Meilensteine der Nationalökonomie
Meilensteine der Nationalökonomie F.A. Hayek (Hrsg.) Beiträge zur Geldtheorie XVI, 5...
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Meilensteine der Nationalökonomie
Meilensteine der Nationalökonomie F.A. Hayek (Hrsg.) Beiträge zur Geldtheorie XVI, 511 Seiten, 2007 (Reprint von 1933) ISBN 978-3-540-72211-3 F. Machlup Führer durch die Krisenpolitik XX, 232 Seiten, 2007 (Reprint von 1934) ISBN 978-3-540-72261-8 O. Morgenstern Die Grenzen der Wirtschaftspolitik XII, 136 Seiten, 2007 (Reprint von 1934) ISBN 978-3-540-72117-8 E. Salin Geschichte der Volkswirtschaftslehre XII, 106 Seiten, 2007 (Reprint von 1929) ISBN 978-3-540-72259-5 G. Schmölders Finanzpolitik XVI, 520 Seiten, 2007 (Reprint von 1970) ISBN 978-3-540-72213-7 W. Sombart Die Ordnung des Wirtschaftslebens XII, 65 Seiten, 2007 (Reprint von 1927) ISBN 978-3-540-72253-3 F.W. Taylor, A. Wallichs Die Betriebsleitung insbesondere der Werkstätten X, 158 Seiten, 2007 (Reprint von 1919) ISBN 978-3-540-72147-5 R.v. Strigl Einführung in die Grundlagen der Nationalökonomie XII, 223, 2009 (Reprint von 1937) ISBN 978-3-540-85390-9 F. Machlup Börsenkredit, Industriekredit und Kapitalbildung XVI, 220, 2009 (Reprint von 1931) ISBN 978-3-540-85171-4 R.v. Strigl Kapital und Produktion XIV, 247, 2009 (Reprint von 1934) ISBN 978-3-540-85388-6 H.v. Stackelberg Grundlagen einer reinen Kostentheorie XII, 131, 2009 (Reprint von 1932) ISBN 978-3-540-85270-4
Richard von Strigl
Einführung in die Grundlagen der Nationalökonomie Reprint der 1. Auflage Wien, 1937
ISBN: 978-3-540-85390-9
e-ISBN: 978-3-540-85391-6
DOI 10.1007/978-3-540-85391-6 Library of Congress Control Number: 2008936878
c 2009 Springer-Verlag Berlin Heidelberg ° Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmugen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in disem Werk berechtigtauch ohne besondere Kennzeichnungnichtzu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier 9 8 7 6 5 4 3 2 1 springer.de
Vorwort. Dieses Buch macht es sich z u r Aufgabe, die Aussagen der nationalSkonomischen Wissenschaft fiber wirtschaftliche Zusammenh~nge im engen Rahmen einer kurzen Einfiihrung darzustellen. Dabei verfolgt diese Einfiihrung das beson,dere Ziel, die Lehren der Nation, aliikonomie in einer Art darzustellen, in welcher sie zur Bildung eines fundierten, die fiblen Schlagworte der Vulg~rSkonomie iiberwindenden Urteils in Fragen aktueller Wirtschaftspolitik dienlich sein kSnnen. Dieses Ziel muitte zuni~chst ffir die Auswahl des darzustellenden Stoffes, dann aber auch ffir die Art der Darstellung und ffir die Gliederung derselben maltgebend sein. Es werden bier weder einzelne Tatsachen und Details aus der modernen Wirt-schaft dargestellt noch Fragen der wirtschaftlichen Organisation behandelt, sondern ausschlieltlich Zusammenh~tnge aufgezeigt, wobei aus den Einzelheiten ein mSglichst klares und geschlossenes Bild des Ablaufes der Wirtschaft erwachsen soll. Die Lehren der NationalSkonomie werden nach MSglichkeit in einer den neuesten Formulierungen und Problemstellungen entsprechenden Weise vorgetragen, wobei doch eine Beschr~tnkung auf das vorgenommen ist, was heute als gesicherter Bestand der Wissenschaft gelten kann. Immerhin ist zu sagen, dait es an manchen Stellen schwierig war, den Hinweis auf offene Fragen zu vermeiden. Manches, das h i e r in den Vordergrund der Betrachtung gezogen ist, hat in ,das dem deutschen Leser zug~ngliche Lehrbuch noch kaum Eingang gefunden. Ich glaube, daI~ das Buch vor allem dem Studierenden als erste Einfiihrung dienlich sein kann, ohne Riicksicht darauf, wie weit er im fibrigen gewillt oder genStigt ist, in die Probleme unserer Wissenschaft einz~dringen. Dann aber glaube ich, dalt dieses Buch auch manchen von den allzu vielen nfitzlich sein kann, welche in der NationalSkonomie dies und ~enes
IV
Vorwort.
gelernt haben und nun sehen, dalt sie ,die Grundlagen ftir ein selbstandiges Urteil nicht gewonnen haben. Dem Fachmann sollte das Buch nicht viel Neues sagen. Ich hoffe, d alt das Studium dieser Einfiihrung nicht mehr Schwierigkeiten bereiten wird, als in der Sache begriindet sind. Der Studierende mult sich aber dariiber klar sein, dal~ es auch in der National5konomie einen ,,Kiinigsweg" zu den letzten Erkenntnissen nicht gibt. Eine Darstellung wirtschaftlicher Zusammenhange mul~ sich gegeniiber allen Fragen der Politik neutral verhalten. Der Leser mSge sorgfiiltig beachten, dalt hier immer nur gefragt wird, welche Folgen sich an bestimmte ,Malinahmen der Wirtschaftspolitik kniipfen, niemals aber, ,was ,sich die Wirtschaftspolitik zum Ziele setzen soll oder daft. Er wird die Probe ftir diese Einstellung unserer Einfiihrung machen kSnnen, wenn er sich davon fiberzeugt, dalt ,die hier vermittelten Kenntnisse von wirtschaftlichen Zusammenhangen ~eder wirtschaftspolitischen oder allgemein politischen Zielsetzung dienlich sein kiinnen, wenn diese nur iiberhaupt gewillt ist, sich fiber die Wirkungen, welche ihre Maltnahmen in der Wirtschaft aus18sen kiinnen, ernst und redlich Rechenschaft zu geben. TSricht ware es, wollte ~emand die Meinung vertreten, daft seiner von ihm fiir einzig richtig gehaltenen Einstellung in Fr, agen der Politik eine bestimmte Auffassung wirtschaftlicher Zusammenhiinge entspricht, dal~ nur vom ,Gesichtspunkte seiner Zielsetzung eine ,,wahre" Einsicht in diese Zusammenhange mSglich ist. Das Geschehen in der Wirtschaft li~uft nach seinen eigenen Notwen, digkeiten ab, m w e r diese nicht sieht oder nicht sehen will, ,wird die Maitnahmen, welche den von ihm gesetzten Zielen dienlich sein kiinnen, verfehlen und nicht alas erreichen k(innen, was er anstrebt. Ich bin aber der Meinung, daI~ eine Verdrangung vulg~riikonomischer Ansichten in weiteren Kreisen der Gebildeten und das Entstehen eines ,dem Stande der Wissenschaft einigermaiten entsprechenden ,,Weltbildes der Wirtschaft" zwar nicht zUr Vereinheitlichung der wirtschaftspolitischen Zielsetz~ng, wohl aber dazu beitragen kann, d alt in der wirtschaftspolitischen Diskussion ein vorsichtigeres Abwi~gen der M,altnahmen im Hinblick auf die von ihnen zu er~vartenden Wirkungen Platz greifen wird.
Vorwort.
V
Die Erfahrungen einer lang~i~hrigen Lehrt~ttigkeit sind in diesem Buche verwertet. Ich habe auch in dieser Tiitigkeit immer wieder
Richard Strigl.
Inhaltsverzeichnis. I. Der Preis. Vo~bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. A n g e b o t und N a c h f r a g e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die S c h i c h t u n g ,der N a c h f r a g e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Z u r A n g e b o t s g e s t a l t u n g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. D e r Prei,s ,des f r e i e n Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II. Ertragsgestaltung und Kosten. 1. Das P r o b l e m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. D e r abnehmen, de E r t r a g . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das B e v S l k e r u n g s g e s e t z . ( E r s t e Einschr~inkung des allgemeinen E r t r a g s p r i n z i p s ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. P r o p o r t i o n a l e E r t r a g s z u g ~ n g e . Die A r b e i t s t e i l u n g . . . . 5. Wachsende Ertragsz~g~tnge. ( Z w e i t e Ein, s o h r ~ n k u n g ,des a l l g e m e i n e n E r t r a g s p r i n z i p s ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
III.
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Das Kostengesetz und die Preise der Produktionsmittel. Der w i r t s e h a f t l i e h e W e r t . 1. Der ,,Mechanismus" des K o s t e n g e s e t z e s . . . . . . . . . . . . . . 2. Der L o h n und das G r e n z p r o d u k t tier A r b e i t . . . . . . . . . . 3. Die a l t e r n a t i v e V e r w e n d u n g ,des P r i n z i p s tier Grenzpro,dukti~it~tt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Griiite tier E i n k o m m e n und alas iikonomi,sche Maximumtheor~m . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die L e h r e vom w i r t s c h a f t l i c h e n W e r t e . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Das Kapital als Produktionsmittel. 1. Das P r i n z i p tier k a p i t a l v e r w e n d e n d e n P r o d u k t i o n . . . . . . 2. Die Kap,italgiiter un.d ,die Z e r l e g u n g des P r o d u k t i o n s prozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Prozelt der I n v e s t i e r u n g un, d F r e i s e t z u n g von Kapital. Sparen ~nd , b e i b e h a l t e n e s " S p a r e n . . . . . . . . . . . . 4. Die Ko,stengestaltung eines Betriebes mit fixen Kapitalanlagen ........................................ 5. ~n, d e r u n g e n der A ~ s s t a t t u n g mit fixem Kap,ital und ihre W i r k u n g e n a u f die K o s t e n g e s t a l t u n g . . . . . . . . . . . . 6. F r e i e s K a p i t a l und fixe K a p i t a l a n l a g e n . Die Knappheit des K a p i t a l s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 66 69 74 80 82
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Inhaltsverzeichrfis.
Vg Formen der Preisbildung. 1. 2. 3. 4. 5. VI.
D i e Grun, d b ~ g r i f f e ,der G e l d l e h r e . . . . . . . . . . . . . ....... Die B e w e g u n g e n des G e l d w e r t e s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D i e R e g e l u n g ,der G e l d m e n g e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G e l d k a p i t a l und R e M k a p i t a l . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konjunktur und Kon~unkturpolitik .................. Ziele der W~ihrun~spolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D i e i n t e r v a l u t a r i s c h e n Be,z i e h u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86 95 100 110 111
117 128 131 144 152 158 165
Preisbelastungen. 1. D i e S t e u e r i i b e r w ~ t l z u n g a l s B e i s p i e l d e r W i r k u n g v o n Preisbelastungen .................................... 2. D i e W i r k , u n g e n d e r S t a a t s a u s g a b e n . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. S o z i a l p o l i t i k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...... 4. Z o l l b e l a s t u n g e n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. D i e u n m i t t e l b a r e n W i r k u n g e n d e s S o h u t z z o l l e s . . . . . . 6. A b s o l u t e u n d , , k o m p a r a t i v e " K o s t e n u n t e r s c h i e d e . . . . . . 7. D i e z w i s c h e n s c h a a t l i c h e A r b e i t s t e i l u n , g . . . . . . . . . . . . . . 8. T h e o r i e un,d P r a x i s d e s ~Schutzzolls . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VIII.
seite
Das Geld. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
VII.
D er Monopolpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... Die monopolistische Konkurrenz ...................... Die Preistaxen ...................................... D~s S y s t e m tier P r e i s e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Z u r F r a g e des , , g e r e c h t e n " P r e i s e s . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Der Sinn der Wirtschaftspolitik. 1. D i e , , i d e a l e " W i r t s c h a f t s p o l i t i k . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. E i n z e l i n t e r e s s e u n d G e m e i n w o h l . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anleitung
fiir d~s w e i t e r e Stt~dium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Der Preis.
Vorbemerkung. W i r beginnen die Analyse der Wirtschaft mit der Besprechung einiger F r a g e n aus der Lehre vom Preise. Im voraus ist es klar, da~ an einem Preise zweierlei von Interesse sein kann: z~nachst die Frage, wie ein Preis zustan, de kommt, dann aber die Frage, wie ein Preis wirkt, tIinsichtlich der ersten F r a g e zeigt schon eine ganz oberflachliche Betrachtung der Verh~ltnisse unserer Wirtschaft, d a ~ bei verschiedenen Preisbildungen ganz verschieden geartete Umst~nde zur Geltung gelangem Es ist nicht schwer zu sehen, da~ eine einheitliche Formel, welche alle denkbaren Formen der Preisbildung umfassen kann, niemals zu finden sein wird. Hinsichtlich der W i r k u n g eines Preises wird aber zu erwarten sein, da~ da nicht die Art und Weise, wie dieser Preis zustande gekommen ist, bestimmend ist, sondern seine konkrete HShe, das Verhaltnis dieser HShe zu verschiedenen in der Wirtschaft gegebenen Umst~nden. Nun gibt es aber eine Preisbildung, welche - - ohne Riicksicht darauf, ob sie in einer konkreten Wirtschaft h~ufig zu linden i s t - - aus dem Grunde ein besonderes Interesse verdient, weil in diesem Falle der Preis sich in einer solchen HShe erstellt, da~ fiber seine W i r k u n g e n gewisse sehr weitreichende Aussagen mSglich sind. Es ist dann auch mSglich, die Wirkungen aller anderen denkbaren Preise als Abweichungen von diesen W i r k u n g e n zu erkl~ren. Nun kSnnte diese uns hier interessierende Art der Preisbildung an der Hand eines konstruierten Beispieles abgeleitet werden. Eine realistische Betrachtung wird es aber vorziehen, von einem Beispiel auszugehen, welches ~enem Markte entnommen ist, a u f welchem heute diese Art der Preisbildung am reinsten zu sehen ist. Strigl, NationalSkonomie.
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Der Preis.
Wenn wir von diesem Ausgangspunkte aus zun~ichst einige allgemeine Aussagen fiber die Preisbildung auf einem ,,freien Markte" gemacht haben, werden wir uns erst mit einem anderen Problembereiche, den Fragen der Ertragsgestaltung, befassen, bevor wir die Verh~iltnisse der Preisbildung auf dem freien Markte abschlieliend behandeln. Spater erst werden wir Gelegenheit haben, die Fragen, welche mit anders gearteten Formen der Preisbildung zusammenh~tngen, zu besprechen.
1. Angebot und Nachfrage. Wir betrachten den Sachverhalt bei der Bildung eines Preises (,,Kurses") auf der Biirse. Der Sensal hat fiir ein bestimmtes Papier Kaufs- und Verkaufsauftriige gesammelt, welche durchwegs ,,limitiert" sind. Er hat also z. B. von einem Interessenten den Auftrag bekommen, das Papier so billig als mSglich, nicht aber fiber dem Kurs 95,90 zu kaufen, und yon einem anderen Interessenten den Auftrag, das Papier so teuer wie mSglich, nicht aber unter dem Kurse 95,60 zu verkaufen~ Wir stellen nun diese einzelnen Kaufs- und Verkaufsauftriige nebeneinander dar, wobei wir ftir die Kaufsauftrage (,,Geld") die in der volkswirtschaftlichen Lehre iibliche Bezeichnung Nachfrage, fiir die Verkaufsauftrage (,,Ware") den Ausdruck Angebot beniitzen. Dabei seien die Auftriige nach dem ,,Limit", dessen durch das ganze Gebiet der Wirtschaft reichende Bedeutung sp~tter noch klar werden wird, geordnet. Nachfrage
Angebot
95,90 95,70 95,60 95,40 95,29 95,28 95,15 95,10
95,10 95,15 95,20 95,20 95,28 95,30 95,40 95,60
Nehmen wir zun~ichst ohne ~ede weitere Begriindung an, der Sensal wiirde bei den ihm in dieser Gestalt vorliegenden Kaufs- und Verkaufsauftr~tgen den Preis mit 95,29 festsetzen und die ihm aufgegebenen ,Gesch~tfte zu diesem Preise (,,Kurse") abwickeln. Es ist ohne weiteres zu sehen, dalt dann unter den
Angebot un.d Nachfr.age.
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Kaufs- und Verkaufsinteressenten in der hier geordneten Reihenfolge ~eweils die fiinf ersten zum Zuge gelangen werden, w~hrend die Auftr~ge der drei letzten unausgefiihrt bleiben miissen. Fiir ~enen Nachfragenden, welcher das Limit yon 95,28 gegeben hat, der also nicht mehr als diesen Preis bezahlen will, ist der Preis yon 95,29 ,,zu hoch", er wird bei diesem Preise seinen Auftrag nicht durchgefiihrt sehen. Ebenso ist fiir den Verkaufsinteressenten, welcher ein Limit von 95,.30 gegeben hat, welcher also ~u~ersten Falles zu diesem Preise, nicht aber zu einem niedrigeren Preise verkaufen will, der Preis 95,29 ,,zu niedrig". Das Entsprechende gilt fiir die beiden letzten in der Reihe angeffihrten Kaufs- und Verkaufsinteressenten. Nun hat dieser - - zun~chst vSllig willkiirlich angenommene --- Preis yon 95,29 drei Eigenschaften, welche uns hier besonders interessieren miissen. 1. Er ist bei der gegebenen Konstellation yon Angebot und Nachfrage (bei den gegebenen Limiten) der einzig m~gliche einheitliche Preis, bei welchem das Angebot gleich der Nachfrage ist. 2. Er ist der einzige einheitliche Preis, bei dem alle, die zu diesem Preise verkaufen wollen, auch verkaufen kSnnen, wobei auch alle, die zu diesem Preise kaufen wollen, kaufen kSnnen. 3. Er ist schliel~lich ~ener einheitliche Preis, bei welchem der grSl~te Umsatz mSglich ist. Alles das ergibt sich ohne weiteres aus der Betrachtung des Beispieles. Wiirde der Preis hSher sein als 95,29, z. B. also 95,30, so wiirde ein Nachfragender, welcher nicht mehr als 95,29 zu zahlen bereit ist, ausfallen, und zugleich ein Verkaufsinteressent, welcher mit dem Preis 95,30 einverstanden ist, zuwachsen. E s wiirden also nur vier Nachfragende sechs Anbietern gegeniiberstehen. Das Angebot w~re grSl~er als die Nachfrage. Bei einem niedrigeren Preise wiederum w~re die Nachfrage grSl~er als das Angebok Bei dem Preise 95,28 wiirden z. B. sechs Nachfragende nur fiinf Anbietern gegeniiberstehen. Daraus ergibt sich unmittelbar auch die zweite Aussage, welche wir gemacht haben, da~ namlich bei jedem von 95,29 abweichenden Preise auf der einen Seite des Marktes - - und zwar bei einem hSheren Preise auf der Seite der Ver1"
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Der Preis.
kaufer, bei einem niedrigeren Preise auf der Seite der Kii.ufer - - mehr Tauschbereite stehen wfirden als auf der Gegenseite. Es kiinnten also nicht alle Tauschinteressenten, welche bei diesem Preise tauschbereit sind, z u m Zuge gelangen. Ebenso ist ohne weiteres einzusehen, dalt bei ~edem anderen Preise als 95,29 nur weniger als ffinf Tauschakte durchgeftihrt werden kiinnten. Das ErhShen des Preises bedeutet ~a eine Verringerung der kaufbereiten Nachfrage, das Herabsetzen eine Verminderung des verkaufsbereiten Angebotes. Nun kiinnen wir sogleich etwas fiber die Aufgabe sagen, welche in unserem Falle der Preis von 95,29 auf dem Markte z u erffillen hat. Die Kaufauftri~ge repriisentieren eine Reihe von Interessenten, welche eine Ware - - in diesem Falle ein an der Biirse gehandeltes P a p i e r kaufen wollen, w0bei es von ~edem einzelnen gilt, dab e r nicht mehr als einen ~eweils von ihm angegebenen Preis zu zahlen bereit ist. Auf der anderen Seite stehen die Verk~ufer, von denen ~eder den Preis bestimmt hat, welchen er wenigstens erzielen will. Wer wird kaufen und wer wird verkaufen kiinnen? Wenn unter den hier gegebenen Umstiinden der Preis von 95,29 zustande kommt, so ist damit entschieden, wer kaufen und wer verkaufen kann: Es kann ~eder kaufen, welcher wenigstens diesen Preis zu zahlen bereit ist, es kann ~eder verkaufen, welcher wenigstens mit diesem Preise zufrieden ist. Wer nicht soviel zahlen will, wird nicht kaufen kSnnen, wer mehr a l s diesen Preis erhalten will, wird nicht verkaufen kSnnen:. Der Preis trifft also eine Auslese unter den Ki~ufern und Verki~ufern, er bestimmt, welche von diesen zum Zuge gelangen, welche von Kauf und Verkauf ausgeschlossen bleiben. Wir werden noch zu zeigen haben, unter welchen Umst~tnden der Preis diese Selektionsfunktion ausfibt, wenn das aber nicht der Fall sein kann. Nun sei aber zunachst alles das, was wir bisher gesagt haben, in einer etwas anderen Form wiederholt, welche zu einer von uns in den weiteren Ausffihrungen immer wieder in Anwendung gebrachten Darstellungsweise hinfiberfiihrt. Wi~ stellen die hier behandelten Verh~ltnisse von Angebot und Nachfrage in einem Graphikon dar, wobei wir uns nicht mehr an die Zifferngriilten des frtiher behandelten Beispieles halten. Dabei wollen wir in einem Koordinatensystem die horizontale
Angebot und Nachfr~age.
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Achse zur Bezeichnung der Gr(iite des Angebotes bzw. der Nachfrage beniitzen, die vertikale Achse zur Bezeichnung der Preislimite. In unserem Beispiele zeigt sich zuni~chst hinsichtlich der Nachfrage die Relation, dalt die GrSile der Nachfrage bei dem hSchsten Preis eine geringe ist und steigt, ~e niedriger der Preis ist. Diese Preis-Mengen-Relation der Nachfrage wird dargestellt durch eine Kurve, welche (gleichgiiltig, ob sie konkav, konvex oder auch gerade verl~uft, gleichgtiltig auch, ob sie in ihrem Verlaufe eine Bruchstelle zeigt) von links nach rechts geneigt ist. In entsprechender Weise wird die Preis-Mengen-Relation des A n g e b o t e s - ~e hSher der Preis, M
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Abb. 1. Die Nachfrage (NN). Das Angebo~ (AA).
desto grSlter das Angebot - - durch eine von links nach rechts steigende Kurve dargestellt. Jeder Punkt der Nachfrage- bzw, der Angebotskurve bedeutet eine bestimmte Aussage: Wenn wir von diesem Punkte auf die horizontale und auf die vertikale Achse ~e eine Senkrechte ziehen, so erhalten wir eine Mengen- und eine PreisgrSlte. Der Punkt R der Nachfrage, kurve bedeutet nun, dait bei einem Preis in der HShe OB (gleich AR) die GrSite der Nachfrage OA ist. Hinsichtlich des Punktes S der Angebotskurve: Bei einem Preis OD (gleich CS) wird die GrSlte des Angebotes OC sein. Da wir hier bei beiden Kurven eine bestimmte Richtung der Neigung angenommen haben, ist weiters gesagt- W~hrend bei einem Preise OB die Nachfrage OA gegeben ist, wtirde die Nachfrage grSiter sein, wenn der Preis niedriger ist, sie wiirde kleiner sein, wenn der Preis grSiier ist. Und hinsichtlich des Angebotes- W~hrend das Angebot bei einem Preis OD die
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Der Prei,s.
GrSi~e OC hat, wfirde es grSiter sein, wenn der Preis hSher ist, und geringer sein, wenn der Preis niedriger ist. Wenn wir nun Angebot und Nachfrage in einem Bild vereinigt zur Darstellung bringen, so erhalten wir einen Schnittpunkt der beiden Kurven. Wie ohne weiteres zu sehen ist, entspricht dieser Schnittpunkt ~enem Preis, von welchem wir frfiher einige Aussagen gemacht haben: Bei diesem Preise ist Angebot und Nachfrage gleich grolt. Aus dem Bild ist ohne weiteres zu sehen, dalt bei einem niedrigeren Preise (OB)die Nachfrage grSiter ist als das Angebot, umgekehrt bei einem hSheren Preise (OC) das Angebot grSiier als die Nachfrage. Es ist auch ohne weiteres zu sehen, dal~ bei keinem anderen einheitlichen Preis ein griiiterer Umsatz durchgeffihrt werden kSnnte, weil ~a bei ~edem anderen Preis entweder das AngeB bot oder die Nachfr, age kleiner ii !i iI N I sein mfiltte. Nun seien wir uns auch darA b b . 2. D e r P r e i s d e s f r e i e n M a r k t e s . fiber klar, was wir bisher gemacht haben. Wir sind von einer ganz bestimmt umschriebenen Marktsituation, von einer bestimmten Gestaltung von Angebot und Nachfrage, ausgegangen und haben sodann gezeigt, dait es dann nur einen einzigen einheitlichen Preis geben kann, welcher ganz bestimmte, n~her umschriebene Eigenschaften hat. W i r haben uns weder die F r a g e vorgelegt, ob die bisher angenommene Art der Marktgestaltung - - die a.us bestimmten Limiten sich ergebende Preis-Mengen-Relation von Angebot und Nachfrage, wobei das Angebot .durch eine steigende, d i e Nachfrage durch eine fallende Kurve darzustellen ist - - irgendwie als typiseh oder gar als allgemein gfiltig angenommen werden kann, noch auch haben wir gefragt, ob und wann fiberhaupt der von uns besprochene Preis zustande kommen wird. Jetzt soll zuniichst die Frage der Gestaltung von Angebot und Nachfrage untersucht werden. Um weitergehenden Fragen der Kostengestaltung aus dem Wege zu gehen, wird es am besten sein, wenn wir bei den folgenden allgemeinen Darlegungen fiber .....
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Die Schiohtung tier Nachfrage.
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Angebots- und Nachfragegestaltung in erster Linie an die Verhi~ltnisse fertig vorhandener Konsumgtiter denken.
2. Die Schichtung der Nachfrage. Wo immer Gtiter gekauft werden, dort sehen wir, dal~ Menschen etwas von ihrem beschrankten Besitz (die wenigen KrSsusse interessieren uns hier nicht)hergeben, um das, was sie brauchen, zu erwerben. Diese Beschr~tnkung der Mittel, welche ftir die Nachfrage nach Gtitern zur Verftigung stehen, bildet den allgemeinen Hintergrund ftir d r e i Umst~tnde, welche bewirken, dal~ die Nachfrage nach einer Ware um so griiiter ist, ~e niedriger ihr Preis ist. 1. Die sub~ektiven Einstellungen der Menschen zu den Giitern und zu dem, was sie mit den verschiedenen Gtitern erreichen kSnnen, ist eine verschiedene. Dem einen ist dieses, dem anderen ~enes Gut in hSherem Mal~e erstrebenswert. Daraus folgt, dal~ unter sonst gleichen Umst~nden der eine ein Gut bereits zu einem hiiheren Preise zu kaufen bereit sein wird, der andere erst zu einem niedrigeren. Der erste wird eben gerade auf Besitz und Verwendung dieses Gutes einen grS~eren Wert legen und bereit sein, auf andere zu verzichten, wenn er nur dieses Gut selbst zu einem hiiheren Preis kaufen kann; der andere wird zun~tchst andere Gtiter erstreben und erst, wenn dieses Gut billig geworden ist, auch fiir dieses etwas auszulegen bereit sein. Die Verbilligung des Gutes bedeutet also, daI~ auch K~ufer mit geringerer subjektiver Wertschiitzung dieses Gutes auftreten. (Vgl. dazu S. 60 ff.) 2. In vielen Fi~llen wird der einzelne von einem Gut nicht nur ein Stiick, sondern zu seiner vollen Befriedigung auch mehrere Stiicke (eine grSltere Quantit~t) zu erwerben suchen. Je hiiher der Preis ist, desto mehr wird der K~ufer sich im Erwerb eines Gutes beschriinken, wiihrend bei Herabsetzung des Preises eine Vergriii~erung der Nachfrage der einzelnen Kaufwerber zu erwarten ist. Die Verbilligung des Gutes bedeutet also, dalt einzelne Kaufer mehr von dem Gute kaufen werden. 3. Die Vermiigens- und Einkommenverhi~ltnisse der einzelnen Menschen sind wohl immer recht weitgehend verschieden gewesen. Der Umstand aber, dalt die Mittel, welche ftir den Einkauf von Gtitern zur Verftigung stehen, bei den ein-
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Der Preis.
zelnen verschieden grolt sind, muit bewirken, dait selbst bei gleicher Wertschiitzung eines Gutes zu einem hSheren Preise nur die Reicheren kaufen kSnnen, wiihrend eine Herabsetzung des Preises zur Folge haben wird, dalt in immer weiterem Ausmaite auch minder kaufkriiftige Schichten der BevSlkerung zum Zuge gelangen. Die Verbilligung des Preises bedeutet also Erweiterung der Nachfrage durch weniger zahlungsfi~hige Schichten der BevSlkerung. Alle diese drei Umst~inde wirken in derselben Richtung. Aus ihnen ergibt sich unmittelbar die von uns behandelte Preis-Mengen-Relation der Nachfrage nach einer Ware. Je hSher der Preis, desto geringer wird die Nachfrage sein, ~e niedriger der Preis, desto grSlter. Zu diesem allgemeinen Satz sind aber einige Ergiinzungen notwendig. Das~enige, was wir ffir unsere weiteren Ableitungen brauchen, ist die sogenannte ,,Schichtung" der Nachfrage. Genau umschrieben ist es mit einer Formel, welche wir gelegentlich der Einffihrung der graphischen Darstellung der Nachfragekurve erw~hnt haben: Einem ~eden Preis entspricht eine bestimmte GrSl~e der Nachfrage, ware der Preis hSher, so w~tre die Nachfrage geringer, 'w~ire tier Preis niedriger, so w~re die Nachfrage grSl~er. Diese Aussage kann fiberhaupt nur dann einen Sinn haben, wenn sie als eine Aussage fiber ~eweils aktuelle Verh~iltnisse aufgefaitt wird. Erinnern wir hier zun~tchst wieder einmal an das Beispiel von der BSrs.e. Die augenblicklich aufgegebenen Kaufauftr~ige, welche der Sensal in seinen Btichern vermerkt hat, repri~sentieren mit ihren Limiten eine Nachfragekurve. In dem Augenblick, in welchem der Sensal diese Auftriige fibernommen hat, kann eine neue Nachricht auftauchen, welche den Kaufinteressenten AnlaIt zu einer /~nderung ihrer Einstellung gibt. Es werden einzelne ~etzt vielleicht bereit sein, ihr Limit hiiher oder auch niedriger zu stellen. Bei dieser Sachlage ist es vSllig klar, daIt nichts anderes als die Bildung einer neuen Nachfragekurve auf Grund neuer ,,Daten" vorliegt, o d e r - wie man das gewiihnlich ausdrfickt - - eine Verschiebung der bisherigen Nachfragekurve. Wir werden solche Verschiebungen der Nachfragekurve in einer einfachen Formel bezeichnen: Wenn die Limite
Die Schiohtung ,der Nachfrage.
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steigen (oder neue K~ufer mit relativ hohen Limiten auftauchen), so wird die Nachfragekurve nach rechts verschoben. Umgekehrt bedeutet ein ,,Zurtickgehen der Nachfrage" eine Verschiebung dieser Kurve nach links. Es wird aber nicht zu bezweifeln sein, dal~ auch ~ede neue Nachfragekurve wiederum die Neigung yon links nach rechts haben wird: Auch da werden sich Leute linden, welche ftir die Ware einen hSheren Preis zu zahlen bereit sind, neben solchen, welche sie nur zu einem niedrigeren Preise kaufen wollen. Und dies wird sicher auch bestehen bleiben, wenn etwa in einem Wirbel immer neuer Nachrichten immer wieder eine neue Verschiebung der Nachfragekurve stattfindet. D a ist es nun von besonderem Interesse, dali ein Verh~tltnis zwischen Preisen und NachfragegrSlte aufscheinen kann, das leicht zu einer irreftihrenden Meinung Anlait geben kann. Nehmen wir an, infolge ,,giinstiger" Nachrichten h a t sich die Naehfragekurve nach rechts verschoben. Diese Ver~nderung auf dem Markte hat ein Steigen der Preise zur Folge. Das Steig e n d e r Preise gibt nun Einzelnen Anlalt zu der Meinung, dal~ sie noch weiter steigen werden. Diese werden daraufhin ihr Limit hinaufsetzen. Die Folge dieser Bewegung wird ein weiteres Steigen des Preises sein. Und hier, in dieser Bewegung, scheint der Zusammenhang sich zu bil,den: Je hiiher der Preis, desto grSl~er die Nachfrage. Umgekehrt kann alas Einlaufen von ,,schlechten" 'Nachrichten zu einem Zuriickgehen der Nachfrage fiihren. Darauf fallen die Preise. Die herabgesetzten Preise kSnnen nun Anlal~ zu einer weiteren Verschiebung der Nachfragekurve nach links geben. Wer einmal in klarer Weise die aul~erordentlich wichtige Unterscheidung zwischen einer bestehenden Nachfragekurve und dem Fall einer Verschiebung derselben erfaIlt hat, wird nicht Gefahr laufen, diesen Zusammenhang falsch aufzufassen. Wenn wir yon einer Nachfragekurve sprechen und wenn wir diese im Zusammenhang mit der Preisbil, dung betrachten, so sprechen wir ~edesmal von einer ger~de gegebenen Nachfragekurve. DaI~ eine Verschiebung derselben miiglich ist und dait auch ihre Verschiebung zu weiteren Wirk~ngen fiihren ,wird, das wird auiter Z~veifel bleiben. Aber der Sachverhalt ist so wichtig, dalt wir bier einige wei,tere Beispiele anftihren wollen.
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Der Prei.s.
Auf einem Markte gibt es eine in ihrer Gestaltung bestimmte Nachfrage nach Lebensmitteln. Nun tritt irgendein Ereignis ein - - Mifiernte, Kriegsgefahr oder etwas anderes --, welches die Gefahr einer Verknappung des Marktes befiirchten lal~t. Einzelne, welche diese Gefahr als erste erkennen, werden daraufhin, soweit es ihre Einkommensverhaltnisse zulassen, sofort bereit sein, auch zu hSheren Preisen zu kaufen: Die Nachfragekurve wird na~h rechts verschoben. Der Preis steigt, es verbreitet sich die Nachricht v o n d e r Gefahr der Verknappung des Marktes immer mehr, und gerade die gestiegenen und immer mehr steigenden Preise 15sen eine Panikstimmung aus, welche die Nachfragekurve immer weiter nach rechts verschiebt. Es wird aber keinem Zweifel unterliegen kSnnen, dal~, wie ' immer in ~edem Augenblick Stimmung und PreishShe sich verhalten mag, die allgemeine Schichtung der Nachfrage in der Gestalt der von links nach rechts fallenden Kurve beibehalten wird. Trotz aller Bewegungen auf dem Markte wird in ~edem Augenblick zu sehen sein, dal~ mehr gekauft werden wiirde, wenn der Preis niedriger ware, dal~ weniger gekauft werden wiirde, wenn der Preis hSher ware. Und um das handelt es sich u n s hier zunachst. Ein ganz anderes Beispiel. Es gibt eine Nachfrage nach Kredit, welche fiir diesen einen Preis, den Zins, zu zahlen bereit ist. Dabei wird es Kreditwerber geben, welche einen hSheren Zins zu zahlen bereit und in der Lage sind, neben solchen, welche nur bei einem geringeren Zins einen Kredit nehmen werden. W a r u m das gerade auch bei der Kreditnachfrage so sein mul~, das wird spater noch eingehend behandelt werden. Hier sei eine kurze vorl~tufige Erklarung gegeben" Die Kreditnehmer wollen mit dem geliehenen Geld Gesch~fte machen (vom Konsumtivkredit sprechen wir hier nicht) und erwarten bei diesen Geschaften einen mehr oder weniger grofien Gewinn. Jene nun, welche nur auf einen kleinen Gewinn hoffen kSnnen, kSnnen einen Zins, welcher diesen geringen Gewinn iibersteigen wiirde, nicht zahlen. Sie werden nur bei niedrigem Zins Kredit nehmen. Andere werden in Anbetracht grSRerer in Aussicht stehender Gewinne auch einen hSheren Zins zu zahlen in der Lage sein. Nehmen wir an, dal~ bei einer gegebenen Lage auf dem Kreditmarkte die den
Die Schiohtung ,der Naohfrage.
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Zinsfult regelnde Notenbank den Zins hinaufsetzt, weil sie weniger Kredite gew~hren wilt. Es ist nun ohne weiteres m0glich, daft an demselben Tag, an welchem diese Zinsful~erhShung erfolgt, irgendein Umstand eine Haussestimmung auslSst, welche die W i r k u n g hat, dalt alle oder viele Kreditwerber ihre Gewinnaussichten wesentlich gtinstiger sehen. Die ErhShung des Zinsfultes trifft auf eine nach rechts verschobene Nachfragekurve, sie hat dann nicht die Wirkung, dait weniger Kredit genommen wird, ~a es kann sich bei dieser Situation sogar trotz des erhiihten Zinsfultes eine Erweiterung der Kreditnachfrage zeigen. Dieser Zusammenhang kann niemals aus einer abnormalen Schichtung der Kreditnachfrage erklart werden - - also daraus, dalt die Nachfragekurve in diesem Fall von links nach recht steigt - - , sondern ausschlieltlich aus einer Verschiebung dieser Kurve nach rechts. Und wenn wir da von einem ,,Versagen der Zinsfultschraube" sprechen hiiren, so ist ohne weiteres klar, dalt aus dieser Marktlage nur das eine abzuleiten ist, dalt bei Verschiebung der Nachfragekurve nach rechts eine Einschr~inkung der Nachfrage eben nur durch eine entsprechend stiirkere ErhShung des Zinsfultes erzwungen werden kann. Hier ist aber auch noch das Gegenstiick zu dieser Bewegung zu erw&hnen: Die Notenbank senkt den Zinsfult, um die Kreditnachfrage zu erweitern, zugleich bringt aber eine verst&rkte Baissestimmung eine Verschiebung der Kurve der Kreditnachfrage nach links mit sich, so dait trotz der Zinsherabsetzung eine Erweiterung der Kreditnachfrage nicht eintritt. Es sei erw~ihnt, dait derartige Anderungen der Nachfrage nach Kredit Erscheinungen sind, welche im Zuge einerseits einer aufsteigenden Kon~unktur, anderseits einer fortschreitenden Depression oft beobachtet worden sind. Hier hatte aber der Exkurs in ein sonst unseren bisherigen Ausftihrungen ferner liegendes Gebiet der Wirtschaft den Zweck, zu zeigen, dait das allgemeine Schema der Nachfragefiguration nicht nur im Kauf und Verkauf von Konsumgiitern, sondern auch in anderen Bereichen der Wirtschaft ein Anwendungsgebiet hat. Nun sei eine oft gehiirte sprachliche Wendung erw~ihnt, welche leicht zu Miltverst&ndnissen Anlait geben kann. Man hiirt nicht selten sagen, die Nachfrage (in einem Lande oder auch die Weltnachfrage) etwa nach Eisen oder nach Weizen
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Der Prei.s.
habe eine bestimmte GrSl~e. Diese Formel ist zweifellos irrefiihrend. Man darf nicht sagen, die Weltnachfrage nach Weizen betrage soundsoviel Millionen Tonnen. Solange nicht ~eder Mensch an Weizen und Weizenprodukten soviel haben kann, als er nur iiberhaupt haben wollte, mult es immer miiglich sein, dait der Absatz vergrSltert wird. Der Ausdruck, daI~ die Nachfrage etwa nach Weizen eine bestimmte GrSite habe, kann sonach immer nur in der Weise aufgefaltt werden, dal~ diese GrSite bei einem bestimmten Preis als gegeben angenommen wird; es mult aulter Zweifel stehen, dal~ die Nachfrage grSlier oder kleiner sein wtirde, wenn der Preis sich entsprechend ~ndert. Das allgemeine Prinzip der Schichtung der Nachfrage wird nur zu leicht iibersehen, wenn m a n die starre Formel von einer gegebenen ,,GrSlte der Nachfrage" oder auch ,,GrSlte des Bedarfes" h~irt. Die grundlegende Bedeutung aber, welche die Schichtung der Nachfrage in der Wirtschaft hat, sei zuniichst an der Hand eines Beispieles erSrtert, welches auiterhalb des Bereiches der gewShnlich nach wirtschaftlichen Grundsiitzen betrachteten Erscheinungen liegt. Im Theater einer grolten Stadt tritt eine beriihmte S~tngerin auf. Fiir dieses Auftreten wird eine beschrankte Zahl von Stehpli~tzen zum Preise von S 2,-- ausgegeben. Es ist nun eine sehr hi~ufig beobachtete Erscheinung, dal~ in einem solchen Falle sehr viele Enthusiasten da sind, welche sich oft stundenlang u m diese Stehpl~tze anstellen. Dieser Sachverhalt sei in ~ener Formel, welche der niichternen und in diesem Falle gar n i c h t sympathisch erscheinenden Betrachtung der Okonomie entspricht, vorgetragen- Bei dem Preis von S 2,-- ist die Nachfrage nach Stehpliitzen grSlter als das Angebot. Wir kSnnten uns ~etzt vorstellen, daI~ fiir diese These eine Probe gemacht wird. Die Theaterleitung wtirde vor Kasseneriiffnung feststellen, daft die Zahl der Interessenten eine sehr groite ist, und wtirde unerwarteterweise erkli~ren, dait der Preis des Stehplatzes von S 2,-- auf S 2,50 erhiiht wird. Es wird wohl zu erwarten sein, da~ sich unter der groiten Zahl der Kaufwerber einer oder der andere finden wird, welcher nicht mehr als S 2,-in seiner Tasche hat, oder welcher sich sagen m~l~, dab er aus seinem spi~rlichen Einkommen nicht mehr als diesen Betrag ftir den Kunstgenul~ opfern kann. Einzelne von den um die
Die Schichtung der Nachfrage.
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Stehplatze Angestellten werden ihre Platze verlassen. Wenn die Theaterleitung dann den Preis auf S 3 , - - e r h S h e n wiirde, so wiirden wahrscheinlich weitere Interessenten in Wegfall gelangen. Niemand w i r d bezweifeln, dalt der Preis solange hinaufgesetzt werden kSnnte, bis nur soviel Bewerber um Stehplatze da sind, als der Zahl dieser Platze entspricht. W i r haben schon in der D a r s t e l l u n g dieses Vorganges nicht die wahrscheinlich zu erwartenden turbulenten Szenen, welche diese Preispolitik ausliisen wiirde, behandelt. Uns interessiert bier nur ein 5konomischer Zusammenhang. Wir wollen auch nicht die Frage aufwerfen, ob diese Preispolitik die ,,richtige" ware. Es ist sicher begriiltenswert, dalt auch weniger Zahlungsfahige Gelegenheit linden, die kiinstlerische Darbietung zu genielten. Ftir uns von Interesse ist aber die Frage, welche Wirkungen verschiedene Grundsiitze der Preiserstellung da haben werden. Der Sachverhalt ist der, dal~ eine ,,zu grolte" Zahl von Interessenten bei einem Preis von S 2,--- da ist. Irgendwie mult entschieden werden, were die zur Verfiigung stehenden, in ihrer Zahl beschrankten Karten zugute kommen sollen. Und da ware es nun mSglich, dalt diese Entscheidung ausschlieltlich durch die Preisbildung erfolgt. Da die Griiite der Nachfrage abhangig von dem Preis ist, so kann die Preiserstellung in der Weise vorgenommen werden, dab die bei diesem Preise zahiungsfiihige Nachfrage auf ~ene .Griil~e beschrankt wird, welche dem gegebenen Angebot entspricht. Die Preisbildung entscheidet dann, welche Nachfrage zum Zuge gelangt. Es sei gleich hier bemerkt, daI~ diese Selektion durch die Preisbildung keineswegs als die einzig gerechte oder als eine gerechte tiberhaupt vertreten wir4. Man kann sich ohne weiteres vorstellen, dait die Beschrankung der Nachfrage auf das gegebene Angebot erst bei einem Preise yon sagen wir S 5,--- erfolgt, welcher gerade ftir die~enigen Interessenten, welche aus wahrster Liebe zur Kunst und keineswegs etwa aus Interesse an einem sensationellen Auftreten sich um den Stehplatz bewerben, ein zu hoher Preis ist. Es ist hier nur festgehalten, dalt die Auslese der Nachfrage durch die Preisbildung ein mSgliches Prinzip ist. Wie aber, wenn dieses Prinzip nicht zur Geltung gelangt? Wenn also etwa bei dem Preis yon S 2,-- die Zahl der Inter-
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Der Prei.s.
essenten weitaus griilter ist als die Zahl der Pl~ttze? Ein Teil der Nachfrage ist sicher bereits durch diese Preishiihe ausgeschlossen, trotzdem aber ist die noch verbleibende Nachfrage griilier als das Angebot. Auch da mult irgendwie entschieden werden, wer von den Nachfragenden zum Zuge kommt. Die allgemeine Darlegung des Sachverhaltes ist yon der Annahme ausgegangen, dab sich die ~ungen Leute vielleicht mehrere Stunden anstellen, um rechtzeitig bei der Kasse zu sein. Wer zuerst da ist, wird die Karte bekommen, ttier sehen wir, dali die Auslese unter den Interessenten in der Weise erfolgt, dalt ~ene zum Zuge kommen, welche (aul~er der Zahlung des Preises von S 2,--) ein Opfer an Zeit bringen kiinnen. Dieses Ausleseprinzip hat sicher den Vorteil, dalt auch solche, welche nicht mehr zahlen kiinnten, welchen aber die Aufwendung der Zeit miiglich ist, sich den Stehplatz erringen kiinnen. Freilich ist es da miiglich, dal~ der Vielbesch~tftigte zu spat kommt, auch dann, wenn er die Auffiihrung besonders zu wiirdigen in der Lage ware. Es ist aber nicht notwendig, dal~ gerade das Opfer der Zeit hier zum Ausleseprinzip wird. Es kann z. B. dort, wo die Verhiiltnisse nicht strenge geregelt sind, zu einem Kampf mit den Ellbogen kommen und es wird dann der physisch Sti~rkere obsiegen. Es kSnnen auch andere Ausleseprinzipien wirken: Es kann z. B. einer sich durch Protektion oder sonst irgendwie eine Karte ,,hintenherum" beschaffen. Wir k6nnten uns aber die Auswahl auch in anderer Weise getroffen vorstellen. Die Theaterleitung iibersieht die Verhi~ltnisse und will ein ,,gesundes" Auswahlprinzip wirken lassen. Sie unterl~l~t daher die Erhiihung der Preise und verteilt die Karten zu einem Preis, welcher a n sich eine weitere Selektion unter den Nachfragenden notwendig machen wiirde, an die Interessenten in der Weise, dab sie ~ene bevorzugt, von welchen sie weilt, dalt bei ihnen ein ernstlich zu wtirdigendes Interesse gegeben ist. Es kiinnte diese Aufgabe auch ~emand anderer, etwa der Staat oder irgendeine sonst berufene Stelle iibernehmen. Die MSglichkeit eines derartigen Grundsatzes der Verteilung sei hier fetgehalten. Wir haben uns hier nicht mit der Frage zu befassen, ob dabei die Aussicht auf eine wirklich ,,gerechte" Verteilung gegeben ist. Mit der Frage der verschiedenen Auswahlprinzipien, welche
Zur Angebotsgestaltung.
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in der Wirtschaft zur Geltung gelangen kSnnen, werden wir uns noch verschiedentlich zu befassen haben. Hier ist an einem Beispiel der Befriedigung der Nachfrage gezeigt, dal~ in der Sozialwirtschaft eine Auswahl auf dem Markte irgendwie getroffen werden mul~. Es kSnnen nicht alle, welche etwas yon dem begrenzten Giitervorrat haben wollen, befriedigt werden; irgendwie muff eine Entscheidung gef~llt werden. Offenbar ist es, dal~ da die soziale Organisation ganz verschiedene Wege gehen kann. Unsere Aufgabe wird es zun~chst sein, in erster Linie das Ausleseprinzip der Preisbildung zu behandeln und dann sein Verhaltnis zu anderen mSglichen Ausleseprinzipien klarzustellen. 3. Zur Angebotsgestaltung. Wenn wir nunmehr zur Analyse tier Angebotskurve iibergehen, so sei im voraus gesagt, dal~ wir da ein Gebiet betreten, in dem uns weitaus mehr Schwierigkeiten begegnen werden als bei der Behandlung der Nachfragekurve. Es ist aber mSglich, fiir die erste allgemeine Betrachtung der Preisbildung eine ganz wesentliche Erleichterung zu erreichen, wenn wir die Angebotsgestaltung zunachst nur in einem engeren Bereiche betrachten. Man kann das Angebot einer Ware unter zwei verschiedenen Aspekten betrachten: 1. Man kann von dem Tat,bestand ausgehen, dal~ ein bestimmter Vorrat einer Ware auf dem Markt gegeben ist, welcher yon seinen Besitzern zum Verkaufe ausgeboten wird. 2. Man kann das Angebot einer Ware auch unter Beriicksichtigung des mSglichen Nachschubes betrachten, und zwar sowohl des Nachschubes von anderen M~irkten als auch insbesondere des Nachschubes yon neuen Produkten. Wenn wir eine allgemeine Angebotsfiguration ableiten wollen, so beschranken wir uns zunachst auf den ersten Fall. Alle Fragen des Nachschubes sind also vorlaufig beiseite gelassen. Damit dieser Ausgang aber nicht als wirklichkeitsfremd angesehen wird, sei darauf hingewiesen, dal~ diese Sachlage oft gegeben sein wird. Es ist irgendeine Ware erzeugt worden und steht in einer gegebenen Menge dem Markte zur Verfiigung (z. B. Obst auf einem st~dtischen Markte), w~hrend ein Nachschub nicht so schnell herangezogen werden kann, dal~ er die augenblickliche Lage beeinflussen kSnnte.
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Der Preis.
Man kann nun den Tatbestand des Angebotes einer Ware in einer aul~erordentlich einfachen Formel erfassen- Wenn ~emand eine Ware besitzt und sie verkaufen will, so will er fiir diese Ware Geld haben. Seine Angebotsposition ist daher das Gegenstiick einer Nachfrage nach Geld. Man kSnnte da ohne ~ede Schwierigkeit die Argumentation, welche wir frtiher bei der Begrtindung der Nachfragekurve verwendet haben, in einer Umkehrung vortragen, wobei freilich die fiir moderne marktwirtschaftliche Verh~tltnisse im allgemeinen kaum aktuelle Voraussetzung angenommen werden miilite, dalt die Besitzer der Ware fiir diese selbst einen Verwendungszweck haben. Unter den Verkaufsbereiten werden sich solche finden, welche die Ware mehr oder weniger dringend selbst brauchen kSnnen und daher fiir mehr oder weniger herzugeben bereit sind; dann finden sich solche, welche bei einem niedrigen Preise nur weniger von dieser Ware hergeben werden als bei einem hSheren, schlieltlich werden die Besitzer der Ware, ~e nachdem, ob sie in mehr oder weniger gtinstigen Verh~tltnissen sind, zu einem niedrigeren oder hSheren Preise zu verkaufen bereit sein. In dieser Weise kiinnte man etwa die Angebotsgestaltung eines landwirtschaftlichen Produktes bei Bauern oder aber auch - - unter entsprechender _~nderung der Ausdriicke, ohne dait d a b e i ihr wesentlicher S i n n sich andern w i i r d e - die Angebotsstellung eines Papieres auf einer Biirse, wie sie sich in einem Augenblick gestaltet, begrtinden. Dieser Angebotsgestaltung wtirde eine von links nach rechts steigende Angebotskurve entsprechen. Allgemein kSnnte man sagen, dai~ der ~e nach den Verh~ltnissen des einzelnen mehr oder ~weniger dringende Bedarf nach Geld dazu ftihren wird, dalt der eine bereits bei niedrigem, der andere erst bei hSherem Preis verkaufen wirdl. Dabei k S n n t e - und vielfach in enger Verbindung mit dem Bedarf nachGeld - - , d e r Umstand herangezogen werden, dalt der Besitzer einer Ware die Zukunft der Preisentwicklung mehr oder weniger gtinstig beurteilt. Wer fiir die Zukunft ein Steigen des l:)reises erwartet, wird - - wenn er nicht dringend Geld braucht - - die Ware zu einem niedrigen Preise nicht zu verkaufen bereit sein. Mit der in dieser Weise abgeleiteten Angebotskurve wollen wit in unseren weiteren Ausfiihrungen arbeiten. Wir werden -
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Der Preis des freien M,arkte.s.
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noch zu,zeigen haben, da~ die volle Entwicklung der Lehre yon der Angebotsstellung erst aus der Kostenlehre, also aus der Betrachtung des Nachschubes an Waren mSglich ist. 4. Der Preis des freien Marktes. Wir haben nun bereits friiher die von links nach rechts geneigte Nachfragekurve und die von links nach rechts ansteigende Angebotskurve nebeneinandergestellt. Der Schnittpunkt der beiden Kurven gibt ~enen Preis an, bei welchem Angebot und Nachfrage gleich gro~ sind. Es ist nun nicht schwer zu zeigen, dal~ bei ,,freiem Markte" dieser Preis auch tats~ichlich zustande kommen wird. Man stelle sich die Preisbildung etwa in folgender Weise vor: Die Trager yon Angebot und Nachfrage sind versammelt, irgen, d ~eman 9 schlagt einen ganz beliebigen Preis vor. Es wird sich nun zeigen, ob bei diesem Preis Angebot und Nachfrage gleich gro~ sind. Wenn z. B. das Angebot grSl~er ist, so wird einer von den Anbietern, der Gefahr lauft, bei diesem Preis nicht verkaufen zu kSnnen, der aber ein Interesse hat, auch noch zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen, einen etwas niedrigeren Preis bieten,. Das wiirde sich solange fortsetzen, bis der Angebot und Nachfrage gleichsetzende Preis erreicht ist. Wiirde umgekehrt bei dem vorgeschlagenen Preis die Nachfrage grSl~er sein als das Angebot, so wiirde einer der Nachfragenden, welcher die Ware zu dem ausgerufenen Preis und gegebenenfalls auch etwas teuerer kaufen will, der aber Gefahr l~tuft, sie nicht zu erhalten, den Preis um etwas iiberbieten. Dies wiirde wiederum solange geschehen, bis der dem Schnittpunkte der beiden Kurven entsprechende Preis erreicht ist. Es ist die Funktion dieser Art der Preisbildung, alle ~ene, welche bei dem sich bildenden Prels kaufen oder verkaufen wol!en, zum Zuge kommen zu lassen, dagegen alle ~ene Kaufinteressenten, welchen dieser Preis zu hoch ist, und alle ~ene Verkaufsinteressenten, welchen dieser Preis zu niedrig ist, vom Tausche auszuschliel~en. Der Kaufinteressent, welcher versuchen wiirde, die Ware um etwas billiger zu erhalten, wiirde sofort einen Kaufinteressenten neben sich linden, welcher bisher vom Kaufe ausgeschlossen war, weil ihm der Preis zu hoch war; der Verkaufsinteressent, welcher versuchen wiirde, etwas mehr zu erhalten, wiirde Strigl, NationalSkonomie.
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Der Preis.
neben sich einen Verkaufsinteressenten sehen, welcher bisher nicht verkaufen konnte, well ibm der Preis zu niedrig war. Auf einem ,,vSllig freien Markte" fiihrt die ,,Konkurrenz" yon K~ufern und Verk~ufern dazu, dal~ ~ener Preis erzielt wird, weleher Angebot und Naehfrage gleichsetzt. Man hat diesen Preis, ~eleher auf diesem Markte ein (~ugenbliekliches) Gleichgewicht schafft, mit dem Ausdrucke Gleiehgewiehtspreis bezeiehnet. Diese Ableitung ist ganz aul~erordentlich einfach. Etwas mehr Schwierigkeiten bereitet die Beantwortung der Frage, warm Und unter welchen Umst~nden diese Verh~ltnisse eines freien Konkurrenzmarktes gegeben sind, warm also wirklieh die Wirkung des ,,Preisgesetzes" zur Bildung dieses Gleichgewiehtspreises ffihren wird. Wenn wir in unserer Ableitung zuerst den Fall der Preisbildung auf einer B~Srse erw~hnt haben, so haben wir damit ~enen Markt betrachtet, auf welehem die Organisation des Marktes das Funktionieren der freien Preisbildung in reibungslosester Weise erm~glichen solk Viele andere M~rkte werden sieh yon diesem in der Weise unterseheiden, dal~ der Wirkung des Preisgesetzes mehr oder weniger grol~e Hemmungen entgegenstehen. Im allgemeinen werden drei Voraussetzungen dafiir bestehen mfissen, damit yon einer dem allgemeinen Preisgesetz einigermal~en entspreehenden Preisbildung gesprochen werden kann. 1. Angebot und Nachfrage ist jeweils dutch eine gr~SRere Zahl yon Kaufs-bzw. Verkaufswerbern vertreten, wobei keiner dieser Interessenten einen mal~gebenden Anteil yon Angebot oder Nachfrage vertritt. Man hat hier in etwas iibertreibender Weise den Ausdruck ,,atomisierte Konkurrenz" gepr~gt. 2. Die Organisation des Marktes ist derart, dal~ die Masse des Angebotes und der Nachfrage unmittelbar und ohne Schwierigkeiten (auch: ohne Kosten) zusammenkommt und dabei eine Ubersicht tiber den Markt gegeben ist. 3. Die einzelnen Kaufs- und Verkaufsinteressenten sind bei der Wahl ihres Tausehabschlusses v~llig frei und verfolgen in seh~rfster Weise ihr Interesse, einen mSglichst niedrigen bzw. m~Sglichst hohen Preis zu erzielen.
Der Preis des freien M,arkte,s.
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Uber die Veriinderungen, welche sich aus dem Fehlen der ersten dieser Bedingungen ergeben miissen, werden wir spiiter in einem anderen Zusammenhange zu sprechen haben. Beziiglich der beiden anderen Punkte ist bier noch einiges zu sagen. Ffir einen mit stiirkeren ,,Reibungen" (,,Friktionen") arbeitenden Markt wird es vor allem charakteristisch sein, daft auf ihm kein einheitlicher Preis bestehen wird, sondern oft recht bedeutende Streuungen der Preise zu verzeichnen sein werden. Insbesondere auf dem Markte fiir Konsumgfiter (soweit dieser nicht durch Preisbindungen beherrscht ist, fiber welche wir erst spiiter sprechen werden) wird dieses hiiufig zu sehen sein, vor allem dann, wenn einerseits die Organisation des Marktes es den Ki~ufern schwer macht, ihr Interesse in aller Sch~trfe zu wahren, und dann, wenn die Kiiufer eine gewisse L~tssigkeit in der Verfolgung ihrer Interessen zeigen. Das letzte wird manchmal im Charakter eines Volkes oder mancher Schichten der BevSlkerung begrfindet sein. In seiner Wirkung bedeutet es aber eine Schm~tlerung des Realeinkommens ~ener, welche nur zu leicht geneigt sind, eine Ware um einen etwas hSheren Preis zu kaufen, ehe sie sich die Mfihe nehmen, nach genauer Orientierung auf dem Markte das grinstigste Angebot zu suchen. In der Organisation des Marktes begrfindete Umstande, welche unabhiingig von den persSnlichen Momenten dem K~tufer das Aufsuchen des gtinstigsten Angebotes (oder auch umgekehrt: dem Verk~ufer das Aufsuchen der gfinstigsten Nachfrage) erschweren, werden in allem liegen, was die Bewegung auf dem Markte hemmt: zu weit reichende Beschr~tnkungen der Verkaufszeit; Verteuerung des Verkehrs zu weiter liegenden Verkaufsstellen u. a. Es ist nicht schwierig, diese Gedanken noch weiter fortzusetzen. Damit schlielten wir vorlaufig unsere Ausftihrungen fiber den Preis ab, um zuniichst die Gestaltung des Angebotes, also einer der Determinanten der Preisbildung auf dem Markte niiher zu betrachten. Wir miichten aber darauf hinweisen, dalt wir bisher nur eine der verschiedenen Arten der Preisbildung, die Bildung des ,,Konkurrenzpreises" betrachtet haben. W i r werden spiiter fiber andere Arten der Preisbildung zu sprechen haben. 2*
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Ertragsgestaltung und Kosten.
II. Ertragsgestaltung und Kosten. 1. Das Problem. Wer einen Markt mit einem Produkt beliefert, wird die Kosten, welche ihm (der Einkauf bzw,.)die Erzeugung dieser Ware bereitet, mit dem Preis, welchen er erzielen kann, vergleichen. Das Angebot einer Ware wird also schliel~lich (,,auf die Dauer") abhangig sein von den Kosten: Die Kostenkurve ist :eine ,,potentielle Angebotskurve". Mit dem Eingehen auf diesen Zusammenhang haben wir uns v o n d e r Betrachtung des ~eweils auf dem Markte gegebenen Angebotes losgelSst und die Dynamik der Angebotsentwicklung zum Problem gemacht. Nun sind ffir die IIShe der Kosten einer Produktion zwei zun~chst durchaus verschiedene Tatbest~nde von Bedeutung: 1. Die HShe der Preise ~ener Produktionsmittel, welche zur Erzeugung des Produktes benStigt werden. 2. Die ,,Effizienz" der Produktionsmittel, d. h. das Verhaltnis zwischen der Grsl~e der Aufwendung derselben und der GrSl~e des Produktes. Wenn man nun annehmen kann, dab die Preise der Produktionsmittel gegeben sind, so ist allein diese Effizienz der Produktionsmittel bestimmend fiir die Entwicklung des Angebotes. In dieser Betrachtungsweise wollen wir hier die Frage der Effizienz der Produktionsmittel zunachst in unserer Betrachtung in den Vordergrund schieben. Diese Art des Vorgehens ist darin begrfindet, dal~ m wie wir noch sehen werden m die Preise der Produktionsmittel nicht unabhangig von deren Effizienz betrachtet werden kSnnea. Die Frage, die vor uns liegt, ist also zun~ichst, wie sich die Menge der zur Aufwendung gelangten Produktionsmittel zu der Menge des Produktes verh~lt. Diese Frage wird unter dem Aspekte einer Vermehrung oder Verminderung der Produktion betrachtet. Dabei sind zunachst drei MSglichkeiten gegeben1. Die Aufwendung an Produktionsmitteln ist der GrSfie des Produktes proportional. Wenn wir also die Produktion ausdehnen wollen, mfissen wir in demselben Verh~ltnis die Menge der Produktionsmittel vermehren, bei einer Einschrankung der Produktion wird die Menge der Produktionsmittel in
Der abnehmende E r t r a g .
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demselben Verhi~ltnis vermindert (,,proportionaler Ertrag" ,,konstante Kosten"). 2. Eine Vermehrung der Produktion ist nur mit iiberproportionaler Vermehrung von Produktionsmitteln miiglich (,,abnehmender Ertrag" -- ,,steigende Kosten"). 3. Die Gr~il~e des Produktes wi~chst schneller als die Vermehrung der aufgewendeten Produktionsmittel (,,zunehmender Ertrag" - ,,abnehmende Kosten"). Um die Frage dieser Ertragsgestaltungen hat sich eine ausgedehnte Diskussion entwickelt. Das Ergebnis derselben war ftir manche die Annahme eines ~berwiegens einer bestimmten Ertragsgestaltung. Man hat von einem -~berwiegen der konstanten Ertri~ge oder auch der abnehmenden Ertr~ge, schlieltlich sogar def. zunehmenden Ertrage gesprochen~. In ~eder dieser Meinungen liegt ein Kern von Wahrheit~ es ist nur klarzustellen, in welcher Betrachtungsweise ~ede dieser Aussagen berechtigt ist. Ein anderes h~ufig gehSrtes Ergebnis der Diskussion ist das, dalt ~eweils einer bestimmten Produktion eine bestimmte Art der Kostengestaltung charakteristisch w~re. Die oft gehSrte Meinung geht dahin, dal~ der Landwirtschaft abnehmende Ertr~ge, dem Handwerk konstante Ertr~tge und der Industrie zunehmende Ertr~ge eigentiimlich w~ren. Es liegt auch in dieser Ansicht ein K e r n von Wahrheit, doch ist zweifellos die Verallgemeinerung aul~erordentlich bedenklich. Fiir die Entwicklung der Kosten- und Ertragslehre ist abet v o n d e r Darlegung des sogenannten ,,Gesetzes vom abnehmenden Bodenertrag" auszugehen.
2. Der abnehmende E r t r a g . In der landwirtschaftlichen Produktion (beispielsweise sei an die Getreideerzeugung gedacht) braucht man drei Gruppen von Produktionsmitteln, n~tmlich den Boden, die menschliche Arbeitskraft und schlieltlich eine dritte Gruppe, welche e i n e sehr verschiedenartige Zusammensetzung haben kann: gewisse Materialien (Saatmittel, Diinger), verschiedene Werkzeuge und Maschinen, Zugkraft von Tieren oder - Maschinen. Wir vernachl~tssigen zur Vereinfachung der Darstellung zun~chst diese dritte Gruppe von Produktionsmitteln vollst~tndig, es wird spi~ter miiglich sein, sie ohne Z w a n g in das Schema unserer
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Ertragsgestaltung und Kosten.
Betrachtung einzubeziehen. Hinsichtlich der beiden anderen Produktionsmittel, Arbeit und Boden, ist eine fiir die weitere Entwicklung wichtige Unterscheidung zu machen. Der Boden, welcher in einem Lande der landwirtschaftlichen Produktion zur Verftigung steht, ist (abgesehen von Bodengewinnung durch Meliorationen usw.) ein fiir allemal gegeben. Bei dtinner Besiedlung des Landes wird nicht der ganze nutzbare Boden in Verwendung genommen sein, wenn aber die BevSlkerung w~ichst, so ist bald der Zustand erreicht, in welchem ein ,,freier" Boden nicht mehr zur Verfiigung steht. Dieser Zustand der Verwendung des ganzen Bodens ist bei den ,,alten KulturvSlkern" im allgemeinen schon liingst erreicht. Weltwirtschaftlich gesehen ist die Lage selbst heute noch anders. Es gibt noch weite Landstriche, in welchen bester Boden zur Verftigung steht, der aber von der (relativ) sehr geringen Bev(ilkerung des Landes n o c h nicht in Arbeit genommen ist. Wir werden sp~iter ohne ~ede Schwierigkeit den Fall des noch nicht geniitzten Bodens in unsere Betrachtung einbeziehen kSnnen und sprechen zuni~chst ausschlieltlich yon dem Fall eines Landes, in welchem der zur Verfiigung stehende Boden bereits bearbeitet ist. Es ist nun klar, dalt unter diesen Umst~tnden eine Vermehrung des Bodenertrages nur durch Intensivierung der Bodenbearbeitung mSglich ist, also durch vermehrte Verwendung anderer Produktionsmittel auf dem gegebenen Boden. Diese ,,anderen Produktionsmittel" sind zunachst Arbeitsleistungen. Die Arbeit ist sonach neben dem fix gegebenen Boden als ,,variabler Faktor" anzusehen. Die oft miliverstandene, in ihrer praktischen Bedeutung aber ganz ungeheuer weitreichende, ~a das Schicksal der Menschheit in grundlegender Weise bestimmende These, welche wir zu vertreten haben, lautet nun: Unter sonst gleiChen Verh~ltnissen bringt die fortgesetzte Vermehrung der Arbeitsaufwendungen auf einem gegebenen Boden immer geringer werdende Ertragszugiinge. (Die tibliche, in ihrer wiirtlichen Bedeutung sinnwidrige Formel ,,Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag" sollte richtig lauten ,,Gesetz der abnehmenden Ertragszug~inge zus~itzlicher Arbeitsaufwendungen".) Drei Wege, auf welchen man diese These zu begriinden versucht hat, seien hier aufgezeigt.
Der abnehmen,de Ertrag.
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1. Man hat die Ertragsgestaltung der Landwirtschaft empirisch untersucht und dabei diesen Zusammenhang bestatigt gefunden. Wir werden noch darauf hinzuweisen haben, dab auch die allgemeine Erfahrung, welche sich aus der Beobachtung des geschichtlichen Ablaufes ergibt, unseren Satz bestatigt. 2. Man hat durch eine ins Technisch-Physische gehende Betrachtung den Satz plausibel zu machen gesucht. Wenn wir das Wachsen der Pflanzen auf dem Boden betrachten, so sehen wir an dem Entstehen derselben rein physisch eine Reihe von Faktoren mitwirken: Die natiirliche Fruchtbarkeit des Bodens mit den im Boden enthaltenen Nahrstoffen, dann Regen und Sonnenschein usw., dann die menschliche Arbeit. Wenn nun von allen diesen Faktoren ein einziger, die Arbeit, vermehrt ~wird, so bedeutet das, dalt der Anteil der anderen Faktoren an dem Aufbau der Pflanzen nicht vermehrt wird. Die einseitige Vermehrung der Arbeit ohne gleichzeitige Vermehrung der iibrigen Konstituentien des Produktes kann nicht eine der Vermehrung der Arbeit entsprechende Vermehrung des Produktes mit sich b r i n g e n . 3. Entscheidend fiir d i e Beurteilung unserer These mult aber eine rein theoretische Begriindung sein. Die - - in ihren letzten Feinheiten etwas k o m p l i z i e r t e - Argumentation geht dahin, dalt der Boden kein wirtschaftliches Gut sein kiinnte und dalt fiir ihn im Verkehr nichts gezahlt werden kiinnte, wenn die Vermehrung der Arbeit einen proportionalen oder gar iiberproportionalen Ertrag bringen wiirde. Der Grundgedanke der Ableitung ist sehr einfach darzustellen. Ein Bauer besitzt ein Grundstiick und bearbeitet dieses mit einer bestimmten Zahl von Arbeitsaufwendungen. Nehmen wir also an, dalt bei einer Arbeitsaufwendung von 1000 Arbeitstagen (A) ein Ertrag von 200 Produkteinheiten (E) zu erzielen ware. Wenn nun das ,,Gesetz vom abnehmenden Bodenertrag" nicht gelten wiirde, so wiirde eine Verdoppelung der Arbeitsaufwendungen den doppelten Ertrag oder sogar noch mehr bringen. Also 2000 A wiirden wenigstens 400 E erzeugen. Nun ist aber bekannt, dait ~eder Bauer ,,landhungrig" ist, dalt er lieber mehr Boden besitzt als weniger, dalt er, woes ihm miiglich ist, gerne Boden dazu kauft, dal~ er auf keinen Fall bereit sein
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Ertragsgestaltung und Kosten.
wird, von seinem Boden ohne weiteres etwas herzugeben. Der Bauer erwartet also von einem Mehrbesitz a n Boden einen Mehrertrag, er fiirchtet von einer Verminderung seines Bodenbesitzes eine Ertragschmi~lerung. Nehmen wir nun an, unser Bauer kauft ein Grundstiick von derselben Griilte und Qualit~tt, wie ~enes, das er bisher bearbeitet hat. Wenn er nun auf diesem neuerworbenen Boden wiederum 1000 A aufwendet, wird der Ertrag 200 E sein. Wenn er also beide Grundstiicke zusammen mit 2000 A bearbeitet (auf ~edem Grundstiick 1000 A), so wird er nicht mehr als 400 E erhalten. Fiir die Erreichung dieses Ertrages steht es nun dem Bauern dafiir, das Opfer eines Grundkaufes auf sich zu nehmen. Wi~re es nun miiglich, mit 2000 A auf dem frtiher in seinem Besitz befindlichen Grundstiick 400 E zu gewinnen, wiirde also die Verdoppelung der Arbeitsaufwendungen auch eine Verdoppelung des Ertrages bedeuten, s o hiitte der Bauer kein Interesse, neuen Boden zu erwerben, bei welchem er unter Aufwendung einer gleich grolien Ration von Aufwendungen (zusiitzliche 1000 A) auch nur einen gleichen Mehrertrag (200 E) gewinnen kSnnte. Damit ist erwiesen, da~, wo immer eine Bewertung des Bodens stattfindet, die Verdoppelung der Arbeitsaufwendungen weniger als eine Verdoppelung des Ertrages ergibt. Nun macht es gerade diese Art der Ableitung des ,,Gesetzes vom abnehmenden Bodenertrag" ohne ~ede Schwierigkeit mSglich, eine ganz grolte Verallgemeinerung vorzunehmen. Wir haben in der Weise argumentiert, daIt wir yon einer ,,produktiven Kombination" von Boden und Arbeit ausgegangen sind. Nun kiinnen wir in unserer Argumentation ohne weiteres an die Stelle der Ausdrticke Boden und Arbeit d i e Bezeichnung ftir irgendwelche andere Produktionsmittel einsetzen o d e r - noch allgemeiner --- eine allgemeine Formel ftir Produktionsmittel, fiir welche in der Wirtschaft etwas gezahlt wird. Wenn wir von einer Kombination der Produktionsmittel P1 und P~ ausgehen, mult nach der vorhin vorgetragenen Ableitung die Vermehrung eines derselben bei Konstanz des anderen abnehmenden Ertragszuwachs bedeuten. Dabei ist es ganz gleich, von welchen Produktionsmitteln gesprochen wird. Das ,,Gesetz der abnehmenden Ertragszuwi~chse" ist ein allgemein geltendes Prinzip des Zusammenwirkens von Produktionsmitteln. Wenn
Das Beviilkerungsgesetz.
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bei Konstanz des einen Produktionsmittels das andere vermehrt wird (oder - - diese Erweiterung ist ohne weiteres zul ~ t s s i g - wenn bei Konstanz einer Produktionsmittelgruppe eine andere Gruppe yon Produktionsmitteln vermehrt wird), so w~chst der Ertrag langsamer als die Menge des variierten Faktors. W i r werden sp~ter noch die Bedeutung dieses allgemeinen Grundsatzes zu erSrtern haben, wir werden auch noch (an zwei Stellen S. 27 und S. 38 gewichtige Einschr~nkungen zu machen haben. Hier aber sei sogleich noch eine Erweiterung des Satzes vom abnehmenden Bodenertrag gewonnen. Wir haben in unserer Ableitung friiher (S. 21) eine Gruppe von Produktionsmitteln, welche in der Landwirtschaft gebraucht werden, beseite gelassem Wenn wit annehmen, dalt alle diese Produktionsmittel mit einem einheitlichen Malt gemessen werden kiinnen, wobei wir s i e manches, das erst sp~iter ausgeftihrt werden kann, vorwegnehmend - - mit dem Ausdrucke Kapital erfassen, so kSnnen wir auf Grund unserer Ableitung sagen, dalt auch die Vermehrung von anderen Produktionsmitteln als der Arbeit auf einem gegebenen Boden, also die Vermehrung der Kapitalaufwendungen auf einem gegebenen Boden, dem Grundsatze abnehmender Ertragszug~nge unterliegt. Mit dieser Erweiterung wird das Bodenertragsgesetz gewShnlich formuliert: Bei Vermehrung der Aufwendungen von Kapital und Arbeit auf einem gegebenen Boden steigt der Ertrag langsamer als die Vermehrung der aufgewandten ,,Dosen" von Kapital und Arbeit. Fiir dieses Ertragsgesetz sei nun eine gewichtige Anwendung vorgetragen, wobei es allerdings notwendig sein wird, gleich auch die erste Einschr~tnkung zu besprechen.
