-DIE GLEICHUNGEN DER PHYSIK Meilensteine des Wissens Sander Bais
Aus dem Englischen ubersetzt von Thomas Hempfling
Birkhauser Verlag Basel· Boston- Berlin
Der Aut or rnochte seinen Kollegen vom In-
Autor
stit ut fur Theoreti sche Physik in Amste rdam
Sander Bais Institu te f or Theoret ical Physics
danken, insbesondere Dr.Leendert Suttorp fur
Universit y of Am st erdam
konstrukti ve Kom me nt are und vo rschlage.
The Neth erland s
Ein Teil des Manuskripts enst and w ahrend
Blbli ografische Info rm at ion Der Deuts chen Bibliot hek Die Deutsc he Bibl loth ek verzeichnet diese Publikat lo n in der Deut schen Nat ionalbibli ografi e; det aill ierte bib liogr afi sche Daten sind im Int ernet uber cht t p .z/ dnb.ddb.deo abrufba r.
eine s Auf ent halts am Santa Fe Inst it ut e, dessen Gastfreundschaft und st im ulierende At rnosphare w ir dankb ar anerkenn en. Der
ISBN 3-7643 -7235-4 Birkhauser Verlag, Basel - Boston - Berlin
Das Wer k lst ur heberrecht lich geschutz t . Die dadurch begrunde te n Rechte , insbesond ere die der Ubersetzung. des Nachdru cks, des Vort rags, der Ent nahme von Abbii dungen und Tabellen, der Funksendun g, der Mi kroverfi lm ung oder der vervielfaltigun g auf anderen Wegen und der Speicherung in Date nverarbei-
Auto r ist auch den Mitarbeit ern des Projekt s bei AUPverpfl ichte t , insbesonde re Vanessa Nij w eide fur ihre Rat schlage, ihr en Enthu siasmus und ihre Geduld.
t ungsanlagen , bleibe n, auch bei nur auszugswe iser Verw ert ung, vo rbehalt en. Eine Verv ielfa lti gung dieses Werkes oder von Teilen di eses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der geset zlichen Bestlm mungen des Urheberrecht sgesetz es in der jeweiis gelt enden Fassung zulassig. Sie ist grund sat zllcn
vergut ungspfl lchttg. Zuw iderha ndlungen unt erli egen den Strafbestim mungen
Die biographi schen Information en st am men aus verschiedenen Quellen, wi e et w a.
des Urheb errecht s.
Concise Dictionary of Scientific Biography,
Co pyri ght © 200 5 Amste rdam Universit y Press
Charles Scribners and Sons, New York, 1981. Copyrig ht f iir di e deutsche Ausgabe © 200 5 Birkhauser Verlag, P.O. Box ' 33,
CHAOlO Basel, Schwe iz und Amst erdam Universit y Press Birkhauser Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media First published In th e Neth erlands by Amste rdam Univ ersity Press, Amste rdam Cover and book desig n Gijs Ma tt hijs Ont w erper s, Amst erdam
The Mac Tutor History of Mathematics Archive: www-g roups.dcs.st -and.ac.uk/ histo ry
ISBN·10, 3-7643 -7235-4
w w w .nobel.org ISBN-B : 978-764 3-7235-4
98 7 6 5 4 3 21
www.b irkhauser.ch
www.sciencew o rld.w o lf ram.com
Inha lt
6
Einfiihrung
11
Der tautologische Werkzeugkasten
18
Aufstieg und Fall Die logist ische Gleichung
22
Mechanik undGravitation New to ns dy nam ische Gleichungen und das unive rselle Gravitationsgesetz
28
Die elektromagnetische Kraft Die Lor entzkraft
32
Ein lokaler Erhaltungssatz Die Kontin uitatsg leichung
34
Elektrodynamik Die Maxwell -Gleich ungen
40
Elektromagnetische Wellen Die Welleng leichungen
42
Solitonen Die Korteweg - De Vries-Gleichung
44
Thermodynamik Die drei Hauptsatze der Thermodynamik
50
Kinetische Theorie Die Boltzmann-Gleichung
54
Hydrodynamik Die Navier- Stokes-Gleichungen
58
Spezielle Relativitatstheorie Re lativistische Kinematik
64
Allgemeine Relatlvitatstheorle Die Einstein-Gleichungen
70
Quantenmechanik Die Schrodinger-Gleichung
76
Das relativistische Elektron Die Dirac-Gleichung
80
Die starkeWechselwirkung Quanten-C hromodynamik
84
Elektro-schwache Wechselwirkung DasGlashow-Weinberg-Sa lam-Modell
88
Stringtheorie Das Auftreten der Superst rings
93
Zuriick in die Zukunft Ein let zt er Ausblick
Mathematik alseineSprache der Natur
6
In diesem Buch geht es um die grundlegenden Gleichungen der Physik, die inspirierenden Ergebnisse unserer Aufgabe, das Universum zu verst ehen. Diese Gleichungen sind komprim ierte Aussagen uber die Funktion swe ise der Natu r, geschrieben in der
Hnfuhrung
Sprache der Mathematik. Daher konnen diese Gleichungen nicht allein mit logisch en Begrundungen abgeleitet werden : sie sind das Ergebnis einer kritischen Auseinandersetzung zwischen der Beobachtung der Natur und der Intuition und Kreativitat einiger groser Denker. Es ist nicht Ziel dieses Buches, Mathematik oder Physik als exakte Wi ssenschaft zu lehren. Die Gleichungen werden so einfach w ie moglich prasentiert, ohne deren emp irische segrundung allzu sehr zu komm entieren - obw ohl un s ihre Existenz
hauptsachltch dur ch die sorgfaltlge und kritische Beobachtung der Natur offenbart wurde. Dieses Buch versucht , die Schon heit der Gleichungen zu zeigen und spannende Foigerungen zu diskutieren. Physiker benutzen Mathematik als eine Sprache der Natur,
Ein modernes Dogma
die regelm afsig erw eit ert w erden mu sst e, wenn neue Ebenen
Ein neuzeit liches Dogm a verbietet es, Glei-
physikali scher Realit at entdeckt wurden . Wahrend Naturwis-
chungen zu benutz en, um w issenschaftliche
senschaftler Mathematik als Sprache nutzen , studieren Mathe-
Erkenntni sse volksnah darzustellen. Manche
matiker sie um ihrer selbst willen.
Leut e hassen Gleichungen, andere lieben sie.
Konkretisierung vonZusammenhangen durch Zuordnung von
zu erlaut ern. aber dabei keine Bilder ansieht.
Ausdriicken
In diesem Buch set zen w ir uns uber dieses
Das ist, w ie wenn man jemanden bit tet, Kunst
Das Wort Gleichung stammt vom lateinischen aequare, abgelei-
Verbot hinw eg und drehen den Sp ie ~ urn :
tet vorn Wort aequu s, das gleich oder eben bedeutet. Manche
den Gleichungen selbst wi rd die Haupt auf-
Gleichungen tun nichts welter. als einer Variable n einen Wert
merksamkeit gew idmet. Und we nn w ir von
zuzuweisen , aber im Aligemeinen beschreiben sie die Beziehun-
Gleichu ngen als Meilensteinen des Wissens
gen und mogllchen Anderungen von Zeit und Ort zwi schen phy-
reden, sollte n w ir sie sicherlich in all ihr er
sikalischen Variablen , die das bet rachtete physikalis che System
Scho nheit zeigen.
7
charakterisieren . Mathematisch werden diese Beziehungen durch relationale Symbole wie das Gleichheitszeichen '~ ', gro~er als ')' und kleiner als 'c' ausgedruckt. Man spricht infolgedessen von Gleichungen oder Ungleichungen, je nach verwendetem relationalem Symbol. Esgibt viele Gleichungen unterschiedlichster Wichtigkeit in der Wissenschaft. Die Grundgleichungen, auf die wir uns konzent rieren wollen , markieren entscheidende Wendepunkte in unserem Verstandni s, Sie sind die Basisknoten in einem komplexen Netzwerk von Ideen, das in einen Raum beobachtbarer Fakten eingebettet ist.
Gesetzund Ordnung Das Uni versum ist auf allen Skalen hoch-
Einfache Gleichungen und komplexeLosungen
gradig geordn et. 1m Gro fsen kiinn en w ir
Zur Untersuchung eine s System s oder einer Struktur verwen-
uns Planet ensystem e vorste llen, die sich
den w ir gew iihnli ch eine Anzahl Variablen wie Position, Beviil-
auf einer Bahn um einen Stern w ie unsere
kerungszahl , Dichte, Temperatur, usw . Dann versuchen wi r,
Sonne bew egen, oder auch Stern enh au-
Beziehung en zwis chen diesen Struktur-Variablen zu finden, die
f en, die Galaxien f ormen , ode r Galaxi en,
resulti erenden Gleichungen kiinnen ziemlich komplizi ert sein.
di e Cluste r oder Superclust er bild en. 1m
Die Variablen sind die Unbekannten, die Dinge, fur die wir die
Klein en kiinn en es At om e sein, Kerne,
Gleichungen losen wollen. Die Natur ist auf allen Skalen hochst
oder die elem ent arste n Baustein e der
organisiert und offenbart Konfigurationen erstaunlicher struk-
Materie wie Quark s, Elektron en oder Pho-
tureller Stabilitat und Verschiedenartigkeit.
tonen . Dazwi schen gibt es eine riesige
Einfache Geset ze konnen
Zahl komplexer St rukt uren kond ensierter
beschreiben. Nicht die Kornplexitat unserer Welt ist erstaun-
Materie, z.B. Flusslgkeiten, Krist alle und
lich, sondern die Einfachkeit der Gleichungen, welche diese
durchau s komplexe Strukturen
Sandhugel, und naturlich di e erst aunli-
komplexltat beschreiben .
chen mol ekular en St rukt uren w ie DNA
Wir haben eine zweifache Aufgabe: zum einen, Gleichungen zu
und Proteine. Uns interessieren so viele
finden, welche die Struktur und das dynamische Verhalten eines
Arten vo n Syst eme n: Bevolk erungsent -
Systems beschreiben ; zum anderen, zu verstehen . welche Prin-
wi cklung , Akt ienmarkte.
Lernprozesse,
zipien die Gleichungen ausdrucken und wie man ihre tosungen
Epidemien oder soga r das Uni ver sum als
findet. Um die Gleichungen zu finden, muss man Wissen uber
Ganzes, um nur einige zu nenn en.
das zu modellierende System sammeln, was vornehmlich Auf-
gabe eines Naturwissenschaftlers ist, aber zum Auffinden der L6sungen ist der Mathematiker ein unentbehrlicher Partner. Die L6sungen beschreiben nicht nur statlonare Objekte wie ein Molekul oder einen Kristall, sondern auch dynamische Prozesse wie die Streuung von Teilchen oder die Zeitentwicklung eines Systems, z.B. das Wetter, die Str6mung eines Flusses,das Wachstumsverhalten konkurrierender Bakterienpopulationen oder die Expansion des Universums. Oft konnen Gleichungen etwas voraussagen: neue L6sungen k6nnen den Weg zu neuen experimentellen Entdeckungen weisen.
Varia bien und Konstanten Neben den Unbekannten (Variablen) enthalten Gleichungen meistens Kontrollparameter. Das sind Konstanten, und wenn man ihre Werte andert, k6nnen sich die Eigenschaften der erhaltenen L6sungen dramatisch verandern . In Abhanglgkelt von der Temperatur als Parameter kann Wasser gefrieren oder verdampfen . Je nach der Starke der Anziehungskraft kann ein Orbit beschrankt oder unbeschrankt sein. Die fundamentalen Gleichungen enthalten gewisse universelle Konstanten ('fundamentale Naturkonstanten'), wie etwa die Newtonsche Gravitationskonstante, welche die Starke der Gravitationskraft bestimmt; die Lichtgeschwindigkeit oder die Plancksche Konstante. Die Werte dieser bedeutensten fundamentalen Konstanten finden sich in der Tabelle auf der vorderen Umschlagklappe. Sie definieren die Skala in unserem Universum. Wenn wir diesel ben Gleichungen nehmen, aber diese Naturkonstanten andern, dann ware auch die Natur stark verandert. Das Universum k6nnte dann durchaus unbewohnbar sein, und wahrscheinlich waren wir nicht hier und in der Lage, das zu diskutieren. 1mMoment gibt es keine Begrundung dafur, warum die Werte so sind, wie sle sind .
8
9
Wie dieses Buch gelesen werden sollte Ich schlage vo r, die einf uhrenden Kapitel durchzuarbeiten, in denen einige ents cheidende mathematische Konzept e mit den zugehorigen Sy m bolen eher salapp eingefUhrt w erden . Insbesondere lernt man dabei einiges Vokabular , das in den spat eren Kapit eln oft gebr aucht wird, und das man hier und da wieder
Die Vogelperspektive
nachschl agen rnochte .
Dieses Buch besteht aus einer Art Landschaft
Die Kapitel sind nicht nummeriert, um anzud eut en, dass man
mi t den Gleichungen als Bergen. Einige der
das Such nicht von vorne nach hinten dur charbeiten mu ss.
Berge sind rnuhsam zu best eigen, aber wenn
Es ist eher eine Art Galerie , in der man von einem Raum zum
man einmal oben ist, ist die Aussicht grogart ig.
nachsten flan iert.
Wir machen es uns einfach. Wir fli egen uber
Augerdem kennen sich die Gleichungen. Sie umarmen sich,
die Landschaft und blicken auf die hochst en
gehen Hand in Hand oder haben verborgene oder offensicht -
Gipfe l, ohne uns darum zu kumrn ern, w ie
liche Meinungsverschiedenheiten. Manchmal we rden zw ei in
schw ierig es sein mag, von einem zum ande-
einen Kampf verw ickelt, und eine dritte ent steht darau s. Oft
ren zu wa ndern . Wir sehen die engen Passe,
gibt es w iderspruchliche Sit uat io nen, die in der Foige durch die
eisigen Glets cher, Spalt en und Steilwand e
EinfUhrun g neuer umfassender Konzept e auf gelost w erden
nicht. Wir lassen 99% der Muh e weg, um,
mu ssen - die Krise als Kreativit at sschub, Die Gleichungen schrei-
so we it w ie nur mogll ch, 1% der Inspirati on
ben eine kurze Geschichte von Paradigmenwech seln, eine kurze
zu geniefsen (um Einstei ns Max ime uber die
Geschichte der physikalischen Gedankenwelt.
Wissenschaft zu um schreiben). Wir betr eten die fe lsigen Pf ade nicht ; w ir bet rachte n sie als Net zw erk dunner Faden, das uber die Landschaft gespannt ist. Die Wahl der Vogelperspekt ive lasst uns nicht alles vollstandig verste hen. Furviele wi rd das der erste Ausfl ug in ein un bekannt es Land sein . Scho ne Dicht kunst in einer fr emd en Sprache. Das macht nicht s, wen n man m it viet mehr zuruckkehrt, als mit dem, was man am Anfan g w usste. Aus diesem Grund f olgt vor dem Einschiffe n eine lnhal t subersicht .
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IdealesGasgesetz (N. k) Thermodynamik Hydrodynamik
Kinetische Theorie
Inhaltsiibersich t
Boltzmann -Gleichun g
In der ln halt suberskht haben w ir einige der of f ensichtlicheren Beziehungen zw ischen den Themen angedeutet. Die pfe ile deuten me istens die Chrono logie der Ent deckung
MechanikNewton-Gleichun gen (GN )
an. Wir werden in der Mi tte st art en und
Elektrodynamik M axwell -Gleichung en (e)
zuerst nach oben zur makroskopischen Welt wa ndern, wo das M at erial aus sehr
1
vielen At ome n besteht. Danach beweg en w ir uns abwa rts . vo rbei an Re lativitat und
Quantentheorie
Spezielle
Schrbdinger-Gleichung (h)
Relativitatstheorie (e)
Quanten-Str anden, Am Ende kbnnte n w ir uns vorst ellen, dass ail e Pfeile nach oben zeigen, denn das
Dirac-Gleichun g
w urde die st rukturelle Hierarch ie un serer
1
Welt wieders piegel n. und daru ber hinaus hat sich die Nat ur w ahre nd ihrer 13.7 Mi l-
Standard-Modell
Allgemeine
liarden Jahre Evolut ion seit dem Urknall so
Quante n-Chromod y nam ik (mp)
Relativitatstheorie
entfaltet. Diese groge Evolution , die Dar-
Elekt ro-schwac he Theorie (mw)
Einste in-Gleichunge n
wins erdgebunde ne Visio n vbllig umfasst. zeig t den unw iderlegbar en Erf olg des
1 Stringtheorie
Reduk t ion ismus in der Wi ssenschaft. Dass die Natur selbst in der Lage ist , den eigenen Ursprun g zu verste hen, mag bedeuten, dass w ir in unserem Zeita lter eine wichtige Schw elle der Evolution uberschrelt en.
11
Eine mathematische Hierarchie Esgibt eine gew isse Hierarchie in der Struktur von Gleichungen . Ihr Grad mathematischer Kornpl exitat hangt von der Art der Objekte ab, die man beschreiben will. In der Schule wurden die meisten von uns mit Gleichungen konfrontiert.
Der tautologische Werkzeugkasten
Die einfachsten Gleichungen sind algebraische Gleichungen, in denen nur algebraische Rechenop erationen w ie Addition, Multiplikation usw. vorkommen. Eine einfache algebraische Gleichung. die in der Physik eine wi chtig e Rolle spielt, ist die Zustandsgleichung eines idealen Gases. Man schreibt sie meisten s PV=RT und druckt damit den phanornenologischen Zusammenhang zwi schen dem Druck P, dem Volumen II; we lches das Gas einnim mt, seiner Temperat ur Tund der funda-
!
mentalen Gaskonst ante n R (einer bekannten Zahl) aus.
P
Eine solche Gleichung kann verschiedenart ig benutzt w erden. Sie sagt aus, dass die drei Variabl en P, V und T nicht unabhan gi g sind, denn sie rnussen die genannte Relation erfullen . Eine of fe nsicht liche Anwendung der Gleichung ist, dass man aus den bekannten Werten von zwe i der drei Variablen den Wert
V-
der dritten berechnen kann. Aber die Gleichung enthalt viel mehr als nur qualitative information . Zum Beispiel folgt daraus, dass die Temperatur stelgt, wenn man den Druck P bei konstantem
PV=RT
Volumen erhoht. Die meisten Leser werd en wi ssen, wi e man eine Gleichung w ie diese in verschiedenen, aber aquivalenten Form en schreiben
Die Gaskonsta nte R ist defi niert dur ch
kann, indem man das Rezept 'Was Du auf der Iinken Seite machst,
R=Nk, wobe i N die AvogadroKo nsta nte
musst Du auch auf der rechten Seite rnachen' benutzt. Subtrahiert
tst, die mit der Anzahl der in der betr ach-
man RTvon beiden Seiten. erhalt man PV-RT=O. Oder: dividiert
t et en Sto ffmenge entha lt enen M olekule
man beide Seiten durch T, so folgt PV/T=R. Je nach der Frage,
korrespond iert. Die Bott zrnann-Konsta nt e
die man beantworten will . wird die eine oder die andere Form
ki st eine fun dam ent ale Kon st ant e, we lche
besser geeignet sein. Auch w enn die Gleichung anders aussieht,
Tem perat ur und Energie verknupft.
bleibt ihr e Botschaft immer glei ch.
Die meisten Gleichungen, die wir st udieren, sind nicht von diesem
12
einfachen algebraischen Typ, sondern benutz en fo rt geschrittenere Begr iffe w ie Ableitungen. Bevor wir uns also an Bord begeben, rnussen wir einige der am haufigsten vorkommenden mathemati schen Symbole einf uhren und ihr e Bedeutun g erklaren,
Die quantitative Sprache: Variablen, Funktionen und Felder
Inversionen
W ir schauen uns eini ge mathem at ische Gewo hnheite n und
Wenn wi r eine m ath em ati sche Operatio n
Symbole an. Es ist ublich, GraBen mit Buchstaben zu bezeich-
defi niert haben, zahlt es sich imm er aus,
nen - Temperatur T, Zeit t, Ort r, usw. -, die verschiedene Werte
nach der inversen Operati on zu fr agen.
annehm en konnen und daher Variablen genannt werden . In den
Me ist tret en Ope rat ionen als Paar auf, das
Gleichun gen kommen auch viele Konst anten vor: einerseits uni-
sich gegenseit ig neutrali siert. W icht ige
verselle Konstanten wie die Lichtgeschw indigkeit co der die Ladung
math emati sche
des Elekt rons e, andererseits Parameter, die in einer gegebenen
gernacht , ind em geeignete Inversionen
Situation feste numeri sche Werte annehmen, wie zum Beispiel die
defin iert w urden.
Viskosita t t'J , die naturlich von der Art des Mediums abhangt, das
Beim Spielen mit Murmeln lernt man das
Entdec kungen
w urden
man bet rachtet: Sirup ist viskoser als Wasser. Ansta t t die nume -
Zahlen, also positive ga nze Zahlen zu
rischen Werte der Parameter in den Gleichungen zu verwe nden,
add ieren. Verl iert ma n genugen d viele in
kurzen w ir sie auch durch Buchst aben aboWir unterscheiden also
einem Spiel, m acht ma n die schme rzhafte
verschiedene Typ en von Buchst aben in unseren Gleichun gen :
Erfa hrung einer Subtrakt io n und ent deckt
Variabien, universelle Kon st anten und Syst emparamete r.
vielleicht die besonders w icht ige Zahl Null.
Gehen wi r bei den Variabien einen Schrit t wei t er: Variablen
Hat man nicht s me hr ubrlg , versucht man
konnen vonein ander abhangen, dann nennt man sie Funktio-
vie lleicht, noch g raBere Zahlen zu subt ra-
nen oder Felder. Die Raumt emperatur etwa mag von der Posi-
hier en und erfi ndet die negati ven Zahlen.
ti on im Raum und von der Zeit abhangen, Wir schreiben hierfDr
Ahn lich f uhrt Multiplikat ion zur Division
T(r,t), w obei die Notation im pliziert, dass w ir die Temperat ur T
und zur Entde ckung rati onaler Zahlen. Das
als Funktion von Raum und Zeit auffasse n. Eine Funkti on w ie
Bilden der Wurzeln positlve r Zahlen f uhr t
T ent halt sehr vie l Information, denn man kennt sie nur dann
zur kont inuierl ichen Menge de r reell en
voll standig . we nn man ihre Werte f ur j eden Punkt im Raum und
Zahlen, wa hrend W urzeln negat iver Zahlen
f ur aile Zeitpunkte we iB.
die Definiti on kom plexer Zahlen nahelegt.
Das Lebenkann noch kompliziertersein: Variablen und Funktionen
Ma nchmal gibt es bedeutende Antwo rte n
sind oft eine Art Ansam mlung von Objekten ; sie konnen verschie-
auf einfa che Fragen.
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dene Komponenten besitzen . Die Komponenten kennzeichnet man durch einen Index (meistens tief- oder hochgestellt). der das jeweilige Objekt markiert. Zum Beispiel besitzt der Ort r in drei Dimensionen drei Komponenten , indiziert als
r,
=
x, r, = y
and r j = z. r als Kollektion der drei Komponenten heilSt Vektor. Es ist ublich, Variablen oder Funktionen mit Komponenten fett zu drucken. Der fett gedruckte Buchstabe ist wie der Familienname , wahrend die indizierten Komponenten den durch ihre Initialen
z
gekennzeichneten Familienmitgliedern entsprechen. Das Wort Komponente bezieht sich auf ein Referenzkonstrukt, das in den meisten Fallen ein rechteckiges (kartesisches) Koordinatensystem sein wird. Anschaulich heifst das etwa, wenn wir
y
beschreiben wollen, wo wir sind, z.B. in einem Buro in Manhattan , dann rnussen wir drei spezielle Zahlen angeben : eine fur die Nummer der Avenue (x), eine fur die Nummer der Street (y) und eine fur das Stockwerk (z). Vektoren k6nnen in jeder Dimension definiert werden, im AlIgemeinen haben sie eine Lange und eine Richtung. Zum Beispiel kann r als ein Pfeil dargestellt werden, der von einem gewahlten Referenzpunkt (Ursprung) mit Koordinaten (0,0,0) zum Punkt mit den Koordinaten (x,y,z) zeigt. Diese Notation spiegelt den Gebrauch von Vektoren wieder. Wenn wir einen Vektor drehen, andert sich seine Richtung, aber nicht seine Lange. Ansammlungen von Variablen tragen originelle Namen wie Vektoren , Tensoren, Multiplets, Spinoren usw., die mit ihren jeweiligen Eigenschaften zu tun haben, etwa dem Verhalten bei einer Drehung. Zum Schlussmachen wires noch komplexer und kombinieren die genannten Begriffe. Beispielsweise konnen wir eine Funktion mit Komponenten betrachten, wie etwa das 'Geschwindigkeitsfeld ' von Wasser in einem Fluss, v(x,y,z,t) : dies ist ein Feldvon Vektoren, in dem die Komponenten des Geschwindigkeitsvektors v= (v"v"vj ) Funktionen von Raum und Zeit sind, d.h. v, = v, (x,y,z,t) , usw. Man
kann sichsoein Vektorfeld auch alseineAbbildung vorstellen, die jedem Raum-Zeit-Punkt (xJ!,z,t) einen Vektor v zuordnet. Es ist nOtzlich, sichbeieinemVektorfelddie Strornung von Wasser vorzustellen : DieWasserteilchen bewegen sich entlangvon Stromlinien,die sichnicht kreuzen konnen. Um dasVektorfeld in einem Punkt zu veranschaulichen, zeichnet man einen Pfeil tangential zu der Stromliniedurch diesenPunkt,dessen Lange proportional zur Dichte der Stromlinien in der Nahe dieses Punkts ist. Man stellt sich also ein Vektorfeld zu einem gewissen Zeitpunkt als eine Momentaufnahme von Stromlinien vor (siehe Bild).
