit zugeschrieben, weltumstürzende Ereignisse, wie etwa die Geburt eines neuen Weltherrschers, zu erkennen."); PAUL, Texte, 142. Hingegen sieht POWELL, The Magi as Wise Men, (4).12 in Mt 2,2 keine besonderen Kenntnisse der Magier vorausgesetzt. 3S Zum archäologisch-ikonographischen Befund s. KOCHLER, Stern. 36 Vgl. FRANKEMÖLLE, Mt I, 167; KOCHLER, Stern, 186. - Allerdings begegnet der Stern auch im jüdischen Bereich, jedoch nur vereinzelt, nämlich bei Alexander Jannäus, Herodes d. Gr. (!) und - nachmatthäisch - variiert bei Bar Kochba (dazu KOCHLER, Stern, 183-185). Erwägen kann man, ob die Leser Mt 2 als Gegenerzählung zur Huldi-
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auf28,18b. Kannten Matthäus und seine Adressaten die unter anderem von Josephus (Bell VI 312f) bezeugte Erwartung eines Weltherrschers aus dem Osten37 , würde dies den dargelegten Befund weiter profilieren38 . So oder so aber wird darin, dass die Magier hingehen, um dem (neu)geborenen König zu huldigen, deutlich, dass die Heilshoffnung auch von Nichtjuden auf dem König der Juden ruhe 9. Im Blick auf den Gesamtkontext kann man in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass der erhöhte Jesus in 25,34.40, also im Rahmen der Schilderung des Endgerichts an nav'W. ,a EeVTj, als König bezeichnet ist; der Königstitel wird hier also von Jesus selbst in transformierter Gestalt aufgenommen. Der König Israels erweist sich in seinem endzeitlichen Handeln zugleich als König über nav,a. EeVTj, als König der Welt. Ihrem (politischen) Kenntnisstand folgend suchen die Magier den (neu)geborenen König in Jerusalem4o , am Hof des Herodes, um dann freilich nach Bethlehem weitergeleitet zu werden. Da in der Trias der Geschenke in 2,11 die ersten beiden, xpuaoc; und A.[ßa.voc;, an Jes 60,6 erinnem41 , ist zu erwägen, dass Mt 2 das (zentripetale) Motiv der Völkerwall-
,a
gung Neros durch den Partherkönig Tiridates im Jahre 66 n.Chr. (s. v.a. Cassius Dio, HistRom 63,1-7, s. ferner Sueton, Nero 13; Plinius, NatHist 30,16f, s. dazu HENGELI MERKEL, Magier, 152) wahrnahmen (dezidiert bejahend FRENSCHKOWSKI, Traum, 24, s. auch PAUL, Texte, 143f). 37 Dazu THEISSEN, Davidssohn, 147-151. 38 Sofern in Mt 2 eine Anspielung aufNum 24,17 (vgl. ferner CD 7,19f; [IQSb 5,27]; 1QM 11,6; 4Q 175 9-13 sowie die vermutlich auf christliche Redaktion zurückgehenden Belege in TestLevi 18,3; TestJuda 24,1) mitzuhören sein sollte (s. DAVIES/ALLISON, Mt I, 231.234f; GNILKA, Mt 1,37; HARRINGTON, Mt, 42; GUNDRY, Mt, 27; FIEDLER, Mt, 57; TISERA, Universalism, 59; PAUL, Texte, 36 u.a., kritisch NOLLAND, Mt, 111; SIM, Magi, 991-993), ist zu vermerken, dass Mt 2 einen Kontrast zu den Aussagen über den Sieg über die Völker in Num 24,17-19 darstellt. 39 Magier sind "oft an Königshöfen anzutreffen" (Luz, Mt 15 , 172). POWELL, The Magi as Kings, 464-468 identifiziert die Magier auf diesem Hintergrund als "royal servants" (467.473). Hat Matthäus eine solche Assoziation tatsächlich intendiert (vgl. Dan 2,2.10), ließe sich dies im Sinne eines Kontrastmotivs entfalten: Ihre Heilserwartungen richten die Magier nicht auf ihre(n) eigenen Herrscher, sondern auf den König der Juden. Mit der nötigen Sicherheit behaupten lässt sich eine solche Intention des Evangelisten aber nicht. 40 Von einer Führung durch den Stern nach Jerusalem ist in 2,2 noch nicht die Rede (s. dagegen z.B. FRANKEMÖLLE, Mt I, 166) und sie ist auch erzähllogisch nicht vorausgesetzt. Dieses Motiv folgt erst in 2,9 (vgl. GNILKA, Mt I, 40; HAGNER, Mt I, 27 u.a.). 41 Vgl. GNILKA, Mt I, 41; DAVIEs/ALLISON, Mt I, 250; HARRINGTON, Mt, 44; HAGNER, Mt 1,31; NOLLAND, Mt, 117; HENGEL/MERKEL, Magier, 141.143; TISERA, Universalism, 60; BYRNE, Messiah, 61. Ablehnend dagegen SIM, Magi, 997.
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fahrt zum Zion aufnimmt 42 , freilich in doppelter Hinsicht ,gebrochen', nämlich zum einen messianisch transformiert - die Magier kommen, um dem König der Juden zu huldigen43 - , zum anderen insofern modifiziert, als ihre Reise eben nicht in Jerusalem, sondern in Bethlehem ihr Ziel findet. Dieser Modifikation korrespondiert die negative Rolle Jerusalems, die die Stadt bereits in 2,3 wie dann auch in der Passionsgeschichte spielt und die in ihre Zerstörung mündet. Sucht Matthäus in 2,1-12 Assoziationen an das Motiv der Völkerwallfahrt zu wecken, so ist dieses also dahingehend neu ausgerichtet, dass das Hinzukommen der Völker nicht mehr als ein Kommen nach Jerusalem denkbar ist, sondern zu einem Kommen zum Messias, dem Immanuel, transformiert ist. Im Blick auf die oben angemerkte Anbindung des matthäischen Universalismus an die Heilszuwendung zu Israel ist zu betonen, dass Matthäus die Magier zum König der Juden kommen lässt (2,2), dessen Aufgabe es zunächst einmal ist, das Gottesvolk Israel zu weiden (2,6). Dass die Rede vom "König der Juden" nicht allein dem ,Spiel' mit dem Königstitel in Mt 2 geschuldet ist44 , erhellt aus der Analogie zur redaktionell gestalteten Anrufung Jesu als "Sohn Davids" durch die Kanaanäerin in 15,22. Die Magier sehen in dem König der Juden auch ,ihren König'. 2,1-12 und 15,21-28 verweisen somit darauf, dass die Heilszuwendung zu Israel und die universale Dimension des Heils keine separiert nebeneinander herlaufenden Linien sind, sondern ein innerer Konnex besteht: Die ,Heiden' wenden sich an Jesus als den Messias Israels 45 • In Korrespondenz zu dem Bildwort in Mt 15,26f wird damit deutlich, dass die Zuwendung zu den Völkern nicht an Israel vorbei sich realisiert und keine Alternative zur Zuwendung zu Israel darstellt, sondern diese voraussetzt. Wie Abraham als Stammvater Israels zugleich Träger universalen Segens ist, so ist sein "Sohn" Jesus (1,1) gerade als Messias für Israel (2,4-6) zugleich der, auf den sich auch die Heilshoffnungen der Völker richten. Anzufügen bleibt, dass das Kommen von Nichtjuden zu Jesus in Mt 2 nicht mit der Feindschaft Israels kontrastiert wird46 , sondern allein mit der Feindschaft der Autoritäten samt Jerusalem47 •
42 Bejahend z.B. GNILKA, Mt 1,34; DAVIEs/ALLISON, Mt I, 249f.253; FRANKEMÖLLE, Mt I, 166; CARTER, Gentiles, 273f; GARBE, Hirte, 28.122. Zurückhaltend Luz, Mt 15 ,
175. V gl. aber Ps 72,1 Of und PsSal 17,31 a. Siehe dazu oben Kap. 3.1.2.1, S. 110-112. 45 Vgl. BAUER, Kingship, 319 zu Mt 2,1-12. 46 Anders SAND, Mt, 50; GNILKA, Mt 1,42; HENGELIMERKEL, Magier, 144. 47 Ebenso DAVIES/ALLISON, Mt I, 238. - Es ist hier daher nicht von einer "implizite(n) antijüdische(n) Spitze" (Luz, Mt 15 , 174) zu sprechen. 43
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Bezeichnend für die matthäische Konzeption ist sodann das Zitat aus Jes 8,23; 9,1 in Mt 4,15f, mit dem Matthäus Jesu Rückzug nach Galiläa und dann seinen Gang von Nazareth nach Kapemaum als Erfüllung der Schrift ausweist48 . 6 AaOt; 6 Ka8~IlEVOe; EV OKOtEl verweist darin im Zusammenspiel mit 2,6 ( ... öone; 1TolllavE'l tOV Aaov 1l0U tOV 'Iopa~A) und 4,23 " ,,' " (uluaOKWV ... Kal" KT]puoowv ... Kal' 8 Epa1TEuwv ... EV te.;»- ,Aae.;»- )49 au f d'le I sraelbezogenheit des Wirkens Jesu, 6 Ka8~IlEVOe; EV OKO,EL 50 bzw. ta'le; Ka8T]IlEVOle; EV XWpQ: Kat OKl(f eavetrov 51 auf den erlösungsbedürftigen Zustand des Volkes (vgl. 1,21; 9,36; 10,6), dem Gott durch die Sendung Jesu begegnet (cjJwe; dÖEV IlEya bzw. cjJwe; &VEtElAEV alno'le;)52. Neben dieser israelbezogenen Perspektive ist aber zugleich vom "Galiläa der Völker" die Rede. Matthäus versteht diese Wendung schwerlich als eine Aussage über die Bevölkerungsstruktur Galiläas 53 • Galiläa ist für Matthäus Ort der Wirksamkeit Jesu in Israel. Die Wendung dient vielmehr als Signal auf die bei Matthäus ebenfalls in Galiläa lokalisierte Aussendung der Jünger zu mxvta ta. E8vT] in 28,16-2054 . Die universale Dimension des Heils wird damit gewissermaßen als Vorzeichen vor die Wirksamkeit Jesu in Israel gesetzt; diese wird für jene transparent 55 . faAlAaLa tWV E8vwv deutet also an, dass die Heilsaussage in 4,16 eine Ausweitung erfahren wird: Die Völ-
48 Das Fehlen von 'ta f,LEPll 'tije; Iouoa[ae; gegenüber les 8,23 LXX entspricht nicht nur dem Masoretischen Text, sondern auch dem matthäischen Kontext und verweist daher nicht zwingend auf die Benutzung des Masoretischen Textes, sondern ließe sich auch als matthäische Bearbeitung der LXX plausibel verstehen. - Nach MENKEN, Quotation from Isaiah 8:23-9: 1, 539 liegt dem Zitat "a revised LXX text" zugrunde. 49 Siehe dazu oben Kap. 2.2.1, S. 53. 50 Möglicherweise ist der matthäische Wortlaut des Zitats hier beeinflusst von Ps 106,IOaLxx oder auch von les 42,7. 51 Das Genitivattribut bezieht sich nicht nur auf aKL~, sondern auch auf xwp~ zurück. 52 Vgl. WEREN, Quotations, 463; BEATON, Isaiah's Christ, 108 u.a. 53 Ebenso Luz, Mt 15 ,235; DAVIEs/ALLlSON, Mt 1,383-385; GIESEN, Galiläa, 34. Anders FRANCE, Mt, 101; FRANKEMÖLLE, Mt I, 193; KRETZER, Herrschaft, 79; G. LOHFINK, Bergpredigt, 273; BYRNE, Messiah, 64f. Zur Bevölkerungsstruktur s. FREYNE, Galilee, 43f; CHANCEY, Myth, bes. 47-119. - CARTER, Evoking Isaiah, 517 sieht mit der Wendung "Galilee's occupied status" bezeichnet, "a land possessed by, belonging to, ruled or controlled by Gentile imperialists, Assyria and Rome (see 2 Kgs 17:24-27)." 54 So die meisten, s. nur Luz, Mt 15 , 235; GNILKA, Mt I, 97.98; LUCK, Mt, 44; HAGNER, Mt I, 73; SENIOR, Mt, 62; E.C. PARK, Discourse, 179-181; HULTGREN, Mission, 344; GIESEN, Galiläa, 34; BEATON, Isaiah's Christ, 110; CHANCEY, Myth, 172f; OLMSTEAD, Trilogy, 76; W. KRAUS, Land, 259f; DEINES, Gerechtigkeit, 219; GALE, Borders, 55. Anders NOLLAND, Mt, 173; FIEDLER, Mt, 96; G. LOHFINK, Bergpredigt, 273. 55 Der Zusammenhang zwischen faALAaCa 'tWV E8vwv in 4,15 und der israelbezogenen Heilsaussage in 4,16 geht nicht in dem geographischen Sinn auf, dass der Ort der Zuwendung zu Israel später zum Ausgangspunkt auch der Völkerrnission wird.
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ker kommen zu dem Aa.OC;, dem mit Jesu Wirken ein Licht aufgeht, hinzu 56 . Anders gesagt: Das Zusammenspiel von ra.ALAa.La. 1:WV E8vwv in 4,15 mit 28,16-20 signalisiert, dass 4,16 auch auf die Völker zu beziehen sein wird. Das Licht strahlt über den in 4,16 zunächst anvisierten Aa.OC; hinaus auf die Völkerwelt aus (vgl. 15,26f). Diesem Zusammenhang fügt sich ein, dass es in der matthäischen Fassung des Zitats in der letzten Zeile heißt: <jJwc; avhELAEV a.uw"ic;. Ob hier (wiederum) Num 24,17 Pate steht57, kann man nur mutmaßen 58 • Im matthäischen Kontext lässt das Verb jedenfalls an das Aufgehen des Sterns in 2,2 (EV 1:ij ava.1:0Aij) zurückdenken59 , es verbindet also 4,16 mit der universalistischen Perspektive der Magierperikope. Zu betonen ist: Nichts deutet in dem Jesajazitat darauf hin, dass die Universalität des Heils mit der Verwerfung des Aa.OC; von 4,16 oder Ähnlichem einhergeht6o • Wesentlich näher liegt es, den Zusammenhang in 4,15f so zu deuten, dass mit der und durch die Heilszuwendung zu Israel zugleich der Weg beschritten ist, der auch den (übrigen) Völkern das Heil bringen wird61 • Für Matthäus' theologischen Ansatz ist dabei bedeutsam, dass er diesen umfassenden soteriologischen Horizont der Sendung Jesu mit einem Schriftwort ausweisen kann 62. Wie schon in 1,1 (-17) zeigt sich wiederum das Anliegen des Evangelisten, gerade auch die Universalität der Heilszuwendung in eine biblische Perspektive einzustellen, als Erfüllung der Schrift auszuweisen und damit als Verwirklichung dessen, worauf die Erwählung Abrahams und Gottes Geschichte mit Israel von Anfang an angelegt waren. Umgekehrt heißt dies: Für Matthäus bedeutete eine Ablehnung der Völkermission ein Abweichen von der Schrift. Dieses Anliegen bringt der Evangelist mit einem weiteren Reflexionszitat aus dem Jesajabuch, nun aus Jes 42,1-4, in 12,17-21 erneut zur Gel56
Auffallend ist, dass in der Literatur häufig die Bedeutung der Wendung raALAaLa
,wv i:9vwv für die universalistische Perspektive des Matthäusevangeliums thematisiert wird, während die zunächst einmal israelbezogene Aussage in 4,16 unbetont bleibt und vor allem über den (positiven) Zusammenhang beider Perspektiven nicht reflektiert wird. Zu selbstverständlich gilt offenbar vielfach die Aussendung zu mXV1:D: ,& E9vll als Antwort auf die (vermeintliche) Ablehnung Jesu durch ganz Israel. 57 Siehe GNILKA, Mt I, 97; FIEDLER, Mt, 98; SOARES PRABHU, Quotations, 100; BEATON, Isaiah's Christ, 109; HAYs, Torah, 184; DEINES, Gerechtigkeit, 220, Anm. 357. 58 Verweisen kann man auch auf Ps 96,II Lxx ; Jes 58,10, s. ferner TestSeb 9,8. 59 Vgl. BEATON, Isaiah's Christ, 109; DEINES, Gerechtigkeit, 220, Anm. 357. 60 Hingegen führt Luz, Mt 11, 171 zu Mt 4,14-16 aus: "Zum Heil kommen die Heiden, indem von Israel die ßaoLAELa weggenommen wird (21,43)" (in der 5. Auflage hat Luz modifiziert zu "von Israels Führern" [235]). Eine solche Deutung findet keinen Rückhalt in 4,15f selbst; sie ergibt sich bei Luz auf der Basis seines Gesamtverständnisses des Matthäusevangeliums. 61 Der eben ausgeführte Rückverweis in 4,16 auf 2,2 unterstreicht dies. 62 Vgl. Luz, Mt 15 , 235. Siehe auch ECKSTEIN, Weisung, 391.392.
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tung 63 . Die kontextuelle Anbindung des Zitats wird vielfach (allein) darin gesehen, dass V.19 dem aus Mk 3,12 übernommenen Schweigegebot in V.16 korrespondiere 64 . Gerade diese postulierte Brücke ist aber nicht tragfähig, weil es in V.19 um ein Verhalten des TIULt; geht, während in V.16 den Volksmengen geboten wird zu schweigen65 . Gleichwohl ist das Zitat besser in den Kontext eingebunden, als in der Regel konstatiert wird 66 . In 12,14 beschließen die Pharisäer nach den Sabbatkontroversen, Jesus zu töten, worauf dieser sich zurückzieht. Da Jesus dem Leiden am Ende nicht ausweichen wird, ist als Grund für das avuxwpELV zu erschließen, dass die Zeit fur Jesu Lebenshingabe (vgl. 20,28) noch nicht gekommen ist (vgl, 26,18!). Vielmehr hat Jesus noch sein Werk in Israel fortzusetzen. Genau dies geschieht in V.15, denn OXAOL TIOUOL folgen Jesus und werden von ihm geheilt. In diesem Zusammenhang betrachtet liegt es nahe, V.19 auf den Konflikt mit den Pharisäern zu beziehen: Jesus sucht mit ihnen (noch) nicht die Auseinandersetzung über ihren Plan bzw. seine Identität (s. dagegen 21,33-46), sondern zieht sich zurück67 . Die vom MT wie von 63 Der Wortlaut des Zitats lässt vermuten, dass es sich um eine eigenständige Übersetzung des hebräischen Textes mit Einfluss von LXX (und möglicherweise der TarguIIJtradition) handelt (vgl. STENDAHL, School, 115; GUNDRY, Use, 110-116; DA VIEs/ALLISON, Mt II, 323). Verschiedene Bezüge zum matthäischen Kontext, wie sie im Folgenden aufzuweisen sein werden, legen nahe, dass der Evangelist selbst für die Endgestalt des Zitats verantwortlich ist (vgl. GNILKA, Mt I, 453; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 323.327). Nach MENKEN, Quotation from Isaiah 42,1-4/Form, 47-51 lässt sich nur für aya1TTrt6~ und mit Abstrichen für a1TayyEAA.ELV und EKß&.UELV matthäische Redaktion wahrscheinlich machen; Grundlage sei ein revidierter LXX-Text (36-46). Luz, Mt II, 246 rechnet "mit einem vormt christologischen Testimonium ... , das erst spät, vielleicht erst durch Mt selbst, mit dem Summar von Mk 3,7-12 verbunden wurde" (zur These eines Testimoniums s. z.B. auch Albl, Scripture, 185-190, gegen diese Annahme MENKEN, Quotation from Isaiah 42,1-4/Form, 33). 64 So z.B. SAND, Mt, 258.259; Luz, Mt II, 243f; HARRINGTON, Mt, 180; FIEDLER, Mt, 251; LINDARS, Apologetic, 151; STRECKER, Weg, 69, s. auch GNILKA, Mt I, 450f. Dies kann man dann in diachroner Perspektive dahingehend ausziehen, dass Matthäus das Schweigegebot aus Mk 3,12 überhaupt nur deshalb übernommen habe, um das ihm wichtige Zitat anfügen zu können (vgl. die Argumentation bei Luz, Mt II, 244). Hingegen hat NEYREY, Use, 459-467 enge Kontextbezüge zum gesamten Kapitel Mt 12 postuliert. 65 Mit MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4/Relation, 255. - Den n~ aus V.19b auch Subjekt der Verben in V.19a sein zu lassen (s. WILK, Jesus, 99), ist syntaktisch nicht plausibel. 66 Vgl. zum Folgenden vor allem MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4/Relation, bes. 257-264. 67 Vgl. MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4/Relation, 262 ("he will not engage upon quarreIs with them [sc. the Pharisees, M.K.] concerning their plan to kill hirn") und FIEDLER, Mt, 251 ("Jesus zieht sich ,von dort' zurück, weil er - wie stets - die Pläne seiner Widersacher durchschaut, aber mit ihnen keinen Streit sucht [vgl. V.19]", vgl.
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der LXX abweichende Formulierung OUK EPLOEL 68 passt jedenfalls gut zu einem solchen Verständnis 69 • Die - für sich genommen vielfach applikablen - Metaphern vom geknickten Rohr und glimmenden Docht in V.20a.b lassen im matthäischen Kontext den desolaten Zustand der Volksmengen (9,36; 10,6) assoziieren, d.h. V.20a.b reflektiert die Zuwendung Jesu zu den "daniederliegenden, verlorenen Schafen", von der in V.15 in Gestalt des 9EPO:1TElJELV die Rede war 70 und die bis zu seinem Tod seine Aufgabe bleibt. Der von Matthäus frei gestaltete Ewc;;-Satz in V.20C 71 schließt in diesem Zusammenhang das Geschehen von Tod und Auferweckung Jesu ein72 , denn durch seinen Tod unterliegt er nicht seinen Gegnern, sondern er trägt mit seiner Erhöhung zum Weltenherm den "Sieg" davon, womit der Grund gelegt ist, dass er als erhöhter Herr das Recht zum Sieg führt 73 • Damit aber ist verbunden, dass
FIEDLER, Gottesknecht, 193), ferner auch HAGNER, Mt I, 338; COPE, Matthew, 34; VERSEPUT, Rejection, 198f. Anders NEYREY, Use, 468f. 68 Nach MENKEN, Quotation from Isaiah 42,1-4/Form, 50 kann der Gebrauch von EpL(ELV ohne Weiteres auf die von ihm als Grundlage von Mt 12,18-21 postulierte LXXRevision (s. oben S. 297, Anm. 63) zurückgehen. 69 Vgl. GNILKA, Mt 1,452.453; DAVIEs/ALLISON, Mt II, 324.326; STENDAHL, School, 111f. 70 Vgl. FRANKEMÖLLE, Mt H, 141; BARTH, Gesetzesverständnis, 120; MCCONNELL, Law, 123; NEYREY, Use, 467f; SCHNACKENBURG, Knecht, 219; FIEDLER, Gottesknecht, 194.201; MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4IRelation, 262f.264; NOVAKOVIC, Messiah, 142f. - NOLLAND, Mt, 494 denkt an "the tax collectors and sinners, valued by Jesus but marginalised in their own community (9: 10-13)." 71 aUa EL~ aA~eELaV E~o[aEL Kp[aLV/t!I~l!i0 K'\li' n1?~~ (Jes 42,3c) und EW~ av eij I:1rt tii~ Yii~ Kp[aLV/t!I~l!i~ f}t:9 c'iD:-'l:' (Jes 42,4b) sind in Mt 12,20c zusammengezogen, wobei EL~ &A~eELavln9~~ - mit Bezug auf die Auferstehung und die darin gründende universale Vollmacht Jesu (28,18b) - zu EL~ ViKO~ variiert ist (nach MENKEN, Quotation from Isaiah 42,1-4/Form, 50 basiert EL~ ViKO~ auf einer vormatthäischen Textvariante, und zwar bereits in der hebräischen Überlieferung, in der unter dem Einfluss von Hab 1,4 n9~~ zu n~P? variiert wurde; MENKEN sieht diese Fassung durch lQH 12[4*],25 bezeugt [44]); avaAaf.ltjIEL Kat OU epauae~aEtaL (Jes 42,4a) fehlt, und zwar wohl deshalb, weil die Aussage mit Jesu Passion unvereinbar ist (vgl. GNILKA, Mt I, 453; LINDARS, Apologetic, 149; MENKEN, Quotation from Isaiah 42: 1-4IRelation, 254). 72 Einen Bezug von Mt 12,20c auf die Auferstehung vertreten auch GIESEN, Sendung, 140f; MENKEN, Quotation from Isaiah 42: 1-4/Relation, 263.264, s. ferner GNILKA, Mt I, 453. 73 In dieser Deutung ist ein weitergehender Bezug des Ew~-Satzes auf das Parusie geschehen impliziert. Mt 12,20c aber allein auf das Endgericht zu beziehen (so Z.B. TISERA, Universalism, 181: "a subtle reference to the universal judgment [Matt 25,31-46]", s. auch HAHN, Mission, 110 und Luz, Mt 11, 249: "Man wird hier weniger an Jesu Auferstehung als an sein Richten als Menschensohn denken."), übergeht die Bedeutung, die Tod und Auferstehung Jesu als heilsgeschichtlicher Zäsur zukommt, und damit die präsenti-
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sich die Hoffnung der Völker erfüllen wird, die sich in der matthäischen Version des Zitats - mit LXX - konkret auf seinen "Namen" bezieht. Kann man im Rahmen des Zitats zunächst an den lTIx'Lc;; denken, so ist im Gesamtkontext zum einen grundlegend auf die Namensgebung in 1,21.23 74 zu verweisen75 • Die Ankündigung von 1,21b findet in der Passion Jesu ihre letztgültige Erfüllung76, und das Immanuelmotiv aus 1,23 wird in der Zusage des Auferstandenen in 28,20b aufgenommen. 12,21 bestätigt damit den Bezug von V.20c auf Tod und Auferweckung Jesu. Zum anderen ist auch eine Verbindung von 12,21 zum Taufbefehl in 28,19 zu verzeichnen: Der Hoffnung der E6vTJ auf seinen Namen korrespondiert, dass lTIxv·tIX. .IX E6vTJ "auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes" getauft werden sollen. Im Duktus des Zitats schlägt V.21 den Bogen zu V.18d zurück. Das Verkünden des Rechts 77 wird Matthäus entsprechend auf der Linie von 28,19f, also im Sinne der Unterweisung in den die Rechtsordnung Gottes erschließenden Geboten Jesu verstanden haben (s. auch 24,14)78. Ihre Vollendung wird die Aufrichtung des Rechts dann mit der Parusie Jesu finden 79 • Matthäus hat das Zitat aus Jes 42,1-4 also auf den Konflikt Jesu mit den Autoritäten hin gelesen (V.19 sowie auch V.20c), die Aussagen in V.20a.b auf Jesu barmherzige Zuwendung zu den Volksmengen hin gedeutet und mit der freien, interpretierenden Wiedergabe von Jes 42,3c-4b in V.20c sche Dimension der in V.20c anvisierten Aufrichtung der Kp(OL~. - Für ein alternatives Verständnis von EL~ VLKO~ im Sinne von "permanently" s. KRAFT, Eis nikos, 156. 74 1,21: tE~EtIlL ÖE ULOV, Kilt KIlAEOEL~ t() ovop.a avroii 'ITjOOÜV; 1,23: Kilt tE~EtIlL ULOV, Kilt KIlAEOOUOLV ..0
OVOP.1l avrov 'Ef.Lf.LIlVOU~A.
Vgl. BEATON, Isaiah's Christ, 153 sowie in seinem Gefolge NOLLAND, Mt, 495, ferner auch WILK, Jesus, 138. 76 Siehe unten Kap. 5.2.2.3, S. 320. 77 Kp(OL~ meint hier, wie in 23,23, das Recht (ebenso GUNDRY, Mt, 229; HAGNER, Mt I, 338; FIEDLER, Mt, 252; MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4IRelation, 261; BEATON, Messiah, bes. 10-15 [vgl. BEATON, Isaiah's Christ, 144fJ; GIESEN, Sendung, 140, bevorzugt auch von DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 325, s. ferner TI SERA, Universalism, 174-176). Das Wort bezeichnet zwar sonst im Matthäusevangelium das Gericht (5,21f; 12,4lf; 23,33, häufig in der Wendung ~f.LEPIl Kp(OE(,J~, s. 10,15; 11,22.24; 12,36), doch passt diese Bedeutung nicht zum Kontext in 12,18.20 (anders Luz, Mt 11, 247; VERSEPUT, Rejection, 201). 78 Vgl. DAVIES/ALLISON, Mt 11,325. GNILKA, Mt 1,453 sieht ,,[d]urch das Verkündigungswort a.iTIlYYEAEL ... die Kp(OL~, die der Knecht den Völkern zu bringen hat, in die Nähe des Evangeliums von der Basileia" gerückt. Dagegen bezieht COPE, Matthew, 42 Mt 12,18d im Licht von Mt 25,31-46 auf das Endgericht. Vgl. auch VERSEPUT, Rejection, 198: "the proclamation that the judgment of God has drawn near". 79 Vgl. oben S. 298, Anm. 73. 75
300
Kap. 5: Israel und die Völker
einen Bezug auf das Geschehen von Tod (dem Kulminationspunkt des Konflikts) und Auferstehung Jesu geschaffen, auf das in 28,19f die in 12,18d.21 anvisierte Zuwendung zu den Völkern folgt. Das Zitat knüpft damit zum Teil an das im unmittelbar vorangehenden Kontext Erzählte an, blickt aber zugleich auf erst später Geschehendes voraus. Ebendies gilt ganz ähnlich für das Reflexionszitat in 1,22f aus Jes 7,14 8°, in dem das Motiv der Jungfrauengeburt den vorangehenden Kontext aufnimmt. Dass man (!) Jesus den Namen "Immanuel" geben wird 8 1, erfüllt sich aber erst in dem Bekenntnis der nachösterlichen Gemeinde (vgl. 18,20; 28,20). Auch die Reflexionszitate in 2,15 und 21,4f bringen etwas vor, wozu im V orangehenden zwar die Voraussetzung geschaffen wurde, was sich aber erst im späteren Geschehen erfüllt, hier allerdings bereits im unmittelbar nachfolgenden Kontext 82 . In allen drei Fällen ist das spätere Geschehen in dem bereits Berichteten grundgelegt 83 . Nimmt in 12,18-21 V.20c die durch den Plan der Pharisäer (12,14) aufgeworfene Thematik des Todes Jesu interpretierend auf, indem auf das in Jesu Tod und Auferstehung begründete Hinausführen der KPLOlC; zum Sieg ausgeblickt wird, gilt dies mutatis mutandis auch hier. Angesichts der nachösterlichen Situierung des universal ausgerichteten Missionsbefehls in 28,19 liegt darüber hinaus nahe, dies auf die Aussagen zur Universalität des Heils in 12,18d.21 hin auszudehnen. Der Zusammenhang zwischen V.18d.21 und V.20c wäre dann so zu deuten, dass das Hinausführen der KPLOlC; zum Sieg die Voraussetzung für die Verkündigung der KPLOlC; unter den Völkern bildet, worin sich die Hoffnung der Völker zu erfüllen beginnt. Sind die vorangehenden Überlegungen stichhaltig, dann hat Matthäus den ersten Hinweis auf den Tod Jesu im Zusammenhang mit dem Konflikt mit den Autoritäten genutzt, um ein Zitat einzufügen, das er in seiner christologischen Perspektive auf diesen Konflikt und dessen heilvollen "siegreichen" Ausgang hin lesen konnte 84 • Die Bedeutung des Zitats für Vgl. zum Folgenden MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4/Relation, 253f. Statt KIXAEUH~ schreibt Matthäus in 1,23 KIXAEUOUUW (zur redaktionellen Herkunft s. exemplarisch BEATON, Isaiah's Christ, 89.94). 82 Die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13f) schafft streng genommen nur die Voraussetzung dafür, dass Gott seinen Sohn aus Ägypten ruft (2,15). Erfüllt wird dies erst in 2,1921. Das Zitat aus Sach 9,9; Jes 62,11 in Mt 21,5 nimmt im Blick auf den vorangehenden Kontext auf die Anweisung an die Jünger in 21 ,2f Bezug, eine Eselin und ihr Füllen herzubringen. Dass der Tochter Zion das Kommen ihres Königs angesagt wird, erfüllt sich aber erst in 21,8f. 83 Vgl. MENKEN, Quotation from Isaiah 42:1-4IRelation, 254: ,,[T]he immediately preceding events make a later realization possible". 84 Die Platzierung des Zitats ist also durchaus überlegt erfolgt. Anders NOLLAND, Mt, 492: "The setting provided in vv. 15-16 seems to be little more than an 'excuse' for 80
81
5.1 Die universale Dimension der mt Jesusgeschichte vor 28,16-20
301
den Evangelisten liegt dabei des Näheren darin, dass für ihn eben in Jesu Tod und Auferstehung die Universalität des Heils fundiert ist85 ; Durch das Zitat von Jes 42,1-4 vermag Matthäus - freilich nur im Verbund mit seiner freien und durch die Einfügung von Eie; VLKOe; interpretierenden Wiedergabe von Jes 42,3a-4b in Mt 12,20c - diesen Zusammenhang von der Schrift her auszuweisen. 12,18-21 verstärkt also nicht nur die bereits durch 4,15f geleistete Verankerung der universalen Dimension des Christusgeschehens in der Schrift, sondern führt diese Verankerung durch die Aussage in V.20c mit Blick auf die Bedeutung von Tod und Auferstehung Jesu in diesem Zusammenhang weiter86 • Zugleich konnte Matthäus Jes 42,3a.b auf Jesu barmherziges Wirken unter den Volksmengen in Israel beziehen, das er in Mt 12,15 durch Kul e9EpalTEUOEV ulJ't"Que; lTav·t:a.e; summarisch in Erinnerung gerufen hatte. Wie in 4,15f stehen also auch in 12,18-21 die Zuwendung zu Israel und die Universalität des Heils als Zielperspektive zusammen. Auf die drei Erzählungen in 8,5-13; 8,28-34 und 15,21-28, in denen Jesus extra ordinem bereits im Rahmen seines irdischen Wirkens Nichtjuden heilt, wurde in Kap. 2.2.3 schon ausführlich eingegangen. Auch sie sind Signale auf eine spätere Phase des Christusgeschehens, in der dessen Bedeutung für die Völkerwelt ans Licht treten wird. lTPO KULPOiJ in 8,29 verweist dabei explizit darauf, dass es in Gottes Heilsplan einen vorgesehenen Zeitpunkt für die Ausweitung des Heils gibt. Den angeführten Passagen steht ferner eine Reihe von Texten zur Seite, denen eine universale Perspektive zugrunde liegt. So sind die Jünger nach 5, 13f "Salz der Erde" und "Licht der Welt,,87. Der Acker im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen ist nach 13,38 der Kosmos. Nach 25,32 werden lTavta. ta E9vT] vor den Weltenrichter gestellt. In 12,4lf tritt sogar die Vorstellung zutage, dass mit den Niniviten und der Königin des Südens (gerechte) ,Heiden' am Gericht, genauer an der Verurteilung "dieses Geschlechts" beteiligt sind88 • Zudem ist schon in der israelkonzentrierten placing the quotation at this point in the narrative .... it is unclear what determined the present location". 8S Mt 12,14-21 den Hinweis zu entnehmen, dass ,,[d]ie Hinwendung Jesu zu den Weltvölker [sie!] ... Folge der Ablehnung [ist], die Jesus in Israel erfahren hat" (GARBE, Hirte, 59), hat gegen sich, dass Jesus sich in 12,15 zwar von den Pharisäern zurückzieht, aber weiterhin im Volk wirkt, also seine messianische Zuwendung zu Israel fortsetzt. 86 Zum in der Rede vom 1Ta.t~ variierten Motiv der Gottessohnschaft Jesu s. unten Kap. 5.2.2.2, S. 312 sowie Kap. 5.3, S. 333. 87 Siehe auch A.cif.L1TEL Tramll "t"ot~ Eil "t"ij OLKLq. in Mt 5,15 und die offene Formulierung Ef.L1TpOagev "t"WV av9pw1TC.LlV in 5,16. 88 Pate steht hier die Vorstellung, dass die GerechtenlHeiligen am Endgericht beteiligt sind (s. IHen 38,5; 48,9; 91,12; 95,3; 98,12; lQpHab 5,3-6; lKor 6,2f). Siehe bei Mat-
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Kap. 5: Israel und die Völker
Aussendungsrede in 10,18 vom Zeugnis auch gegenüber den E8vT) die Rede. Nach 24,9 werden die Jünger von lTav,a EellTj gehasst werden, und vor allem greift 24,14 schon auf den Aussendungsbefehl in 28,18-20 vor: Kat KT)pux8~OHaL ,oD,o ,0 EuaYYEALov ,fj<; ßaoLAda<; EV ÖAlJ "Cl) OLKOUf.LEVlJ El<; f.Lap,UPLOV lTiiow ,ol<; E8vEOLV (s. auch 26,13). Und nicht zuletzt verweist das Bekenntnis der ,heidnischen' Soldaten angesichts der den Tod Jesu begleitenden Geschehnisse in 27,54 auf die mit Tod und Auferweckung Jesu verbundene Einbeziehung der Völker in das Heil. Ich ziehe ein kurzes Zwischenfazit: Die universale soteriologische Dimension der Sendung Jesu, wie sie sich in 28,18-20 in dem förmlichen E8vT) zu Jüngern zu machen, Auftrag an die Jünger manifestiert, lTav-ra wird bereits in 1,1 exponiert, durch 8,5-13.28-34; 15,21-28 zeichenhaft antizipiert und in einigen Logien wie 5,13f faktisch vorausgesetzt, verbleibt im Rahmen der Darstellung des irdischen Wirkens Jesu aber konzeptionell auf einer Deuteebene, die durch die Signale im Prolog und die Reflexionszitate in 4,15f; 12,18-21 über die Darstellung gespannt wird. 28,18-20 ist hingegen nicht durch eine gezielte Einbeziehung von Nichtjuden während der irdischen Wirksamkeit Jesu angebahnt. 28,18-20 ist daher zum einen in der vorangehenden Erzählung seit 1,1 im Blick und vorbereitet, zum anderen aber mit der gezielten Zuwendung zu allen Völkern ein Novum. Um die sich darin dokumentierende Erzählkonzeption verstehen zu können, ist im folgenden Abschnitt der christologischen Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 nachzugehen.
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thäus selbst noch 19,28 (par Lk 22,30). - Aus Mt 12,41f wird allerdings zuweilen mehr herausgelesen als dasteht. Von einer positiven Resonanz der Gottesreichverkündigung unter ,Heiden' (s. nur HAGNER, Mt I, 355: ,,[T]he Gentiles will be able to see what the Pharisees cannot.") ist jedenfalls explizit nichts gesagt. Mt 12,41f zieht allein Beispiele aus der Schrift als Kontrast heran, um das Verhalten "dieses Geschlechts" zu qualifizieren. Schon gar nicht wird hier die "große Wende des Weges Gottes von Israel zu den Heiden im voraus [signalisiert)", wie dies Luz, Mt II, 278 postuliert hat. 12,41f spricht weder ausdrücklich von der Zuwendung der Verkündigung zu den ,Heiden', noch geht es hier pauschal um die Ablehnung Jesu in Israel. Matthäus wendet sich gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer (s. dazu oben Kap. 4.3.2).
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 303
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 5.2.1 Die universale Vollmacht des Auferstandenen
Die durch Mk 14,28; 16,7 angestoßene Lokalisierung der Szene in 28,1620 in Galiläa ist, wie gesehen, im matthäischen Kontext durch faALA.ala n3v E8vwv in 4,15 vorbereitet. Der Ort, an dem dem in Finsternis sitzenden Volk das Licht aufging, wird nun auch zum Ausgangspunkt der Zuwendung zu den Völkern. Die nähere Verortung des Geschehens auf "dem Berg, wohin Jesus sie befohlen hatte" lässt an verschiedene vorangegangene Textsegmente zurückdenken89 : Auf einem Berg hat Jesus gelehrt (5,1, vgl. 8,1), geheilt (15,29-31)90 und gebetet (14,23). Der Bezug auf 5,1 gewinnt dabei von daher Gewicht, dass Jesus den Jüngern aufträgt, die Völker alles zu lehren, was er ihnen geboten hat. Vor allem aber weist 28,16 auf die Verklärungsszene, auf die dortige Antizipation der Auferstehungsherrlichkeit Jesu (17,1-9)91, sowie auf die dritte, im Matthäusevangelium (möglicherweise redaktionell) auf einem Berg lokalisierte 92 Versuchungsszene zurück (4,8-10), in der der Teufel Jesus die Weltherrschaft angeboten hat93 . Das in 28,18b folgende Vollmachtswort unterstreicht die Bedeutung dieser Querbeziehung in der Gesamtkonzeption des Evangeliums94 . Mit 28,18b geht dem Sendungswort in 28,19.20a anders als in 10,5-8 eine Aussage Jesu über sich selbst voraus. Gründete die Aussendung der Jünger in Mt 10 im vorangehenden Wirken Jesu, dessen Zeugen die Jünger Vgl. Luz, Mt IV, 430.437f. Im Licht dieser Textbezüge betrachtet kann man in El~ 1:0 öpo~ in 28,16 Kontinuität zum vorösterlichen Wirken Jesu signalisiert sehen. 91 Mit Mt 17,1-9 verbindet näherhin, dass nur in 17,7 und 28,18 im Matthäusevangelium von einem Hinzutreten Jesu die Rede ist (vgl. FRANKEMÖLLE, Mt H, 542; TrsERA, Universalism, 296). Sonst treten immer umgekehrt andere an Jesus heran. 92 Für eine redaktionelle Einfügung von El~ öpo~ Öo/TjAOV Hcxv in Mt 4,8 z.B. ALLEN, Mt, 33; M'NEILE, Mt, 41; HILL, Mt, 101; Luz, Mt 15,220; DAVIES/ALLISON, Mt 1,369; NOLLAND, Mt, 166; GIESEN, Galiläa, 41. Anders z.B. LAGRANGE, Mt, 62; GNILKA, Mt I, 84; SCHÜRMANN, Lk 1,210 mit Anm. 169; SCHULZ, Q, 177; DONALDSON, Mountain, 83f. 93 GUNDRY, Mt, 594 wirft eine falsche Alternative auf, indem er postuliert, dass der Verbindung zu 5,1 gegenüber einem Rückverweis auf 4,8-10 der Vorzug zu geben ist (für einen primären Bezug auf 5,1 aber auch FIEDLER, Mt, 429, s. ferner noch FRANKEMÖLLE, Mt H, 539). Vielmehr ist zu betonen, dass in 28,16-20 verschiedene Linien der vorangehenden Erzählung gebündelt werden. - Zum Zusammenhang zwischen 4,8-10 und 28,16-20 vgl. Luz, Mt 15 , 228; DAVIEs/ALLISON, Mt I, 369f; LANGE, Erscheinen, 168; DONALDSON, Mountain, 101-103; GIESEN, Galiläa, 41; BYRNE, Messiah, 63.72. Kritisch dazu NOLLAND, Mt, 167. 94 Siehe dazu noch unten Kap. 5.2.2.1, S. 312. 89
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Kap. 5: Israel und die Völker
waren, so wird die christologische Voraussetzung der zweiten Sendung nun durch das Vollmachtswort benannt. Funktional betrachtet entspricht hinsichtlich der jeweiligen Basis der Sendung die Selbstpräsentation Jesu in 28,18b also dem Erzählzusammenhang in 4,23-9,35. Die - im strengen Sinne des Wortes - fundamentale Bedeutung von 28,18b fur das Weitere erhellt auch aus einem Vergleich mit den Worten des Auferstandenen in Lk 24,47-49 und Joh 20,21-23 95 • Auch dort werden die Jünger ausgesandt, und dem Beistandswort in Mt 28,20b korrespondiert in Lk 24,49 und Joh 20,22 in gewisser Weise die Verheißung bzw. Gabe des Geistes. Das vorangehende Vollmachtswort aber ist ein Proprium der matthäischen Erscheinungsgeschichte96 • Dass erst Matthäus es gebildet hat 97 , ist eine m.E. erwägenswerte Option. Liest man Mt 28,18b im Kontext des Evangeliums, so erinnert die matthäische Formulierung mit dem passivum divinum E608T] + iJ.OL + mie; an mxv,a iJ.OL napE608T] uno ,au na,poe; iJ.OU in 11,2798 • Die dortige Betonung der singulären Gemeinschaft Jesu mit seinem Vater und die damit verbundene Herleitung seiner Autorität (UTIO wu na,poe; iJ.ou) müssen in 28,18b nicht (mehr) wiederholt werden. Vielmehr ist nun das offene mxv't"a, aus 11,2799 als miaa ({DuaLa Eil ovpall0 Kai E1Ti ,fjr; yfjr; spezifiziert IOO • Jesu Rede von seiner E~oua (a lässt wiederum an verschiedene Passagen der vorangehenden Erzählung zurückdenken. Verweist 7,29 auf Jesu Vollmacht als Lehrer, so impliziert die Gabe der E~oua(a über die unreinen Geister an die Jünger in 10,1 Jesu eigene Vollmacht zum Heilen (v gl. 8,9 im Kontext). 9,6 stellt die - in 9,8 auf die Gemeinde übertragene lOI - Vollmacht Jesu zur Sündenvergebung Enl ,fje; yfje; heraus. Schließlich steht dann die große Auseinandersetzung Jesu mit den Autoritäten in 21,23-22,46 102 unter dem Vorzeichen der Frage nach der E~oua(a Jesu. Neu ist in 28,18b die Betonung, dass Jesus alle Vollmacht im Himmel und auf Erden gegeben Vgl. dazu BARTH, Taufe, 13. Zur schwierigen Gattungsfrage s. MEIER, Questions, 420--424; PERKINS, Matthew 28:16-20,574-578 und Luz, Mt IV, 432f. 97 So LANGE, Erscheinen, 170; KrNGSBURY, Composition, 574-579, bes. 576, die freilich den gesamten Passus 28,16-20 für redaktionell halten. Anders z.B. STRECKER, Weg, 210; BORNKAMM, Der Auferstandene, 291; MEIER, Questions, 410, s. auch Luz, Mt IV, 432, Anm. 17 ("V 18b könnte trad. sein"). 98 Vgl. für viele GEIST, Menschensohn, 113-116 und Luz, Mt IV, 430A4lf. 99 Siehe dazu unten Kap. 5.2.2.2, S. 313. 100 In 11,25, also im unmittelbaren Zusammenhang von 11,27, ruft Jesus seinen Vater mit KUPLE roD oupavoO Kai rijc; yijc; (vgl. Q 10,21) an. In 28,18b ist Jesus von Gott alle E~oua(a im Himmel und auf Erden übergeben und damit ist Jesus selbst als Weltenherr eingesetzt. ]0] Siehe dazu unten Kap. 6.1, S. 352. ]02 Zur Komposition s. oben Kap. 3.1.2.5, S. 136. 9S
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5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 305
ise 03 . Spitzt 28,18b gegenüber 11,27 auf die E~ouala zu, so wird zugleich durch den Vergleich mit den übrigen Vollmachts aussagen des Evangeliums der auf dem Moment der Universalität liegende Akzent deutlich: Jesus proklamiert nun seine universale E~ouala, die ihm als zur Rechten Gottes (vgl. 22,44; 26,64) erhöhtem Weltenherrn eignet. Dieser Akzent lässt sich noch profilieren, wenn man den Bezug von Mt 28,18-20 auf Dan 7,13fI04 hinzuzieht. Matthäus hatte bereits in 24,30 im Gefolge von Mk 13,26 sowie in Jesu Wort vor dem Hohenpriester in Mt 26,64 (par Mk 14,62) Dan 7,13 aufgenommen 105. Dass die Formulierung in Mt 28,18b durch Eö081l alnQ E~ouala in Dan 7,14LXX106 zumindest mit inspiriert ist, lässt sich zumal im Licht der vorangehenden Anspielungen kaum bestreiten. Die Bedeutung von Dan 7,14 LXX wird noch dadurch untermauert, dass auch dort im direkten Anschluss die Bedeutung der Herrschaft des Menschensohns für nav,a ca. E8vll herausgestellt wird 107 und ferner die Beistandszusage Ewe;; ,fje;; auvcEAElae;; ,OU alwVOe;; in Mt 28,20b dem Verweis auf den ewigen Bestand der Herrschaft des Menschensohns in Dan 7,14b korrespondiert. Als matthäisches Proprium zeigt sich in 28, 18b wiederum die durch die Hinzusetzung von niiaa und von EV oupavQ KaL EnL ,fje;; yfje;; betonte Universalität der E~ouala. Intratextuell korrespondiert dem, dass der Herrschaftsbereich des Menschensohns in 13,38.41 den gesamten Kosmos umfasst. Schwierig zu beantworten ist die Frage, ob Matthäus bei Eö081l einen konkreten Zeitpunkt im Blick hatte und, wenn ja, welchen. Eine prima Vgl. SCHABERG, Father, 2 und Luz, Mt IV, 441f. Anders LANGE, Erscheinen, 176f. Ausführlich dazu SCHABERG, Father, 111-130 (mit Diskussion von Einwänden). Siehe ferner FRANCE, Mt, 413; HARRINGTON, Mt, 415; HAGNER, Mt II, 886; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 682f; MICHEL, Abschluß, 22; GASTON, Stone, 385f; LANGE, Erscheinen, 212-217; MEIER, Salvation-History, 211f; GEIST, Menschensohn, 117f.121f; MOSES, Transfiguration, 188f; VAN AARDE, Matthew 27:45-53, 683f; RICHES, Mythologies, 248251; VIVIANO, Trinity, 16f; Luz, Intertexts, 132f; HAYS, Torah, 185f, s. auch NOLLAND, Mt, 1264. Gegen einen Bezug auf Dan 7,13f votieren VÖGTLE, Anliegen, 253-260; HAHN, Sendungsauftrag, 31.35; BAUER, Structure, 111f; J.A. GIBBS, Jerusalem, 153, s. auch GUNDRY, Mt, 595; DONALDSON, Mountain, 176f.181. - MALINA, Structure, 91-96; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 50-61 und MORA, Symbolique, IOlf sehen in dem Erlass des Kyros in 2ehr 36,23 den zentralen Bezugspunkt. Zur Kritik s. MEIER, Questions, 418-420; FRIEDRICH, Struktur, 151-160. 105 Matthäus ,korrigiert' in 24,30 wie in Mt 26,64 zu fITl tWV VE
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Kap. 5: Israel und die Völker
vista nahe liegende Option wäre Jesu Auferweckung 108 bzw. im Licht von 26,64 109 diese im Verbund mit dem Tod Jesu, da Matthäus Tod und Auferweckung Jesu zu einem Geschehenszusammenhang zusammenzubinden sucht llo . Die vorangehenden E~oua[a-Belege zeigen freilich, dass die Aussage in 28,18b eher mit dem Irdischen verbindet als von ihm trennt. 11,27 ist geradezu eine Vorwegnahme von 28,18b l11 , und 14,22-33 lässt bereits für den irdischen Herrn Partizipation an göttlicher Macht deutlich werden 1l2; auch 26,52-54 setzt diese voraus. Von daher bietet sich die Option an, dass das Neue in 28,18b gar nicht in der Vollmacht an sich bzw. in dem Vollmaß der E~oua[a zu sehen ist 113, sondern darin, dass Jesus nun zur Rechten Gottes sitzt und seine E~oua[a als eine universale kundtut l14 • Besessen hat er sie dann schon vorher, aber mit seiner Inthronisation zum Weltenherrn 1l5 ist er in die Position eingesetzt, sie auszuüben 1l6 • Siehe z.B. FRANCE, Mt, 413; GNILKA, Mt 11,507. Vgl. VÖGTLE, Anliegen, 262: ,,[W]enn innerhalb des Matthäusevangeliums nach einer die Machtverleihung von V. 18 erklärenden Angabe gesucht werden soll, liegt diese zweifellos vor in der dem Matthäus eigenen Fassung der Voraussage 26,64b". 110 Siehe dazu unten Kap. 5.2.2.3, S. 322 zu alT' &pn in 26,64 und S. 327 zu 27,5153. 111 ZurInterpretation von Mt 11,27 s. unten Kap. 5.2.2.2, S. 313-314. 112 Dazu unten Kap. 5.2.2.2, S. 314. 113 Hingegen sieht z.B. VÖGTLE, Anliegen, 257 in dem Vollmaß der e~ouoLIl in 28,18b das Novum: Es sei "sehr wohl von einem echten Neuerwerb gottverliehener Macht die Rede: Es ist die uneingeschränkte Anteilhabe, der Voll-Besitz der All-umfassenden Herrschermacht Gottes, den der Auferstandene, und erst dieser, beansprucht" (Hervorhebung im Original). In diesem Sinne auch STRECKER, Weg, 21lf und BORNKAMM, Der Auferstandene, 293: "Das Neue in Mt. 28 ist ... allein die universale Ausweitung seiner e~ouoLIl über Himmel und Erde." 114 Vgl. SAND, Mt, 599: Die Vollmacht ist dem Auferweckten "nicht als etwas völlig Neues hinzugegeben worden, sondern findet als immer schon vorhanden im Sieg über den Tod ihre Bestätigung" (Hervorhebung von mir). Siehe auch NOLLAND, Mt, 1265: "Mt. 28:18 is most likely to represent areaffirmation of authority after the rejection of Jesus by the Jerusalem authorities which led to his death. Through resurrection God has vindicated Jesus, who is now able to freshly affirm his authority." 115 Gegen das Vorliegen des Inthronisationsgedankens in 28,16-20 LANGE, Erscheinen, 236f.238.242-245, s. auch J.A. GIBBS, Jerusalem, 153. Daran ist richtig, dass Mt 28,18-20 nicht den Vorgang der Inthronisation schildert oder aufnimmt. Diese ist vielmehr schon geschehen und wird hier vorausgesetzt (vgl. GNILKA, Mt 11, 507; Luz, Mt IV, 433; FRIEDRICH, Struktur, 143f.162) bzw. kundgetan. 116 Vergleichen kann man in gewisser Weise die Taufe Jesu in 3,16f: Jesus wird nicht erst hier mit Heiligem Geist begabt (Matthäus hat im Übrigen TO lTVEÜll1l w~ lTEpLOTEpav KIlTIlßIli.vov Eit; Illl'tOV [Mk 1,10] in ... EPXOIlEVOV frr' IlliTov [Mt 3,16] geändert, doch lässt sich dies auch von Mt 12,18/Jes 42,1 her erklären) und als Sohn Gottes angenommen (vgl. 1,18.20), aber seine Präsentation als Sohn Gottes durch die Himmelsstimme (zur Formulierung mit ou'to~ eonv ... und zum Auditorium s. unten Kap. 5.2.2.1 S. 309-310) \08
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5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20
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Mit Tod, Auferstehung und Erhöhung Jesu ist nun der KCUPO<; (vgl. 8,29) für die Sendung zu mxvrcx "X E8vT] gekommen. In 28,19 wird diese universale Sendung durch die Partikel ouv ausdrücklich als Konsequenz der universalen Vollmacht ausgewiesen. Die EV öJ..lJ tij OLKOUIJ.EVlJ das "Evangelium vom Reich" verkündigenden (24,14), die Gebote Jesu lehrenden (28,20a) Jünger sind das Medium der sich über den gesamten Kosmos erstreckenden Herrschaft des Erhöhten 117. Die christologische Fundierung von 28, 19f ist freilich mit den vorangegangenen Überlegungen zu 28,18b noch keineswegs erschöpfend behandelt. Um diese weiter auszuleuchten, ist es notwendig, die narrative Entfaltung der Gottessohnschaft Jesu zu verfolgen. Dies gilt umso mehr, als nicht nur das Bekenntnis der Soldaten in 27,54 auf Jesus als Gottessohn ausgerichtet ist, sondern das Christologoumenon der Gottessohnschaft Jesu auch in 28,16-20, wie zu zeigen sein wird, von leitender Bedeutung ist. 5.2.2 Die narrative Entfaltung der Gottessohnschaft Jesu im Matthäusevangelium
Die Konzentration des irdischen Wirkens Jesu auf Israel geht, wie in Kap. 2 entfaltet wurde, damit einher, dass Jesus betont als davidischer Messias präsentiert wird. Bereits in Mt 1 zeigte sich dabei, dass Jesu messianische Identität darin nicht aufgeht. Jesus ist zugleich der Sohn Gottes. Das Motiv der Gottessohnschaft ist alttestamentlich unter anderem in der Königsideologie beheimatet (2Sam 7,14; Ps 2,7; Ps 89,27-29) und in 4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)10-13 und wohl auch in 4Q246 118 im Rahmen der Erwartung des davidischen Messias aufgenommen 1\9. Die christologische Konzeption des ersten Evangelisten schreibt diesen Ansatz fort, indem Davids- und Gottessohnschaft positiv aufeinander bezogen werden, modifiziert ihn aber zugleich durch die Inversion des Adoptionsmotivs an gewichtiger Stelle: Es wird nicht der davidische Herrscher zum Gottessohn adoptiert, sondern der Gottessohn Jesus wird von Joseph adoptiert und damit der davidischen Linie eingeftigt 120 . Für die matthäische Christologie ist diese Umkehrung des Adoptionsvorgangs von weichenstellender Bedeumarkiert "the formal inauguration of his ministry" (HAGNER, Mt I, 58). Siehe auch DAVIEs/ALLISON, Mt 1,335: 3,16 diene dazu, "to reveal or confirm Jesus' alreadyexisting status and worthiness as the eschatological bearer of God's Spirit and therefore as the servant of the Lord". LUCK, Mt 35 deutet das Geschehen nach der Taufe Jesu so, dass er seiner "Sohnschaft und damit seiner Aufgabe" vergewissert werde. 117 Vgl. Mt 21,43 in der oben Kap. 4.1.3, S. 201-205 vorgetragenen Deutungsoption. 118 Siehe dazu oben Kap. 2.1, S. 19, Anm. 7. 119 Zum Messias als Gottessohn s. auch 4Esra 7,28; 13,37.52. 120 Siehe dazu oben Kap. 2.1.1.1, S. 29-30.
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Kap. 5: Israel und die Völker
tung. Es ist die Gottessohnschaft, die das Zentrum der messianischen Identität Jesu bildet. Mit der Gottessohnschaft Jesu sind dabei im Matthäusevangelium nicht nur Aspekte wie seine singuläre Nähe zu Gott (vgl. z.B. 11,27), seine Partizipation an göttlicher Vollmacht (vgl. 14,22-33; 26,52-54) und sein Gehorsam gegenüber dem Willen des Vaters 121 (4,1-11; 26,39.42; 27,40-43) verbunden J22 , sie spielt in der narrativen Konzeption des Evangelisten auch im Kontext der Zuwendung des Heils - über Israel hinaus - zu den Völkern eine gewichtige Rolle. Christologische und heils geschichtliche Linienführung korrespondieren hier: Die Zweistufigkeit von alleiniger Zuwendung zu Israel als Signatur des irdischen Wirkens Jesu und Ausweitung der Zuwendung zu den Völkern im Missionsauftrag des Auferstandenen geht damit einher, dass in der narrativen Entfaltung der matthäisehen Erfüllungschristologie Jesu Identität differenziert enthüllt wird. Was hier thetisch skizziert ist, gilt es im Folgenden zu erläutern und zu entfalten.
5.2.2.1 Die Exposition der Gottessohnschaft Jesu im Prolog (Mt 1,14,16) Dass die Gottessohnschaft Jesu bereits in 1,18-25 eingeführt wird, ist in Kap. 2.1.1.1 begründet worden. Anzufügen ist hier, dass in 1,18-25 zwei für die matthäisehe Christologie im Ganzen leitende Motive die Rede von der Gottessohnschaft Jesu profilieren. Zum einen ist auch hier - analog zum Christologoumenon der Davidssohnschafe 23 - auf die grundlegende Aussage über das Ziel der Sendung Jesu in 1,21 zu verweisen: Der Gottessohn erscheint als Retter von den Sünden. Zum anderen exponiert Matthäus durch das Reflexionszitat in 1,23 das Immanuelmotiv, dessen fundamentale Bedeutung schon durch den Schluss des Evangeliums in 28,20 deutlich wird (vgl. auch 18,20). Dass es dabei in 1,23 speziell um eine Aussage über Jesus als Gottessohn geht, wird durch die identische Einlei121 Hinter dem Gehorsamsmotiv in der matthäischen Präsentation Jesu als Gottessohn (s. dazu exemplarisch Luz, Skizze, 231-234) wird wiederum alttestamentlich-frühjüdische Tradition sichtbar, nämlich die in weisheitlicher Tradition beheimatete Bezeichnung des Gerechten als Gottessohn (Sir 4,10; SapSal 2,18; 5,5), die ebenfaIls bei der auf die Jesusnachfolger bezogenen Rede von den Söhnen Gottes in Mt 5,9.45 Pate steht (vgl. dazu THEISSEN, Gewaltverzicht, 161f; KONRADT, Söhne, 86.89). 122 Siehe dazu Luz, Skizze, 231: Der Gottessohntitel "bezeichnet Jesu besonderes und einzigartiges Verhältnis zu Gott und seine einzigartige SteIlung, die ihm von Gott gegeben wurde .... Der wichtigste mt Akzent besteht aber darin, daß der Sohn Gottes seine Sohnschaft in seinem Weg des Gehorsams gegenüber dem Vater bewährt. Das bedeutet: Mt fügt in seiner Jesusgeschichte der vertikalen Dimension des Gottessohntitels eine horizontale, ethische Dimension hinzu." 123 V gl. oben Kap. 2.1.3, S. 51.
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 309
tung der Reflexionszitate in 1,22fund 2,15, wo mit dem Zitat aus Hos 11,1 die erste explizite Aussage über die Gottessohnschaft Jesu begegnet, signalisiert. 26,29 und 28,20 unterstreichen die Verbindung des Immanuelmotivs mit dem Christologoumenon der Gottessohnschaft l24 : In Jesus, dem Sohn Gottes, ist Gott mit den Menschen. In 3,13-17 kulminiert die Taufe Jesu in seiner Proklamation als Sohn Gottes durch die Himmelsstimme 125 • Aus der Änderung der persönlichen Anrede (Mk 1,11) in das objektivierende oV't'6r; EOtLV 6 uto<; IlQU 6 &yaiT'll,0<; zu schließen, dass es sich hier um eine öffentliche Proklamation handelt 126, hat gegen sich, dass Matthäus nicht nur keinen Hinweis auf die allgemeine Vemehmbarkeit der Stimme gibt; vielmehr verweist er mit der Einfügung von a{nc\i nach ~vEu)x8'lloav in 3,16 127 ausdrücklich darauf, dass es um ein von Jesus wahrgenommenes Geschehen geht\28. Die Gegenwart von Volksmengen als Zeugen des Geschehens wird nicht erwähnt l29 • Es ist darüber hinaus nicht einmal deutlich, dass der Täufer die Himmelsstimme
124 Siehe zu 26,29 unten Kap. 5.2.2.3, S. 321, zur leitenden Bedeutung des Christologoumenons der Gottessohnschaft in 28,16-20 unten Kap. 5.2.2.3, S. 327. 125 Die zentralen alttestamentlichen Bezugstexte sind Ps 2,7 und Jes 42,1-4. Vgl. exemplarisch DAVIEs/ALLISON, Mt 1,336-339. 126 So z.B. Luz, Mt 15 ,214; SAND, Mt, 71; DAVIES/ALLISON, Mt 1,330.339; SENIOR, Mt, 56; KEENER, Mt, 134; MEIER, Vision, 58; HAHN, Theologie I, 529; TROXEL, Matt 27.51-4,33. SÖDING, Gehorsam, 726 sieht in 3,17 eine "öffentlich[e]" Beglaubigung der "Selbstverpflichtung" Jesu in 3,15, "alle Gerechtigkeit zu erfüllen". 127 ~VE~XeT]aav au,Q OL oupavoL dürfte, wie das minor agreement mit Lk 3,21 nahe legt, der Q-Fassung der Taufperikope (ihre Existenz ist auch und vor allem deshalb wahrscheinlich, weil die Versuchungsperikope in Q 4,1-13 die mit der Taufe Jesu verbundene Gottessohnthematik voraussetzt) entstammen (vgl. Luz, Mt 15 , 210 mit Anm. 2). au,Q dürfte redaktionell sein. Wenn Matthäus bei der Übernahme (und Bearbeitung) der QFassung in Mt 3,16 Ez 1,1-4 im Blick hatte (vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt 1,329; FRANCE, Mt, 95; GUNDRY, Mt, 52; FRANKEMÖLLE, Mt I, 186; FIEDLER, Mt, 85 sowie auch Luz, Mt 15 ,214; NOLLAND, Mt, 155, Anm. 7), würde dies den "subjektiven", visionären Charakter von Mt 3, 16f unterstreichen. 128 Entsprechend hat Matthäus das markinische EIIiEv übernommen. V gl. FRANKEMÖLLE, Mt I, 186: "Matthäus erzählt diesen Vorgang nicht als öffentlichen, sondern als Vision Jesu". Siehe ferner GNILKA, Mt I, 78; NOLLAND, Mt, 156f. Anders HARRINGTON, Mt, 62 sowie DAVIEs/ALLISON, Mt I, 330 (DAVIES und ALLISON halten au,Q in 3,16 textkritisch nicht für ursprünglich, s. a.a.O., 328, Anm. 67). SCHNEIDER, Himmel, 290 unterscheidet zwischen der nur von Jesus wahrgenommenen Öffnung der Himmel samt Herabkommen des Geistes und der "als allgemein vernehmbar" vorgestellten Himmelsstimme (so auch LAGRAND, Mission, l8lf; GIELEN, Konflikt, 51). 129 3,5 (darauf verweist Luz, Mt 15 , 214) belegt jedenfalls nicht, dass Volksmengen zugegen sind, da ,Ü,E in 3,13 einen szenischen Neueinsatz markieren kann (so KINGSBURY, Matthew: Structure, 14). Freilich begegnet ,Ü,E im Matthäusevangelium auch innerhalb von Erzählungen (s. 2,7; 3,5.15; 4,5.10.11; 9,29; 15,28 u.ö.).