3. Das Beviilkerungsgesetz. (Erste Einschr~inkung des allgemeinen Ertragsprinzips,) Es handelt sich um das sogenannte BevSlkerungsgesetz yon Thomas M a 1t h u s (1798), von welchem oft gesagt worden isti dait es ,,beriihmt und bertichtigt" zugleich ist. Die Argumentation ist ungefi~hr folgende: Es wurde beobachtet, dalt die BevSlkerung eines Landes sich in etwa 25 Jahren verdoppelt. Die Verdoppelung der BevSlkerung bedeutet auch eine Verdoppelung der Arbeitskrafte. Infolge des Ertragsgesetzes mull
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Ertragsgestaltung und Kosten.
aber der Ertrag des Bodens langsamer wachsen als die BevSlkerung. Dieses Verhaltnis ist in zwei Reihen dargestellt. Verh~ltnis der BevSlkerungsvermehrung . . . . . MaBzahl der ErtragsgrSBe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8 6
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Das Wachstum der BevSlkerung ist durch eine Reihe dargesteilt, welche eine geometrische Progression enth~lt, die Vermehrung des Ertrages geht in einer arithmetischen Reihe vor sich. Es ist aber klar, dal~ diese ziffernmal~ige Darstellung nicht das Entscheidende ist. Wenn die BevSlkerung sich fiberhaupt vermehrt, so verdoppelt sie sich innerhalb eines gewissen Zeitraumes, ob das 25 Jahre sind oder mehr oder weniger, das ist nicht wesentlich. Die Vermehrung der ,,Hande" bedeutet aber nach dem Grundsatze des abnehmenden Ertrages ein hinter der BevSlkerungsvermehrung zuriickbleibendes Steigen des Ertrages. Das immer weitere Auseinanderklaffen der beiden Reihen zeigt aber deutlich die Konsequenzen, welche sich daraus ergeben miissen- Wachsende BevSlkerung mul~ schm~ilere Versorgung der Menschen bedeuter~. Not und Elend wird die Folge dieser Entwicklung sein, wenn nicht Kriege und Epidemien die BevSlkerung immer wieder dezimieren. Zur Vermeidung dieser ,,repressiven" Hemmungen der BevSlkerungsvermehrung verlangte M a 1t h u s sexuelle Enthaltsamkeit, der moderne ,,Neomalthusianismus" Pravention im Geschlechtsverkehr. Wenn wir aber die Verh~ltnisse n~her betrachten, so werden wir sehen, dal~ in dem BevSlkerungsgesetz ein schwerer Konstruktionsfehler liegt, welcher die uneingeschr~nkte Giiltigkeit dieses Gesetzes in Zweifel ziehen lal~t. Es wird sich zeigen, dal~ das BevSlkerungsgesetz nur unter ganz bestimmten Umst~nden zur Wirksamkeit gelangen kann. Der Konstruktionsfehler, von dem wir hier sprechen, liegt darin begriindet, dal~ die beiden Reihen, um welche es sich da handelt, die Reihe der BevSlkerungsvermehrung und ~ene des Ertragszuwachses, nicht ohne weiteres nebeneinandergestellt werden kSnnen. Die Vermehrung der BevSlkerung ist ein Prozel~, welcher typisch dynamischer Natur ist, sich im langen Ablaufe der Zeit auswirkt. In der Betrachtung eines solchen Prozesses kann aber das Gesetz vom abnehmenden Ertrag nicht ohne weiteres zur Anwendung gelangen.
Das BevSlkerungsgesetz.
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Im Ablaufe der Jahrhunderte hat sich die Kenntnis der Menschen von den technischen Methoden der Produktion ganz bedeutend erweitert. Die Verwertung neuer technischer Kenntnisse bedeutet aber, daI~ der Ertrag der Arbeit w~tchst. Wenn wir uns erinnern, in welcher Weise wir das Ertragsgesetz abgeleitet haben, so ist es wohl deutlich, dalt w i r seine Gtiltigkeit immer nur fiir einen augenblicklich gegebenen Stand der technischen Kenntnisse beweisen kSnnen. Wenn dem Bauern, von welchem wir gesprochen haben, eine neue Technik der Produktion bekannt wird, so wird die Anwendung dieser neuen Produktionsmethode zu einer Steigerung des Ertrages fiihren. Mit dem ,,abnehmenden Ertrag" hat das an sich gar nichts zu tun. Das~enige, w a s sich aus unserer Ableitung ergibt, ist n u t das, dab nach Gewinnung der neuen technischen Kenntnisse das Gesetz vom abnehmenden Ertrag genau so wirken wird wie vorher. Der t?bergang aber, welcher durch eine neue Produktionstechnik veranlaltt wird, bedeutet eine Steigerung des Ertrages, welche gewissermalten die Wirkung des allgemeinen Ertragsgesetzes unterbricht. Nach Gewinnung der neuen Technik hat das Ertragsgesetz auf einer hSheren Stufe der Ergiebigkeit seine Geltung behalten. W i t haben diesen Sachverhalt bereits friiher im Voriibergehen festgehalten, wenn wir bei der allgemeinen Formulierung unserer These gesagt haben ,,unter sonst gleichen Verh~ltnissen". Diese Einschr~nkung, welche im gesamten Bereiche der Ertragslehre zu gelten hat, wird nun genau formuliert zu lauten haben: Das Ertragsgesetz gilt nur unter Konstanz der Kenntnis der Produktionsmethoden. (Erste Einschr~tnkung des allgemeinen Ertragsgesetzes, vgl. S. 25 und S. 38.) Neue Produktionsmethoden kiinnen eine Vervielfachung des Ertrages bedeuten. Das wird in der oben angefiihrten Reihe, welche die Maltzahl der Ertragsgriii~e darstellt, bedeuten, dait an einer Stelle der Entwicklung diese Zahl sprunghaft in die HShe gehen kann. Ein zweiter Umstand, der im BevSlkerungsgesetz nicht zum Ausdruck gelangt, ist der, dalt die Steigerung des Ertrages nicht nur einer BevSlkerungsvermehrung, sondern auch einer Vermehrung der Kapitalausstattung der BevSlkerung entspringen kann. Wenn das Kapital in einem st~irkeren Maite w~ichst als die Bev01kerung, so kann selbst bei un~,er~ndertem Stand
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Ertragsgestaltung und Kosten.
technischer Kenntnisse eine st~trkere Steigerung des Ertrages der Arbeit erzielt werden. Das ist bereits frtiher begrtindet worden. Ergibt sich nun aber aus diesen Ausfiihrungen eine Widerlegung des BevSlkerungsgesetzes? Das keineswegs. Das, was da notwendig ist, ist nichts anderes als das Beriicksichtigen einer Einschr~,nkung: Die wachsende BevSlkerung wird st~indig ,,an die Grenze des Nahrungsmittelspielraumes stol~en", wenn und insolange die Kenntnisse der Menschen hinsichtlich der vorteilhaftesten Produktionsmethoden nicht erweitert werden und soweit der Kapitalreichtum nicht schneller wachst als die BevSlkerung. Wir miissen die Wirksamkeit des in dieser Weise eingeschri~nkten BevSlkerungsgesetzes in ~enen Liindern best~ttigt sehen, in welchen eine stiindige Tendenz zur BevSIkerUngsvermehrung mit einer starren Bindung der Produktionsverh~ltnisse verbunden ist. Die Entwicklung in manchen L~ndern Asiens zeigt in aller Deutlichkeit die Wirksamkeit des BevSlkerungsgesetzes und gibt damit auch indirekt eine Besti~tigung fiir die Richtigkeit des allgemeinen Ertragsgesetzes. Es li~I~t sich auch zeigen, dalt in manchen Epochen der Entwicklung der europiiischen Wirtschaft, ~a in manchen Li~ndern Europas auch noch in der ~iingsten Zeit das Beviilkerungsgesetz in derselben Weise zur Wirksamkeit gelangt ist. Gab es doch Zeiten, in welchen das Dahinraffen grolter Menschenmassen durch die Pest ein entscheidendes Mittel zur Beseitigung eines iibermi~ltigen Beviilkerungsdruckes innerhalb einer stationi~ren Wirtschaft gewesen ist. Im Gegensatz dazu steht vor allem die Entwicklung des 19. Jahrhunderts, welche in gro]~en Teilen Europas einer rasch steigenden BevSlkerung eine immer bessere Versorgung ermSglicht hat, weil eine fortschreitende Erweiterung technischer Kenntnisse, wachsender Kapitalreichtum und das (sp~tter noch zu besprechende) rasche Fortschreiten der zwischenstaatlichen Arbeitsteilung den Ertrag der Arbeit immer mehr steigen liellen. Hier ist aber auf eine wichtige Folgerung wirtschaftspolitischer Art hinzuweisen, welche sich aus dieser Abl,eitung ergibt. Wachsende Beviilkerung kann mit steigender, ~a auch nur mit gleichbleibender Versorgung nur dann verbunden sein, wenn die Produktionsmethoden verbessert werden und die Kapitalversorgung wachst.
Das Bev(ilkerungsgesetz.
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Zugleich wird hier der Widersinn einer Wirtschaftspolitik klar, welche BevSlkerungsvermehrung anstrebt und zugleich die Entwicklung einer Steigerung des Ertrages der Arbeit unterbindet, ohne dabei zugeben zu wollen, daii ihre Wirkung nur eine fortschreitende Verknappung in der Versorgung der Menschen sein kann. Der Tatbestand, dalt eine Ausdehnung der Produktion nur mit relativ sti~rkerer Vermehrung der Aufwendungen miiglich ist, kann n o c h in zwei anderen Fallen festgestellt werden, welche wir hier im Anschlusse an die Behandlung des abnehmenden Ertrages kurz behandeln wollen. 1. Der der Produktion zur Verfiigung stehende Boden ist von verschiedener Qualitat. Die schlechteren Bodenqualitiiten werden p r o Einheit des Ertrages mehr an Aufwendungen yon Arbeit (und Kapital) erfordern. Je mehr also eine wachsende BevSlkerung die Steigerung der Produktion notwendig macht, desto ungiinstiger wird das Verhi~ltnis zwischen Aufwendung und Ertrag nicht nur infolge der fortschreitenden Intensivierung der Bodenbearbeitung, sondern auch aus dem z weiten Grunde, weil die Produktion in immer weiterem Ausmalte auch schlechteren Boden in Arbeit nehmen wir4. (Was hier zun~ichst von dem landwirtschaftlich gentitzten Boden gilt, ist ohne weiteres auch fiir die Verwertung von Naturvorkommen - - Erze, Kohle u s w . anzuwenden.) 2. Wachsende BevSlkerung wird auch immer mehr dazu ftihren, dait weiter abliegender Boden in Bearbeitung genommen wird. Hier werden zu den Aufwendungen, welche in der Gewinnung des Bodenertrages notwendig sind, auch noch ~ene Aufwendungen hinzukommen, welche ftir den Transport des Produktes notwendig sind. Diese zus~ttzlichen Aufwendungen wirken wiederum in der Richtung einer Verschlechterung des Verh~ltnisses von Aufwand und Ertrag. Die Belastung des Produktes durch Transportkosten nach den Konsumst~tten macht es auch erkli~rlich, daR selbst heute nicht der ganze Boden, welcher in der Welt zur Verfiigung steht, in Bearbeitung genommen wurde und daI~ vielfach auch guter Boden in nur wenig intensiver Weise ftir die Ern~thrung der dtinnen BevSlkerung des eigenen Landes bearbeitet wird.
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Ertragsgestaltung und Kosten.
4. Proportionale Ertragszugiinge. Die Arbeitsteilung. Nach der eingehenden Behandlung des ablehnenden Ertrages werden wir zun~.chst die Formel vom gleichbleibenden Ertragszuwachs sehr kurz besprechen k~nnen. Wir gehen yon einem Falle aus, in welchem die Voraussetzungen andere sind als in ~enem, in welchem ein abnehmender Ertragsverlauf gegeben war. Dieser abnehmende Ertragsverlauf ist dann gegeben, wenn ein Produktionsmittel (z. B. Boden) nicht vermehrbar ist und nur eine einseitige Vermehrung eines zweiten Produktionsmittels (z. B. Arbeit, oder einer Produktionsmittelgruppe, z. B, Arbeit und Kapital) m6glich ist. Dort aber, wo eine A u s dehnung der Produktion in der Weise m~glich ist, dal~ alle Produktionsmittel, da sie in ausreichender Menge zur Verffigung stehen, im gleichen Verh~ltnis vermehrt werden kSnnen, dort ist zun~chst zu erwarten, da~ der Ertrag in demselben Verh~ltnis wie die Vermehrung der Produktionsmittel steigen wird. Wenn etwa ein Schneidereibetrieb in einem Zimmer ffinf Maschinen mit ffinf Arbeiterinnen besch~tftigt hat und nun den Betrieb in der Weise vergrSltert, dalt in einem zweiten Zimmer weitere ffinf Maschinen und weitere ffinf Arbeiterinnen verwendet werden, so wird die Verdoppelung dieser Produktionsmittel auch eine Verdoppelung des Ertrages erwarten lassen. Es wird im allgemeinen stimmen, dait diese Verh~tltnisse im Hand werk vielfach gegeben sind, so dal~ die Aussage ihre Berechtigung hat, dait ,,proportionale Ertri~ge" dieser Produktion im allgemeinen charakteristisch sind. Wir halten fest, dalt da zwei Voraussetzungen gegeben sind: 1. Alle Produktionsmittel kSnnen in demselben Verhiiltnisse vermehrt werden. 2. Die Vergriilterung der Produktion bedeutet keine Anderung in der Produktionsmethode. Das ist nach dem, was wir frfiher fiber die Verh~ltnisse des abnehmenden Ertrages ausgeffihrt haben, nicht weiter auszuffihren. Hier aber ist ein Hinweis auf einen anderen ganz bedeutenden Zusammenhang notwendig. Stellen wir uns die Verhi~ltnisse in einem kleinen gewerblichen Betriebe vor, in welchem eine Arbeiterin damit beschi~ftigt ist, Kunstblumen zu erzeugen. Nun wird dieser Betrieb in der Weise vergriii~ert, dalt etwa 10 Arbeiterinnen be-
Proportionale Ertragszug~inge. Die Arbeitsteilung.
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schaftigt werden. Das Produkt bleibt das gleiche, auch die Technik der Produktion - - das Arbeiten mit der Hand und gewissen einfachen Werkzeugen --- bleibt grunds~ttzlich unver~tndert. Aber der Erzeugungsvorgang wird ~etzt in der Weise modifiziert, dalt die zehn Arbeiterinnen an einem langen Tisch nebeneinander sitzend die einzelnen Verrichtungen der Produktion untereinander aufteilen. Die einzelne Arbeiterin macht nicht mehr die Kunstblume vom Anfang an fertig, sondern das ,,Werksttick" geht yon einer Hand in die andere, an ~eder Stelle wird eine bestimmte Teilverrichtung des Arbeitsprozesses durchgefiihrt und erst aus der Hand ~ener Arbeiterin, welche den letzten tIandgriff vorgenommen hat, geht das fertige Produkt hervor. Der Sachverhalt ist oft in anschaulichster Weise an verschiedenen Produktionen geschildert worden. Beriihmt ist das Beispiel der Stecknadelfabrikation, welches Adam S m i t h vorgetragen hat, heute liest man hiiufig yon der Produktion von Automobilen ,,am laufenden Band" u. a. Es sei aber darauf hingewiesen, dal~ derartige Beispiele fast immer ein Fortschreiten d e r Arbeitsteilung verbunden mit der Vermehrung der Kapitalausstattung zeigen, so dalt bei ihnen das reine Phiinomen der Arbeitsteilung nicht leicht sichtbar wird. In unserem Beispiel der Kunstblumenerzeugung ist nun zweierlei zu sehen: 1. Die ,,Zerlegung" eines bisher von einer Arbeitskraft in seiner ganzen Komplexheit durchgeftihrten Arbeitsprozesses in einzelne Teilprozesse, welche den einzelnen Arbeitskr~tften zugewiesen sind. In letzter Konsequenz ftihrt das zu dem Zustande, dalt ~ede einzelne Arbeitskraft nur einen einzigen immer wiederkehrenden Handgriff an den nacheinander vorbeilaufenden Werkstticken vorzunehmen hat. Der Prozeit der immer weiter fortschreitenden Zerlegung des Arbeitsprozesses bedeutet also, dalt der einzelne Arbeiter von den verschiedenen Verrichtungen, welche bei der Arbeit vorzunehmen sind, immer mehr an andere Arbeitskrafte abgibt. 2. Der Zerfallung des komplexen Arbeitsvorganges mull eine die einzelnen Teilverrichtungen zusammenfassende Organisation gegeniiberstehen. Diese ist hier im Betriebe gegeben. Unter anderen Umst~tnden wird diese Zusammenfassung auch in anderer Form vor sich gehen.
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Ertragsgestaltung und Kosten.
Die primitivste Arbeitsteilung findet sich schon in den Anfangen menschlicher Geschichte innerhalb der Familie, in welcher eine ,,natiirliche Arbeitsteilung" zwischen Mann und F r a u gegeben ist. Schon in der Grol~familie der altesten Zeit und in der Wirtschaft des geschlossenen Gutshofes findet sich eine weiter fortschreitende Arbeitsteilung. Die Entwicklung derselben fiihrt schliel~lich z u r Ausbildung der einfachsten Handwerke. Hat zunachst die Arbeitsteilung innerhalb einer geschlossenen Wirtschaft ihr Korrelat in der Arbeitsvereinigung innerhalb dieser Wirtschaft gefunden, so entwickelt sich daneben die Spezialisierung der Einzelwirtschaften auf einen beschrankten Bereich der Produktion, wobei dann mit anderen Einzelwirtschaften eine Verbindung hergestellt wird, und es ist schliel~lich diese Verbindung zwischen in arbeitsteiliger Weise produzierenden Einzelwirtschaften in der Form des Tausches bestimmend fiir die Struktur der Wirtschaft geworden. E s ist nun klar, dal~ die Anwendung der Arbeitsteilung zu einer wesentlichen Steigerung der Ergiebigkeit der Arbeit dienen kann. Das ist in der Erfahrung immer wieder erwiesen, es ist auch ohne weiteres einzusehen, da~ die Ersparnis an Zeit durch das Wegfallen des Wechselns der Werkzeuge, die bessere Anpassung des Arbeiters an spezialisierte Arbeit 11. a. in dieser Richtung wirken mull. Es ist aufier Zweifel, dal~ der sogenannte technische Fortschritt nicht allein in der Ausniitzung von immer neuen Entdeckungen im Bereiche der physischen Natur bestanden hat, sondern zu einem ganz grol~en Teile auch in immer weiterer Ausniitzung des Prinzips der Arbeitsteilung. Die Bedeutung der Arbeitsteilung liegt also zunachst darin, daR sie eine ganz wesentliche Steigerung des Ertrages ermSglicht hat. Niemand wird bezweifeln kSnnen, dal~ selbst der Besitz der vollkommensten technischen Kenntnisse einer (relativ kleinen) geschlossenen Hauswirtschaft es niemals mSglich machen wiirde, den heutigen Grad der Ergiebigkeit der Produktionsmittel zu erreichen, ~a daft sehr viele Produkte, deren Verwendung heute schon bei geringem Wohlstande zu einer Selbstverst~tndlichkeit geworden ist, ohne das Ausniitzen der Vorteile grofiziigiger Arbeitsteilung iiberhaupt nicht erzeugt werden kSnnten. Die Arbeitsteilung hat zugleich einen immer
Wachsende Ertragszugange.
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grS~eren Kreis yon Menschen in eine immer engere wirtschaftliche Verbundenheit gebracht. Dalt diese Verbundenheit auch Abhi~ngigkeit bedeutet, und zwar ganz allgemein Abhi~ngigkeit einer Wirtschaft von vielen anderen, dann Abhi~ngigkeit der in der beruflichen Arbeitsteilung in immer hSherem Ausmalte spezialisierten Arbeitskrafte von den Schwankungen des Marktes, dalt schlielllich sittliche Werte der Werkverbundenheit, welche mit dem Fortschritte der Arbeitsteilung verloren gingen, vielfach nicht in anderem einen vollwertigen Ersatz gefunden haben, das sind, von einem allgemeinen sozialen Gesichtspunkte gesehen, die Nachteile, welche der Steigerung der Ergiebigkeit der Produktion und damit der Ermiiglichung einer besseren Versorgung gegentiberstehen. Were aber eine romantische Einstellung eine Rtickbildung der Arbeitsteilung wiinschenswert erscheinen liil~t, der sollte ehrlich genug sein, um zuzugeben, dalt die Gewinnung einer griilteren Selbstgentigsamkeit nur auf Kosten der Versorgung der Beviilkerung m0glich ist. Auf das alles wird noch in einem anderen Zusammenhange zurtickzukommen sein. Der Leser erinnert sich hier an die Bemerkungen, welche wir hinsichtlich der Verhiiltnisse vom abnehmenden Ertrag u n d technischen Fortschritt gemacht haben (S. 28). Dazu ware noch eines ergi~nzend zu sagen, Genau so wie irgendein Fortschritt in der Kenntnis technischer Methoden, kann auch eine Weiterentwicklung der Arbeitsteilung dort die Ergiebigkeit steigern, wo die Produktion sonst dem abnehmenden Ertrag unterliegt. Das ist hier wohl nicht weiter zu begrtinden.
5. Wachsende Ertragszug~inge' (Zweite Einschr~inkung des allgemeinen Ertragsprinzips.) Jetzt h~itten wir zur Besprechung des dritten Falles der Ertragsgestaltung, des Falles zunehmender Ertr~ge, iiberzugehen. Der Vereinfachung der Darstellung in diesem Bereiche, in dem der Analyse manche Schwierigkeiten begegnet sind, diene wiederum die Anwendung einer graphischen Darstellung, welche zun~chst an der Hand der bisher behandelten Ertragsgestaltung erl~tutert sei. Eine Darstellung des abnetimenden Ertrages ist in Abb. 3 gegeben.: Wenn wir ein Produktionsmittel (z. B. Boden) Strigl, NationalSkonomie.
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Ertragsgestaltung und Kosten.
in einer bestimmten Menge als gegeben annehmen und wenn wir dann ein anderes Produktionsmittel (z. B. Arbeit) in einzelnen Einheiten sukzessive zugesetzt denken, so bedeutet ~edes Zusetzen dieses variablen Faktors einen Ertragszuwachs, welcher immer geringer wird. Die einzelnen Ertragszugange sind in der Abbildung durch die schmalen, senkrecht stehenden Streifen dargestellt, welche der Vermehrung des variablen Faktors, die auf der horizontalen Achse aufgetragen wird, entsprechen. Derselbe Sachverhalt ist dann in einer vereinfachten Form in Abb. 4 dargestellt: Wir denken uns die Einheit des variablen Faktors, welche in der produktiven Kombination B
C 0 Abb. 3. Abnehmende Ertragszug~nge.
Abb. 4. Die Grenzertragskurve.
sukzessive zugesetzt wird, ganz klein; dann geht die treppenfSrmige Linie BC der Abb. 3 in eine ungebrochene Kurve fiber. Bei Verwendung des variablen Faktors in der Menge OA ist dann der gesamte Ertrag durch die Flache OABD dargestellt, der Ertrag der letzten zugesetzten Einheit des variablen Faktors durch die Strecke AD (zu welcher der entsprechende schmale Streifen der Abb. 3 gewissermalien zusammengeschrumpft ist). Was ~eder Punkt der Kurve bedeutet, ist aulter Zweifel. Wenn der Lange der Strecke OA etwa die Beschaftigung von 20 Einheiten des variablen Faktors i n Vereinigung mit einer gegebenen Menge des konstanten Faktors entspricht, so ist die GrSlte des Ertragszuwachses, welcher der Einstellung des 20. Stfickes des variablen Faktors entsprochen hat, AD. Aus der Neigung der Kurve BC sehen wir, daft die Verwendung eines ~eden weiteren Sttickes .dieses variablen Faktors einen abnehmenden Ertragszuwachs nach sich zieht, wie auch, dal~ der Ausfall an Ertrag, welcher bei Abziehung von Einheiten des variablen Faktors zu verzeichnen ware, bei fort-
Wachsen.de Ertragszug~tnge.
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schreitender Abziehung immer griiiter werden wilrde. Diese Kurve BG wird nun mit dem Ausdrucke Grenzertragskurve bezeichnet, well sie zun~tchst die ,,Grenzertr~tge" (Ertragszuw~tchse) angibt, welche sich bei fortschreitender Vermehrung des variablen Faktors ergeben. Eine Umkehrung der Kurve des Grenzertrages ist dann die Kurve der Grenzkosten, welche wit bier deshalb erw~hnen milssen, well wir sie in unserer weiteren Ableitung immer wieder bentitzen werden. Fragen wir, wieviel von dem variablen F a k t o r uns die Erzeugung einer Einheit des Produktes kostet, so linden wir einen verh~tltnism~ti~ig geringen Aufwand dieses variablen Faktors. Wenn wir die Erzeugung ausdehnen, milssen wir - - da wit abnehmenden Ertrag haben - - filr die Gewinnung ~eder weiteren Produkteinheit immer mehr von dem variablen F a k t o r aufwenden. So wilrden wir - - in Umkehrung der Abb. 3 - - ein Stufendiagramm erhalten, welches zeigt, wie die . . . . Erzeugung einer ~eden weiteren Produkt- 0 ,4 einheit infolge des abnehmenden Ertrages Abb.kostenkurve. 5. Die Grenzmehr an dem variablen F a k t o r kostet. Die Grenzkostenkurve in der Abb. 5 bedeutet dann: Wenn z.B. OA die Menge von 50 Produkteinheiten darstellt, so erfordert die 50. Produktionseinheit einen Aufwand an dem variablen F a k t o r welcher durch die Griil~e A B dargestellt ist. Bei Ausdehnung der Produktion wtirde - - d a s drtickt der Verlauf ,der ,Grenzkostenkurve aus - - ~ede weitere Produkteinheit nur mit immer hiiherem Aufwande erzeugt werden kSnnen. Soweit die Darstellung des abnehmenden Ertrages. (Zum F a l l e der konstanten Ertrage ist hier nichts welter zu sagen.) In dem uns ~etzt aber interessierenden Falle des steigenden Ertrages mul~ die Kurve der Ertragszug~tnge von links nach rechts ansteigen, w~hrend die Kurve, welche die Kosten der Gewinnung einer zusatzlichen Einheit des Produktes darstellt, von links nach rechts f~llt. Nun ist diese Art der Ertrags- und Kostengestaltung in der praktischen Wirtschaft niemals in voller Reinheit zu sehen. Sie ist dagegen yon der allergr~il~ten Bedeutung in einer dop, pelten Kombinierung: Einerseits einer Kombinierung steigen8*
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Ertragsgestaltung und Kosten.
der mit fallenden Ertragszugiingen und dann einer Kombinierung der aus dieser Art der Ertragsgestaltung sich ergebenden Kostengestaltung mit anderen Kostenelementen. Flier sei zuni~chst die erste dieser Kombinierungen besprochen. Stellen wir uns eine fertig eingerichtete Fabrik, z. B. eine Automobill~abrik, als ein gegebenes Produktionsmittel vor, welches mit dem zweiten Produktionsmittel Arbeit zusammen verwendet wird. (Von anderem, was da in der Erzeugung noch beniitigt werden mag, sei dabei zun~chst viillig abgesehen.) Nun wird etwa folgender Verlauf einer Ertragsgestaltung durchaus plausibel erscheinen. Wenn nur ein oder zwei Arbeitskri~fte beschaftigt werden, so werden diese kaum zu einer ,,produktiven" Arbeit kommen. Sie werden etwa mit den notwendigen Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten voll beschaftigt sein. Es wird tiberhaupt erst bei einer gewissen Zahl von Arbeitern miiglich sein, die Produktion aufzunehmen, und dabei wird der Ertrag der Arbeit ein sehr geringer sein, weit eine einigermaiten entsprechende Ausntitzung der groBen Anlagen nicht mSglich ist. Wenn nun die Zahl der Arbeiter sukzessive vermehrt w i r d , so wird der Ertrag rascher steigen. Wir haben also bei immer weiterem Zusetzen yon Arbeitskri~ften steigende Ertragszugiinge zu verzeichnen~. Dies wird so gehen bis zu einem Zustand, in welchem der Betrieb eine gewisse Kapazitat erreicht hat. Es wird zu erwarten sein, dab eine noch weitere Ausdehnung der Produktion immer schwerer mSglich ist. Der Betrieb wird schlieBlich an einzelnen Punkten und, ~e mehr die Produktion ausgedehnt wird, an desto mehr Punkten iiberlastet sein. Die weitere Ausdehnung der Produktion durch Mehreinstellung yon Arbeitskriiften bedeutet Wiederum abnehmende Ertragszug~tnge. Im ganzen sehen wir also einen steigenden und einen fallenden ,,Ast" der Kurve der Ertragszugange, dem ein fallender und ein steigender Ast der Grenzkostenkurve entspricht (Abb. 6 u n d 7). Diese Art des Ertragsverlaufes ist erfahrungsmiiBig einer Industrie, welche grSBere Kapitalinvestitionen gemacht hat, eigenttimliCh. Insofern man dabei n u r den Ertragsverlauf vor dem Maximum der Kurve des Ertragszuwachses betrachtet, kann man yon einer Beherrschung dieser Produktion durch zunehmenden Ertrag sprechen. E s verdient aber bemerkt zu werden, dab diese
Wachsen,de Ertragszugiinge.
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Richtung des Ertragsverlaufes immer eine Grenze hat und dann von abnehmenden Ertragszugiingen abgelSst wird. Von einem Grundsatz zunehmender Ertragszugi~nge in der Industrie kSnnte also nur insoweit mit Recht gesprochen werden, als die Produktion typischerweise in einem geringeren Ausmal~e als dem genannten Maximum entspricht, beschiiftigt ist. Wir werden noch sehen, dait das nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Zur allgemeinen Ableitung dieser Art der Ertragsgestaltung sei hier nur eine ganz kurze Bemerkung gemacht: Es ist offenbar, dalt wachsende Ertragszugi~nge dann vorliegen wer-
l,. $_bb. 6. Zunehmende und fallende Ertragszug~nge (ausgezogene Kurve). Die K u r v e der Durchschnittsertr~ge (punktiert).
X.
Abb. 7. Abnehmende u n d stetgende Grenzkosten (ausgezogene Kurve). Die Kurve der Durcbschnittskosten (punktiert);
den, wenn ein s t a r r gegebener Produktionsfaktor nicht voll ausgentitzt ist. Man kSnnte sich diesen Sachverhalt auch bei einer landwirtschaftlichen P r o d u k t i o n als gegeben vorstellen: Wenn ein grol~es Stiick Boden gegeben ist und von einer ganz geringen Zahl von Arbeitern bearbeitet wird, so wird der Ertrag wahrscheinlich sehr gering sein und eine Vermehrung der Arbeitskrafte, welche eine bessere Ausntitzung dieses Bodens ermSglicht, wird wahrscheinlich wachsende Ertragszugange mit sich bringen, bis dann ein Zustand erreicht ist, von dem an fallende Ertragszug~inge zu verzeichnen sind. Manchem Leser wird es aufgefallen sein, dal~ wir auf diesen Sachverhalt nicht bei der allgemeinen Darlegung der Ertragsgestaltung in der landwirtschaftlichen Produktion hingewiesen haben. Der Grund, warum wir das nicht machen mufiten, ist leicht einzusehen: Der zunehmende Ertrag kSnnte in diesem Falle praktisch nicht bedeutsam werden, wenn der Landwirt nicht gezwungen ist, den ganzen Boden zu bearbeiten. Wenn nur ganz wenige Arbeitskrafte und sehr viel Boden zur Verfiigung
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Ertragsgestaltung und Kosten.
stehen, so wird es rationell sein, nur einen Teil des Bodens zu bearbeiten, und zwar in ~enem Intensit~tsgrade, welcher einem optimalen Ertrage entspricht. Bei Vermehrung der Arbeitskriifte wiirde dann parallel mit dieser Vermehrung der Arbeit mehr an Boden in Verwendung genommen werden. Der Ertrag wiirde also in diesem Verlaufe in demselben Verh~ltnis wie die Zahl der Arbeitskr~tfte steigen, bis der ganze Boden bearbeitet wird. Erst dann wtirde die weitere Ausdehnung der Produktion dem abnehmenden Ertrag unterliegen. (Solange unbearbeiteter Boden entsprechender Qualit~tt zur Verfiigung steht, wird fiir den Boden kein Preis gezahlt. Das ergibt sich aus der sp~ter zu entwickelnden Lehre von der Bestimmung der Preise der Produktionsmittel.) Bei einer Fabriksanlage wird (im allgemeinen) eine teilweise Verwendung nicht mSglich sein und der Umstand der unrationellen Ausntitzung einer gro~en Anlage bei geringer Zahl der Arbeiter wird zur Folge haben, dali die Kurve der Ertragszug~tnge in ihrem ersten Verlaufe, also bei Vermehrung der Zahl der Arbeiter von einem geringen Stande an, steigt. Wir kSnnen aber hier eine allgemeine Formulierung bringen, welche die Verbindung der Grunds~tze vom zunehmenden und vom abnehmenden Ertrag zu vereinen ermSglicht: Die Kombinierung einer gegebenen Menge eines Produktionsmittels mit einer wachsenden Menge eines anderen Produktionsmittels bedeutet abnehmende Ertragszug~tnge, wofern nicht neue technische Methoden (einschlieitlich der Fortschritte der Arbeitsteilung) in Anwendung gelangen (.die f r i i h e r - Seite 27 - - erwiihnte erste Einschriinkung d e s Grundsatzes vom abnehmenden Ertrag) und wofern nicht die Vermehrung des variablen Faktors eine bessere Ausniitzung eines bisher nicht voll ausgeniitzten fixen Faktors ermiiglicht (zweite Einschr~tnkung des Grundsatzes vom abnehmenden E r t r a g vgl. S. 25). Diese zweite Einschrankung ist, was hier von Interesse, in erster Linie in ~edem Fall von Bedeutung, in welchem ein Produktionsfaktor in fixen Kapitalanlagen besteht, also im allgemeinen bei der industriellen Produktion und dann bei Extraktionsproduktionen (Bergwerk). Nun ist es aber fiir die Kostengestaltung einer modernen Industrie charakteristisch, dait in ihr nicht nur die eben be-
Wachsende Ertragszugange.
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sprochene Art der Ertragsgestaltung ~e nach Maltgabe der Verwendung eines variablen Faktors (in erster Linie der Arbeit) eine Rolle spielt, sondern daneben noch die Kombinierung dieser ,,variablen Kosten" mit anderen Kostenelementen. Als solche kommen hier zwei in Betracht. Zuniichst die sogenannten ,,proportionalen" Kosten. Unter diesen sind ~ene Kostenaufwendungen zu umfassen, welche sich in demselben Verh~tltnisse andern wie die Menge des Produktes. In einer Automobilfabrik wird etwa an Eisen, Stahl, Lack, Leder, Fensterglas usw. stets pro Produkteinheit eine bestimmte Menge gebraucht werden. Die Aufwendungen an diesen Kosten variieren also in demselben Verh~ltnis wie die Menge des Produktes. Daraus ergibt sich, dalt diese Auf'wendungen einfach zu den iibrigen Aufwendungen hinzuzurechnen sind, und zwar ftir ~ede Produkteinheit in gleicher HShe. Diese Gruppe von Kostenfaktoren soll im folgenden nicht weiter betrachtet werden. Der zweite Kostenfaktor aber, welcher hier von Bedeutung ist, ist mit der Formel ,,fixe Kosten" zusammengefaitt. Das Wesen dieser Kosten ist darin zu sehen, dalt die GrSlte ihrer Aufwendungen unabh~ngig ist von der GrSi~e des Produktes. Wir wollen hier gleich zwei Gruppen unterscheiden. Erstens die fixen Kosten des laufenden Betriebes. Das Unternehmen hat gewisse Lohn- und Gehaltsaufwendungen, welche unabh~ingig davon sind, wieviel ~eweils erzeugt wird. Also etwa - - um zwei Grenzfitlle zu nennen - - der Gehalt des Generaldirektors und der Lohn des P o r t i e r s werden regelm~ti~ig zu zahlen sein, gleichgtiltig, ob ~eweils viel oder wenig erzeugt wird. Ebenso wird es sich beispielsweise mit der Heizung eines grolien Fabriksaales verhalten, welche notwendig ist, gleichgiiltig, ob alle Maschinen laufen oder nur einige wenige. Je nach der Art des Aufbaues des Betriebes wird der Bereich dieser Art der starren Betriebskosten verschieden sein. Wo etwa in einem Betrieb eine groite zentrale Dampfkraftanlage geheizt werden mult, ohne Rticksicht darauf, wieviele Maschinen ]aufen, dort werden daraus bedeutende fixe Kosten entstehen, w~thrend ein anderer Betrieb, welcher ~ede einzelne Maschine mit einem Elektromotor antreibt, die Kraftkosten als proportionale Kosten ansehen wird. Eine zweite Gruppe der fixen Kosten sind nun alle ~ene Kosten,
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Ertragsgestaltung und Kosten.
welche aus dem Kapitaldienst entspringen. Es sind dies die Kosten der Verzinsung des investierten Kapitals und die Kosten der Erhaltung der Anlage. ~ber diese Art der Aufwendungen kann erst sp~ter im Zusammenhang mit der Behandlung der Fragen des Kapita!s N~heres a~sgefiihrt werden. Hier seien sie einfach als gegeben angenommen. Aus der Kombinierung verschiedenartiger Kosten ergibt sich aber, dal~ die totalen Kosten einer Produktion ale Summierung verschieden gearteter Kostenelemente angesehen werden mtissen. D e r Produzent mul~ sich die F r a g e vorlegen, wieviel ihn ein Sttick des Produktes insgesamt kostet. Wenn er zu diesem Zwecke die fixen Kosten aufteilen will, so ist seine Aufgabe eine einfache Rechnung. Die Gesamtgriiiie der fixen Kosten ist unabhiingig von der GrSlte des Produktes gegeben; bei ~eder mSglichen Produktionsmenge ist also die Belastung der Einheit des Produktes mit fixen Kosten gleich der Gesamth~ihe der fixen Kosten, gebrochen durch die Menge der Produkteinheiten. Wenn wir also auf der horizontalen Achse die Menge des Produktes, auf der vertikalen Achse die fixen Kosten, gerechnet pro Einheit des Produktes, auftragen, erhalten wit eine von links nach rechts geneigte Kurve. Die Kosten pro Einheit werden desto geringer, ~e mehr produziert wir. (Die Kurve ist eine Hyperbel.) Etwas komplizierter ist die Frage der variablen Kosten. Hier ist eine zweifache Fragestellung mSglich, welche zuniichst an der Hand der Kurve der Ertragsgestaltung dargelegt sei. Wenn wir zuerst steigende und dann fallende Ertragszug~inge haben, so zeigt uns die Ertragskurve (Abb. 6) zun~chst ,,Grenzertr~ge". Also der Zusatz der soundsovielten Einheit des variablen Faktors hat einen soundso groiten Ertragszuwachs gebracht, wobei dieser Ertragszuwachs zuerst steigt und im weiteren Bereich f~tllt. Daneben hat die Frage ihre Berechtigung - - und, wie wir noch ~m Zusammenhang einer sp~teren Betrachtung der Kostenrechnung sehen werden: eine grol~e praktische Bedeutung --, wie grol~ im Durchschnitt der Ertrag einer Aufwendung des variablen Faktors gewesen ist, und zwar bei geringer Aufwendung und dann bei immer wachsender Aufwendung. Die Frage geht ~etzt nach der Kurve des Durchschnittsertrages, welcher auf eine Aufwendung des va-
Wachsende Ertragszug~inge.
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riablen Faktors bei ~eder mSglichen Menge der Aufwendung dieses Faktors entfiillt. Die Kurve des Durchschnittsertrages ist nun ohne besondere Schwierigkeit aus der Kurve des Ertragszuwachses abzuleiten (Abb. 6). Nehmen wir an, eine erste Aufwendung des variablen Faktors bringt einen bestimmten Ertrag. Es ist klar, dalt in diesem F a l l e der ,,Durchschnittsertrag" mit diesem ,,Grenzertrag" identisch ist. Nun bringt eine zweite Aufwendung des variablen Faktors einen grSlteren Ertrag. Im Durchschnitt ist also der Ertrag zweier Aufwendungen des variablen Faktors geringer als der Ertragszugang dieser zweiten Aufwendung, wenn er auch grSlter ist als der Ertrag der ersten Aufwendung. Bei der dritten Aufwendung, welche wiederum einen steigenden Ertragszuwachs bedeutet, wird der Durchschnittsertrag wiederum wachsen, aber noch immer geringer sein als der Ertrag dieser dritten Aufwendung usw. Die Kurve des Durchschnittsertrages muIt also steigen, aber unter der Kurve des Ertragszuwachses verlaufen. Wenn dann die Kurve des Ertragszuwachses ihr Maximum erreicht hat und zu fallen beginnt, so wird der Durchschnittsertrag zuni~chst noch immer mit ~eder weiteren Aufwendung des variablen Faktors wachsen, dies solange, bis der Grenzertrag auf die GrSl~e des Durchschnittsertrages zuriickgegangen ist. Von da an bringt ~ede weitere Vermehrung des variablen Faktors weniger an Ertragszuwachs als dem bisherigen Durchschnitt entspricht. Die Kurve des Durchschnittsertrages wird also bei ihrem Schnittpunkte mit der Kurve des Grenzertrages zu fallen beginnen, aber oberhalb des Verlaufes der Grenzertragskurve bleiben, Es ist ohne ~ede Schwierigkeit mSglich, diese Ableitung in die Formel von KostengrS]~en zu iibertragen. Die Frage geht nicht mehr dahin, wieviel die Mehrerzeugung einer Produkteinheit an Aufwendungen des variablen Faktors kostet, sondern dahin, wieviel bei einer der mSglichen und von der GrSite der Aufwendungen des variablen Faktors abhangigen Erzeugungsmengen eine Einheit des Produktes im Durchschnitt kostet. Die Kurve der Durchschnittskosten wird (Abb. 7) oberhalb der Kurve der Grenzkosten zunachst fallend verlaufen, in ihrem tiefsten Punkte diese Kurve in deren bereits steigendem Ast schneiden, um dann ansteigend unter derselben zu bleiben.
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Ertragsgestaltung und Kosten.
Wenn wir nun nach den Totalkosten einer Produkteinheit fragenwobei wir auch weiterhin von den proportionalen Kosten der Einfachheit halber absehen --, so mtissen wir die auf ein Sttick entfallenden fixen Kosten mit den auf dieses entfallenden variablen Kosten zusammenrechnen. Es geschehe das in der Weise; dalt wit die Durchschnittskosten des variablen Faktors als Basis nehmen und zu diesen die ~eweils auf die Produktionseinheit entfallenden fixen Kosten hinzuaddieren; die Kurve der variablen Grenzkosten sei dazu ein.,// getragen (Abb. 8). In der Zeichnung ist die Kurve, welche die Aufteilung der fixen Kosten auf die Produkteinheit anzeigt, selbstii,ndig nicht gegeben, es ist aus der Hin~urechnung ihrer GrSl~en Abb. 8. Die Kostengestaltung einesBetriebesmitfixenKapitalanlagen. (Grenzkosten des variablen Faktors VGK. Durchschnittskosten des variablen Faktors D VK. Totale Stiickkosten TStK.)
ZU d e n D u r c h s c h n i t t s k o s t e n
des variablen
Faktors die Kurve der totalen Sttickkosten entstanden. Diese Kurve zeigt uns nun an, wieviel im Durchschnitt bei ~edem Produktionsquant~m die Einheit des Produktes kostet. In der Zeichnung ist zu sehen, dal~ diese Kurve der totalen Durchschnittskosten in ihrem tiefsten Punkte von der Kurve der variablen Grenzkosten geschnitten wird. Hier ist festzuhalten, da~ von einem Fallen der Kosten bei Ausdehnung der Produktion ~edenfalls n u t insolange gesprochen werden kann, als wir den Bereich einer eingeschr~tnkten Produktion betrachten.. Bei Ausdehnung der Produktion werden bald die Punkte erreicht, yon welchen an zuerst die variablen Kosten und dann auch die totalen Stiickkosten wachsen, also der Grundsatz des abnehmenden Ertrages zur Geltung gelangt. ?3ber die wichtige Frage, welche von diesen Kurven schlielHich als Angebotskurve in Betracht kommt, werden wir aber erst sp~ter im Zusammenhang der Betrachtung der Kapitalgiiter zu sprechen haben.
Der ,,,Meckanismus" des Kostengesetzes.
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Ill. Das Kostengesetz und die Preise der Produktionsmittel. Der wirtschaftliche Welt. 1. Der ,,Mechanismus" des Kostengesetzes. Das Kostengesetz besagt, daft in einer Wirtschaft, welche keinen seinen Wirkungen entgegenstehenden Bindungen unterliegt, die Tendenz zur Anpassung der Preise yon Produkten an die HShe der Kosten bestehen wird, weil ~ede Abweichung eines Preises yon dem Kostenpreis - - sei es nach oben oder nach u n t e n - - - Ver~tnderungen auslSsen wird, welche in der Richtung der Erstellung von Kostenpreisen fiir die Produkte wirken. Wir mtissen aus dieser vorsichtig verklausulierten Formulierung einiges noch besonders betonen. Es ist zuni~chst von einer ,,Tendenz" die Rede. Damit ist also gesagt, dali die Produktpreise nicht notwendig Kostenpreise seinmiissen, es ist im Gegenteil die Miiglichkeit vonAbweichungen durchaus offengelassen. Das, was als notwendig hingestellt wird, ist nicht die ~bereinstimmung von Produktpreis und HShe der Kosten, sondern das, dalt eine Abweichung dieser PreisgrSiten Anderungen ausliisen mul~, welche in der Richtung einer Anpassung wirken. Damit ist auch noch nicht gesagt, dal~ diese Anderungen wirklich zu einer vollen Anpassung fiihren miissen. Es ist die MSglichkeit durchaus offengelassen, dal~ vor Erreichung der An o passung neue Verschiebungen in den Daten der Wirtschaft eintreten, welche es notwendig machen, dal~ die Anpassung nach einem anderen Preise tendieren muit. Dann endlich ist gesagt, dalt das Kostengesetz nur dann wirken k a n n , wenn seiner Wirksamkeit keine Hemmungen entgegenstehen. Im allgemeinen wird die in dieser negativen Formel umschriebene Bedingung zu identifizieren sein mit der Formel: bei unbehindefter freier Konkurrenz. Hier hat aber die zuerst vorgetragene Formulierung eine besondere Bedeutung: Es mult bei der Umschreibung einer Wirtschaft, in welcher das Kostengesetz nicht zur Geltung gelangt, auch positiv gesagt werden kSnnen, welche Institutionen bestehen, die geeignet sind, die Wirksamkeit des Kostengesetzes zu unterbinden. Doch dartiber erst sp~iter mehr. Hier noch eines: Es kann auch noch umstritten und in manchen F~llen fraglich sein, was alles unter Kosten zu verstehen i s t , - - wir verweisen da nur darauf, auf wie komplizierte For-
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Das Kostengesetz und die Preise der Produktionsmittel.
mulierungen wir bei der Analyse der Ertragsgestaltung eines modernen Industriebetriebes (Abb. 8) gekommen sind. Zun~chst wird es gut sein, wenn man sich in dieser Beziehung nicht viele Skrupel macht und einfach zu den Kosten alles das rechnet, was der Produzent fiir die Bezahlung von Produktionsmitteln, die er in der Produktion beniitigt, auslegen mull oder auslegen miil~te, wenn er diese nicht schon selbst besitzen wiirde. Es wird also die Bezahlung von Arbeitern und Boden zu den Kosten gerechnet werden miissen, auch die Bezahlung, welche ftir Maschinen, Rohstoffe usw. ausgelegt werden mul~, dann auch im allgemeinen die entsprechende Entlohnung ftir die eigene T~tigkeit des Produzenten und schlieItlich auch noch ein Zuschlag fiir einen iiblichen (,,biirgerlichen")Gewinn, welcher als Anreiz zur Produktion angesehen werden mag. Schlieitlich und endlich erscheint im Kostengesetz noch eine Voraussetzung hinsichtlich des Verhaltens der Produzenten - wenn sie auch in unserer Formulierung n i c h t gesondert genannt i s t - vorausgesetzt: DaI~ n~tmlich die Produzenten vom Gewinnstreben geleitet sind, daI~ sie Verluste zu vermeiden trachten und dalt sie dort, wo eine GewinnmSgHchkeit besteht, diese auch auszuniitzen suchen. Auch diese i n ihrer Bedeutung vielfach ganz falsch erfal~te Voraussetzung sei hier zuniichst ohne weitere ErSrterung angefiihrt. Nun kiinnen die Reaktionen, welche bei Abweichung des Produktpreises vom Kostenpreis ausgelSst werden, in drei verschiedenen Richtungen wirken. (Die I-Iervorhebung einer ~eden derselben ist ~eweils einer lehrgeschichtlichen Epoche eigentiimlich gewesen.) Sie seien zun~chst kurz genannt und dann naher erSrtert. 1. Anderung des Produktpreises dutch Anderung der erzeugten und angebotenen Menge. 2. Anderung des Kostenpreises durch Anderung der Nachfrage nach Produktionsmitteln und damit verbundene Anderung der Preise derselben. 3. Anderung des Kostenpreises durch Anderung der produkti ven K o mb in a ti o n. Nehmen wir zuni~chst die Verh~ltnisse einer mit konstanten Ertr~tgen arbeitenden Produktion an, wobei der auf dem Markte sich bildende Produktpreis von der KostenhShe wesentlich ab-
Der ,,,Mechanismus" des Kostengesetzes.
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weicht. Wenn der Preis niedriger ist als die Kosten, so werden offenbar die einzelnen Betriebe kein Interesse haben, ihre Produktion auszudehnen, es werden im Gegenteil manche ihre Produktion einschranken. Wenn nun noch die --- fast ffir alle Falle berechtigte - - Annahme gemacht wird, daft es einzelne Produzenten gibt, welche billiger arbeiten, neben solchen, welche teuerer arbeiten, wobei die billigere Produktion der einen entweder in irgendwelchen beson,deren Vorteilen der Betriebe (insbesondere gtinstige Lage, Besitz irgendeines Produktionsvorteiles usw.) oder aber auch in einer besseren Betriebsffihrung begriindet sein kann, so wird insbesondere anzunehmen sein, daft die teurer arbeitenden Unternehmer bald gezwungen sein werden, eine Produktion, welche Verluste bringt (wenigstens vorfibergehend, oft aber auch auf die Dauer) einzustellen. Die Wirkung dieser Reaktion der Erzeuger muff es sein, daf das Angebot auf dem Markte des Produktes geringer wird. Der Preis des Produktes muf steigen und nahert sich damit dem Kostenpreise. Umgekehrt: wo die Erzeuger grol~e Gewinne machen, wird ~eder bestrebt sein, seine Produktion auszudehnen, es werden neue Produzenten auftauchen und das vermehrte Angebot wird den Preis des Produktes gegen den Kostenpreis herunterdrficken. Diese Tendenz der _~nderung der GrSl~e des Angebotes - - Verminderung desselben bei Verlustpreisen, Vermehrung bei Gewinnpreisen --wird, wofern keine StSrung eintritt, immer solange wirken, bis eine Angleichung des Produktpreises a n den Kostenpreis zustande kommt. So wie nun eine/~nderung des Produktpreises in der Richtung auf den Kostenpreis hin zu erwarten ist, so ist umgekehrt auch eine Anpassung der HShe des Kostenpreises in der Richtung nach dem Produktpreis hin mSglich. Es ist offenbar, daft diese Tendenz der vorhin genannten entgegenkommen wird, gewissermafen einen Anteil des notwendigen Ausschlages fibernehmen wird. Wo aus der Reaktion der Angebotsmenge auf Produktpreise, welche niedriger oder hSher sind als die Kostenpreise, die Produktion eingeschrankt oder a~sgedehnt wird, dort bedeutet das zugleich eine Einschrankung oder Vermehrung der Nachfrage nach Produktionsmitteln und damit die AuslSsung einer Tendenz z u r Herabdrfickung oder
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Da,s Kostengesetz und die Preise tier Produktion,smittel.
Hinaufsetzung der Preise dieser Produktionsmittel. Die niedrigeren Preise der Produktionsmittel bedeuten aber niedrigere Kostenpreise, hShere P r e i s e d e r Produktionsmittel hShere Kostenpreise. Neben diesen beiden leicht zu iiberblickenden Zusammenhangen bietet die Betrachtung der dritten Reaktion, welche in der Richtung der Durchsetzung des Kostengesetzes wirkt, die Betrachtung der Anderungen der produktiven Kombination, gewisse grSl~ere Schwierigkeiten. Einen ganz einfachen Zugang zur Behandlung des Problems finden wir - - nachdem wir die Fragen der Ertragsgestaltung bereits friiher kennen gelernt haben ---, wenn wir die Verhaltnisse einer Produktion mit abnehmendem Ertrag betrachten, fiir welche wir eine landwirtschaftliche Produktion als Beispiel anfiihren kSnnen. Nehmen wir an, dal~ eine landwirtschaftliche Produktion, in welcher als Produktionsmittel ausschliel~lich der gegebene Boden und die Leistung von Arbeitern verwendet wird, dauernd (es ist also von den Schwankungen der Ernte abgesehen) grol~e Gewinne bringt. Die Produktion kann nur durch Verwendung v0n mehr Arbeitskr~ften ausgedehnt werden. Jeder P r o d u z e ~ welcher sein Interesse z u wahren versteht, wird bestrebt sein, seine Produktion auszudehnen, da er ~a desto mehr verdienen kann, ~e mehr er erzeugt. Die Ausdehnung der Produktion ist aber bei dieser Sachlage nur mit fallenden Ertragszugangen mSglich. Das heil~t, dal~ ~eder zusatzlich eingestellte Arbeiter zwar einen Ertragszuwachs bringt, daft aber dieser Ertragszuwachs bei immer weiterer Einstellung von Arbeitern immer kleiner wird, also --- in anderer Ausdrucksweise --, dal~ ~ede Steigerung des Ertrages ein Mehr an Arbeitskosten fiir ~ede Einheit des Produktes erfordert. Wenn also selbst der Lohn des Arbeiters unverandert bleibt --- es ist das nicht einmal immer anzunehmen, es ist im Gegenteil zu erwarten, da~ die zur Ausdehnung der Produktion notwendige Erweiterung der Beschaftigung von Arbeitern eine Steigerung des Lohnes nach sich zieht, aber das sei hier nicht weiter beachtet ---, so wird die Produktion mit fortschreitender Ausdehnung wegen des Bestehens abnehmender Ertragszugange immer teuerer werden. Die Verteuerung der Produktion durch die Ausdehnung derselben bei der gegebenen Ertragsgestaltung bedeutet also wieder-
Der Lohn und alas Grenzprodukt der Arbeit.
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um eine ErhShung des Kostenpreises, welche der anderen Tendenz der Anpassung, niimlich der Herabsetzung des Produktpreises durch die Vermehrung des Angebotes, entgegenkommt. Wir sehen also auch aus der Ertragsgestaltung eine Folge sich ableiten, welche im Sinne der Tendenz des Kostengesetzes wirkt. Dieser tIinweis geniige hier. Der Zusammenhang bei Verlustpreisen, in welchem Falle eine Einschriinkung der Produktion zu steigenden Grenzertragen ftihren wtirde, soll nicht weiter ausgeftihrt werden. Es wird erst spater zu fragen sein, wie der Sachverhalt bei den Verh~tltnissen einer einer anderen Ertragsgestaltung unterliegenden kapitalverwendenden Produktion ist. 2. Der Lohn und das Orenzprodukt der Arbeit. tIier ist aber im Anschlusse an die Entwicklung des Kostengesetzes zuniichst einiges Grunds~ttzliche zu den Fragen der Preisbildung der Produktionsmittel zu sagen. Wir behandeln unmittelbar an das zuletzt Gesagte ankntipfend zuniichst die Bildung des Preises ftir Arbeit, des Arbeitslohnes. Die Ableitung erfolgt hier - - so wie bei der allgemeinen Behandlung des Preisgesetzes --- aus Angebot und Nachfrage. Wir haben also zu fragen, in welcher Weise die bei den Verh~ltnissen des Arbeitsmarktes bestehenden besonderen Umstiinde Angebot und Nachfrage gestalten werden. Es ist nicht schwer zu sehen, dalt wir hier keine Abweichung yon den bei der Behandlung der allgemeinen Marktfigurationen dargelegten Verhiiltnissen finden werdem Die Nachfrage der Produzenten nach Arbeit wird offenbar davon abh~tngig sein, dalt der Arbeitslohn als Preis eines Produktionsmittels in die Kostenkalkulation eingehen mult. Aus unseren frtiheren Ausftihrungen tiber die Zusammenhi~nge des Kostengesetzes folgt ohne weiteres, dalt die Nachfrage nach Arbeitskraften desto mehr an Arbeitskr~tften aufnehmen kann, ~e niedriger der Arbeitslohn ist und umgekehrt, dait also die Nachfrage nach Arbeit die normale Form einer Nachfragekurve, die Neigung yon links nach rechts, haben wird. Konstituierend ftir die Gestaltung der Nachfrage werden dabei zwei Umstiinde sein, welche in der Ableitung des Kostengesetzes maltgebend gewesen sind:
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Da~s Kostengesetz und die Preise ,der Produktionsmittel,
1. Niedrigere LShne bedeuten niedrigere Kosten und daher die Miiglichkeit, mehr an Produkten z u verkaufen, also mehr zu erzeugen und mehr Arbeiter zu beschi~ftigen. 2. Niedrigere LShne bedeuten die M iiglichkeit, liings der Kurvo der Ertragsgestaltung der Arbeit weiter nach rechts zu gehen, d.h. die Produktion in einen goringere Ertragszugiinge bringenden Bereich auszudehnen. Aus diesen Zusammenhi~ngen ergibt sich die Erkl~irung ftir die heute tibliche Formulierung der Lohntheorie: Der Lohn wird durch den Preis des Grenzproduktes der Arbeit bestimmt. Der Produzent wird dem Arbeiter soviel zahlen, als dem von der Mitwirkung eines Arbeiters abhiingigen Anteil des Produktes entspricht. Infolge der Ertragsgestaltung - - wenigstens in dem hier behandelten Fall des abnehmenden Ertrages kann die GrSite des abh~ingigen Teiles nur als der nach dem Verlaufe der Kurve der Grenzertri~ge bestimmte Ertragszuwachs, der v o n d e r Mitwirkung eines Arbeiters (des ,,letzten" Arbeiters oder ,,Grenzarbeiters") abhi~ngig ist, bestimmt sein. Je mehr Arbeiter beschi~ftigt sind, desto geringer ist dieses Grenzprodukt der Arbeit, desto geringer auch --- infolge des vermehrten Angebotes - - der zu erwartende ErlSs des Produktes, desto geringer also auch das Lohnangebot, das die Produzenten machen kiinnen. Soweit die Nachfrage nach Arbeit. Sehr viele und zum Teile umstrittene Fragen h~tngen mit der Frage der Gestaltung des Angebotes y o n Arbeitskri~ften auf dem Arbeitsmarkte zusammen. Eine ganz einfache Ableitung ftir die von links nach rechts ansteigende Angebotskurve ergibt sich aus folgendor Erwagung" Die Arbeiter wollen arbeiten gehen, um damit ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Es entspringt also das Arbeitsangebo t einem sozialen Drucke, welcher aus der Notwendigkeit des Erwerbes stammt. Dieser Druck wird nun bei verschiedenen einzelnen Arbeitern ~e nach ihren persiinlichen Verhi~ltnissen mehr oder weniger stark wirksam sein. Das wird zur Folge haben, dalt der eine schon bei einem niedrigeren Lohne zu arbeiten bereit sein wird, andere erst bei einem hSheren Lohne. Daraus ergibt sich eine Schichtung des Arbeitsangebotes nach der HShe des Lohnes. Das Angebot wird um so grSiter sein, ~e hiiher der Lohn ist.
Der Lohn und das Grenzprodukt ,der Arbeit.
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An dem Grundsatze wird sich nichts ~indern, wenn man - ob mit Recht oder Unrecht sei hier viillig d a h i n g e s t e l l t - irgendeinen anderen Arbeitsantrieb als den hier genannten als wirksam ansieht. A u f eine weitere Entwicklung dieser Argumentation mult hier verzichtet werden. Von Intersse ist aber ein kurzer Hinweis auf die mutmaitliche Ausgestaltung der Angebotskurve der Arbeit. Die Verhiiltnisse werden im einzelnen ~e nach den in einem Lande gegebenen MSglichkeiten recht verschiedene sein, aber die folgende Argumentation wird im allgemeinen wohl als zutreffend angesehen werden kiinnen. Bei einem Lohne, welcher unterhalb eines so niedrig wie nur denkbar gehaltenen Existenzminimums steht, wird ein praktisch in Betracht kommen,des Arbeitsangebot kaum z u linden sein. Erst bei diesem L o h n s a t z e des Existenzminimums wird ein gewisses ArS beitsangebot sich zeigen, das bei Abb. 9. Eine Angebotskurve der einer weiteren Hinaufsetzung des Arbeit. Existenzmintmum M M ; geLohnes sich vergrSltert: Viele Arwohnter Lebensstandard S,.g. beiter werden eben bei einem allzuniedrigen Lohne sich von dem normalen Arbeitsmarkte fernhalten und irgendwie anders s i c h einen Lebensunterhalt zu verschaffen suchen. 'Bei einem Lohnsatze, welcher der gewohnten Lebenshaltung der Arbeiterschaft entspricht, wird der grSfite Teil der Arbeiterschaft arbeitsbereit sein. Eine Erweiterung des Arbeitsangebotes durch eine weitere LohnerhShung wird nur in geringem Ausmalte mSglich sein. Aus dieser Erwi~gung ergibt sich, daIt die Kurve des Arbeitsangebotes zuerst (wenn iiberhaupt; es kommt dabei auf den Unterschied zwischen dem Existenzminimum und dem gewohnten Lebensstandard an) ganz langsam, sp~ter aber sehr schnell steigen wird (Abb. 9). Diese Angebotsgestaltung der Arbeit kann immer nur als eine unter den ~eweiligen Verh~ltnissen gegebene angesehen werden. Von Verschiebungen des Arbeitsangebotes sei hier nicht weiter die Rede, nur eines sei erwi~hnt: Die Erfahrung zeigt, dalt starker Lohndruck zu einer Vermehrung des Arbeitsangebotes ftihren kann, wenn die damit erzwungene Herabsetzung des Lebensstandards Anlait gibt, dal~ Frauen in erweitertem Ausmai~e ! !
Strigl, Nationaliikonomie.
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Das Kostengesetz und die Preise ,der Produktion.smittel.
in Arbeit gehen. Umgekehrt kann ein hSherer Lohn ffir M ~ n e r dazu fiihren, daf Frauen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden und sohin das Angebot zurfickgeht. (/~hnliches kSnnte fiir gewisse Falle fiber einen Zusammenhang von LohnhShe und Arbeitsdauer gesagt werden.) Es ist, klar, d a f dieser Zusammenhang ein typisch dynamischer ist, nach der Art der von ~ n s frfiher erwahnten Zusammenhange (S. 8 f.); er schlieft night aus, daf in ~enem Augenblick die von uns geschilderte Steigung der Angebotskurve von links nach rechts besteht. Aus dem Schnittpunkte der Angebots- und der Nachfragekurve ergibt sich bei der Lohnpreisbildung so wie sonst auf einem freien Markte ein Marktpreis, welcher den von uns frfiher hinsichtlich dieses Preises erwahnten Bedingungen (,S. 3) entspricht. (Eine Besonderheit, welche sich aus einem horizontalen Verlaufe der Angebotskurve der Arbeit in einem relevanten Bereiche ergeben kann, wird spater - - S . 109 --- besprochen werden. Dieser horizontale Verlauf ergibt sich dann, wenn bei Erreichung einer gewissen LohnhShe e i n e grofe Zahl von Arbeitern arbeitsbereit wird.) Das ist hier nur festzustellen. Zu erwahnen ist aber schon hier, daf die F~.lle einer Preisbildung, welche nicht zur Bildung dieses sogenannten Konkurrenzpreises ffihrt, gerade auf dem Arbeitsmarkte haufig und besonders auffallend sein werden. Darfiber wird sp~,ter gesprochen werden. Ein Hinweis auf frfiher einmal vertretene andersartige Lehrmeinungen fiber die Bildung des Lohnes ist aber in Anbetracht des Umstandes, daft Gedankeng~inge dieser Art auch heute noch eine bedeutende Rolle spielen, ~edenfalls notwendig. Eine durch lange Zeit vertretene Ansicht ist in der Formulierung des sogenannten ehernen Lohngesetzes sehr bekannt: Der Lohn des Arbeiters kann auf die Dauer nicht von der HShe des Existenzminimums abweichen, insbesondere auch nicht wesentlich fiber dieses steigen. Wenn der Lohn hSher ist, so wird es den Arbeitern gut gehen, sie werden gesund und kraftig sein, langer leben, frfiher heiraten und eine grSl~ere Familie aufziehen, so dal~ das Angebot an Arbeitskraften wachsen muff und der Lohn heruntergedriickt wird; umgekehrt wird ein Sinken des Lohnes unter das Existenzminimum zur
Der Lohn and das Grenzprodukt der Arbeit.
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Folge haben, dag die Arbeiter friiher arbeitsunf~thig werden, sp~ter heiraten, weniger Kinder aufziehen kSnnen usw., so dall die Verringerung des Arbeitsangebotes den Lohn wieder in die HShe hebt. Diese Argumentation - - ihr Wesen ist eine Fortsetzung der Argumentation des Kostengesetzes in die Fragen des ,,Nachschubes" an Arbeitskr~tften - - ist zweifellos einfach falsch. (Wenigstens in ihrer allgemeinen Fassung --ftir manche besondere F~tlle mSge sie eine gewisse Berechtigung haben.) Der hier behauptete Zusammenhang zwischen der ttiihe des Lebensstandards und dem Angebot an Arbeitskr~ften ist nicht nur im allgemeinen nicht gegeben, sondern es ist in aller Deutlichkeit nachgewiesen worden, dalt eher der umgekehrte Zusammenhang besteht, dalt n~mlich gerade in den sozial niedriger stehenden BevSlkerungsschichten die Kinderzahl grSlter ist als in den gehobeneren. Weitaus mehr Berechtigung hat d i e - ebenfalls sehr alte und sehr b e k a n n t e - sogenannte Lohnfondstheorie der Arbeit, welche besagt, dalt die GesamthShe der Arbeitsliihne bestimmt ist durch einen ,,Lohnfonds", welcher den Unternehmern zur Bezahlung von Arbeitskraften zur Verftigung steht. Mehr als dieser ausmacht kann den Arbeitern nicht zugute kommen, so dait eine starre HShe ftir die gesamte Lohnzahlung - - wenn man will: eine starre HShe ftir den Durchschnitt des Arbeitsl o h n e s - gegeben ist. Wir werden uns mit dieser Argumentation der Lohnfondstheorie, welche im Wesen eine Lehre vom Kapital ist, noch in einem anderen Zusammenhang zu befassen haben, dabei auch kurz darauf hinzuweisen haben, dag der richtige Kern der Lohnfondstheorie nicht im Widerspruch zur Lehre yon der Bestimmung des Arbeitslohnes durch das Grenzprodukt steht. Die grSl~te Anerkennung in weiten Kreisen genieltt aber heute die sogenannte Machttheorie des Arbeitslohnes. Ihr Kern liegt in der Behauptung, dalt nicht eine 5konomische Notwendigkeit bestimmend ftir die Lohnhiihe ist, sondern dait ausschlieltlich soziale Machtverhi~ltnisse die tIShe des Lohnes, also den Anteil der Arbeiterschaft am Gesamtprodukt bestimmen. Insoweit diese oft nicht recht klar vertretene Argumentation die Meinung verficht, dait Lohnfestsetzungen durch ,,Machtverhhltnisse" miiglich sind, werden wir ihr ohne weiteres zustimmen 4:~
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Das Kostengesetz ur~d die Preise tier Produktion,smittel.
kSnnen. Wir haben bisher ~a nur ~ene Preisbildung iiberhaupt und insbesondere auch nur ~ene Lohnpreisbildung behandelt, in welcher sich aus Angebot und Nachfrage ein Preis auf dem ,,freien Markte" bildet. "~ber andere Arten der Preisbildung sprechen wir sparer. Dort aber werden wir auch noch sehen, daI~ gerade auch im Falle einer Lohnpreisbildung durch die Einwirkung von Machtverh~ltnissen ~ener Lohnsatz, welcher bei einem freien Markte bestehen wfirde, eine grol~e Bedeutung hat, dies deshalb, weft ~edes Abweichen yon diesem Lohnsatz bestimmte Folgen nach sich ziehen mull Die Anhanger der Machttheorie des Lohnes leugnen nun meistens das Bestehen solcher notwendiger Wirkungen. Ihre Gedankeng/~nge sind dann in eine Betrachtung, welche 5konomische Notwendigkeiten anerkennt, nicht einzubauen. Gegen sie spricht tausendf~ltige Erfahrung, welche immer wieder zeigt, dal~ die Auffassung, welche Lohnzahlung als Kostenaufwendung betrachtet, richtig ist.
8. Die alternative Verwendung des Prinzips der Grenzproduktivitiit. Wenn wir den einfachen Fall einer Kombination yon Arbeit und Boden uns vor Augen halten, so ergibt sich uns im Zusammenhalt des abnehmenden Ertrages und der Lohnpreisbildung nach dem Grundsatze der Grenzproduktivit~t ohne Schwierigkeit eine Ableitung fiir die Bestimmung des dem Boden zukommenden Ertragsanteiles. W e n n - - - i n dieser Form ist die Ableitung am einfachsten verst~indlich---ein Piichter den Boden mit Arbeitskriiften bearbeitet und diese nach Marlgabe des Grenzproduktes der Arbeit entlohnt, so erhalten die Arbeiter einen Teil des Ertrages, der in der Abb. 10 durch die Fliiche OACD umschrieben ist (Zahl der Arbeiter OA multipliziert mit dem Grenzprodukt AC). Die Flache BCD zeigt einen Rest an, welcher nach Bezahlung des Arbeitslohnes fibrig bleibt. Soviel als dieser Teil des Ertrages ausmacht (von einem Gewinn des Pachters kSnnen wir hier absehen), kann der Bodenbesitzer verlangen. E r wird das auch yon seinem Piichter erhalten miissen, wenn er in der Vergebung seines Bodens frei ist, weil dieser Ertragsanteil yon ~edem anderen Piichter gezahlt werden kSnnte. Das Einkommen des Bodenbesitzers (die ,,Bodenrente") kann also als ein Ertragsrest aufgefaf~t werden,
AlternativeVerwendung des Prin'zips tier Grenzproduktivitiit. 53 welcher nach Zahlung der iibrigen Kosten (in unserem Beispiele: nach Zahlung des Arbeitslohnes) iibrig bleibt. Auf Grund unserer frtiheren Ableitung der Ertragsgestaltung lal~t sich nun zeigen, dal~ die Argumentation auch unter Wechsel der Positionen von Arbeit und Boden vorgenommen werden kiinnt~. Wir kSnnten die Zahl der Arbeiter als fix annehmen und in der Strecke OA die einzelnen Einheiten des Bodens auftragen, welche wir uns mit der gegebenen Zahl von Arbeitern bearbeitet vorstellen. In diesem Falle erhalten wir ein Grenzprodukt der Einheit des Bodens in der HShe OA, der der Gesamtheit des Bodens zuzurechnende Ertrag ware OACD, 'wahrend als Ertrag B der Arbeit der Rest des Gesamtertrages, also BCD ~erbleiben wtirde. Es liiltt sich - - das kann hier nicht naher ausgefiihrt D werden - - zeigen, daIt die beiden Methoden der Ertragsaufteilung zu demselben Ergebnisse ftihren (,,Koordination" der Zurechg d nung). Abb. 10. Die Zurechnung des Grenzproduktes und
Hier aber ist zunachst Gelegenheit, der Ertragsrest. eine allgemeine Bemerkung yon grundsatzlicher Bedeutung zu machen. Die Abb.10 zeigt deutlich, daI~ der ,,volle Arbeitsertrag" der hier beschaftigten Arbeiter die ganze Fl~iche OABC ist. Freilich sagt dieser Satz eigentlich nicht viel mehr als das, dalt eben der ganze Ertrag, welcher in der Kombination von Arbeit und Boden gewonnen werden kann, n i c h t gegeben ware, wenn die Arbeit nicht aufgewendet wird. Es kiinnte schlieltlich mit derselben Berechtigung gesagt werden, dalt der ganze Ertrag nur Ertrag des Bodens ist, weil ~a ohne Mitwirkung des Bodens dieser E r t r a g auch nicht zustande kommen kiinnte. Man kSnnte als0 hier mit derselben Berechtigung im Sinne eines Rechtes auf den ,,vollen Arbeitsertrag" wie auch eines Rechtes auf den ,,vollen Bodenertrag" pl~idieren. Unsere Ableitung hat aber gezeigt, dalt die Ertragsaufteilung nach den Grundsatzen einer ,,Grenzrechnung" vorgehen mulk Eine g a n z e einfache Uberlegung zeigt ihre Notwendigkeit: Wenn ein Arbeiter mehr als OA (A,bb. 10) an Entlohnung verlangen wtirde, so hatte der Produzent kein Interesse daran, ihn zu beschaftigen,. Er wtirde
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Da.s Kostenge.setz und die Preise ,der Produktionsmittel.