Die Sprache fur die Veranderung: Ableitungen Funktionen oder Felderbeschreiben zu jedem festen Zeitpunkt eine Situation (d.h. einen Zustand des Systems) in diesem Zeitpunkt. Allerdingssind die meisten Dingeorts- und zettabhanglg. Gleichungen bestimmenoft, wie Grolsen sichauseinemAnfangszustand herausentwickeln. Sieerklaren auch,wie die Orts- und Zeitanderungen physikalischer Varia bienvoneinander abhangen. NewtonsGesetze beschreiben etwa, wie sich bei Einwirkung einer aufseren Kraft der art und die Geschwindigkeit einesTeilchens andern. Daher nennt man diese dynamischen Gleichungen oft 'Bewegungsgleichungen'. Die Gesetze der Hydrodynamik z.B. beschreiben die Orts- und Zeitanderungvon Dichte,Geschwindigkeit und Temperatureiner Flussigkeit in Abhangigkeit derauf die FIOssigkeit wirkenden Krafte und von gewissenfur die FIOssigkeit typischen Konstanten wie vtskosltat und thermische teitfahigkeit. Wir brauchen also eine
Sprache fur die veranderung. Siegehort zu einem bestimmten Zweig der Mathematik, der Differentialrechnung genannt wird . Dieses KalkOI wurde unabhanglgvoneinandervon Isaac Newton und Gottfried Wilhelm von Leibniz am Ende des '7. Jahrhunderts entwickelt. Damit wurde esrnoglich, dynamische Systeme mittels
14
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prazlser mathematischer Ausdrucke zu beschreiben; dies war der Anfang des quantitativen Verstandnisses und der Vorhersage von Naturphanornenen. Wie man dem Wort entnimmt, sind Differentiale nichts weiter als infinitesimal kleine Anderungen . Die in
Differentialgleichungen
benutzten Symbole sind ziemlich naheliegend. Der Ortsvektor r eines bewegten Teilchens wird zeitabhangig sein, also r =
r(t) ; die infinitesimale zeitabhangige Anderung des arts heiBt Zeitableitung und wird als drldt notiert. Die Zeitableitung ist die infinitesimale Anderung des arts r (mit dr abgekurzt) pro infinitesimaler Anderung der Zeit
dt. Sie gibt an, wie sich die
Position des Punkts tendenziell andern wird - eine Art 'Trend' fur die Position. Daher ist der 'Differentialquotient' drldt nichts weiter als die Geschwindigkeit v des Teilchensin einem gewissen
t-
Moment, gemessen in Metern pro Sekunde, wie es die Notation auch nahelegt. Wir bemerken, dass die Beschleunigung a eines Objekts die Zeitableitung seiner Geschwindigkeit v ist, in Zeichen a = dvldt. Beachte, dass sowohl Geschwindigkeit als auch Beschleunigung Vektoren sind (sie haben eine Richtung und eine Lange) und dass beide im Aligemeinen zeitabhangig sind. Die Verallgemeinerung zu hoheren Ableitungen liegt auf der Hand: so ist etwa eine zweite Ableitung nichts anderes als die Ableitung einer Ableitung. 1m obigen Beispiel ist die Beschleunigung die zweite Ableitung des arts nach der Zeit, und man schreibt einfach a = d
2rldt',
was ausdruckt, dass man die Zeitableitung zweimal anwendet. Wah rend die Ableitung uns zu einem Zeitpunkt
t etwas uber
den Trend der Funktion in der Nahe des Punkts sagt , gibt die zweite Ableitung Auskunft uber den 'Trend der Trends' in der Nahe dieses Punkts. Kann man diese Anderungen auf einfache Art veranschaulichen? Ja, wenn man graphi sch daruber nachdenkt: beispielsweise kann
man die Bew egung eines Teilchens als Kurve zeichnen, we lche
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die Punkt e ent halt , du rch die es sich bew egt. ind em man die Zeit ho rizont al und den Abstand vertikal auft ragt (siehe Bild Seit e 15).
to, d.h. die to' ist gerade die Steigung der Kurve zur
Die Zeit ableitu ng des Orts zu einer best immten Zeit Geschw indigkeit zur Zeit Zeit
to (siehe Bild Seit e 15). Die Ableitung einer Funkt ion
ist die
'St eilheit' oder 'St eigung' der Kurve, die positiv oder negativ sein kann . verlauft die Kurve ho rizonta l, 50 sind w ir in einem lokalen Maximum oder Minimum, dort ist die Geschwindigkeit (folglich die Ableitun g der Funkti on) Null. Die zwei te Ableit ung solit e man sich als die KrOm m ung der Kurve vostellen. Negat ive Beschleunigung korrespondiert z.B. zu einer sich abwa rts krOmmenden Kurve. Diese symbolische Denkw eise fu r solche Anderungen ist einfa ch, logisch, elegant , und, wa s vielleicht am Wichtigsten ist, aufserst nOtzlich. Wi e zuvor bem erkt , w erden di e m eist en diskut ierte n Gleichungen Dif fe rent ialgleichungen sein, also Gleichungen, in denen Ableitungen vorkom me n. Sie sind verschieden von den 50 genannte n algebraischen Gleichungen, mit denen die meist en von uns vert raut sind (wie et w a die quadrat ische Gleichung ax' +bx+c = 0, bei der m an x bei gegebe nen a, b, and c best imm en w ill).
Hande l mit Ableitungen
Different ialgleichunge n sind anders. Ein einfaches Beispiel ist
Der englischeBegriff fur Ableitu ng, derivative,
die ber Ohmte Fo rme l von Newton, F =m a, die man auch in der
kom mt als Derivat auch in der Finanzwelt
For m a= F/ m schreiben kann . Wegen a = dv/dt folg t dv/ dt =
vor. Es bezeichnet Prod ukt e wie Optionen,
F/ m. Dies ist eine Diffe rentia lgl eichung fOr die Geschw indigkeit
die ihre Sicherheit von den zugrund e Iiegen-
v = v (t) als Funkt io n von F/ m, die gr undsatz llch sowo hl von x als
den Akt ien oder Devisenkursen ableite n. Sie
auch von t abhangen kann.
sind eine Art Sicherheit gegenOber unvor-
Funk tio nen k6nnen von mehr als einer Variabien abnangen, und
hersehbar grotsen Flukt uati onen, die den
sie konnen sich in Ab hangi gkelt der Variablen andern. Das Bild
Besit zer bedrohen, aber natOrlich benutzt
zeigt eine Funktl onj zw eier Variabler x
undy. Es ist
klar, dass in
man sie auch zur Spekulati on. Diese Derivat e
einem beliebigen Punkt P der Oberflac he die Ste igung in Rich-
unt erscheiden sich von den Ableit ungen, die
tun g x sich vo n der St eigu ng in Richtun g y unte rscheiden kann.
wi r hier diskut ieren, aber beide handeln von
Ein Beispiel einer so lchen Funkti on ist die Tem perat ur, die sich
'Trends'.
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in Abhangigkeit von Ort und Zeit sanft andert, Diese Tatsache moti viert, nicht nur Zeitableitungen, sondern auch Ortsableitun gen d/dx, d/dy und d/dz einzufuhren - und fall s es w eit ere rnogliche Abhanglgk eiten gibt, benutz en wir parti elle Ableit ungen
a/ax, %y, a/oz. Man
kann dann diese drei
Ort sableitungen (wel che die Steigung en einer Funktion in drei verschiedenen Richtungen angeben) als Vekt or zusammenfassen und durch ein einziges Sy mbol \J abkurzen, den Nabla-Operator
f
oder Gradient. Der Nabla-Operator enth alt die Steigungen in den verschiedenen Richtung en. Genauer gesagt: er bildet eine
!(x,y,z) in ein Vekto rfe ld g(x,y,z) mit Komponenten g,= of/ax, g,= of/oy, g,= of/oz abo
Funkt ion
Differenzen aufsummieren: Integration
Um eine Differenti algleichung zu losen, rnussen w ir wi ssen, wie man das Bilden der Ableitung umkehrt. Wenn wir zuerst die Ableitung einer Funkt ion bestimm en und dann diese Operation anwenden , sollte die Ausgangsfunktion w ieder heraus komm en. Wenn wir den Wert einer Funktion g zu einem Anfangszeitpunkt
to und auch die Werte
ihrer Ableit ungen zu allen Zeite n t kennen,
lasst sich die Funktion dur ch Sum mat io n alter Zunahmen - den Differenzen dg - rekonstruieren .ln der Sprache st et iger Differen zen haben Mathematiker eine prazise Definition dieses Begriffs eingefuhrt und den Vorgang Integration genannt. Diese sehr heuri sti sche Beschreibung des Konzepts der Integration genugt fur dieses Buch, denn wir w erden die Gleichungen nie explizit Das Nabla-Sym bol - ein umgekehrtes Delta
integrieren.
- hat seinen Urspru ng in einer alt ertu mlichen dreieckigen assyrischen Harfe. Tart gab
Damit ended unser auf hellender Ausflug in einiges an Vokabular
ih r den Namen 'nabla' und geriet darauf in
und Symbol en, das in den Gleichun gen vorkommen wird . Eine
einen f rohlichen Streit mit Maxw ell, der den
Zusammenfa ssung findet sich in einer Tabelle am Ende des
Namen 'Ste igung' bevorzugte.
Buchs.
Das Wachstum vonLilien in einemTeich ; die Zunahme einerPo-
18
pulationvonBakterien,Ratten oderMenschen ; dieVerbreitung eineransteckenden Krankheit odereines idealen Kettenbriefs: all das sind Beispiele exponentiellen Wachstums. Es istfast be-
angstlgend an diesem Wach stum, dass die Zahlen sehr schnell enorm groB werden. Exponentielle Wachstumsprozesse enden
Aufst ieg und Fa ll
meistaufgrund von Resourcenmangel, etwa Mangel an Raum,
Die logisti sche Gleichung
NahrungoderGeld.
dn dt =rn
Das Gegenteil vonWachstum ist- mathematisch gesehen - sehr
ahnllch zumWachstum : dazu brauchtesnurdenWechsel eines
n(t) =noe Tt
Vorzeichens in der Gleichung. Dadie GroBe der Population nur vonderZeit abhangt, werden diese Prozesse durch sogenannte
gewohnliche Differentialgleichungen beschrieben, die nureine
Historische Bemerkung
Ableitungnach einerVariablen enthalten - in diesem Fall der
Inspiriert durch die Arbeite n von M althu s
Zeitvariablen. Wir beginnen mit der einfachen Gleichung fur
schlug der belgische Mathematiker Pierre
unbe schranktes Wachstum undbetrachten dann die logistische Gleichung, in der dasWachstum in einem bestimmten Gleich-
Verhulst 1838 die logist ische Gleichun g fu r
gewichtspunkt gesattlgt ist.
schen Revolutio n 1830 und der niederlandi-
begrenzt es Wachst um vor. Nach der belgi-
schen Invasion in seinem Land 1831 engagierte Das einfa chste Beispiel eine r Wachstumsgleichung besagt, dass
er sich polit isch. Da dieses polit ische Engage-
die zeit liche veranderung einer Grosse n(t) proportional zu ihrem
ment keine FrOcht e t rug. verlagerte er seine
Betrag zu dieser Zeit ist. n(t) bezeichne et wa die Anzahl der M ause
Int eressen zu sozialenFragen, durch Tat igkeit
in einer kaset abrik zur Zeit t. Diese M ause haben ausreichend
als Ma the matiker und Lehrer.
Futter und werden beginnen. sich w ie verrikkt zu vermehren . Das
Das Interesse Verhulsts an Wahrsche inli ch-
bedeutet, dass die gesamte Reprodu kt ion zu einer best immten
keit stheo rie w urde du rch eine neue Lot t erie
Zeit proportiona l zur Anzahl M ause in d iesem M oment ist. Mi t
get rieben. aber unte r dem Einfl uss von M al-
n pro Zeit ein heit -
d.h. die
thu s' Theorie des Bevolkerungswac hst ums
Zeit ableitu ng dn/dt - w ird prop ortional zu n sein. Oberset zt in
wa ndte er diese Theor ie bald auf polit ische
die Mathemati k erhalt man die nebenstehende Differential -
Okonorn ie und spat er auf dem ogr aph ische
and eren Worten. die veranderu ng in
gle ichung. wobei r der Reproduktionsgrad oder (Malthusscher)
Studien an. Sein labiler Gesundheit szust and
Wachstum sgrad ist (r ist gr osser als Nul l).
fOhrte 1849 im Alte r von 45Jahren zu seinem
In der tosung n(t) dieser Differentialgleichung wacnst die Anzahl
Tod.
dn n - =rn(l- -) dt k
exponentie ll mit der Zeit, wie die Grafik auf Seite 21 zeigt , bei der
20
no die Zahl der Mause zur Zeit Null bezeichnet. Zusammen mit der positiven Konstante n r bedingt die Tat sache, dass die Zeit im Exponenten steht, ein sehr schnelles Wachstum. Dies w ird durch die gestrichelt eingezeichnete, steil ansteigende Kurve in der Grafik veranschaulich t. Wahlen w ir eine negat ive Zahl fu r r, erhalten w ir eine Gleichung fur exponentielles Abklingen. Sie kann zum Beispiel benut zt we rden, um den radioakt iven Zerfall einer Anzahl Ato mkerne in einer Menge radioakt iven Materials zu beschreiben.
Das beschriebene Mo dell f ur die Ent w icklung der Ma usepopu lat ion ist nur teil w eise brauchbar: Die t osung dieser Gleichung legt ein ziem lich unreali stisches unbeschrankt es Wachstum nahe. Nach einer gew issen Zeit w ird die M ausepopul ati on so stark angewac hsen sein, dass es aufgru nd der beschrankt en zur verfugung st ehenden kasemenge zu einer Futterkna pp-
Der 5turz eines Imperiums
heit komm t, die das Wachstum w irksam reduzieren w ird. Das
Dies ist die Geschicht e eines chinesischen
Wachstum wird zum Stillstand kommen, wenn n einen gewissen
Bettlers, der den Kaiser darum bat, dass
krit ischen Wert erreicht, den w ir mit k abkurzen. Wi ll man diesen
ihm et was Re is gegeben werde, und zw ar
Effekt berucksicht igen, muss man die Gleichung andern . und
nach der 'Schachbrett- Regel'. Am ersten Tag
man erhalt die so genannte logistischeGleichunq, die von Pierre
sollte der Kaiser zwei Reiskorner auf das erste
Verhulst 1838 vorgeschlagen wurde .
Quadrat legen. am zweiten Tag vier Reiskor-
Das Bild zeigt den Mausebe stand n als Funktion von t fur ver-
ner auf das zw eit e Quadrat . am dritten Tag
schiedeneAnfangswe rte no. Nach einer Weile ( ~fU r grosseWerte
acht Korner auf das dritte Quadrat , uSW.
t) erreicht der Bestand den Grenzwert k. Dies geschieht , da der
Der bedauernswert e Kaiser bemerkt e nicht ,
Ausdruck auf der rechten Seit e der Gleichung fu r n nahe bei k
dass er dabei war. sein Reich zu rui nieren,
abnimmt , und folglich nim mt auch dn/ dt abo
und st immte ZU. Die Zahl der Reiskorner
Wenn w ir mit einem Anfa ngswert no groBer als k beglnnen, w ird
verdoppelt sich t agl ich. so dass er nach 64
das Vorzeichen auf der rechten Seite negativ, also hat auch die
Tagen 2 ~ 18,446,744 .073,709.551,616 Reis-
Ableit ung negatives Vorzelchen, was negat ives Wachstum
korner abgeben mu fste, also et wa 100 0 Mi l-
bedeut et , bis der Gleichgew icht spunkt n~k erreicht ist.
liarden Tonnen Re is!
64
21
Die exakte Form el fur die tosung ist uber dem Bild zu finden. Kom pliziertere Faile der Populationsdynamik, etwa in der Okologle, w o
p beispielswei se verschiedene kon kurrierende Arten
beschreibt,
konnen dur ch ein Syst em von p gekoppelten Gleichungen der
n(t)- _ _k_ _ l+(k/n o -l)e
-rt
eben diskutierten Form beschri eben w erden. Die logisti sche Gleichun g beruck sichti gt ein ige Darwins che Eigenschaften : sie gest attet es, verschiedene Aspekte des Prinzips der natiirlichen
Selekti on zu modellieren .
n(t) Thoma s Robert Malthus (1766-1834) erkannte zuerst die magIiche Gefahr eines unb eschrankten Bevolkerungs wa chstum s: er w urde w egen seiner pessimistischen Vorhersagen uber die Zukunft der M enschh eit beruhrnt. Sein wichtigster Beitrag zur
t--
Okonorni e ist das Essay Das Prinzipder Population. Ursprunglkh schrieb es Malthus als Antwort auf schw arrnerische Utilitaristen , die der M einung w aren, dass Bevolkerungswach sturn ein w ahrer Segen sei. M althus sagt e im Wesentlichen voraus, dass der Bedarf an Nahrun g zw angslaufi g gro fserw ird als die Versorgung mit Nahrung. Diese Progn ose basierte darauf, dassein exp onentiell es Bevolkerung swach stum einer nur bis zu einer gewi ssen Grenze w achsenden Nahrun gsmittelprodukti on gegenuberste ht . Es uberr ascht nicht, dass die Ideen von Malthus einen beachtlich en Einfluss auf Darwin und seine Theorie der natUrlichen Selektion hatten. Die Voraussagen wu rden allerdings durch verbessert e Produktionsund Befru chtungstechniken uberholt: trotzd em ist das Problem des glob alen Bevolkerung swachsturn s noch nicht gelost und hat die vo n Malthus vorau sgesagte Dringli chkeit zuruck erlangt.
Newtons drei dynamische Gleichungen besch reiben die Be-
22
wegung eines Korpers der Masse m unt er dem Einfluss einer Kraft F. Sie bilden den Kern von Newtons Hauptwerk, den Principia Mathematica, in dem ers tmals Bewegung mit prazi-
Mec hanik un d Grav it ation
se n mathematischen Ausdr iicken und unter Verwendung von Ableitungen definiert und beschrieben wird. Diese Gleichun gen stehen am Anfang des mathematischen Modellierens dy-
Newtons dynamische Gleich ungen
namischer Systeme im allgemeinsten Sinn, sie sind die Wiege
und das universelle Gravi tationsgesetz
der quantitativen Wissenschaft. Die vierte Gleichung enthalt den exp liziten Ausdruck fiir die Gravitationskraft . Zusammen erklarten die Gleichungen das Gravitations-Phanomen - auBerhalb und auf der Erde - so we it es zu Newtons Zeit bekannt war. Die Gesetze bildeten die theoretische Grundlage fUr die Resultate von Kopernikus , Brahe, Kepler und Galileo iiber die elliptische Orbitalbewegung der Planeten um die Sonne, aber sie waren auch dafiir verantwortlich, dass ein Apfel vorn Baum fallt . Sie erklaren,
Isaac Newton
wie sich ein Gleichgewicht aus verschiedenen Kraften ein-
Isaac Newton w urde am Weihnachtstag 1642
stellt, das die Stabilitat von Briicken und Gebauden garan-
in einem kleinen Herrenhaus in Wooisthorpe,
tie rt , und andererseits, warum Konstruktionen manchmal
England geboren. M it zw61fJahren w urde er
einstiirzen.
auf die King's School in Grantham geschickt , wo er sich nicht gerade als Genie prasen-
Diese Gleichung en ent halte n Zeit ableitu ngen, denn die Ge-
t ierte. Er verlieB sein Elternh aus 1660 , um
schwindigkeit v = dr/dt ist die zeitl iche And erung des arts
sich auf Cambri dge vorzubereiten und gin g
und die Beschleun igung a= dv/dt die zeit liche Anderung der
ein Jahr sparer auf das Trinity Coll ege. Nach
Geschwin digkeit. art, Geschwin digkeit und Beschleunigung
acht Jahren akzept iert e er den tuc as-Lehr-
sind Vekt oren: sie besit zen eine Lange und zeigen in eine be-
stuh l fu r M ath ematik . Es dauer t e weite re
st immte Richt ung .
f unfzehn Jahre, bis er sein Hauptwerk, Prin -
Die erste Gleichung definiert den Impuls p; manchmal nennt
cipia Mathematica, zu schreiben begann, das
man ihn 'den Grad der Bew egun g'.
Werk eines wah ren Genie s, das f ur immer
Die zwei te , bekannt este Gleichung bestimmt die Bewegu ng in
das Gesicht der Wissenschaft verandert e,
Abhan gigkelt der auf den K6rper ausgeubte n Kraft. Wenn w ir
Obw ohl es ent husiast isch aufgenommen
p=mv F =ma
eine Kraft F anw enden , bewirkt dies eine Beschleunigung a in
24
Richtung der Kraft. Die Gleichung besagt insbesondere, dass sich die Geschwindigkeit nicht andert, solange keine Kraft ausgeubt wird , und dass der 1m pui s kon st ant bleibt. In den Anf angst agen der Mech anik galt es als eine revolutlonare Idee,dass Sewegung ohne die Anw esenheit einer Kraft andauern wurde - ein ziem -
w urde, f and New t on s Wer k keine volle
lich verwirrender Gedanke jen seit s der Intuition. Wenn viele
Akzepta nz und w urde erst nach seinem
krafte auf ein Teilchen einwirken - beispielsweise Reibung,
Tod in Unlversita te n gelehrt. 1699 w urde er
Luftwiderst and und ein elektrisches Feld - dann ist Fdie Netto-
zum Maste r of t he Min t in Lond on ernan nt.
Kraft, die auf das Teilchen wirkt.
Newton, der Wissenschaftler,Verwalter, Eso-
Die dritte Gleichun g besagt, dass, w enn wir eine Kraft auf einen
t eriker und Theologe - er schrieb t ausende
K6rper ausuben, dieser K6rper eine gleich grolk aber entge-
Seite n uber Theologie - sta rb 1727 in seinem
geng esetzt gerichtete Kraft auf uns ausuben wi rd; kurz, 'act io
Haus in Kensington. Er wu rde in der West -
gegenglei ch reacti o'. Die Sonne ubt eine Kraf t auf die Erde aus
min st er Abbey beigesetz t.
und die Erde ubt die gleiche Kraft, aber in umgek ehrter Richtung, auf die Sonne aus. Ein Buch ubt eine Kraft auf den Tisch aus, aber der Tisch ubt die gleiche Kraft auf das Buch aus, anderenfalls w urde das Buch geradew egs hindurchfallen. Die let zte Gleichung enthalt die Formel f ur die Gravitation skraft. Dieses Geset z ist erst aunli ch einfa ch: j e zw ei K6rp er der Massen m, und m2 ziehen sich gegenseitig mit einer Kraft FG an, die prop orti onal zum Produkt der Ma ssen und indirekt propor ti onal zum Quadrat des Abst ands der K6rper ist. Tat sachli ch ist die Sta rke der Anziehung im doppelt en Absta nd noch ein Vierte l (siehe Sild). Die Proportion alitatskon stante GN, die man w enig uberraschend Newtons Konst ante nennt, ist uni versell in dem Sinn, dass sie fur aile K6rp er gilt, unabh angig davon, aus w elchem Material diese best ehen. Zusamm en mit den Bewegungsgleichungen liefert die Gravitationsgleichung eine quantitati ve Erklarung fur die Planetenbew egung um die Sonne, aber sie beschreibt auch Gravitation seffekte auf der Erde korrekt, insbesondere Galileos Beobachtung, dass die
25
Beschleunigung 9 fr ei f allender Objekte auf der Erde nichtvon deren Masse abhangt. Dieses Gesetz erhalt man aus Newtons Gleichungen, wenn man
m, durch die Ma sse der Erde M und r
durch den Erdradius R ersetzt. Wenn wir dann das Ergebnis mit Galil eos Formel F=mg vergleichen, erhalten wi r die Beschleuni2
Energieerhaltung
gungg = GNM /R Das Kraftge setz vereinigt
Das Prinzip der Energiee rhaltung w ird in
von Erd- und Himmelsmech anik.
der ganzen Physik in Ehren gehalten . Um es
Diese vier einf achen Gesetze w aren ein Sieg des Geistes uber
50
die Beschreibung
allerdings wirk lich zu verstehe n, mu ss man
die Materie. Was den Anw endungsbereich der Newtonsch en
aile rnogli chen Formen von Energie beruck-
Gesetze
sicht igen, w ie etwa vvarrne. Stra hlun g, Bin-
beliebiger Natur sein kann, es mu ss keine Gravit ati onskraf t sein.
dungsenergie und auch Masse. Fur einfa che
Newtons Gleichungen erlauben es uns, zumind est im Prinzip, die
50
breit macht , ist die Tatsache , dass die Kraft F von
Systeme wie die Bewegung eines Objekts
Bewegung vieler intere ssanter Systeme zu berechnen: Projektil e,
unt er eine r ort sabhang igen Kraft (z.B. eine
Satellit en und Planeten, aber auch Aut os, die Saiten von Geigen,
Schwingu ng oder eine Bew egung in einem
Pendel, Hula-Hoop-Reifen, Windmuhlen, Schw immer, Fahrrader
Gravitat ionsfe ld). ist der Ausdruck f ur die
und Bungee-Jumping . Auch fUr st at ische Betra chtungen - bei-
Gesamt energie U gegeben durch :
spielswe ise zur Berechnung der Krafteverteilun g bei Brucken oder Gebauden - sind die Gleichungen wese nt lich.