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Kap. 5: Israel und die Völker
vernommen hat 130. Betrachtet man 3,13-17 im weiteren Kontext, muss dies im Licht von 11 ,2f vielmehr als unwahrscheinlich gelten 131. Am ehesten ist an den himmlischen Hofstaat als Auditorium der Himmelsstimme zu denken 132 . Weil die Himmel für Jesus (aucQ!) geöffnet sind (3,16), hört er, aber nur er, mit. Darüber hinaus ist als Grund für die Änderung der Himmelsstimme in DUca<; Eonv ... mitzubedenken, dass Matthäus ein Verständnis der Himmelsstimme im Sinne von Ps 2,7 (uLo<; IlDU EL OU), wo es um die ,Adoption' des davidischen Königs zum Sohn Gottes geht 133 , ausschließen wollte, also den sich in der markinischen Fassung nahe legenden Eindruck zu vermeiden suchte, dass Jesus (erst) bei der Taufe als Sohn Gottes angenommen wurde; er ist es bei ihm schon von Anfang an 134 . Kurzum: Matthäus intendiert in 3,17 keine öffentliche Proklamation 135 - es sei denn für die Leser seines Evangeliums l36 . Jesu Gottessohnschaft bildet sodann die christologische Basis der Versuchungserzählung in Mt 4,1-11. Der Konditionalsatz EI. uLo<; EL "L"OU eEOU in 4,3.6 dient nicht dazu, Jesu Gottessohnschaft in Zweifel zu ziehen, und entsprechend sollen die jeweils nachfolgenden Imperativsätze Jesus nicht auffordern, den in Frage gestellten Status zu erweisen. Jesu Gottessohnschaft wird vielmehr vorausgesetzt, und der Teufel sucht Jesus in den ersten beiden Versuchungen zu eigenmächtigen Demonstrationen seines ihm als Gottessohn zukommenden Vermögens zu verleiten 137 • Tatsächlich aber beweist Jesus seine Gottessohnschaft gerade darin, dass er sich solcher De130 Für Zeugenschaft des Täufers z.B. Luz, Mt 15 ,214; DAVIEs/ALLlSON, Mt 1,330; LUCK, Mt, 34 sowie KINGSBURY, Son of God, 11, der jedoch in einer späteren Veröffentlichung seine Position revidiert hat (vgl. unten Anm. 135). 131 Lässt sich die Täuferanfrage in 11,2fmit 3,14 cum grano salis noch in Einklang bringen, so ist dies für 3,17 auf der Basis der Annahme einer öffentlichen Proklamation ungleich schwerer (vgl. KINGSBURY, Matthew as Story, 51). 132 Ebenso NOLLAND, Mt, 157. 133 Vgl. oben Kap. 2.1.1.1, S. 30 mit Anm. 76. 134 Ebenso GNILKA, Mt I, 79. Vgl. ferner FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 94; BROER, Versuch, 1277 (vgl. BROER, Freiheit, 124). 135 Treffend DORMEYER, Mt 1,1 als Überschrift, 1369: ,,[D]ie Himmelsstimme erschallt ... mit einer unpersönlich gehaltenen Proklamation ... , aber niemand außer Jesus hört sie". In diesem Sinne auch FRANCE, Mt, 95; KINGSBURY, Husbandmen, 647-649 (s. auch KINGSBURY, Matthew as Story, 51), s. ferner NOLLAND, Mt, 157 (vgl. oben Anm.132). 136 Vgl. NOLLAND, Mt, 156: ,,[W]e must c1early identify Matthew's readers as in his own mind the primary recipients of this revelation." Siehe auch HEIL, Walking, 114. 137 Mit DAVIEs/ALLlSON, Mt 1,361: ,,[T]he introductory EL expresses areal condition ('since' ... ). Jesus' status as 'Son ofGod' is not questioned; rather it is the presupposition for the devil's temptation." Vgl. ferner BONNARD, Mt, 44; Luz, Mt 15 , 225; HAGNER, Mt 1,65; GUNDRY, Mt, 55; NOLLAND, Mt, 163; FIEDLER, Mt, 90; KYNES, Christology, 31. Anders aber M'NEILE, Mt, 38.
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 311
monstration im Gehorsam gegen Gott 138 verweigert. Ansichtig wird hier ein Grundmoment der matthäischen Gottessohnkonzeption: Als Sohn Gottes partizipiert Jesus an göttlicher Vollmacht, zur Gottessohnschaft gehört aber ebenso die strenge Bindung an den Willen Gottes - auch im Blick auf die Inanspruchnahme seiner göttlichen Vollmacht. Das heißt rur die erste Versuchung: Jesus ist vom Geist in die Wüste geleitet worden; sein Fasten entspricht dem Willen Gottes, und daher würde es seine Bindung an den Willen Gottes verletzen (und dem Vertrauen auf Gott entgegenstehen), wenn er sich seine Situation (ETIELVaOEv, V.2) durch die - ihm mögliche I39 - Verwandlung von Steinen in Brot erleichtern würde 140. Ebenso widerspräche es der Bindung des Sohns an den Vater, wenn der Sohn den Vater mutwillig dazu nötigen würde, dem zugesagten Schutz gemäß 141 rettend einzugreifen (V.5_7)142. Anders ausgerichtet ist dann die dritte Episode, doch bleibt die Gottessohnschaft Jesu, wenngleich sie nicht explizit genannt wird, auch hier Leitaspekt. Der Teufel versucht nun nicht mehr, Jesus unter der Voraussetzung seiner Gottessohnschaft zu einer bestimmten Handlung zu provozieren l43 , sondern nun bietet der Teufel Jesus die Weltherrschaft um den Preis an, dass Jesus ihn statt Gott anbetet, d.h. Jesus soll nun die ihn als Gottessohn auszeichnende Bindung an Gott überhaupt verraten 144. Der Gottessohn Jesus aber dient, wie dies in der von ihm im Gegenzug zitierten Schriftstelle (Dtn 6,13; 10,20) geboten ist, allein Gott. Mit dieser Klimax 138 Zur Bedeutung des Gehorsamsmotivs in 4,1-11 vgl. DAVIEs/ALLISON, Mt I, 367; KINGSBURY, Son ofGod, 12; HEIL, Walking, 115; Luz, Skizze, 23lf; BROER, Versuch, 1274f; SÖDING, Gehorsam, 733. - Die Relevanz dieses Moments der Gottessohnschaft Jesu deutet sich schon in 3,13-17 insofern an, als Jesu Taufe hier der "Erfüllung aller Gerechtigkeit" (zur kontroversen Diskussion zur Deutung von ÖLKIXLOOUVT] in Mt 3,15 s. zum einen Luz, Mt 15 ,211-214, zum anderen DEINES, Gerechtigkeit, 127-132) zugeordnet wird (vgl. KINGSBURY, Son of God, 9; BROER, Versuch, 1275). 139 Treffend SÖDING, Gehorsam, 727: "Eine Versuchung kann das Ansinnen Satans nur sein, weil Jesus als Gottessohn tatsächlich die Macht hat, aus Steinen Brot zu machen." 140 Vgl. HAGNER, Mt 1,65. - Wenn es am Ende des Textes in V.11 heißt, dass die Engel Jesus dienten (ÖLT]KOVOUV IXUtQ), kann mit im Blick sein, dass sie ihn mit Speise (Manna?) versorgten (vgl. M'NEILE, Mt, 42; DAVIES/ALLISON, Mt 1,374 u.a.). 141 Nach SÖDING, Gehorsam, 736 ist ,,[i]m Kontext der matthäi sehen Geschichte ... das dreifache ou christologisch zu deuten: Der Teufel zitiert Ps 91,l1f. als eine Verheißung, die speziell für den Gottessohn gilt." 142 In diesem Sinne auch SÖDING, Gehorsam, 737. 143 Entsprechend fehlt nun die Konditionalphrase EL ULOC; EI: tOÜ 9EOÜ. 144 Vgl. NOLLAND, Mt, 166: ,,[I]n this final temptation the stakes are higher: to comply would involve the abandonment of Jesus' calling as the Son ... and the transfer ofhis allegiance to the devil." - Zur Gottessohnschaft als durchgehendes Thema in 4,1-11 s. ferner z.B. SÖDING, Gehorsam, 721f.
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Kap. 5: Israel und die Völker
der Versuchungsepisoden ist, wie gesehen, ein Voraus verweis auf die ,Bergszene' in 28,16-20 gesetzt l45 : Dem Auferstandenen, der zuvor gehorsam den Weg ans Kreuz gegangen war, ist alle E~oua[a im Himmel und auf Erden gegeben - von Gott 146 • Kompositorisch betrachtet steht die Versuchungsgeschichte gegen Ende des Prologs (1,1-4,16). Als in der Versuchung Bewährter beginnt der Gottessohn in 4,17 sein Wirken in Israel. In Kap. 2.1 und Kap. 3.1.1 wurde gezeigt, dass Matthäus dabei die davidische Messianität Jesu betont herausgestellt und auch zum Gegenstand der christologischen Reflexion der Volksmengen gemacht hat. Die Gottessohnschaft Jesu hingegen bildet durch ihre betonte Exposition im Prolog zwar auf der Kommunikationsebene des Evangelisten eine Art Vorzeichen, das der Schilderung des Wirkens Jesu vorangestellt ist; die Thematisierung der Gottessohnschaft tritt in 4,17-20,34 jedoch noch nicht, wie im Folgenden auszuführen ist, in die über den Jüngerkreis hinausgehende - allgemeine Öffentlichkeit. 5.2.2.2 Die Gottessohnschaft Jesu in Mt 4,17-20,34 Vergleicht man die matthäischen Belege des Gottessohnmotivs in der Darstellung des öffentlichen Wirkens Jesu bis zum Einzug nach Jerusalem mit der markinischen Vorlage, zeigt sich analog zur Davidssohnschaft der eigene Gestaltungswille des ersten Evangelisten. Bei Markus begegnet das Christologoumenon der Gottessohnschaft zweimal im Kontext von Exorzismen im Munde von Dämonen, einmal in einem Summarium (Mk 3,11), das andere Mal bei der Heilung des besessenen Geraseners (5,7). Matthäus hat davon nur Mk 5,7 übernommen (Mt 8,29), Mk 3,11 aber gestrichen bzw. in Mt 12,15-21 durch ein Erfüllungszitat ersetzt l47 , das in der Rede von Jesus als dem TIaLC; und &yaTIrrroc; Gottes, an dem er Wohlgefallen hat, deutlich auf die Proklamation der Gottessohnschaft in 3,17 zurückverweise 48 • Die Ersetzung von Mk 3,11 hat Konsequenzen für Mt 8,29: Während bei Markus die Anrufung Jesu als Gottes Sohn durch den besessenen Gerasener in Mk 5,7 im Licht des vorangehenden Summariums in 3,11 als ein illustrierendes Beispiel erscheint, stellt Mt 8,29 bei Matthäus einen singulären Fall dar. Dabei ist daran zu erinnern, dass es in 8,28-34 um ein Vgl. oben Kap. 5.2.1, S. 303 mit Anm. 93. Dem stehen die Bezüge von 4,1-11 zur Passion zur Seite. Siehe dazu unten Kap. 5.2.2.3, S. 322, Anm. 201 und S. 323. 147 Mt 12,15a.b folgt Mk 3,7, 12,15c nimmt Mk 3,lOa auf, Mk 3,7b.8 wurde bereits in Mt 4,25 verarbeitet (vgl. dazu oben Kap. 2.2.1, S. 53). 148 Ferner lässt Mt 12,18c an 3,16 zurückdenken. - Zum Zusammenhang von Mt 12,18 mit 3,16fvgl. SAND, Mt, 259; Luz, Mt II, 246f; GUNDRY, Mt, 229; HAGNER, Mt 1,338; BEATON, Isaiah's Christ, 128-131 u.a. 145
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Wirken Jesu an zwei ,Heiden' geht und durch lTPO KIUpoD auf den noch nicht gekommenen Kairos der Völkermission verwiesen wird 149 . Das bedeutet: Durch die Ersetzung von Mk 3,11 durch Mt 12,17-21 fehlt das Moment der Anrufung Jesu als Sohn Gottes im Munde von Dämonen im Rahmen der Schilderung des Wirkens Jesu in Israel 150 • Der eigene Gestaltungswille des ersten Evangelisten zeigt sich vor allem aber darin, dass er in 11,27 ein Q-Logion eingestellt hat, das die Gottessohnschaft Jesu zur Sprache bringt, und er ferner das Gottessohnmotiv in das Petrusbekenntnis eingefügt (Mt 16,16 diff. Mk 8,29) und dies durch Mt 14,33 vorbereitet hat. Zunächst zu 11,27: Der durch die Täuferanfrage in 11,2f aufgeworfene Aspekt der Identität Jesu, die in seinen Werken zum Ausdruck kommt, wird in der Komposition von Mt 11 in dem Offenbarungswort in 11,27 zu einem ersten Gipfelpunkt geführt. In einer Selbstaussage präsentiert Jesus sich als der Sohn, d.h. als der Sohn Gottes l51 , dem "alles" vom Vater übergeben wurde. Im Blick ist damit die Handlungseinheit Jesu mit dem Vater, die anderorts in dem Moment der - von Gott stammenden - E~ouo(a Jesu zum Ausdruck kommt (s. v.a. 7,29; 9,6; 21,23-27; 28,18). V.27b-d grenzt mxvTa nicht auf Jesu Gotteserkenntnis bzw. die Offenbarung ein l52, sondern fokussiert das Thema der Handlungseinheit des Sohns mit dem Vater auf den darin vorausgesetzten Aspekt der einzigartigen Kenntnis des Sohns durch den Vater und des Vaters durch den Sohn 153, was dann im Anschluss an die Aussage über die Rolle des Sohns als Offenbarer in V.28-30 im Blick auf die Kundgabe des Willens
Siehe dazu oben Kap. 2.2.3.1, S. 63. Zur Frage, ob dies auf einer bewussten Gestaltung des Evangelisten basiert und zur Erhebung seiner Konzeption beiträgt, s. Kap. 5.3, S. 333. 151 Zur Deutung des absoluten "Sohn" auf die Gottessohnschaft Jesu vgl. Luz, Mt II, 208f; HAGNER, Mt I, 319f; FIEDLER, Mt, 245; KINGSBURY, Matthew: Structure, 42.64f sowie auch DAVIES/ALLISON, Mt H, 282. Anders MEIER, Vision, 82f, der neben "Sohn Gottes" einen Bezug auf den "Menschensohn" postuliert. 152 Ebenso GNILKA, Mt I, 437: "Das umfassende mxV1:<X muß - im Hinblick auf den folgenden Satz - das universale Offenbarungswissen miteinschließen, darf aber nicht darauf eingegrenzt werden. Wie hinsichtlich des Vaters in V25 Schöpfung und Offenbarung nebeneinanderstehen, so ist Jesus mit Vollmacht und Wissen ausgestattet." Allein auf Jesu Erkenntnis des Vaters beziehen hingegen FRANCE, Mt, 199; Luz, Mt H, 210f; DAVIEs/ALLISON, Mt H, 279f; HAGNER, Mt I, 320; GUNDRY, Mt, 216; DEUTSCH, Wisdom, 33f. Siehe ferner MEIER, Vision, 79f.8lf. 153 V.27b-c redet nicht nur davon, dass Jesus über eine exklusive Erkenntnis des Vaters verfügt, sondern bietet eine wechselseitige Aussage, und darin steht die exklusive Kenntnis des Sohns durch den Vater voran. Sollte OUöE TOV 7T<XTEP<X w; E7TLYWWUKEL EL j.l~ Ö (V.27c) mxvT<X in V.27a epexegesieren, wäre eher zu erwarten, dass die Aussage direkt an V.27a anschließt. 149
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uia,
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Gottes durch Jesus entfaltet wird l54 • THxV"w. bezieht sich hier, anders gesagt, umfassend auf die Jesus von Gott her zukommende Vollrnacht l55 , wie sie sich in seinem Wirken dokumentiert. 28,18 nimmt dies, wie gesehen, unter Betonung der Universalität der Vollmacht Jesu aufl56 . In 11,25-27 ist der christologische Spitzensatz von V.27 mit der Aussage über Gottes Offenbarungshandeln an den Jüngern verbunden (V.25), denen TaUtlX., d.h. die Werke Jesu in ihrem auf seine messianische Vollmacht verweisenden Charakter (vgl. 11 ,2), zu erkennen gegeben sind 157 (vgl. 13,11). Weiter illustrieren lässt sich die den Jüngern zuteil gewordene Offenbarung, wenn man die von Matthäus signifikant umgestaltete Perikope vorn Seewandel Jesu hinzuzieht (Mt 14,22-33 par Mk 6,45-52). Während die markinische Perikope damit endet, dass die Jünger sich entsetzen, und der Erzähler dies mit den Worten quittiert, dass die Jünger durch die Brote (Mk 6,30-44) nicht verständig geworden waren, sondern ihr Herz verstockt war, lässt Matthäus die Jünger zur Erkenntnis Jesu als Gottessohn vordringen i58 • Erstmals begegnet hier das Gottessohnbekenntnis im Munde von Menschen, anders als beim Davidssohn aber nicht im Munde der Volksmengen (12,23; 21,9), sondern eben der Jünger. Zwei Aspekte sind als Grundlage dieses Bekenntnisses von Gewicht. Zum einen beweist Jesus durch seinen Wandel über das tobende Wasser und das abschließende Ablassen des Windes (vgl. 8,23-27!) eine Vollmacht, die ihn in die Nähe Gottes rückt (vgl. Hiob 9,8 159), denn Menschen ist das Gehen auf dem Wasser nicht möglich l60 • Das hoheitsvolle, im Alten 154 BROER, Versuch, 1276 vermerkt zu Recht, dass in der "vom Sohn geoffenbarten Erkenntnis des Vaters ... auch die Erkenntnis des göttlichen Willens mit enthalten sein [dürfte]" . 155 Vgl. FIEDLER, Mt, 245. 156 Vgl. MAYER-HAAS, Geschenk, 425 ("Sehr wahrscheinlich ist 1HlVto: in Mt 11,27 gleichbedeutend mit TTiiocx E~OUO(CX EV oupcxvQ Kcxt ETTt Yii~"); LANGE, Erscheinen, 166 zu 28,18b ("das mattäische [sie!] TTiiocx E~OUO(CX [dürfte] den Sinngehalt des 1HlVtCX von 11,27 genau treffen und auslegen") sowie auch VERSEPUT, Rejection, 141. 157 Zum Verständnis von Mt 11,25 s. oben Kap. 4.3.1, S. 234fmit Anm. 260 und 261. 158 Mt 14,22-33 schließt thematisch eng an 8,23-27 an. Petrus' Ruf KUPLE, OWOOV j.J.E in 14,30 findet dort in den Worten der Jünger im Boot KUPLE, owoov, aTToUuj.J.E9cx (8,25) ein Pendant, und wie die Jünger in 8,26 wird Petrus in 14,31 als OAL YOTTLOtO~ gescholten. Das Gottessohnbekenntnis der Jünger in 14,33 liest sich im Zusammenhang mit 8,23-27 betrachtet auch als Antwort auf die Frage der Menschen in 8,27: TTOtCXTTO~ Eonv oiito~ ön KCXt oL &VEj.J.OL Kcxt ~ 9aAcxoocx CXUtQ UTTCXKOUOUOLV; (vgl. HEIL, Walking, 84.102 sowie HAGNER, Mt II, 421; NOLLAND, Mt, 603). 159 Zu Hiob 9,8 als engster alttestamentlicher ,Parallele' von Mt 14,25 s. HEIL, Walking, 38-43. 160 Vgl. die Polemik gegen Antiochus in 2Makk 5,21: Er glaubte "in seinem Hochmut, das Land schiffbar und das Meer begehbar machen zu können". - Für eine Übersicht über
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 315
Testament des Öfteren im Zusammenhang der Offenbarung Gottes begegnende 161 und daran erinnernde 162 EYW ELJ.LL Jesu in 14,27 fügt sich dem ein 163 . Zum anderen hat Matthäus in V.28-31 eine Rettungsszene eingefügt: Petrus geht Jesus auf dem Wasser entgegen, beginnt, als er beim Anblick der Wellen kleingläubig wird, zu sinken, wird aber von Jesus gerettet (vgl. V.30: KUPLE, awaov J.LE, vgl. bes. Ps 69,2-4. 15f). Zudem beruhigt sich das tobende Wasser, als Jesus mit Petrus ins Boot steigt (V.32, vgl. 8,26). Der Gottessohn erscheint also zugleich als Retter 164 (vgl. Ps 18,17; 144,7 sowie Ps 107,23-32). Das Geschehen hat dabei Verweis funktion und damit eine tiefergehende Bedeutung: In Jesus, dem Immanuel (1,23), manifestiert sich die rettende Macht Gottes, wie dies durch 1,21 signalisiert wird. "By rescuing Peter (and the disciples) Jesus calls Peter (and the disciples) ... to a faith in the power of Jesus to save his people,,165. Das Gottessohnbekenntnis in 14,33 ist in diesem soteriologischen Kontext zu betrachten. Im Duktus des Evangeliums bildet die den Jüngern in 14,33 aufgrund des Geschehens erschlossene Erkenntnis die Basis für die Erweiterung des Petrusbekenntnisses in 16,16 um den Gottessohntitel: GU EI 6 XPLOtO~ 6 uLo~ tau SEOU tau (WVtOc;166. Das Christusprädikat war in den voranstehenden Kapiteln des Matthäusevangeliums deutlich davidisch koloriert 167 . das religions geschichtliche Vergleichsmaterial s. BERG, Rezeption, 37-39 und Luz, Mt H, 407f, der als Fazit zieht: "Das Gehen über das Wasser hat in der Antike die Menschen - nicht nur und nicht primär die Juden - sehr beschäftigt. Es war ein Traum ... Es ist Menschen unmöglich und Gott vorbehalten, es sei denn, Menschen seien in besonderer Weise Göttersöhne oder erlangten durch Zauber göttliche Kräfte" (408). Siehe auch P AUL, Texte, 159f. 161 Siehe Dtn 32,39; Jes 41,4; 43,10.25; 45,18f; 46,4; 51,12 u.ö. 162 Vgl. GNILKA, Mt H, 13; Luz, Mt H, 408; DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 506; HARRINGTON, Mt, 224; HAGNER, Mt H, 423; FIEDLER, Mt, 276. Zurückhaltend NOLLAND, Mt, 601. 163 Vgl. KINGSBURY, Son ofGod, 19: "properly to be understood ... as a divine reve1ation-formula". Siehe auch LANGE, Erscheinen, 345 und HEIL, Walking, 59: "The EYW ElfLL ... signifies the self-identification ofJesus as the revealer ofYahweh." 164 Vgl. zu diesem Aspekt des Gottessohnbekenntnisses in Mt 14,33 GEIST, Menschensohn, 390 sowie HEIL, Walking, 63. 165 HEIL, Walking, 64. 166 In der Hinzusetzung des Partizips 'tOii (wv,oc; eine gezie1te Anspielung auf Hos 2,1 LXX zu sehen (so GOODWIN, Hosea, 272-277), hat die sprachlichen Differenzen gegen sich (Plural/Singular, Artikelgebrauch). Die Rede vom "lebendigen Gott" ist im Übrigen in alttestamentlich-frühjüdischer wie frühchristlicher Tradition geläufig (s. die Belege in KONRADT, Gericht, 43, Anm. 103 und Anm. 105). Zu Verwendungsweisen s. STENGER, Gottesbezeichnung, monographisch zum alttestamentlichen Befund KREUZER, Gott. 167 In 1,1 gebraucht Matthäus "Sohn Davids, Sohn Abrahams" als Apposition zu "Jesus Christus", in 1,16 korrespondiert Christus dem Königstitel bei David (s. oben Kap. 2.1.1.1, S. 26), in 2,2-4 begreift Herodes die Frage nach dem "König der Juden"
316
Kap. 5: Israel und die Völker
Zugleich ist an die konzeptionelle Zusammengehörigkeit von Davids- und Gottessohnschaft in der matthäischen Christologie zu erinnern, wie sie in 1,18-25 grundgelegt ist und in 22,41--46 aufgenommen wird l68 : Jesu messianische Identität wird durch den Zusammenhang von Davids- und Gottessohnschaft entfaltet. In diesem Licht ist nun auch die matthäische Version des Petrusbekenntnisses zu betrachten. Das Messiasbekenntnis an sich . profiliert noch nicht die besondere Erkenntnis der Jünger. Zu dieser Einsicht kommen - in Gestalt der Erkenntnis der davidischen Messianität Jesu - auch die Volksmengen (21,9), und zwar auf der Basis der Heilszuwendung zu Israel, wie sie in den Heilungen erfahrbar ist. Eine tiefere Erkenntnis der Messianität Jesu, nämlich als Gottessohn, ist den Jüngern vorbehalten. Im Petrusbekenntnis Mt 16,16 ist demnach nicht der Christustitel additiv um den Gottessohntitel ergänzt, sondern Letzterer qualifiziert Ersteren 169 (vgl. wiederum 22,42!). Verweist diese tiefergehende Messiaserkenntnis im Erzählduktus auf die besondere Erfahrung zurück, die den Jüngern bzw. speziell Petrus (!) beim Seewandel (14,22-33) zuteil wurde, so wird dieses Erkenntnisprivileg im Rahmen der von Matthäus an das Petrusbekenntnis angefügten Antwort J esu durch den Makarismus in 16,17 170 auf Gottes Offenbarungshandeln zurückgeführt l71 . Während Jesus (auch den Volksmengen) an seinen Werken (vgl. 11,2) als davidischer Messias erkennbar ist, erschließt sich die Gottessohn-Messianität Jesu, mit der bei Matthäus eine Vollmacht verbunden ist, die die in Jesu heilendem Handeln zum Ausdruck kom-
,a
zutreffend als Frage nach dem Christus, und in 11,2 weist die Rede von Epya rou XpLorou zurück auf das vorangehende Wirken Jesu, das Matthäus durch die Einstellung von 9,27-31 mit Jesu davidischer Messianität verbunden hatte. 168 Siehe oben Kap. 2.1.1. 169 Vgl. HEIL, Walking, 106 (,,[T]he messiahship ofJesus is interpreted in terms ofhis divine sonship."); LUCK, Mt, 186f ("eine sachliche Präzisierung und nicht nur der Versuch, weitere Christustitel heranzuziehen"); HAGNER, Mt H, 468 (6 uLo~ rau 8EOU als "Matthew's interpretive expansion"; diese Erweiterung "defines the Messiah as more than a human figure, as someone who is uniquely a manifestation of God" [Hervorhebung von mir]) sowie GUNDRY, Mt, 329. 170 Der Vers dürfte eine Bildung des Evangelisten sein (vgl. GNILKA, Mt H, 54; Luz, Mt H, 454; FIEDLER, Mt, 286; VÖGTLE, Messiasbekenntnis, 169f [so auch VÖGTLE, Problem, 124f], anders z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt H, 602), die im Kontext auf 11,25-27 und 13, 16fBezug nimmt. 171 Der in 14,22-33 erzählte und der in 16,17 genannte Offenbarungsweg sind m.E. nicht streng zu unterscheiden, zumal die Form des Makarismus in 16,17 an 13,16 zurückdenken lässt und unter dem, was den Jüngern - mit verständigen Augen - zu sehen gewährt wird, auch das zu subsumieren ist, was sie in 14,22-33 "sehen". Einen Differenzpunkt sieht hier hingegen GNILKA, Mt H, 15.
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 317
mende noch übersteigt 172, nur aufgrund besonderer Offenbarung 173. Dass Matthäus Jesus in 16,17 - in Korrespondenz zum Gottessohnprädikat des Bekenntnisses - von seinem himmlischen Vater sprechen lässt, verdeutlicht dabei, dass es bei der Offenbarungsaussage um die durch 6 uLa<; TOU SEOU TOU (WVTO<; angezeigte Qualifizierung der Messianität Jesu geht. Das Offenbarungsmotiv von Mt 16,17 kehrt in anderer Gestalt in der Verklärungsszene (17,1-9) wieder. Den Jüngern wird ein "Gesicht" (öpaj.la) zuteil (V.9); sie schauen Jesus in der österlichen Herrlichkeitsgestalt des erhöhten Herrn 174 • Wenn die - der Verwandlungsperikope direkt vorangehende - Ankündigung Jesu in 16,28, dass einige der Anwesenden zu Lebzeiten den Menschensohn in seinem (!) Reich (vgl. l3,41) werden kommen sehen, auf 28,16-20 verweist 175 , dann wird den drei Jüngern in 17,1-9 eine proleptische Schau des in 16,28 Angekündigten gewährt 176 • Indem Matthäus in 17,2 das Leuchten des Angesichts Jesu und seiner Kleider redaktionell mit Sonne (vgl. l3,43) und Licht vergleicht, unterstreicht er die Zugehörigkeit Jesu zur himmlischen Welt 177, als deren Re172 HEIL, Walking, 90 notiert zutreffend zu Mt 8,27: "The very formulation ... of the question in 8:27 indicates that the storm-stilling ftmctions as an Überbietung or 'outdoing' of Jesus' power as a healer-exorcist" (Hervorhebung im Original). Die im Gottessohnbekenntnis kulminierende Seewandelerzählung in 14,22-33 nimmt 8,23-27 auf und gibt mit 14,33 eine Antwort auf die Frage in 8,27 (s. oben S. 314, Anm. 158). 173 Vgl. exemplarisch BROER, Versuch, 1278. 174 Vgl. GNILKA, Mt II, 100; Luz, Mt 11, 510; LUCK, Mt, 193f; HAGNER, Mt II, 498; FIEDLER, Mt, 294; DONALDSON, Mountain, 154-156. - Erwägenswert ist, dass Matthäus bei der redaktionellen Kennzeichnung des Geschehens als öpc(j.!(X in 17,9 insbesondere Dan 7,13.15 LXX im Blick hatte (vgl. LANGE, Erscheinen, 433; MOSES, Transfiguration, 90f), also den Textzusammenhang aus dem Danielbuch, der nicht nur in 24,30; 26,64 rezipiert ist, sondern auf den auch in 28,18-20 angespielt sein dürfte. Der Charakter von Mt 17,1-9 als Antizipation der Auferstehungswirklichkeit würde dadurch noch unterstrichen. - Zu Querbeziehungen zwischen 17,1-9 und 27,51-28,20 s. Luz, Mt II, 505. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 706fsehen in 17,1-8 und 27,32-54"a diptych in which the two plates have similar lines but different colours" (706). 175 Vgl. zu Mt 16,28 oben Kap. 2.3, S. 91, Anm. 389. 176 Vgl. DONALDSON, Mountain, 150f. 177 Zur Lichtmetaphorik vgl. im Blick auf das endzeitliche Ergehen der Gerechten Dan 12,3; SapSal 3,7; IHen 38,4; 58,3; 92,4; 104,2; 108,12-15; 2Hen 66,7 ("Selig sind die Gerechten, die dem großen Gericht des Herrn entrinnen, denn sie werden siebenfach mehr als die Sonne leuchten."); 4Esra 7,97 ("die sechste [Stufe], dass ihnen gezeigt wird, wie ihr Gesicht wie die Sonne leuchten soll und wie sie dem Licht der Sterne gleichen sollen, von nun an nicht mehr vergänglich"); 7,125; 2Bar 51,3.10 U.Ö. Licht als Attribut Gottes Ps 104,2; Hab 3,4; Dan 2,22 (MT, Theod.); IHen 1,8; 2Hen 39,4; LAB 12,9; grLAE 36,3; latLAE 28,2; PsSal 3,12; ApkAbr 17,15f; 18,11; 4Bar 6,9; 9,3; Philo, Sornn I 75; !Joh 1,5 u.ö., allgemein als Kennzeichen der himmlischen Welt IHen 14,15-22; 71,lff; 2Hen Prol. 6; 20,1.4; 25,1-5; 42,5; ApkAbr 18,11; 19,4; ITim 6,16. - Zur Kleidungsmetaphorik IHen 62,15f; 2Hen 22,8; Apk 3,5; 4,4; 6,11; 7,9.13f.
318
Kap. 5: Israel und die Völker
präsentanten Mose und Elia aufgeboten werden J78 • Durch die in 17,5 folgende, nach 3,17 erneute Proklamation Jesu als Sohn Gottes wird hier also der zur himmlischen Welt gehörende erhöhte Herr als Gottes Sohn präsentiert. Stimmt OUTOC; Eonv 6 utoc; iJ.ou 6 a.ya1T1")Toc;, EV <.\l Eu60K1")Oa wörtlich mit 3,17 überein J79, so ist in 17,5, dem Auditorium der Jünger korrespondierend, mit a.K01)E1"E aUTou noch ein Imperativsatz angefügt, dem in dem Auftrag des Auferstandenen an die Jünger in 28,18-20 der Verweis auf seine Gebote zur Seite steht. Führt die Verklärungsperikope im matthäisehen Erzählduktus das Motiv der Offenbarung Jesu als Sohn Gottes vor den Jüngern aus 16,16f weiter, so sind beide Texte ferner durch ein Schweigegebot miteinander verbunden. In 16,20 lässt Matthäus, durch Mk 8,30 angestoßen, Jesu Antwort auf das Petrusbekenntnis mit der Mahnung enden, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei. Im Kontext ist dabei deutlich, dass es um die Erkenntnis des Christus als Gottessohn geht. Diese Identität Jesu soll noch nicht in eine den Jüngerkreis übersteigende Öffentlichkeit getragen werden. Nach der Verklärungsszene übernimmt Matthäus wiederum das markinische Schweigegebot: Die Jünger sollen niemandem von dem Geschehenen berichten, "bis der Menschensohn von den Toten auferweckt worden ist" (17,9), bis also das geschehen ist, was in der Verklärung antizipiert wurde: die Inthronisation des Gottessohns l8o . Geht man im Kontext von 16,16-20 wie von 17,1-9 jeweils weiter, wird deutlich, in welchem weiteren christologischen Zusammenhang die Gottessohnschaft Jesu bei Matthäus gesehen wird. In 14,22-33 war es die in Jesu Seewandel und seinem rettenden Eingreifen zutage tretende göttliche Macht, die das Bekenntnis der Jünger evozierte, welches durch Petrus in 16,16 aufgenommen wird. In 17,1-9 schauen die Jünger Jesus in der Herrlichkeitsgestalt des erhöhten Herrn. In beiden Fällen ist mit dem Gottessohnmotiv also Jesu einzigartige Vollmacht und Stellung verbunden. In 16,21 hingegen konfrontiert Jesus die Jünger erstmals mit seinem gewalt178 Zu dieser Funktion von Mose und Elia vgl. Luz, Mt 11, 508f.510. Diese schließt weitere Sinngehalte nicht zwingend aus. So ist es durchaus möglich, dass Mose und Elia - in zweiter Hinsicht - zugleich als Repräsentanten von Gesetz und Propheten fungieren (s. zu dieser Deutung z.B. GNILKA, Mt 11, 95; HARRINGTON, Mt, 254.255; FRANKEMÖLLE, Mt H, 233; LANGE, Erscheinen, 426; PEDERSEN, Proklamation, 254f; MEIER, Vision, 122 sowie auch HAGNER, Mt 11, 493; FIEDLER, Mt, 295, ablehnend Luz, Mt H, 510 sowie auch DAVIEs/ALLISON, Mt 11, 697f). 179 Diese Übereinstimmung beruht auf redaktioneller Angleichung. Matthäus hat zum einen, wie gesehen, in 3, 17 ou"t"6~ EOHV an die Stelle der persönlichen Anrede bei Markus treten lassen, zum anderen die Himmelsstimme in 17,5 um EV ~ EUöOKTjOa ergänzt. 180 Zu diesem in der Verklärungsgeschichte zentralen Motiv DONALDSON, Mountain, 150f sowie Luz, Mt H, 507-509.
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 319
samen Tod, und nach dem Bergerlebnis der Verklärung verweist er beim Abstieg (V.9) erneut auf sein bevorstehendes Leiden (17,12 181 )182. Die Passion ist dabei im Matthäusevangelium nicht eine vom Gottessohnmotiv separierte christologische Thematik, sondern in dieses integriert. Anders gesagt: Zu Jesu Gottessohnschaft gehört für Matthäus nicht nur seine einzigartige Vollmacht, sondern auch sein gehorsamer Gang ans Kreuz. Zugleich wird damit das rettende Handeln des Gottessohns konkretisiert. Petrus hatte es in Mt 16 noch vor sich, sein Verständnis der Gottessohnschaft Jesu entsprechend weiterzuentwickeln 183. 5.2.2.3
Die Passion und Erhöhung des Gottessohns
Bleibt die Erkenntnis Jesu als Gottessohn bis zu seinem Einzug in Jerusalern auf den zum Schweigen verpflichteten Jüngerkreis begrenzt, so redet Jesus erstmals im Kontext der Jerusalemer Auseinandersetzungen mit den dortigen Autoritäten öffentlich von sich selbst als Sohn Gottes, freilich indirekt in der Form von Gleichnissen, nämlich im Winzergleichnis (21,37.42-44)184 und im sich anschließenden Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (22,2). Inhaltlich geht es dabei bereits hier um die Tötung und die Erhöhung des Sohns. Dessen herrschaftliche Stellung wird sodann indirekt in 22,41-46 angesprochen, denn mit dem - als Problematisierung der alleinigen Davidssohnschaft des Messias fungierenden - Zitat von Ps 181 Während der Verweis auf das Leiden Jesu in Mk 9,12b im Rahmen einer Frage Jesu begegnet, hat Matthäus diesen in Form einer Weissagung Jesu an die Erinnerung an das Ergehen des Täufers angefügt (Mt 17,12b). Der erste Evangelist unterstreicht dadurch nicht nur die Analogie des Ergehens des Täufers und Jesu (s. oü,w~ KltL), sondern schafft zugleich eine Parallele zur Auferstehungsweissagung von V.9 (vgl. Luz, Mt II, 504). - Zu den Querbeziehungen zwischen Mt 17,1-13 und 16,13-23 vgl. DAVIES/ ALLISON, Mt II, 717 sowie Luz, Mt II, 505 mit dem treffenden Fazit: 17,1-13 "wirkt wie eine narrative ,Reprise' von 16,13-23." 182 Im Garten Gethsemane wird Jesus dann erneut Petrus und die beiden Zebedaiden mit sich nehmen (26,37). Da Matthäus Mk 5,37 nicht übernommen hat (vgl. auch Mt 24,3 mit Mk 13,3), handelt es sich in Mt 17,1-13 und 26,37-46 um die einzigen bei den Texte im Matthäusevangelium, in denen diese Konfiguration begegnet. Erwägen kann man, dass auch über diese Verbindung der Zusammenhang zwischen Passion und AuferstehunglErhöhung angezeigt werden soll. 183 Dass Petrus' Gottessohnverständnis (und das der übrigen Jünger, vgl. 14,33) durch die Integration der Passion noch reifen muss, heißt nicht, dass er einfalsches Verständnis hat. SIM, Confession, 414 missdeutet den Befund, wenn er im Rahmen seiner These, dass 27,54 nicht als vollgültiges Bekenntnis zu verstehen sei (vgl. unten S. 326, Anm. 223), aus der Bedeutung der Passion für das matthäische Gottessohnverständnis folgert, dass in 14,33 ein falsches Verständnis der Sohnschaft Jesu begegne. 16,17 steht dieser Auffassung eindeutig entgegen. 184 Vgl. oben Kap. 3.2, S. 159.
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Kap. 5: Israel und die Völker
110,1 ist im matthäischen Kontext durch die von Matthäus veränderte Eingangsfrage, wessen Sohn der Messias sei (22,42), wie gesehen, auf die Würde Jesu als Gottessohn verwiesen l85 . Kompositorisch kommt 22,41-46 in der matthäischen Jesusgeschichte eine Art Scharnierfunktion zu. Jesus steht hier am Ende seines irdischen Wirkens, in dem er sich in seiner Rolle als davidischer Messias allein Israel zugewandt hat. Nun steht die Passion bevor, in der das Gottessohnmotiv, wie nun zu zeigen sein wird, von lei. 186 ten der B edeutung 1st . Wurde bereits in 1,18-25 sowie durch die Seewandelperikope in 14,2233 die soteriologische Dimension der matthäi sehen Profilierung der Gottessohnschaft Jesu deutlich, so wird dies durch die Passionserzählung mit Nachdruck untermauert. Die soteriologische Bedeutung des Todes Jesu findet bei Matthäus einen konzisen Ausdruck in der Hinzufügung von EL<;; &<j:lEaLV O:l-laptLwv im Kelchwort in 26,28. Ebendiese Worte hat Matthäus bei der Präsentation des Täufers gegenüber Mk 1,4 ausgelassen. Sündenvergebung wird von Matthäus nicht schon an die Johannestaufe, sondern an den Tod Jesu gebunden. In der vorangehenden Erzählung steht dem in 9,6 die Vollmacht des Menschensohns zur Vergebung der Sünden wie überhaupt die Zuwendung Jesu zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" zur Seite 187 • Beides zusammen entfaltet die christologische Basisaussage von 1,21 188 . "Die Vergebung der Sünden ist für Matthäus das Zentrum der Sendung Jesu,,189. Die Verbindung zwischen 1,21 und der Passion Jesu erfolgt dabei nicht allein durch 26,28, sondern wird noch dadurch untermauert, dass der Name "Jesus", der in 1,21 durch die Rettungsaussage erläutert wird, im titulus erucis in 27,37 eingefügt ist: Aus dem markinischen 6 ßaaLAEu<;; 1WV 'IouöaLwv wird bei Matthäus OU10<;; EOtLV 'I7joofJ, 6 ßaoLAEu<;; 1WV 'IouöaLwv. Die Annahme liegt nahe, dass Matthäus hier einen gezielten Rückverweis auf die Namensdeutung in 1,21 setzt 190
Siehe oben Kap. 2.1.1.2. Die Verbindung des Gottessohnmotivs mit der Passionserzählung hat Matthäus in seiner Markusvorlage zum einen in der Verhörszene (Mk 14,61), zum anderen im Bekenntnis des Hauptmanns (Mk 15,39) vorgefunden. Verweisen kann man ferner auf die Vateranrede im Gebet Jesu in Gethsemane in Mk 14,36. 187 Vgl. oben Kap. 2.1.3, S. 50 zu Mt 9,9-13. 188 Hingegen lehnt LUOMANEN, Kingdom, 224-226 einen Zusammenhang zwischen Mt 1,21 und 26,28 ab und bezieht 1,21 allein auf Jesu Wirken in Israel. 189 Luz, Mt IV, 116. 190 Vgl. LUCK, Mt, 305; HEIL, Death, 80; SENIOR, Passion of Jesus, 131; R!lPSCHINSKI, "For He Will Save ... ", 264. 185
186
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 321
und damit ganz auf der Linie von 26,28 den Tod Jesu als Ort der Sünden. 191 vergebung ausweIst . Zieht man noch einmal 9,2-8 sowie 9,9-13 hinzu, so ist die Sündenvergebung hier in den Zusammenhang des heilenden Handeins Jesu (als davidischer Messias) wie überhaupt seiner Zuwendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel", hier in Gestalt der Zöllner, eingebunden; Sündenvergebung geschieht in der konkreten Begegnung mit Jesus 192• Mit der Deutung des Todes Jesu in dem Kelchwort in 26,28 steht die Sündenvergebung für die das Herrenmahl feiernde nachösterliche Gemeinde in einem Kontext, der von der vorösterlichen Gestalt der irdischen, unter dem Leitmotiv der Davidssohnschaft stehenden Präsenz Jesu losgelöst ist. Im Blick auf die sich hier manifestierende christologische Konzeption sind dabei die matthäischen Redaktionismen in 26,29 zu beachten. Matthäus betont nicht nur durch a:rr' &pn die temporale Zäsur (vgl. 23,39 und 26,64), sondern lässt ferner durch die Einfügung von J..lEe' uJ..lwv das Immanuelmotiv von 1,23 anklingen 193 , das dort sachlich mit Jesu Gottessohnschaft verbunden ist l94 . Zudem lässt Matthäus Jesus statt vom Reich Gottes (Mk 14,25) vom "Reich meines Vaters" reden. Die Wendung ist im Matthäusevangelium singulär l95 ; auch sie verweist auf die Gottessohnschaft Jesu l96 • Festzuhalten ist also: Matthäus bringt den Tod Jesu zur Vergebung der Sünden in 26,28f mit dem Christologoumenon der Gottessohnschaft Jesu in Verbindung 197. Zugleich verweist "König der Juden" im titulus crucis (27,37) im Licht von Mt 1-2 auf die davidische Messianität Jesu zurück l98 , so dass
191 Das Zerreißen des Vorhangs im Tempel in Mt 27,51 (par Mk 15,38) steht im matthäischen Erzählduktus (auch) unter diesem Vorzeichen: Mit dem Heilstod Jesu hat der Tempel als Ort der kultisch vermittelten Sündenvergebung ausgedient (vgI. HAGNER, Mt II, 849 u.a.). 192 Zugleich wird in 9,8, wie gesehen, den Jüngern die Vollmacht zur Sündenvergebung zugesprochen. Siehe dazu unten Kap. 6.1, S. 352. 193 Ebenso Luz, Mt IV, 117: "Das hinzugefügte !lEe' u!lWV erinnert an das christologische Grundmotiv des Evangeliums: Jesus, der von den Sünden rettet (1,21), ist der Immanuel, der !lEe' u!lWV 6 eE6~ (1,23)." Anders gesagt: Der Zusammenhang von Sündenvergebung und Immanuelmotiv aus 1,21-23 kehrt in 26,28fwieder. 194 Siehe oben Kap. 5.2.2.1, S. 309. 195 Mt 26,29 zur Seite stellen kann man allein 13,43: "Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne im Reich ihres Vaters". 196 Zu vergleichen ist hier 16,17, wo Jesus das Gottessohnbekenntnis des Petrus auf das Offenbarungshandeln seines himmlischen Vaters zurückführt. 197 VgI. KINGSBURY, Son ofGod, 26. 198 Siehe zum Zusammenhang der Rede vom "König der Juden" in Mt 2,2 mit dem Christologoumenon der Davidssohnschaft Jesu oben Kap. 2.1.2, S. 33-35.
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Kap. 5: Israel und die Völker
hier im Kontext der Deutung des Todes Jesu erneut die Zusammengehörigkeit von Davids- und Gottessohnschaft Jesu deutlich wird l99 . Nachdem Matthäus Jesu Rede von Gott als seinem Vater - inspiriert durch das markinische aßßa 6 ITa,~p (Mk 14,36) - in den Gethsemanegebeten Jesu zweifach aufgenommen hat (Mt 26,39.42 200), wird das Motiv der Passion des Gottessohns sodann durch einen Einschub bei der Gefangennahme Jesu verstärkt: Den Versuch eines Jüngers, diese gewaltsam zu verhindern (26,51 par Mk 14,47), weist der matthäische Jesus ausdrücklich zurück (26,52-54). Denn wenn er wollte, könnte er sich der Gefangennahme ohne Weiteres entziehen: ~ ÖOKEL<;; ön OD r5vllaJ.1.a~ ITapaKaAEoaL ,Oll rradpa J.1.0V, KaI. ITapao,~oEL I-l0L apn ITAELW ÖWÖEKa AEYLwva<;; aYYEAwv; Deutlich wird hier wiederum die Vollmacht Jesu, die ihm aufgrund seiner einzigartigen Stellung als Gottessohn von seinem Vater her zukommt 201 . Der Zusammenhang zwischen dem Vermögen, den Tempel zu zerstören und in drei Tagen wieder zu errichten (r5vlIaJ.1.a~ Ka,aAuoaL 'ov vaov ,ou 8EOU KaL öLa ,PLWV ~I-lEPWV OLKOÖ0I-li'joaL), und Jesu Gottessohnschaft in 26,61-64 fügt sich dem ein. In 26,64 stellt Matthäus durch die Einfügung von alT' apn in die Antwort Jesu betont Jesu Tod als Zeitpunkt seiner Inthronisation heraus 202 • alT' apn lässt an 23,39 sowie an 26,29 zurückdenken. Den Texten ist gemeinsam, dass sie den Tod Jesu in den Blick nehmen (23,37; 26,26-28) und diesen als Zeitenwende markieren: Die Phase seiner irdischen Präsenz wird abgelöst durch seine Erhöhung zum W eltenherrn203 • Dass die Erhöhungsaussage in V.64 sachlich eng an das Christo1ogoumenon der Gottessohnschaft angebunden ist bzw. Jesus mit V.64 seine Gottessohnschaft interpretiere 04 , wird durch die Anspielung an den in 22,44 von Jesus zitierten Siehe dazu noch unten S. 326. Während Markus nur das erste Gebet Jesu mitteilt, führt Matthäus auch beim zweiten direkte Rede ein und verdoppelt so die Gebetsanrede 1Tt.hEp flOU. - Zur Rede von Gott als Vater im Zusammenhang von Gebeten im Matthäusevangelium s. MOWERY, Activity,402f. 201 Im Gesamtkontext lässt Mt 26,53 an die zweite Episode der Versuchungsperikope (4,5-7) zurückdenken (vgl. Luz, Mt IV, 167f; FIEDLER, Mt, 396, Anm. 63; SÖDING, Gehorsam, 739). Dort verweist der den Gottessohn (4,6) versuchende Teufel auf die Engel, die den sich von der Zinne des Tempels stürzenden Gottessohn auf Händen tragen würden. 202 Vgl. W. KRAUS, Passion, 423, anders GEIST, Menschensohn, 338. 203 Zur Deutung von Mt 26,64 s. noch oben Kap. 3.2, S. 160-16l. 204 Dem steht nicht entgegen, dass Jesus in 26,64 von sich als Menschensohn redet, denn Menschensohn ist im Matthäusevangelium .. not a title which expresses what Jesus is, his status or dignity, but a narrative expression of Jesus' speciallanguage, which Jesus uses in order to comment on and pre-tell his whole his tory from his humility until his final exaltation and vindication" (Luz, Son of Man, 17). Jesus kommentiert mit der 199
200
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28.18-20 323
Psalmvers Ps 110,1 in 26,64 deutlich, denn in 22,41-46 ist die Erhöhungsaussage aus Psalm 110,1 durch die matthäische Umgestaltung der Eingangsfrage zu ,l uj.üv ÖOKEl. 1TEpl 'tOU Xpw,ou; ,lVOC; uL6c; Eonv; eben mit der Gottessohnschaft Jesu verknüpft. Die zentrale Bedeutung der Gottessohnschaft Jesu in der Passionserzählung tritt schließlich in der Kreuzigungsszene hervor. In die das Tempellogi on aus 26,61 aufnehmende Verspottung Jesu durch die am Kreuz Vorübergehenden in 27,39f hat Matthäus EL ULOC; EI ,au 9EOU eingefügt und damit den in 26,61-64 vorliegenden Zusammenhang aufgenommen. Zugleich lässt der Konditionalsatz an die damit identischen Worte des Teufels in 4,3.6 zurückdenken205 . Wiederum geht es darum, dass Jesus als Gottessohn im Gehorsam gegen den Willen des Vaters nicht von der ihm an sich zukommenden Macht Gebrauch macht, sondern Gottes Willen erflillt. Diachron betrachtet ergibt sich, dass Matthäus die Konditionalphrase ausweislich Lk 4,3.9 in der Versuchungsgeschichte von Q vorgefunden hat. Indem er sie in Mt 27,40 redaktionell wieder aufnimmt, wird bei ihm der Gehorsamserweis des Gottessohns in der Versuchung zum Vorausverweis auf die Passion. Matthäus' Bestreben, die Versuchung des Gottessohns in 4,1-11 mit der Passion zu verknüpfen206 , tritt umgekehrt auch in seiner Überarbeitung der Versuchungsperikope zutage. So ist in 4,10 mit der Einfügung von Ü1T(~YE, GCnuvfi in Jesu Antwort auf das Angebot des Teufels, Jesus unter der Bedingung, dass Jesus ihn anbetet, alle Reiche der Welt zu geben, ein Querverweis auf die erste Leidensankündigung in 16,21-23 gesetzt (s. V.23i07 , wo Matthäus Ü1TUYE 01TlOW IlOU, ou,uvfi in Mk 8,33 vorgefunden hat208 . Mit diesem subtilen Hinweis auf die Passion in 4,10 209 deutet Matthäus an, dass Jesu Weg zur Einsetzung als Weltenherr - in einem ganz anderen Selbstbezeichnung als "Menschensohn" also seinen eigenen Weg, und wesentliche Funktion dieses Gebrauchs der auffälligen Wendung "Menschensohn" ist, die verschiedenen Phasen seines Wirkens zusammenzubinden. Menschensohn und Gottessohn haben demgemäß in 26,63f nicht dieselbe Funktion. - Zu vergleichen ist der Zusammenhang von Menschensohn und Sohn Gottes in 16,13-16. 205 Vgl. SENIOR, Passion of Jesus, 132; KINGSBURY, Significance, 273; SÖDING, Gehorsam, 739f. 206 Zur Verbindung zwischen Mt 4, I-li und der Passion vgl. DONALDSON, Mountain, 99f; SÖDING, Gehorsam, 730-733.737.739.747f; KAMMLER, Sohn Gottes, passim u.a. 207 In Mt 4,1-11 begegnet erst und nur in 4,10 oex:r:aviic;. Zuvor und danach verwendet Matthäus OLUßOAOC; (4,1.5.8.11) bzw. in V.3 0 lTELpu(wv. Dies unterstreicht, dass es sich hier zweifelsohne um einen gezielt gesetzten Querverweis handelt. 2080lTLOW I!0u (Mt 16,23) ist in 4,10 ausgelassen, da nur bei einem Jünger passend (vgl. GUNDRY, Mt, 58; SÖDING, Gehorsam, 745 u.a.). 209 Vgl. Luz, Mt 15 , 227f; GNILKA, Mt I, 90.92; DAVIEs/ALLISON, Mt I, 372; DONALDSON, Mountain, 100; KAMMLER, Sohn Gottes, 180.
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Kap. 5: Israel und die Völker
Sinn als vom Teufel in 4,9 anvisiert (vgl. 20,25-28!) - nach dem Willen Gottes (26,39.42) über seinen Tod zum Heil für die "Vielen" (26,28) führt, durch den Gottes in der Schrift vorgezeichneter Heilsplan vollendet wird (26,54.56). Jesus, wie Petrus dies in 16,22 versucht, von diesem Weg abbringen zu wollen, kann nur auf einer Initiative des Satans basieren, der das von Jesus gewirkte Heil zu verhindern sucht. In christologischer Hinsicht unterstreicht diese Verbindung zwischen 4,1-11 und der Passion, die sich noch durch andere Aspekte weiter illustrieren ließe 2JO, die zentrale Bedeutung des Christologoumenens der Gottessohnschaft Jesu im Rahmen der Passion. Matthäus hat das Gottessohnmotiv ferner auch in die Verspottung Jesu durch die Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten in 27,41-43 eingebaut und so die Infragestellung der Gottessohnschaft Jesu als den zentralen Aspekt der Kreuzigungsszene hervortreten lassen211 • Nach der auf Mk 15 ,3lf fußenden Verhöhnung, dass Jesus andere gerettet habe, sich selbst aber nicht zu retten vermöge (Mt 27,42), lässt Matthäus die Autoritäten in V.43 - mit Worten der gottlosen Spötter aus Ps 21,9 LXX - noch weiterreden, dass Jesus auf Gott vertraut habe und Gott ihn jetzt retten solle, wenn er wil1 212 . Von der Aufforderung zur Selbstrettung lässt Matthäus den Spott also zur Rede von der Rettung durch Gott voranschreiten. An diese Verschiebung schließt sich dann als Begründung die auf 26,64 Bezug nehmende Inanspruchnahme der Gottessohnschaft durch Jesus (s. auch 21,37; 22,2) an. Vorausgesetzt ist hier: Wenn Jesus Gottes Sohn ist, wird Gott für ihn rettend eingreifen213 • 210 So wird der Zusammenhang zwischen 4,1-11 und der Passionserzählung noch durch die oben S. 322, Anm. 201 angezeigte Verbindung zwischen 26,53 und 4,6funtermauert. Im weiteren Sinne kann man auch auf die erste Versuchungsepisode in 4,3-5 verweisen. Weicht Jesus in der Passion vor dem Leiden nicht zurück, so nimmt er hier nach vierzigtägigem Fasten den Hunger (V.2) weiterhin auf sich (vgl. HAGNER, Mt I, 65). SÖDING, Gehorsam, 730 sieht die Brücke zwischen 4,3-5 und der Passion darin, dass Jesus sich "der menschlichen Kontingenz ... zeit seines irdischen Lebens um seines Heilsauftrages willen (1,21) freiwillig aus[setzt] - zuletzt auf Golgotha, zu Beginn in der Wüste". Siehe auch a.a.O., 731: "Die Entbehrungen, die Jesus in diesem Dienst bis hin zum Kreuz auf sich nimmt, sind in seinem Hunger vorgebildet." KAMMLER, Sohn Gottes, 178 postuliert speziell einen Zusammenhang mit 27,40: Jesus verwendet "seine göttliche Macht grundsätzlich nicht zur Selbsthilfe" (Hervorhebung im Original). 2J1 In diesem Sinne z.B. auch SENIOR, Death, 323: "The prime issue ofthe death scene has become achallenge to Jesus' sonship." 212 Zur Aufnahme von Ps 21,9 LXX s. oben Kap. 3.1.2.5, S. 135, Anm. 207. 213 Möglicherweise ist in Mt 27,43 neben der Aufnahme von Ps 21,9 LXX ferner in EL1TEV yap on 9EOU ElllL uiac; eine Anspielung auf SapSal 2 (s. v.a. V.13.16.18) zu sehen (vgl. DAVIES/ALLISON, Mt ur, 609.620; Luz, Mt IV, 328; NOLLAND, Mt, 1199; FIEDLER, Mt, 415; SENIOR, Passion of Jesus, 134; GRAHAM, Salvation, 503!). Dass Matthäus die
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 325
Genau dies geschieht dann auch, jedoch anders als von den spottenden Passanten und Autoritäten anvisiert, nämlich gewissermaßen ,durch den Tod hindurch'. Während Jesus auch am Kreuz auf eine Demonstration seiner Vollmacht verzichtet, wird er von Gott auferweckt und zum Weltenherrn eingesetzt und zudem durch die seinen Tod begleitenden Zeichen (27,51-53) von Gott selbst als sein Sohn ausgewiesen214 : Es zerreißt nicht nur der Vorhang im Tempel (Mt 27,51 par Mk 15,38)215, sondern es geschieht zugleich ein Erdbeben216 , das mit der Auferstehung vieler entschlafener Heiliger einhergeht, die nach Jesu Auferweckung in Jerusalem erscheinen217 • Das Bekenntnis des Hauptmanns und der Seinen &ATj8<.0<; 8EOU uU)<; ~V au,ae; ist im matthäischen Kontext nicht nur kontrastiv auf die vorangehende Verspottung bezogen, sondern erscheint zugleich als Antwort auf die Jesu Tod begleitenden Geschehnisse. Diese erschließen den Soldaten die Gottessohnschaft Jesu218 • Zugleich nehmen die Worte der Soldaten (&:ATj8<.0<; 8EOU uLa<; ~v ovmr;) den titulus crucis in 27,37 (ovr6r; Eonv 'ITjooue; 0 ßaolAElJ<; ,<.0V 'IouöaLwv) auf 219 , als dessen ,Autoren' sich Matthäus offenbar die Soldaten denkt, die Jesus kreuzigten und unter dem Kreuz wachten 22o . Ist dies richtig, reden bei Matthäus in 27,54 also genau Sapientia gekannt hat, lässt sich freilich nicht mit hinreichender Sicherheit belegen. Die Alternative ist, dass Matthäus mit einer Tradition vertraut war, wie sie in SapSal 2 Eingang gefunden hat. Zu beachten ist insbesondere, dass auch in SapSal 2f (s. auch SapSal 4,7-5,16) das Motiv der Bestätigung des Gottessohns durch sein postmortales Ergehen vorliegt. 214 Vgl. für viele W. KRAUS, Passion, 422-424; WILK, Jesus, 143. 215 Zum Zerreißen des Vorhangs als Gerichtszeichen gegen Jerusalem s. Kap. 4.3.3, S.253. 216 Zu Erdbeben als eschatologisches Zeichen s. Jes 24,18; Joel 2,10; IHen 1,6f; 102,2f; TestMos 10,4; 2Bar 70,8. 217 Zu Berührungen von Mt 27,5lb-53 mit Ez 37,7-14 s. GNILKA, Mt 11, 477; GUNDRY, Mt, 576; FRANKEMÖLLE, Mt 11, 504f; SENIOR, Death, 321 (s. auch SENIOR, Special Material [1987], 280-283); TISERA, Universalism, 288 u.a. 218 Vgl. HAGNER, Mt H, 848; FRANKEMÖLLE, Mt 11, 507; Luz, Mt IV, 367f; SENIOR, Death, 312.323f; MAISCH, Dimension, 98; WITHERUP, Death, 583; HOFFMANN, Auferweckung, 121; SIM, Confession, 406f; TISERA, Universalism, 289f; W. KRAus, Passion, 422f; TROXEL, Matt. 27,51-4, 31 u.a. Ob hier eine Spitze gegen die Kaiserverehrung mitzuhören ist - Sohn Gottes ist Jesus, nicht der Kaiser (so MOWERY, Son, 110; CARTER, Margins, 537; SIM, Rome, 102) -, kann im hier verfolgten Zusammenhang offen bleiben. 219 Vgl. GNILKA, Mt 11, 469; FRANKEMÖLLE, Mt 11,508. - out6~ EOtLV ist in 27,37 wie auch 'IT]ooii~ matthäische Einfügung. 220 Vgl. SAND, Mt, 559. - Es wird jedenfalls in 27,35-37 kein Subjektwechsel angezeigt. Allerdings ist die Szenenfolge, setzt man in 27,35-37 durchgehend dieselben Personen als Handlungsträger voraus, merkwürdig (vgl. NOLLAND, Mt, 1194). Matthäus erwähnt erst, dass die Soldaten sich niedersetzten, und schiebt dann in V.37 das Anbringen der Angabe der Schuld nach.