~a, wenn er einen Arbeiter weniger beschaftigt, nur einen Ertrag in der GrSlte OA verlieren. Selbst wenn er wollte, kiinnte der P i i c h t e r - bei strenger wirtschaftlicher Rechnung aller Beteiligten-- einem Arbeiter nicht mehr als OA zahlen: denn ~ede Mehrzahlung an einen Arbeiter kSnnte, wie aus der Zeichnung unmittelbar ersichtlich ist, nur auf Kosten des Anteiles des Bodens am Ertrage gehen; der Besitzer des Bodens aber mfiltte - - bei freier DispositionsmSglichkeit fiber den Boden - auf keinen Fall auf einen Teil des Ertrages verzichten, weil er ~a bei einem anderen P~chter ohne weiteres den Ertrag, welcher nach Abzug der Arbeitskosten verbleibt, erhalten kiinnte. Nur die Begrenzung des Arbeitslohnes auf die Hiihe des Grenzproduktes macht es ~a mSglich, dalt der Bodenbesitzer ~enen Ertrag erhi~lt, welchen er nach der Grenzproduktivitat des Bodens ffir sich in Anspruch nehmen kann. Die hier im Zusammenhange mit der Behandlung des Kostengesetzes entwickelten Grundsi~tze der Ertragsaufteilung mfissen fiberall dort Geltung haben, wo das Zusammenwirken von Produktionsmitteln dem Grundsatze des abnehmenden Ertrages unterliegt. Wenn wir in unserer Ableitung an die Stelle der Ausdrficke Arbeit und Boden die Namen irgendwelcher anderer Produktionsmittel gesetzt h~tten, so ware ~a in der Entwicklung der Grundsiitze der Ertragsaufteilung und der Preisbildung nichts ge~ndert worden - - solange eben das Zusammenwirken dieser Produktionsmittel (Vermehrung des einen bei Konstanthaltung des anderen) dem abnehmenden Ertrage unterliegt. Die Behandlung ~ener Fiille, bei welchen diese wesentliche Voraussetz~ng ffir die hier gegebene Ableitung nicht vorliegt, hat im Rahmen der Behandlung der Probleme des Kapitals zu erfolgen. Die Besonderheiten, welche dort hinsichtlich der fixen Kapitalgfiter darzustellen sein werden, andern nichts an einigen ~etzt vorzutragenden Feststellungen fiber die Bedeutung des Grundsatzes der Grenzproduktivitiit ffir den allgemeinen Aufbau der Produktion. 4. Die GrSfle der Einkommen und das 8konomische Maximumtheorem. Die GrSl~e des Grenzproduktes wird einerseits die Bezahlung eines ~eden Produktionsmittels bestimmen, anderseits aber
Die GrSl~e der Einkommen. Das 5konomische Maximumtheorem. 55 auch fiber die Verwendung der einzelnen Produktionsmittel entscheiden. Zuiichst wird bei der Aufteilung der Produktionsmittel auf die einzelnen Betriebe innerhalb eines Produktionszweiges eine Tendenz zur Ausgleichung der GrSl~e des Grenzproduktes eines ~eden Produktionsmittels in allen Verwendungen (Betrieben) bestehen. Wo das Grenzprodukt eines Produktionsmittels n u t ein kleineres ist, wird es ~a (wenigstens auf die Dauer) nur eine geringere Bezahlung erhalten kiinnen. Sein Besitzer wird dann bestrebt sein, es in einer anderen Verwendung anzubieten, in welcher die Erzeugung eines grSiteren Ertragszuwachses auch eine hiihere Entlohnung ermSglicht. Der Grundsatz der Ausgleichung des Grenzproduktes mul~ abet auch ffir die Beziehungen zwischen verschiedenen Produktionen gelten. Richtet sich auch die GrSlie der Entlohnung eines Produktionsmittels zun~chst nach der GrSlte des Grenzproduktes in ~ener Produktion, in welcher es verwendet wird, so sind die verschiedenen Produkte doch fiber die Preisrechnung miteinander vergleichbar. Das Streben der Besitzer der Produktionsmittel nach Erzielung einer mSglichst grol~en Entlohnung wird dazu ftihren, dab auch zwischen den verschiedenen Produktionen Verschiebungen stattfinden. Produktionsmittel werden aus einer Produktion in eine andere hiniiberstriimen, solange bis der PreiserlSs in ~eder Verwendung gleich grofi ist. Die Ausgleichung wird fiber Anderungen der beiden GrSlten Grenzprodukt und Preis des Grenzproduktes gehen: Wenn in der Produktion A die Entlohnung eines Produktionsmittels geringer ist als in der Produktion B, werden Produktionsmittel a~s A nach B hinfiberstr~imen. Das Grenzprodukt in A wird damit griilter, das in B geringer. Zugleich wird der Preis des Produktes von A infolge des geringeren Angebotes steigen und der Preis des Produktes von B fallen. Das ,,Gleichgewicht" ist erreicht, sobald das Grenzprodukt dieses Produktionsmittels in A und in B preisgleich ist und damit auch seine Entlohnung in beiden Verwendungen gleich grol~ sein kann. Damit ist eine Bestimmung ftir die GrSiie des Einkommens eines ~eden, welcher der Produktion Produktionsmittel zur Verffigung stellt, gegeben: Jedes Einkommen wird gleich dem Grenzprodukte des Produktionsmittels, aus dessen Verwendung das Einkommen entsteht, wobei dieses Grenzprodukt fiir
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Da,s Kostengesetz und die Preise ,der Produktionsmittel.
gleichartige Produktionsmittel gleich grol~ sein wird. (Die Bestimmung der GrSlte der Einkommen erfolgt also aus der Ertragsaufteilung. Eine abgesonderte Lehre v o n d e r Bestimmung der GrSlte der Einkommen gibt es nicht.) Die ,,Gleichheit" ist dabei eine Gleichheit des Preises, welche am einfachsten in GrSiien eines allgemeinen Tauschmittels, einer Geldmenge, vorgestellt werden kann .... ~ber die reale Bedeutung dieser Einkommen ist noch einiges zu sagen. Zun~tchst seien aber aus dem Grundsatze der Grenzproduktiviti~t einige wichtige Folgerungen abgeleitet, welche in der Methode der sukzessiven Anniiherung an die Verh~tltnisse der Wirklichkeit entwickelt werden s o l l e n . 1. Wenn in einer Wirtschaft nur ein einziges Gut erzeugt wird, so ist es klar, dai~ die Verwendung eines ~eden Produktionsmittels nach Maltgabe des Grundsatzes der Grenzproduktivitiit ein Maximum an Ertrag erzielen li~Itt. Die Ableitung ftir diesen Satz ist ohne weiteres gegeben, wenn man von einem beliebigen Aufbau der Produktion ausgeht und fragt, welche Verschiebungen die Anpassung dieses Produktionsau~baues an den Grundsatz der Grenzproduktiviti~t aus15sen wird. Es ist klar, dal~ einzelne Produktionsmittel aus einer Verwendung (aus einem Betriebe) herausgezogen und in eine andere iiberstellt werden, solange bis keine derartige ~berstellung mehr zu einer VergrSlterung des mit einem Produktionsmittel erzielbaren Ertragszuwachses fiihren kann. Jede solche Umstellung aber mult zu einer VergrSlierung des Ertrages ffihren. Im ,,Gleichgewicht" ist d a s Grenzprodukt gleichartiger Produktionsmittel in ~eder der verschiedenen Verwendungen gleich grol~ und die Produktmenge maximiert. 2. Diese Ableitung kann ohne weiteres auch in ~enem Falle verwendet werden, in welchem es sich nicht mehr um die Erzeugung eines einzigen Produktes, sondern um eine Vielheit von Produkten handelt, bei welchen die Preise im voraus gegeben sind. (Ein Anwendungsfall: Der Aufbau der Produktion eines kleinen Landes, welches unter den giinstigsten Verkehrsverh~ltnissen in eine Weltwirtschaft eingebaut ist, so dal~ die Produktpreise durch den Weltmarkt bestimmt sind, ohne dait dabei Transportkosten eine entscheidende Rolle spielen wiirden, wobei zugleich die Produktion dieses Landes nicht groIt genug
Die GrSlie tier Einkommen. Das iikonomische Maximumtheorem. 57 ist, um durch ihr Angebot die Weltmarktpreise in merklicher Weise zu beeinflussen.) Es wird von ~edem einzelnen Produkte ein Maximum erzeugt werden, wobei die Verteilung der Produktionsmittel auf die einzelnen Produktionen, damit auch die Bestimmung, wie grol~ das Maximum in ~eder einzelnen Produktion sein kann, nach Mafigabe der bestehenden Preise erfolgt. 3. Weitaus schwieriger wird die Entwicklung des ,,Maximumtheorems" in ~enem Falle, in welchem die Preise der Produkte als unbestimmt angenommen werden miissen. Von einem Produktmaximum im strengen Sinne kann h i e r tiberhaupt nicht gesprochen werden, weil ~a nicht die Maximisierung des Ertrages irgendeiner Produktion in Frage stehen kann, sondern nur die m e h r e r e r verschiedenartiger Produktionen, deren Produkte aber aus naheliegenden Grtinden niemals summierbar sind. (Es steht also in Frage, ob (tie Vermehrung des Gutes A oder aber des Gutes B zu einer ,,VergrSlterung des Ertrages" f t i h r t . - Eine einfache Uberlegung zeigt, dait hier die Preisrechnung eine Uberwindung der Schwierigkeit nicht ermiiglicht.) Es gentige fiir unsere Zwecke die Feststellung, dalt die Produktion sich nach Maltgabe der bestehenden ,,kauffi~higen" Nachfrage erstellen wird. Die Erzeugung eines ~eden Produktes wird also solange ausgedehnt werden, bis die Nachfrage ein anderes Produkt dem erweiterten Angebot dieses Produktes vorzieht. (Da die Gestaltung der Nachfrage nach verschiedenen Produkten vor allem von der bestehenden Eigentumsverteilung abhangig ist, zeigt sich hier deutlich die in dieser liegende ,,soziale" Determinante der Wirtschaft: Wenn eine andere Eigentumsverteilung eine andere Gestaltung der Nachfrage zur Folge hat, so wird auch das nach Maitgabe dieser Nachfragegestaltung bestimmte ,,Maximum" des Produktes ein anderes sein.) Jeder dieser drei Maximumformeln fiir den Ertrag entspricht auch eine Maximumformel ftir das Grenzprodukt der Produktionsmittel. Im ersten Falle (Erzeugung eines einzigen Produktes) wird fiir ~edes Produktionsmittel das Grenzprodukt gerechnet in Einheiten des Produktes ein Maximum sein. (Wenn einer vermehrten Produktion dieses Produktes im Austausch von - - etwa aus einem Auslande einzuftihrenden - -
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Da,s Kostenge.setz uad die Preise tier Produktionsmittel,
anderen Produkten infolge des durch das vermehrte Angebot stiirker gefallenen Preises ein geringeres ,,Realeinkommen" gemessen i n diesen anderen Produkten entspricht, so kann dies der Maximumformel, welche ~a nur von einem grSltten Ertrag in diesem Produkte entspricht, nicht widersprechen.) Im zweiten Falle (im voraus gegebene Produktpreise) wird ~edes Produktionsmittel eine Entlohnung erhalten, welche ein Maximum an Einkauf von Giitern ermSglicht. (Jede andere Verwendung eines Produktionsmittels wiirde einen geringeren Grenzertrag und bei der gegebenen Relation der Preise auch ein geringeres Realeinkommen fiir den Besitzer des Produktiosmittels bedeuten.) Der Sachverhalt ist also der, dalt der Aufbau der Produktion nach Maitgabe der Erzielung miiglichst grolter Grenzprodukte ftir ein ~edes frei angebotene u n d frei verwendbare Produktionsmittel (es ist der Fall des Monopols oder ~ihnlicher Positionen, welche einer Gruppe ,,auf Kosten anderer" Sondervorteile sichern kiinnen, hier ausgeschlossen. Vgl. dazu Kapitel V) den grSitten mSglichen Ertrag im Sinne des grSltten Realeinkommens, das bei den gegebenen Preisen erzielbar ist, sichert. Hier kSnnen wir demnach, solange wir die Annahme stabiler Produktpreise festhalten, ohne ~ede weitere Einschrankung v o n d e r grSltten Ergiebigkeit aller Produktionsmittel, von einer Maximisierung nicht nur des Gesamtertrages der Produktion, sondern auch von einer Maximisierung aller Einkommen sprechen. Wenn wir diese Formel aber auch fiir den dritten der besprochenen F~tlle anwenden, in welchem die Preise der Produkte im voraus nicht als gegeben angenommen werden kSnnen, ftir ~enen Fall also, welcher den Verh~tltnissen unserer Wirtschaft allein in strenger Weise entspricht, so kSnnte dagegen mancher Einwand erhoben werden. Wir haben frtiher bei der Entwicklung der Maximumformel ftir diesen Fall bemerkt, dait die Art der Gestaltung der Nachfrage bestimmend ist ftir die Erzeugung der verschiedenen Produkte. Hier handelt es sich nun weniger darum, eine Maximumformel in exakter Weise zu umschreiben, als dar~m, klarzustellen, dal~ eine in Vorschlag gebrachte Bezeichnung eines bestimmten Zustandes als des Zustandes der ,,grSl~ten Ergiebigkeit" fiir ~edes einzelne Produktionsmittel wirklich sinnhaft ist. Es w~tre nun
Dio GrSlte ,der Einkommen. Das 8konomische Maximumtheorem. 59 denkbar, dalt dieser Zustand dadurch charakterisiert ist, dal~ z. B . das Getreide sehr teuer, dagegen irgendwelche Luxusgtiter, die ftir den Massenkonsum iiberhaupt nicht in Betracht kommen, verh~iltnism~i~ig billig sind. Das wtirde bei ,,Maximisierung des Produktes" fiir ~ene Produktionsmittel, welche nur ein geringes Einkommen beziehen kSnnen, eine Benachteiligung bedeuten gegeniiber einem vielleicht miiglichen Zustande, in welchem eine Einschri~nkung der Luxuswarenproduktion zugunsten lebenswichtiger Produkte gegeben ist. ]u glauben abet, daI~ die Bedachtnahme auf solche konstruierte F~tlle ftir die praktische Verwertung unserer Formel als eine iiberspitzte Kasuistik anzusehen w~tre. Dies aus dem Grunde, weil nicht anzunehmen ist, daIt die allgemeine Bestimmung der Produktion nach dem Grundsatze der Grenzproduktiviti~t durch alle Produktionen hindurch, welche ~a fiir alle Produktionsmittel den Ertrag steigert, in dieser Weise eine Benachteiligung der Produktionsmittel in ihrer Nachfrage nach Produkten nach sich ziehen wird. (Eine theoretisch exakte Formulierung der Maximumfoi'mel miiltte wohl dahin gehen, dait das Maximum als ~enes anzusehen ist, welches bei Anerkennung der bestehenden Eigentumsverteilung und bei Anerkennung aller Konsequenzen derselben zu erzielen ist.) Hier abet zum Abschlul~ noch eine kurze Bemerkung fiber die Anwendung der ,,Theorie" der Grenzproduktivit~t. Der pythagoreische Lehrsatz ,,gilt" bekanntlich fiir ~edes rechtwinkelige Dreieck, obwohl noch niemals ~emand ein ,,wirkliches" Dreieck zeichnen konnte. Die Seite eines gezeichneten Dreiecks ist ~a nicht eine ,,ideale" Gerade, sondern genau genommen (mikroskopisch betrachtet) ein recht unfiirmiger KSrper. Das hat aber noch niemals einem Konstrukteur Bedenken gemacht. Fiir unseren Bereich sei aber gleich eine Folgerung aus dem Hinweis auf diesen Fall gegeben. Die ,,Ertragsgestaltung" der Wirklichkeit entspricht nicht einer schSn konstruierten kontinuierlich verlaufenden Kurve. Sie mag Sprtinge und Unausgeglichenheiten haben. Die Ableitung des Prinzips erfordert freilich das Ausgehen von Konstruktionen, mit denen wir ohne Schwierigkeit operieren kiinnen. Die Wirksamkeit des Prinzips der Grenzproduktivit~tt in der Welt der Wirklichkeit wird abet dutch die Rauheit und Spr(idigkeit der Materie, mit
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Das Kostengesetz und die Preise ,der Produktionsmittel.
welcher die Wirtschaft rechnen mult, nicht aufgehoben. ~brigens werden wir uns spi~ter (S. 207) mit dem wichtigsten Umstande, welcher unter den ,,Reibungs, widersti~nden" (,,Friktionen") der Wirtschaft zu beachten ist, befassen. 5. Die Lehre v o m wirtschaftlichen Werte.
Die heute gegebene Verkehrswirtschaft ist historisch geworden, es lag vor ihr eine Wirtschaft, welche Tauschakte iiberhaupt nicht oder nur in beschr~inktem AusmaIte kennt. Es kann dazu kommen (mag es auch nicht wahrscheinlich sein), dalt die Entwicklung einmal zu einer vSllig tauschlosen Wirtschaft fiihrt. Aus zwei Griinden hat aber die Wirtschaftslehre immer wieder groites Gewicht auf die Betrachtung einer tauschlosen Wirtschaft gelegt und diese Betrachtung in der Lehre vom wirtschaftlichen Werte n~ther entwickelt. Erstens deshalb, well infolge der Vorstellbarkeit einer tauschlosen Wirtschaft die allgemeinste Theorie der Wirtschaft nur eine Lehre sein kann, welche ~ede Wirtschaftsform in ihre Betrachtung einschlieltt, also fiber den Bereich der Tauschwirtschaft hinaus auch die tauschlose Wirtschaft erfaitt. Dann aber aus dem zweiten Grunde, well die Entwicklung der Wertlehre gewisse allgemeine Aussagen fiber wirtschaftliches Geschehen besser darstellen l~ltt als die P r e i s l e h r e . W i t werden hier in einer k u r z e n Entwicklung die Wertlehre in den fiir unsere Zwecke wichtigsten Belangen vortragen, wobei im voraus festgestellt sei, dalt alles das, was wir v o n d e r Ertragsgestaltung gesagt haben, auch in einer tauschlosen Wirtschaft seine Anwendung finden mul~.. 1. Der einzelne Wirt steht einer unzureichenden Versorgung mit Mitteln ftir die Erreichung seiner Ziele gegeniiber, welche ihn zwingt, unter den miiglichen Zielerreichungen eine Auswahl zu treffen. Damit ist der ,,Tatbestand der Wirtschaft" gegeben. Soweit die Mittel ~Sllig ausreichend sind (unter normalen Verh~tltnissen etwa Wasser) sind diese nicht ,,wirtschaftliche Gtiter". Die Verwendung gleichartiger Mittel wird in der Weise erfolgen, dal~ die ,,wichtigsten" (die vom Wirt ,,vorgezogenen") Zwecke ,,zuerst" erreicht werden. Bei dem ,,mindestwichtigen" mit dem gegebenen Vorrat erreichbaren Zweck bricht die Verwendung ab. Da von einem Stiick aus
Die Lehre vom wirtschuftlichen Werte.
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einem Vorrat gleichartiger Giiter diese mindestwichtige Verwendung ,,abh~ngig" ist, wird diese ,,Grenzverwendung" bestimmend fiir den W e r t eines Stiickes. (,,Grenzwert." - - In einer haufig vertretenen Formulierung: Der Nutzen, den ~eweils jede einzelne Einheit eines Vorrates gleichartiger Giiter stiftet, ihr Beitrag zur ,,Bediirfnisbefriedigung", ist verschieden. Der geringste Nutzen, welcher mit dem gegebenen Vorrate erzielt werden k.ann, der ,,Grenznutzen", ist 'bestimmend fiir die Bewertung eines Stiickes aus dem Vorrate). 2. Der Wert eines Produktionsmittels ist immer nur ein von einem Produktwerte ,,abgeleiteter". Die ,,Wertzurechnung" erfolgt in der Weise, dal~ zun~chst der von der Mitwirkung des Produktionsmittels abhangige Teil des P r o d u k t e s (das Grenzprodukt) bestimmt wird. Der Wert des Produktionsmittels ist dann gleich dem Werte des Grenzproduktes. (Wo nur ein einziges Produktionsmittel verwendet wird, ist dieses dem Produkte wertgleich. In den meisten Produktionen entsteht aber das Problem des Zusammenarbeitens mehrerer ,,komplement/~rer" Produktionsmittel, das in der Ertragslehre behandelt wurde.) Dort, wo ein ,,Produktionsmittel" in ausreichender Menge zur Verfiigung steht, so dal~ ~ede gewiinschte Verwendung desselben mSglich ist (z. B. unter bestimmten Voraussetzungen Wasser), h~ngt von seiner Mitwirkung ein Ertragsanteil nicht ab, es erh~lt daher auch keinen (,,wirtschaftlichen") W e r t zugerechnet. (Es kann daneben von einem ,,technischen" ,Gesichtspunkte fiir die Produktion unentbehrlich sein.) Die Aufteilung der Produktionsmittel auf die verschiedenen Pro~uktionen erfolgt ,dabei in der Weise, dal~ der Wert,des Gren, zpro dulkt es in jeder Verwendung gleich grol~,wird. 3. Aus dem Grundsatze der Wertzurechnung folgt, daR der Wert eines Produktionsmittels unabh~ngig von der GrSl~e allenfalls friiher zu seiner Gewinnung aufgewendeter Kosten ist. Dies wird im Rahmen der Betrachtung der Kapitalgiiter von Bedeutung sein. Ubrigens ist es auch klar, dal~ die Bewertung eines fertigen Produktes nicht nach Mal~gabe der (vielleicht unter falschen Voraussetzungen) aufgewendeten Kosten erfolgt, sondern ausschliel~lich im ttinblick auf die MSglichkeit einer ,,Bediirfnisbefriedigung" unter Riicksicht auf den gegebenen Giitervorrat.
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Das Kapital als Produktionsm,ittel.
4. Der wirtschaftliche Wert eines Gutes kann immer n u r ein ,,sub~ektiver" sein, das hei~t ein au[ die Verwendungszwecke eines einzelnen Wirtes (dieser kann freilich seine Zwecke auch unter Riicksicht auf eine Mehrzahl yon Individuen erstellen, z. B. ein Familienvater) bezogener und yon diesen abhKngiger. In der Tauschwirtschaft kann der Wert als ,,Tauschwert" auch die MSglichkeit der Erwerbung eines an o deren Gutes im Wege des Tausches beriicksichtigen. Dagegen kann eine F o r m e l yon einem ,,sozialen Werte" (einer wirtschaftlichen Bewertung durch die Gesellschaft) in der Wirtschaftslehre nicht brauchbar werden. Dies deshalb, well wirtschaftliche Bewertung immer nur einen Sinn haben kann in bezug auf die mSgliche Verwendung eines Gutes, die Verwendung eines solchen aber immer nur durch ein ,,Wirtschaftssub~ekt" erfolgen kann. (Wo man in der Konstruktion einer kommunistischen Zentralwirtschaft von einer Bewertung eines Gutes durch die zentrale Wirtschaftsverwaltung Spricht, ist fiir diese Bewertung der Grundsatz des sub~ektiven Wertes im Hinblick auf die yon dem Wertenden gesetzten Ziele anzuwenden.)
IV. Das Kapital als Produktionsmittel. 1. Das Prinzip der kapitalverwendenden Produktion. Eine Argumentation, welche wit sparer vortragen werden, zeigt, daft eine Steigerung des Ertrages einer Produktion nicht n u t dadurch mSglich ist, daI~ mehr Produktionsmittel verwendet werden, sondern auch dadurch, da~ das Einsetzen der Produktionsmittel im zeitlichen Ablauf des Produktionsprozesses ge~ndert wird. Es wird der Ertrag steigen, wenn (in einer geeigneten Wahl) Produktionsmittel in der Weise verwendet werden, dab zwischen ihrem Einsetzen in den Produktionsproze~ und dem Erzielen des fertigen Produktes mehr an Zeit vergeht. Die MSglichkeit also, auf den Ertrag der Produktion vom Einsetzen einzelner Produktionsmittel an l~tnger zu warten, oder --- anders ausgedrtickt - - die MSglichkeit, die Leistungen yon Produktionsmitteln durch eine gewisse ,,Bindungszeit" im Produktionsproze/~ ,,gebunden" zu halten, bevor ihr Ertrag da ist, oder - - i n einer welt ver-
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Das Kapital als Produktionsm,ittel.
4. Der wirtschaftliche Wert eines Gutes kann immer n u r ein ,,sub~ektiver" sein, das hei~t ein au[ die Verwendungszwecke eines einzelnen Wirtes (dieser kann freilich seine Zwecke auch unter Riicksicht auf eine Mehrzahl yon Individuen erstellen, z. B. ein Familienvater) bezogener und yon diesen abhKngiger. In der Tauschwirtschaft kann der Wert als ,,Tauschwert" auch die MSglichkeit der Erwerbung eines an o deren Gutes im Wege des Tausches beriicksichtigen. Dagegen kann eine F o r m e l yon einem ,,sozialen Werte" (einer wirtschaftlichen Bewertung durch die Gesellschaft) in der Wirtschaftslehre nicht brauchbar werden. Dies deshalb, well wirtschaftliche Bewertung immer nur einen Sinn haben kann in bezug auf die mSgliche Verwendung eines Gutes, die Verwendung eines solchen aber immer nur durch ein ,,Wirtschaftssub~ekt" erfolgen kann. (Wo man in der Konstruktion einer kommunistischen Zentralwirtschaft von einer Bewertung eines Gutes durch die zentrale Wirtschaftsverwaltung Spricht, ist fiir diese Bewertung der Grundsatz des sub~ektiven Wertes im Hinblick auf die yon dem Wertenden gesetzten Ziele anzuwenden.)
IV. Das Kapital als Produktionsmittel. 1. Das Prinzip der kapitalverwendenden Produktion. Eine Argumentation, welche wit sparer vortragen werden, zeigt, daft eine Steigerung des Ertrages einer Produktion nicht n u t dadurch mSglich ist, daI~ mehr Produktionsmittel verwendet werden, sondern auch dadurch, da~ das Einsetzen der Produktionsmittel im zeitlichen Ablauf des Produktionsprozesses ge~ndert wird. Es wird der Ertrag steigen, wenn (in einer geeigneten Wahl) Produktionsmittel in der Weise verwendet werden, dab zwischen ihrem Einsetzen in den Produktionsproze~ und dem Erzielen des fertigen Produktes mehr an Zeit vergeht. Die MSglichkeit also, auf den Ertrag der Produktion vom Einsetzen einzelner Produktionsmittel an l~tnger zu warten, oder --- anders ausgedrtickt - - die MSglichkeit, die Leistungen yon Produktionsmitteln durch eine gewisse ,,Bindungszeit" im Produktionsproze/~ ,,gebunden" zu halten, bevor ihr Ertrag da ist, oder - - i n einer welt ver-
Das Prinzip der kapitalverwendenden Produktion.
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breiteten und recht anschaulichen Formel - - die MSglichkeit, Produktionsmittel in einem ,,zeitraubenden Produktionsumweg" zu verwenden, kann zur Steigerung des Ertrages ausgeniitzt werden. Der Produzent, welcher diese Chance der Ertragsteigerung ausniitzen will, mult in Anbetracht des Umstandes, dalt die Verk~ufer von Produktionsmitteln (insbesondere die Arbeiter) im allgemeinen sogleich Bezahlung verlangen werden, die MSglichkeit haben, diese Produktionsmittel bei (oder gleich nach) ihrer Aufwendung zu bezahlen, obwohl er erst sp~tter einen Ertrag erh~lt. Da die Bezahlung der Produktionsmittel in unserer Wirtschaft im allgemeinen in Geld erfolgt, ist also ftir den Produzenten die Verftigung fiber Geld Voraussetzung dafiir, dal~ er Produktionsmittel in Bindungszeiten aufwenden kann. Die Aufwendung von Geld zur Deckung von Produktionskosten erfolgt also schon heute, wahrend erst sp~ter ein Ertrag dieser Aufwendungen, welcher ein Riickerhalten des aufgewendeten Geldes ermSglicht, gegeben sein wird. Wir sprechen in diesem Falle davon, dalt diese Geldsummen die Funktion des Geldkapitals (,,fltissiges Kapital") austiben. Da wir aber die Probleme des Geldes sp~iter gesondert betrachten werden und da insbesondere die Probleme des Geldkapitals nicht losgeliist von anderen Problemen des Geldes besprochen werden kSnnen, miissen wir hier ftir die Behandlung der Fragen der Aufwendung von Bindungszeiten im Produktionsprozel~ eine rein naturalwirtschaftliche, also eine von dem Bestand des Geldes absehende Formulierung des Problems suchen. W i t erhalten diese ohne ~ede Schwierigkeit, wenn wit davon ausgehen, daIt in einer Wirtschaft, welche keinerlei allgemeines Tauschmittel (Geld) kennt, alle Bezahlungen in naturalen Giitern erfolgen miiltten, und zwar die Bezahlung der Produktionsmittel --- wie hier ohne weiteres angenommen werden kann - - in fertigen Konsumgiitern. In dieser Betrachtung mul~ also der Produzent, welcher Bindungszeiten aufwenden will, fiir die Bezahlung von Produktionsmitteln einen Fonds an Konsumgtitern zur u haben. Die besondere Vorsorge ftir die ,,Alimentierung" der Produktionsmittel (praktisch zuni~chst der Arbeiter) ist deshalb notwendig, weil ein Ertrag an Fertigprodukten erst lange nach dem Einsetzen der produktiven Leistung zu erwarten ist. Dieser Fonds wurde - -
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Das Kapital als Produktionsm, ittel.
da es sich dabei in erster Linie um die Bezahlung yon Arbeitern handelt--- mit dem Ausdrucke Lohnfonds bezeichnet. So erscheint der Lohnfonds als die prim~re naturale Form des Kapitals. Der Satz von der Steigerung der Ergiebigkeit der Produktion durch die Aufwendung von Bindungszeiten ffir in Verwendung genommene Produktionsmittel wird mit der Aufnahme des Kapitalbegriffes zur Formel yon der Ergiebigkeit der Kapitalaufwendungen oder ,,Produktivitat des Kapitals". Korrekter ware wohl der Ausdruck, daft die Aufwendung von Kapital durch Bindungszeit zu einem Produktionsmittel wird. Damit tritt neben die anderen bisher von uns erwfi~nten Produktionsmittel (Arbeit und Boden) das Kapital als ein drittes Produktionsmittel. Wie ist aber diese Ergiebigkeit des Kapitals zu begrfinden? tIier sei auf die Tatsache hingewiesen, daR das Kapital einen Kapitalzins tragt, also einen Ertrag bringt und dal~ dieser Zins in der Kostenkalkulation der Produzenten gedeckt werden kann. Wenn die Kapitalaufwendung einen Zinsertrag bringen kann, so mu~ das Kapital so wie ~edes andere Produktionsmittel zur Steigerung des Ertrages beitragen kSnnen; wenn dieser Ertrag aber abh~ngig ist von der Zeit der Bindung des Kapitals --- die Rechnung erfolgt nach der Formel Kapital (K) real Zeit (t) --, also v o n d e r Zeit, welche zwischen dem Einsetzen yon (Kapital oder von mit Kapital bezahlten) Pro, duktionsmitteln in den Produktionsprozel~ und dem Erzielen des Ertrages vergeht, so ist ~enes Element, yon welcheln der Zinsertrag abhangig ist, die Bindung von Kapital durch eine (Skonomisch relevante)Zeit, also die,GrSi~e Kapital real Zeit (K. t). Das weitere ergibt sich nach dem Schema der Ableitung des abnehmenden Ertrages und des Grundsatzes der Grenzproduktivit~tt (Abb. 10). W i r kSnnen entweder eine bestimmte GrSiie Kapital real Zeit als ein Produktionsmittel auffassen und mit einer wachsenden Menge des Produktionsmittels Arbeit kombiniert denken. Wir erhalten dann fiir diesen variablen Faktor eine Grenzertragskurve. Bei Bestimmung des diesem variablen Faktor zuzurechnenden Produktanteiles nach seiner Grenzproduktivitat verbleibt ein Rest, welcher dem Kapital zuzurechnen ist. ~ O d e r was zu demselben Ergebnisse ftihrt - - wir kiinnen eine bestimmte Menge eines Produktionsmittels - - z. B.
Das Prinzip der kapitalverwendenden Produktion.
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eine bestimmte Menge von Arbeitsaufwendungen - - als gegeben annehmen und dann die Ergiebigkeit dieses Produktionsmittels durch Zusetzen von Einheiten von Kapitalaufwendungen ( K . t) steigern. So erhalten wir ftir die Kapitalaufwendungen eine Grenzertragskurve, ftir eine gegebene Zahl dieser Aufwendungen einen Ertrag n a c h Maltgabe des Grenzproduktes: Dieses Grenzprodukt der Aufwendung einer Einheit von Kapital durch eine Zeiteinheit ist der Kapitalzins. Die Funktion des Kapitalzinses ist dieselbe wie die irgendeines anderen Kostenpreises: Es wird das Kapital in ~ene Verwendunglgebracht, in welcher sein Ertrag die Aufwendung der mit der Verwendung von Kapital verbundenen Kosten rechtfertigt .und zugleich dieser Ertrag maximisiert wird. Hier kiinnte k u r z die Lehre von Kapita! mit der bereits genannten Lohnfondstheorie verbunden werden. Zuniichst ist dargetan; dait ein Lohnfonds zur Bezahlung ~ener Arbeiter, deren Arbeitsleistungen durch relevante Zeit im Produktionsprozelt ,,gebunden" sind, notwendig ist. Dagegen kann ohne weiteres die Bezahlung von Arbeitern, welche ein Fertigprodukt in k u r z e r Dauer herstellen, aus dem Arbeitsertrage erfolgen. Der Lohnfonds ist also damit nicht mehr ein Fonds zur Bezahlung aller Arbeiter, sondern nur der ersten hier genannten Gruppe. Dann ist zu bemerken, dalt der Lohnfonds in der hier entwickelten Bedeutung nicht als eine starre GrSlte anzusehen ist, welche etwa mit einem ,,Sozialprodukt" identisch ware. Die Funktion der Alimentierung von Produktionsmitteln iibernehmen ~a fertig vorhandene Giiter nur insoweit, als sie von ihrem Besitzer ftir die Zwecke der Investierung ,,gewidmet" werden. Zu dem allgemeinen Grundsatze der Grenzproduktivitiit ist zu bemerken, dalt dieses durch den hier entwickelten Zusammenhang in keiner Weise beeintr~tchtigt wird. (Es liiflt sich ohne ~Schwierigkeit ableiten, dal~ das Produkt von Arbeitern, deren Arbeitsleistungen im ,,Produktionsumwege" ,,gebunden" bleiben, um den Zins ftir das mit der Aufwendung dieser Arbeit investierte Kapital grSiter sein wird als das von Arbeitern, welche in der Fertigstellung des Konsumgutes beschiiftigt sind und aus dem ErlSs ihres P r o d u k t e s beZahlt werden. Hinsichtlich der Frage der ,,Verteilung" ware auf das beziiglich der Verteilung des Ertrages von Boden und Arbeit Strigl, National6konomie.
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Das Kapital als Produktionsm4ttel.
Gesagte - - S . 53 f. - - hinzuweisen.) Es kann hier nicht die Ab: leitung ftir den Satz entwickelt werden, dait bei einem dem Kapitalangebot angepaitten Aufbau der Produktion der Lohnfonds gerade ausreichen wird, um die fortlaufende ,,Alimentierung" ~ener Produktionsmittel vorzunehmen, welche unter Aufwendung von Bindungszeit Verwendung finden. Die in ihrer abstrakten Form aulterordentlich einfache und sich ohne ,~edem Zwang in das Schema der allgemeinen Grenzproduktivit~tsformel einfiigende Kapitaltheorie erscheint nun sehr leicht als eine unwirkliche Konstruktion. Die Schwierigkeit der Anwendung dieser Theorie, die Schwierigkeit der Betrachtung der Verh~ltnisse unserer Wirtschaft als durch die hier in ihren Grundlagen angedeuteten Zusammenhange bestimmt, liegt - - abgesehen von der geldwirtschaftlichen Verkleidung der Erscheinungen unserer Zeit, fiber welche wir noch sprechen w e r d e n , - - darin begrtindet, dal~ tier hier dargelegte einfache Verlauf der Kapitalverwendung durch mehrere Erscheinungen ve~deckt ist. Zwei der bedeutendsten seien bier n~ther besprochen: Die Verwandlung von freiem Kapital in produzierte Produktionsmittel, insbesondere in ausdauernde Kapitalgtiter, und die vertikale Zerlegung des Produktionsprozesses in einzelne Produktionsstufen.
2. Die Kapitalgiiter und die Zerlegung des Produktionsprozesses. Wenn Produktionsmittel unter Heranziehung von Kapital in einem oft durch lange Zeit dauernden ProduktionsprozeI~ verwendet werden, so wird sich naturgem~t~ aus der Einsetzung von Produktionsmitteln im Laufe des technischen Prozesses der Gtitererzeugung noch bevor das Produkt fertig da ist etwas Physisches gestalten. Unter dem, was d a entsteht, unter den ,,produzierten Produktionsmitteln" oder ,,Kapitalgtitern" haben wit zwei wichtige Gruppen z u unterscheiden. Zun~tchst die Rohstoffe, welche im Verlaufe des Produktionsprozesses sukzessive in das fertige Produkt verwandelt werden. Man denke an die Stufen Rohbaumwolle, Garn, Tuch, fertiges Kleidungssttick. Ganz nahe diesen Rohstoffen stehen die Hilfsstoffe, welche im Verlaufe des Produktionsprozesses verweadet werden, also z. B. Heizungsmaterial, Maschineniil u s w . Die zweite Gruppe der Kapitalgtiter sind dann zun~chst die Werkzeuge
Die Kapita!giiter und die Zerlegung des Produktionsprozesses.
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in ihrer verschiedensten Gestalt. Diesen ist es im allgemeinen eigentiimlich, dal~ sie in einer Mehrzahl yon einzelnen Produktionsprozessen verwendet werden kSnnen. So werden etwa schon die einfachsten Tischlerwerkzeuge bei der Erzeugung einer gro~en Zahl yon MSbeln verwendet werden kSnnen. Die Eigenschaft des Ausdauerns ist insbesondere ~ener grol~en Gruppe yon Werkzeugen eigentiimlich, welche wir in den modernen Maschinen sehen. Eine Textilmaschine, eine Drehbank usw. kSnnen durch mehrere Jahre in der Erzeugung einer ganzen Serie yon Produkten verwendet werden. Neben dem Umstand des relativ l a n g e n - - freilich niemals unbegrenzten - - Ausdauerns eines solchen Produktionsmittels ist noch besonders der Umstand in der modernen Produktion charakterist~sch, da~ die relative Bedeutung dieser Produktionsmit~el innerhalb der Produktionskosten zweifellos eine sehr grol~e ist. Fiir diese Art der Kapitalgiiter wird die Bezeichnung ,,ausdauernde Kapitalgiiter" (,,fixes Kapital") gebraucht. Das Entstehen aller dieser Arten von Kapitalgiitern ist eine ,,Investierung" yon Produktionsmitteln unter Aufwendung yon Bindungszeit. Wenn etwa die Arbeiter in einem Erzberg Eisen gewinnen, dieses dann weiter verarbeitet wird, wobei wiederum Arbeitskriifte verwendet we~den und schl.iel~lich eine Maschine entsteht, welche in der laufenden Produktion yon irgendwelchen Konsumgiitern verwendet werden kann, so liegt ftir alle diese Arbeitsaufwendungen eine Art der Verwendung vor, welche noch nicht ~etzt, sondern erst viel sp~iter einmal einen Ertrag an Konsumgiitern ergeben wird: Diese Aufwendung der Arbeitsleitungen ist nur bei ~bernahme eines ,,Opfers an Bindungszeit" also unter Bindung yon Kapital mSglich. Da~ dabei in dieser Erzeugung auch schon yon allem Anfang an bereits yon frtiher her fertige andersartige Kapitalgiiter verwendet ~ v e r d e n - - also z. B. Maschinen in der Maschinenerz e u g u n g - - , das iindert an dem ganzen Sachverhalt gar nichts. Ganz im ,Gegenteil: Auch da liegt ~a nichts anderes vor, als das~enige, was wir als das dem Kapital verwendenden Produktionsproze~ Wesentliche erkannt haben, da~ niimlich ein Produktionsmittel in der Weise verwendet wird, da~ erst spiiter ein Konsumgut seiner Mitwirkung am Produktionsprozel~ ver5*
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Das Kapital als Pr0duktion.sm,ittel,
dankt wird. N u t handelt es sich in diesem Falle nicht um menschliche Arbeit, sondern eben u m ein physisch anders geartetes Produktionsmittel, Es i~ndert naturgemi~l~ auch nichts a n der Sachlage, dab in diesem Falle das Produktionsmittel (z. B. die Maschine in der Maschinenfabrik) nicht zur G~tnze in das was erzeugt wird, eingeht, sondern dalt es durch seine ,,Leistung" ( d i e i,,Arbeitsleistung" der Maschine) a n dem Werden eines anderen Kapitalgutes mitwirkt. Nun aber die vertikale Zerlegung des Produktionsprozesses. Wenn ~ i r den Produktionsablauf der Erzeugung eines Konsumgutes in der modernen Wirtschaft ohne Rticksicht auf die soziale Organisation betrachten, so werden wir an irgend: einer Stelle den Beginn der Gewinnung des Rohstoffes sehen, dann wo anders die Verwandlung dieses Rohstoffes in ein anderes Zwischenprodukt ~und wiederum an einer anderen Stelle eine weitere Verwandlung, bis wir dann an einer letzten Stelle das Werden des fertigen Produktes sehen kSnnten. Dabei w~tre n u r der Gang ,der Ver,wandl~ng des Rohstoffes verfol,gt, :nicht a b e r ,die Entstehung ,der in diesem Pro~zelt zur Verwendung gelangenden Maschinen. Wollten w i r den Fall betrachtend, dalt die Produktion erst neu aufgebaut wird - - a u c h die Entstehung dieser Maschinen ver~olgen, so wiirden wir einen n0ch viel reicher gegliederten Prozel~ auch an anderen: Stellen der Wirtschaft ablaufen sehen. Es ist nun in unserer Wirtschaftsorganisation keineswegs so, da~ alle diese verschiedenen Stadien des Produktionsablaufes durch eine zentrale Organisation zusammengefaltt sind. Fast iiberall sind die einzelnen Stufen des Produktionsprozesses (mehrere Gruppen von solchen Stufen) in verschiedenen Betrieben gelagert, zwischen denen dann eine Verbindung nur durch einen Tauschverkehr erfolgt. Das bringt es aber mit sich, dalt ~die Bedeutung der Zinsrechnung ftir den Augenschein ganz wesentlich verringert Wird. Der einzelne Produzent kauft das, was e r a n Kapitalgiitern braucht, yon dem ihm vorgelagerten Produzenten: Der Kostenpreis, den der letztere rechnet, enthiilt naturgem~tit die Von ihm - - u n d i n weiterer Folge: von den i h m vorge. lagerten Produzenten - - aufgewandten Zinskosten. D e r P r o ' duzent, welcher verschiedenartige Kapitalgiiter kauft, bezahlt mit dem Kauf derselben den Zins, d e r in allen vorgelagerten
Der Prozelt ,der:Investie:rUng:und Fre~setzungf von Kapital. ~9 Produktionen aufgelaufen ist, er zahlt.diesen Z i n s mit bei der Bezahlu-.ng des ganzen Kaufpreises,::ohne z u Wissen,: wieviel :an Zinskosten in diesem enthalten ist. Er wird dann weiterhin die in Seiner.Produktion auflaufenden Zinskosten rechnen-uncl nur diese werden in:seiner Kalkulation aufscheinen kSnnen. E i n e Aufsummierung aller in einer Produktion yon allem Anfang an aufgelaufenen Zinskosten findet tiberhaupt nicht statt.-Die Verschleierung der Zinskosten wird besonders dann ganz krait, w e n n sie in t i e r letzten Produktionsstufe keine gro~e_ Rolle spielen:.und praktisch Vernachliissigt werden k6n.n.en.,D_er Schneidermeister etwa, bei dem dieKosten von Niihmaschine, Schere und Biigeleisen keine gar zu iiberragencle Rvtle:spielen und bei dem ffir diese ,;Invesfitiofien,'[prs wohl k e i n Zins gerechnet wird; -wii',d sich gar night dessen be Wuitt werden, dalt seine Produktion e in Endglied einer in h-ohem! Ausmalt~i kapitalverwendenden Pr0duktion ist, in :w:elcher das Kapital einer Weberei, einer:Spinnerei; einer Textilmaschinenfabrik, einer Werkzeugmaschinenfabrik usW.einen Zins verdient h a t . 9~ -
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8. Der Prozefl der Investierung und Freisetzung yon Kapital. Sparen und ,,beibehaltenes" Sparen. E9 i n der Kapitalverwendung eigentfimlicher .Zusammenhang mult hier noch niiher betrachtet werden:- Als Ausgang diene eine allgemeine Bemerkung .fiber: die Kostenaufwendungefi. Wenn ein Produzent z.B. ' Arbeiter bezahIt, so wendet er Kosten auf, deren Aufwendung im Ertrage ihre RechtfertigUng erfahren mult, wenn wie wir das h i e r ohne Weiteres aia' nehmen wollen - - die Produktion technisch u n d wirtschaftlich gelungen ist. Das Ergebnis der Aufwendung dieser iKosten w ird ein Ertrag sein, aus welchem der Produzent einen Ersatz ffir die aufgewandten Kosten erh~lt. Genau s o wie dies bei dei" Bezahlung von Arbeitsleistungen der Fall sein wird, wird'flas etwa bei der Bezahlung yon Roh, und Hilfsstoffen gegeben sein. Grundstttzlich ist dort, w o die Produktion (und der Verkauf) keine wesentliche Zeitdauer in A n s p r u c h nimm-t, dieBezahlung d e r Kostenaufwendungen a:us dem: ErlSse m:iiglich. A-l~o der B~ckermeister etwa kann ~eine ~r.beiter am Ende der Woche:-aus dem ErlSse des in:diese~_W~)che ~erkauften P:ro:
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Das Kapital als Produktionsm~ttel.
duktes bezahlen. Bei dem der Kapitaiverwendung eigentiimlichen Sachverhalte ist die Lage aber eine andere. Der Produzent etwa, welcher einen Hochofen bauen lii6t, wird nicht die M~glichkeit haben, aus dem ErlSse des mit dem Hochofen sparer einmal gewonnenen Eisens (und noch viel weniger aus dem Fertigprodukte, das an einer ganz anderen Stelle noch viel spiiter mit Hilfe dieses Eisens gewonnen wird) seine Arbeiter zu bezahlen. Er mu6 den Arbeitsiohn - - wie eine oft gebrauchte u n d vielfach mi6brauchte Formel l a u t e t - - , , v o r schiel~en". Die Arbeiter kiinnen einfach nicht warten bis die langwierige Arbeit fertig ist, bis dann mit Hilfe des Hochofens Eisen gewonnen wird usw. Es mul~ also d a s ,,Lohm kapital', des P r o d u z e n t e n - sein eigenes oder ein ihm von einem Kapitalbesitzer geliehenes - - zur Voraussetzung fiir die Miiglichkeit dieses Produktionsprozesses werden. Die Aufwendung dieses Lohnkapitals mult nun in dem ErlSse ihre Rechtfertigung erwarten. Das ist hier nicht anders a l s wie bei irgendeiner anderen Kostenaufwendung. Zu den Kosten dieser Produktion gehSrt aber auch die Aufwendung yon Z i n s - - das Lohnkapital ist ~a investiert worden, lange bevor ein Ertrag da ist --, der gleichfalls aus dem Ertrage gedeckt sein mul~. Die Kapitalaufwendung ist aber bei diesem einfachen Beispiele identisch mit der Lohnaufwendung. Das, was neben den Lohnkosten hier zus~ttzliche Kosten sind, das sind die Zinsen ftir dieses Lohnkapital wahrend seiner ,,Bindungszeit". Nun kiinnen w i r aber eine Kapitalaufwendung aucn in a n d e r e r praktisch w e i t a u s wichtigeren - - Weise sehen: Eine Fabrik kauft Maschinen. Auch da liegt eine Kostenaufwendung vor, welche in dem Ertrage ihre Rechtfertigung suchen wird. Es muB also zuniichst das in dieser Investierung aufgewandte Kapital in einem Ertrage wiederum verdient werden. Da dieses Kapital durch eine Bindungszeit gebunden ist, mul~ auch ftir diese Zeit ein ZinserlSs gewonnen werden - - die Notwendigkeit ist am einfachsten zu sehen, wenn man sich vorstellt, dait der Produzent von einem Kapitalbesitzer d a s ,,fltissige" Kapital gegen Zinsen leiht. Der Produzent, der ein Kapital investiert, wird erwarten, dait er nach Abschlult des Produktionsprozesses dieseS Kapital wiederum in seine Hand erh~lt, und zwar vermehrt um einen Zins. Das einmal ,,investierte" Kapital mu~
Der Prozel~ ,der Investierung und Freisetzung yon Kapita].
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also (bei gelungener P r o d u k t i o n ) w i e d e r u m ,,frei" werden. Dieses Freiwerden von Kapital wird nun dort, w o e s sich um Investierung in dauerhaften Kapitalgtitern handelt, nicht mit einem Schlage (mit dem Abschlul~ eines einzelnen Produktionsprozesses) erfolgen kiinnen, die einzelnen ProduktionsablKufe werden fiir die Freisetzung des gesamten investierten Kapitals immer nur einen Teil beitragen. So mag etwa das in einer Textilmaschine investierte Kapital erst nach etwa drei oder fiinf Jahren wiederum zur Giinze freigesetzt sein, wobei a u s dem ErlSs des a n ~edem Tage fertig werdenden Produktes ein verhiiltnism~i~ig Sehr kleiner Teil des investierten Kapitals dem Produzenten z u r Verfiigung stehen w i r d . N u n ist das Wiederfreiwerden yon einmal investiertem Kapital durchaus nicht ausschlielllich eine Privatangelegenheit dessen, der ~das Kapital einmal aufgewendet hat. Und dies deshalb nicht; weil die einmalige Investition in den dauerhaften Kapitalgiitern niemals auf die Dauer dem Produktionsprozel~ dienlieh ~ein kann. Die Maschine wird aufgebraucht Und mult ersetzt wetden. Yon diesem Gesichtspunkte aus hat aber die Freisetzung ' von einmal investiertem Kapital eine aul~erordentlich weitreichende Bedeutung. Soll die Produktion aufrechterhalten werden, so muB die einmal abgeniitzte Maschine wiederum ersetzt werden, die einmal getiitigte Investition wiederum erneuert werden. Diese Erneuerung i s t an sich miiglich aus neu herangezogenem Kapital; E s ist aber klar, dait bei Begrenztheit der Kapitalversorgung der Wirtschaft das immer neue Heranziehen von Kapital fiir eine u n d dieselbe Produktion allm~thlich den ganzen Kapitalvorrat einer Wirtschaft aufzehren mifltte. Ohne Zuschult von Kapital, das von aulten kommt, kann eine einmal get~ttigte Investition n u t aus dem wieder freigesetzten, friiher einmal investierten Kapital erhalten werden. In der Buchhaltung wird fiir die Fr~isetzung (Amortisation) von einmal in dauerhaften Anlagen investiertem Kapital in der Form der Abschreibungen die Rechnungsgrundlage geschaffen. In finanztechnischer Beziehung ist der Sachverhalt am besten aus der Formel zu erkennen, dait eine Produktion, welche einmal finanziert ist, damit auch - - wofern sie nicht m i l t g l i i c k t - auf die Dauer finanziert sein mul~. Bittere Erfahrung hat aber ~immer wieder gezeigt, dalt ein Betrieb,
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Das Kapi:tal als Produkti0nsm,ittei.
welcher, einmal finanziert, immer neue Zuschiisse zu seiner E r h a l t u n g - nicht:zu seiner Ausdehnung, das wiire natiii'iigh ganz etwas a n d e r e s - erfordei;t hat,.niemals auf die Dauer -prosperieren konnte. Nan ist aber das Moment der Freisetzung von K a p i t a t a u c h von einem anderen @esichtspunkte a u s yon ~Bedeutung. Ein Betrieb der Urproduktion setzt::sein Kapital Wiederum frei. Was heiitt das eigentlich? Der :Betrieb hat etwas erzeugt, das ~war selbst nicht Konsumgut,-atso nich.l; Enderfolg .des Wirt, schaftens ist, das aber i n weiteren Pr0duktionsstadien: verWendet. werden, kann, welche-schlieltlich bis-zu, einer Konsttmgiitererzeugflng weiter verfolgt: werden..kSnnen.- Dieses Erzeugnis.ist dann verkauft" warden urid tier ~e.w:eilige Erl6s ist :-.:nach Deckang andererKostenaufwendungefi :-:- ein Teil de~ Wieder_fr.eigesetzten Kapit/fls. D i e Z a h l u n g erfolgt volt Seite des Betri:ebes, der in .der :vertikalen .Nacheinanderreihung der Produktionen am niichsten stand. Es war dem ersten Betriebe - - e t w a tier Eisenerzeugung - - nui-deshalb mtiglich, Eisen Zu verkaufen, weildie Maschinenfabrik Eisen gekauft hat. Die Maschinenfabrik hat die-MSglichkeit zum. Einkaufe v o n E i s e n wiederum erhalten aus dern Verkauf ~,on Maschinen. Diese Maschinen: konnten aber von anderen Fabriken nur .deshalb gekauft werden, weil diese F a b r i k e n aus i hrem Produkte wiederum etwas verkauft haben usw. Wir sehen eine. lange Kette von Abhiingigkeiten, welche offenbar: bei dem KonsUm, giitererZeuger endet. Dieser hat mit einem Teil des Erliises seiner Produkti0n der vorgelagerten Produktion etwas abkaufen kSnnen und ihr a u f d i e s e Weise die weitere Arbeit mSglich gemacht, diese wiederum der weiter vorgelagerten Produktion usw. Es ist deutlich zu sehen, dab d a s in der Konsumgiiterproduktion frei gewordene Kapital zur Ingangsetz~ng immer Weiter vorgelagerter Produktionen gedient hat. Diese ganze Kette wird ohne weiteres verst~ndlich, wenn wir uns da an die schon f r i i h e r umschriebene streng naturalwirtschaftliche Betrachtung halten. Es gibt a l s o keln Geld, alte ,,Zahlungen" erfolgen in Gtitern. E s i s t klar, dab die Eisengewinnung nicht m i t Textilmaschinen sich bezahlen lassen k a n n , d a sie z u r B e z a h l u n g ihrerArbeiter ,,Lohnfonds" braucht (u~id "wenn ,dieArbeiter mit Textilmaschine~n bezahlt w~tir:den,
Der Prozel~ ,der Investi:erUng und Fre.isetzu-ng von Kapital.
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so k5nnten sie diese nur. dann brauchen, wenn sie sie selbs:t gegen ,,Lohnfonds', umtauschen kSnnen~.- - es..w~ire der Sachverhalt also im Grunde kein anderer), und es ist-klar, dal~ der Lohnfonds nur in. der Fertigwarenerzeugung gewonnen wetden k a n n . . D a r a u s folgt eines" A u s der ununterbrochenen Bereitstellung des .Lohnfonds durch die Konsumgiitererzeu-gung, welche aus ihrem Ertrage nicht nur ihre eigenen.Arbeiter bezahlt, sondern auch in der Lage ist, dasinvestier~e Kapital freizusetzen/.und-es dann zu neuer Investicrung~zu .v.erwenden-, erfolgt die Bereitstellung"von. Kapital ftir a l l e v0rgelag.erten Produktionen. Wenn dieser:Proz.el~ der Freisetznng von: einmal investiert_em; Kapital und d e r n e u e n Verwendnng dessetben zu el.her Reinvestition irgendw0-, unterbrochenw~ird:,, sb ist d@i" Lebengflerv fiir atle vorgelagerten.:Prbduktionen ;unterbtinden. Nur. die.: naturalwii~tschsiftliche , Betrachtung ..l~il~t diesen-.'Z-U-sammenhang, in aller'Deutlichkeit .sehen.: .Wir W.erden:. uns sparer mit- der .Verschleierung dieses Vorganges durch .das Eingreifen des Geldes Za befassen haben. Hier ist aber in alier Deutlichkeit. z u sehen, welche S:ul~erordentlicb bedeutende Aufgabe die ,,richti.g@" Verwendung des" K a p i t a l s h a t : Nur danni w e n n der Aufbau .der Produktiofl in der Weise durchgefiihrt Wird, dal~ ~eweils die Versorgung einer ~eden Produktionsstflfe mit d em-notwendigen Kapital mOglich ist~ nur.-dann, k a n n dei" fortlaufende-Produkti0nsprozeI~ o h n e S t O r u n g dUrchgefiihrt werden, .. ". " " _.9 Dal~ das Kapital etwas ist, das in einem stiindigen Pr0zel~ yon Investierung und Wiederfreisetzung sich ~ewe-gt, das w_ird leicht iibersehen. Das ist daraus begreiflich: da6 Formen des Kapitalbesitzes gefunden worden sind, weIche dem Kapit~lbesitzer die Sorge ftir die Erhaltung des K a p i t a l s zu einem grol~en .Teile abnehmen. Ein ganz. einfacties Beispiel. Eine Unternehmung will z u m Zwecke ihrer Ausdehnung gro6e Investitionen m a c h e n u n d begibt fiir die Kapitalbeschaffung Obligationen. Der Kapitalbesitzer zeichnet eine Obligation, er erhiilt " solange das Unternehmen nicht irgendwie Schiffbruch leidet ~ ohne. weiteres sein regelm~il~iges Zinsertr~ignis, sein Kapital bleibt ihm erhalten; ohne dal~ .er sich u m Freisetzung und. Reinvestition desselben z u kiimmern b r a u c h t e . - G a n z - a n ders i s t offenbar die Sachla-ge fii.r "die L e i t u n g des"-Unter-
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Das Kapital als Produktionsmnittel.
nehmens. Die Maschinen, welche mit dem durch die Begebung der Obligationen hereingekommenen Kapital gekauft worden sind, sind nach wenigen Jahren verbraucht. Es muBte in dieser ganzen Zeit aus dem Ertrage der Produktion, an welcher sie mitgearbeitet haben, regelm~Big etwas zuriiekgelegt werden, damit das investierte Kapital ,,erhalten" bleibt, damit also nach Abnlitzung dieser Maschinen gleichwertige gekauft werden k~nnen. Die Anschaffung yon besseren Maschinen wiirde eine Kapitalvermehrung bedeuten. Das Unterlassen der Nachschaffung dieser Maschinen aber wtirde bedeuten, dab das in ihnen investierte K a p i t a l verloren geht . . . . Wie entsteht Kapital? Ein alter Streit ging darum, o b d a s Kapital durch Sparen oder durch Produzieren gebildet wird. Der Streit filhrt letzten Endes in rein terminologische Fragen. Es ist aber offenbar, dal~ neues ,,freies" Kapital (Lohnfonds) nur in der Weise gebildet werden kann, dab ~emand ein Einkommen an Fertigpr0dukten bezieht und dieses Eink0mmen nicht verzehrt, sondern als Kapital zur lnvestierung verwendet. Es muB also gespart werden. Das Sparen bedeutet zugleich - yon dem Aufheben des Gesparten in der Vorratskammer ist hier zun~chst abgesehen - - Investieren und dieses Investieren bedeutet die Erzeugung yon Kapitalgiitern. Das einmal durch Sparen gebildete und dann investierte Kapital daft aber niereals als ein fiir allemal errungener Reichtum angesehen werden. Das investierte Kapital wird einmal wieder frei und der Besitzer des Kapitals steht dann vor der Frage, ob er das ~etzt frei gewordene Kapital aufzehren oder ob er es - - das frtiher einmal get~tigte Sparen ,,beibehaltend" - - wieder investieren soll. Es ist offenbar, dab die Kapitalversorgung einer ~ i r t schaft nur dann aufrechterhalten werden kann, wenn das immer wieder freigesetzte Kapital yon neuem investiert wird oder, soweit es nicht wieder investiert wird, durch Kapital, das aus neuem Sparen an anderer Stelle entstanden ist, ersetzt wird.
4. Die Kostengestaltung eines Betriebes mit fixen Kapitalanlagen. w i r haben bereits darauf hingewiesen, daft die dauerhaflen Kapitalgiiter ~ene Produktionsmittel sind, we]che eine besondere Behandlung in der Ertrags- und Kostenlehre effordern, Weft bei ihnen die allgemeine Formel des abnehmenden Er-
Die Kostengest~altung eines Betriebes mit fixen Kapil~alanlagen. 75 trages nicht ohne weiteres angewendet werden kann, Es wird aber ~etzt keine Schwierigkeiten bereiten, die F r a g e der Angebotserstellung einer Produktion, welche mit bedeutenden Anlagen dauerhafter Kapitalgtiter arbeitet, klarzustellen (Abb. 11). Wenn der Preis der GrOl~e AM entspricht, so ist offenbar die Produktion im AusmaSe OA mOglich: In diesem Falle sind die totalen Durchschnittskosten gedeckt, also 9die fixen Kosten und auch die Kosten des variablen Faktors. (Die proportionalen Kosten kSnnen wir auch hier auf~er acht lassen.) Es ist ~us der Zeichnu.ng unmittelbar zu sehen, daI~ bei ,diesem Preise wed.er eine gr~I~ere ,noch auch eine eingeschr~nktere Pr0duk9 T tion bei roller-Kostendeckung mSglich wiire. Bei tier F r a g e tier Behandl'ung tier Verh~ltnisse der Preduktion im FaUe, dal~ ein ,an,derer Prei.s ~zu er- l .... i!ii warten ist, w i r d die Gestaltung der 0 E F AB C Kurve der vari,ablen Grenzk,0sten. Abb. 11. Produktmenge und entschei, dend ,sein mtissen. D~s ist xosteneines Betriebes mit fixen Kapltalanlagen. zun~chst d~n,n zu sehen, wenn wir die Frage behandeln, wie die Produktion sich bei einem hSheren Preise als AM verhalten wird. Bei diesem hOheren Preise ist e i n e Erweiterung der Produktion mSglich, wobei diese Erweiterung durch erweiterte Verwendung des variablen Faktors erf01gt. Es wird nun ~ede weitere V e r w e n d u n g des variablen Faktors dahin gepriift werden mtissen, ob der mit ihr tibernommene Mehraufwand in dem E r t r a g seine Bedeckung erfithrt. Wenn z. B. der Preis BR gleich 0S ist, so wird die Produktion n u r his zur GrO~e OB ausgedehnt werden und der Produzent wird pro Einheit des Produktes einen Gewinn machen, welcher durch die Vertikale von R herunter bis Zu ihrem Schnittpunkte mit der Kurve der totalen Durchschnittskosten angezeigt ist. Es wiire wohl auch mOglich, die Produktion auf die GrS~e OC auszudehnen, aber der Produzent wiirde bei ~eder Einheit des variablen Faktors, welcher zur Ausdehnung der Produktion tiber das Ausmal~ OB hinaus erfolgt, zuza~hlen. In ,dem Bereich zwischen B und C ist ja die Belastung einer ~eden Produkteinheit mit variablen Kosten gr~l~er
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Das- Kapital. Ms Produk.tionsmi~.tel. "
als der Preis. Das ist aus dem Verh~ltni:s der Grenzkostenkurve in dem Verlaufe RT zu der HoHzontalen RS ohne-lweiteres: zu s e h e n . Zusammengefal~t F t i r eine-:Ausdehnung :~iber: die Prodtiktmenge OA bei einem Preis,-welCherh~iher ist-als A M i i s t die Kurve der Variablen ,Grenzkosten in der Angebatserstellung .maltgebend. Der Sachverhalt ::ist hier, wie 0hne wei-teres sichtbar, derselbe, wie bei dem frtiherbehandelten Falle, in:Welchem die Grenzprofluktivit~t Unter uneingeschr~nkter Geltung :des G.rundsatz6s vom abnehmer/den 9 ~Ertrag -bestimmend~. ifiir: die Pr0dukti0n wird. (Die Grenzk0stenkurve ist '~a-.inichts anderes als der Wertausdruck ftir eine :Grenzertragskurve~ vgl:'dazu die Abb. 6 und 7.) Wie ist es abet-mit einem Preis,:der-geringer ist als AM? Hier i s t sofort klar, dab d e r B e t r i e b in diesem Falle seine vollen Kosten tiberhaupt nicht decken kann. Der Preis ist ~a niedriger-als der.tiefste Punkt.cier:Kurve der totalen Durchschnittskosten. Der.Betrieb m u i t - a l s o , w e n n ei. __bgi _el.nero so!chert.. P.r_e:ise .arbeitet, m i t Verlust arbeiten.: Die Frage ist nun, ob und w a n n d a g mSgIich ist.: Hier ist zun~chst :ZU erw~tgen, dal~ ein. V erzicht des Betriebes auf die .Kosten des v/~riablen F aktors (bei Bestimmung der ~Produktion durch eine strenge E r f o l g s k a l k u l a t i o n , - eine Ausnahme:w:~re mii glich, wenn der Betrieb aus irgendwelchen Griinden-vortibergehend a i i f d a s Volle: .I-Iereinbringen:-dieser K osten ....verzichtet) : iibei"-haupt niCht-.mSglich: ist. Kein Betrieb wird ein Interesse haben, z, B .....A r b e i t e r zu bezahlen, wenn d e r ErlSs der .Produkti~)n nieht: ~elnmal ..die aufgew-andten A:rbeitsliihne deckL Anders verh~ilt e s sich mit den- fixen Kosten. Nehmen wir : a n gerade das ist: hier von allergr6itter Bedeutung ,~--. daft diese fixen Kosten ausschliefllich i n Kosten des fixen Kapitals ~be~ stehen, also i n der Verzinsung des investierten Kapitals. und der Erzielung ~enes Betrages, welcher zur Erneuerung der Kapitalanlage notwendig ist, der ,,Amortisat.ionsquot"e:.:. Der Produzent k a n n , w e n n - e i n volies Hereinbringen ~dieser Kapitalkosten nicht mSglich ist, noch immer welter arbeiten, indem er Zun~chst die laufenden Betriebskosten, in unserem :Falle die Kosten des variablen Faktors, deckt und auf das.Hereinbringen d e r fixen Kosten ganz oder zum Teile verzichtet. Das ergib.t sich :daraUs, daI~ .-.die Bedeutungdieser beiden Gruppen:i~on K~osten in e i n e m wichtigen s i n n e e i n e verschiedenei: ist: .Die
Die Kostengestaltung eines Betriebes mit fixen Kapitalanlagen. 77 variablen Kosten sind stets neu aufzuwendende ,,aktuelle" Kosten, ihre Aufwendung heischt unter allen Umst~tnden eine Deckung im erwarteten Ertrag; die Kosten tier Kapitalinvestition sind dagegen zun~tchst ,,historische Kosten", welche frtiher einmal aufgewendet worden sind. Sie sind wohl aufgewendet worden in der Erwartung, dal~ sie in einem ErlSs spater ihre Bedeckung finden werden. Wenn aber ihre Bedeckung nicht mSglich ist, so sind ~sie vergeblich aufgewendet, so ist die Aufwendung ganz o d e r zum Teile verloren. Wenn also der Preis FN ist, kann der Produzent weiterarbeiten, er hat einen Teil der fixen Kosten nicht hereingebracht, er wird aber bei einer Produktion im Ausmage OF noch immer die ganzen variablen Kosten und wenigstens einen Tell der fixen Kosten decken. Maitgebend fiir die Produktionserstellung bei einem Preise unter AM wird ,also gleichfalls die G r e n z k o s t e n k u r v e des variablen Faktors sein. Es ist ~edoch Mar, dal~ bei weiterem Sinken des Preises eine Produktionseinschr~inkung unter das Ausmal~ OE ,nicht mehr erfolgen kann. Bei einem noch geringeren Pro.du,ktquantum wtirde jedenfalls die ttShe der Grenzk0sten geringer sein als die der Durchschnittskosten, der Produzent miiltte also bei ~edem Preis, welcher geringer ist als DE, selbst an den aktuellen Kostenaufwendungen verlieren. Der Preis DE ist also das Minimum, unter dem eine Produktion iiberhaupt nicht mehr miiglich ist. Als Angebotskurve k0mmt demnach die Kurve der variablen Kosten von M aufw~rts, bei Notwendigkeit des Verzichtes auf die Hereinbringung der fixen Kosten auch von D aufw~,rts in Betracht. Dabei wird dort, wo unter den fixen Kosten auch noch ,,aktuelle" Kostenaufwendungen einzubeziehen sind (wir erinnern an die auf S. 39 genannte erste Gruppe der fixen Kosten), das Mini: mum yon dem Quantum OE auf jenes Quantum zu vergrsltern sein, welches die Deckung der variablen Kosten und dieser aktuellen (,,laufenden") fixen Kosten ermSglicht. Der Verzicht eines Betriebes auf das Hereinbringen der Kapitalkosten aus der laufenden Produktion ist abet von sehr weitgehender Bedeutung. Er bedeutet zuniichst, dait eine Freisetzung (und Verzinsung).des in vestierten Kapitals nicht (nicht zur G~nze) stattfindet, damit abet auch, dag eine Erneuerung der Kapitalsanlagen nach ihrer Abniitzung aus dem E r t r a g e
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Das Kapital als Produktionsmittel.
der Produktion nicht miiglich ist. Buchhaltungsm~iltig w~ire der Sachverhalt in der Weise auszudrticken, dalt der Wert der Kapitalsanlage entsprechend abzuschreiben ist, im ~tultersten Falle bis auf Null. ,Der Betrieb kann nach diesem Abstrich im Werte seiner Anlagen ohne weiteres produzieren und zu Preisen, welche seine (laufenden) Kosten decken, verkaufen. Er kann dies aber nicht auf die Dauer. Sobald die Anlagen aufgebraucht sind, steht er vor der Frage, wie e r weiterarbeiten kann. Er braucht neues Kapital fiir die Zwecke der Investierung, da eine Freisetzung des friiher investierten Kapitals nicht erfolgt ist. Bei der hier geschilderten Sachlage ist es nun klar, dalt ein Kapital, alas zur Ersetzung der bisher bestandenen Anlagen in ihrer frtiheren F o r m verwendet wird, auf volle Verzinsung und Amortisation nicht rechnen kann. ~Tenn dieser Sachverhalt richtig erkannt wird (und wenn nattirlich die Verh~ltnisse sich n i c h t in irgendeiner~ Weise ge~ndert haben, z. B. bessere Preise zu erwarten sind), so kann ein Kapital, das i n rentabler Weise angelegt werden soll, dem Betrieb fiir diese Reinvestition nicht zur Verfiigung gestellt werden. Sollte das in Verkennung der Tatsachen doch geschehen, s o w~tre dieses Kapital (ganz oder zum Teile) verloren und es wtirde auch die Aufopferung dieses Kapitals nicht imstande sein, den Betrieb l~nger als bis z u r Abniitzung der nell get~ttigten Investition fiber Wasser zu halten. Betrachten wir aber die Verhaltnisse einer Produktion, in welcher das investierte Kapital nicht verzins~ und amortisiert werden kann, im Rahmen der ganzen Wirtschaft, so ergibt sich eine Liisung, welche es wieder dazu bringen wird, dait die Produktion ihre Kosten zur G~tnze deckt. Es werden nicht alle Betriebe auf die Dauer mit Verlust bzw'. mit Aufopferung ihres Kapitals arbeiten kiinnen, es wird im allgemeinen nicht mSglich sein, dab Betriebe, welche ihr Kapital lticht verzinsen und amortisieren k(innen, ihren Bestand durch Heranziehen ' yon neuem Kapital erhalten. Wenn aber von den Betrieben, welche wegen dieser Kostenverh~tltnisse ihre totalen Kosten nicht decken k(innen, einzelne wegfallen, so wird das zur Folge haben, dait ein vermindertes Angebot den Preis des Produktes wiederum in die Hiihe setzt. Sobald dann durch Wegfall der entsprechenden Anzahl yon Betrieben die ,,t~berkapitalisierung"
Die Kostengestaltung eines Betriebes mit fixen Kapitalanlagen. 79 der betreffenden Produktion behoben ist, werden die verbleibenden Betriebe in der Lage sein, ihre Produktion bis zur Erreich'ung de.s Kostenminimums (Produktquantum OA in Abb. 11) auszudehnen und zugleich Preise (AM) erzielen, welche ihre vollen Kosten - - einschliefilich der Kosten des Kapitaldienstes - - decken. Die Produktion wird nach Einstellung einer Anzahl von Betrieben ,,saniert" sein. Es ist mit besonderer Betonung darauf hinzuweisen, dal~ im Rahmen der Wirkung der hier betrachteten Bewegungen die Sanierung der Produktion nur auf diesem Wege fiber die Einstellung eines Teiles der Betriebe eintreten kann. Sobald dies erfolgt ist, hat sich die Produktion den gegebenen Verh~tltnissen eingegliedert. E s kann dann die Produktion - - solange sich nichts an den iibrigen Verh~tltnissen der Wirtschaft ~ i n d e r t - in diesem Rahmen ungestSrt auf die Dauer weitera.rbeiten. Von diesem Gesichtspunkte aus unterscheidet sich die Sanierung einer ganzen Produktionsgruppe im Wege der Ausscheidung yon Betrieben ganz wesentlich yon einer Sanierung des einzelnen Betriebes durch Abschreibung seines Kapitals oder durch Finanzierung der notwendigen Reinvestitionen auf der bisherigen Basis im Wege der Heranziehung yon neuem Kapital. Denn eine derartige Sanierung eines Einzelbetriebes kann, solange sich nicht die Verh~ltnisse der ganzen PToduktion in der frfiher umschriebenen Weise durch Einstellung einzelner Betriebe bessern, nur eine vorfibergehende sein. Solange die Betriebe in der bisherigen Weise weiterarbeiten, ohne ihre vollen Kosten zu decken, werden sie immer w ieder von neuem einer neuen Sanierung bedfirftig bleiben. Daft das eine fortlaufende Vernichtung von Kapital bedeutet, ist schon gesagt worden. Sp~tter wird noch auf die Bedeutung dieses Vorganges im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung der ,Rolle des Kapitals hingewiesen werden. Hier ist a b e r noch auf eine ganz andersartige Reaktion hinzuweisen, welche von Verlustpreisen bei ,,Uberkapitalisierung" der Produktion ausgelSst werden kann. Ihre Erkl~rung erfordert noch eine kleine Erweiterung der an frfiherer Stelle entwickelten allgemeinen Darlegung der Verh~tltnisse der Ertragsgestaltung.
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D a s Kapital als Prodaktions.m, tttel.
5. Xnderungen der Ausstattung mit fixem Kapital und ihre Wirkungen auf die Kostengestaltung. Es handelt sich hier um einen gewichtigen Zusammenhang zwischen der GrSl~e der Investition u n d dem Produktquantum, bei welchem eine Kostendeckung des Betriebes miiglich ist. Eine verhi~itnismiiitig groite Investierung von Kapital mit fixen Anlagen bringt es im allgemeinen mit sich, daii der Punkt M (und uuch Jder P u n k t D) unserer A'bb. 8 und 11 niedriger, aber weiter rechts liegt, wi~hren.d eine verhiiltnismi~ltig geringere Investition in fixem Kapital bedeutet, dalt der Punkt M zwar hSher, aber weiter links gelegen ist. In einer anderen Formel: Je mehr bei der Einrichtung eines Betriebes die u der Kosten unter Einschri~nkung der Arbeitskosten (als des wichtigsten variablen Faktors) auf die Seite der Kosten des fixen Kapitals verlegt wird, desto gr61ter wird das Produktquantum sein, bei welchem der Betrieb seine geringsten totalen Sttickkosten hat und umgekehrt. Zugleich wird aber das Minimum der totalen Sttickkosten desto niedriger liegen, ~e grSiter die Anlage an fixem Kapital ist. Zur Begriindung dieses Satzes gentigt hier ein Hinweis auf ,die gerade in der neueren Zeit so deutlich sprechende Erfahrung. Wir verweisen auf die ganze Reihe der Betriebe, welche ihr Produkt mit ii,berraschend niedrigen Kosten herstellen konnten, ,dies aber n u t Unter der Voraussetzung, dait .si,e einigermaiten voll besch~tftigt sind. Sie waren kleineren Betrieben von geringerer Ausstattung mit fixem Kapital weitaus i i b e r l e g e n , - dies aber doch nur solange, als sie eben voll arbeiten konnten. Wenn sie gezwungen waren, ihre Produktion einzuschriinken, so waren sie ganz wesentlich teurer, und gerade dann konnten auch kleinere und ,,schlechter" - - d. h. hier: mit relativ weniger fixem K a p i t a l - ausgeriistete Betriebe sich ihnen als tiberlegen zeigen, Betriebe, welche niemals die niedrigen Preise, die ihre tibermachtigen Konkurrenten bei voller Beschiiftigung bieten konnten, erreicht hiitten. In diesem Verhalten der Kostengestal -~ tung bei Betrieben mit verschiedener Kapitalausstattung liegt manche wirtschaftliche T r a g S d i e begrtindet, vieles von dem, was in unserer Zeit so schwere Erschiitterungen ausgelSst hat, geht letzten Endes auf sie zurtick. Hier aber ist zun~chst ausschlieltlich die Frage zu behandeln, was sich aus dieser Art
A,nderungen der Ausstattung mit fixem Kapital.
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des Verh~tltnisses von Kosten und Produktquantum bei verschie.denen Kapitalinvestitionen ftir alas Ver:halten yon Betrieben ergibt, bei welchen es sich gezeigt hat, dal~ ihre Kapitalausstattung nicht eine Eingliederung in die sie umgebende Wirtschaft ermSglicht. Wenn in einer Produktion, in welcher die typische Lage der Betriebe die ist, dalt sie ihre Kapitalkosten nicht (oder nicht zur G~nze) hereinbringen, einige Betriebe sich entschlielten, ihre Ausstattung mit fixem Kapital zu vergrSltern, also ihre Betriebe in der Weise umzustellen, dalt sic ein grSl~eres Produktquantum mit geringen Kosten herausbringen kiinnen, so wird offenbar durch dieses Vorgehen ein Prozelt der Verdr~ngung ~ener Betriebe, welche diesen Schritt nicht machen (oder nicht machen kSnnen) einge!eitet, wobei dann ffir ~ene Betriebe, welche die Umstellung vorgenommen haben, eine Kostendeckung bei niedrigerem Preise erreicht werden kann. Umgekehrt; Wenn die Betriebe ihre totalen Kosten nicht decken und daraufhin auf.das Erhalten tier bisherigen Kapitalanlagen verzichten un,d mit einer geringeren 'Kapitalanlage durcl~zukommen versuchen, also sich auf ein geringeres Produktquantum einstellen, wobei sie allerdings hiihere Stfickkosten haben, so kann gleichfalls unter der Vorau~setzung, dal~ diese Umstellung durch Verringerung des Angebotes eine entsprechende Erhiihung der Preise mit sich briugt, ein Zustand der Kostendeckung erreicht werden, - - und dies bei hSheren Preisen mit geringerem Produktquantum. Hier sei gleich noch eine andere wichtige MSglichkeit einer Umstellung erwi~hnt. :Wenn ein Betrieb Gewinne erzielt, indem er die Produktion bei entsprechenden Preisen fiber das dem Kostenminimum entsprechende Quantum ausdehnen k o n n t e - tier frfiher (S. 75)i besprochene Fall ,der Erzielung des Produktquantums OB beim Preis B R - - , so wird die MSglichkeit bestehen, dalt die Kapitalinvestition vergriiltert wird. Der Punkt M wird nach rechts und weiter unten verschoben werden, so dalt eine VergrSlierung des Produktquantums unter Herabsetzungfler:Preise die Folge sein wird. Auch hier kSnnen sich die :Verhi~ltnisse der Pr0duktion in der Weise einspielen, dalt beieinem niedri,gen Preise und grSlierem Produktquantum die Pro,duktion d a s einem neuen Kostenmininmm entsprechende Qu,antum :erzeugt. Strigl, National(ikonomie.
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Das Kapital als Produktionsm.ittel.
Aus dieser Darlegung fiber Verschiebungen, welche im Aufbau der Kapitalausstattung einer Produktion eintreten kSnnen, ergibt sich die wichtige Folgerung, dal~ die Frage der Angebotserstellung einer mit fixem Kapital arbeitenden Produktion in zwei verschiedenen Aspekten behandelt werden kann. ~Vir haben ~etzt gezeigt, da~ /~nderungen in der Kapitalausstattung, welche gerade als Folge der bei einer gegebenen Kapitalausstattung u n d bei gegebener Marktlage sich erstellenden Verlustpreise erwartet werden kSnnen, zu ciner Verschiebung des Verlaufes der Kostenkurve ffihren miissen. Solange aber die Kapitalausstattung unveriindert bleibt, muff die bestehende Gestaltung der Kostenkurve zur Grundlage des Angebotes der Produkte gemacht werden. Dabei sehen wir, daft zwar die Kostengestaltung eine derartige ist, daft der Verlau[ der totalen Durchschnittskosten zuerst einen fallenden und dann einen steigenden Verlauf zeigt (Abb. 11), daft aber ffir die Erstellung des Angebotes an Produkten ausschliel~licb die gegebene Grenzkostenkurve, und zwar nur in ihrem steigenden Verlauf oberhalb des Schnittpunktes, mit der Kurve der durchschnittlichen variablen Kosten in Betracht kommt. In dieser Gestalt ist die steigende Kostenkurve bei der ~eweils gegebenen Kapitalausstattung ffir den Markt gegeben. Die eben besprochenen Anderungen der Kapitalausstattung kSnnen aber Verschiebungen des Verlaufes der Kostenkurve bedeuten. Es ist hier nur noch zu erw~thnen, daft bei dieser Ableitung .von mSglichen Anderungen in den Preisen der Produktionsmittel abge~ehen wurde.