Nichtlineare Dynamik und Chaos
Der erste Term ist der kineti sche Tell, der qua-
Gegen Ende des '9. Jahrhund erts bemerkte der franzo sische
drati sch von der Geschwindigkeit v abhangt.
mathematische Physiker Henr i Poincare, dass sogar ziemlich
und der zweite Term V(x) ent spricht der
einfac he Systeme, di e harmlos aussehend en Differentialglei-
pot enti ellen Energie. Die Kraft ist defi niert
chungen w ie denen von Newton genugen, aulserst kornpli -
als negati ve Ab leit ung von V(x). also F(x)
ziert e Orbits besitzen konnen . Noch wichtiger ist, dass klein ste
= - dV(x)/dx. Wenn die pot enti elle Energi e
Anderungen der Anfangsbedingungen manchmal zu dramatisch
hoch ist, w ird die Kraft graB. Aus New t ons
anderen Bew egungen fUhren. Diese ext reme Sensibilit at gegen-
Gleichungen folgt die Erhalt ung der Gesamt-
uber den Anfangsbedingungen hat bedeutende Konsequenzen:
energie. dUidt = O. Die grund legende Bedeu-
sie fuhrt zu dem , w as man chaot isches Verhalt en nennt. Wenn
t ung von Begriffe n w ie Energie wu rde gerade
wir ein reales Experim ent oder eine Computersimulati on eines
durch unsere Einsichten uber dieseeinfachen
solchen Ereignisses wied erholen, konnen wir die Anfangs-
Systeme offen sicht lich.
bedin gungen nur mit einer gewis sen, w enn auch geringen,
Unsicherheit reproduzieren . Wenn also das betrachtete System
26
eine extreme Sensibilitat gegenuber den Anfangsbedingungen aufweist, waren die Ergebnissesolch 'ident ischer' Experimente vollig verschieden . Das schrankt unsere Fahigkeit zu genauen Vorhersagen erheblich ein. Solch ein wirklich unvorhersehbares Verhalten eines, genau genommen wohldefinierten, vollig deterministischen Systems nennt man deterministisches Chaos. DieseArt Chaosist eine sehr natUrliche Eigenschaft nichtlinearer dynamischer Systeme und seit dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts ein wesentliches Forschungsgebiet. Chaotisches Verhalten hangt nicht von einer bestimmten Gleichung ab; es bezieht sich vielmehr auf das Verhalten der tosungen nichtlinearer Gleichungen , wenn die Parameter der Gleichungen in einem gewissen Bereich liegen. Ein besonders einfaches Beispiel ist das von Lehtihet und Miller untersuchte 'Gravitations-Billiard'. Dieses System besteht aus einer Kugel in einem Gravitationsfeld, die sich in einer vertikalen Ebene bewegt. Ihre StoBe an die wande eines rechteckigen Behalters sind vollig elastisch (siehe Bild). Mit Hilfe der dynami schen Gleichungen Newtons und der Gleichung fur die Gravita tionskraft aus den vorigen Abschnitten konnen die Bahnen fur die Kugel zwischen den Wanden leicht berechnet werden. Sie erfahrt wegen der Gravitationskraft eine konstante vertikale Abwartsbeschleunigung und beschreibt daher eine Bahn, die zwischen zwei Stolsen gerade ein Parabetsegment ist (genau wie die Bewegung einer Kugel im Gravitationsfeld der Erde). Wenn sie anstofst, wechselt die senkrecht zur Wand gerichtete Komponente der Geschwindigkeit die Richtung. Trotz der offensichtlichen Einfachheit dieses Systems kann die Bewegung der Kugel je nach Anfangsbedingung oder Anfangswinkel einfach periodisch, aber auch chaotisch sein.
y
27
NewtonsVermachtnis Schreibt man die Gleichungen fur ein Syst em von Objekten inklusive aller zwi schen Ihnen w irkenden Krafte nieder, so erhalt man ein geschlossenes System gekoppelter Differentialgleichungen, w elche die Dynamik des gesamten Systems beschreiben. Diese Eigenheit ist generisch fur umfangreiche Klassen verschiedener dynami scher Systeme, und darin liegt auch der Grund dafur, dass Newtons Principia den Weg zur quantitativen
wissen schaftlichen
Beschreibung
praktisch
jedes dynamisch en Syste ms ebnete. In der Mechanik sind die Variablen Orte und Geschwindigkeiten von Teilchen, aber es konnten auch Bevolkerungsdichten verschiedener Spezies in einem Okosystern oder Produktionsfaktoren w ie Preise, Aktien und tohn e in einem okonom ischen Mod ell sein. Wie schon bemerkt, schlieiSen Newtonsche dynamische Systeme t rotz ihrer deterministischen Natur ein groiSes Spektrum chaotischer Syst eme ein. Einfache Syste me - wi e zwei sich einander durch eine zentrale Gravitationskraft gegenseitig anziehende Korper - konnen exakt mittels wohlbekannter mathematischer Ausdrucke und Funktionen gelost werden . Allerdings kennt man fur die meisten Probleme keine exakten tosungen und muss sich daher auf eine qualitativere globale Analyse oder computergenerierte Naherung slosungen stutzen, wenn man Erkenntnisse uber das
Das Geflecht der Wissenschaften Moderne W issenschaf t besteht nicht nur aus dem Dialog zw ischen Theorie und Experim ent , oft spielt auch der Computer eine w icht ige und ziem lich unabhangige Rolle, we nn Gleichungen st udiert und das Verhalten ihrer Iosungen unt ersucht werden. Experim ent , Theorie und Compute rsimu lat ion bild en eine perfe kte menage
atrois .
Aussehen und die Eigenschaften der tosungen gewinnen will.
Newtons dynamische Gleichungen geltenfUrjede Kraft,dieauf
28
einObjektwirken mag. Newtonselbst formulierte denAusdruck fur die Gravitationskraft. Unterdenanderen Kraften derNatur istdieelektromagnetische Kraftdiejenige vonhiichster Tragweiweitgehendverantwortlich fUrdie Eigenschaften vonMaterie
Die elektromagnetische Kraft
in ihren verschiedenen Erscheinungsformen, vom Festkiirper
Die Lorentzkraft
te, dennsie haltAtomeundMolekiilezusammen. Diese Kraftist
biszu Nervenzellen. Grundlegend fUr all diese Situationen ist dieauf ein geladenes Teilchen ausgetlbte Kraft, wennessichin einemgegebenen auBeren elektromagnetischen Feld bewegt. Hendrik AntoonLorentz fiihrte das elektromagnetische Kraft-
Hendrik Antoon Lorentz
gesetzin seinerallgemeinen Form ein.
Lorent z w urde 1853 in Arnhe im in den
Die Lorentzkraft enth alt zwei Ant eile. Der erste Term sagt uns,
fi orierende Gart nerel betrieb. Mit 16 Jahren
q, die sich in einem elek-
gi ng Lorentz an die Universita t Leiden,
trischen Feld bew egt, eine Kraft in Richtung des elekt rischen
scho n mi t 22 erhielt er seinen Dokt orgr ad
Niederlanden gebo ren, wo sein Vate r eine
dass eine beliebige (posit ive) Ladung
Felds E e rfa hrt , 1st also das elekt rische Feld zeit lich und iirt lich
und nur zwei Jahre danach w urde er zum
konstant, so ist die auf das geladene Teilchen ausgeubte Kraft
Inhaber des f ur ihn neu geschaffe nen Lehr-
konstant und somit bewegt sich dasTeilchen mit einer konstanten
st uhls fu r t heoretische Physik.
Beschleunigung in Richt ung des elektrischen Felds. Eine groBe
Dor t konnte er Gedanken der Atom physik
Ladung erfahrt eine starkere Kraft als eine kleine Ladung und bei
m it den Ma xw ellschen Gleichung en ver-
gleiche r Ma sse eine hohere Beschleunigung. Tatsachlich kann
knupfen , aber er st and auch an der Schw elle
man elekt rische Felder zur Beschleunigung von Teilchen benutzen.
zur Relativitatstheori e. Seine enorme inter -
Diese Kraft ist auch fur die Anziehung unt erschiedli ch geladener
nat ionale Reputati on grundete sich auf sein
Teilchen verant wo rt lich: eine Ladung erfahr t die Kraft des von
profundes Wissen und Urteil sverm iigen,
der anderen erzeugten elektrischen Felds; die Foige kann sein,
verbunden mi t seinem gedu ldigen und
dass beide ein gebundenes Paar w erden.
bescheidenen Charakter. '902 erhielt er zusamm en mit Piete r Zeema n einen der
Der zweite Term ist von einer ganz anderen Art. Er beschreibt die
ersten Nob elprei se fur seine Erklarung
auf grund eines mag net ischen Felds B wi rkende Kraft. Beachte,
der Aufspalt ung des Linienspektr um s. die
dass die Kraft w ieder propor t ional zur Ladu ng q ist , aber auch
Zeeman beobach tet hatte. Lorentz starb
zur Geschwin digkei t v des Teilchens. Es mag uberraschen, dass
1928 in Haarlem .
qv
Fem=qE+-xB c
ein ruhendes Teilchen das magnetische Feld nicht spurt. Das
30
'Kreuz'-Produkt der beiden Vektoren v und B bedeutet, dass die Kraft sowohl auf der Geschwindigkeit des Teilchens als auch auf dem magnetischen Feld senkrecht steht, wie das Bild zeigt. Der Betrag des Kreuzprodukts entspricht dem Produkt der Betrage von v und B, multipliziert mit dem Sinus des Zw ischenwinkels. Sind also die beiden Vektoren parallel , so ist ihr Kreuzprodukt Null (denn sin 0 = 0) . Wie wirkt die magnetische Kraft also? Bewegt sich das Teil-
\::---~
B
chen durch ein konstantes magnetisches Feld, so wirkt auf das Teilchen eine konstante Kraft, die immer senkrecht auf seiner Geschwindigkeit steht. Daher erfah rt es eine Beschleunigung von konstantem Betrag , senkrecht zu seiner Geschwindigkeit. Falls die Geschwindigkeit senkrecht auf dem Feld steht, wird sich das Teilchen auf einer krelsforrnigen Bahn in einer Ebenesenkrecht zur
Multiplikation von Vektoren
Feldrichtung bewegen. Steht die Geschwindigkeit nicht senkrecht
Mittels elegant er Notationen we rden die
auf dem Feld, so andert sich die Geschwindigkeitskomponente
Gleichungen aufsers t komp akt und ihre
in Feldrichtung nicht, und die Komponente senkrecht zum Feld
St rukt ur dadurch sehr dur chsiehtig . Fur
fuhrt zu einer kreisformigen Bewegung. Kombiniert man die
zwe i Vekto ren u und v konnen w ir zw ei
beiden Effekte, so erhalt man eine spiralforrnige Bewegung
Arten von Produkten defini eren : das eine
des Teilchens um die magnetischen Feldlinien herum .
nennt man das Skalarprodukt , w eil das
Genau dies passiert den geladenen Teilchen, die von der Sonne
Result at eine einfache Zahl (ein Skalar)
uv eos
zur Erde kommen . Sie werden von den magnetischen Feldlinien
ist : man schreibt s= u· v =
des Erdmagnetfeld s 'eingef angen' und bewegen sich spiralfor-
u und v die Langen vo n u und v sind und
mig zu den magnetischen Polen, in denen das Feld sta rker ist.
wo bei
Die Ladungen werden dadurch angeregt und erleuchten den
ist also u-u = u' . Das andere nennt man
Himmel als Nordlichter.
Vekto r- oder Kreuzproduk t . denn man schreibt w =u x v, und das Ergebni s ist ein
Oft ist man nicht an einer einzelnen bewegten Ladung interessiert,
Vekto r w. der senkrecht auf der durch u und
sondern an einerganzen Ladungsverteilungirn Raum. Dann mussin
v aufgespannten Ebene ste ht und dessen
der Gleichung fur die Lorentzkraft die Ladung q durch die Ladungs-
Lange gegeben ist durch w = uv sin <po Es
dichte p und die Grage qv durch die Stromdichtej ersetzt werden.
f olgt u x u = O.
31
Es bleibt die Frage, woher die elektrischen und magnetischen Felderkommen und welches Gesetz ihre Struktur bestimmt. Diese Felder werden durch die Orte und Bewegungen von Ladungen erzeugt; was man also auser den Newtonschen Gleichungen und der Lorentzkraft benotigt, ist ein Gleichungssystem. das aus einer gegebenen Ladungsverteilung die elektrischen und magnetischen Felder bestimmt. Offensichtlich muss das ein sehr grundlegendes Gleichungssystem sein - wenn man diese Gleichungen kennt , erhalt man zusammen mit den Newtonschen Gleichungen ein geschlossenes Gleichungssystem fur die Bewegung der Teilchen und die Veranderung der Felder. Diese beiden Systeme von Gleichungen mit zwei Mengen von Unbekannten rnusste man idealerweise gleichzeitig Ibsen. Zunachst wenden wir unsere Aufmerksamkeit aber auf eine vorbereitende Gleichung, in der Vektoren und partielle Ableitungen vorkommen .
Wasser f1ieRt in Fliissen, Gas durch Rohren, elektrischer Strom
32
durch Drahte, Verkehr durch Stadte, Menschenmengen durch
Gebaude undGeld durch unsere Hande, Ladung kann tatsachllch flieRen undeinen elektrischen Strom bilden, abernicht einfach
zeltabhanglge ladungsverteilung, genannt ladungsdichte. Die
Ein lokaler Erha Itu ngssatz
Kontinuitiitsgleichung istdie prazlse mathematische Beziehung
Die Kontinuitatsgleichung
verschwinden:ladungwirderhalten. Es gibtimmereine orts-und
zwischen einemFluss oderStrom undeinem Wechsel inderDichtej man nenntsieeinen Erhaltungssatz. Diese Art Gleichung ist eineparlielleDifferentialgleichung, denn inihrkommen Zeit·und Ortsableitungen vonzeit-undcrtsabhanglgen Funktionen vor.
Die Kontinuitatsgle ichung ist eine Gleichung f ur den Fluss und ein lokaler Erhaltu ngssat z, denn sie gilt f ur je des beliebige
Ein langsamer Fluss
Volumen und je de Gri.iBenordnun g. Halt sich in einem Buro
Pech ist ein Derivat von Teer und bei Zim-
eine gewi sse Anzahl M enschen auf. so kann diese Anzahl sich
mert em peratur f est. Es ist so bru chig,
nur ander n, wenn Me nschen das Buro (durch die TUr) bet ret en
dass man es mit einem Hamm erschlag
oder verlassen. Das sti m mt f ur jedes Bura, aber genauso fur ein
zert rurnrnern kann. Trot zdem ist es eine,
St ockwerk , ein ganzes Gebaude oder eine St adt.
we nn auch sehr viskose, Hussigkeit . Es
Grundsat zlkh besagt die kontlnuttatsglekhung, dass die Menge
gibt ein unter halt sames Experim ent . das
p (ein er Ladung. eines Gases, Geld) in einem gegebenen Volu-
1927 von Thomas Parnell an der Universit at
men sich nur andert , wenn es einen ent sprechenden St ram oder
Queensland durchgefu hrt wu rde. Er gab
Fluss j dur ch die das Volumene lement begrenzende Oberflac he
et wa s Teer in einen versiegelten Glast rich -
gibt : Ladung kann fliefsen, aber nicht verschw inden.
t er und i.iffnete 1930 das Siegel. Daswei te re
Bei einem si atio naren Fluss' ist op /ot=O. Diese Bedingung
Experiment bestand darin, zu wa rten und zu
besagt , dass die Hussig kelt inkompress ibel ist , denn die lokale
beobacht en. Aile neun Jahre kam ein Tri.ipf -
Dichte p der Hussigkeit andert sich nicht. Bei einem stat ionaren
chen aus dem Tricht er heraus, sicherlich ein
Fluss fo lgt aus der Gleichung , dass unabhangig vom Volume n
sehr langsamer Fluss. Das Experi ment lauf t
dieselbe Husslgkeit srnenge hinein und hinaus st ri.imen muss.
im mer noch.
Genau deshalb stri.imt ein Fluss durch eine enge und seicht e Passage schneller. Diese Bedingung ist bei Hussigkeit en anw endbar, nicht aber bei Gasen oder einem St ram von Menschen.
• Das Wor t 'st ati onar' bedeut et nicht statrsch der Fluss ist konstant, aber es gibt einen Fluss. d.h. es bew eg t sich
etw as. Es ist wie bei einem Motor im Leerlauf.
ap
at
+v.j=o
Die Maxwell-Gleichungen stehen im Fundament desganzen
34
Gebaudes derklassischen Physik. Wahrend Newtons Gesetze uns sagen, wie sich Teilchen bewegen, sobald diewirkenden Krafte bekannt sind, erlauben es uns die Maxwell-Gleichungen, die Kraftezu beschreiben. Sie bestimmen das elektrische bzw. magnetische Feld, Ebzw.8, daseinegegebene Ladungsverteilung,
Elektrodynamik
oder, allgemeiner, eine Ladungsdichte p und eine elektrische
Die Maxwell-Gleichungen
Stromdichte j verursachen. Bei bekannten Feldern laRtsich die wirkende Lorentzkraft auf die Ladung berechnen. Maxwells Gleichungen beschreiben die elektromagnetischen
James ClerkMaxwell
Phanomene in vollerAllgemeinheit. ZumBeispiel folgt aus die-
Die Geschichte des Elektromag net ism us
senGleichungen die Existenz elektromagnetischer Strahlung,
ent halt eine Vielzahl expe rime nte ller und
diewir - je nach ihrerWellenlange- als Radiowellen, sichtbares
t heoret ischer Entwicklungen; erwa hnens-
Licht oder Rontgenstrahlung kennen. Es folgt auch, dass diese
we rt sind etwa die Namen Coulomb, Ampere
Strahlung vonbeschleunigten elektrischen Ladungen emittiert
und Faraday. M an kann sagen, dass Maxwell
wird. Diese Theorie istein hervorragendes Beispiel einersoge-
derje nige wa r, der die mo nume nta le Kon-
nannten Feldtheorie, mit der wesentlichen Eigenschaft, dass
st rukt ion der Theo rie des Elekt romagne tis-
Kraftfelder wie die elektromagnetischen Felder physikalische
mu s f ert iggestellt hat.
Freiheitsgrade reprasentleren, die Energie undImpuls besitzen
Maxwe ll wu rde 1831 in einer alte n schot -
und sich ortlichund zeitlich(in Form vonWellen) ausbreiten.
t ischen Familie bei Edinburg h geboren.
Die Gleichungen wirken auf den ersten Blick kunstllch, aber
zog er sich 1865 aufs Land zuruck. um sein
Nach Professuren in Aberdeen und Lon don
diese Darstellung ist sowohl naturlich als auch effi zient und
opus magn um li ne Abhand lung ube r Elek-
komb iniert Einfachkeit mit Transparenz. Die in den Gleichung en
tnz it at und M agneti smus', das 1873 erschien,
vorkommenden Ausdrucke und Ableitungsoperatoren sind ziem -
zu schreiben. Darin we rden aile Deta ils de r
lich kompl iziert und hauptsachli ch notig. weil wir Vekt orf elder
klassischen Elektrodyn amik zu den hier
betrachten. Die eiektrischen und magnetischen Felder in den
vorgeste llte n vier Gleichu ngen zusam -
Ma xwell-Gl eichungen sind Vektorfelder, d.h. sie sind orts- und
rnengef uhr t . M ax w ell verfafste danach
zeltabhanglg und haben daruber hinau s je weil s drei Komponen -
auch wese ntl iche Beitrage zur kinetisc hen
ten. In jedem Punkt des Raums exi stiert also ein eiektrischer und
Gast heorie. 1871w urde er zum erste n Direk-
ein magneti scher Feldvektor, der in eine gewis se Richtung zeigt.
to r des Cavendish Laborat ory in Cam bridge.
In zwei der Gleichungen kommen Zeitabieitungen der Feider vor.
Dor t sta rb er bereits m it 48 Jahren.
\l·E=p \lxB-.!.aE c
\7. B = 0
j
at =c
Sie bestimmen die Dynamik des elektrischen und magnetischen
36
Felds, sie sind die 'Bewe gungsglei chungen '.
Die erste M axwell- Gleichung ist als GauBsches Gesetz bekannt und bestimmt das durch Ladungen p verursachte elektrische Feld. Diese Gleichung ist sehr ahnli ch zur Kontinuitat sgleichung, die wir zuvor diskuti ert haben. Die Ladungsdicht e p ist eine Quelle (od er eine Senke) elektrischer Feldlin ien . Korrespondiert p zum Beispiel zu ein er positi ven Ladung q in einem Punkt , 50 ist die tosung fur Eein radial nach aulsen -weg von der Ladung-gerichtetes kugelsymm etri sches Feld. Dieses radiale Feld verursacht
Kraftevergleich
die Coulomb-Kraft zw ischen zwei Ladungen, die ahnlich w ie
Wir konnen die Starke der Gravita ti ons- und
Newtons Gravit ationskraft proportio nal zum Quadrat des inver-
elekt rischen Krafte verg leichen, indem w ir
sen Abstand s ist, aufse r dass die Massen durch Ladungen ersetzt
ihr e GroBe fur ein Paar fund ament aler
werden und man eine andere Proportionalitat skonst ante hat ,
Teilchen w ie Elektron en vergleichen. Das
we lche die Sta rke der Wechselwirku ng widerspiegelt.
Verhaltnls der k rafte ist unabhangrg vern
Die zwe it e Gleichun g - bekannt als Amperes Gesetz - verknOpft
Abstand der beiden Teilchen. Also konnen w ir
elekt rische und magnetische Phanom ene. Sie besagt haupt sach-
f ragen, ob die Elekt ronen wege n der elekt ri-
lich, dass elektri sche St rome j (oder bewe gte Ladungen) M ag-
schen Absto Bung auseinande r fli egen oder
netfelder erzeugen, ahnl ich w ie statische Ladungen elektrische
sich aufgr und der Gravit at ionsanziehung
Felder. In ihr entde cken w ir die Kreuz-Ableit ung des Magnetfelds,
aufe inander zu bewege n. Es ste llt sich
bei we lcher der mit Nabla bezeichnete Vekto r der Ort sableitung en
heraus, dass die elekt rische Kraft bedeute nd
auf die drei Kompon enten des Vekt ors des magn eti schen Felds
sta rker ist (um etwa 39 GrolsenordnungenI).
B w irkt und der St rom j die Quelle dieses Felds darstellt.
Ein einfa ches Experim ent zeigt , dass die elek-
Amp eres Gesetz erklart die Auslenkung einer Kompassn adel,
tr omagneti schen Krafte viel sta rker sind als
wenn wir sie in die Nahe eines stromfOhrenden Drahts brin -
die Gravita t ionskraf t: ein kleiner Magnet ist
gen. Korrespondiert j zu einem Strom durch einen geraden,
st ark genug, einen Eisennagel vorn Boden
dOnnen Draht, 50 gibt es ein kreisfo rrniges magn eti sches Feld
aufzu heben, d.h. der kleine Magnet ubt eine
B um diesen Draht (siehe Bild auf Seite 37). Aber die zweite
gro Bere Kraft auf als die Gravitationskraft,
Ma xwell-Glei chung zeigt auch, dass veranderlkhe elekt rische
welc he aus den vereinten BemOhungen der
Felder Magnetfelder erzeugen konn en, denn ClE IClt verschw indet
gesamte n Materie beste ht , die den Nagel
in die sem Fall nicht.
um gi bt.
37
Die dritte Gleichung sieht ein w enig w ie die erste aus, auger dassdas elektrische durch das Magnetfeld ersetzt w urde und die rechte Seite Null ist. Letzteres spiegelt die grundle gende Tatsache w ieder,dass es keine magnetischen Ladungen gibt, damit meinen w ir isoli erte magn eti sche Nord- oder Sudpole. Wenn wir einen Magn etstab nehm en und in zwei Teile brechen, erhalten w ir zwei Magn et st abe, und we nn wir di ese in im me r klein ere Teile brechen, wird das wieder und wieder geschehen. Das Einzige, was w ir in der Natur find en, sind magneti sche Dipole - Paare aus einem Nord - und einem Sudpol. Allerdings kann auch ein elekt rischer St rom in einer Draht spule oder eine St romschleif e das Feld eines magn et ischen Dipols erzeugen (das f olgt eigentlich aus der zwe it en Maxw ell-Glei chun g). Und in der Tat ste llt sich heraus, dass aile beobachteten magnetischen Phanornene als vo n bewegten elekt rischen Ladungen erzeugt verstanden wer den konn en. Daher schreibt di e dritte Maxw ell-Gl eichung die Nicht existenz isolierter magn et ischer Pole vor. Offenbar glbt es in den M axw ell- Gleichung en eine Art Symmet rie zw ischen
Linearitat
elekt rischen und magneti schen Eigenschaften; ausgeno m men
Bet rachte n w ir die Maxwe ll-Gleichu ngen,
davon sind die in der Natur vorkommenden elektri schen Ladun -
so sehen w ir, dass darin die elekt romagne-
gen und St rome.
t ischen Felder nu r linear vorkomm en (es
Die let zt e Gleichung nennt man ubli cherwei se Faradays Gesetz;
gibt keine Quadrate oder hoheren Pot enzen
sie drOckt die Tat sache aus, dass ein Wechsel des M agnetfelds
von Eund B). Aus dieser unearttat fo lgt die
ein elektri sches Feld indu ziert , das wi ederum die Ladun gen
w icht ige Eigenschaft, dass man t osungen
bew egt. Die Ladun gen bewe gen sich so, dass sie dazu neigen,
einf ach addieren kann. Hat man zum Beispiel
jedem Wechsel des M agnetfelds ent gegenzu wirken , ind em sie
die Gleichungen zuerst fur einen St rom und
kompen sierende Magnetfelder erzeugen.
eini ge Ladungen einzeln gelost , so ist die t osung f ur die kom biniert e Konfigu rat ion,
Die St rukt ur dieses Syste ms vo n Dif fe rent ialg leichungen ist
die sowohl Ladun gen als auch den Strom
of f ensicht lich ziem lich verw ickelt. Es ist eine Feldthe orie, sagar
ent halt , gerade die Sum me der beiden
eine Vekto rfe ldt heo rie. Man betrachtet Ladun gen und St rom-
Hn zellosungen.
dichte n als gegeben und mu ss dann die Gleichungen fur E und
B losen, jeweils in drei Komponenten . Insgesamt hat man also
38
sechs unbekannte Feldkomponenten. Die erste und die dritte Gleichung benutzen eine einzige Komponente, die anderen beiden benotigen je drei Komponenten, denn es sind Vektorgleichungen. Daher konnen wir folgern , dass wir acht Gleichungen fur sechs Feldkomponenten haben, wodurch im Aligemeinen das System uberbestirnmt ware . 1stein Gleichungssystem uberbe st lrnrnt, ist es zumeist inkonsistent. Die richtige Interpretation der Situation ist hier wie folgt: die zweite und vierte Gleichung wird fur die Zeitentwicklung der Felder benutzt, wahrend die
Monopole: Sein oder nicht sein?
anderen beiden lediglich die verschiedenen Feldkomponenten zu
Bis j et zt wu rden magneti sche Monopole
jedern Zeitpunkt miteinander in Beziehung setzen. Mit anderen
nie beobacht et. Das allein schliefst natur-
Worten, sie bilden eine Zwangsbedingung fur die Feldkonfigura-
Iich ihre rnogll che Existenz nicht aus. Ein
tion zu jedem Zeitpunkt. Wenn das wirklich der Fall ist, konnte
sta rkes Argume nt fur ihre Exi stenz hat
prinzipiell ein Inkonsistenzprobl em bestehen . Nehmen wir eine
' 93' der Physiker Pa ul Dirac gegeben. Er
Feldkonfiguration, welche die Zwangsbedingung zur Zeit, sagen
schloB aus M axwell s Elekt romagnet is-
wir, Null erfullt, so rnussen wir prufen , dass bei Entwicklung der
mu s und der Quant enth eori e, dass die
Konfiguration gemaB der dynamischen Gleichungen die Zwangs-
blofse Existenz eines einzelnen M onopols
bedingungen nie verletzt werden . Ma xwell zeigte, dass dies fur
die Quant isierung elektri scher Ladung
sein Gleichungssystem immer der Fall ist. Er musste einen Term
erklaren w urde, die man in der Natur beo-
zum ursprunglichen Gesetzvon Ampere hinzuzufUgen,weil sonst
bachte n kann : aile fr eien Teilchen in der
das System inkonsistent gewesen ware.
Nat ur haben Ladun gen, die Vielf ache der
Eine weitere Frage drangt sich auf. Wir sehen, dass sowohl
M onopole nur in eng begrenzten Paaren,
Ladungen als auch Strome in den Gleichungen vorkommen.
vielleicht w urden auch Nord - und Sudpole
Elekt ronenladung sind. Vielleicht gibt es
1m Abschnitt uber die Kont inuitatsgleichung diskutierten wir
in einem fruh en Sta dium des Universums
die Ladungserhaltung. Wo ist diese Gleichung geblieben? Die
ausgelbscht. Auf der th eoret ischen BOhne
Antwort ist einfach; aus den Maxwell -Gleichungen folgt die
vereinheit licht er Theorien fur Element ar-
kontinuitatsglelchung, daher muss man die Erhaltung elektrischer
t eilchen und grundl egende Kraf t e haben
Ladung nicht als zusatzllche Gleichung erganzen.
