DIE ENTSTEHUNG DER ERDE
Foundations of Science Welt der Wissenschaft CHEFREDAKTION:
Leslie Basford, B.SC. Philip Kog...
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DIE ENTSTEHUNG DER ERDE
Foundations of Science Welt der Wissenschaft CHEFREDAKTION:
Leslie Basford, B.SC. Philip Kogan, M.SC.
REDAKTION:
Paul Drury Byrne, B.SC. Michael Chinery, B.A. Michael Dempsey, B.A. Clare Dover, B.SC. Michael Gabb, B.SC. David Larkin, Cyril Parsons,
B.SC. B.SC.
Joan Pick, B.SC.
KURATORIUM:
Sir Lawrence Bragg,
M.C, O.B.E., F.R.S., M.A.,
NOBELPREISTRÄGER
Sir James Chadwick, F.R.S., Ph.D., M.SC, NOBELPREISTRÄGER
Norman Fisher, M.A. Sir Harry Melville, K.C.B., F.R.S. Professor J. Z. Young, F.R.S,M.A.
Die Entstehung der Erde Grundlagen der Paläogeographie und Paläontologie
Michael Dempsey, B.A.
David Larkin, B.SC.
FOUNDATIONS OF SCIENCE LIBRARY Welt der Wissenschaft
Herausgeber für England: SAMPSON LOW, MARSTON &. CO — LONDON Herausgeber für Amerika: GINN &. COMPANY — BOSTON Deutschsprachige Ausgabe: KURFÜRST – VERLAG
Copyright für die englischsprachige Ausgabe: © Sampson Low, Marston & Co. Ltd. Alle Rechte vorbehalten für alle Länder.
PALAOGEOGRAPHIE UND PALÄONTOLOGIE
INHALTSVERZEICHNIS DER SCHLÜSSEL ZUR VERGANGENHEIT 1. WAS SIND FOSSILIEN? 2. DIE GEOLOGISCHE ZEITSKALA 3. DIE WELT, WIE SIE EINST AUSSAH 4. WETTERBERICHTE AUS VERGANGENEN ZEITEN GESCHICHTE DES LEBENS 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
DIE ERSTEN LEBENSZEICHN TRILOBITEN BRACHIOPODEN UND GRAPTOLITHEN DIE ERSTEN WIRBELTIERE WIRBELTIERE EROBERN DAS LAND FURCHTERREGENDE 'DRACHEN' DIE ENTDECKUNG VON DINOSAURIEREIERN AMMONITEN UND IHRE VERWANDTEN VÖGEL AM HIMMEL DER JUNGEN ERDE SÄUGETIERE EROBERN DIE ERDE FOSSILE PFLANZEN — GESCHICHTE DES PFLANZENREICHES
DIE WELT DES PALÄOZOIKUMS 16. 17. 18. 19. 20. 21.
DAS KAMBRIUM DAS ORDOVIZIUM DAS SILUR DAS DEVON DAS KARBON DAS PERM
DAS MESOZOIKUM 22. 23. 24.
DIE TRIAS DER JURA DIE KREIDEZEIT
DAS KÄNOZOIKUM 25. 26. 27.