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Kap. 5: Israel und die Völker
diejenigen, die auch - als Fortsetzung ihrer Verspottung Jesu (s. 27,27-31) - den titulus crucis angebracht haben. Nun aber bekräftigen sie positiv die Aussage von 27,37 im Licht der Rede von der Gottessohnschaft in den Spottworten in 27,39-43. Wiederum wird hier die Zusammengehörigkeit von Davidssohnschaft, die in der Bezeichnung "König der Juden" zum Ausdruck kommt, und Gottessohnschaft ansichtig, wie dies auch dem Nebeneinander von "König Israels" (27,42) und "Sohn Gottes" (27,40.43) in der Verspottung selbst entspricht. Da die Soldaten in 27,54 im Erzählduktus mit jenen zu identifizieren sind, die Jesus zuvor verspottet (27,27-31) und gekreuzigt haben (27,35f)221 - in 27,36 heißt es bei Matthäus ausdrücklich, dass sich die Soldaten nach der Kreuzigung niedersetzten und Jesus bewachten 222 - erscheint 27,54 im Kontext betrachtet als Ausdruck von Reue und Umkehr223 • Die Soldaten bilden damit einen Kontrast zu den jüdischen Autoritäten: Letztere lassen sich weder durch die Geschehnisse beim Tod Jesu noch später durch das ,Faktum' des leeren Grabes von ihrem Weg abbringen.
Der Problematik der Szenenfolge in 27,51-54 224 kann man sich nicht durch die Streichung von flE"t"IX 1"~V EYEpalv aU1"oil in V.53 entledigen225 . Die Szenerie ist vielmehr als ein narrativer Versuch zu würdigen, dem Tod Jesu österliches Kolorit zu verleihen, um ihn so eng wie möglich mit der 221 Vgl. WITHERUP, Death, 583; SIM, Rome, 100f; WEAVER, Characters, 12lf. 222 Mit OL jlH' a{rmu TT/POiJvTEt; TOV 'IT]oOUV in 27,54 greift Matthäus direkt auf 27,36 (Kat Kae~jlEVOl ETTjpOVIJ aUTov EKEL) zurück. 223 Vgl. DAVIES/ALLISON, Mt 1II,635:"a fundamental reformation ofopinion". Siehe ferner z.B. GUNDRY, Mt, 578; MEIER, Vision, 205, Anm. 249; HEIL, Death, 87; WEAVER, Characters, 12lf. Anders SIM, Confession, 418-422 (s. auch SIM, Rome, 103-105): Matthäus gebe keinen Hinweis, dass die Soldaten in 27,54 anders bewertet werden sollen als in 27,27-37. "At the level of the storyline, the utterance of the centurion and his fellow soldiers is best viewed as an admission of guilt and a cry of defeat" (Confession, 419). Mt 27,51-54 sei "as a proleptic judgment scene" (421) zu verstehen. Auf die Soldaten bezogen heiße dies: ,,[T]hese murderers of the Son of God represent the wicked on the day of judgment who will tremble with fear and regret their sins when they face the final judge" (422). Überzeugen kann dies nicht. Zu den bei Luz, Mt IV, 368f zusammengestellten Beobachtungen, die ein uneingeschränkt positives Verständnis der Worte der Soldaten begründen, ist auf die große Bedeutung der Vergebungsthematik im Matthäusevangelium zu verweisen (s. nur 6,14f; 18,21-35). Zu beachten ist zudem, dass die Opposition der jüdischen Autoritäten auch nach dem Tod Jesu anhält (27,62-66; 28,11-15) und dass 22,2-7 und 23,29-36 die Verfolgung der Jesusboten in die Schuld, die Gottes Gericht an ihnen begründet, einbeziehen. 224 Die Heiligen erscheinen nach Jesu Auferweckung in Jerusalem (27,53), in V.54 aber lenkt Matthäus dann zur Kreuzigungsszene zurück und lässt die Soldaten auf das Beben Kat TU YEVOjlEVa reagieren, worin die Erscheinung der auferweckten Heiligen offenbar eingeschlossen ist. 225 Gegen LUCK, Mt, 309; DAVIES/ALLISON, Mt III, 634; TROXEL, Matt 27.51-4, 36f u.a.
5.2 Die christologische Fundierung der universalen Sendung in Mt 28,18-20 327
Auferweckung zu einem Geschehenszusammenhang zusammenzubinden und als Beginn der neuen Heilszeit zu markieren226 , wie dies der ,Datierung' der Inthronisation in 26,64 entspricht, und zugleich durch llE"Ca t~V EYEPOW autoii die Priorität der Auferweckung Jesu zu wahren227 • Im Blick auf das matthäische Verständnis der Gottessohnschaft Jesu ist der hier ansichtig werdende und bereits mit dem ,Diptychon' in 16,13-23 exponierte Zusammenhang von Vollmacht und Herrscherstellung Jesu auf der einen Seite und seinem gehorsamen Gang ans Kreuz zum Heil der "Vielen" (26,28) auf der anderen von zentraler Bedeutung228 . Es liegt nun ganz im Gefälle der Zusammenziehung von Tod und Auferstehung Jesu zu einem Geschehenszusammenhang, dass Matthäus nicht nur die Passion Jesu betont als Passion des Gottessohns 229 darstellt, sondern das Christologoumenon der Gottessohnschaft, wie oben angedeutet, auch in der abschließenden Szene des Evangeliums von leitender Bedeutung ist. So ist zum einen im Taufbefehl von der Taufe "auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" die Rede (28,19)230. Zum anderen wird in der Beistandszusage in 28,20 das mit der Gottessohnschaft Jesu verknüpfte Immanuelmotiv aus 1,23 aufgenommen. Aufzunehmen ist hier ferner die Verbindung von 28,18b mit 11,27, wo Jesus wie in 28,19 von sich als dem Sohn redet 231 • Zudem ist auch im Blick auf den christologischen Aspekt der Einsetzung des Gottessohns zum Weltenherm auf den Zusammenhang mit der Versuchung des Gottessohns in 4,1-11 zu verweisen: Kulminiert diese in 4,8-10 in dem Angebot des Teufels, Jesus im Sinne irdischer Herrschaft alle Reiche der Welt zu geben, so tritt Jesus am Ende als der hervor, dem als gehorsamem Gottessohn von Gott alle
Vgl. MEIER, Salvation-History, 207-209; MAISCH, Dimension, 121f. Vgl. zu Letzterem HAGNER, Mt II, 852; FIEDLER, Mt, 419; SENIOR, Special Material (1994), 422; TISERA, Universalism, 289. Kritisch dazu Luz, Mt IV, 367. 228 Zu verweisen ist hier ferner auf die von Matthäus redaktionell gestaltete Analogie zwischen der Auferstehungsweissagung in 17,9 und der Leidensankündigung in 17,12 (vgl. oben Kap. 5.2.2.2, S. 319, Anm. 181). 229 Vgl. den entsprechenden Titel des Aufsatzes von W. KRAus, Passion, ferner z.B. KINGSBURY, Significance, 272-278 (zu Mt 27,38-54). 230 KINGSBURY, Son of God, 16.27f (vgl. KINGSBURY, Composition, 580-584); BAUER, Structure, 112; J.A. GIBBS, Jerusalem, 153f, s. auch DONALDSON, Mountain, 178. - Es besteht freilich kein Grund, von daher eine Anspielung auf den Menschensohn von Dan 7,13fin Mt 28,18-20 (dazu oben Kap. 5.2.1, S. 305) in Frage zu stellen (gegen BAUER, Structure, 112; J.A. GIBBS, Jerusalem, 153), denn wie 26,63f hinreichend deutlich macht (s. dazu oben S. 322 mit Anm. 204), ist es verfehlt, Gottessohn und Menschensohn als einander ausschließende Alternativen (s. BAUER, Structure, 112: ,,[I]n 28.16-20 Matthew presents Jesus not as Son ofman, but as Son ofGod") zu betrachten. 231 Vgl. KINGSBURY, Composition, 581. 226 227
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Kap. 5: Israel und die Völker
E~ouaLa: über Himmel und Erde verliehen ist (28,18b)232. Nicht zuletzt ist
schließlich an 17,1-8 zu erinnern233 , wo Jesus den Jüngern in Gestalt des erhöhten, zur himmlischen Welt gehörenden Gottessohns (17,5) offenbart wurde 234 . Festzuhalten ist: Matthäus weist dem Tod Jesu im Kelchwort wie auch durch den Verweis auf 1,21 im titulus eruds (27,37) soteriologisch eine fundamentale Bedeutung zu. In christologischer Hinsicht stellt er den Tod Jesu betont als Passion des gehorsamen Gottessohns (26,39.42.53; 27,40.43) dar und bindet diesen zugleich mit der Erhöhung des Gottessohns zum Weltenherrn (22,44; 26,63f; 28,18) aufs Engste zusammen. Der zur Rechten Gottes erhöhte Gottessohn gibt in 28,18 seinen Jüngern seine universale Vollmacht kund, von der die Jünger in 14,22-33 bereits einen , Vorgeschmack' erhielten. Dies ist damit verbunden, dass den Jüngern zwar - anders als im Markusevangelium - bereits vor Ostern die Erkenntnis der Identität Jesu als Sohn Gottes zuteil wurde, sie von Jesus aber zum Schweigen darüber verpflichtet wurden (16,20 235 ; 17,9)236. ,Öffentliches' 232 Der grundsätzlich andere Charakter dieser Herrschaft ist offenkundig. Während die irdischen Herrscher ihre Völker unterdrücken (20,25), regiert Jesus als sanftmütiger König (21,5, vgl. 11,29) durch das "milde Joch" (11,30) seiner Gebote, die den Völkern zu lehren seinen Jüngern aufgetragen ist (28,20). 233 Wie 4,8-10 ist 17,1-8 im Übrigen auf einem öpo~ lHjJT]A.OV lokalisiert. Die Wendung begegnet bei Matthäus nur in 4,8 und 17,l. 234 Im weiteren Sinne ist ferner der Rückverweis auf die Seewandelperikope durch das Motiv des Zweifels in 28,17 hier einzustellen (vgl. 14,31) -1iwta(ELv begegnet im Matthäusevangelium (wie im gesamten NT) nur an diesen beiden Stellen. Angesichts dieses Rückverweises liegt es nahe, den Zweifel in 28,17 in einem mit 14,31 verwandten Sinnzusammenhang zu sehen. In 14,28-31 hat der kleingläubige Petrus angesichts der Wellen an seiner Bevollmächtigung durch Jesus und damit letztlich an der Vollmacht Jesu gezweifelt. Jesu Rettungshandeln an Petrus bringt den Erweis dieser Vollmacht, auf den die Jünger im Boot mit dem Gottessohnbekenntnis antworten. In 28,17 zweifeln die bzw. einige der (s. zur Deutung von OL oE VAN DER HORST, Translation, 162f) Jünger nicht daran, dass ihnen Jesus erschienen ist, sondern sie hegen Zweifel, was dieses Erscheinen im Blick auf die Stellung Jesu, im Blick auf seine Identität bedeutet. Anders gesagt: Es geht um "die Schwierigkeit, die göttliche Dimension an Jesus zu realisieren" (LANGE, Erscheinen, 478). Liest man so, hat die Eröffnung der Worte des Auferstandenen mit 28,18b einen auf die Überwindung des Zweifels zielenden, erschließenden Charakter: Jesus offenbart seinen Jüngern, dass ihm alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist. 235 Zum Bezug von Lva flT]1iEvl E'LTIWOLV ön aöto~ Eonv 0 XPWtO~ auf die messianische Identität Jesu als Sohn Gottes s. oben Kap. 5.2.2.2, S. 318. 236 Einen anderen Bezug hat das aus Mk 3,12 übernommene Schweigegebot in Mt 12,16. Anders als bei Markus ist dies im matthäischen Kontext nicht an die Dämonen adressiert und auf das Kundwerden der Gottessohnschaft Jesu bezogen, sondern an die
5.3 Der Messias als Davids- und Gottessohn
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Thema wird die Identität Jesu als Gottessohn erst mit Passion und Auferstehung. 17,9 terminiert ausdrücklich die Geltung des Schweigegebotes bis zur Auferstehung Jesu von den Toten. 28,19 spiegelt entsprechend die Aufhebung dieser Befristung, denn der Auftrag, auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen, impliziert, dass Jesus als Gottessohn verkündigt wird237 . Vor der Passion ist die messianische Identität Jesu als Gottessohn nur den Jüngern zugänglich, und auch sie verstehen diese vor der Passion nur einseitig, nämlich allein an der göttlichen Vollmacht Jesu orientiert238 • Mt 26-28 integriert den gehorsamen Gang Jesu ans Kreuz in die Gottessohnkonzeption: Der zum Weltenherrn Erhöhte ist der gekreuzigte Gottessohn, der für die Vielen zur Vergebung der Sünden gestorben ist. Die Art und Weise, wie Matthäus das Christologoumenon der Gottessohnschaft Jesu von Anfang an als Vorzeichen vor die Schilderung des Wirkens Jesu setzt, die Gottessohnschaft aber zugleich zentral mit Tod und Erhöhung Jesu verbindet und erst damit, nachdem er das Wirken Jesu in Israel christologisch eng mit der davidischen Messianität Jesu verknüpft hat, die Offenbarung und Verkündigung Jesu in seiner Identität als Gottessohn den Kreis der Jünger übersteigen lässt, wirft die Frage auf, inwiefern diese christologische Linienführung einen Schlüssel bietet, um das Verhältnis von Zuwendung zu Israel und Einbeziehung der Völker in der matthäischen Konzeption zu verstehen.
5.3 Der Messias als Davids- und Gottessohn und die Zuwendung zu Israel und zu den Völkern in der matthäisehen Erzählkonzeption In Kap. 5.1 ist deutlich geworden, dass Matthäus das irdische Wirken Jesu zwar dezidiert allein auf Israel ausgerichtet sein lässt, gleichwohl aber im Blick auf die Entwicklung von 10,5f zu 28,18-20 nicht ein "Bruch" in der Erzählung zu konstatieren ist 239 . Adäquater ist vielmehr davon zu spreVolksmengen gerichtet. Im Kontext nahe liegender Bezugspunkt ist der Rückzug Jesu angesichts des Tötungsbeschlusses der Pharisäer in 12,14f. Anders als in Mt 16,20; 17,9 hat das den Volksmengen untersagte Offenbarmachen Jesu keinen konkreten christologischen Bezugspunkt. 237 Es gibt insofern auch bei Matthäus eine Art Messiasgeheimnis. V gl. dazu KINGSBURY, Husbandmen, 643. 238 16,13-23 zeigt dies, bedenkt man die Verbindung zwischen 16,16 und 14,(22-)33, eindrücklich. 239 Gegen Luz, Mt 15 ,91.
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Kap. 5: Israel und die Völker
ehen, dass in 28,18-20, ohne dass damit die weitere Zuwendung zu Israel in Frage gestellt wird, die universale Dimension der Heilszuwendung hervortritt, die von Anfang an der Darstellung der Zuwendung Jesu zu seinem Volk unterlegt ist. Universalismus und Zuwendung zu Israel werden von Matthäus nicht als miteinander konkurrierende oder sich gar gegenseitig ausschließende Optionen präsentiert. Sie erscheinen vielmehr bereits durch 1,1 als zwei Dimensionen des Heilsgeschehens, die schon durch ihre gemeinsame Verankerung in der alttestamentlichen Verheißungsgeschichte miteinander verknüpft sind: Der matthäisehe Universalismus ist israelbezogen, und zugleich ist umgekehrt Israel für Matthäus von Abraham an auf die Völkerwelt hingeordnet. Die Ausweitung der Heilszuwendung auf die Völkerwelt wird in der Heilsgeschichte Israels verankert, indem signalisiert wird, dass Gottes Geschichte mit Israel von Anfang an auf dieses Ziel hin angelegt war. Dieser innere Konnex zwischen der Israel geltenden Heilszuwendung und der universalen Dimension des Heils findet einen dichten Ausdruck im matthäisehen Verständnis der soteriologischen Bedeutung des Todes Jesu. Führt man nämlich die vorangehenden Ausführungen über die Passion Jesu in ihrer soteriologischen Relevanz sowie als Ort bzw. Zeitpunkt der Inthronisation des Gottessohns und die Verbindung von universaler Vollmacht des erhöhten Herrn und universaler Sendung zu den Völkern in 28,19 zusammen, liegt die Folgerung nahe, dass für Matthäus der Heilstod des gehorsamen Gottessohns für die "Vielen" das soteriologische Grunddatum ist, welches die neue heilsgeschichtliche Phase der Ausweitung der Heilszuwendung auf die Völkerwelt begründet240 . Für 26,28 bedeutet dies, dass 1TOUO [ universalistisch aufzufassen ist241 . Zugleich aber vollendet Jesus, im Licht der Verbindung von 26,28 zu 1,21 betrachtet, mit seinem Heilstod seine - zunächst einmal - israelbezogene Aufgabe, "sein Volk von ihren Sünden zu retten,,242. 1TEpl 1TOUWV signalisiert also die Einbezie-
240 Matthäus' Konzeption ist daher noch nicht hinreichend bestimmt, wenn als Begründung für die universale Dimension der Sendung in Mt 28,19 allein auf die Erhöhung Jesu zum Weltenherrn und nicht zugleich auch auf die soteriologische Bedeutung des Todes Jesu verwiesen wird. 241 Ebenso z.B. GNILKA, Mt II, 401; HAGNER, Mt II, 773; FRANKEMÖLLE, Mt II, 449f (vgl. FRANKEMÖLLE, Bund, 357); WOLFF, Jeremia, 132; HEIL, Death, 38; CARTER, Storyteller, 215.219; OLMSTEAD, Trilogy, 85. Anders GUNDRY, Mt, 528 (,,'the elect''') und Luz, Mt IV, 116: "Mit den aus dem einen Becher trinkenden Jüngern identifiziert sich die das Herrenmahl feiernde Gemeinde, die bei llEpl 1l0AA.WV in erster Linie an sich selbst denken wird. Der Sinn von llEpl/tl1lEP 1l0UWV (Mt/Mk) ist also wohl kein grundsätzlich anderer als der von IJ1lEP UflwV (Lk/Pls)." 242 Vgl. WILK, Jesus, 107.
5.3 Der Messias als Davids- und Gottessohn
331
hung von ,Heiden' in das Heil, das Jesus als Vollendung seiner Sendung zu Israel gewirkt hat243 . Dieser Zusammenhang lässt sich durch die Hinzuziehung des Erfüllungsgedankens weiter profilieren. Ist für das Matthäusevangelium insgesamt der Erfüllungsgedanke charakteristisch, so tritt dessen Bedeutung auch im Rahmen der Passion hervor. Matthäus hat die Rede von der Erfüllung der Schriften in Mk 14,49 vorgefunden, diese aber nicht nur im Rahmen der Jesusrede in 26,54 mit dem Motiv des göttlichen ÖEL des Geschehens verknüpft, sondern auch durch den Erzählerkommentar in 26,56 verstärkt, freilich ohne den Erfüllungsgedanken inhaltlich zu explizieren. Matthäus dürfte hier keineswegs bloß "das Motiv vom leidenden Gerechten,,244 und auch nicht nur das Zitat in 27,9f oder in 26,31 245 sowie die sonstigen Schriftanspielungen in der Passion im Blick haben, sondern beachtet man die Bedeutung des Todes Jesu als soteriologisches Grunddatum für die Ausweitung des Heils auf die Völker - auch die Verheißung des Heils eben für die Völker, auf das Matthäus durch das Reflexionszitat aus Jes 42,1-4 in Mt 12,18-21 ausgeblickt hae46 und das er in der an Abraham ergangenen Segensverheißung für die Völker (Gen 12,3; 18,18; 22,18; 26,4) grundgelegt finden konnte. Führt man dies mit der Verknüpfung der beiden Dimensionen der Verheißungsthematik, wie sie in 1,1 durch das Nebeneinander von Davidssohnschaft und Abrahamsohnschaft Jesu exponiert wird, zusammen, legt sich die Annahme nahe, dass der in Kap. 5.1 aufgewiesene Sinn der Reihenfolge von "Sohn Davids" und "Sohn Abrahams" noch zu präzisieren ist: Sie verweist nicht bloß auf die Abfolge von alleiniger Zuwendung zu Israel und Einbeziehung der (übrigen) Völker, sondern deutet näherhin die Anbindung der Heilszuwendung zu den Völkern an die Erfüllung der Israel geltenden Heilsverheißung an. Ist die in Jesu Tod und Auferstehung begründete Universalität des Heils der Zielpunkt der die Heilsverheißungen der Schrift erfüllenden Jesusgeschichte, so ist die Zuwendung Jesu zu Israel, mit der Gott die Israel gegebenen Verheißungen einlöst, der einzig 243 An diesem Punkt der doppelten Relevanz des Todes Jesu, also seiner Bedeutung sowohl im Rahmen der Sendung Jesu zu Israel, seiner Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen, als auch im Blick auf die Begründung der Heilszuwendung an alle Völker trifft sich das hier vorgetragene Verständnis der matthäischen Konzeption mit dem Ansatz von Wilk (s. WILK, Jesus, 107f.l36.137.146.151 sowie WILK, Eingliederung, 57: ,,[D]ie Sendung Jesu zu Israel und seine Herrschaft über alle Weltvölker konvergieren in der Heilsbedeutung seines Todes für , viele' [20,28; 26,28]"). 244 So FIEDLER, Mt, 397. 245 So HARRINGTON, Mt, 375. In 26,56b wird Jesus von den Jüngern verlassen, wie er dies in 26,31 angekündigt und durch das Zitat von Sach 13,7 biblisch eingezeichnet hat. 246 Zum Bezug von Mt 12,20c auf Tod und Auferweckung Jesu s. Kap. 5.1, S. 298.
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Kap. 5: Israel und die Völker
mögliche Weg zu diesem Ziel. 1,1 spiegelt damit gewissermaßen die narrative Grundstruktur des Evangeliums: Der die Völker einschließenden Erfüllung der Abrahamverheißung geht die Erfüllung der Israel gegebenen Verheißungen durch die Zuwendung Gottes zu seinem Volk in Gestalt des davidischen Messias nicht nur ,zeitlich', sondern auch sachlich voran, und nur so kann sich die Abraham, dem Stammvater Israels und Vater der Proselyten, gegebene Verheißung erfüllen. Damit, dass Matthäus die Zuwendung Jesu zu Israel durch die Signale im Prolog und die Reflexionszitate in 4,14-16; 12,17-21 auf einer zweiten Verstehensebene in eine universalistische Perspektive eingestellt und so auf die angeführte Anbindung der Erfüllung der Heilsverheißung für die Völker an die Zuwendung zu Israel verwiesen hat, geht christologisch einher, dass die Präsentation Jesu als davidischer Messias für Israel wiederum bereits durch den Prolog von seiner auf der Ebene der erzählten Welt 'zunächst verborgen bleibenden bzw. nur den Jüngern zugänglichen Identität als Gottessohn unterbaut ist. Sind Tod und Auferweckung und das damit verbundene Offenbarwerden Jesu als mit universaler Vollmacht ausgestatteter Weltenherr (28,18) der Kairos, an dem sich alle Verheißungen erfüllt haben und die Heilszuwendung auf alle Völker ausgeweitet ist, so sind Passion und Auferweckung, wie gesehen, zugleich der Ort, an dem die Identität Jesu als Gottessohn, wie dies in Kap. 5.2.2.3 dargestellt wurde, ,öffentliches' Thema wird. Dieser Zusammenhang beruht schwerlich auf einer zufälligen Koinzidenz in der Erzählung. Er führt vielmehr in das Zentrum der matthäischen Konzeption, die christologisch grundlegend eben durch das Zusammenspiel von Davids- und Gottessohnschaft Jesu charakterisiert ist. Die narrative Konzeption, wie Davids- und Gottessohnschaft als Leitaspekte der Messianität Jesu entfaltet werden, ist nicht nur für die ,Logik' der Konfliktgeschichte von Bedeutung - dem messianischen Unverständnis der Autoritäten, in dem sie den Messias allein als einen Nachfahren Davids erfassen (22,41-46), korrespondiert ihr Irrglaube, dass sie Jesus aus dem Weg räumen können247 ; das mit dem Christologoumenon der Jungfrauengeburt zum Ausdruck gebrachte Geheimnis der messianischen Identität Jesu ist ihnen verborgen248 . Von Gewicht ist diese narrative Konzeption 247 Traditionsgeschichtlich ist zu vergleichen, dass der Messias in 4Esra 7,29 eine sterbliche Gestalt ist. Joh 12,34 hingegen lässt das Volk die Überzeugung vertreten, dass der Messias in Ewigkeit bleibt. Als mögliche Bezugstexte kommen hier Jes 9,6 und Ez 37,25 in Frage, s. auch Ps 89,37 (vgl. DIETZFELBINGER, Joh 1,394). 248 Dem korrespondiert, dass die messianische Erkenntnis des Volkes, die in 12,23f; 21,9.15f jeweils das Einschreiten der Autoritäten veranlasst, auf die davidische Messianität Jesu bezogen ist. Im Prolog ist dies durch die Magierperikope in 2,1-12 vorgezeichnet. Charakteristisch für die Verstocktheit der Autoritäten ist dabei, dass sie auch dann
5.3 Der Messias als Davids- und Gottessohn
333
vor allem im Blick auf das Verhältnis von Zuwendung zu Israel und Ausweitung des Heils auf die Völker. Korreliert die Israelkonzentration der irdischen Wirksamkeit Jesu der Hervorhebung seiner davidischen Messianität, so steht die Ausweitung des Heils auf die Völkerwelt im Zusammenhang von Heilstod, Auferstehung und Erhöhung des Gottessohni49 • Und wie die Universalität des mit dem Kommen Jesu verbundenen Heils von Anfang an signalisiert wird und als Vorzeichen vor die Schilderung seiner Wirksamkeit in Israel gesetzt ist, aber erst am Ende mit der Aussendung der Jünger durch den Auferstandenen zur Geltung kommt, so ist Jesus von Anfang an Gottes Sohn, doch bleibt dies im Kontext der Schilderung seines Wirkens in Israel zunächst im Hintergrund, um dann im Rahmen seines Todes und seiner Erhöhung hervorzutreten. Kurzum: Wie mit der Betonung der davidischen Messianität Jesu die Hervorhebung der erwählungsgeschichtlich begründeten Sonderstellung Israels verbunden ist, so hat Matthäus das Christologoumenon der Gottessohnschaft - zentral ausgerichtet am Heilstod und an der Erhöhung des Gottessohns - mit der Universalität des Heils verknüpft. Der Zusammenhang zwischen dem Christologoumenon der Gottessohnschaft und der Universalität des Heils, wie er in der Bedeutung des Heilstodes Jesu und seiner Erhöhung zum Weltenherrn als Ort des vollgültigen Offenbarwerdens Jesu als Sohn Gottes und als Grundlage des Heils für die Völker zutage tritt, wird durch das Erfüllungszitat in 12,1721 untermauert, denn darin steht die im Sinne der Gottessohnprädikation zu verstehende Rede von Jesus als lT(xi:~ Gottes 250 durch die in V.18c und V.21 zutage tretende Bedeutung des 1TaL~ für die E6vT] ebenfalls in einem universalen soteriologischen Horizont. Zumindest zu erwägen ist überdies, dass die bei Matthäus singuläre Anrufung Jesu als Sohn Gottes durch Dämonen in 8,29 251 desgleichen im Licht der matthäischen Verbindung der Gottessohnschaft Jesu mit der Universalität des Heils zu sehen ist. Jesus treibt zwar auch im Rahmen seines Wirkens in Israel Dämonen aus, christologisch aber wird dies von Matthäus über die Reflexion der Volksmengen in 12,23 allein in den auf Israel bezogenen Aspekt der Davidssohnschaft Jesu eingebettet.
Theologiegeschichtlich lässt sich die matthäische Konzeption als eine Variante bzw. Weiterentwicklung der in Röm 1,3f von Paulus aufgenommenoch, als Jesus sie mit dem Winzergleichnis mit dem Scheitern ihres Vorgehens gegen ihn als Sohn Gottes konfrontiert (21,42-44), von ihrem Unternehmen nicht ablassen. Jesu Anspruch der Gottessohnschaft wird von ihnen vielmehr zur todeswürdigen Blasphemie erklärt (26,63f), obschon sie selbst, wie die Grabwächtergeschichte zeigt (27,62-66), der Möglichkeit Rechnung tragen, dass Jesus auferstehen wird. 249 Dass in 27,54 Nichtjuden Jesus als Gottessohn bekennen, verweist dabei nicht auf den Übergang des Heils von Israel zu den Völkern, sondern positiv auf die Universalität des durch den gekreuzigten Gottessohn gewirkten Heils. 250 Vgl. oben Kap. 5.2.2.2, S. 312 mit Anm. 148 zum Zusammenhang von Mt 12,18 mit 3,16f. 251 Siehe dazu oben Kap. 5.2.2.2, S. 312.
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Kap. 5: Israel und die Völker
nen judenchristlichen Tradition ansehen252 : Jesus Christus ist "geboren aus dem Geschlecht Davids, eingesetzt als Sohn Gottes,,253. Hier wie dort erscheint die irdische Existenz Jesu unter dem Vorzeichen seiner Davidssohnschaft. Hier wie dort bezeichnet die Erhöhung des Auferstandenen eine zweite Phase. Hier wie dort kann man von einer Art Zweistufenchristologie reden254 , nur meint Zweistufenchristologie im Blick auf Matthäus nicht zwei Phasen der Identität Jesu selbst, sondern zwei Phasen ihrer Entfaltung, denn Jesus ist Matthäus zufolge, wie ausgeführt, schon von Geburt an Gottes Sohn. Das Gottessohnprädikat ist damit übergreifendes Kennzeichen der Identität Jesu255 und entsprechend in der dargestellten Weise bereits in die Präsentation des irdischen Weges Jesu eingewoben. Die genuine Leistung des ersten Evangelisten besteht dabei des Näheren darin, das Stufenkonzept konsequent mit dem für ihn bedeutsamen heilsgeschichtlichen Aspekt vernetzt zu haben, die Zuwendung Gottes zu seinem Volk in Christus mit der Einbeziehung der übrigen Völker zu vermitteln. Eben darin liegt das zentrale Anliegen der matthäischen Neuerzählung der Jesusgeschichte. Die Art und Weise, wie die Identität Jesu narrativ in verschiedenen Phasen enthüllt wird, ist diesem konzeptionellen Zusammenhang dienstbar gemacht. E8vT] in Offen geblieben ist bis jetzt die genaue Bedeutung von 1Tav-t"a 28,19 und damit verbunden die Frage, wie das Verhältnis von Israelmission und Sendung zu den übrigen Völkern genau zu bestimmen ist.
,a
5.4 Das Verhältnis von Völkermission (28,19) und Sendung zu Israel (10,6) In der Forschung wurde und wird nach wie vor kontrovers diskutiert, ob E8vT] in 28,19 "alle Heiden" oder "alle Völker" meint, d.h. ob Israel aus- oder eingeschlossen ist256 • Für die exklusive Deutung wird -
1Tav,a
,a
252 Vgl. Luz, Mt III, 289, Anm. 24; THEISSEN, Davidssohn, 146, Anm. 5; DORMEYER, Mt 1,1 als Überschrift, 1367. Dagegen VERSEPUT, Role, 540. 253 Vgl. 2Tim 2,8; Ignatius, Sm 1,1. Zur Verbindung von Auferstehung und Gottessohnschaft vgl. Apg 13,32f; Hebr 1,3-5; 5,5. 254 Vgl. GNILKA, Mt I, 22.30f; THEISSEN, Davidssohn, 146, Anm. 5. 255 Einschränkend ist hier nur zu sagen, dass Matthäus nicht den Gedanken der Präexistenz Jesu äußert. 256 Die inklusive Deutung von lTIxvra tU E9vTj vertreten FRANCE, Mt, 413f; GUNDRY, Mt, 595; HAGNER, Mt II, 887; FRANKEMÖLLE, Mt II, 547; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 684; TRILLING, Israel, 26-28; VÖGTLE, Anliegen, 259; MEIER, Nations; S. BROWN, Representation, 29; VERSEPUT, Rejection, 45; MORA, Symbolique, 107; STANTON, Gospel, 158; WONG, Theologie, 98-108; KINGSBURY, Significance, 272; TISERA, Universalism, 304-
5.4 Das Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel
335
neben der in der alttestamentlich-frühjüdischen Literatur vorherrschenden Verwendung von EeVT] für die ,Heidenvölker,257 - vor allem auf das Gegenüber von Israel und EeVT] in 10,5f verwiesen 258 . Ferner liegt auch an anderen matthäischen Stellen ein Verständnis von EeVT] im Sinne von ,Heiden' nahe 259 • Die inklusive Deutung macht im Gegenzug geltend, dass sich der matthäische Gebrauch von 7Tlxvr:a ta EeVT] in 24,9.14; 25,32 von den übrigen Belegen von (ta) EeVT] abhebe 26o . Tatsächlich ist an allen drei ge-
306; VAN AARDE, God-With-Us, 8lf; MENNINGER, Israel, 43-45; E.C. PARK, Discourse, 185; HULTGREN, Mission, 344; LINDEMANN, Israel, 189; STUHLMACHER, Bedeutung, 117 (= STUHLMACHER, Matt 28:16-20, 27); J.A. GIBBS, Jerusalem, 67; LANDMESSER, Jüngerberufung, 15-17; DORMEYER, Rollen, 123; PAUL, Texte, 309; KRENTZ, Disciples, 33f. Nach Luz, Mt IV, 451 ist 28,19 zwar ,,grundsätzlich universalistisch gemeint und gilt allen Völkern" (Hervorhebung im Original), doch schränkt er sogleich ein: Der Missionsbefehl "schließt eine weitere Israelmission zwar nicht explizit aus, aber große Hoffnungen verbindet Matthäus damit wohl nicht mehr" (ähnlich Luz, Has Matthew abandoned the Jews?, 65). Dezidierter noch - und mit einer anderen Deutung von 1T&.vra ta E9vl] verbunden (s. unten) - Luz, Antijudaismus, 312: "Die Zeit der Israelmission ist abgeschlossen. Sie war im ganzen ein Fehlschlag". Exklusiv im Sinne von "alle Heiden" deuten WEISS, Mt, 498; LOHMEYER, Mt, 417f; HARRINGTON, Mt, 414f; FIEDLER, Mt, 430f; WALKER, Heilsgeschichte, 111-113; HARE, Theme, 147f; LANGE, Erscheinen, 270f.302; HARE/HARRINGTON, Disciples; Luz, Antijudaismus, 315f; SCHEUERMANN, Gemeinde, 245f; A. VON DOBBELER, Restitution, 3lf; GIESEN, Sendung, 130; WICK, Mission, 82 und WILK, Eingliederung, 52f, der in der Erzväterverheißung in Gen 28,13-15 den entscheidenden Bezugspunkt findet. - Bei den Vertretern der exklusiven Deutung von 1T&.no: ta E9vl] sind allerdings beträchtliche Differenzen im Blick auf das Gesamtverständnis zu vermerken, die aus unterschiedlichen Positionen zur Bedeutung und Gültigkeit von Mt 10,6 wie überhaupt zu ,Israel' in der matthäischen Theologie resultieren (s. nur auf der einen Seite WALKER, auf der anderen FIEDLER, A. VON DOBBELER oder WILK). 257 Siehe als exemplarische Auswahl Ex 33,16; Dtn 7,6; Tob 14,6; IMakk 13,6; Joel 4,2; Sach 14,2; Jes 2,2; 40,17. Vgl. WILK, Eingliederung, 52f. 258 Betont z.B. von GARBE, Hirte, 181: "Die Gegenüberstellung von Israel und den Weltvölkern in 10,5 und 15,24 ... wiegt so schwer, dass Israel auch in den Ausdruck 1T&.Vro: ta E9vl] nicht eingeschlossen sein dürfte." Siehe auch a.a.O., 180: "Wenn dem Leser an einer Stelle so deutlich gemacht wird, dass Israel nicht unter die Völker gerechnet ist, müsste er an anderer Stelle ein klares Signal erwarten können dafiir, dass diese Unterscheidung aufgehoben sein soll." 259 Siehe - neben Mt 10,5 - vor allem 6,32; 10,18; 20,19. 260 Siehe exemplarisch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 684. - Man kann zudem darauf verweisen, dass in der LXX auch Israel einschließende Verwendungen von 1T&.Vro: ta E9vl] begegnen. So ist in Jes 56,7 (0 yap orK6~ IlOU OrKO~ 1TPOOEUXij~ KAl]9~OEro:L 1TäoLV tOL, E9vEOW) Israel schwerlich ausgeschlossen (zu diesem Text noch unten S. 345). Ein Israel umfassendes Verständnis von 1T&.Vto: ta E9vl] liegt ferner vor in Jer 35,11-14 LXX (= 28,11-14MT); Dan 3,2.(4-)7 und Jdt 3,8 (1T&.Vto: ta E9vl], Israel eingeschlossen, sollen Nebukadnezar verehren), s. auch Est 4,11; 1Makk 1,42; 2,18; Ps 116,1 LXX; Jes 14,12.
336
Kap. 5: Israel und die Völker
nannten Stellen eine inklusive Interpretation möglich, wenngleich nicht zwingend. In 24,14 kann man das Nebeneinander von EL~ ILO:P1:UPLOV träOLV 1:0L~ e9vEoLv und der Verkündigung des Evangeliums EV ÖA.lJ 1:ij OLKOUILEVlJ261 als Hinweis auf ein umfassendes Verständnis von EL~ ILO:P1:UPLOV rräULV mL, g8veoLv auffassen262 . 24,14 weist aber aufgrund der analogen Konstruktion auf 10,18 zurück, wo 1:0L~ e9veoLV die nichtjüdischen Völker meinte. Das Hinzukommen von trä~ erklärt sich hinreichend aus dem nun universalen geographischen Horizont der Mission. Eine Deutung im Sinne von "aUe Heiden" ist also zumindest nicht auszuschließen. Im Licht von 24,14 besteht diese Option dann auch rur 24,9 263 . Die matthäische Rede vom Gehasstwerden UtrO tr[IV1:WV rwv Eevwv wäre dann nicht mit dem markinischen UtrO tra.V1:WV (Mk 13,13) identisch, sondern nach der wörtlichen, auf die Israelmission bezogenen Übernahme von Ko:t eoeoge ILLOOUILEVOL UtrO tra.nwv (Mk 13,13) in Mt 10,22 hätte die Erweiterung zu UtrO tra.VtWV rwv i8vwv die Funktion, 10,22 zu ergänzen: Auch unter den nichtjüdischen Völkern wird es den Jüngern so ergehen wie bei der Israelmission. EV ÖA.lJ tij OLKOUILEVlJ bleibt allerdings ein starkes Argument rur ein inklusives Verständnis. Die Deutung von tra.V1:O: 1:a e9l1TJ in 25,32 ist verknüpft mit dem Verständnis der GerichtsvorsteUung bei Matthäus. Geht man davon aus, dass es rur Matthäus nur ein Gericht fiir aUe gibt und dieses in 25,31-46 geschildert wird, empfiehlt sich rur 25,32 ein inklusives Verständnis von tra.no: 1:a e9vT]264. Man kann aber darauf verweisen, dass in der eschatologischen Rede zuvor bereits von der Sammlung der Erwählten die Rede war (24,30f). Darf man dies systematisieren, kann man folgern, dass diese von dem in 25,3146 geschilderten Gericht nicht betroffen sind - unabhängig davon, ob man unter den "Brüdern" in 25,40.45 allgemein bedürftige Menschen oder die christlichen Missionare verstehe65 • Zudem ist in 19,28 eigens vom "Richten" der zwölf Stämme Israels die
261 Mt 24,14 fußt aufMk 13,(9fin).10. Während aber Markus von der Verkündigung des Evangeliums eL~ trav1:O: 1:a e9vT] spricht, hat Matthäus hier EV ÖA.lJ 1:ij OLKOUILEVlJ eingerugt und - wohl durch eL~ lLo:ptUPLOV O:UtOL~ in Mk 13,9fin inspiriert - daran EL~ ILO:P1:UPLOV träOLV tOL~ e9veoLv angerugt. 262 Pointiert ZAHN, Mt, 666, Anm. 7: "tra.Vto: 1:a e9vT] bezeichnet hier wie v. 9 ... ebensowenig die Heiden mit Ausschluß Israels, als ÖA.T] ~ OLKOUILEVT] die Welt mit Ausschluß Palästinas, sondern die gesamte in Völker geteilte Menschheit mit Einschluß Israels". Siehe ferner FRANKEMÖLLE, Mt 11,397; MEIER, Nations, 98f; SEGAL, Voice, 24. 263 Exklusiv deuten tra.Vto: ta e9vT] in Mt 24,(9).14 z.B. WEISS, Mt, 400f; GREEN, Mt, 199; LANGE, Erscheinen, 291; HAREIHARRINGTON, Discip1es, 366; SCHEUERMANN, Gemeinde, 246; GARBE, Hirte, 181. Für die inklusive Deutung s. neben den in Anm. 262 Genannten GNILKA, Mt 11,317; TRILLING, Israel, 27f; STANTON, Gospel, 158; WONG, Theologie, 102-104; T!SERA, Universalism, 248-250.260; LANDMESSER, Jüngerberufung, 16f. 264 In diesem Sinne GUNDRY, Mt, 511.595; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 422f; TRILLING, Israel, 26f; MEIER, Nations, 99-101; WONG, Theologie, 104-106; T!SERA, Universalism, 272-275; E.C. PARK, Discourse, 185; LANDMESSER, Jüngerberufung, 17, s. ferner POKORNY, Theologie, 221. Zur Gegenposition s. unten S. 337 mit Anm. 269. 265 Zu den Deunmgsoptionen s. die Übersichten bei NIEMAND, Matthäus 25,31-46, 288-300 sowie bei Luz, Mt III, 521-530.
5.4 Das Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel
337
Rede 266 , an dem die zwölf Jünger beteiligt sein werden 267 • 25,31-46 könnte sich also zu 19,28 so verhalten wie (möglicherweise) 24,14 zu 10,22. Sicher ist dies freilich in keiner Weise, wenn man beachtet, dass in frühjüdischen Texten Gerichtsaussagen nebeneinander stehen können, die streng logisch betrachtet nicht miteinander zu harmonisieren sind268 . Im Kontext frühjüdischer Gerichtsaussagen betrachtet ist also keineswegs selbstverständlich vorauszusetzen, dass Matthäus eine durchgehende, in sich kohärente Anschauung entwickelt hat, die sich durch die Systematisierung der einzelnen Aussagen erheben lässt. Kurzum: Auch für 25,32 ist eine exklusive Deutung von TTlXVTa 'ta ESV,,269 nicht auszuschließen; sie ist allerdings auch nicht mehr als dies.
Es ergibt sich also ein komplexer Befund, der die anhaltend kontroverse Diskussionslage verständlich macht, aber kaum eine eindeutige Entscheidung ermöglicht. Auch ein inhaltlicher Vergleich von 10,6-8 mit 28,19f führt nicht weiter. Axel von Dobbeler hat, verbunden mit einem exklusiven Verständnis von 1T&.VTa 'ta ESV", die These eines komplementären Verhältnisses der beiden Missionsbefehle zueinander vorgebracht, nach der sich die beiden Aussendungen "nicht nur in ihren Adressaten, sondern auch in ihrem Charakter,,270 unterscheiden. Von Dobbeler denkt dabei nicht nur an den spezifischen theologischen Horizont der Zuwendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel", an die Restitution des Zwölfstämmevolkes 271 , sondern auch an den Inhalt der Aufträge 272 : Nach 10,6-8 sollen die Jünger in ihrer Israelmission die Nähe des Himmelreiches verkünden und Kranke heilen. 28,19 hingegen spricht vom f,LUS"'tEUELV, das durch die beiden modalen Partizipien ßU1T1:('OVtE~ und ÖLIi&.OKOV'tE~ näher bestimmt wird. Von Heilungen ist hier nicht die Rede 273 • 266 So findet GARBE, Hirte, 163-208 im Matthäusevangelium die Konzeption eines dreifach gegliederten Gerichts, in dem die Sammlung der Erwählten als Gericht über die Gemeinde (24,31.40f), das Gericht über die Völker (25,31-46) und das eschatologische Gericht über Israel (19,28) unterschieden sind. Für eine Differenzierung zwischen 19,28 und 25,31-46 auch HARE/HARRINGTON, Disciples, 365; A. VON DOBBELER, Restitution, 31. 267 Zu diesem Text s. oben Kap. 4.5. 268 Siehe dazu K. MÜLLER, Gott, 43 sowie KONRADT, Gericht, 16f. 269 Vertreten z.B. von WEISS, Mt, 431; LANGE, Erscheinen, 298; HARE/HARRINGTON, Disciples, 363.364f; A. VON DOBBELER, Restitution, 31; GARBE, Hirte, 172-182. 270 A. VON DOBBELER, Restitution, 20. 271 Siehe a.a.O., 28. Vgl. oben Kap. 2.3, S. 83. 272 Siehe a.a.O., 34-41. 273 Parallel zu A. VON DOBBELER hat auch COUSLAND, Crowds, 113 diese Beobachtung vorgebracht und daraus gefolgert: "Hence, the focus of the two missions is very different." Die Divergenz der Aufträge ist ferner von WIeK, Mission, 83-86 sowie von WILK, Eingliederung, 57 betont worden. WILK zufolge wird die "Sendung zu Israel ... in 28,19f. weder ausgeweitet noch aufgehoben; vielmehr erteilt der Auferweckte den Jüngern einen weiteren Auftrag, der sie unmittelbar an alle Weltvölker weist." Auch WILK verweist dabei auf die unterschiedliche Bestimmung der Missionsaufgaben: "An Israel werden die Jünger tätig, indem sie - das Erdenwirken Jesu fortführend (vgl. 4,17; 11,5 u.ö.) - die Nähe des Himmelreichs verkünden und durch Heilungen und ähnliche Wunder anzeigen (1O,7f.); unter den Weltvölkern agieren sie, indem sie - an die Sendung Jesu
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Kap. 5: Israel und die Völker
Nun ist nicht anzuzweifeln, dass - schon aufgrund der unterschiedlichen Stellungen der Sendungsbefehle in der Erzählung - unterschiedliche Akzente gesetzt werden. Ebenso wenig lässt sich bestreiten, dass Israel- und Völkerrnission in der Praxis unterschiedlich zugeschnitten waren, Juden mussten schließlich nicht zu dem einen Gott Israels bekehrt werden. Dennoch lassen sich die Aussendungen in 10,6-8 und 28, 19f inhaltlich nicht so streng voneinander abgrenzen, wie dies bei von Dobbeler erscheint. Zwar begegnet im Vergleich mit der Jesu eigenes Wirken kennzeichnenden Trias in 4,23; 9,35 im Kontext der Völkerrnission explizit nur das K1]PUOOELV (24,14) und das ÖLMoKELV (28,20), doch lässt sich das Fehlen des 9EpCmEUELV nahe liegend als Reflex des faktischen Zurücktretens von Heilungen in der Gemeindewirklichkeit verstehen 274 • Eine etwaige Erwägung, dass die den Jüngern aufgetragenen Heilungen ihren Ort grundsätzlich nur in der Israelmission haben könnten, hat jedenfalls schon die auf die spätere Zuwendung zu allen Völkern ausblickenden Heilungsgeschichten in 8,5-13.28-34; 15,21-28 dezidiert gegen sich 275 • Umgekehrt zielt auch die Mission in Israel auf die Nachfolge Jesu 276 , also darauf, Menschen zu Jüngern zu machen. Soll den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" die Nähe des Himmelreiches verkündet werden (10,7), so wird nach 24,14 "dieses Evangelium vom Reich" EV ÖAlJ 'Lij OlKOUf,LEVlJ verkündet. Die Weisungen Jesu, auf die die aus mxv'La 'La E9v1] gewonnenen Jünger verpflichtet werden, sind offenkundig für Matthäus auch zentraler Inhalt der Israel geschuldeten Unterweisung, wie sich aus Jesu eigener Lehre vor den Volksmengen aus Israel 277 und der der Gemeinde in 16,19; 21,43 zugewiesenen Aufgabe 278 zwingend ergibt279 • Und schließlich spricht nichts dagegen, dass die Taufe nicht auch selbstverständlicher Bestandteil der nachösterlichen Israelmission war280 • anknüpfend (vgl. 3,16f.; 23,8.10) - Menschen taufen und durch Lehre auf seine Weisungen verpflichten." Auch hier gilt: Eine tragfahige Unterscheidung ist damit nicht getroffen. Dies gilt ebenso für Wilks These, dass die Jünger "einerseits Israel um Jesus als den messianischen Hirten sammeln, andererseits die Völker in ihre eigene Gemeinschaft als die der Jünger des Menschensohns einbinden" (Jesus, 129) sollen. Denn inwiefern bedeutet Sammlung um Jesus nicht zugleich Einbindung in die Jüngergemeinschaft? 274 Vgl. die durch Mt 17,14-20 gegebene Problemanzeige! 275 TISERA, Universalism, 331 vermerkt daher zu 28, 19f mit Recht: "The preaching and healing which have been charged in the mission discourse (Matt 10) with a future perspective, are implicitly incIuded in this final mission charge." 276 Zum ,Heilandsruf' in Mt 11,28-30 als Ruf in die Nachfolge s. WILK, Jesus, 96. Siehe ferner neben 4,20.22; 9,9 noch 19,21. f,La91]'LEUELV gebraucht Matthäus neben 13,52 und 28,19 auch im Blick auf Joseph von Arimathäa in 27,57. 277 Siehe Mt 4,23; 7,29; 9,35; 11,1; 21,23. 278 Siehe dazu oben Kap. 4.1.3, S. 201-205. 279 A. VON DOBBELER, Restitution, 41 konzediert "die Tora in der Interpretation Jesu" als "Schnittmenge" der beiden Sendungen. 280 Gegen A. VON DOBBELER, Restitution, 41. WILK, Jesus, 152f, Anm. 516 hält es immerhin für "nicht ausgeschlossen", dass die Taufe im matthäisehen Verständnis "allein an Nichtjuden zu vollziehen ist". - Ein Indiz für die oben vertretene Position ist möglicherweise Mt 3,11 zu entnehmen. Wenn nämlich Johannes' Ankündigung der Geisttaufe durch den Stärkeren in 3,11 im matthäisehen Kontext auf 28,19 vorausverweist (so z.B. Luz, Mt 15 , 208, anders DAVIEs/ALLISON, Mt I, 317f; WILK, Jesus, 112) - die Geisttaufe
5.4 Das Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel
339
Lässt sich der Auftrag in 28,19f in inhaltlicher Hinsicht also schwerlich von der Israelmission abgrenzen und allein auf die Heidenmission beziehen, so ergibt sich demnach auch von daher kein belastbares Argument, um die Bedeutung von 1T(xvta ta E9vT') zu klären. Für das Verständnis der theologischen Konzeption ist diese Frage freilich auch gar nicht von entscheidender Bedeutung; ihr Gewicht wird häufig überschätzt. Denn das Hauptaugenmerk darauf zu richten, ob Israel in 28,19 inkludiert oder exkludiert ist - und zwar in dem Sinne, ob hier die Israel- durch die Heidenmission abgelöst wird oder Matthäus Israel wenigstens "noch als eines unter anderen E9vT') mitlaufen läßt,,281 - , setzt von vornherein falsch an. Mit der Aufgabe, sich den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" zuzuwenden, sind die Jünger schon in 10,6-8 betraut worden, und spätestens 10,23 macht deutlich, dass es sich um eine bis zur Parusie bestehende Aufgabe handelt 282 • Es bedarf dazu keiner neuen Instruktion mehr. In 28,19 liegt der Ton entsprechend darauf, dass die Jünger nun nicht mehr allein zu Israel, sondern zu allen Völkern gesandt sind283 . Die in der Exegese vielverhandelte Frage, ob Israel noch eingeschlossen ist, steht für Matthäus hier überhaupt nicht zur Debatte 284 ; sein Anliegen ist umgekehrt, dass nunmehr alle (übrigen) Völker eingeschlossen sind285 . Anders gesagt: Versteht Matthäus unter 1T(xvta ta E9vT') alle ,Heidenvölker' , tritt 28,19 ergänzend zu 10,6. Auch dann aber, wenn 1T(xvta ta E9vT] inklusiv gemeint ist, wäre es kurzschlüssig zu folgern, dass Israel nur noch ein Volk neben anderen ist. Denn auch dann hebt 28,19 10,6 nicht auf, sondern weitet auf der
wäre dann von der parallel dazu genannten "Feuertaufe" zu unterscheiden - , ist zu beachten, dass Johannes diese vor jüdischem Publikum ankündigt. 281 Luz, Mt IV, 451. N~r in d~r"obigen Alternative bewegen sich die Überlegungen von Luz zur Deutung von 1TctVtct tct E9V1l. 282 Siehe dazu oben Kap. 2.3, S. 89-91. 283 Vgl. KEENER, Mt, 719: "On either translation, therefore, what is important to remember is that the Gentile mission extends the Jewish mission - not replaces it; Jesus nowhere revokes the mission to Israel (10:6), but merely adds a new mission revoking a previous prohibition (10:5)." Vgl. jetzt auch FIEDLER, Mt, 430: "So tritt 28,19 - als auf Ostern zurück geführte Begründung der Aufnahme ehemals heidnischer Menschen in die Christus-Gemeinschaft - ergänzend neben 10,5b.6; beide Aufträge sind für Mt aktuell." Anzufügen ist hier: Für 1O,5b gilt dies nicht (s. dazu noch unten S. 340, Anm. 286). 284 Auch wenn man 1TIXV1:ct tU i'9v1l exklusiv versteht, geht es also in keiner Weise um einen "Universalismus ohne Israel" (gegen LANGE, Erscheinen, 270.302). 285 Liest man so, erzwingt wiederum die Betonung der universalen Herrschaft des Auferstandenen nicht eine inklusive Deutung von 1TIXVTct TU i'9V1l (zu diesem Argument DAVIEs/ALLISON, Mt III, 684 ["universal lordship means universal mission"]; Luz, Mt IV, 450). Mit seiner aufIsrael bezogenen E~OUO(ct hatte Jesus schon als Irdischer gewirkt.
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Kap. 5: Israel und die Völker
Basis von 10,6 aus 286 . Und davon, dass die Sendungen in Mt 10 und Mt 28 inhaltlich nicht streng voneinander abzugrenzen sind, bleibt unbenommen, dass der in Mt 10 zutage tretende spezifische theologische Horizont der Israelmission, die mit dem Auftreten Jesu begonnene Restitution Israels, auch für die nachösterliche Zeit weiterhin zu bedenken ist287 • Zugleich erschließt sich nur von der Aktualität dieser Perspektive aus in suffizienter Weise die Betonung der heilsgeschichtlich begründeten Sonderstellung Israels in der matthäischen Jesusgeschichte 288 •
286 Aufgehoben wird allein die in Mt 1O,5b angeführte Beschränkung. Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, dass man die dortigen Aoristformen als Hinweis verstehen kann, dass es sich bei den Verboten um eine Anweisung für den durch den Kontext bestimmten Einzelfall handelt (s. oben Kap. 2.3, S. 91 mit Anm. 390), nämlich für das Mitwirken der Jünger an Jesu Zuwendung zu Israel in Galiläa als dem von der Schrift vorhergesagten Ort, an dem dem in Finsternis sitzenden Volk das Licht aufgeht (4, 1St). Beachtet man den geographischen Aspekt von 1O,5b, wird diese Phase im Grunde nicht erst durch 28,19 als überholt ausgewiesen, sondern, wie in Kap. 2.3, S. 86 ausgeführt, schon durch Jesu eigenen Weggang aus Galiläa in 19,1 beendet (1J.E1:;;PEV aTra t;;C; faÄLAaLac; hat Matthäus in 19,1 redaktionell eingefügt). 287 An diesem Punkt ist A. VON DOBBELER zuzustimmen: "Im Blick auf Israel geht es um die Restitution des Volkes, im Blick auf die Heidenwelt um die Bekehrung zu dem lebendigen Gott" (Restitution, 41). Hingegen postuliert WILK, Jesus, 130, dass Jesus angesichts der Ablehnung, die er in Israel erfahren habe, von der ursprünglichen Absicht, "Israel als Ganzes für seinen messianischen Hirten zu gewinnen (4,12-11,1)" (Hervorhebung im Original), abgerückt sei und (schon) in 11,28ff "sein Wirken unter Israel auf den Ruf in die Jüngerschaft" zugespitzt habe. Belastbar ist diese Differenzierung und damit die postulierte Wende schwerlich. Schon in Mt 10 kommt die Ablehnung, mit der die Jesusboten rechnen müssen, ausführlich zur Sprache. 288 Dagegen postuliert MEIER, Vision, 29-39 für Matthäus ein heilsgeschichtIiches Modell, in dem durch Tod und Auferstehung Jesu als heilsgeschichtIichen Wendepunkt (s. dazu auch MEIER, Law, 30-35) alles Vorangehende seine Bedeutung verloren hat. ,,[T]he death-resurrection as turning point in salvation-history has brought the believer into a newage, free ofthe old barriers ofnation, race, and Mosaic Law" (Vision, 38). Die matthäisehe Betonung der Zuwendung Jesu zu Israel wird damit auf die Funktion reduziert, als Kontrastfolie zur nachösterlichen Situation zu dienen. Das Gewicht der matthäisehen Schilderung des irdischen Wirkens Jesu bleibt damit deutlich unterbestimmt. Im Übrigen kann auch von einer Aufhebung der Tora bei Matthäus keine Rede sein. Umgekehrt hat das Postulat von SIM, Gentiles, 42, "that the Matthaean [sie!] community itself did not interpret 28.19 as a command to pursue a mission to the Gentiles", dass also die Völkermission zwar theoretisch akzeptiert wurde, aber in der Praxis der Gemeinde keine oder nur eine marginale Rolle spielte (s. auch oben Kap. 2.3, S. 92, Anm. 392), das Gewicht von 28,16-20 als Schlussakkord des Evangeliums und dessen sorgfaltige Vorbereitung (s. Kap. 5.1) gegen sich. Die Ansätze von Meier und Sim stellen je auf ihre Art einseitige Lektüren dar, die dem komplexen Gesamtbefund nicht gerecht zu werden vermögen. Für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ansatz von Sim s. SENIOR, Between Two W orlds, 8-11.
5.4 Das Verhältnis von Välkermission und Sendung zu Israel
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Der übliche Frageansatz, welche Rolle Israel angesichts von 28,19 noch bleibt, setzt also am falschen Ende an. Dem Erzählduktus nach stellt sich vielmehr von der (weiter)bestehenden Aufgabe der Israelmission und ihrem spezifischen theologischen Horizont her die Frage, wie sich die Bekehrung von Menschen aus den Völkern dazu verhält. Aufzunehmen ist hier grundlegend die Beobachtung, dass die Universalität des Heils bereits durch das Motiv der Abrahamsohnschaft Jesu in 1,1 exponiert wird, Abraham aber zugleich der Stammvater Israels und Beginn der Bundes- und Erwählungsgeschichte Gottes mit Israel ist und als solcher den Stammbaum Jesu eröffnet, so dass die universale Dimension des Heils als von Anfang an positiv mit der Erwählung Israels verbunden erscheint. Blickt 3,9 auf die universale Mission aus, dann werden hier die Heidenchristen mit der heils geschichtlichen Kategorie der Abrahamkindschaft erfasst. Dazu passt, dass die vier nichtjüdischen Frauen im Stammbaum signalisieren, dass Israel schon immer für das Hinzukommen von ,Heiden' offen war. Durch Mt 28,19 wird diese Offenheit zum missionarischen Programm. Dem lässt sich eine weitere Überlegung zur Seite stellen: Inhalt der Verkündigung unter den Völkern ist nach 24,14 "dieses Evangelium vom Reich". rovro ,0 EuaYYEALov meint für Matthäus Jesu eigene Verkündigung289 , möglicherweise sogar umfassender: Jesu Wirken29o • Tendenziell wird damit wie dann auch in 26,13 das den Völkern zu verkündende Evangelium vom Reich mit der matthäischen Jesusgeschichte selbst identifiziert 291 • Wie immer der Bezug von EuaYYEALOv in 24,14 genau zu bestimmen ist, gilt in jedem Fall, dass Heidenchristen, die sich der matthäischen Gemeinde anschließen, dort mit der Jesusgeschichte als Grundgeschichte des Heils und damit auch ihrer christlichen Identität in einer Gestalt vertraut werden, die über weite Strecken von der Sendung Jesu (und seiner Jünger) zu Israel erzählt, die das Wirken Jesu konsequent und betont in die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel einstellt, zu deren zentralen Anliegen es gehört herauszustellen, dass mit Jesu Wirken die endzeitliche Erneuerung des Gottesvolkes inauguriert ist. Dem korrespondiert, dass Matthäus mit den Magiern und der Kanaanäerin Nichtjuden zeichnet, die ihr Heil von Jesus als dem Messias Israels erwarten292 • Im Blick auf die in Vgl. Luz, Mt III, 424. Vgl. KINGSBURY, Matthew: Structure, 130f; STANTON, B(ß}..o~, 1194f. Zurückhaltend Luz, Mt 15, 249: "Ob auch an die Taten Jesu zu denken ist ... , muß offenbleiben; verboten ist es jedenfalls nicht." 291 Nach Luz, Mt 15 ,249 ist in 24,14; 26,13 zwar "die Identifikation von EuaYYEALOv mit dem matthäisehen Werk noch nicht direkt vollzogen, aber sie kündet sich bereits an." 292 Siehe dazu oben Kap. 5.1, S. 294. - Im weiteren Sinn ist hier auch der Hauptmann von Kapernaum einzustellen (s. oben Kap. 2.2.3.3). 289
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Kap. 5: Israel und die Völker
die Jüngergemeinschaft zu integrierenden Menschen aus den Völkern, die Matthäus in 28,19 vor Augen standen, dürfte dies modellhaften Charakter haben 293 • Dem über die Zuwendung zu Israel führenden Weg zum Ziel 294 eignet für den Evangelisten also nicht der Charakter einer bloßen historischen Reminiszenz, sondern er ist ein theologisch bedeutsam bleibender Bestandteil der neuen Grundgeschichte des Heils, in der die Identität der matthäischen ecclesia gründet. Gerade mit der Ausweitung des Heils auf die Völker versteht der Evangelist die christusgläubige Gemeinde als (einzige) legitime Sachwalterin der theologischen Traditionen Israels. Die Gemeinde lobt den "Gott Israels" (15,31), der die Heilszusagen an sein Volk und damit verbunden an die Völker in der Sendung Jesu eingelöst hat und durch die Mission der Jünger weiterhin einlöst. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch darauf, dass Matthäus in 28,16 nicht offen von den Jüngern, sondern explizit von den elf Jüngern spricht, also den - um Judas reduzierten 295 - Zwölferkreis in Erinnerung ruft. Dies ist sicher nicht beiläufig geschehen. Matthäus hat den Zwölferkreis im Kontext der Sendung zu Israel eingeruhrt (10,14), um deutlich zu machen, dass es bei ihr um die Restitution des Zwölfstämmevolkes geht. Ist OL EvöEKa lla9TjtaL in 28,16 als Rückverweis darauf zu lesen, würde dies die Verknüpfung von Mt 10 und Mt 28 noch verstärken 296 • Zu beachten wäre dann weiter, dass der Zwölferkreis - neben wenigen weiteren Erwähnungen297 - im Zusammenhang des letzten Mahles begegnet (Mt 26,20, vgl. Mk 14.17.[20]), also dort, wo in der soteriologischen Deutung des Todes Jesu im Kelchwort (26,28) die Vollendung der Aufgabe Jesu in Israel und zugleich die Einbeziehung der Völker anvisiert werden298 • Daneben 293 In diesem Sinne auch SENIOR, Between Two Worlds, 19f: "Gentiles could come in, but they were expected to believe in the Jesus proclaimed by Matthew's community and, therefore, to reverence the Jewish character of Jesus' message. The major examples of Gentiles who come to Jesus in Matthew's Gospel all display this kind of reverence for Judaism ... Matthew anticipated those Gentiles who not only exhibit faith in Jesus but also understand that the Jewish character of Jesus and his teaching is essential to the gospel." 294 V gl. ÜBERFORCHER, Wurzel, 22 im Blick auf Mt 1,1: "Jesus kann nur über die Davidsohnschaft das universalistische Erbe Abrahams antreten!" 295 Vgl. die ausdrückliche Bezeichnung von Judas als EIs tWV öwöEKa in Mt 26,14.47 (par Mk 14,10.43). 296 Hingegen fasst WILK, Jesus, 131f die Rede von zwölf Jüngern zum einen, von den elf Jüngern zum anderen gerade als Hinweis "auf die je andere Eigenart und Ausrichtung der beiden Sendungen" (132). Aber da die Dezimierung auf elf rur die Leser einen offenkundigen Grund hat, ist 28,16 kaum anders denn als Kontinuitätsmotiv zu lesen, das die beiden Aussendungen miteinander verbindet: Die Völkerrnission wird an die Aufgabe der Restitution des Gottesvolkes angebunden. 297 Siehe Mt 20,17 (par Mk 10,32) sowie Mt 26,14.47 (par Mk 14,10.43, s. oben Anm. 295), indirekt Mt 19,28 (par Lk 22,30). Mk 4,10; 9,35; 11,11 sind bei Matthäus ohne Entsprechung. 298 Siehe oben Kap. 5.3, S. 331.