M onopole im mer w ieder ihr Come back.
Wirken keine anderen krafte, so ist die Bewegung geladener
Hinter der Buhne sind Monopole also
Teilchen in einem auBeren Magnetfeld vollstandlg durch die
im mer noch akt iv.
39
Lorent zkraft und die Newtonschen Gleichungen bestim mt. Die Maxw ell-Gleichungen w iederum beschreiben die durch exte rne Ladungen und Strome verursachten elektrom agnetischen Felder. Wenn wi r die Newtonschen mit den Ma xwe ll-Gleichungen
Elektromagnetische Energie
verknOpfen, erhalten wir ein geschlossenes System fur die
Das elekt romagnetisc he Feld t ragt eine
Bewegung en der Teilchen und die Felder, die sie verursachen .
gewisse Energie. Ma n erhalt die Energie
Wi ll man w irkl ich konsistent sein, muss man die New t onschen
einer Feldkonfi gurat ion du rch Addition
und die M axw ell-Gleichungen sim ult an losen und dabei die
der
der
Wechselwi rkungen der Felder und Ladungen berucksicht igen.
verschiedenen
Energieante ile
kleinen Volum enelement e, aus denen das
Dies w ird prazise durch das vollstan dige Gleichungssyst em
Gesamtvo lumen besteht. Es ist ublich zu
beschrieben.
sagen, dass man die Energiedicht e uber
M an erhalt fo lglich eine vereinheit liche Darstellung elektr ischer
das Volum en integriert. Was ist dann die
und magnet ischer Phanomene, von den Kraf te n zwi schen
Energiefunkt ion oder Energ iedicht e? Sie
Ladu ngen (w ie zuvor von Coulomb f ormu liert ) zu Syste men
w ird gerade gegeben durch:
wi e Elektr om ot oren, Dynamos, Transfo rmat oren, Ant ennen, Plasmas (FIOssigkeit en, die aus geladenen Teilchen best ehen) und Teilchenbeschleunigern. Nicht nur das, man erhalt auch die Theor ie elekt romagnet ischer St rahlung wie et w a Licht . Eine
Dieser Ausdruck hat einige Ahnlichkeit
angeneh me Oberraschung. der wir uns im nachsten Abschnitt
m it dem Ausdr uck f ur die Energ ie eines
zuw enden.
mechanischen Systems , in dem der erste Term die kinetische und der zweite die potentielle Energie darste llt. Die Analog ie zu mechanischen Systemen kann man noch wei te r tre iben, denn das Feld hat auch eine Impulsdichte, die elegant als Vektorfeld geschrieben we rden karin.
S=cE xB Diese Formeln zeigen, w ie grundlegend die Begr iffe Energie und Impuls sind.
Wellen sind sehr allgemeine Erscheinungen : Wasserwellen,
40
Schallwellen und Modewellen, allessindperiodische Bewegungen einergewissen Art. Wellensind Schwingungen, die sich durch Raum fortpflanzen, wie die elektromagnetischen Wellen,die
Elektromagnet ische Wellen
durch diehiervorgestellten Gleichungen beschrieben werden.
Die Wellengleichungen
einMedium wie Wasser oderLuftodersogar durch denleeren
DieseWellengleichungen folgendirektausdenMaxwell-Gleichungen, wennkeineLadungen oder Strome auftreten. Wegen ihrer enormen Bedeutung stellen wir sie separat vor.
Sich for tp fla nzende Wellen we rden durch eine Wellenlange A, eine Geschw indigkeit
v und eine Frequenzf charakter isiert.
Zwischen diesen drei GroBen gibt es eine einfac he Beziehung, narnlich A f
=
v. Elektromagnetische Wellen fLihren zu sich
ausbreitenden elektrischen und magnetischen Feldern mit der Eigenschaft, dass die magnetischen und elekt rischen Auslenkungen senkrecht auf der Ausbreitungsrichtu ng und senkrecht aufeinander stehen - so genannte Transversalwellen (siehe Bild). M axw ell zeigte, dass die Ausbreitu ngsgeschw indigkeit dieser Wellen genau m it der Lichtgeschwindigkeit c Libereinst immt. Sichtbare s Licht ist offensicht lich nur ein Phanornen elektro magnet ischer Wellen und we ite r Teil eines kont inuier lichen Spekt rums elekt romagne tisc her Wellen, die in Wellenlange
Der Ather
und Frequenz variieren . Geht man von sehr langen zu sehr
Man glaubt e, dass sich elektrom agnetisc he
kurzen Welle nlangen, so ident ifi ziert man diese St rahlung der
Wellen durch ein 'At her' genanntes Medium
Re ihe nach mit Ra diow ellen, Mi krow ellen, wa rrnestra hlung,
ausbreit en, das den gesamt en Raum aus-
Infrarotst rahlung, sicht barem Licht, ultraviolettem Licht und
Wilt. Erst nachdem Einstein seine spezielle
Rontgenstrahl ung.
Relati vit at sth eorie f ormu liert hatte, w urde
M axw ells Gleichunge n vereinigte n so die Beschreibung elek-
der hyp othetische At her abgeschafft und
t rischer, magnetischer, optisc her und Strah lungsphanornene.
man versta nd, dass elekt romagnet ische
Zusammen bilden die Gleichungen von Maxwell und Newton
Wellen sich einf ach du rch den leeren Raum
das Herzst Li ck der gesamten klassischen Physik.
ausbreit en.
la C
2
1
c2
2E_
at 2
2
V 2E=O
a B2 _ V 2 B = O
at
Das Studium von SoUtonen begann im 19.Jahrhundert, als ein
42
schottischer Ingenieur, John Scott-Russell, eine einzelne Welle beobachtete, die sichdurch einen iirtlichen Kanal zu bewegen schien, ohne ihre Form zuverlieren, soweit er blicken konnte. Es wird erzahlt, dass er auf ein pferd sprang und derWelle meilen-
weit den Kanal entlang folgte. Ein Soliton ist nur eineeinzelne
So litone n
Erhebung, die sich wahrend ihrer Bewegung durch das Medium
Die Korteweg-De Vries-Gleichung
nichtverbreitert oder abschwacht, Die Stabilitat derSolitonen ist bemerkenswert, und das macht sie sehr wichtigfurAnwendungen, von derfehlerfreienObertragung von Lichtimpulsen durch eineGlasfaser oder elektrischen Impulsen durch Nervenzellen bis zuTsunamis. Lange Zeit gabeseineheftige Debatte uberdie Existenz von Solitonen, denn die naturliche Neigungder Wellen ist es, sich zuverbrei-
x
tern und zu verteilen. Ais Korteweg und sein St udent De Vries1895 ihre Gleichung - fur Wasserwellen in einem seichten rechteckigen Kanal- notierten und rigoros zeigten, dass die Gleichung tat sachlich L6sungen in Form Solitonen besafs, wurdedie Debatte beendet.
Diederik Johannes Korteweg und Gustav
DieGleichung ist nichtlinear, denndie Funkt ion u kommt im letzten
de Vries
Ausdruckquadratisch vor, tatsachlich unterscheidet sich diese Glei-
Kortewe g w urde 1848 in 's Hertogenbosch
chung sehr von den Iinearen Gleichungen fur elektromagnet ische
geboren. Nachseinem St udium in Delft ging
Wellen, sie ist der Prototyp einer grolsen Familie nichtlin earer Glei-
er nach Amsterdam, um seine Doktorarbeit
chungen f ur Solitonen.
bei Van der Waals zu schreiben. Drei Jahre
Solito nen haben noch andere bemerkenswert e Eigenschaften ;
spater, 1881, w urde Kort eweg an der Univer-
z.B. ist ihre Ausbreitu ngsgeschwi ndigkeit proport ional zu ihrer
sita t Amsterdam zum Professor fu r Mat he-
Amplitudeoder Hohe- einegroBe Welle w ird eine kleine einholen.
matik, Mechanik und Astronomie ernannt.
Weiter, wenn Solitonen sich treffen und wechselwirken, werden
Seine Forschung in der St r6mungsmecha-
sieschliefslich unbeeinflusst wiederauft auchen und ihre Reise mit
nik f uhrte zur Formulierung der bekannt en
kleiner zeit licher Verz6gerung fortsetzen. Diese Wellen k6nnen
Gleichung, die zum erste n Mal 1895 in der
sichalso nicht gegenseitigzerstoren, eine Eigenschaft, die sie sehr
Dokto rarbeit von De Vries erschien. Kort e-
nutzlich macht.
weg st arb 1941 mit 93 Jahren.
Die drei Hauptsatze der Thermodynamik beschreiben Sys-
44
teme, die untereinander oder mit der Umgebung Energie austauschen. Dieser Austausch kanndarin bestehen, dass das System Arbeit verrichtet oder Warme absorbiert wird. Auch dieTeilchenzahl konnte sichprinzipiell andern . DieseProzesse
Thermodynam ik
konnen quasi-statisch sein,sodass die Gleichgewichtsbedin-
gungwahrenddesProzesses aufrechterhalten bleibt und der
Die drei Hauptsat ze der
Prozess umkehrbar ist.Abereskannauch sein, dass das System
Thermodynamik
von einem Gleichgewichtszustand zum nachsten iiber einen Nicht-Gleichgewichts-Prozess gelangt (z.B. bel der freien Expansion eines Gases). Die folgenden Aussagen sind eine
Historische Bemerkung
'Kurzfassung':
Therm odyn am ik gab es bereit s, bevor die
1
2
Der erste Hauptsatzbesagt, dass Warme eine Energieform
at omare Natur der M at erie versta nden
ist und die Energie erhalten bleibt.
w urde. Der deut sche Physiker Julius Robert
Der zweite Hauptsatz bedeutet, dass ein System nichtaile
Mayer (1 814-18 78) w ar 1842 der erste, der
absorbierte Warmein Arbeit umwandeln kann. Es gibt also
behaupt et e, Warme ist eine Energieform . Die
keinehundertprozentig effizienten Maschinen. 1m zweiten
Anerkennung dieser grolSarti gen Entdeckung
Hauptsatz wird eine neue, wichtige Zustandsvariable ein-
und der Anwe ndungen, die Mayer angab.
gefiihrt, die Entropie S.
erf olgte nur sehr viel spate r, und er w urde
3 Es gibt einekleinste Temperatur, beidereinSystem maximal
verbitte rt und verlor die Hof fnun g. Arbeit en
geordnetist. Diesist eine Foige der quantenmechanischen
uber Warmemaschinen gehen zuruck auf
Natur jedes physikalischen Systems, die bei sehrniedrigen
Nicolas Leonard Sadi Carnot (1796 -1 832),
Temperaturen relevant ist.
der das Ent ropiegesetz f ormuli erte, das als zwe ite r Hauptsat z der Therm odyn ami k
Es ist beacht lich, dass die Zustande makroskopischer Systeme
bekannt w urde. Thermo dynamik als eine
aus sehr vielen Teilchen im Gleichgewicht durch eine sehr kleine
kon sistente Theor ie w urde von Clausius
Anzah l Variab len und Parameter beschrieben werden konnen.
und Lord Kelvin entworfe n und 1875 vo n
Dies ist ein ziemlich allgemeines Phanornen, das fu r eine groBe
Josiah Willard Gibbs we it erentw ickelt. Der
Klasse von Flussigkelten . Gasen, Festkii rpern und Misc hunge n
dritte Haupt satz, nach dem die Entropie am
daraus gu ltig ist ,
absolut en Temperaturnu llpunkt verschwi n-
In der Thermodynamik ist man an der Beschreibung von Prozes-
det , st ammt von Hermann Walt her Nern st
sen makroskoplscher (Teil-) Systeme int eressiert , in denen eine
(1864-1941).
au-ao-aw dS= aQ T
T-O
d5 >0 dt -
=* 5-0
Art Energieaustau sch st at t fi ndet. Sei es, we il w ir sie in the rmi schen Konta kt bringen oder k raf t e auf sie ausuben, Wir werden uns nun mit .ii.nderungen der Variablen beschaft lgen, die den Zustand des Systems charakte risieren. Die Anzahl unabhanglger Variabien ent spricht der Anzahl der M ogli chkeiten , dem Syst em Energie zuzufUhren oder sie abzuziehen. Zu j eder dieser Variablen gehort eine abhangige Variable. Die Half t e dieser Zustandsvariablen sind exten siv (d.h. propo rt ional zur Mat erialme nge oder Syste rngrclse), wie etwa das Volumen
V. und die
andere Halfte int ensiv, w ie P und T. Um also die th ermodynamischen Eigenschaften vollstandig zu beschreiben, benot lgt man eine gerade Anzahl von Variablen, wa hrend in der Zusta ndsgleichung (etwa PV=RT, wie fruher diskuti ert) typischerweise eine ungerade Anzahl vorkommt. Somit rechnen wir mit einer weiteren thermodynami schen Variabien. Da wir an Zustandsanderungen des Systems int eressiert sind, ist es nicht Li berraschend, dass w ir Dif fe rentiale und Ableitungen verwenden , um die infi nit esimalen .ii.nderungen des Systems zu beschreiben.
Der erste Hauptsat z der Thermodynami k besagt haupt sachlich, dass Warm e eine Energief orm ist. Genauer, dass eine Energieanderung dU Li bereinst im mt m it der vom Syst em absorbierte n Warm e dQ m inus der vorn System verricht et en Arbeit d W. Alte rnativ konnt e man sagen, der erste Haupt sat z beinhalte t die Energieerhalt ung. Es fo lgt , dass Warm e prin zipiell genutzt w erden kann, um Arbeit zu erzeugen, und um gekehrt; m.a.W., f alls dU = 0, ist dQ= dw. die reine w arm eabsorpt ton wird in Energie umgewandelt. Die Gleichung ent halt zwei Spezialfalle : zum einen, w enn keine Arbeit verrichte t w ird (dW= 0) , zum anderen, we nn keine Warm e ausget auscht wird (dQ = 0). dann spricht man von einem adiabatischen Prozess.
46
47
Nun rnussen wir vorsichtig sein, denn nicht aile Prozesse konnen energet isch vorkomm en. Ohne Zwei fe l kann man Arbeit voll st andig in Warm e verwand eln, aber ob das auch anders herum f unkt ioniert, ist nicht gerade offe nsichtlich. Wir wiss en aile, dass ein Ra d sich nicht von alleine dreht , w enn man es erhitzt - obwo hl die Energieehaltung das zuliefSe. Andererseits verwandelt eine Dampfmaschine warrne in Arbeit. Die wic hti ge Frage 'In w elchem AusmafS kann Warm e in Arbeit verw andelt we rden?' wi rd durch den zweit en, sicherlich bedeut enst en Haupt sat z der Therm odyn amik beantwortet. Er kommt in dem beruhrnten Essay 'The t w o Culture s' von c.P. Snow vo r, der 1956 in The New Statesman veroffent licht wurde. Darin
Eine unmogllche Aufgabe
kriti siert Snow of fe nt lich die w issenschaftl iche Ignoranz des
Erfi nder aller Nati on en haben enor m viel
dur chschnitt lichen zivilisierte n M enschen, indem er bernerkt ,
Arbeit darin invest iert, ein so genannte s
dass prakti sch j eder eln Theaterstu ck von Shakespeare kennt,
perpetuum mobi/e zu konst ruieren; dies ist
aber so gut wi e niemand etwas uber den - ebenso w ichti gen
eine Maschine, die, we nn man sie in Bewe-
- zwe it en Haupt sat z der Therm odyn am ik we ilS!
gung setz t , sich ohne aufSere Energiezuf uhr
Es gibt zwe i verschiedene, aber aqulvalent e Formul ierungen
im merzu we it er bewegt, also ein Cerat , das
des zweiten Hauptsat zes. Nach Kelvin besagt er, dass es keinen
die Energie, die es zu seiner Funkt ion braucht,
th erm odynam ischen Prozess gibt , dessen einzige Auswirkun g
selbst erzeugt. Die genialst en Vorricht ungen
es ist, einem Rese rvo ir Warm e zu entz iehen und diese ganz
wu rden vorgeschlagen , manchm al aufSerst
in Arbeit um zuwande ln. M an kann auch sagen, grunds atzl tch
effiziente. Aber die Unm oglichkelt eines per-
existiert keine ideaIe Masch ine. Man muss das mi t eine r rea/en
petuum mobile kann rigoros aus den erst en
M aschine vergl eichen: dies ist eine M aschine, die einen Zyklus
beiden Haupt sat zen der Therm odynam ik
th ermodynam ischer Prozessedurchmacht und warrne in Arbeit
gefolgert werden . Die franz osische Akade-
umwandelt, aber gleichzeit ig einen Teil der ent zogenen Warme
rnie der W issenschaf te n entsc hied 1775,
der Umgebung zuf uhr en mu ss (eine m Reservoi r niedrigerer
keine weitere n vors chlage oder Publikatio-
Temper atur). Sie kann nicht aile ent zogene Warme in Arbeit
nen anzun ehme n, in wel chen die Existen z
umwand eln, also ist eine reale M aschine niem als hunde rt pro-
eines perpet uum mobile behaupt et w urde.
zenti g ef fi zient .
Trotzd em t auchen neue vo rschlage imm er
Nach Clausius besagt der zw eit e Hauptsat z, dass es keinen
w ieder einma l auf.
thermodynamischen Prozess gibt, dessen einzige Auswirkung
es ist, einem kalteren Reservoir Warme zu entziehen und diese einem warrneren Reservoir zuzufOhren . Esgibt also keinen idealen KOhlschrank. In einem realen KOhl schrank muss wirklich Arb eit verricht et werden , wenn man Warme vom kalter en zum warrneren Reservoir transportieren will ; jeder weirs, dass man zum KOhlen Energie ben6tigt. Der zweite Hauptsatz benutzt den Begriff der Entropie S. Sie ist wie die Temperat ur eine Zustandsvariable, aber eine subtilere, denn man kann sie nicht direkt messen. Entropleanderung hat mit der Temperatur T und der Warme dQ zu tun . Man konnte sagen, eine infinitesimale Menge durch das System absorbiert er Warme fuhrt zu einer Entropieanderung des Systems, die durch
dQ= TdS gegeben ist. Benutzt man den Begriff Entropie im zweiten Hauptsatz, 50 ist seine Aussage, dass fur jeden Prozess in einem geschlossenen System die Entropie nicht abnehmen kann. FOr den idealen KOhlschrank beispielsweise heilst das, wurde eine (positive) Menge Warme q dem System bei einer niedrigen Temperatur T, entzogen, folgt, dass diesel be Menge q an die Umgebung bei einer h6heren Temperatur T2 abgegeben w erden rnufste. Die gesamte Entropleanderung 6S ware dann 6S = -qIT,+ qlT 2 , also 6S =
q(l lT 2 -liT,) , und dies ware kleiner als 0, im Widerspruch zum zweiten Haupt satz. Die Foigerung ist also,dasses keinen idealen KOhl schrank gibt.
warrne neigt dazu, im System zufallige Bewegungen hervorzu rufen - die M olekOlefangen an, mit mehr Energie zusarnrnenzust ofsen - man konnte also sagen, der Begriff der Entropie misst den Grad an Unordnung des Syst ems. Man kann diese Definition rigoros fassen, wenn man stati stisch auf die Zustande des Systems im mikr oskopischen Bereich blickt. In der stati sti schen Mechanik kann man zeigen, dass in einem geschlossenen
48
49
System, das nicht im Gleichgewicht ist, die Entropie wachst, bis sie ihr Maximum im Gleichgewichtszustand erreicht. Dies ist hauptsachlich eine Foigerung aus der Tendenz, 'von einem weniger zu einem hoher wahrscheinlichen Zustand zu gelangen'. La~t man einen Tintentropfen in einen Wassereimer fallen , werden die Tintenmolekule sich im ganzen Wasser zerstreuen, bis sie den Gleichgewichtszustand erreichen, in dem die Mole kule homogen im ganzen Eimer verteilt sind. NatUrlich wird das umgekehrt nicht passieren,jedenfalls nicht von alleine. Die gerade erwahnten Betrachtungen fuhrten zu der suggestiyen Behauptung, dass das ultimative Schicksaljedes geschlossenen Systems volllges Chaos ist, der so genannte 'Warrnetod', denn die Entropie - und somit der Grad an Unordnung - muss wachsen . Das konnte man auch auf das Universum als Ganzes anwend en - wohl eine ziemlich trube Perspektive. Wir sollten aber im Kopf behalten , dass der zweite Hauptsatz nicht verbietet, dass in einem geschlossenen System ein gewisses Unter system seine Entropie durch Abgabe von Warme verringert, welche andere Teile des Systems absorbieren rnussen. So wird zum Beispiel in biologischen Systemen wachsende Ordnung und kornplexltat erreicht.
Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik erklart, was passiert, wenn ein System die klelnstrnogiiche Temperatur von Null Kelvin erreicht, ungefahr - 273° Celsius. Bei dieser Temperatur endet jede thermische Bewegung und das System ist maximal geordnet, die Anzahl rnoglicher Zustande beschrankt sich auf den mit der niedrigsten Energie, und die Entropie verschwindet. Die Existenz so eines Zustands folgt aus den quantenmechanischen Eigenschaften der Natur.
DieBoltzmann-Gleichung bildetdieGrundlage derkinetischen
50
Theorie als Briicke zwischen mikroskopischer undmakroskopischer Physik. Diese Gleichung gehert zum Gebietder statisti-
schen Mechanik. Sie beschreibt diestatistische Bewegung einer groBen Anzahl Teilchen. DieBoltzmann-Gleichung gestattet eine systematische Herleitung makroskopischer Transportprozesse
Kinetische Theorie
wie Diffusion, Warmefluss und teltfahlgkelt aus denzugrunde
Die Boltzmann-Gleichung
Iiegenden mikroskopischen Gesetzen derNatur. Obwohl sienur auf diinne Systeme anwendbar ist,bauen Theorien vonenormer praktischer undtechnologischer Bedeutung auf ihr auf, etwa Stromungs-, Aero- und Plasma-Dynamik. Diese Gleichung ist grundlegend fur die Beschreibung vonSystemen, die nichtim
Historische Bemerkung
Gleichgewicht sind, insbesondere fur die Untersuchung von
Clausius,Maxwell und Bolt zmann wa ren die
Prozessen, die insGleichgewicht fuhren.
Pioni ere des mikr oskopischen Ansatzes zur Beschreibung makroskopischer Phanomene.
Um das Verhalten makro skopischer Systeme w ie Gasen oder
Ludwi g Boltz mann (1844-1906) fo rmulierte
Hussigkeiten zu beschreiben, mu ss man nicht die genauen
1872 die nach ihm benannt e Gleichung. Sys-
Eigenschaften aller einzelnen Teilchen kennen , aus denen das
t emat ische Me t hoden zur L6sung dieser
Gas oder die Hussigkeit besteht. Zum Gluck, denn dies wurde ein Syst em von 1023 oder mehr gekoppelten Gleichungen bedeuten .
Gleichung w urden um 1916 von Chapman
Esgenugt, die durchschnittlichen Eigenschaften der Teilchen zu
Bolt zmann hatte einen energiegeladenen
kennen, und genau dafur benotigt man st at ist ische Oberlegun -
und impu lsiven Charakte r. Er st udierte in
und Enskog entw ickelt.
gen. Die hohe Teilchenanzahl ist ein Gluck im Ungluck . jeder
Wi en und w urde bereit s m it 25Jahren Pro-
Besitzer eines Casinos oder einer Versicherungsgesellschaft
fessor f ur Physik in Graz. Dort verbracht e
wird bestatlgen, dass statistische Argumente aufserst genau
er seine produkt ivsten Jahr e. vvahrend
und damit bedeutungsvoll werden , wenn die Zahlen sehr groB
dieser Zeit litt er unt er dem fe hlende n
sind. wahrend also die Bewegu ng der einzelnen Teilchen in der
Versta ndnis und der fe hlenden Aner ken-
Husslgkett oder im Gas recht zufall ig sein mag, ist das die stat isti-
nun g seiner Zeitgenossen . Man erzahlt,
sche Verteilungsfunktion nicht , welche die Wahrscheinlichkeiten
dass Bolt zmann 1904 eine Weinflasche in
des Orts und der Geschwindigkeit der Teilchen beschreibt. Genau
den Berkeley Faculty Club schmuggelt e, als
diese Verteilungsfunktion muss einer grundlegenden Gleichung
Berkeley eine 'trockene' Sta dt wa r. M it 62
genugen .In einem Gas beispielsweise sit zen offensi chtlich nicht
Jahren beging er Selbstmord .
(~ at + v·\lr+ £m .\lv) f= JdQ Jdv; 0 (Q)!v-vll(J'!'l - ffl)
aile M olekul e am selben Platz zusammen : sie verteilen sich
52
mehr oder weniger gl eichmagig auf den vorhandenen Raum, und man erwartet weg en der Stage der Molekule auch, dass die Energie beim Erreichen des Gleichgewichtszustands mehr oder weniger gleich auf die Molekul e verte ilt ist. Wi cht ig an der Bolt zmann -Gleichung ist, dass sie auch Prozesse beschreibt, die vom Gleichgewi cht abweichen ; man kann mit ihr prufen, ob ein Prozess ins Gleichgewicht fuhrt, Genauer gesagt, die Boltzmann-Gleichung beschreibt die Zeitentwicklung der Verteilung sfunktion
f (r,v,t), also der Wahrscheinlich-
Auftauchende Eigenschaften
kelt , dass sich ein Teilchen am Ort r mit der Geschwindigkeit v zur
Wasser besteht aus einer sehr grolsen Anzahl
t in einem Gas, einer Husstgkett oder einem Plasma aufh alt ,
miteinander wec hselw irkender M olekule.
Zeit
Die Gleichung enth alt Ableitungen nach allen Variablen - Ort,
Dieses riesige Kollektiv offe nbart schone
Zeit und Geschwindigkeit -, von den en die Funktion f abhangt.
Eigenschafte n, etwa Wellen, St rudel, etc.