6. Freies Kapital und fixe Kapitalanlagen. Die Knappheit des Kapitals. Zwei Fragen aus der Lehre von Kapital mfissen hier noch zum Abschlusse behandelt werden, zwischen denen eine enge Verbindung gegeben ist: Die Frage nach dem Verhaltnis zwischen freiem und fixem Kapital sowie die Frage, ob ein Uberflu~ an Kapital gegeben sein kann, welcher sich zum Schaden anderer Produktionsmittel, praktisch vor allem der Arbeit auswirken kann. Es ist ffir eine korrekte Behandlung der Probleme des Kapitals von ganz grundlegender Bedeutung, da~ man - - um eine bereits gebrachte Formulierung zu wiederholen - - a l a s Kapital
Freies Kapital und fixe Kapitalanlagen.
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als etwas im Proze~ von Investierung und Wiederfreisetzung Bewegtes erkennt. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich, dal~ sowohl fliissiges Kapital wie auch K a p i t a l g i i t e r - die Realform des investierten Kapitals - - nebeneinander in der Produktion gebraucht werden. Insbesondere kann auch ein reicher Besitz an in.vestiertem Kapital in der Wirtschaft nutzlos sein, wenn das neben ihm notwendige fliissige Kapital nicht zur Verftigung steht. Man d enken~r, dal~ die besten Einrichtungen etwa von Bergwerken, Maschinenfabriken usw., wertlos sind, wenn die Arbeiter, die in diesen Anlagen besch~ftigt werden sollen, nicht bezahlt werden kSnnen. Dazu aber noch eines. Die Produkte einer Kapitalgiiterproduktion dieser Art k~nnen nur verkauft Werden, wenn nachgelagerte Produktionen sie bezahlen kSnnen. Auch diese Bezahlung kann nur mit fliissigem Kapital erfolgen. Da~ die Konsumgiiterproduktion und in weiterem Verlaufe die dieser vorgelagerten Produktionen investieren kSnnen, d a s setzt ~a unter allen Umst~nden voraus, da~ sie ein flilssiges Kapital, ,das s i e dazu brauchen, besitzen oder a~ber irgendwie erwerben kSnnen. Hier seien aber zwei mSgliche Aspekte aufgezeigt: Man kann etwa yon einer Kapitalgiiterproduktion - - z . B . einer Maschinenerzeugung - - ausgehen und sagen, da.~ diese Produktion selbst mit fliissigem Kapital versorgt sein mul~, damit sie arbeiten kann. Oder aber man kann sagen, dab die nachgelagerten P r o d u k t i o n e n - letzten Endes die Konsumgiiterproduktionen -fliissiges Kapital haben miissen, mit dem sie ihre Investitionen bezahlen kSnnen, eben das~enige bezahlen kSnnen, was die vorgelagerten Produktionen z. B. die Maschinenfabriken, erzeugen. Nun ist aber klar, dal~ - - so sehr auch der erste hier entwickelte Aspekt tier einfachere erscheinen mag --, der zweite ,die Voraussetzungen tier Kapitalgiiterproduktion viel deutlicher aufzeigt: Wenn auch die Maschinenerzeugung zun~chst eigenes Kapital verwendet, so kann sie doch, wenn dieses einmal aufgebraucht ist, nur nach Verkauf ihrer Produkte die Produktion laufend weiterfiihren. Dieser Verkauf der Produkte i s t aber davon abhiingig, dait nachgelagerte Produktionen Kapitalgiiter fiir die Zwecke der Investierung kaufen. Es ist dieses immer wieder neue Investieren in den nachgelagerten Produktionen und das Bezahlen desselben mit 6*
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Das Kapital als Produktionsmittel.
flfissigem Kapital ~ener Prozel~, welcher den vorgelagerten Produktionen einen ffir die Aufrechterhaltung der Produktionen notwendigen laufenden ,Strom von flfissigem Kapital zur Verffigung Stellt. Das ergibt sich aus dem frfiher Entwickelten ohne weiteres. Es ist auch ohne weiteres einzusehen, dal~ dieses ffir .die Investierung bereitstehende Kapital ,zwei verschiedene Quellen haben kann: Es kann zun~ichst ein frfiher einmal investiertes und dann wiederum frei gew0rdenes Kapital sein. In diesem Falle hat die Produktion ~enes Kapital, das sie frfiher einmal investiert hatte, im Laufe der Zeit freigesetzt und benfitzt dieses frei gewordene Kapital (,,beibehaltenes Sparen") ffir neue Investitionen (Reinvestitionen). Oder aber es ist neues Kapital durch Sparen gebildet worden und dieses Kapital dient dem Z,wecke neuer Investierung, also zur Bildung von Kapitalgfitern, welche nicht blofi einen Ersatz ffir abgenfitzte und verbrauchte Kapitalgfiter darstellen, sondern eine Erweiterung des Kapitalstockes der Wirtschaft bilden kSnnen. U n d hier kommen wir zur Frage der ,,Knappheit" des Kapitals. Es mull aul~er Zweifel sein, dal~ eine reichlichere Versorgung mit Kapital zu einer immer weiteren Verbesserung der Produktion ffihren muff, dal~ eine Grenze ffir den Prozel~ der Steigerung der Ergiebigkeit von Produktionsmitteln durch die Vermehrung des mit ihnen zusammenarbeitenden Kapitals fiberhaupt nicht abzusehen ist. Das ist nur z u oft fibersehen worden. Eine Verbesserung der KapitaIversorgung bedeutet immer eine Steigerung des Ertrages der mit diesem Kapital besch~ftigten Arbeiter. D a s ergibt sich ohne weiteres aus der Betrachtung der allgemeinen Formel der Aufteilung des Ertrages bei Geltung des Grundsatzes der Grenzproduktivitat. Aus Abb. 10 (S. 53) sehen wir, dal~, ~e mehr von einem Produktionsmittel vorhanden ist (~e weiter also der Punkt A nach rechts verschoben wird), desto geringer die Grenzproduktivit~it dieses Produktionsmittels sein mul~, dal~ aber zugleich der Anteil, der dem anderen Produktionsmittel zukommt (die Flache BCD), um so grSfier wird. (In Abb. 10 ist die Grundform ffir die Verteilung des Ertrages bei Kombinierung zweier ,,variabler" Produktionsmittel dargestellt. Die Besonderheiten, die in Abb. 11 dargestellt sind, entspringen der Verwendung yon bereits investiertem ,,fixen" Kapital.) Es mul~ das so wie ffir ~ede andere Kom-
Freies Kapital und fixe Kapitaianl.agen.
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bination von Produktionsmitteln auch fiir die Kombinierung von Kapital und Arbeit gelten. Das ist so klar, daft sich daraus ohne weiteres die oft gehSrte Formel von der ,Sch~idlichkeit des Sparens erledigt Zwei Umst~nde nur kSnnen hier einen Anschein von Berechtigung fiir diese Irrlehre erwecken. Einmal die Tatsache, daft es oft in der W i r t s c h a f t einen ~berflu~ an Kapital in der Form von bestimmten Kapitalgiitern gibt, etwa unbeschaftigte Fabriksanlagen usw. Anlagen dieser Art sind dann entweder nicht brauchbar (rentabel verwendbar) - - a l a s ist etwas, das mit der Frage der Versorgung mit Kapital an sich iiberhaupt nichts zu tun hat, --- oder aber sie kSnnen nicht verwendet werden, weil das neben diesen fixen Anlagen notwendige fliissige Kapital nicht i n geniigender Menge zur Verfiigung steht. Gerade d i e s e s Verb~ltnis wird von uns noch spater beriihrt werden, wenn wir yon gewissen Zustanden der Wirtschaft (Krise) sprechen werden, in welchen das Verhaltnis yon fliissigem und festem Kapital eine Reihe von Fragen aufwirft. In diesem Zusammenhange werden wir a u c h auf eine zweite Erscheinung zu sprechen kommen, in welcher ein Eindruck von Cberflu~ a n Kapital entstehen kann. Es ist n~mlich mSglich, daft eine grol~e Menge von fliissigem Kapital z u r Verfiigung steht, fiir welches eine Anlage als Kapital selbst zu dem niedrigsten Zinsfu~ kaum zu finden ist. Hier scheint das Bestehen von ii~berschiissigem Kapital ganz augenscheinlich. Auch da wird s i c h zeigen, daft diese Erscheinung auf gewisse StSrungen in der Wirtschaft (w~hrend der Depression) zuriickzufiihren ist, ohne dal~ aus ihr irgendwie Schliisse in der Richtung gezogen werden diirfen, dal~ die Bildung von Kapital in irgendeiner Weise wirtschaftshemmend wirken kann. Wir werden sehen, daft da gewisse Umst~inde zur Geltung gelangen, welche einer ungestSrten ~bernahme der Kapitalsfunktion durch diese~ Mittel entgegenstehen. Ein grunds~tzliches Festhalten aber an der These, dait d a s Kapital ein Produktionsmittel ist, das in reichlicherer Versorgung eine Steigerung der Ergiebigkeit anderer Produktionsmittel bedeutet, darf nicht dariiber hinwegt~uschen, dalt in den Bewegungen der W i r t s c h a f t unmittelbar groi~e und tiefeingreifende Wirkungen von dem Kapital ausgehen, welche bedeutenden Schaden fiir die unmittelbar Betroffenen nach sich
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Formen der Preisbild, ung.
ziehen kSnnen. Wenn etwa eine reichlichere Versorgung mit Kapital es mSglich macht, dab in einer Fabrikation eine Maschine die Arbeit, welche bisher Hunderte yon Menschen durchgefiihrt haben, iibernimmt, so bedeutet das fiir ~die unmittelbar Betroffenen einen oft unabsehbaren Schaden. E s wird den entlassenen Arbeitern oft selbst in Zeiten, in welchen eine groBe Arbeitslosigkeit nicht besteht, sehr schwer sein, iiberhaupt Arbeit zu finden. (Man pflegt heute yon einer ,,technologischen" Arbeitslosigkeit zu sprechen.) Und wenn sie Arbeit linden, so wird mit der Umstellung sehr oft eine Degr&dierung vom Hochqualifizierten zum Hilfsarbeiter verbunden sein: Ihre spezifische Qualifik.ation wird einfach ,ii'berhaupt nicht mehr vder nur in ganz geringem AusmaBe benStigt. Es ist aber zu sagen, dab durch solche Verschiebungen auch die Position bestehender Unternehmungen nicht selten und ohne dab ein Verschulden gesehen werden kSnnte, erschiittert wird. Fortsc]trittsideologie und Romantizismus werden dJcsen Vorgang ganz verschiedenartig beurteilen. Hier ist zuzugeben, dab die niichterne Betrachtung der Okonomie, welche die letzten Wirkungen zun~chst sieht, nur zu leicht geneigt ist, die soziale Bedeutung derartiger "Cbergiinge zu unterschiitzen. Fiir ihre Betrachtung liegen hier ,,Reibungserscheinungen", ,,Friktionen" vor, welche ein Anpassen an ge~nderte Daten erschweren. Die ~rirtschaftspolitik hat nicht selten den Versuch gemacht, solche An,derungen e ntweder i'll ihren Wir.kungen zu mildern oder sie sogar zu verhindern. Tatsgchlich konnten sie aber wohl niereals auf die Dauer verhindert werden. Die Entwicklung ist fiber viel Not und Elend hinweggegangen, - - dab ihr letztes Ziel die Erlangung eines Zustandes besserer Versorgung gewesen ist, das muB ebenso unbestritten sein wie die Tatsache, dab die Bewegung niemals zum dauernden Stillstande gelangt ist und immer wieder yon neuem oft unter noch gesteigerten Opfern neue Anpassungen erfordert hat.
V. Formen der Preisbildung. 1. Der Monopolpreis. Soweit wir bisher yon Preisen sprachen, haben wir ausschlieBlich ~ene Form der Bildung von Preisen behandelt,
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Formen der Preisbild, ung.
ziehen kSnnen. Wenn etwa eine reichlichere Versorgung mit Kapital es mSglich macht, dab in einer Fabrikation eine Maschine die Arbeit, welche bisher Hunderte yon Menschen durchgefiihrt haben, iibernimmt, so bedeutet das fiir ~die unmittelbar Betroffenen einen oft unabsehbaren Schaden. E s wird den entlassenen Arbeitern oft selbst in Zeiten, in welchen eine groBe Arbeitslosigkeit nicht besteht, sehr schwer sein, iiberhaupt Arbeit zu finden. (Man pflegt heute yon einer ,,technologischen" Arbeitslosigkeit zu sprechen.) Und wenn sie Arbeit linden, so wird mit der Umstellung sehr oft eine Degr&dierung vom Hochqualifizierten zum Hilfsarbeiter verbunden sein: Ihre spezifische Qualifik.ation wird einfach ,ii'berhaupt nicht mehr vder nur in ganz geringem AusmaBe benStigt. Es ist aber zu sagen, dab durch solche Verschiebungen auch die Position bestehender Unternehmungen nicht selten und ohne dab ein Verschulden gesehen werden kSnnte, erschiittert wird. Fortsc]trittsideologie und Romantizismus werden dJcsen Vorgang ganz verschiedenartig beurteilen. Hier ist zuzugeben, dab die niichterne Betrachtung der Okonomie, welche die letzten Wirkungen zun~chst sieht, nur zu leicht geneigt ist, die soziale Bedeutung derartiger "Cbergiinge zu unterschiitzen. Fiir ihre Betrachtung liegen hier ,,Reibungserscheinungen", ,,Friktionen" vor, welche ein Anpassen an ge~nderte Daten erschweren. Die ~rirtschaftspolitik hat nicht selten den Versuch gemacht, solche An,derungen e ntweder i'll ihren Wir.kungen zu mildern oder sie sogar zu verhindern. Tatsgchlich konnten sie aber wohl niereals auf die Dauer verhindert werden. Die Entwicklung ist fiber viel Not und Elend hinweggegangen, - - dab ihr letztes Ziel die Erlangung eines Zustandes besserer Versorgung gewesen ist, das muB ebenso unbestritten sein wie die Tatsache, dab die Bewegung niemals zum dauernden Stillstande gelangt ist und immer wieder yon neuem oft unter noch gesteigerten Opfern neue Anpassungen erfordert hat.
V. Formen der Preisbildung. 1. Der Monopolpreis. Soweit wir bisher yon Preisen sprachen, haben wir ausschlieBlich ~ene Form der Bildung von Preisen behandelt,
Der Monopolpreis.
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welche auf einem freien Markte zu sehen ist, also die Bildung des sogenannten Konkurrenzpreises. ~Venn wir ~etzt a n d e r e Formen der Preisbildung betrachten wollen, so soll uns zuniichst die Bildung des Monopolpreises interessieren. Damit behandeln wir nach der Besprechung des Konkurrenzpreises ~enen Fall der Preisbildung, welcher in mancher Beziehung als dessen Gegenstiick angesehen werden kann, zugleich aber auch ~enen Fall, in welchem sich am leichtesten etwas tiber eine eindeutige 8konomische Determinierung in der Preisbildung sagen l~t. Zun~ichst ist die Marktsituation, bei welcher es zur Bildung des Monopolpreises kommen kann, zu umschreiben. Von einem Monopole sprechen wir dann, wenn entweder das Angebot oder die Nachfrage auf dem Markte einer Ware in einer Hand vereinigt ist. Es is also entweder nur ein einziger als Anbieter in Betracht kommender Besitzer dieser Ware bzw. nur ein einziger Interessent als Nachfragender gegeben, - - oder aber es haben sich die Anbieter bzw. die Nachfragenden dahin geeinigt (gegebenenfalls: sie sind dazu gezwungen worden), gemeinsam in der Richtung einer Monopolpolitik vorzugehen. Uns sollen im folgenden ausschlieflich die F~lle des Angebotsmonopols interessieren, wobei beziiglich des Nachfragemonopols nur darauf hinzuweisen ist, daft seine F,ntstehung weitaus seltener m~glich sein wird, und dies aus dem recht naheliegenden Grunde, weil die Nachfrage fast bei ~eder Ware eine reiche Gliederung und verschiedenartige Gestaltllng aufweist, so da~ die Bildung der Monopolposition nur selten (ira allgemeinen nur in F~llen, in welchen eine eng begrenzte Nachfrage nach einem Produktionsmittel b e s t e h t , - z. B. bei der Nachfrage nach Zuckerrtiben durch nur wenige Zuckerfabriken) mSglich sein wird. Vorausgesetzt ist schlieflich im folgenden zuniichst, da~ der Monopolist sein Interesse rticksichtslos verfolgt und in seiner Bewegun, gsfreiheit in keiner Weise gehemrnt ist. (Nicht selten werden Monopole im Hinblick a~f ,die ~ffentliche Meinung und zur Vermeidung yon ,Sta.atseingriffen sich yon einem vollen Ausntit~zen i hrer Position zurtickhalten.) Nun ist es zuniichst ohne weiteres klar, da~ der Monopolist bei der Preiserstellung in einem anderen Sinne ,,frei" ist als der Verk~ufer auf einem Markte der freien Konkurrenz. Er
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Formen tier Preisbild,ung.
kann ~eden Preis, welcher ihm genehm ist, fordeIn, weil niemand in der Lage ist, ihn zu unterbieten. Das ist es .~a, was auf einem freieu Markte die Bewegungsmiiglichkeit des Verkiiufers einschri~nkt, d aI~ er - - wenn er auch an sich in der Preisbildung ,,frei" i s t immer Gefahr liiuft, von einem Konkurrenten unterboten zu werden, so dab er nur zu einem Preis verkaufen kann, bei welchem eine Unterbietung durch andere Verki~ufer nicht miiglich ist. Wir haben gesehen, wie sich gerade bei dem Konkurrenzpreise diese Situation fiir die Verki~ufer ergibt. Der Monopolist kann dagegen ~enen Preis verlangen, welcher ihm den grSltten Gewinn bringt, wobei es dem Wesen der Monopolsituation entspricht, dalt eine Unterbietung nicht mSglich ist. Der Monopolpreis ist zuniichst aus der Gestaltung der Nachfrage abzuleiten: Je hSher der Monopolist den Preis ansetzt, desto geringer wird die Aufnahmsfi~higkeit der ,Nachfrage sein. Der GesamterlSs ist das Produkt a u s Gr~iite des Absatzes und Hiihe des Preises. Sein griiitter Wert ist graphisch dargestellt durch das grSRte Recht: eck, welches der Nachfragekurve eingezeichnet werden kann. Nun ist der grSl~te ErlSs n u t dann zugleich der grSitte Gewinn ftir ,den ,Monopolisten, wenn dieser entweder tiberhaupt keine Pro,duktionskosten (praktischgan~z geringe Produktionskosten) hat, oder aber, wenn seine Kosten unabhiingig (praktisch unabhiingig) von der GrSite der zum Verkaufe gebrachten Produktmenge sind. Eines der wenigen praktisch relevanten Beispiele ware da die Position eines Moncpolisten, welcher ein Mineralwasser verkauft, ftir welches keine Konkurrenz besteht, wobei (in Betracht kommende) Kosten fiir die Gewifinung des Wassers nicht bestehen und daher der Monopolist nur die Frage zu entscheiden hat, wieviel Wasser er verkaufen mull, um den grSltten ErlSs, der zugleich der grSl~te Gewinn ist, zu erzielen. I n allen anderen Fiillen wird der Monopolist inicht die Erzielung des gr~iltten GesamterlSses, sondern die Erzielung des grSltten Reingewinnes (Differenz zwischen GesamterlSs und Kosten des in Betracht kommenden l:'roduktquantums) zu erreichen trachten. Daraus ergeben sich besondere Fragen, deren Beantwortung von der Art der Kostengestaltung im Einzelfalle abhiingt. F t i r die h i e r zu gebende allgemeinste Entwicklung der Grundsiitze der Monopolpo!itik geniigt aber die
Der Monopolpreis.
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Betrachtung ~ener F~lle, in welchen der Gewinn des Monopolisten von den Kosten der Produktion unabh~ingig ist. Die Abhi~ngigkeit der GrSi~e der kaUflustigen Nachfrage v o n d e r ttiihe des Preises macht es dem Monopolisten mSglich, zun~tchst zwei verschiedene Wege der Monopolpolitik zu verfolgen. Er kann entweder einen Preis festsetzen und dann ~ene Nachfrage befriedigen, welche bei diesem Preise noch zu kaufen bereit ist, oder aber er kann den Markt mit einer bestimmten Menge beliefern und es dann der auf dem Markte sich zeigenden Nachfrage iiberlassen, den Preis zu halten. Beide Wege sind in der Politik industrieller Kartelle oft verfolgt worden. Besonders deutlich wird die monopolistische ,,Mengenpolitik" dann, wenn das Kartell durch ein vielieicht kompliziertes System der Produktionsbeschriinkung (nicht nur lineare Produktionseinschriinkungen der Betriebe, sondern auch Aufteilung von ,,Quoten", oft verbunden mit Pr~imien bei Unterschreitung und Strafgeldern bei t~berschreitung derselben usw.) diese Politik verfolgt. Hier ist zu bemerken, dait dort, wo eine Monopolpolitik von einer den Mar kt beherrschenden Zusammenschlieltung einer griilteren Zahl von einzelnen Unternehmungen vorgenommen wird, eine reine Preisnormierlmg im allgemeinen nicht geniigen kann, wenn ihr eine Mengenbeschr~nkung nicht folgt. Die einzelnen Betriebe haben ~a gerade bei hochgehaltenen Preisen ein Interesse daran, soviel als mSglich zu erzeugen, und wenn sich dann etwa ihre Lager anfiillen, weil bei den hochgehaltenen Preisen der Absatz nur gering sein kann, so besteht die Gefahr, dait das Kartell wieder zerf~tllt, wofern es nicht gelingt, entweder eine Produktionseinschriinkung durchzufiihren oder aber - - eine oft auch dauernd von Kartellen befolgte M a i t n a l i m e - fiberschiissige Produkte gegebenenfalls unter den inli~ndischen Preisen (Preisdiskriminierung) im Auslande abzustol~en (Dumping der Kartelle). Nun gibt aber die Monopolsituation nicht nur die MSglichkeit zur Bildung eines einheitlichen Monopolpreises, sondern auch noch die MSglichkeit einer. Erstellung verschiedener Preise, welche unter Umst~tnden zu einer weiteren Vermehrung des Gewinnes des Monopolisten ausgeniitzt werden kann. Auf einem Markte der freien Konkurrenz wird die Tendenz zur
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Formen tier Preisbild.ung.
Bildung eines einheitlichen Preises bestehen. Auch jener Kaufinteressent, welcher mehr als andere ftir eine Ware bc,zahlen kiinnte, wird die MSglichkeit haben, sich zu demselben Preise einzudecken, welchen andere, weniger zahlungsf~thige K~ufer bezahlen: Er kiinnte den Verkiiufer, welcher mehr von ihm verlangt, verlassen und wird einen finden, der ihm nicht mehr als den Marktpreis rechnet. Anders ist die Sachlage dann, wenn ein Monopolist als einziger Verk~ufer das Angebot beherrscht. Er kann die ,,Schichtung" der Nachfrage, die Tatsache, dali es neben schw~tcheren K~ufern auch solche gibt, welche fiir seine Ware mehr zu zahlen in der Lage sind, in der Weise ausntitzen, daft er dem zahlungsf~ihigeren Kaufinteressenten hiihere Preise rechnet als dem schw~icheren. Die Formen, in welchen sich das abwickelt, k~innen durchaus verschiedenartige sein. Neben der offenen Preisdifferenzierung linden sich Verschleierungen derselben durch die Gew~ihrung von Preisnachliissen verschiedener Art. I-Iaufig findet sich die Preisdifferenzierung verschleiert hinter einer verschiedenen ,,Aufmachung" der Ware: Wenn z.B. die Tarife fiir die hSheren Klassen der Personenbefiirderung auf Eisenbahnen um einen grSfteren Betrag hiiher gehalten sind als den Mehrkosten der BefSrderung in diesen gegeniiber der niedrigsten Klasse entspricht, oder aber wenn ein Tabakmonopol die Preise fiir bessere Sorten um mehr als die Kostendifferenz h~iher halt als die der billigen Soften. H~tufig finder sich das Abschiipfen der Schichtung der Nachfrage in der Zeit verlagert: Wenn z.B. von einem Buche zuniichst eine Luxusausgabe erscheint, welche ftir die Kauffithigsten bestimmt ist, dann eine zweite Ausgabe, welche breitere Schichten der Kiiufer erfassen soll, und schlieftlich eine Volksausgabe, welcbc zu noch billigerem Preise in den noch nicht erfal~ten schw~ichsten K~uferschichten einen Absatz sucht. Nicht selten i s t auch der Fall, dal~ ein Monopolist in gewissen Grenzbereichen einer Konkurrenz ausgesetzt ist und in diesen Bereichen billigere Preise rechnet, dait also etwa der Preis fiir das Eisen dort niedriger erstellt wird, w o es (z. B. bei Brtickenbau) in Konkurrenz mit Beton steht. Unsere allgemeine Ableitung hat eine vollkommen strenge Fassung der Monopolsituation vorausgesetzt. Schon die ~etzt angefiihrten Beispiele haben zum Teil eine gewisse Auf-
Der Monopolpreis.
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lockerung dieser Begriffsbestimmung vorausgesetzt. Bei einem Buche z. B. wird man im allgemeinen nicht von eiuem Monopol sprechen kSnnen. Mit Ausnahme seltener F~tl]e (gewisse wissenschaftliche Werke) wird im allgemeinen der Sachverhalt der sein, da~ der Verkaufer (Verleger) eines Buches zwar ein Monopol gerade hinsichtlich dieses Buches besitzt, dab aber der K~tufer die Wahl zwischen verschiedenen Biichern haben wird, welche im grol~en und ganzen fiir ihn denselben Zweek erfiillen w e r d e n . Der Fall, da~ ein K~tufer gerade aussehlieBlieh nach einen bestimmten Roman und keinen anderen ohne Riicksicht auf den Preis nachfr~gt, und ahnliche F~lle,werden nicht die Regel sein. So wird das eine Buch doch wenigstens in einem gewissen Ausmal~e mit anderen konkurrieren. Ahnlich wird der Sachverhalt in vielen anderen F~tllen sein, die fiir das grol~e Geschehen der Wirtschaft viel bedeutender sind. Ein wichtiges Beispiel haben wir schon genannt: Eisen und Beton sind durchaus verschiedene Waren, man kann im allgemeinen dort, wo Eisen verwendet wird, nicht an dessen Stellen Beton verwenden --- und doeh gibt es einen Grenzbereich, in welchem Eisen und Beton konkurrieren. Ganz ~ihnlich wird es mit der ,,Konkurrenz" verschiedener Metalle untereinander sein. Kohle konkurriert mit der Elektrizitat, Gas mit Petroleum, Ziegel mit Holz, Seide mit Wolle usw. Schliel~lich konkurrieren auch die verschiedenen Nahrungsmittel untereinander. Es ist nun klar, d a b dieser Tatbestand der Konkurrenz verschiedenartiger Waren in gewissen mehr oder weniger breiten ,,Grenzgebieten" an sich den Tatbestand eines Monopolverh~tltnisses fiir eine dieser Waren noch nicht aufheben muB. Wenn das Eisen z.B. yon einem Monopol angeboten wird, so ist hier eine unseren strengen Voraussetzungen letzten Endes doch entsprechende Monopolsituatiou gegeben. Die ,,Konkurrenz" z.B. des Betons (aber auch: des Holzes als Baumaterial, in anderen Bereichen vielleicht anderer Metalle usw.) wird sich nur darin aul~ern, dab bei ErhShung des Eisenpreises ein gewisser Teil der Nach, frage auf die M~rkte anderer Waren, welche als Ersatzstoffe dienen kSnnen, abwandern wird, dal~ also die Nachfrage bei weitgehender ErhShung des Preises wesentlieh starker zuriickgehen wird als es der Fall ware, wenn diese ,,Konkurrenz" nicht bestiinde. Die Monopolsituation bleibt also auch in diesem
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Formen der Preisbildung.
Falle bestehen. Der Monopolist muir, wenn er seine Situation voll ausniitzeh will, eben mit dieser durch die Konkurrenz von Ersatzstoffen mitbedingten Gestaltung der Nachfrage rechnen. Es wird trotz der weitgehenden Ersetzbarkeit fast einer ~eden Ware durch andere wohl kaum eine geben, bei welcher nicht ungeachtet dieses Umstandes eine Monopolsituation in dem Sinne mSglich ware, dal~ eine Beherrschung des Angebotes eine ErhShung des Preises erreichen kSnnte. Allerdings wird zu beachten sein, dalt die Nachfrage in ~edem Falle bei einer PreiserhShung um so rascher zurtickgehen wird, ~e leichter die monopolisierte Ware ersetzt werden kann, Und dieser Umstand mul~ dann zur Folge haben, da~ die Chance ftir die Erzielung eines h5heren Gewinnes durch den Monopolisten bei immer weiterer ErhShung des Preises nicht mehr besteht, da die Erh5hung des Preises sehr rasch zu einer wesentlichen Verminderung des Absatzes fiihren wird. Je leichter als0 eine Ware ersetzbar ist, desto weniger wird der Monopolist ihren Preis erhiihen kiinnen, dies wenigstens darm, wenn die konkurrierenden W a r e n nicht auch durch eine monopolistische Preispolitik teuer gehalten werden. Noch bedeutender wird aber die Frage einer Beschriinkung der Monopolsituation in einem anderen Sinne. Es ist eine aul~erordentlich h~ufige, ~a bei den meisten Monopolen gegebene Sachlage, dait der Monopolist zw~r Zuniichst eine Unterbietung seines Preises durch eine Konkurrenz nicht zu beftirchten hat, dalt aber, sobald ein ganz bestimmter Preis erreicht wird, doch eine Konkurrenz auftauchen k a n n . Dieser Sachverhalt ist vor allem immer dann gegeben, wenn in einem Lande eine industrielle Produktion zu einem Monopol zusammengeschlossen ist, wobei die ausl~indische Konkurrenz durch einen Schutzzoll ferngehalten wird. Das inl~ndische Monopol kann unbeschr~inkt Monopolpolitik betreiben, solange bis der Preis erreicht ist, bei dem die ausIiindische Konkurrenz hereinkommen kann. Sobald dieser Preis erreicht ist, ist die Mo, nopolsituation im Inlande gewissermalten von selbst aufgehoben. Diese Obergrenze ftir einen Monopolpreis wird im allgemeinen durch die Formel ,,Weltmarktpreis plus Transportkosten plus Schutzzoll" gegeben sein, wenigstens soweit es sich um ,,nationale" Monopole handelt~ ~brigens ist auch innerhalb einer
Der Monopolpreis.
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Volkswirtschaft die Bildung von lokalen Monopolen mSglich welche allein durch eine hShere Belastung der von weiterhe: kommenden Produkte mit Frachtspesen (z.B. Ziegelsteine ihre Monopolsituation mit der Begrenzung des Preises nac] der Formel ,,Konkurrenzpreis plus Frachtspesen" gesicher haben. Praktisch von der allergriiitten Bedeutung ist aber di, Begrtindung der Voraussetzung ffir :eine Monopolsituatioi durch einen Schutzzoll. Nehmen wir an (Abb. 12), dalt bei gegebener Nachfrage N2 ein Schutzzoll eingefiihrt wird, welcher den Preis, zu welchen die .ausl~ndi'sche W,are in das Land N kommen 'kan,n, azaf die HShe OM fixiert. We'nn nun im Inlan, de das Produkt in tier Menge OA erzeugt D wird and auf ,den Markt gelangt, so M --B wird der Preis ,die H~he A B nicht ~ t~ber~steigen kiinnen. Der ,Schutzzoll f ,wirkt sic~ also im inlitn, dischen Preis nicht a'us. Solange sich w e d e r 0 . . . . $ A die Gestalt, ung der Nach~rage ~n- Abb.le. Das,,Ausnfitzen" ein~ SchutzzoUes. dert, noch auch die ,Menge des inl~tndischen Pr.odu~ktes verringert wir,d, kann der Prei~ tiber diese H,She n i c h t steigen, wenn a u c h ,der Schutz zoll und damit der Konkurrenzpreis des Auslandes beliebi! in die tfiihe gesetzt wird, Eine Anderung hir die inl~tndisch, Produktion ergibt sich a b e r dann, wenn die Produktion zl einem ,Monopol Zusammengeschlossen wird, welches nu.r eini geringere Menge des Produktes auf den Markt bringt. Dani kann die Produktion zun~ichst bis auf das Quantum OC be schrankt werden, wobei ~ener Preis erreieht ist, welcher nich mehr erhiiht werden kann, weil sonst die ausl~ndische Kon kurrenz in das Land kommen kann. Eine weitere Beschriin kung der Produktion unter das Quantum OC kann sonact eine weitere PreiserhShung nicht mehr nach sich ziehen, wei j a z u m Preise OM pra,ktisah jede Menge aus dem e l t m a r k t ~ bezogen werden kann. Aus d e r Ableitung: ergeben sich ohni weiteres einige allgemeine Siitze: 1, Ein SchutzzolI kann z u einer ErhShung des Preises in Inlande nicht fiihren, wenn das inl~indische :Angebot so grol '
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Formen der Preisbildung.
ist, dal~ es yon der gegebenen Nachfrage nur zu einem niedrigeren Preise als Weltmarktpreis plus Transportkosten plus Schutzzoll aufgenommen wird. 2. In diesem Falle kann die ErhShung des inl~indischen Preises unter Ausniitzung des Schutzzolles nur dann erfolgen, wenn durch ein Monopol (oder auch: durch andere Mafinahmen der Produktionsbeschr~tnkung, z . B . durch Verftigung des Staates, der sich aber dabei vielfach der Form der Bildung eines Monopolverban,des bedienen wir.d,) eine Produktions~beschr~tnkung vorgenommen wird. 3. In diesem Falle kann der Preis bis zur HShe Weltmarktpreis plus Transportkosten plus Schutzzoll erhSht werden. Eine weitere PreiserhShung ist aber bei der gegebenen Sachlage ausgeschlossen, da ein hSherer Preis yon der ausl~ndischen Konkurrenz unterboten werden wiirde. I)amit ist aber auch eine Antwort auf einige Fragen hinsichtlich des Verh~ltnisses von Monopol und SchutzzSllen m~glich. Wenn aus irgendeinem Grunde die Wirtschafs del heimischen Produktion den Preis OM (Abb. 12) sichern will und in dieser Absicht einen entsprechenden Schutzzoll einfiihrt, so ist die Erreichung dieses Preises trotz des Schutzzolles nicht mSglich, solange die heimische Produktion mehr als die Menge OG auf den inliindischen Markt wirft. Soll der Schutzzoll zu einer ErhShung des Preises fiihren, so kann dies nur im Wege einer Produktionsbeschrankung (praktisch vor allcm:) durch die Zusammenfassung der inl~tndischen Produzenten zu einem Monopol erfolgen. Wer die P reiserhShung dutch den Schutzzoll wiinscht, der mul~ also auch erkennen, da~ diese nur durch entsprechende Produktionsbeschr~tnkung erreicht werden kann. Auf der anderen Seite aber: Wenn jemand durch einen Schutzzoll den Preis im Inlande hochhalten will und zugleich sich dagegen wendet, daft die inl~tndische Produktion im Wege eines Zusammenschlusses eiiie Produktionseinschr~tnkung erreicht, s o sind diese beiden Standpunkte untereinander im Widerspruch. Und dann: Wenn der Schutzzoll es dem Monopol mSglich gemacht hat, den Preis auf OM zu erhShen und wenn ~emand dann gegen das Monopol auftritt, so ist der einfachste Weg zur ZerstSrung desselben die Aufhebung des Schutzzolles. Es ist ~a klar, dal~ in cliesem
Die monopolistische Konkurrenz.
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Falle erst der Bestand des Schutzzolles und die damit verbundene Ausschlieltung der ausl~tndischen Konkurrenz die Voraussetzung ftir die tIochhaltung des Preises durc~h das heimische Monopol gegeben hat. I-Iier haben wir nur einige allgemeine ttinweise auf Z u sammenh~inge, welche zwischen Schutzziillen und Monopolbildung bestehen kiinnen, vorgetragen. Etwas Abschlie~endes tiber die Wirkung von Schutzziillen schlechthin ist damit noch nicht gesagt. Dartiber kann erst sp~iter in einem anderen Zusammenhange gesprochen werden.
2. Die monopolistische Konkurrenz. Wenn freie Konkurrenz und Monopol als die einander gegentiberstehenden ,,Grenzf~tlle" verschiedenartiger Marktsituationen allgemein bekannt sind, so ist es doch viel weniger beachtet worden, da~ Marktsituationen anderer Art gerade ftir die moderne Wirtschaft in weitem Ausmafle yon Bedeutung geworden ist. Wir bezeichnen die uns im folgenden interessierenden Marktsit~ationen mit einer widerspruchsvoll scheinen, den, aber heute schon recht weit verbreiteten Formel als ,,monopolistische Konkurrenz", wobei uns dieser T a t b e s t a n d , - ganz so wie beim M o n o p o l - nur hinsichtlich der Angebotsseite besch~tftigen soll. Der gew~thlte Ausdruck zeigt an, da~ hier die Angebotsstellung gewisse Elemente der freien Konkurrenz in sich schlieitt, aber daneben auch Umst~tn.de zur Geltung gelangen, welche ein Verhalten, das dem des Monopolisten entspricht, ermiiglichen. Hier sei zun~ichst eine Umschreibung des Tatbestandes gegeben: 1. Es sind mehrere Anbieter einer Ware vorhanden, ihre Zahl ist jedoch eine beschr~tnkte und eg haben einige wenige grolie Anbieter je einen bestimmenden Einflufl auf die Griiite des gesamten Angebotes (,,Oligopol"). 2. Die Verh~tltnisse des Marktes sind solche, dait ein grolter Anbieter durch eine nicht allzu welt gehende Herabsetzung des Preises eine wesentliche Ausdehnung seines Absatzes nicht erzielen kann. Diese Umschreibung zeichnet sich sicherlich nicht durch besondere Exaktheit aus. In dieser Richtung wird noch manch6s z u erg~inzen sein. Unsere Formulierung kann aber ~eden-
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Formen tier Preisbild,ung.
falls dazu dienen, die verschiedenen Umst~nde, welche bei dieser Marktsituation z u r Geltung gelangen, nebeneinander zu stellen, Es sei aber der Tatbestand noch etwas anschaulicher dargestellt. Betrachten w i r eine heute sehr h~iufig gegebene Situa" 1s". tion .--- die Verhi~ltnisse des Angebotes eines ,,Markenarhke Es handle sich um irgendein Produkt, z. B. der Lebensmittelindustrie. Itier gibt es einige grolte Produzenten, welche ihre Pr0dukte ~eweils mit einer bestimmten Marke versehen auf den Markt bringen. Neben ihnen gi~be es noch eine griiltere Zahl von kleinen Produzenten, welche nicht imstande sind, ftir ihr Produkt eine gangbare Marke zu fiihren. Sie verkaufen also entweder ohne ~ede Marke oder ihre Marke i s t so unbekannt, daI~ Sie praktisch fiir den Absatz nichts bedeutet. Es ist nun zun~chst klar, daI~ auf diesem Markte eine ,,Konkurrenz" besteht: Die verschiedenen Marken konkurrieren untereinander, sie konkurrieren auch mit der markenlosen Ware. Auf der anderen Seite aber wird manches gelten, das an die verh~tltnisse eines Monopols erinnert. Wenn einer von den Markenerzeugern seinen Preis um etwas in die ttShe setzt, so werden nicht sofort alle seine Abnehmer zu seiner Konkurrenz hiniibergehen, wie dies dem streng gefal~ten Tatbestande der freien Konkurrenz entsprechen wtirde. Wahrscheinlich wird ein grolter Teil seiner Kunden ihm treu bleiben, dies einfach des' halb, weil diese Kunden die Marke gewiihnt sind und sich nicht gerne umstellen, gegen die andere Marke aus irgendeinem G r u n d e eine Abneigung h a b e n usw. Umgekehrt" Wenn der eine der Markenerzeuger seinen Preis herabsetzt, so wird er sicher aus denselben Griinden nicht erwarten ksnnen, dait alle Kunden seiner Konkurrenz zu ihm heriiberk0mlnen werden. Und betrachten wir die kleinen Erzeuger, welche aulterhalb des Bereiches der grollen Marken Stehen: Sie werden einen relativ geringen Absatz haben, und zwar bei wohl niedrigeren Preisen als die der Marken sind. Die K~iufer sind eben (in der grSl~ten Zahl) gewohnt, bei den Markenartikeln zu bleiben und haben - - m i t Recht oder mit Unrecht - - gegen :die PrOdukte, die ohne Marke auf d e n Markt gelangen~ eine Abneigung; sie Wissen oft nicht, dait die Qualitat des markenlosen Artikels dieselbe ist, wie die der besten Marke, oder aber sie
Die monopolistische Konkurrenz.
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schatzen einen Qualitatsunterschied zwischen der Marke und dem markenlosen Artikel so hoch, dal~ sie lieber bei der a u c h wesentlich teurere~ Marke bleiben. Was wir sehen ist also das: Die Zusammenballung eines wesentlichen Teiles des Angebotes zu grSfieren Aggregaten und die ,,Bindung" (GewShnung) der K~iufer an diese hat Zur Folge, daft bei grundsatzlich ~bestehender Konkurrenz alles das, was dem Markte der freien Konkurrenz wesentlich ist, hier nicht in Erscheinung tritt. Es kSnnen Preisdifferenzen selbst bei vSllig gleicher Qualit~,t bestehen (oder die Preis: differenzen kSnnen wesentlich grSfier sein als den Kostendifferenzen verschiedener Qualit~ten entspricht), es kann das der freien Konkurrenz wesentliche Expansionsstreben, daft namlich ~eder Anbieter bereit ist, mit seinem Preis herunterzugehen, wenn er damit eine VergrS~erur~g des Absatzes erzielen kann, solange der neue Preis noch seine Kosten deckt, nicht zur Geltung gelangen. Es ist damit auch verbunden, daft die Preise nicht die Tendenz zum Kostenpreis haben, ~a es wird zu erwarten sein, dal~ die groften Marken Preise erzielen, welehe vielleicht sogar wesentlich fiber den Kosten stehen, w~,hrend nur die kleinen Erzeuger, welche keine Marke ffihren, zu schlechten Preisen verkaufen mfissen, die gerade noch die Kosten decken. So ergibt sich, daI~ nur auf dem ,:Rande des Marktes", dort, wo die markenlosen Artikel verkauft werden, die wichtigste Wirkung der freien Konkurrenz zur Geltung gelangt. Gerade aber hinsichtlich der Kostengestaltung ist hier noch eines zu betonen. Die grol~en Erzeuger der Marken werden Betriebe mit grol~en Kapitalinvestitionen haben, welche erst bei einem grSl~ere,n Produktquantum alas Kostenminimum erreichen. Es ist nun ohne weiteres mSglich, daft gerade diese grol~en Betriebe bei der hier umschriebenen Marktsituation nur in beschr~nktem Ausmafte arbeiten, so daft sie ihre Produktion im fallenden Aste der Kostenkurve abbrechen. (Produktmenge OF beim Preise FN" in A~bb. 11, oder weniges ,darfiber.) Es ist gerade den Verhaltnissen der monopolistischen Konkurrenz entsprechend, daft bei diesem Preise die Ausdehhung der Produktion bis zu ~enem Quantum, welches a u f dem steigenden Aste der Kostenkurve diesem Preise entsprechen wfirde, nicht mSglich ist, weil - - wie bereits ausgefiihrt wurde .
Strigl, National6kenomie.
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Formen tier Preisbildung.
--- den gro~en Aggregaten des Angebotes eine Ausdehnung des Absatzes (wenn iiberhaupt), nur unter st~rkerer Preisherabsetzung mSglich ist. (Graphisch w~re der Tatbestand etwa in der Weise darzulegen, da~ die Kurve der Nachfrage nach einer Marke die K u r v e der totalen ~Stiiokkosten im P u n k t N' tier Abb. l l steil yon oben nach unten verlaufend schneider. Es ist auch m~glich, dal~ ,die K'urve ,der t,otale,n Stiickkosten noch weiter links von dieser Nachfragekurve geschnitten wird, so d al~ ,d.as Produktquantum s e l b s t unter OE liegen kann.) Darin liegt der wesentliche Unterschied gegeniiber dem Falle der freien Konkurrenz begriindet, Unter diesen Umst~nden aber kann ein Betrieb bei roller Deckung d e r Kosten (einschliel~!ich der fixen Kosten) im Bereiche abnehmender Kosten arbeiten, solange bis etwa eine Ausdehnung der Produktion bei giinstigeren Absatzverh~iltnissen mSglich ist oder aber - - was unter diesen Umst~nden vielleicht nicht sehr wahrscheinlich sein wird - - bis der Betrieb eine Verringerung seiner Kapitalatlsstattung zur Herabsetzung seiner Kosten vornimmt, weil eine Produktionsausdehnung nicht mehr erwartet wird. (Daft ein Betrieb auf die Dauer ein Produktquantum erzeugt, bei dem er im Bereiche der fallenden Kosten arbeitet, ist bei freier Konkurrenz nicht mSglich.) Kehren wir aber zuriick zur Umschreibung des Tatbestandes, u m den Anwendungsbereich der hier geschilderten Verhaltnisse zu betrachten. Wir haben den Tatbestand der monopolistischen Konkurrenz in der Weise umschrieben, dab wir einerseits eine Zusammenfassung des A n g e b o t e s i n grS~ere Aggregate, anderseits eine gewisse Bindung der Nachfrage an die einzelnen Tr~ger des Angebotes angenommen haben. Das e r s t e der beiden Momente mul~ an sich schon einen entscheidenden Einflul~ a u f das Verhalten des Angebote~ ausiiben. Der Anbieter, welcher einen grol~en Teil des Angebotes beherrscht, wird nicht gezwungen sein, ~edem einzelnen weiteren Absatz gewisserma~en nachzulaufen, seinen Preis herabzusetzen, wenn auch nur um weniges mehr zu verkaufen ist. Die Bindung der Nachfrage an einzelne Anbieter ist dcutlich geworden a n dem Beispiele der Markenartikel. Sie wird auch sonst haufig gegeben sein, wo bestehende wirtschaftliche Beziehungen gepflegt werden und der K~ufer eine bestehende
Die monopoli,stische Konkurrenz.
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Verbindu,ng nioht sckon aufl~l~t, uIn jede geringste un,d vielleicht n u t voriibergehende Preiserm~6igung an anderer Stelle aus,zuniit,zen. Gera, de aber ,die ~hier erw~hnten VerhKltnisse werden praktisch yon 'besonderer B~deutung sein, wenn ein in tier Absutzorganisation gerade grol~er Produzenten oft besonders wichtiger Umstand beachtet wird, da6 n~mlich auf dem Markte, der ,yon monopolistischer Konkurrenz beherrscht wird, ei,ne Erweiterung des Absatzes in tier Regel nur unter Aufwendung ,besonders groiter ,zus~itzlicher Kosten, insbesondere fiir Reklame, mSglich ist. Die beiden hier in Rede stehend.en Umsti~nde, die Bildung gr~ilierer Aggregate innerhalb der Angebotsstellung sowie die Bindung der Nachfrage an einzelne Anbieter, denen eine Erweiterung des Absatzes nur unter erhShten Kostenaufwendungen miiglieh ist, sind in der wirtschaftlichen Praxis der Gegenwart in den verschiedensten Graden der Wirksamkeit miteinander k0mbiniert zu finden. E s wird wohl ftir ~eden, welcher die VerhKltnisse der Wirtschaft n~ther kennengelernt hat, aul~er Zweifel sein, dal~ der durch diese Umst~nde umschriebene Tatbestand der monopolistischen Konkurrenz heute in weiten Bereichen die h~iufigste Marktsituation darstellt. Eine grofle Zahl von Giitern nicht nur a us dem Bereiche der Verbrauchs- und Gebrauchsgttter (aui~er gewissen Nahrungsmitteln auch etwa noch Automobile, N~hmaschinen, verschiedene Bekleidtmgsartikel und manches andere), sondern auch aus dem Bereich der Produktionsgiiter werden auf einem Markte angeboten, welcher deutlich die Verh~tltnisse der monopolistischen Konkurrenz zeigt. Damit sind auch gewisse Erscheinungen auf diesen M~rkten erkl~trt, die von jenen abweichen, welehe auf einem freien Konkurrenzmarkte zu erwarten sind. V o r allem Differenzierung d e r P r e i s e und der Bestand von Preisen, welche ,Sauernd iiber den Kosten stehen, dann .a~oh die Be,schr~tnkung tier Pr, oduktion auf ~5en Bereich fallen, der St,iickkosten. Sc,hliefllich ,auch noch eine in d e r wirtschaftlichen Dynamik insbesondere der Depressionsbewegungen aulterordentlioh ,bedeutsame Er, soheinungdalt nitmlich die Preise vielf, ach wesentlich lang,samer unter dem Einflufl ein;es Nachlassens tier Nac,hfrage zurtickgehen a ls ,die P r e i s e der freien Konkurren,z, }a dal~ die Preise auf 7*
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Formen tier Preisbild, ung.
diesen M~trkten sich vielfach als vSllig starr erweisen. Ger.ade aber die mangelnde Kennt'nis dieser Art ,der Marktgestaltung hat viel dazu beigetragen, dal~ eine ungeniigende Schul~n,g in wirtschaftlichen Dingen ,die Verhaltnisse unserer Wirtschaft nicht erkl~ren konnte. 3. Die Preistaxen. Die bisher behandelten Fi~lle der Preisbildung - - freie Konkurrenz, Monopol und monopolistische Konkurrenz - - sind durchwegs dadurch charakterisiert, dalt eine ganz bestimmte Marktsituation als gegeben angenommen wird und aus dem auf dem Markte zur Geltung gelangenden Verhalten der Wirtschaftssub~ekte der Preis entsteht. Dieser ganzen Gruppe der ihrem Wesen nach einer iikonomischen Erkl~rung zug~nglichen t)reisbildungen ist nun noch ein anderer Fall der Preisbildung gegeniiberzustellen. Viele Preise entstehen nicht auf einem Markte aus der auf dem Markte gegebenen Gestaltung von Angebot und Nachfrage, es wird vielmehr die Preisfestsetzung aui~erhalb des Marktes mit Verbindlichkeit ftir den Markt vorgenommen. Eine solche Preisfestsetzung hat fiir uns nur dann ein Interesse, wenn es ihre Aufgabe ist, einen anderen Preis zu normieren als ~ener w~tre, der auf dem (freien) Markte zustande kommen wiirde. Damit fallen fiir uns ~ene Normierungen, deren Zweck nicht dieses, sondern eine gewisse Regulierung zur Vermeidung von gelegentlichen Schwankungen u. ~. ist, wie es z. B. bei der Regelung des Preises des Lohnfurwerkes in einer modernen Groitstadt vielfach tiblich ist, also die sogenannten ,,Ordnungstaxen", auiierhalb des Bereiches der Betrachtung. Wenn es aber die Aufgabe der ,,echten Preistaxen" ist, einen Preis herbeizufiihren, welcher von dem Preise, der sich auf dem freien Markte bilden wiirde, abweicht, so muit dies zu weitgehenden Wirkungen auf dem Markte fiihren. Nur diese Wirkungen kiinnen Gegenstand einer (im strengen Sinne) ,,iikonomischen" Betrachtung sein, nicht aber die Verh~ltnisse, welche in einem solchen Falle die Hiihe des Preises bestimmen. Fragen wir aber zun~chst nach den F~llen, in welchen Preisnormierungen praktisch von grSl~erer Bedeutung sein werden. Die Preistaxe wird entweder eine Hochhaltung oder eine
Die Preistaxen.
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Niedrighaltung des Preises gegeniiber ~ener Hiihe, welche sich auf dem freien Markte erstellen wtirde, bedeuten. Die Hochhaltung wird sehr oft in der Form der Normierung eines ,,Mindestpreises", also eines Preises, d e r nicht unterschritten werden darf, die Niedrighaltung in der Form der Normierung eines ,,Hiichstpreises", der nicht iiberschritten werden darf, erfolgen. Unter diesen Umstiinden wird im allgemeinen auch der Mindest- oder I-ISchstpreis-zum tats~ichlich auf dem Markte geltenden Preise werden. Eine Niedrighaltung des Preises wird im Interesse der Abnehmer erfolgen. Es werden sich also Hiichstpreise zun~chst dort linden, wo die Wirtschaftspolitik die Tendenz verfolgt, den Konsumenten in einer Zeit wirtschaftlicher Not zu schiitzen. Die reichste Erfahrung hat in dieser Beziehung die Praxis der Kriegswirtschaft (und zum Teil auch: der Nachkriegswirtschaft)mancher Lander gebracht. Ein anderer bedeutender Anwendungsbereich fiir Mindestpreise ist in der Normierung von Devisenkursen mancher Lander zu finden gewesen, in welchen es aus irgendwelchen Grtinden verhindert werden sollte, dal~ die Entwertung der W~ihrung in den ausliindischen Wechselkursen zum Ausdruck gelangt. Auf der anderen Seite wird eine Hochhaltung von Preisen dem Schutze der Interessen yon Verk~iufern (Produzenten) entsprechen. Es wird hier ein bedeutendes Beispiel aus der Geschichte in den Mindestpreisvorschriften mittelalterlicher Ziinfte zu finden sein, welche den einzelnen Produzenten einen ,,auskSmmlichen" Preis sichern sollten. Auch in neuerer Zeit finden sich h~ufig Falle des Preisschutzes im Interesse von Produzenten. Dabei wird freilich die primitive Technik der reinen Normierung von HSchstpreisen im allgemeinen weniger in den Vordergrund treten neben anderen Methoden, welche entweder eine Produktions,beschr~'nkung oder auch eine Subventionierung (z. B. .durch Her aus.ziehen eines Teiles d~s Pro,d~ktes ,au~s dem Markte etwa zum Verkaufe im Auslande zu herabgesetzten Preisen) 'zur Sttitzung tier Preise v o r s e h e n , - g an~z abgesehen dav.on, d~alt M.altnahmen dieser Art j,a auch von ,den Produzenten sel,bst h~ufi,g unter Bildung von Monopolorganisatiormn vorgenommen werden. Ein anderer sehr wichtiger Fall der :Preishoch,haltung ist schlieltlich die Hochhaltung von A r ~ i t s l i i h n e n in K.ollektivvertr~gen. '
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Formen der Preisbildung.
Die weitreichenden Fragen der Organisation, welche mit Preisnormierungen zusammenh~ngen, k~nnen hier nicht weiter behandelt werden. Als einfachster Typus wird hier Wohl ~ener anzusehen sein, in welchem der Staat die Preisvorschrift erl~flt und seinen Machtapparat fiir die Durchsetzung dieser Norm zur Verfiigung stellt. In ganz ~hnlicher Weise kann die Aufgabe der Preisnormierung yon Organisati0nen iibernommen werden, welche innerhalb des Staates mit ~ffentlich-rechtlichen Kompetenzen ausgestattet sind und sich zur Durchsetzung ihrer Anordnung der Macht des StaateS bedienen k~nnen. Nur in der Art der Organisation ist da - - wenigstens in dem, was ftir uns hier unmittelbar yon Interesse ist - - ein Unterschied gegeniiber ~enem Falle gegeben, in welchem eine Arbeiterkoalition im Kampfe oder im Wege yon Unterhandlungen gegebenenfalls unter Drohung des Kampfes die Unternehmerschaft zur Unterzeichnung eines kollektiven Vertrages bringt und dann ihren eigenen besonders gearteten Machtapparat dazu verwendet, um eine Unterschreitung des vereinbarten Lohnsatzes zu verhindern,-- wobei wiederum der Staat ~e nach den gegebenen VerhitltniSsen (vor allem Wird hier die Frage der Wirksamkeit der Kollektivvertr~ge bzw. deren Anerkennung durch das Gericht und die Frage der rechtlichen Wirksamkeit einer ,,Abdingung" yon Bedeutung sein) in mehr oder weniger weitem Ausmafl auch seine Hand fiir die Durchsetzung dieser Norm zur Verftigung Stellen kann. ~brigens finden sich auch Lohnpreisfestsetzungen durch den Staat oder vom Staate bestellte Organe, ganz so wie auch ein v~llig legaler Einbau yon Arbeiterorganisationen in den Rahmen der 0rganisationen 8ffentlichen Rechtes. Noch viel weiter in Bereiche, welohe auflerhalb der von uns betrachteten ZusammenhKnge liegen, wiirde uns das Verfolgen der Frage fiihren, welche Umst~nde in einer Preisnormierung sich auswirken k~nnen. Da k~nnen die verschiedenartigsten politischen und anderen Zwecksetzun' gen wiederum neben verschiedenartigen sozialen Machtverh~ltnissen zur Geltung gelangen, in unseren Aufgabenbereich f~llt abet die Frage nach der Wirkung yon Preisnormierungen, welche auflerhalb des Marktes erfolgen und die Aufgabe haben, einen Preis durchzusetzen, welcher vom Marktpreis abweicht. Die Wirkungen werden bei einer ,,kiinstlichen" Hochhaltung
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des Preises in etwas anderer Weise zu behandeln sein als bei Niedrighaltung des Preises, wenn auch das theoretische Grundschema --- die AbWeichung yon dem ,,Gleichgewichtspreise" --, das gleiche ist. Wir wollen bier zun~ichst den Fall tier Niedrighaltung der Preise (,,HSchstpreise") im Auge haben. Da sind drei Umst~inde zu beachten. 1. Die Niedrighaltung des Preises mul~ zur Folge haben, dal~ die Nachfrage nach der Ware gr~l~er ist als ~alas Angebot. 2 . Die Diskrepanz zwischen Angeb0t und Nachfrage mul~ in irgendeiner Weise eine Selektion der Nachfragenden, welche zum Zuge gelangen, zur; Folge haben. 3. Die Niedrighaltung des Preises (einer Gruppe yon Preisen) muff sich in das Preisgefiige der . ganzen Volkswirtschaft, also zuniichst in die Relation von Produktionskosten und Produktpreisen einfiigen. Dabei w i r d aber auch zu beachten sein, dal~ die Wirkungen einer Reglementierung bei einer Gruppe von Preisen auch andere Markte affizieren werden, insbesondere insoweit Waren in Betracht kommen, welche als Ersatz fiir die der Reglementierung unterworfenen Waren in Betracht kommen. "Cber die Notwendigkeit einer besonders gearteten Selektion unter der Nachfrage, welcher die MSglichkeit genommen ist, durch das ,,Skonomische Mittel" des ,,Preiskampfes" die Entscheidung zu linden, wer von den Nachfragenden mit einer Ware versorgt werden soll, haben wir schon an anderer Stelle (vgl. S. 12 f.) gesprochen. Hier ist noch einiges nachzutragen. Es kann die Bildung des Selektionsprinzips den Marktparteien selbst iiberlassen sein. Dann werden verschiedene bereits erwiihnte Formen der Selektion zu finden sein. Daneben kann aber auch der Fall gegeben sein, dal~ irgendeine aul~erhalb des Marktes stehende Stelle diese Selektion durchfiihrt, vor allem der Staat oder eine vom Staate dazu berufene Stelle. Dabei kSnnen wiederum die verschiedensten Formen der Auswahl gebildet werden. Ein sehr einfaches Prinzip w~ire das der Gleichheit: ~eder der Nachfragenden (z. B. nach Lebensmitteln in Kriegszeiten) soll gleich viel kaufen kSnnen. Ein anderes w~ire das einer sozialen Beriicksichtigung: z. B. der Familienerhalter oder der Schwerarbeiter soll mehr bekommen u. ~i. Bedeuten.d schwieriger wird die Wahl ei~nes Selektionsprin-
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zipes dann, wenn es sich nicht um die Versorgung mit Lebensmitteln u. ii. handelt, sondern mit etwas anderem, das im Bereiche des Erwerbes eine Rolle spielt: vor allem also etwa mit Ro.hstoffen, welche im Preise niedrig gr werde,n. (Dies wird z. B. dann der Fall sein, wenn es sich um ausl~ndische Rohstoffe handelt, welche aus irgendeinem Grunde n u t in beschr~nktem Ausmalie in das Land gelassen werden, wobei die Preise derselben niedrig gehalten werden, so dalt nicht alle, welche bei diesen Preisen kaufen wollen, auch kaufen kSnnen; ~hnlich wird die Sachlage sein, wenn ein inliindisches Rohprodukt in ,,Zwangswirtschaft" aufgebracht wird und zu einem ,,zu niedrigen" P r e i s e - also unter ~enem Preise, welcher Angebot und Nachfrage gleichsetzen w i i r d e den heimischen Verarbeitern zur Verfiigung gestellt wird.) Da kann ein ,,historisches" Prinzip der Aufteilung zugrunde gelegt werden, indem ~eder etwa so viel erh~ilt, als er im Vor~ahre bezogen hat oder auch einen bestimmten Prozentsatz d e s s e n , - oder aber es erfolgt die Aufteilung nach der Gr6ite der gegebenen Betriebsanlage usw. Es ist nicht notwendig, n~iher darauf hinzuweisen, dab ~edes historische Prinzip zu einer Erstarrung fiihren mull, dali es nicht geeignet sein wird, den Anderungen und Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur, welche sich im L a u f e der Zeit ergeben, Rechnung zu tragen. Jeder Versuch aber, Umstiinde dieser Art zu beriicksichtigen, ftihrt sofort zu aulterordentlichen Schwierigkeiten fiir eine ,,sachliche" Beurteilung. Nur zu oft wird dann Willktir und Unverst~indnis bei d e r Entscheidung zur Geltung gelangen. Ein besonders gewichtiger Umstand ist aber da noch zu beachten. Das Erge~bnis der hier in Rede stehenden Selektion mult, gleichgtiltig n,ach welchem Grun4satze sie durchgefiihrt wird, zur Folge haben, dalt einzelne Nachfragende weniger erhalten als sie bei den geltenden Preisen kaufen wiirden, ~a, daI~ Nachfragende unbefriedigt bleiben (nicht voll befriedigt wetden), welche auch zu einem hSheren Preise zu kaufen bereit w~ren. Wenn aber der Sachverhalt der ist, dalt solche K~ufer da sind, K~tufer, welche nach ihrer Wirtschaftslage, nach der Kalkulation der Preise, welche sie zahlen k6nnen, bereit sind, den Preis zu tiberbieten, so wird diese bestehende Bereitwilligk eit zur T3berbietung des Preises die Tendenz auslSsen, das
Die Preistaxen.
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5konomische Selektionsprinzip des Preiskampfes wieder in Kraft zu setzen. Es wird von der Autoriti~t der die Preisnormierung vornehmenden Stelle, bei 5ffentlichen Preistaxen des St~ates als,o von der Autoriti~t ,des St~ates un.d des Rechtes sowohl in moralischer Beziehung wie auch hinsichtlich der Kraft der Sanktionen des Rechtes abh~ngig sein, in we lchem Malte sich das auswirken wird. Das bekannteste Beispiel aber dafiir, wie bei Bestand von HSchstpreisen ein Bereich geschaffen wird, auf welchem das iikonomische Ausleseprinzip des Preiskampfes zur Wirksamkeit gelangt, ist die Erscheinung des Schleichhandels, der Bestand yon ,,schwarzen BSrsen" usw. In ~e grSlterem Ausmalt wirtschaftliche Interessen sich durch die Nichtbefriedigung einer Nachfrage bei Bestand yon HSchstpreisen ftir gesch~idigt halten, desto grSl~er wird der Druck in dieser Richtung sein, wobei es ganz klar sein wird, daI~ gerade weniger skrupellose Menschen in diesem Bereiche i h r e T~itigkeit entwickeln werden: Der Schleichh~indler, der Schieber sind Erscheinungen, welche nur einer Wirtschaft mSglich sind, in welcher das Umgehen von Preistaxen und ~thnlichen Vorschriften Gewinnaussichten e r S f f n e t , auf einem freien Markte h~itten sie niemals die MSglichkeit zu einer Betatigung dieser Art. Eine vielleicht noch bedenklichere Erscheinung ist die~ dalt ein bei Bestand yon H5chstpreisen auf Abwege geftihrtes Dri~ngen nach Beniitzung des 5konomischen Selektionsprinzips Anlali zur Entwicklung verschiedener Formen der Ko~uption sein kann. Wenn etwa der billige Bezug eines Rohstoffes oder aber - - ein besonders wichtiger Fall - die Erwerbung von fiir verschiedene Importe notwendigen ausli~ndischen Devisen nicht ~edem mSglich ist, der einen bestimmten P r e i s zahlen kann, sondern nur einer beschr~tnkten Zahl von irgendwie Bevorzugten, wenn dann zugleich eine 5ffentlich-rechtliche Bewirtschaftungsstelle dariiber entscheidet, wer zu diesen niedrig gehaltenen Preisen befriedigt werden soll, so besteht die Gefahr, dait die Kaufinteressenten, welche nicht anders zum Zuge gelangen kSnnen, etwa den Versuch machen, zur Entscheidung berufene Beamte zu bestechen. Die Korruption kann dann auch andere Formen annehmen. Insbesondere wird auch mit dem Falle d e r direkten oder indirekten Bestechung von politisch Einflul~reichen zu rechnen sein. Selbst
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Formen tier Preisbildung.
in einem Staate mit sonst wohlgeordneter Verwaitung kann hier ein zu starker Druck auf die Gesch~ftsfiihrung erwachsen, welchem schlie01ich nicht nur schwache Menschen nachgeben. Solange ein HSchStpreis fiir eine Ware beSteht und die Wirtschaft mit diesem PreiSe rechnen mul~, Wird dieser Preis in den Zusammenhang der in der Wirtschaft geltenden Preise einzugliedern sein. Dariiber sei hier n u t ganz Weniges gesagt. Wenn der Preis eineS Produktes ,,kiinstlich" niedrig gehalten ist, so wird das zur Folge haben, da0 ProduktionsmSglichkeiten, welche bei einem hSheren Preise ausgeniitzt werden kSnnten, unausgeniitzt bleiben, iEs ist also mit einer Verringerung des Nachschubes zu rechnen. Gerade eine Aufhebung der HSchstpreisbestimmung wird dann erst die MSglichkeit zu einer besseren Versorgung der ~Virtschaft schaffen. Man hat da im Zuge des Kampfes gegen die Wirkungen yon HSchstpreisen oft einen Ausweg gesucht, indem man der dem HSchstpreise vorgelagerten Produktion einen Produktionszwang auferlegt hat, mul~te aber immer zur Erkenntnis gelangen, dal~ eine Produktion, welche ihre Kosten nicht deckt, auf die Dauer nicht mSglich ist. Des weiteren verdient hier Beachtung das Wirken des HSchstpreises auf anderen M~trkten: Wenn etwa fiir ein einzelnes Nahrungsmittel ein HSchstpreis festgesetzt ist; so ist es naheliegend, dal~ die hier unbefriedigte Nachfrage sich anderen Nahrungsmitteln zuwendet. Ist bei diesen eine wesentliche Ausdehnung der Produktion nicht mSglich und ist des weiteren ein Steigen des Preises aus denselben Griinden, welche im ersten Falle zur Fixierung des H~chstpreises gefiihrt haben, nicht erwiinscht, so kann die Folge sein, dab auch in diesem Bereiche die Normierung einer Preistaxe erfolgt. Gerade der Umstand, da6 ein Eingriff in die Preisbildung in einem Bereiche die Tendenz zur Erweiterung der Eingriffe aus15sen mu6te, ist einer der Griinde, warum sich niemals ein System yon HSchstpreisen auf die Dauer erhalten hat. Alle die Wirkungen der HSchstpreise, welche wir hier behandelt haben, sind aber der Grund dafiir, da0 wohl nirgends Preisnormierungen dieser Art im guten Andenken gehalten worden ~sind. Die Argumentation, welche wir hier in etwas breiterer Weise hinsichtlich der HSchstpreise entwickelt haben, sind in
Die Preistaxen.
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entsprechender Umkehrung auch fiirden Fall des Mindestpreises anzuwenden. Also auch hier ist eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage zu erwarten, wobei ein Teil des Angebotes nicht zum Verkaufe gelangt und eine Selektion unter den Anbietern stattfinden mull Auch hier ist die Einfiigung der Preistaxe in den Zusammenhang der Preise innerhalb der Volkswirtschaft zu beachten, wobei insbesondere einerseits daS ~bergehen der Nachfrage yon dem reglementierten Markt auf die Befriedigung mit einem billigeren Ersatzstoff, anderseits die Verminderung des Produktes in ~enen Produktionen, welche mit einem Preisschutz versehene Waren als Produkti0nsmittel beniitzen, zu beachten sein wird. Hier ist noch ein besonderer Umstand zu beachten, welcher hinsichtlich der Wirkungen der Mindestpreise eine etwas andere Situation nach sich ziehen wird, als wit bei den HSchstpreisen gefunden haben. Es wird n~imlich bei Normierung eines Mindestpreises fiir ein Produkt in vielen FRllen leicht mSglich sein, mit dieser Preisnormierung zugleich die Produktmenge zu beschr~inken, oder abet es wird sich aus der dabei erstellten Marktsituation diese Produktionsbeschr~inkung von selbst ergeben. W e n n etwa fiir die Produkte eines Lebensmittelgewerbes in einer Stadt Mindestpreise, welche wesentlich iiber den Kostenpreisen stehen, normiert sind, so wird sich das Angebot der Produzenten dann, wenn ein Zuzug zum Gewerbe erschwert ist, sehr leicht der bei den bestehenden Mindestpreisen beschrRnkten Nachfrage anpassen. Eine Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markte, ein Angebot, welches bei dem geltenden Preise nicht verkauft werden kann, wird dann nicht mehr zu erwarten sein, Das wird seine Ursache darin haben, daf~ parallel mit der Preisnormierung eine EinschrRnkung des Angebotes vor sich geht. Solche Fiille werden wohl besser nach dem Schema der Monopolpreispolitik zu betrachten sein, auch dann, wenn hier (im Sinne einer legistischen Betrachtung)Preistaxen vorliegen. Es wird librigens der Sachverhalt nicht viel anders sein, wenn auch ohne formelle Preisbindung irgendeiner Art die Produzenten einer W a r e diese nur mit einem wesentlichen Gewinne fiber den Kosten verkaufen, wobei einerseits aus traditionellen und anderen Momenten eine Unterbietung des Preises durch einzelne der bestehenden Erzeuger, welche eine
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Formen der Preisbildung.
den Verhaltnissen des freien Konkurrenzmarktes entsprec h e n d e - Expansionspolitik betreiben kSnnten, nicht erfolgt, anderseits zugleich eine Erschwerung des Zutrittes zu dem Gewerbe der Auftauchen yon Produzenten, welche Trager einer solchen Expansionspolitik sein kSnnten, verhindert. Ein besonderer Hinweis auf einen Fall der Mindestpreise ist hier noch notwendig, welche sowohl in Riicksicht ihrer Wirkung als Kostenelement wie auch in ihrer sozialen Bedeutung von Interesse sind. Es handelt sich hier um die Normierung von MindestlShnen, welche sowohl i n Kollektivvertragen als auch in anderen Formen, vor allem in staatlichen V0rschriften, vorkommen. Nach dem schon friiher Ausgefilhrten sind auch diese nur dann als ,,echte Preistaxen" zu bezeichnen, wenn der Mindestlohn hSher ist, als der Lohn des freien Marktes ware. Es fallt also die Lohnnormierung, welche praktisch die Funktion einer ,,Ordnungstaxe" hat (vgl. 'S. 100); aul~erhalb des Bereiches unserer Betrachtung. Dasselbe gilt von jenem Fall, in welchem die Lohnfixierung tats~tchlich (gleichgiiltig, was ihre Absicht ist) nur die Funktion hat, gewisse ReibungsWiderstande des ,Marktes rascher zu iiberwinden. Das w~ire vor allem dann gegeben, wenn im Zuge einer wirtschaftlichen Expansion die LShne ,,von selbst" steigen wiirden, aber die ErhShung des Lohnes im Einzelfalle langsamer vor sich geht, als es nach der Marktlage mSglich ware, insbesondere auch fiir den einzelnen Arbeiter mit Schwierigkeiten (etwa Wechsel des Arbeitspostens) verbunden ware. Ob einer dieser F~lle oder aber der Fall einer ,,kiinstlichen" ,,~beThShung" der LShne vorliegt, das ist im Einzelfalle zunachst eine Tatfrage. Zu erkennen wird aber die echte Preistaxe a u f dem Arbeitsmarkte zunachst daran sein, dal~ eine Diskrepanz von Angebot und Nachfrage aufscheint, dab also bei dem geltenden Lohnpreis mehr Arbeiter arbeitsbereit sind, als die Nachfrage aufnehmen kann. In diesem Falle steht also der LohnerhShung der Besch~tftigten gegeniiber die Arbeitslosigkeit anderer, Eine der wesentlichen Wirku, ngen in weit'eren Bereichen tier :Wirtschaft wir.d ..dann d,as Be stretben der P r o d u z e n t e n sein, die relativ teurere Arbeit durch andere Prodll,kti0nsmittel zu erset zen, wobei insbesondere ,die Erset~zung von Arbeit durch Kapital in Betracht kommt: ii'berhShte: LShne werden zur -
-
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Verst~trkung insbesondere der fixen Kapit,alanla,gen ftihren, welche ,,,arbeitsparend" wirken. Auf die weitreichenden sozialen Probleme, welche mit den kollektiven Arbeitsvertr~gen zusammenh~ngen, kann hier nicht weiter eingegangen werden, ebensowenig ~auf den Wirkungsbereich derselben aul~erhalb des Bereiches der Lohnfestsetzun, gen. Es mult aber hier erwahnt werden, dal~ Arbeitslosigkeit nicht nur als Folge iiberh(ihter Liihne denkbar ist. Zuni~chst ist abgesehen von dem Falle ~ener Arbeitslosigkeit, welche aus den Schwierigkeiten des Uberganges von einer Stelle auf eine andere entsteht, zu der mehr oder weniger auch der Fall der Sais.onarbeitslosigkeit zu rechnen sein kann, - - d a r a ~ f hinzuweisen, dalt auch bei freiem Arbeitsmarkte eine Arbeitslosigkeit in dem Sinne miiglich ist, dalt es Arbeiter gibt, welche bei dem geltenden Lohnsatz nicht in Arbeit gehen wollen. Sie finden eben irgendwie auiterhalb des normalen Arbeitsmarktes einen Unterhalt, sie wiirden vielleicht bei hSherem Lohn arbeitsbereit sein. Sofern das gegeben ist, liegt der Fall vor, dal~ die Preisbildung ~enen Teil des Arbeitsangebotes vom Arbeitsplatz ausschlieitt, fiir welchen der sich ergebende Preis zu niedrig i s t , - wir haben es mit ,,unechter Arbeitslosigkeit" zu tun. Viel wichtiger und in seiner sozialen Bedeutung aulterordentlich weiter reichend wird aber ein anderer Fall sein. Es kann sein, .dalt bei einem gegebenen Lohnpreis A~beiter in grolter Zahl arbeit~bereit sin.d, welche des,h~al.b keine Besch~iftigung linden, weil bei diesem Lohnpreis die Nachfrage nach Arbeit geringer ist als das Angebot. Dieser Sachverhalt hat zur Voraussetzung, dalt die Kurve des Arbeitsangebotes in dem relevanten Stticke horizontal verli~uft (vgl. Abb. 9) und ein entsprechendes Stiick vor ihrem Ansteigen von der Nachfragekurve geschnitten wird. Wir haben schon ausgefiihrt, unter welchen Umst~tnden dieser Verlauf der Angebotskurve zu erwarten sein wird. Es ist wohl klar, daIt insbesondere in Depressionszeiten ein wesentlicher Riickgang der Nachfrage zu dieser Art der ,,echten" Arbeitslosigkeit ftihren kann, die ihre Ursache nicht mehr in ,,kiinstlich" iiberhShten LShnen hat. Wann aber dieser Sachverhalt gegeben sein wird, das ist wiederum eine Frage, welche nicht allgemein entschieden werden kann. Auch da handelt es sich zun~tchst um eine Tatfrage. -
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Formen der Preisbildung.