5.4 Das Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel
343
kann man die Rede von den elf Jüngern aber auch in anderer Hinsicht als ein Kontinuitätsmotiv lesen: Sie verweist darauf, dass Jesu Wirken durch seinen Tod und die zeitwei" lige Zerstreuung der Jünger (26,31) gerade nicht gescheitert ist. Beides muss man nicht alternativ sehen: 28,16-20 ist die Wiedereinsetzung der Jünger in ihren missionarischen Dienst, nun ausgeweitet auf alle Völker.
Die bleibende Bedeutung der Israelmission im Sinne der Restitution Israels und die konzeptionelle Anbindung der universalen Mission an die Zuwendung zu Israel bedeuten nicht, dass Matthäus das Hinzukommen von Heidenchristen im Sinne eines formalen Übertritts zum Judentum denkt. Die Beschneidung wird kaum deshalb in 28,19 nicht erwähnt, weil sie selbstverständlich praktiziert wird299 , sondern weil Heidenchristen für Matthäus, streng genommen, eben nicht im traditionellen Sinne Proselyten sind30o • Muss die Annahme, dass Heidenchristen in der matthäischen Gemeinde beschnitten wurden, schon im Licht der gesamtkirchlichen Entwicklung als die unwahrscheinlichere Option gelten301 , so ist vor allem aufzunehmen, dass sich für Matthäus mit der universalen soteriologischen Bedeutung des Todes Jesu eine neue heilsgeschichtliche Situation ergeben hat und die im Matthäusevangelium bezeugten eigenen Riten der Gemeinde, Taufe und Abendmahl, die Christusgläubigen zu diesem Heilsgeschehen in Beziehung setzen. Ferner wäre das Gewicht, das Matthäus der in 28,18-20 zu299 Anders MOHRLANG, Matthew, 44f; LEVINE, Dimensions, 181-185; WHITE, Management, 241f, Anm. 100; SIM, Ethnicity, 184-194 (vgl. SIM, Gentiles, 45f); SLEE, Church, 141-144, s. auch SALDARINI, Community, 157 (vgl. SALDARINI, Conflict [1991], 49 mit Anm. 38). Gegen die Annahme, dass die matthäisehen Heidenchristen beschnitten wurden, s. z.B. DAVIES/ALLISON, Mt I, 493; Mt III, 685; MEIER, Salvation-History, 205207; FELDTKELLER, Identitätssuche, 150f; HARE, How Jewish is the Gospel of Matthew?, 265f; RICHES, Mythologies, 220-222.317f. 300 Zur Proselytenthese s. neben MOHRLANG, LEVINE und SIM (s. oben Anm. 299) noch JACKSON, Mercy, 2.21.102-111 im Rahmen ihrer Interpretation von Mt 15,21-28. 301 Matthäus und seine Gemeinde wären im anderen Falle hinter den Beschluss des so genannten Apostelkonvents (48 n.Chr.) zur beschneidungsfreien Völkerrnission zurückgefallen. Dieser Beschluss ist aber bekanntlich von Petrus mitgetragen worden, den Matthäus weit über Markus hinaus zur zentralen Gestalt des Jüngerkreises profiliert hat. Matthäus bezeugt also offenbar ein Christentum, in dem Petrus als gewichtige Autorität galt (Mt 16,17-19!). Es ist daher trotz 5,18f kaum anzunehmen, dass die matthäisehe Gemeinde zwar die Völkerrnission bejaht, aber den von Petrus mitgetragenen Beschluss des Apostelkonvents zurückgewiesen hat. In historischer Hinsicht ist ferner darauf zu verweisen, dass das Hinzukommen von ,Heiden' ohne Beschneidung in dem nichtjüdischen Sympathisantenkreis in den Synagogen (s. zu diesen exemplarisch WANDER, Gottesfürchtige) einen Anknüpfungspunkt hatte. Die Differenz besteht darin, dass diesen in den christlichen Gemeinden volle Mitgliedschaft gewährt wurde. Als religionsgeschichtlicher Kontext ist ferner zu bedenken, dass die Beschneidung im hellenistischen Judentum, um das Mindeste zu sagen, nicht überall mit gleichem Nachdruck betont wurde (s. nur den Überblick über den Befund bei SALDARINI, Community, 158-160).
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Kap. 5: Israel und die Völker
tage tretenden Programmatik einer aktiven missionarischen Zuwendung zu allen Völkern auf der Basis der universalen E~oua(a des erhöhten Herrn zugemessen hat, schwer verständlich, wenn die matthäische Gemeinde bloß die sonstige jüdische Praxis des Übertritts zum Judentum fortgesetzt haben soll. Kurzum: Anders als die "Schriftgelehrten und Pharisäer" in 23,15 sucht die ecclesia nicht Proselyten, sondern Menschen zu Jüngern zu machen und durch die Taufe in die ecclesia Jesu zu integrieren. Es ergibt sich damit ein komplexer Befund: Im Rahmen der Völkermission werden Menschen aus den Völkern durch Taufe und Unterweisung in den Geboten Jesu zu Jüngern Jesu, nicht, sofern sie männlich sind, durch Beschneidung zu Juden. Sie werden aber mit ihrem Eintritt in die ecclesia einer Heilsgeschichte inkorporiert, die bei Abraham, dem Stammvater Israels, ihren Anfang nahm und in der die Zuwendung zu den "verlorenen Schafen" Israels eine bleibende Aufgabe im Rahmen der eschatologischen Erneuerung des Gottesvolkes darstellt. Es zeigt sich im Matthäusevangelium an dieser Stelle eine deutliche Ambivalenz: Der Tod Jesu ist das neue grundlegende Heilsdatum für Israel und die Völker; zugleich schreibt sich in dem Nebeneinander von Völkermission und Restitution Israels die erwählungsgeschichtlich begründete besondere Rolle Israels fort. Dass das durch den Tod Jesu gewirkte Heil den Völkern gleichermaßen wie Israel zugute kommen soll, bedeutet gewissermaßen eine Gleichordnung der Völker mit Israel trotz bleibender Differenz302 . Oder anders: Zum einen treten Menschen aus den Völkern insofern zu Israel hinzu, als sie in die Abrahamkindschaft eingegliedert werden bzw. Anteil an der Heilszuwendung erhalten, die in Israel ihren Ausgangspunkt hat. Zum anderen verliert die Scheidelinie zwischen Israel und den Völkern durch das Christusgeschehen ihre prinzipielle Bedeutung303 • Dass Matthäus die Zuwendung zu mxvta ta E9vT) nicht als ein durch die vermeintlich kollektive Ablehnung Jesu in Israel ausgelöstes Novum ansieht, sondern als nichts anderes denn als die Erfüllung der Schrift, ist im 302 Vgl. WILK, Eingliederung, 58, der in Mt 28,18-20 das "Endstück einer Missionskonzeption" sieht, "in der Nichtjuden und Juden gleichgestellt, aber nicht gleichgemacht sind; denn nur als Christus für Israel ist Jesus ,Herr' auch für die Weltvölker (vgl. 15,2128; 22,41-45)." 303 In historischer Perspektive lässt sich diese Ambivalenz als ein Phänomen des Übergangs bezeichnen: Die christologische Fokussierung des Heilshandelns Gottes mit der universalen Bedeutung des Todes Jesu birgt - zumal im Verbund mit der Entwicklung einer eigenen "rituellen Zeichensprache" (vgl. dazu THEISSEN, Religion, 169-222) in Gestalt von Taufe und Abendmahl - das Potenzial, aus ihr die Nivellierung der Differenz zwischen Israel und den Völkern zu folgern, doch wird diese Tendenz im Gesamtgefüge der matthäischen Theologie durch das starke Gewicht der Anbindung an die Heilstradition Israels austariert.
5.4 Das Verhältnis von Völkermission und Sendung zu Israel
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Voranstehenden deutlich geworden. Neben der an Abraham ergangenen universalen Segensverheißung und den Zitaten aus Jes 8,23-9,1 und 42,14 in Mt 4,15f und 12,18-21 verdient in diesem Zusammenhang abschließend noch ein weiterer Jesajatext Beachtung, nämlich Jes 56,1_8 304 : Nicht nur ist hier die Sammlung der Versprengten Israels (V.8 305 ) direkt mit dem Hinzukommen der übrigen Völker verbunden, sondern Letzteres wird darüber hinaus - mit einem kritischen Bezug auf die ausgrenzenden Zugangsbestimmungen zur Gemeinde des Herrn (LXX: ELe; EKKAT)o{all KUpLOU) von Dtn 23,2_9 306 - damit verbunden, dass die Trennung der Fremden von Gottes Äaoe; (Jes 56,3 307) überwunden wird und diese an Gottes ÖLae~KT] (V.6, vgl. Mt 26,28) teilhaben. Die Erwägung, dass Jes 56,1-8 einen wichtigen Bezugstext des ersten Evangelisten darstellt, wird dadurch nahe gelegt, dass Jes 56,7 in Mt 21,13 - im Gefolge der Markusvorlage - zitiert wird. Angesichts der hervorragenden Schriftkenntnis des Evangelisten im Allgemeinen, wie sie durch das gesamte Evangelium dokumentiert wird, und der intimen Kenntnis des Jesajabuches im Besonderen 308 ist schwerlich davon auszugehen, dass Matthäus das Zitat bloß übernommen hat, ohne dass er es zu identifizieren wusste 309 . In Jes 56,7 ist das Hinzukommen der Fremden zum Heil - im Sinne des Motivs der Völkerwallfahrt (Jes 2,1_5 310) - auf den Zion ausgerichtet: Gott will die Fremden, die sich ihm zugewandt haben und an seinem Bund festhalten, zu seinem 304 Zu verweisen ist angesichts der Verbindung von Mt 4,15f mit 28,16-20 (s. oben Kap. 5.1, S. 295) auch auf die Bezeichnung des Gottesknechts als cjJwe; E9vwv in Jes 42,6 und Jes 49,6, zumal Jes 42,1-4 in Mt 12,18-21 aufgenommen ist. 305 MT: "~~i!l: 'Oll, LXX: tOUe; ÖLEOlTIXPflEVOUe; 'IoplX~A.. 306 Für einen solchen Bezug spricht deutlich die Zusammenstellung von Fremden und Eunuchen in Jes 56,3-8, denn Dtn 23,2-9 wird durch ein Zutrittsverbot für Entmannte und Verschnittene eröffnet (23,2). Vgl. zum Bezug auf Dtn 23 WESTERMANN, Jes, 250; BLENKINSOPP, Jes, 83.138; DONNER, Abrogationsfall, 87f; W. KRAUS, Volk Gottes, 2lf. 307 Siehe auch Sach 2,15 sowie Jes 19,25. 308 Vgl. exemplarisch Luz, Mt 15, 191. 309 Matthäus zeigt anderorts, dass er in der Lage war, Schriftzitate zu identifizieren und Anspielungen zu erkennen. Speziell im Blick auf das Jesajabuch ist darauf zu verweisen, dass Matthäus die Aufnahme von Jes 6,9f in Mk 4,12 erkannt und in 13,13-15 ausgebaut hat. Zur weiteren Illustration genügen einige Beispiele. So ist in der Einzugsgeschichte an die Stelle der Anspielung auf Sach 9,9 in Mk 11,2 ein förmliches Zitat getreten. In Mt 24,15 ist an die Rede vom ßÖEAuyfllX tfie; EP1lflWOEWe; (vgl. Mk 13,14) der ausdrückliche Hinweis auf den Propheten Daniel (s. Dan [9,27]; 11,31; 12,11) angefügt. Und in Mt 4,4 dürfte der Überschuss in dem Zitat aus Dtn 8,3 gegenüber Lk 4,4 auf matthäischer Redaktion beruhen, d.h. Matthäus kannte den zitierten Passus und war in der Lage zu ergänzen. 310 Siehe vor allem Jes 2,2: ön EOtlXL EV tIXLe; EOXUtlXLe; ~flEpIXLe; EflcjJlXvEe; tO öpoe; KUPLOU KlXt 0 OlKOC; roD eEOV ElT' eXKpwv twv OPEWV KlXt {J\/lw9~oHIXL lllTEPUVW tWV ßouvwv . KlXt ~~OUOLV ElT' IXUtO 1Tavra EeV1j.
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Kap. 5: Israel und die Völker
heiligen Berg führen und sie in seinem Bethaus erfreuen, denn, so der Schlusssatz in Jes 56,7, 6 ... oIK6~ f-LOU oIKo~ npooEuxii~ KAT]9~OE,al na.OlV 'Ol~ E9vEOlV. Matthäus hat diesen Schlusssatz in 21,13 um na.OlV ,Ol~ E9vEOlV verkürzt zitiert. Eine Erklärung findet diese Kürzung nahe liegend darin, dass in der matthäischen Geschichtsdeutung Jerusalem - und mit der Stadt der Tempel - durch das Verhalten Jesus (und seinen Boten) gegenüber seine Rolle verloren hat. Die Zuwendung des Heils zu allen Völkern ereignet sich nicht durch das Kommen auch der ,heidnischen' Völker zum Zion, sondern dadurch, dass aus allen Völkern Menschen der ecclesia Jesu eingegliedert werden. Dass das Heil für alle Völker sich nicht tempelzentriert durch das Hinzukommen der Fremden zum Zion realisiert, sondern durch die Mission der Jünger und damit in der ecclesia Jesu, spricht nicht gegen die Bedeutung von Jes 56,1-8 als (einem) Bezugstext des Evangelisten3 !!, an dem sich für ihn die Schriftgemäßheit der universalen Völkerrnission illustrieren ließ. Es ist vielmehr von einer kreativen Neuinterpretation der auf den Zion bezogenen Heilshoffnung für die Völker zu sprechen3 !2. Diese Transformation konnte Matthäus, wie angedeutet, als durch die Kreuzigung Jesu in Jerusalem bedingt ansehen, und die als Gericht Gottes verstandene Zerstörung der Stadt samt dem Tempel konnte ihm dabei als Bestätigung seiner Sichtweise dienen. Wie durch Jesu Heilstod der Tempel 311 Zu verweisen ist auch auf Jes 56,1, wo mit dem Tun der Gerechtigkeit (vgl. v.a. Mt 6,1), der Rede von der Nähe des Heils (LXX: ~YYLOEV yup tO aWt~pL6v iJ.OU mXpll'.yLVE08Il'.L, vgl. Mt 3,2; 4,17; 10,7 sowie 26,45) und der Offenbarung des EA.EO~ (vgl. Mt 9,13; 12,7; 23,23) Motive vereint sind, die für Matthäus von großer Bedeutung sind. 312 Zur Transformation der Zionstradition vgl. RICHES, Mythologies, 256: ,,[H]opes for the in-gathering of the dispersion on Mount Zion are replaced with the call to make disciples out of all the nations, to draw them into the community of the church in which Jesus is present". - DONALDSON, Mountain, 180-188 hat für die Lokalisierung von 28,16-20 auf einem Berg Zionstypologie postuliert. Man kann dafür auf die hohe Bedeutung von Ps 2,7 für das Christologoumenon der Gottessohnschaft verweisen, denn der direkt vorangehende Vers spricht von der Einsetzung des Königs auf dem Zion (Ps 2,6). Zudem ist nicht nur in Jes 56,7, sondern auch in Jes 2,2 explizit von mXv"t"1l'. tU i'8vT] die Rede. Mit Jes 2 verbindet ferner, dass die Verpflichtung auf alles, was Jesus geboten hat (Mt 28,20), in Jes 2,3 darin ein Pendant findet, dass von Zion Weisung (LXX: v6iJ.o~) ausgeht (a.a.O., 183). Man kann aber nicht wie DONALDSON die Differenz zwischen der zentrifugalen Vorstellung der Sendung der Jünger und der zentripetal ausgerichteten Konzeption der Völkerwallfahrt dadurch herunterspielen, dass man 1TOPEU8EVtE~ in Mt 28,19 zu einem bloßen Füllwort macht (vgl. a.a.O., 183f), sondern man muss hier eine freie, kreative Rezeption in Rechnung stellen, die aus der Ersetzung Zions durch Christus folgt (vgl. a.a.O., 184: "It is Christ who has replaced Zion as the centre of eschatological fulfilment, and the mountain motif in Matthew acts as a vehicle by which Zion expectations are transferred to Christ."). Diese Ersetzung kann man bereits in der Anspielung auf Jes 60,6 in Mt 2,11 angedeutet sehen (vgl. a.a.O., 185 und oben Kap. 5.1, S. 294).
5.5 Zusammenfassung
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seine Bedeutung einbüßte, war für Matthäus fortan nicht mehr der Zion Bezugspunkt für das Heil der Welt, sondern die ecclesia. Und ebenso galt dem Evangelisten nicht mehr Jerusalem bzw. der Tempel als der erwählte Ort der Gegenwart Gottes, sondern - vermittelt durch die Präsenz des Immanuel (1,23) bei den Seinen (18,20; 28,20)313 - die ecclesia. Im Rahmen der theologischen Traditionen Israels bedeutet dies eine gravierende Transformation 314 . Der hier anzuschließenden Frage, wie sich die ecclesia Jesu im Matthäusevangelium zu Israel verhält, ist im folgenden Kapitel gesondert nachzugehen.
5.5 Zusammenfassung Die in 28,18-20 als Zielpunkt des Evangeliums missionsprogrammatisch hervortretende Universalität des Heils ist - trotz der dezidierten Tendenz des Evangelisten, Jesu irdisches Wirken auf Israel zu konzentrieren - von 1,1 an durch zahlreiche Textsignale im Prolog, durch die drei auf Kommendes vorausverweisenden Erzählungen in 8,5-13.28-34; 15,21-28 sowie durch auf einer metanarrativen Ebene begegnende Signale (Reflexionszitate) vorbereitet. Matthäus macht so die Erzählung von der Zuwendung Jesu zu Israel transparent für die universale Dimension der Heilszuwendung in der Völkermission, die mit dem Offenbarwerden des Auferstandenen als des zu Gott erhöhten Weltenherm beginnt und die in der universalen soteriologischen Bedeutung des Todes Jesu fundiert ist. Die Heilszuwendung zu den Völkern setzt dabei die Zuwendung zu Israel voraus. Es ist das in Israel kundgewordene Heil, an dem die Völker Anteil gewinnen. Damit geht einher, dass die Einbeziehung der Völker für den Evangelisten der Schrift entspricht: Wer die Völkermission ablehnt, steht nach matthäi scher Überzeugung nicht auf dem Boden der Schrift. Das zentrale Moment der matthäisehen Erzählkonzeption ist des Näheren darin zu sehen, dass der Evangelist den Zusammenhang von Zuwendung zu Israel und Völkermission mit der Entfaltung der messianischen Identität Jesu als Sohn Davids und Sohn Gottes verschränkt hat. Nach der Darlegung der Zuwendung des davidischen Messias zu seinem Volk erfolgt die Einbeziehung der Völker in das Heil auf der Basis des Todes des 3\3 Der Hinweis auf die Bedeutung der inclusio in Mt 1,23; 28,20 gehört zu den fest etablierten Standardanmerkungen der Matthäusexegese (s. nur FRANCE, Mt, 416; Luz, Mt 15, 150; LANGE, Erscheinen, 329f.344t). Zu beachten ist dabei, dass es in 18,20; 28,20 um das Mitsein Jesu geht. 314 Vgl. das oben zur Bedeutung des Todes Jesu als neuem soterio1ogischen Grunddatum Gesagte.
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Kap. 5: Israel und die Völker
Gottessohnes für die "Vielen" und der Einsetzung des Gottessohnes zum mit universaler Vollmacht ausgestatteten Weltenherrn. Wie die universale Dimension des Heils als Vorzeichen vor Matthäus' Darstellung des Wirkens Jesu in Israel gesetzt ist, so steht die Gottessohnwürde Jesu als Vorzeichen vor seiner Präsentation als davidischer Messias. Heilstod und Auferweckung bzw. Erhöhung Jesu sind für Matthäus der Kairos, an dem seine Gottessohnwürde ,öffentliches' Thema wird und damit verbunden die universale Bedeutung des von Jesus gewirkten Heils hervortritt. Die unterschiedlichen soteriologischen Horizonte der beiden Aussendungen in 10,Sf und 28,19 sind also mit der narrativen Christologie der matthäischen Jesusgeschichte in Verbindung zu bringen. Im Blick auf das Verständnis von 28,19 ist die entscheidende Frage daher nicht, ob lTIxv'm, 't'a EeVT] Israel (noch) einschließt oder exklusiv die ,Heiden'-Völker meint, denn die Hinwendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" ist schon durch 10,6.23 als bleibende Aufgabe der Jünger ausgewiesen und in den israelspezifischen Horizont der Restitution des Zwölfstämmevolkes eingestellt worden. In 28,19 liegt der Ton darauf, dass die Jünger nunmehr auch zu der übrigen Menschheit gesandt sind. Festzuhalten ist also: Zwischen der Art und Weise, wie Matthäus die Zuwendung zu Israel und die Einbeziehung der Völker verbunden hat, und der christologischen Linienführung seiner Jesusgeschichte besteht ein innerer Konnex. Die Zuwendung zu den Völkern ist angebunden an die christologische Konzeption des Evangelisten, die Offenbarung der Universalität des Heils gekoppelt an den Heilstod Jesu und die Einsetzung des Gottessohns zum Weltenherrn. Das Nacheinander der beiden Missionsbefehle in Mt 10,Sf und 28,19 ist integraler Bestandteil der narrativen Konzeption, durch die Matthäus die messianische Identität Jesu als Sohn Davids und Sohn Gottes entfaltet. Umgekehrt dient diese Konzeption dazu, Israelbezug und Heilsuniversalismus miteinander zu vermitteln. Die Zuwendung zu den Völkern ist hingegen nicht Antwort auf die vermeintlich kollektive Ablehnung Jesu durch Israel.
Kapitel 6
Israel und die Kirche Einige Aspekte, die für die Bestimmung des Verhältnisses von Israel und Kirche von Belang sind, sind im Zuge der vorangehenden Kapitel bereits angesprochen worden; sie müssen hier nur noch zusammengeführt werden. Zugleich muss sich die These, dass Matthäus nicht einer Verwerfung Israels das Wort redet, im Zuge der Erörterung der Frage, wie sich Israel und Kirche zueinander verhalten, noch bewähren. Vorab sei in diesem Zusammenhang noch einmal auf die im Eingangskapitel angesprochene hermeneutische Problematik hingewiesen, dass allzu leicht der heute übliche Sprachgebrauch von Kirche und Israel im Sinne des Gegenübers zweier getrennter Religionen, des Judentums und des Christentums, die Lektüre leitetl. Es ist, anders gesagt, nicht apriori davon auszugehen, dass Kirche und Israel als äquivalente - und damit in Konkurrenz zueinander stehende - Größen gesehen werden, wie dies in der geläufigen These, Matthäus betrachte die Kirche als neues Israel bzw. neues Gottesvolk und damit als Ablösung des ,alttestamentlichen' Gottesvolkes 2, erscheint. Matthäus selbst bezeichnet die ecclesia an keiner Stelle ausdrücklich als Israel oder (neues) Gottesvolk. In 21,43 hätte er dazu, wie gesehen, eine ausgezeichnete Gelegenheit gehabt, doch ist auch hier eben nicht davon die Rede, dass die ßa.OLAEla. tOU 8EOU einem anderen bzw. neuen Aa.OC; übereignet wird. Dies schließt freilich nicht aus, dass sich ein etwaiges Verständnis der Kirche als neues Gottesvolk aus der kontextuellen Lektüre bzw. der Zusammenschau von Aussagen des Evangeliums ergeben könnte. Von hervorgehobener Bedeutung ist hier die Aa.oc;-Aussage in 1,21 im Verbund mit dem Bundesgedanken in 26,28, da beide Texte durch das Motiv der Sündenvergebung aufeinander verweisen. So ist fur 1,21 verschiedentlich postuliert worden, dass sich die auf den Aa.OC; bezogene Heilsaussage nirgendwo anders realisiere als in der ecclesia und Aa.OC; entsprechend im Laufe der Erzählung im Sinne der ecclesia neu definiert werde 3 • Vgl. oben Kap. 1, S. 7. V gl. oben Kap. 1, S. 4. 3 Auf die Kirche bzw. auch auf die Kirche deuten Aa6~ in 1,21 z.B. DA VIES/ ALLISON, Mt I, 210; BORNKAMM, Der Auferstandene, 308; HAHN, Mission, 108; ROTHFUCHS, ErfiilIungszitate, 60; TAGAWA, People, 159; FRANKEMÖLLE, lahwe-Bund, 217; MEIER, I
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Der hier angedeutete theologische Zusammenhang wird unten in Kap. 6.2 unter der Leitfrage, ob Matthäus die ecclesia als Gottesvolk des ,neuen' Bundes konzipiert hat, weiter zu verfolgen sein. Die Gemeinde ist in der matthäischen Ekklesiologie allerdings keineswegs allein als Empfängerin des von Jesus gewirkten Heils anvisiert, wobei ohnehin zugleich anzufiigen ist, dass der Zugang zum Reich Gottes auch fiir die Nachfolger Jesu bzw. die Christusgläubigen unter der Bedingung des rechten Handeins steht4 . Sie ist zugleich zum missionarischen Dienst beauftragt, und zwar nach wie vor auch speziell gegenüber den "verlorenen Schafen des Hauses Israel". Jüngerexistenz ist für Matthäus immer missionarische Existenz. Das Verhältnis von Kirche und Israel lässt sich entsprechend nur in der doppelten ekklesiologischen Perspektive von eigenem Heilsempfang und Mission thematisieren. Da der Erfassung der missionarischen Dimension durch Kap. 2.3 (und Kap. 5.4) bereits vorgearbeitet ist, kann ich mich hier kurz fassen. Umgekehrt ist es von elementarer Bedeutung, sie hier noch einmal aufzunehmen (Kap. 6.1), da nur durch ihre Einbeziehung das Verhältnis von Kirche und Israel adäquat zu bestimmen ist. Kap. 6.3 reflektiert abschließend die Frage, inwiefern mit der Bildung der ecclesia wenn nicht eine Ablösung Israels als Gottesvolk, so doch eine Transformation der Rolle Israels verbunden ist.
6.1 Die missionarische Grunddimension in der matthäischen Ekklesiologie Die kaum zu überschätzende Bedeutung der missionarischen Dimension in der matthäischen Ekklesiologie 5 zeigt sich nicht nur in dem mit 28,18-20 Vision, 200; ANNO, Mission, 209-211; McKNIGHT, Critic, 66f; MENNINGER, Israel, 144; HÜBNER, Biblische Theologie III, 102f; POWELL, God, 5f; METZNER, Rezeption, 161; Kupp, Emmanuel, 81f.107.171.199 u.ö.; GUNDRY, Salvation, 405f; BEATON, Isaiah's Christ, 94, Anm. 36; NOVAKOVIC, Messiah, 65f. Auf Israel beziehen Aao.; in 1,21 hingegen GNILKA, Mt I, 19; Luz, Mt 15 , 149; HUMMEL, Auseinandersetzung, 136; SALDARINI, Community, 29; REpSCHINSKI, "For He Will Save ... ", 255f, s. auch GARBE, Hirte, 4547. Nach HUMMEL, Auseinandersetzung, 150 bleiben ,,[d]ie alten Ehrennamen 'Iapa~A und Aao.; ... bei Matthäus auch dem ungläubigen jüdischen Volk erhalten. Aber sie sind in ihrer Bedeutung relativiert. Ohne die Garantien einer heilswirksamen Vergangenheit geht es einer drohenden GerichtszukunJt entgegen" (Hervorhebung im Original). Siehe auch a.a.O., 155f. 4 Zum paränetisch nach innen gerichteten Gerichtsgedanken bei Matthäus s. Mt 7,1327; (13,47-50); 16,27; 18,6-9.23-35; 22,11-14; 24,42-25,30. 5 Vgl. exemplarisch BAUMBACH, Mission, Sp. 892: "Die Mission stellt ... nicht eine unter vielen Aufgaben der Kirche dar, sondern sie eignet ihr wesensmäßig". Anders
6.1 Die missionarische Grunddimension in der mt Ekklesiologie
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gesetzten Schlussakkord, sondern tritt ebenso auch in der vorangehenden Darstellung der Rolle der Jünger im Rahmen des irdischen Wirkens Jesu zutage, und zwar hier ausgerichtet auf die messianische Aufgabe der Sammlung Israels. Die Jünger werden, wie im Rahmen der Auslegung von Mt 10 in Kap. 2.3 gezeigt wurde, in die barmherzige Zuwendung Gottes zu seinem Volk durch das messianische Wirken Jesu einbezogen. Die Jünger werden zum Medium der Zuwendung Gottes zu Israel - und darüber hinaus zu allen Menschen. Es greift kaum zu hoch, hier von einer Grundbestimmung der Kirche im matthäischen Verständnis zu sprechen: Kirche zeichnet sich für Matthäus wesentlich durch ihren missionarisch-diakonisehen Auftrag aus. In der Komposition des ersten Hauptteils (4,17-11,1) nach dem Prolog (1,1-4,16) bildet die Berufung der ersten Jünger (4,18-22) und die Aussendung der Jünger in 9,36-11,1 einen ekklesiologischen Rahmen um die systematisierte Präsentation des vollmächtigen Wirkens Jesu in 4,239,35. Die missionarische Ausrichtung der Jüngerexistenz wird dabei bereits in der Berufung des ersten Bruderpaares als Vorzeichen vor das Weitere gesetzt: Jesus wird Petrus und Andreas (und mit ihnen die weiteren Jünger) zu "Menschenfischern" machen. Mit diesem Vorzeichen liest sich 4,23-9,35 in ekklesiologischer Hinsicht als Vorbereitung der Jünger für den Dienst, zu dem sie dann in 9,36-11,1 eingesetzt werden. Wenn Mt 5,(13-)16 das Thema der Bergpredigt angibt, das im Korpus (5,17-7,12) ausgeführt wird 6, dann steht auch hier die Aufgabe der Jünger in der und für die Welt im Mittelpunke, und 5,17-7,12 entfaltet, wie die OVERMAN, Gospel, 121: "The rather small amount of attention which this kind of activity [sc. the mission, M.K.] receives in Matthew ... suggests that this was no longer a central activity and focus of the community." Wie bereits durch die Ausruhrungen in Kap. 2.3 deutlich geworden ist und im Folgenden zu erhärten sein wird, bleibt hier die Bedeutung der Mission im Matthäusevangelium deutlich unterbestimmt (s. zu Overman diesbezüglich noch unten Kap. 7, S. 382, Anm. 19). - Wenn im Folgenden von der missionarischen Dimension der matthäischen Ekklesiologie gesprochen wird, geht es im Übrigen nicht allein um die Wandermission, sondern auch um Mission im Sinne der ,Werbung' rur den christlichen Glauben im Rahmen lokaler Kontakte. Über die Frage, in welcher Weise die matthäische Gemeinde Mission betrieben hat, kann man nur mutmaßen (in diesem Sinne auch FOSTER, Community, 220). 6 Siehe dazu BURCHARD, Versuch, bes. 36-38. 7 Vgl. DEINES, Gerechtigkeit, 255: "Die den Jüngern von Jesus anvertraute Aufgabe des Salz- und Lichtseins rur die Welt verwirklicht sich ... in ihrer missionarischen Existenz mit dem Ziel, Israel und die Völker in die Gemeinschaft mit diesem Herrn zu rufen." DEINES bestimmt auf dieser Linie die Bergpredigt "als Vorbereitung auf die missionarische Aufgabe" (450 [Hervorhebung im Original]). Gegenüber DEINES, a.a.O., 183-256 ist freilich zu betonen, dass Matthäus in 5,16 mit der Rede von den "guten Werken" den Akzent ganz auf die (Wirkung der) ethische(n) Praxis der Jünger legt und diese Praxis
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Jünger Licht der Welt sein können. Die Bedeutung, die dem c'iLMoKELV im Rahmen der Sendung der Jünger zu allen Völkern in 28,19f zugeschrieben wird, fügt sich hier nahtlos ein. In 8,1-9,35 werden die Jünger Zeugen der heilenden Zuwendung Jesu zu den Menschen, die fortzusetzen ihnen in 10,1.8 aufgetragen wird. Wie sonst im Evangelium zeigt sich auch hier die für Matthäus charakteristische enge Vernetzung von Christologie und Ekklesiologie8• Matthäus hat nicht nur die Sturmstillung mit den Nachfolgespruchen zusammengebunden und so zu einer ekklesiologischen Erzählung gemacht9, sondern auch in 9,2-8 einen ekklesiologischen Akzent gesetzt: Indem er die Volksmengen in 9,8 Gott als den preisen lässt, der den Menschen Vollmacht (zur Sündenvergebung) gegeben hat, wird der Horizont über die Vollmacht Jesu selber hinaus geweitet und auf die entsprechende Vollmacht der Gemeinde ausgeblickt lO • Wie in Kap. 2.1.3 ausgef'tihrt, wird die Thematik der Sündenvergebung durch die Berufung des Zöllners Matthäus und das sich anschließende Mahl Jesu mit den Zöllnern (9,9-13) direkt fortgesetztlI. Liest man diese Sequenz mit Blick auf die den Jüngern nach 9,8 gegebene E~OUO(a:, wird deutlich, dass es dabei nicht nur um eine binnengemeindlich auszuübende Vollmacht geht. Die Vollmacht zur Vergebung der Sünden ist zugleich ein wichtiges Element im Rahmen der missionarischen Zuwendung der Jünger zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel,,12 wie zu allen Menschen. Der Lobpreis der Volksmengen erhält so betrachtet einen hintergründigen Sinn: Die Volksmengen preisen Gott für etwas, was ihnen sich an der Tora orientiert, wie Jesus sie erschlossen hat (5,17-48, s. dazu oben Kap. 2, S. 17, Anm.2). Zudem ist DEINES' Differenzierung, dass sich das Matthäusevangelium "nicht in erster Linie an Gemeindeglieder, sondern an die Missionare und Sendboten dieser Gemeinden" richte (451), fragwürdig. Es ist vielmehr eben davon zu sprechen, dass die matthäische Sicht der Gemeinde insgesamt stark missionarisch geprägt ist. 8 Zur ekklesiologischen Thematik in Mt 8-9 vgl. die Ansätze von BURGER, Taten; Luz, Wundergeschichten, 153-155. 9 Vgl. dazu BORNKAMM, Sturmstillung. 10 Vgl. GUNDRY, Mt, 165; Luz, Mt 11,38; FRANKEMÖLLE, Mt I, 313f; NOLLAND, Mt, 383; FIEDLER, Mt, 215; GREEVEN, Heilung, 75f; DUPONT, Paralytique, 952-958; HUMMEL, Auseinandersetzung, 37; MEIER, Vision, 71f; GEIST, Menschensohn, 304f; BRISCOE, Faith, 112; KLAUCK, Frage, 310f; SCHNACKENBURG, Knecht, 205; REPSCHINSKI, "For He Will Save ... ", 259; J. PARK, Sündenvergebung, 221 u.a., anders aber GIELEN, Konflikt, 92, nach der die Volksmenge "Jesu E~ouo(a als gottgegeben preist, sie jedoch noch nicht als Jesu spezifische Vollmacht erkennt, sondern sie als prinzipielle Möglichkeit für die Menschen ... betrachtet". Noch anders, nämlich toi.~ IXvapc.inoL~ als Dativus commodi, SCHENK, Den Menschen, 275. IJ Siehe oben Kap. 2.1.3, S. 50. 12 Zur in der Rede von ta npoßata ta IXnoAwA.6ta OLKOU 'IopaT\A implizierten soteriologischen Notlage s. oben Kap. 2.1.3, S. 49.
6.1 Die missionarische Grunddimension in der mt Ekklesiologie
353
selbst zugute kommt, denn den mit der Vollmacht zur Sündenvergebung ausgestatteten Jüngern ist aufgetragen, sich den Volksmengen in Wort und Tat zuzuwenden. Werden die Jünger in 11,2-16,20 als Kreis derer profiliert, die Gottes Willen tun (12,46-50), die Geheimnisse des Himmelreiches verstehen (13,10-17) und Jesus als Sohn Gottes erkennen (14,33; 16,16), so treten sie zugleich auch in 11,2-16,20 als Medium der Heilszuwendung Jesu zu seinem Volk hervor. Denn im Rahmen der beiden Speisungsgeschichten (14,13-21; 15,29/32-39), die Matthäus durch die Einfügung der Heilungen in 14,14 sowie durch die Voranstellung von 15,29-31 mit Jesu heilender Zuwendung zum Volk verbunden hat 13 , wird in ekklesiologischer Hinsicht nicht nur erneut der Kleinglaube der Jünger sichtbar (14,15-18)14, sondern es tritt auch ihre Rolle als Mittler im Blick auf die Volksmengen 15 zutage l6 . Beachtet man die Sequenz in 15,21-39 - Jesus fährt in 15,29-39 fort, den Kindern (= den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" [15,24]) das Brot zu reicheni? - und die durch 15,26f eingespielte symbolische Bedeutung der Gabe des Brotes als Metapher für die Zuwendung des Heils, so unterstreicht dies, dass die Rolle der Jünger in den Speisungsgeschichten in Analogie zu ihrer Aufgabe in 9,36-10,8 gesehen werden kann l8 .
13 Vgl. SAND, Mt, 304; Luz, Mt II, 400. - Zum Kompositionsschema s. oben Kap. 2.2.3.2, S. 70, Anm. 295. 14 Siehe dazu HELD, Wundergeschichten, 173 sowie Luz, Mt II, 401. 15 Auffallend ist, dass Matthäus, insbesondere in der ersten Version, die explizite Rede von den ÖXAOL gegenüber der Markusvorlage verstärkt hat. So ist in Mk 6,32-44 nur in Mk 6,34 explizit von dem ÖXAOt; die Rede; s. dagegen Mt 14,13.14.15.19(bis). Mk 8,(I).2.6(bis) stehen Vorkommen von ÖXAOt; in Mt 15,(30.31).32.33.35.36.39 gegenüber. 16 In Mk 6,41 gibt Jesus den Jüngern die Brote, Lva 1Tapan9woLv alrwit;; die Fische verteilt Jesus selber. Matthäus hat die Notiz über die Fische unterdrückt und den Finalsatz durch die Anfügung von ot ÖE jla9Tl1:at toit; ÖXAOLt; an den vorangehenden Hauptsatz ([Jesus] E'ÖWKEV toit; jla9T]tait; tOUt; /iptOUt;) ersetzt (Mt 14,19). Fragen kann man, inwiefern Matthäus mit dieser syntaktischen Gleichordnung (mit gemeinsamem Verb!) die Tätigkeit der Jünger, ihre Beteiligung am messianischen Werk Jesu (vgl. 9,36ff), stärker ins Licht rücken wollte. Die Konstruktion kehrt in Mt 15,36 wieder. Hier wird in der Markusvorlage (Mk 8,6) immerhin im Anschluss an den Finalsatz die tatsächliche Verteilung der Brote durch die Jünger erwähnt (... '(va 1Tapan9wow, Kat 1TapE9T]KaV tQ ÖXAl\l). 17 Siehe oben Kap. 2.2.3.2, S. 70. 18 Anklänge an das Abendmahl kann man in den matthäi sehen Speisungsgeschichten mithören, sind aber keineswegs zur Leitkategorie der Deutung zu machen, d.h. die Speisungsgeschichten sind in erster Hinsicht nicht als eine Abbildung der gemeindlichen Mahlfeier zu lesen (mit GNILKA, Mt II, 9; SAND, Mt, 305; CARTER, Crowds, 65, anders MEIER, Vision, 97).
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Jesus macht die Jünger "zu Mitarbeitern seines Heilsdienstes und zu Mitt. H'l 1ern semes el sangeb otes •.19 . 13,3-23 beleuchtet diese Verhältnisbestimmung aus einer anderen Perspektive und sucht Misserfolge bei der Mission zu verarbeiten2o, ohne dass dadurch die Aufgabe selbst verneint würde. Beide Aspekte, die bleibende missionarisch-diakonische Verpflichtung gegenüber den "verlorenen Schafen" sowie die Bewältigung von Misserfolgen, müssen vielmehr in ihrer Spannung zueinander zusammengesehen werden. Aufzunehmen ist hier ferner noch einmal 21,43: Meint die Übergabe der Königsherrschaft Gottes, dass die Jünger mit der Aufgabe betraut werden, den Menschen Gottes Willen auszurichten (vgl. 16,19; 28,20) und sie so dem Himmelreich zuzuführen, tritt auch hier der missionarische Auftrag der Gemeinde ins Blickfeld21 • Zu beachten ist überdies im Blick auf 12,4650, dass es hier nicht allein um die Unterscheidung der Jünger von den Volksmengen geht, sondern die Jünger näherhin vor dem Forum der OXAOl als Familie Jesu und damit den 0XAOl als Modell präsentiert werden22 . In der skizzierten missionarischen Perspektive erscheint die Kirche nicht als eine Größe, die in Konkurrenz zu Israel tritt. Die Kirche ist in ihrem missionarischen Auftrag vielmehr positiv auf Israel bezogen. Zu prüfen bleibt, ob andere Texte hinreichende Indizien ergeben, dass Matthäus zugleich in anderer Hinsicht Israel als durch die Kirche abgelöst betrachten konnte.
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes? Findet die in 11,2f aufgeworfene Frage, ob Jesus der erwartete Heilsbringer ist, in 16,16 ihre adäquate Antwort, so steht dem zur Seite, dass die in 11,2-16,20 vorangetriebene Profilierung der Jüngergemeinde (auch im Gegenüber zu den Volksmengen) in eine an das Petrusbekenntnis angefügte Verheißung einmündet, in der auf die Bildung der ecclesia ausgeblickt wird. Umgekehrt gesagt: Der Ausblick auf die Bildung der ecclesia ist durch die vorangehende Darstellung vorbereitet. Mt, 306. Ausführlich zu Mt 13,3-23 oben Kap. 4.4. 21 Vgl. oben Kap. 4.1.3, S. 205. 22 Vgl. VAN TILBORG, Leaders, 161: Jesus "holds up his disciples as a model for the ÖXAOl". - Dem steht zur Seite, dass die Volksmengen in Mt 5-7 Zeugen der Bergpredigt sind, mit der die Jünger nicht bloß allgemein in ein Leben nach dem Willen Gottes, sondern speziell auch in ihre missionarische Existenz (5,13-16) eingewiesen werden (s. oben S. 351 mit Anm. 7). 19
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SAND,
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes?
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Diese explizite Thematisierung der Bildung der ecclesia als Zielpunkt des Abschnitts 11,2-16,20, in dem auch die feindselige Opposition der jüdischen Autoritäten gegen Jesus deutlich zutage trat, muss freilich nicht bedeuten, dass die ecclesia hier als eine Größe anvisiert ist, die als neues Gottesvolk zu Israel in Konkurrenz tritt23 . Jedenfalls ist EKKATjo(a keineswegs einfach eine Art Wechselbegriff zu Israel oder Aaoe;. Im griechischen Raum bezeichnet EKKA.ll0LU die - regelmäßig zusammentretende - "Vollversammlung der rechts- und wehrfahigen Vollbürger der TlOA.L~ [sic!]"24. Die LXX-Übersetzer25 verwenden EKKAll0LU - neben ouvuywy~ - zur Übersetzung von "Qi?, was zu-
23 Anders eine geläufige Auslegungstendenz. Siehe z.B. SCHMID, Mt, 249 zu EKKAll0LU: "Name und Begriff sind ... dem AT entnommen, und sie bezeichnen die Kir-
che, welche J esus ,bauen', gründen will, als das neue Gottesvolk. Damit ist gesagt, daß dieses die Fortsetzung des alten Israel sein wird, daß es aber auch an dessen Stelle treten wird. Denn das bisherige Gottesvolk ist (oder wird) von Gott verworfen (vgl. 21,33-46), und das neue, geistige Israel sollte nicht mehr national beschränkt sein." WIEFEL, Mt, 300 spricht von der "Neugründung des Gottesvolks". Nach GNILKA, Kirchenbild, 136 tritt in 16,18 "der heilsgeschichtliche Ablösungsprozeß in den Blick: an die Stelle der ekklesia Israel trat die ekklesia des Messias aus den Völkern." CARTER, Storyteller, 93f postuliert: "In using ekklesia, the gospel recognizes its audience as continuing Israel' s special place in the history of God's saving work." MENNINGER, Israel, 153f verbindet Matthäus' Rede von der EKKAllOLU mit der These, er verstünde die Kirche als das ,wahre Israel'. Ähnlich ist nach METZNER, Rezeption, 161 die Kirche "das Jesus zugehörige neue Gottesvolk". Häufig wird die Bildung der ecclesia als Reaktion auf die angeblich pauschale Ablehnung Jesu in Israel in 11,2-16,20 interpretiert. Siehe Z.B. DAVIEsl ALLISON, Mt H, 642 (,,[T]he birth ofthe ecclesia - of Jew and Gentile - is traced directly to the failure ofIsrae1 to live up to her eschatological calling." [vgl. zu DAVIEs/ALLISON unten S.359, Anm.46]) oder Luz, Mt H, 462 ("Nachdem der Evangelist bisher in mehreren Etappen erzählt hat, wie Jesus und seine Jünger sich aus Israel ,zurückzogen', kündigt er jetzt, wo die Scheidung der Jünger auch vom Volk deutlich wird, den Bau ,seiner Kirche' an." [Hervorhebung von mir]). 24 COENEN, EKKA.llOLU, 1136 (Hervorhebung im Original). Vgl. SCHRAGE, Ekklesia, 179; ROLOFF, EKKAllOLU, Sp. 999. 25 Die Bedeutung des Sprachgebrauchs der LXX (und des sonstigen frühjüdischen Schrifttums) ist als Kontext für Matthäus unabhängig von der Frage der Genese bzw. Ableitung der frühchristlichen Verwendung von EKKAllOLU zu bedenken. - Gegen die lange übliche geradlinige Ableitung der frühchristlichen Verwendung aus der LXX hat SCHRAGE, Ekklesia, 180-194 eine Reihe von Einwänden geltend gemacht. Schrages eigene These, dass der Gebrauch von EKKAllOLU als gesetzeskritische Distanzierung von der fest mit der Tora(unterweisung) verbundenen Synagoge zu verstehen sei (a.a.O., 195202), vermag freilich nicht zu überzeugen (s. die Kritik bei BERGER, Volksversammlung, 184; ROLOFF, Kirche, 84). Nach STUHLMACHER, Gerechtigkeit, 210f wurden die frühen Christen durch die Rezeption von "Qi? in der Apokalyptik zur Aufnahme des Wortes als Selbstbezeichnung inspiriert (s. auch ROLOFF, EKKAllOLU, Sp. 1000). BERGER, Volksversammlung, 168-184 weist auf die Entwicklung der Volksversammlung in hellenistischer
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Kap. 6: Israel und die Kirche
nächst einmal nur "Versammlung, versammelte Menschenmenge" heißt26 und durch den Kontext spezifiziert wird. EKKATjOla (bzw. "vi?) ist ferner nicht per se positiv besetzt, sondern kann auch für Versammlungen von Übeltätern verwendet werden 27 , doch zeigt sich im Ganzen eine Tendenz, EKKATjOla positiv mit Bezug auf Israel zu gebrauchen. EKKATjOla begegnet hier nicht nur in militärischen oder anderweitigen politischen Zusammenhängen 28 , sondern auch zur Bezeichnung gottesdienstlicher bzw. kultischer Versammlungen 29 , zuweilen im Plural 30 . In Jos 9,2 e- f LXX; Neh 8,2 geht es speziell um die Verlesung des Gesetzes vor der EKKATjola 31 • Auch Philo gebraucht EKKATjola im Zusammenhang der Gabe bzw. Verlesung des Gesetzes (Decal 32.45; Post 143 [I], s. auch Mut 204; Virt 10832). Im Anschluss an Berger33 ist hier eine Strukturanalogie zur EKKATjola in der hellenistischen Polis - im Unterschied zur klassischen Zeit - zu konstatieren, denn im monarchischen System konnte die Volksversammlung zum Ort werden, an dem die köZeit hin und betont die Strukturanalogien zwischen hellenistischen, jüdisch-hellenistischen und christlichen EKKATjolaL. 26 Siehe H.-P. MÜLLER, ";;ti?, Sp. 609; ROSE, Dtn I, 323. 27 Siehe Ps 25,5 LXX , wo von der EKKATjola 1TOVTjPEUOf.LEVWV die Rede ist (Ps 26,5 MT : c'l,7J9 "'JE')' In IQH 10[2*],30 (vgl. Ps 26,12) bezieht sich C'?;;tP9 auf die Versammlung der Feinde des Beters. 4QI69 Fragm. 3-43,5.7 benutzt ";;ti? für die Versammlung derer, die "glatte" Anweisungen geben. In 1QM 11,16 geht es um das Strafgericht an Gog und seinem ganzen ";;ti?; lQM 14,5 spricht vom C'~il "'JE' (s. auch 4Q491 Fragm. 8-10 1,3). Siehe ferner lQM 15,10 sowie Philo, SpecLeg 11 44. - In Sir 26,5 bezeichnet EKKATjOlaV ÖXAOU das Zusammenströmen einer Volksmenge. 28 Siehe Jdc 20,2; (21,5.8); ISam 17,47; lChr 28,2.8; 2Chr 10,3; 23,3; 28,14; Neh 5,7.13 (Versammlung zur Behebung der sozialen Missstände); Jdt 6,16.21; 7,29; 14,6; IMakk 5,16; 14,19; Josephus, Bell I 550.654.666; IV 159 u.ö., s. auch Sir 33,19; 38,33. Im juridischen Zusammenhang z.B. Sir 23,24. Vgl. auch die Einberufung des ganzen "vi? "zum Gericht oder zum Rat der Gemeinschaft oder zum Aufgebot des Krieges" in 1QSa 1,25f (Übers. Lohse). 29 Siehe 2Chr 6,3; 7,8; 29,23.28.31f; 30,2.4.13.17.23-25; Ps 21,23.26 Lxx ; 25,12 Lxx ; 34,18 Lxx; 39,10Lxx ; 67,27 LXX ; 88,6 LXX ; 106,32Lxx; 149,I Lxx , s. auch 2Chr 1,3.5; Esra 10,1; Joel2,16; Sir 50,13.20; IMakk 4,59; PsSal 10,6. In lKön 8,14.22.55.65 bezeichnet EKKATjOla das zur Einweihung des Tempels versammelte Volk. Primär auf die Kultgemeinschaft zielt ferner die Rede von der EKKATjola KUPlOU in Dtn 23,2-9 (Philo, Virt 108 bezieht Dtn 23,9 dann freilich allgemein auf die jüdische Gemeinschaft [vgl. BERGER, Kirche, 215], s. zur Rezeption von Dtn 23 bei Philo auch All III 81; Post 177; Imm 111; Ebr 213; Conf 144; Migr 69; Mut 204f; Somn 11 184; SpecLeg I 325ft), s. ferner Thr 1,10 und Neh 13,1. Vgl. unter den Qumrantexten 4Q403 Fragm. 1 2,24; 4Q427 Fragm. 7 1,18; llQTa (1IQI9) 16,14f.16.18; 18,7; 26,7.9. - Im Einzelfall sind politische und gottesdienstliche Zusammenkünfte nicht streng zu unterscheiden, s. z.B. 2Chr 20,5.14 sowie auch lChr 13,2.4. In lChr 28,2ff präsentiert David der EKKATjola der vor ihm versammelten Oberen Israels (LXX fügt in 28,2 EV f.LEOev tfit; EKKATjolat; ein) nicht nur seinen Nachfolger Salomo, sondern ermahnt auch zum Halten der Gebote (IChr 28,8). In lChr 29,20 folgt die Aufforderung zum Lobpreis des Herrn. 30 Ps 25,12 Lxx ; 67,27 LXX • 31 Vgl. noch lChr 28,8 (s. oben Anm. 29) sowie auch Dtn 4,10; 9,10; 18,16. 32 Siehe auch Josephus, Ant IV 309. 33 Volksversammlung, 168-173.
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes?
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ni glichen Verordnungen nur noch verlesen wurden und dem Volk allein die Akklamation blieb, Gesetze aber nicht mehr verhandelt wurden. Der Gebrauch von EKKAT]OLa ist nicht reserviert für Versammlungen des ganzen Volkes 34, sondern ohne Weiteres für einzelne Gruppen anwendbar35 . Verschiedentlich wird die Gottesrelation durch die Rede von der EKKAT]OLa KUPLou 36 oder 9EOU 37 explizit benannt, wobei in Dtn 23,2.3.4.9; lChr 28,8; 29,20; Neh 13,1 der kultisch-gottesdienstliche Aspekt hervortritt. Insgesamt ist für die Verwendung von EKKAT]OLa charakteristisch, dass sich das Wort auf das Volk oder Gruppen des Volkes "als Aufgebot Gottes ... , das durch die Antwort auf den Ruf JHWHs qualifiziert,,38 ist, beziehe 9.
Die offenbar schon in den frühen judäischen Gemeinden40 erfolgte Verwendung von "Qj?/EKKA:llOla - genauer: von"~ "iJp/EKKATjOla tOU eEOU (s. lKor 15,9; GaI1,13; lThess 2,14) - als Selbstbezeichnung spiegelt keines-
34 Zum Bezug auf Israel im Ganzen siehe z.B. IMakk 2,56; 2Chr 7,8. Mehrfach begegnet das Syntagma EKKAT]OLa 'Iopa~A (Dtn 31,30), häufig durch TTiioa verstärkt (lKön 8,14.22.55; lChr 13,2; 2Chr 6,3.12.13; 10,3; IMakk 4,59; Sir 50,13). 35 2Chr 20,5; 23,3; 30,25 spricht von der EKKAT]OLa Iouöa. In 2Chr 28,14 bezieht sich EKKAT]OLa auf die Versammlung der Sippenhäupter Ephraims. In Esra-Nehemia dient EKKAT]OLa verschiedentlich zur Bezeichnung der Gruppe der Rückkehrer (Esra 2,64; 10,8.12.14; Neh 7,66; 8,2.17). In Jdt 6,16.21 meint EKKAT]OLa die Zusammenkunft der Ältesten der Stadt "Betulia" (wohl "Kryptogramm für Jerusalem" [ZENGER, Jdt, JSHRZ 1/6,435]), in Jdt 7,29 hingegen das sich gegen die Oberen auflehnende Volk der Stadt (s. ferner noch Jdt 14,6). Einzustellen sind hier auch Belege, in denen gottesdienstliche Versammlungen im Blick sind. Siehe ferner ISam 19,20 (t~V EKKAT]OLaV tWV TTPOepT]tWV, vgl. Josephus, Ant VI 222); IMakk 3,13 (EKKAT]OLaV TTLOtWV) und auch Ps 88,6 LXX (EKKAT]OLa ayLwv). Zu Ps 25,5 LXX und Sir 26,5 s. oben S. 356, Anm. 27. Instruktiv ist ferner Jdc 21,5-8, wo die zur EKKAT]OLa zusammengekommenen "Söhne Israels" mit ganz Israel (entgegen der Betonung in Jdc 20,1-11) nicht identisch sind. - Siehe ferner auch den C','l:ln ":-Ip in 11 Q05 18,12. 36 Dtn 23,2.3.4.9; lChr 28,8; 29,20; Mi 2,5, wo nach dem Modell von Jos 18,1-19,51 eine erneute Verteilung des Landes imaginiert wird, bei der Jerusalem bzw. die mächtige Oberschicht der Stadt wegen der wirtschaftlichen Unterdrückung der Armen nicht berücksichtigt werden wird (vgl. UTZSCHNEIDER, Mi, 58f), und diese - den Willen Gottes zur Geltung bringende - Versammlung Israels als EKKAT]OLa KUPLOU bezeichnet wird. Ferner Philo, Ebr 213 (zitiert Dtn 23,2). 37 Neh 13,1 (nimmt Dtn 23,4-6 auf); Philo, All III 8; Ebr 213 Ueweils Rekurse auf Dtn 23,2). Siehe ferner lQSa 2,4 (auch hier geht es um den Zutritt zur Versammlung/Gemeinde); lQM 4,10. Siehe auch die EKKAT]OLa tau TTaVT]YE~6voc; in Philo, Mut 204. 38 COENEN, EKKAT]OLa, 1140 (Hervorhebung im Original). 39 Exemplarisch illustrieren lässt sich dies gut durch Jdc 21,5-8: Das Zusammenkommen zur EKKAT]OLa ist identisch mit dem "Hinaufkommen zu Jhwh" (V.8), dem hier freilich nicht ganz Israel nachkommt (vgl. oben Anm. 35). Einzustellen sind hier ferner verschiedene Belege für ";;ti? aus den Qumrantexten wie lQSa 2,4; l1Q05 18,12 oder CD 12,6, s. auch CD 7,7; 11,22. 40 Siehe dazu SCHENKE, Urgemeinde, 87; ROLOFF, Kirche, 83-85.
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Kap. 6: Israel und die Kirche
wegs zwingend ein Selbstverständnis als neues, eschatologisches Israel 41 . Aus der Verwendung geht zunächst einmal ,nur' hervor, dass sich die christus gläubigen Gruppen in Israel als das von Gott bereitete (eschatologische) Aufgebot qualifiziert sahen. Ein solches Selbstverständnis kann ohne Weiteres mit der Idee verbunden sein, einen missionarischen Auftrag gegenüber dem übrigen Gottesvolk zu besitzen. So urteilt Roloff im Blick auf das Selbstverständnis der Urgemeinde, dass sich in der Verwendung von EKKATjOLa TaU 9EOU als Selbstbezeichnung ausspricht, dass sie "sich als das von Gott erwählte Aufgebot [wusste], das von ihm dazu bestimmt war, Mitte und Kristallisationspunkt des nun von ihm zu berufenden endzeitlichen Israel zu werden,,42. Mt 16,18 kann man in diesem Sinnhorizont und damit im Rahmen der in Kap. 2.3 und Kap. 6.1 thematisierten Aufgabe der Gemeinde an den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" lesen. Matthäus identifiziert nicht die Kirche mit Israel bzw. lässt nicht die Kirche an die Stelle Israels treten, sondern die ecclesia ist der Teil Israels (wie auch der übrigen Völkerwelt), der das Christusgeschehen (im umfassenden Sinn der matthäischen Jesusgeschichte) als das eschatologische Heilshandeln des Gottes Israels erkannt hat und sich in die Nachfolge, in die Jüngerschaft, hat rufen lassen, der den AOYOC; Tf\C; ßaoLAELac; (13,19), um das Sämannsgleichnis aufzunehmen, angenommen hat und entsprechend Frucht bringt43 . Die ecclesia - der matthäische Jesus redet näherhin von seiner EKKATjOLa - ist, anders gesagt, die von Jesus bzw. durch die Mission gesammelte eschatologische Heilsgemeinde 44 , die durch das Bekenntnis zu Jesus als Sohn Gottes (16,16) und ein Leben nach seinen Weisungen (28,20a) qualifiziert ist und auf seinen Namen hin zusammenkommt (18,20)45. Ihre Keimzelle ist der von Jesus im Rahmen seines Wirkens in Israel herausgebildete Jüngerkreis, der nach der 41 Mit Recht gegen das Postulat einer mit dem Gebrauch von EKKÄTjOta zum Ausdruck gebrachten bundestheologischen Typologie BERGER, Volksversammlung, 185f. 42 ROLOFF, EXKATjota, Sp. 1001. Vgl. BERGER, Volksversammlung, 198: "Die Auffassung ist ohne Zweifel zunächst, daß durch Jesus der qahal bzw. die Ekklesia Gottes begründet ist, und zwar in Israel" (Hervorhebung im Original). Siehe auch a.a.O., 199: "Israel und seine Erwählung stehen jedenfalls nicht angesichts des Begriffes ,Ekklesia Gottes' zur Debatte oder konkurrieren dieser gar." 43 Vgl. zu Mt 13,3-23 oben Kap. 4.4, S. 274 mit Anm. 466. 44 V gl. die Differenzierung zwischen der Qumrangemeinschaft und Israel, wie sie in 1QS in Selbstbezeichnungen der Qumrangemeinschaft wie "heiliges Haus für Israel" (IQS 8,5) oder "Haus der Vollkommenheit und Wahrheit in Israel" (lQS 8,9) zum Ausdruck kommt. Siehe ferner CD 3,19 sowie auch lQS 8,11.12; 9,6; lQH 14[6*],24-28; und lQS 6,13f: "Jeden, der sich aus Israel willig zeigt, sich dem Rat der Gemeinschaft anzuschließen, soll der Aufseher, der an der Spitze der Vielen steht, prüfen ... " (Übers. Lohse). Vgl. dazu HARVEY, Israel, 190. 45 Siehe dazu S. VON DOBBELER, Versammlung, 210-214.