Die linke Seite st eht fur die zeit liche Anderung der Verte ilung als
Diese sind Eigenschaften des M edium s,
Falge der freien St rornung der Flussigkeit - m.a.w., auf grund der
we lche die Bestandte ile des Me diums
Geschwindigkeit der Teilchen und der mogli cherweise auf das
nicht
System ausgeubte n aufseren Kraft. Der komplizierte Ausdruck auf
keine Ahn ung davon, was Wasserwel len
der rechten Seite approximiert den Effekt der StolSe der Teilchen
sind ! Daher kammt die Bezeichnung
auf die Anderung der Verte ilungsf unkt ion. Diese Wechselwirkung
tauchende Eigenschaften. Da es unt erhalb
hangt von Relativgeschw indigkeit und Streuquerschnitt a (wi e-
von dem , was w ir m it blofsern Auge sehen
besitze n. wasse rmo leku le haben
auf
derum abhang lg vom relati ven St reuw inkel Q) aboDie genau e
konn en, nach viele str ukt urelle Ebenen gibt,
Form des Ausd rucks soil uns hier keine Sorgen machen.
existiert eine ganze Hierarchie aufta uchen-
Man kann diese ziem lich abst rakt e Verteilun gsfunkti on benut-
dass auf keine r Ebene zusatzli chew echsel-
zen, um diverse Mittelwerte zu definieren, die zu bekannteren
w irkungen eingefuhrt werden; aufta uchende
physikalischen GrolSen fuhren. Wenn wir zum Beispiel die Verte i-
Eigenschaften sind nu r das Ergebnis eines
lung sfunktion uber aile Geschwindigkeiten inte grieren, erhalt en
raffi niert en Wechselspiels aus den zugrunde
w ir die 'Anzahldicht e' n(r,t) der Teilchen, die nur von Ort und Zeit
liegenden physikalischen Freih eit sgraden
der Eigenschaften. W ir hebe n aber hervar,
abhan gt, Aus der Anzahldic hte erhalt m an die Wahrscheinlich-
und den f undame ntalen Kraf te n zwisc hen
t zu find en, unabhangi g von
Ihnen. Es gibt Anzeichen dafur , daIS sogar das
kelt , ein Teilchen am Ort r zur Zeit seiner Geschw indigkeit.
Leben eine aufta uchende Eigenschaft ist.
53
Die l.osungfur dieVert eilungsf unkt ion ist in demfolgendeneinf achenFall besonderswicht ig. 1st dasSystem im Gleichgewicht, so ist dievertellungdefinition sgernaf zeitunabhangig undhomogen (d.h.ortsunabhanglg), undwenn wirw eiter annehmen, dasskeine aufse reKraft wirkt, soverschwindet dieIinkeSeitederBoltzmann-
n(r,t)= If(r,v,t)d 3v
Gleichung f ur j ede Funktion, die nur von der Geschwindigkeit abhangt. Die rechteSeite verschwindet im Aligemeinen nur, wenn
f auf geeignete Weisevon einer Grii fSe abhangt, die in 2-Teilchenm
l
f(v) = n (--) 2 e 2rrkT
m!v-uI 2 2kT
Sto fS prozessenerhalten bleibt,wieMasse, Impulsoder Energie. Aus diesen Annahmen konstruierte Maxwell eineexplizite Losungfur die Gleichgewichtsvert eilung der Geschwindigkeiten v um ihren Mittelwert u.Man nennt sieeineGaufSscheVerteilung;eine symmetrische Funkti on mit Spitze bei v ~u, die stark abfallt, wenn v sichvon u entfe rnt. AusdiesenAnnahmen konstruierte Boltzmann den Ausdruck (der vorher schon mittels anderer Argumente von Maxwellgefunden worden warlfur dieGleichgewicht sverteilung der Geschwindigkeiten v um ihren Mittelwert u.
DieHydrodynamik benutzt manzurBeschreibung derStromung
S4
kontinuierlicher Medien wie Gasen, vielenArten von Fliissigkeiten undPlasmas. In dercomputergestiitzten Modellierung verwendetman siezum Design vonstabilen undwiderstands-
fahigen Schiffen, Flugzeugen undSportwagen. Die Gleichungensind auch filr dieWettervorhersage niitzlich, einschlieBlich Computersimulatonen vonWirbelstiirmen undTsunamis.
Hydrodynamik Die Navier-Stokes-Gleichungen
Die drei Gleichungen der Hydrodynamik sind hauptsachllch Erhaltungssatze. Sie kdnnen vielerlei Transportphanomene beschreiben, denn sie enthalten relativ viele Parameter.
Navier undStokes
Ursprilnglich wurden diese Gleichungen beim Studium von
Obwo hl Newto n und Bern oull i Probleme
Fliissigkeiten entdeckt. Man kann das System auch aus der
bei Hussigkeit en untersucht en, wa r es der
Boltzmann-Gleichung herleiten, indem man die Mittelwerte
Schweize r M ath em atik er Leonhard Euler
der in 2-Teilchen-StoBen erhaltenen GroBen Masse, Impuls
(17°7-1783), der um 1755die Grundlagen der
und Energie untersucht.
Hydrodynamik legt e, indem er die fund amen-
Ein sehr schweres Problem filr die mathematische und phy-
t alen Gleichungen syste mat isch unt ersucht e.
sikalische Gemeinde ist es nach wie vor, ausgehend von den
Es ist nur angemessen, dass die 'reibungsfre ie
Grundprinzipien das Phanomen der Turbulenz im Detail zu
Beweg ungsleichung' nach Euler benannt
verstehen sowie es als eine Losung der Navier-Stokes-Glei-
w urde, der oft als Begrunder der m odernen
chungen zu konstruieren.
Hydrodynami k betrac htet w ird. Claude-Louis Navier (Frankreich, 1785-1836)
Die Navier-Stokes-Gleichung en beruhen auf der Erhaltung dreier
wa r der Sohn eines Anwa lts, der starb, als
grundlegender GraBen in der zugrund e liegenden Wech selwir-
das Kind 8 Jahre alt wa r. Er w urde der Obhut
kung der Teilch en : M asse, Impuls und Energie. Damit verw andt
eines Onkels uberlassen, eines Baui ngeni-
sind drei Felder: die Massendichte p(r,t). das Geschwindigkeits-
eurs, der versuchte, sein Interesse an den
feld u(r,t) und die Energiedichte (pro Einheitsmasse)e(r,t) . Die
Ingenieurwi ssenschaften zu ste igern. Navier
Gleichungen erfordern die Kenntnis der Zust andsgleichungen
fin g eher maBig an der Ecole Poly t echnique
des untersucht en Mediums, von denen die eine Druck zu Dicht e
an, aber nach zwe i Jahren gehor te er zu den
und Temperatur, P = P(p,T). und die andere die Energiedi chte zu
beste n St udente n. Er schrieb sich 1804 an
Dichte und Temperatur, e = e(p,T). in Beziehung setzt.
der Ecole des Ponts et Chaussees ein und
Fur dunne gasforrruge Sy st eme werden diese Felder mittels der
grad uierte zwe i Jahr e spate r, Er w urde ein
Boltzmannschen Verteilungsfun ktion als Mittelwerte uber die
beruhrnter Bruckenbauer, w enn auch die
ap
at + v· (pu)=o -
a ) F 1 ( p--V·u II ) +-\1 II u=---v (-+u·v at m P 3 P a V )e = - pP "v -u + PK \1 T (ar+u. 2
2
u
Geschwindigkeiten definiert; daher hangen die Ausdrucke fur die
56
Felder nur von r und tab, siehe Seite 57. M an kann die BoltzmannGleichung nun verw enden, um das obige Syst em gekopp elt er Gleichungen herzuleiten , die ublich erw eise Navier-StokesGleichungen genannt we rden. Diese bilden ein sehr allgemeines Gleichungssystem. Prinzip iell beschreibt es auch die Aerodyn amik , w enngl eich dort die Parameter ganz ande rs sind . Einige Naherungen wurden in die sen Gleichungen gem acht. Hierfur fuhrt m an einige phenom enologi sche Parameter ein, welehe die Hussigkeit charakt erisieren,
erste von ihm gebaut e Brucke offen bar
ein Druck-Tensor P, die Viskosit at 11 und die th ermi sche t eltfahlg-
einst urzt e. Heut zut age erinnert m an sich
keit K. Der Einfachkeit halb er haben wir einen von der Viskosit at
an Navier aufg rund der Gleichu ngen, d ie
abhanglgen Anteil der dritten Gleichung w eggelassen.
seinen Nam en tr agen. 1m Wesent lichen
Man beacht e, dass die erste Gleichung gerade die Kontlnuitats-
f uhrt e ihn , 822 ein fal scher Beweis zu den
gleichung fur die Hu sstgkeit ist. Die zw eit e Gleichun g w ird im
richti gen Gleichungen. ,8 3' w urde er Pro-
Fall verschw indender v lskoslt at zu einer Gleichung, die schon
f essor an der Ecole Po lyt echn ique. Polit isch
Euler kannte. Was man aus dem Ansat z mit der Boltzmann-
w ar er zieml ich akt iv, glaubt e f est an die
Gleichung fur soleh ein phen omenologisches Syst em lernt, lst,
Segnungen der Indu str iegesellschaft und
dass die phen om enolo gi schen Paramet er selbst als gew isse
ste llte sich dem Blutv erg iefSen der franzo -
Mittelwerte von mikroskopi schen Freiheit sgraden versta nden
sischen Revolut ion und dem militarischen
we rden kon nen und m an Korrekturen prinzipi ell auf systema t i-
Expansion ism us Napo leon s entge gen.
sche Wei se berechn en kann .
George Gabriel Sto kes (1819-1903) wa r Sohn
Offensichtlich haben die Gleichungen eine ziem lich kompl exe
des Rekto rs des Sligo College in Skreen,
Form, aber sie sind nicht s als das Ergebnis der Anwe ndun g einiger
Irland. Er st udiert e in Camb ridge und wa r
einfa cher Erhaltungs satze auf ein Vielteil chensystem. Die linken
der alte ste in einer Gruppe bekannt er
Seiten reprasentieren gerade den Transport der Strornung durch
Theoret iker, zu denen auch W. Thom son
freie Konvekti on. Die recht en Seit en enth alten die Ausw irkungen
(Lord Kelvi n) und Lord Rayleigh gehort en.
von Spannungen und Viskosit at , d ie fur das komplexe Ausbrel -
Stokes beset zt e den Lucas-Lehrst uhl und
tungsverhalten des Gases oder der Flussigkeit vera nt wo rt lich
war sowo hl Prasiden t als auch Sekretar
sind und zu einer turbulenten St rornung fuhren konnen ,
der Royal Society (Iet zt eres nicht we niger
Die Gleichungen beschreiben St rome dur ch Rohren, in Hussen
als 30 Jahre lang! ). Sein bedeute nste s Werk
und um Schiffe oder Flugzeugflu gel herum . In Spezialfa llen
ist das uber Hydrodyn am ik.
57
sind betrachtliche Vereinfachungen der Gleichungen miiglich. Zum Beispiel kann die Bernoulli-Gleichung einfach hergeleitet werden, die Druckund Geschwindigkeit eines st at lonaren Flus-
3v p(r,t)=m I!(r,v,t)d =mn(r,t) p(r,t)u(r,t)=m y!(r,v,t)d
3v
sigkeitsstroms in Beziehung set zt, oder auch die Gleichung fur die Ausbreit ung von Schallwellen, denn diese sind nur longitu dinale Dichtewellen. Setzt man das Geschwindigkeitsfeld u auf Null, reduziert sich die Energiegleichung hauptsachlich auf die
p(r,t)e(r,t)=~m Jlv-uI2!(r,v,t)d3v
Diffu sionsgleichung fur den Warmefluss.
Einstein veroffentllchte 1905seine spezielle Relativitiitstheorie
58
undzehn Jahre spater dieallgemeine Relativitatstheorie, dieim
nachstenAbschnitt behandeltwird. Diespezielle Relatlvltatstheorie beschreibt, wie dieWahrnehmung vonOrt undZeitvon ausder Newtonschen Sieht der Natur stellt sieh alsunhaltbar
Spezielle Relativitatstheo rie
heraus. Dramatisch werden diese grundsatzllchen Unterschiede,
Relativistische Kinematik
derArt der Bewegung abhangt. DerBegriffderabsoluten Zeit
wenn man Objekte betrachtet, die sieh mit Relativgeschwindigkeitennaheder Lichtgeschwindigkeit bewegen. Die hier angegebenen Gleiehungen heben dreieindrucksvolle Konsequenzen hervor. Erstens dieTatsache, dass Geschwindig-
Albert Einstein
keitensieh auf besondere Weise addieren, sodass manniemals
Albert Einste in w urde am 14. Ma rz 1879 in
eine hohere Geschwindigkeit alsdie Lichtgeschwindigkeit er-
Ulm geboren. Er besuchte das luitpold-Cym -
reichen kann.Diese Geschwindigkeitsschranke ist in dem Sinn
nasium in Mun chen, aber im gefie l die Reg-
universell, dass siefur aile Beobachter diesel be ist. Zweitens,
lementi erun g in dieser Schule nicht. spate r.
dass bewegte Uhren langsamer gehen, einequantitative Fassung
nachdem seine Famili e nach M ailand gezo-
der Idee,dass Zeit relativist. SchlieBlich behandeln wir die am
gen wa r, besuchte er die Kant onsschule in
meisten gefeierte Gleiehung der Physik des 20. Jahrhunderts:
Aarau in der Schwe iz. 1896 schrieb er sich an
die fundamentale Aquivalenz vonMasse undEnergie.
der Eidgenii ssisch-Techni schen Hochschul e
Die spezielle Relativit at stheorie grundet sich auf zwei funda -
Physik und M ath ematik zu we rden.
mentale Postulate uber verschiedene Beobachter, die mit einer
19 01 erhielt er sein Diplom und w urde
(ETH) Zurich ein, mi t dem Ziel, Lehrer fu r
konstanten Relativgeschwindigkeit reisen, so genannte 'inert iale
Schwe izer Staats burger. Da er keinen Lehr-
Beobachter'. Das erste ist, dass physikalische Geset ze fur aile
auftrag bekam, nahm er eine Ste lle als tech-
inertialen Beobachter dieselben sein sollten -fur jeden Beobach-
nischer Assiste nt im Schwe izer Patentamt
ter sehen die Gleichungen genau gleich aus. Das zweite besagt ,
an. Er verbrachte seine Freizeit mi t Probl e-
dassf ur aile inertialen Beobachter die Lichtgeschwindigkeit (im
men der t heoret ischen Physik. 19 05 erhielt
Vakuum) dieselbe ist.
er seinen Dokt orgrad. 1m selben Jahr verof-
Das erste Postulat lauft auffolgendes hinau s: Wenn zwei Beo-
fe nt lichte er drei bahnbr echende Arbeite n
bacht er Exper im ente zum Auffind en physikalischer Geset ze in
in Die Annalen der Phy sik, uber drei volllg
Ruhe bzw. in einem mit konstanter Geschwindigkeit fahrend en
verschiedene Probleme: den photoe lektr i-
Zug machen, so we rden beide dieselben physikalischen Gesetze
schen Effekt, die Brownsche Bewegung und
erhalten . Wenn man also mit einer - in Bezug auf eine andere
60
Person - konstanten Geschwindigkeit relst, so gibt es keine objektive M6glichkeit zu entscheiden, w er sich bewegt und wer nicht. Beobachten kann man diesen Effekt auch, w enn man in einem langsam anfa hrenden Zug sit zt. Der Begrif f der Bewegung ist relati v. Das zweite Postulat ist sicherlich uberra schend und gegen die Intuition, selbst, wenn man es verst anden hat. Es ist eine Folgerung aus den Ma xwell -Gleichungen fur die Ausbreit ung von
die spezielle Relati vit atsth eori e. Sieben Jahre
Lichtwellen. Man denke an einen Zug der Geschw indigkeit u, aus
nach Arbeits begin n im Pat ent amt wu rde
dem man einer Person am Bahn steig einen Ball mit Geschw in-
er zum Privatdoze nt in Bern ernannt. 19 0 9
digkeit v zuwi rft. Unsere Alltag serfahrung w urde uns sagen, dass
wurde er Assistenzprofe ssor in Zurich, ' 911
die Person am Bahnsteig den Ball mit einer Geschwindigkeit w
Prof essor fur th eoreti sche Physik in Prag,
auffangt, die Summ e der beiden Gescheindi gkeit en ist, also w=
kehr t e aber im fo lgenden Jahr f ur einen
U+V. Das hatte Newton gesagt. Ersetzen w ir aber nun den Ball
ahn lichen Posten nach Zurich zuruck. 1914
durch ein Lichtteilchen -ein Phot on - , dann folgt aus dem zweite n
wu rde er zum Direkto r des Kaiser-Wilh elm -
Einsteinschen Postul at: Das Phot on bewegt sich in Bezug auf den
Inst itu t s f ur Physik und zum Prof essor an
Zug mit Lichtg eschwindigkeit, aber auch mit genau derselben
der Universit at Berlin ernannt. Er w urde '9' 4
Geschwindigkeit auf die Person am Bahnsteig zu. Wi e selts am !
deut scher Staat sburger und blieb bis 1933
Einsteins Antwort auf die Frage, wie zwei Geschwindigkeiten (in
in Berlin, wo er dann auf diese Staa tsb ur-
derselben Richtung) sich 'addieren' , wi rd durch die erst e der drei
gerschaft aus offensicht lichen polit ischen
Gleichungen gegeben. Beachte, dass wir sofo rt einige Spezialfalle
Grunden verzichtete.
ablesen k6nnen. Zunachst, wenn sow ohl U als auch v viel kleiner
Einstein erhielt '92 1den Nobelpreis fu r Physik
uv/c' viel kleiner als 1,
'fu r seine Verdienste in der t heoret ischen
und Einstein s Formel w ird zu Newtons Formel w=u+v, so, wi e
Physik, insbesondere f ur die Entdeckung
es sein sollte. Fur u=c/ 2 und v=c/2 sagt uns die Form el, dass w
des Gesetzes des photoe lekt rischen Effekts',
= 4c/5 ist. Und schlieBlich fur v = c ist w auch gl eich c, f ur aile
bemerkenswert erweise nicht fur seine Arbeit
Werte von u, w ie vorn zwei te n Postulat verlangt.
uber Relativitat.
als die Lichtge schwindigkeit c sind, dann ist
Selbst w enn w ir fortfahren, Geschwindigkeiten kleiner oder gleich
Wahrend Einstein ' 901 daruber nachdacht e,
c zu addieren, kann niemal s eine gr6Bere Geschwindigkeit als c
seine akademische Karriere aufzugeben ,
herauskommen! Offenbar ist die Lichtgeschwindigkeit die gr6Bte
erhielt er 1933 Angebote aus vielen Sta dte n,
erlaubte Geschwindigkeit in der Natur, und glu cklicherwel se ist
etwa Jerusalem, Leid en, Oxfo rd, Mad rid und
61
diesesMaximum fur aile Beobachtergleich. Soweit wir w issen, halt sich die Nat ur ausnahrnslos an diese Geschwindigkeitsgrenze. Diese absolute Schranke fu r Geschwind igkeiten gilt notwendigerweise auch fur aile mogllchen Arten der Info rrnat ionsubermittlung , was ausschlaggebend f ur die Erhaltung des au ~erst grund legenden Konzepts der Kausalit at ist - den Regel n von Ursache und W irkung - , auf dem nicht nur die Wissenschaft, sondern auch unser taglkhes Leben beruht. Mit Ausbreitungsgeschw in-
Paris. Er entschied sich, in die U.s.A. zu gehen
digkeiten oberhalb der Lichtgeschwi ndigkeit konnte man Taten
und eine St elle am Insti tute f or Advanced
der Vergangenheit ruckga ng ig machen, w as zu vo llig absurden
St udy in Princeto n anzunehm en. Er w urde
und unakzept ablen Konsequenzen fuhren wu rde. NatLirlich ware
' 940
und
es ein Segen, we nn man a posteri ori einen Unfall ungeschehen
zag sich '945 von seinem Post en zuruck.
machen konnte, der bereits stattgefu nden hat , aber es ware
In Princeton arbeitete er haupt sachllch an
auch schw ierig, an solch eine M oglichkeit zu glauben.
einer geomet rischen Theorie, die Elekt roma-
Wie kann es sein, dass aile Beobacht er den gleichen Wert fur die
amerikanischer
Staasburger
gnet ismus und Gravitati on vereint.
Licht geschw indigkeit rnessen, konnte man fr agen. Nun, der Preis
Der Preis f ur sein Genie w ar int ellektu elle
dafur ist ta tsac hlich recht hoch. Man erinnere sich daran, dass
Einsamkeit , we nn auch Mu sik sein Leben
Geschwindigkeit gleich Ort dividiert durch Zeit ist, darin Iiegt der
erheblich bereicherte . Er heirat et e ' 903
Schlussel. Dam it die Licht geschwi ndigkeit fu r aile Beobachter
Mi leva Mar ic, sie hatte n eine Tocht er und
gleich ist, rnussen die Beziehungen zwisc hen den jeweil igen
zwei Sohne: die Ehe w urde 1919 geschieden.
Begriffen von Raum und Zeit neu definiert werden . Insbeson-
Danach heirat ete er seine Cou sine. Elsa
dere ist die Newtonsche Vorstellung einer absoluten Zeit nicht
Low enth al, die '936 starb. Einst ein w ar ein
langer haltbar. Da di e Trennung zw ischen dem , was w ir Raum
ausgesproc hener Pazifi st ; sein let zte r Brief
nennen und dem, w as wir Zeit nenn en, davon abhangt, wie wir
wa r an Bert rand Russell gericht et ; in ihm
uns bewegen , macht es mehr Sinn, von Raum-Zeit zu reden als
st im mt e er zu, seinen Nam en auf ein M ani -
von Raum und Zeit getr ennt. Raum-Zeit ist die Ansammlung aller
fest zu set zen, das aile Nat ionen dazu ver-
Raum-Zeit-Punkte ('Erelgntsse') (x,t). Einste ins Theorie bestimmt
pfl ichte n solite, Nuklearw affe n aufzugebe n.
vollst andig, wie die Raum-Zeit von verschiede nen Beobachtern
Einste in wu rde in Trent on, New Jersey am
wah rgenommen w ird. Das Adjek tiv 'relat iv' bedeute t, dass nicht
18. April 1955 um , 6 Uhr e tngeasc he rt. Seine
jede r Beobachte r aile Ereignisse und ihre Reih enfolge in glei-
Asche w urde an einem gehei m gehalte nen
cher Weise bemerkt, aber die Theorie erklart die auftret enden
Ort verstreut.
Unte rschiede.
Eine eindrucksvolle Foigerung lst, dass bewegte Uhrenlangsamer
62
gehen, waszum beruhrnten 'Zw illings-Paradoxon' fuhrt, Die Botschaft der zweiten Gleichung ist: t' ist die von der bewegten Uhr gemesseneZeit und t die Zeit auf der ruhenden Uhr. Die Formel lehrt uns, dass t' immer kleiner ist alst (denndie Quadratwurzel ist kleineralsl) , Wennein Zwilling daheim bleibt und sich der andere auf eine lange Reise mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum begibt, so wird nach seiner Ruckkehr der reisende Zwilling viel junger sein. Diese Vorhersage wurde in sehrvielen Fallen getestet, wenn auch nicht mit einem echten Zwilling. Ein sehr sauberer experimenteller Beweis folgt beispiel sweise ausder Messungder Zerfallsrate instabiler Teilchen, die bei hohen Geschwindigkeiten produziert werden. NachEinsteins Gleichung solltendanndieTeilchen langerleben. Ahnlicherscheinteinem ruhenden Beobachter ein bewegtes Objekt in Bewegungsrichtung verkurzt. Wendenwir uns nun der beruhrntestenGleichungder Physik des 20. Jahrhunderts
zu: E=mc2• Physiker prasentieren sieheutzutage
Maxwell versus Newton
meist in einer etwas anderen Form, denn m in der Einsteinschen
Ich mochte eine zusatzlicheBemerkung zum
Formelist selbsteineGroBe, die vorn Bewegungszustand gegen-
erste n Postulat der Relatt vitat machen. Die
uberdern Beobachter abhangt, Waswir normalerweise alsMasse
Tatsache,dassfUr aile inertialen Beobachter
eines Objekts betrachten, ist dessen Masse im Ruhezustand.
die Naturgesetzegleich aussehen sollen,war
'Masse' bezieht sich also auf die Ruhemasse mo. 1m letzten Teil
eigent lich schon inkonsistent mit den zwei
der Formelwird die Energie in Abhangigkeit von der Ruhemasse
groBen klassischen Theorien: den Newt on-
und dem Impuls p (und c) dargestellt, was zwei interessante
schen Gesetzen und den Maxwell-Gleichun-
Eigenheiten relativistischer Teilchendynamik veranschaulicht.
gen. Es gibt eine Regel, mit der die Orts- und
Setzen wir den Impulsgleich Null, so ist die Energie geradegleich
Zeitkoordinaten eines Beobachte rs in den-
der Ruhemassernamal c2, was zelgt, dassdasTeilchen sogar im
jenigen des anderen ausgedruckt werden
Ruhezustand eine gewaltige Energiemenge darstellt. Um eine
konnen, Dies ist eine so genannte 'Koordi-
Vorstellung davon zu geben: in einem Kilogramm irgend einer
natentransformation', die von der Relativ-
17
Form von Materie sind etwa 10 Joule gespeichert; dieselbe
geschwindigkeit abhangt . Wenn man diese
Energiemenge erhalt man durch Verbrennung von mehr als
Transformation sodurchfuhrt, dass Newt ons
einer Million Tonnen Kohle.
Gesetze in den neuen Koordinatengenau wie
63
Dru ckt man die so genannte reiativististhe Masse m mittels der Ruhemasse und der Geschwind igkeit aus, so erhalt man einen inte ressant en Ausdru ck, den Einst ein benutzte (siehe linke Spalt e). Diese Formel hat einig e erhe llende Eigenschaften. Fur
v=O fo lgt m =m e ' w ie man erwartet. Wenn v sich der Licht geschwi ndigkeit nahert , geht der Nenner gegen Nul l und der Wert f ur m w achst grenzenlo s! Das erklart zu einem gew issen Grad, w arum die Teilchenges chw ind igkeit nicht groBer als die Licht geschw indigkeit werden kann: das Teilchenw urde unendlich
ma
m = 'V;::;:1=-v=2~/;:::C;:2
schw er und fur seine Beschleunigung benot igte man unendli ch grofse Kraft oder Energie . Einanderer int eressant er Fall in der Energie-Masse-Beziehung (die dr itte Gleichung) tr itt auf, wenn die Ruhemasseme Null geset zt wird . Dann erhalten wir eine Gleichung f ur masselose Teilchen, die besagt, dass die Energie proportional zum Im puls ist:
E=pc.