4. Das System der Preise. Wenn wir vine unter v~llig freier Konkurrenz stehende Wirtschaft betrachten, so wird eine sehr enge Verbundenheit der verschiedenen Preise leicht zu sehen sein. E s wird der Grundsatz der Pr~isve~bundenheit zunKchst fur die Preise der versch,iedenen Konsumgiiter gelten. Hier werden zun~chst i,n unseren Ausfiihrungen bisher nicht erw~.hnte Abh~ngigkeiten zwischen den Gestaltungen der Nachfrage n~ch verschiedenen W a r e n bestehen. Wenn z.B. vines unter den Volksnahrungsmitteln besonders teuer wird, so wird die Nachfrage sich a n d e r e n Nahrungsmitte~ln in verst~rktem Mal~e zuwenden (,,Konsumverschiebung", ein Fall der Verschiebung yon Nachfragekurven). Die Preisa~bh~ngigkeit wird .dann ganz allgemein hinsichtlich des Verh~ltnisses yon Produktpreisen und Produk~ionsmittelpreisen festzustellen sein, wobei insbesondere die Bestimmung der Preise der Produktionsmittel durch ~ene tier Produkte zu beachten ist (Grundsatz .der ,,Zurechnungstheorie"). I)ariiber ist bereits ausfiihrlich gesprochen worden, Bine Preisverbundenheit wird schliel~liCh hinsichtlich der Preise der verschiedenen Produktionsmittel bestehen: Vv~enn ein Produktionsmittel im Preise steigt, wird die Produktion ein anderes in st~rkerem Ausmal~e zu seinem Ersatz heranzuziehen bestrebt svin. Auch auf das ist ,bereits hingewiesen wor,den. A us all dem ergibt sich, dal~ die einzelnen Preise im Rahmen der Gesamtwirtschaft zu einem ,,System der Prei~e" werden. I)as gilt nun zunKchst fiir den Fall einer Wirtschaft der freien Konkurrenz. Es mul~ das ~ber auch fiir jene Wirtschaften gelten, in welchen die yon uns eben besproc~henen besonderen Formen der Preisbildung zu linden sin& W i r haben fur ~iese F~lle ins'besondere zu zeigen ver:sucht, in welcher Weise das Kostenprinzip wenigstens in der eiuen Richtung seine ~Virksa.mkeit austiben wird, da~ auf die D a u e r Verlustpreise nicht bestehen. Konkurrenzpreise, Monopolpreise, Preise der monopo!listischen Konkurrenz und Preistaxen fiigen sich nebeneinander in das Preissystem einer modernen Volkswirtschaft. Hier hat die Entwicklung tier Formel de.s Preissystems die Aufga~be, zu einer Betrachtung hiniiberzuftihren, welche das
Zur Frage des ,,gerechten" Preises.
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Geld in ihren Bereich ein,bezieht. Ein System der Preise kSnnen wir uns zuniichst unabhi~ngig vom Geldausdruck der einzelnen Preise vorstellen: Es kann ein und dasselbe Preis, system bestehen mit einem n,iedrigen oder einem hohen Ausdruck in der nominellen Geldrechnung. Das sei hier zun~ichst festgehalten. Alles das, was wir iiber ,die Verbundenheit yon Preisen gesagt haben, ist in einer Betrachtung, welche yore Geld abgesehen hat, abgeleitet worden. Dalt das aber grundsi~tzlich auch fiir das System der Geldpreise zu gelten hat, ist ohne weiteres einzusehen. Aufgabe der Lehre vom Geld wird es nun zun~tchst sein, zu zeigen, wie ein ,,System der Preise" auf einem gegebenen ,,Preisniveau" gehalten wird. W i r werden aber bal.d sehen miissen, dalt die Probleme des Gel,des damit nicht erschiipft sind, dal~ von den Verh~ltnissen des Ge,ldes aus W i r k u n g e n ausgelSst werden kiinnen, welche Verschiebungen im System der Preise ausl(isen und d,amit auch den Aufbau tier Produktion beeinflussen.
5. Zur Frage des ,,gerechten" Preises. Im Anschlusse an die Darlegungen fiber verschiedene Formen der Preis~bildung sei hier ein k u r z e r E x k u r s in ein Gebiet gestattet, welches zun~chst aulierhalb des Bereiches einer 5konomischen Analyse steht. Es han, delt sich um die F r a g e des ,,gerechten" Preises. W i t kSnnen nur gewisse Grenzbereiche ,des Problems hier ,behandeln. Vorweg sei aber zunachst etw,as Allgemeines tiber das Verh~iltnis von sozialer Gerechtigkeit u,nd von Naturgesetzlichkeit gesagt. Ein etwas w e l t e r hergeholtes Beispiel ,diene da zun~ichst zur Klarstellung. Wenn im Kriege eine Kompagnie die feindliche Stellung stiirmt, so wird es jeder als ungerecht empfinden, wenn beim Angriff gerade etwa ein Familienerhalter fi~llt, w~thrend ein junger Mann un~erletzt davonkommt, oder wenn ge~ade ein tiichtiger un, d brauch~arer Mensch de,n Tod findet, w~thrend daneben einem Gauner nichts geschieht. Nun kann hier der F o r d e r u n g der Gerechtigkeit nicht in der Weise Rechnung getragen werden, ,dal~ man den Lauf ,der feindlichen Kugeln irgendwie lenkt. Es ist unter Umst~nden miiglich, daI~ man da einer Gerechtigkeitsforderung vorbeugend Rechnung
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Formen der Preisbildung.
tr~tgt, indem tier Familienerhalter nicht an die Front gezogen wird. A'ber die Erreichung des Kriegszweckes l~tl~t dieser F o r d e r u n g - ganz abgesehen davon, .dal~ sie wiederum yon anderen Gesichtspunkten ,,Ungerechtigkeiten" mit sich bringt und,dal~ sie f~st ,zu unlSsbaren F r a g e n in,Grenzf~llen f i i h r t , wenn iiborhaupt, so nur in ganz geringem Ausmal~e Rechnung tragen. Ein ga'nz anderes Beispiel. Wenn bei eiaer grol~en Erdbebenkatastrophe, bei einem Bergwerksungliick u. 2. eine grol~e Zahl von Mensc~hen zugrunde geht, so wird gleichfalls die Auswahl jener, welche unversehrt bleiben, nicht nach einom von Menschen d u r c h s e t z b a r e n Gesichtspunkte der Gerechtigkeit vorgenommen. Was hier fiir uns zu seher~ ist, ist folgendes: Es gibt Falle, in welchen eine Verteilung der Geschicke stattfindet, woibei eine den Menschen allgemein natfirlich erscheinende Forderung der Gerechtigkeit nicht erffillt wird. W i r miissen oft ein W:alten von Kr~ften tier Natur einfach zur Kenntnis nehmen, weil wir nicht imstande sind, ihr W i r k e n dem, was wir als gerecht empfinden, anzupassen. Die MSglichkeit, solche Geschehnisse in ein Weltbil, d einzuordnen, das die Geschicke der Menschen durch Gerec'htigkeit beherrscht sieht, ist dann nur in der Anerkennun~g einer iiberweltlichen Sphare mSglich. Was ergibt sich nun ,daraus fiir den Bereich der Wirtschaft? Zwei Einstellungen sind hier immer einander gegenfibergestanden: Auf der einen Seite der Glaube, ,dal~ die gesellschaftliche Wirtschaft eben deshalb, weil es sich um einen Bereich menschlicher Tatigkeit handelt, weil die Wirtschaft von menschlichem Handeln abhangig ist, weil sie yon me nschlichem Wollen gestaltet wird, .der F o r d e r u n g der Gerechtigkeit aagepal~t werden kann, - - a u f tier anderen ,Seite der Glau'be, daft die Wirtschaft von Notwendigkeiten, die in Gesetzen zu erfassen sin.d, beherrscht wird, welche eben so wirken wie sie wirken, welche von den Menschen nicht gesteuert we~den kSnnen, so daft .die Wirtschaft als ein Bereich anzusehen ist, in welchem Gerechtigkeit nicht gefordert werden kann, ganz so, wie man von einem Erdbeben weder Rficksichten noch Gerechtigkeit verlangen kann. Dal~ es bei dieser Sachlage noch einen anderen Weg gibt, das wird oft iibersehen: Dal~ namlich die Anerkennung v on Notwendigkeiten
Zur Frage des ,,gerechten" Preises.
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in der Wirtschaft grunds~tzlich durchaus vereinbar ist mit der Forderung, Gerechtigkeit zu erfiillen, wobei freilich die MSglichkeiten, die da gegeben sind, eben durch die Not~endigkeiten, welche die Wirtschaft beherrschen, nur zu enge beschr~nkt sind. Aus diesen allgemeinen Bemerkungen soll hier nicht ein wirtschaftspolitisches Programm abgeleitet werden. Es sollen vielmehr n u r in einigen kurzen Bemerkungen allgemeine Gesichtspunkte fiir die Beurteilung yon F r a g e n der Wirtschaft nach Mal~gabe yon Gerechtigkeitsforderungen gegeben wer,den. Dal~ da'bei nicht ausgefiihrt werden kann, was unter ,,Gerechtigkeit" zu verstehen sein kann, dalt hier einfach mit einem Popularbegriff der Gerechtigkeit gearbeitet wird, das ist nicht nur daraus zu entschuldigen, dal~ unsere Untersuchungen nicht in der Richtung ,der Klarstellun,g derartiger Formeln i h r e Hauptaufgabe suchen, soudern auch daraus, d a l ~ - wie auch yon einer ehrlichen Vertretung der Gerechtigkeitsforder~ung immer z u g e g e b e n w i r d die Schwierigkeiten einer niiheren inhaltlichen Bestimmung der Gerechtigkeitsforderung wohl fast uniiberwindlich sind. Hier sind aber mehrere Gesichtspunkte in Betracht zu ziehen. 1. Der theoretisch bestimmte Gleichgewichtspreis erfiillt eine recht nahelie~gende Gerechtigkeitsforderung. er ist jener Preis, zu welchem die Kosten (einschliel~lich des ,,bUrgerlichen" Gewinnes) gedeckt sind, also weder iiberm~l~ige Gewinne noch auch Verluste zu verzeichnen sind. 2. Damit ist noch nicht gesagt, dal~ jeder Preis Kostendeckung bedeutet. Es ist in den Schwankungen der Wirtschaft nur zu haufig gegeben, dal~ auf G r u n d ehrlicher Kalkulation und bester Bem[ihungen aufgewandte Kosten ihre Deckung nicht linden, weil z. B. die Nachfrage nach Produkten g e r i n g e r geworden ist, weil die Verhaltnisse der Produktion (durch unerwartetes Auftauchen neuer Produzenten, neuer Produktionsmethoden usw.) sich geandert haben. Daraus wfirde sich ergeben, dal~ wohl der Zustand einer stationaren Wirtschaft eine Gerechtigkeitsforderung erfiillt, nicht aber der einer sich ver~ndernden un.d Schwankungen ausgesetzten Wirtschaft. Und .die F o r d e r u n g n,ach Stabilitat der Wirt.schaft wird um so leichter vom Gesichtspu,nkte der Strigl, National~konomie.
8
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Formen tier Preisbildung.
Gerechtigkeit erhoben werden kSnnen, als auch vielfach fiir ungerecht gehaltene Gewinne gerade in der Bewegung der Wirtsch.aft zu erw, a rten sein werden. Daneben wird ~ber nicht tibersehen werde,n ,dtirfen, .Salt gera, de n ur ,die grSitte Bewegungsmiiglichkeit in der Wirtschaft an,dere, auch won sozialen Gesicht,spunkten al,s w tinschenswort erachtete Ziele der Wirtschaft erreichen 1,assert kann. 3. Es ist besonders zu betonen, dal~ eine vom Gesichts punkte der Gerechtigkeit vertretene Forderung nach Siche rung der .K.ostendeckung zu zweifellos bedenklichen Konsequenzen ftihren kann. Da ist vor allem die - - d e m Wirtschaftsfre,mden so w e n i g zugangliche - - A,bhangigkeit der Kosten vom ProduktquantUm zu ,berttcksichtigen. Fast eine jede Produktion kann auch wesentlich ausgedehnt werden, wenn die Preise erh, Shte Kostenaufwendungen decken. (Insbesondere in der Landwirtschaft ist immer eine Ausdehnung der Produktion mit steigenden ,Kosten mSglich. Vermehrte Produktion diirfte dann ~ber nicht als Erfolg gebucht werden, ohne daft zugleich die Tatsache d e r Kostenerhiihung zugegeben wird.) Unabhangig davon ist auch zu beachten, dali immer weitgehende ,Kostendifferenzen je nach besonderen Produktionsvorteilen einzelner Betri~be (gtinstige Lage usw.) und je nach ,der Qualitat der Betriebsftihrung bestehen. Immer wir,d es ,,Gronzbetriebe" geben, welche ,gerade noch ihre Kosten decken kiinnen, nur zu oft a u c h Betriebe, welche gerade ihre Kosten nicht mehr decken k i i n n e n . Wirtschaftliche Bewegung bedeutet i m m e r ein Verdrangen von Betcieben, welche mit hiiheren Kosten arbeiten, durch andere. Ein Fallen des Preises bringt die Grenzbetriebe in Gefahr. Wird ~ber ,die Frage aufge~orfen, ob einer Produktion, welche Kostendeckung auf dem freien Markte nicht findet (die insbesondere auch nicht imstande ist, ihre Kosten entsprechend zu senken), ein diese Kosten,d, eck.u,ng ermSglichender ,,entsprechender" Preis gesichert werden soll, ,so kann nicht allein Kostendeckung als Forderun,g :der ,Gerechtigkeit angesehen werden. D i e Preissicherung ,be,deutet immer, dal~ der Abnehmer mehr ,zahlen mull, als bei den gegebenen Produktionsbedingungen notwendig ware. (Wir werden noch .zu zeigen haben, dal~ alas zu einer allgemeinen Schrumpfung des Pro-
Zur Frage des ,,gerechten" Preises.
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duktionsvolumens fiihren kann.) Insbesondere eine Erh~hung der Preise yon landwirtschaftlichen~ Produkten bedeutet eine Belastung aller jener, welche diese verzehren, also vor allem der breiten Masse der Bev~lkerung. Da ergibt sich aber fiir die Gerechtigkeitsforderung die wichtige Konsequenz, da~ ein Preis, auch wenn er Kosten deckt, erst dann als ein ,,gerechter" angesehen werden kann, wenn er in das GefUge der Preise der ganzen Wirtschaft eingegliedert ist, ohne a n anderen Stellen Erfolge herbeizufiihren, welche als ungerecht verurteilt werden miissen. 4. Eine o~t geh~rte Forderung ist die, da~ die einzelnen Wirtschaftssu~bjekte (insbesondere jene, welche in giinstigen Verhgltnissen stehen) nicht ihr Eigeninteresse allein verfolgen m~gen, sondern in ihrem Verhalten soziale Riicksichten zur Geltung gelangen lassen sollen. Insoweit die ErfUllung dieser Forderung die Verwendung von Produktionsmitteln in einer Weise zur Folge hat, welche zu einer geringeren Ergiebigkeit der Produktion fiihrt, ist sie mit der Fordorung nach 8teigerung des Ertrages der Wirtschaft nicht vereinbar: Ihre Erfiill~ng geht ,,auf Kosten" der Ergiebigkeit der Wirtschaft. (Ein Anwendungsfall w~re z. B. die Aufwendung yon Kapital zur Aufrechterhaltung eines Betriebes, welcher seine Kosten nicht decken kann.) Man k~nnte nun leicht zeigen, da~ eine restlose ErfUllung einer derartigen (iibertrieben gefa~ten) Forderung zu einer wesentlichen Schrumpfung der Wirtschaft, wenn nicht gar zu ihrem v~lligen Stillstande fiihren k~nnte. E s k~nnte dargelegt werden, da~ gerade das Verfolgen des Eigeninteresses die sozialwirtschaftliche Funktion hat, die Produktionsmittel in jene Anlagen zu lenken, in welchen deren Ertrag am grS~ten ist. Aus dieser Antithese diirfte a,ber nicht die Forderung abgeleitet werden, da~ das Eigeninteresse allein im wirtschaftliehen Verhalten bestimmend sein soll. Es mii~te vielmehr jenes Ziel, welches durch das Verfolgen des Eigeninteresses erreieht wird, also das Ziel grs~ter Ergiebigkeit der Wirtschaft, abgewogen werden gogeniiber einem anderen Ziele, welches mit einem soziale Riicksichten wahrnehmenden Verhalten der Menschen erreich,bar ist. Die Antwort wird dann vielleicht je nach den verschiedenen Umst~nden verschieden lauten k~nnen (vgl. 8*
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Formen der Preisbildung.
S. 207 ff.). Etwas ganz anderes ist die Forderung nach sozialer Riicksichtnahme in bezug auf die V e r w e n d u n g eines Einkommens. Wenn ein grol~es Einkommen nicht fiir ,,materielle" Bedtirfnisse (vgl. dazu S. 209) ausgegeben wird, sondern in anderer Weise, so hat das auf die Ergiebigkeit der Produktio~ an sich keinen Einflult. 5. Die Forderu, ng der Gerechti,gkeit ist am h~tufigsten gestellt w,orden im Hinblick auf den gerechten Lohn der Arbeit (und des kleinen selbst~n.dig Erwe~benden). Wenn insbesondere die F o r d e r u n g der Lohngerechtigkeit in Zeiten groi~er wirtschafllicher Not oder 'be,i allgemein als zu niedrig angesehener Lebenshaltung der Arbeiterschaft gestellt wird, so kanu ihr nur Rechnung ,getragen werden, wenn eine Steigerung des Gesamtproduktes tier Wirtschaft erfolgt, welche die T r a g u n g hSherer LShne (grSltere Grenzproduktivit/it .der Arbeit) ermii'glicht. Die F o r d e r u n g der Steigerung des Lohnes auf Kosten der Verdienste anderer ist - - so sehr sie gelegentlich durch auffallende Miltverhiiltnisse nahegelegt werden mag - - nur einem wirtschaftsfremden Ressentiment zugute zu halten. Die Einkommen, welche neben den Lohneinkommen bestehen, haben durchwegs ihre sozialwirtschaftliche Funktion. Insbesondere der viel umstrittene Kapitalzins ist eine Notwendigkeit zur Steuerung der Kapitalverwendung. Es mag in einem gewissen Ausmalte - - d a r t i b e r werden wir noch zu sprechen haben - - e i n e Besteuerung groBer Einkommen mSglich sein, ohne dalt eine Schrumpfung der Wirtschaft eintritt. EineKonfiszierun,g aber des Kapitalzinses wtirde, selbst wenn dabei eine Kapitalbildung (und, was oft noch wichtiger ist: die Kapitalerhaltung) irgen'dwie sichergestellt werden kSnnte, bede'uten, dab jener Preis, welcher die V e r w e n d u n g des Kapi: tals in die Anlagen lenkt, in welchen es am meisten zur Steigerung des Ertr~rges der Wirtschaft beitragen kann, wegfiillt. Wo freilich ~besondere Positionen in tier Wirtschaft besondere Gewinne ermSglichen (,gewisse F/ille von Monopolen oder aber v o n unlauteren Ge~winnen), dort mSgen sie ohne weiteres einer sozialen Kritik ausgesetzt sei,n. ~ b e r jene Maltnahmen, welche am besten geeignet sin'd, Schiebertum und iihnlichen unlauteren Erwerb zu beseitigen, haben wir schon gesprochen. Soweit aJber gerade vom Standpunkte der sozialen Forcle/
Die Grundbegriffe der Geldlehre.
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rung die Steigerung des Ertrages der ganzen Wirtschaft zum Gebote wird, evgeben sich daraus ohne Schwierigkeit wirtschaftspolitische Konsequenzen. W i r werden darfiber noch zu sprechen h~ben, wie auch fiber verschiedene andere mSgliche Zielsetzungen der Wirtschaft. Hier aber kann schon eines gesagt werden. Es ist wohl die letzte Ursache vieler Ungerechtigkeiten, schwerster Not und wirtschaftlicher Bedr~ngnis in unserer Zeit, dalt man nicht einsehen wollte, welches der Weg zu einer Steigerung der Ergiebigkeit der Arbeit i,n der Volkswirtschaft ist.
VI. Das Geld. 1. Die G r u n d b e g r i f f e der G e l d l e h r e .
Den einfachsten Zugang zu den Problemen des Geldes er(iffnet das Ausgehen yon der sogenannten Verkehrsgleichung des Geldes. Ihre Ableitung ist ohne ~ede Schwierigkeit in einer naheliegenden Argumentation gegeben. Wir beobachten die K~ufe und Verk~ufe, welche in einem Zeitraume innerhalb eines Wirtschaftsgebietes vorgenommen werden. Bei ~edem dieser Kaufakte wird eine bestimmte Geldmenge (g) gegen eine Warenmenge (w)hergegeben, wobei ffir die Ware ein bestimmter Preis (p) gerechnet wird. Es werden also z. B. 2 S ausgegeben und daffir 20 Eier ~ 10 g gekauft. Dabei ist es ohne weiteres klar, daft die ausgegebene Geldsumme dem Produkte Warenmenge real Preis gleich sein mul~ (2S gleich 20real 10g; allgemein g = w . p). Wenn wir nun diese Feststellung ffir alle in einem (zeitlich und iirtlich begrenzten) Bereich vorkommenden Kaufakte vorgenommen haben und auf Grund der einzelnen Beobachtungen eine Reihe yon Gleichungen
gl -- w l . Pl g~ -- w 2 . P~ ga = wa" Pa ,
,
.
*
*
*
.
.
.
erhalten haben so addieren w i t
.
.
dieselben so da~ w i r zur
Formel gelangen: gl + g~ + g s . . . - -
wl.Pl
+ w~. p~ + w s . P a " "
Die Grundbegriffe der Geldlehre.
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rung die Steigerung des Ertrages der ganzen Wirtschaft zum Gebote wird, evgeben sich daraus ohne Schwierigkeit wirtschaftspolitische Konsequenzen. W i r werden darfiber noch zu sprechen h~ben, wie auch fiber verschiedene andere mSgliche Zielsetzungen der Wirtschaft. Hier aber kann schon eines gesagt werden. Es ist wohl die letzte Ursache vieler Ungerechtigkeiten, schwerster Not und wirtschaftlicher Bedr~ngnis in unserer Zeit, dalt man nicht einsehen wollte, welches der Weg zu einer Steigerung der Ergiebigkeit der Arbeit i,n der Volkswirtschaft ist.
VI. Das Geld. 1. Die G r u n d b e g r i f f e der G e l d l e h r e .
Den einfachsten Zugang zu den Problemen des Geldes er(iffnet das Ausgehen yon der sogenannten Verkehrsgleichung des Geldes. Ihre Ableitung ist ohne ~ede Schwierigkeit in einer naheliegenden Argumentation gegeben. Wir beobachten die K~ufe und Verk~ufe, welche in einem Zeitraume innerhalb eines Wirtschaftsgebietes vorgenommen werden. Bei ~edem dieser Kaufakte wird eine bestimmte Geldmenge (g) gegen eine Warenmenge (w)hergegeben, wobei ffir die Ware ein bestimmter Preis (p) gerechnet wird. Es werden also z. B. 2 S ausgegeben und daffir 20 Eier ~ 10 g gekauft. Dabei ist es ohne weiteres klar, daft die ausgegebene Geldsumme dem Produkte Warenmenge real Preis gleich sein mul~ (2S gleich 20real 10g; allgemein g = w . p). Wenn wir nun diese Feststellung ffir alle in einem (zeitlich und iirtlich begrenzten) Bereich vorkommenden Kaufakte vorgenommen haben und auf Grund der einzelnen Beobachtungen eine Reihe yon Gleichungen
gl -- w l . Pl g~ -- w 2 . P~ ga = wa" Pa ,
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dieselben so da~ w i r zur
Formel gelangen: gl + g~ + g s . . . - -
wl.Pl
+ w~. p~ + w s . P a " "
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Das Geld.
Diese Formel vereinfachen wir nun noch durch Zusammenziehung ~eder der beiden Seiten. Auf der linken Seite finden wir da zun~chst die ganze Geldmenge, welche im erfal~ten Bereiche umgelaufen ist. Hier mul~ aber berticksichtigt werden, dall innerhalb des beobachteten Zeitraumes das einzelne Geldstiick eine Mehrheit yon Zahlungen get~tigt haben kann. Diesem Umstand tragen wir in der Weise Rechnung, dal~ wir die ganze Geldmenge (G) mit einer Gr61~e multiplizieren, welche den Durchschnitt der Zahlungen, welche die einzelnen Geldstiicke get~tigt haben, die ,,durchschnittliche Umlaufsgeschwin, digkeit des Geldes" (U) anzeigt. Auf der rechten Seite ziehen wir den ganzen Warenumsatz in der Summenformel eines Handelsvolumens (H) zusammen und leiten aus den einzelnen Warenpreisen ein ,,allgemeines Preisniveau" (P) ab. Durch diese Operationen, welche zun~ehst aussehliel~lich als ein Mittel zur Vereinfachung der oben angeftihrten Formel aufzufassen sind, erhalten wir die Verkehrsgleichung des Geldes (richtiger: eine der gangbarsten Formeln derselben) in der Gestalt
G.U=H.P
Im voraus sei daran erinnert, dab die in dieser Formel ausgesprochene Gleichheit yon Geldseite (G.U) und Warenseite (H. P) unter allen Umst~tnden gegeben sein mulk Dies folgt ohne weiteres aus der Art der Ableitung, Damit ist aber notwendig gegeben, dab eine Anderung der einen seite der Gleichung auch eine Anderung der anderen Seite bedeuten mul~. Wenn also die Grille G. U steigt, so muI~ auch die Gr~i~e H. P wachsen und umgekehrt. Diese t3bereinstimmung kann nun auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Wir wollen die hier in Betracht kommenden Zusammenh~tnge kurz umschreiben: 1. Die linke Seite wir,d grS~er, wenn en,tweder die Geldmenge oder die Umlaufsgeschwindigkeit oder beide GrSflen wachsen. Daneben ist eine entgegengesetzte Bewegung der beiden GrSflen mSglich. Es kann z. B. eine VergrS~erung der Geldmenge durch Zuriickgehen der Umlaufsgeschwindigkeit ganz oder zum Teile kompensiert werden. 2. Die rechte Seite wird grS~er, wenn entweder das H a,ndelsvolumen g r ~ e r wird oder das Preisniwau steigt oder beide
Die Grundbegriffe .der Geldlehre.
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GrSlten wachsen. Daneben ist es ,auch mSglich, Salt diese beid.en GrSl~en sich entgegengesetzt ~ewegen. Es ,kann z.B. das Handel.svolumen wachsen un, d zalgleich ,das P r e i s n i v e a u zuriickgehen. Fiir die Verringerung der beiden Seiten der Verkehrsgleichung des Geldes gelten dann die entsprechenden Umkehrungen. Schon aus der Vielheit der hier dargelegten Zusammenh~inge ergibt es sich aber, dal~ die Verwertung der Verkehrsgleichung n u r eine beschriinkte sein kann. Wir kSnnen wo'hl an .der Hand der Verkehrsgleichung uns den Zusammenhang eines bestehenden ,,Systems" vor Augen ftihren, es wird aber nicht miiglich sein, die Folgen, Welche der 2[nderung einer der hier erfaltten GrSlten entspringen, mit Sicherheit zu erfassen. So ist schon fraglich, ob eine Geldmengenvermehrung eine VergrSl~erung tier linken ISeite mit sigh brir~gt. Sel'hst wenn ,alas aber gegeben ist, so ist noch immer fr~glich, ob die Anpu,s su,ng tier rechten Seite d~rch J~nderung des l~an,delsvolumens oder des Preisniveaus erfolgen wird. ~ b e r die Fragen, welche sich da ergeben, soll erst spater gesprochen werden. Dann wird auch Gelegenheit zu einer gewissen Anderung in der Instruierung des Problems gegeben Sein. Hier wollen wir zunachst an die Entwicklung der Verkehrsgleichung ankniipfend die einzelnen in ihr erfaltten GrSl~en einer n~heren Betrachtung unterziehen. 1. Geld ist ,,~ene Ware, welche durch die Massengewohnheit der Annahme zum allgemeinen Tauschmittel geworden ist". Diese Definition leitet ,die Um~schreibung ,des Geldes aus seiner Fu~ktion a,b. Es wird fiir diese Betrachtung als Gel,d all,es das an~usehen sein, was allgemein (,oder wenigstens: in einem relevanten ,grSiteren Bereiche v,on wirtschuftlichen Beziehungen) a l,s Za,hlungsmittel fungiert. Im ein;zel,nen wer, den ,zu unterscheiden sein: a) Miinzen (,,Bargeld"). Historisch zuriickzufiihren auf die Verwendung von (Edel-)Metallstiicken, welche als Tauschmittel dienten, entstanden die Mtinzen zuniichst dadurch, dali ein Metallstiick eine ,,Begiiltigung" von Gewicht und Feinheit in der Form eines Stempels von seiten einer Stelle erhielt, welcher das notwendige Vertrauen zuerkannt wurde, also d u r c h Priesterschaften, durch grol~e Kaufleute ' und vor allem
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Das Gel.d.
durch den Staat. Seither ist das Mtinzwesen fast allgemein zur G~inze der Regelung durch den Staat iiberlassen. b) Banknoten. Die begriffliche Ableitung des Wesens der Banknote sei in folgender Weise gegeben: Ein Kaufmann fiberliiBt die Verwahrung seines Vorrates an Bargeld einer Bank. Statt nun eine Zahlung in der Weise vorzunehmen, dab er vorerst bei seiner Bank das Geld behebt und dieses seinem Geschaftspartner fibergibt, iibergibt er diesem den Depotschein fiber das hinterlegte Bargeld. Dieser mit der Unterschrift der Bank versehene Depotschein kann ohne weiteres im Kreise ~ener Kaufleute, welche die Bank kennen, als Zahlungsmittel umlaufen. Er vertritt individuelle in den Kassen der Banken liegende Geldstficke, ist ,,Geldsurrogat". Etwas Neues, das fiber den Bereich des Zahlungstechnischen hinausgreift, ist hier aber gegeben, wenn noch ein weiterer 8chritt gemacht wird. Die Bank weiB, dab das Bargeld, welches sie von seiten verschiedener Kaufleute als (Verwahrungs-)Depot fibernommen hat, nicht zur G~inze auf einmal abgehoben werden wird. Sie kann es sohin verantworten, einen Teil dieses Geldes weiterzuverleihen (oder in sonstigen Gesch~iften auszugeben). Sobald das geschehen ist, haben die als Zahlungsmittel geltenden Depotscheine d e r Bank ihre F u n k t i o n als ,,Vertreter individueller Geldstiicke" verloren. Es ist auBer diesen Depotscheinen noch ein Teil der Mtinzen, welche ,,hinter ihnen stehen", im Umlaufe. Eine Vermehrung der Zahlungsmittel ist also gegeben. Damit sind diese Depotscheine ein selbstiindiges Zahlungsmittel neben den Miinzen geworden. An diesem Sachverhalt ~tndert sich dann nichts Wesentliches mehr, wenn die Bank nicht nur bei ihr deponierte Mfinzen in Kreditgesch~tften weitergibt, sondern wenn sie selbst dem Kreditwerber neue Depotscheine, Banknoten, zur Verftigung stellt, die dann als Zahlungsmittel umlaufen und schlieBlich auch im Verkehr allgemein genommen werden. Diese Banknoten sind dann nicht mehr auf Grund der Hinterlegung von Mtinzen entstanden. ,,Die Banknote ist eine von einer Bank ausgegebene Anweisung auf die Bank selbst, lautend auf einen runden Betrag und ~ederzeit f~tllig, welche im allgemeinen Verkehre als Zahlungsmittel verwendet wird." Formal ist also die ~Banknote eine Urkunde, in welcher die Bank sich verpflichtet, sie ~ederzeit gegen
Die, Grundbegriffe der Geldlehre.
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Bargeld (Miinzen) einzuliisen. Die Entwicklung hat aber dazu gefiihrt, daft diese ,,Einliisungsverpflichtung" vielfach suspendiert wurde, dali auch Banknoten ausgegeben werden, ftir welche keine derartige Verpflichtung besteht. An die Stelle derselben tritt oft eine andere Verpflichtung, auf welche wir sp~ter noch zu sprechen kommen werden. c) Giralgeld. Im Bereiche des ganzen Tauschverkehrs einer Volkswirtschaft, wie er in der Verkehrsgleichung des Geldes erfaltt ist, spielt (wenigstens seit der Entwicklung moderner Zahlungsgewohnheiten) ~ener Bereich von K~ufen und Bezahlungen eine gewichtige Rolle, bei welchen weder Miinzen noch Banknoten in Bewegung gesetzt werden, sondern die Zahlung ausschliel~lich in der Form der ~berweisung eines Guthabens erfolgt. Ein Kaufmann hat an einen anderen eine Zahlung zu leisten und beauftragt seine Bank, von seinem Guthaben den entsprechenden Betrag auf das Guthaben des anderen zu iiberschreiben. Es erfolgt also die Zahlung einfach durch Umschreibung in den Biichern einer Bank, b z w . - wenn Zahler und Zahlungsempf~nger nicht Kunden derselben Bank sind - - durch Umschreibung zwischen den Biichern verschiedener Banken, wobei in Anbetracht des Umstandes, dal~ zwischen den Banken viele Zahlungen in dieser Form hin- und hergehen werden, eine gegenseitige Kompensierung der verschiedenen Zahlungen erfolgen wird und nur allenfalls verbleibende Differenzen zugunsten der einen oder der anderen Bank durch Barzahlung ausgeglichen werden. Das~enige, was das sich hier im Zahlungsverkehr ,,Bewegende" ist (so wie in einem anderen Falle .die Miinze bzw. die Banknote), das ist das Guthaben des die Zahlung vornehmenden Kaufmannes. Diese Guthaben heilten Giroguthaben, fiir den Bereich der Erkl~rung von Zusammenh~ngen des Geldwesens ist der Ausdruck ,,Gira]geld" (besser als der Ausdruck ,,Depositengeld") iiblich geworden. Die ~iultere Form der Zahlung nimmt dann h~iufig die Gestalt der ~berh~ndigung eines Schecks an. Von diesem Zahlungsmittel des Giralgeldes mul~ nun etwas gelten, das wir in analoger Weise schon bei den Banknoten erw~hnt haben. Wenn ein Kaufmann Bargeld oder Banknoten der Bank ins Depot gibt, dieses Geld bei der Bank liegen bleibt und die Zahlung im Giroverkehr nichts anderes bedeutet als dalt dieses Geld aus
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Das Gel,d.
dem VermSgen eines Kaufmannes in d a s eines anderen iibertragen wird, so liegt niehts anderes als eine ~nderung in der Technik des Zahlungsverkehrs vor, Auch hier ist der Scheck nur ,,Geldsurrogat". Ein selbstandiges, neben Bargeld und Banknoten zu stellendes Zahlungsmittel liegt zunachst dann vor, wenn die Bank das in ihr Depot gegebene Geld weitergibt, da sie weifi, dal~ von den vielen Guthaben, welche bei ihr erliegen, nicht alle auf einmal abgehoben werden (bzw. nicht alle zum Zwecke des Ausgleiches von Clearingspitzen an andere Banken zu iibertragen sein werden). Dann sind Miinzen und Banknoten, welche zuerst der Bank als Depot gegeben worden sind, zum Teil im Verkehr (die Bank halt nur eine Reserve zuriick) und neben diesem Geld, das zu Zahlungen dient, fungieren noch die Guthaben als Zahlungsmittel. Ein weiterer Schritt - - auch hier ganz analog dem bei den Banknoten besprochenen--- ist dann gegeben, wenn die Bank Kredite in der Form der ErSffnung yon Giroguthaben gibt. Es ist dann die Begriindung yon Guthaben nicht allein durch Deponierung bei der Bank mSglich, sondern auch durch Kreditgewahrung seitens der Bank" Die Bank gibt einem Kaufmann einen Kredit, dieser zahlt durch t?berweisung, ohne dal~ von dem durch die Kreditgewahrung entstandenen Guthaben (dem naturgemalt eine Schuld des Kreditnehmers an die Bank gegeniibersteht) etwas in Bargeld oder Banknoten abgehoben wird. Bargeld (Miinzen), Banknoten und Giroguthaben sind ~ene Formen des Geldes, welche in~ unserer gegenwartigen Wirtschaft als die mal~gebenden anzusehen sind. Uber andere Formen des Geldes ist hier nichts Grunds~itzliches zu sagen. Es ist aber gleich hier darauf hinzuweisen, dalt bei diesen drei Typen des Geldes die Umstande, welche ~eweils die Menge des als Zahlungsmittel fungierenden Geldes bestimmen, verschieden sein werden. W i r w e r d ~ n au.f diese im Zusammenh, ang der Bespreehung verschiedener Wahrungssysteme naher einzugehen haben. Jetzt seien vorerst die drei weiteren GrSlten, welchen wir in der Verkehrsgleichung des Geldes begegnet sind, kurz bespr~ochen. 2. Eine ganz einfache Erwagung miige zunachst die Bedeutung der Umlaufsgeschwindigkeit im Rahmen der Betrachtung des Geldwesens klarstellen. Nehmen wir an, dab aus Jr-
Die Grundbegriffe der Geldlehre.
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gendeinem Grunde die Wirtschaftssub~ekte eines Landes dazu iibergehen, die bisher festgehaltenen Grunds~tze in der Kassenhaltung zu ~ndern. Es w~tre etwa festzustellen, dal~ die Unternehmungen bisher die Eing~nge, welche ihnen aus dem Erhalt yon Zahlungen zugegangen sind, in ihren Kassen liegen lie~en, his sie das Geld zu irgendwelchen Zahlungen selbst brauchen. Jetzt gehen sie dazu tiber, die Eing~tnge, soweit sie nicht in allern~tchster Zeit gebraucht werden, bei Banken zu hinterlegen, welche dieses Geld sofort weiterleihen und nur so viel bei sich liegen lassen, als sie fiir die voraussichtlichen Abhebungen der n~ichsten Zeit brauchen. (Der hier besprochene Vorgang w~tre z. B. dann festzustellen, wenn die landwirtschaftliche BevSlkerung bisher gewohnt war, das bei Verkauf der Ernte im Herbste eingenommene Geld zun~chst zuriickzu, halten und e s sodann i m Laufe des Jahres ~e nach Bedarf sukzessive auszugeben, w~thrend sie ~etzt das Geld in eine Bank oder Sparkasse gibt, yon welcher es, soweit nicht die Abhebung yon der Landwirtschaft zu erwarten ist, weitergegeben wird, s o dal~ dieses Geld ~etzt mehr Zahlungen ermSglicht als bisher, ganz abgesehen davon, daI~ dieses Geld Grundlage ,der~chaffung yon neuemGiralgel, d sein k ann.) E.s ist g anz klar, dal~ in diesem Falle die gegebene Menge des Geldes mehr an Zahlungen tatigt, dal~ also auf der linken Seite der Verkehrsgleichung des Geldes eine VergrSl~erung stattgefunden hat. Eine immer weiter schreiten, de Entwicklung dieser Art wird wohl dazu fiihren, dal~ die ,,Virulenz" einer Geldmenge wesentlich steigt, was hinsichtlich der in der Verkehrsgleichung festgehaltenen Zusammenh~nge dieselbe Wirkung haben mu~, als wenn die Menge des Geldes vergrSl~ert werden wiirde. Daraus ist in aller Deutlichkeit zu sehen, dal~ die ,Umlaufsgeschwindigkeit ganz so wie die Menge des Geldes bei der Bestimmung der Gr~fie, welche als Geldausgabe in Betracht kommt, zu beriicksichtigen ist. Es wird aber ganz allgemein gelten miissen, da~ bei relativ Stabilen Verh~ltnissen der Wirtschaft die Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes fiir kurze Zeitr~iume als konstant angenommen werden kann, dal~ wesentliche /~nderungen derselben einerseits im groBen Ablauf der Ges~chichte, dann aber auch bei tiefergreifenden ~nderungen in der Wirtschaft (und auch noch im Zuge der sp~ter zu besprechenden kon~unktu-
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Das GeM.
rellen Schwankungen) zu erwarten sein werden. Dies ungeachtet der Tatsache, dal~ die Umlaufgeschwindigkeit in verschiedenen L~tndern ~e nach bestimmten Umst~inden (BevSlkerungsdichte, Kassenhaltungsgewohnheiten, Entwicklung der Zahlungstechnik und des Bankwesens) sehr verschieden sein wird. 3. Zur Formel des Handelsvolumens sind wir d u r c h Zusammenrechnung von verschiedenen Waren, welche im Handelsverkehr umgesetzt werden, gekommen. Dazu ist zweierlei zu bemerken. Zun~ichst ist es hier m~iglich, den Bereich dieser Waren mehr oder weniger welt zu fassen und damit auch zu einer mehr oder weniger universalen Verkehrsgleichung des Geldes zu gelangen, ~e nachdem man den Umsatz bestimmter W a r e n - und naturgem~l~ auch: die bei diesen Warenumsiitzen erfolgenden Zahlungen - - bei der Ableitung der Verkehrsgleichung einbezieht oder nicht. So kann etwa der Umsatz von Wertpapieren u. ~i. verschieden behandelt werden, ~a es kann eine gewisse Bedeutung haben, daft man den in der Verkehrsgleichung er~altten Bereic.h auf jene Ums~it,ze einschr~nkt, welche im Bereiche der Konsumgiiter erfolgen. Diese Wahl des Umkreises der erfal~ten Zahlungen ~tndert naturgem~il~ nichts an der Art der Ableitung u n d a n der Geltung d e r Verkehrsgleichung. Ftir unsere weiteren Ableitungen wird es abet am besten sein, wenn man sich die Verkehrsgleichung als eine alle iiberhaupt vorkommenden Zahlungen umfassende vorstellt. Viel bedeutender als die Willkiir in der Umschreibung des in der Verkehrsgleichung erfaltten Bereiches ist aber ein zweiter Umstand. Eine Aufsummierung aller in einer Wirtschaft umgesetzten Waren zu einer einheitlichen Formel ,,Handelsvolumen" ist einfach unm~iglich. Wir haben keine MSglichkeit, alle die verschiedenen Waren, welche im Handel umgesetzt werden, also Mehl und Eier, Kleider und W~sche, MSbel und Maschinen, Rohstoffe und Grundstiicke usw., auf einen ,,gemeinsamen Nenner" z u bringen, auf dem wir sie addieren kiinnen. W i t miissen zugeben, dalt die Formel des Handelsvolumens eine Fiktion ist, welche wit ftir gewisse Ableitungen wohl beniitzen kSnnen, welcher wir aber eine Realit~it nicht zuordnen kSnnen. Das hat in unserer bisherigen Ableitung keine weiteren Schwierigkeiten bedeutet. Wir werden aber sp~iter sehen,
Die Grundbegriffe tier Geldlehre.
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daIt bedeutende Probleme daraus entstehen, dal~ Anderungen im wirtschaftlichen Zusammenhang, welche v o n d e r Geldseite ausgehen (z. B. durch eine Vermehrung des Geldes), hier deshalb ein Problem aufwerfen, weil diese Anderungen sich niemals einem einheitlich zu fassenden tIandelsvolumen gegentiber geltend machen, sondern wenigstens zuniichst immer nur gegenfiber einzelnen Waren oder Warengruppen. 4. Das allgemeine Preisniveau kann als reziproker Wert des Geldwertes (Geldwert----~) definiert werden. Auch hier \--
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ist zu sagen, da~ die Verkehrsgleichung des Geldes in der Formel des Preisniveaus eine Fiktion enth~tlt. Dies wird am besten klar werden, wenn wir zun~tchst kurz auf die Frage der Messung von Anderungen des Geldwertes durch die Indexzahlen (Index der ,,Kaufkraft des Geldes") eingehen. W i r stellen die Preise, welche zu einer zuriickliegenden Zeit (,,Basis~ahr" T~) gezahlt worden sind, fest und vergleichen sie mit den heute (Te) geltenden Preisen. Wenn wir dann fest' stellen, in welchem Malte die Preise in der Zeit von T~ auf T~ gestiegen oder gefallen sind, haben wir ein Malt ftir die Anderung des Preisniveaus oder auch ftir die Anderung des ,,ob~ektiven Wertes" (der ,,Kaufkraft") des Geldes gewonnen. Nun ist es dabei technisch unmiiglich, alle Preise und alle Umsatze zu erfassen, wir miissen uns also darauf beschriinken, eine Auswahl vorzunehmen. Jetzt beginnt aber die eigentliche Schwierigkeit. W i r kSnnen die Preise ftir alle miiglichen Waren f e s t s t e l l e n , - fiir welches Quantum sollen wir aber bei jeder W.are den Prei, s in unsere Rechnun.g einsetzen ? Ein ga,nz einfaches Beispiel zeigt, dal~ wir bei denselben Ver~inderungen der Preise ~e nach dem ,,Gewicht", welches wir den einzelnen Waren beimessen, zu ganz verschiedenen Resultaten kommen miissen. Der Preis fiir Brot ist in dem in Betracht kommenden Zeitraume von 0,40 auf 0,60 gestiegen, der Preis fiir einen Anzug yon 70,-- auf 65,-- zuriickgegangen. Rechnen wir diese Preise einfach zusammen, so ergibt sich folgende Bewegung1 Brot . . . . . . . . . . . . . 1 Anzug . . . . . . . . . . .
T1
--,40 70,-70,40
T2
~,60 65,-65,60
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Das Geld.
Es ergibt sich also ein Fallen der Warenpreise um zirka 7%. (Aus 70,40:65,60 - 1 0 0 : x ergibt sich ~r -- 93,18; der Index steht im Zeitpunkt T 2 gegeniiber dem Basis~ahr T~ auf 93,18. Das ,,Preisniveau" ist um 6,82% zuriickgegangen.) Nun hat aber die oben angefUhrte Indexliste offensichtlich den Mangel, dal~ die Bedeutung der beiden - - ~e in einer Einheit veranschlagten --- Waren nicht in ~enem Verh~ltnis beriicksichtigt ist, welches der relativen Bedeutung derselben im normalen Haushalt und wohl auch im ganzen der Wirtschaft entspricht. Diesem Umstande k~nnte eher eine Indexliste Rechnung tragen, in welcher 100 Brote einem Anzug gegeniibergestellt sind. 100 Brote. . . . . . . . . . 1 Anzug . . . . . . . . .
T1
40,~ 70,~ 110,~
T:
60,~ 65, ~ 125,~
Hier erhalten wir einen Index von 113,64, das Preisniveau ist um 13,64% gestiegen. Das zeigt deutlich, dal~ wir ~e nach der Art der Kombinierung der Mengen dieser beiden Waren ganz verschiedene Indexzahlen erhalten kSnnen. Es ist nicht die Willkiir eines Beispiels, welche zu dieser Schwierigkeit fiihrt. Stellen wir uns vor, dal~ in der praktischen Indexrechhung eine lange Liste yon verschiedenen Warenpreisen *beriicksichtigt ist, so wird ~e nach der schliefilich immer yon Willkiir bestimmten Ansetzung der verschiedenen Warenmengen die Errechnung ganz verschiedener Indizes die Folge sein, --- wenn auch wahrscheinlich dort, wo im grol~en und ganzen die Preise sich in derselben Richtung bewegen, wie dies etwa in den Zeiten groller Inflationen der Fall war, so starke Differenzen wie in unserem Beispiel nicht zu erwarten sein werden. Die Abhangigkeit des Ergebnisses yon der Art der Berechnung wird aber vor allem dort eine besonders auffallende sein, wo die verschiedenen Warenpreise sich in verschiedener Richtung bewegen. Man hat diese Schwierigkeiten in der Indexrechnung vor allem auf zwei Wegen zu iiberwinden gesucht. Man ist zun~chst davon abgegangen, eine Berechnung des allgemeinen Preisniveaus in Angriff zu nehmen und hat sich damit begniigt, die Anderungen bestimmter enger umschriebener ,,Preisspiegel" zu messen: Die Bewegung der Kosten der Lebenshaltung, der Grol~handelspreise, der Preise yon landwirtschaftlichen oder
Die Grundbegriffe ,der Geldlehre.
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yon gewerblichen Produkten, der Produktionsmittelpreise usw. Das ergibt hier dann einen Vorteil, wenn bei einer engeren Gruppe yon W a r e n relativ weniger verschiedenartige Preisbewegungen zu erwarten sind. Dann aber hat man den Versuch gemacht, ein gewissermal~en ob~ektives Mat~ fiir die Erstellung der Indexliste zu suchen" Entweder die relative Bedeutung von verschiedenen Waren im Umsatze iiberhaupt oder aber - - dies insbesondere bei der Berechnung yon Indizes der Lebenshaltungskosten - - ihre Bedeutung im normalen Haushalte, insbesondere im Arbeiterhaushalte. Dat~ auch dann ein Rest von Willkiir bleibt, ist aul~er Zweifel. Die relative Bedeutung der Waren im Umsatz wird sich ~ndern, genau s o wie insbesondere bei st~rkeren Preisverschiebungen auch ihre relative Bedeutung im Arbeiterhaushalt (Preisverschiebungen fiihren auch zu K o n s u m v e r s c h i e b u n g e n ) , - - ganz abgesehen davon, da,~ auch die einzelnen Arbeiterhaushalte je nach Familienstand, kulturellen Niveau und n ach den (.durch .diese wie durch andere Umst~nde bedi.ngten) Kor~sumgewohnheiten usw. ganz verschiedene Bediirfnisse ha~ben v~e~den. Fragen wir aber nach der tiefen Begriindung ftir dieses hier so wenig befriedigende Ergebnis. Mit Geld werden yon verschiedenen Personen verschiedene Waren gekauft. Die ,,sub~ektive Bedeutung" des Geldes fiir ~eden einzelnen an der Wirtschaft teilhabenden Menschen wird durchaus verschieden sein. Einem ob~ektiven Wert des Geldes aber kann keinerlei RealitKt zugeschrieben werden. Wenn wir von einer bestimmten Anderung des allgemeinen Preisniveaus, yon einer Bewegung des Geldwertes schlechthin sprechen, so gebrauchen wit eine durcha u s fiktive Formel. Sie kann Anwendung linden, wenn gewisse grofie und deutlich merkbare Bewegungen bezeichnet werden sollen. Fiir eine exakte Analyse ist sie unbrauchbar. So sind wir bei der Besprechung der einzelnen Gr~l~en der Verkehrsgleichung des Geldes schliel~lich zu Folgerungen gelangt, welche ihren Erkenntniswert sehr beschrRnken. W i r haben diese Formel zun~tchst dazu beniitzt, Um einen ganz allgemeinen Zusammenhang zu zeigen und die fiir die Erkt~rung des Geldwesens grundlegenden Begriffe zu linden. W i r werden ~etzt einen anderen Weg suchen miissen, um t i e f e r i n die Probleme des Geldes eindringen Zu kSnnen.
128
Das Geld.
Bewegungen des fieldwertes. Versuchen wir uns ein Schema tier E n t s t e h u n g u n s e r e r gegenw~trtigen Gel, d,verf, assung vor Augen zu ,h,alten. Ei,ne Verdichtung ,des T,act,schver,kehrs im Zuge tier fortschreitenden Ar,beitsteilung macht es notwen, di,g, ein T auschmittel zu linden, alas den dire,kten Ta~sch i~berwin, det: I,st dooh der T ausch W a r e gegen W.are n u r dann miiglich, wenn der K~tufer einer W a r e einen T a u s c h p a r t n e r fin;det, welcher gera,de ,c~as h,aJbon will, w,as er fiir diese hergeben will, (tier Schuhmacher k,ann wo,hl fttr ein P,aar Schuhe beim B~icker 'einkaufen, wenn a!ber dieser bereits m i t Schu,hen versorgt ist, k,ommt er f tit den Schuhmacher al,s T auschp a r t n e r im dire kten Tautsch fiir l~tngere Zeit nicht mehr in Betrac, ht) und wenn ,die in Betracht ,kommenden W~aren mengenm~il~ig ein,an,der g,egentibe~gestellt werde~ kiinne,n (tier Sohuhmacher wird wohl ,kaum jemals jeman,den fin. den, ,der so viele Sohuhe b~aucht, .dalt er fiir diese ein Haus hergeben kann), So ist bei einer einigermalten entwickelten Arbeitsteilung ein T a u s c h v e r k e h r n u r auf dem W e g e des indirekten Tausches mSglich, d.h. es w i r d eine W a r e gegen eine andere getauscht, welche der Empf~nger nicht deshalb nimmt, well er sie sellbst verwenden will, sondern weil er weilt, dal~ er mit ihr ander.~wo etwas anderes kaufen kann. Eine ,,in hohem ~Grade m a r k t g ~ t n g i g e W a r e " wird zum Tauschmittel. Es hat sich dann gezeigt, dal~ als Tauschmittel vor allem Metalle und unter diesen vor allem Edelmetalle ~am ,besten geeignet sin, d, und in einem Prozelt tier freien W a h l des geeignetsten Tauschmittels sind Gold und Silber die am h~tufigsten gebrauchten Tauschmittel geworden, zwischen denen dann durch J a h r h u n d e r t e noch die Wahl geschwankt hat, bis sie im L a u f e des 19. J a h r h u n d e r t s (ftir alle abseh,baren Verh~tltnisse wohl e n d g t i l t i g ) z u g u n s t e n des Goldes entschieden wurde. Dabei war entscheidend, dalt das Gold sich einerseits als ftir die V e r w e n d u n g als Mtinzmetall technisch g e e i g n e t erwiesen hat, anderseits aber, dalt gerade beim Gold eine relative W e r t s t a b i l i t ~ t t - yon diesem Umstand wird noch zu sprechen sein - - seine V e r w e n d u n g als Wiihru,ngsmetall begtinstigte. In diesem Pro, zelt der Auswahl der Tauschmittel hat ,abe r ,der ,Staat schon zeiti,g dutch Rege2.
Die
Die Bewegungen .des Geldwertes.
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lun.g des Miinzwesens eingegriffen, indem er Metallstticke zuerst hinsichtlich Feinheit und Gewicht beglaubigte, dann selbst auspr~tgte. Der dabei meist aus dem Gewichtssystem genommene Name der Geldeinheit wurde all,gemeine Recheneinheit. Noch v.or Entscheidung des Kampfes .zwischen Gold und Silber sind die ,beiden anderen Arten des Geldes, welche wir vorhin erw~thnt haben, Banknoten ~nd Giralgeld entstanden. Hinsichtlich dieser ist dann gleichfalls eine mehr oder weniger weitgehende Reglementierung durch den Staat erfolgt. Nun ist hier zu beachten, dal~ das Verwenden einer Ware als Zahlungsmittel von allem Anfang an einen EinfluI~ auf ihre Bewertung haben multte: Diese W a r e ist bisher fiir irgendeinen Verwendungszweck (z. B. Gold als Schmuck) gebraucht und nachgefragt worden; wenn sie jetzt auch noch als Tauschmittel in Verwendung genommen wird, so muI~ ihr Wert im Vergleich zu anderen Waren steigen, da ja die Verwendung als Zahlungsmittel eine neue Nachfrage fiir diese W a r e schafft, .ganz so wie e t w a die Bewertung des Goldes steigen mult, wenn es ~isher nur als Schmuck verwendet wurde und jetzt auch ftir industrielle Zwecke in Verwendung genommen wird. Damit aber, dal~ die z u ~ Tauschmittel gewordene W a r e aus der Tauschmittelfunktion einen ,,zusfitzlichen Wert" erhalt, ist es 'vSllig unmiiglich, den Wert der als Zah!ungsmittel verwendeten Ware aus ihren anderen Verwendungen allein abzuleiten. Wiirde das als Geld verwendete Gold die Funktion des Zahlungsmittels verlieren, so wtirde das einen Sturz seines Wertes mit sich bringen. (Die Demonetisierung des Silbers hat im 19. Jahrhundert tats~ichlich neben der Auffindung neuer Sil.berminen die E n t w e r t u n g des Silbers mitbestimmt.) So mul~ also die Tatsache der Verwendung des Goldes als Geld bestimmend ftir seinen Weft sein: Die einzelnen Wirtschaftssubjekte brauchen 'Geld ftir ihre Zahlungen und fiir ihre K~tufe, sie nehmen Geld, weil sie wissen, daI~ sie mit Geld jede andere Waren kaufen kSnnen. In ihrem Verhalten auf dem Markte rechnen die Individuen sicherlich mit einem ,,Preisniveau": Sie sind im al]gemeinen darfiber orientiert, was sie an verschiedenen Waren fiir ihr Geld zu Strigl, l~ationalOkonomie.
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Das Geld.
kaufen in der Lage sind, und dieser Umstand begriin.det ffir jeden einzelnen seine subjektive Bewertung des Tauschmittels und damit auch sein Verhalten auf dem Markte, auf welchem er mit dem Geld einkauft. Das, was als Geldangebot nach Waren nachfragend auf dem - 1Harkt gelangt, wird dann bestimmend ftir die einzelnen Preise. Dal~ dabei eine Anderung auf der ,,Geldseite" sich in der Gestaltung von Preisen auswirken muit, kann keine~n Zweifel unterliegen. Es ware aber zuviel behauptet, wollte man die Meinung vertreten, dalt ,,die Warenpreise" sich proportional der Geld,menge (oder auch der GrSlte G. U) veriindern. Ist es doch durchaus m~glich, dait z.B. ~bei einer Vermehrung des Geldes nur bestimmte Gruppen von Waren in st,iirkerem ~l~al~e nachgefr, agt wer, den, wiihrend die Nachfrage sich bei anderen Waren nicht in grSllerem Ausmalle geltend macht, so dall die Preise in diesem Bereiche un'veriindert bleiben. (Ja es kSnnten zugleich, wo aus irgendeine,m ,Grunde die Nachfrage bei irg,endwelchen Waren nachliiRt, in diesem Bereiche die Preise fallen, w~ihrend andere steigen.) Eine gewisse Wahrscheinlichkeit wird allerdin,gs dafiir bestehen, da]l eine Vermehrung des Geldes, selbst wenn sich eine etwas stiirkere Nachfrage zuniichst nur in einem beschriinkten Bereiche des Marktes .geltend macht, bald in immer weiteren Kreisen sich auswirken wirdWenn das zusiitzliche Geld zuniichst einer engeren Gruppe der Wirtschaft zugute kommt, so wird es doch wiederum ausgegeben und damit anderen zukommen, welche es wiederum ausg,eben usw. Es ist kau'm anzunehmen, dal~ ein i.m freien Verkehr stehender Bereich der Wirtschaft von dem Zustriimen des zusiitzlichen Geldes nicht frfiher oder spiiter doch bertihrt werden wird. W i r kSnnen jetzt das bisherige Ergebnis kurz zusammenfas.sen. Die ein,zelnen Wirt,schaftssubjekte verftigen in einer Geldwirtschaft fiber bestimmte Geldrmengen, welche sie je nach ihren individuellen Verhiiltnissen ftir den Einkauf von Waren ausgeben. Zu diesen persSnlichen Verhiiltnissen werden ,zu rechnen sein auf der einen Seite die aus den gege'behen Warenpreisen sich ergebenden iadividuellen Wertschiitzungen des )Geldes, auf der anderen Seite die yon der allgemeinen Stellung des einzelnen wie auch von der ge-
Die Regelung der Geldmenge.
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samten Wirtschaftsstruktur abh~tngigen Kassenhaltungsgewohnheiten. Aus der Gestaltu.ng tier Nachfrage nach Waren, fiir welche Geld ausgeboten wird, ergeben sich die einzelnen Warenpreise. Von einem allgemeinen (,,durchschnittlichen") Preisniveau, von einem ,,objektiven Geldwert" (einer ,,Kaufkraft des ,Geldes") in einem exakten Sinne kann fiberhaupt nicht gesprochen werden. In der Wirklichkeit kSnnen wir nur eine grol~e Zahl von einzelnen Preisen feststellen, welche sich vorschieden ver~tndern kSnnen, wo,bei eine Durchschnittsrechnung nur in willkiirlicher Weise mSglich ist. Die Feststellung a'ber, dai~ es ein ,,obj.ektives" Malt fiir den Geldwert nicht geben kann, schliei~t noch eine weitere in sich: dait es ein Geld, das dem Postulate einer ,,Stabiliti~t", (,,stabiler Geldwert") im strengen Sinne Rechnung tri~gt, nicht geben kan.n. I)arii,ber wird sp~tter noch einiges zu sag en sein. Fragen wir aber, was der Gegenstand der Geldpolitik sein kann, so wird die Antwort dahin gehen mtissen, dab es sich bier in erster Linie um Geldmengenpolitik handeln mull (Die MSglichkeiten zur unmittelbaren Beeinflussung der ,,Umlaufsgeschwindigk,eit" werden wohl sehr beschrankte sein. ~brigens ist es klar, daI~ i,m allgemein.en die Wirkung eioer Stei~gerung oder Verringerung der Umlaufsgeschwindigkeit yon der einer Vermehrung oder Verminderung der Geldmengo nicht wesentlich abweichen wird.) Die organisatorischen Fragen im engeren Sinne, welche mit der Geldverfassung zusammenh~tngen, liegen aul~erhalb des hier behandolten Problembereiches. Gleichgtiltig aber, in welcher Weise das Geldwesen organisiert ist, das Faktum einer der Wirtschaft zur Verfiigun,g stehenden Geldmenge, die Konstanthaltung oder Ver~tnderung derselben wird bedingend ftir das wirtschaftliche Geschehen werden mtissen. Unsere A ufgabe wird es zun~ichst sein, zu untersuchen, wie eine bestimmte Geldverfassung und die mit ihr verbundeae Mengenregelung des Geldes in der Wirtscha~ft zur Wirksamkeit gelangt.
3. Die Regelung der Geldmenge. Wir wollen im folgenden gewissermaBen als Paradigma einer W~thrungsverfassung jene behandeln, welche etwa zu Ende des 19. Jahrhunderts, nachdem sie in der iiberwiegen9*
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Das Geld.
den Zahl .der wichtigeren Lander ,des Weltverkehrs - - hie und da mit g,ewissen Abweichungen - - durch langere Zeit in Geltung gestanden war, als die no,male ,,gesunde" W~thrungsverfassung gelten konnte. Mag diese ,,klassische Goldw~ihrung" auch heute vi,elen yon geringer Aktualit~tt scheinen, so bietet sie doch besser als irgendeine ander, e W~hrungsverfassung die ,Miiglichkeit zu einer Analyse des Zusammenhanges der verschiedenen Gestaltungen d,es Geldes. ~ b r i g e n s wird es nach dieser Analyse gar keine Schwierigkeiten machen, auch die Verh~iltnisse anderer Wahrungsverfassungen sehr kurz darzustellen. Ftir die klassische 'Goldwahrung sin,d abet drei Arten des Geldes charakteristisch: 1' Wiihrungsmtinzen aus Gold. Es sind dies vollwertig ausgepr~gte und frei auspr~igbar,e Goldmtinzen, welche keinerlei Verkehrsv, erbot unterliegen. Jene Mtinzen, welche neben den W~ihrungsmiinzen im Umlaufe sind (Scheidemtinzen ftir den kleinen Verkehr, geg.ebenenfalls noch unterwertige ,,Kurantmiinzen", die sich als Relikte ein,er frttheren W~hrungsverfassung gelegentlich linden) sind i~a W~thrungssystem nicht als bestimmend anzusehen. Ihre Auspr~igung ist im allgemeinen in irg.endeiner Weise derart beschr~nkt, daI~ Anderungen ihrer Menge nicht yon entscheidender Bedeutung werden kiinnen. 2. In Gold einlSs,bare Banknoten. Die vom Staate mit dem Rechte der Notenausgabe ausgestattete Notenbank (der Fall des Bestandes mehrerer Notenbanken nebeneinander ist hier nicht yon Interesse) mul~ mit der M0glichkeit rechnen, dait Noten 'bei ihr zur Einliisung pr~tsentiert werden. Da die Noten'bank (h~ufig: 'bei Verlust des Privilegiums zur Notenausgabe) verhalten ist, bei ihr pr~i~entierte Noten einzuliisen, mull die Leitung der Bank nach den ,Grunds~itzen eines ordentlichen Kaufmannes daftir sorgen, dal~ sie jederzeit in der Lage ist, den an sie herantretenden Anforderungen yon Gold nachzukommen. Daraus ergibt sich ftir die Bank die Notwendigkeit, einen Vorrat an ,Gold (gemiinztes Gold oder Barrengold) als ,,Barschatz" zu halten, mit welchem sie allenfalls an sie herantretende Ansprtiche befriedigen kann. In den Privilegien der Notenbank ist eine Vorschrift zu finden, welche die .Menge der Noten begrenzt. Von diesen ,,Kontin-
Die Regelung der Geldmenge.
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gentierungsvorschriften" ko,mmen zwei Typen in Betracht: Die ,,direkte Kontingentierung", welche einen absoluten HSchstbetrag ftir die Hiihe der (nicht durch Gold voll gedeckten) Banknoten vorschreibt und die ,,indirekte Kontingentierung", welche ein bestimmtes Deckungsverhiiltnis vorschreibt, indem die Bank verhalten ist, eiaen bestimmten Teil des Notenumlaufes (z.B. ein Drittel oder ein Viertel) in barem Gold zu halten. Auch bei einer indirekten Kontingentierung kann ein Element einer starren Begrenzung wirksam sein, wenn die Notenbank bei ~berschreitung einer bestimmten Notenmenge (das aber auch i n anderen Fiillen bei Unterschreitung eines gewissen Deckungsverh~tltnisses) zur Z a h l u n g einer Notensteuer an den Staat verhalten ist. 3. ,Giralgeld. Neben der Notenbank gibt es andere Ban, ken, welche als Kreditvermittler fungieren. Sie nehmen also fremdes Geld als Depot an und verleihen es. Dan~ben aber macht die ~ b u n g der Zahlungen im tTberweisungsverkehre es den Banken miiglich, .Kre,dite zu gew~ihren, deren Ausmaii fiber ~enes der der Bank jeweils zur Verfiigung stehenden Barmittel (hier und im folgenden: Mtinzen und Banknoten) hinausgeht. Wenn ein Kaufmann v o n d e r Bank einen Kredit in Anspruch nimmt, so wird ihm der Kreditbetrag gutgeschri.eben u,nd er kann fiber diesen verftigen, u. zw. entweder durch eine A,bhebung oder aber auch durch Uberweisung an einen anderen Kaufmann, welcher seinerseits Kunde derselben Bank oder einer anderen Bank sein kann. Da bares Geld bei Uberweisungen zwischen den Kunden einer Bank iiberhaupt nicht in Bewegung gesetzt wird, bei t2berweisungen zwischen den Kunden verschiedener Banken hSchstens zur Ausgleichung von Restbetragen (wenn nicht auch hier ent' weder die Differenzen stehen bleiben oder aber tiber ein Clearing bei der Notenbank ausgeglichen werden), so kann die Bank damit rechnen, dab von ihr gew~hrte Kredite nicht zur G~nze zu Barabhebungen ftihren. Sie kann also mehr Kredite gew~hren, als ihre Barmittel (eigenes und fremdes Geld) betragen, sie mult nur daffir Vorsorge treffen, dalt sie in der Lage ist, den allf~lligen Barabhebungen Rechnung zu tragen. Eine gesetzliche Regelung der Girokredite der Banken kann nicht als typisch angesehen werden, es findet sich aber die Vor'
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Das Gel&
schrift der Haltung eines Vorrates an barer Kassa (oder an ~ederzeit f/~lligen Guthaben) in einem bestimmten Verhaltnisse (in englischer Sprache: ratio) zu den sofort f~lligen Verbindlichkeiten der Bank. Die Frage des Funktionierens dieser W~hrungsverfassung ist zun~chst die der Mengenregelung bei den einzelnen Arten des hier vorkommenden Geldes. Diese Frage ist nun hinsichtlich der Wahrungsmiinzen ohne ~ede Schwierigkeit zu beantworten: Es wird der freie Verkehr bestimmen, wieviel Wahrungsmtinzen im Umlaufe sind. Dem Privaten ist es einerseits iiberlassen, W/ihrungsmtinzen aus dem Verkehre zu ziehen, da er sie einschmelzen (oder a u s f t i h r e n ) k a n n , es kann aber infolge der Priigefreiheit ~eder Private Gold (allenfalls gegen eine geringe Pragegebiihr) auspr~igen lassen. Damit erh~lt aber die Wahrungsmtinze die aul~erordentlich wichtige und das Wesen der klassischen Goldwahrung bestimmende Funktion, den Wert der Geldeinheit mit dem ~eweils bestehenden Goldwert auf das engste zu verkntipfen. Wo irgendwie mit Gold mehr zu erhalten ist als mit Geld, dort wird der in der Goldmtinze enthaltene Substanzwert realisiert werden. Wenn umgekehrt Goldmtinzen einen hSheren Wert haben als das ungemtinzte Gold, so wird Gold zur Auspragung gelangen. Es kann ohne weiteres erwartet werden, dal~ diese Anpassung mit der grSl~ten Exaktheit erfolgen wird, so daft sich eine wesentliche Abweichung des (Tausch-) Wertes der Goldmtinzen von dem Werte ihres Goldgehaltes nicht zeigen wird. Ob diese Verkntipfung des Wertes der Geldeinheit an das Gold ein Vorteil ist, oder ob da nicht gewichtige Bedenken bestehen, das werden wir erst spater zu besprechen haben. Hier ist zunachst als erste Funktion der W~hrungsmiinze im Rahmen der Goldw~hhrung die Bindung des Wertes des Geldes an den ~eweils gegebenen Wert des Goldes festzuhalten. (Man beachte aber, dal~ auch der Wert des Goldes in diesem Falle kein ,,Substanzwert" im Sinne eines ,,unab~derlichen", ,dem ,Gol,d innew.ohnenden Wertes ist. Bestimmend ftir den Wert des Goldes ist die Nachfrage nach Gold und diese ist wiederum zum praktisch bedeutend fiberwiegenden Teile eine Nachfrage ftir monet~re Zwecke.) Das Ausmal~ der Ausgabe von Banknoten ist zun~tchst yon dem Verhalten der Notenbank abh~ngig. Die Notenausgabe er-
Die Regelung tier Geldmenge.
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folgt nun (praktisch ausschliel~lich) durch Gewahrung von Krediten, und zwar ist als die klassische Form dieser Kreditgew~hrung das Eskomptegeschaft anzusehen. Ein bestimmten Anforderungen entsprechender Wechsel (ira Inlande zahlbar und auf inl~indische W a h r u n g lautend, entstanden aus einem Warengeschaft, langstens in 3 Monaten fallig, mit mindestens zwei oder drei Unterschriften v e r s e h e n ) w i r d von der Bank eskomptiert, d. h. es wird der Wechselbetrag nach Abzug eines nach der Laufzeit und nach dem (in der Regel einheitlich festgesetzten und offiziell verlautbarten) Zinssatze, der ,,Bankrate" (dem ,,Diskontsatze") berechneten Betrages ausbezahlt. Durch die Eskomptierung eines Wechsels gelangt ein Betrag an Banknoten in den Verkehr (der im Portefeuille der Notenbank verbleibende Wechsel wird zur ,,bankm~fiigen Deckung" der Banknote), bei Eintritt der F~lligkeit wird der Wechsel von der Notenbank eingelSst und damit gelangt der bei der Eskomptierung ausgegebene Betrag von Banknoten wiederum zuriick in die Kassen der Notenbank (Prinzip der automatischen NotenriickstrSmung; dieses gilt naturgemal~ nicht nur beim Eskomptegesch~.ft, sondern iiberall dort, wo die Notenbank zeitlich befristete Kredite auch in anderer Form gewahrt; die ,,Wechselstrenge" gibt eine grSl~ere Gewahr fiir die Riickzahlung der Kredite, auch ist hier die Riickzahlung zunachst nicht von dem K r e d i t n e h m e r - von ~enem, welcher den Wechsel einr e i c h t , - unmittelbar abhangig, son,dern zunachst von dem im Wechsel Bezogen~n). Nun ist es fiir das Verst~ndnis des Funktionierens der Goldwahrung wesentlich, zu erkennen, dal~ die Ausgabe yon Banknoten durch die Notenbank unter diesen Umst~nden abh~ingig ist von dem Ausmal~e, in welchem die eingereichten Wechsel in Eskompte genommen werden, und daft die Notenbank ein ganz einfaches Mittel zur Regelung dieser Einreichungen in der Festsetzung der Bankrate besitzt. Die in den Einreichungen von Wechseln sich zeigende Kreditnachfrage ist nicht anders gestaltet als irgendeine andere Nachfrage: Je hSher der Preis ist, desto geringer wird die Nachfrage werden, und in diesem Falle .ist ~ener Preis, welcher die Begrenzung der Nachfrage durchfiihren kann, der ZinsfulL Wenn die Notenbank ihren Zinsful~ hinaufsetzt, so werden weniger Einreichungen erfolgen, wenn
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Das Geld.
der Zinsfuit herabgesetzt wird, so wird sich das Ausmal~ der Einreichungen vergriiltern. Der letzte Grund daftir ist ohne weiteres mit 'einem kurzen Hinweis auf die Kapitaltheorie dargetan- Wenn die erweiterte Versorgung mit Geld die Erweiterung der .MSglichkeit der Verwendung von Geld fiir die Zwecke der Investierung bedeutet, so mul~ infolge der Wirkung des abnehmenden Ertrages bei der Erweiterung der Verwendung von Kapital (wie bei ~eder einseitigen Vermehrung eines anderen Produktionsmittels) eine erweiterte Kapitalversorgung auch einen geringeren Ertrag des Kapitals bedeuten. (Dieser Zusammenhang wird freilich erst dann ganz klar sein, wenn wir das Verhiiltnis von Geldkapital und Realkapital:besprochen haben werden, vgl. S. 144). Der Satz von der Schichtung der Nachfrage nach Kredit ist ftir die allgemeinen Zusammenhiinge, welche die Wirkungen der Notenbankpolitik bestimmen, grundlegend. Hier ist festzustellen, dal~ von einer Ausnahme hinsichtlich der Nachfragegestaltung dann nicht gesprochen werden kann, wenn sich die Nachfrage im Zusammenhange mit irgendwelchen Anderungen in der Wirtschaft--- und seien es auch nur Anderungen in der Stimmung, welche vielleicht nicht immer ,sachlich begriindet sein m t i s s e n , - verschiebt. Die Abhiingigkeit der Nachfrage von dem geforderten Preis, die Erscheinung, dal~ die Nachfrage desto geringer ist, ~e hiiher der Preis ist, kann ~a immer nur als fiir die ~eweiligen Verh~iltnisse gegeben angenommen werden (vgl. S. 10 f.). Ftir die Notenbank besteht auch die MSglichkeit, die Nachfrage nur in einem geringeren Ausmaite zu befriedigen als ihrer GrSite bei dem festgesetzten Zinsful~ entspricht. Es kann also der Zinssatz (relativ) niedrig gehalten werden und dabei in irgendeiner Weise eine Ausscheidung ~ener Nachfrage, welche nicht befriedigt werden soll, vorgenommen werden, t~ber die Folgen, welche die Heranziehung eines nicht6konomischen Auslesprinzipes auf dem Geldmarkte unmittelbar nach sich ziehen wird, haben wir schon in anderen Zusammenh~tngen Einiges gesagt (vgl. S. 103). Hier ware aber darauf hinzuweisen, dalt die Notenbanken gelegentlich auch ein besonderes Mittel zur Begrenzung der Nachfrage in Anwendung gebracht haben, indem sie bei der Zensurierung der Wechsel mehr oder weniger streng vorgegangen sind. .