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matthäischen Konzeption nachösterlich Menschen aus allen Völkern offen steht. Ihrer missionarischen Grunddimension nach ist sie keine statische, sondern eine dynamische Größe, nicht das feststehende Resultat einer abgeschlossenen Sammlungsbewegung, sondern als bereits ,gesammelter Teil' der Menschheit selbst Medium der weiteren Sammlung. Insbesondere ist der Jüngergemeinde als zunächst in Israel gesammelter ecclesia Jesu bleibend eine Aufgabe gegenüber dem übrigen Volk zugewiesen, sie ist in den Dienst der mit dem Wirken Jesu inaugurierten eschatologischen Zuwendung Gottes zu seinem Volk gestellt46 . Anders gesagt: Mit der Sammlung der Jünger in Israel ist das Heilsangebot an ganz Israel nicht obsolet geworden. Vielmehr wissen sich die Jünger, die vormals selbst zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gehörten47 und gleichsam den schon gesammelten Teil der Herde darstellen, dem Erbarmen Jesu über sein Volk (9,36) bleibend verpflichtet und daher selbst zu den noch immer "verlorenen Schafen" gesandt, diese zu sammeln. Die HirtlHerde-Metaphorik ist in Kap. 2 als eine Leitkategorie der matthäischen Darstellung Jesu als davidischer Messias und seiner Zuwendung zu den Volksmengen aus Israel aufgewiesen worden. Die Hirt/Herde-Metaphorik begegnet bei Matthäus aber auch in ekklesialer Ausrichtung. Im Gefolge von Mk 14,27 wird in Mt 26,31 die Ankündigung Jesu, dass alle Jünger an ihm Anstoß nehmen werden, durch ein Schriftzitat Jesu aus Sach 13,7 untermauert: "Denn es steht geschrieben: ,Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden. ",48 Ekklesial ausgerichtet ist die Verwendung der Schafmetapher ferner in Mt 18,12-14. Dies bedeutet nicht, dass aus dem Hirten Israels am Ende des Evangeliums der Hirte allein der - für die ecclesia transparenten Jüngerschaft49 geworden ist50 , also von einer Verlagerung des ,Hirtenamtes' Jesu von Israel auf die Gemeinde im Laufe der Jesusgeschichte zu sprechen ist. Beide Verwendungsweisen lassen sich vielmehr problemlos in ein übergreifendes Konzept integrieren. Jesus ist als Hirte zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gesandt. Die Jüngerschaft bildet gewissermaßen die Herde der schon gesammelten Schafe, die im Zuge der Passion Jesu wieder zerstreut wird, sich aber nachösterlich, wie in 26,32 angekündigt (vgl. 28,7.10), wieder sammelt. Zur These eines integrativen Konzepts passt, dass mit der
46 Vgl. jetzt FIEDLER, Mt, 289, nach dem "die Christus-Jesus-Gemeinde in den Augen des Mt so etwas wie der Kristallisationskern des endzeitlich zu sammelnden Gottesvolks Israel" ist. - Dass die Rede von der ecclesia Jesu in Mt 16,18 speziell an Dtn 4,10; 9,10; 18,16; 31,30 anknüpft und ein typologischer Bezug auf die EKKA.TjOLo: Israels am Sinai vorliegt (so DA VIEs/ALLISON, Mt II, 629), lässt sich aus Mt 16,18 selbst nicht heraus-, sondern nur hineinlesen. 47 Vgl. HAHN, Mission, 109: "Die Gemeinde versteht sich ... primär als die Jüngerschar aus den Juden, als die verlorenen Schafe Israels, zu denen Jesus gekommen ist." 48 Luz, Mt IV, 125 verbindet hier den Bezug auf die Jünger mit dem Postulat, dass die "Leser/innen" daneben "auch an das ganze Volk, dessen Hirte Jesus ist (vgl. 10,5f)", denken werden. 49 Zu dieser Transparenz grundlegend Luz, Jünger, 377-397. 50 Anders die Tendenz bei MENNINGER, Israel, 142-148.
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ekklesialen Ausrichtung von Mt 18,12-14 anders als in LklQ 15,4-7 nicht (mehr) vom verlorenen, sondern vom verirrten Schaf die Rede ist. Matthäus differenziert also: Im Zuge der Mission geht es um die Zuwendung zu den "verlorenen Schafen", in 18,12-14 hingegen um die, die sich bereits unter dem Hirten Jesus haben sammeln lassen und dann wieder vom Weg abgekommen sind, um die verirrten Schafe, denen die Gemeinde nachzugehen hat, damit sie nicht wieder verloren gehen (vgl. 18,14: '(va a1T6AlJT:a~ EV twv ~LKPWV t01JtWV). Für die These eines integrativen Konzepts spricht ferner, dass Jesus auch in seiner Funktion als Menschensohn-Richter als Hirte präsentiert wird (25,32f)51.
Der angesprochenen Zuordnung von ecclesia und Israel fügt sich die Zusage an Petrus in 16,19 nahtlos ein, dass ihm (als Repräsentanten des Jüngerkreises) die Schlüssel des Himmelreiches gegeben werden (16,19). Es ist bereits oben in Kap. 4.1.3 darauf verwiesen worden, dass es hier um die halachische bzw. ethische Unterweisung geht, deren grundlegende Bedeutung im Rahmen der Aufgabe, Menschen zu Jüngern zu machen, in 28,19f deutlich wird. Es ist für Matthäus wesentlich die der Gemeinde verliehene Vollmacht zur Unterweisung, die sie in ihrem Dienst in und an Israel und an der übrigen Menschheit auszeichnet. Den Jüngern obliegt es, den Menschen durch die Auslegung des Willens Gottes auf der Basis der Unterweisung Jesu das Himmelreich aufzuschließen bzw. durch die eigene Praxis Licht der Welt zu sein und so die Menschen zum Lobpreis Gottes anzuleiten (5,14-16). Zieht man 23,13 hinzu, erscheint die ecclesia hier in Konkurrenz zu den Schriftgelehrten und Pharisäern. Dem korrespondiert in Mt 16, dass in 16,5-12 eine eindringliche Warnung vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer (16,12) vorangeht. Aufzunehmen ist hier ferner noch einmal die Verbindung von 16,19 mit 21,43: Der Übergabe der Schlüssel des Himmelreiches in 16,19 entspricht die Übergabe der Basileia Gottes in 21,43, die im Kontext des Winzergleichnisses die Aufgabe der Jünger als der neuen Winzer im Weinberg Gottes interpretiert52 . Matthäus vertritt also nicht eine Substitution Israels, wohl aber der alten Führungsschicht, der alten ,Hirten " durch die Kirche 53 . Dem ist ein weiteres Moment anzufügen: Am Ende von Kap. 5.4 ist auf die kreative Neuinterpretation der auf den Zion bezogenen Heilshoffnung für die Völker verwiesen worden 54. Die Bildung der ecclesia ist in Konkurrenz zu den traditionell mit Jerusalem verbundenen Heilserwartungen getreten. Das "Licht des Herrn" (Jes 2,5) ist nicht auf dem Zion zu finden, sondern die Jünger Jesu sind - in der Nachfolge Jesu (vgl. 4,16) - das Licht der Welt (Mt 5,14). Beachtet man, dass Matthäus die Führungs51 Siehe dazu CHAE, Jesus, 219-225. 52 Siehe oben Kap. 4.1.3, S. 201-207. 53 Vgl. dazu oben Kap. 2.1.2, S. 39. 54 Siehe oben Kap. 5.4, S. 346.
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schichten und Jerusalem in der Gegnerschaft gegen Jesus zusammengebunden hat, kann man im Blick auf die Ablösung der Autoritäten und die Transformation der mit Jerusalem verbundenen Heilshoffnung von zwei Momenten eines Substitutionsgeschehens sprechen. Möglicherweise ist dies durch die Ablösung speziell des Tempels noch zu konkretisieren. Denn während das Zerreißen des Tempelvorhangs das Ende des durch Jesu Sühnetod obsolet gewordenen und von Gott verlassenen (23,38) Tempels anzeigt (27,51)55, wird in der Mahlfeier der Gemeinde, der Jesus sein Mitsein (18,20; 28,20) und damit das Mitsein Gottes zugesagt hat, die durch Jesu Tod gewirkte Vergebung der Sünden vergegenwärtigt. Im Blick auf die Rede von der Erbauung (OLKOÖOJ..LElV) der ecclesia lässt dies fragen, ob hier nicht bloß allgemein die Vorstellung von der Kirche als Haus (vgl. lKor 3,10-15; Eph 2,20), sondern näherhin die von der Gemeinde als Tempel (vgl. 1Kor 3,16f; Eph 2,21; 1Petr 2,5 56)57 anklingen soll58. Baumetaphorik ist freilich weiter verbreitet59 und daher in Mt 16,18 nicht zwingend auf den Tempel engzuführen. Matthäus spricht jedenfalls nicht explizit von der Gemeinde als Tempel Gottes 60 . Auch für
Vgl. oben Kap. 4.3.3, S. 253. Siehe ferner Gal 2,9 (?); lTim 3,15; IPetr 4,17; Apk 3,12; Ignatius, Eph 9,1. Die Konzipierung der Gemeinde als Tempel hat frühjüdisch eine Parallele in Qumran (s. lQS 5,6; 8,5; 9,6; 11,8; 4Q174 Fragm. li+21 +2 (3,)2--4 u.ö., vgl. dazu GÄRTNER, Temple, 1646; KLINZING, Umdeutung, 50-93), die im Rahmen der Ablehnung des Jerusalemer Kultes zu verstehen ist: Die Gemeinde substituiert den durch den illegitimen und unwürdigen Priesterdienst entweihten Tempel. Zu verweisen ist ferner auf die Verbindung der Erwartung eines eschatologischen Tempels (zu dieser s. z.B. IHen 90,29; 91,13; TestBenj 9,2; Sib III 290) mit der des Wohnens Gottes unter den Seinen in Jub 1,17 (vgl. ohne Tempel Apk 21,3 [vgl. 21,22]). 57 Folgt man J. BECKER, Gemeinde, 12-16, handelt es sich hier um eine alte Vorstellung, denn nach ihm geht lKor 3,16f auf Jerusalemer Tradition zurück und gibt "das Kirchenverständnis der frühen Urgemeinde" (15) wieder. 58 In diesem Sinn z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 603.627f; ROBINSON, Peter, 90f, s. auch Luz, Mt II, 462fund Kupp, Emmanue1, 225. 59 Siehe Jer 18,9; 24,6; 31,4; 33,7; 42,10; Am 9,11; 4Q171 3,16 u.ö. 60 Gegen einen Bezug von Mt 16,18 auf die Vorstellung von der Gemeinde als Tempel GNILKA, Mt II, 62; KLINZING, Umdeutung, 205-207. - Einige Ausleger erwägen aufgrund des jeweiligen Vorkommens von OlKOÖOf.LEiv eine Verbindung von 16,18 und 26,61 (s. z.B. Luz, Mt II, 463; NOLLAND, Mt, 672), so dass dann in 26,61 die Vorstellung von der Gemeinde als Tempel impliziert wäre. In 26,61 würde dann - wiederum - eine subtile Ironie begegnen: Während die Zeugen an die Wiedererrichtung des Tempels innerhalb von drei Tagen denken - Matthäus lässt die Zeugen nicht wie Mk 14,58 von einem "anderen, nicht mit Händen gemachten" Tempel reden - , beginnt tatsächlich nach drei Tagen der Bau des Tempels der Gemeinde. Aber eine Anspielung auf die Gemeinde ist in 26,61 keineswegs sicher (gegen eine solche Anspielung KLINZING, Umdeutung, 204). 55
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21,42 ist eine Anspielung auf die Gemeinde als Tempel zwar möglich 61 , aber nicht sicher, d.h. auch hier steht möglicherweise allein die Vorstellung von der Gemeinde als Bau im Hintergrund. So oder so kann man hier die beiden genannten Momente des Substitutionsgeschehens direkt miteinander verbunden sehen: Jesus als der von den (alten) Bauleuten verworfene Stein ist zum Eckstein (des neuen Tempels/des Hauses der Gemeinde) geworden; die alten Bauleute sind damit verworfen, während Jesus durch die Mission seiner Jünger seine Gemeinde baut. Dass sie auf Fels, also auf festem Fundament gebaut ist (vgl. 7,24-27), gibt ihr Bestand. Die in 16,18c angefügte Verheißung, dass die Tore des Hades nicht stärker sein werden als sie bzw. sie nicht zu überwältigen vermögen, unterstreicht dies (vgl. auch 28,20b)62. 61 In diesem Sinne z.B. ZAHN, Mt, 634; DAVIES/ALLISON, Mt H, 185f. Anders KLINZING, Umdeutung, 209. 62 Zu 16,18c als einer Bestandszusage s. z.B. SCHMID, Mt, 249f; SCHWEIZER, Mt, 223; HAGNER, Mt H, 472; Luz, Mt H, 464. - Die Deutung von 16,18c ist freilich im Einzelnen schwierig (s. zur Vielzahl der vorgebrachten Deutungen die Übersicht bei DAVIESI ALLISON, Mt II, 630-632). 1T\JAaL ~öou (vgl. Homer, Il 5,646; 9,312; Od 14,156; Diogenes Laertius 8,34; Lukian, Nec 6, alttestamentlich-frühjüdisch Jes 38,10; 3Makk 5,51; SapSal 16,13; PsSaI16,2; 2Hen 42,1) wird häufig als pars pro toto, also im Sinne der Totenwelt im Ganzen verstanden (s. z.B. GNILKA, Mt 11, 64; LUCK, Mt, 188; HAGNER, Mt II, 471; FRANKEMÖLLE, Mt II, 222). Dafür ist darauf verwiesen worden, dass die Rede von den "Schlüsseln des Himmelreiches" in 16,19 die Vorstellung eines Tores impliziert, 16,18c also im Vorblick darauf formuliert sein kann (s. MARCUS, Gates, 446). KatLOXUOOUOLV kann man dann intransitiv im Sinne von "stärker sein" verstehen (in diesem Sinne z.B. Luz, Mt, 464; HOMMEL, Tore, 124). Andere Ausleger verweisen darauf, dass der Hades nicht nur die Toten beherbergt, sondern auch "the demonie agents of death and destruction" (MARCUS, Gates, 444, s. auch DAVlEs/ALLISON, Mt II, 633; JEREMIAS, lTUATj, 926f). Die Vorstellung wäre dann stärker die eines Kampfes, in dem die dämonischen Mächte die Kirche bestürmen, aber nicht zu bezwingen vermögen. Bei bei den Varianten kann man fragen, ob damit der Rede von den "Toren des Hades" adäquat Rechnung getragen ist. Erwägen kann man daher eine weitere Option: An den Toren des Hades zu stehen (3Makk 5,51) oder dorthin zu gelangen (les 38,10, s. auch SapSaI16,13) ist Ausdruck für unmittelbare Todesgefahr. Zu beachten ist, dass die Rede vom Tod in frühjüdischer wie frühchristlicher Tradition häufig über einen rein biologischen bzw. physischen Sinn hinaus soteriologisch aufgeladen ist und gottfeme Sünder als Tote bezeichnet werden können (s. dazu KONRADT, Existenz, 47-56 mit Belegen). In PsSal 16,2 steht die Rede von der Nähe zu den lTUAaL ~öou in diesem Sinnzusammenhang: Als der Beter fern von Gott war, war seine Seele "nahe den Toren des Hades mit dem Sünder zusammen". Liest man Mt 16,18c in diesem Licht, könnte es hier weniger um eine Schutz- oder Bestandszusage als um eine Ermutigung im Zusammenhang der der ecclesia nach 28,1920a zukommenden Aufgabe gehen (vgl. NOLLAND, Mt, 675f). Bei der Rede von den "Toren des Hades" ginge es dann darum, dass der Hades durch seine Tore Menschen in sich hineinzuziehen sucht. 16,18c passte so gut zu 16,19: Die Tore des Hades erschienen als Gegenspieler zur ecclesia in ihrer Aufgabe, Menschen dem Himmelreich zuzuführen.
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes?
363
Festzuhalten ist hier, dass 16, 18f im Ganzen keinen Hinweis gibt, dass Matthäus den Bau der ecclesia im Sinne einer Substitution Israels verstanden hat. In dem Anspruch, dank der Erschließung des in Tora und Propheten niedergelegten Willens Gottes durch Jesus befähigt zu sein, Menschen das Himmelreich aufzuschließen, manifestiert sich das Selbstverständnis der ecclesia, die einzig legitime Sachwalterin der theologischen Tradition Israels zu sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die ecclesia Israel beerbt; vielmehr ist dieses Selbstverständnis im Rahmen eines innerhalb Israels erhobenen Führungsanspruchs zu sehen63 . Offen ist damit noch die Frage, inwiefern die Aaoc;-Aussage in 1,21 (atrcoc; yap OWOEL "tov Aaov au"toD a1To "twv uf.1apnwv au"twv) im Gesamtkontext des Evangeliums - insbesondere im Licht von 26,28 betrachtet auf ein Verständnis der ecclesia als (neues) Gottesvolk hindeutet. Der Zusammenhang von 26,28 mit der christologischen Basisaussage in 1,21 ist durch die matthäische Einfügung von Ei.c; &cjJEOLV uiJ.apnwv in das Kelchwort evident. In der Lebenshingabe Jesu, auf die mit der Rede vom (Vergießen des) Blut(es) verwiesen wird, vollendet sich die ihm in 1,21 zugewiesene Aufgabe. Die redaktionelle Hinzufügung des Jesusnamens im titulus cruds in 27,37 unterstreicht, wie gesehen, diesen Zusammenhang64 • Durch die auf Ex 24,8 anspielende Rede vom alf.1a iJ.OU "tf)c; ÖLae~KT]C; wird ferner die fest mit der Rede vom Gottesvolk (1,21) verbundene BundesvorsteIlung aufgenommen. Daraus, dass der Bezug auf Ex 24,8 ein typologischer ist, wird häufig gefolgert, dass es sachlich auch in Mt 26,28 um den
16,18c verheißt der Gemeinde, dass die Tore des Hades dabei (letztlich) nicht siegreich sein werden. Für diese Deutung kann man auf die Beschreibung der soteriologischen Notlage des Volkes durch das Jesajazitat in 4,15fverweisen: Es geht beim Wirken Jesu und der Sendung seiner Jünger um die Zuwendung zu Menschen, die EV xwpq: Kat OKLq 8avlXrov sitzen. Gegen diese Deutung spricht, dass at)"di~ in 16, 18c direkt auf die ecclesia bezogen und daher zu erwarten ist, dass es darum geht, dass die Tore des Hades nichts gegen die ecclesia selbst zu bewirken vermögen, es also nicht bloß um das ,missionarische Feld', sondern eben um den Bestand der Kirche selbst geht, wie dies auch im Licht der vorangehenden Rede vom Felsenfundament nahe liegt. Kurzum: Die Deutung bleibt schwierig. Sie ist freilich im Blick auf die Bestimmung des Verhältnisses von Kirche und Israel nicht von entscheidender Bedeutung. 63 Die Bildung der ecclesia erscheint im Übrigen auch in dieser Hinsicht nicht als eine sekundäre, erst durch das Scheitern der Gewinnung ganz Israels bzw. durch die Ablehnung Jesu seitens der Autoritäten ausgelöste Initiative (s. dagegen z.B. die Position von Wilk, dazu oben Kap. 5.4, S. 340, Anm. 287). Jesus beginnt sein Wirken mit der Berufung von Jüngern (4,18-22), und schon hier tritt deren Aufgabe zutage, ,,Menschen zu fischen" (4,19). Zudem präsentiert Matthäus auch die sich gegen Jesus erhebende Opposition als in der Schrift vorausgesetzt (s. bes. die Reflexionszitate in 2, 17f; 27,9f). 64 Siehe oben Kap. 5.2.2.3, S. 320.
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Kap. 6: Israel und die Kirche
neuen Bund geht 65 • Die Verbindung des Motivs der Sündenvergebung mit der Rede von lTOUOL lässt neben Ex 24,8 ferner an Jes 53,llf als Intertext
denken 66 ; die Verknüpfung von Sündenvergebung und Bund lässt darüber hinaus auch Jer 31,31-34 assoziieren 67 . Es besteht dabei keine Notwendigkeit, in diesen Optionen sich gegenseitig ausschließende Alternativen zu sehen. Die im hier verfolgten Zusammenhang entscheidende Frage stellt sich ohnehin schon allein durch den Bezug auf Ex 24,8 und die Verbindung von 26,28 mit 1,21: Ist für Matthäus mit dem Tod Jesu die Errichtung eines neuen Bundes erfolgt, aus der sich die Konstituierung der Gemeinschaft derer, die in der ekklesialen Mahlgemeinschaft das durch Jesus gewirkte Heil vergegenwärtigen und empfangen, als des neuen Gottesvolkes ergibt? Ist in dem Zusammenhang von 1,21 mit 26,28 die Konzipierung der ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes angelegt? Bejaht man dies, ist zu folgern, dass A.a6~ sich vom Ende des Evangeliums her als eine auf die Kirche zu beziehende Aussage erweist68 • Dem steht freilich der eindeutige Israelbezug von 1,21 im engeren Kontext des Verses entgegen. Matthäus hat Jesus zuvor durch den Stammbaum in die Erwählungsgeschichte Israels, in die, wenn man so will, mit Abraham beginnende Bundesgeschichte eingestellt69 . 0 A.ao~ al),wu ist 65 Siehe GNILKA, Mt H, 401; HAGNER, Mt II, 773; DAVIEs/ALLISON, Mt III, 472f.477; Luz, Mt IV, 115. Siehe auch MENNINGER, Israel, 155; M. MÜLLER, Interpretation, 169f und HAM, Last Supper, 64-66. 66 Vgl. GNILKA, Mt II, 401; HARRINGTON, Mt, 368; HAGNER, Mt H, 773; WIEFEL, Mt, 450; FRANKEMÖLLE, Bund, 356; HAM, Last Supper, 60f, auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 465.473. Anders Luz, Mt IV, 115; FIEDLER, Mt, 391. 67 Für einen Bezug auf Jer 31,31-34 votieren GUNDRY, Use, 58; KNOWLES, Jeremiah, 208f; MENNINGER, Israel, 80.154f; CARTER, Storyteller, 218; SENIOR, Lure, 110; HAM, Last Supper, 61f, s. auch HAGNER, Mt II, 773. Anders WOLFF, Jeremia, 131f, zurückhaltend DAVIEs/ALLISON, Mt III, 474f, die auf die Eintragung des Sühnemotivs in Targumim zu Ex 24,8 verweisen (475, s. auch LICHTENBERGER, Bund, 221f). 68 Zur ekklesiologischen Deutung von Mt 1,21 s. oben S. 349, Anm. 3. - Stünde in Mt 1,21 Ps 129,8LXX (CXlltO~ AU'L'pWaE'tCXL 'L'OV 'Iapcx~A EK lTcxawv 'tWV avol.LLWV cxu'tQu) im Hintergrund, könnte die Ersetzung von Israel durch Acx6, darin eine Erklärung finden, dass Matthäus von einem durch das Christus geschehen veränderten Gottesvolkbegriff ausgeht (so z.B. NOVAKOVIC, Messiah, 65f). Aber zum einen ist diese Erklärung nicht zwingend, zum anderen ist zu konstatieren, dass die Wortlautübereinstimmung mit Ps 129,8 LXX gering ist. Auch dann, wenn man von einer freien Wiedergabe oder eigenen Übersetzung des hebräischen Textes ausgeht (schließlich hat der Satz die Funktion, den Namen "Jesus" zu erklären), fallt auf, dass Matthäus von ihren Sünden redet und lTcxaWV kein Pendant hat. 69 Matthäus dürfte ferner schon im Stammbaum - durch die betonte Erwähnung des Exils wie möglicherweise auch durch die auffallige Häufung von im Alten Testament mit dem Priestertum verbundenen Namen (vgl. oben Kap. 2.1.1.1, S. 28) - die soteriologische Motivik von 1,21 vorbereitet haben.
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes?
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schon dadurch eindeutig israelbezogen bestimmt, und dies wird durch 2,6 nachdrücklich untermauert. Zudem bleibt bis zur letzten Verwendung von Aaoc;; in 27,64 der eindeutige Bezug des Wortes auf das jüdische Volk bzw. Glieder des jüdischen Volkes 70 erhalten. Hätte Matthäus ein Verständnis der Kirche als (neues) Gottesvolk vertreten wollen, hätte er überdies, wie gesehen, in 21,43 eine Gelegenheit par excellence gehabt, um dies deutlich zu machen. Kontext und weitere Verwendung von Aaoc;; sprechen also dezidiert dagegen, 1,21 von 26,28 her ekklesiologisch engzuführen. 1,21 blickt auf die Erfüllung der Israel geltenden Heilsverheißung aus. Liest man 26,28 im Duktus des Evangeliums von 1,21 her (und nicht umgekehrt 1,21 auf der Basis eines ekklesiologisch enggeführten Verständnisses des Kelchwortes von 26,28 her), vollendet sich im Tod Jesu die Einlösung dieser Heilsverheißung fiir Israel 71 • Zugleich weitet sich durch die Rede vom TIEp t TIOAAWV vergossenen Blut, wie gesehen, der Horizont auf die gesamte Völkerwelt hin aus 72 . Für das weitere Verständnis dürfte es hilfreich sein, zwischen der ,objektiven' Realisierung des Heils für Israel (und die übrigen Völker) und dessen ,subjektiver' Aneignung (durch die Jünger) zu unterscheiden. Durch Jesu Tod Ei.c;; ä<jJEaLV tXllapnwv ist ganz Israel und darüber hinaus der gesamten Menschheit das Heil bereitet und zugänglich. Die dem Gottesvolk geltende Heilsverheißung ist damit ,objektiv' erfüllt - unabhängig davon, ob bzw. von wie vielen dieses Heil in Israel (bzw. in der Völkerwelt) angenommen wird. Die Aussage von 1,21 ist in diesem Sinne der ,objektiven' Fundierung und der damit gegebenen Möglichkeit des Zugangs zum Heil zu verstehen und nicht ekklesiologisch engzuführen. Dem fügt sich ein, dass die Heilsbedeutung der Lebenshingabe Jesu in den Deuteworten zu Brot und Wein bei Matthäus im Gefolge von Mk 14,22.24 nicht wie bei Paulus und Lukas durch lmEp UllwV auf die Mahlgemeinde appliziert wird (Lk 22,19.20; 1Kor 11,24), sondern Jesu Tod als für "die Vielen" geschehen ausgewiesen wird73 , womit eben nicht allein die Jünger anvisiert sind, sondern die universale soteriologische Bedeutung des Heilstodes Jesu ausgesagt wird. In Mt 26,26-29 erfolgt erst in V.29, wo der Blick auf das eschatologische Mahl im Himmelreich gerichtet ist, eine personale Applikation auf den Jüngerkreis.
Zu semantischen Aspekten s. die Ausfiihrungen oben Kap. 3.2, S. 170-172. Siehe in dieser Hinsicht noch einmal den Rückbezug von 27,37 auf 1,21 (vgl. oben Kap. 5.2.2.3, S. 320): Jesus, der Retter von den Sünden, ist der König der Juden. 72 Siehe oben Kap. 5.3, S. 330. 73 Dem korrespondiert das Fehlen des Wiederholungsbefehls toüro TTOLELtE El~ t~V E~~V &va~VT]aLV (Lk 22,19; IKor 11,24.25) bei (Markus und) Matthäus. 70 71
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Es geht also in 26,28 nicht um einen ,neuen', mit der ecclesia geschlossenen Bund, der den ,alten' Bund Gottes mit Israel ersetzt. Vielmehr verweist der Zusammenhang von 26,28 mit 1,21 gerade auf die Einbindung von 26,28 in die Bundesgeschichte Gottes mit Israel. Ist das richtig, ist für 26,28 adäquater von einer Erneuerung des einen Bundes zu sprechen74 , wie dies alttestamentlicher Bundestheologie entspriches und in der matthäischen Jesusgeschichte selbst - neben der angesprochenen Anbindung von 26,28 an 1,21 im Besonderen - durch das das Evangelium insgesamt prägende Kontinuitätsmotiv nahe liegt76. Anzufügen ist, dass in Mt 26,28 mit der Erneuerung des Bundes dessen Ausweitung bzw. Universalisierung einhergeht77 , da die universale Heilsbedeutung des Todes Jesu, wie ausge74 Ebenso FIEDLER, Mt, 390; FRANKEMÖLLE, Bund, 356f. Im Blick auf die markinische Fassung s. LANG, Becher, 201-203, im Blick auf die K(UV~ 1iLlxe~Kl] in Lk 22,20 z.B. KIRCHSCHLÄGER, Bund, 125f. Allgemein zur Herrenmahl-Paradosis BACKHAUS, Bund, 42f: "Sinaibund und Neuer Bund verhalten sich nicht antithetisch zueinander, sondern antitypisch. Deshalb ist in der Herrenmahl-Paradosis auch keineswegs an eine Annullierung des Sinaibundes gedacht, sondern an eine eschatologische ,Anknüpfung , und universale Weitung .... Der ,neue Bund' ist der eine soteriologisch vertiefte und universal entgrenzte Gottesbund" (Hervorhebungen im Original). 75 Siehe zur Diskussion die Beiträge in ZENGER (Hg.), Bund. Speziell zu Jer 31,31-34 darin den Beitrag von SCHENKER, Bund mit dem Fazit: "Der neue Bund ist der alte, aber der gegen den Bruch gefeite Bund" (112). Zu Jer 31,31-34 ferner LEVIN, Verheißung, 14Of; ZENGER, Testament, 114-117 (vgl. ZENGER, Bundestheologie, 29). Anders GROSS, Bund,99f.104-106. 76 Hatte Matthäus neben Ex 24,8 auch die Aufnahme des Exodusverses in Sach 9,11 im Blick - angesichts der Bedeutung des Sacharjabuches in der matthäischen Jesusgeschichte insgesamt (s. dazu BRUCE, Book; HAM, King) und der Zitation von Sach 9,9 in Mt 21,5 im Besonderen ist dies durchaus wahrscheinlich (vgl. NOLLAND, Mt, 1079; LINDARS, Apologetic, 132-134; HAM, King, 100f) -, ließe sich die Interpretation von Mt 26,28 im Sinne der Erneuerung des Bundes von daher untermauern, denn in Sach 9,11 dient die Anspielung auf Ex 24 dazu, die Befreiung der in Babyion Exilierten als neue Heilstat Gottes vom Bund Gottes mit Israel her zu begründen (vgl. HAM, King, 100). Die Vergebung der Sünden in Mt 26,28 könnte man dann in Analogie zur Freilassung der Gefangenen in Sach 9,11 sehen. 77 Ähnlich spricht FRANKEMÖLLE, Kirche, 11O.117f von einer Öffnung des Bundes Gottes mit Israel auf die Völkerwelt hin. FRANKEMÖLLE vermerkt freilich im Anschluss an die Arbeiten von LOHFINK und ZENGER (s. N. LOHFINK, Bund; N. LOHFINKIZENGER, Gott Israels) u.a. schon für den Tanach eine "Universalisierung im Bundes-Begriff' (99), so dass Matthäus hier eingezeichnet werden kann. Dagegen hat CRÜSEMANN, Bundesschlüsse, bes. 27-34 geltend gemacht, dass nirgendwo im Tanach, auch in Ps 25 nicht (s. dagegen N. LOHFINK, Bund, 120-130) explizit von einer Hineinnahme der Völker in den "Bund" die Rede sei, vielmehr "Bund" durchgehend eine israelspezifische Kategorie bleibe. In historisch-exegetischer Perspektive ist dem m.E. nicht zu widersprechen. Auch Jes 56,4.6 lässt sich noch im Sinne der Integration einzelner Nichtjuden als Proselyten fassen (vgl. z.B. GROSS, Israel, 163: "Jes 56,3-7 handelt von einzelnen gesetzesobser-
6.2 Die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes?
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führt, in der theologischen Konzeption des Matthäus die Grundlage der Völkermission bildet. Voraussetzung dafür, dass das von Jesus gewirkte Heil für den Einzelnen wirksam wird, ist die individuelle Annahme des Heils 7S durch Eintritt in die Jüngerschaft (vgl. 28,19a). Dem hingegen, der die Botschaft von der durch Jesu Tod gewirkten Vergebung der Sünden zurückweist, bleibt dieses Heil verschlossen. Die - das Mahl feiernde - ecclesia bildet also die Gemeinschaft derer, die das mit der Erneuerung des Bundes für alle gewirkte Heil durch Eintritt in die Jüngerschaft für sich angenommen haben, die des Bundes in diesem Sinne teilhaftig geworden sind79 . In der Feier des Mahls wird dieses Heil vergegenwärtigt. Die so zuteil gewordene Sündenvergebung garantiert freilich für Matthäus nicht den Zugang zum Himmelreich. Dieser ist auch für die, die Jesus als Kyrios und Sohn Gottes bekennen, an die Bedingung einer gerechten Lebenspraxis nach den Weisungen Jesu geknüpft (s. exemplarisch 7,21-27). Als Zwischenfazit ist festzuhalten: Der Zusammenhang von Mt 1,21 und 26,28 verweist nicht auf die Ablösung Israels als Gottesvolk durch die ecclesia, sondern allein darauf, dass die Erfüllung der Heilsverheißung für Israel auch den Völkern (TIEP1. TIoUwv) gleichen Zutritt zum Heil gewährtSo. Anders gesagt: Die Bildung der ecclesia bedeutet nicht das Ende Israels bzw. ist die ecclesia nicht das ,neue Israel,sl. Jesu Volk (6 Auoe; ulrcoii) und seine Kirche ([.LOU ~ EKKAT)OLU) sind nicht miteinander zu identifizieren. Vielmehr deutet sich an, dass Israel und ecclesia soteriologisch auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind: Israel erscheint als Adressat bzw. Empfänger des Heilshandelns Gottes in Jesus Christus (Mt 2,6; 4,16.23; 15,24) - und bleibt dies auch nach Ostern. Die ecclesia hingegen ist die im Rahmen der divergierenden Reaktionen auf Jesus in Israel entvanten Nichtisraeliten, die in das YHWH-Volk integriert werden" [Kursivierung im Original]. Etwas anderes ist, ob man von einem gesamtbiblischen Ansatz aus universalistische Aussagen des Alten Testaments bundestheologisch entfalten darf (vgl. die Replik auf Crüsemann in ZENGER, Juden). Für Matthäus ist festzuhalten, dass in 26,28 der Einbezug von Menschen aus den Völkern in das Heil direkt mit dem Bundesbegriff verbunden ist. 78 In Mt 1,21 fällt die Inkongruenz des Numerus zwischen Aaov und n3v aflapHwv ainwv auf. Matthäus führt damit schon hier in die kollektive Rede vom AaO!; ein individuierendes Moment ein. Verweisen kann man in diesem Zusammenhang ferner auf die singularische Formulierung in Mt 13,19-23. Siehe dazu oben Kap. 4.4, S. 275, Anm.469. 79 Vgl. dazu FRANKEMÖLLE, Bund, 356. 80 Eben diese Öffnung des Heils klingt auch in Mt 4,15f in dem Nebeneinander von AaO!; und E8vT] an. 81 Zur in der Matthäusexegese verbreiteten Rede von der ecclesia als neuem oder wahrem Israel s. oben Kap. 1, S. 4, Anm. 19 und 20.
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Kap. 6: Israel und die Kirche
standene (und ferner aus den Völkern gebildete bzw. sich aus Israel und den Völkern noch weiter herausbildende) Gemeinschaft derer, die durch den Eintritt in die Jüngerschaft diese Heilschance ergriffen haben - und zugleich verpflichtet sind, Gottes ,Heilsangebot' an Israel (und die Völker) weiter auszurichten. Betrachtet man dies im Licht der von der neueren judaistischen Forschung zu Recht betonten Pluralität des vorrabbinischen antiken Judentums, passt eine solche Differenzierung zwischen Israel und einer einzelnen Gruppierung gut ins Bild. Die christus gläubige ecclesia erhebt dabei den Anspruch, dass allein sie die wahre Erkenntnis Gottes und seines Willens besitzt. Sie deshalb als ,wahres Israel' zu bezeichnen82 , ist jedoch insofern ebenfalls problematisch, als die Bezeichnung den Fehlschluss nahe legen könnte, dass das nicht-christusgläubige Judentum nicht mehr ,Israel' ist. Die in der Überschrift dieses Abschnitts aufgeworfene Frage, ob Matthäus die ecclesia als Gottesvolk des neuen Bundes verstanden hat, ist daher negativ zu beantworten. Bei der Feststellung, dass Matthäus nicht der Verwerfung Israels bzw. der Ablösung Israels durch die Völker und/oder die Kirche das Wort redet, Israel vielmehr Volk Gottes und Adressat der messianischen Heilszuwendung bleibt, ist nun allerdings nicht stehen zu bleiben. Vielmehr ist auf der Basis der vorangehenden Ausführungen zugleich zu reflektieren, was aus der Bildung der ecclesia für das Verständnis der Rolle Israels als Gottesvolk folgt, d.h. inwiefern mit der Bildung der ecclesia eine Transformation des Gottesvolkgedankens verbunden ist83 . 82 MENNINGER, Israel, 63-133 hat die These, dass Matthäus die Kirche als ,wahres Israel' verstünde, dadurch zu erhärten und profilieren versucht, dass Jesus im Matthäusevangelium betont als davidischer Messias Israels und Lehrer Israels dargestellt werde. Aber dies verweist allein auf das judenchristliche Kolorit des Evangeliums und die besondere Bedeutung, die Israel zugemessen wird, impliziert aber in keiner Weise notwendig, dass die Kirche in Ersetzung Israels (s. MENNINGER, Israel, 152f) das ,wahre Israel' bzw., wie MENNINGER ferner einträgt, den heiligen ,Rest' Israels (s. a.a.O., 133-151 zum Restgedanken) bildet. Die von MENNINGER postulierte Konzeption des heiligen ,Restes' wird im Matthäusevangelium nirgends expliziert. Siehe aber auch MEIER, Vision, I11f, der Matthäus eine Auffassung der Kirche als "the faithful remnant of Israel in the last days" (111) zuschreibt, und HAGNER, Sitz im Leben, 48.59. 83 Wenn FRANKEMÖLLE, Bund, 342(ff) die in der Matthäusforschung debattierten Positionen zur Alternative ,,,Ungekündigter Bund' oder Enterbung?" (342) verdichtet, trifft dies durchaus die übliche Diskussion. Mit der Entscheidung zwischen diesen beiden Alternativen erfolgt freilich nicht mehr als eine - wenngleich grundlegende - Weichenstellung. Darüber hinaus ist dann aber zu fragen, inwiefern das Christusgeschehen mit der Bildung der ecclesia als eschatologischer Heilsgemeinde und der Einbeziehung der Völker in die Heilszuwendung eine veränderte Konfiguration des "Bundes" nach sich zieht.
6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia
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6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia Ist die matthäische Konzeption nicht im Sinne der Substitutions- bzw. Sukzessionstheorie zu fassen, so hat sich mit dem Voranstehenden gleichwohl angedeutet, dass theologische Motive, die alttestamentlich-frühjüdisch mit dem Gottesvolkgedanken verbunden sind, nunmehr die ecclesia Jesu kennzeichnen. Sofern nämlich zum Gottesvolkbegriff das Moment einer "exklusive[n] Wechselbeziehung,,84 zwischen JHWH und Israel gehört und daher das Mitsein Gottes einen wesentlichen Aspekt der besonderen Rolle Israels als Gottesvolk darstellt 85 , ist zu konstatieren, dass das Mitsein Gottes sich in der matthäischen Konzeption nachösterlich zentral in Gestalt der Präsenz des Immanuel in seiner ecclesia vollzieht und von Israel (und den Völkern!) durch die von Jesus autorisierte missionarische Zuwendung der ecclesia erfahren wird. Ferner ist zu dem Aspekt des dem Willen Gottes entsprechenden Lebenswandels, zu dem das Gottesvolk verpflichtet ist, zu bedenken, dass die ecclesia für sich in exklusiver Weise beansprucht, durch die Unterweisung Jesu mit dem Willen Gottes vertraut zu sein. Und sofern Israel als Gottesvolk "eine Mittlerfunktion zwischen Jahwe und allen Völkern,,86 zukommt, ist festzuhalten, dass diese Funktion nach Matthäus von der Jüngergemeinde ausgeübt wird 87 . Genauer: Ihre Mittlerfunktion bezieht sich auf die Menschen aus den Völkern wie auch Albertz, Israel I, 378. Siehe Num 23,21; Dtn 20,1; 31,8; Jdc 1,19.22; lKön 8,57; Jes 41,10; 43,2.5; Jer 30,11; 46,28; Hag 1,13; 2,4; Sach 8,23; Ps 46,8.12; 2ehr 20,17; 32,7.8, s. auch Esra 1,3; 2ehr 36,23. Häufiger ist alttestamentlich freilich vom Mitsein Gottes mit Einzelnen die Rede, z.B. mit Isaak (Gen 26,3.24), Jakob (Gen 28,15; 31,3.5), Joseph (Gen 39,2.3.21.23), Mose (Ex 3,12; 18,19), Josua (Dtn 31,23; Jos 1,5.9.17; 3,7; 6,27), David (ISam 16,18; 18,12.14.28; 2Sam 5,10; 7,3.9; lehr 11,9 u.ö.) oder Jeremia (Jer 1,8.19; 15,20; 20,11), s. auch Ps 23,4; 91,15. - Für eine Übersicht über die Belege s. VETTER, Mit-Sein, 4 sowie Kupp, Emmanuel, 138-155. 86 Albertz, Israel I, 378. 87 WILK, Jesus, 111 stellt diesen Aspekt ins Zentrum einer modifizierten Substitutionstheorie: "Die Jüngergemeinschaft ... tritt - infolge der völlig unbegründeten Ablehnung und Tötung Jesu durch das Volk Israel und dessen Führer sowie aufgrund der Auferweckung Jesu - an die Stelle dieses Volkes; die Rollenübernahme betrifft jedoch nicht den Empfang des eschatologischen Heils - das ist weder den Israeliten verschlossen noch den Jüngern sicher -, sondern den Auftrag, als Gemeinschaft der ,Kinder Abrahams' und damit als Licht für die Völker zu leben" (Hervorhebung im Original). Was die These betrifft, dass die Jüngergemeinschaft an die Stelle Israels tritt, wird im Folgenden vom matthäisehen Textbefund her zurückhaltender formuliert werden. Adäquater erscheint es, von einer Transformation der Rolle Israels wie überhaupt des theologischen Koordinatensystems zu sprechen. Dass die These der Tötung Jesu durch das Volk Israel nicht haltbar ist, ist oben in Kap. 3.2 gezeigt worden. 84
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Kap. 6: Israel und die Kirche
auf die "verlorenen Schafe des Hauses Israel". Wenn man also nicht allein danach fragt, ob Matthäus die ecclesia explizit mit der Kategorie des Gottesvolkes in Konkurrenz zu Israel erfasst, sondern auf inhaltliche Aspekte achtet, die konzeptionell mit dem Gottesvolkgedanken verbunden sind, lässt sich durchaus sagen, dass wichtige Charakteristika des Gottesvolkes zu ekklesialen Attributen geworden sind. Für eine adäquate Reflexion der Frage nach der weiteren Rolle des Gottesvolkes Israel in der matthäischen Konzeption ist überdies noch einmal das Moment der Ausweitung des Heilsangebots auf die Völkerwelt aufzunehmen. Auf den komplexen und ambivalenten Befund zum Verhältnis von Israel und Völkerwelt zueinander ist in Kap. 5.4 schon hingewiesen worden: Matthäus schreibt auf der einen Seite die erwählungsgeschichtlich begründete besondere Rolle Israels fort, ordnet die Völker und Israel aber auf der anderen Seite durch den gemeinsamen Zugang zum durch Christus gewirkten Heil soteriologisch gleich88 . Das charakteristische Gegenüber von Gottesvolk und übriger Völkerwelt, von Aaoc; und EeVTj, hat damit seine konstitutive Bedeutung verloren; auch dies zeigt eine substantielle Modifikation der überkommenen Konzeption des Gottesvolkes an. Anzufügen ist hier nun, dass sich die Bildung der ecclesia von anderen Differenzierungsprozessen im Judentum eben durch die prinzipielle Offenheit der ecclesia für Menschen aus den Völkern, ohne dass diese zum Judentum übertreten müssen, signifikant unterscheidet. Damit ist verbunden, dass die ecclesia als Sondergemeinschaft bzw. Heilsgemeinde in Israel letztlich nicht adäquat erfasst ist 89 . Matthäus betont mit der israelbezogenen Art und Weise, wie er seine Jesusgeschichte erzählt, die Verwurzelung der ecclesia in Israel und die Anbindung dieses Geschehens an die vorangehende, auf Jesus zulaufende Geschichte Israels. Mit der in Jesu Tod und Auferstehung begründeten programmatischen Öffnung der Heilszuwendung auf die Völker geht es aber um die Bildung der Heilsgemeinde in der Welt. Vgl. besonders oben Kap. 5.4, S. 344. Anders gewichtet SALDARINI, Community, 200, der die Einbeziehung von Nichtjuden in den Rahmen der Offenheit von (Diaspora-)Synagogen für Nichtjuden einstellt (s. auch a.a.O., 202: "Matthew's mostly Jewish group welcomed gentiles and was being urged by Matthew to welcome them more. In doing this, they acted like many diaspora Jewish communities that had patrons, followers, and members from the gentile world." [so auch SALDARINI, Boundaries, 248f sowie OVERMAN, Church, 407]). Die doch wohl kategoriale Differenz, die durch die programmatische Universalisierung der missionarischen Aufgabe in 28,18b-20 gesetzt ist, wird hier nivelliert. Bei Saldarini geht notabene mit dem oben zitierten Votum einher, dass die christologisch-soteriologische Basis von 28,19 nicht thematisiert wird. 88 89
6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia
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Dies wird dadurch unterstrichen, dass das Futur otKoöoll~aw in 16,18 analog zu den Futura in 21,43 im Licht von 21,42 - auf die Zeit nach Jesu Auferstehung verweist9o . Der Bau der ecclesia beginnt mit der Beauftragung der Jünger, Menschen aus allen Völkern zu Jüngern zu machen (28,19). Zu diesem Bezugspunkt von otKoöoll~aw passt, dass Matthäus die Jünger, die mit Jesus umherziehen, offenbar mit dem Zwölferkreis identifiziert 91 • Der Einführung der Zwölf in 10,1-4 im Kontext der Aussendungsrede steht die explizite Rede von den (um Judas dezimierten) elf Jüngern in 28,16 zur Seite. Matthäus erzählt zwar - semantisch zweideutig - vom aKoAou8ELV der Volksmengen 92 , der Geheilten in 20,34 und von vielen Frauen (27,55); 8,19-22 und 19,21 thematisieren Nachfolge im ,technischen' Sinn ohne Engführung auf den Zwölferkreis, und Matthäus hat zudem Joseph von Arimathäa in 27,57 zu einem Jünger gemacht (oe; Kat a{reDe; Ella8rreEu811 t~ 'Illaou). Er stellt aber nicht ein vorösterliches Wachstum der Jüngergemeinschaft um Jesus im Sinne des Baus der ecclesia heraus. Dieser beginnt erst, als Jesus nicht mehr irdisch-leibhaftig unter den Seinen weilt (vgl. 17,17), d.h. der Bau der ecclesia ist das Werk des Auferstandenen. Die elf Jünger bilden dabei den Nukleus der ecclesia. Die 28,16-20 vorangehende Erzählung schildert auch, wie sie dafür ,qualifiziert' wurden. Sie sind Ohren- und Augenzeugen des messianischen Werkes Jesu (vgl. 11,2), das grundlegend in 4,23-9,35 dargestellt wird. 9,3611,1 führt zudem den ekklesiologischen Grundgedanken ein, dass die Jünger Jesu Wirken fortsetzen; Matthäus erzählt aber, wie gesehen, nicht, dass die Jünger Jesus verließen, um eigenständig zu wirken (vgl. hingegen Mk 6,7.12f; Lk 9,1.6; 10,1.17/3 , sondern er fährt in 11,1 fort, dass Jesus umherzog, um zu lehren und zu verkündigen. In 11,2-16,20 treten die Jünger als die hervor, die das Wirken Jesu verstehen und seinen Willen tun 94 • Dass Petrus die Schlüssel des Himmelreiches übergeben werden, fügt sich hier ein. 16,21-20,34 nimmt die Kreuzessignatur des Jüngerseins und - unter diesem Vorzeichen - die innergemeindlichen Beziehungen in den Blick (vgl. v.a. Mt 18). Die eschatologische Rede schärft ihnen schließlich Wachsamkeit im Blick auf das Kommen des Gerichts ein. In 90
Ebenso z.B. MEIER, Vision, 112f; HAHN, Theologie I, 540; SÖDlNG, Bemerkungen,
37. 91 Die Ersetzung von Levi (Mk 2,14) durch den Zwölferjünger Matthäus (Mt 9,9) fügt sich dem ein. 92 Siehe oben Kap. 3.1.1, S. 98 mit den Belegen in Anm. 18. 93 Vgl. oben Kap. 2.3, S. 86. 94 Für den Abschnitt 11,2 bzw. 12,1-16,20 vom "Entstehen der Jüngergemeinde" (Luz, Mt 15 , 33) zu sprechen, trifft es m.E. nicht genau. Der Kreis der Jünger ist bereits etabliert. Er tritt in 11,2-16,20 ,lediglich' in wichtigen Wesensmerkmalen hervor. Und ecclesia entsteht, streng genommen, erst nach Ostern.
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dieser Weise mit aller nötigen Kenntnis ausgestattet, werden sie in 28,1620 tatsächlich ausgesandt. Beachtet man den angesprochenen Zusammenhang von 16,18 und 28,19, zeigt sich dabei klar die universale Dimension der matthäischen Konzeption der ecclesia. Es genügt also letztlich nicht, die ecclesia - verbunden mit einer historischen Einordnung des Matthäusevangeliums in den Kontext der innerjüdischen Formierungsprozesse nach 70 n.Chr. 95 - als eine messianische Sondergruppe in Israel zu erfassen96, die man dadurch ausgezeichnet sehen kann, dass sie sich nicht sektiererisch abgrenzt, sondern die im Zuge ihrer missionarischen Grunddimension auf Israel bezogen bleibt (und das Hinzukommen des einen oder anderen Nichtjuden duldet 97). Entscheidend ist vielmehr, dass die Bildung der Kirche in der matthäischen Konzeption mit dem Hinzukommen von Nichtjuden (als Nichtjuden) verbunden ist. Die Sammlung Israels, welche Aufgabe der ecclesia bleibt, vollzieht sich in einer Gemeinschaft, zu der auch Nichtjuden Zutritt haben. Der Bedeutung von Tod und Auferstehung Jesu als neuem heilsgeschichtlichem Grunddatum mit universaler Tragweite korrespondiert, dass die darauf bezogene ecclesia Jesu aus Juden und Menschen aus den Völkern im Vergleich zu anderen jüdischen Gruppenbildungen als eine Größe sui generis erscheint. Exemplarisch verdeutlichen lässt sich die veränderte Konstellation anhand der Aufgabe der Jünger, Licht der Welt zu sein (5,14-16). "Licht" begegnet in der frühjüdischen Literatur verschiedentlich als Metapher für die Tora98 sowie, daran anschließend, für die, die nach der Tora leben und sie (insofern) anderen vermitteln. Paulus nimmt dies in Röm 2,17-20 zur Kennzeichnung jüdischen Selbstverständnisses, zur Beschreibung der Rolle Israels in der Völkerwelt, auf (vgl. Jes 49,6 im Kontext von 49,3, ferner 42,6). Geläufiger ist aber die Übertragung auf Einzelne bzw. Gruppen, die durch die tatsächliche Beachtung der Tora als Gerechte ausgewiesen oder mit der Unterweisung in der Tora betraut sind99 . In 2Bar 77,13 Siehe dazu noch unten Kap. 7. Siehe dagegen den Ansatz von SALDARINI, Cornmunity, 44-67.84f.l07-116. 97 Vgl. zur Klammerbemerkung das Postulat von SIM, Gentiles, 42-44, dass 28,19 fiir die Praxis der matthäisehen Gemeinde keine Bedeutung habe (s. oben Kap. 5.4, S. 340, Anm. 288). Im Rahmen des Ansatzes von Sim ist dabei hinzuzufiigen, dass nach ihm ,Heiden' zum Judentum übertreten müssen, wenn sie zur matthäisehen Gemeinde, die Sim als eine dezidiert jüdische Gruppierung ansieht, gehören wollen (s. oben Kap. 5.4, S.343). 98 Siehe Ps 119,105; (Jes 51,4); SapSal 18,4; TestLevi 14,3f; 19,1; LAB 9,8; 11,1; 15,6; 19,4; 4Esra 14,20f; 2Bar 17,4-18,2; (38,1f); 59,2; 77,16, auch Philo, VitMos II 44. - Im matthäisehen Kontext überrascht es daher nicht, dass in 5,17 eine Grundsatzaussage über die Tora folgt (vgl. BURCHARD, Versuch, 37f). 99 V gl. DEINES, Gerechtigkeit, 231. 95
96
6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia
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etwa steht die Rede von den "Lampen, die uns Licht gaben" neben dem Verweis auf die "Hirten Israels"; im Blick ist hier also die Führung des Volkes. In TestLevi 4,3; 14,3f erscheinen die Leviten als Träger des Lichts 100. Matthäus weist diese Position den Jüngern zu, die auf der Basis des von Jesus Gebotenen mit der Unterweisung beauftragt sind (28,20a, vgl. 16,19). Die Jünger sind aber weder allein Hirten Israels, noch sind sie als heiliger Rest Israels oder anstelle Israels Licht für die Völker 10l , sondern den Jüngern - und das heißt: auch den aus den Völkern gewonnenen Jüngern (!) - ist aufgetragen, Licht der Welt, also Licht für alle übrigen Menschen, seien sie Juden oder ,Heiden', zu sein. War oben festzuhalten, dass der Begriff des Gottesvolkes nicht auf die Kirche übertragen wird, sondern für Israel reserviert bleibt, so ist also zugleich zu konstatieren, dass sich durch die Bildung der ecclesia und durch die in Jesu Tod und Auferstehung begründete Einbeziehung der Völker in die Heilszuwendung ein neues ,Koordinatensystem' ergibt, welches das Verständnis der Rolle Israels als Gottesvolk tangiert 102 . Soteriologisch gilt: Das Heil ist nunmehr über den Eintritt in die Jüngerschaft und damit in die ecclesia Jesu zu finden. Dies gilt für die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" ebenso wie für die Menschen aus den Völkern. Röm 11,25f hat im
100 In TestLevi 18,(3).9 ist der eschatologische Priester im Blick (in diesem Sinne auch 4Q541 Fragm. 9 1,3-5 und wohl lQSb 4,27, s. dazu ZIMMERMANN, Texte, 259261.282). 101 Anders WILK, Jesus, 111 (s. oben S. 369, Anm. 87). Von der bei Wilk israeltheologisch in den Vordergrund gestellten Aufgabe des Volkes, als Abrahamkinder Licht der Völker zu sein (zur entsprechenden Interpretation von EeVO~ in Mt 21,43 bei Wilk s. oben Kap. 4.1.3, S. 199, Anm. 93), ist zumindest explizit im Matthäusevangelium nirgendwo die Rede. Und in 5,14-16 geht es keineswegs um eine Aufgabe der Jünger/der Gemeinde allein gegenüber den Völkern. Siehe dazu die weiteren Ausführungen oben. 102 Anders akzentuiert FRANKEMÖLLE, Kirche: Matthäus halte daran fest, "daß Israel das von JHWH auserwählte Gottesvolk war, ist und bleiben wird" (117), er "öffnet aber den zugrunde liegenden und Israel als Volk konstituierenden Gedanken des Bundes Gottes mit Israel auf alle Völker hin" (118, vgl. oben Kap. 6.2, S. 366, Anm. 77). Zugleich postuliert FRANKEMÖLLE jedoch, "daß die gläubige Akzeptanz der Verkündigung und der Praxis ,Jesu Immanuel' (Kap. 5-9) und seiner Person darüber entscheidet, ob man ... zum Volk Gottes gehört oder nicht." Demnach gehörten faktisch nur die Christusgläubigen dem Gottesvolk an! Matthäus macht eine solche Einschränkung nirgends. FRANKEMÖLLE führt den Gottesvolkbegriff in einen Sinnzusammenhang ein, in dem er bei Matthäus nicht steht. Oder anders: Die Spannung, dass FRANKEMÖLLE einerseits den Gottesvolkstatus für Israel bekräftigt, andererseits aber nur die Christusgläubigen (aus allen Völkern) dem Gottesvolk tatsächlich angehörig sein lässt, resultiert daraus, dass er "Gottesvolk" zu einem Israel und Kirche übergreifenden Terminus macht, der er bei Matthäus nicht ist. Es ist vielmehr die Frage zu verfolgen, inwiefern sich das Verständnis des Gottesvolksstatus Israels durch die Bildung der ecclesia verändert hat.
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Matthäusevangelium kein Pendant\03. Die Sonderstellung des Gottesvolkes Israel ist im Zuge dieser Transformation auf die ,Rolle' des privilegierten Adressaten der messianischen Zuwendung Jesu und des Wirkens seiner Jünger konzentriert. Die Restitution des Gottesvolkes Israel bleibt dabei Horizont der Israelmission, sie vollzieht sich freilich - wie dies mutatis mutandis auch für die Aufgabe gilt, alle Völker zu Jüngern zu machen faktisch dadurch, dass sich im ,missionarischen Erfolgsfall ' Einzelne der ecclesia anschließen. Und: Sowenig ein einfaches Sukzessions- oder Substitutionsmodell dem matthäischen Befund gerecht wird, sowenig lässt sich die ecclesia bloß als Heilsgemeinde in Israel bezeichnen. Die Dinge sind komplexer. In verdichteter Weise lässt sich die Transformation des traditionellen Koordinatensystems anhand des in Kap. 6.2 analysierten Bundesmotivs in 26,28 illustrieren. Mit der Erneuerung des Bundes durch Jesu Heilstod im Sinne einer neuen Heilszuwendung Gottes, einer die Vergebung der Sünden einschließenden Erneuerung der Gemeinschaft (vgl. Jer 31 ,33f), erfüllt sich, wie gesehen, allem voran das rettende Wirken Jesu in und für Israel (1,21). Diese Bundeserneuerung ist jedoch zum einen nicht allein aufIsrael bezogen, sondern sie geht mit einer Universalisierung, mit der Einbeziehung der Völker in die Heilszuwendung, einher; zum anderen wird diese Heilszuwendung nur wirksam im Raum der das Mahl feiernden ecclesia, nämlich durch die individuelle Annahme des Heils durch Eintritt in die Jüngerschaft. Mit der Transformation des traditionellen Koordinatensystems sind überkommene Verknüpfungen aufgebrochen. So bezieht die Erneuerung des Bundes durch Jesu Tod die Völker in das Heil ein, ohne dass es Anzeichen dafür gibt, dass dem eine Universalisierung des Gottesvolkgedankens korrespondiert\04. Und es wird auch nicht die Gruppe derer, die sich auf das neue ,Bundesangebot' Gottes einlassen, als (neues) Gottesvolk präsentiert. ÖL!X8~KT] hat in 26,28 den Charakter einer Heilssetzung\05, die sich an alle Menschen richtet, d.h. durch den Tod Jesu wird der Bund im Sinne eines Heilsangebotes an alle erneuert. Eine Konfiguration in AnaloZu Mt 23,39 s. oben Kap. 4.3.3, S. 254-256. Das gilt auch für Mt 4,15f. Denn aus der Verbindung von faA.LAcda TWV e9vwv und A.a6~ geht nicht, wie BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 93 postuliert, hervor, "dass der Messias schließlich auch die Heiden unter jenes Volk zählt, dem das ,große Licht' zuteil wird" (im Sinne von Backhaus aber z.B. auch BEATON, Isaiah's Christ, 108), sondern allein, dass das Licht, das zunächst allein dem in Finsternis sitzenden A.a6~ aufgeht, Bedeutung auch für die E9vTj haben wird. ,Heiden' werden zwar in die Abrahamkindschaft eingegliedert, aber nicht in Israel (anders z.B. TAGA WA, People, 161 f). 105 Vgl. LÖNING, Krise, 114: "In der Abendmahlsparadosis bezeichnet öLa9~KTj die aus der endzeitlichen Krise rettende Neustiftung des Gottesverhältnisses durch den Tod Jesu für die vielen." 103
104
6.3 Die Rolle Israels angesichts der Bildung der ecclesia
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gie zum Bundesschluss in Ex 24,6-8 (oder auch Jos 24,25-27), wo das Gottesvolk als Gottes Gegenüber in den von Gott geschlossenen Bund eintritt, ist hier nicht anzutreffen. Oder anders: Als Bundespartner erscheint der Zwölferkreis, dieser jedoch als missionarisch ausgerichtete Keimzelle für die Sammlung "der Vielen", denen Jesu Heilshandeln zugute kommen soll. Zu erinnern ist dabei daran, dass die Zwölf nicht nur in 10,1-4 im Kontext der Sendung zu Israel erscheinen, sondern - in durch Judas' Tod modifizierter Gestalt - auch in 28,16-20. Der Zusammenhang von ,Bund' und ,Gottesvolk' hat sich damit signifikant verschoben lO6 • Die matthäische Konzeptionentzi.tlht. ~ich damit der Erfa3$l;Iillg durcw' ein~be Formeln. Man möchtefu~'iiigei1, dass Matthäus wie ein Schriftgelehrter, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt (Mt 13,52) und dies zu einer komplexen theologischen Konzeption verknüpft. Er hält - Altes aus seinem Schatz hervorholend - an der erwählungsgeschichtlich begründeten Sonderstellung Israels fest und legt sie seiner Jesusgeschichte als ein Basismotiv zugrunde. Zugleich aber vertritt er die Universalität des durch Christus gewirkten Heils. Israel bleibt Gottes Volk, dem Gottes Zuwendung gilt.zu~ glmclit.r lässt Ma,tthäus JeSll Wirken darin zum Ziel kommen, dass Je~us seine ecclesia aus und für Menschen aller Völker baut und ihr seine Gegenwart bis ans Ende der Welt zusagt. Wichtige Aspekte, die für das (Selbst-)Verständnis Israels als Gottesvolk bedeutsam sind, kennzeichnen bei Matthäus die ecclesil~.,l-eOOch zieht Matthäus nicht die Konsequenz, die ecclesia Jesu als Gottesvolk 1tüii!rurreni'zu Israefiii verstehen. Umge- . kehrt gilt: Die matthäische Deutung des Christus geschehens, nämlich die E.t~-k.~:rgpgd,es Christusgescheh.ens als des entscheidenden, die Völker..; w~Ma~JJSluer Weise in die Heilszuwend~~~nt~&r.ierepden G0tt:es1l,angelns, auf das 6Qttes Heilsinitiative seit der ErwaIilüng Abrahams zulief, zieht in seiner ekklesiologischen Entfaltung nicht nur eine marginale konzeptionelle Innovation nach sich, s~ tangiert das Zentrum der jüdischen, durßh das Gegenüber von Israel und den Völkern bestimmten Identität I07 .
in
106 Das ist frühchristlich kein singuläres Phänomen. Für eine im Vergleich mit Matthäus noch wesentlich ,innovativere' Interpretation s. die Aufnahme des Abrahambundes in Gal 3,15-18 (s. auch 4,21-31). - Vgl. zur Rede vom Bund im frühen Christentum die Deutung der "frühchristliche[n] Schwellenphase" als eine ",semantische Sattelzeit'" bei BACKHAUS, Bund, 36 (Hervorhebung im Original), der weiter festhält: "Zu einer semantischen Sattelzeit gehört es, daß auch die ,überlieferten' Begriffe nicht einfach in ,geronnener Form' nach Umfang und Inhalt feststehen. Sie werden entwickelt und erprobt, weiterentwickelt, verworfen und wieder aufgegriffen ... " (ebd.). 107 Vgl. BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 82: "Das in Mt organisierte Deutungswissen lässt sich insgesamt nicht hinreichend als Radikalisierung des Selbstverständnisses des parent body und Rekonzeptionalisierung von dessen Wertmustern beschreiben. Es ist
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Kap. 6: Israel und die Kirche
Diese Komplexität ist kein Mangel an theologischer Klarheit, sondern Ausdruck des Versuches, die Jesusgeschichte als neue Grundgeschichte des Heils in ihrer universalen Bedeutung konsequent an die vorangehende, mit der Erwählung Abrahams begonnene Heilsgeschichte anzubinden und als Erfüllung der Schrift auszuweisen. Dieser Versuch zeigt Matthäus als einen Theologen, der tief in den theologischen Traditionen Israels verankert ist - dass Israel Gottes Volk ist, steht für ihn von daher unverbrüchlich fest - und das Christus geschehen von daher versteht und zugleich, in seiner Sicht gerade von den theologischen Traditionen Israels her, die Einbeziehung der Völker in die Heilszuwendung als zentrales Signum der mit Tod und Auferstehung Jesu einsetzenden Heilsepoche ansieht. Matthäus' konzeptionelle Innovation lässt sich gut illustrieren, wenn man noch einmal Jes 56,1-8 als möglichen Intertext des Evangelisten hinzuzieht lO8 . Vergleicht man nämlich Jes 56,1-8 mit der matthäischen Konzeption, lässt sich exemplarisch sowohl die Anknüpfung an die Schrift als auch die christologische und ekklesiologische Transformation des überkommenen Koordinatensystems zeigen: Dem in Jes 56 begegnenden Zusammenhang von Sammlung Israels (56,8) und Hinzukommen der Völker zum Zion (56,3-8) im Verbund mit einer - kritisch auf die Bestimmungen zur EKKATjOLa KUPLOU in Dtn 23,2-9 bezogenen - Überwindung der Trennung der Fremden vom Volk Gottes korrespondiert im Matthäusevangelium die Sammlung Israels in der ecclesia und das Hinzukommen von Menschen aus den Völkern zu dieser auf der Basis des von Christus gewirkten Heils.