Wir w ir spate r, in Zusammenhang mit der Quante nt heorie, noch einsehen werden, macht es v ie I Sinn, uber masselose Teilchen zu in den alte n aussehen, dann andern sich die
reden. Tat sachlich gibt eseine enorme Zahl von ihnen, in Form von
M axw ell-Gleichungen, und we nn man eine
Phot onen, die als Quanten elektro magnet ischer St rahlung aufge -
Transf or mati on w ahlt , w elche die Form der
f asst w erden. Der Ausdruck fu r die Energie masseloser Teilchen
M axwe ll- Gleichungen erhalt, andern sich
impliziert, dass diese Teilchen sich imme r mit Lichtgeschw indigkeit
die
New t on schen Gleichungen . Dieser
Grundkonfl ikt zwisc hen zwe i geschatzten
bewegen rnussen - sie konnen sich nicht ausruhe n. Die Gleichun gen der speziellen Relat ivit ats t heorie vermitteln
Dogmen der klassischen Physik wurd e durch
st arke Aussagen von schockierender Einf achheit. Sie lehren uris,
Einsteins Theorie autge lost . die Transforma-
dass die Nat ur sich volll g anders verhalt , wenn w ir Geschw in-
tio n, welche die Maxwe ll-Gleichungen erhalt
dig keit en in der Nahe der Lichtges chw indigkeit betrachten. Dass
(die so genannte Lorent z-Transformat ion)
wi r dies nicht schon viel fruh er ent deckt haben, Iiegt daran, dass
w ar die richt ige. und di e New t on sche
w ir keine Erf ahrung mit solchen Geschwi ndigkeit en hatten . Aber
vom Thron gestoBe n
heut zut age werden in den groBen Beschleunigern die Elemen-
we rden und uberlebt nu r als Grenzfa ll der
t art eilchen zu Geschwi ndigkeit en beschleunigt , die we niger als
M echanik mu sste
viel macht igeren relat ivisti schen M echanik,
ein M ill iardstel
di e Einst ein f ormu lierte .
entfernt sind .
von der maxima l erlaubt en Geschwind igkeit c
Einstein fragte sich selbst, was es bedeuten wiirde, wenn be -
64
schleunigte Beobachter aqulvalent waren. Die Frage fiihrte ihn auf einen einsamen, etwa zehnjahrlgen Weg harter Arbeit, der ihn von der speziellen Relatlvltatstheorie zu einer erstaunlichen, prosaisch allgemeine Relativitatstheorie genannten Theorie brachte, in der die Begriffe Raum, Zeit und Gravitation intim verbunden sind. Das Phanomen der Gravitation ist eine direkte Manifestation der Kriimmung der Raum-Zeit. Energie und Impuls kriimmen die Raum-Ze it , und diese Kriimmung zieht die Bewegung von Materie und die Strahlung in Mitleidenschaft. Einstein 'befreite' die Raum-Zeit von ihre r Rolle als starre Biihne, auf der sich die Physik abspielt. Erverwandelte die Raum-Zeit von einer passiven Zuschauerin in eine aktiven Schauspielerin, die selbst ihre Rolle in den dynamischen physikalischen Prozessen spielt. Die allgemeine Relativitatstheorie erklart eine Vielzahl Beobachtungen, be i denen Newtons Theorie versagte, und was am wichtigsten ist , sie offnete die Tiirzu einer vollig neuen, dynamischen Perspektive des Universums und sagte verbliiffende Erscheinungen wie schwarze Locher voraus. Wi r aile wa ren scho n in einem Fahr stuhl, der nach oben oder unten beschleuni gt w ird. Wenn wir nach oben beschleunigt w erden, f Ohlen w ir uns schwe rer. Und we nn wi r nach unten beschleunigt we rden, fuhlen w ir unslei cht er. Wenn nun jem and die Kabel des Fahrstuhl s dur chschneiden w urde, 50 dass man sich im fr eien Fall befi ndet , 50 wa re alles in di esem Fahr stuhl 'schwe relos': Wenn w ir et w as aus der Hand gleit en Iiegen, w Orde es nicht zu Boden f allen, sondern sich mit uns bewe gen. Aus diesen Beob achtungen k6nnen w ir schliefsen, dass eine Relativita t sth eori e fur beschleun igt e Beoba cht er auch Aspekte der Gravita t ion einschllefsen solite. Der fr ei f allend e Beobacht er
Allgemeine Rei ativitatsth eo rie Die Einstein-Gleichungen
wLirde eine einzigartige Rolle spielen, denn er ist ohne Gravita-
66
tion schwerelos. Einstein hatte 1907 die SchlLisselidee mit dem
iiquivalenzprinzip, in
dem er eine Gravitationsbeschleunigung
postuiierte, die ununterscheidbar von der durch mechanische krafte verursachten Beschleunigung ist. Gravitationsmasse wie
Sieben Vorhersagen
in Newtons Gravitationsgleichung wurde daher mit Inertial masse identifiziert (wie sie in Newtons bekannter Formel F=ma vor-
Kreiselbewegung in Sonnenniihe. Die Kraft
kommt) . Damals war dies eine phenomenologische Annahme,
zwi schen zwei M assen w ie der Sonne und
keine logische Notwendigkeit oder ein fundamentales Prinzip.
eines Planet en we icht von New ton s 'rezi-
Es gibt eine weitere Beobachtung, die man in Verbindung mit
prokem Quadrat geset z' dur ch einige sehr
beschleunigten Beobachtern macht: Betrachte einen Lichtstrahl.
kleine Term e abo So klein sie sein mogen,
Nach Definition bewegt er sich zwischen zwei Punkten auf einer
sie bewirk en, dassdie Langsachse der ellip-
geraden Bahn, denn das ist der kurzeste Weg, von einem Punkt
ti schen Planet enbew egung nicht langer im
zum anderen zu gelangen . Aber wenn wir diese Linie im Refe-
Raum fi xiert ist, sondern sich selbst sehr,
renzsystem eines mit konstanter Beschleunigung bewegten
sehr langsam um die Sonne dreht. FLir den
Beobachters beschreiben, wurde sich der Lichtstrahl auf einer
kleinsten Planet en, Merkur, betr agt diese
Parabel bewegen (einer Kurve konstanter KrLimmung), und die
Prazession etwa 43 Bogensekunden pro
KrLimmung ware gleich der Gravitationsbeschleunigung, d.h.
Jahrhund ert. Die Beobachtun gen sti mme n
dem Gravitationsfeld. Der kurzeste Weg ware gekrLimmt , und
vollsta ndig mit der Theorie uberein.
das ist charakter isti sch fu r einen Raum, der selbst gekrLimmt ist. Worauf also Einsteins Entdeckungen hinaus laufen , ist eine
Die Kriimmung des Liehts. Licht strahlen
Beziehung zwi schen Beschleunigung und Gravitation einerseits
w erden durch die KrLimmung der Raum-Zeit
und zwischen Gravitation und gekrLimmtem Raumandererseits,
beeinflusst (d.h. durch die Gravitat ionskraft).
so dass die Identifikation von Gravitation und der KrLimmung
In Newtons Theorie ist das nicht so. Licht-
der Raum-Zeit unvermeidlich war.
st rahlen verbiegen sich, we nn sie schwe re
Um sich vorzustellen, was ein gekrLimmter Raum ist, kiinnte es
Objekte passieren. Diese Vorhersage w urde
helfen, von drei aufzwei Dimensionen hinabzusteigen . Verglei-
19' 9 wahrend einer Sonnenfinst ernis bests-
che die Oberflache einer flachen Ebene mit der gekrLimmten
tig t. Licht ent fernte r Ste rne w ird gekrLi mmt ,
Oberflache einer Kugel (siehe die Bilder auf Seite 64). Letztere
wenn es die Sonne passiert, w as eine of fe n-
ist eigentlich eine Hache konstanter KrLimmung, denn die Art,
sicht liche Orts -Verschiebung dieser Ste rne
in der die Oberflache gekrurnrnt ist, ist in allen Punkten und
zu den Librigen verursacht. Am spekt aku-
Richtungen gleich . Auf einer Kugel ist der kurzeste Weg zwi-
larsten ist der Effekt der Gravitation slinse,
67
schen zwei Punkten tatsachlich gekrurnrnt - ein Segment eines GrofSkreises. Materie erzeugt ein Gravitation sfeld, woraus Einstein schloss, dass jede Ma sse die Raum-Zeit um sie herum krurnrnt. In zwei Dimensionen wurde eine Masseden flachen Raum zu einer Ebene mit einer 'Beule' um die Ma sse herum krurnrnen, so, als wenn
bei dem man wegen der aufSerordentli chen
man die Ma sse auf eine Gummimembran set zen wu rde.
Krummun g mehrere Bilder einer we it ent f ernte n Galaxie sieht.
Die Einstein-Gleichungen drucken genau die eben beschriebe-
Gravitations-Rotverschiebung. Licht kann
RflV(x,t)die Komponenten der krummung in den verschiedenen
nen Beziehungen aus. Auf der Iinken Seite bezeichnen die Felder
im Gravita t ionsf eld Energie verl ieren oder
Raum -Zeit-Richtungen in j edem Raum -Zeit-Punkt, wa hrend
gew innen. Das bedeute t nicht , dass es
wir auf der rechten Seit e ein Multi-Kompon enten -Feld TflV(x,t)
sich schneller oder langsamer bew egt.
vorfi nden, das die Energie- und Impulsdichte in der Raum-Zeit
sondern dass seine Frequenz abnim mt
beschreibt. Die Indizes fl und v sind Raum-Zeit-Indizes; sie nehmen
(Rot verschiebung) oder zunim mt (Blauver-
die vier Wert e 0, 1, 2 und 3 an, wo bei die Null zur Zeit- Komponente
schiebung). Dieser Effekt spielt e eine grofse
gehor t. Also ste ht auf der linken Seite die gesamte Inform ation
Rolle bei der Entd eckung der Expansion des
uber die Geomet rie der Raum- Zeit, wa hrend auf der recht en
Universum s.
Seite die gesamte Inform ati on uber die Verte ilung von M ateri e
Die Expansion des Universums. Den Glei-
'kosmologischen Konstante' A hatte auf j ede der beiden Seite n
chunge n, w elche die Anderungen in der
geschrieben werden konnen , je nach Interpretati on. Einerseit s
und St rahlung angegeben ist. Der Term mit der so genannte n
Raum -Zeit beschreiben, sollte auch die
bestimmen Materie und Energie. wie die Raum-Zeit gekrurnrnt
Raum-Zeit als Ganzes genugen. Einst eins
ist, andererseits verhalt sich die Krurnrnung der Raum-Zeit w ie
Theorie best immt prazise die Dyn ami k des
die Gravit ation skraft und bestimmt demnach die Bewegung von
Universum s. 19 22 ver6f fe nt lichte der russi-
Teilchen oder auch Licht.
sche Math ematik er Aleksandr Friedmann
Der ent scheidende Punkt ist nicht nur, dass die Raum-Zeit
in der Zeitschrift f ur Phy sik eine Klasse von
gekrurnrnt ist, sondern, noch wichtiger, dass sie dynami sch ist.
Iosungen. die zu sich ausdehnenden Univer-
Sie ist also nicht nur eine math ematisch e Buhne, in der sich di e
sen korrespondiert , und 1929 macht e Edw in
Physik abspielt , sondern sie selbst spielt aktiv mit und nimmt
Hubble die pracht ige Ent deckung, dass das
ihre Roll e in dynamis chen Prozessen ein, genau wie and ere
Universum t at sachll ch expandiert.
physikali sche Freiheit sgrade.
Eine Analogie konnte uns helfen , diese dur ch die Einstein-Glei-
68
chungen folgende radikale Wende in unserem konzeptuell en Verstandnis der Gravitation in den Griff zu bekommen, diesmal nicht in der Gestalt einer gekrurnrnten Raum -Zeit. In den Abschnitten uber Elekt romagnetismus hoben wir hervor, dass das Gesetz, das die anziehende oder abstolSende Kraft zwischen zwei Punktladungen anglbt, sehr ahnlich zu dem Newtonschen Kraftgesetz
Gravitationsstrahlung. Die Theori e sagt die
fur die anziehende Gravitation skraft zwi schen Punktma ssen ist.
Existenz von Gravitationswe llen voraus, die
Weiter erkannte n wir, dass elekt rische und magn eti sche Felder
von der hoh en Gravit at ionsbeschleunigu ng
nicht nur als mathematische Gebild e auftauch en, um Krafte
massiver korper hervorgeru fen wi rd, analog
zwi schen Ladungen zu berechnen, sondern als unabhanglge
zu den elektr omag net ischen Wellen der
physikali sche Freiheitsgrade, die ih r eigenes Gleichungssystem
Ma xw ell -Theori e. Diese Vorhersage w urde
erf ullen rnussen, die Ma xwell-Glei chungen . Diese Gleichungen
noch nicht direkt expe rimen te ll besta t igt,
hatten l.osungen , die elektromagnetischen Wellen entsprech en,
alle rdings hat man einen scho nen indir ek-
die sich im Vakuum ausbreiten - definitionsgemafs mit Lichtge -
t en Beleg: den Energieverlust eines bin aren
schwindigkeit. Dies loste das f olgende alte Problem.
Pulsars aufg rund der Gravitationsst rahlung.
Rutteln wir irgendwo an einer Ladu ng, dann wurde man erwar-
Die M essungen, fu r die Joseph Tayl or und
ten , dass das Feld sich and ert und dass die And erung im Feld
Russell Hul se 199 3 den Nobelpr eis erhi elten
Ursache dafur ist, dass sich eine w eit entfe rnte and ere Ladung
und die jet zt seit mehr als 25Jahren Besta nd
bewegt. Nach dem alten elektrischen Kraftg esetz wurd e die Kraft
haben, st im men ausgezeich net mit den
unverzog ert ubertragen, aber beim St udium der Maxwell-Glei-
Berechnu ngen aufg rund der Einste in-Glei-
chungen findet man, dass eine Ande rung im Feld sich nur mit
chu ngen uberein ,
Lichtge schwindigkeit ausbreit et - wa s natur lich das geheiligte Konzept der Kausalitat rettet.
Schwarze Locher. Die Theo rie hatte noch
Einstein verstand nun sehr genau, dass wegen Newtons Gravitati-
eine andere Oberraschung in petto. Siesagte
onsgeset z derselbe 'unverzogert e Vorgang in der Entfernung' ein
besondere Iosungen voraus,die als schwa rze
konzeptu elles Problem hervorrufen w urde. Mit anderen Worten,
Locher bekannt sind, eine Voraussage, die
mit der speziellen Relativtt at stheorie hatte Einstein den Konflikt
zu ihrer Ents te hungszeit nicht viel Sinn zu
zw ischen Maxwell und den dynami schen Newtonschen Glei-
machen schien. In der Zw ischenzeit gibt es
chungen gelost, aber der Konflikt zum Gravitation sgesetz w ar
eine wac hsende M enge indire kte r expe ri-
bis dahin noch nicht gelost. Erw ufst e, wona ch er suchen rnusste.
ment eller Besta t igungen fur ihre Existe nz.
ein Gleichung ssystem fur ein Gravitationsfeld , das dieselbe Rolle
Schwa rze Locher entstehen, wen n ein schwe-
69
spielt w ie die Maxw ell-Gleichungen fUr den Elekt romagnet ismu s. Die Gleichungen sollten ahnlich seln, aber sicher nicht identi sch; ein Grund hierfi.ir ist , dassdie Gravitationsk raft zwi schen Massen immer anziehend w irkt. Und genau das fand er. Die Tat sache, dass seine Gleichungen eine geometrische Int erpret at ion zulielsen, aus der zugleich die k rurnrnung von Raum und Zeit folgt, war
res stella res Objekt, das all seine nuk leare
unter diesem Gesichtspun kt eine une rwartete , aber gro lsartrge
Energie verbra nnt hat , an seiner eigenen
Zugabe.
Gravita t ion kollabiert, was man auch eine Supernova nenn t. Es w urden Supernovas
Die Einste insche Gravitatio nstheorie gehi:irt zu den asthe-
beobacht et , bei denen die Masse 50 gro~ ist ,
tisc hste n Errungenschaften der t heoret ischen Physik. Sie ist
dass wi r das Ereignis nur als die Ent ste hung
ein heraus ragender konzept ueller Wende punkt und machte
eines schw arzen Lochs deut en ki:innen. Es
eine Rei he bemerkenswerte r Vorhersagen, die sehr we it uber
w ird auch vermu tet , dass riesige schwa rze
Newton s Theorie hin aus gehen. Die wi chti gsten sind nebenan
Li:icher in den Zent ren der Galaxien sit zen
auf gelist et. Mit dieser eindrucksvo llen Liste an Vorhersagen, die
und diese langsam verschlingen .
g ri:i ~te n te ils
durch eine Vielzahl von Experime nte n gerechtfe r-
t igt wu rden, zeichnet sich die allgemei ne Relatt v tt at st heorle
Die kosmoJog ische Konstante. Schliefsltch
als eine der reich halt igsten physikalischen Theo rien aus, die j e
ist da der let zt e Term auf der linken Seite ,
konzip iert w urde n.
m it der 50 genannten 'kosmologischen Konstante' II . Dieser Term wird heut e als die Energie des Vakuum s int erp ret iert , die sogar eine Gravita t ions-Abstofsung bewirkt. Vor nicht lange r Zeit wurd e klar, dass diese Energieform erstaunliche rwei se die Energiedichte des Unive rsums beherrscht , w as die Ursache f ur die beschleunigt e Expansion des Universum s ist. Dies unt erstr eicht die t heoret ische Weisheit , dassDinge, die nicht durch die Prinzipien der Theorie verbote n we rden, 'obligat orisch' sind und irgendw ann einmal in der Nat ur vorkom men we rden.
Das erste Viertel des 20. Jahrhunderts sah zwei groBe wissen-
70
sehaftliehe Revolutionen. Zuerst die Relativitatstheorie, die unsere Sieht von Raum undZeit stark wandelte, und dann die Quantenmeehanik, die unser Denken Uber Materie und Energie zutiefst veranderte. Die Quantenmeehanik fUhrte zu einer grundlegend neuen Denkweise Uber Materieundsorgte fUrein
Quantenmechanik
tiefes Verstandnls einer groBen Anzahl Phanomene, von den
Die Schrddtnger-Glelchung
fundamentalsten Eigensehaften derElementarteilchenbis zu dlversen Aspekten derChemie. DieQuantenmeehanik offnetedie Tiir zumMikrokosmos und erklarte dabei viele derEigensehaften auBerst untersehiedlieher Materialtypen wie Isolatoren, Metalle, Halbleiter und Supraleiter. Die moderne Physik ist immernoeh
Erwin Schrodlnger
verbissen indieweitereUntersuehung derstets Uberrasehenden
Die Geburtsstund e der Quantenth eo rie
Welt von Quanten-Festkorpern, -Fliissigkeiten und-Gasen.
liegt in der '900 von Ma x Planck in seinem St rahlungsgesetz eingef uhrte n Konstan -
Die Quanten-R evol ut io n sorg te fur eine radikale Um beset zung
t en. Spater benutzt e Niels Bohr die Idee
der Grund lagen der t heoret ischen Phy sik. Sie wurde unter ande -
der Materiew ellen zur Erklaru ng der At om -
rem not w endig, wei l die klassischen Theorien vo n Newton un d
spekt ren. Heisenberg gab eine algebraisc he
M axw ell nicht ausreichten, um die beobacht et e Atomstruktur
Behandlun g an (Matrizenme chanik), und
zu beschreibe n. M an nahm an, dass das Ato m aus einem posit iv
Erwin Schrodl nger f ormu lierte seine Wel-
geladenen Kern besteht , der von negativ geladene n Elekt ronen
lenm echanik. Er verof f ent licht e ' 9 27 die
um geben ist , die genau die Kern ladung kom pensieren. Das ent-
erste von vier Arbeite n mit der beruhrnten
sta nde ne Problem kann man w ie folgt besch reiben. Newton
Gleichu ng in den Annalen der Physik und
sagte uns, dass in der vo rgeschlagenen Konfigura tion die Elek-
zeigte, dass die Atomspektren sich aus
tron en sehr rasch um den Kern 'k reisen' wu rden, und dass daher
der t osu ng seiner Wellengleichung fur die
die se Ele ktron en imm erzu st ark besch leunigt wu rden, Ma x w ell
Schw ingungszusta nde ergeben. lm Jahr '9 33,
dagegen erzahlte uns, dass eine beschleunigte Ladu ng beginnen
als Schrodinger von Zurich nach Berlin wech-
wurde zu strah len und dah er merklic h Energie verlieren w urde,
selte, um Nachfolger von Planck zu werden ,
so dass am Ende die Ele kt ron en in den Kern st urzte n, Eine kleine
t eilte er sich den No belpreis m it Dirac. Ais
Rechnung zelgte, dass di e Lebensdauer des At om s etwa eine
aber Hitl er an die Ma cht kam, w ar Schrodin -
M ill iardstel Sekunde wa re. Nach der Theorie w urden Atome also
ger schock iert und beschlolS, Deut schl and
gar ni cht existieren, w as ganz offe nsicht lich den Beob achtu n-
fur ein Stip endium in Oxford zu verla ssen.
2
111
a ¥(r,t)= [11 - 2m \l2+V(r) at
]
¥(r,t)
gen widerspricht. Die Quantentheorie war die Rettung. Blickt
72
man zuruck, so war einer ihrer herausragendsten Erfolge die Erklaru ng der Strukt ur und auch der St abilit at von Atomen und M olekulen, also alle r M at erie. In der Quant enth eorie bilden die gebundenen atomaren Zust ande vo n Elektronen und Kern eine di skrete Men ge - die erlaubten Zusta nde sind quant isiert , und es gib t einen st abil en Zusta nd kleinst er Energie.
Die Theorie beruht auf ein er Anzahl Postulat e ho her Aligeme inheit, die ein Gerust bereit stellen, das im Prinzip aufjedes physikaIischeSystem angew andt werden sollte . Kurz gesagt, unsere Welt
1934 w urde ihm eine perm anent e St ellung
ist quantenmechanisch. Das Gerust der Quantenmechanik folgt
an der Prin cet on Universit y angeboten, die
in keiner Weise aus der klassischen Physik. Es war nur eine Foige
er aber nicht annahm. Erubernahm 1938 eine
des unvermogens der klassischen Theo rien, ein ige wesentliche
Positi on am Inst it ut e for Advanced St udies
Beobacht ungen zu erklaren, dass die Quantenmechanik Schritt
in Dublin, wo er bis zu seiner Pensioni erung
um Schritt konzipiert wurde. Wahr ist, dass unter geeigneten
' 9 55 blieb.
Vorausset zungen die klassischen Geset ze der Physik aus der
Schrodinger w ar nicht glucklich uber die
Quant enth eor ie f olgen , aber keine sfalls umge kehrt. Die Skala,
sta t ist ische Int erpretation seiner Wellen-
bei der Quant enm echani k unverzichtbar wird , ist sehr klein ;
funktion und versucht e, eine Theor ie nur
sie wird durch eine universelle Konsta nte besti rnrnt , die man
mittels Wellen zu entwickeln. Dies f uhrte
Plancksche Konsta nte nennt, h ~ 6.63 X 10- Js. Die Einheiten von
zu Kont roversen mit and eren fUhr enden
h sind Joule pro Sekunde, oder Energie ma l Zeit. Das bedeutet,
Physikern. Nach seiner Pensioni erung kehrte
34
dass Energie geschrieben we rden kann als Plancksche Konstant e
er nach Wi en zuruck . 1944 veroffentlichte
dividiert dur ch die Zeit, oder - was dasselbe ist - mu lt ip liziert
er das kleine Buch Wasist Leben?, in dem er
m it einer Frequ enz.
eine mo lekulare und quantenmecha nische
Die zent rale Gleichung der Quantentheorie, die die physikalischen
wu rde eine Quelle der Inspiratio n in dem
Zust ande und ihr e Zeit ent w icklung beschreibt , ist die beruhrnte
ents tehe nden Gebiet der M olekularb iolo-
Sicht des Problems des Lebens vorstellte. Es
Schrodinger-Gleichung, In der klassischen Me chanik denkt man
gie. Schrodinger arbeit et e alleine, nur zwe i
bei einem Teilchen an einen Punkt mit gegebener Masse, und der
oder drei seiner neun zig Arbeiten w urden
Zustand des Teilchens wird durch seinen Ort und seine Geschwin-
zusammen mit anderen verfa sst. Er sta rb
digke it f est gelegt. Bei gegebener Kraft F oder Poten tial V(x),
nach langer Krankheit im Januar 196,.
73
aus dem die Kraft berechnet werden kann, sagen uns Newtons Gleichungen, wie sich das Teilchen bewegen wird , also wie sein Ort und seine Geschwindigkeit sich mit der Zeit andern. In der Quantentheorie ist die Situation ganz anders: Der Zustand eines Systems, etwa eines Teilchens, wird durch eine Wellenfunktion lIJ(X,t) beschrieben , und die erlaubten Zustand e und ihre Dynamik w erden durch eine Differentialgleichung kontrolliert, der diese Well enfunktion genugen muss. Fur ein frei es Teilchen, auf das keine Kraft ausgeubt w ird, vereinfacht sich die Schrbdinger-Gleichung zur freien Wellenglei chung. Dies druckt die Tatsache aus, dass in der Quantenmechanik Teilchen als Wellen behandelt w erden, und umgekehrt.ln ihren Anfang en wurde die Quantenmechanik auch oft 'Wellenmechanik' genann t. Diese Grund eigenschaft, die man Welle-Teilchen-
Dualismus nennt, wird in ihrer einfachsten Form durch zwei simple Photonen : die Lichtteilchen
Beziehung en ausgedruckt, Die eine st am mt von De Broglie und
Wenn sich Teilchen selbst als Wellen rnani -
set zt di e Wellenlange A der 'Mate riewe lle' in Beziehun g zum
f estieren konn en. ist es dann auch wa hr,
Impul s des Teilchens (mitte ls A = h/m v), und die andere stammt
dass Wellen sich w ie Teilchen verhalte n
von Einst ein und verknupf t Frequenz und St rahlungsenergie des
konn en ? Genau das druck! die Einste in-
Teilch ens (E = hf) . Beacht e, dass die Plancksche Konstante in
Beziehun g E = hf aus. Licht einer gewiss en
diesen Gleichungen eine w esent liche Rolle spielt.
Farbe (= Frequenz) kann als Strom rnasselo-
Die Kleinheit von h in der Welle -Teilchen-Dualitat macht klar,
ser Teilchen (Quanten ) bet racht et wer den,
warum die quantenmechanische Natur der Materie so lange
die man Photonen nennt.ln der Tat st immen
Zeit verborg en blieb. Nehm en wi r m = 1 kg und v = 1 krn/ s, so ist
De Broglies und Einsteins Gleichungen uber-
di e korrespondierende Wellenlange A = 10- rn, w as naturlich
34
pc (und
aufserordentlich klein und nicht fe ststellbar ist. Wenn man aber
c = Af ) f ur masselose Teilchen benutz t ,
ein Elektron der w inzigen Masse m = 10-30 kg ansieht, das sich
ein, w enn man die Beziehung E =
w ie im Abschnitt uber die spezielle Rela-
mit einer nennenswerten Geschwindigkeit bewegt, so hat die
t ivita t st heorie erwa hnt. Es f ol gt , dass die
Wellenlang e eine Grolsenordnung von 10-
Quante nt heorie zu einem gewissen Grad die
die Grbge eines Atom s. M .aW., wenn wir das Verhalten der
10
m, typi scherwei se
vb llig verschiedenen klassischen Konzept e
Elektronen im Atom studi eren woll en, rnussen wir eine quan-
von Wellen und Teilchen vereinigt.
tenmechani sche Beschreibung verwe nden, denn die Wellenlange
der Elektronen-Welle' ist von der Gragenordnung der System-
74
grage, so dass typische Wellen-Eigenschaften wie Interferenz von Bedeutung sein werden. Einer der ersten grofsen Erfolge der Schrodinger-Gleichung war in der Tat, dass das Spektrum atomarer Zustande mit hoher Prazision berechnet werden konnte. Man sah, dass das System aus Elektron und Kern einen stabilen Zustand kleinster Energiebesals: man hatte also eine Theorie, die den stabilen Elementen in der Periodentafel von Mendeleev zugrundeliegt und diese erklart.