DAS TERTIÄR DAS QUARTÄR DIE ARCHÄOLOGIE UND DIE NATURWISSENSCHAFTEN
Der Schlüssel zur Vergangenheit
KAPITEL 1
Was sind Fossilien ? UNTER FOSSILIEN
man Reste von Tieren oder Pflanzen, die auf verschiedenen Wegen in der freien Natur oft für viele Millionen von Jahren konserviert worden sind. Wenn z.B. ein Ichthyosaurier, ein fischähnliches Tier im Meer, starb, sank es auf den Grund des Ozeans, um vom absinkenden Schlamm begraben zu wer den. Dieser Vorgang kann viele Jahrhunderte gedauert haben, bis schließlich der große Druck die Schicht und die Reste des Ichthyosauriers nach Jahrtausenden in Gestein umgewandelt hat. Irgendwann einmal wurde dann durch eine große Erdbewegung der ursprüngliche Seeboden so stark angehoben, daß er sich in ein trockenes Landgebiet ver wandelte. Die hier nun auf die Gesteine einwirkende Erosion zerbröckelte sie und trug sie ab, bis schließlich der Ichthyosaurier wieder zum Vorschein kam und von den Menschen gefunden werden kann. Verschiedene Prozesse führen dazu, daß der Kadaver eines Tieres oder einer Pflanze im Laufe von Jahrmillionen versteinert. Gewöhnlich zerfällt der fleischige Körper eines toten Tieres oder wird von anderen Tieren aufgefressen. Die festen Teile aber, wie z.B. Schalen, Knochen oder Zähne, können nicht so schnell zerstört werden, wenn das tote Tier relativ schnell von der Erdoberfläche verschwindet. Haben nämlich die Elemente (Wasser, Feuer und Luft) genügend Zeit, auf die festen Teile einzuwirken, dann verfallen auch sie schließlich zu Staub. Zur Erhaltung der Tierreste in den Gesteinsschichten ist es notwendig, daß diese nicht nachträglich einer Metamorphose (Änderung der Gesteinsstruktur durch Hitze oder Druck) unterzogen werden. Alle diese Konservierungsbedingungen werden am besten im Sedimentgestein des Ozeans erfüllt. Die hier gefundenen Fossilien sind Reste von Tieren, die im Wasser lebten. Man kann im Sediment aber auch Fossilien von Landtieren finden, die wahrscheinlich durch Fluten ins Meer hinausgezogen wurden. Fossilien werden in verschiedenen Formen und Erhaltungszuständen gefunden. Nur sehr selten ist bei einem Fossil das vollständige Skelett der ursprünglichen Knochen vorhanden. Das trifft nur dann zu, wenn das Tier in Sümpfen oder in Teerlöchern umgekommen ist. Unter sehr ungewöhnlichen Umständen kann das vollständige Tier, also nicht nur die Knochen, erhalten bleiben. Mammuts, die Vorläufer der heutigen Elefanten, sind in Alaska und Sibirien in fast vollständiger äußerer Form im gefrorenen Boden gefunden worden. Hier sind die Tierkörper durch den Frost erhalten geblieben, während sie manchmal auch durch besondere chemische Vorgänge im Sumpf gut konserviert bleiben. Aber viel öfter sind die begrabenen Skelette im Laufe der Jahrtausende versteinert. Das kann auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen. Im Boden ist normalerweise Grundwasser vorhanden. Es scheidet die in ihm gelösten Mineralien in den Poren der tierischen Knochen ab. Diesen Vorgang nennt man Permineralisation. Das Grundwasser kann aber auch alle Partikel der begrabenen Substanz vollständig auflösen und an ihrer Stelle Mineralien ausscheiden. Nach dem ersten Prozeß bilden sich versteinerte Knochen, nachdem zweiten aber Pflanzen (z.B. versteinertes Holz, in den USA bekannt als petrified wood). Es kann aber auch vorkommen, daß das Grundwasser die begrabenen Substanzen zwar vollständig auflöst, nicht aber durch Mineralien ersetzt. Dann entsteht im Gestein ein leerer Raum mit der ursprünglichen Gestalt des begrabenen Objektes. Mann nennt ihn eine Hohlform. Er kann später wieder durch aus dem Grundwasser ausgeschiedene Mineralien ausgefüllt werden und bildet dann einen Steinguß des Objektes. Interessante Hohlformen sind durch Insekten entstanden, die durch herabtropfendes Harz immergrüner Bäume gefangen wurden. Dieses Harz versteinerte zu Bernstein. Obwohl die begrabenen Insekten austrockneten und verschwanden, können die Umrisse ihrer äußeren VERSTEHT