6.4 Zusammenfassung Das Matthäusevangelium vertritt die Substitution der Autoritäten durch die Jünger Jesu, und die ecclesia erhebt den Anspruch, die einzig legitime Sachwalterin der theologischen Tradition Israels zu sein. Nirgendwo wird hingegen erkennbar, dass der Evangelist die Kirche als das neue oder wahre Gottesvolk im Gegenüber zu Israel konzipiert hat. Kirche und Israel sind bei Matthäus keine äquivalenten, auf einer Ebene stehenden und daher potentiell miteinander konkurrierenden Größen. Die Kirche erscheint vielmehr als die Heilsgemeinde, die aus Israel und den (übrigen) Völkern entstanden ist (und noch entsteht) und die zugleich in den Dienst gestellt ist, durch die Verkündigung des Evangeliums vom Reich (24,14, vgl. 10,7) und durch die Unterweisung auf der Basis des von Jesus Gebotenen vielmehr maßgeblich durch die Akzeptanz einer grundlegenden konzeptionellen Innovation bestimmt" (Hervorhebung im Original). 108 Vgl. oben Kap. 5.4, S. 345-346.
6.4 Zusammenfassung
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(28,20a) Menschen aus Israel und den (übrigen) Völkern in die Heilsgemeinde zu integrieren und ihnen ,das Himmelreich aufzuschließen' (vgl. 16,19). Auch die Verbindung zwischen 1,21 und 26,28 vermag die These, Matthäus sehe die Kirche als neues Gottesvolk an, nicht zu begründen. Zu unterscheiden ist hier zwischen der ,objektiven' Realisierung der Jesus in 1,21 zugeschriebenen Aufgabe, sein ;taoc;; von den Sünden zu retten, durch seinen Tod auf der einen Seite und der ,subjektiven' Aneignung des Heilsgeschehens durch Eintritt in die Jüngergemeinschaft auf der anderen Seite. Es geht ferner in 26,28 nicht um die Ersetzung des Bundes Gottes mit Israel, sondern um dessen Erneuerung und Universalisierung. Zugleich ist festzuhalten, dass mit der Bildung der ecclesia eine signifikante Transformation der Rolle Israels als Gottesvolk verbunden ist. Israel erscheint als (hervorgehobener) Adressat der messianischen Heilszuwendung, doch sind nicht nur wichtige Charakteristika des Gottesvolkes - wie z.B. das Mitsein Gottes - zu ekklesialen Attributen geworden, sondern mit Tod und Auferweckung Jesu hat auch das im jüdischen Selbstverständnis konstitutive Gegenüber von Gottesvolk und (übriger) Völkerwelt seine grundlegende Bedeutung verloren. Dem korrespondiert, dass die ecclesia nicht nur Heilsgemeinde in Israel, sondern in der Welt ist. Die Heilshoffnung für die Völker richtet sich nicht mehr auf den Zion, sondern realisiert sich in der ecclesia. Die Bildung der ecclesia (16,18t) beginnt für Matthäus erst nach Ostern und ist damit von Anfang an mit dem universal geltenden Auftrag verbunden, Menschen zu Jüngern zu machen (28,19). Während der irdischen Wirksamkeit Jesu gibt es allein den Kreis der zwölf Jünger, der den Nukleus der nach Ostern entstehenden Kirche darstellt. Damit, dass die universale Weite in der matthäischen Konzeption eine Wesensbestimmung der ecclesia bildet, ist diese von anderen Gruppenbildungen in Israel unterschieden. Mit dem Moment der Bildung der ecclesia ergibt sich entsprechend gegenüber dem frühjüdischen theologischen ,Koordinatensystem' eine bedeutende konzeptionelle Innovation. Das zentrale Anliegen des Evangelisten ist dabei, zum einen das Wirken Jesu konsequent in die Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel einzustellen und zum anderen ebendies mit der universalen soteriologischen Bedeutung Jesu zu verbinden.
Kapitel 7
Erwägungen zur Situation der matthäisehen Gemeinde Sucht man - mit aller Vorsicht, die bei Rückschlüssen aus narrativen Texten angezeigt ist l - von der narrativen und theologischen Konzeption des Evangeliums aus zur historischen Situation der Trägergruppe 2 vorzustoßen3, so kann zunächst auf den in der gegenwärtigen Forschung etablierten und hier geteilten "major consensus" hingewiesen werden, "that Matthew's interface with Judaism ... is the fundamental key to determining the social context and theological perspective of this gospel,,4. Die Vehemenz, mit der die Auseinandersetzung allem voran mit den Pharisäern geführt wird, dürfte im Verbund mit der matthäischen Tendenz, zwischen Volksmengen und Autoritäten zu differenzieren, und angesichts der Betonung der Aufgabe der Gemeinde an den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" kaum anders denn als Hinweis zu werten sein, dass die Gemeinde sich in einem aktuellen und für sie bedrängenden Konflikt mit dem pharisäischen Ge. genüber befindet5, das im Zuge der Neuformierungsprozesse des Judentums nach 70 n.ehr. zumindest in der Umgebung des Evangelisten in den I HAGNER, Sitz im Leben, 27 weist zu Recht darauf hin, "that the reconstruction of the life-situation of an evangelist is necessarily a speculative enterprise. It is a kind of educated guesswork". 2 Wenn im Folgenden singularisch von der matthäischen Gemeinde die Rede ist, so ist anzufügen, dass damit nicht ausgeschlossen werden soll, dass es sich um einen Kreis von Gemeinden gehandelt haben kann, wie dies z.B. STANTON, Communities of Matthew, 388 postuliert: "Matthew wrote for a cluster of small Christian communities". Vgl. ferner z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 695 ("a community or group of house churches, probably associated with a school ofteachers"); RICHES, Matthew, 52f. 3 Ich muss mich bei den folgenden Überlegungen zur Situation der matthäischen Gemeinde(n) auf eine thetische Skizze beschränken; eine eingehende Erörterung würde eine eigene Monographie erfordern. 4 SENIOR, Between Two Worlds, 5. In dem oben im Zitat ausgelassenen Passus nennt SENIOR die beiden Hauptvarianten, mit denen in der gegenwärtigen Forschung "Matthew's interface with ludaism" konkretisiert wird: "either as a current relationship or as a painful part ofthe past history ofthe community". Wie im Folgenden auszuführen sein wird, weist die erstgenannte Variante m.E. in die richtige Richtung. Für einen prominenten Vertreter der zweiten Variante ist auf Luz zu verweisen (vgl. unten S. 380, Anm.7). 5 Vgl. vor allem SALDARINI, Community, (46-)52.
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Kap. 7: Erwägungen zur Situation der mt Gemeinde
Synagogen den maßgeblichen Einfluss gewonnen hat 6. Hier wird schwerlich lediglich auf einen zurückliegenden Konflikt zurückgeblickt, um diesen zu verarbeiten 7. Als Differenzpunkt ist dabei nicht allein auf die Christologie im engeren Sinn der Frage, ob Jesus der erwartete Messias ist oder nicht, zu verweisens. Vielmehr ist damit zugleich ein Streit um die Auslegung der Tora verbunden 9 , für die in der Sicht der Gemeinde die Unterweisung Jesu als des einen und wahren Lehrers (23,8) die maßgebliche Instanz ist. Die geradezu programmatische Erklärung in 5,17, dass Jesus nicht gekommen ist, um Tora und Propheten aufzulösen, sondern um sie zu erfüllen, ist 6 Zur Deutung des Hervortretens der Pharisäer in der matthäischen Jesusgeschichte im Blick auf den Konflikt, in dem die Gemeinde selbst steht, s. z.B. SENIOR, Passion of Jesus, 35; OVERMAN, Gospel, 35-38.68-70.79-90.115f; SALDARINI, Community, 44-67; WEISS, Kirche, 2067f.2078; REPSCHINSKI, Stories, 326f; A. VON DOBBELER, Restitution, 43. Siehe auch DAVIEs/ALLlSON, Mt III, 692-695; Luz, Wehe, 271 (speziell zu Mt 23,2) und PANTLE-SCHIEBER, Anmerkungen, 153f. 7 Nach Luz hingegen spiegelt das Matthäusevangelium den Versuch, den schmerzhaften Prozess der Trennung zu verarbeiten (Mt 15 , 96; Antijudaismus, 319). Die Gemeinde stehe "nicht mehr in direktem Gespräch mit der Synagoge" (Mt 15, 308, Anm. 29). Der matthäischen Polemik wird bei Luz eine nach innen gerichtete Funktion im Sinne eines "Nachentscheidungskonflikt[s]" zugewiesen (Antijudaismus, 323). Denn: "Gerade in Fällen, wo die Entscheidung schwierig und schmerzhaft ist, ist die Notwendigkeit einer nachträglichen Dissonanzreduktion evident. Die abgelehnte Alternative, nämlich das pharisäisch dominierte Mehrheitsjudentum, wird nachträglich als schlechte Alternative dargestellt" (ebd.). Luz' Einordnung des Konflikts geht damit einher, dass er die Israelmission für beendet erklärt (a.a.O., 316). Wenn man hier zu einem anderen Schluss kommt, ferner, wie oben angesprochen, die Differenzierung zwischen Autoritäten und Volksmengen hinzuzieht und schließlich berücksichtigt, dass es im Matthäusevangelium Indizien dafür gibt, dass das pharisäische Gegenüber auf Gemeindeglieder eine gewisse Attraktivität ausübte (vgl. unten S. 383-384), wird die These, dass Matthäus mit seiner Polemik allein auf einen Konflikt zurückblickt, fragwürdig. 8 Anders aber FIEDLER, Israel, 67, nach dem "der ausschlaggebende Unterschied zu den Gegnern des Mt in nichts Anderem als im Bekenntnis des Mt und seiner Gemeinde zu Jesus als Messias besteht", während er von 5,17-19 und 23,2.3a her ,,[e]ine grundsätzliche inhaltliche Differenz zu Tora-Auslegungen, wie sie von pharisäischen Schriftgelehrten vorgenommen werden", für "ausgeschlossen" (66) erachtet. Aber schon in 5,20 ist impliziert, dass das auf ihrer unzureichenden Toraauslegung beruhende Gerechtigkeitsniveau der Schriftgelehrten und Pharisäer für den Zutritt in das Himmelreich nicht ausreicht, weil sie nicht bloß kleine, sondern gewichtige Gebote vernachlässigen (vgl. 23,23); die so genannten Antithesen illustrieren dies (s. zu Mt 5,20-48 KONRADT, Erfüllung, 136-139 sowie oben Kap. 3.1.2.2, S. 115-116). Ferner zeigen die Kontroversen Jesu mit den Pharisäern über Torafragen (s. die Belege unten in Anm. 12) die Differenz, wie sie jedenfalls vom Evangelisten postuliert bzw. wahrgenommen wird, deutlich auf. Zu Mt 23,2fs. oben Kap. 4.3.3, S. 243, Anm. 318. 9 Vgl. vor allem OVERMAN, Gospel, 68-71.80-90; SALDARINI, Community, 124-164; KONRADT, Erfüllung, 136-152.
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schwerlich, wie verschiedentlich postuliert wurde IO , gegen eine libertinistische christliche Gruppierung gerichtet, sondern dürfte als Zurückweisung des pharisäischen Vorwurfs zu lesen sein, dass die Christusgläubigen sich nicht torakonform verhaltenli. Im Gegenzug polemisiert Matthäus über die Unkenntnis der Schrift und das Unverständnis des Willens Gottes bei den Pharisäern 12 und stellt diese als "blinde Führer" dar (15,14; 23,16.24). Weist Matthäus den pharisäischen Vorwurf zurück, indem er Jesus ausdrücklich die grundsätzliche Gültigkeit aller Gebote, auch der kleinen, bejahen lässt (~T8), so ermöglicht ihm die ebenfalls bereits in 5,18f eingeführte Unterscheidung zwischen kleinen und großen Geboten (s. auch 23,23) zugleich, Barmherzigkeit (9,13; 12,7; 23,23) und Nächstenliebe (5,43-48; 19,19; 22,39f) sowie die den zwischenmenschlichen Bereich betreffenden Dekaloggebote (15,4-6.19; 19,18f) hervorzuheben und bestimmte rituell-kultische Gebote faktisch zu marginalisieren, ohne ihre prinzipielle Abrogation zu vertreten und dem pharisäischen Vorwurf Recht geben zu müssen; dabei ist die Berufung auf Ros 6,6 für die matthäische Apologie von zentraler Bedeutung 13 • Es ist nicht zu übersehen, dass diese matthäische Gesetzeshermeneutik dazu angetan ist, Nichtjuden den Zugang zur ecclesia zu erleichtern. Ebenso ist freilich zu betonen, dass Matthäus nichtjüdische Christusgläubige im Blick hat, die auf die Unterweisung Jesu und damit auf seine Auslegung der Tora (vgl. 5,17-48) grundsätzlich verpflichtet sind l4 . Die im Matthäusevangelium zutage tretende Tendenz, zwischen den Volksmengen und den Autoritäten zu differenzieren, lässt sich, wie oben angedeutet, im Rahmen der Annahme eines aktuellen Konflikts zwischen ecclesia und Synagoge verständlich machen. Mit den ÖXAOL treten die jüdischen Volksmengen ins Blickfeld, die die Gemeinde in ihrem missionarischen Bemühen für sich zu gewinnen sucht l5 . Eine Szene wie die vom 10 Siehe exemplarisch BARTH, Gesetzesverständnis, 62-70.149-154; HOULDEN, Puzzle, 118f. Eine antipaulinische Frontstellung postulieren z.B. HEUBÜLT, Mt 5,17-20, 145; SIM, Christi an Judaism, 199-211, bes. 207-209. 11 Vgl. dazu KONRADT, Erfüllung, bes. 145f sowie OVERMAN, Gospel, 88; GIELEN, Konflikt, 78f.284; LUOMANEN, Kingdom, 90f; ECKSTEIN, Gerechtigkeit, 306. 12 Siehe die Auseinandersetzungen in Mt 9,10-13; 12,1-14; 15,1-20; 19,3-12; 22,3440 sowie 23,16-26. 13 Ausruhrlicher zur matthäischen Gesetzeshermeneutik KONRADT, Erfüllung. 14 Vgl. SENIOR, Between Two Worlds, 20. 15 In diesem Sinne z.B. auch COMBER, Verb, 433f: "The crowds of the gospel narrative are a cipher for the Jewish people of Matthew's time, who are doubtful ab out whether to follow the new direction set by the Pharisees or to join a community of Jewish-Christians such as Matthew's gospel reflects. In depicting a fundamentally positive relationship between Jesus and the crowds, Matthew is saying indirecdy that his Jewish contemporaries are still the objects of Jesus' beneficence. Matthew appeals to the 'Jewish
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Evangelisten redaktionell gestaltete in 12,23f lässt sich in diesem Zusammenhang als Reflex der Gegenpropaganda lesen, die die Kirche mit ihrer Verkündigung auslöst 16 • Ebenso deutet 28,15 auf eine aktuelle, gegen die ekklesiale Verkündigung gerichtete Gegenpropaganda hin 17, die Matthäus mit seiner Erzählung wiederum bloßzustellen sucht. Mt l3,3-23 verarbeitet, wie ausgeführt, negative Erfahrungen in der Mission, blickt aber auch auf partiellen Erfolg, und insgesamt dürfte die tendenziell positive Zeichnung der galiläischen Volksmengen dazu angetan sein, weitere Bemühungen zu ermutigen. Man wird sich dabei die matthäische Gemeinde kaum als eine im Blick auf ihre Mitglieder fest umrissene Größe vorzustellen haben, die ihre Grenzen nicht nur zur paganen, sondern auch zur jüdischen Umwelt klar gezogen hat. In jedem Fall weist die matthäische Jesusgeschichte im Ganzen nicht auf eine Gemeinde, die sich ins eigene Konventikel zurückgezogen hat und mit dem Evangelium ihre Sonderexistenz in strenger Geschiedenheit von ihrer (sonstigen) jüdischen (und paganen) Umwelt reflektiert. Zwar kann man dieses Moment in einem Textsegment wie Mt l3,10-17 in nuce angelegt finden, doch ist dies nicht zu verabsolutieren, sondern einzubetten in den Gesamtzusammenhang, in dem als ein wesentlicher Aspekt die missionarische Ausrichtung des Matthäusevangeliums zu registrieren ist. Dieser missionarischen Grunddimension in der matthäischen Ekklesiologie dürfte dabei eine für Außenstehende prinzipiell offene, um sie gezielt werbende soziale Ausrichtung der Gemeinde entsprechen, in der es neben einem Kern der fest Überzeugten und den mehr oder weniger gefes. tigten Mitgliedern - auf die Problematik des Kleinglaubens 18 kann hier nur verwiesen werden - auch Interessierte und mithin eine gewisse Fluktuation gegeben hat l9 . crowds' of his own day not to follow the leadership of the Pharisees but to join the fellowship of the disciples of Jesus." Siehe ferner z.B. DONALDSON, Mountain, 115; SALDARINl, Community, 40 (vgl. SALDARINI, Boundaries, 244f) sowie DAVIEs/ALLISON, Mt I, 419fund Mt III, 707: ,,[D]espite all opposition and failure, for Matthew the Jewish mission was still open. This is why the Jewish crowds still sometimes appear in a neutral or even positive light." 16 Vgl. MEISER, Reaktion, 260 zu 9,34; 12,24; 21,15: "Eigenem Erleben dürfte es auch entsprechen, wenn bei Matthäus die Hierarchen in ihrer ablehnenden Reaktion auf eine im Volk aufkeimende Erkenntnis Jesu (Mt 9,34; 12,24; 21,15f.) als Träger aktiver Gegenpropaganda erscheinen." 17 Vgl. z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt III, 697. 18 Siehe Mt 6,30; 8,26; 14,31; 16,8; 17,20. 19 Hingegen zeichnet OVERMAN, Gospel, bes. 110-112 das Bild einer fest umrissenen, geschlossenen Gruppe. Diese Einschätzung geht bei Overman mit der dezidierten Einordnung der matthäischen Gemeinde in das durch "factionalism and sectarianism" (9) gekennzeichnete Judentum um die Zeitenwende einher (6-34). Mit anderen Worten:
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Zu erwägen ist näherhin, dass Matthäus bei der Abfassung seiner Jesusgeschichte die Klientel der Interessierten (und zu Interessierenden) mit im Blick hatte, das Buch selbst also auch einen werbenden bzw. missionarischen Zweck verfolgt. Die Ausarbeitung der Darstellung positiver Reaktionen auf Jesus seitens der Volksmengen würde sich dem jedenfalls gut einfügen. Die scharfe Polemik gegen die Pharisäer als blinde Führer, die Herausstellung ihres Unverständnisses wie überhaupt das ,schwarze' Bild, das Matthäus von den jüdischen Autoritäten zeichnet, diente dann nicht nur dazu, die Gemeinde nach innen zu festigen, sondern auch dazu, Interessierte zu einer Entscheidung für die Gemeinde zu führen. Auch die Aufdeckung des Gerüchts über den Leichendiebstahl (28,11-15)20 und die Deutung der Zerstörung Jerusalems sind hier einzustellen. Letztere wird in ihrer matthäischen Deutung zur Warnung, dass die, die sich gegen Jesus und seine ecclesia stellen, dem eschatologischen Gericht entgegengehen. Oder anders: Die Zerstörung der Stadt wird im Konflikt der Gemeinde mit der pharisäisch dominierten Synagoge zur Disqualifizierung des Gegenübers und zur Legitimation der eigenen Position funktionalisiert. Gerade die Massivität der Polemik zeigt umgekehrt, dass das pharisäische Gegenüber eine nicht unerhebliche Attraktivität ausübte und auch Gemeindeglieder für die pharisäischen Lehren empfänglich waren und von der Lehre Jesu abgebracht zu werden drohten 21 . Insbesondere die ausdrückliche Warnung der Jünger vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer in 16,12 22 ist als Indiz in dieser Hinsicht zu werten, und auch 15,12-14
OVERMAN betrachtet die matthäische Gemeinde im Licht von Gruppierungen, wie sie hinter der Damaskusschrift stehen oder als Trägergruppen von Schriften wie lHen oder 4Esra vermutet werden können. Das ist zumindest eine einseitige Betrachtungsweise. Die missionarische Grunddimension der matthäischen Gemeinde bleibt im Lichtstrahl dieser Analogien jedenfalls im Dunkeln (zur Differenz zwischen Matthäus und Qumran im Blick auf die Haltung gegenüber Außenstehenden s. z.B. WANSBROUGH, Israel, 21 f) bzw. wird ihre Bedeutung von OVERMAN heruntergespielt (s. a.a.O., 119-122, vgl. oben Kap. 6.1, S. 350, Anm. 5). Zudem bleibt die universalistische Dimension der Heilszuwendung im Matthäusevangelium bei Overman deutlich unterbestimmt (vgl. oben Kap. 1, S. 13 mit Anm. 53, s. ferner noch unten S. 385 mit Anm. 30). 20 Vgl. dazu GOLLINGER, Lehre, 373: "Mit dem Nachweis der verbrecherischen Herkunft der Betrugshypothese verbindet sich ... ein missionarisch werbender Aspekt im Hinblick auf das jüdische Volk im Heute des Matthäus, das von der christlichen Interpretation der Osterereignisse überzeugt werden soll." 2\ Vgl. z.B. GNILKA, Mt II, 45; GALE, Borders, 30. Nach GIELEN, Konflikt, 125 sucht Matthäus "eine klare Trennung von den nicht-christus gläubigen Pharisäern zu betreiben, die zumindest Teile der mt Gemeinde verunsicherten" (s. auch a.a.O., 85.101.106[.117). 22 Zum polemischen Akzent der Zusammenstellung der Pharisäer mit den Sadduzäern s. oben Kap. 3.1.2.3, S. 129-130.
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dürfte hier einzustellen sein 23 • Auf die zu vermuteJ;1de situative Bedeutung von 13,21 ist bereits oben in Kap. 4.4 hingewiesen worden24 • Man kann darüber hinaus fragen, ob die Neuausrichtung des Gleichnisses vom verlorenen Schaf auf die Problematik, dass Gemeindeglieder vom Weg abirren (18,12-14)25, sowie die im Matthäusevangelium zu beobachtende Intensivierung des Vergebungsethos (s. v.a. Mt 18,21-35) zumindest auch im Zusammenhang der angesprochenen Fluktuation zwischen matthäi scher Gemeinde und pharisäisch dominierter Synagoge zu lesen sind: Auch für Rückkehrwillige bleiben die Türen offen 26 • Und schließlich ist zu bedenken, inwiefern sich die Konkurrenzsituation nicht nur auf die jüdischen , Volksmengen' bezog, sondern auch die interessierten Nichtjuden betraf. In 23,15 polemisiert Matthäus scharf gegen die Versuche der Pharisäer, Proselyten zu gewinnen. Die matthäische Jesuserzählung setzt dem ein anderes Modell der Integration von Nichtjuden in das Heil entgegen. Die Frage, ob die matthäische Gemeinde noch als Teil des Judentums anzusehen27 oder aber - angesichts der Herausbildung einer eigenen Organisationsform - von einer bereits vollzogenen Trennung zu reden isf8, Vgl. DAVIES/ALLISON, Mt II, 538; REpSCHINSKI, Stories, 163. Siehe Kap. 4.4, S. 277. 2S Vgl. dazu oben Kap. 6.2, S. 360. 26 Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang möglicherweise auch auf Mt 24,9f, wonach es im Zuge der Bedrängnis, der die Jünger ausgesetzt sind, zu Abfall und Verrat kommen wird (vgl. LUOMANEN, Corpus Mixtum, 477). 27 In diesem Sinne z.B. HARRINGTON, Mt, 21; BORNKAMM, Enderwartung, 17; HUMMEL, Auseinandersetzung, 28-33.55f.159; DAVIES, Setting, 332; S. BROWN, Community, 216; OVERMAN, Gospel, passim (vgl. OVERMAN, Heroes, 601); DUNN, Partings, 151-156; SEGAL, Voice, 4; SALDARINI, Community, passim ("The Matthean group is a fragile minority still thinking of themselves as Jews and still identified with the Jewish community by others." [1]); WHITE, Management, 222 (,,[T]he Matthean community must be viewed still as a sect within the larger fabric of Judaism in its day, rather than having obtained the status or self-definition of a separate religion." [Hervorhebung im Original]); SIM, Christian Judaism, bes. 142-150; HARTIN, Woes, 277; REpSCHINSKI, Stories, 343-349; A. VON DOBBELER, Restitution, 42; FIEDLER, Israel, 69-73, ferner auch DAVIEs/ALLISON, Mt III, 695f. DOUGLAS, Way, 151 postuliert, "that Matthew and his community were 'on the way out' ofthe synagogue". 28 Siehe z.B. Luz, Mt I S, 96f; SCHWEIZER, Gemeinde, 9-13; MEIER, Vision, 15-17; STANTON, Gospel, 124-131.l39-142.156f.280f u.ö.; MENNINGER, Israel, 47-52; E.C. PARK, Discourse, 167; WEISS, Kirche, 2078f; HARE, How Jewish is the Gospel of Matthew?, 276; FOSTER, Community, 20.78f.253.259f; EWHERIDO, Gospel, 210.215-217 sowie auch WEREN, History, 53.58. Untervarianten ergeben sich hier durch die Kontroverse, ob die Trennung erst (relativ) kurz zurückliegt (so z.B. HARE, Theme, 165; HAGNER, Sitz im Leben, 32-53; STANTON, Gospel, 156 ["Matthew's community has recently parted company with Judaism after aperiod ofprolonged hostility."] u.ö.; MENNINGER, Israel, 47-52; FELDMEIER, Gnade, 92f [vgl. FELDMEIER, Israel, 141]) oder bereits mit 23
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wird in der Matthäusforschung nach wie vor kontrovers diskutiert 29 . Häufig wird die Alternative mit der Metaphorik der muri formuliert, d.h. die Diskussion kreist darum, ob sich die matthäische Gemeinde noch intra muros oder bereits extra muros befindet. Mit dieser Debatte eng verbunden ist die Frage, ob es sich bei der Gemeinde des Matthäus um eine rein judenchristliche Gruppierung, die möglicherweise sogar treffender als christusgläubiges Judentum zu definieren iseo, eine größtenteils oder zumindest mehrheitlich judenchristliche Gemeinde 31 oder aber um ein gemischtes Christentum handelt 32 . Die Verortung der matthäischen Gemeinde innerhalb des Judentums hat, ohne dass bereits ein Konsens in Sicht wäre, in der neueren Forschung nicht wenige Befürworter gefunden33 . Hingewiesen wird hier mit Recht darauf, dass die Rede von "ihren/euren Synagogen,,34 zwar Distanz an-
emlgem Abstand auf die Trennung zurückgeblickt wird (so z.B. LUCK, Mt, 15; STRECKER, Weg, 30-35; FRANKEMÖLLE, Jahwe-Bund, 219f, vgl. noch unten Anm. 32). 29 Für eine Übersicht über die verhandelten Positionen s. STANTON, Gospel, 124-139 (s. auch STANTON, Origin, 1906-1921); MENNINGER, Israel, 23-62; FOSTER, Community, 22-79 sowie Luz, Mt 15 ,94-96. 30 So spricht OVERMAN, Gospel, 2 (u.ö.) vom "Matthean Judaism" (s. auch OVERMAN, Mt [Chureh], 10), s. ferner OVERMAN, Gospel, 5: "The people of Matthew's community did not understand themselves as 'Christians.' On the contrary they were Jews." Entsprechend postuliert er: "One sees very little evidence of Gentiles (non-Jews) in the Matthean community" (157). Siehe ferner vor allem SALDARINI, Community, 1.4.7f u.ö.; SIM, Christian Judaism, 163 u.ö. sowie HARTIN, Woes, 277. Für eine kritische Replik auf diesen Ansatz s. HAGNER, Apostate. 31 So z.B. HARRINGTON, Mt, 2 ("a largely Jewish-Christian community"); DA VIESI ALLISON, Mt III, 695.702 (s. aber auch unten Anm. 32); SENIOR, Mt, 21 ("but a growing number of Gentile converts were beginning to swell its membership"); PRZYBYLSKI, Setting, 192, s. auch KEENER, Mt, 49f; FIEDLER, Mt, 20-22. 32 So z.B. DAVIEs/ALLISON, Mt II, 192 ("a mixed community"); J.P. MARTIN, Church, 43-45; ANNO, Mission, 195; DORMEYER, Mt 1,1 als Überschrift, 1381; WONG, Theologie, passim (s. bes. 187-195); ECKSTEIN, Weisung, 387-390; GIESEN, Sendung, 123; WEREN, History, 60. - Die Sicht, dass der Konflikt mit ,dem Judentum' bereits längere Zeit zurückliegt (vgl. oben S. 384, Anm. 28) und das Matthäusevangelium in einem dezidiert oder zumindest dominant heidenchristlichen Kontext zu situieren, ja (möglicherweise) der Evangelist selbst als Heidenchrist zu identifizieren ist (s. CLARK, Bias; STRECKER, Weg, 34f; TRILLING, Israel, 215; VAN TILBORG, Leaders, 171; MEIER, Vision, 15-17; SATO, Matthäus sowie auch GASTON, Messiah, 33f und COOK, Passages, 145f), spielt in der gegenwärtigen Forschung keine bestimmende Rolle mehr (siehe aber noch HARE, Mt, 2: "a church tltat contained Christian Jews but that was already largely Gentile Christian in composition"). 33 Siehe oben S. 384, Anm. 27. 34 Siehe Mt 4,23; 9,35; 10,17; 12,9; 13,54 sowie 23,34.
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zeige S, jedoch keineswegs den Schluss erzwingt, dass sich die Gemeinde vom Judentum getrennt hae 6. Die organisatorische Eigenständigkeit der Gemeinde und das Abhalten eigener Versammlungen in Konkurrenz zur pharisäisch dominierten Synagoge lassen sich ohne Weiteres noch im Rahmen eines innerjüdischen Differenzierungsprozesses auffassen 37 • Im Übrigen ist überhaupt zu fragen, ob es sich bei der pauschalen Rede von der Trennung von dem Judentum, wenn sie im Sinne einer sozialgeschichtlichen Aussage gemeint sein soll, nicht um eine Redeweise handelt, die so abstrakt ist, dass sie kaum geeignet ist, die konkreten sozialen Vorgänge zu erfassen38 , auf die der heftig geführte Streit um die Auslegung 35 Vgl. HARRINGTON, Mt, 72; Luz, Mt 15 , 246; HUMMEL, Auseinandersetzung, 29 ("Für die Kirche des Matthäus sind die Synagogen als solche die Synagogen des pharisäischen Judentums. Sie nimmt am Synagogengottesdienst nicht teil." [Hervorhebung im Original]); HARE, Theme, 104f; PRZYBYLSKI, Setting, 193-195; OVERMAN, Gospel, 6062 u.a. Anders aber NOLLAND, Mt, 182f und FIEDLER, Mt, 102, der darauf verweist, dass das Possessivpronomen an Stellen wie 6,2.5; 23,6 fehlt, wo es, wollte Matthäus einen Bruch mit der Synagoge anzeigen, "am ehesten zu erwarten wäre". FIEDLER folgert daraus: ,,[D]ie Gemeindemitglieder des Mt gehen offenbar in dieselbe(n) Synagoge(n) wie seine Widersacher" (ebd.). Das Possessivpronomen deutet nach FIEDLER "nur aus der Perspektive des außerhalb Israels schreibenden Autors an, dass die Synagogen in Galiläa und Judäa gemeint sind, die Jesus und seine Schüler/innen ebenso selbstverständlich aufsuchen wie die übrige jüdische Bevölkerung dort" (ebd.). Fiedlers Position lässt sich freilich nicht für alle Belege (s. oben S. 385, Anm. 34) durchhalten. Sie verweist aber darauf, dass nicht alle Belege für sich genommen auf Distanz hindeuten (vgl. zum Folgenden SALDARINI, Community, 66f sowie auch PRZYBYLSKI, Setting, 193t). So gilt für die Summarien des Erzählers in Mt 4,23 (par Mk 1,39) und 9,35 allerdings, dass "ihre Synagogen" auf die Synagogen in Galiläa zu beziehen ist, ohne dass eine Distanzierung sichtbar wird. In Mt 13,54 ist IllrrWV redaktionell, und es geht um die Ablehnung, die Jesus in Nazareth erfahrt, doch lässt sich die Aussage hier noch im Sinne von 4,23 verstehen. In 12,9 hingegen ist "ihre Synagoge" dem Kontext nach die Synagoge der Pharisäer, und die wiederum redaktionelle Rede von der Geißelung "in ihren/euren Synagogen" in 10, 17; 23,34 - beide Belege begegnen in einer Rede Jesu - weist deutlich auf Distanz hin. Zu verweisen ist hier ferner darauf, dass Markus' &pXLauvcfywyo~ Jairus (Mk 5,22) in Mt 9,18 zu einem bloßen &pxwv geworden ist. 36 In diesem Sinne z.B. S. BROWN, Community, 215f; PRZYBYLSKI, Setting, 193-200; DUNN, Partings, 154; SALDARINI, Community, 66f; INGELAERE, Universalisme, 58; GIELEN, Konflikt, 120-122; REPSCHINSKI, Stories, 53f. Anders SAND, Mt, 87; TRILLING, Israel, 79; HARE, Theme, 104f; GIESEN, Krankenheilungen, 88; STANTON, Gospel, 128f; E.C. PARK, Discourse, 134; WEISS, Kirche, 2079; H.B. GREEN, Poet, 247fu.a. 37 Vgl. schon HUMMEL, Auseinandersetzung, 28-33 mit dem Fazit: Die matthäische Kirche "befindet sich im Stadium der Konsolidierung eines ausgeprägten Eigenlebens, ohne sich jedoch vom jüdischen Verband zu lösen" (33 [im Original kursiv]). 38 SALDARINI, Community, 2 wendet sich mit dem Verweis auf die Komplexität sozialer Vorgänge gegen die um die starre Alternative ,innerhalb oder außerhalb des Judentums' kreisende Diskussion überhaupt: "Categories which place Matthew's group
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der Tora wie überhaupt um das Verständnis der theologischen Traditionen Israels mitsamt der scharfen Polemik gegen das pharisäische Gegenüber verweist. Spiegelt sich in der weithin positiven Zeichnung der Volksmengen, die vielfach in die Nähe der Jüngerschaft gerückt werden, und insbesondere in dem Erzählmoment, dass die Pharisäer bzw. allgemein die Autoritäten der positiven Rezeption Jesu im Volk zu wehren suchen (9,33f; 12,23f; 21,15f; 27,62-64), die Situation der Gemeinde, so legt dies den Schluss nahe, dass die matthäische Gemeinde und die pharisäische Gruppierung sich um dieselben Leute als Anhängerschaft bemühen39 . Die Polemik im Evangelium dient der Delegitimation des Gegenübers 40 . Ferner deuten Mt 10,17 und 23,34 darauf hin, dass Geißelung in den Synagogen noch zum Erfahrungskontext der Gemeinde gehört, und dies weist darauf hin, dass neben der artikulierten Distanzierung von der Synagoge diese gleichwohl noch den Lebenskontext von Gemeindegliedern bildet41 und sie insbesondere auch Ort missionarischer Aktivität ist. Legen diese hier nur angedeuteten Indizien prima vista ein Votum im Sinne der intra muros-Position nahe, so ist freilich die Adäquanz der Metaphorik der muri durchaus zu hinterfragen. Backhaus hat die Diskussion mit einer gewagten Gegenmetapher, aber durchaus treffend damit kommentiert, dass die muri "kognitive Wanderdünen" seien42 . Die Verortung intra oder extra muros ist letztlich eine Frage der (antiken und heutigen) Perspektive 43 . Ob die Pharisäer in der christusgläubigen Gruppierung noch eine, wenngleich in ihren Augen verfehlte, Form des Judentums gesehen haben, kann man zumal dann bezweifeln, wenn sich in ihr (eine signifikante Anzahl von) unbeschnittene(n) Heidenchristen befand(en)44. Mateither in or out of Judaism are too absolute and sociologically rigid to be useful analytical tools." 39 Vgl. SALDARINI, Community, 40: "For the author ofMatthew and his second-generation group, the crowds seem to represent the people of Israel who must still be won away from their false leaders." In diesem Sinne ferner z.B. REpSCHINSKI, Stories, 132 zu 12,23f: "The important role of the crowds suggests that there was a struggle between the Matthean community and their opponents over the allegiance of the crowds. This would point to a situation of a struggle intra muros of Judaism" (Hervorhebung im Original). 40 Vgl. SALDARINI, Delegitimation, passim. 41 Vgl. SALDARINI, Community, 66, s. ferner auch GNILKA, Mt II, 534; DAVIES/ ALLISON, Mt III, 695, Anm. 20. 42 BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 79. 43 V gl. dazu HAGNER, Apostate, 198f. 44 Eine Detailbeobachtung ist hier anzufügen: In Mt 12,1-21 und 15,1-28 zieht sich Jesus nach einem Konflikt mit den Pharisäern zurück (12,15; 15,21), und es folgt jeweils ein Text, der die universale Dimension des Heils beleuchtet (in gewisser Weise kann man hier auch 4,12-16 einstellen). Dies ist nicht so zu verstehen, dass hier vorabgebildet werden soll, dass Jesus sich von Israel zurückzieht und den anderen Völkern zuwendet, denn
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thäus hat in seiner Position hingegen offenkundig keinen Abfall vom Glauben Israels gesehen, im Gegenteil. Und sozial ist ,das' Judentum offenbar sein primärer Lebenskontext. Zugleich hat sich für ihn freilich mit der österlichen Ausw~itung der Heilszuwendung auf alle Völker Grundlegendes verändert. Die ecclesia ist, wie gesehen, nicht bloß Heilsgemeinde in Israel. Letzteres führt zu einem Aspekt, der darauf hinweist, dass die ,Leistungsfahigkeit' der muri-Metapher für die Inblicknahme der sozialen Situation doch recht begrenzt ist: Die intra/extra muros-Debatte greift als historische bzw. näherhin sozialgeschichtliche Frage insofern zu kurz, als sie dazu tendiert, das Verhältnis von matthäi scher Gemeinde und Judentum isoliert von der Einbettung von Gemeinde wie Synagoge in den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang zu betrachten. Ist die Mehrheitsposition richtig, dass das Matthäusevangelium dem syrischen Raum, möglicherweise näherhin der Großstadt Antiochien, entstammt45 , muss man sozialgeschichtlich weiter ansetzen46 • Und dies gilt eben umso mehr, als sich die matthäische Gemeinde in ihrer Mission gezielt auch an Nichtjuden wen12,15 spricht vom &.KOAou9E'iv von ÖXAOL 1TOUOL. Aber die redaktionell gestaltete Wiederholung dieses ,Schemas' könnte reflektieren, dass bei der Distanz der matthäischen Gemeinde zu den Pharisäern (und der von ihnen dominierten Synagoge) die Offenheit der ecclesia für Menschen aus den Völkern einen wichtigen Faktor bildete. Dazu kann man ferner darauf verweisen, dass es in 12,1-14; 15,1-20 mit Sabbat und Speisehalacha um wichtige jüdische Identitätsmerkmale geht. 45 Für Antiochien plädieren GUNDRY, Mt, 609; SENIOR, Mt, 21; FIEDLER, Mt, 19f; STREETER, Gospels, 500-523; MEIER, Vision, 15 (s. auch MEIER, Antioch, 22-27); ZUMSTEIN, Antioche, 131-138; CARTER, Storyteller, 24f; SIM, Christian Judaism, 53-62; SLEE, Church, 118-122; GARLEFF, Identität, 83f; JEFFORD, Milieu, bes. 44-47 u.a., s. auch KINGSBURY, Matthew as Story, 152; ZETTERHOLM, Formation, 211-216, s. auch KEENER, Mt, 42 ("a community in Antioch appears more likely than the alternatives"); RrCHES, Matthew, 52, zurückhaltend DAVIEs/ALLISON, Mt I, 143-147 ("no more than the best educated guess" [147]) und Luz, Mt 15 , 100-103, der es aber immerhin als ,,[s]icher" betrachtet, dass "es eine größere syrische Stadt" war (103). Allgemein für Syrien z.B. SCHWEIZER, Gemeinde, 138-140; GNILKA, Kirchenbild, 128-131 (vgl. GNILKA, Mt II, 515: vorrangig sei an "Antiochia oder Damaskus" zu denken) und FELDTKELLER, Identitätssuche, 17, der "die Gegend zwischen Emesa, Kyrrhos und Hierapolis" präferiert. Zu den in der Forschung verhandelten Alternativen s. die Übersicht bei STANTON, Origin, 1941f. 46 Hingegen verbinden OVERMAN, Gospel, 158f (s. auch OVERMAN, Mt [Chureh], 1719) und SALDARINI, Conflict (1992), 26f ihre Einzeichnung der matthäi sehen Gemeinde in einen jüdischen Kontext mit der These der Lokalisierung der Gemeinde in Galiläa. GALE, Borders, 57-63 denkt speziell an Sepphoris. Vgl. ferner HARRINGTON, Mt, 10; SEGAL, Voice, 25-29 sowie WEREN, History, 60: "Matthew's community consisted of a large number of ... small horne churches spread over towns and villages in the Upper Galilee, the Golan, and the Southern part of Syria."
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det47 und sich dazu auf der Basis des Christusgeschehens als neuer Grundgeschichte des Heils, als eschatologisches Heilshandeln Gottes, ermächtigt sieht. Im Blick auf die intra/extra muros-Debatte bedeutet dies nämlich, dass, um im Bild zu bleiben, die muri, die das Judentum von den Völkern abgrenzen (vgl. EpArist 139), ihre konstitutive Bedeutung eingebüßt haben. Mir scheint es daher angeraten, auf die Metapher der muri oder auch die Alternative ,innerhalb oder außerhalb' im Zusammenhang der Bestimmung des Verhältnisses der Gemeinde zum Judentum zu verzichten und ,lediglich' festzuhalten: Das Judentum bildet den primären Lebenskontext der matthäischen Gemeinde, und näherhin ist die historische Situation, in die die matthäische Jesusgeschichte eingebettet ist, wesentlich durch den Konflikt zwischen den Christusgläubigen und der pharisäisch dominierten Synagoge geprägt. Fragt man, seit wann die Gemeinde sich der Völkerrnission zugewandt hat, so ist zu konstatieren, dass dies dem Matthäusevangelium nicht sicher zu entnehmen ist. Ein Passus wie Mt 8, t1f könnte darauf hindeuten, dass bei (einigen) Gemeindegliedern Ressentiments gegen sie auszuräumen waren48 • Überhaupt könnte man die Betonung der israelbezogenen Partikularität des irdischen Wirkens Jesu als Reaktion auf die kritische Anfrage lesen, ob nicht durch die Universalisierung der HeiIszuwendung die erwählungsgeschichtlich begründete Sonderstellung Israels infrage gestellt bzw. letztlich aufgehoben wird49 • Matthäus suchte dieser Kritik dann entgegenzuwirken, indem er herausstellt, dass die Einbeziehung der Völker keineswegs die Erfüllung der HeiIsverheißungen für Israel tangiert5o• Und dass
Zur Position von Sim s. Kap. 5.4, S. 340, Anm. 288. Mt 8,llf enthält, wie oben Kap. 4.2, S. 224 gezeigt wurde, eine Drohung: Wer Jesus ,nur' als den Messias Israels, nicht auch (darin) als den Heilsbringer für die Völker glaubt, verneint den zentralen Aspekt der Universalität des Heils. Solche Söhne des Reiches werden in die Finsternis hinausgestoßen werden. - Zur Erwägung, dass sich Matthäus bei konservativen Gemeindegliedern mit Reserven gegenüber der Integration von Nichtjuden konfrontiert sah, vgl. z.B. SLEE, Church, 134; FOSTER, Community, 20. 49 S. BROWN, Representation, 30f liest das Nebeneinander von 1O,5f und 28,19 als Hinweis auf eine Differenz zwischen dem Evangelisten und einigen Gemeindegliedern, die auf der Basis des von Brown als Gemeindetradition gewerteten Sendungswortes in 1O,5f gegen die universale Mission opponierten (s. auch KÜHSCHELM, Verhältnis, 165f). Im Voranstehenden ist dagegen die Aufgabe in den Vordergrund gerückt worden, das Verhältnis von 10,5f und 28,19 zueinander zunächst einmal im Rahmen der theologischen Konzeption des Evangelisten selbst zu verstehen. Dies schließt umgekehrt nicht aus, dass der Evangelist mit seiner Erzählkonzeption auf Differenzen in der Gemeinde reagiert. 50 Die matthäische Version der Heilung der Tochter der Kanaanäerin in Mt 15,21-28, insbesondere die Argumentation der Frau in V.27, würde in diesem Licht betrachtet be47
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Kap. 7: Erwägungen zur Situation der mt Gemeinde
Matthäus durch die Einfügung der vier nichtjüdischen Frauen im Stammbaum auf die Offenheit Israels für Menschen aus den Völkern verweist und er überhaupt nicht nur die Zuwendung Jesu zu Israel, sondern auch die Universalität des Heils von der Schrift her beleuchtet, würde von einer solchen Annahme her noch an Kontur gewinnen und wäre dann also auch als eine argumentative Strategie zu lesen, Ressentiments gegen die Völkermission zu überwinden. Aber auch wenn es solchen Widerstand gegeben hat 51 , muss dies nicht heißen, dass Matthäus sich mit seiner Jesusgeschichte zum Befürworter einer neuen Praxis der Gemeinde macht 52 . Es ist ebenso gut möglich, dass es sich um eine längst etablierte Praxis handelt, die durch von außen neu hinzugekommene konservative Judenchristen in Frage gestellt wurde - der Zustrom von Judenchristen aus Judäa im Gefolge des jüdisch-römischen Krieges wäre hier ein mögliches Szenarium53 • Als eine weitere Option kann erwogen werden, dass sich die matthäische Gemeinde aufgrund der Aufnahme von Nichtjuden als Vollmitglieder pharisäischer Kritik ausgesetzt sah, von der sich Gemeindeglieder (zunehmend) affizieren ließen54 . Der matthäischen Jesusgeschichte lässt sich, wenn die hier vertretene Interpretation im Ansatz richtig ist, ferner nicht entnehmen, dass der jüdischrömische Krieg 66-70 n.ehr. für die Gemeinde einen Wendepunkt von der tonen, dass Israel durch die Einbeziehung von Menschen aus den Völkern nichts verloren geht. 51 LOHMEYER, Apostelbegriff, 385f hat umgekehrt postuliert, dass der Evangelist angesichts einer Vernachlässigung der Israelmission deren Bedeutung neu einzuschärfen sucht. Siehe in diesem Sinne auch DAVIEs/ALLISON, Mt II, 192; FRANKEMÖLLE, Mt II, 86 (vgl. FRANKEMÖLLE, Kirche, 124). 52 So die Position von S. BROWN, Community, 217-221 sowie von Luz in der ersten Fassung von Bd. I seines Kommentars, wo Luz postulierte, dass die Gemeinde "mit ihrer Israelmission scheiterte, das göttliche Gericht der Zerstörung Jerusalems erlebte und nun vom Evangelisten zu einem neuen Aufbruch gerufen wird" (Mt 11, 67, s. auch HARRINGTON, Mt, 416 und SLEE, Church, 126.131.144). Luz hat seine Sicht dann im Zuge der weiteren Kommentierung revidiert, nämlich 24,9-14 als Hinweis auf die bereits im Gang befindliche Völkermission gedeutet (s. Luz, Mt IV, 451). SALDARINI, Community, 74 folgert aus Mt 15,21-28: ,,[T]he Matthean group is still wrestling with the problem of gentile membership; it justifies it by their great faith but maintains the boundaries and practices of Judaism, interpreted in a different way (15:1-20; 5:17-19)." Allerdings beachtet SALDARINI nicht hinreichend die Stellung von Mt 15,21-28 innerhalb der matthäischen Jesusgeschichte. Mit 28, 19f ist eine neue Situation gegeben. 53 Luz, Antijudaismus, 311 vermutet, dass die Gemeinde überhaupt aus Palästina stammt (s. auch S. BROWN, Community, 214). Siehe unten S. 391, Anm. 55. 54 Vgl. die ähnliche Erwägung bei SENIOR, Between Two Worlds, 19: ,,[E]vidence in Matthew's Gospel may suggest that some in Matthew's community resisted that idea of a Gentile mission, perhaps in part under the pressure of Jewish attacks on the validity of the Jewish character ofMatthew's community."
Erwägungen zur Situation der mt Gemeinde
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Israe1- zur Völkerrnission bedeutete 55 . Gehört die matthäische Gemeinde in den Umkreis von Antiochien, ist darauf zu verweisen, dass hier bereits früh eine Öffnung auf die Völkerwelt hin vollzogen wurde - nur kann man wiederum nicht voraussetzen, dass dies in allen christusgläubigen Gruppen in Antiochien und Umkreis in gleicher Weise der Fall war. Kurzum: Die Frage, wann sich die Gemeinde (in welcher Intensität) der Völkermission zugewandt hat, lässt sich nicht mit hinreichender Plausibilität beantworten. Damit ist verbunden, dass sich auch keine hinreichend sicheren Aussagen darüber treffen lassen, wie hoch genau der Anteil von ,Heidenchristen' in der Gemeinde war. Daraus, dass die matthäische Gruppierung sich in einem Konkurrenzverhältnis zu den Pharisäern sieht und überhaupt das Judentum als primärer sozialer Kontext erscheint, kann man wohl folgern, dass es sich bei der matthäischen Gemeinde um eine zumindest mehrheitlich jüdisch geprägte Gruppierung handelt, ,Heidenchristen' also die Minorität darstellen. Aber es lässt sich nicht sagen, wie groß diese Minorität ist, Wie stark sie zur Zeit der Abfassung des Evangeliums wächst oder ob es sie überhaupt schon gibt56 .
55 Anders Luz, Antijudaismus, 311: "Die matthäische Gemeinde ist, so denke ich, eine judenchristliche Jesusgemeinde, die aus Palästina stammt, dort früher Israelmission betrieben hat, daran gescheitert ist, schließlich, wahrscheinlich im Vorfeld des jüdischen Krieges 66-70, sich von der Synagoge trennen und Israel verlassen mußte, in Syrien eine neue Bleibe fand und dort anfing, Heidenrnission zu betreiben." Nach WEREN, History, 52.58 kam die matthäische Gemeinde im Zuge ihrer zunehmenden Abnabelung von ihrem jüdischen Kontext mit "a broad multi-cultural network of Christi an communities" (58) in Kontakt. Die Neuausrichtung der Gemeinde wird hier also wesentlich als ein innerchristlicher Integrationsprozess verstanden. 56 Man kann höchstens wiederum auf die antiochenische ,Großwetterlage' als möglichen, wenn nicht wahrscheinlichen Makrokontext verweisen.
Kapitel 8
Resümee Fragt man nach dem geistes geschichtlichen Kontext, der das theologische Denken des Matthäus geprägt hat, so tritt vom Beginn bis zum Ende des Evangeliums die fundamentale Bedeutung der theologischen Tradition Israels hervor. Diese zeigt sich nicht nur darin, dass Matthäus die Jesusgeschichte mit einem durchgehenden Rückbezug auf die Schrift neu erzählt. Sie tritt auch in der Profilierung der besonderen Rolle Israels hervor. Matthäus stellt Jesus nicht nur durch die Eröffnung seines Evangeliums in 1,117 betont in die mit der Erwählung Abrahams begonnene Geschichte Gottes mit Israel ein und als deren Zielpunkt heraus, sondern konzentriert in programmatischer Weise das gesamte vorösterliche Wirken Jesu (und seiner Jünger) auf Israel: Er ist nur gesandt zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" (15,24). Seine Aufgabe ist, seinen Aaee; von den Sünden zu retten (1,21) und ihn zu weiden (2,6). Er ist das Licht, das dem in Finsternis sitzenden Aaee; aufgeht (4,16), indem er lehrt, das Evangelium vom Reich verkündigt und alle Krankheiten und Gebrechen EV 1:<\) Aa<\) heilt (4,23). Entsprechend lässt Matthäus Volksmengen aus ganz Israel - und nur daraus - bei Jesus zusammenkommen und ihm folgen (4,25), legt ihnen den Ausruf in den Mund, dass "so etwas noch nie in Israel geschehen ist" (9,33), und lässt sie ob der Heilungen den Gott Israels preisen (15,2931). Auch die drei Szenen, in denen es zu Begegnungen Jesu mit Nichtjuden kommt (8,5-13.28-34; 15,21-28), sind dem matthäi sehen Ansatz, Jesu vorösterliches Wirken auf Israel zu konzentrieren, eingefügt: In allen drei Texten macht Matthäus deutlich, dass die Heilungen extra ordinem geschehen. Der Kairos (vgl. 8,29) der Zuwendung auch zu den Völkern ist noch nicht gekommen. Jesu vorösterliches Wirken wird von Matthäus also konsequent in die Geschichte Gottes mit seinem Volk eingestellt: Gott ist der Gott Israels, der durch die Sendung Jesu die seinem Volk gegebenen Heilsverheißungen erfiillt. Dieser Ausrichtung auf Israel korrespondiert in christologischer Hinsicht die matthäisehe Betonung der davidischen Messianität Jesu, die sich in der gehäuften Rede von Jesus als "Sohn Davids" titularisch verdichtet, ohne dass ihre Bedeutung fiir die matthäisehe Jesusgeschichte im Ganzen bereits durch ein Abschreiten der expliziten Vorkommen des Titels zu erfassen wäre. Konzeptionell von zentraler Bedeutung ist hier der Zusammenhang zwischen der davidischen Messianität Jesu und der Präsentation
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Kap. 8: Resümee
Jesu als Sohn Gottes. Man verfehlt die matthäische Konzeption dabei grundlegend, wenn man die bei den Christologoumena voneinander zu separieren und mit dem Ziel einer Abwertung der Davidssohnschaft in ihrer Bedeutung zu hierarchisieren sucht!. Davidssohnschaft und Gottessohnschaft Jesu bilden in Matthäus' christologischem Denken vielmehr die beiden Seiten ein und derselben Medaille. Matthäus konnte dazu an das Motiv der Adoption des davidischen Königs zum Gottessohn in der alttestamentlichen Königsideologie anknüpfen2 , modifiziert dies jedoch durch die Inversion des Adoptionsvorgangs: Der Gottessohn wird zum Davidssohn adoptiert. Dies wertet die Davidssohnschaft nicht ab, sondern der Ton liegt darauf, dass der Gottessohn Jesus in die Verheißungsgeschichte Gottes mit Israel eingestellt wird, er sich in seiner ,Rolle' als Sohn Davids seinem Volk zuwendet. Von konzeptionell leitender Bedeutung ist hier sodann die Präsentation Jesu als davidisch-messianischer Hirte seines Volkes (s. v.a. Mt 2,6; 15,24). Sie wird dadurch profiliert, dass Matthäus die desolate Lage des Volkes betont. Jesu Wirken steht unter dem Vorzeichen des Erbarmens mit den "daniederliegenden" und "verlorenen Schafen" (9,36; 10,6). Diese barmherzige Zuwendung findet ihre konkrete Gestalt in Jesu heilendem Handeln: Der davidische Messias erscheint zentral als der heilende Davidssohn. Im Kontext frühjüdischer Messianologie setzt dies zwar einen neuen Akzent, doch lässt sich dessen Genese durch die Anknüpfung an alttestamentlich-frühjüdische Heilserwartungen hinreichend erklären3 • Auffallend ist näherhin, dass Matthäus die Rede von Jesus als Sohn Davids speziell mit der Heilung von Blinden verbunden hat. Zusätzlich zur konkreten physischen Heilung schwingt hier ein symbolischer Aspekt mit: Jesus heilt die Menschen auch im übertragenen Sinn von ihrer Blindheit, die durch die Autoritäten, die "blinde Führer" sind (15,14; 23,16.24), verursacht ist. Damit geht einher, dass Jesu heilendes Handeln ferner mit der Vergebung der Sünden verbunden ist (9,2-8). Die im Erbarmen Jesu gründende (9,36) Sendung der Jünger zu "den verlorenen Schafen des Hauses Israel" (10,6) bedeutet, dass sie in den Dienst der messianischen Zuwendung zu Israel gestellt werden und so am ,Hirtenamt' Jesu teilhaben. Die erstmalige Erwähnung des Zwölferkreises in 10,1-4 weist dabei darauf hin, dass es bei dieser Sendung um die eschatologische Restitution Israels geht. Diese bleibt Aufgabe der Jünger bis zur Parusie (10,23).
Zum Ansatz von KINGSBURY s. oben Kap. 2.1, S. 22-23. Siehe Ps 2,7; 89,27f; 2Sam 7,14, messianisch transformiert in 4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)10-13 und wohl auch in 4Q246 (s. oben Kap. 2.1, S. 19, Anm. 7). 3 Siehe oben Kap. 2.1.3, S. 43-47. 1
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Resümee
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Das erwählungsgeschichtlich begründete Privileg Israels besteht für Matthäus dabei nicht darin, dass das Volk im ,Besitz' des Heils ist. Vor dem Kommen Jesu befindet sich Israel in Matthäus' Sicht vielmehr in einer Unheils situation: Das Volk sitzt in Finsternis (4,16) und muss von den Sünden gerettet werden (1,21)4. Das Privileg des Gottesvolkes Israel besteht vielmehr darin, dass allem voran ihm die Heilszuwendung des Messias gilt, vor Ostern in exklusiver Weise, nach Ostern in schon durch die Verankerung im vorösterlichen Wirken Jesu ausgezeichneter Weise. Dabei ist in diachroner Hinsicht zu betonen: Gegenüber der Markusvorlage ist nicht die Universalität des Heils, sondern die vorösterliche israelbezogene Partikularität der Heilszuwendung, die mit der erst nachösterlichen Einbeziehung der Völker einhergeht, der neue Akzents. Jesu Wirken löst in Israel unterschiedliche Reaktionen aus. Charakteristisch für Matthäus ist die Differenzierung zwischen den Autoritäten und den Volksmengen: Während die Volksmengen gegen die Vorlagen des Evangelisten auf Kosten der Autoritäten mehrfach von negativen Zügen entlastet werden, zeichnet Matthäus von den jüdischen Autoritäten ein durch und durch düsteres, von Bosheit und Heuchelei geprägtes Bild, wobei die Pharisäer als Hauptgegner hervortreten. Wiederholte direkte Kontrastierungen der Reaktionen von Autoritäten und Volksmengen (9,33f; 12,23f; 21,1-17) bringen das Anliegen des Evangelisten pointiert zum Ausdruck. Diese Differenzierung ist bereits im Rahmen der Hirt/Herde-Metaphorik angelegt: Die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" sind bei Matthäus die Volksmengen; ihre desolate Lage verweist auf das Versagen der alten Hirten. Analog zu Texten wie Jer 23,1-6 und Ez 34 bedeutet die Sendung Jesu als messianischer Hirte seines Volkes die Ablösung der alten Hirten. Die Autoritäten werden zu erbitterten Gegnern des messianischen Hirten. Seiner positiven Rezeption bei den Volksmengen, bei denen bis zum Einzug Jesu in Jerusalem die Erkenntnis herangereift ist, dass Jesus der Sohn Davids ist (21,9), suchen sie zu wehren (s. bes. 9,33f; 12,23f; 2l,15f). Details der Entwicklung des Konflikts sind hier nicht zu wiederholen. Ausdrücklich aufzunehmen ist jedoch, dass die angesprochene Differenzierung auch durch die Passionserzählung bzw. speziell durch 27,11-26 nicht revoziert und so die positive Reaktion der Volksmengen nicht zu einer bloßen Episode marginalisiert wird. Vielmehr ist hier zu beachten, dass der Kontrastierung von Autoritäten und Volksmengen ein weiteres Moment zur Seite steht, nämlich die Gegenüberstellung von Jerusalem als der pro4 V gl. auch die Erwägungen zur Betonung der babylonischen Gefangenschaft in 1,11.17 und zum dritten Teil des Stammbaums in 1,2-17 oben Kap. 2.1.1.1, S. 27-28. 5 V gl. FRANKEMÖLLE, Mission, 100.
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Kap. 8: Resümee
phetenmordenden Stadt ([21,9-11]; 23,37-39) und als Ort der Kreuzigung Jesu auf der einen Seite und Galiläa auf der anderen Seite. Während Galiläa in der ,theologischen Geographie' des ersten Evangelisten als der in der Schrift vorausgesagte Ort erscheint, an dem dem laoc; das Licht aufgehen wird (4,15f), an dem ferner die (um Judas reduzierte) Jüngerschaft nach den Ereignissen in Jerusalem wieder zusammenkommt und der so zum Ausgangspunkt für den Bau der Kirche wird (28,16-20), wird die negative Rolle Jerusalems schon durch Mt 2,3 vorbereitet. In 21,10 greift das Erbeben der ganzen Stadt beim Einzug Jesu das Erschrecken ganz Jerusalems in 2,3 auf; zugleich wird mit der Bezeichnung Jesu als Prophet aus Galiläa ein subtiler Querverweis auf die Klage über die prophetenmordende Stadt in 23,37-39 gesetzt. Vor allem aber macht Matthäus durch die Gegenüberstellung von jüdischen Volksmengen, die Jesus als Davidssohn akklamieren, und der Stadt Jerusalem deutlich, dass Letztere in Matthäus' Erzählkonzept keineswegs als Repräsentantin ganz Israels fungiert. In Kap. 3.2 wurde ferner dargelegt, dass die zu 27,25 üblicherweise verhandelten Optionen, ob laoc; hier bloß Wechselbegriff zu öX1oc; ist oder Matthäus betont das ganze Gottesvolk mit der Schuld am Tod Jesu belastet, angesichts des im frühjüdischen Sprachgebrauch zu beobachtenden Oszillierens zwischen diesen Polen eine falsche Alternative darstellen. Der Wechsel von öX1oc; zu mic; 0 laoc; ist zwar nicht bloß als eine stilistische Variation zu fassen, macht aber auch nicht aus dem vor Pilatus versammelten und von den Autoritäten verführten (27,20) Volkshaufen symbolisch ganz Israel, sondern setzt insofern einen neuen Akzent, als Matthäus auf diese Weise darauf verweist, dass es um ein Geschehen in Israel geht. Im Licht der vorangehenden Leserlenkung (2,3: lTiiaa 'lEpoaoluj..LIX; 21,10: lTiiaa ~ lToi..Lc;; 23,37: 'IEpouaal~jl 'IEpouaal~jl. ~ a.lTOK"tELVOUaa "touc; lTPO~"tac;) ist dabei an die Bevölkerung Jerusalems zu denken. Dazu passt die Einfügung der Kinder in den Blutruf: Die Konsequenz der Übernahme der Verantwortung für das Vergießen unschuldigen Blutes (vgl. 23,35f; 27,4) besteht in dem Strafgericht der Zerstörung der Stadt, die sich eine Generation später ereignet hat. Die Zerstörung Jerusalems dient in Matthäus' Konzeption nicht als Zeichen für die Verwerfung Israels; sie ist nicht als ein Strafgericht aufgefasst, das auf eine kollektive Schuld Israels bezogen ist. Matthäus instrumentalisiert die Zerstörung Jerusalems vielmehr als Beleg dafür, dass Opposition gegen Jesus Opposition gegen Gott bedeutet. An der Zerstörung Jerusalems wird für Matthäus also ablesbar, wer sich auf der Seite Gottes befindet und wer nicht. Und im Blick auf das Endgericht wird durch das Ergehen der Stadt deutlich, dass die Gegner Jesu und deren Gefolge dem eschatologischen Strafgericht Gottes anheimfallen, dass sie dem Gericht der Hölle nicht werden entfliehen können (23,33). Verarbeitet das Mat-
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thäusevangelium intensive aktuelle Kontroversen mit der unter pharisäischer Führung stehenden Synagoge und ringt die Gemeinde noch darum, Unentschlossene auf ihre Seite zu ziehen, bzw. muss sie dafür Sorge tragen, Zweifler in den eigenen Reihen zu festigen, liest sich die Verurteilungsszene, textpragmatisch betrachtet, als eindringliche Warnung, sich nicht, wie damals die Jerusalemer von den Hohenpriestern, von den Pharisäern überreden und in die Irre führen zu lassen. Diesem Verständnis des Strafgerichts der Zerstörung Jerusalems steht zur Seite, dass Matthäus auch sonst nirgendwo einer Verwerfung Israels das Wort redet. Die Parabeltrilogie in 21,28-22,14 ist gegen die Autoritäten gerichtet; sie thematisiert deren Widerstand gegen Gottes Boten, von den alttestamentlichen Propheten über Johannes den Täufer und Jesus bis hin zu den Jesusboten. In 21,43 geht es entsprechend nicht um die Ablösung Israels durch die Kirche, sondern um die Ersetzung der Autoritäten durch die Schar der Jesusjünger, und dies im Blick auf deren Aufgabe im Weinberg Israel. Die Worte gegen dieses Geschlecht in Mt 11,16-19; 12,38-45; 16,1-4; 23,34-36 sind ebenfalls an die Autoritäten, nicht an das Volk im Ganzen gerichtet. Mt 8,llf kontrastiert nicht Heil für Menschen aus den Völkern mit dem Ausschluss Israels, sondern verbindet einen Ausblick auf die Universalität des Heils mit einer Drohung gegen solche Jünger oder Sympathisanten, die sich auf der Basis eines partikularistischen Heilsverständnisses gegen die Einbeziehung von Menschen aus den Völkern wenden. Zum Thema Juden und ,Heiden' sagen die Verse insofern innergemeindlich etwas, von einer Verwerfung Israels jedoch nichts. Schließlich kontrastiert Mt 13,3-23 nicht das Versagen Israels mit der Entstehung der Kirche, sondern schildert dem Kontext nach einen Differenzierungsprozess in Israel. Die Herausstellung des Unverständnisses der Volksmengen, die auf der Kommunikationsebene des Evangeliums dazu dient, Misserfolge in der Mission zu verarbeiten, ist dabei nicht als die definitive Aussage über die OXAOL auf Kosten des differenzierten Bildes, das Matthäus insgesamt zeichnet, zu verabsolutieren, sondern als Aspekt in das Gesamtbild zu integrieren. Die Aufgabe der Jünger gegenüber den jüdischen Volksmengen bleibt bestehen; die weithin positive Zeichnung der OXAOL lässt sich in textpragmatischer Hinsicht auf dem Hintergrund der fortbestehenden Aufgabe der Sendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gut verständlich machen: Dass Matthäus sie von Jesus positiv affiziert sein lässt, sie sogar in die Nähe der Jünger rückt, macht Sinn, wenn damit das Bemühen um sie gefördert werden soll6. Sie sollen als
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In diesem Sinne z.B. auch SALDARINI, Community, 43.