Was wissen wir uber die Eigenschaften des physikalischen Systems und wie "linden wir sie, wenn die Wellenfunktion gegeben ist? Die gebrauchlichste Interpretation der Quantenmechanik ist es, zu sagen, dass das Quadrat des Betrags der Wellenfunktion nichts anderes als die Wahrscheinlichkeit ist , das Teilchen am Ort r zur Teit
t zu "linden. Dies erscheint etwas paradox. Man
stelle sich als Liisung eine gewiihnliche Sinus-Welle vor. Sie hat eine wohldefinierte Wellen lange und wegen der De BroglieBeziehung auch einen wohlde"linierten Impuls. Trotzdem ist das Teilchen gleichzeitig nicht sehr scharf lokalisierbar, denn die Wellenfunktion ist LiberaII von Null verschieden . Das andere Extrem entspricht der Situation einer sehr genau lokalisierbaren Wellenfunktion, die stark um einen einzigen Punkt konzentriert ist. Ublicherweise beschreibt diese Wellenfunktion ein an diesem Punkt lokalisiertes Teilchen, aber nun hat diese Funktion keine wohldefinlerte Wellenlange, d.h. wir konnen nicht viel uber seinen Impuls oder seine Geschwindigkeit sagen. Daraus folgt jetzt die Liberraschende Aussage, dass die Quantentheorie die physikalische Realltat aufmischt. Man kann nicht gleichzeitig alles uber Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens wissen . Aus der Welle-Teilchen-Dualitat ergibt sich eine unscharte im Ort /s»: und eine Unscharfe im Impuls /sp,
~x~p~h/4n:
75
die zusammen die Heisenbergsche unscharferelatlon erfullen mussen, die aufSeite 74 notiert ist. das Produktmuss wenigstens so grog sein wie die kleine Zahl h/4TI. In diesem Sinn scheintdie Quantenmechanikeine Hnschrankung der Ziele und Erwartungen der klassi schenPhysik zu sein,in der die Natur im Grundsatz vollst andig vorhersehbarist. DieVorhersagbarkeitwurde sowohl Wissen uber den Ort alsauch uberden Impuls einesTeilchens in beliebiger Genauigkeit erfordern, und genau das schltelst die Unscharferelation prinzipiell aus. Kennt man den Ort einesTeilchen s zu einer gewissen Zeit genau, aber weig nichts uber seine Geschwindigkeit, so kann man natLirlich nicht s daruber sagen, wo das Teilchen etwas spater sein wird. Wegen der Heisenbergschen unscharferelatton sollt e man von einer 'gewi ssen Unscharfe' reden.
Orts-Impuls-Dualismus Die unscharterelatton kann man in Analogie
Dieser wahrscheinlichkeitstheoretische Aspekt der Quantenme-
zu Schallwellen verstehen. Eine Schallwelle
chanikfuhrte seit ihrer Konzeption zu leidenschaftlichen Debat-
einer einfachen Frequenz(oder Wellenlange)
ten. Insbesondere die unscharte wurde manchmal als eine Art
korrespondiert zu einem reinen Ton, ahn-
grundsatzlicher Unvollstandlgkeit der Theoriewahrgenommen.
lich zum Zustand einesTeilchens mit genau
Man schlug vor,es gabe versteckteVariablen, aber diesewurden
bekanntem Impuls.Um dieTonhohe exakt zu
durch ein Resultat vonJohn Bell und dessen experimentelle sesta-
best immen, muss man ihn einegewisse Zeit
tigung ausgeschlossen. ln einem philosophischeren Ansatzredu-
horen, wasvielen Schwingungenentspricht.
ziert sichdie uberwalttgende experimentelle Beweislageauf die
Daraus folgt, dass ein reiner Ton nicht sehr
Aussage, dass wir den wahrscheinlichkeitstheoretischenAspekt
gut 'zeit lich lokalisiert' ist. Wenn ich im
als grundlegend in der Natur akzeptieren mussen, wor ausfolgt,
Gegensatz dazu in die Hande klat sche, ist
dass gewisse Fragen - wie etwa nachder Geschwindigkeit eines
dasGerausch sehr kurz und daher gut zeit-
exakt lokalisierten Teilchens - einf ach keinen Sinn machen. Bis
Iich lokalisiert, aber wenn ich wissen mochte,
heute ist die Quantenth eorie,trotz all ihrer gegen die Int uiti on
welcher To n dazu gehort, soware es korrekt
gerichteten Aspekte, die erfolgreichste Theorie der Natur, die
zu sagen, dass aile Frequenzen oder Tone in
wir kennen. Wie w ir im verbleibenden Teil dieses Buchessehen
dem Gerausch vorhanden sind. Offensicht-
werden, bleiben ihre Postulate bis hinunt er zu den tiefsten
lich kann man nicht beides haben.
bekannten Ebenen der Natur bestehen.
Eine gravierende Einschrankung der Schrodinger-Gleichung
76
ist ihre lnkompabllitat mit der Relativitatstheorie. Die DiracGleichung ldste dieses Problem; sie vereinigt die Konzepte der Quantenmechanik und der speziellen Relativitatstheorie und beschreibt die quantenmechanischen Eigenschaften von Teilchen wie Elektronen, Protonen, Neutrinos undQuarks. Die
Das relativistische Elektron Die Dirac-Gleichung
Analyse dieser Gleichung erklarte auf elegante Weise einige derschwer fassbaren Teilcheneigenschaften wie etwa Spin und gab eine tragfahlge Begriindung fiir das so genannte PauliPrinzip, dasfiir die Erklarung der Atomstruktur unddesPeriodensystems notwendigwar. Nichtzuletzt sagtedieGleichung die Existenz von Antimaterie voraus: zu jeder Teilchen-'Art' gibt eseine assoziierte Art mit genauden entgegengesetzten Eigenschaften (wie Ladung), aber derselben Masse. Trotz ihrer gewalti gen Erfolg e hatte die Schrodlnger-Gleichung
Paul Andrien MauriceDirac
ein w esent liches M anko: sie wa r nicht mit der speziellen Re la-
Paul And rien Ma urice Dirac w urde am 8.
ti vltatsthe orie vert ragllch. Das kann man aus der Tat sache
August '902 als Sohn eines Schw eizers
schliefsen, dass in der Gleichung die Orts- und Zeitva riablen
und einer Englanderin in England gebo ren.
x und t nicht gl eichberecht igt vorkom men: sie enthalt eine
Er st udierte Elektrotec hnik und Mathemati k
einfach e Zeitabl eitung, aber eine zweit e Ableitung nach den
in Brist ol und besucht e das St. John's Col-
Ortskoordin aten . Dirac loste dieser Problem mit der nach ihm
lege in Cambr idge als Forschungsst udent
benannten Gleichung .
in Math emati k. Er erhielt 1926 seinen Dok-
Die Dirac-Gleichung hat eine recht verw ickelte math em ati sche
t orgrad und wurde M itg lied des St. John 's
St rukt ur, die durch die komp akt e Not ation et wa s verst eckt wird ,
College. Er w urde 1930 zum Mitgli ed der
also nehmen wir uns etwas Zeit und kommentieren die benutzte
Royal Society gewa hlt und erhielt 1932 den
Notation. Da kommt ein Index J-l vor, der die Werte 0, 1, 2 oder 3
Lucas-Lehrstuhl f ur Ma t hemat ik in Cam-
annim mt, die gleichberechtigt fur die Zeit- und drei Ortskompo-
bridge. Dirac te ilte sich den Nobelpreis f ur
nent en stehen . Die vier Felder AJ-l' die man 'elektro magnet ische
Physik 1933 mit Schrodinger. 1971 zag er von
PotentiaIe' nennt, beschreibendaselektromagnetische Feld, in dem
Cambridge nach M iami, wo er eine Professur
sich (beispielsweise) das Elektron bewegt, und me ist die Masse
an der State University of Flor ida annahm .
des Elekt rons. Das Ele ktronenfeld w ird hier durch eine Funktion 1IJ
Er sta rb 1984.
mit vier Komponenten beschrieben . Die so genannten 'Gamma-
78
Matrizen' yfJ sind vier numerische Matrizen (4x4-Anordnungen vorgegebener Zahlen), die man auf eine ubllche mathematische Art mit den Komponenten von lIJ multipliziert. (Eigentlich haben wir einen zusatzlichen Komponenten-Index bei lIJ unterdruckt , um die Notation nicht noch komplizierter zu gestalten .) Die Analyse der Gleichung offen bart die Bedeutung der vier Komponenten des Dirac-Felds. Sie enthalt die Beschreibung der irgendwie mysterlosen Eigenschaft Spin, die am besten als eine Art int rinsischer Rotations-Freiheitsgrad charakterisiert wird . Wir konnten sagen, dass das Elektron das quantenmechani sche Aquivalent eines win zigen Kreisels ist - Iinks- oder rechtsdrehend . Bemerkenswerterweise stellte sich heraus, dass die Gleichung nicht nur die beiden Spin-Komponenten eines Elektrons beschreibt, sondern auch die beiden Spm-Zustande eines anderen Teilchens mit genau derselben Masse, aber entgegengesetzter (positiver) Ladung. DiesesTeilchen nennt man daher das Positron. C.D. Anderson entdeckte '932 experimentell dieses erste Beispiel eines 'Ant iTeilchens'. Eswurde offensichtlich, dasseigentlich aile Teilchen in der Natur Antiteilchen mit genau entgegengesetzten Eigenschaften besitzen, so dass, wenn sich Teilchen und Ant iteilchen treffen, das Paar sich gegens eitig ausloschen kann und in reine Energie in Form elektromagnetischer Strahlung umgewandeit wird - ein 2
dramatischer Fall der Gleichung E=mc • Wegen der besonderen
Man erzahlt, dass Dirac die bffent lichkeit
Spin-Eigenschaften nennt man das Vier-Komponenten-Objekt
hasste und nur w enige Worte machte. Trotz -
lIJ eher einen Spinor als einen Vektor.
dem ist sein Buch uber Quant enm echani k
Weitere Analyse der Dirac-Gleichung fuhrte zu einer Erklarung des
imm er noch eines der elegante st en und gut
Ausschlussprinzips von Pauli. Diese Regel,die fur Elektronen und
geschriebenste n zu diesem Thema. Vielleicht
aile anderen durch eine Gleichung vern Dirac-Typ beschriebenen
passt beides zu seiner Aussage: 'In der Schule
Teilchen gilt, besagt , dass niemal s zwei oder mehr dieser Teilchen
w urde m ir beigebracht , nie einen Satz zu
genau denselben Zustand besetzen durfen. Dies war ent schei-
beginn en, ohne das Ende zu kenn en.'
79
dend, aber bis dahi n ein Ad- hoc-Bestandt eil der Quant enth eorie, not lg, um das Periodensyste m der Elemente zu erklaren, In der Tat, da die Ele ktronen im At om nicht aile in demselben Zustand niedr igster Energie sein konnen, rnussen sie systema tisch die h6heren Energiezust ande fullen, wodurch verschiedene Atomt y pen v611ig verschiedenes chem isches Verhalten zeigen.
Quanten -Elektrodynamik
Die Dirac-Gleichun g zusamm en mit den M axwell -Gleichun gen bilden die Quante n-Elekt rodyna m ik (QED), die Quantent heorie der Elektrone n, Positronen und Phot on en. Diese Theorie wu rde nach dem zw eit en Welt krieg durch die amerikanischen Physiker Richard Feyn man und Julian Schwi nger sow ie den Japaner ShinIchiro Tomonaga vervollstandigt . Sie erw ies sich als aufserst genau, Quantenfelder
w ie eine Vielzahl sehr praziser Messungen der mag neti schen
Die klassische Physik hand elt vo n Teilchen,
Im pulse des Elekt ron s und eines Myon genannten Teilchens
Kraften und Wellen. In der Quant ent heorie
besta tigten . Die Quant en-Elektrody nam ik ist der Protot yp
ent deckte n w ir, daIS irgendw ie die aufse rst
dessen, was heut e eine Quantenjeldt heorie genannt wi rd, das
verschiedenen klassischen Begrif fe Teil-
Gerust, in dem man die relati vist ische Dynam ik der Element ar-
chen und Welle in dem Sinn vereinhe itl icht
t eilchen und f undam enta len Krafte fo rmuliert. Sie ste llt eine
w urden, daIS sie kom plernentar erscheinen .
aulSerst erfolg reiche Beschreibu ng des Verhalten s der Natu r im
In der Quante nfeldth eorie sind es die Viel-
element arst en Bereich dar.
t eilchenzust ande. die verschiedene Anzahlen
Es ist beme rkensw ert, dass in diesem Gerust die Unte rschei -
unter schiedlicher Teilchenart en beschreiben,
dung zwischen Kraften und den Teilchen, auf die diese Kraf t e
von denen j ede der Einst ein-Beziehung zwi -
w irken, entfernt w ird; Quant enf elder beschreiben beides. Eine
schen Energie, Masse und Impuls genugt. Die
Kraft w ird als Austau sch von Zw ischent eilche n beschrieben,
Quantenfelder kann man benutzen, um unte r
welche die Kraft ' t ragen', f ur den Elekt romagnetis m us ist dies
Beacht ung der Wechselwi rkun gen Teilchen
das woh lbekannte Photon . Erst nach der Entw icklu ng einer
zu erzeugen oder zu vernichte n. Es ist eine
Quante nfe ldtheorie kann man auf eine umfassend e Behand-
Sprache, in der aile Teilchen und Krafte gleich-
lung aller fund ament alen Wechselw irkungen der Natur aus einer
berechti gt als Quanten korrespondierender
ein heitl ichen Perspekti ve hoff en.
Quant enfelder beschrieben w erden.
Nach unserem derzeitigen Wissensstand gibt es vier funda-
80
mentaleKraftein derNatur. Wir haben bereits Gravitation und Elektromagnetismus behandelt, denn beides manifestiert sich unmittelbar in der makroskopischen Welt, und wir haben die esTatsachen, diemit diesen beiden Kraften nicht erklart werden
Die starke Wechselwirku ng
konnen, ZumBeispiel wurdeentdeckt, dass dieKerne derAtome
Quanten-Chromodynamik
jeweilsfundamentalen Gleichungen vorgestellt. Trotzdem gibt
aus kleineren Bausteinen bestehen, Neutronen und Protonen, letztere positivgeladen. Dies gab Anlass zu folgender Frage: wenn sich gleichartige Ladungen abstoBen, wie konnen dann
Historische Bemerkung
diese positiv geladenen Protonen 50friedlich im Kern zusammen
M urray Gell-Mann und George Zw eig schlu-
sitzen? Warum fliegtderKern nicht auseinander? DieAntwort war
gen in den 1960er Jahren als Erste die Quarks
einfach: es gibteineKraft,diestarker als dieelektromagnetische
vo r, aber erst zehn Jahre spate r w urde die
Kraft ist, die den Kern zusammen halt und auf Protonen und
Qua nte n-Chromodynam ik als Theo rie f ur
Neutronen inderselben Weise wirkt- mannenntden Effektrich-
die starke Wechselw irkung zwisc hen Quarks
tigerweise starke Wechselwirkung. DieTheorie zurBeschreibung
f ur Proto nen und Neut ronen fo rm uliert. Fril-
dieser Wechselwirkung heiBt Quanten·Chromodynamik (QCD).
here vo rschlage vo n Yoichiro Nambu und
Inden70erJahren desletzten Jahrhunderts wurde entdeckt, dass
vo n Murray Gell-Ma nn un d Harald Frit zsch
auch dieProtonen undNeutronen selbst zusammengesetzte Teil-
benutz te n Gleichungen, die in einem ande-
chen sind, sieenthaltenjeweilsdrei50genannte Quarks. Diese
ren Kon t ext bereits ' 9 54 vo n Yang und
Quarks wurden niemals alsfreie isolierte Teilchen beobachtet,
Mill s verwe ndet w urden. Wesent lich fur
denn offensichtlich sind sie permanent aneinander gebunden
die erfol greichen Vorhersage n der Theo rie
undbegrenzt aufdaslnnere von Teilchen, die Hadronen genannt
wa r die Entdeckung asymptotischer Freiheit
werden, wie Proton undNeutron. DieQuarks geniigen derstar-
- der Eigenschaft, dass die sta rke Wec hsel-
kenWechselwirkung, dennsietrageneineArt Ladung, die man
w irkung bei kleine n Absta nde n schwac h
'Farbe' nennt(dienichts mit normaler Farbe zutun hat),welche
w ird. Fur diese Ent dec kung w urde 20 04
siefest in diesen Kompositionen gebunden halt.
der Nobelpr eis fur Phy sik an David Gross, David Politzer un d Frank W ilczek verliehen.
Die Quanten -Chromodynamik beschreibt das Verhalten von Quarks
Die Eigen schaft asymp to t ischer Freih eit ist
und der st arken Wechselwirkung. DieseWechselwirkung wird durch
Grundlage vieler Versuche, die Beschreibung
Teilchen vermi ttelt , die man Gluonen, nennt , denn diese ' kleben'
der f unda me nta len Wec hselwi rkungen zu
(engl. glue) die Quarks in farblose Verbande, Hadronen, zusammen.
verein heitliche n.
Es gibt eine starkeRest-Wechselwirkung zwischen den Hadronen,
82
die beispielsweise Neutronen und Protonen im Kern zusammen halt. Das ist ahnlich wie bei der Atomphysik, in der die Atome durch elektromagnetische Krafte zusammen gehalten werden, die auch fur die Bindung der Atome zu Molekulen oder Kristallen verantwortlich ist.lm Gegensatz zuQuarks haben Elektronen keine Farbe und sind daherunempfindlich gegenuber der st arken Wechselwirkung. Sie werden nicht gebunden.
Die Lagrange-Funktion
DieQuanten-Chromodynamik wird durchdieersteFormel vollstan-
Wie kommt es, dass w ir eine ganze Theo-
dig beschrieben. Die zweite Gleichung enthalt die Definition der
rie durch gerade eine Formel beschreiben
Farb-Felder Fin Abhanglgkelt vom Potential A. Die Formeln sind
konnen? L heilSt nach seinem Erfinder Lag-
von bemerkenswerter Schonhelt, aber trugerischer Einfachheit.
rang e-Funktion. Es ist eine Funktion von Fel-
Das liegt an einem speziellen Typ mathematischer Symmetrie,
dem, die nahe verwandt mit dem Ausdruck
den man 'Eichsymmet rie' nennt.
fUr die Energie ist. Wahrend w ir gewohnlicb
Wirfassen kurzeinige der grundlegendenEigenschaften desAus-
die Gesamtenergie Eals Summe eines kine-
drucks zusammen, ohne allzu speziell zu werden. Dererste Term,
ti schen Ante ils (bzgl. der Bew egung) und
der quadratisch in Fist, beschreibt die (mit dem Index a beschrif-
eines potenti ellen Antei ls schreiben, ist die
teten) Gluonen und die starke Wechselwirkung zwischen ihnen.
Funktion L die Diffe renz aus kinetischem
Wahrend die elektromagnetische Wechselwirkung nur durch
und potenti ellen Anteil. Die Grunde dafur,
eine Art Teilchen, das Photon, vermittelt wird, muss man in der
die Theorie durch dieseFunktion zu best im-
Quanten-Chromodynamik mit acht verschiedenen Teilchen leben,
men,sind ihre eingebauten Symmet rien und
den Gluonen. DieGluonengenugeneinemGleichungssystem, den
ihre Okonornie- ein relevanter Aspekt , denn
Yang- M ills-Gleichungen. Diese sind eine schoneVerallgemeine-
diebetrachtetenTheorien werden immer ver-
rung der Maxwell-Gleichungen und verwerten dasSymmetrieprin-
w ickelter.Ausder Funktion L kann man direkt
zip, dasman lokaleEichinvarianz nennt. Man lasse sichnievon der
aile gekoppelt en Gleichungen herleiten, die
Eleganz der Gleichungen tauschen, dennwas dasLeben besonders
die verschiedenen Felder erfUllen rnussen,
schwermacht, ist, dass dieGluonen selbstfarbige Ladungen tragen
ihre Wechselw irkungen eingeschlossen.
und dafur aufeinander krafte ausuben,
Wir hatt en auch eine Lagrange-Funktion
Derzweite Ausdruck mit den beiden Feldem ljJ beschreibt die sechs
fUr die Quanten- Elektrodynamik not ieren
verschiedenen Arten von Quarks (mit dem Indexfnummeriert,
konnen, was darauf hinaus lauft, sowohl
denn man nennt sieoft Quark-Aromen (engl.: flavors). Weiter gibt
Maxwell- als auch Dirac-Gleichungen fur
es einen Term mit den Feldem Aa, der die Wechselwirkung der
elekt romagnet ische Felderanzugeben.
83
Quark s mit den Gluonen bestimmt. Die Quark-Gleichungen sind ahnlich zur Dirac-Gleichung, wenn man die Elektronenfelder durch die Quark-Felder und das Photonenfeld durch die Gluonenfelder ersetzt. Die oberflachliche Ahnli chkeit zwi schen den beiden Theorien ist kein Zufall : sie spiegelt eine univer selle Eigenschaft wieder, in der die Krafte der Natur wirken . Aber die komplizierte Dynamik der Gluon en macht es schw ierig, die kombinierte Dynamik von Quarks und Gluon en aus dieser Theori e zu erhalt en. Es gibt aber eine wundersame Eigenschaft, die uns schliefSlich eine Handhabe fur einige wesentliche Aspekte der starken Wechselwir -
Asymptotische Freiheit
kung gibt. Man bezeichn et sie als asymptotische Freiheit. Esstellt
Die Eige nschaft asym pto t ischer Freiheit ist
sich heraus, dass, wenn wir sehr tief in das Proton hin einsehen
analog zu der Art und Weise, in der di e Kraft,
und untersuchen, wa s mit der st arken Wechselwirkung geschieht ,
mit der die Erde ein massives Obje kt anzieht,
wenn die Quarks ganz nahe aneinander rucken, wir erfahren, dass
vari ieren wurde, w enn die ses Obje kt sich
die farbige Kraft immer schw acher wird . Der Grund dafur liegt
durch die Erde hin d urch zum M itte lpunkt
hauptsachll ch darin, dass, da die Gluonen selbst f arbige Ladungen
bewegen w urde. Ma n kann zeigen, dass,
tra gen, die Ladung des Quarks sich gewi ssermafSen uber eine Wolke
wenn das Obje kt sich in ein em gewi ssen
von Gluonen vert eilt , die das Quark umgeben.
Radius befindet , nur di e M asse des Teils der
Wie k6nnen w ir nun die Starke dieser Wechselwirkung charakt eri-
Erde inn erhalb der Kugel mi t diesem Radius
sieren?1stsie sta rk oder schw ach oder beides zugleich? Die Starke
bettragt , Bewegt m an
der Gravitation skraft wird durch Newton s Konstant e bestimmt,
sich also im mer naher zum M ittelpunkt, so
fur die elekt romag net ische Wechselwirkung ste ht die fundamen-
ni m mt die 'ef f ekt ive Ma sse' der Erde ab
t ale elekt rische Ladung, aber konn en wir irgend etwas uber die
un d die Sta rke der Gravitation skraft ginge
Kopplungsparam et er 9s der st arken Wechselwirkung sagen?Was
im M ittelp un kt gege n Null. Auf ahnliche
man tun mu ss, ist, ihr e Sta rke auf einer Skala anzugeben - ein e
zur Anzie hungs kraft
We ise wi rd die starke Wec hselwi rkung auf
l.angen-. Energie- od er Mass enskala (denn diese Gr6fSen sind
klein en Skalen schwach und die Quarks ver-
aile durch die uni versellen Kon st anten h und c verbunden). M an
halt en sich dann wie fr eie Teilchen. Dank der
k6nnte sagen, dass die Skala, bei der die St arke der Wechselwirkung
asymptotischen Freih eit konnten Vorhersa-
beacht ensw ert ist (sagen wir, von der Ordnung einer Einheit) , die
gen gemac ht werde n, die ex per imen t ell in
Skala der Physik die ser Theorie bestimmt. Diese Skala gibt die
vielen der grofSen Teilchenbeschleunigern
Protonenmasse m p vor. Und daher ste ht die Prot on enm asse in
der We lt he rvor ragend besta tigt wu rde n.
der Tabelle der fund amentalen Teilch en.
Die letzte der vier bekannten Krafte ist die schwQche Wechselwirkung. Sie ist verantwortlich fUr den spontanen Zerfall
84
gewisser radioaktiver Kerne - z.B. Uran- wobei ein Neutron im Kern in ein Proton, ein Elektron und ein Anti-Neutrino
zerfallt, Die schwache Wechselwirkung ist daher die Kraft der Kernenergie. Becquerel und dasEhepaar Curie entdeckte bereits 1896 solche Zerfalle, aber erst um 1970 wurde eine
Elektro-schwache Wechselwirku ng DasGlashow-Weinberg-Salam-Modell
zufriedenstellende Theorie vervollstandlgt, die vertraglich mit den Prinzipien der Quantenmechanik ist. Die schwache Wechselwirkung wirkt auf Quarks genau so wie auf Elektronen, Neutronen und ahnllche Teilchen. Am bemerkenswertesten ist, dass diese konsistente Theorie auch die elektromagnetischen Wechselwirkungen enthalt. Eine
Historische Bemerkung
erzwungene, aber nichtsdestotrotz Uberschwengliche Heirat
Die elektro -schwa che Theori e wu rde 1968
beiderWechselwirkungen war erreicht. Die elektro-schwache
f ormuli ert, aber ihr e Voraussagen kon nt en
Theorie wirdmittels vier krafteiibertragender Teilchen beschrie-
erst viel spat er mit Teilchenbeschleuniger-
ben (drei W- und ein einziges B-Teilchen), von denendrei mit
Exp erim ent en nachgepruf t we rden. 1993
derschwachen Wechselwirkung zutun haben (gewohnlich W+-,
erh ielte n Shelly Glashow, Steven Wein-
W-- undZ-Teilchen geschrieben), wahrend eineandereKombi-
berg und Abd us Salam den Nob elpreis f ur
nation derTeilchen mit dem Elektromagnetismus identifiziert
diese Theor ie. Das W-Teiichen w urde am
wird (dasPhoton, mit y abgekUrzt) .