Gestalt in dem durchsichtigen Material deutlich gesehen werden. Hohlformen extrem dünner Objekte, wie z.B. von Blättern, werden allgemein als Abdrucke bezeichnet. Viele pflanzliche Fossilien sind Reste des Kohlenstoffes, die die ursprüngliche Gestalt des Objektes im Gestein wiedergeben. Manchmal werden Fossilien von knochenlosen Weichtieren auch auf diesem Wege gebildet. Es kann aber auch vorkommen, daß das versteinerte Skelett eines Tieres von einer dünnen Kohleschicht umgeben ist, die so die äußeren fleischigen Umrisse des einmal lebenden Tieres deutlich markiert. Ungewöhnliche Fossilien sind Fußspuren von Tieren, die diese im weichen Boden zurückgelassen haben, der später zu Stein verhärtete. Man hat z.B. an einem alten Wasserlauf in der Wüste Gobi (Zentralasien) ausgezeichnete Fußspuren von Dinosauriern gefunden. Die Fossilien sind der Schlüssel zur Erdvergangenheit, indem sie uns Menschen in die Lage versetzen, die im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung wechselnden Lebensformen kennenzulernen und in zeitlicher Reihenfolge einzuordnen. Nehmen wir z.B. einmal an, daß wir vor einer 30 m hohen Kalksteinklippe stehen. Die Geologen können uns nun verraten, daß die Natur 30 000 Jahre benötigt, um auf dem Boden eines Meeres eine Schicht von nur 30 cm Kalk abzulagern. Finden wir nun in dieser Kalkklippe 9 m über irgendeinem Fossil wieder ein anderes, dann wissen wir sofort, daß das 2. Fossil 900 000 Jahre jünger sein muß als das tiefer liegende. Damit kennen wir zwar nicht sein absolutes Alter, sondern nur sein relatives, bezogen auf das Alter des tiefer liegenden Fossils. Das absolute oder wahre Alter der Fossilien in dieser Klippe kann erst dann bestimmt werden, wenn das wahre Alter irgendeiner Schicht der Klippe bekannt geworden ist. Wie werden Fossilien gefunden? Fossilien werden oft in Bergwerken, Steinbrüchen oder anderen Ausgrabungsstellen gefunden, aber auch beim einfachen Pflügen. Am häufigsten werden sie jedochdurch die gemeinsame Wirkung von Wasser, Eis und Wind (Erosion) freigelegt, die die Fossilien umgebenden Gesteine abträgt. Das Diagramm zeigt, wie ein Tier zu einem Fossil wird und wie es dann später gefunden werden kann.
Die Morrison Formation (Rocky Mountain, USA) ist reich an Fossilien vieler verschiedener Tierarten, insbesondere von Dinosauriern. Diese Formation ist durch Sand-, Stein- und Schlammablagerungen von Flüssen entstanden, in denen die Tiere vor rund 140 000 000 Jahren begraben worden sind. Zu dieser Zeit war dieses Gebiet eine niedrig liegende Ebene, die von einer üppigen Vegetation bedeckt und von vielen träge dahinfließenden Strömen und Bächen durchzogen war.
Der das Skelett umgebende Kohlenstoff zeigt, wie ein Ichtyosaurier als lebendes Tier ausgesehen hat. Durch zufällig am Fuße von Klippen, an Steinbrüchen oder offenen Feldern vorbeigehende Leute werden die befreiten Fossilien gefunden und aufgehoben. Diese Sammler benutzen die Steine als Schmuckstücke, nichtahnend, daß sie Reste von ausgestorbenen Tieren und Pflanzen sind. Manchmal finden diese Schmuckstücke ihren Weg ins Museum, wo man sie identifizieren kann. Heutzutage werden Fossilien gewöhnlich durch eine systematische Suche ausgebildeter Fossilienjäger gefunden. Aufgrund jahrelanger Erfahrungen wissen die Paläontologen (Leute, die die Fossilienkunde studiert haben), welche Gesteine mit Vorliebe bestimmte Fossilien enthalten und wo diese Gesteine auf der Erde zu finden sind. Es erfordert einen erheblichen Zeitaufwand, ein großes aufgefundenes Fossil vollständig auszugraben, für den Transport ins Museum zu sichern, es dort zu säubern, möglicherweise noch zu reparieren und so aufzustellen, daß man sich eine gute Vorstellung von dem Tier machen kann, als es noch auf Erden lebte. Die Suche nach Fossilien Es gibt auf der Erde drei verschiedene Gesteinsarten, in denen es sich lohnt, nach Fossilien zu suchen. Diese sind: 1. Sandstein, 2. Schiefer, 3. Kalkstein. Der Sandstein ist sehr körnig und durchlässig, so daß das Wasser schnell in ihn eindringen kann. Alle im Sandstein enthaltenen Mineralien werden daher schnell ausgewaschen und stehen nicht für eine Versteinerung von Fossilien zur Verfügung. Daher findet man sie im Sandstein recht selten und wenn, dann sind es meist auch nur Bruchstücke.