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"potentielle Kirche" wahrgenommen werden 7 • Dem korrespondiert in 13,3-23, dass die Deutung des Sämannsgleichnisses nicht nur auf das Wirken Jesu, sondern auch auf die Mission der Jünger zu beziehen ist. 13,3-23 zieht demnach kein Schlussfazit, sondern reflektiert einen offenen Prozess, und neben dem Misserfolg ist den Jüngern auch in Aussicht gestellt, dass ihre Verkündigung positive Wirkungen zeitigt. Der Offenheit dieses Prozesses entspricht, dass es keine Anzeichen gibt, dass das KPLVELV der zwölf Stämme in 19,28 einseitig ein Strafgericht an Israel anvisiert. Der Sendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" tritt freilich in 28,16-20 der Auftrag zur Seite, navta. E8Vll zu Jüngern zu machen. Die Integration der Völker in die Heilszuwendung nach der israelbezogenen Partikularität des irdischen Wirkens Jesu als Messias Israels verweist dabei gerade nicht auf einen "Bruch" in der matthäisehen Jesusgeschichte8 ; sie ist nicht Antwort auf die vermeintlich kollektive Ablehnung Jesu in Israel, sondern sie geht als Zielpunkt der mit der Erwählung Abrahams begonnenen Heilsgeschichte organisch aus der Zuwendung zu Israel hervor9 • In Matthäus' narrativer Konzeption ist zwar Jesu irdisches Wirken konsequent auf Israel bezogen, aber die Schilderung dieses Wirkens wird durch Signale im Prolog - wie die Bezeichnung Jesu als Sohn Abrahams (1,1), die Einfügung von vier der Herkunft nach nichtjüdischen Frauen in den Stammbaum Jesu (1,2-16) und die Magierperikope (2,1-12) - sowie durch die Reflexionszitate in 4,14-16 und 12,17-21 von Anfang an in eine universalistische Dimension eingestellt. In den Erzählungen von der Heilung des Sohns des Hauptmanns in Kapernaum in 8,5-13, der besessenen Gadarener in 8,28-34 und der Tochter der kanaanäischen Frau wird die Integration von Menschen aus den Völkern in die Heilszuwendung zudem zeichenhaft antizipiert und zugleich der Glaube als entscheidendes Kriterium vorgebracht (8,10.13; 15,28). In 8,10 und 15,28 - und nur an diesen bei den Stellen - wird der Glaube als besonders groß geadelt. Bezugspunkt dafür dürfte sein, dass der Hauptmann und die Kanaanäerin darauf vertrauen, dass die mit Jesus verbundene Heilszuwendung über Israel hinausreichen wird. Die matthäisehe Einfügung von npo K(npoD in 8,29 verweist dabei explizit darauf, dass es einen festgesetzten Kairos für die Ausweitung der
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7 Zur Rede von der "potentielle[n] Kirche" s. Luz, Mt r5 , 242. Vgl. oben Kap. 3.1.1, S. 98, Anm. 20. 8 Anders Luz, Mt r5 , 91. 9 Vgl. BACKHAUS, Himmelsherrschaft, 102: "Der Erwählungsanspruch, wie Mt ihn sieht, setzt Gottes Geschichte mit seinem Volk fort, indem er sich zur Geschichte Gottes mit den Völkern weitet und so das Drama zwischen Gott und seinem Volk nicht abbricht, sondern ans Ziel führt."
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Heilszuwendung zu den Völkern gibt. Dieser Kairos ist rür Matthäus das Geschehen von Tod (vgl. 26,18.45), Auferstehung und Einsetzung Jesu zum Weltenherrn. Die universale Sendung wird in 28,18-20 in der universalen Vollmacht des erhöhten Herrn verankert. Wichtig für das Verständnis der matthäischen Konzeption ist dabei, den Zusammenhang zwischen der Einsetzung Jesu zum Weltenherrn und der Passion zu beachten. Als der gehorsame Gottessohn widersteht Jesus dem ,Angebot' des Teufels, ihm alle Reiche der Welt zu übereignen (4,8-10), und nimmt vielmehr den ihm vorgegebenen Weg ans Kreuz (vgl. 26,39.42 sowie 26,53f.56) auf sich; als der gehorsame Gottessohn, dessen Blut zum Heil für "die Vielen" (26,28) vergossen worden ist, wird Jesus auferweckt und zum Weltenherrn eingesetzt. Die Einfügung von alT' äpn in 26,64 weist ausdrücklich den Tod Jesu als Zeitpunkt seiner Inthronisation aus. Zugleich wird Jesu Tod in soteriologischer Hinsicht als das Heilsereignis gedeutet, das die Ausweitung der Heilszuwendung zu den Völkern begründet; lTEP1. lTOUWV in 26,28 ist universalistisch zu verstehen, d.h. durch Jesu Tod steht allen Menschen die Vergebung der Sünden offen. Dem steht zur Seite, dass die E~oua[a Aussage in 28,18b keinen völlig neuen Status des Auferstandenen beschreibt, sondern der Ton eher darauf liegt, dass er seine universale Vollmacht nun kundtut. Dies lässt sich mit der (Be-)Deutung des Todes Jesu verbinden: Die Kundgabe der universalen, die Völkermission begründenden Vollmacht Jesu erfolgt, nachdem mit seinem Tod die soteriologische Grundlage für die universale Heilszuwendung gegeben ist. Eben darauf basiert 28,19\0. Die Deutung des Todes Jesu wirft ferner Licht auf die konzeptionelle Anbindung der Zuwendung zu den Völkern an die Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen, denn mit seinem Heilstod vollendet Jesus zugleich seine israelbezogene Aufgabe, sein Volk von den Sünden zu retten (1,21), d.h. mit der Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißungen ist zugleich das Fundament für die Zuwendung des Heils auch zu den Völkern gelegt. Diese Verbindung der universalen Dimension des Heils mit der messianischen Zuwendung zu Israel kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Kanaanäerin sich bei Matthäus an Jesus als "Sohn Davids" wendet (15,22), wie schon die Magier nach dem "König der Juden" fragten (2,2). 10 Vgl. DAVlEs/ALLISON, Mt II, 168: "Matthew appears to have interpreted the crucifixion and resurrection of Jesus as eschatological events which mark a decisive turning point in salvation-history, the dawn of a new era, the era in which God's OT promises concerning the Gentiles are realized ,., The scheme requires that the Gentiles come into the church after the saving events" (Hervorhebung im Original). AnzuItigen ist, dass streng genommen in der matthäischen Konzeption auch die Kirche erst mit Ostern beginnt.
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Kap. 8: Resümee
Diese Verbindung prägt ferner die Abrahamrezeption des ersten Evangelisten: Als Stammvater Israels ist Abraham zugleich der Träger der Verheißung für die Völker. Die Völker gewinnen durch Jesu Tod und Auferstehung Anteil an dem in Israel kundgewordenen Heil. Der matthäisehe Universalismus ist also israelbezogen, wie umgekehrt Israel von der Erwählung Abrahams an als auf die Völkerwelt hingeordnet erscheint. Von zentraler Bedeutung für die Erfassung der matthäisehen Konzeption ist nun die Verknüpfung dieser heilsgeschichtlichen Linienführung mit der narrativen Konzeption, in der Matthäus die messianische Identität Jesu als Sohn Davids und Sohn Gottes entfaltet. Ist mit der Betonung der davidisehen Messianität Jesu die israelbezogene Partikularität seines irdischen Wirkens verbunden, so hat Matthäus das Christologoumenon der Gottessohnschaft Jesu zentral mit dem Tod des Gottessohnes und seiner Auferweckung und Einsetzung zum Weltenherrn verknüpft, worin die Einbeziehung der Völker in das Heil begründet ist. Wie die Universalität des Heils von Anfang an als Vorzeichen vor Jesu Wirken in Israel gesetzt ist, aber erst mit Tod und Auferweckung Jesu hervortritt, so bleibt die im Prolog als zentrales Moment der messianischen Identität Jesu eingeführte Gottessohnschaft im Rahmen der Schilderung seines Wirkens in Israel im Hintergrund bzw. wird sie hier allein den Jüngern offenbart, während sie dann am Ende des Evangeliums im Kontext der Passion und der Erhöhung Jesu als christologisches Leitthema hervortritt und zu einem den Jüngerkreis übersteigenden Thema wird. Matthäus variiert mit dieser Konzeption die Zweistufenchristologie, wie sie in der von Paulus in Röm 1,3frezipierten Tradition zutage tritt, zu einer zweistufigen Entfaltung der messianischen Identität Jesu. Wie in Röm 1,3f steht Jesu irdisches Wirken unter der Leitkategorie seiner davidischen Messianität; als Sohn Gottes aber wird er nicht erst durch seine Erhöhung als Auferstandener eingesetzt, sondern er ist es von Anfang an, doch tritt er als Gottessohn erst im Zuge der Passion hervor. Das zentrale Charakteristikum der matthäisehen Konzeption ist dabei des Näheren darin zu sehen, dass er diese Zweistufenchristologie benutzt hat, um das die erwählungsgeschichtliehe Sonderstellung Israels aufnehmende Wirken Jesu in und für Israel einerseits und die Universalität des von Jesus gewirkten Heils andererseits miteinander zu vermitteln. Die von Matthäus betonte Identität von irdischem und erhöhtem Herrn 11 bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass die Davidssohnschaft Jesu nicht als ein Christologoumenon anzusehen ist, das mit der Einsetzung Jesu zum Weltenherrn seine aktuelle Relevanz 11 Siehe dazu grundlegend BORNKAMM, Der Auferstandene, ferner z.B. ZUMSTEIN, Condition, 104-106 ("une unite essentielle entre le Ressuscite et le Jesus terrestre" [105, Hervorhebung im Original]).
Resümee
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verloren hat l2 • Sie bildet vielmehr ein gewichtiges Moment der Grundgeschichte des Heils, aus der die matthäische Gemeinde ihre theologische Identität gewinnt. Ebenso wird die besondere Rolle Israels durch die Ausweitung der Heilszuwendung auf alle Völker nicht zu einer bloßen historischen Reminiszenz; sie erscheint vielmehr durch ihre Hervorhebung in der matthäischen Jesusgeschichte und die betonte Anbindung der universalen Heilszuwendung an die Erfüllung der Israel gegebenen Heilsverheißung im Evangelium als ein wesentliches und bleibend bedeutsames Moment des theologischen Selbstverständnisses der Gemeinde, die sich diesem Heilswirken Jesu verdankt und dieses zugleich vor Israel und den (übrigen) Völkern weiter zu verkündigen hat. 28,19 hebt die besondere Rolle Israels nicht auf. Die übliche Diskussion, ob die Heilszuwendung nun exklusiv den ,Heiden' gilt oder ob Matthäus Israel wenigstens noch als ein Volk neben den anderen mitlaufen lässt, setzt falsch an, denn die Zuwendung zu den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" steht schon durch Mt 10 als bleibende Aufgabe der Gemeinde fest, und im theologischen Denken des ersten Evangelisten ist die Israelmission in einen eigenen, durch die vorangehende Heilsgeschichte bestimmten theologischen Horizont eingestellt: Es geht bei ihr um die Restitution des Zwölfstämmevolkes. Ebenso ist jedoch zu betonen, dass die Völker durch Jesu Tod und Auferstehung gleichen Zugang zum Heil erhalten haben. Es ergibt sich damit ein ambivalenter Gesamtbefund. Matthäus vertritt gewissermaßen eine Gleichordnung der Völker mit Israel trotz bleibender Differenz. Israel- und Völkermission - über das Faktum, dass Juden nicht zu dem einen Gott bekehrt werden müssen, und über den spezifischen theologischen Horizont der Israelmission hinaus - durch eine klare Unterscheidung des Inhalts der Missionsaufträge differenzieren zu wollen 13 , ist nicht möglich. Zwar werden verschiedene Akzente gesetzt, doch sind diese mit dem unterschiedlichen Stand verbunden, den die Erzählung bis Mt 10 bzw. Mt 28 jeweils erreicht hat. In Mt 10,5-8 werden die Jünger beauftragt, sich Israel durch Verkündigung der Nähe des Himmelreiches und durch die Heilung der Kranken zuzuwenden. Davon, dass sie Menschen in ihre Jüngergemeinschaft integrieren sollen, wie dies in 28,19 ins Zentrum gestellt wird, ist hier nicht die Rede. Dem korrespondiert, dass der Kreis der Jünger, sieht man vom Verrat des Judas ab, bis zum Ende stabil bleibt: Die Jünger, die mit Jesus umherzogen, sind für Matthäus die Zwölf14, und ent12 Im anderen Falle wäre kaum suffizient zu erklären, warum Matthäus sie sonst überhaupt erst so stark betont hat. 13 Siehe oben Kap. 5.4, S. 337-338. 14 Siehe oben Kap. 6.3, S. 371.
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Kap. 8: Resümee
sprechend sind es in 28,16 die elf Jünger, die sich in Ga1iläa zusammenfinden. Der in 16,18 angekündigte Bau der ecclesia beginnt für Matthäus erst nach Ostern l5 , d.h. Jesu Ankündigung in 16,18 ist mit dem Auftrag an die elf Jünger, die den Nukleus der zu bauenden ecclesia bilden, im Zusammenhang zu sehen. Jesus baut seine Gemeinde, indem er die Jünger zur universalen Mission beauftragt. Der Zusammenhang von 16,18 und 28,19f wird noch dadurch unterstrichen, dass nicht nur in 28,18-20 das Christologoumenon der Gottessohnschaft von leitender Bedeutung ist l6 , sondern zugleich 16,18 im Kontext Antwort auf das Gottessohnbekenntnis des Petrus ist. Als Gottessohn verfügt er über die "Schlüssel des Himmelreiches" und kann sie Petrus verleihen. Als Gottessohn baut er seine EKKA,T)OLa, indem er die elf Jünger zur universalen Mission ermächtigt. Und das durch Jesus als Gottessohn am Kreuz gewirkte Heil realisiert sich in der und durch die ecclesia. Umgekehrt ist das Bekenntnis zu Jesus als dem zur Rechten Gottes erhöhten Gottessohn, dessen Tod allen Menschen das Heil eröffnet, zentrales Kennzeichen der ekklesialen Jüngergemeinschaft. Einzustellen ist hier ferner die Ankündigung in 21,43. Auch hier verweisen die Futura, wie schon der direkt vorangehende Vers 21,42 nahe legt, auf ein mit Tod und Auferweckung Jesu verbundenes Geschehen. Auch hier geht es um die missionarische Aufgabe der Gemeinde: Die Übergabe der Königsherrschaft Gottes an die Jüngerschar, die der Basileia gemäße Früchte bringt (vgl. 5,16!), bedeutet, dass ihr - in Ersetzung der infolge ihrer Ablehnung Jesu verworfenen Autoritäten - die Aufgabe zukommt, im Weinberg Israel den Willen Gottes auszurichten und so Menschen dem Himmelreich zuzuführen. 28,19f nimmt dies dann universal ausgerichtet und ekklesial-missionarisch zugespitzt auf. Der Auftrag zum fla8T)'tEUELV gilt dabei nach Ostern ebenso für die Israelmission, d.h. die Bildung der ecclesia bedeutet für die Israelmission als neues Moment, dass es in ihr über den Inhalt des Auftrags in 10,5-8 hinaus auch darum geht, Menschen in die ecclesia zu integrieren. Mit dem Voranstehenden ist bereits ein wichtiger Aspekt der Bestimmung des Verhältnisses von Israel und Kirche angedeutet: Ihrer missionarischen Aufgabe nach ist die Jüngerschar Medium der Heilszuwendung, die auch und insbesondere den "verlorenen Schafen des Hauses Israel" gilt. Die Bedeutung der missionarischen Dimension in der matthäisehen Ekklesiologie ist kaum zu überschätzen. Kirche und Israel erscheinen in dieser Hinsicht nicht als miteinander konkurrierende Größen, sondern die Kirche ist in ihrem missionarischen Auftrag positiv auf Israel bezogen. Aber auch 15
16
Zum Bezug des Futurs in 16,18 s. oben Kap. 6.3, S. 371. Siehe dazu oben Kap. 5.2.2.3, S. 327.
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insofern, als die ecclesia nicht allein Medium der Heilszuwendung, sondern zugleich selbst Heilsgemeinde ist, ist dem Matthäusevangelium nicht der Gedanke der Substitution Israels durch die Kirche zu entnehmen. Die Kirche ist nicht als das neue Gottesvolk konzipiert. Der Terminus laD<; bleibt für Israel reserviert. Dies gilt auch für 1,21. Die dortige Rettungsaussage ist nicht von 26,28 her insofern einer Relecture zu unterziehen, als es die das Mahl feiernden Glieder der ecclesia sind, die an der von Jesus durch seinen Tod gewirkten Sündenvergebung Anteil gewinnen. 26,28 besagt vielmehr, dass durch die mit Jesu Heilstod erfolgte Bundeserneuerung ganz Israel und darüber hinaus den Menschen aus den Völkern die Vergebung der Sünden zugänglich geworden ist. In diesem Sinne ist die Aussage von 1,21, dass Jesus sein Volk (= Israel, vgl. 2,6) von den Sünden retten wird, ,objektiv' erfüllt. Davon ist die ,subjektive' Aneignung der Sündenvergebung zu unterscheiden, die durch Eintritt in die das Mahl feiernde Jünger(gemein)schaft realisiert wird. Festzuhalten ist zugleich, dass alttestamentlich-frühjüdisch mit dem Gottesvolkgedanken verbundene theologische Motive wie das Mitsein Gottes, der Wandel nach den Geboten Gottes oder die Aufgabe, Licht für andere zu sein, im Matthäusevangelium als ekklesiale Attribute begegnen. Dies bedeutet nicht, dass Matthäus zwar nicht begrifflich, wohl aber konzeptionell die Kirche als das neue Israel angesehen hat, sondern ist adäquater im Sinne einer Transformation des überkommenen theologischen Koordinatensystems zu erfassen. Matthäus hat die Kirche also zwar nicht an die Stelle Israels treten lassen, aber mit der ecclesia tritt eine neue Größe hinzu, durch die sich Bedeutung und Rolle Israels als Volk Gottes verschieben. Dies wird noch dadurch unterstrichen, dass das Gegenüber von Israel und Völkerwelt mit Tod und Auferweckung Jesu seine prinzipielle Bedeutung verloren hat. Die Rolle Israels wird in diesem Transformationsprozess darauf zugespitzt, in besonderer, nachösterlich jedoch keineswegs mehr exklusiver Weise Adressat des Heilsangebotes bzw. der messianischen Zuwendung zu sein. Für Matthäus steht dabei zugleich fest, dass die "verlorenen Schafe des Hauses Israel" allein in der ecclesia Rettung von ihren Sünden finden. Die Transformation des theologischen Koordinatensystems tritt schließlich deutlich darin zutage, dass sich die Heilshoffnung für die Völker nicht in Gestalt der Völkerwallfahrt zum Zion realisiert, sondern durch Zutritt von Menschen aus den Völkern zur ecclesia. Dieser Aspekt fügt sich nahtlos der oben angesprochenen Rolle Jerusalems in der matthäischen Erzählkonzeption ein. Blickt man speziell auf den - nach dem Zitat aus Jer 7,11 in Mt 21,13 zur Räuberhöhle verkommenen - Tempel, ist anzufügen, dass dieser durch den Heilstod Jesu obsolet geworden ist. Dabei zeigt sich eine subtile Ironie: Die Jerusalemer Autoritäten, die ,Hüter des Tempels',
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Kap. 8: Resümee
führen durch die Tötung Jesu selbst das Ende des Tempels im Zuge der Zerstörung Jerusalems herbei. Ins Zentrum des Gedankens des Mitseins Gottes tritt die Gegenwart Jesu bei seiner Gemeinde. Mit dieser kreativen Interpretation der überkommenen theologischen Traditionen beansprucht die matthäische Gemeinde, deren einzig legitime Sachwalterin zu sein. Mit diesem Selbstverständnis tritt sie in Konkurrenz zu den ,alten' Autoritäten. Tritt die ecclesia in der matthäischen Konzeption nicht an die Stelle Israels, so erhebt sie gleichwohl den Anspruch, die ,alten' Autoritäten zu ersetzen (21,43). Petrus und damit der ecclesia sind die "Schlüssel des Himmelreiches" anvertraut (16,19). Im Selbstverständnis der matthäischen Gemeinde ist damit freilich nicht bloß ein Anspruch in Israel erhoben, sondern in der gesamten Völkerwelt, und insofern ist die Kirche nicht adäquat als eine Sondergemeinschaft in Israel und theologisch nicht allein als der bereits restituierte Teil des endzeitlich zu sammelnden Israels zu fassen. Die Kirche ist vielmehr die im Rahmen der eschatologischen Sammlung bzw. Restitution des Gottesvolkes wie auch im Rahmen der Völkermission entstehende Heilsgemeinde. Zugleich sei das - selbstverständliche und geradezu banal anmutende - Faktum ausdrücklich festgehalten, dass als Konkurrentin der Gemeinde allein die pharisäisch dominierte Synagoge erscheint, nicht ein paganer Kultverein, denn es geht um den Streit um die theologische Tradition Israels. Überblickt man die voranstehenden Ausführungen, so zeigt sich die theologische Konzeption des ersten Evangelisten im Blick auf das Verhältnis von Israel und Völkerwelt durch einen integrativen Ansatz gekennzeichnet. Matthäus betont die Sonderstellung Israels, vertritt aber ebenso emphatisch die Öffnung des Heils auf die Völkerwelt hin und vermittelt beides in der dargestellten Weise miteinander. Die universale Bedeutung von Tod und Auferstehung Jesu eröffnet Menschen aus den Völkern, wie gesehen, gleichen Zugang zum Heil, hebt bei Matthäus aber nicht die besondere Rolle Israels auf. Einer isolierten Betrachtung von Tod und Auferstehung Jesu als soteriologischem Grunddatum ist im ersten Evangelium durch die durchgehende Einzeichnung des Christusgeschehens in die mit Abraham begonnene Geschichte des Heils auf dem Boden der Schrift ein Riegel vorgeschoben. Das synagogale Gegenüber wird bei Matthäus geradezu, verteufelt'. Die historische Einbettung der Polemik in die Konfliktsituation zwischen den Pharisäern und den Christusgläubigen, in der sich Letztere offenbar konkreter Bedrängnis ausgesetzt sahen 17, mag dabei helfen, die matthäische Darstellung zu erklären, ohne sie damit zu legitimieren l8 • Sofern die Phari17 18
Siehe Mt 5,10-12; 10,16-25; 23,34; 24,9. Vgl. THEISSEN, Aporien, 542-547.
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säer bei Matthäus nicht das Judentum repräsentieren, kann man ferner darauf verweisen, dass es in historischer Hinsicht unpräzise wäre, die antipharisäische Stoßrichtung als Antijudaismus zu etikettieren. Auch damit wäre aber das Entscheidende fur die kritische ,Aneignung' des Textes aus heutiger Perspektive noch nicht gewonnen. Entscheidend ist vielmehr den durch das Matthäusevangelium dokumentierten Konflikt in einen Dialog auf der Basis einer "Kultur dialogischer Differenz,,19 zu überfUhren, die dem 1. Jh. n.Chr., in dem sich die Trennung mit Bitterkeit und gegenseitigen Verwerfungen vollzog, noch fremd war.
19
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hg. v. A. J. Blasi - J. Duhaime - P.-A. Turcotte, Walnut Creek u.a. 2002, 105123 WINKLE, Ross E.: The Jeremiah Model for Jesus in the Temple, AUSS 24 (1986), 155-172 WITHERUP, RONALD D.: The Death of Jesus and the Raising ofthe Saints: Matthew 27:51-54 in Context, SBL.SP 26 (1987), 574-585 WOLFF, CHRISTIAN: Jeremia im Frühjudentum und Urchristentum, TU 118, Berlin 1976 WOLTER, MICHAEL: Reconstructing Q?, ET 115 (2003/2004), 115-119 -: "Ihr sollt aber wissen ... ". Das Anakoluth nach '(va ö1: dÖfj1:E in Mk 2,10-11 parr., ZNW 95 (2004), 269-275 WONG, KUN-CHUN: Interkulturelle Theologie und multikulturelle Gemeinde im Matthäusevangelium. Zum Verhältnis von Juden- und Heidenchristen im ersten Evangelium, NTOA 22, Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1992 WOSCHITZ, KARL MATTHÄUS: Erzählter Glaube. Die Geschichte vom starken Glauben als Geschichte Gottes mit Juden und Heiden (Mt 15,21-28 par), ZKT 107 (1985), 319-332 WRIGHT, N.T.: The New Testament and the People ofGod, London 1992 YANG, YONG-Eur: Jesus and the Sabbath in Matthew's Gospel, JSNT.S 139, Sheffield 1997 YIEH, JOHN YUEH-HAN: One Teacher. Jesus' Teaching Role in Matthew's Gospel Report, BZNW 124, Berlin - New York 2004 ZAKOWITCH, Y AIR: Rahab als Mutter des Boas in der Jesus-Genealogie (Matth. 15), NT 17 (1975),1-5 ZELLER, DIETER: Das Logion Mt 8,l1flLk 13,28f und das Motiv der "Völkerwallfahrt", BZ NF 15 (1971),222-237; BZ NF 16 (1972), 84-93 -: Die Bildlogik des Gleichnisses Mt 11,16f. / Lk 7,31f., ZNW 68 (1977), 252-257 ZENGER, ERICH: Das Erste Testament. Die jüdische Bibel und die Christen, Düsseldorf 4 1994 [11991] Die Bundestheologie - ein derzeit vernachlässigtes Thema der Bibelwissenschaft und ein wichtiges Thema für das Verhältnis Israel- Kirche, in: Der Neue Bund im Alten. Zur Bundestheologie der beiden Testamente, hg. v. E. Zenger, QD 146, Freiburg - Basel- Wien 1993, 13-49 Juden und Christen doch nicht im gemeinsamen Gottesbund? Antwort auf Frank Crüsemann, Kul 9 (1994), 39-52 ZENGER, ERICH (Hg.): Der Neue Bund im Alten. Zur Bundestheologie der beiden Testamente, QD 146, Freiburg- Basel- Wien 1993 ZETTERHOLM, MAGNUS: The Formation of Christianity in Antioch. A social-scientific approach to the separation between Judaism and Christianity, London - New York2003 ZIMMERMANN, JOHANNES: Messianische Texte aus Qumran. Königliche, priesterliche und prophetische Messiasvorstellungen in den Schriftfunden von Qumran, WUNT 11.104, Tübingen 1998 ZUMSTEIN, JEAN: La condition du croyant dans l'Evangile selon Matthieu, OBO 16, Fribourg/Göttingen 1977 -: Antioche sur l'Oronte et l'Evangile selon Matthieu, SNTU.A 5 (1980), 122-138
Stellenregister (in Auswahl) Vom Masoretischen Text abweichende Septuagintabelege (v.a. Ps, Jer), sind im Register auf die Masoretische Zählung umgestellt. Verschiedentlich sind Einträge zu größeren Einheiten zusammengefasst worden. 1 Altes Testament
Deuteronomium 2,14 225 4,10 359 6,4-9 143 6,5 143 6,13 311 7,15 53 8,3 345 9,10 359 10,20 311 158 17,6 18,16 359 19,15 158 21,1-9 168 23,2-9 345,356,357,376 23,19 163 131 24 25,5-10 141 27,25 163 28,4f.11 84 30,9 84 31,30 357,359 32,5 225,258 32,20 225 32,21 197
Genesis If 10,22 12,2 12,3 15,14 17,16 18,18 22,18 22,21 24,3f 25,23 26,4 28,1-4 28,13-15 37,9-11 37,28 38 38,2 38,8 38,26 49 49,8-12
131,132 290 194, 198, 199 194,286,331 197 197 286,331 286,331 290 290 197 286,331 290 335 197 153 289 290 141 289 81 20,34,104
Exodus 3,6 19,6 21,32 23,22 24,(6-)8
141 193, 194, 195, 198 153 194, 198 363,364,366,375
Leviticus 19,18 20,2 26,4f
Josua 2 2,10 6 6,25 9,2 9,6 24,25-27
289 291 289 291 356 58 375
143 196 84
Richter 21,5-8
357
Numeri 21,6 24,17-19 28,9f 35,30
171 20,293,296 120 158
ISamuel 12 16,14-23 19,5 19,20
188 43 163 357
458
Stellenregister
2Samuel 5,2 5,6-8 7 7,10-16 9,4f I1f 11,3.6 12 12,1-7 17,23 19,9 22,28
34 47 20,21 20,21,30,307,394 290 289 290 290 183,289 162 171 171
lKönige 5,9-14 8,14.22 10,1-13 11,5 14,21.31
43 356 240 291 291
2Könige 25,26
172
Jesaja 1,4 1,15f 2,1-5 3,14 5,1-7 6,9f 7,14 8,2 8,23-9,1 9,2 9,6 11,1-5 11,12 14,2 19,25 25,6-8 26,19 27,12 27,13 29,13 29,18f 35,5f 38,10 42,1-4
42,6 42,7 43,5f 44,6 49,3
197 168 345,346,360 191 189,190,208,217 269,270,271,345 300 249 295,345 84 332 20,34 39 221 345 221 44 83 220 271 44 44,58 362 46,296,298,299,301,306, 309,331,345 345,372 295 220 192 372
49,6 345,372 221 49,10-13 221 49,22 53,4 46 53,l1f 364 345,346,366,376 56,1-8 335,345,346 56,7 60,4 221 293,346 60,6 61,1 44 61,3 225 104,300 62,11 66,12.18-20 221 Jeremia 3,15 5,21 7,11 15,2 18,1-12 19,1-13 23,1-6 26,7-11 26,15 28,11-14 31,15 31,31-34 31,33f 32 33,15 48,2 50,6
38 270 157,403 45 164 163, 164 18,37,38,40,164,395 159 248 335 178 364,366 374 164 18 196 39, 164
Ezechiel 1,1-4 12,2 24,6-9 34 34,4.16 34,5.8 34,23 34,24 37,7-14 37,25
309 270 163 33,38,39,40,47,395 39,47 39 35,38,46,47 18 325 18,332
Hosea 2,1 6,6 11,1
315 42,84,118, 120, 143,381 309
Joel 4,19
248
Amos 9,11
21
459
Stellenregister
9,13-15
84
Jona 1,14 2,1
248 239
Micha 5,1 5,3
34 34,35,38
Habakuk 1,4
298
Zejanja 3,15
192
Haggai 1,9
252
Sacharja 1,1 2,15 3,8 6,12 8,7 8,23 9,9 9,10 9,11 10,2f 10,10 11,4-14 11,11 11,12 11,13 13,7
249 345 18 18 220 221 104,300,345 21 366 39,47 220 154 153, 154 153 153, 154, 164, 165 153,331,359
Maleachi 3,1 3,23f
227 227
Psalmen 1,3 2 2,2 2,6 2,7 2,9 8,3 14,5 18,17 22,2 22,9 22,19 23
188,206 20 142 346 30,307,309,310,346,394 20 25, 32, 104, 135 225 315 135 135,324 135 37
24,6 25 26,5 26,6 26,12 68,27 69,2--4.15f n,lOf 73,13 73,15 74,1 78,8 78,52f 80,9-15 89,4f 89,6 89,27-30 89,37 91,l1f 93 93,5 99 107,3 107,9 107,10 107,23-32 110,1 112,2 118 118,22 118,25f 118,26 119,176 126,6 132,17 144,7 146,8
225 366 356 MT 168 356 356 315 294 168 225 37 225 37 190 20 357 20,30,307,394 20,332 311 203 203 203 220 221 295 315 145,160,161,320,323 225 254 194,201 103 255 39 84 18 315 48
Hiob 9,8
314
Proverbien 6,17 26,3 28,17 29,18
248 197 197 197
Rut 1,4 1,16
289 291
Threni 4,13
248
460 Daniel 2,44f 3,2.4-7 7,13 7,14 7,15 9,27 11,23 11,31 12,11
Stellenregister
5,5 194 335 160,305,317,327 305,327 317 345 196 345 345
220
2 Baruch (syrische Baruch-Apokalypse) 8,2.4 252 221 29,3-8 29,7 44 70,2 83 73,2 44 77,13 372 gr3Bar (griechische Baruch-Apokalypse) 16,2 197
1 Chronik 3,5 3,19-24 13,2.4 17,14 28,2ff 28,5 28,8 29,20 29,23
290 28 356 202 356 202 356,357 356,357 202
EpArist (Aristeasbriej) 96.99 99 132 143 139-142 57,389 305f 168
2 Chronik 7,8 9,1-12 12,13 13,8 20,5(.14) 23,3 24,20-22 28,14 30,25 31,4 32,7
357 240 291 202 356,357 357 249 357 357 172 196
4Esra (Apokalypse Esras) 4,13-21 183 4,32.(35).39 83 7,28 307 7,29 332 7,97 317 7,123 44 8,53 44 12,31-34 20,33,46 12,32 18 13,33-38 46 13,37.52 307
Nehemia 5,1 5,7.13 8,2 13,1
172 356 356 357
4Bar (Paraleipomena Jeremiou) 5,18 172
Apokalypse Abrahams 1-8 286
1Hen (äthiopisches Henochbuch) 38,5 282,301 48,9 282,301 57,1 220 62 255 62,3.5 255 62,9 255 62,10-12 255 62,14 221 89,50.54.56 217 91,12 282,301 93,9 225 95,3 282,301 98,12 282,301
Apokryphon Ezechiel Fragm. 5 47
grHen (griech. Fragm. zum 1Hen) 107,1 225
1 Baruch (Buch Baruch [LXX]) 4,37 220
2Hen (slavisches Henochbuch) 42,5 221
2 Frühjüdische Literatur 2.1 ,Atl. Apokryphen und Pseudepigraphen'
461
Stellenregister
66,7
317
Judit (LXX) 3,8 5,5-9 6,16.21 7,29
335 286 357 357
Joseph und Aseneth 8,5.9 67 15,5 67 16,16 67 19,5 67 21,21 67 Jubiläenbuch 2,18 203 11,16-12,21 286 12,19 203 15,31f 192 15,33 148 16,18 195 23,14f 225 23,26-31 44 24,11 203 195 33,20 41,1 290 49,19 252 50,9 203 LAB (Liber Antiquitatum Biblicarum) 4,16 286 6,1-8,3 286 6,11 177 23,5 286 23,12 37 30,5 37 60,2f 43 61,6 291 62,5 248 grLAE (griechisches Leben Adams und Evas / Apokalypse des Mose) 13,5 266 1Makkabäer (LXX) 1,34 196 2,56 357 3,13 357 10,7 172 2Makkabäer (LXX) 1,7 203 2,17 195 4,11.17 203
5,8 5,21 7,12
203 314 99
3Makkabäer (LXX) 5,51 362 4Makkabäer (LXX) 17,16 99 PseudEupolHist (Pseudo-Eupolemos) Fragm. 1 286 Pseudo-Phokylides 8 143 Psalmen Salomos 11,2 220 16,2 362 17-18 105 19,20,21,33,38 17 17,4 20 17,20 38 17,21-25 20,21,38,46 17,21 21,33 17,22 20,21 17,26f 21,280 17,28-31 46 21 17,30 17,31 221,294 17,32 18,21 17,33f 21 17,35f 20 17,37-39 21 21,33,35,37,38 17,40 17,45 21 18 19 18,5.7 18 18,9 225 Sapientia Salomonis (LXX) 2 324,325 2,13.16 324 2,18 308,324 3,8 280 3,19 225 4,7-5,16 325 5,5 308 6,3f 202, 203 7,20 43 13,4 99 16,13 362 17,2 195
462 Sibylinnen III 716-720 203 Sirach (LXX) 4,10 308 23,24 356 26,5 356 48,10 227 51,12h 18 Testament Abrahams A3,12 99 A 19,14f 115 Testamente der J2 Patriarchen Levi 4,3 373 14,3f 373 15,1 252 16,3 177 293,373 18,3 18,9 373 Juda 171 3,1.2 171 9,2 10,1 290 24,1 293 24,5 18 25,1 280 Sebulon 3,3 164 Gad 153 2,3 Benjamin 9,1 202 9,2 221 Tobit(LXX) 1,3.6-8.11ff 197 5,14 197 6,12 197 13,1-18 196f 221 13,5.13 13,8 197 14,4 252 14,5f 221 Vitae Prophetarum 2,1 172 3,14 172 15,6 249 23 249 23,1.2 249
Stellenregister 2.2 Qumran Damaskusschrift (CD) 3,19 358 7,7 357 7,19-21 18,19,20,21,293 11,13f 121 11,22 357 12,6 357 12,23-13,1 18 13,9 37 14,19 18 18 19,10f 20,1 18
lQH 10[2*],30 356 14[6*],24-28358 lQM 4,10 11,6 11,16 14,5 15,10
357 293 356 356 356
1QpHab 5,3-6
301
lQS 6,13f 8,5.9 8,11.12 9,6 9,11
358 358 358 358 18
lQSa 1,25f 356 2,4 357 2,11-22 221 2,12.14.20 18 lQSb 3,7 5,20-29
225 18, 19,20,21
4Q16l Fragm. 8-10 15-29 18,19,20,21,33,46 4Q169 Fragm. 3-4 3,5.7 356
Stellenregister
4Q174 Fragm. li+21+2 (3,)10-13 18, 19,20,21,33,307,394
2.3 Philo De opificio mundi 3 203
4Q175 9-13
293
4Q196 Fragm. 17 2,4
DeAbrahamo 3-6 203 56 195 68-84 286 275f 203
197
4Q246 allgemein
19,307,394
4Q252 5,1-5
18, 19,21,33
4Q265 Fragm. 7 1,6f
121
4Q285 Fragm. 1 44 Fragm. 5 18,19,20,33,44 Fragm. 6+4 20, 44 4Q376 Fragm. 1 3,1-3
20
4Q491 Fragm. 8-10 1,3 356 4Q500 1
217
4Q504 Fragm. 2 4,6-8
34
4Q521 allgemein 44,45,46 Fragm. 2 2 18,44,45 l1Q05 (=IIQPs·) 18,12 357 27,9f 43 l1Q14 Fragm. 1 2,12-15
44
l1Q19 61,6f
158
De vita Mosis 17 286 1334 204 II 3f 204 De decalogo 32 356 45 356 65 143 De specialibus legibus 173 99 II 44 356 II 121 197 II 222 197 De virtutibus 108 356 211-219 286 220-222 290,291 De praemiis et poenis 54f 204 Legum Allegoriarum III 8 357 De posteritate Caini 143 356 De ebrietate 213 357 De sobrietate 66 195 Quis rerum divinarum heres sit 272 197 De congressu eruditionis causa 129 197 De mutatione nominum 148 197 204 356,357
463
464
Stellenregister
De somniis II 110-154 197 197 II l33
XVIII 17.23 129, 140 XVIII 352 171 XX200-202217
Quod omnis probus liber sit 124 99
Contra Apionem 11 190 143 II 206 143
2.4 Josephus De Bello Judaico 1457 172 1550 172 I11 172 I1118 140 II 226 171 II 466-480 54 IV 290 171 IV 334-344 249 V 566 172, 225 VI 301 172 VI 312f 293
Antiquitates I 155-157 1288 II 231 11 280 11311 III 75ff III 132 III 258 IV 54 IV 66 IV 68-70 IV 322 V 24 VI 74 VI 290 VII 8 VIII 32 VIII 45 VIII 46--49 VIII 101 VIII 168 VIII 170 VIII 215 VIII 222 IX163.260 X 172 X 183 XII 397 XIII 39.201 XIII 257f XIII 298 XIII 301
286 99 99 99 171 195 99 171 171 99 171 171 171 172 99 172 171 43 43 171 99 99 172 171 171 172 172 171 171 54 129 18
2.5 Rabbinische Texte Mischna Sanhedrin 7,5 Abot 3,16 Tosefta Meilah 1,16 Shabbat 15,11-16 15,16 Sukkot 3,15
161 221
217 122 120 217
Talmud Babli Hagiga 286 3a Sanhedrin 97b--99 33 Shabbat 128b 122 Midraschim MekhEx 203 20,2
MTeh 20,3 29,1
203 36
SifraLev 18,6
203
LevR 2 (zu 1,2)
203
TanchB ,1:> ,1:> §6
203,286
Stellenregister
3 Neues Testament Matthäus
1 1,1-4,16 1,1
1,1-17 1,2-3 1,2 1,6-11 1,6 1,11 1,12-16 1,16 1,17 1,18-25 1,18 1,19 1,20 1,21-23 1,21
1,22(t) 1,23 2 2,1-12 2,1-6 2,1 2,2-4 2,2 2,3-6 2,3 2,4 2,5f 2,6 2,9 2,11
23,33,35,41,51 24,52,110-115,308-312, 351 22,24-25,26,28,31,33,48, 194,286,287,288,291,292, 294,302,315,330,331,332, 341,342,347,398 24-29,31,81,225,288-292, 296,393,395,398 34 26,250 41 26,27 27,395 262 26,27,28,29,33,289,315 26,27,198,225,291,395 29-31,32,50,308,316,320 29,50,237,306 66 22,29,237,306 321 2,8,24,28,40,50,51,53, 93,101,117,169,295,299, 308,315,320,321,324,328, 330,349,363-368,374,377, 393,395,399,403 29,98,300,309 29,44,258,299,300,308, 315,321,327,347 85, 110-113, 150, 179,293, 294 33-35,81,135,288,292294,332,398 26 34,177,112 315 33,34,35,110,111,134, 173,177,292,293,294,296, 321,399 40,51, 110, 111, 112, 117, 134, 135, 146, 154, 159, 173, 201,294 106,110,112,113,172,173, 180,294,396 31,35,56,111,173 48, 111 2,33,34,35,36,40,41,48, 53,80,82,153,294,295, 365,367,393,394,403 112,293 111,293, 346
2,12 2,13f 2,15 2,17f 2,17 2,18 2,19-21 2,19 2,20f 2,22 3,1-12 3,2 3,5-10 3,5f 3,7-10 3,7 3,8 3,9 3,10 3,11 3,13-17 3,13 3,14 3,15 3,16f 3,16 3,17 4,1-11 4,1 4,2 4,3-5 4,3 4,5-7 4,5 4,6 4,8-10 4,8 4,9 4,10 4,11 4,12-16 4,12 4,13 4,14-16 4,15 4,16 4,17-11,1 4,17
465 173 123, 168, 173,300 29,300,309 164,270,363 269 178 300 173 54,90 123,173 113-115 81,228,231 146,247 50,96,113,114,226,309 97, 113, 115, 146 97, 114, 115, 128, 138, 141, 148,238,247 114, 115,206 114, 115, 194,222,286,287, 341 114,206 56, 114,338 309f,311 114,309 310 309,311 306f,338 237,307, 309f, 312 189,309,310,312,318 308,310,311,312, 323, 324, 327 148,323 311,324 324 148,310,323 311,322 256,323 310,322,323,324 303,327,328,399 303,323,328 324 323 311,323 85,387 123 230 56,85,86,90, 295f, 301, 302,332,340,345,363,367, 374,396,398 81,295,296,303 53,85,295,296,360,367, 393,395 52,110,115-118,124,351 41,53,63,81,110,231,264, 271,312,337
466 4,18-22 4,18 4,19 4,20.22 4,23-9,35 4,23-25 4,23
4,24 4,25 5-7 5,1 5,3.10 5,9 5,10-12 5,11f 5,12 5,13-16 5,13f 5,14-16 5,14 5,15 5,16 5,17-7,12 5,17-48 5,17-20 5,17-19 5,17 5,18f 5,18 5,19 5,20-48
5,20 5,21-48 5,23f 5,32 5,33-37 5,35 5,43-48 5,45 5,46f 6,1-18 6,1 6,2.5 6,13 6,14f 6,16 6,19-34 6,32 6,33
Stellenregister
53,351,363 57 236,363 98 52-56,81,85,94,97,133, 304,351,371 41,52,53,54,55,93,220, 230 41,53,55,56,81,85,133, 147,205,214,222,223,232, 264,273,295,338,367,386, 393 41,54,55,75 53-55,57,59,96,97,98, 113,181,220,312,393 41,52,98,354 61, 127,303 192 206,246,308 277,404 93 211,246,280 93,351,354 301,302 85,206,360,372,373 360 301 301,351,402 115,351 116,352,381 115,118 380,390 72, 116, 118,283,372,380 343,381 115,279,381 116,280 115, 116,201,205 115,116,148,245,380 17, 115, 116 157 131 245 256 144,381 206,246,308 185 149,244 148,346 148,149,386 148 326 148, 149 277 335 223
7,5 7,6 7,11 7,13f 7,15 7,16-20 7,18-23 7,21-27 7,21-23 7,21 7,24-27 7,28f 7,28 7,29 8-9 8,1-17 8,1-9,35 8,1-4 8,1 8,4 8,5-13 8,5-7 8,5 8,6 8,7 8,8f 8,10-12 8,10 8,11f 8,11 8,12 8,13 8,14f 8,14 8,16f 8,17 8,18-27 8,18-22 8,23-34 8,23-27 8,23 8,25 8,26 8,27 8,28-34 8,28 8,29 8,31
149 67 147 219 219 206,238 226 48,367 278 184 265,362 54,98,99, 100, 101, 107, 127,220 74, 136 78,80,101,136,304,313 53,56,81, 101, 116 116 52,53,55,56,352 72,75,219 220,303 72 17,56,59,70-80,93,230, 301,302,338,347,393,398 65, 74, 76, 77 74 70, 75, 78, 79 71,73,74,75,76,78, 185 70,71,72,75,76,77,78,79, 304 77,222,223,224 71,78,79,80,220,221,398 2,15,72,80,181,218-224, 232,284,389,397 207,287 206,219,246 70,71,398 60 75 41,46,77,80 17,49 264 53, 109,221,371 61 314,317 221 314 221,314,315 60,314,317 17,54,56,57,59-63,80,93, 166,301,302,312,338,347, 393,398 59,61 60,63,70,80,301,307,312, 333,393,398 60
Stellenregister
8,32 8,34 9,1 9,2-13 9,2-8 9,2 9,3 9,4 9,6 9,8 9,9-13 9,9 9,10 9,11 9,12 9,13 9,14-17 9,15 9,18 9,22 9,23.25 9,27-31 9,27 9,28 9,29 9,32-34 9,32 9,33f 9,33 9,34 9,35f 9,35 9,36-11,1 9,36-10,8 9,36 9,37f 9,37 9,38 10 10,1--4
61 61, 108 57,61 122 49,50,53,93,116-117,146, 237,352,394 50,75,80 117, 119, 124, 161,237 117,147,148,213,237 100,101,147,161,304,313, 320 100, 101, 116,321,352 39,50,53,84, 117, 120, 129, 185,320,321,352 371 50 118, 119, 120, 149,228 40,50 42,84, 118, 120, 127, 143, 149,245,381 53,265 246 109,386 80 96 46,47, 55f, 59, 316 22,42,55 183 80 55,56,87,96,101-103,108, 118, 123, 124,236 47 114,146,387,395 56,58,96, 101, 102, 103, 146,223,233,234,393 40,97, 101, 124, 128, 129, 134,146,382 83,92 41,53,55,81, 133, 147,205, 214,230,232,264,273,338, 386 53,81,85,265,276,351, 371 92,353 27,38--41,42,49,82,84,87, 96,149,153,236,237,295, 298,359,394 82,83,84,92,206,282 92 206 3,81-93,94,215,233,250, 260,282,303,340,342,351, 401 26,82,84,94,102,282,342, 371,375,394
467
41,81,84, 101,260,304, 352 82,206 10,5--42 85,303,401,402 10,5-8 2,5, 11, 14, 15,40,62,63, 10,5f 67,81,82,85,86,87,89,90, 91,208,285,329,335,348, 359,389 82,85,86,87,91,335,339, 10,5 340 49,50,337,338,339 10,6-8 1,4,35,38--41,49,82,83, 10,6 85,86,87,90,91,94,96, 101,153,164,237,250,253, 276,281,295,298,340, 334-347,348,394 10,7f 84,337 81,84,202,205,228,264, 10,7 338,376 40,81,84,260,352 10,8 10,10 86 10,11-15 232 81 10,11 10,13-15 83 88,232 10,14 10,15 232 10,16-25 404 10,16-23 87,250 10,16 87 10,17-22 87,89 11,87,88,89,214,250,386, 10,17 387 10,18 87,88,89,90,277,302,335, 336 10,19-20 90 10,22 89,90,91,336,337 10,23 11,87,89,90,91,92,94, 215,233,250,282,339,348, 394 1O,24f 82 40,87 10,25 10,28 49 10,32f 89 49 10,39 10,4lf 280 230,233,234,236,313 11 11,1 230,232,371 11,2-16,20 110, 115, 118-130, 131,353, 354,355,371 11,2-6 45,226,269 11,2f 31,45,49,55,56,118,131, 226,228,230,231,239,264, 268,310,313,314,316,354, 371 11,4-6 226 10,1
468 11,4 11,5 11,7-30 11,7-24 11,7-15 11,7 11,9 11,10 11,11 11,12 11,13 11,14 11,15 11,16-19 11,16 11,18f 11,19 11,20--24 11,20 11,25-30 11,25-27 11,25f 11,25 11,27 11,28-30 12,1-21 12,1-14 12,lf 12,2 12,3f 12,5-7 12,5 12,6 12,7 12,9-14 12,9 12,10 12,11-12 12,11 12,12 12,14-21 12,14f 12,14 12,15-21 12,15 12,16
Stellenregister
268 44,47,49,55,56,58,337 226,269 233 226,227,233 229,230 227 227 228,280 39,227,228,242,277 227 227 227,269 2,15,181,224,226-231, 233,237,243,248,262,265, 283,397 239,241 227,229 226,229,230,231,235,240 181,226,228,230--236,256 226 234 265,314 235 226,304,313,314 304,305,306,308,313,314, 327 49,235,236,244,313,328, 338,340 102,387 119-123, 124, 125, 126, 129, 131, 143,388 126 119, 122, 126 119, 120, 149 119, 120, 122, 143, 157 120, 149 120 42,120,127,143,149,245, 381 60,121,122 214,386 121, 122 121 121 122 301 329 123,137,139,168,240,246, 297,300 46,312 41,46, 123, 125, 128, 133, 139,297,298,301,312,387, 388 297,328
12,17-21 12,18 12,19 12,20 12,21 12,22-45 12,22-24 12,22 12,23f 12,23 12,24 12,25-37 12,25 12,26 12,27 12,28 12,29 12,30 12,31-37 12,31f 12,33-37 12,33 12,34f 12,36f 12,38-45 12,38-42 12,38 12,39f 12,4lf 12,43-45 12,45 12,46-50 13 13,1 13,2 13,3-23 13,3-9 13,3 13,8 13,9 13,10--23
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Stellenregister
13,10-17 13,10 13,11f 13,13-17 13,13 13,14f 13,16f 13,18-23 13,19 13,20-22 13,23 13,24-33 13,24 13,26 13,30 13,34 13,35 13,36-43 13,36 13,38 13,39 13,41 13,42 13,43 13,47f 13,50 13,51 13,52 13,53-58 13,54 14,3-12 14,5 14,13-21 14,13 14,14 14,15-18 14,15 14,19 14,22-33 14,22 14,23 14,25 14,27 14,28-31 14,31 14,33
5,8,15,108,119,127,146, 263,264-272,273,274,275, 276,277,353,382 127,263,264,272,275 235,263,265-266,267,268, 269,273,314 265,268,273,275,276,345 263,265,268,269,272,276 263,268,269,270,271,272, 275,276 268,272,316 206,268,272,273,274,276, 277,278,367 6,148,228,242,264,269, 270,272,273,276,277,358 267,272,273,277,384 272,273,277 267 222,272 206 83 272 267 83,276 234,267 148,206,219,222,223,224, 246,274,276,301,305 83,84,148,263 205,305,317 223 275,317,321 206 223 269 206,375 231 214,231,386 125 189, 107 68, 119,353 98,125,133 41,42,353 353 66,68 353 269,306,308, 314f, 316, 317,318,320,328 234 61,303 314 315 315,328 314,328 269,313,314,315,317,319, 329,353
15,1-20 15,1-9 15,1 15,2-6 15,2 15,3 15,4-6 15,7-9 15,7f 15,7 15,8 15,9 15,1Of 15,12-14 15,12 15,13 15,14 15,15-20 15,19 15,20 15,21-39 15,21-28
15,21 15,22 15,23 15,24
15,25 15,26f 15,26 15,27 15,28 15,29-39 15,29-31 15,29 15,30 15,31 15,32-39 15,34 15,35f 15,36 16 16,1-12 16,1-4* 16,1 16,2b.3
469 63,64,131,133,143,245, 388,390 125,127,150,242 127 149 64, 126 126 126,143,381 271 111 148,271 271 126 64,127,229,242,275 127,383 127 128,216 48,127,128,149,381,394 127 381 64 70,353 17,35,42,54,57,59,63-70, 71,75,79,80,93,294,301, 302,338,343,344,347,389, 390,393 57,64,65,128,133,387 22,35,42,48,54,64,65,67, 68,75,294,399 65,66,68 1,11,35-41,48,49,50,52, 65,66,67,69,76,80,81,93, 96, 153, 164, 253, 281, 335, 353,367,393,394 66,67 294,296,353 35,65,66,67,68,70 66,67,68,69,77,389 66,69,70,71,398 128,353 41,56-59,70,93,303,353, 393 52,57,61 41,47,57,58 47,57,100,342 58,70, 119,353 183 70 353 130,319 113,131 2, 15, 158, 181,224,236, 243,249,262,397 128, 129, 138, 141 128
470
Stellen register
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21,lOf 21,10 21,11 21,12f 21,13 21,14-17 21,14 21,15f 21,15
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Stellenregister
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22,1 22,2-7 22,2 22,3-7 22,3f 22,3 22,4 22,5 22,6f 22,6 22,7 22,8-10 22,8 22,9f 22,10 22,11-14 22,13 22,14 22,15--46 22,15--40 22,15-22 22,15 22,16 22,18 22,21 22,22 22,23-33 22,23 22,29 22,31 22,33 22,34--40 22,34 22,35 22,36 22,38 22,39f 22,41--46 22,42 22,43--45 22,44 22,45 22,46 23 23,1 23,2-12 23,2 23,3
471 184,213 183,214,216,222,246,248, 250,251,252,326 183,209,210,211,319,324 11,211,247 215 209,210,216 209,210 210,216 216,217 209,210,216 11,178,210,211,212,215, 216,217,251,252,283 199,211,212 211 212,215 214 214,278 223 212,223 137, 139, 141, 151 136, 138, 156 139, 143 136, 138, 139, 141, 142, 144, 246 136, 139, 140 138, 139, 148 140 138, 141 139 133 141 141, 149 98,99,100,107,135,138, 139, 141, 145 138, 141, 144 130, 139, 142 138, 142, 143 142 142 381 23,30,31-33,41, 136, 139, 144,316,319,320,323,332, 344 21,32,316,320 32 145, 160, 161,305,322,328 21 144 145,146,242,248,256,257, 275,283 107,229,243,244,256,283 243f 243,380 92,206,243,244,380
472
Stellenregister
149,235,243,244,245 149 148,244 244,245,386 244,245 244 202,243,244,338,380 49,118,243,338 148,244-250 204,206,207,229,243,244, 245,360 149,206,245,246,344,384 23,15 23,16-26 128,243,245 48,149,245,381,394 23,16 23,17 48,245 23,19 48,245 23,23 116,144,163,245,299,381 23,24 48,149,163,245,381,394 23,25-29 163 245 23,25f 23,26 48,245 23,27-36 246 23,27f 148 23,28 116, 149,236,245 23,29-39 2,245,248,252,326 23,29-31 246 23,32-39 178,216 23,32-36 216 23,32 247 97,148,238,247,248,251, 23,33 255,396 23,34-24,1 107 23,34-39 91,251 23,34-36 15,181,224,243-257,262, 283,397 23,34 11,87,211,214,246,247, 250,386,387,404 246,248,251,252,396 23,35f 177,178,247,248,249,250, 23,35 251 246,247,248,249,261 23,36 23,37-24,2 245 23,37-39 106,145,155,157,172,180, 181,216,244,248,250-256, 283,396 23,37 106, 173, 178, 187, 189,256, 322,396 23,38 146,157,251,252,253, 254-256,361 23,39 63,106,159,160,253,254256,321,322 24-25 146,254 24,lf 146,157,244,252,253 24,3 61,146,319 24,9-14 10,89,262,390 23,4 23,5-7 23,5 23,6 23,7 23,8-12 23,8 23,10 23,13-36 23,13
24,9f 24,9 24,13 24,14 24,15 24,29-31 24,30 24,31 24,32 24,34 24,35 24,40f 24,51 25,29 25,30 25,31-46 25,31 25,32 25,34 25,40 25,45 26f 26,1-5 26,lf 26,2 26,3-5 26,3 26,4 26,5 26,13 26,14 26,15 26,16 26,18 26,20 26,25 26,26-29 26,28
26,29 26,31 26,32 26,37-46 26,37 26,39.42 26,45 26,47 26,51 26,52-54
384 89,92,262,302,335,336, 404 89,91 88,89,205,299,302,307, 335,336,337,338,341,376 345 160,212,261,262,336 305,317 212,337 257,261 224,225,258,261-263 279 337 149,223 266 223 3,280,283,299,336,337 161,205,279,281 301,335,336,337,360 205,293 293,336 336 95, 108 146 133, 152 153 107,111,151-153 152 112,151,152,156,331 152, 153, 154, 155, 173, 174, 175 302,341 342 153, 176 154 63,297,399 342 159 322,365 50, 132, 157, 169, 177,253, 320,321,324,327,330,342, 345,349,363-368,374,377, 399,403 63,159,160,254,309,321, 322,365 153, 183, 331, 343, 359 359 319 319 308,322,324,328,399 63,399 96,98,154,155,174,342 155,322 306,308,322
Stellenregister
26,52 26,53 26,54 26,55 26,56 26,57 26,59-68 26,59 26,60 26,61-64 26,61 26,63f 26,63 26,64 26,65 26,66 26,68 27,1 27,2 27,3-10 27,3-8 27,3 27,4 27,5 27,6-8 27,6 27,9f 27,11-26 27,11 27,12f 27,15-17 27,15 27,17 27,18 27,19 27,20-25 27,20 27,21 27,22f 27,22 27,23 27,24f 27,24 27,25 27,27-31 27,29 27,32-54 27,32 27,35-37
155 157,322,324,328,399 324,331,399 154,155,174 324,331,399 151, 152 155-161 156, 157 156, 157, 158 322,323 156, 157, 158, 174,323,361 323,327,328,333 157 63, 157, 158, 159, 160, 161, 205,305,306,317,321,322, 323,324,327,399 117,161 161 159 157 166 161-166, 176 164 163, 164 162,163,164,248,396 162 162 163 153, 154, 163, 164, 165, 166, 174,269,270,331,363 106,166-180,395 160,173,177,292 167 167 169 167, 173 150, 166 166, 167, 173,248 100, 175, 178, 179 113, 167, 168, 169, 170, 173, 174,175,251,254,396 168 2, 168 170, 173, 175 175 1,2, 12, 166, 175, 179 162,163,168,169,173,175, 248 166-180, 181, 182,216,248, 251,252,256,262,270,396 326 173,177,292 317 180 325