CE RN ent deckt , wofur Carlo Rubbia und Simo n van der M eer 1984 den Nob eipr eis
Der definierende Ausdruck sieht schrecklich kompliziert aus, und
erhielte n. Der Beweis der math emati schen
trot zdem ist es nicht so schw er, dieselbe generische Struktur zu
Konsistenz der Theorie und die Entwicklung
erkennen, die schon in anderen, vorher betrachtet en Beispielen
wese nt licher Werkzeuge zur Berechn ung
auftrat. Die Summen-Lagrange-Funkt ion LE- W setz t sich aus vier
wu rden von Gerard 't Hooft und Ma rt inus
Teilen zusamm en. Der erste Teil Lg beschreibt die kraftetr agenden
Veltm an geleiste t. Dies macht e es miiglich,
Teilchen und ihre Wechselw irkung (voll standig analog zu dem in
sehr genaue Vorhersagen zu machen, die in
F quadratischen Ausdruck f ur die Gluonen in der Gleichung der
zahlreichen Experime nte n in den grolSe n
sta rken Wechselwirkun g). Der zw eite Teil Lf ent halt aile Teilchen
Teilchenbeschleunigern der Welt best ati gt
vom Dirac-Typ und ihre Wechselw irkung mit den kraftetr agenden
w urden. Beide erhielte n fur ihre Arbeit 1979
Teilch en. Das Etikett i deutet di e verschiedenen Teilchen arten
den Nobelp reis.
LE-w=Lg+Lf+LH+L m 1 B~vB Ls": 41 G~vGa a ~v- 4 pv
Lf =4~Li(i~+g W ata+gBy) ~Li I I
+2 ~Ri(i~+g$Y)Ri LH = - (DvQ>)t(D ~)- ~ 2( Q>tQ»+ A( Q>tQ» 2
J.
L m =- (Cij ~LicP~~j) I,J
86
an: Elektronen , Quark-Aromen, Neutrinos, etc. Einewi chtige Raffinesse dabei hat damit zu tun, dassdie schwache Wechselwirkung linksdrehende (L) und rechtsdrehende (R) Spinkomponenten
von Teilchen vom Dirac-Typ unterschiedlich
beeinflus st. Mit anderen Worten , die Natur hebt die Spiegelsymmetrie in einem sehr grundlegenden Bereich auf und
bevorzugt DAS STANDARD -MOD elL
die linksdrehende Vielfalt der Materie. Wenn also ein gewisser Prozess stattfinden soli, konnte das Spiegelbild dieses Prozesses ein unrnoglkher Prozess sein. In der Tabelle des Standard-Modell s rechts sehen wir Quarks (in drei Farben) und sechs Sorten Leptonen . Die sechs Typen Quarks, up,down,charm, strange, top und bottom, sind die vorher genannten 'Arornen'. Die sechs Leptonen befinden sich in zwei Spalten: links die Elektronen und ihre schwereren Kapien, recht s die zugehorlgen Neutrinos. Trotz der bedeutenden Verringe rung der Anzahl grundlegen-
Lep t o n en
Quarks
u
d
e
Ve
c
5
f.J
VfJ
t
b
T
VT
der Bausteine der Materie werden immer noch ziemlich viele Namen vergeben. Auch gewohnlkhe Materie ist hauptsachlich aus Teilchen der erst en Zeile aufgebaut (up- und down-Quarks und Elektronen) . Die drei Reihen nennt man die drei Familien
von Elementarteilchen ; sie haben etwa dieselben Eigenschaften - nur ihre Massen werden von oben nach unten gr6Ber. Die schwache Wechselwirkung erlaubt es den schweren Teilchen, in die leichteren Teilchen der ersten Familie in der obersten Reihe zu zerfallen : aus Ihnen besteht die stabile Materie in unserem Universum . Diese durch die schwache Wechselwirkung verursachten Obergange zwi schen den fundam entalen Teilchen beobachten wir als radioaktiven Zerfall
von Kernen. Daher ist
die schwache Wechselwirkung die Kraft der Kernenergie. Die durch diese Zerfalle bestimmte Starke der schwa chen Wechselwirkung wird hauptsachlich durch die Ma sseder W-Teilchen charakterisiert.
87
Der dritte Teil der Lagrange -Funktion ist der skalare Teil LH' Er besehreibt noeh ein anderes Teilchen , das hilfreieh fur diese Theorie ist, das so genannte Higg s-Teilehen, das gebrau eht w ird, um den meisten anderen Teilehen Masse zu geben . Das Higgs-Teilehen wurde noeh nieht beobaehtet, aber man nimmt an, dass es entdeekt w ird, w enn der Large Hadron Collider, ein neuer Besehleuniger am CERN in Genf, fertig gestellt sein wird . Das Higg s-Feld ist von hoher Bedeutung, denn in gewissem Sinn erklart es den Ursprung von M asse. Dieses Feld ist als bestandiger Untergrund vorhanden, dureh den sieh die anderen Teilchen bewegen mu ssen und sieh dabei aneign en, was wir Masse nenn en. Die Masse der Dirae-Teilchen wird dureh die vern letzten Teil Lm erzeugten Weehselwirkungen bestimmt.
Trot z aller Komplikati onen und Feinheiten ist es lohnend, die offensiehtli ehen Ahnliehkeiten in den Theorien der sehwa ehen, elekt romagnet isehen und starken Weehselwirkung zu beaeht en : sie beruhen auf dem selben Eichsymmetrie-Prinzip. Die vereinigt e Theorie dieser drei Weehselwirkungen nennt man das Standard -M odell der Elementarteilehen. In der Tabelle auf Seite 86 werden aile Bestandteile angegeben. Es ist die mod erne Version des Period ensystems der Elemente und fuhrt zu ein em dramatisehen Sprung naeh vorn - ausgehend von der guten alten Periodenta f el Mendeleevs, die w ir aile in der Sehule anstarrten. Esist paradox, dass gerade der Weg des kompromisslosen Reduktionismus uns zu so leh einer st ark vereinheit lieht en Perspekti ve der ganzen Natur gefuhrt hat.
Wir haben nun vier fundamentale Krafte identifiziert: das
88
Standard-Modell beschreibt drei von ihnen, und die vierte - Gravitation - wird durch die allgemeine Relatlvltatstheorle charakterisiert. Das Standard-Modell ist eine Quantentheorie, nichtaber die allgemeine Relativitat stheorie. Es lst wenig iiberraschend, dass mit diesen erfolgreichen Schritten in Rich-
Stringtheorie
tung einer vereinheitlichten Beschreibung von Teilchen und
DasAuftreten der Superstrings
Kraften die Hoffnung und Erwartung wachst, dass wir eine allumfassende Theorie der Natur ansteuern, die eine Quantentheorie der Gravitation enthalt. Man betrachtet das als
Historische Bemerkung
den heiligenGral der Grundlagen der Physik.
Die St ringt heo rie trat zuerst in den f ruh en
1m Moment istder anspruchsvollste Versuch der Formulierung
1960er Jahren in Ersche inung, als mog liche
einersolchen Theorie dieStringtheorie, beider diefundamen-
Theori e f ur die sta rke Wechselwi rkung,
talen Bestandteile der Materie und aile wechselwirkenden
aber sie w urde verlassen, als die Quanten -
Krafte Manifestationen einer zugrunde liegenden Dynamik
Chromo dy nam ik daher kam . lhr e Berufun g
von Strings ist. Diese Strings sind so winzig, dass es kaum
fand di e Theori e 19 83 als ernst hafte r Kandi-
Hoffnung auf eine direkte Beobachtung gibt. Die Glaubwiir·
dat einer Theor ie der Quante n-Gravit at io n,
digkeit der Theorie muss also indirekt erreicht werden. Eine
eigentl ich einer Theo rie aller Wechselw ir-
Vorhersage (oder Ergebnis) der Theorie ist die Tatsache, dass
kungen und aller Teilchen. GroBartige Bei-
aile Teilchen notwendigerweise supersymmetrische Partner
trage zu die sem Thema kamen vo n vielen
besitzen, und, dass die Welt in dieser grundlegenden Ebene
W issenschaft lern : Wir erwa hnen di e fru hen
zehn, vielleicht elf Dimensionen hat. Die Skala, auf der sich
Arbeite n von Joel She rk, John Schwarz und
diese Eigenschaften zeigen, wird immer nochdebattiert.
Michael Green und Alexander Polyako v. Edwa rd W itten, der zur Zeit Einstein s
Die Suche nac h eine r verei nheit lic ht en Feldt heorie geh t zur uck
Lehr stuh l am Inst it ut e f or Adv anced St udy
auf Einst ein, der die spate ren Jahre seines Lebens diesem Problem
in Princeton besetzt, schrieb vie le nachh al-
w id met e. Uber die Jahre w urden viele unterschiedlich erfo lgreiche
ti ge Beitr age sowo hl zu der mathe mati schen
Versuche unt ern om men. Ein Beispiel ist die hochst sym met rische
Formu lierung als auch zur Int erpret at ion der
groBe vereinheit lichte Theori e, die versucht, sta rke, schwa che und
Theorie. Es uberrascht w enig, dassdie St ring-
elekt rom agn eti sche Wechselw irkung in einem einzigen Mode ll zu
t heorie in ihrem allumf assenden Ehrgeiz eine
vereinen . Diese Theori e erklar t etwa die einfac he expe rime nte lle
g roBe Anz ahl ta lent ierter junger Forscher
Tat sache - bisje tz t von keiner Theor ie fasst - dass Elektr on und
aus aller We lt in ihre n Bann zieht.
Proton genau die selbe, aber entgegengesetzte Ladung besitzen .
90
Eine andere bemerkenswerte Vorhersage ist , dass das Proton (wenn aueh selten) in leiehtere Teilehen zerfallen wird , so dassam Ende die ganze Materie instabil ware . Glucklicherweise betragt 32
die Lebensdauer des Protons mehr als10 Jahre.Niehtsd estotrotz wurde diese Theorie zweifellos grofsesAnsehen gewinnen, wenn soleh ein Zerfall beobaehtet wurde.
Einige Wissensehaftler begannen mit der Gravit ation . Es st ellt e sich heraus, dass die Methoden der Quantenfeldtheorie, die eine erfolgreiehe quantenmeehanisehe Besehreibung der anderen Weehselwirkungen ergab en, klagttch seheiterten, wenn man sie auf die allgemeine Relativitatstheorie anwandte. Dasunbehagliehe
Die endgi.iltige Strukturvon Raum und Zeit
GefLihl wuchs, dassm6glicherweise EinsteinsTheorie erset zt werden
Welche Bedeutun g hat es, daIS die Raum-
rnufste, oder wenigstens verallgemeinert, um sie konsistent mit
Zeit aus St rings aufgebaut ist ? Die Raum-
den Postulaten der Quantentheorie zu machen. Die Notwendigkeit
Zeit ist eine gemeinsame Erscheinu ngsform
einer solchen Theorie wird of f ensicht lich, wenn man Physik bei
von Strings, ein koha renter Untergrund aus
extremen Bedingungen studieren will. Die Skalafur diese Bedin-
Grav it at io ns-Mo den vieler St rings. Raum
gungen wird durch die univer sellen Konstanten vorgegeb en, die
und Zeit als solche sind ein aufta uchendes
in den verschiedenen Gebieten der Physik bestehen, die wir versu-
Phanornen der St ring-Theorie: unterh alb
chen zusammenzubringen: Gravitation (GN ) , Relativitatstheorie
einer gewiss en Skala verliert der Begriff
(c) und Quantentheorie (h). Solch extreme Bedingungen tauehen
der Raum -Zeit seine Bedeutung, und Fragen
in Situationen aufwie den erst en Anfangen des Urknall s oder den
danaeh, was genau geschieht , sollte n dur ch
letzten Etappen der Evaporation schwarzer Locher.
Betr achtun g der St rings selbst beantwortet
Eine erst e wag emutige und viel versprechend e Korr ektur von
we rden. Das ist w ie we nn m an Wasser auf
Einstein s Theorie, die versucht, die Lucke zu schllefsen, war
imm er kleineren Skalen verste hen w ill und
die Idee der Supergravitation, in der man den Raum zu einem
am Ende die einzelnen M olekLile st udiert, die
Superraum mit darunter liegender Supersymmetrie erweitert.
nicht mehr die Eigenschaften des Kollektivs
Supersymmetrie erzwingt, dass letztlich aile Teilchenarten ihre
mit Namen Wasser besitzen. Unterh alb einer
eigenen Superpartner besitzten . Bisjetzt hat sieh keiner die ser
gewi ssen Skala ist es daher verm ut lich nicht
Partner in Experimenten gezeigt, aber das heiBt nicht, dass diese
mehr sinnvo ll, noch von Raum oder Zeit zu
nicht noch auftauch en werden .
sprechen.
91
Der weitreichenste und vielleicht bestandlgste Kandidat fur eine
Theone von allern' lst die Superstring-Theorie. Dasgrundlegende Postulat der Strings ist, dass die fundamentalsten Gebilde der Natur keine punktformigen Teilchen sind, sondern winzige eindimensionale Strings mit einer typischen Gro~e von 10- m. 35
Die Stringtheorie nimmt an, dass jedes Elementarteilchen zu einem anderen Schwingungsmodus des Superstrings korrespondiert. Um die au~erst kleine Gro~e der Strings hervorzuheben, bemerken wir, dass die grofsten Beschleuniger in den Bereich von etwa 10- 20 m vordringen, es gibt also kaum Hoffnung auf eine direkte Verifikation der String -Vermutung. Wissenschaftler versuchen, die Theorie genau zu formulieren und dann zu prufen, ob falsifizierbare Voraussagen gemacht werden konnen, die man als indirekte Beweise fur die Theorie deuten kann . Der Anfang ist ziemlich einfach: Man postuliert, dass die fundamentalen Gebilde der Natur Strings sind, formuliert einen Ausdruck fur die Energie oder fur eine geeignete Funktion Lund wendet dann die quantenmechanischen Prinzipien an, um zu sehen, welche Physik hera us kommt. Man erhalt sofort einige ziemlich aufregende Ergebnisse. Die niedrigsten Zustande korrespondieren zu masselosenTeilchen,darunter das Graviton , das Quantum, das die Gravitationskraft tragt. Esist sogar rnoglkh, Einsteins Theorie alsApproximation derStringtheorie fur niedrige Energien und grofse Abstande zu erhalten. Auch die Teilchenarten und typischen Wechselwirkungen des StandardModells treten auf. Aber eine andere unvermeidbare und nicht ganz erwartete Eigenschaft der Theorie zeigt sich: die Dimension der Raum-Zeit ist nicht die in Ehren gehaltene und beobachtete vier, sondern zehn! Damit unsere Welt in diese Theorie pafst, rnussen also sechs der zehn Dimensionen verschwinden oder zumindest unsichtbar werden. Sechs Dimensionen rnussen wie ein Teppich 'aufgewickelt' und sehr, sehr klein werden , damit wir sie nicht
beobachten konnen , Die Theorie sagt uns nicht, wi e das gemacht
92
werden kann. Esgibt Anzeichen, dass es dafur viele verschiedene Wege gibt, aile mit gewissen Vorteilen und Nachteilen . Die Hoffnung und Erwartung ist , dass soleh eine Theorie es moglich mach en w urde, beobachtete Gr61Sen quantitativ in Beziehung zu set zen - beispiel sweise k6nnte man die Ma ssen der Teilchen oder die Starke der Krafte berechnen - aber das ist wegen dem riesigen Unterschied der Skalen zwischen der Beobachtung zuganglichen Parametern und der Skala der Strings aulSerst schwer zu erreichen .
Branes und M-Theorie
Die notierte Formel definiert die Superstringtheorie . Der erste Term
of fe ne und geschlossene Str ings. Wah-
enthalt hauptsachlich den Hacheninhalt der Hache, uber die das
rend geschlossene St rings die Gravit at ion
St rings tr eten auf zwei erlei Art auf: als
String hinwegfegt, w ahrend es sich durch die Raum-Zeit bewegt.
beschreiben, sind offe ne St rings meist mit
Diese Flache kann geschlossen oder offen sein; im letzteren Fall
anderen Wechselw irkungen verknupf t. Die
ist ihr Rand eine geschlossene eind imen sionale Spirale, die man
modern e Version der St ringt heo rie. oft M -
sich als herein oder heraus komm enden String vorst ellen kann.ln
Theone genannt, benutzt nicht nur St rings,
dieser geometri schen Beschreibung ist auch die String-Wechsel-
son dern auch h6h erdim ension ale Objekt e,
w irkung eing eschlossen (siehe Bild Seite 91). Betracht et man sie
die man p-Branes nennt. Eine 1-Brane ist ein
von einer anderen Seite, so ist die Stringtheorie in gewi sser Weise
St ring, eine 2-Brane eine Membr an, also sind
eine zweidimensionale Feldtheorie , in der die Raum-Zeit-Koordi-
hohere p-Branes gerade h6herdime nsionale
naten die Felder sind. Dies fuhrt in einer sehr buchstablichen und
Analog a von Membran en. Es g ilt die Regel,
unerwarteten Weise zu einer Quantisierung der Raum-Zeit.
dass offe ne St rings in einer Brane enden
Der zweite Ausdruck in der Lagrange-Funktion der St rings enthalt
mussen. mit anderen Worte n, offene St rings
Felder vom Dirac-Typ . Diese sind notig, um die Supersy mmet rie
k6nn en p-Branes verbinden. Dies ist eine
einzufuhren, die wiederum we sentlich fur die Konsistenz der
wese nt liche Anderung der ursprunglkh en
Theorie als Ganzes ist.
St ringtheorie, aber sie ist not w end ig, um
Wir schlielSen mit der Bemerkung, dass die Gleichungen der
die Theorie math emati sch konsistent zu
St ringt heorie nicht denselben Stellenwert wie die anderen
halt en. Die ganze Ansam m lung der Din ge
in diesem Buch prasentierten Gleichungen haben , aber viele
nennt man M -Theorie. w o bei das M fur
betrachten diese Theorie als neu entstehendes allumfassendes
Mutter, Mysterium ode r - bodenstand iger
Paradigma der Natur.
- Matri x ste ht.
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Da wir nun unsere ziemlich abstrakte Reise in grofser Hohe abgeschlossen haben, wollen wir noch einmal die Tabelle der universellen Konstanten der Natur auf der vorderen Umschlagklappe ansehen, die schon in der Einleitung erwahnt wurde . Sie besteht nur aus einem Haufen von Zahlen. Wir verfechten
Zuruck in die Zukunft
das Einheitensystem, das sich auf Meter, Kilogramm , Sekunde
Ein letzter Ausblick
und Coulomb als Einheiten fur Lange, Masse, Zeit und Ladung grundet, Diese Einheiten sind stark an die typische Skala des Menschen gebunden, die - w ie wir in diesem Buch gesehen haben - in der Summe aller Dinge ziemlich willkiirlich ist. Man mag sich fragen , ob die Natur selbst nicht ein bevorzug tes Einheitensystem besitzt. Schon um 1900 hob Max Planck hervor, dass eine bestimmte Kombination der fundamentalen Naturkonstanten benutzt w erden konnte , um an Stelle des ublichen ein 'nat urliches' Einheiten system fur Raum, Zeit und Masse zu definieren, Die Planckschen Einheiten enthalten die fundamentalen Konstanten der Gravitation (GN ), der Relativltatstheorie (c) und der Quantentheorie (h). Man nennt sie Plancksche Lange, Zeit und Masse, ihre Dennitionen sind links zu sehen. Dies sind die grundlegenden Skalen, die in den aus unserer physikalischen Welt erhaltenen Daten intrinsisch verschlusselt sind.
Es gibt eine weitere sinntrachtige Methode, das heutige Bild der Physik im Grofser: zu charakterisieren; sie benutzt einen trnaglnaren magischen Wurfel, der im 'Raurn der Theorien '
verankert ist (siehe Bild Seite 94). Betrachtet man diesen magischen Wurfel, so sieht man das Netzwerk der diskutierten Gleichungen aus einer anderen Perspektive. Es ist eine andere - dreidimensionale - Darstellung der 'lnhalt subersicht ', die zu Beginn des Buches vorgestellt wurde. Die bedeutenden Wendepunkte der Physik liegen in den Ecken dieses wurfets. In
der hlnteren, unteren, durch Newtons Konstante markierten
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Ecke finden wir die Newtonsche Physik (Mechanik und Gravitation), mit der man uns in der Schule belastigt hat. Die mit der Universalitat der Lichtgeschwindigkeit verknupfte spezielle Relativitatstheorie iiffnete eine neue Dimension, was in der unteren Ebene dadurch symbolisiert wird , dass die Ecke nach vorne heraus kommt. Aber, wie zuvor erklart, es gab immer noch den Konflikt mit der Newtonschen Gravitationstheorie, der erst durch die allgemeine Relativitatstheorie aufgeliist wurde, in der die Gravitation mit der xrurnrnung der Raum-Zeit identifiziert wurde. AnschlieBend wanderten wir durch die Quanten-Revolution, die mit der Planckschen Konstanten verbunden ist und eine weitere
Quanten Standard Modell
Theone
String h Theone New ton Mecha nik:'&_ +=.u!---:lD Gravitat ion
Dimension zu unserem Konzept hinzufUgte, senkrecht zur Ebene der Raum-Zeit-Gravitation. In der Ecke oben links hinten lebt die Schriidinger-Gleichung. Die Ecke in deroberen Ebenerechts hinten steht stellvertretend fur die nichtrelativistische Behandlung der Gravitationskraft, einerThematik, die physikalischnicht sonderlich interessant ist: sie wurde zum Beispiel die quantenmechanische Beschreibung des Systems Mond-Erde oder des Planetensystems umfassen , d.h. im Vergleich zum klassischen Ergebnis Newtons wurde sich keln beobachtbarer Effekt einstellen. Wir mussten einsehen, dass gewiihnliche Quantentheorie und die spezielle Relativitatstheorie einander nicht mochten. DiesesProblemwurde durch die Entwicklung von Quantenfeldtheorien wie Chromodynamik und elektro-schwacher Theorie behoben . Foiglich sehen wir in der linken oberen Ecke vorn hauptsachlich das StandardModell. Anders gesagt, unsere Theorien der Materie leben in der Iinken vertikalen Ebene. Und wieder gibt es einen Konflikt: den zwischen unseren Quantentheorien der Materie einerseits und Einsteins geometrischer Theorie von Raum-Zeit und Gravitation andererseits . Dieser Konflikt ist in der Natur hauptsachlich durch die Plancksche Skala parametrisiert und kann daher nicht direkt
Spezielle Relativitatstheorie
Allgemeine Relativltatstheorie
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durch Experimente gepruft werden. Man mag hoffen , dass die St ringt heorie am Ende f ahig seinwird,diesen Konfl ikt zu losen,der sich so tief unter der Oberflache der Alltag serfahrung verst eckt . Strin gt heorie als Quantent heorie der Raum-Zeit.
Was ist mit den anderen universellen Konst ant en, w as drucken sie aus oder verschlusseln sie? Wir sind vier fund amentale n Kraf t en begegnet, und mit t lerweile ist klar, dass die Einheiten
Grarse einer jeden irgendwie eine typische Skala defin iert, in
Die Konsta nte n der Natur haben gew isse
der die Natur sich selbst organisiert hat. Fur die Gravitation
Wert e, die von den Einh eit en abhan-
ist das Newtons Konstante. Obersetzt in eine Energieskala
gen, mit denen man arbeitet . Der Wert
erhalt man die Plancksche Masse, die, wi e wir gesehen haben,
der Licht geschwindigkeit
die Skala fur die fundam ental en St rings definiert. Die Grag e
ist natUrlich
e. ubersetzt sich in die
unt erschiedlich, j e nachdem, ob man von
der elektromagn eti schen Kopplung,
M eilen pro St unde, M etern pro Sekunde
Energieskala der Atomphysik; sie bestimmt die typis chen
oder Fug pro M ond zyklu s spricht. Es ist
Energiedifferenzen zwi schen den Zustanden eines Atoms.
allerdings sehr prakt isch, we nn j eder das
Diese Energiedifferenzen sind proport ional zur Ruhenergie des
gleiche Einheite nsyst em benut zt - es
Elekt rons, Ee:m ec' multipliziert mit einer gew issen, dim en-
komm t nicht w irklich darauf an, w elches,
sionslosen, von
solange j eder es benut zt. Die int ernat io-
e abhangigen Konst anten (dem Quadrat der Feinstrukturkonstanten a : e'/z hc : 1/ 137.0). Die Skala fur die
nale Gemeinschaf t der Wissenschaftler
M asse eines Atoms als Ganzes w ird durch die M asse des Kerns
hat sich darauf geeinigt, das Meter-Kilo benut zen,
gegeben, und diese w iederum durch die Prot onenmasse m p' Die Proto nenmasse korrespondiert zur intrins ischen Skala
w elches Coulomb als Grundein heit der
der starken Wechselw irkung, w ie w ir fruh er hervorgehoben
Ladung und Kelvin als Tem perat ureinheit
haben. Es ist die Energieskala, bei der die starke Wechselw ir-
einschliegt. Die Definition dieser Konst an-
kung von der Grarsenordn ung Eins ist. Es bleibt also die schwa -
t en ist mit gew issen Grofsen verknupf t ,
che Wechselw irkung, und ihre Skala ist mit den Zeitskalen der
die mit hoher Prazision gemessen we rden
durch die schwache Wechselwi rkung hevorgerufenen Zerfa lls-
konnen, so dars diese Defi niti on en sich
prozesseverknupf t . Diese Prozesse st ehen in direktem Zusam-
gramm -Sekunde-Syst em
zu
w irkl ich in Abhangigkeit vom m oderns-
men hang mit der M asse der Zwischen-W-Teilchen.
t en Sta nd der exper imentellen Technik
Betrachten wir nochmal den Wurfel, so sind diese Konstant en
mit der Zeit andern.
irgendwo in der linken verti kalen Ebene vert eilt, die durch die
Ecken mit h und c begrenzt ist. Diese etwas saloppe Bemerkung konnte eine etwas tiefere Aussagekraft haben, narnlkh , dass bei gegebenen Planckschen Einheiten als fundamentalsten Einheiten die anderen Parameter nicht wirklich fundam ental sind. Viellei cht sind sie nur dynamische Konsequenzen einer zugrunde liegenden fundamentalen Theorie, wie die anderen Konstanten , denen wir begegnet sind - etwa die BoltzmannKonstante fur die Definition der Temperaturskala mittels der Energie, oder die Avogadro-Kon stante, die aus Amadeo Avogadros ,810 aufgestellter richtiger Hypothese stammt, dass die Anzahl der Teilchen aller Gase mit gegebenem Volumen, Druck bei gleicher Temperatur identisch sein solite . Die auf der vorderen Umschlagklappe notierten univer sellen Konstanten geben die grundlegenden Skalen vor, die fur unsere Welt charakteristisch sind. In speziellen Medien konnen andere relative Skalen vorkommen und andere, phenomenologi sch relevante Parameter erzeugen. Es sind effektive Parameter, die durch ein feinsinniges Wechselspiel der universellen Gesetze und Konstanten der Natur dynamisch erzeugt werden . Falls unsere Beobachtungen die Stringtheorie je bestatigen, erwarten wir, dass nur eine einzige fundamentale Konstante uberlebt,
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