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Jedenfalls kSnnen wir davon ausgehen, dal~ die Notenbank die Kreditnachfrage durch die Festsetzung des Zinsfultes begrenzem kann. So ist ,die Zin,sfufipolitik als das der Marktgestaltung adi~qu,ate Mittel der N.oten,ban~kpoliti,k ,anzusehen. F r a g e n wir nu~, z~ welchem Z wecke die Notenbank ,diese Politik v~rwen, den k.ann. Hier nun, in der Frage, welche Aufgabe die Notenbank sich stellen soll und stellen darf, kiinnen die Meinungen sehr weit auseinandergehen (vgl. dazu S. 158). Fiir die Analyse der klassischen Goldw~hrung kommt aber eine einzige Stellungnahme in Betracht. Die Notenbank hat ein Interesse daran, m5glichst viel Kredit zu gewiihren, weil sie ~a bei der Gew~hrung von Krediten durch die Zinsen fiir die Banknoten, welche praktisch nichts kosten, Gewinne macht. (Die Politik der Kreditverknappung durch Hochhaltung des Zinses unter Ausniitzung einer in hSherem Marie zahlungsf~thigen Nachfrage ist hier nicht in Betracht zu ziehen.) Zugleich aber mult die Notenbank darauf bedacht sein, dait sie ihre Verpflichtungen einhalten kann, und zu diesen Verpflichtungen gehiirt in erster Linie die Sicherung der EinlSsbarkeit der Noten. (In diesem Sinne kann von einer ,,Liquiditat" der Notenbank gesprochen werden.) Praktisch ist die hier gestellte Aufgabe umschrieben mit der Formel ,,Verteidigung des Barschatzes". Die Notenbank mull dafiir sorgen, dait nicht EinlSsungsforderungen an sie herantreten, welche ihren Barschatz erschiipfen kSnnen und sie in Gefahr bringen, ihrer wichtigsten Verpflichtung, der Verpflichtung zur Noteneinliisung nicht nachzukommen. Deshalb mull die Bank sich so verhalten, dal~ die Besitzer von Banknoten kein Interesse daran haben, die Noten gegen Gold einzuliisen. Es ist ohne weiteres klar, dalt dieses Interesse nicht bestehen wird, solange die Noten denselben Wert haben wie die Gold' mtinzen, solange man also mit der Banknote dasselbe kaufen kann wie mit Gold. Die Aufrechterhaltung der Parit~it der Banknote zum Gold mull daher das oberste Ziel der Notenbank sein. Und sie k a n n dieses Ziel unter allen Umst~nden durch ihre Kreditpolitik erreichen" Wenn sie den geringsten Druck auf den Wert der Banknoten spiirt, wenn sie also --- das ist praktisch dasselbe - - merkt, dai~ st~rkere Goldabfliisse eintreten, so mul~ Sie durch eine entsprechende Reduzierung des
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Notenumlaufes daffir sorgen, dal~ die volle Gleichwertigkeit von Gold und B a n k n o t e n wieder hergestellt wird. Die Reduzierung des Umlaufes wird durch eine ErhShung des Zinssatzes erfolgen, wobei das (bei der Eskomptierung kurzfristiger Wechsel relativ schnelle) automatische RfickstrSmen von Noten dafiir sorgt, daf bei Einschrankung weiterer Kreditgewahrungen der Notenumlauf nStigenfalls auch schnell eingeschrankt werden k a n n . Fragen wir aber, in welcher Weise die Einschrankung des Notenumlaufes in der Wirtschaft sich auswirkt, so sehen wir einen sehr wichtigen Zusammenhang" Wenn den Wirtschaftsub~ekten weniger Kredite zur Verfiigung gestellt werden, so werden sie fiber weniger Geld verfiigen, es werden die einzelnen weniger kaufen kSnnen und geneigt sein mfissen, eher (auch zu schlechteren Preisen) zu verkaufen. Die Verknappung von Kredit und die damit zusammenhangende Verknappung des Geldumlaufes drfickt auf die Preise der Waren, der Wert der Noten im Verhaltnis zu den Waren wird damit ein hSherer und der hShere Wert der Noten schaltet ~enen Umstand aus, welcher Anlal~ zur EinlSsung gegeben hat, daft namlich der Wert des Goldes grSfier war als der der Banknoten. Und hier kSnnen wir den allgemeinen Grundsatz feststellen, dal~ eine ErhShung des Zinsful~es der Notenbank eine Tendenz zur Herabsetzung der Warenpreise auslSsen wird, wahrend umgekehrt die Herabsetzung der Bankrate eine Steigerung der Preise mSglich machen wird. Die Wirkung geht dabei fiber das Ausmal~ der Geldversorgung. (Dieser Zusammen.ha,ng yon Gel~zins und Gfit'erprei.sen ist ,dem wirtschuftlioh Ungeschulten oft nicht leicht zuganglich. Das an einer starren Kostenvorstellung orientierte Denken glaubt, daf hShere Zinsen infolge KostenerhShung auch preiserhShend wirken millten. Dal~ dem nicht so ist, haben wir dargelegt. Der erhShten Kostenbelastung durch erhShte Zinsen kann auch bei allgemein gesenkten Preisen dadurch Rechnung getragen werden, daf die Spannung zwischen den Produktionsmittelpreisen und den Produktpreisen grSl~er wird, indem die ersteren im Preise starker zuriickgehen.) Nun ist man oft geneigt, die Richtigkeit der hier dargelegten Zusammenhange ohne weiteres fiir ,,normale Verhaltnisse" zuzugeben, ihre Geltung aber fiir.aul~ergewShnliche Zeiten (Kriegs-
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zeiten usw.) zu ,b~streiten. Das i,st a,ber ,sicher nic,ht borechtigt. Wohl ist es richtig, dali in ,,aultergewiihnlichen Zeiten" die Notenbanken oft nicht ~ene Politik verfolgt haben, welcho zur Sicherung der Einliisbarkeit ihrer Noten notwendig war. (Es w~tre abet festzustellen, dalt auf der anderen Seite die Geschichte auch F~tlle zeitigt, in denen selbst die schwersten kriegerischen Erschfitterungen eine Verminderung des Wertes der Banknoten nicht herbeigeffihrt haben.) Es ist vielleicht auch zuzugeben, daI~ es in vielen F~illen aus allgemein politischen und anderen Grfinden schwer mSglich gewesen w~tre, diese Notenbankpolitik zu vertreten, welche ~a unter Umst~inden durch scharfe Kreditstriktion und Verknappung des Geldes einen ffir viele schwer tragbaren Sturz der Warenpreise zur Folge gehabt h~tte. Versagt hat aber dann nicht der Zusammenhang zwischen P r e i s e n und Kreditmenge, sondern ausschlieltlich die Politik der Notenbank. Auch darfiber wird sp~tter noch etwas zu sagen sein. Hier noch eine kurze Bemerkung fiber das Verh~tltnis der EinlSsungsverpflichtung der Notenbank zur Kontingentierungsvorschrift. Es ist nicht schwer zu sehen, dalt die EinlSsungsverpflichtung gegenfiber der Verpflichtung zur Einhaltung einer Deckungsvorschrift die weitergehende Bestimmung darstellt. Denn die Notenbank kann der Kontingentierungsvorschrift n u t dann entsprechen, wenn keine fiberm~ltigen Abg~inge aus dem Barschatz eintreten, - - die Verhinderung dieser wird aber bereits durch die Einliisungsverpflichtung zur Aufgabe der Notenbank. Auch ist es klar, daI~ der Weft der Banknoten niemals dutch die im Barschatz gegebene ,,Deckung" als solche gesichert werden kann. Die gfinstigste Deckung nfitzt nichts, wenn die Notenbank eine Politik betreibt, welche tibermiiltige Goldabflfisse nicht verhindert. Die Notenbank reguliert die GrSite des Umlaufes durch ihre Politik. Nut die durch diese durchgeffihrte Mengenbeschr~tnkung der Noten gibt die Sicherung, daft sie eine Entwertung nicht erfahren, daI~ ein Disagio vermieden wird. Das, was hier fiber die Regelung des Notenumlaufes dutch die Zinsfultpolitik der Notenbanken gesagt worden ist, kann ohne weiteres auch fiir die Girokredite, welche andere Banken gewi~hren, zur Anwendung gelangen. (Die Anwendung der hier .
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entwickelten Grunds~tze auf die Gew~hrung von Girokrediten dutch die Notenbank - - auch diese kiinnen im Zuge der Eskomptierung von Wechseln entstehen - - i s t ohne Schwierigkeiten m~iglich. Da die ,,sofort f~lligen Verbindlichkeiten" der Notenbank ~ederzeit in barem abgehoben werden kiinnen, da sie ferner aUch als Zahlungsmittel im Wege der Uberweisung dienen kSnnen, findet sich h~ufig ihre Einbeziehung in die Deckungsvorschrift der Notenbank.) Die Bank gibt mehr an Krediten als ihrer Versorgung mit barer Kasse entspricht. Darin liegt das Wesen ~ener Erscheinung, welche mit dem Ausdruck Giralgeld bezeichnet wird. Die Banken kSnnen mehr oder weniger Kredite gew~hren, sie mfissen aber dabei bestrebt sein, ihre ,,Liquidit~tt" zu wahren: Ganz so, wie die Notenbank imstande sein mult, Gold a u f Verlangen herzugeben, mul~ eine andere Bank in der Lage sein, auf Grund ihrer Giroverbindlichkeiten fiber Verlangen Banknoten herzugeben. (Dem Vorrat an barer Kassa kSnnen unter Umst~tnden gleichgehalten werden sofort realisierbare Forderungen, z. B. Guthaben bei der Notenbank.) Die Bank wird ihre Kreditgew~hrung einschr~nken miissen, wenn sie Gefahr l~tuft, den Anforderungen, welche an sie herantreten, nicht entsprechen zu kSnnen. Die Zinsful~politik - - verbunden vielleicht mit einer mehr oder weniger rig0rosen Beurteilung der K r e d i t w e r b e r - wird es der Bank mS~glich machen, alas Ausm.alt der Kre,dit.g'e~viihrungen zu regulieren. Won Int, erese ist uber ,hier noch ein k u r z e r Hi,nweis auf das Verh~tltnis der N.otentban,k zu den anderen Kredit gew~threnden Banken. Im voraus ist es klar, dait das Ausmait der Versorgung der Wirtschaft mit Banknoten indirekt die MSglichkeit der Kassenhaltung der anderen Banken beeinflussen wird und fiber diesen Umweg auch die Kreditgew~thrung durch diese Banken. Letzten Endes mult also eine Krediteinschri~nkung durch die Notenbank zu einer Verknappung der Kassen der anderen Banken fiihren und damit auch diese dazu zwingen, ihrerseits die Kreditgew~hrungen einzuschr~nken. Dieser Zusammenhang ist zun~tchst deshalb von Bedeutung, weft die gesamte Zahlungsmittelversorgung der Volkswirtschaft (abgesehen von der Versorgung mit W~hrungsmfinzen) nicht allein durch die Politik der Notenbank, sondern auch dutch die der
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anderen Banken bestimmt wird. Nun hat man gelegentlich gesehen, dalt eine restriktive Politik der Notenbank, welche die Kreditgewahrungen einschr~tnkt und damit die Mengen der Noten beschri~nkt, durchkreuzt wird von einer Expansionspolitik der anderen Banken, welche (unter Herabsetzung der ,,ratio") mehr Kredite gewithren, also gewissermallen die aus dem Verkehr gezogenen Banknoten durch Giralgeld ersetzen. (Dabei ist vorausgesetzt, dal~ die einzelnen Banken die Erweiterung der Kredite in konformer Weise vornehmen. Wtirde nur eine einzige Bank die Kreditmenge erweitern, so miiltte sie aus naheliegenden Griinden bald in Schwierigkeiten geraten, weil sie dann im Abrechnungsverkehr den anderen Banken gegenfiber passiv werden wiirde.)DaI~ aber auch in diesem Falle eine entsprechend versch~rfte Anwendung der Diskontschraube durch die Notenbank geniigen muit, um der Notenbank die ,,Herrschaft fiber den Geldmarkt" auch dann zu sichern, wenn auf anderem Wege eine Koordination der Politik der anderen Banken mit ~ener der Notenbank nicht mSglich ist, alas wird nach dem schon bisher Ausgefiihrten nicht .in Zweifel zu ziehen sein. Neben der klassischen Goldw~thrung sind andere W~thrungssysteme, bei denen eine wesentliche /Xnderung noch nicht gegeben ist, zun~tchst als Abweichungen derselben anzuftihren. Dies gilt von ~enen W~ihrungen, welche einen effektiven Umlauf an W~ihrungsmtinzen nicht mehr haben (Goldkern, w~hrung, ,,goldger~tnderte W~ihrung"), aber doch eine Parit~tt der umlaufenden Banknoten zum Gold aufrechterhalten. Das theoretische Problem liegt zun~tchst ausschlieltlich darin, in welcher Weise der Wert der Banknoten dem des Goldes verbunden gehalten werden kann. Wenn man einmal erkannt hat, dail
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praktisch ganz dassetbe ist - - dafiir zu so rgen, dal~ die Kurse der Wechsel ,auf ~Gol,dwi~hru~,g,slfi~nder un~e,r~n, dert bleiq0en (GohMevisenwi~hr~ng). Die Note,~bank hat dann die Aufgabe, Abweichungen dieser Kurse durch eine entsprechende Diskontpolitik zu verhin, dern. Aulterlich tritt bier gelegentlich eine b e s o n d e r e iibrigens auch in ,der k,l,assischen Gol,dw~,hrung mii gliche - - M a l t n , ahme in Erscheinun, g, die Interventio.n tier Noten,bank auf dem offenen ,Geldmarkte (open market operations). Zur Beeinflu, s,sung des Notenuml.aufes ~nd ,des gan,zen Geldmar, ktes k auft die Noten,ban, k auf dem freien Markte oder verk,auft auf ,diesem aus i,hren Bestanden Staatspapiere, vor allem aber Devisen und auslandische Valuten. Es ist klar, dalt ein Verkaufen durch die Notenbank einen gewissen Entzug yon Noten aus dem Markte bedeutet (wobei die AuslSsung einer bestimmten Bewegung unter Umstanden wichtiger sein mag als die unmittelbare mengenmal~ige Bedeutung dieser Aktion), w~hrend umgekehrt ein Einkaufen durch die Notenbank in der Richtung auf eine Verfltissigung des Geldmarktes hinwirkt. Insbesondere die Manipulierung mit auslandischen Devisen wird dabei auch eine unmittelbare Versorgung des Marktes mit diesen und damit eine Beeinflussung des Kurses derselben bedeuten. So hat bier die Notenbank - - neben dem ,,groiten Mittel" der Diskontpolitik --ein kleines, mit grSlterer Feinheit im einzelnen wirkendes Mittel zur Beeinflussung des Geldmarktes, welches sie im Interesse der Erftillung ihrer Aufgabe einer Stabilhaltung des Wechselkurses (des Goldpreises) verwenden kann. Wollten wir hier nun weitergehen und noch andere W~thrungssysteme erSrtern, s.o k~nnten wir zunachst ,den Fall betrachten, dal~ die Notenbank den Wechselkurs eines Landes, welches keine Goldwahrung hat, durch die entsprechenden Mal~nahmen der Notenbankpolitik stabil halt, dann auch den Fall, da~ irgendein beliebiger Preis - - etwa Eisen, Kaffee oder was i m m e r stabil gehalten wird, schliefilich irgendein Durchschnitt von Warenpreisen. Und damit w~ren wir bei ~ener Wahrungsverfassung angelangt, welche heute als das System der Indexwahrung oft zur Diskussion gestellt ist. Nachdem die Notenbank durch ihre Politik den Wert der Noten letzten Endes in ~eder beliebigen Weise beeinflussen kann, so kann sie ihn
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auch in der Weise lenken, dalt irgendein ,,Index der Kaufkraft des Geldes" stabil gehalten wird. Im W e s e n liegt hier nichts anderes vor als das, was wir bereits bei der Goldwfihrung gesehen ha.ben. Bedeutet doch ,die Gol.dwiihru, n,g nichts anderes, als dalt die Notenbankpolitik in der Weise gelenkt wird, dait der Preis des Goldes gerechnet in Banknoten stabil bleibt. Wenn in der klassischen Goldw~hrung Wahrungsmiinzen im Umlaufe sind, so ist damit ~a nicht vielmehr als das gegeben, dalt im Umlauf der W~thrungsmiinzen ein deutlicher iiuiterer Hinweis auf die Lage der W~thrung gegeben ist. Wenn die Notenbank bei Entwertung einer W a h r u n g zur Einl0sung der Noten nicht imstande ist und wenn dann die Verpflichtung zur EinlSsung der Noten aufgehoben wird, so wird die Entwertung der Noten bewirken, dalt niemand in Gold zahlt, der auch in Noten zahlen kann und fiir Gold mehr an Noten erh~lt als dem Nominale der Goldmiinzen entspricht: Die Goldmiinzen werden aus dem Verkehr verschwinden oder aber, wo die Gesetzgebung dies zul~tl~t, mit einem Aufgeld gegen Noten geta~scht werden. Solange aber Goldmiinzen neben den Banknoten in gleicher Weise genommen und gegeben werden, weiI~ ~edes Mitglied der in der Volkswirtschaft gegebenen Zahlungsgemeinschaft, dalt der Wert der Banknoten gleich dem der Goldmiinzen ist. Der Umlauf an Wiihrungsmiinzen bedeutet eine iiuliere Deklarierung der Tatsache, dalt der Preis des Goldes in Banknoten gerechnet stabil ist. Notwendig ist aber dieser Umlauf an Goldmiinzen nicht. Es kann eine gewissenhafte und strenge Notenpolitik den Wert der Noten gegeniiber dem Golde stabil halten, auch wenn keine W~thrungsmiinzen da sind. Wie aber der Goldpreis (der Preis der Devisen von Goldwahrungsliindern) stabil gehalten werden kann, und auch ~eder beliebige andere Preis, so kann auch eine fiktive PreisgrSlte, ein Durchschnitt yon verschiedenen Preisen, also ein Index, stabil gel~alten werden. Auch diese Aufgabe ist mit den Mitteln, welche der Notenbank gegeben sind, zu erreichen. "Cber die Fragen, welche mit dieser Art von W a h r u n g s verfassung zusammenhiingen, wird spi~ter gesprochen werden. Jetzt wird es aber zuniichst notwendig sein, einige Fragen zu behandeln, welche mit dem, was hier besprochen worden ist, unmittelbar nicht zusammenh~ngen.
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4. Geldkapital und Realkapital. Wir haben an friiherer Stelle ausgefiihrt, daft in einer naturalwirtschaftlichen Betrachtung als ursprtingliche Form des Kapitals zun~chst ein Fonds an Konsumgiitern anzusehen ist, welcher zur Entlohnung von (Produktionsmitteln, insbesondere yon) Arbeitern verwendet wird, die ihren Lohn erhalten mtissen, bevor das, was sie erzeugen, zum fertigen Konsumgute heranreift. Eine Ankntipfung an diese Ableitung ist hier aus einem naheliegenden Grunde notwendig. In der Geldwirtschaft ist Geld das~enige, was ftir den einzelnen die ursprtingliche Kapitalform darstellt: Geld dient nicht nur zum Ankauf von Kapitalgtitern der verschiedensten Art, sondern auch ganz allgemein zur Entlohnung yon Arbeitern. Das Geld, das da die Funktion des Kapitals iibernimmt, ist entweder eigener Geldbesitz des Investors oder aber diesem von einem Kapitalbesitzer geliehen. Die engste Verbindung mit den Problemen des Geldwesens ergibt sich aber schlieltlich daraus, dal~ dieses Geld auch - - in der Gestalt von Banknoten oder von Giroguthaben - - d u r c h eine ,,GeldschSpfung" der Banken entstanden sein kann. Ist sonach in der Naturalwirtschaft (in der Konstruktion einer solchen) das Kapitalangebot immer nur ein Angebot yon naturalen Gtitern (Kapitalgiiter oder auch ersparte Konsumgiiter), so ist in der ausgebildeten Geld- und Kreditwirtschaft als Kapitalangebot zun~tchst ein Angebot von Geld ftir die Zwecke der verschiedenen Arten von Investitionen, also gegen sp~ttere Rtickzahlung, anzusehen, - - ein Angebot von Geld, welches nicht unmittelbar mit einem Bestand an realen Gtitern iihereinstimmen mult. Daraus ergibt sich die gewichtige Frage der Koordination von Geldkapital und Realkapital. Wir werden diesem Problembereich in der Weise n~ihertreten, dal~ wir zun~ichst ein Schema betrachten, in dem diese Koordination ohne weiteres g~geben ist; wir werden dann zu fragen haben, welche Umsti~nde Voraussetzung dafiir sind, dab diese ~bereinstimmung gegeben ist, und schlieiilich auch, was die Folge sein wird, wenn diese Ubereinstimmung nicht vorliegt. Wir betrachten also eine voll entwickelte kapitalverwendende Wirtschaft mit Geldverkehr. Es gibt Kapitalgtiter der verschiedensten Art, die Entlohnung der Produktionsmittel erfolgt ausschliefllich in Geld, so daft der von uns erw~ihnte
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Lohnfonds als eine abgesonderte Masse iiberhaupt nicht in Erscheinung tritt. Fragen wir nach dem ProzeI~ der Kapitalverwendung im Rahmen des wirtschaftlichen Zirkulationsprozesses. Die Produkte der Konsumgiitererzeugung werden yon den Produzenten gegen Geld verkauft. Wer die K~ufer sind, dartiber wird noch gesprochen werden. Der Gelderl0s aber, welcher in dieser Konsumgiitererzeugung erzielt wird, gelangt zur Aufteilung auf alle an dieser Produktion beteiligten Faktoren. Ein Tell des Geldes dient der Bezahlung yon Arbeitern, ein Tell der Bezahlung yon Bodenrente (Miete), ein Tell dem Einkaufe yon Roh- und Hilfsstoffen, ein Teil der sukzessiven Nachschaffung und Erneuerung der Anlagen an dauerhaften Kapitalgiitern, schlie~lich gegebenenfalls ein Teil der Bezahl u n g d e s Zinses fiir geliehenes fremdes Kapital, der Rest ist Entlohnung und Gewinn des Produzenten. (Von der Rolle des Handels, welche ohne Schwierigkeit in dieses Schema einz ubauen ist, sei der Einfachheit halber hier und im folgenden ganz abgesehen.) Der gesamte Gelderl0s verwandelt sich damit entweder in Einkommen (Arbeitslohn, Bodenrente, Zins, Unternehmerlohn und Untergewinn) oder aber er gelangt in die H~nde yon anderen Produzenten, welche KapitalgOter (sowohl Roh- und Hilfsstoffe, als auch dauerhafte Kapitalgiiter) liefern. Das Geld nun, das in dieser Weise in die H~nde ~ener Produzenten gelangt, welche in vorgelagerten Produktionen Kapitalgiiter erzeugen, und zwar als Erl0s ffir die yon ihnen verkauften Kapitalgiiter, wird yon diesen Produzenten wiederum in der Weise aufgeteilt, dab entweder unmittelbar Einkommen entstehen oder aber andere Produktionsmittel gekauft werden. Dieser Proze~ kann nun mehrere Stufen durchlaufen, wobei ~eweils in den friiher gelagerten Produktionsstufen ein Tell des GelderlSses aus ganz verschiedenartigen Konsumgiiterproduktionen zusammenfliel~en wird. Wenn wir diesen Proze~ der Verteilung des Gelderl0ses aus einer Konsumgiitererzeugung durch mehrere Stufen nach riickw~rts (in den Bereich der vorgelagerten Produktionen) verfolgen, so wird immer mehr yon diesen Geldbetr~gen zum Einkommen und ein immer geringerer Rest dient einer weiteren Kapitalbeschaffung. Stellen wir uns nun diesen Proze~ als abgeschlossen vor, indem der ganze Strigl, NationalSkonomie.
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Das Geld.
Erl(is der Konsumgiiterproduktionen zum Einkommen geworden ist: Es sind dann aus diesem ErlSs Produktionsmittel, welche unmittelbar in diesen Produktionen und dann auch in den vorgelagerten Produktionen beschaftigt waren, entlohnt worden, d a s Geld, welches zuniichst GelderlSs in der Konsumgiiterproduktion war, ist damit Einkommen geworden. Die~enigen nun, welche in dieser Weise in den verschiedenen Stadien der Produktion ein Einkommen erzielt haben, sind es, welche das ganze Produkt der Konsumgtitererzeugung kaufen. Damit ist der Kreislauf abgeschlossen. Eine Schwierigkeit kiinnte darin gesehen werden, dalt der heute in der Konsumgtitererzeugung erzielte GelderlSs nicht sogleich zur G~inze Einkommen in den verschiedenen zum Teil weit vorgelagerten Produktionen wird, in welche das Geld erst nach einer grSlteren Reihe von Ums~ttzen gelan.gt. D arti,ber kan,n ~ber hier leicht hinweggegangen werden: Insofern das heute in der Konsumgiitererzeugung eingenommene Geld erst sp~tter einmal Einkommen wird, ist an der betreffenden Stelle der Produktion bereits aus frilheren Produktionsabl~tufen ein Geldeinkommen entstanden, das eben ~etzt nach Konsumgiitern nachfragend auf den Markt gelangt. (Synchronisierung der einzelnen Produktionsabl~ufe.) In unserem Schema ist also das gesamte Erzeugnis an Konsumgiitern von den verschiedenen Einkommensbeziehern aufgenommen worden. Es kann da zun~chst ein ,,Fehler" des Produktionsaufbaues bewirkt haben, dalt gerade nicht ~ene Konsumgtiter erzeugt worden sind, welche von den verschiedenen Einkommensbeziehern verlangt werden: Die Folge wird sein, dalt ~ene Konsumgiiter, von denen ,,zuviel" erzeugt worden ist, im Preise fallen und ~ene, von welchen ,,zu wenig" erzeugt worden ist, im Preise steigen. Diese Preisverschiebungen werden fiir spiiterhin der Produktion den Weg zur Anpassung an den B~darf zeigen. A~f diesen mSglichen Fehler ,der Produktionslenkung ist aber hier deshalb hinzuweisen gewesen, weil wir bald auf einen anderen mSglichen ,,Fehler" zu sprechen kommen werden, welcher von ibm ganz grundlegend verschieden ist. W i r halter, hier nur fest: Das ganze Produkt an Konsumgiitern wird zum Einkommen. Fragen wir nun, welches Verhalten wir hinsichtlich der Ka-
Gel~dkapital und Realkapital.
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pitalverwendung in diesem Schema angenommen haben. Es ist da zun~tchst die Erhaltung des gegebenen Kapitalbestandes vorausgesetzt. Der Produzent, welcher friiher einmal Kapital investiert hat, erh~tlt mit ~edem Produktionsablaufe in dem ErlSs desselben einen Teil des Kapitals wieder zuriick. Will er seinen Kapitalbestand erhalten, so mul~ er diese ,,Erneuerungsquote" des friiher investierten Kapitals wieder investieren. (Das gilt sowohl hinsichtlich der Anlagen an dauerhaften Kapitalgiitern, welche sich im Laufe der Zeit allm~ihlich amortisieren, wie auch hinsichtlich der Roh- und tIilfsstoffe, deren Aufwendung mit Abschlul~ des einzelnen Produktionsprozesses eine Freisetzung des in ihnen investierten Kapitals folgt.) Das friiher einmal get~tigte Sparen wird also ,,beibehalten" (vgl. S. 74). E s wiirde sich in dem Ablaufe des ganzen Prozesses nicht viel Wesentliches ~tndern, wenn wir daneben eine Verschiebung des Kapitalbesitzes linden wiirden: Ein Kapitalbesitzer wiirde das freigewordene Kapital aufzehren und---gewissermal~en: an seiner Stelle --- ~emand anderer einen Konsumverzicht vornehmen ~n.d ein Gel.deinkommen ,nicht zum Konsum ausgeben sondern investieren. (Schliel~lich ist dieser Wechsel in der Position auch hinsichtlich eines noch nicht freigesetzten Kapitals mSglich: Der Besitzer einer Anlage von dauerhaftem Kapital verkauft diese an ~emandem, welcher Geld gespart hat; damit kann er sein ~etzt liquidiertes VermSgen verzehren, wahrend an seiner Stelle ~emand anderer ein Kapital investiert hat.) Schliel~lich wiirde sich an dem, was wir hier betrachtet haben, nichts Wesentliches ~tndern, wenn (per saldo) entweder neues Kapital gebildet wiirde oder aber eine Kapitalaufzehrung startlinden wiirde. Neugebildetes Kapital wiirde zur Investierung gelangen und damit eine entsprechende ~nderung des Produktionsaufbaues zur Folge haben. Eine Kapitalaufzehrung wiirde bedeuten, da~ sich die Produktion einer Verknappung der Kapitalversorgung anpassen miil~te. Wohl wfirde eine solche Anderung in der Kapitalversorgung deshalb, weil das Kapital in seinen verschiedenen Gestalten in allen Produktionsprozessen verwendet wird, die ganze Produktion ~ndern, aber diese Anderung ist hier als eine einfache Anpassung anzusehen, ganz so, wie sich die Produktion an eine :4nderung der Versorgung mit einem anderen Produktionsmittel anpassen mill~te. 10"
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Das GeM.
Wenn wir aber in unserem Schema zun~tchst die Erhaltung des Kapitalbestandes vorausgesetzt haben, so ist damit noch nicht alles angeftihrt, was da an besonderen Voraussetzungen angenommen wurde. Und hier gelangen wir wiederum in den Bereich spezifischer Probleme des Geldes. Jenes Geldkapital, welches in unserem Schema zur Investierung gelangt, ist zur Giinze aus dem ErlGs der Konsumgtiterproduktion entstanden. Ein Teil dieses Geldes wird investiert. Wie aber, wenn neben diesem Geldkapital, das aus dem ErlGs der Konsumgtiterproduktion entstanden ist, auch noch ein neues Geldkapital der Wirtschaft zur Verfiigung gestellt wird? Das ist ohne weiteres mGglich. W i t haben auf die MGglichkeit der GeldschGpfung dutch die Banken hingewiesen. Die Notenbank erweitert ihre Kredite und vermehrt damit die Zahl der Bankn, ote,n; die anderen Ban~ken gewiihren zus~t.zliche Girokredite. Es ist schlielllich auch mGglich, dalt etwa Geld, welches frtiher einmal von ~emandem verdient worden ist, vielleicht dutch lange Zeit gehortet gewesen ist und ~etzt bei Auf1Gsung dieses Hortes auf dem Geldmarkte erscheint. Ganz ~hnlich wird etwa ~ener Fall sein, in welchem Unternehmungen bisher eine gewisse Kassenhaltung gewohnt waren, w~thrend sie ~etzt ihren Vorrat an barem Geld vermindern. Hortungen und Enthortungen, VergrGl~erungen und Verringerungen yon Kassenhaltungen werden sich in der Wirtschaft st~indig finden. Der Saldo dieser Ver~nderungen der ,,Virulenz" des gegebenen Geldvorrates zusammen mit dem Saldo der Krediterweiterungen und Kreditverminderungen aller Banken wird neben dem aus dem ProduktionserlGse zur Verftigung gestellten Geldkapital das gesamte Angebot auf dem Kapitalmarkte beeinflussen. Damit ist aber die GrGlte des Angebotes an Geldkapital unabh~ngig geworden von ~ener GrGlte, welche sich aus dem - - aktuellen (,,neuen") oder ,,beibehaltenen" - - Sparen ergibt. Es kann neben ~enem .Geldkapital, welches in unserem Schema aus dem Erliis der Konsumgiiterproduktion sich abspa!tet, indem ein Teil dieses ErlGses fiir die Zwecke der Investierung zur Verftigung gestellt wird, noch ein zus~itzliches Geldkapital auftreten. (Das Gegensttick dieser V e r ~ t n d e r u n g die Verminderung des Angebotes an Geldkapital durch Einziehung yon Krediten - - kann hier nicht n~iher besprocherL
Geklkapital un,d Realkapital.
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werden.) Dieses Auftreten von zus~tzlichem Geldkapital mul~ aber in der Bildung des Zinsfultes sich auswirken: Der Geldzins wird herabgesetzt. Wichtig ist es abet, dabei zu erkennen, dait der Zinsfuit gegentiber ~ener Gr0ite herabgesetzt wird, welche sich ohne Dazwischentreten des Geldes erstellen wiirde. Auch i n einer Wirtschaft, welche kein Geld ken nt, mtil~te ein Zins bestehen. Es er,gibt sich das daraus, dait die Verwendung von Kapital (Einheiten von K.t) in ,der Produktion .den E r t r a g steigert und dalt deshalb d e n Kapital ein Tell des Produkti.onserfolges zugerechnet wird. Der Zins ist der Preisausdruck ~tir das Grenzprodukt des Kapitals (der Gr0i~e K . t), ganz so wie etwa der Lohn der Preisausdruck ftir d i e Ergiebigkeit (,Grenzproduktivit~t) der Arbeit ist. Der ~ Zins gi'bt so wie irgendein anderer Koste,npreis eine Grenze an, bis zu welcher die Aufwendung yon Kapital mSglich ist. Und Iwenn die, Aufwendung von freiem Kapital in tier Produktion eine Investierung in Kapitalgtitern, insbesondere auch in dauerhaften ~Kapitalgiitern, ,bedeutet, so gibt der Zins die Grenze an, 'bi,s zu welcher die Investierung m~iglich ist. Das 'ist seine Funktion als Regulator des Pro.dukti.onsaufbaues. Eine ,,zu niedrige" Erstellung des Zinses wiirde 'bedeuten, dalt man glaubt, mehr investieren zu kii,nnen, als zum Investieren da ist. Es mull sich dann bei Fortfiihrung des Produktionsprozesses zeigen, dait nicht soviel Kapital da ist, dait diese Investitionen ,ohne Einschriinkung zu Ende gefiihrt wer,den kGnnen und sich dann reibungslos in den Gesamtauf, bau der Wirtschaft eingliedern lassen. Uud alas alles mult sich er,geben, we nn der Geldzins niedriger i,st als der dem Angebot an Realkapital entsprechende ,,reale Kapitalzins". In naturalen Verh~ltnissen kiinnen wir uns ~reies (,,flii, ssiges") Kapital nur in der Gestalt eines Loh nfon, ds v orstelle~. In der Geldwirtschaft ist zuni~chst (in unserem vereinfachenden Schezna) ein Angebot an ,Geldkapital da, welches aus dem Abspalten ~ n e s Teiles des ,GelderlSses in der Konsumgiiterprodukti,on ent,standen ist und zugleich ein Angebot an fertigen Konsumgtitern darstellt: Wenn ,Geldkapital in'vestiert ,wird, so werden mit ibm Produktionsmittel bezahlt, welche diese Konsumgiiter kaufen kiinnen. Wenn abet zuu~ttzliches Geldkapital auftritt, so
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Das Geld.
bedeutet ei'n herabgesetzter Geldzin,s, dal~ Investitionen als rent~rbel angesehen ,werden, welche bei ,Geltur~g jenes Zinses, welcher dem realen Kapitalzins entspricht, nicht rentabel wiiren; es bedeutet alas zugleich, dal~ die MSglichkeit zum Einkauf von Gtitern gege.ntiber jener MSglichkeit, welche ,sich bei ungestSrtem Ablauf des Verteilungsprozesses ergeben hiitte, erweitert wird. Daraus mtissen weitgehende StSrungen im Prod.uktionsablaufe entstehen. Zuniichst sei h'ier die theoretische A'bleitung ~ortgesetzt, wir werden erst spiiter auf ihre ganz aul~erordentlich wichtige An,wen,dung ,zu sprechen kommen. Die Gewiihrung yon zusiitzliohen ,Krediterl durch die Banke~ (Kreditexpan~sion) bedeutet zun~chst, dal~ der Wirtschaft in der ,Gel,dform eine grSl~ere Kapitalversorgung zur Verftigung steht. Diese erweiterte K a p i t a l v e r s o r g u n g bedeutet zugleich eine Herabsetzung des Geldzinses, da ja ,die Aufnahme eines erweiterten Kreditangebotes - - so wie eines erweiterten Angebotes irgend, einer anderen ,,Ware" nur bei herabgesetztem Preise, also in diesem Falle bei n~edrigerem Zin,sful~e, mSglich ist. Da die Produktion ausschliel~lich in Geld rechnet, ist ,die.ses er'weiterte Angebot an ,Geldkapital ftir die Kalkulation mal~gebend. Wenn aber eine Produktion die Aufwendung an irgendeinem Produktionsmittel in Rechnung stellt u,nd wenn sich dann zeigt, dal~ nicht so viol yon diesem Produktionsmittel da ist, als die Kalkulation ange,nommen hatte, so mul~ schliel~lich das tatsiichliche Ausmal~ tier Versorgung mit diesem Produkt~onsmittel bewirken, ,dal~ .die Produkti, on nicht so zu Ende gefilhrt wer, den k~nn, wie es geplant war. Die gegentiber der E r w a r t u n g zu ge,ringe Versorgung mit einem Produktionsmittel muff bedeuten, da~ ein Man,gel an diesem Produktionsmittel das Vollenden des Wirtscha,~tsplanes unm~glich macht. Wie ~tir ein anderes Produktionsmittel mul~ d.a:s auch ftir das Kapital gelten. Nun wird es sich gerade in ,diesem Bereiche zeigen, dal~ der Mangel an Kap~tal nicht sofort ,zur Goltung gelangt. Dies ist ohne weiteres daraus abzuleiten, dal~ ,die Investition yon Kapital ei~ sich in tier Zeit abwickelnder Prozel~ ist. Ein Schema: Eine E r w e i t e r u n g der Kreditversorgung bei
Geldkapital und Realkapital.
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herabgesetzt~m Zinsfult macht el'he E r w e i t e r u n g der Investierung in Anlagen tier Schwerindustrie mSglich. Es beginnt eine erweiterte Eisenerzeugung, E r z e u g u n g yon ver' schiedenen anderen Rohstoffen, eine E r w e i t e r u n g in der Ma,schinenerzeugun, g usw. Alle diese Produktionen sind nicht Selbstzweck, ihre Aufgabe ist es, schlielllich zu einer E r w e i t e r u n g des Apparates der Konsumgiiterproduktion zu dienen. Bevor es aber so weir kommen kann, fehlt das Kapital, welches zur Vollendung des geplanten Produktionsauf~)aues uotwendig ware. Die in erweitertem Ausmalle angelegte Produktionsmittelerzeugung mull .zum Stillstande gelangen. Anlall dazu wird tier mit Notwendigkeit eintretende ~Mangel an Kapital sein, welcher den Zinsfult wiederum in die HS.he treibt un,d damit diese Produktionen welche ihre Renta~ilitat ,dem ,he~abgesetzten Zin~sfulte verdankt haben - - unrentabel macht. Dieser A~blauf der Ver,schiebun, gen tier Produktion, welchef als Folge tier Kreditexpansion eintreten mul~, wird in der Verscheierung tier Verhaltnisse in der ,Geldform der Er, scheiuu'ngen etwas schwerer sichtbar. Das Wesen tier Zusammenhange wird a~ber klar, wenn man sich bier zwei Tatsachen vor Augen halt: Einerseits die Tatsache, dalt die Kreditexpansion eine ,,Verfalschung" des ZinsfuRes bedeutet, also tier Wirtschaft Kapital - - allerdings nur Geldkapital zu einem Zinsfulle zur Verfiigung stellt, welcher niedriger ist, als jener Zins, welcher tier gegebenen Versorgung der Wirtschaft mit realen Giitern und ins:besondere den] Angebot an gespartem Kapital entspricht; anderseits die Tatsache, dalt eine erweiterte Versorgung mit Geldkapital hiereals eine erweiterte Vers.o~gung der Wirtschaft mit realen Giitern bedeuten kann. Insoweit eine erweiterte Versorgung mit Geldkapital gegeben ist, mull die hinter dem Ausmall dieser Versorgu, ng zuriickbleibemde Versorgung mit realen Giitern bedeuten, dalt Preise steigen, womit der ,,Vorsprung" tier Geldverso~gung gegeniiber jener mit realen Giitera wiederum wettgemacht wird. Aus diesem Umstande mul~ vor allem auch klar werden, dall der Versuch, durch immer erweiterte Kreditausdehnung die MSglichkeit .zu schaffen, dalt die durch eine Kreditexpansion ermSglichte ,,~ber-
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Das Geld.
investition" d.och eine Vollendung erfahrt, unter allen Umst~nden zum Scheitern verurteilt ist. Wollten die Banken diesen Versuch machen, so wiirden sie einen immer rascher fortschreitenden Prozelt der Preissteigerungen auslSsen. Es ist nicht schwer einzusehen - - im einzelnen sei das hier nicht begriindet --, dalt der A'bschlult eines durch diesen Prozelt bestimmten Produktionsaufbaues nur eine iiberm~chtige Investition sein wiirde, wahrend die MSglichkeit Zur Fortfiihrung der Produktion und damit z u r ~Gewinnung von Konsu~ngiitern iiberhaupt nicht mehr gegeben ist. Das aber, was wir hier in einer theoretischen Ab!eitung gezeigt ha:ben, ist von aulterordentlich grolter Bedeutung geworden in einer praktischen Anwendung, in tier Deutung und Erkl~rung des Konjunktura, blaufes.
5. Konjunktur und Kon]unkturpolitik. Die E r f a h r u n g zeigt, daI~ der Ablauf des Wirtschaftsprozesses seit dem vollen Aus'bau des modernen Kreditsystems regelmaltigen 'StSrungen unterworfen gewesen ist. Wirtschaftliche Krisen, fiir welche in den verschiedensten ~ulteren Umstanden eine Begriindung gefunden werden konnte, hat es immer gegeben. Das aber, was dem Ablauf der Bewegungen schon im ganzen 19. Jahrhundert charakteristisch ist, ist das offenbar mit irgendwelchen aulteren Umstanden nicht mehr zusammenhangendv ,,WellenfSrmige" in der Bewegung. Es zeigt sich regelmaltig eine durch einige J a h r e dauernde ,,Aufwartsbe,wegung" der Wirtschaft, welche regelm~ltig .zu einer - - bald mehr bald weniger heftigen - - Wirtschaftskrise fiihrt, die dann durch ein Daniederliegen der Wirtschaft in einer Depression abgelSst wird, der schlielllich wiederum ein neuer Aufstieg folgt. Man hat diese Bewegungen der Wirtschaft im einzelnen beobachtet und dabei festgestellt, dal~ .die verschiedenen ,,Teilm~rkte" der Wirtschaft in d[esem regelm~ltigen ,,Konjunkturablauf" sich verschieden verhalten. Ein Erge'bnis dieser - - unter Anwendung zum Teil komplizierter statistischer Methoden, welche insbes,ondere die Ausschaltung verschiedener ,,stSrender" Einfliisse iu ~len statisti~chen Reihen bezwecken,--- vorgenommenen Untersuc~hungen wird hier in der ~Gestalt ,des soge-
Konjunktur und Konjunkturpolitik.
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nannten ,,Barometers der drei M~trkte" (,,Harvard-Barometer") dargestellt. (Abb. 13. Bei dieser ,statistischen Bearbeitung handelt es sich im Wesen v,or ,allem um .die Aussoh.all~ung ei,nerseits von saison'bedin,gten S c h ~ n k u n g e n , anderseit,s von Ver~nderunge,n, welche einer allgemeinen Be,wegungsrichtung einer Zahlenreihe, dem sogenannten Trend, entsprechen.) Dieses Schemu ,diene hier 'zur Er.liiuterung des typischen Ablaufes tier K,onju,n.ktu~beweg~ng. (Trot,z ver,schiedener Reformversuche kann das Harvard-Barometer n o c h immer als alas ,beste ~Schema ,dieser Art gelten.) Wesentlich ist die Verfolgung tier Bew~gung auf drei Mi~rkten, am Gel,dmarkte, am Effekten, markte und ,am W,arenmarkte, woEfPektezmerl,'r
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Abb. 13. Das Barometer der drei M~irkte (,,l=rarvard-Barometer"t.
bei eine 'bestimmte A ufein, anderfolge ,der Bewegung dieser drei M i ~ r k t e wir besprechen der Einf.achheit hal,ber nur , d i e Bewegung von ,Gel,dzins, Effektenkur,sen und Prod~ktionsumf~ng - - im ,al,lgemeinen (gelegentliche Abweiohungen k o n n t e n beobachtet werden) als typisch gelten ,kann. Die Betrachtung tier unterschiedlichen Bewegung auf ,den drei Teilmi~rkten ist einerseits ffir eine Analyse des Konjunktu~ablaufes, a nde~seit,s aber auch in tier Konjun,kturbeobachtun,g al,s Hilfsmittel fiir die Feststellung tier augen,blicklichen kon~un.kturellen Situation und damit der Aussichten tier weiteren Entwicklung yon Bedeutung. 1. Aufstieg. Bei all,gemeinem Daniederliegen der Wirtschaft ist die Verbilligung des Geldzinses verbunden mit dem spater noch zu erSrternden Hinii,berstr6men des Geldes vom ,,Geldmarkte" zum ,,Kapitalmarkte" der einen Aufstieg ermSglichende Umstand. DaB sich die Besserung zuerst auf der Biirse zeigt, ist ohne weiteres daraus zu erkl~tren, dab die
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Das Geld.
Verbilligung des Geldes die Bildun, g von Haussepositionen ermSglicht und dal~ dieser besonders empfindliche Markt am raschesten die allgemeine Besserung vorwegnehmen kann. Der allgemeine Aufstieg macht sich dann in allen Bereichen der Wirtschaft geltend, wobei eine ftihrende Rolle jener Produktionen, welche besonders laagfristige In,vestitionen vornehmen (Bau yon Eisenbahnen u. ~t., Baugewerbe, Schwerindustrie; gerade hier ist die Erkl~trung aus dem niedrigen Zinsfulte naheliegend), festgestellt werden konnte. (Wenn der Geldzins 5% betri~gt, so ist bei einem zu erwartenden Reinertrag yon 5000 ein Haus,bau nur bei einem Kostenaufwand von nicht mehr als 100.000 mSglich. Sinkt der Zins auf 4%, so findet auch ein Aufwand von 125.000 in diesem E r t r a g e seine Rechtfertigung. Diese K a l k u l i e r u n g einer Investition kann als Paradigma ftir eine jede andere langffistige Kapitalanlage gelten.) Die giinstige Entwicklung gibt Anlalt zu immer reicherer Kreditgew~thrung, aber die immer stttrkere Inanspruchnahme (,,Bindung") yon freiem Kapital im Aufstieg bedeutet eine fort~schreitende Verkn, appung tier K,apitalvers.orgung, welche ,sich schliel~lich auch in einem steigenden Zinsfulte au, sdrtickt. Der ,,Hochspannun,g" ist ,dann g~te Besch~tftigung bei bereits hohem Zins~ul~e, schliel~lich ~aber auch eine .gewi,sse Beu,nruhigung der BSrse (wel~he gegen K,apitalverknapp~ng besonders empfin,dlich ist) ch.ara~kteristisch. 2. Krise. Der in dem hohen Zinsful~e sich ausdriickende Geldmangel (Mangel an fliissigem Kapital, neben welchem eine reichliche Versorgung mit bestimmten Kapitalgtitern, insbeson, dere mit ,Sauerhaften Anl, agen, gegeben sein kann) 15st zuni~chst an der BSrse die Krise aus, welcher dann auch ein Riickgang der Produktion ~olgt. Der Geldmangel fiihrt zuniichst zu einer tibersttirzten L~sung yon Positionen auf der BSrse, welche eine Deroute tier BSrsekurse auslSsen. Damit h~ingt es unmittelbar zusammen, dal~ die Banken zur Sicherung ihrer Positionen mit der Zuriickziehung yon Krediten beginnen. Da die Produktion nicht in der Lage ist, die zu ihrer ~ng~stSrten Fortf~ihrung n.otwendige Men,ge an fltissigem Kapital selbst freizusetzen (eine Folge der ,,ti',bermi~ltige,n" Bindung yon freiem Kapital), wird sie zu Ein-
Konjunktur und Konjunkturpolitik.
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schrankungen ihrer T~itigkeit, a'ber auch z u Notverk~iufen schreiten mfissen. Mangel an fliissigen Mitteln u nd Verluste infolge des Fallens der Preise werden zu Stillegungen in der Produktion ffihren. Dabei wird die gerade in dieser Zeit besonders grol~e Nachfrage nach flfissigen Mitteln auf der einen Seite, die starke Zurfickhaltung in tier Kreditgew~ihrung auf der anderen Seite den ZinsfuR noah weiter in die HShe treiben. 3. Depressi,on. Wenn die Krise die ,,Liquidierung" der ~berinvestitionen erzwungen hat, so wird eine gewisse Stabilisierung tier Wirtschaft auf einem niedrigen Niveau eintreten. Es w i r d vor allem in der In'vestitionstatigkeit die grSf~te Zurackhaltung zu beobachten sein. Der geringe Kapitalbedarf wird allm~ihlich wieder eine Hera:bs, etzung des Zinsful~es einleiten, welche zu einer Verflassigung des ,,Geldmarktes" (ira technischen Sinne: Markt far kurzfristige Anlagen) fiihrt, w~ihrend au~ dem ,,Kapitalmarkte" (im techni'schen Sinne: Markt far langfristige Anlagen) noah immer eine starke Zurackhaltung zu finden sein wird. Das wird sich vor allem daraus erkl~iren, dal~ die Kapitalbesitzer bei allgemein unganstiger Lage wenig Lust zeigen, ihr Kapital auf l~ngere Zeit zu binden, .dann auch daraus, dal~ mangels ein,er grSl~eren Investitionst~itigkeit entsprechende Gelegenheiten far langfristige Anlagen gar nicht gegeben sind. Erst wenn bei immer weiterer Beruhigung die Besserung auch den Kapitalmarkt erfal~t (die anlagesuchenden Mittel strSmen von dem iiberfallten Geldmarkt auf den Kapitalmarkt) und zugleich die Rentabilitat neuer Investitionen erkannt wird, sind die Voraussetzungen far einen neuen K~njunkturaufstieg gegeben. Die Konjunkturbewegungen ~bedeuten tier in die Wirtschaft und damit auch in das gan~e gesell, schaftliche Leben eingreifende Erscheinungen. Die Sozialstatistik hat die Abh~ngigkeit einer grol~en Reihe von gesellschaftlichen Erscheinungen yon den ,,wirtschaftlichen Wechsellagen" aufgezeigt. Insbesondere aber in der Zeit einer heftigen und lange dauernden Depression mul~te die F r a g e der Konjunk. turbeeinflussung immer wieder die grSfite Aktualit~,t erhalten. Die Vorschlage, welche da zur Diskussion gestollt
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Das Gel&
wurden, haben zu,niichst die Ausschaltung der K,onjunkturbewegungen schlechthin im Auge gehabt, dann aber auch die Beseitigung der W i r k u n g e n tier Wirtschaft, skrise ins l~esondere in der Depression durch ,,Ankurbelung" der Wirtschaft. Die Unterlage eines jed,en ,dieser Vorschl~ge multte aus na.heliegenden Grtinden (ausgesprochen oder auch unausgesprochen) eine bestimmte ,,Konjunkturtheorie" sein. Soweit sie auf unzureichenden und verfehlten Erkl~trungen des Konjunkturablaufes 'beruhen,, sind auch diese Vorschl~ige als verfehlt anzusehen, mSgen sie auch in der Diskussion der Vulgiiriikonomie noch immer eine groite Rolle spielen. Das g i l t insbes, on,dere von den auf der ,,~berpro,duktion, stheorie" und auf tier ,,Unterkonsumtionstheorie" beruhend, en Gedanken. Es gibt in der Wirtschaft weder eine allgemeine ~,berproduktion noch eine allgemei, ne Unterkonsu,mtion. Das folgt ohne weiteres aus dem von uns frtiher gerade in dem hier in Rede stehenden Zusammenhange dargelegten Kreislaufcharakter der Wirtschaft (vgl. Seite 145 f.). Damit ist es aber klar, dalt weder eine Produktionseinschri~nkung noch eine Konsumausw, eitung ein Mittel zur Behebung der Krise sein kann. Von Interesse ist aber hier die Beurteilung der Konjunkturpolitik von dem Gesichtspunkte der hier kurz angedeuteten Erkl~trung des Konjunkturablaufes (welche, weil dem ,Geldfaktor eine entsch, eidende Rolle zuweisend als ,,monetare Krisentheorie" bezeichnet wurde, wobei allerdings zu ,bemerken ist, dal~ die Bezeichnung nicht ganz zutreffend ist, weil ja, mag auch das monet~tre Mo~nent von grSltter Bedeutung sein, das Vv~esentliche des zur Krise fiihrenden Prozesses eine bestimmt geartete Umlagerung der P r o d u k t i o n niimlich in der Richtung einer iibe rmi~ltigen Bindung von K a p i t a l - ist). Man hat den Gedanken entwickelt, dait eine Geldpolitik, welch.eeine Kreditexpansi.on unmSglich macht, a~ch zur Ausschultung tier Konjunkturen iiberh.au:pt fiihren miiltte. Dem k~innte manches entgegengehalten werden. Die Ausschaltung der ~reditexpansion wtirde vor allem d i e gewi]~ auBerordentlich u n p o p u l ~ t r e - Verhinderung des Aufstieges bedeuten, es w~tre i~berhaupt schwer ,miiglich, ein Malt ffir eine ,,richtige", also eine Expansion einerseits, a'ber auch eine
Konjunktur und Konjunkturpolitik.
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kfinstliche Kreditverknappung anders.eits vermeidende Kreditpolitik zu linden. Und dann kann noch angenommen werden, dal~ die Verh~ltni,sse ,der Depression, insbesondere i~ den (~ben .dargelegten Relationen zwischen Geldmarkt und Kapitalmarkt (sowie in den v,erstarkten Kassenhaltungen) in sich schon eine Bildung der Voraussetzungen ffir einen zur Krise fiihrenden Aufstieg enthalten, welchen die Politik der Notenbank kaum entgegenarbeiten kSnnte. Wenn aber dem so ist, so mul~ m~n zugeben, dal~ w i r auch auf Grund einer nach allem, was wir heute sehen kSnnen, durchaus zureichenden Erkl~rung der Konjunkturbewegungen kein Mittel haben, um diese,zu beseitigen. Es ergibt sich dann nur noch die Frage, ob nicht in der akuten ,Krise oder in der Depression Mal~,nahmen tier Erleichterung ergriffen werden kSnnten. Hinsichtlich der Krise selbst mul~ gelten, dal~ eine expansive, ,Kreditpolitik, welche ,den Ver, s~ch macht, ,die W i r k u n g e n der ,Krise abzuschwachen, keinen Erfolg haben kann. Gerade der A.blauf der letzten Krise hat in all,er Deutlichkeit gezeigt, dal~ die Versuche zur Verhinderung der Liquidierung der t~berinvestitionen durch Krediterleichterung und sonstige Interventionen nur zu einer V,erl~ngertmg der Krise und Verscharfung ihrer W i r k u n g e n ffihren muI~ten. Hier wird der Satz gelten, dal~ das, was im Zuge der Krisenabwicklung aus den in den realen Verh~iltnissen der Produktion gegebenen Daten der Menschheit an Not und Elend zu tragen bestimmt ist, ihr durch kein Mittel a'bgenommen werden kann. Ist a'ber einmal nach ~ b e r w i n d u n g der eigentlichen Krise das ,Stadium der Depression gegeben, so wird wohl angenommen werden kSnnen, dal~ al|es das, was die Voraussetzungen ffir eine erweiterte Investitionstatigkeit schafft, .den Weg zum Aufstieg erleichtern und verkfirzen kann: Vor ahem politische Beruhigung und Vertrauen in die Soliditat der Grundlagen des Wirtschaftens, zu denen darfiber wird noch spater gesprochen werden - - hier insbesondere das Vertrauen in die Stabilit~t .des Geldes gehSrt. Sicher ist auch, dal~ alles dasjenige, was die BewegungsmSglichkeit der Wirtschaft erleichtert, g,erade ffir die leichtere Uberwindung einer Depression 'yon wesentlicher Bedeutung sein wird. Vielleicht kann auch in diesem Stadium eine
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Das Geld.
Initiative des Staates auf die Dauer yon giinstiger Wirkung sei~. Wenn der Geldmarkt v on groRer Fliissigkeit ist und nur ein gewisses Anhalten der Beunruhigung in der Wirtschaft ein erhiihtes Liquidit~tsverlangen ausliist, alas vor Investitionen zurtickh~lt, kann vielleicht eine staatliche Investitionst~ttigkeit--- welche durch Anleihen finanziert wird und demnach eine unmittelbare Belastung der Wirtschaft (~gl. S. 174 ff.) nicht bedeutet, welche auch bei der Fliissigkeit ,des Geldmarktes den Kapitalmarkt nicht wesentlich a l t e r i e r t , - - - die allgemeine Stimmung in der Wirtschaft gtinstig beeinflussen und damit .den Weg zum Aufstieg erleichtern. (Vorausgesetzt ist dxbei, daI~ diese In,vestitionst~itigkeit nicht zu Preisstiitzungen ffihrt, welche einer allenfalls noch notwendigen Anpassung yon Preisrelationen, die giinstig,e KalkulationsmSglichkeiten fiir Investitionen er(iffnen, entgege,narbeitet.) Es muI~ aber in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dait auch diese In~estitionsti~tigkeit ,der iiffentlichen Hand an sich den Konjunkturaufstieg nicht bedeuten kann und dalt ihr eine W i r k u n g in der Richtung zur t?berwindung der Depression nur dann zuerkannt werden kann, wenn sie in den Rahmen der hier umschriebenen und sehr streng zu beobachtenden Voraussetzungen sich einftigt. Politische Notwendigkeiten (vgl. Seite215) werden oft die Ursache dafiir sein, dal~ die Investitionsti~tigkeit des Staates auch in anderer Richtung sich auswirkt. Ein durchgreifender Aufstieg kann a ber ,zweifellos nur durch eine erweiterte In~estitionst~ttigkeit der Privatwirtschaft ausgel(ist werd, en.
6. Ziele der Wiihrungspolitik. Wenn man sich die Frage vorlegt, welche Zielsetzung eine W~hrungspolitik haben kann, so mull man im voraus eine ganz grundlegende Unterscheidung machen, die davon ausgeht, welche Rolle man dem Gelde in der Wirtschaft zuschreiben will. Man kann entweder das Geld ausschliefllich als ,,Diener" der Wirtschaft ansehen, als ein Mittel, das in dem Ablauf des arbeitsteiligen Wirtschaftsprozesses der Verkehrswirtschaft benStigt wird, ohne daft es eine weitergehende Funktion auszutiben h~tte. Dieser Einstellung entspricht eine Geldpolitik,
Ziele der Wahrungspolitik.
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welche keinerlei aulterhalb des Bereiches des Geldwesens liegende Ziele fiir sich in Anspruch nimmt. Das Geld soll dann einfach einen ,,mSglichst ungestSrten" Ablauf der Wirtschaft sichern; es soll vermieden werden, dalt das Geld als unnStig ,,stiiren.des" Element in ,der Wirtschaft ~zur Geltung gelangt. Eine andere Einstellung aber geht davon aus, dalt vom Geld aus die Wirtschaft in sehr weitgehender Weise zu beeinflussen ist. IIier wird leicht ,,WirtschaftsfSrderung" an sich zum Ziele der Geldpolitik, in der Praxis wird diese wie so oft die Politik der WirtschaftsfSrderung schlechthin zu einer FSrderung einzelner Wirtschaftsgruppen werden (vgl. S. 216 ff.). Wir haben jetzt die Aufgabe, die diesen beiden Zielsetzungen entsprechende W~thrungspolitik zu besprechen. Hinsichtlich ~ener W~thrungspolitik, welche im Gelde nichts als ein dienendes Mittel der Wirtschaft ansieht, kSnnen wir an bereits friiher Gesagtes ankniipfen. Die Wirtschaft braucht ein ,,stabiles" Geld, die Eigenschaft der Stabilitat entspricht der reinen Mittlerfunktion des Geldes. Ein ,,Vertrauen" in die Stabilit~t des Geldes ist Voraussetzung dafiir, dalt ~emand bares Geld, das er in der Hand hat und zu ~eder Stunde in einen Sachwert verwandeln kann, fiir eine lange Bindung hergibt, wobei ihm eine Forderung auf ein Geldnominale fiir spi~ter verbleibt. Damit ist Vertrauen in die W~thrungsstabilit~tt Voraussetzung fiir Spart~tigkeit und Kapitalbildung. (Wer Geld im eigenen Betriebe investiert, erwirbt Sachgiiter, deren Besitz ihn yon mangelnder Stabilit~tt des Geldes in einem gewissen Ausma]~e unabhangig machen kann. Ahnlich ist es beim Erwerb yon Aktien. Es ist aber zu beachten, dalt in unserer Wirtschaft die Hingabe von Geld gegen Forderungen auf Geld eine ganz iiberragende Rolle spielt: Der kleine Sparer legt in dieser Weise sein Geld an, das in Sparkassen und Banken gesammelte Spargeld wird dann als Geldkredit der Produktion zugefiihrt. Die gesamte Finanzierung mit ,,Fremdkapital" erfolgt durch Ubernahme von auf Geld lautenden Verpflichtungen. Das in der Kapitalbildung aulterordentlich wichtige Lebensversicherungsgesch~ft, das Hypothekargesch~ft, und manches andere hiingt zur Giinze von d e r MSglichkeit einer Kalkulation auf stabiler Grundlage ab.) Wenn aber unsere allgemeine Ableitung (vgl. S. 131) gezeigt hat, daI~ es ein stabiles Geld in einem
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Das GeM.
exakten Sinne iiberhaupt nicht geben kann, so ist hier zu sagen, dab gerade vom Gesichtspunkte der Mittlerfunktion des Geldes der allgemeine Glaube an eine Stabilit~it des Geldes wichtiger ist als irgendeine theoretische Bestimmung derselben. Es scheint uns wohl aulter Zweifel, dalt gerade in dieser Hinsicht die Goldwiihrung, bzw. die Bindung des Geldwertes an den Wert des Goldes sich am besten bew~ihrt hat. Wer eine Forderung auf Gold h a t , glaubt sich dabei insoweit gesichert, dalt er kein Valutarisiko z u tragen hat. Darin kann der grol~e Vorteil der Goldwiihrung gesehen werden, welcher alle mit ihr verbundenen Nachteile iiberwiegt, wobei diese Nachteile wohl vor allem dari,n gesehen werden ,kSnnen, ,d,al~ ,auch der Goldwert ,Schwankungen unterliegt. (Die gewShnliche Formel lautet: In kurzen Zeitr~tumen schwankt der Wert des Goldes verh~ltnismi~Itig wenig, w~hrend die ,,sakula en Schwankungen des Goldwertes - - insbesondere mit der iiberwiegenden Tendenz zum Fallen des Goldwertes oder Steigen der Warenpreise in Gold gerechnet - - recht bedeutend sind. tYbrigens hat die Bewegung der Preise in der Zeit nach dem Kriege auch verh~iltnism~iItig rasch bedeutende Ausschl~tge gezeigt: Die Preise in Gold sind zuerst sehr stark gestiegen - - fallender G o l d w e r t - - , dann aber wieder rasch gefallen - - Erhtihung des Goldwertes.) D ann kSnnte, noch angeftthrt werden, daI~ auch alas Goldgeld ,die F o r d e r u n g ,der Neut~alitiit des tGeldes (ti,ber die.se wir, d gleich ge,sprochen werden) nicht im strengen Sinne erfiillt. Die Forderung der Stabilitat des Geldes im Sinne einer Stabilisierung der Warenpreise (Indexwahrung) ist in der jiingsten Zeit oft vertreten worden. Hier w~re daran zu erinnern, dab ~ede Indexrechnung notwendigerweise ein Element tier Willkiir enthalten muir. Damit ist aber gerade die Indexw~ihrung ~ene, welche die in politischer Beziehung schwiichste ist- Eine Interessengruppe in der Wirtschaft, welche eine gerade flit sich gtinstige Verschiebung yon Preisausdriicken wiinscht, wird immer mit Leichtigkeit auf einen ,,Fehler" in der Indexberechnung (auf eine ,,falsche', Erstellung der Indexliste) sich zu stiitzen versuchen und ~e nach Verschiebungen in den Machtverh~tltnissen innerhalb des Staates miiltte mit Anderungen in der Grundlage der W~ihrung gerechnet werden. Da"~
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Ziele der W/ihrun~spolitik.
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mit w~re aber ~ener Umstand, welcher uns fiir die Geldpolitik als der wichtigste erscheint, das Vorherrschen eines Glaubens an die Stabilitat des Geldes nicht mehr gegeben. ~brigens kSnnte auch eine Indexw~hrung auf keinen Fall Verschiebungen zwischen den Preisen der Waren verhindern. In der ~iingsten Diskussion um die Aufgaben der ,Geldpolitik hat die Forderung der ,,Neutralit~t" d e s Geldes eine grol~e Rolle gespielt. Man hat unter dieser Formel eine Regelung des Geldwesens verstanden, welche ~ede Beeinflussung des Wirtschaftsprozesses , , v o n d e r Geldseite" ausschaltet. Es ist vor allem klar, dal~ eine Preisstabilisierung (Indexw~hrung) dieser Forderung nicht entspricht, weil Preisanderungen, welche sich aus den realen Verhaltnissen der Wirtschaft ergeben wiirden, bei dieser W a h r u n g ausgeschaltet werden wiirden. (Eine Verbilligung der Produktionskosten z. B. miil~te an sich zur Herabsetzung der Preise von Produkten fiihren, welche aber bei einer auf einem Index der Produktpreise aufgebauten W~hhrung nicht in Erscheinung treten wiirde; es wiirde vielmehr dieser Wahrungspolitik eine entsprechende Vermehrung der Geldmenge zwecks Stabilhaltung der Produktpreise entsprechen, was einer ,,kiinstlichen" Vermehrung der Geldmenge gleichzuhalten ware). Das Problem der Neutralitat des Geldes wurde dann vor allem im Hinblick auf die ,,monetare" Bedingtheit des Kon~unkturzyklus entwickelt. (Die Neutralitat des Geldes sollte durch Stabilhaltung der effektiven Geldmenge erreicht werden.) Wir haben schon kurz angedeutet, dal~ uns die MSglichkeit einer Geldpolit~k, welche die Kon~unkturbewegungen ausschaltet, nicht gegeben erscheint. Einen weiten Bereich in der wirtschaftspolitischen Diskussion nehmen ~ene Vorschl~ge ein,, welche die W~hrungspolitik als ein Mittel allgemeiner Wirtschaftspolitik behandeln wollen. Am einfachsten kann die MSglichkeit einer solchen Politik in ~enem Falle gesehen werden, in welchem die W~ihrungspolitik sich die FSrderung einer bestimmten Gruppe innerhalb der Wirtschaft zur Aufgabe setzt. Es kann sich da um die FSrderung etwa eines 5rtlich umschriebenen Teilgebietes der Wirtschaft, eines bestimmten Produktionszweiges (z. B. Landwirtschaft, bestimmte Industrien) oder bestimmter sonst irgendwie Strigl, Nationa]Skonomie.
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abgegrenzter Bereiche der Wirtschaft (z. B, Kleinbetriebe oder aber auch ,GroBbetriebe) handeln. Die Bevorzugung einer solchen Wirtschaftsgruppe in der Kreditgew~hrung durch die Notenbank (auch: durch eine andere Bank, welche sich die besondere FSrderung ein.erWirtsch.aftsgruppe z~r Auf, gabe setzt,) ist an sich ohne weiteres mSglich. Es ist aber auch klar, dal~ in diesem Falle eine Erweiterung der Kreditgew~hrung an eine bestimmte Gruppe ohne VergrSfierung des gesamten Kreditvolumens nur dann mSglich ist, wenn gleichzeitig die Kreditgewahrung im iibrigen Bereich der Wirtschaft eingeschr~nkt wird. Die Bevorzugung einer Gruppe geht ,,auf Kosten" anderer Gruppen. D i e s e r - - auch in anderen auBerordentlich wichtigen Zusammenh~ingen noch zu behandelnde Tatbestand m sei hier kurz betrachtet. Das, was wir in d e,m ,hier gegebenen F.alle ,wor uns sehen, ist im Wesen eine Beeinflussung der Verteilung eines Produktionsmittels (des fliissigen Kapitals) in der Weise, dab eine Produktion in grSBerem Ausma~e versorgt wird, als dies sonst der Fall w~.re. Es sollte nicht notwendig sein, hier noch ausdriicklich zu sagen, dab auf diesem Wege weder eine Vermehrung der in der Wirtschaft gegebenen Produktionsmittel noch eine Steigerung der Ergiebigkeit der Produktionsmittel erreicht werden kann. Im Gegenteil: Man kann wohl annehmen, dab eine Produktion, welche sich Produktionsmittel nicht auf dem Wege der Ausniitzung des 5konomischen Ausleseprinzips, also durch Preisfiberbietung, verschaffen kann, sondern nur auf dem Wege fiber eine bevorzugte Zuteilung, gerade aus diesem Umstande heraus als eine solche zu beurteilen ist, welche in geringerem AusmaBe leistungsfahig ist, so dal~ die Wirkung einer solChen Bevorzugung einer Gruppe innerhalb der Wirtschaft nur eine Schadigung der Ergiebigkeit der Produktionsmittel in der Wirtschaft sein kann. Die Technik der Bevorzugung einer Wirtschaftsgruppe in der Kreditgewahrung mull notwendigerweise eine Bevorzugung in der Erstellung des Zinssatzes in sich enthalten (wobei freilich diese Erstellung eines besonders giinstigen ZinsfuBes leicht verschleiert sein kann in der Vernachlassigung eines Risikomomentes, welches iiblicherweise in der Erstellung des ZinsfuBes mitberiicksichtigt wird). Es ergibt sich das ohne weiteres
Ziele der Wiihrun~spolitik.