27,35 27,37
473
135,326 50,173,177,292,320,321, 325,326,328,363,365 27,39--43 174,308,323,324,326 157,323,324,326,328 27,40 27,41 151, 167 177,292,324,326 27,42 135,159,324,326,328 27,43 27,46 135 27,51-54 160,325,326 157,253,321,325,361 27,51 27,53 256,326 100,302,307,319,325,326, 27,54 333 27,55f 180,371 27,57-61 180 27,57 138,371 27,62-28,20 178 27,62-66 176,179,248,326,333,387 27,62f 240 27,62 137, 151, 179 27,64 107,152,174,176,180,365 28.7.10 359 28,11-15 1,5, 160, 176, 177,248,326, 383 28,11 240 176,179 28,12 28,14 168 28,15 176,177,232,382 28,16-20 1,5,11,112,205,215,285, 286,295,296,303,306,307, 309,312,317,340,343,345, 346,371,372,375,396,398 28,16 61,215,303,342,371,402 28,17 328 28,18-20 1,3,4, 14,202,205,215, 285,302,303-307,317,318, 327,329,330,343,344,347, 350,370,399,402 28,18 205,293,298,303,304,305, 306,307,313,314,327,328, 332,399 28,19f 299,300,307,337,338,339, 352,360,362,390,401,402 28,19 1-6, 11, 14, 15,62,67,80, 85,86,89,94,215,276,285, 299,300,307,327,329,330, 334-347,348,367,370,371, 372,377,389,399,401 28,20 6,207,258,299,300,304, 305,307,308,309,327,328, 347,354,358,361,362,373, 377
474 Markus 1,4 1,5 1,9-11 1,9 1,10 1,11 1,15 1,21 1,22 1,30 1,32 1,34 1,39 1,40--45 2,1-12 2,2--4 2,3 2,10 2,12 2,14 2,15-17 2,17 2,23-3,12 2,24 2,25f 3,1--6 3,2 3,3 3,6 3,7f 3,10 3,11 3,12 3,13-19 3,15 3,22-30 3,22 3,23 3,27 3,32 3,34f 4,lf 4,3-20 4,10 4,llf 4,11 4,12 4,13 4,14 4,15 4,25 4,29 5,1-20 5,1
Stellenregister
50,320 113 29 114 306 309 63 98 98,99 75 72 41,72 386 72,75,219 49,75, 100, 101, 117 101, 116 75 101 100, 101, 102 84,371 214 72 102 119 120 121 121 121 122,139 53,123,312 41,312 312,313 297,328 102 81 102 97, 125 265 242 264 264 264 264 264,265 265 264,265,268,273 269,275,345 268 272 242 265 83 59 59
5,3-5 5,7 5,8 5,9 5,10 5,11 5,12 5,13 5,14-20 5,14f 5,18-20 5,21 5,22 5,37 6,7 6,8 6,10 6,11 6,12f 6,13 6,20 6,32--44 6,34 6,41 6,45-52 6,45 6,52 6,55 7 7,1-23 7,1 7,2 7,6f 7,6 7,8-13 7,10 7,17 7,19 7,24-8,9 7,24-30 7,24 7,25 7,26 7,27-29 7,27 7,28 7,31-37 7,31 8,1-9 8,1.2 8,3 8,6 8,10 8,11-13 8,11
59 60,312 60 166 60 61 60 60 62 61 11,61,62,63 57 109,386 319 81,371 86 82 88 86,371 81 189 67,314,353 38,41,353 353 314,269 234 269 72 58 57, 126 127 126 126 148 126 126 127 57,64 11 57,64,75 65, 185 75 54,65 65 11,35,65,66 65,69 41,57,70 57 57,67 353 58 353 57 128 97, 124
475
Stellenregister
224,243 128 268,269 55,234 234 313 318 323 108 224,239,262 319 258 258 260 224,258,260 259 41, 132 131 279 112 168 22,32, 42f, 47, 55 21 32,103 345 103 103 105 11,11 103 103 11,12-14 103 11,15-17 11,18 99,135 11,27 139, 188 12,1 183 12,2f 187 12,2 187 187,189 12,6 12,7 200 12,9 187 12,10 188 141, 184, 188 12,12 12,13(-17) 138, 139 138, 139, 140, 148 12,15 109, 138 12,28-34 130,138 12,28 138, 144 12,32-34 12,34 144 12,35-37 21,31,32,144 145 12,37f 12,38f 244 12,40 244 146,244 12,41-44 244 13,lf 13,3 319 87,89 13,9-13
8,12 8,15 8,17f 8,22-26 8,22 8,29 8,30 8,33 8,34 8,38 9,12 9,14-29 9,14 9,17 9,19 9,29 10,1 1O,3f 10,28-31 10,33f 10,34 10,46-52 10,47f 11,1-11 11,2 11,8 11,9 11,10
13,9 13,10 13,13 13,14 13,24 13,26 13,30 14,lf 14,2 14,10 14,17.20 14,22.24 14,25 14,27 14,28 14,36 14,41 14,43 14,47 14,49 14,53 14,56 14,57 14,58 14,59 14,61 14,62 14,65 15,3 15,8 15,10 15,11 15,13f 15,15 15,31f 15,38 15,39 15,43 16,7 Lukas 1,35 2,4 3,7 3,21 4,3 4,4 4,9 4,32 5,31 7,1-10 7,1 7,2 7,3-5 7,3
88,89,336 88,336 336 345 262 305 224 151 174 342 342 365 321 359 303 322 63 98,342 155,322 155,331 156 156, 158, 159 156 157,361 158 320 159,305 161 167 167, 169 166 167, 168, 169 168, 175 168, 169 167,324 321, 325 320 138 303
29 34 114 309 323 345 323 99 72
71, 73, 74, 76 74 72
73, 76 75, 76
476 7,4 7,6-9 7,7 7,9 7,24 7,29f 7,33f 7,35 7,41-47 8,9 9,1 9,6 9,10 9,12f 9,41 9,43 10,1 10,2 10,3 10,8 10,17 1O,23f 10,25-28 10,25 11,14-23 11,14f 11,15 11,16 11,17-23 11,20 11,25 11,29-32 11,3lf 11,37-52 11,37 11,49 11,52 13,15f 13,24-30 13,24 13,25-27 13,28f 13,31 13,34f 14,1 14,5 14,16-24 14,17 14,18f 14,21-23 14,21 15,4-7 16,8 19,5-7 19,37
Stellenregister
75,76 71,72,75 70, 76 71,223 229 228,229 229 230 183 265 81,371 86,371 86 170 260 99 371 83 87 82 86,371 268 141 142 237 96,97 146 97, 146 146 237 241 146 240 244 109 246 204 121 219 219 219,220 219,220 109 250 109 121 183,209,210 210,217 210 212 210 360 225 214 103
19,39f 20,18 22,19f 22,30 22,64 22,69 22,70 24,47-49
134 187 365 279,280,281,302 159 159 159 304
Logienquelle Q (Verszählung nach Lk) 3,7-9 113 309 4,1-13 6,43-45 238 7,1 74 7,3 75, 76 7,6-8 76 7,7 70 7,18-23 44,45,46 7,24 230 7,31 224 7,33 229 214 7,34 10,8 82 10,13-15 230 10,13 230,231 11,14(f) 47,96,97 11,16 97 11,19 237 11,20 237 11,23 238 11,29-32 124,224 148,239 11,29 11,39-52 243 11,43 245 11,46 245 11,50f 224 11,52 204 13,24-30 219 219,220,224 13,28f 13,35 253 14,16-23 183 15,4-7 360 17,6 259 19,11-27 183 22,30 281 Johannes 4,29 4,46-54 4,47 4,49 6,35.48 7,4lf 7,46 8,44
102 71, 73, 76 73,75 73 67 32 101 148
477
Stellenregister
12,6 12,18f 12,34 18,28 20,21-23
153 134 332 78 304
Apostelgeschichte 162, 164, 165 1,16-20 225 2,40 287 3,25 177 5,28 109 5,34-39 217 7,54-60 78 10,26 78 10,28 88 12 12,lf 217 13,12 99 13,23 30 334 13,32f 13,33f 30 13,46f 7 14,15 78 88 17,1-9 18,5f 7 177 18,6 18,12-17 88 19,8-10 7 115 28,3-6 28,24-28 7 Römer 1,3f 1,13 2,17-20 4 9-11 10,19 11,11-15 11,25-32 11,25f
29,30,333,400 206 372 287 256 197 7 256 373
lKorinther 3,10-15 3,16f 6,2f 1l,24f 11,32 15,9
361 361 281,301 365 282 357
Galater 1,13 3 3,8 3,15-18
357 287 287 375
4,21-31
375
Epheser 2,11-22 2,20f
5 361
Philipper 1,22
206
Kolosser 1,6
206
1 Thessalonicher 2,14 357 247 2,15f 4,5 92 2Timotheus 2,8 334 Hebräer 1,3-5 5,5 11,31
334 334 291
Jakobus 2,21 2,25
291 291
IPetrus 2,5 2,7-9
361 193, 194, 195
Apokalypse des Johannes 195 1,6 195 5,10 20,10 62
4 Christliche Literatur (ausser NT) Barnabas 1,3 12,lOf 16,5 16,10
99 32 217 99
EvThom 64
210
Ignatius Eph 9,1 Phld 2,1 Röm 9,1 Sm 1,1
361 37 36 334
478 IKlemens 12,1.7f
Stellenregister
Nec 17
214
Pindar OlympOd 1,66 PythOd 4,252
196 196 196 196 196 196 196 293
291
Testament Salomos 1,7 43 43 20,1
Cassius Dio HistRom 63,1-7
293
Plato Gorg455b Politeia I 351c Politeia IV 420b Politeia IV 421c Politikos 290b
Diodorus Siculus BiblHist XVII 102,7
196
Plinius NatHist 30,16f
Diogenes Laertius 8,34
362
Sophokles Ant 344 Phil1147
Dion Chrysostomos Or 66,8
196
Sueton Nero 13
293
Dionysius HaI. AntRom X 60,5
196
Xenophon Symp 3,6
196
Herodot Hist III 109
115
5 Pagane Literatur
197
6 Inschriften und Papyri Homer Ilias 2,87 Ilias 11,724 Ilias 13,495
197 196 196
Lukian Nec6
362
OGIS 90,17 PKöln260,3 POxy 3470,16 PPetr 32 (p.67) PPetr 59 (p.174)
196 196 196 196 196
Autoren- und Autorinnenregister (in Auswahl) Aarde, A. van 47, 148 Albertz, R. 369 Allison, D.C. s. unter Davies/Allison Anderson, J.C. 120, 149 Arnal, W. 97 Aurelius, E. 71 Bacon, B.W. 110 Bac1ehaus, K. 4, 173,366,374,375,387, 398 Bauckham, R. 210,212,213,217,290 Bauer, D.R. 22,26, 106, 110, 111,290, 291,294,327 Baumbach, G. 239, 350 Baxter, W. 22,38, 39,47 Becker, H.-J. 129, 137,252 Becker, J. 153, 177,361 Becker, M. 45 Berger, K. 43,67, 142,280,355,356, 358 Bornkamm, G. 7,53,142,288,304,306, 352400 Böttrich, C. 215,257 Broer, I. 17,23,90, 116, 151, 156, 161, 162,166,169,279,280,281,282, 310,314,317 Brooke, G.J. 189 Brooks, S.H. 85 Brown, R.E. 165,166 Brown,S. 82,85,86,87,89,94,389,390 Bruce, F.F. 153,366 Buck, E. 156 Burchard, C. 17,67,69,77,78,79,80, 115, 116, 143,221,222,266,274, 275,351,372 Burger, C. 32,34,43 Burnett, F.W. 419 Byme, B. 59 Cameron, P.S. 228 Camponovo, O. 202, 203, 204 Cargal, T.B. 169
Carter, W. 24,98, 103, 110, 136, 166, 295,325,353,355 Carter, W./Heil, J.P. 193, 198,200,211, 205,215,276 Chae, Y.S. 33,38,44,47,56,82, 146, 360 Chancey, M.A. 295 Charette, B. 84 Charlesworth, J.H. 43, 45 Chester, A. 19 Citron, B. 98 Clark, K.W. 4, 185,385 Coenen, L. 355, 357 Collins, J.J. 18, 19,20,44,45 Comber, J.A. 41,381 Cope, O.L. 299 Cousland, J.R.C. 12,23,25,41,44,50, 55,57,58,95,96, 101, 102, 105, 106,108,178,179,337 Crüsemann, F. 366 Culbertson, P. 208 Cuvillier, E. 1, 86 Dauer, A. 72, 73 Davies, W.D./Allison, D.C. 9,24,26,28, 29,43,59,60,61,63,64,65,69,79, 82,83,84,88, 106, 113, 114, 119, 124, 126, 127, 129, 130, 142, 148, 154, 157, 161, 164, 165, 166, 173, 176,180,184,186,189,200,202, 208,211,219,220,222,236,237, 247,254,258,259,265,266,267, 268,272,274,292,294,299,307, 309,310,311,317,326,339,355, 359,364,379,382,385,388,390, 399 Deines, R. 19,22,25,32,34,43, 105, 120,228,311,351,352,372 Derrett, J.D.M. 279 Deutsch, C. 235 Dobbeler, A. von 3-4,252,337, 338, 340 Dobbeler, S. von 64,358
480
Autoren- und Autorinnenregister
Doering, L. 121, 122,203 DonaIdson, T.L. 70,317,318,346,382 Dorrneyer, D. 310,334 Douglas, R.C. 384 Duling, D.C. 42,43,196 Dunn, J.D.G. 176, 384, 386 Ebersohn, M. 22, 31 Eckstein, H-J. 2, 285, 296 Elliott, J.H. 195 Eloff, M. 28 Ennulat, A. 142, 187 Erlemann, K. 201,208,261 Evans,C.A.217,264,267 Ewherido, A.O. 270,272,273 Feldtkeller, A. 58,252, 388 Fiedler, P. 10,49, 54, 59, 68, 84, 98, 99, 113, 130, 134, 144, 153, 154, 167, 172,176,186,194,222,227,235, 239,244,245,246,256,262,281, 287,297,303,314,331,335,339, 359,364,380,386 Fisher, L.R. 43 Foster, P. 12, 184,351,385,389 France, R.T. 77,79, 154,222,228,237, 306,310 Frankemölle, H. 2,25,35, 53, 58, 82, 89, 90,93,99, 113, 130, 152, 167, 169, 174,179,233,244,246,247,257, 258,259,261,292,293,303,305, 309,310,325,366,367,368,373, 385,390,395 Frenschkowski, M. 293 Freyne, S. 295 Füllkrug-Weitzel, C. 40,66 Gale, A.M. 383,388 Garbe, G. 3, 84, 88, 92, 178, 199,212, 221,222,224,229,250,252,254, 275,281,282,285,292,301,335, 337 Garland, D.E. 154,243,245,246,253 Gathercole, S. 230 Geist, H. 89,304,315,322 Gemünden, P. von 272,276 Gerlemann, G. 58,227 Gibbs, JA 91, 160, 169, 212,253,306, 327 Gie1en, M. 11,34,40,50,95,97,99, 102, 104, 107, 109, 110, 111, 114, 116,
117, 118, 119, 120, 121, 122, 123, 125, 126, 127, 128, 129, 130, 131, 134, 135, 137, 140, 141, 142, 145, 152, 155, 156, 158, 159, 163, 166, 167, 168, 183, 185, 187, 199,237, 238,239,242,309,352,383 Giesen, H. 3,66,68,78,85,91,94,257, 298 Gnilka, J. 25,28,50,54, 60, 62, 65, 67, 73,88,92,99, 111, 115, 137, 140, 142, 153, 154, 163, 166, 167, 169, 176,186,204,226,227,230,239, 240,243,247,253,257,263,266, 269,270,271,274,281,289,293, 297,299,306,310,313,316,325, 334,353,355,361,388 Goldstein, H. 36 Gollinger, H 383 Goodwin, M.J. 4,315 Grassi, JA 81 Green, H.B. 257 Grimm, W. 220 Groß, W. 366 Gundry,R.H.34,35,39,54,60,62,63, 64,69,85,87,98, 100, 114, 124, 135, 136, 156, 159, 167, 169,200, 211,213,227,229,237,241,248, 260,262,270,272,273,277,279, 303,323,330 Haenchen, E. 253 Häfner, G. 228, 248 Hagner, D.A. 3,8, 16,25,48,60,69,91, 99, 104, 124, 130, 144, 154, 157, 174,184,193,234,239,270,274, 302,307,311,316,321,324,379, 385,387 Hahn, F. 210,214,359,371 Ham,C. 39,104,249,363,364,366 Hampel, V. 85, 89, 90 Hare, D.R.A. 2, 5, 88, 178, 228, 251, 385 Harrington, D. J. 62,99, 121, 136, 156, 174,195,200,227,254,263,273, 274,282,331,385 Hartman, L 256 Harvey, G. 90,358 Hasler, V. 225 Haubeck, W./v. Siebenthai, H. 114 Hauck, F. 206 Hays, R.B. 24,121,285 Hedinger, U. 179
Autoren- und Autorinnenregister
Heidegger, M. 10 Heil, J.P. 38,67,136,158,163,167,179, 289,290,314,315,316,317 s. auch CarterlHeil Held, H.J. 65, 116,223,259,353 Hengel, M. 190 Hengel, M.lMerkel, H. 292, 293, 294 Heubült, C. 381 Hiers, R. 202 Hili, C.C. 217 Hili, D. 23, 122 Hoffmann, P. 160,279 Holtzmann, H.J. 70 Hommel, H. 362 Hoppe, R. 210 Horne, E.H. 201 Horst, P.W. 328 Houlden, J.L. 92, 131, 381 Hübner, H. 165,203 Hummel,R. 8,104,109,117,128,129, 131,221,350,386 Hunziker-Rodewald, R. 36,37 Jackson, G. 68,231,291,343 Jeremias, Jo. 36,37,59,220 Johnson, M.D. 26, 289 Jones, J.M. 32, 105 Kammler, H.-C. 324 Karrer, M. 34, 43, 106, 205 Keener, C.S. 85, 339, 388 Kiilunen, J. 142, 144 Kilpatrick, G.D. 65,85 Kingsbury, J.D. 22f, 25, 35,48, 103, 104, 106, 110, 119, 122, 123, 147, 148, 149,154,189,254,263,264,273, 274,275,276,292,304,309,310, 315,321,323,327,329,341 Kirchschläger, W. 366 Kittel, G. 289 Klauck, H.-J. 100,101,190,208,272 Klein, H. 29, 135, 152 Klinzing, G. 361,362 Knowles, M. 164,165,173,248,249, 251 Kosch, D. 228 Kraft, R.A. 299 Kraus, H.-J. 30, 203 Kraus, W. 2,322,325,327,345 Krentz, E. 24, 286 Küchler, M. 292
481
Kuhn, K.G. 19 Kühschelm, R. 169,389 Kupp, D.D. 29, 50, 361, 369 Kvalbein, H. 45 Kwaak, H. van der 254 Kynes, W.L. 185 Lambrecht, J. 141, 199,268,271,273 Landis, S. 73, 74, 223 Landmesser, C. 40,50,51, 120 Lang, B. 366 Lange, J. 2,88,193,304,305,306,314, 328,339 Langley, W.E. 186 Leivestad, R. 230 Levine, A.-J. 3,40,67,113,152,170, 176,291,343 Liedke, G. 280 Lindars, B. 73, 366 Loader, B. 45 Loader, W.R.G. 22,42,48 Lohfink, N. 103, 106,366 Lohmeyer, E. 193,194,207 Lohmeyer, M. 82,84,88,390 Löning, K. 374 Lövestam, E. 32, 225, 260 Luck, U. 154,231,235,243,251,307, 316 Luomanen,P. 13,214,320,384 Luz, U. 1,2,3,5,8,9, 10, 11, 13, 15,23, 25,26,30,38,48,56,59,61,62,65, 74,75,81,83,84,87,89,94,98, 102, 117, 124, 125, 126, 130, 132, 134, 135, 139, 140, 141, 142, 147, 151, 157, 158, 161, 162, 163, 164, 167, 169, 182, 183, 185,186, 193, 205,210,217,222,223,227,228, 232,234,235,236,237,238,241, 245,,246,250,252,254,257,261, 263,266,273,279,280,289,293, 294,296,297,298,302,304,308, 311,315,318,319,320,321,322, 326,329,330,335,339,341,355, 359,362,371,380,388,390,391, 398 Malina, B.J. 176, 305 Mann, C.S. 292 Marcus, J. 362 Marguerat, D. 2, 199,221,250,255 Martin, F. 38,39, 153
482
Autoren- und Autorinnenregister
Matera, F.J. 285 Mayer-Haas, A.J. 120,121,122,314 Mayordomo-Marin, M. 24,28,34,288, 289 McDermott, J.M. 90 McKnight, S. 2, 5, 9, 82, 83, 257 Meier, J.P. 1,91,160,185,254,304, 305,313,327,340,353,368,371 Meinertz, M. 227 Meiser, M. 108, 124,382 Menken, M. 295,297,298,300 Menninger, R.E. 9,227,280,355,359, 368,385 Merkei, H. 185 s. auch HengellMerkel Merklein, H. 35 Metzner, R. 64, 195, 355 Michel, O. 185,285 Minear, P.S. 58, 98 M'Neile 154,265,310,311 Moffitt, D.M. 248 Moore, W.E. 39 Mora, V. 305 Münch, C. 267, 268 Münderlein, G. 257 Mussner, F. 194, 199,261 Newport, K.G.C. 243, 249 Neyrey, J.H. 297,298 Niebuhr, K.-W. 45 Nolan, B. 112 Nolland, J. 27,40,61,66,68,72, 100, 102, 105, 113, 153, 155, 160, 163, 168,201,211,213,221,228,255, 256,259,260,261,265,266,272, 276,281,288,298,299,300,303, 306,310,311,325,361,362 Novakovic, L. 22,27,30,32,42,44,47, 49,50,55,56,103,105,364 Oberforcher, R. 26, 342 Ogawa, A. 185,186,199 0lmstead, W.G. 39, 137, 154, 155, 173, 182,184,187,194,228,236 Ostmeyer, K.-H. 27, 28, 225, 291 Overman, J.A. 9, 12f, 13,78,150,173, 351,370,380,382,383,385,388 Paesler, K. 157, 159 Park,E.C. 3,5,83,86,87,89,90,91
Paul, D. 1, 14, 164, 176,240,292,293, 315 Perkins, P. 304 Pokomy, P. 64 Powell, M.A. 111, 159, 160,244,292, 293 Preuss, H.D. 30, 192 Radermakers, J. 82,83 Ray, W.A. 35,52,77 Repschinski, B. 11,23,40,95,97,98, 100, 117, 118, 120, 134, 136, 142, 144, 145, 146, 150, 169, 187, 198, 201,239,241,242,384,387 Riches,J. 12,346,379 Ritter, C. 105, 113 Robinson, B.P. 361 Rochais, G. 63 Roloff, J. 91,182,187,188,199,264, 269,271,273,274,275,355,357, 358 Rothfuchs, W. 165 Saldarini, A.J. 5, 12f, 14, 150, 173, 177, 180,191,195,200,204,257,270, 271,343,370,372,379,380,382, 384,385,386,387,388,390,397 Sand, A. 26,61,85,99, 101, 114, 167, 176,229,234,238,243,246,250, 259,263,266,272,273,285,294, 306,325,353,354 Sauer, G. 104 Schaberg, J. 305 Schaller, B. 18, 20 Schenk, W. 8,87,88,352 Schenke, L. 357 Schenker, A. 366 Schmeller, T. 54, 58, 67 Schmid, J. 192,215,355 Schneider, G. 281,309 Schnelle, U. 73 Schnider, F./Stenger, W. 29,289 Schönle, V. 227,229,231 Schottroff, L. 214 Schrage, W. 355 Schreiber, S. 18, 19,20,67,202,203, 204 Schweizer, E. 34, 142, 185, 193,219, 240,257,261 Schwemer, A.M. 192,203 Schwöbel, C. 405
Autoren- und Autorinnenregister
Scort, J.M.C. 66, 68, 69 Seebass, H. 20, 34 Senior, D.P. 14,24,111,151,157,162, 164,324,340,342,379,381,385, 390 Shirock, R. 237 Sim, D. 12,92, 116,279,291,292,293, 319,325,326,340,372,381,384, 385 Snodgrass, K. 187, 191, 194, 198, 199, 208 Söding, T. 144,210,212,214,309,311, 323,324,371 Söllner, P. 157 Stanton, G.N. 13,24, 134,235,341,379, 384,385,388 Steck,O.H. 189, 106 Stegemann, H. 18,45,289,290,291 Stendahl, K. 29, 165,297,298 Strathmann, H.[lMeyer, R.] 170,174 Strecker, G. 3, 129, 175,227,230,232, 253,269,306,385 Stuhlmacher, P. 3, 355 Suhl, A. 11,22,32, 105, 158, 166 Tagawa, K. 222,374 Telford, W.R. 257 Theißen, G. 54, 174,205,293,308, 334, 344,404 Theißen, G.lMerz, A. 34 Tilborg, S. 110, 129, 147, 148, 149, 153, 164,182,277,354 Tisera, G. 71,178,298,303,338 Trilling, W. 2,5,9,70,94,95,169,188, 193,206,222,263,266 Troxel, R. 325 Trunk,D.64,65,68,258 Tuckert, C. 97, 114,247
483
Vahrenhorst, M. 263 Verseput, D. 23,26,30,34,38,55,56, 85, 103, 105, 112, 132, 134,227, 228,237,240,299,334 Vögtle, A. 209,210,211,214,216,276, 289,306 Wainwright, E.M. 64,65,66,69 Walker, R. 2, 11,94,95,99, 110, 130, 176,211,235,261,335 Wansbrough, H. 383 Ward, R.B. 217 Weaver, D.J. 82, 110,228,326 Webb, R.L. 97,114 Wedderburn, A.J.M. 90 Wegner, U. 72, 73, 74, 78, 79, 223 Wenharn, D. 215 Weren, W.J.C. 103, 104, 135, 183, 190, 198,199,214,217,289,295,388, 391 White, L.M. 384 Wiefel, W. 261,266,355 Wilk, F. 3,26, 59, 63, 69, 77, 79, 85, 88, 89,194,199,204,213,287,288, 297,325,330,331,335,337,338, 340,342,344,369,373 Wolff, C. 164,364 Wolter, M. 72, 100, 101 Wong, K.-C. 63, 91, 280 Wright, N.T. 4,28 Yang, Y.-E. 119, 121, 123 Zahn, T. 193,222,336,362 Zeller, D. 218,220,221,227 Zenger, E. 357, 366, 367 Zimmermann, J. 19,20,44,373 Zumstein, J. 185,259,388,400
Sachregister Abendmahl 321,330, 342f, 344, 353, 361, 364f, 366, 367, 374, 402f Ablehnung Jesu s. Jesus Ablösung der Autoritäten s. Autoritäten Ablösung Israels s. Israel Abraham 26f, 194, 199,203,225,250, 280, 286-288, 290f, 292, 294, 296, 330-332,341,342, 344f, 364, 375f, 393,398-400,404 Abrahamkindschaft 115,222, 286f, 288, 291,292, 341,344, 369, 373f Abrahamsohnschaft Jesu s. Jesus Achtzehn-Bitten-Gebet 19 Adoption 29f, 32, 307, 310, 394 Adressaten 5f, 14,31, 40f, 92, 96f, 104, 113, 114, 135, 145f, 148, 155, 164, 191, 188,221,224,229, 228f, 234, 236,237,239,244,250,256,260, 263,286,293, 328f, 337, 374 Akklamation 22,25,32,47,55,56, 103f, 105f, 106f, 134, 135, 136, 144f, 357 Älteste 73,75,76,98, 109, 111, 115, 133, 136f, 139, 151f, 154, 163, 164, 166f, 174, 175, 176, 179, 185, 188, 324,357 Altes Testament 20,21, 27f, 30, 34, 36, 39,43,44-46,58,67,68,83,84,93, 177, 178, 189, 190, 191, 194-197, 200, 21Of, 221f, 225, 248f, 252, 257, 270, 289f, 307, 308f, 314f, 330, 335, 349,355,362,364,366,367,369, 394,397,403 Amt, Amtsträger 36, 206, 209 Antijudaismus 92, 294, 405 Antithese(n) 17, 116,201,245,380 Apokalyptik 240, 355 Apologie 23,24, 166,381 Apostelkonvent 343 Archelaos 123 Arme 49,56,210,214,357 Auferstehung/Auferweckung 138, 141, 241, 279f, 317, 325 Auferstehung/Auferweckung Jesu s. Jesus
Aufruhr 107, 152, 154 Aufstand, Aufstandsbewegung 19, 140 Auseinandersetzungen 2, 119, 125f, 130f, 133, 136, 138f, 146, 148f, 151, 198, 213f, 236, 242f, 250, 283, 297, 304, 319,379,381 Auslegung 10,44,49,69,78, 107, 113, 174,179, 189f, 191, 193, 197,217, 220,236,251,254,276,277,282, 288,351,355 Aussendung, Aussendungsrede s. Jünger Autorität Jesu s. Jesus Autoritäten lf, 4, 11, 13,36-38, 40f, 48, 56,76,83,89,95, 96f, 99f, 10lf, 107, 108f, 110-119, 124f, 128, 130f, 133139, 143, 145f, 147-153, 154-156, 158,159, 160f, 163-169, 172-181, 184-188, 190f, 193, 198f, 200, 20lf, 204,205,206-208,212-214,216218,222,224,228-230,235~238245,247,248,251,253-255,257~
-
-
262f, 267, 276-278, 283, 292, 294, 296, 299f, 304, 306, 319, 324-326, 332, 333, 355, 356f, 360f, 363, 369, 373,376,379,380,381,383,387, 394-397,402f Ablösung der Autoritäten 283, 362, 376,395 Boshaftigkeit der Autoritäten 115, 117,122,124, 139f, 147-151,237243,249, 276f, 395 Unverständnis der Autoritäten 119, 129, 131,235,332,381,383 Versagen der Autoritäten 27,38, 39f, 41,96,149,152,190,203,232,395
Barmherzigkeit 39,42,49,51,66,84,93, 188, 120-122, 132, 143, 149, 157, 255,299,301,346,351,381,394 (s. auch Jesus, - Erbannen) Basileia s. Reich Gottes Bedrängnis 87,92,228,262,277,282, 384,404
485
Sachregister
Beelzebul, Beelzebulvorwurf 40,87,96, 97, 101, 124, 128f, 146, 236f Berg 132,203,220,225,259,303,312, 319,346 Bergpredigt 41,55,72,80,98, 101, 115, 127,205,220,222,351,354 Beschneidung 54, 343f, 387 Bethlehem 34,112,134, 177f, 293f Bethsaida 230f, 234 Binde- und Lösegewalt 202 Blasphemie, Blasphemievorwurf 117, 119, 136, 161, 174, 237f, 333 Blindheit 48,245, 394 Blut, Blutruf 1, 12, 162f, 164-166, 168, 169, 177f, 216, 246-248, 251f, 263, 363,365,396,399 Blutacker 162, 164 Boshaftigkeit s. Autoritäten Brot 67-70,311,314,353,365 Bund, Bundesschluss 18,34, 194,258, 341, 345f, 349f, 354-368, 373, 374f, 377,403 (s. auch Sinai, Sinaibund) Christen, Christentum 7-9, 19,88, 169, 233,274,287,343,349,355,375, 385 Christologie 4, 10, 14f, 17,22-25,28-32, 34,35,42,44,46-49, 51f, 93, 120, 153,258, 285f, 289, 291, 297, 300, 302,303-329,332-334,344,346, 348,352,363,370,376,380,393~
400-402 (s. auch Erkenntnis) Christus, Christustitel 24,26,27,29,31, 33,36,40,45, 49f, 56, 68, 102, 111, 136,145,157,167,222,226,229, 230,231,235,239,244,254,261, 268,289,301,315-318,323,328, 334,344,346,358,364,367,368, 370, 375f, 389,404 Christusbekenntnis s. Messiasbekenntnis Christusgläubige 7,9,68,98,250,279, 287,339, 342f, 350, 358, 359, 368, 373,381,385,387,389,391,404
202,240,248,289,290,291,315, 334,356,369 Davidssohnakklamation s. Akklamation Davidssohnschaft Jesu s. Jesus Dekalog 126,381 Dekapolis 53f, 57, 59 Diasporajudentum 88, 90f, 213, 220, 370 Doppelgebot der Liebe 144 (s. auch Gottesliebe und Nächstenliebe) Drohwort 97,157,224,233 Edom 54 4,8, 170, 193-199,200,207,213~ 373 Einzug in Jerusalem 43, 103-107, 133, 134, 144f, 253, 255, 312, 319, 345, 395f ecclesia s. Kirche Ekklesiologie 53,81, 199,213,234,291, 350-354,364,365,371, 375f, 382, 402 (s. auch Kirche) Elia 189,318 Elia redivivus 227,228,233 Engel 37,44,84,203,311,322 Erfiillungszitate 17,24,26,29,46, 104f, 123,153,156,164,165,269,270, 296f, 300, 302, 308f, 312, 331 -333, 347,363,398 Erkenntnis (christologische) 22,25,46, 60,99, 102, 103-108, 119, 123f, 146, 160,227,229,231,233-235,239, 263,265-275,314-319,328,332, 382,395 Erlösung 40, 46, 295 Erwählung 37,65,68, 78f, 115, 128, 166, 169,192,202,209,216,223,255, 263,266,284,286,288,292,296, 333,336,337,341,344,358,364, 370, 373, 375f, 389, 393f, 398-400 Eschatologie 2,3,8, 18,33,44,83,84, 92,94,105,113,146,157,160,169, 186, 192f, 199,201,207,209,218, 220-223, 226f, 230, 25lf, 254f, 260,
EeVO~
262,266,269,279~281-283,287,
Dämonen 43,60-63,124,166,227,237, 24lf, 312f, 328, 333, 362 Dämonenaustreibung 43, 60-63, 97, 202, 237,241,246,259,312,317 David, Davidbund 18, 19f, 2lf, 26-32, 34,37,41,43,47,119,120,189,196,
307,325,336,337,344,346,355, 358f, 361, 365, 366, 368f, 371, 373, 383,389,394,396,399,404 Exil 26-28,37,45,172,197,220,262, 364,366,395 Exodus,Exodusgeneration 37,171,195, 225,366
Sachregister
486 Exorzismus s. Dämonen
Familie Jesu 242,354 Feigenbaum 103, 135,257 Feinde Jesu s. Gegner Feldrede 72,219 Fels, Felsfundament 362, 363 Fest s. Passa Festpilger 105, 175 Festmahl (eschatologisches) 207,218, 221,281,287,288 Frevel, Frevler 140, 163,225,282,249 Friede 21,83, 189 Frühjudentum 18,20,30,36,43, 44f, 58, 67,143,144,148,172,189,190,195, 196f, 200, 203, 225, 240, 248f, 252, 270,281,282,286,290,308,315, 335,337,355, 361f, 369, 372, 377, 394,396,403 Galiläa 56f, 63f, 73, 85f, 90, 105f, 112, 123,128,132,140, 154f, 177, 178181,213,224-236,246,256,295~
303,340,374,382,386,388,396, 402 Gebet, beten 19,61,92,147,185,259, 303,320,322 Gebote 5,64,86,91, 116, 118-120, 126, 131,142-144,149,203,205,214, 271,297,299,303,307,311,318, 328,329,344,346,356,373,376~
380,381,403 Geburt Jesu s. Jesus Gegner Jesu 9,33, 40f, 95f, 100, 108150, 151, 155, 158, 160, 161, 169, 173, 176, 179-181, 189, 206f, 213, 217f, 227-231, 233, 237-240, 242, 246,251-254,256,257,260-263, 270,277,283,294,297,298,326, 355, 361, 363, 380, 382,387, 395f Gemeinde s. Kirche Genealogie 25-29,41,66,246,250,288, 291 Gerechtigkeit 19,21,35,37,38, 115f, 184,207,223,241,309,311,346, 367,380 Gericht 2,3,4, 11,62, 83f, 88, 97, 114f, 117, 124f, 145, 157, 162, 164, 177f, 192, 199, 216f, 223f, 226, 230-233, 236,238-241,243-257,260,262, 263,266, 27lf, 280, 281-284, 293, 298f, 301, 317, 325f, 336f, 346, 350, 356,371,383,390,396-398
Gerichtspredigt 97, 113-115, 125, 146, 247,286 Gesetz s. Tora Gesetzlosigkeit 20f, 149,223,246,273 Glaube 8,35,46, 68f, 71, 77-80, 130, 137, 220f, 224, 257, 259, 286, 291, 342,351,373,388,389,398 Gottesknecht 345 Gottesliebe 143 Gottessohnbekenntnis 119,302,307, 314f, 317f, 319-321, 325, 328, 358, 401f (s. auch Messiasbekenntnis) Gottesvolk s. Volk Gottes Hades 362f Halacha 119, 12lf, 125, 127,245,360, 388 ,Heiden' 2-4,5, 6f, 10, 17,21,28,40, 52,54,56-59,59-81,85,91-93,98, 170,185,191,193,199,214,218, 220-222,224,283-285,289-294, 296, 301f, 313, 331, 334-336, 339, 340,341, 342f, 348, 355, 366~ 370, 372~ 374, 381, 384, 385, 388, 390, 393, 397f, 399, 401 Heidenchristen 68, 129, 197,341,343, 385,387,391 Heidenmission s. Völkermission Heiliger Geist 21,29, 114, 237f, 289, 299,304, 306f, 309, 311, 327, 329, 338f Heilsgeschichte 2,5,23,25-27,28,30, 56, 58, 62f, 68, 73, 78f, 80, 94, 102f, 138,161,169,174, 184f, 19lf, 215, 226,227,233,250, 254f, 283, 287f, 292,298,301, 307f, 313, 324, 330, 332-334,340-344,348,355,358, 366,372, 376f, 393f, 398-401, 404 Heilstod s. Tod Jesu Heilsuniversalismus s. Universalismus Heilsverheißungen s. Verheißung Heilungen 17, 2lf, 28, 33, 39f, 41-52, 53,55-59,60,61,62,63, 70f, 72, 75, 77f, 8lf, 93, 96f, 99, 100-105, 116f, 119,121,122,123, 133-135, 146~ 149,158,219,229,236,238,241, 253, 258f, 271, 280, 297, 301, 303f, 312,316,321, 337f, 352f, 371, 393f, 398,401 Herodes Antipas 73, 125, 128, 189
Sachregister
Herodes d. Große 33,34, 110-112, 117, 123, 134, 145, 150, 168, 172f, 178, 292, 293, 315f Herodianer 122, 139, 147f Herr s. Kyrios Herrenmahl s. Abendmahl Herrscher 18,20,21, 27f, 34, 37,110, 111,203, 280f, 292, 293, 306, 307, 327 HeucheleilHeuchler 136, 139f, 147, 148150,237,244,246,395 Himmelreich s. Reich Gottes Himmelsstimme 189, 306f, 309f, 318 HirtlHerde-Metaphorik 33f, 35-39, 49, 359,395 Hirtenamt Jesu s. Jesus HoheitJesu 60,151, 314f Hohepriester 34, 98f, 107, 109-112, 115, 133f, 135, 136f, 139, 145, 151f, 154f, 156f, 158f, 161, 162f, 166f, 168, 173, 176,179,185,188,198,214,240, 305,324,397 Hoher Rat s. Synedrium Hölle 103-106, 246f, 248, 396 Hosanna 47,103-106,158,176 Hunde 67-69 Idumäa,Idumäer 53f, 110 ImmanueI29,44,48,253,258,294, 299f, 308f, 315, 321, 327, 347, 369, 373,403 Inthronisation Jesu 306,318,322,327, 330,399 Ironie 41,87, 111, 112, 114, 135, 141, 152f, 155, 163, 166, 175,222,230, 361,403 Isaak 280,287,369 Israel - Israelkonzentration 1, 10, 15, 17,36, 52,59, 80f, 93, 284, 301, 307, 333, 347,393 - Partikularismus 224,389,395, 397f, 400 - Prärogative Israels 2,6, 11, 15,68,69, 79, 169, 191f, 263, 266, 285, 333, 340, 374f, 389, 400, 404 - Restitution Israels 3f, 26, 54, 82-84, 94,221, 279f, 28lf, 287, 337, 340, 342-345,348,351,359,372,374376, 394, 401, 403f - Substitution Israels 4-12, 107, 138, 181-185,191,193, 199f, 213, 215,
487
263,283, 349f, 354, 355, 360-363, 364,366-369, 373f, 376f, 397,403 - Versagen Israels 214,274,397 - Verstockung Israels 263,271,275, 278 - Verurteilung/Verwerfung Israels 2,4, 6,9, 11, 13-15, 93f, 138, 169,216218,224,233, 256f, 262f, 274, 278, 281-283,285,296,301,349,355, 368, 396f, 405 Israelmission 1- 6, IOf, 18,61,78,80, 81-94,107,176,205,206,208,212, 213, 214f, 217, 232, 252, 256, 274, 276-278, 282, 284f, 295, 331, 334348,350,351,354,358-360,362, 369,372, 374f, 380, 38lf, 383, 390, 391, 397, 40lf Jererrria 163-166,172,178,189,369 Jericho 132, 241 Jerusalem 2,3,4,6, 11f, 21, 54, 91, 96, 103-113,123, 125f, 129, 131-133, 133-146, 152, 155, 157f, 163f, 167, 168, 172, 173f, 177-181, 187-189, 190, 198,200,208, 211f, 213f, 216f, 221,233,243,245,248,250-257, 262,283, 293f, 306, 326, 312, 319, 325, 346f, 357, 36Of, 383, 390, 395397,403 -Zerstörung Jerusalems 3,4,6,11,91, 163f, 177-179, 211f, 214, 216f, 248, 251f, 254, 256, 257, 262, 283, 294, 346, 383, 390, 396f, 404 Jesaja 19,44,45,56, 189f, 200, 217, 263, 269-271,272,275,296,345,363 Jesus - Ablehnung Jesu lf, 4, 6f, 14f, 62, 130, 159f, 165, 174, 177, 180f, 188, 193, 206, 226-228, 285, 288,296, 301f, 340, 344f, 348, 355, 363, 369, 386, 398,402 - Abrahamsohnschaft Jesu 24f, 194, 286-288, 291f, 294, 315,331, 341, 398 - Auferstehung/Auferweckung Jesu 1, 5,30,32,51,63,68,80,91, 112, 130, 152,160,188,201,204,207,211, 221,240,258,260,276,298-304, 306-308,312,317,318,319,325329,331-334,337, 339f, 347f, 369, 370-373, 376f, 400-405 - AutoritätJesu 100f, 117, 136, 147, 150,207,304 (s. auch Jesus, - Vollmacht)
488
Sachregister
- Davidssohnschaft Jesu 11,21,22,23, 24-52, 55f, 68, 82, 93f, 102-107, 134f, 145, 147, 156, 158, 176,233, 236,240,253, 286f, 294, 307f, 312, 314,315,316,319, 32lf, 326, 329334, 342, 347f, 393-396, 399f - Erbarmen Jesu 38f, 42, 50, 68, 82, 84, 87,359,394 (s. auch Barmherzigkeit) - Erhöhung Jesu 30,32,68, 117, 145, 160f, 188,201,205,207,211,215, 276, 293, 298, 305, 307, 317f, 319329, 330, 333f, 344, 347f, 399, 400, 402 - Geburt Jesu 29f, 33f, 110-112,262, 292,334 (s. auch Jungfrauengeburt) - Gehorsam Jesu 186,308, 311f, 319, 323, 327-330, 398f - Gottessohnschaft Jesu 11,23,24-33, 51,60,93,119,123,136,145,157, 159, 160, 187-189, 200f, 204, 207, 209-215,217,269,299, 300f, 306, 307-329, 329-334, 346, 347f, 353, 358,367, 393f, 399-402 - Hirtenamt Jesu 17, 18-52, 82f, 93f, 96, 105, 117, 153, 174,338,340, 359f,394f -HoheitJesu 60,151, 314f - IdentitätJesu 15,30,32,51,62,86, 119, 131, 136, 144, 160, 189,235, 239,269,285,297, 307f, 313, 316, 318, 328f, 332, 334, 347f, 399f - Kreuzigung Jesu 1,2,95, 108, 112, 132,135,166,168,174,176,255, 312,319,323-329,333,346,371, 396,399,402 - Richter 117, 160f, 230, 281, 301, 360 - ÜberlegenheitJesu 99, 144 - Verspottung Jesu 151,161,174,189, 292,323-326 - Verurteilung Jesu 1, 133, 152, 156, 157, 161, 166, 168f, 175, 177, 179, 396 - Vollmacht Jesu 31, 52, 53, 55, 60, 62, 78-81,84,94,98-101,116-118,130, 133, 136f, 144, 146, 147, 157f, 205, 207f, 220,224, 260, 283, 298, 303308,311-316,316,317,318-322, 325,327-330,332,339,344,348, 351-353, 360, 398f
- Weisung Jesu 6, 116, 337f, 338, 358, 367 (s. auch Unterweisung) - Weltenherr 68, 112, 160,205,292, 293, 298, 303, 304, 305f, 311, 322f, 325, 327-329, 330, 332f, 347f, 399400 Jesusgeschichte 1,7,9-12, 14f, 17, 24f, 32, 35,41, 52, 95f, 101, 118, 150, 179f, 190,226,278,283-286,308, 331,334, 340f, 348, 358f, 366, 370, 375f, 380, 382f, 384, 389f, 393, 398, 401 Joch 21,46,49,328 Johannes der Täufer 50,56,97, 113-115, 118,123,125,131,137,146,186, 189,207,211,213,216,218,222, 226-230,233,238,247,264,268, 286[, 309, 310, 313, 319,320, 338f, 397 (s. auch Täuferanfrage, Täuferjünger) Jona, Jonazeichen 130, 239f, 243 Joseph (Vater Jesu) 9,22,29, 32, 307 Joseph von Arimathäa 138, 180,338, 371 Jubelruf 103, 105f, 134 Judäa, Judäer 132, 164, 176f, 386, 390 Judas 151, 153, 154f, 161-164, 176,248, 279,289,342,371,375,396,401 Judenchristen 30,61,224,334,368,385, 390,391 Jüdisch-römischer Krieg 92, 390f Jünger 1,3,5, 7f, 11, 13, 14f, 17-94,98, 100, 103f, 105, 107, 108, 110, 115118, 119f, 122, 125-132, 134, 145f, 152, 157, 160, 176, 179, 185, 199, 202,204-207,208, 21Of, 21lf, 213218, 221,223[, 228, 232-235, 236f, 243f, 246-248, 250-254, 257, 259269,271,272,273, 274f, 276-284, 295,300,301-304,307,312,314319,321,322,323,326, 328f, 330f, 332f, 336-348, 350-354, 355, 358360,362,363,365,367-377,383, 384,387, 393f, 396-398, 400-403 - Anfeindung gegen Jünger 228 - Jüngerberufung 53, 102, 185, 223, 35lf, 358, 363 - Jüngerunterweisung s. Unterweisung - Sendung 4, 11, 18,35,38,42,53,54, 81-83,86-94,110,205-207,209211,213-215, 217f, 228f, 230, 232, 246-248,250-252,254,264,276, 282,295,296, 302f, 326, 333, 337f,
Sachregister
340,342,346,348,351,362,363, 371,375,394,397 - Versagen der Jünger 259 Jungfrauengeburt 29,300,332 (s. auch Jesus, - Geburt) Jüngster Tag s. Gericht Kairos s. Heilsgeschichte Kanaan 65, 172 Kanaanäerin 35,42,48, 50, 54, 57-59, 65f, 63-70, 80, 290, 294, 341, 389, 398f Kapernaum 70,74,98, 132,230-232, 234,295,341,398 Kelchwort 50,177, 320f, 328, 342, 363, 365 Kinder 1,22,23,25,32,47,67-71, 103f, 134, 135, 145, 147, 158, 16~ 178, 226-236,237,256,262,279,353, 396 Kinder Abrahams s. Abrahamkindschaft Kirche 3-9, 12, 13, 14-16,54,61,85,87, 91f, 98,101,107,122,127,129,131, 132, 149, 160, 163, 176, 179, 18lf, 184, 185, 190, 191, 193, 199,202, 205f, 207, 211, 213f, 222, 223, 233, 235, 236, 244, 260, 264, 273f, 275, 276-278, 280, 283f, 292, 300, 304, 321,330,337,338,340,341-347, 349-377,379-391,396f, 399,400405 Kleinglaube 259,315,328,353,382 Konfliktgeschichte 1, 11,52, 94f, 104, 133,139,144,150,173,332 Konfliktkonfiguration 15, 110, 113, 137, 146-150,173,180,226,283 Konfliktthematik 110-150, 159, 176 König der Juden 33-35, 110, 111, 112, 134, 167, 173,292-294,315~320~ 325f, 365, 399 Königreich/Königsherrschaft Gottes s. Reich Gottes Kosmos 88f, 161, 192, 205f, 225, 274, 279,293,301,303,305,307,311, 323, 327f, 336, 347, 351f, 360, 370, 372f, 375, 377, 398 Kreuzesinschrift s. titulus crucis Kreuzesnachfolge s. Nachfolge Kreuzigung Jesu s. Jesus Kyrios (Jesus) 32, 68f, 79, 145,276,298, 306,315, 317f, 330, 344f, 351, 367, 398,400
489
Lästerung s. Blasphemie Lehre Jesu 17,41, 48f, 52f, 55, 61, 98101,118,120,128,131,132,133, 135f, 139, 140, 144, 147,202, 205f, 214,220,243,244,283, 303f, 307, 328,338,342,368,371,380,383 Leidensankündigung 112,131-133,168, 180,323,327 LXX s. Septuaginta Macht Gottes 102,197,231, 233f, 235, 306,315,318,323,324 Magier, Magierperikope 33,35, 110-112, 123,150,173,177,288,292-296, 332,341, 398f Mahlgemeinschaft 42, 352, 364 (s. auch Tischgemeinschaft) Makarismus 226, 268, 316 Maria (Mutter Jesu) 9,29,289 Matthäismen 73-75, 142, 162, 182,258 Menschenfischer 236,351 Menschensohn 91,100,117, 158, 160~ 205,215,222,230,276,279,281, 298f, 305, 313, 317f, 320, 322f, 327, 338,360 - Reich des Menschensohns 91, 160, 205,305,317 Messias If, 5, 6, 9f, 18-22,23,24,2628, 3lf, 33--41, 43, 44--48, 49, 51, 56, 61f, 68, 79, 80, 82f, 85f, 91, 93-96, 103-106, 108, 110-112, 113, 117, 119, 123, 124, 130, 134, 135, 142, 144-147,156,158-161, 166, 173~ 178,180,222,224,234;235,239241,254,256,260,263,267,269, 280, 285f, 288, 294, 300f, 307f, 312, 314,315, 316f, 319-321, 328, 329334,338,340,341, 347f, 351, 353, 355,359,368, 371f, 374, 377, 380, 389,393-395,398--400,403 Messiasanspruch 159-161,239,253 Messiasbekenntnis 22,31,44,119,131, 159,313,315-318,354,380 (s. auch Gottessohnbekenntnis) Messiaserwartung 18-20,22,27, 33f, 46, 105,307 Messiasgeheirnnis 329,332 Missionsbefehl/Missionsauftrag 1, 14, 81,92f, 179,260,300,302,308,318, 335, 337-339, 348, 350f, 354, 358, 371,377,398,401f Mose 37,131,171,201,204,244,318, 369
490
Sachregister
Nachfolge 53,61,80,85,98, 103, 108, 131,132, 199f, 208, 214, 220, 221, 223f, 236, 24lf, 265, 267, 279,308, 338,350,352,358,360,371,388 Nächstenliebe 143f, 149,381 Narrative Konzeption 7, 13, 14f, 23, 41, 50,86, 95f, 99f, 107, 110, 114, 116, 119, 125, 127, 138, 144, 145, 154, 165,226,231,233,274,285,301, 302f, 307, 307-329, 329-334, 347f, 379,381,389,396,398-400,404 (s. auch Jesusgeschichte) Natan, Natanverheißung 20,27 Nazareth 34, 105f, 246, 295, 386 Nichtjuden s. ,Heiden' Notlage des Volkes Israel 41,49-51,82, 84,282,352,363 Offenbarung 61,173,235,265,313-318, 321,329,346,348 Ostern 4, 11,62, 185,215,328,339,367, 371,377,395,399,402 Otternbrut s. Schlangenbrut Parabeltheorie 15, 264f, 272, 277, 278, 284 Paränese 168,185,223,350 Partikularismus s. Israel Parusie 62, 9lf, 94, 160, 161,212,233, 254-256,261,262,282,298,299, 339,394 Passa 105, 107, 152f, 171, 175 Passaanmestie 167f, 175 Passion 12, 15,32,51,63, 95f, 108, 112, 117, 123, 132, 146, 150, 151-180, 228,240,247,294,297,298,299, 312,319-329,330-332,359,395, 399,400 Paulus 92,206,256,288,333,365,372, 381,400 Petrus 31, BI, 159, 162, 20lf, 205, 215, 279,314, 315f, 318f, 321, 324, 328, 343,351,360,371,401-405 Petrusbekenntnis s. Messiasbekenntnis Pharisäer 8, 12, 17,31, 39f, 48, 64, 87, 97, IOlf, 107, 109, 113-132, 134, 136-148, 149, 151-154, 168, 179, 185,188,198,204,206,214,216, 217,222,228~235-240,241,242-
251, 257f, 261, 271, 277, 283, 286, 297,300, 30lf, 329, 344, 360, 379, 380,381,382, 383f, 386f, 388, 389391,395-397,404
Pilatus 88, 140, 150-152, 160, 162, 166170, 172, 173, 175, 177, 179,240, 248,396 Prärogative Israels s. Israel Priester, Priestertum 28, 120, 137, 164, 171, 196f, 248, 249,361,364,373 Prolog 24, 52f, 81, 110-115, 117, 134, 146,176,288,302,308-312,312, 332,347,351,398,400 Prophet (Jesus) 105-107, 125, 188,246, 247, 396f ProphetenmordIProphetenmörder 106f, 173,187,200, 246f, 248-250, 251, 395f Proselyten 68, 206, 286, 290f, 332, 343f, 366,384 Prostituierte 163, 186,213,215 Prozess Jesu 151f, 155f, 174 Rahab 65,288-290,291 Rahel 178 Reflexionszitate s. Erflillungszitate Reich Gottes 4,5,6, 8,49,53,82, 84, 88, 116, 186, 187, 188, 189, 191-194, 195, 198f, 201-209, 212f, 219, 222224,228-231,235,242,245,256, 264, 266f, 268, 271-273, 276-284, 287,296,299,302,307,321,337~
341, 349f, 353f, 358, 360, 362, 363, 365,367,371,375-377,380,393, 401-403 Reichtum 277,279 Repräsentanzthese 4,113,152,165,173, 178, 185, 198,211,216,234,243, 247,283,362,387,396,404 Restitution Israels s. Israel Rom 24,73,88, 139f, 154, 166, 176, 171, 292,295,390 Rückzugsmotiv 64, 125, 128, 132f, 139, 295,297,329,387 Sabbat 60, 119-121, 122, 125, 128, 143, 192,203,297,388 Sacharja 189, 248f, 366 Sadduzäer 97,99, 100, 109, 113f, 128131,138,141,222,238,243,246, 247,286,360,383 Salomo 43,202,240,291,356 Samaria 54, 85, 172 Samariter 40,82, 84f, 91 Sanftmut 104,105,255,328 Sanhedrin s. Synedrium
Sachregister
Satan s. Teufel Saul 172,202,248 Schaf, Schafmetaphorik 35--40,42,4751,66,69,81-94,96,101, 117, 121~ 153f, 164,214,232,237,254,276, 28lf, 288, 298, 32Of, 337-339, 344, 348,350,352-354,358-360,370, 373,379,384,393-395,397~401-
403 Schauvvunder 158 Schealtiel 28 Schema Jisrael 143 Schlangenbrut 97, 114f, 148,238,242 Schlüssel, Schlüsselgewalt 20lf,206, 214,360,362,371,402--405 Schrift 24,29, 34, 36, 44, 46f, 49, 85f, 111, 117f, 120, 123, 131, 132, 134f, 141, 144f, 149, 151, 162,204,222, 249,268,270,290, 295f, 301, 302, 311,324,331,340,344-347,363, 376,381,390,393,396,404 Schriftgelehrte 8,31,34,48,55,64,87, 97-100,101,109-112,115-119, 124-130, 133f, 135, 138f, 145, 146, 147-151, 152, 156, 158, 168, 173, 188,204,206,216,235-239,242251,261,271,283,302,324,344, 360,375,380 Schweigegebote 297, 318f, 328f Schweine 59,61,67 Seligpreisung s. Makarismus Sendung der Jünger s. Jünger Septuaginta 39,47,54, 142, 170, 171, 177, 193f, 225, 227, 248, 290, 295, 297, 298f, 305, 335, 345, 346, 355, 356 Serubbabel 28 Sidon 53f, 57, 63-65,128,231 Sinai, Sinaibund 195,203,204,359,366 (s. auch Bund) Sodom 170, 172, 225, 231f Sohn Gottes s. Jesus Söhne des Reiches 2,206,218-224,246, 389 Soteriologie 6, 15,49-51,84, 115, 117, 186,201,226, 233f, 236f, 266, 296, 302,315,320,328, 330f, 333, 342f, 347f, 352, 362-364, 365, 366, 367, 370,373,377,399,400,404 Speisetora 57,63,64 Speisungswunder 41, 42, 57~ 67f, 70, 119, 170,353
491
Stammbaum 24-28,225,288,291,341, 364,390,395,398 Stern 33, 292f, 296, 317 Strafe 3,45,163,177,190,199,200, 211,214,216,231,251,271 Streitgespräch 2,31,99,100,132,136139, 144, 156 Substitution s. Israel Sühnetod s. Tod Jesu Sünde, Sünder 20,28, 39f, 49-51, 101, 113, 117f, 132, 163, 186,214,225, 228,230,247,250,289,298,308, 321,330,362, 364f, 367, 377, 393, 395,399,403 Sündenbekenntnis 50, 113, 163 Sündenvergebung 49f, 53, 93, 100, 101, 116, 117, 118, 132, 146f, 177, 237f, 253,304, 320f, 326, 329, 349, 352f, 361, 36f, 366, 367, 374, 384, 394, 399,403 Synagoge 7, 12f, 16,53,87,98, 149, 179, 214,231,343,355,370,380~383-
389,391,397,404 Synedrium 109, 137f, 151, 152, 154-156, 157, 160f, 163, 165f, 167, 173, 174 Synoptiker 44, 73f, 76, 101, 198,217, 225,240 Syrien 54,55,92,290,388,391 Syrophönizierin s. Kanaanäerin Taufe Jesu 114, 306f, 309f, 311 Täuferanfrage 56,118,131,226,264, 310,313 Täuferjünger 226, 268 Täuferpredigt s. Gerichtspredigt Tempel 2,22,23,28,32,42,47,99, 103f, 120, 133-135, 136, 140, 143, 146f, 154f, 157-159, 161, 171, 174, 185, 190,203,217,243,249~252255,257,321,322,325, 346f, 356, 36lf,403 Tempellogion 159, 174, 323 Tempelreinigung 99,103,133,135,158 Tempelzerstörung 11, 146, 157f, 217, 248, 250, 253f, 322, 346 Teufel 62, 123f, 148,238,242,276,277, 303, 31Of, 322, 323f, 327, 399 Tischgemeinschaft 50,68,69,117,214 (s. auch Mahlgemeinschaft) titulus crucis 50, 320f, 325f, 328, 363 Tod Jesu 1,3,4,6, Ilf, 50, 63, 132, 133, 152f, 157, 160f, 163, 168, 170, 179f, 215,239~248,251-254,262,298-
Sachregister
492
302, 306f, 319-333, 340, 342-348, 361,364-367,370,372-377,396405 Tora 13, 17,48,64,72, 116, 118f, 120, 128, 130, 131, 141, 142f, 147, 149, 156, 163, 195,201-204, 207f, 217, 229,244,245,283,318,338,340, 352,355, 356f, 360, 363, 366f, 372, 380f,386f Tötung Jesu 99, 128, 137, 139, 151, 163, 175f, 187f, 200f, 204, 206, 208, 211, 248,252~297,319,329,369,404
Tyros 53f, 57, 63-65,128,231 Umkehr 81, 113, 114f, 163, 186, 197, 230,231,236,240,248,269,271, 326 Ungerechtigkeit 20f, 116,281 Unglaube 2,5,221,258-260,263,350 Unheil 5,21, 137, 186,223,232,395 Universalismus 1,3, 5, 9, 13, 14f, 58, 63, 68, 79f, 82,89, 91f, 215, 221, 222, 224,262,280,284~286-302,303-
329,330-333,335,336,339,341, 342,343-348, 365f, 367, 370, 372, 374-377,383,387, 389f, 395, 397405 Unmündige 234, 234f Unterweisung 48,87, 108, 116, 120, 127, 132,144,244,283,299,338,344, 355,360,369, 372f, 376, 380f (s. auch Jesus, - Weisung) Urgemeinde 250,358, 361 Verdammnis 2, 192,224,252,281 Vergebung s. Sündenvergebung Verheißung 17,20,21, 24f, 27, 30, 33, 35,37,38,44,45,46,49,56,58,84, 85,93,105,131,166,194,197,199, 206, 221f, 227, 231, 278f, 286-288, 304,311,330-332,335,345,354, 362,365, 367, 389, 393f, 399f Verkündigung 45,49,53, 81f, 88f, 130, 205f, 222, 229, 232, 263, 264, 265, 267,269,271,273-278,299,300, 302,307,329,336,338,341,373, 376,382,393,398,401 Verspottung Jesu s. Jesus Verurteilung Jesu s. Jesus Volk Gottes 1,2,4,5,6,8, 12, 14f, 17f, 21,25,28,33-36,38, 40f, 45, 49, 51, 53, 56, 58, 65, 78f, 82, 85, 93-96, 98-100,102,108,111,117,123,
149f, 152, 154, 164, 165f, 169f, 171, 172-177, 175, 179f, 191, 192f, 195, 197-199,217,263,270~276,282~
289,294-296,341,342, 344f, 349f, 354-368, 369-377, 393, 395f, 403405 Volksmengen 5,7,8, 11, 13, 22f, 27, 38, 40, 46f, 49, 54-58, 64, 77, 79, 82-84, 95,96-108,113,116, 118f, 123f, 127f, 138, 141, 145f, 149f, 152, 154f, 167, 169-181, 181-188, 198-221, 223, 226- 230, 233f, 236, 239, 242245,247, 255f, 258, 260, 263-278, 283f, 297-299,301,309,312,314, 316,333,338,352-354,356,359, 371,379,381-384,387,388,393, 395-397 - Unverständnis der Volksmengen 5, 108,181,263-278,397 - Verhältnis Volksmengen - Autoritäten 11, 13, 40f, 42, 56, 83, 87, 96f, 99,101,102,107,108, 114, 118~ 122-124, 127, 137f, 146f, 152, 165, 169,172,185,179-181, 190, 198~ 212,228,236,239,245,247,263, 278,283,379,330,380,381,395 - Versagen der Volksmengen 269 Völkermission 1-6, 10, 11, 13f, 61-63, 84f, 88f, 9lf, 179, 193,212,213,215, 218, 276f, 285, 287, 295, 296, 299, 302,307,313,334-348,351,367, 388-391, 398f, 401f, 404 Völkerwallfahrt 218,220,201, 293f, 345, 346,403 Völkerwelt 6, 13f, 25, 51, 58, 68, 184, 224,286-288,296,301,330,333, 358,365,366,370,372,375,377, 391, 399,403f Weherufe 181,204,206,224-236,243246, 25lf, Weinberg 107,186,187-191,200,206209,213,217~360,397,402
Weisheit 230f, 235, 240, 246 Welt s. Kosmos Weltenherr s. Jesus Weltenrichter s. Jesus, - Richter Werke Jesu 45,49, 55f, 81, 226, 229, 230,231,232,235, 239f, 244, 268f, 297, 313f, 316, 341, 371 Wille Gottes 17,49,118,120, 126f, 147, 150,184,186,201-208,213,273,
Sachregister
283,289,308,311, 3l3f, 323f, 353f, 357,360,363,368-371,381,402 Wirken Jesu 1, 10, 14f, 17f, 23f, 30f, 33, 35, 4lf, 44, 46, 50-53, 54, 55-57, 59, 62f, 67, 79-82, 85f, 90f, 93-97, 100, 102, 106, 108, 110, 114f, 117, 118, 119,123, l33, 136, 145-147, 157f, 176,179,181,198,220,222,226, 229-235,253,257,260,262,264, 267f, 271, 273f, 276, 278, 288, 292, 295f, 301-303, 307-309, 312-314, 316,320,323,329,333,337,338, 340,341,343, 347f, 351, 358f, 363, 371, 374f, 377, 389, 393-395, 398, 400f Wunder, Wundergeschichten 53,75,80, 101f,337 (s. auch Heilungen, Speisungswunder)
493
Zeichenforderung 97, 124f, 128-l30, 158, 236, 238,f, 241 Zeitgenossen Jesu 225,227,230, 259f, 262 Zerstörung Jerusalems s. Jerusalem Zion 220,255,294,300,345-347,360, 376f,403 Zöllner 42,50,84, 118, 163, 185f, 2l3, 214f, 228, 298, 321, 352 Zweifel 102f, 240, 265, 310, 328 Zweistufenchristologie 30, 334, 400 Zwölferkreis 53,54, 82f, 91, 94, 102, 279-282,337,342,371,375,377, 394,401 Zwölfstämmevolk 15,26,54,83, 181, 278-284,287, 336f, 342, 348, 398, 401
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Alphabetische Übersicht der ersten und zweiten Reihe
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