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aus dem allgemeinen Preisschema: Wenn ein einheitlicher Zinsfull besteht, so wird ~ede Nachfrage nach Kredit, soweit sic diesen Zinsful~ zahlen kann --- also auch in diesem Ausmal~e die Nachfrage einer zu bevorzugenden Gruppe --- befriedigt werden. Soll der bevorzugten Gruppe mehr an Krediten zukommen, so kann dieses nur bei einer tIerabsetzung des Zinses ffir diese Nachfragegruppe erfolgen.. (Bei dem bisherigen Zinssatze wtirde ~a nicht mehr an Kredit aufgenommen werden.) Wenn diese Zinsherabsetzung auch der tibrigen Nachfrage zugute kommen soll, so mull m hier ist eine allgemeine Krediterweiterung nicht in Betracht gezogen--- auf irgendeine Weise eine Beschr~nkung in der Befriedigung dieser Nachfrage bei dem herabgesetzten Zinsful~ erfolgen. (In der. Erfahrung wird d a s nicht immer deutlich sichtbar, weil eine Grenze zwischen sachlicher ,,Zensurierung" e i n e r Kreditnachfrage nach ihrer Bonit~t und einer Zurfickweisung eines an sich ,,guten" Kreditbegehrens schwer zu sehen sein wird.) Itier sei nur abschlie]tend darauf hingewiesen, dal~ m a n das Ziel der FSrderung einer Wirtschaftsgruppe als wirtschaftspolitisches Ziel durchaus gelten lassen kann. Es erfordert nur die Ehrlichkeit, dal~ in diesem Falle nicht nur auf die gfinstige Wirkung in einer bevorzugten Gruppe hingewiesen wird, sondern dal~ auch die Nachteile a n e r k a n n t werden. W i r werden fiber diese Art yon Zielsetzungen und fiber ihre Beurteilung spater noch einiges zu sagen haben (vgl. S. 216 ff.). Soweit die FSrderung einer einzelnen Gruppe innerhalb der Wirtschaft. Eine ,,Anregung" der Wirtschaft schlechthin von der Geldseite ist aber oft von einer Vermehrung der Geldmenge erwartet worden. So weit diese in einer Erweiterung ,der ffir produktive Zwecke ausgegebenen Kredite besteht, ist die notwendige Entwicklung, welche einer Kreditexpansion folgt, von uns bereits frfiher (vgl. S. 150 f.) dargestellt worden. (Hier sei nur noch darauf hingewiesen, dal~ gerade in der Zeit einer tiefgreifenden Depression Versuche der Banken zur Erweiterung der Kreditgew~ihrung h&ufig fehlgeschlagen haben: Der Markt fiir langfristige Anlagen w a r - - sofern nur iiberhaupt eine seriSse Nachfrage, d. h. eine Nachfrage, bei welcher mit einer Zurfickzahlung der Kredite gerechnet werden konnte, in Betracht gezogen w u r d e n - - iiberhaupt nicht aufnahmsfahig, 11"
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w~hrend auf dem Markte fiir kurzfristige Anlagen ohnehin bereits eine weitgehende Geldfliissigkeit bestand.) Neben diesem Falle der Kreditexpansion (in engerem Sinne) ist yon e i n e r Inflation insbesondere dann gesprochen worden, wenn Kredite der Notenbank dem Staate zur Bedeckung seiner Ausgaben zur Verfiigung gestellt werden, wobei an eine Rtickzahlung (wenigstens fiir absehbare Zeit) iiberhaupt nicht gedacht ist. Ganz i~hnlich wie diese Art der Ausgabe von Banknoten wirkte oft auch die Ausgabe irgendeiner Form von ,,Staatspapiergeld". Man hat da mit Recht von einer Schraube ohne Ende gesprochen: Die Inflation fiihrt zu Preissteigerungen, bei welchen das beste Steuersystem dem Staate das, was er zur Bedeckung der ftir notwendig gehaltenen Ausgaben braucht, nicht rechtzeitig verschaffen kann, so dal~ eine neue Vermehrung des Geldumlaufes erfolgt, welche die Preise neuerlich un,d zw~ar noch ~schneller in die ttShe trei~bt usw. Inflationen haben eine ,,Anregung" der Wirtschaft mit sich gebracht, fiir welche oft der Ausdruck ,,Scheinbltite" gewiihlt wurde: Bei relativ groltem Produktionsumfang gelingt es nicht, den Lebensstandard der BevSlkerung einigermaften zu halten, nicht nur ~ene, welche Geldforderungen besitzen (Rentner usw.) werden schwer geschadigt, sondern auch die aus einem Erwerb ein Einkommen Beziehenden, insbesondere die Arbeiter, erhalten neben einer ti~uschend hohen Nominalentlohnung eine nur geringe Realentlohnung. Ftir die Produktion bedeutet aber die Inflation eine ZerstSrung der Kalkulationsgrundlagen, welche bedeutende Kapitalverluste zur Folge hat. Niemals kann man aber daran denken, einen InflationsprozeB dauernd fortzufiihren. Die ,,Stabilisierungskrise", welche mit dem Prozelt der Anpassung des Produktionsapparates an die realen Verh~ltnisse eintritt, sobald der Wert des Geldes einigermalten stabil wird und damit die sti~ndige Entlastung von Verpflichtungen durch Verminderung des Realgehaltes ihres Nominalwertes, welche in der Inflation die Wirtschaftsfiihrung in vieler Beziehung erleichtert, aufhSrt, kann vielleicht nur deshalb leichter getragen werden, weil die Hoffnung gegeben ist, d a l t wenigstens fiir die n~tchste Zeit - - der ,,Taumel der Inflation" voriiber ist. Es verdient aber hier bemerkt zu werden, dalt die schweren Erschiitterungen, welche
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eine Inflation auslSst, weit fiber das rein Wirtschaftliche hinausgehen. Einige Momente seien hier angedeutet: Die Erleichterung des Gewinnes fiir skrupellose Personen neben der ZerstSrung alten Besitzes, die leichte Abschiittelung von auf Geld lautenden Verbindlichkeiten, die allgemeine Unsicherheit, die Gew(ihnung an Forderungen, welche immer wieder nichts anderes als bald iiberholte Forderungen auf ein Nominale sind, das Verlieren ~eder Rechenhaftigkeit und damit auch Soliditat in der finanziellen Gebarung bei Privaten wie auch bei den 5ffentlichen KSrperschaften. Alle diese Folgen mult die Inflation haben, gleichgiiltig in welche Form sie sich kleidet, gleichgiiltig auch, ob ein von inflationistischen Ideen getragener Vorschlag selbst bei ehrlichem Wollen ~ede Verbindung mit dem Inflationismus auf das energischeste ablehnt (z. B. der Vorschlag des sogenannten Schwundgeldes). Fiir eine positive Wertung der ,,Ankurbelung" einer Wirtschaft ,,von der Geldseite her" bleibt also iiberhaupt nichts iibrig. Es wiire denn, man wollte die augenblicklichen Vorteile einer Inflation sich sichern, selbst im Bewulitsein, dal~ diese Vorteile nur beschr~nkte sind und dalt sp~ter schwere Schi~digungen die notwendige Folge sein miissen. 7. Die intervalutarischen Beziehungen. Die allgemeinen Grunds~ttze der Preisbildung haben so wie auf ~edem anderen Markte auch auf einem Markte, auf welchem die W~hrung des einen Landes gegen die eines anderen getauscht wird, ohne weiteres ihre Geltung. Es wird sich also bei freiem Markte auf Grund der Gestaltung von Angebot und Nachfrage ein ,,Wechselkurs" bilden, bei welchem das Angebot gleich der Nachfrage ist, bei welchem ~eder kaufen kann, der diesen Preis zahlen will, und ~eder verkaufen kann, welcher mit diesem Preis zufrieden ist. Zwei Umsti~nde machen es aber hier notwendig, bei der Betrachtung des Valutamarktes fiber diese einfache Darstellung hinauszugehen: auf der einen Seite die allgemeine Frage der Verbindung des Valutakurses mit dem ,,Geldwert", auf der anderen Seite die Notwendigkeit, die Verh~ltnisse von Valutam~rkten, auf welchen eine freie Preisbildung nicht besteht, zu erklaren. Der Weg zu einer weiteren Analyse des Valutamarktes sell hier fiber eine Er-
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kli~rung ~ener Umsti~nde gehen, welche Angebot und Nachfrage auf diesem Markte bestimmen. Verschieden geartete Beziehungen zwischen den Wirtschaftssub~ekten zweier L~nder (oder auch mehrerer L~nder, das kommt aber hier nicht weiter in Betracht) werden dazu Anlali geben, dal~ mit dem Geld des einen Landes das des an' deren gekauft wird. (Die Technik dieses intervalutarischen Zahlungsverkehres, das ?3berwiegen der Zahlung mit Wechseln und Anweisungen ist hier nicht ' weiter zu behandeln; ebenso ist hier nicht weiter beachtet, in welchem Ausmal~ eine Abrechnung zwischen verschiedenen W~ihrungen aul~erhalb des eigentlichen Devisenmarktes erfolgt, da ~a dabei das Verh~tltnis von Angebot und Nachfrage nicht beeinflul~t wird.) Ein Schema der hier in Betracht kommenden Anlasse fiir zwischenstaatliche Zahlungen sei zuniichst gegeben. 1. Zahlungen, welche aus der Begleichung von Eink~ufen im zwischenstaatlichen Handelsverkehre entstehen. (Es kSnnten hier auch die Zahlungen gesondert genannt werden, welche aus ,,immateriellem" Export entstehen, wie Bezahlung Von Auffiihrungsrechten usw.) 2. Zahlungen, welche aus zwischenstaatlichen Dienstleistungen in Handel, Transport und sonstigem Vermittlungsverkehre entstehen. 3. Zahlungen, welche aus dem internationalen Touristenverkehre (einschliel~lich des ,,unsichtbaren Exportes") entstehen. 4. Einseitige Geldsendungen aus den verschiedensten Veranlassungen: Pensionen, Unterhaltsbeitr~ige (insbesondere auch Geldsendungen von Auswanderern). Hierher gehiiren auch einseitige Zahlungen der Staaten (wie: Subventionen, Kriegsentschi~digungen, ,,Reparationen"). 5. Zahlungen, welche in zwischenstaatlichen Kapitalveranlagungen ihre Ursache haben. Diese Kapitalveranlagungen kSnnen die Form einer Kreditgewiihrung, einer Beteiligung, eines Kaufes yon ertragbringenden VermSgensob~ekten (Effekten, Grundstiicke) annehmen. Eine besondere Rolle spielen dabei die kurzfristigen Dislozierungen von fliissigen Mitteln. Auf dem Devisenmarkte tritt auf der einen Seite die Hingabe des Kapitals bei der Veranlagung in-Erscheinung, auf der anderen
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Seite die Riickzahlung (einschlieitlich Amortisation) oder Riickziehung des Kapitals sowie die Zahlung yon Zinsen und Gewinnanteilen verschiedener Art. Bei einem Teil der bier angefiihrten Posten ist nun leicht eine unmittelbare Abh~ngigkeit von PreishShe und von HShe des Wechselkurses zu sehen. W i t heben als Paradigma dieser Gruppe die in Punkt 1 genannten Posten des Warenhandels herauS. Zun~chst sei ein einfaches Schema gegeben: 1. Wenn die Preise der Waren im Lande I i m Vergleich zu denen des Landes II sinken, so wird ftir das Land I eine Erweiterung des Exportes und eine Verringerung des Importes erwartet werden kSnnen. Es wird sohin das Angebot der fremden Valuta steigen und die Nachfrage nach dieser zuriickgehen. Fiir den Fall der PreiserhShung gilt die entsprechende Umkehrung. 2. Wenn der Preis des Geldes des Landes II gerechnet in dem des Landes I steigt (,,Verschlechterung" des Wechselkurses des Landes I), so wird der Bezug yon Waren a u s dem Lande I im Lande II billiger, der Bezug von Waren aus dem Lande II im Lande I teurer. Fiir das Land I bedeutet das eine Einschr~nkung des Imports und eine Ausdehnung des Exports, sohin eine Vermehrung des Angebotes an ausl~ndischer Valuta und eine Verringerung der Nachfrage nach dieser. Damit ist gezeigt, dalt in der Bewegung auf dem Devisenmarkte zwei Variable in Betracht kommen: Einerseits das ,,Preisniveau" (richtiger: das Preisniveau der fiir den Export bzw. Import in Betracht kommenden Waren, wobei allerdings die ,,Verbundenheit" der Preise eine viillig isolierte Betrachtung dieser Preisgruppen nicht rechtfertigt), anderseits die HShe des Wechselkurses. Beide Variable kSnnen sich unabh~ngig voneinander und zugleich ~tndern. Die Konstanthaltung abet ~eweils einer derselben entspricht ~e einer bestimmten Wi~hrungspolitik und W a h r u n g s v e r f a s s u n g : 1. Stabilhaltung des Wechselkurses. Die Notenbank setzt sich die Aufgabe, den Wechselkurs stabil zu halten und erreicht dieses Ziel durch entsprechende Beeinflussung des Preisniveaus. Wir haben schon darauf hingewiesen, dali diese Miiglichkeit gegeben ist (vgl. S. 138). Wenn der ausl~tndische Wechselkurs steigt, wird die Notenbank durch entsprechende Re-
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striktion der Kredite eine Herabsetzung der Preise im Inlande erzwingen und damit die gewiinschte ,,Paritat" der Wahrung wieder herstellen (bzw. die Abweichungen von einer Paritat in ganz geringen Grenzen halten kSnnen). Zu diesem Vorgange ist die Notenbank insbesondere dann gezwungen, wenn sie eine Goldw~hrung aufrechterhalten will: Ein Druck auf den Wechselkurs bringt Goldabfliisse mit sich, welchen die Notenbank nur durch Einschr~,nkung der Kredite begegnen kann. (Bei einer ,,Golddevisenw~hrung" wird in entsprechender Weise ein Druck auf den Wechselkurs ein Abfliellen von Devisen aus dem Besitze der Notenbank zur Folge haben, welchem wiederum nur eine Krediteinschrankung entgegentreten kann.) 2. Stabilhaltung der Preise. Die Notenbank kann die Preise im Inlande stabil halten (wir haben allerdings schon darauf hingewiesen, daft das eine recht vage Formel ist. Vgl. S. 159 f.), w~ihrend die Wechselkurse fluktuieren und sich in der HShe einer ,,Kaufkraftparitat" zum Auslande halten werden. Wesentlich ist nun, dalt in beiden Fallen eine ,,Ausgleichungstendenz" wirkt, welche zu einem ,,Gleichgewicht" von Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkte fiihren muff. Im ersten Falle wird diese Ausgleichung bei Stabilhaltung der Wechselkurse fiber VergrSlterung oder Verringerung der AusmaBe von Export und Import vor sich gehen. Im zweiten Falle wird sich bei konstantem Preisniveau im Inlande der schwankende Wechselkurs in ~ener HShe erstellen, in welcher Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkte gleich grolt sind, wobei die Variationen des Wechselkurses auch Anderungen in der GrSlte von Import und Export nach sich ziehen. Wenn eine (aus irgendeinem Grund eingetretene) VergrSlterung der Nachfrage nach ausl~ndischem Geld den Preis desselben in die HShe treibt, so hat diese Bewegung gewissermalten in sich selbst eine Bremse, weft ~ede fortschreitende ErhShung des Wechselkurses fiber den Weg einer Anderung der Verhaltnisse des Handelsverkehres eine Vermehrung des Angebotes an der fremden Valuta und eine Verringerung der Nachfrage nach dieser auslSst. Der Sachverhalt aber, dalt eine Gleichsetzung von Angebot und Nachfrage nicht erfolgen kSnnte, wird weder bei Stabilhaltung der Wechselkurse noch bei Stabilhaltung der
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Preise zu erwarten sein. Diese Feststellung ist hier deshalb notwendig, weil gerade in diesem Bereiche oft die schwersten Irrttimer entstehen, t3ber diese wird sp~iter gesprochen werden. Hier haben wir zun~tchst nur einen Teil ~ener Umst~inde i n unsere Betrachtung einbezogen, welche die Verhiiltnisse von Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkte bestimmen. Wir sprachen von ~enen Positionen des intervalutarischen Zahlungsverkehres, welche von PreishShe und HShe des Wechselkurses unmittelbar abh~tngig sind. Es ist festzustellen, dalt hier nicht nur die Posten des Warenhandels einzubeziehen sind, dalt vielmehr auch bei einigen anderen Posten diese Abh~ngigkeit gegeben sein wird: Vor allem beim internationalen Touristenverkehre, bei Kapitalveranlagungen, insoweit sie Anlagen in ,,Sachwerten" bedeuten, usw. Soweit aber im intervalutarischen Zahlungsverkehr Posten dieser Art die iiberwiegende Rolle spielen, ist unserer Ableitung auch ftir die Betrachtung der Summe aller Wirtschaftsbeziehungen nichts weiter hinzuzuftigen. Relativ geringe VergrSiterungen oder Verringerungen der Seite des Angebotes bzw. ~der Nachfrage durch einen ,,starren" Posten, welcher durch die HShe des Wechselkurses und der Warenpreise nicht beeinfluftt werden kann, werden offenbar das hier dargestellte ,,Spiel der Kriifte" nicht beeintr~chtigen. Es wird aber die Frage aufgeworfen, welche Bedeutung im Rahmen dieser Zusammenhiinge ein ?~berwiegen oder wenigstens ein st~rkeres Hervortreten der vom Preisniveau nicht abhiingigen starren Faktoren haben kann. Die Antwort auf diese Frage ist zun~tchst eine ganz einfache. Nehmen wir an, in einem Lande wiirde bei einem gegebenen Niveau der Warenpreise und einem gegebenen Wechselkurs ein Gleichgewicht auf dem Valutamarkte bestehen, welches ~etzt durch das Auftauchen von irgendwelchen Zahlungsverpflichtungen in fremder Valuta (z. B. Kapitalrtickzahlungen) ,,gestSrt" wird. Die zwei Wege, welche die Anpassung hier geben kann, haben wir bereits behandelt: Es kann entweder bei (grunds~ttzlich) unveriinderter HShe der Preise der Wechselkurse auf das Ausland steigen oder aber bei stabilem Wechselkurs das Preisniveau zurtickgehen. In beiden Fallen wird die Erweiterung der Ausfuhr und die Verringerung der
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Einfuhr zu einem Gleichgewicht auf dem Valutamarkte ftihren. Welcher dieser beiden Wege gegangen wird, das w i r d offenbar v o n d e r Wahrungspolitik des Landes abhangen. Dartiber ist nichts weiter zu sagen. Von Bedeutung kann hier nur ein weiterreichender Zusammenhang sein: Die Erschwerung des Imports und die VergrSlierung der Ausfuhr kann unter Umstanden eine Minderversorgung der Wirtschaft bedeuten, die sich in einem weitgehenden Drucke auf die Lebenshaltung der BevSlkerung aul~ert. (Gerade von diesem Gesichtspunkte aus werden die ,,definitiven" Wirkungen auslandischer Kredite zu beurteilen sein. Wenn auslandische Kredite rein ,,konsumtiven" Zwecken dienten, so wird es sich zur Zeit der Riickzahlung ergeben, dalt nicht nur mit dem Ausbleiben dieser ausl~ndischen K r e 4 i t e - die ja letzten Endes nichts anderes bedeuten, als dal~ Waren bezogen werden kSnnen, welche nicht sofort bezahlt werden miissen, - - eine Quelle ffir den Unterhalt der BevSlkerung versiegt, sondern dal~ noch dariiber hinaus aus dem Ergebnis der Arbeit des Volkes etwas an das Ausland abgeliefert werden mul~,. Auf der anderen Seite: Wenn ausli~ndische Kredite fiir ertragbringende Investitionen verwendet worden ~sind, so kann mit dem aus diesen sich ergebenden Mehrertrag ohne Schwierigkeit die Riickzahlung e r~olgen, ohne dal~ ein Druck auf die Lebenshaltung der BevSlkerung gege,ben ware.) Man darf aber da nicht das Symptom mit der Ursache verwechseln. Die iiul~ere Erscheinung ist das Steigen des Wechselkurses, bzw. der Druck auf die Warenpreise. Der Mangel ist a'ber nicht ein Mangel a n Devisen, sondern ausschliel~lich ein Mangel an Waren. Keine Manipulation des Devisenmarktes kann diesen Tatbestand an dern. Aus allen diesen Zusammenh~tngen ist nun vor allem eines klar: daR der zwischenstaatliche Handelsverkehr niemals ftir sich allein bestimmend fiir .die ganzen zwischenstaatlichen Wirtschafts'beziehungen sein kann. Ganz im Gegenteil, gerade an,dere Arten dieser Beziehungen sind haufig die Ursache von Anderungen im Waren, verkehr.. Kreditgewahrungen aus dem Auslande z.B. mtissen zur Folge haben, dal~ eine Verstarkung der Einfuhr uncl eine Verringerung der Aus~uhr eintritt. (Vv~enn etwa ein Finanzminister in einem Atem sagt, sein Lan.d brauche ausl~tndische
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Kredite un.d mtisse die Einfuhr drosseln, die Ausfuhr steigern, so liegt der Verbindung dieser Ged,anken eine falsche ,,Theorie" zugrunde.) Die Zahlung won Schulc~zinsen und Amortisation an das Ausland ,mull eine Tendenz zur VergrSlterUng der Ausfuhr u n d Verringerung der Einfuhr aus15sen,. Alle diese Bewegungen geh, en tiber die Verschie'bung von Wechselkursen, bzw. Preisniveau. (In einer anderen Formel: Zwischenstaatliche Zahlungen, z.B. im Kapitalverkehr erfolgen ,,endgiiltig" in Warenlieferungen. Dabei wird ~enes Land, welches die Zahlung zu leisten hat - - das Kapital ausfiihrende bzw. das Schulden zurtickzahlende ,.Land - - durch entsprechende Anpassung entweder der Wechselkurse oder der Preisniveaus alas ,,billigere" Land sein.) Wenn wir aber zwei mSgliche Zielsetzungen fiir die W~hrungspolitik in bezug auf den zwischenstaatlichen Verkehr ge.zeigt ha'ben, die Politik tier St~bilhaltung der Wechselkurse und jene tier Sta.bilhaltung des Preisniveaus, so ist jetzt zu fragen, wie diese beiden Zielsetzungen in ihren Wirk u n g e n zu beurteilen sein werden. Da verweisen wir auf das, was w-ir an friiherer Stelle iiber die Zielsetzung der Wiihrungspolitik an sich gesagt haben. Wo ,,Stabilitiit" zum Ziele tier Wiihrungspolitik wird, dort wird sich diese Stabilit~it v,or allem in einer !St.abilhaltung der ausl~tndischen Wechselkurse (aattirlich nur jener, welche selbst ,,sta.bil" sind) ausdrticken. Tatsiichlich ist die Anlehnung .der Wiihrung entweder unmittelbar an das Gold oder aber an eine mit dem Gold verbundene ausliindische Wiihrung fast allgemein das Ziel der Wiihrungspolitik der neueren Zeit gewesen. Wenn man erkennt, dalt die Stabilit~tt des Geldes vor allem Voraussetzung ftir ein einigermal~en klagloses Funktionieren des Geldes als Mittler im Wirtschaftsverkehr ist, so wird diese Richtung der Wiihrungspolitik wohl den Vorzug behalten miissen. Eine Wiihrungspolitik, welche Stabilhaltung der Preise (wobei neuerlich an die schon friiher vorgebrachten Bedenken, welche hinsichtlich dieser Formulierung bestehen, zu erinnern ist, vgl. Seite 159f.) sich zur Richtschnur gemacht hat, hat es noch nicht gegeben. (Dalt gelegentlich in den letzten J a h r e n Wiihrungsa'bw~ertungen vorgenommen wurden, welche ein Fallen der Warenpreise ,,nominell,'
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ausgl, eichen sollten, ~ndert an diesem Sachverhalt nichts. Es handelt sich in diesem Falle niemals um eine anhaltende Zielsetzung der W~hrungspolitik, sondern immer nur um eine einmalige s der Wechselkurse - - bzw. der Relation zum , G o l d - - , w obei schliel~lich eine neue ,,Parit~t" der Wahrung, wenn auch nach gewissen Schwankungen, wieder gesetzt wurde.) Eine gr5Rere Bed.eutung in tier wirtschaftspolitischen Praxis hat aber noch die Haltung ,,kfinstlicher" Devisenkurse erhalten. Hier sei zun~chst de,r Anlal~, welcher zu dieser Politik geffihrt hat, dargelegt. Es ergibt sich eine Situation, 'bei welcher die W~hrungspolitik vor der Wahl steht, eine Ausgleichung auf dem Dev i s e n m a r k t e entweder durch eine ErhShung der auSl~ndischen Wechselkurse oder a.ber ,durch einen Druck auf das Preisnive.au herbeizuffihren. Was di,e zurfickliegende Ursache ffir diesen Sachverhalt gewesen sein mag, das ist bier nicht von Bedeutung. Im allgemeinen wird es wohl eine im Inlande vorgenommene Inflation gewesen sein, es kann auch ein Wechsel im Strom der starren zwischenstaatlichen Zahlungen sein (die bisherigen Kapitalzuflfisse werden von Kapitalabzfigen abgel5st), es kann auch eine allgemein in der Richtung auf PreiserhShungen gerichtete Wirtschaftspolitik gewesen sein (die allerdings nicht ohne eine ,,relative" Geldvermehrung ,zu einer ,,allgemeinen" Preissteigerung ffihren kann). In dieser Lage ist eine W~hrungspolitik, welche die Senkung von Preis, en erzwingt (vor allem wahrscheinlich aus ,,allgemein politischen Grfinden", vgl. S. 216 ff.) nicht leicht durchffihrbar..Oft ist man nun in diesem Falle mit einer W a h r u n g s a b w e r t u n g vorgegangen. Das heil~t, die Noten'bank ,hat d i e ~Iinaufsetzung der au.sl~ndiso~en Wechselkurse oder :Ses Goldpreises ohne Gegenmaltnahmen ge,duldet, bzw. in ihren Preisange:boten fiir ,die ausl~tndischen Wechsel selbst durchgeftihrt. In manchen F~llen aber hat man einen dritten Weg gesucht: Man hat die Kreditein' schri~nkung unterlassen und durch eine HSchstpreisvorschrift ftir die auslandischen Wechselkurse ,das Steigen de.r: selben verhindert. Die Folge muRte die von uns ,bereits eingehend geschilderte Diskrepanz yon Angebot un,d Nachfrage auf dem Devisenmar,kte mit allen i,hren W i r k u n g e n sein.
Die intervalutarischen Beziehungen.
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Gegeniiber dem ,,Gleichgewichtspreise" ergibt sich eine vergrSRerte Nachfrage nach ausl~ndischen Valuten und ein vermindertes Angebot an diesen. In diesem Falle mull der ,,Mangel" an auslandischen De,visen dazu fiihren, dal~ die Wirtschaftspolitik irgen, deinen Weg sucht, um einen Teil der Nachfrage auszuschei.den. Hinsichtlich tier allgemeinen W i r . kungen einer solchen. ,,De,visenbewirtschaftung" ist auf schon friiher Gesagtes hinzuweisen (vgl. S. 103 ff.). Wenn aber eine ,,sachliche" Beurteilung des Devisen'bedarfes jene Nachfrage zu befriedigen sucht, welche von irgendeinem Gesichtspunkte aus als lebensnotwendig erkannt wird, so liegt hier eine MaRnahme wirtschaftspolitischer Art vor un, s. Rein vom Gesichtspunkte der Betrachtung valutarischer Verh~ltnisse ist ,da zu sagen: Jene Nachfrage, welche den sich bildenden Preis zu zahlen bereit und in der Lage ware, wiirde bei einem freien Devisenmarkt zum Zuge gelangen. Hier ,seien a:ber zum Abschlul~ noch zwei Falle erwahnt, welche es unter Umst~n.den einer an d,er Stabilhaltung des Wechselkurses orientierten W~hrungspolitik untunlich erscheinen lassen kSnnen, e,ine freie Preisbildung auf dem Devisenmarkte bestehen zu lassen. Der eine ware die in der Gestalt eines Runs eintretende plStzlich verst~rkte Nachfrage nach auslandischen Devisen. Die Ursache eines solchen Runs kann vor allem Furcht vor W a h r u n g s a b w e r t u n g e n (gegebenenfalls im Zusammenhang mit politischen Ereignissen wie ,Kriegsgefahr usw.) sein, dann plStzliche Zuriickziehungen yon auslandischem Kapital (insbesondere yon kurzfri,stig angelegtem) und die ,,Kapitalflucht". In dieser Beziehung ware nur zu sage.n, ,dal~ ~egen die Einfiihrung eines Zwangskurse,s vor allem der Umstand spricht, dal~ die in jeder ErhShung der Wechselkurse liegende ,,Bremse" gegen die Fortsetz~ng derselben (die Hemmung des Importes und FSrderung des Exportes, vgl. Seite 168) nicht zur Wirksamkeit gelangen kann. Dann ware ,darauf hinzuweisen, dal~ gerade die Normierung des Zwangskurses .den Druck in der Richtung auf die Durchfiihrung jener Mal~nahmen, welche letztlich allein das gesetzte wahrungspolitische Ziel erreichen kSnnen, al,so den Druck z u r Vermeidung von Krediterweiterungen und allenfalls zur Einschr~nkung von Krediten, er-
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Pr eisbel astungen,
leichtern wird. Die Wiihrungspolitik kann leicht unsolide werden, ~venn ihr die Kontrolle durch einen freien Wechselkurs fehlt. Da kann es gerade dem Ziele einer Stabilhaltung .der Wechs.elkurse viel bes.ser entsprechen, wenn man eine vortibergehende ErhShung der aLtsliindischen Wechselkurse duldet und zugleich jene Ma~nahmen ergreift, welche eine Rtickbildung derselben erzwingen miissen. Der zweite Fall ware jener, in welchem Beschriinkungen des tIandelsverkehrs eine Ausgleichung a u f dean Devisenmarkte fiber eine E x p o r t v e r m e h r u a g erschweren oder auch unmSglich machen. Fortsehreitende Han, delsbeschriinkungen kSnnen es vielleicht tatsiichlich einmal ,dazu bringen, dal~ die Fragen der intervalutarischen Kursbildungen eine ganz neue Bedeutung gewinnen. Vielleicht ist dann der ausl~indische Wechselkurs nur mehr ein Schemen, dem keine reale Bedeutung mehr zukommt, ein Preis, 'bei welchem keine Umsiitze (oder keine in der Wirtschaft relevanten Umsiitze) getiitigt werden. Tatsiichlich hat es selbst in der Zeit der strengsten Han.dels'beschriinkungen ,diesen Zustand noch nicht gegeben" Es hat immer noch ftir ~edes Land Miirkte gege,ben, nach welchen as exportieren konnte, wenn nur seine Waren billig genug waren. Eine (den Export hindernde und den Import fSrdernde) kfinstliche Niedrighaltung fremder Wechselkurse u,nd im Vergleich zu diesen Kursen fiberhShte Preise im Inlande haben ,das freilich nicht immer sichtbar werd.en lassen.
VH. Preisbelastungen. 1. Die Steuerflberwiilzung als Beispiel der Wirkung von Preisbelastungen. Der al,lgemeine Tatbestand der Preis'belastungen ,sei zuniichst an der Hand der Lehre yon der -~berwiilzung der Steuern dargestellt. W i r 'behandeln .den Fall, daI~ das Angebot ffir ~edes verkaufte Sttick eine Steuer zu tragen hat, und dann den Fall, daR j e d e r Kiiufer beim Einkaufe fiir jedes Stfick eine Steuer zahlt. 1. Bei gegebener Gestalt von Angebot (AA) und Nachfrage (NN) ware d e r Prei,s des fr,eien Marktes AB, die
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Pr eisbel astungen,
leichtern wird. Die Wiihrungspolitik kann leicht unsolide werden, ~venn ihr die Kontrolle durch einen freien Wechselkurs fehlt. Da kann es gerade dem Ziele einer Stabilhaltung .der Wechs.elkurse viel bes.ser entsprechen, wenn man eine vortibergehende ErhShung der aLtsliindischen Wechselkurse duldet und zugleich jene Ma~nahmen ergreift, welche eine Rtickbildung derselben erzwingen miissen. Der zweite Fall ware jener, in welchem Beschriinkungen des tIandelsverkehrs eine Ausgleichung a u f dean Devisenmarkte fiber eine E x p o r t v e r m e h r u a g erschweren oder auch unmSglich machen. Fortsehreitende Han, delsbeschriinkungen kSnnen es vielleicht tatsiichlich einmal ,dazu bringen, dal~ die Fragen der intervalutarischen Kursbildungen eine ganz neue Bedeutung gewinnen. Vielleicht ist dann der ausl~indische Wechselkurs nur mehr ein Schemen, dem keine reale Bedeutung mehr zukommt, ein Preis, 'bei welchem keine Umsiitze (oder keine in der Wirtschaft relevanten Umsiitze) getiitigt werden. Tatsiichlich hat es selbst in der Zeit der strengsten Han.dels'beschriinkungen ,diesen Zustand noch nicht gegeben" Es hat immer noch ftir ~edes Land Miirkte gege,ben, nach welchen as exportieren konnte, wenn nur seine Waren billig genug waren. Eine (den Export hindernde und den Import fSrdernde) kfinstliche Niedrighaltung fremder Wechselkurse u,nd im Vergleich zu diesen Kursen fiberhShte Preise im Inlande haben ,das freilich nicht immer sichtbar werd.en lassen.
VH. Preisbelastungen. 1. Die Steuerflberwiilzung als Beispiel der Wirkung von Preisbelastungen. Der al,lgemeine Tatbestand der Preis'belastungen ,sei zuniichst an der Hand der Lehre yon der -~berwiilzung der Steuern dargestellt. W i r 'behandeln .den Fall, daI~ das Angebot ffir ~edes verkaufte Sttick eine Steuer zu tragen hat, und dann den Fall, daR j e d e r Kiiufer beim Einkaufe fiir jedes Stfick eine Steuer zahlt. 1. Bei gegebener Gestalt von Angebot (AA) und Nachfrage (NN) ware d e r Prei,s des fr,eien Marktes AB, die
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GriiBe des A hsatzes OA (Abb. 14). Nach Auferlegung der Steuer, welche der Verki~ufer zu tragen hat (Angebotsbelastung), kSnnte die Menge OA nur mehr zu dem um den Betrag tier Steu, er erhShten Preis AB" angeboten werden. Da bei diesem Preis ,das Produktionsquantum OA von der Nachfrage nicht aufgenommen wird, muB die Produktion und der Absatz eingeschriinkt werden, ,und zwar ,bis zu ,de,m Ausmal~e, bei welchem der u,m die Steuer erhShte Preis der Zal~lung,sber,eitschaft tier Nachfrage entspricht. (Produktions-
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15. N a c h f r a g e b e l a s t u n g .
menge OC, Bruttoprei, s CD, ReinerlSs des Verk~ufers CE, Steuerbetrag DE.)Die Steuer hat die Bildung einer neuen Angebotskurve (A'A') zur Folge geha:bt, welche gegentiber tier frti,heren nach links verschoben ist und nunmehr die neuen Bruttokosten der Pro, duktion (einschliel~lich der Steuer) zur ,Grundlage hat. 2. Die Auferlegung e iner Steuer, welche der Ki~ufer zu zahlen hat, wird zur Folge haben, dab die Menge OA, welche bisher von der Nachfrage 'beim Preis AB aufgenommen w u r d e (Abb. 15), nunmehr nur bei dem um den Betrag der Steuer verminderten (Netto-)Prei, s AB" aufgeno~nmen werden wtirde. D a aber bei diesem Preis nur eine geringere Menge geliefert werden kann, mul~ die Produktion eingeschri~nkt werden. Das neue Gleichgewicht w i r d sigh bei ~ener Produktmenge erstellen, bei welcher die Angebotskurve eine neue Nachfragekurve (N'N') schneidet, welche den reinen Preis, den die Nachfrage dem Verkaufer zu z ahlen
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Preisbelastungen.
bereit ist (alas bisherige Preisgebot ,der Nachfr, age vermindert um den Steuerbetrag) darstellt. Die Belastung des Kaufers ist dann CE, tier Verkaufer erhalt einen reinen Preis CD, wahrend DE d.as Ausmal~ tier Steuer pro Stiick darstellt. Die Einftihrung ,der steuerliehen Belastung tier Nachfrage wir,kt also wie eine Ve~schiebung tier Nac)hfragekurve nach links. W i r fassen .d~s - - grundsatzlich in beiden Fallen gleiche Ergebnis des Uberwalzungsprozesses zusammen: Der Umsatz wird kleiner, der ErlSs .des Angebotes (bei Belastung des Angebotes: der NettoerlSs desselben) wird geringer, der Preis, welchen ,die Nachfrage zu tragen hat (bei Belastung der Nachfrage: der Bruttopreis), wird hiiher. Es ist auch aus den Zeichnungen unmittelbar z'u sehen, dalt die Verringerung ,des Absatzes je nach der Neigung der Kurven in dem relevanten Verlaufe verschieden grol~ sein wird. (Je steiler eine Kurve verlauft, desto geringer wird der Rtickgang des Absatzes sein.) Neben de,m Rtickgang des Absatzes wird aber die W i r k u n g tier ,Steuer nocli eine Anderung der Verteilung des ganzen Produktes sein. Dieser aulterordentlich wichtige Umstand mug hier mit einiger Sorgfalt behandelt werden. Nehmen wir an, dalt eine ,Steuer der hier ,behandelten Art, eine Steuer, welche ,,kostenerhShend" wirkt und daher zur ,,Preisbelastung" wird, in ein~heitlicher Weise bei allen Produktionen eingehoben wir.d, wie das etwa bei einer allgemeinen Umsatzsteuer tier Fall ware. Nehmen wir des w e i t e r e J n - um ,die Verschiebung in ,der Verteilung des ,,Sozialproduktes" ,deuttich zu sehen - - a n , .dal~ ,d,as g,anze Produkt an Konsumgtitern yon dem Handel gekau]~t und .dann an die Einkom, mensbezieher verkauft wird. Wenn wir da zunachst die Verteilung vor Einftihrung ,der Steuer betrachten, .so ist es klar, ,dalt alle jene, welche in der Produktion irgendwie beteiligt gewesen sicnd und aus ihr ein Einkommen beziehen (einschlieltlich Unternehmer usw.), das Produkt kaufen. Das Produkt in der Menge OA (Abb. 14) ist zum Preise A B verkauft wor,den und der ErlSs in der GrSlte OABF ist Einkommen geworden. Nach Auferlegung der Steuer ist ,der GesamterlSs, welcher fiir ,das (verminderte) Produkt OC bei dem (er,hShten B r u t t o - ) P r e i s CD er-
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Die Steuertiberw~ilzung.
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zielt wird, OCDG. Von diesem ist ein Teil OCEH Einkommen der verschiedenen an tier Produktion Beteiligten geworden, wiihrend der Rest DEGH zu,m ,,Einkommen" ,des die Steuer einhe'benden Staates wird. Der Handel, welcher nach Maitgabe der aus der Produktion entstandenen Geldeinkommen die realen C~titer an die Einkommensbezieher verteilt, findet jetzt neben ,den an.deren Einkommensbeziehern au(~h den Staat, der einen Teil dieser Giiter ftir sich in Anspruch nimmt, w~ihrend frtiher das Produkt nur an die aus der Produktion ein Einkommen Beziehenden abgegeben worden war. (Die Abb. 14 kann als Darstellung der Aufteilung des gesamten Produktes angesehen wer.den, ,da ja bei unseren Voraussetzungen die Aufteilung eines jeden Produktes nach di~sem ,Grundsatze e r f o l g t . - Fiir den Fall der ,,Nachfragebelastung" ergibt sich dasselbe Ergebnis wie in dem in diesem Bild allein dargestellten Falle der ,,Angebotsbelastung".) Wir erhalten im Bereiche des rein Quantitativen das Erge;bnis: 1. Das Produkt ist geringer gewor,den. 2. Von dem geringer gewordenen Gesamtpro,dukt fi~llt ein Teil dem Staate zu, wodurch sich noch eine weitere Verringerung der Einkommen der aus der Produktion ein Einkommen beziehenden Faktoren ergibt. In qualitativer Beziehung, also hinsichtlich der Art der Zusammensetzung des ,,Sozialproduktes", wird der Prozeli, tier durch die Aufe,rlegung der Steuer eingeleitet wir,d, auch eine W i r k u n g haben: Es wird anderes erzeugt werden als vor Auferlegung der Steuer. Dies ei.nfach deshalb, well zu erwarten sein wird, ,dait der Staat andere Produkte kaufen wird als friiher von privaten Einkommenbeziehern naohgefragt wurden. Ftihren wir hier ein gelegentlich gebrauchtes Bild in krasser Weise aus: Der ,,Kuchen" des ,,Sozialproduktes" ist nicht nur ~kleiner geworden, son'dern er wir,d auch einen anderen Inhalt ha'ben, es werden sich etwa weniger Rosinen linden un.d an deren Stelle Kanonen un,d Granaten. Damit ist aber in aller Deutlichkeit gezeigt, daR der naive Glaube, das Ausgeben der Steuereinnahmen durch den Staat k6nnte in irgendeiner Weise eine Steigerung des Strigl, National6konomie.
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Pr eisbel astungen.
Produktes ,,an sich" bedeuten, vSllig irrig ist. Wenn eihe Steuer, ,die in der bier behandelten Art wirkt (tiber andere Ffille wir, d noch zu sprechen sein), eingehoben wird, so wird das ,,Einkommen", das sie dem Staate schafft, eine Nachfrage nach ,Giitern bedeuten, aber dieses Einkommen ist bereits in die Kosten der Pro duktion einbezogen so wie irgendein anderes Einkommen, das aus ,der Produktion entsteht. Die Einfiihrung der Steuer 'bedeutet gewissermalten die Schaffung eines ,,ktinstlichen" K ostenelementes, das in der Kostenkalk~lation genau so beriicksichtigt werden mul~, wie etwa der Lohn ftir produktive Arbeit, - - die aus ,diesem Einkommen entstehende Nachfrage .dieses ,,ktinstlichen Kostenelementes" bedeutet ,das Inanspru(~hnehmen eines Teiles des Gesamtproduktes so wie die Nachfrage irgendeines anderen Pro,duktionsmittels. Von etwas wie einer ,,Steigerung der Nachfrage" durc~h d,as Aus,geben der ~Steuereinnahmen se'itens des 'Staates kann also nicht gesprochen werden. Seien wir uns aber dariiber klar, was wir hier behandelt haben: Wir haben die W i r k u n g der A~ferlegung einer S t e u e r nur bis zu einem gewissen Punkte verfolgt, nur insoweit, dalt wir das Ausge'ben der ,Steuereinnahmen in den Kreislauf, welcher zwischen der Bildung von Geldeinnahmen und der Verteilung von Gtitern abl~tuft, einbezogen haben. Uber irgendwelche weitere Wirklangen, welche durch alas Ausgeben .tier Steuereinna,hmen ausgelSst w e r d e n , ist bier nicht gesprochen worden. Da w~tren jene F r a g e n zu behandeln, welche mit tier (nicht recht glficklich g ewa~hlten) Formel der ,,,volkswirtschaftlichen Produktiviti~t" von Steuern umschrieben sind. Bevor wir aber ,auf diese F r a g e n eingehen, soll noch etwas anderes klargestellt werden. Wir sprechen hier von ,den W i r k u n g e n einer ,,Preisbelastung" durch Steuern. Welc~her Bereich der Steuern ist hier einzubeziehen und wie verh~lt es sich mit jenen Steuern, deren unmittelbare W i r k u n g e n nicht in ,dieses Schema der Preis~belastung einz~beziehen sind? Es sei ,der Fall betrachtet, dal~ jemand ein Einkommen aus der Verpachtung von Grundstiicken bezieht. Wir nehmen dabei an, dalt der Bodenbesitzer schon bisher immer bestrebt gewesen war, aus dieser V e r p a ~ h t u n g einen mSg-
Die Steueriiberwalzung.
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lichst grol~en E r t r a g zu erzielen. N u n wir, d dieses Einkommen mit einer Steuer belastet. Es ist anzunehmen, dalt die Auferlegung ,dieser Steuer das Verhalten des Verpi~chters hinsichtlich des Erwerbes des Einkommens in keiner Weise ver~in,dern 'wird. Er wird nach wie vor bestrebt sein, einen mSglichst hohen Pachtzins zu erzielen, irgendeine s seiner Angebotsposition und damit eine ~berw~tlzung der Ste,uerlast wird nicht eintreten. (Eine solche ware in dem hier nicht betrachteten Falle gege,ben, dalt die Steuer das Ausmai~ des ,aus tier Verpachtung einzelner Grundstticke erzielten E r t r a g e s tibersteigen wiir, de, so dalt ,dann die Verpachtung d'ieser Grun'dstticke unte~bleiben mtiltte.) Die Wirkung der Steuer ist sohin einfach die, dalt ,das Einkommen, das bisher von dem privaten Einkommensbezieher zur ,Gi~nze ausge,gelben werden konnte, zu einem Teile an den die Steuer auferlegenden Staat tibertragen und dann von diesem ausgege.ben wird. Um .das frtiher gebrauchte Bild neuerlich zu bringen: Der ,,Kuchen" des ,,Sozialpoduktes" wird hier nicht verringert, es ~tndert sich nur seine Verteil,ung und wohl auch seine Zusammensetzung. Wir ha'ben da den Typus einer Steuer vor uns, welche aus einem Einkommen getragen wird, ohne dait diese Steuer zur Kostenbelastung in ,der Produktion ftihren wtirde. Der wesentliche Unterschied gegenfiber jenem von uns zuerst behandelten Falle der einen ~berw~tlzungsprozeit auslSsenden Steuer, die Kostenbestandteil wird, ist wohl der, dab in dem hier vorliegenden Falle eine A nderung im Angebote eines Produktionsmittels, a l s o eine An,derung ,dieses einen Preis bestimmenden und damit die Relation von Kosten und ErlSs beeinflussenden F a k t o r s nicht vorliegt. Damit hiitten wir ~ die beiden wichtigsten Typen der Steuern, soweit diese nach ihren W i r k u n g e n zu unterscheiden sind, umschrieben. (Steuern, welche aus einem VermSgen gezahlt werden - - Erbschaftssteuern, dann eine ,,reale" VermSgenssteuer, welche so hoch ist, dali sie nicht aus dem E r t r a g e gezahlt werden kann, sondern ,den VermSgensstamm in A n s p r u c h nimmt --, sind ftir die uns hier interessierende Problemstellung nicht weiter yon Bedeutung. Ihre wirtsChaftliche B e d e u t u n g wird ins'besondere dann zu 12"
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Preisbelastungen.
beachten sein, wenn sie die Versorgung tier Wirtschaft mit Kapital wesentlich beeintr~tchtigen.) In der Praxis wir, d die Unterscheidung einer Steuer, welcho Kostenbelastung ist, und einer solohen, welche ,aus einem Einkommen getragen wird, nicht immer leicht zu sehon soin. Eine ~berwiilzung wir, d zuni~chst immor dann zu erw, arten sein, wenn eino Produktion n,ach Erzielung einos die Kosten decken, den Preisos eine Mehrbelastung auf die Dauer nicht tragen kann. Sic mult daher auf die Auferlogung der Steuern in dem Ausmaito des Produ,ktes reagioren und ,d'amit ,die Pre'ise tier Produktionsmittel wie ,des Produktes ~ndern. Daran wer, don auch die in der Stouerpraxis sich oft findenden ,,~berw~tlzungs,verbote" nichts ~tndern. Ein solchos Verbot kann wohl bedouten, ,dal~ ein Preis in unmittol.barem Zusammenhange mit der Steuer und aus dem Titel der Stouerbelastung nicht gei~ndert werden darf; es kann aber, soweit Preisverschie'bungon tiberhaupt miiglich sind, nicht hindorn, dalt Preisveri~nde,rungon ausgelSst werdon, welche der Notwen,digkeit tier Kostondeckung Rechnung tragen. Solango diese Kostendeckung nicht mSglich ist, wir,d die Steuer zu Verlusten in dor Pro, duktion ftihren, welche auf Koston eines Einkommens oder eines Vermiigensstammes gehen kSnnen (daraus kann der alto Grun, dsatz eine gewisse Berechtigung ableiten, dalt jede ,,alte" Steuer gut soi, weil bei ihr die ~berw~lzung bereits durchgoftihrt ist). Unter Umst~tndon kann aber auch oine Steuer auf Kosten von ,Gewinnen gehen, welche aus die Kosten iibersteigendon Preisen entstehen, in welchem F,alle der Druck zur Ausliisung des Uborwalzungsprozesses ein verringerter sein kann. Wenn ,durch oine Steuor das Einkommon von Personen, welcho Poduktionsmittel anbieton, belastet wird, so wird die Eingliederung einer Steuor in die eine oder andore Gruppo unte r Umstan, den von dora Verhalten einzolner Wirtschaftssubjekte abhi~ngen. Um gleich einen spater in ganz anderem Zusammenhan,ge noch wichtigen Fall anzuftihren: Das Einkommen der Arbeiter wird durch eine Steuer belastot. ,Nun kann dieses Ar:beitseinkommen einersoits als ,,Preis" ftir die ArboitsIeistung betrachtet werden, anderseits als NachfragegrSlte den Konsumgiitern gegentiber. Daraus ergeben sich
Die Steueriiberwiilzung.
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zwei Miiglichkeiten. Der Arbe.iter, tier z. B. eine Einkommensteuer .zu .~ahlen hat, kann diese ,,auf Kosten seiner Bediirfnisbefriedigung" tragen, ohne deshalb seine Stellung auf dem Arbeitsmarkte zu iindern. Oder aber: Dex Arbeiter erwartet ein bestimmtes Realei'nkommen, sie,ht dieses durch die Auferlegung tier ~Steuer geschm~lert und iindert seine Ange:botsposition als Arbeiter. Das wiirde be de,uten, dait die (dem geringsten s ozialen Drucke ausgesetzten - - vgl. Seite 48f.) ,,an der Grenzo des Ang~botes stehenden" Arbeiter bei dem jetzt geltenden (Netto-) Lohn ihre Arbeitsangebote zuriickziehen und damit eine ~berwiilzurlg tier Einkommensteuer (nach dem Schema tier Angebots'belastung, vgl. A'bb. 1 4 ) a u s l i i s e n . Ob also die Einkommensteuer zur Kostenbelastung w ird oder nicht, alas hiingt allein yon dem Verhalten tier Arbeiter, von ,ihrer Reaktion auf die Auferlegung tier Steuer ab. Nun mag leicht die bier entwickelte Behandluug ,dieser F r a g e als eine Konstruktion yon welt he rgezogenen Miiglichk~iten angesohen werden. Es sei darum gleich auf eine Anwendung ~enes Falles hingewiesen, in welchem die Steuer zur Kostenbelastung wird: Mehrere Belastungen, welche in dieser Weise vr also eine Einkommensteuer, dann etwa ein bedeutender Sozialversicherungsbeitrag (fiber diesen wird noch spiiter gesprochen werden) usw. bewirken, dal~ bei relativ hohem nominellen 'Bruttolohn der Reallohn wesentlich gedriickt wird. D~s hiitte zur Folge, daii qualifizierte Arbeiter in das Ausland abwandern (,dem Steuerdruck ,,ausweichen"), wo ihnen giinstigere Lebensmiiglichkeiten geboten sind. Das im inland verbleibende Arbeitsangebot wird nun zu hSheren Liihnen Beschiiftigung finden. Damit ist aber der hier umschriebene ~berw~lzungsprozelt ausgeliist. Wenn aber iiberhaupt die Hiihe des Lohnes eine Bedeutung ftir die Gestaltung des Arbeitsangebotes hat ('vgl. Seite 48 f.) wird imrner mit der MSglichkeit zu rechnen sein, daI~ eine Verminderung der realen Entlohnung durch die Auferlegung von Steuern diese zu einem Kostenbestandteil macht. Dies wird auch - - das ist yon besonderer Bedeutung - - in ~enem Fall zu gelten haben, in welchem steuerliche (und andere) Maitnahmen zur Erhiihung der Konsumgiiter~preise fiihren und damit eine Verringerung des Reall.ohnes herbeifiihren, welche eine Erhiihung der
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Preisbelastungen.
,,Ansprfiche" tier Arbeiterschaft auf einen Nominallohn, also eine Veranderung d e r Angebotsposition der Arbeit, zur Folge haben kSnnen. (Wenn eine starke Belastung des Arbeitslohnes bei unverminderten ,,Ansprfichen" der Arbeitersch,aft zu einer lan~ge anhultenden grol~en Arbeitslosigkeit ffihrt, so kann tier verstarkte soziale Druck mit tier Zeit zu einer Verschiebung .der Ang~botskurve der Arbeit f f i h r e n d e r ,,gewohnte Lebensstandard" s i n k t so dal~ schliel~lic~ die Belastu'ng von tier Arbeiterschaft ,,auf ihr Einkommen', fibernommen wird.) Die Untersuchung einzelner Steuern in der Richtung ihres (vom J~ristischen streng zu unterscheidenden) 5konomisohen ,Gehaltes, also dahin, ob sie als Preisbe,lastung zur Wirksamkeit gelangen oder ob sie aus einem Eintkommen getragen werde~n, ist hier nicht mSgli 'c~h. Es sei nur kurz darauf hingewiesen, .daR im allgemeinen die M,Sglichkeiten jener Steuern, we,lche aus einem Einkommen g,etr,agen werden, als recht beschrankte angesehen werden mfissen. Daraus mul~ sich aber eine Grenze ffir ,die MSglichkeit der Steuereinhebung fiberhaupt ergeben. (Eine andere ergibt sich a~s jenem Zusammenhan,g, welcher - - n i c h t recht glficklich mit der Formel ,,Gesetz vom abnehmenden Steuerertrag" umschrieben ist. Immer~ weiter fortschreitende ErhShung einer Steuer kann dazu ffihren, dal~ der Steuerertrag zurfickgeht, weft tier der Besteuerung zugrund, e liegende Tatbestand immer mehr gemieden wird, bzw. jene wirtschaftliche GrSl~e, welche durch dieSteuer erfafit wird, in geringerem Ausma~e auf dem Markte in Erscheinung tritt.) Wenn fortschreitende Verminderung des ,,Sozialproduktes" eine W i r k u n g fortschre~itender Vermehr~ng der Steuerbel.astung ist, so wird es selbst bei noch so hoher Einschatzung jenes Erfolges, welcher durch alas Ausgeben der Steuer erzielt wird, immer wahrscheinlicher, daft dieser Erfolg nicht mehr ais ein solcher angesehen wer, den kann, welcher die Beeintrachtigung des wirtsohaftlichen Erfolges an anderer Stelle .voll a,ufwiegt. Bisher haben wir uns ,aber ausschliel~lich mit der negativen Seite der Steuerwirkungen befal~t, J e t z t ist ganz allgemein die Frage der durch alas Ausgeben der Steuer erzielbaren ,,positiven" Erfolge z,u behandeln.
Die Wirkungen tier Staatsausgaben.
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2. Die Wirkungen der Staatsausgaben. Weder der staatsfeindliche Doktrin~tr noch der unwilligo Steuerzah, ler kann leugnen, ,d,al~ staatliche Verwaltungstatigkeit auc'h abgesehen von allem anderen schon als Voraussetzung ftir den Bestand einer einigermaIten geordneten Wirtschaft notwendig ist. In einer Zeit, in welcher dem St~ate weder ein eigenes VermSgen noch ein eigener Erwerb .zur ausreichenden Deckung seiner Aufwend~ngen zur Verftigung steht und auch die Besorgung aller staatlichen Aufgaben durch unentgeltliche Leistungen der Btirger nicht miiglich ist, wird die Einhebung von Ste~ern zur Deckung d e r notwendigen Aufwendungen unabweis.bar sein. Unbestritten muit damit sein, .dalt die Steuer, soweit sie zur Deckung des notwendigen St~atsaufwa'ndes eingehoben wird, sich a u c h ffir ,die Wirtschaft vielfach 'bezahlt macht. Umstritten kann sein, wie weit sich die staatliche Tatigkeit erstrecken soll, in welchem Ausmalte der Staat aus der Wirtschaft Mittel an sich ziehen soll und welche Zwecke er mit diesen Mitteln z~ erreichen streben soll. F r a g e n dieser Art gehSren schliel~lich in das weite ,Ge'biet der Politik, w obei w ahrscheinlich ,weni,ger eine al'lgemeine Antwort als eine Antwort, welche auf .die konkreten hi,st,orisch gegebenen Situationen Rficksicht nimmt, zu erwarten sein wird. Hier kann nur in einigen schla,g,wort,artigen Bemerkungen eine Orientierung derartiger Problemstellungen n ach dem rein Wirtschaftlichen hin gesucht werden. (Die Einbeziehung der hier ang~deuteten Probleme in einen fiber das rein Wirtschaftliche reichenden Zusammenhang bleibt dem Kapitel V I I I vor:behalten.) 1. Es mul~ aulter Zweifel ,sein, dal~ ,,Leistu, ngen" des Sta,ates, auch soweit sie fiber d.as zur Aufrechterhaltung eines geordneten gesellschaftlichen Le'bens Notwendigste (wir erinnern an jene Formulierung, welche die Aufgaben des Staates auf ~ene des ,,Nachtwachte r s t a a t e s" beschri~nkte,) hin,ausgehen, in tier Wirt, schaft sich ,,gtinstig" ,au.swirken k5nnen. Das wird zu gelten haben von den Mal~nahmen des Staates zur allgemeinen un,d ~achlichen Bildung, yon einer (guten) militi~rischen E r z i e h u n g , auch v o n entsprec~henden machtpoliti~schen Zie~lsetzungen des St.aates ~sw. Insoweit
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Preisbelastungen.
das gegeben ist, kann die Formel ihre Berechtigung haben, dalt der Staat alas, was er der Wirtschaft entzieht, ~hr auf einem Umweg wied.erum zuriickgibt. I'nsbeson, dere wird dabei auch an eine Wirksamkeit des St~ates im Hin'blick auf eine k~lnftige gtinstigere Entwicklung der Wirtschaft zu denken sein. Unter einer ,,gfinstigeren" W i r k u n g auf die Wirtschaft wird dabei eine allgemeine ~Steigerung der Ergiebigkeit der Pro~duktionsmittel und eine daraus erfolgende Steigerung der Einkommen zu verstehen sein. 2. Nichtsdest,oweniger ist daran festzuhalten, dait jede t~eschaffung yon Staatseinnahmen durch Steuern ,,auf Kosten" .der Wirtscha~t geht, also eine Schmi~lerung von pri'vaten Einkommen bedeutet. Der Erfolg der Leistung des St,aates kann vielfach als Beschaffung eines ,,ideelle~n" Einkommens fiir seine Biirger aufgefal~t werden, welehe auch eine Schmi~lerung der aus der eigenen wirtschaftlichen T~ttigkeit gewonnenen Einkommen der Privaten aufhebt. W,ann und in welch'era Ausm,aite aus diesem oder einem anderen Gru,nde eine ,,Belastun,g" ,der Wirtschaft ,,gerechtfertigt" ist, dait ist eine Frage, welche ausschlieitlich vom Gesichtspun,kte staatspolitischer oder sozialethischer Einstellung beantwortet werden kann. Die W,irt,schaftslehre kann hier nur ~as eine sagen, dal~ jede Auferlegung yon Steuern Einkommen in der Wirtschaft verringert und daR i,n diesem Bereiche eine Aufwendung yon Mitteln durch den Staat gewissermal~en aus dem Nichts heraus, also ohne Belastung von Einkommen, iiberhaupt nicht denkbar ist. (Das wird selbstverst~ndlich auch im Falle ,,in~.lationistischer" Mittelbeschaffung durch den Staat zu gelten haben.) 3. DaB Steuerein'hebung Belastung von Einkomm.en ist, wir.d auc'h in jenem Falle zu beachten sein, in welchem der Staat Aufwendungen zugunsten einzel.ner (territorial oder fachlich oder sonstwie umschriebener) Gruppen d,er Wirtschaft maaht. (Auch die Ftihrung von Staats'betrieben, welche aus ,allgemeinen St~aatsmitteln Zuschiisse erfordern, wird hiiufig als eine Subventionierung einzelner Wirtschaftsgruppen anzuseh, e n sein, wenn nicht schon mit der Ftihrung dieser Betriebe unmittelbar staatspolitische Ziele verfolgt werden.) Das k a n n an sich noch nicht als Argument gegen Subven-
Sozialpolitik.
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tionspolitik gelten. Doch sollte ger,ade in diesem Bereiche der sa~hliche Zus, amm,enhang ehrlich zugegeben werden. Da Subventionen in Anbetracht tier bereits erw~hnten beschr~nkten MSglichkeit von Steuern, welche ausschliel~lich at~s Einko,mmen getragen werden ohne Preisbelastung zu werden, auch zu einer V e r r i n g e r u n g desGesamtertrages der Wirtschcaft fiihren miissen, k'ann in diesem Falle n'ioht von einer blol~en ,,:4nderung der Vertei,lu,ng des Sozialproduktes" gesprochen werden, sondern nur ,can einer Neuverteil,ung eines v,erringerten ,,Sozialproduktes". Es wird eine F r a g e der ,,Bewertung" .der der Subventionspolitik gesetzten staatspolitischen Ziele sein, in welchem Ausmal~e eine derartige Politik einer sich ihrer Wirku, ngen ,bewuRt,en Staatsfiihrung ertr~glich scheinen kann.
3. Sozialpolitik. Aus ,dem grol~e,n Berei~he aller der verschiedenartigen Mal~n,ahmen, welche man unter dem Namen Sozialpolitik zu,sammenzufassen pflegt, ist zunachst di,e Sozialversioherung ohne jede Schwierigkeit in alas Schema der Preisbel,astung einzu.beziehen. B'eitrage, welche iiblicherweise vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingehoben werden, bedeuten einerseit, s e,ine Bel,astun,g der Nachfragestellu, ng der Arbeitgeber, anderseits eine Belast,ung der Angebotsstellung der Arbeitnehmer. W i r sehen demnach hier eine Kombination der Falle von Angebots- u,nd Nachfrage,belastung. (G~aph~isch ware der Tatbestand ohne jede Schwierigkeit durch eine Zusammenlegung der in Abb. 14 und 15 dargesteilt, en Verschiebungen zu ver,anschaulichen.) Die Folg, e der Auferlegung von Sozialversicherungsbeitragen m~l~ al,so eine Verringerung des ,,Umsat,zes" ,auf dem Arbeitsmarkte, eine ~ e r r i n g e rung der Beschgftigu,ngsmSglichkeit sein, wobei die Bruttobelastung der Arbeitgeber steigt, w~hrend ,der Nettobezug der Arbeiter sinkt. Eine verniinftig gefiihrte Sozialversicherung bedeutet nun allerdings die Beschaffung von wichtigen Leistungen an die Arbeiterschaft, welche von diesen als eine Art kollektiver Vorsorge fiir gewisse sonst aus dem Einkommen (allenfalls: aus dem Besitz, dann aber in beson, ders unwirtschaftlicher Weise, z. B. durch Verkauf von Einrichtungsgegen-
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Preisbelastungen.
st~nden) mehr oder weniger not,diirftig zu bedeckende Ausgaben angesehen werden k5nnen. Mit dieser Vorsorge kann die Verminderung des nominellen Geldlohnes (ganz o,der zum Teile) aufgewogen erscheinen, so dal~ eine Verschiebung der Angebotsstellung der Arbeiter nicht (nicht in vollem Ausma[te) gegeben sein mull: die Sozialversicherun~sbeitr~ge werden dann von den Arbeitern ,,aus ihrem Einkommen" getragen, ohne dalt sie in diesem Bereiche konstenerhShend wirken. (Es fin,det keine Verschiebung der Angebotskurve statt.) Dann aber kann die Sozialversicherung auch bedeuten, dal~ die durch sie gebotene Vorsorge fiir die Erhaltung von Gesundheit und Arbei~sfreudigkeit ,der Arbeiterschaft in so weitem Ausmalte fSrdernd auf die Arbeitsleistung wirkt, dalt dieser Umstand der Hebung der Qualit~t der Arbeitsleistung die an sich kostenerhiihende Wirk,ung der bier gegebenen Preis'bel~stung aufwiegt. Damit ist a'ber die MSglichkeit zweier einander entgegenstehender Wir~ungen fest~gestellt, welche ganz allgemein im Bereiche der Sozialpoliti,k gegeben ist. Mangelnde Einsicht in .diesem Zusammenhange hat die Disk~u,ssion um sozialpolit.ische Fragen oft in sehr uner~reulicher Weise verwirrt. Alle Maltnahmen, welche die VerwendungsmSglic,hkeiten der Arbeit be schri~n,ken oder ihre Verwendung in irgendeiner beliebigen Form mit Kosten belasten, wirken zun~tchst als ErhShung der Produktion,sk,oste,n. Da aber &ie Leistung der Arbeit immer von psychischen Determinanten mitbestimmt :ist, kSnnen die Leist, ungen der ,Sozialpolitik .durch eine Besserung der in dessen gegebenen Bedingungen der Arbeitsleist.ung zu einer Steigerung der Ergiebigkeit der Arbeit beitra,ge,n, welche wieder~m (ganz oder zum Teile) die W i r k u n g e n der ,Kostenbel,a~stungen ,aufheben (ja ~ielleicht diese sogar tibersteigen) kann. Der hier besproohene Zusammenhang kann auch ftir das Verhaltnis von Loh'nhShe und Arbeitsleist~ung bestehen: Es i st mSglich, daI~ der teurere Arbeiter gera!de durch seinen hSheren Lebensstand.ard zu dem besseren Arbeiter gemacht wird, so d,alt s,ogar d,ie Einheit der Arbeitsleistung in diesem Falle billiger zu stehen kommt. (Die oft versuchten internationalen Vergleiche der Ar'beitsleist~ngen sind deshalb sohwer durchftihrbar, weft
So'zialpolitik.
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Arsbeitsle,istungen nur dann vergleichbar sind, wenn je,weils dieselbe Kapitulau, sstattu,ng gegeben ist. Im all gemeinen ist in ,,reicheren" Liin,dern nicht nur der Lohn hSher, ,sondern auch 4ie K.apitalausstattung eine bessere. Es bestoht ,a,ber eine gewisse Wahrscheinlich, keit ftir die Annahme, daIt im allgemeinen in den Liindern mit hSherem Lebensstandard der Arbeitersclm,ft auch eine hShere Arbeitsleist,ung gegeben ist, so ,d~ait bei eine.m int, ernationalen Vergle,iche Lohnunterschiede nioht auch Kostenunterschiede 'bede.uten. Diese Annahme dtirfte wenigstens ftir ,den Beroich des Vergleiches der Arbeitsleistungen ver,sohiedener VSlker tier weii~en Rasse - - vielleic!ht ~nit Ausn, ahme von gewissen Fallen besonders ~schwerer manueller Leistungen - - zu Recht bestehen.) Wenn aber einerseits K,osten.belastung, anderseits LeistungserhSh~ng als W;irk,ungen ,sozialpolitischer M~aitna,hmen einander ,gegeniiberstehen kSnnen, so ergeben sich d,araus schwierige F r a g e n f t i r die P r a x i s der Sozi, alpolitik. Es kSnnte Sozialpolitik als Selbstzweck vertreten werden ohne Rticksicht darauf, dal~ ihre Wirk,ung - - soweit nicht die Kostenbelastung durcti Leistungssteigerung aufgewogen wird - - d e s h , a l b zu einem Schaden ftir die Geschtitzten ftihrt, well ,K,ostenbelastung letzten Endes V e r r i n g e r u n g der Arbe,itsmSglichkeit und Verstiirkung des sozialen Druckes bede,uten mull. Nicht diese Einstell.ung ist ,aber die der Sozialpolitik im allgemeinen charakteristische, sondern eine andere: Die Einstellung der Wirtschaftsfremdheit, welche die Fr,age nach ,,unerwtinschten" Folgen der Sozialpolitik tiberhaupt nicht h5ren will. Vielleicht kann d,a gesagt werden, daR die Sozialpolitik in weiten Bereichen insofern Gltic~k geh,abt hat, als ihre unerwtinschten W i r k u n g e n durch die im v o r a u s nicht voll in Rechnung gestellten gtinstigen Wirkungen ii'berkompensiert wurden. Insoweit hat s i c h Aktivismus tiber alle Bedenken hinweg bewiihrt. Wenn der objekti've Betrac'hter das gelten lassen m.ult, so mult er aber auch darauf hinweisen dtirfen, dalt vielfach die W i r k u n g e n weitgehender Sozialpolitik an,ders zu beurteilen sind: Nur zu oft 'ha.ben sozi, alpolitische Maltnahmen eine Belastung der Wirtsch, aft herbei, geftihrt, welche letzten Endes zur Sch~tdi.
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Preisbelastungen.
gun,g der Arbeiterschaft geffihrt hat, wean nicht anders, so in der Weise, dal~ neben einer ,,geschfitzten" Gruppe der in Beschaftigung Stehenden eine relativ gr01~e Zahl yon der ArbeitsmSglichkeit ausgesohl.ossen ~ a r oder nur unter besonders ungfinstigen Umstanden Arbeit fan,d. Eine allgemeine Formel daffir, wann zu erwarten sein wird, daft das Moment der Leistungssteigerung ~enes der Kostenbelastung kompensieren kann, wird nicht aufzustellen sein. DaR da zwe,i MSglichkeiten gegeben sind, welche in gleicher Weise offenstehen, das zu erkennen, ist der erste Schritt zur sachlichen Be,urteilung ,der Verh~tltnisse und d~mit ffir eine wirklich erfolgreiche Sozialpolitik.
4. Zollbelastungen. EinfuhrzSlle bedeuten eine Preisbelastung fiir die aus dem Auslande in das Inland eingeffihrte Ware. (Von AusfuhrzSllen werden wir im folgenden nicht weiter zu sprechen haben; die Anwendung d e s hier fiber die EinfuhrzSlle Gesagten ist ohne Schwierigkeiten mSglich.) Man pflegt nun die ZSlle nach ihrem Zweck in FinanzzSlle und SchutzzSlle zu unterscheiden. Hinsichtlich der ersteren ist .der Anwen~ung des allgemeinen Schemas der Preisbelastung nichts Wesentliches hinzuzufiigen. Ein Zoll wird reinen Fi,nanzcharakter nur dann haben, wenn die eingeffihrte W a r e (und a;uch ein praktisch rele,canter Ersatzstoff) im Inland entweder fiberhaupt nicht erzeugt wird oder aber, wenn die im Inland konkurrierende W a r e mit einer gleic~ hohen Steuer belastet ist. Der F,all der Belast~ng einer W a r e aber, welche im I,nlande iiberhaupt nicht erzeugt wird, diene hie~ zur ErSrterung der Frage, wer den Zoll zu tragen hat. Da seien zwei ,,Grenzfalle" behandelt. 1. Ffir die mit dem Zoll belastete W a r e besteht ein Weltmarkt, inner,h, alb dessen die N,achfrage des den Zoll einfiihren, den Landes einen relevanten Einflul~ auf den Preis nicht ausii.ben ka~nn. In diesem F,alle mul~ der Zoll zur Ganze vom Inlande getragen werden (Abb. 16). Bei Bestand der MSglichkeit, a~s dem Weltmarkte die W a r e zum Preise OR zu beziehen, w~ir,d die inl~tndisc~he Nac~frage NN im Ausmal~e OA befriedigt. Die Auferlegung des Einfuhrzolles RS
Zollbelastungen.
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bede,utet, dalt die N,achfr,age nur im Ausmalte OB 'bei einem Preise B C ,gleich Einfuhrpre~is plus Z o l l befriedigt wird. Wenn freilich der Rtickg.ang des Absatzes im Inlande einen Einfluit auf die Produktion gewinnt (die Angebotskurve RR" mul~ dann von links nach rechts steigend gezeichnet werden, vgl. Aq~b. 1 4 , - dies wird ins~besondere dann anzunehmen sein, wenn nebeneinander mehrere und auch gr61~ere Einfuhrli~nder z.B. fiir eine Kolonialw,are einen Zoll einftihren), so wird nicht mehr der g'anze Zoll vom Inland z,u tragen sein, die inli~n,dischen Preise werden um weniger als den Zoll steigen und der Import wird in geN
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Belastung des Auslandes durch einen Zoll.
ringerem Ausmalte zurtickgehen. (Ein Teil des Zolles wird auf das ,die Kolonialware erzeugende Land ,,iiberw~lzt".) 2. Dem Erzeugerland steht nur tier Absatz in dem einzigen Importlande zur Verfiigung. Wenn das ausli~ndische Produkt in einer gegebenen Menge auf diesen Markt gebracht wird, so wird das Ausland den Zoll zur G~nze zu tragen haben (Abb. 17). Die Menge OA wi~d von der Nachfrage NN beim Preis A B aufgenommen. Die Einftihrung des Zolles BC bedeutet die Bil,dung einer neuen Nachfragekurve N'N', welche dieses Quantum nur zu dem Nettopreise AC aufnimmt. Diesen verminderten Prei~s erhi~lt das Auslan, d, wi~hrend die Bruttobelastung der Nachfrage A B un'veri~n'dert ,bleibt. Wenn freilich d,as ausl~tndische Angebot ,auf ,die Verminderung des Preises d~rch Produktionseinschr~nkung reagiert (,die Angebotskurve AA" wird dann yon links nach rechts steigend zu ~zeichnen se~n, vgl. Abb. 15), s,o wird der Bruttopreis fiir das Inland steigen un,d die Menge des Imports zurtickgehen.
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Preisbelastungen.
Es ist noch zu bemerken, dait der Fall, in welchem der Finanzzoll zur G~tnze vom Ausland getragen wird, einen Sonderfall darstellt, in welchem ein Einkommen des Staates geschaffen werden kann, das in keiner Weise eine Schm~lerung von inli~ndischem Einkommen bedeutet. W i r kSnnten uns die Verwendung dieses Einkommens des Staates ohne weiteres in einen geschlossenen Wirtschaftskreislauf einbezogen denken, wenn wir annehmen, dalt der Staat dieses Einkommen zur G~nze zum Einkaufe von Waren aus dem Ausland ausgibt. Die Verschiebung, welche sich da durch das Auferlegen des Zolles ergibt, erschiipft sich dann ftir das Inland darin, daft die Bezieher der eingefiihrten Waren weniger an das Ausland zahlen, w~thrend sie einen Tell des bisher fiir diese Waren Gezahlten an den Staat abfiihren, der daftir im Auslande ohne zus~tzliche Gegenleistung etwas einkaufen kann. (Wenn der Staat dieses Einkommen im Inlande ausgibt, so w~re die Fortentwicklung des Gedankens folgende: Der Staat kauft mit diesere Einkommen ~ene Waren, welche bisher zur Bezahlung des Imports an das Ausland ausgeftihrt worden sind, bzw. andere Waren, welche an deren Stelle erzeugt werden. Hier ist bereits der Grundsatz der Abhi~ngigkeit von Import und Export, der sp~ter noch ausgeftihrt werden soil - - vgl. S. 201 - - zur Anwendung gebracht. Es verdient aber auch . hier festgehalten zu werden, daI~ das Ausgeben der Einnahmen des Staates eine ,,Mehrbesch~ftigung" fiir die inl~ndische Produktion nicht bedeuten kann.) Freilich mult hier gesagt werden, dalt dieser Fall der vollen Tragung eines Zolles durch das Ausland wohl kaum mehr als eine theoretische Konstruktion sein wird. Wo immer abet auch nur zum Teile die Lasten des Finanzzolles im Inlande getragen werden, ist der Tatbestand der Schm~tlerung der privaten Einkommen gegeben, ganz so wie wir das in ~ der allgemeinen Entwicklung des Grundsatzes tier Preisbelastung gesehen haben.
5. Die unmittelbaren Wirkungen des Schutzzolles. Fiir die heutige Praxis der Einfuhrz~lle ist der Schutzzoll yon weitaus grS~erer Bedeutung. (Auch FinanzzSlle haben vielfach zugleich die Wirkung eines Schutzzolles fiir e i n inl~ndisches Ersatzprodukt, wie auch umgekehrt SchutzzSlle
Die unmittelbaren Wirkungen des ,Schutzzolles.
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vielfach sehr bedeutende Einnahmen ftir den Staat bedeuten.) Wir werden den Grundsatz der W i r k u n g dieser Art von ZSllen zun~tchst an der Hand eines Falles behandeln, in welchem die inl~indische Produktion einer einzelnen Ware durch einen Zoll geschtitzt ist. Dabei ist eine Voraussetzung festzuhalten, welche den ftir uns relevanten Tatbestand umschreibt: Der Schutzzoll wird ,,ausgeniitzt". I-Iier kSnnen wir an etwas erinnern, das wir frtiher einmal im Zusammenhang mit Fragen der Monopolpolitik besprochen haben. Wenn die inl~ndische Produktion so grolt ist, dal~ sie den heimischen Markt zu einem Preise versorgt, welcher unter ~enem steht, zu welchem ausliindische Produkte eingefiihrt werden kSnnen, so kann auch der hSchste Schutzzoll keine W i r k u n g haben. W i r haben (vgl. S. 93 f.) darauf hingewiesen, dalt in diesem Falle nur eine Produktionsbeschr~nkung (im allgemeinen also die - - freiwillige oder vom Staate o r g a n i s i e r t e - Monopolbildung) ein ,,Ausntitzen" des Schutzzolles mSglich macht. Ftir uns von Interesse ist aber ~etzt nicht dieser Fall, sondern ~ener, in welchem .der Absatz im Inlande zwischen der heimischen Produktion und der des Auslandes bei ,,freier Konkurrenz" umstritten ist. Fiir die Yerh~ltnisse der heimischen Produktion ist dabei davon auszugehen, dalt die Produktionskosten nach der wiederholt behandelten Formel des abnehmenden Ertrages vom Produktquantum abhi~ngig sind. Hinsichtlich der ausliindischen Produktion k a n n hier davon ausgegangen werden, dalt das Angebot zu einem bestimmten Preise (Weltmarktpreis plus Transportkosten) auf den Inlandmarkt gelangen kann, wobei es nicht notwendig ist, eine Abh~ngigkeit des Preises der ausl~tndischen Ware von der GrSlte des Absatzes zu beriicksichtigen. Nun ist die W i r k u n g eines ftir eine einzelne Ware eingehobenen Schutzzolles, und zwar diese Wirkung, insoweit sie innerhalb der Produktion und des Absatzes dieser Ware zur Geltung gelangt, an der Hand einer einfachen Darstellung (Abb. 18) ohne ~ede Schwierigkeit zu erSrtern. Wir werden hier drei verschiedene F~tlle betrachten. 1. Wenn der inliindische Markt gegen das Ausland vSllig abgesperrt ist (Einfuhrverbot bzw. ,,prohibitiver" Zoll), so wird der Schnittpunkt der A n g e b o t s - u n d der Nachfragekurve P r e i s
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Preis,belas, t u n g e n .
und Umsatzmenge angeben. Es wird also bei dem Preis BG die Menge OB erzeugt und von der Nachfrage aufgenommen werden. 2. Wenn die freie Einfuhr aus dem Auslande zum Preise OS mSglich ist, so kann der Preis im Inlande diesen Preis nicht iibersteigen. Es wird demnach die heimische Produktion nur die Menge OC, welche zu diesem Preis geliefert werden kann, erzeugen, die Nachfrage wird aber in jenem Ausmal~e befriedigt werden, welches diesen Preis zu zahlen bereit ist. Es wird also ,die Menge OD bei dem Preis OS (gleich C,H) von der Nachfrage aufgenommen werden, wobei die Menge CD zur Einfuhr gelangt. ____~~ ~ A 3. Wenn nun ein R Schutzzoll in der HShe T ST eingefiihrt wird, so muff der Preis um dieses 6' .... i 7 - . . . . !1 "i Ausmafi auf OT steigen. I ! I ,4 I I ,I i Bei diesem Preis kann die i I I Pro, duktion im Inlande i, ', ,', I .... bis OE ausgedehnt werC E B F ,L7 den, w~hrend die NachAbb. 18. Die unm|ttelbaren Wirkungen eines Schutzzolles. frage nur mehr die Menge OF aufnehmen wird. Die Einfuhr wird entsprechend eingeschr~.nkt werden. Wir fassen das Ergebnis zusammen: Die freie Einfuhr bedeutet gegeniiber der Absperrung eine Einschrankung der Produktion der betrachteten Ware urid eine gegeniiber dem bisherigen Ausmaf erweiterte Versorgung der heimischen Nachfrage zu einem niedrigeren Preise. Der Schutzzoll bedeutet gegeniiber der freien Einfuhr eine Ausdehnung der heimischen Produktion und eine ErhShung des Preises, wobei die Nachfrage in geringerem Ausmal~e befriedigt wird. Es ist klar, daft eine fortgesetzte Steigerung des Schutzzolles (von der GrSl~e ST bis zum prohibitven Zoll SR) eine Verst~rkung dieser Wirkungen (PreiserhShung und Ausdehnung der heimischen Produktion) zur Folge haben wird. Es wird im allgemeinen auch dem in wirtschaftlichen Dingen nicht sonderlich Geschulten keine wesentlichen Schwierig1
!
Absolute und ,,komparative" Kostenunterschiede.
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keiten bereiten, diese Wirkungen des Schutzzolles zu erwarten; sie werden sich vor allem auch der Beobachtung der tatsachlichen Verhaltnisse recht leicht erschlielten. Und doch ist der Sachverhalt der, dali da die Wirkungen einer wirtschaftspolitischen Maltnahme in einem gewissen Bereiche verfolgt werden, wahrend nicht gesehen wird, dait a u c h fiber diesen Bereich hinaus noch entferntere und vielleicht nicht so leicht sichtbare Folgen gegeben sein miissen. Hier werden zwei letzten Endes auf das engste verbundene Erscheinungen zu behandeln sein: Die zwischenstaatliche Arbeitsteilung und die Abhangigkeit von I m p o r t und Export. Wenn wir diese Fragen behandelt haben, so werden wir zu einem Ergebnis kommen, das hier vorweg unter Verwendung unserer Abbildung umschrieben sei: Die Einffihrung des Schutzzolles bedeutet, dalt zur Ausdehnung der heimischen Produktion der geschtitzten Ware um das Ausmalt CE Produktionsmittel herangezogen werden, welche bisher dazu gedient hatten, etwas zu erzeugen, mit dem nicht nur die Menge CE, sondern dazu auch noch die Menge FD (um diese beiden GrSiten ist die Importmenge CD nach Einffihrung des Schutzzolles vermindert worden) im Austausch erhalten werden konnte. Die Ausdehnung der heimischen Produktion der geschfitzten Ware vereinigt mit der ErhShung des Preises derselben ist demnach nicht al,s die einzige Wirkung des Schutzzolles anzusehen. Die Zusammenhange, welche hier bestehen, wer.den wir noch zu besprechen haben.
6. Absolute und ,,komparative" Kostenunterschiede. Wir wahlen hier zum Ausgang unserer Betrachtung fiber die zwischenstaatliche Arbeitsteilung die Analyse eines ganz einfachen Schemas, das an sich durchaus nicht als wirklichkeitsfremd anzusehen ist, wenn auch der Tatbestand bei demselben ein solcher ist, dalt die besonderen Sachverhalte, welche fiir die handelspolitische Lage vieler Lander in unserer Zeit als charakteristisch angesehen werden, noch nicht aufscheinen. Aber gerade in dem weniger durch sachliche Schwierigkeiten als durch die besonders starke Wi:rksamkeit ganz verfehlter Schlagworte heiklen Gebiete der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen geht ein sicherer Weg zur Behandlung komplizierterer Falle nur tiber die Betrachtung einfacherer. Strigl, National~konomie.
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PreisbelasCungen.
Es sei also angenommen, dait zwei L~nder miteinander in Wirtschaftsverkehr treten, bei welchen die Produktionsverh~ilt. nisse im groiten und ganzen gleichartige sind, wobei der eine Unterschied gegeben w~re, dait im L a n d e I die Ware A, im L a n d e II die Ware B unter wesentlich gtinstigeren Bedingungen erzeugt werden kann, also auch wesentlich billiger ist. Die Ermiiglichung des zwischenstaatlichen Itandelsverkehres wird zur Folge haben, dal~ im Land I die Erzeugung der Ware B, im L a n d e II die der Ware A eingeschr~nkt wird, w~hrend umgekehrt das Land I die Erzeugung yon A, das Land II die der Ware B ausdehnen wird, wobei ein Austausch der Waren A und B zwischen den beiden L~ndern eintritt. Wir umschreiben nun die weiteren Zusammenhiinge: 1. Ob im Lande I die Erzeugung von B (und umgekehrt im Lande II die der Ware A) viillig eingestellt oder nur eingeschriinkt wird, das ist eine Frage der Gestaltung der Produktionsbedingungen. Wenn im Lande I die giinstigste Bedingung der Erzeugung von B noch immer schlechter ist als ~ene, zu welcher eine Bedeckung des Bedarfes aus II erfolgen kann, so wird diese Produktion in I viillig eingestellt werden. Es ist aber auch m(iglich, dait ein geringeres als das bisher erzeugte Quantum yon B im Lande I so billig hergestellt Werden kann, daft diese Produktion auch in Konkurrenz mit ~ener des Landes II bestehen bleiben kann. Die Unterscheidung der hier erw~thnten beiden MSglichkeiten (Einschr~tnkung oder viillige Einstellung einer Produktion in einem Lande) hat fiir unsere weitere allgemeine Ableitung keinerlei Bedeutung. 2. Jedenfalls wir.d im Lande I .die ~etzt aus dem L a n d e II eingefiihrte Ware B billiger werden. Dagegen kann bei der Ware A mit einer ~Verteuerung gerechnet werden, insoweit bei der Ausdehnung tier Erzeugung ,,nicht vermehrbare" Produktionsmittel verwendet we~den miissen. Ob da~s letztere gegeben ist, alas ist immer eine Tatfrage. Ftir viele Fi~lle wird angenommen werden kSnnen, dal~ .die in der Erzeugung von B freigesetzten Produktionskr~fte in die Erzeugung v o n A iiberstellt werden, so dali die Ausdehnung der Produktion A nicht zu einer Verteuerung ftihrt. Auch kann eine Verbesserung der Produktion yon A infolge einer erweiterten Ausntitzung der Vorteile des Groltbetriebes und der Arbeitsteilung hier einer
Absolute und ,,kompai:ative" Kostenunterschiede.
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KostenerhShung entgegenwirken. (Die Anerkennung der MSglichkeit, dait in ~edem Land die Exportware verteuert wird, schlieitt bereits die Konsequenz ein, ,dalt eine uneingeschrankte ,,Interessenharmonie" bier nicht angenommen werden kann: Wet etwa im Lande I ausschlieitlich an der Ware A ein Interesse hat, w ahrend er von B fiberhaupt nichts konsumiert, kann sich durch die Wirkung des zwischenstaatlichen Aus= tausches als geschadigt ansehen, soweit er nicht bei ,der Umstellung als Produzent gewinnt.) 3. Der Tauschverkehr zwischen den beiden Landern hat die ,,Ergiebigkeit der Produktion" gesteigert. Das ergibt sich ohne weiteres daraus, dal~ in ~edem der beiden Lander eine Erzeugung unterlassen wird, welche im anderen Lande unter gfinstigeren Umstanden durchgeffihrt werden kann, wahrend die eigene Produktion in einem gfinstigeren Bereiche ausgedehnt wird. Insgesamt wird von den Waren A und B in den beiden Landern mehr produziert werden als bisher. Das ist zunachst ftir eine Betrachtung gegeben, welche die Verh~tltnisse beider Lander zusammenfaitt. Es mull das aber auch fiir ~edes einzelne der beiden Lander gelten. Denn wenn selbst im Lande I die Produktion Yon A in einen Bereich mit geringerer Ergiebigkeit'ausgedehnt und daher A teurer wird, so ist dies doch nut deshalb mSglich, well die Nachfrage die erweiterte Befriedigung mit dem ~etzt verbilligten B vorzieht. Es war ~a bisher e i n e Nachfrage nach B vorhanden, welche den Preis noch hSher gehalten hatte, so hoch, dait die Erzeugung von B mit erhShten Kosten einer Ausdehnung der Produktion von A vorgezogen Worden war. (Vgl. dazu die Bemerkungen fiber das ,,Maximumtheorem" ,S. 56 ff.) Nun wird d a s hier entwickelte Beispiel um vieles realistischer gestaltet, wenn wir annehmen, dalt nicht allein die beiden Waren A und B zum Austausch gelangen, sondern eine ganz grol~e Reihe von verschiedenen Waren, wobei in ~edem der beiden Lander einerseits eine Ausdehnung in der Erzeugung der zum Export gelangenden Pr0dukte, anderseits eine Einschriin kung oder auch Einstellung der Pr0duktion von zur Einfuhr gelangenden Waren eintritt. Ffir unsere Betrachtung bedeutet das nichts anderes als eine Verallgemeinerung der Wirkungen, welche wir vorhin bei dem Austausch zweier Waren festge,
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Preis.belastungen,
halten haben. Fiir die weitere Analyse ist es aber ~etzt notwendig, die Voraussetzungen unserer Ableitung in einem Punkte zu ~ndern, dem h~ufig eine sehr grol~e Bedeutung zuerkannt worden ist. Wir betrachten den Handelsverkehr zwischen zwei L~indern, welche nicht mehr im grol~en und ganzen gleichartige Produktionsverh~tltnisse haben. Es sei angenommen, dait die allgemeine wirtschaftliche Lage in den beiden L~ndern ganz grundlegend verschieden ist. Das eine Land ist ein besonders reiches, das andere ein besonders armes L a n d . Da ist zuniichst z u fragen, was mit den Formeln ,,reich" u n d ,,arm" gemeint sein kann. Wir werden sp~tter noch (S. 198) Gelegenheit haben, jene Umst~tnde zu besprechen, welche eine unterschiedliche Stellung verschiedener L~nder im zwischenstaatlichen Verkehre bedin o gen. Hier sei k u r z gesagt, dalt die Unterscheidung eines reichen und eines armen Landes nur in der Weise einen Sinn haben kann, dait in dem ersten Land durch irgendwelche Umst~nde die Ergiebigkeit (Grenzproduktivit~tt) der Produktionsmittel eine griil~ere ist als in dem anderen Lande. Es wird dabei ftir die Analyse eines gegebenen Tatbestandes keinen Unterschied ausmachen, ob der Vorteil des einen Landes in IUmst~nden gelegen ist, welche physisch an das Land gebunden sind (Bodenqua!iti~t, Klima), o der etwa im Besitze von an sich beweglichen Produktionsmitteln (KapitaI) begriindet ist, welche aus irgendeinem besonderen Grunde nicht in das andere L a n d iiberstellt werden. Nun ist es denkbar (wenn auch dieser Fall praktisch nicht yon Bedeutung sein wird), dal~ die Verh~ltnisse in beiden L~tndern derart gestaltet sind, dalt ein Anlafl zu einem Tauschver. kehr fiberhaupt nicht gegeben ist. Die Voraussetzungen dafiir sind leicht zu sehen: In ~edem Lande werden die Produktionsmittel nach den gegebenen Miiglichkeiten verwendet, es bilden sich Preise der Produkte, welche zun~chst ~eweils dutch die innerwirtschaftlichen Verh~ltnisse bedingt sind. Wenn nun --und das ist trotz der Verschiedenheit in der Ergiebigkeit der Produktionsmittel in den beiden L~n,dern denkbar - - die Relationen der Produktpreise in den beiden L~indern dieselben sind (wenn, insoweit es s i c h um die Produkte handelt, das ,,Preissystem" das gleiche ist), wird zwischen den beiden L~tn,
Absolute und ,,ko,mparative" Ko.stenunterschiede.
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dern ein Tauschverkehr nicht eintreten. ( E s wird dabei a u s schlieftlich eine Wirkung der monet~.ren Faktoren sein, dalt die Produktpreise in beiden L~indern gleichhoch sind. Im reicheren L a n d werden die Pr0duktionsmittelpreise wesentlich hSher sein, Die hohen Preise der Produktionsmittel in dem reichen Lande, die niedrigen Preise derselben in dem armen Lande sind dann der Ausdruck der Verschiedenen Ergiebigkeit derselben.)Wie leicht einzusehen, wird dieser Zustand dann gegeben sein, wenn in dem armen Lande die Produktionsbedingungen nicht nur an sich allgemein Ungiinstigere sein werden, sondern wenn s i e aulterdem bei den verschiedenen Produkten in demselben Ver, hiiltnis ungiinstigere sind. ' Das wird n u n aber nicht zu erwarten sein, u n d m i t der Aufnahme einer der Wirklichkeit entsprechenden Voraussetzung kommen wir ~etzt ohne weiteres zur LSsung der Fragen, welche den Handelsverkehr zwischen reichen und armen L~tndern betreffen. Es wird anzunehmen sein, daft in dem armen L a n d mSgen auch die Produktionsbedingungen an sich durchwegs schlechtere sein - - d e r Nachteil der einen Produktion grSfter, der einer anderen wiederum geringer ist. Das muft a b e r bedeuten, dal~ das ,,.System der Preise" in den beiden Liindern ein verschiedenes ist: In dem armen Lande wird manches von den Produkten teurer, manches billiger sein als im reichen Land. (Dait' in dem armen Land n u r eiflzelne Waren teurer, keine aber billiger wiiren, ist bei dem bereits begrtindeten Ausgangspunkte der Gleichheit des ,,allgemeinen Preisniveaus" nicht mSglich. W o das zuniichst gegeben ware, miiltte sofort eine Anpassung von den monetiiren Faktoren ausgelSst werden, also ~e nach dem Verhalten der Notenbank entweder ein Steigen der auslandischen Wechselkurse oder eine Herabsetzung von P r e i ' sen im Inlande.) Damit ist aber die MSglichkeit eines tIandels' verkehrs zwischen den beiden Li~ndern gegeben. Das arme Land wird von seinen Produkten ~ene, welche billiger sind, das sind also ~ene, bei welchen es, wenn auch unter ungiinstigeren Bedingungen, so doch unter ,,relativ weniger ungtinstigen" Bedingungen arbeitet, in das reiche Land ausftihren kiinnen und dafiir dort jene Produkte kaufen, welche in dem reicheren Lande nicht nur unter an sich gtinstigeren Bedingungen, sondern unter in hSherem Mafte giinstigeren Bedingungen erzeugt
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Preisbelastungen.
werden. (Das sogenannte Gesetz der komparativen Kosten.) Im tibrigen sind dieselben Feststellungen zu machen wie friiher bei der Behandlung zweier L~nder, welche unter ganz gleichartigen Produktionsbedingungen miteinander in Verkehr treten. Die Ergiebigkeit der Produktion steigt in beiden Liindern. Das~enige, was hier das Besondere (und dem wirtschaftlich nicht Geschulten so schwer Zugiingliche)ist, das ist der einfache Grundsatz, dal~ aus dem armen Lande mit Vorteil in das reiche Land verkauft werden kann, obwohl in dem armen Lande die Produktionsbedingungen ungiinstigere sind. Gerade aber das Verst~tndnis des in so einfacher Weise ableitbaren Grundsatzes der komparativen Kosten ist ftir eine verniinftige Einstellung zu wichtigen handelspolitischen Fragen von ganz grundlegender Bedeutung. Aus diesem Grundsatze ist die wichtige Konsequenz zu ziehen, dalt ~weder Reichtum noch Armut eines Landes als Argument in der Behandlung handelspolitischer Fragen herangezogen werden kann.
7. Die zwischenstaatliche Arbeitsteilung. Der zwischenstaatliche Warenverkehr wird unmittelbar veranlaflt durch die verschiedene Gestaltung der Produktionsbedingungen (der Kosten) in den einzelnen L~ndern, wobei im Sinne der friiheren Ausftihrungen nicht nur die absoluten, sondern auch die komparativen Kostenunterschiede in Betracht zu ziehen sind. Eine Aufz~hlung der Ursachen dieser Kostenunterschiede wird vier Umstiinde zu unterscheiden haben. 1. ,,Natiirliche" Kostenunterschiede. Hier kommt die natiirliche Gestaltung der Produktionsbedingungen durch die physische Ausstattung der Lander in Betracht, also Klima, Bodenbeschaffenheit, Rohstoffvorkommen (namentlich auch in der Transportrelation zu V e r a r b e i t u n g s - u n d Verbrauchsst~ttten). Durch diese Umst~tnde werden nicht nur die Bedingungen der Urproduktion sondern auch in weitem Ausmal~e ,die der Verarbeitung beeinflultt. 2. Gegebene Verteilung der an sich beweglichen Produktionsmittel. Hier kommt die Verteilung von Arbeit und Kapital in Betracht. Allgemein ist zu sagen, dalt eine vermehrte Versorgung mit Arbeit (dichtere BevSlkerung) zwar nicht an sich giinstigere Produktionsbedingungen verschlechtert, aber die
Die zwischen.staatliche Arbeitsteilung.
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Produktion in einen Bereich zwingt, in welchem der Ertrag ein minder giinstiger ist. Reichlichere Kapitalversorgung bedeutet ftir die anderen Produktionsmittel (insbesondere also fiir die Arbeit) eine Steigerung der Ergiebigkeit (vgl. S. 84). 3. Vorteile, welche manche Liinder aus einem Vorsprung in der Entwicklung genie~en. Hier kommt zun~ichst alles das~enige in Betracht, was in irgendeiner Weise ,,gelernt" werden kann, also vor allem hShere Qualifikation von Arbeitern und die Sammlung von Erfahrungen (iibrigens auch" Verbindungen usw.) durch die Unternehmer. Es kann aber hier auch der blolte Bestand einer alteingeftihrten Produktion, welche einerseits ihre ,,Grtindungskosten" bereits liingst aufgewendet hat, anderseits die Vorteile des Grol~betriebes genieltt, einen Kostenvorsprung bedeuten. 4. Gestaltung der Produktionsverh~ltnisse durch die gesellschaftliche Organisation. Hier kommt in erster Linie die Wirtschaftspolitik des Staates in Betracht, einerseits insoweit sie sich in weitem Ausmalte als Preisbelastung auswirkt, anderseits aber auch insoweit sie durch verschiedene (spiiter noch zu besprechende) Maltnahmen ,,wirtschaftsfSrdernd" wirkt. Die durch diese Umstande bestimmten Produktionsverh~ltnisse sind zuniichst fiir die Wirtschaft eines ~eden Landes gestaltend, wi~hrend die Ermiiglichung (oder Nichtbehinderung) eines zwischenstaatlichen Handelsverkehrs eine andersartige Ausgestaltung der Wirtschaft in ,den verschiedenen Landern zur Folge haben mul~. Wir haben bereits ausgefiihrt, daI~ diese Anderung, welche der zwischenstaatliche W~rtschaftsverkehr auslSst, fiir alle L~nder eine Steigerung der Ergiebigkeit der Produktionsmittel und damit eine Hebung der Lebenshaltung der BevSlkerung bedeuten mull Hier sind zwei Bemerkungen notwen'dig: 1. In ~eder Wirtschaft wird es zu ~eder Zeit ,,brachliegende" Produktionsmittel geben, z. B. irgendwelche Rohstoffe, welche nicht abbauwiirdig sind. Selbst im armsten und dichtest besiedelten Land wird irgendein Mineral oder irgend etwas Ahnliches zu finden sein, dessen Gewinnung so hohe Kosten verursacht, dalt deren Aufwendung nicht gerechtfertigt ist. Dieses ,,Brachliegen" ist nichts anderes als ein Ausdruck dafiir, dalt die Produktionsmittel, welche hier einen Rohstoff ,,technisch" .
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Preis,belasCungen.
gewinnen kSnnten, aus wirtschaftlichen Grfinden wo:anders verwendet werden, als0 deshalb, weil sie wo anders einen grSfieren Ertrag bringen kSnnen. (In den verschiedensten L~ndern gibt es z. B. Goldv0rkommen, welche nicht ausgenfitZt werden, weil das gewonnene Gold zu teuer kommen wiirde. Das Gold kann dann billiger i m Austausch gegen andere Produkte des Landes erworben werden. Wollte man es sich in den Kopf setzen, ~edes fib erhaupt vorhandene ungfinstigste Rohstoffvorkommen auszunfitzen, so wiirde die Folge nur eine allgemeine Schrumpfung der Versorgung sein, weil Produktivkr~fte von der Ausnfitzung gfinstigerer ProduktionsmSglichkeiten abge~ zogen werden miil~ten.): Das wird in dem autarken Lande nicht anders sein als in einem i n die Weltwirtschaft eingegliederten. Was der zwischenstaatliche Handel in dieser Richtung bewirken kann, das ist' zun~clist das, dab andere ProduktionsmSglichkeiten brach liegen als bei Absperrung, dann aber, dal~ ungeachtet dieser StitIegung mancher ProduktionsmSglichkeiten eine Steigerung der Ergiebigkeit der Produktionsmittel eintritt. 2. Verschieden gfinstige ProduktionsmSglichkeiten haben z u r Folge, daft der allgemeine Lebensstandard der BevSlkerung und insbesondere der Arbeitslohn in den verschiedenen Landern verschieden hoch ist. Differenzen im sozialen DrUck haben immr eine Wanderbewegung aus dem Lande mit niedrigerem sozialen Niveau in ~enes mit einem hSheren ausgelSst, wobei die:letzte denkbare Konsequenz dieser Bewegung, eine Ausgleichung des Lebensstandards der verschiedenen L~nder, nicht nur infolge staatlicher Beschr~nkungen des Wanderverkehrs sondern auch infolge weiterer Schwierigkeiten und Hemmungen, welche tier Wanderung an ,sich entgegenstehen, niemals auch nur ann~hernd erreicht werden konnte. VSllig unsinnig ist es aber, zu glauben, dal~ ein freier Warenverkehr z u einer Verst~rkung der Wanderbewegung ffihren mfil~te. Ganz im Gegenteil: Wenn die zwischenstaatliche Arbeitsteilung gerade auch den armen und beson,ders dicht besiedelten L~ndern eine ErhShung der Lebenshaltung ermSglicht, so wi~d dieser Umstand viel eher eine Schw~chung der i n der Richtung einer Auswanderung wirkenden Kr~fte zur Folge haben. Wenn das dem Aul~enhandel zugrunde liegende Prinzip dahin~zu formulieren ist, dal~ ein Land die Waren, welche es aus
Die zwischenlstaatliche .Arbeitsteilung.
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dem/Auslande billiger beziehen kann, nicht selbst erzeugt, sondern nach Ausdehnung der Produktion anderer W a r e n mit geringerem A u f w a n d aus dem Auslande kauft, so ist damit die enge:Verbindung von Import und Export aufgezeigt. Das ist in notwendiger Weise mit ~eder zwischenstaatlichen Arbeitsteilung verbunden, ganz so wie die ?~bertragung von Giitern, und z w a r in ider Verkehrswirtschaft Kauf un.d Verkauf, notWendige Folge tier Ai~beitsteilung innerhalb eines Landes ist. Die Arbeitsteilung h a t ~a nicht den Sinn, . dalt ~emand sich auf eine Erzeugung spezialisiert und daneben auch alles das, w a s ' e r braucht, selbst erzeugt, sondern n u r den, dalt mit dem i n der Spezialisierung erzeugten Gut alles andere, was sonst benStigt wird, gekauft ~rer.den kann: Dal~ dabei ,die Arbeitsteilung z u einer grSl~eren Ergiebigkeit der Arbeit fiihrt, das ist Ursache dafiir, ' dait alle an d e r Arbeitsteilung Teilnehmenden ' mit einer reichlicheren VersorgUng rechnen kSnnen. Innerhalb der verschiedenen Wirtschaftsbereiche ist d'ie Arbeitsteilung Verschieden weir ausgebaut. Der moderne Industriearbeiter etwa ist ausschlieltlich in der immer wiederholten Erzeugung einer ganz kleinen Reihe von Produkten o der gar n u r eines einzigen Produktes besch~tftigt, w~thrend er altes, was er braucht, mit seinem Geldeinkommen auf dem Markte kauft, Und zwar aus dem Produkte der verschiedenartigsten spezialisierten Erzeugungen: In der Bauernwirtschaft von heute finden sich dagegen ganz verschiedene Grade der Eingliederung i n die Arbeitsteilung: Neben der auf das ~iulterste fortgesetzten Spezialisierung auf eine fast ausschlieltlich fiir den Markt arbeitende Einzelproduktion, in welchem Falle die Wirtschaft den tiberWiegenden Teil ihres Bedarfes von anderen Wirtschaften kauft, alle Abstufungen bis zu einer fast geschlossenen Wirtschaft der Selbstversorgung, welche nur mit ~geringen Teilen des Produktes auf den Markt geht. Ganz deutlich ist aber gerade hier zu sehen: Je mehr verkauft wird, desto mehr wird auch gekauft werden. (Fiir diese Betrachtung ist bei Verkauf gegen ' Geld zur Veranlagung desselben das Gegenstiick in einem ftir spiiter h i n a u s ' geschobenen Kauf z u sehen.) Verschiedene Gesichtspunkte kSnnen fiir die Beurteilung herangezogen werden, welche von beiden Wirtschaftsformen die ,,bessere" ist. Es mag fiir starke Vielseitigkeit einer Produktion sprechen, dalt sie in geringerem
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Preis*belastungen.
Ma~e krisenempfindlich *ist, dab in ihr gewisse moralischeWerte erhalten werden kSnnen (vgl. S. 33). ,Vom Gesichtspunkte des ~usmal~es der Versorgung aber ist zweifellos die Arbeitsteilung vorteilhaft. Und wie fiir die einzelnen Wirtschaften gilt das auch fiir die Betrachtung der ,,Kollektiva" ganzer Volkswirtschaften, Wenn ein Land d u r c h s t a r k e Arbeitsteilung m i t der Weltwirtschaft verbunden ist, so bedeutet das eine Hebung des Lebensstan, dards, es be~leutet a b e r zugleich, dab nicht n u r mehr ausgefiihrt, Sondern auch entsprechend m e h r eingefiihrt ~ird. ~ , t Freilieh daft die Formel v o n d e r gegenseitigen Abhiingigkeit V0n Import und Export nieht zu einer starren Deutung fiihren. Zuniiehst nieht zu einer Besehriinkung auf die wirtsehaftliehen Beziehungen zwisehen n u r zwei L~ndern: Bei uneingesehriinkter zwischenstaatlieher Arbeitsteilung w i r d es sieh hRufig ergeben, daI~ ein Land in ein zweites mehr exportiert Und aus einem dritten mehr einffihrt. Dem Sinne der Arbeitsteilung widerspreehend wiire es da, wollte man meinen, es miil~te in ein Land, aus welehem eine bestimmte Warenmenge bezogen wird, aueh ebensoviel ausgefiihrt werden. Wenn die Einfuhr in grSt~erem Mal~e aus dem einen Lan, de erfolgt, so ist das ein Zeiehen dafiir, dal~ gerade in diesem Land das, ~was gebraueht wird, billiger zu haben ist. Dann aber daft die Formel von der AbhRngigkeit von Import und Export a u e h nieht dahin gedeutet werden, dal~ sieh mit Notwendigkeit eine Ausgleiehung der beiden Gr~Jl~en fiir ~edes Land ergeben miil~te. Wir haben bereits an anderer Stelle (vgl. S, 16.6)darauf hingewiesen, dal~ der zwisehenstaatliehe Warenverkehr aueh dureh ,,ein,seitige" Zahlungen sowie dureh den Kapitalverkehr in weitem Aus' ma~e bestimmt wird. (ttingabe un,d Riiekzahlung yon Kapital bedeuten ein zeitliehes A~seinanderlegen von Leistung und Gegenleistung, wobei die l e t z t e r e - infolge der Zahlung von Zinsen und G e w i n n e n - gr/Jl~er ist, wofern sie nieht z.B. bei Zahlungsunf~ihigkeit e i n e s Kreditnehmem ausbleibt.) Darum ist die Betrachtung von zwisehenstaatliehen Wirtsehaftsbeziehungen aUssehlieI~lieh v0n dem Gesiehtspunkte der sogenannten ttandelsbilanz vollstiindig ungeniigend.
Theorie und Praxi,s des Schutz'zolles.
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8. Theorie und Praxis des Schutzzolles. Die Lehre v o n d e r zwischenstaatlichen Arbeitsteilung l~t~t yore Gesichtspunkte der Versorgung der BevSlkerung wie vom Gesichtspunkte der FSrderung der Ergiebigkeit der Produktion nur die einzige Politik des Freihandels zu. Die Geschichte der Wirtschaft ist aber eine Geschichte yon mehr oder weniger weitgehenden Beschr~inkungen des Handelsverkehrs. ]~er Wid e r s p r u c h zwischen Erkenntnis und Praxis kann entweder darin seine Ursache haben, daft der Praxis die Erkenntnisse der nati0nalSkonomischen Wissenschaft fremd geblieben sind, dal~ sie also von falschen Ansichten geleitet gewesen ist, oder aber darin, dal~ die P r a x i s sich anderes zum Ziele gesetzt hat als das, was die Wissenschaft als Folge des ungehinderten Handelsverkehrs erkannt hat. Mit beiden MSglichkeiten haben wir uns ~etzt zu befassen. Die Diskussion um die Grundlagen der Handelspolitik hat immer wieder Versuche gezeitigt, ein ,,wirtschaftliches" Argument fiir SchutzzSlle zu finden. Da und dort mag ein Argument Anspruch a u f ernstere Beriicksichtigung gefunden haben, das fiir ganz bestimmte streng umschriebene Voraussetzungen eine ,,giinstige" Wirkung eines Schutzzolles in einer Cbergangszeit vertreten h a t , wobei wohl immer die praktische Durchfiihrbarkeit des Schutzes allein ~aus dem Gesichtspunkte der mit ihm verfolgten Zwecke sehr zweifelhaft erscheinen mufite. Das stiirkste Argument war wohl das des Erziehungszolles: Eine in der geschichtlichen Entwicklung zuriickgebliebene Wirtschaft, insbesondere eine Agrarwirtschaft, welche noch nicht ~zur Industrialisierung gelangt ist, wird Unter dem Schutze eines Zolles ihre Produktion auf eine ,,hShere Stufe" bringen kSnnen, wobei die heimische Produktion, wenn sie einmal voll entwickelt ist (den Vorsprung der anderen eingeholt hat), auch in freier Konkurrenz mit dem Weltmarkte bestehen wird. Nur mit diesem Nachsatz ist das Argument des Erziehungszolles sinnhaft, da ~a nicht dauernder Schutz einer dauernd nicht konkurrenzflihigen Produktion, sondern nur voriibergehender Schutz einer noch zuriickgebliebenen sein Inhalt ist. Das Argument kann d a n n als eines aufgefal~t werden, das ganz im Sinne des Gedankens der zwischenstaatlichen Arbeitsteilung liegt, w e i l ~a nach der Entwicklung der heimischen
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Preis,belas,tungen.
Produktion die Arbeitsteilung mit einer hSheren Stufe allgemeiner Ergiebigkeit der Produktion erreicht Werden soll. Gegen das Argument des Erziehungszolles wird weniger das einzuwenden sein, dalt erfahrungsgemait manche zurtickgebliebene Produktionen auch ohne diesen Schutz sich u n t e r giinstigen Umstanden rasch entwickeln konnten, als vielmehr das gewich~ge Argument, daI~ Ausmait und vor allem Ende des un bedingt notwendigen Schutzes praktisch niemals sicher zu bestimmen sein werden, insbesondere im HinbIick darauf, dal~ die einmal geschtitzte Produktion alles daran setzen wird, um den Schutz z u einem dauernden zu gestalten. Dann ware zu erwahnen das Argument des Schutzes einer an sich konkurrenzfahigen heimischen Produktion, welche in der Zeit einer Krise einer starken austandischen Konkurrenz nicht gewachsen ist ~. Hier kSnnte erwogen werden, ob nicht die voriibergehenden Nachteile des Schutzes geringer sind als die dauernden Nachteile, die sich unter Umstanden aus der Vernichtung einer heimischen Produktion (ihrer Kapitalanlagen'und ihres ,,Organisationswertes") ergeben. (Ein ahnliches Argument kann auch diskutiert werden i m Zusammenhang mit dem Vorgehen vieler Kartelle: Wenn ein auslandisches Kartell im Inlande wesentlich unter den im Produktionslande geltenden Preisen verkauft - - ,,Preisdiskriminierung", gewShnlich als Dumping bezeichnet --, So wird die billigere Belieferung des Inlandes unter Umstanden nicht nur vom Gesichtspunkte einer in diesem Falle voriibergehenden billigeren Versorgung der heimischen Nachfrage, sondern auch vom Gesichtspunkte einer allenfalls dauernden Schadigung der heimischen Produktion zu beurteilen sein.) Auch hier kann aber dem Gedanken eines vortibergehenden Schutzes im Interesse einer spateren Arbeitsteilung auf einer hSheren Ergiebigkeitsstufe die F r a g e nach den Kriterien einer korrekten Praxis gegentibergestellt werden. Streng zu unterscheiden von diesen Argumenten sind a b e r die in der Tagesdiskussion vorherrschenden VSllig verfehlten Argumente, welche den Schutz der heimischen Produktion deshalb verlangen, weil diese ,,schwacher" ist als die auslandische (soweit sie nicht n u t absolut, sondern auch nach dem Grundsatze der komparativen Kosten ,,schwacher" ist, miilite sie bei zwischenstaatlicher Arbeitsteilung d u r c h :eine im hiiheren
Theorie und Praxis des Schutz.zolles.
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Grade ergiebige inlandische Produktion ersetzt werden), weil sonst inlandische Produktionsmittel brach liegen miissen (das wird immer der Fall sein, bei Autarkie werden andere Produktionsmittel brach liegen, aber die allgemeine Lebenshaltung wird eine niedrigere sein). Dalt schlieltlich aus den zwischensta:atlichen valutarischen Beziehungen keinerlei Zollargumente abgeleitet werden kSnnen, ergibt sich ohne weiteres aus dem an friiherer Stelle Gesagten. MSgen auch alle diese Argumente zur Ganze auf Trugschliissen, auf dem Nichtverstehen der Zusammenhange beruhen, ihre Wirksamkeit ist ~edem bekannt. Die auf ihnen beruhende, mit ihnen verteidigte u n d vertretene Schutzpolitik wird aber von sozialen Kraften getragen, mit welchen ,wir uns noch zu .befassen haben werden (vgl. S. 216 f.). Nun aber die Frage andersartiger Zielsetzungen. Wenn die staatliche Wirtschaftspolitik es sich aus irgendeinem Grunde zur Aufgabe setzt, dalt irgendeine bestimmte Produktion im Inlande entwickelt werden soll, welche im freien Wettbewerb mit dem Auslande nicht (oder nicht in dem gewiinschten Umfange) bestehen kann, so wird es immer miiglich sein, den Bestand dieser Produktion i m Inlande unter einem entsprechenden Schutz zu sichern. (Selbst hinsichtlich irgendwelcher sonst nur im Auslande erhaltlicher Rohstoffe kSnnte diese Produktion in sehr vielen Fallen d u r c h Heranziehung v o n Ersatzstoffen ,,bodenstandlg gemacht werden. Die Grenze ftir diese MSglichkeit ware nur dann gegeben, wenn das Produkt im Inlande schliei~lich so teuer kame, dalt ein Absatz tiberhaupt nicht mehr zu linden ware.) Eine derartige Politik ist hinsichtlich einer einzelnen, auch hinsichtlich einer begrenzten Mehrheit von Produktionen immer mSglich. Sie kann durchaus sinnhaft sein unter der Annahme einer entsprechenden Zielsetzung der Staats-und Wirtschaftspolitik. VSllig verfehlt ware es ~a, wollte man glauben, vom Gesichtspunkte einer wirtschaftlichen Betrachtung prtifen zu kSnnen, ob dieses oder ~enes Ziel der Politik ein gutes oder ein schlechtes ist. Das, was die wirtschaftliche Betrachtung zeigen kann, ist etwas ganz anderes. Je mehr die Politik des Schutzes auf eine Mehr, heit von Produktionen ausgedehnt wird, desto starker wird ein besonders gewichtiger Umstand zur Geltung gelangen. Die Verteuerung der einen Produktion bedeutet immer direkt oder ~176
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Preisbelastungen.
indirekt eine Verteuerung anderer Produktionen. Eine direkte Verteuerung dann, wenn das Produkt zum Produktionsmittel einer anderen Produktion wird, eine indirekte dann, wenn der Schutz einer Produktion die Lebenshaltungskosten verteuert und damit in der Richtung einer Erhiihung der Lohnkosten wirkt. Diese indirekte Wirkung kann freilich fiberwunden werden, wenn die Lebenshaltung der Beviilkerung herabgesetzt wird, die GrSlte des realen Lohnes sinkt. In ~edem Falle wird eine Schrumpfung der Produktion gegeben sein. Wenn die Schutzmaitnahmen fiber einzelne Produktionen hinaus immer mehr ausgedehnt werden, so mult diese Wirkung immer mehr verstiirkt werden. Die theoretische MSglichkeit einer vSlligen Absperrung vom Auslande ist bei fortschreitendem ,,Schutz" der heimischen Produktion ohne weiteres gegeben. Die fortschreitende Schutzpolitik wird aber zu einem immer st~rkeren Druck auf die Lebenshaltung fiihren, welcher wahrscheinlich schlieltlich ein Fortschreiten auf diesem Wege unmSglich machen wird. Wenn aber ftir Staats- und Wirtschaftspolitik eine Zielsetzung gegeben ist, welche den Bestand bestimmter Produktionen im Inlande erfordert, so wird gerade das Unterlassen des Schutzes ffir andere Produktionen ein Einspielen der Wirtschaft auf diese FSrderung bedeutend leichter und bei einem hSheren Niveau der Ergiebigkeit der Produktion mSglich machen. Es wird wohl kaum eine praktisch in Betracht kommende Zielsetzung fiir S t a a t s - u n d Wirtschaftspolitik geben kSnnen, ftir welche ein geschlossenes Schutzzollsystem als geeignetes Mittel erkannt werden kann. Jenes Argument, das gewShnlich als Begrtindung einer solchen Politik angeftihrt wird, dait niimlich nur auf diesem Wege eine Erhaltung und VergrSlterung der heimischen Produktion erreicht werden k0nnte, das kann fiir ~emanden, der einmal die Zusammenh~tnge, welche in den zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen zur Geltung gelangen, verstehen gelernt hat, keine Geltung haben. Soll aber Schutzpolitik einzelnen Gruppen d e r Wirtschaft zugute kommen, so wird dies eben n u r durch Schutz dieser Gruppen erreicht werden kiinnen, niemals aber durch eine Politik, welche glaubt, ~edem helfen zu kSnnen, wahrend sie doch das, was dem einen zugute kommt, nur auf Kosten des anderen gewi~hren kann, so dalt sie letzten Endes ~atle sch~tdigt.
Der Sinn der Wirtschaftspolitik.
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VIII. Der Sinn der WirtschMtspolitik. 1. Die ,,ideale" Wirtschaftspolitik. Wie wiirde die Wirtschaftspolitik gefiihrt werden, wenn nach dem bekannten Ausspruche ,,die Weisen KSnige und die K~nige Weise" w~ren? W i t k6nnten auf diese Frage keine allgemeine Antwort geben, dies einfach aus dem Grunde, weil wohl eine ganze Reihe yon Umst~nden der gegebenen Lage des Landes, seiner politischen und sonstigen Beziehungen, seiner allgemeinen sozialen Verh~ltnisse fiir diese Wirtschaftspolitik bestimmend werden miil~te. Abet einen gewissen Rahmen k6nnen wir hier abstecken, welcher die M6glichkeiten, die gegeben sind, zeigt und in dem wir die Wirkungen verschiedener Richtungen der Wirtschaftspolitik sehen kSnnen. - Es ist durchaus denkbar, dal~ die Weisen sich die F~rderung des Volkswohlstandes schlechthin i n der Wirtschaftspolitik zum Ziele setzen. Man wird gemeiniglich von den Weisen etwas anderes zu erwarten gewohnt sein - - und doch mul~ die MSglichkeit dieser Art der Zielsetzung anerkannt werden, wenigstens als ein Grenzfall, welcher insbesondere dann yon Bedeutung sein wird, wenn eine grofle allgemeine Wirtschaftsnot das Ziel der F~rderung des Volkswohlstandes anderen: Zielen voransetzen l~l~t. Das Mittel, das dieser wirtschaftspolitischen Zielsetzung entspricht, ist abet die Politik der Wirtschaftsfreiheit, welche ~edem Produktionsmittel den Weg in die Verwend~mg ,,griiltter Ergiebigkeit" often h~lt. Das folgt zun~chst aus unserer allgemeinen Ableitung (vgl. S. 56 ff.). Fraglich kiinnte es hier sein, ob diese allgemeine Ableitung ftir die konkrete Wirtschaftspolitik ohne weiteres anwendbar ist. Aus dem vielen, das da zu sagen w~re, sei ~ener Umstand herausgegriffen, welcher wohl als der wichtigste anzusehen i s t . Die (ikonomische Theorie b e h a n d e l t die wirtschaftlichen Elemente zuni~chst als ohne Einschr~nkung beweglich. In der Welt der Wirklichkeit ist aber - - auch unabhangig von Beschr~inkungen, welche dutch die staatliche Wirtschaftspolitik wie auch durch Maltnahmen von monopolistischen Organisationen gegeben sind - - e i n e viillige Beweglichkeit der Produktionsmittel, eine uneingeschr~tnkte Miiglichkeit der Umstellung der Produktionsmittel aus einer Verwendung
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De:r Sinn der Wirtschaftsp01itik.
in eine andere, nicht gegeben. Das gilt zuniichst von der menschlichen Arbeitskraft (sow0hl von unselbst~indiger Ar- ~ beit wie von der Arbeit etwa des selbst~tndigen Handwerkers), welche ftir eine bestimmte Leistung spezialisiert ist und oft nicht leicht auf eine andere umgestellt werden k a n n . Das gilt dann auch ftir das einmal investierte Kapital, welches gleichfalls oft :eine ,,spezifische" Form angenommen hat, fiir welche eine Umwandlung in eine andere Kapitalform, eine Umsteltung in eine andere Verwendung nicht m0glich ist. Die Inhaber solcher schwer beweglicher oder schwer umstellbarer Produktionsmittel k0nnen bei ~eder Anderung in der Wirtschaft gesch~tdigt werden. Trotzdem mull es feststehen, dait ein Schutz s01cher Produktionsmittel in dem Sinne, dalt ihnen eine Verwendung in einer ihrer spezifischen Qualifikation entsprechenden Weise gesichert wird, nicht ein Mittel zur Steigerung der Ergiebigkeit der Wirtschaft sein kann. Die Unm0glichkeit der Verwendung dieser Produktionsmittel bei freier Wirtschaft ist ~a nur die Folge des Umstandes, dalt ,sie einen Ertrag nicht bringen kSnnen. (Sie sind also ,,wertlos", es wird ihnen ein Er. trag nicht ,,zugerechnet". Die Umstellung der Wirtschaft durch eine wirtschaftspolitische Maltnahme z.B. d u r c h einen S c h u t z z o l l - - , welche einem solchen Produktionsmittel einen Ertrag sichert, bedeutet aus bereits eingehend erSrterten Grtinden eine Schm~lerung der Ergiebigkeit der Produktion.) Fiir die Entwicklung in der Zukunft ist es aber sehr wichtig, dalt der Schutz solcher spezifisch gearteter Produktionsmittel die Wirkung haben wird, dab auch weiterhin Produktionsmittel in dieser Form ausgestaltet werden (also z.B, Arbeiter dieser Qualifikation ausgebildet werden), so d a l t eine fortdauernde Ablenkung von Prod~ktionsmitteln aus tier Verwendung der grSl~ten Ergiebigkeit erfolgen wird. Die Frage solcher spezifisch gearteter Produktionsmittel kann bei ~eder Umstellung der Wirtschaft aktuell werden. Dalt dann die Verweigerung des Schutzes eine Schiidigung der Inhaber dieser Produktionsmittel bedeutet, ist ohne Zwei[el, ebenso aber, dalt der Schutz nur ,,auf Kosten der Gesamtheit" gehen wtirde. Will unter diesen Umsti~nden die Wirtschaftspolitik d a s Ziel grSltter Ergiebigkeit in der Wirtschaft mit einer Hilfe ftir die durch Umstellungen in der Wirtschaft Ge-
Die ,,ideale" Wirtschaftspolitik.
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sch~tdigten verbinden, so wird das geeignete Mittel nicht Schutz der Verwendung dieser Produktionsmittel in der Produktion sein, sondern die Gew~hrung von Entschiidigungen. Dabei ist es klar, dait die Fiihrung der Wirtschaftspolitik Hilfe in dieser Form um so leichter gew~thren kann, ~e mehr die freie Beweglichkeit der Produktionsmittel eine Steigerung der Ergiebigkeit derselben ermSglicht. (Es m(ige aber aus dieser Bemerkung nicht abgeleitet werden, dal~ hier die Politik direkter Subven: tionen unter Beibehaltung von Schutzmalinahmen als die Politik der Weisen dargestellt wird.) Preisbelastungen wird die Wirtschaftspolitik zu vermeiden trachten. Sie wird also das, was zur Erhaltung des staatlichen Apparates (und allenfalls ftir Hilfsmai~nahmen) notwendig ist, in erster Linie durch solche Steuern aufzubringen suchen, welche aus Einkommen (vielleicht nach einem Gerechtigkeitsgesichtspunkte: zun~tchst aus grofien Einkommen) getragen werden. Wenn solche Steuern nicht ausreichen, werden kostenerhShende Steuern nur in dem notwendigsten AusmaI~e eingeftihrt werden kSnnen. Aber die Staatsftihrung der Weisen wird - - vielleicht abgesehen von dem Zustande schwerster Wirtschaftsnot - - nicht das Ziel des Volkswohlstandes in einem ,,materiellen Sinne" allein sich vornehmen. (Freilich ist die Formel vom materiellen Reichtum sehr zweckwidrig. I m Grunde genommen handelt es sich darum, daI~ bel steigendem Wohlstande der Einzelne ~ene von tier Gtiterversorgung abh~tngigen Ziele seines WoN lens ~im hSheren Maite erreichen kann, welche er sich gesetzt hat. Ob diese Ziele im Einzelfalle in irgendeinem Sinne ,,ma, terielle" sein werden oder nicht, wird von verschiedenen Umst~tn.den - - insbesondere von der moralischen und kulturellen Haltung ,der B e v S l k e r u n g - abh~tngen.)Die Weisen werden wissen, dait Reichtum allein die Menschen nicht gliick!ich macht, dait wachsender ,Reichtum nicht z u r Steigerung des Gliickes der Menschheit beigetragen hat, dait bei steigendem Wohlstande immer wieder neue Bediirfnisse geweckt worden sind, dalt Bediirfnisbefriedigungen, welche einmal als Luxus erschienen, nach k urzer Gewiihnung s c h o n zu Existenzbediirfnissen werden, neben denen immer dringender das Verlangen nach :noch mehr izur Wirksamkeit gelangt. Welcher Art da S~,rigl, National(ikonomie.
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Der Sinn ,der Wirtschaftspolitik.
andersgeartete Zielsetzungen der Staats- und Wirtschaftspolitik ~sein mSgen, in welchem Weltbild sie i h r e Begriindung erfahren kSnnen, alas alles zu priifen, kann nicht unsere Aufgabe sein. Insoweit diese Zielsetzungen zu einer Politik fiihren, welche die Lenkung tier Wirtschaft beeinflul~t, bedeuten sie vom Gesichtspunkte der materiellen Versorgung eine ,,Be. lastung" der Wirtschaft (eine Beeintr~chtigung der MSglichkeit der oben erw~thnten yon dem Einzelnen gesetzten Zielerreichungen). Wenn etwa aus machtpolitischen Zielsetzungen heraus eine bestimmte Produktion im Lande gesichert werden soil, wenn aus solchen und anderen Zielsetzungen .die Erhaltung einer dichten und traditionell arbeitenden landwirtschaftlichen BevSlkerung ftir geboten gehalten wird, oder wenn bedeutende Mittel ftir irgendwelche vom Staate gesetzte Zwecke tier verschiedensten Art gefordert werden, Mittel, welche gegebenenfalls welt fiber das Ausmalt des o h n e KostenerhShungen Erzielbaren hinausreichen, so bedeutet das alles eine Beeinflussung der Wirtschaft, welche die Ergiebigkeit der Pro,duktionsmittel und damit den Volks: wohlstand beeintr~tchtigt. Das kann und darf ~hier nicht als eine Kritik solcher Zielsetzungen angesehen werden: Die Ziele, welche damit erreicht werden sollen, kSnnen dem Betrachter sowohl wie auch dem gesunden Teil des Volkes als so wertvoll gelten, dalt neben ihrer Erreichung die notwendige Belastung der Wirtschaft gerechtfertigt e r s c h e i n t . E s kiinnen Zielerreichungen vorliegen, von denen man sagen kann, dal~ sie - - wenn sie a u c h ,,auf Kosten" dessen gehen, w a s d i e Menschen sonst mit ihrer wirtschaftlichen T~itigkeit erstreben wiir, den - - doch dieser Belastung ein ,,ideelles Einkommen" gegentiberstellen, d a s die B e l a s t u n g roll und ganz rechtfertigt. Je mehr abet derartige Zielsetzungen von Bedeutung fiir die Wirtschaft werden, ~e starker sie als Belastung der Wirtschaft zur Geltung gelangen, desto n~her rtickt ~ene Grenze, bei welcher die Erkenntnis zur Geltung gelangen kann, dalt die Erreichung dieser Ziele einen z u starken Druck auf die Lebenshaltung der BevSlkerung bedeutet, dalt ein stRrkeres Anerkennen der ,,Bediirfnisse tier Wirtschaft" Berechtigung erhRlt. Dies zumal die Erreichung der andersartigen Ziele um so schwieriger wird, je knapper die wirtschaftliche Versorgung ist, dies auch un-
Die ,,ideale ~' WirtSchaftsp0Iitik.
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geachtet des Umstandes, da]t gelegentlich das, was heute Belastung der Wirtschaft ist, spi~ter einmal sich als wirtschaftsf6rdernd auswirken kann. Gerade aber diese Frage der ,,wirtschaftsf~irdernflen" Maltnahme der Wirtschaftspolitik wird in der praktischen LSsung grolten Schwierigkeiten begegnen. Der Bau von Stralien und anderen VerkehrSmitteln, die Aufwendung 5ffentlicher Mittel ftir Kultivierungszwecke, die Aufwendungen ftir Schulen und vieleS andere sind Mallnahmen, welche yon irgendwelchen politischen oder kulturellen Gesichtspunkten vertreten werden kSn, nen; sie kSnnen zugleich auch (bei entsprechender W a h l ) f i i r spi~ter eine FSrderung der Ergiebigkeit der Produktionsmittel bedeutem In diesem Falle wird Wirtschaftsfiirderung ein neben anderen:Zielerreichungen stehender Nebenzweck. Sollte aber die: Einsetzung v o n Produkti0nsmitteln fiir WirtschaftsfSrderung ohne Rticksicht auf weitere Zwecke beabsichtigt sein, so k~innte Vielleicht eine Gegeniiberstellung von Kosten und Erfolg in Betracht gezogen werden. (Dabei mtil~te beriicksichtigt werden, dalt ~ene, welche die Kosten t r a g e n - - - d i e Steuertr~tger, wahrscheinlich letzten Endes alle an der Wirtschaft Beteiligten, soweit die Steuer nicht aus dem Einkommen einer begrenzten G r u p p e aufgebracht W i r d - - , nicht immer mit dem vielleicht begrenzten Kreise der Nutznielter zusammenfallen wer, den. ::Die Aufwendung von iiffentlichen Mitteln wird in erster Linie in zwei:Fallen zu erw~tgen sein: Wenn entweder die Zusammenfassung der Interessenten aus organisatorischen Grtin-~ den anders als im Verbande des Staates bzw. anderer Gebiets, organisationen nicht mSglich ist, oder dann, wenn die Aufwendung von Mitteln ftir eine Investiti0n, also im Grunde genommen ein Sparakt, nicht von allen direkt oder indirekt Interessierten vorgenommen werden wiirde.)Die Frage aber, in welchem Ausmalte die Aufwendung ,von Mitteln, ~elche heute eine Belastung sind, fiir einen sp~iteren Erfolg gerechtfertigt ist, die Frage, wie weit man die Genei'ation von heute zugunsten der spiiteren belasten soll, wird Wiederum nicht nach ,,rein wirtschaftlichen" Gesichtspunkten entschieden werden~kSnnen. Einer Entscheidung fiber das, was man machen soll, sollte aber immer das Abw~gen dessen vorausgehen, Was man erreichen kann, wie auch alas Einsch~ttzen aller Wirkungen, welche d a s 14"
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Der ,Sinn .der Wirtschaftspolitik.
Verfolgen des einen Zieles im Bereiche der M5gilchkeit anderer Zielerreichungen auslSst. Werden jene, welche die Staats- und Wirtschaftspolitik ftihren, wirklich n a c h diesen Grunds~tzen vorgehen kiinnen und allein nach ihnen ihre Politik abstellen kiinnen? Werden nicht menschliche Fehler zur Geltung gelangen, Fehler des Nichtwissens, der Unklarheit iiber Art und Ausmali der Wirkungen, der Unsicherheit und des Schwankens in den Zielsetzungen? Werden vor allem n i c h t die gesetzten groiten Ziele hinter Bedtirfnissen des Tages, hinter dem, was augenblicklich Erfolg bringt, hinter dem, was diesem oder ~enem sichtlich ntitzt, ohne dalt ein Schade an anderer Stelle gar zu deutlich sichtbar wird, zuriicktreten? Mit diesen Fragen gelangen wir zur Realit~tt der Wirtschaftspolitik. Bevor wir aber auf alles das eingehen, sei noch hier und im Rahmen der Betrachtung einer idealen Wirtschaftspolitik eine Frage kurz behandelt, welche als eine der grolien Fragen der Wirtschaftspolitik gilt. Werden die Weisen, welche die Wirtschaft ftihren, bei der ,,freien Verkehrswirtschaft" verbleiben, werden sie es nicht vorziehen, zu einer ,,zentral gelenkten" Wirtschaftsfiihrung tiberzugehen? In unseren Ausftihrungen war immer die Grundlage der Argumentation die Entwicklung der in einer Verkehrswirtschaft zur Geltung gelangenden Notwendigkeiten, wi~hrend wir alles, was sonst zu beachten war - - das Monopol, die beschr~tnkte Konkurrenz usw. ---, nur als Abweichungen der Verkehrswirtschaft betrachtet haben. V o n dem Falle einer theoretisch mSglichen (und ebenso wie es bei einer ,,vSllig freien" Wirtschaft der Fall ist, in den letzten Konsequenzen wohl n u r a l s theoretische Konstruktion vorstellbaren) zur G~nze zentral geleiteten Wirtsch~ft (,,Vergesellschaftung" der Produktionsmittel und zentrale Verfiigung fiber dieselben durch eine einzige Stelle der Wirtschaftsfiihrung) haben wir nicht gesprochen, i Die allgemeinen theoretischen Probleme einer solchen Wirtschaft sind aus dem frtiher Dargestellten ohne besondere Schwierigkeiten abzuleiten. Es gentige hier der Hinweis darauf, dali alles das, was fiber die Bedingungen der Produktion gesagt worden ist, auch ftir diese Wirtschaftsorganisation zu gelten haben wird, dal~ alles das, was fiber die Preisbildung gesagt wurde, eine entsprechende ~bersetzung
Die ,,ideale" Wirtschaftspolitik.
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in Ausdrticke einer ,,Bewertung" der Gtiter durch die Zentralstelle zu erfahren hi~tte. Im iibrigen fallen alle Fragen, welche mit dieser Wirtschaftsform verbunden sind, aui~erhalb des Bereiches ~ener wirtschaftlich-politischen Aktualit~t, im Hinblick auf die dieses Buch geschrieben wurde. Das gilt schon ganz allgemein ftir alle Fragen, welche mit einer ~Ver~nderung der Verteilung der Giiter verbunden sind. (Hier ist nur zu sagen, dalt die Vorteile, welche in irgendeiner vom Gesichtspunkte einer Sozialpolitik positiv gewerteten Richtung als Wirkungen einer An,derung der Verteilung vielfach erwartet werden, wahrscheinlich ganz bedeutend iiberschatzt werden, und dait der Erfolg, welcher mit einer solchen Mal~nahme etwa erzielt werden kSnnte, weitaus zuriickstehen wiirde hinter Erfolgen, welche eine zweckentsprechende Ftihrung der Wirtschaftspolitik ohne /~nderung tier Besitz,verteilung erreichen kiinnte.) Hier sei nur zur Frage der zentralen Wirtschaftsfiihrung etwas gesagt. Ein rationelles System d e r Wirtschaft unter einer zentralen Fiihrung ist ebenso denkbar wie das der Verkehrswirtschaft. Die Wahl zwischen beiden wird f t i r eine ,,ideale" Ftihrung des S t a a t e s wahrscheinlich nach ganz anderen als nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen (wobei nicht die oft bestehende Meinung Ausschlag geben sollte, welche die Organisation .um ihrer selbst willen dem ,,ungeregelten" Zustande vorzieht). Fiir Erw~gungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Erfolghaftigkeit ware wohl zu sagen, dal~ ~ede d e r beiden Wirtschaftsformen in der Praxis mit ,,falschen Kosten" arbeiten wird. In der freien Verkehrswirtschaft werden Irrtiimer und F e h l e r der Wirtschaftsftihrer ebenso zur Geltung gelangen wie in einer organisierten Wirtschaft; die UnmSglichkeit einer vSllig genauen Kalkulation ist in dem einen wie auch in dem anderen Falle gegeben. Es:ist wohl wahrscheinlich, dali alle diese Umst~inde in einer zentral geleiteten Wirtschaft zu grSlteren Miingeln fiihren wtirden. Dazu ist kaum anzunehmen, dalt das der Verkehrswirtschaft entsprechende Prinzip der individuellen Selbstverantwortung und des Erwerbsstrebens in einer zentral geleiteten Wirtschaft vollwertig ersetzt werden kSnnte. Es besteht dann auch gar kein Grund zur Annahme, dalt das Einkommen des A r b e i t e r s in
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Der Sinn .der Wii'tschaftspolitik.
einer organisierten Wirtschaft e i n gr61teres sein kSnnte als in der Verkehrswirtschaft. (Wenn manche Utopien den Zustand einer iiberreichen 0tier sehr reichhaltigen Versorgung der Bev61kerung geschildert haben, so ist dazu eines zu bemerken" Die Konstruktion einer Wirtschaft, in welcher vor altem ein ungeheurer Kapitalreichtum eine grSltere Ergiebigkeit der ' Arbeit ermsglicht, kann viillig k o r r e k t sein. Es ist aber eine Irreftihrung, wenn die reiche Versorgung als Wirkung einer bestimmten Organisation der Wirtschaft und nicht ats Folge eines grofien Reichtums dargestellt w]rd. Die Frage, wie der grolie Reichtum, welcher in der Utopie den Volkswohlstand so sehr heben soll, erworben werden soll, w i r d niemals gestellt. Meist wird gar nicht gesehen, dab gerade die Begrenztheit der Kapitalversorgung ~ener Umstan, d ist, 'welcher eine Hebung des Volkswohlstandes unmSglich macht.) So wird Wohl vom Gesichtspunkte der wirtschaftlichen Erfolghaftigkeit die Wahl zugunsten einer Verkehrswirtschaft ausfallen mtissen, Anders kSnnte vielleicht der Sachverhalt sein, wenn Fehler der Wirtschaftspolitik und gar zu weir gehende Belastungen die Ergiebigkeit einer Verkehrswirtschaft sosehr vermindern, dait sie nur einen niedrigen LebensStandard der BevSlkerung er, mSglicht, Hier kSnnte freilich dann die Fragestellung verschoben werden, indem nicht die Wahl zwischen einer grundsatzlich freien Wirtschaft mit schlechter Wirtschaftspolitik und einer gut geftihrten zentralen Wirtschaft gestellt wird, sondern die Wahl zwischen einer schlechten und einer guten Wirtschaftsp01itik. Und in dieser Weise wird die F r a g e ~eder stellen, den die AnerkennUng yon Pers6nlichkeitswerten den Moloch des Wirtschaftskollektivums ablehnen li~Itt. 2. Einzelinteresse und Gemeinwohl. Als Zielsetzung einer modernen Wirtschaftspolitik 9kommt zuni~chst alles das in Betracht, was wir eben bei der Besprechung einer ,,idealen" Wirtschaftspolitik gesehen haben. 9 Die Wirtschaftspolitik wird also auf der einen Seite den Woblstand des Volkes zu heben trachten; auf der anderen Seite wird s i e auch in mehr oder weniger groltem Ausmalte anderen Zwecken dienlich sein, welche a u f Kosten des sonst zu erzielenden Wohlstandes (oder wenigstens des gegenwiirtig er-
EinzeHn,teresse un,d Gemeinwohl.
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reichbaren) gehen. Zwei Umstande aber werden es vor allem bewirken, dait eine Wirtschaftspolitik in der Wirklichkeit niemals ,,idealen" Anforderungen Rechnung tragen wird. Auf der einen Seite die Tatsache, dalt Kenntnisse und Erkenntnisse fehlen, welche eine volle Rationalit~t im Hinblick auf die gesetzten Zwecke zur Voraussetzung h~itte, auf der anderen Seite aber die Tatsache, da]~ aus der Wirtschaft heraus sich Krafte entwickeln, welche die Wirtschaftspolitik immer wieder von dem zu ihren Zielen ftihrenden Weg abdriingen. Es fehlt vielfach an den Kenntnissen der wirtschaftlichen Zusammenhange, nur zu sehr haben falsche Ansichten der Vulg~irSkonomie noch immer eine vorherrschende Bedeutung. Aber nicht nur das: Selbst soweit die richtige Kenntnis der Zusammenh~nge gegeben ist, fehlt oft die Kenntnis des quantitativen Ausmaites der Wirkungen in verschiedenen Richtungen. Nur zu leicht wird etwas unternommen, bei dem man sich allgemein dariiber klar ist, dal~ es gewisse ,,ungiinstige" Wirkungen hat, - - wie grolt diese Wirkungen sind, das ist nicht mit Sicherheit abzusch~itzen, insbesondere auch dann nicht, wenn die ungtinstigen Wirkungen von vielen im einzelnen ganz geringfiigig erscheinenden Belastungen Sich sum: mieren. Dieser Umstand wird aber yon der griiitten Bedeutung im Zusammenhang mit dem zweiten: Zum Antriebe der Wirtschaftspolitik wird in weitem Ausmaite ein Verlangen uach Schutz, das aus der Wirtschaft kommt. Es wird dieses oft als ein Verlangen nach Schutz im Interesse der Wirtschaftsgesamtheit gekleidet oder ftir eia solches gehalten. Aber selbst dann, wenn die Ftihrung der Wirtschaftspolitik erkennt, daI~ einzelne Interessen auf Kosten des Gemeinwohles gefiiralert werden sollen, wird sie sich diesem Verlangen nur zu oft zur Verftigung stellen miissen, weil sie schlieltlich a n die in der BevSlkerung gegebenen Wollungen und Bestrebungen, an die Interessen, welche sich an sie wenden, gebunden ist. Wie es aber zu diesem Druck auf die Fiihrung der Wirtschaftspolitik kommt, das sei ausftihrlicher dargestellt. In einer idealen freien Konkurrenzwirtschaft gibt es auf dem Markt ein einziges Ausleseprinzip, den Preiskampf. Es bildet sich ein Preis, wer zu diesem Preise kaufen kann, wird kaufen, wer zu diesem Preise verkaufen kann, wird verkaufen.
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Der ,Sinn .der Wirtsehaftspolitik.
lnsbesondere der Erzeuger aber, welcher bei diesem Preise Verluste erleidet, wird a u f die Dauer den Konkurrenzkampf n i c h t mitmachen kSnnen. Er mult ausscheiden. So ist es in ~edem sozialen Kampfe, daft irgendein Prinzip der Selektion entscheidet. Es kann nun freilich der, welcher bei der Wirkung des einen Selektionsprozesses untergehen muB, den Versuch machen, die Entscheidung durch Heranziehung eines anderen zu seinen Gunsten zuwenden. Der Boxer etwa, welcher im Boxkampf vor der Niederlage steht, kann ein Messer ziehen und seinen Gegner niederstechen. (Ob das ftir zulassig angesehen wird, das ist eine Frage des Komments und des Strafrechtes, welche mit der Wirksamkeit des Selektionsmittels im Kampfe an sich nichts zu tun hat.) Oder in der Wirtschaft: Wer im Konkurrenzkampf Gefahr l~iuft, zu unterliegen, kann etwa zu verschiedenen Mitteln ,,unlauterer Konkurrenz" greifen oder auch seinen Konkurrenten vergiften. Ein anderes nicht mit moralischen Bedenken verbundenes Mittel aber, das in manchen Fi~llen mit n i c h t gar zu grofien Schwierigkeiten herangezogen werden kann, ist die Hilfe des Staates: Es wird die Hilfe des Staates gegen die tiberlegene Konkurrenz verlangt. Die Formen, in welchen diese Hilfe gewiihrt wird, sind ganz verschiedenartige: Sti~rkere Belastung der iiberlegenen Konkurrenz, Verbot der Preisunterbietung, Verbot oder Erschwerung des Zuganges zu einer Produktion, schlieltlich Subventionierung einer Produktion in den verschiedensten Formen und noch vieles andere. Der Gegner, gegen welchen sich da die staatliche Intervention richtet, ist sehr hi~ufig der ausliindische Produzent, oft auch der ti'berlegene Groltbetrieb im Inlande, schlieltlich auch die ,,latente" Konkurrenz ~ener, welche eine Produktion ~ ' u n t e r gtinstigeren Bedingungen neu errichten kSnnten. Ist aber die Wirtschaftspolitik einmal gew5hnt, in dieser Weise Schutz vor dem Untergang zu gewahren, so ist dieser Fall nicht mehr leicht abzugrenzen von anderen Fallen: daI~ .der Schutz ,de facto einem bestehenden Sondergewinn gew~hrt wird, dalt schliel~lich der Schutz dem Untiichtigen gegen den Ttichtigen zugute kommt. Dalt aber auch eine sich ehrlich bemiihende Wirtschaftspolitik (von dem natiirlich mSglichen Fall der politischen Korruption i s t hier nicht zu sprechen) ihre. ttilfe-zugunsten von
Einzelin, teresse und Gemeinwohl.
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einzelnen Interessen gewAhrt, das ist aus manchen Grtinden leicht zu verstehen: 1. Das schutzbediirftige ,,Einzelinteresse" ist nicht immer allein das Interesse einer einzelnen Person oder eines einzelnen Unternehmers. Oft handelt es sich um den Schutz eines ganzen Produktionszweiges. Mit dem Interesse schon eines einzelnen Betriebes 'sind d~ie Interessen der besch~ftigten Arbeiter, der Lieferanten und anderer verbunden, dann etwa die Interessen des Ortes, in welchem ein Betrieb seinen Sitz hat, usw. Damit wird aber das ,,Einzelinteresse" zum Interesse einer groIten Gruppe innerhalb der Gemeinschaft, einer Gruppe, welcher man den Schutz nicht verweigern zu sollen glaubt, wenn die Belastung ~ener, welche durch die Wirkungen der Schutzmal~nahmen (praktisch in der Regel: dutch einen hSheren Preis des Produktes) gesch~idigt werden, im Vergleich zu dem dieser Gruppe drohenden grolten Schaden gering erscheint und wenn vor allem auch die dabei geschiidigten Interessen nicht organisiert sind und sich deshalb kein GehSr verschaffen kSnnen. 2. Seit in der modernen Entwicklung des Groltbetriebes das feste Kapital eine immer grSltere Bedeutung erhalten hat, erscheint der Schutz einer Unternehmung als Schutz eines Bestandes an nationalem Reichtum. Wer den Bestand an Fabriksgeb~tuden und Maschinenanlagen sieht, der w i r d nicht leicht sich dem Gange des ,,zurechnungstheoretischen" Den ~ kens erschlielten, welches dartut, dait die grSl~te Anlage nur dann einen Wert repr~tsentiert, wenn sie einen Ertrag schaffen kann, dalt sie abet eine Belastung ftir die ganze Wirtschaft, ein Passivum ist, wenn z u ihrer Erhaltung Opfer d e r Allgemeinheir direkt (z.B. Subventionen)oder indirekt (in der Form von Preiserhiihungen)getragen werden mtissen. Gerade abet die Verkniipfung von Einzelinteressen m i t fixen Kapitalanlagen h a t dem Verlangen nach Schutz immer wieder eine besondere Stoltkraft verliehen. 3. Menschlich begreiflich ist es, dal~ Schutzinteressen die verschiedensten Verbindungen linden, durch welche sie ihre eigenen Interessen zu einem:Interesse des Ganzen zu machen suchen. Nicht nur vorgebliche: wirtschaftliche Zielsetzungen werden h i e r eine Rolle spieien (z.B. Schutz der heimischen Produktion gegen die iiberlegene ausl~tndische Konkurrenz ist
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Der Sinn der Wirtschaftspolitik.
eines der am h~tufigsten gehSrten Schlagworte; das Argument ist viillig verfehlt, weil der dauernde Schutz der einzelnen inliindiSchen Produktion eine Benachteiligung der wirtschaftlichen Interessen der Gesamtheit bedeuten mult und weil nicht eine Besserung sondern eine Verschlechterung der heimischen Produktionsbedingungen durch den Schutz nicht konkurrenzf~thiger Produktionen erzielt wird), sondern auch sehr hi~ufig Argumente, welche nach anderen Zielsetzungen hiniiberspielen (Unabh~ngigkeit vom Auslande aus politischen Grtinden usw.). Es war nur zu hiiufig festzustellen, dait erst die Dienstbarmachung ftir Sonderinteressen solchen Zielsetzungen die Anerkennung in d e r Politik gebracht hat. 4. Ein besonders wichtiger Umstand ist hier aber hervorzuheben: Das Verweigern eines Schutzes bedeutet nur z u o f t das Untergehen einer Produktion, es betrifft damit nur zu oft viele einzelne Produzenten (u. U': Bauern, Gewerbetreibende), es zwingt diese zu Umstellungen, zu neuen Versuchen, fiir welche nicht alle voll geeignet sind, es drtickt das soziale Niveau oft alteingesessener BevSlkerungskreise (soweit diese als Repriisentanten schwer beweglicher Produktionsmittel anzusehen sind), es bringt Unruhe in Gesellschaft und Wirtschaft. Die Staatsraison wird sich aber niemals der Notwendigkeit verschlielten kiinnen, gewisse konservative Kreise in der Beviilkerung immer wieder zu schiitzen. Auf die Dauer wird in keinem Lande viillige und uneingeschri~nkte Bewegung in der Wirtschaft sozial ertragbar erscheinen. Damit aber verankert :sich die Politik des Interessenschutzes in einem Gebiete, welches weit fiber den Bereich des rein Wirtschaftlichen hinausgreift. Interessenschutz wird aus diesem Zusammenhange immer zur Politik eines Konservatismus werden, dem niemand alle Berechtigung wird absprechen k(innen. Auch wer seiner persiinlichen Einstellung nach griiflere Bewegungsfreiheit im allgemeinen vorzieht, wird Wahrscheinlich bei ernster ~berlegung nicht die allerletzten Konsequenzen a u s dieser Einstellung ziehen kSnnen, sondern - - i n mehr oder weniger weitem B e r e i c h e einen gewissen Konservatismus gerade auch in Dingen der Wirtschaft anerkennen mtissen. Ist aber die Intervention zugunsten von Einzelinteressen wirklich in weiten Bereichen der Wirtschaftspo!itik vorherr-
Einzelinteresse und Gemeinwohl.
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schend? Man wird diese F r a g e nicht auf G r u n d dessen beantworten kSnnen, was die Fiihrung der Wirtschaftspolitik fiber ihre Ziele sagt, nicht einmal auf Grund dessen, was sie fiber diese Ziele denkt. W e r d'iese F r a g e beantworten will, der mul~ das, was tats~chlich geschieht, betrachten. E r wi~d Intervention zum Schutze von Einzelinteressen immer wieder als eine Politik im Interesse des allgemeinen Wohlstandes vertreten finden, er w i r d dann erkennen mfi,ssen, daft da ein Mittel angewendet Wird, welches zur Erreichung dieses Zieles nicht tauglich ist. (Ebensowenig wie man b e i einem Kampf mit Messern von einem Boxkampf sprechen kann, sollte man bei einer Wirtschaft, welche einmal Interventionen zum Schutze von Einzelinteressen kennt, von einer ,,freien Wirtschaft" sprechen.) E r wird aber auch Interventionen zum Schutze von Einzelinteressen vertreten finden mit Argumenten, welche auf ganz andersartige Zielsetzungen hinweisen. W a s wirklich der gemeinte Zweck der Ma~nahmen war, das wird nicht immer leicht zu sagen sein. Gleichgiiltig aber, ob da auch andere Zwecke erstrebt und vielleicht erreicht werden, - - im Rahmen der Wirtschaft wird eine V e r k n a p p u n g immer die Folge dieser Wirtschaftspolitik sein mfissen. ~berblicken wir aber die Geschichte d e r Wirtschaft fiber die Jahrhunderte hin, so sehen w i r in aller Deutlichkeit, da~ Perioden, in welchen st~irkere Staatsinterventionen vorgeh e r r s c h t haben, mit solchen abgewechselt haben, in welchen die Wirtschaft eine wesentlich grSfiere Freiheit genofi. Und es i s t in aller Deutlichkeit zu sehen, daft die Zeiten des Vorwiegens der Interventionen zugleich Zeiten knapperer Versorgung waren, w~hren,d die Zeiten, in welchen die Beweglichkeit der Wirtschaft eine grSl~ere war, auch die Zeiten wachsenden Reichtums und ausgiebigerer Versorgung waren. Es ist hier niCht zu fragen, was ~eweils die Ursache ,des Umschlagens der Politik von der einen Richtung zu der anderen gewesen ist. Es ist auch nicht zu fragen, ob ein verstarktes Eingreifen des Interventionismus Ursache der Schm~ilerung des Reichtums in den schlechten Zeiten gewesen ist oder a b e r ob eine aus irgendwelchen ~ufieren Grfinden eingetretene Verschlechterung i n den wirtschaftlichen Verh~ltnissenl der erste Anlal~ zu den immer weiter gehenden Eingriffen des Staates gewesen ist.
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Der Sinn tier Wirtschaftspolitik.
Wenn aber einmal eine verstarkte Einffihrung von SchutzmalL nahmen zugunsten von Einz'elinteressen gegeben ist, so wird sie immer eine Verknappung in der Wirtschaft zur Folge haben. Damit wird ein neuer Anlal~ zum Verlangen nach weiteren SchutzmaBnahmen gegeben sein und die fortschreitende Verkn.appung wird neue , Interessen zu einem Verlangen nach Schutz aufrufen. Ein Abgehen von diesem Wege ist immer besonders schwer gewesen. Es konnte, wie die Geschichte zeigt, gelegentlich nur in schweren revolution~iren Erschiitterungen erzwungen werden. Eine Steigerung des Wohlstandes wird dann aber immer n u r dadurch erreicht werden kSnnen, daft die Pr~duktionsmittel wieder in grSl~erer Freiheit den Weg in ~ener Verwendung suchen kSnnen, in welcher sie den grSl~ten E r t r a g geben. Die Wirtschaftspolitik des Staates wird wohl immer zwischen den beiden Extremen einer st~rkeren Betonung der Wirtschaftsfreiheit und einem Vorwiegen des Interventionismus schwanken. Wollte ~eman,d die Erkenntnis, dab freie Bewegung der Produktionsmittel einen grSBeren Wohlstand verbtirgt als der Schutz von Einzelinteressen, dazu verwenden, um ffir die Politik der Wirtschaftsfreiheit als einzig richtige Politik zu pladieren, so wfirde er Wohl ffir eine im v o r a u s verlorene Sache ' eintreten. Die Wirtschafts- und Staatspolitik wird sich immer auch andere Ziele als die des Volkswohlstandes setzen, sie wird sich immer wieder unter dem Druck von Einzelinteressen aber auch aus anderen Grfinden zu einer Interventionspolitik, welche Bestehendes zu erhalten sucht, bekennen. Die Wirtschaftswissenschaft darf s i c h nicht zum Richter aufwerfen, welcher fiber alle diese mSglichen Zielsetzungen entscheiden will. S i e kann nur zeigen, welche W i r k u n g e n die eine oder die andere Politik haben muB. Ffir die Stellung des Einzelnen zu F r a g e n der Wirtschaftspolitik wird sicher immer zunachst seine Interessenlage bestimmend werden. Das mul~ menschlich begreiflich sein. Wenigen nur wird es gegeben sein, vSllig u n a b h ~ n g i g von eigenen Interessen idealen F o r d e r u n g e n zu dienen. Eine ge" lauterte Erkenntnis der Zusammenh~nge der Wirtschaft und der Kr~ifte, welche aus dem Streben nach Behauptung im wirtschaftlichen Wettkampfe entstehen, w i r d aber sehen, dal~ unter
Einzelin'tere.sse und Gemeinwohl.
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den verschiedenen Interessengegensatzen einer immer von ganz einschneidender Bedeutung sein mull: Auf der einen Seite stehen ~ene, welche bestehende Positionen verteidigen miissen, weil Bewegung in der Wirtschaft und Anpassung an geanderte Verh~ltnisse ihnen Schaden bringen mull, - - auf der anderen Seite aber ~ene, denen nur die grS~te Beweglichkeit in der Wirtschaft eine volle Ausniitzung ihrer Leistungsfahigkeit ermSglicht. W i r glauben nicht, daft die Wirtschaftspolitik in dem Konflikt zwischen diesen beiden sich vorbehaltlos auf eine Seite stellen daft. Der Gegensatz zwischen dem Verlangen nach Sicherung des Bestehenden und dem stiirmischen Vorwartsdr~ngen wird hinter manchem anderen verborgen vielfach gar nicht im Vordergrund des Spieles sozialer Kr~fte sichtbar werden. Er wird aber immer bestehen. Die ,ira Laufe der Geschichte schwankende Stellungnahme der Wirtschaftspolitik in diesem Widerstreit wird in der Gestaltung der Wirtschaft weitaus starker zur Geltung gelangen als die Stellungnahme zu anderen Fragen, denen die Tagesdiskussion eine iibermal~ige Bedeutung zuerkennt, Eines wird aber wohl immer gelten: dal~ in einem gesunden Volke die Jugend nicht auf der Seite ~ener stehen kann, welche ihr Interesse in der E r h a l t u n g dessen sehen, was heute ist, sondern nur auf der Seite ~ener, denen die Zukunft gehSrt.
Anleitung fiir das Weitere Studium. Wer nach dem eingehenden Studium einer ersten Einftihrung (hier seien noch genannt: Hubert D. He n d e r s o n, Angebot und Nachfrage, 1935; Enrico B a r o n e, Grundziige der theoretischen NationalSkonomie, 1927; C. A. V e r r i ~ n S t u a r t , Die Grundlagen der Volkswirtschaft, 1 9 2 3 ) g l a u b t , Neigung und Eign~ng ftir ein spezialisiertes Stu.dium unserer Wissenschaft zu haben, wird zunachst die grSl~ere~ systematischen Darstellungen (unter diesen sei vor allem genannt: Knut W i c k se 1l, ,V0rlesungen fiber NationalSkonomie auf Grundlage :des Marginalprinzips, 2 Bande, 1913 und 1 9 2 2 ) z u r Hand nehmen mtissen. Sodann wird er neben den alteren (insbesondere auch den klassischen) Schriften ,die moderne Spezialliteratur zu verarbeiten h a b e n . Aus den Schriften, welche die mit der Wirtschaftspolitik verbundenen Fragen behandeln, seien genanntBarett W h a l e, Internationaler Handel, 1936; Gottfried ,H a b e r 1e r, Der internationale Handel, Theorie der weltwirtschaftlichen Zusammenh~nge sowie Darstellung und Analyse der Auitenhandelspolitik, 1933; E. A. G. R o b i n s o n, BetriebsgrSite un.d Produktionskosten, 1936; Antonio d e V i t i d e M a r c o, Die Funktion tier Bank, 1935; Hugh D a 1t o n, Einftihrung in die Finanzwissenschaft, 1926; Knut W i c k se 1l, Finanztheoretische Untersuchungen, 1896; Otto v. M e r i n g , Die Steueriiberw~tlzung, 1928; Oskar M o r g e n s t e r n, Die Grenzen der Wirtschaftspolitik, 1934. Gewarnt sei vor einer voreiligen Urteilsbil, dung in allen Fragen des Geldwesens. Gerade auf diesem Gebiete ist eine griindliche Kenntnis der allgemeinen nationalSkonomischen
Anleitung fiir d~s weitere Studium.
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Theorie, insbesondere der Kapitaltheorie (neuere I)arstellungen: Walter E u c k e n , Kapitaltheoretische Untersuchungen, 1934; S t r i g l , Kapital und Produktion, 1934) Voraussetzung ftir Verstandnis und tieferes Eindringen. Es wird sich insbeson~dere beim Stadium des Geldwesens empfehlen, von den Schriften der Klassiker auszugehen. (Aus der neueren Literatur sei zun~chst genannt die einftihrende Darstellung von D. H. R o b e r t s o n, Das Geld, 1935; Ludwig v. M i s e s, Theorie des Geldes und der Umlaufmittel, 1 9 2 4 . ) , E i n e ausftihrliche dogmengeschichtliche Ubersicht fiber die wichtigsten Probleme bietet Valentin F. W a g n e r, Geschichte der Kredittheorien, 1937. (Die ,der hier en~wickelten Ertrags- und Kostentheorie zugrun~deliegenden Gedanken hat der Verfasser naher begrtindet in einem Aufsatz ,,Zurechnung und Ertragsgestaltung", Zeitschrift fiir NationalSkonomie, Band VII, 1936.)