Der 'Steinguß' eines Trilobiten, entstanden durch die Ablagerungen von Mineralien in dem Hohlraum zwischen den Steinen, in dem sich das ursprüngliche Tier befand. Das Aussehen eines Hohlraumes in einer Gesteinsschicht, der ursprünglich von dem Trilobiten eingenommen wurde. Dessen Körper ist nicht mehr vorhanden, aber der Abdruck seines Äußeren.(links) Ein in
einem
Bernstein
begrabenes Insekt, gefunden am Strand der Ostsee.(rechts)
Bryozoen werden oft auf Muschelschalen und den Brachiopodengehäusen gefunden Die Untersuchung von Fossilien mit einer Lupe kann feinste Einzelheiten zeigen. Einige kleine Fossilien werden oft auf größeren sitzend entdeckt. Die besten Beispiele versteinerten Holzes können im Nationalpark Petrified Forest in Arizona (USA) gefunden werden. (links) Die Untersuchung von Fossilien mit einer Lupe kann feinste Einzelheiten zeigen. Einige kleine Fossilien werden oft auf größeren sitzend entdeckt.(rechts) Um Fossilien zu sammeln, benötigt man nur eine"kleine Ausrüstung“ : Einen Hammer, einige Steinmeißel verschiedener Größe, Zeitungspapier zum Einwickeln der größeren Fossilien und eine Anzahl von kleinen Schachteln, in denen man die kleineren Stücke sammeln kann. Nützlich ist ein Notizbuch und ein Bleistift, damit man genau den Fundort der Fossilien aufschreiben kann und wenn möglich, auch die Schicht, in der man die Fossilien gefunden hat. Das Gewicht des Hammers sollte etwa 1 kg betragen, etwas schwer also, aber auch nicht zu schwer zum Tragen. Am besten für diesen Zweck sind die Spezialhämmer, die die Geologen selbst benutzen. Außer dem flachen Ende, das ein solcher Hammer hat und mit dem man Steinstücke aus dem Gewachsenen ausbrechen kann, haben diese ein keilförmiges Ende, das als Hebel, Schaber, Meißel oder als Kelle benutzt werden kann. Diese können allerdings relativ leicht aus dem umgebenden weichen Gestein herausgelöst werden. Schiefer ist noch weicher als Sandstein. Er tritt meist als Schieferton auf, der aus sehr feinkörnigem Material besteht und überhaupt nicht porös ist. Daher kann in den Schiefer Wasser nicht eindringen, um die harten Überreste des begrabenen Organismus aufzulösen. Aber unglücklicherweise läßt sich der Schiefer leicht zusammenpressen oder hat die Tendenz, an der freien Luft zusammenzuschrumpfen. Dadurch werden die Fossilien oft zerquetscht oder plattgedrückt. Der Schiefer kann auch Knollen oder Bruchstücke von Kalkstein enthalten. Diese haben sich durch das im Schiefer vorhandene Kalziumkarbonat gebildet, das aus dem Schiefer ausgeschieden worden ist und sich um einen Kern herum niedergeschlagen hat. Diese Kerne werden oft von Fossilien gebildet, deren gut erhaltene Form sichtbar wird, wenn man die Knollen aufbricht. Der Kalkstein besteht meist fast vollständig aus organischen Überresten. Aber weil er sehr hart ist, ist es schwierig, die Fossilien ohne Zerstörung herauszulösen. Am besten sucht man nach schon gebrochenen Stücken, die am Fuße von Kalksteinklippen oder Kalksteinbrüchen reichlich zu finden sind. Dagegen ist die Suche nach Fossilien am gewachsenen Stein eine schwere Arbeit. Eine nähere Untersuchung der Fossilien mit einer Handlupe ergibt weitere Informationen. So kann
man z.B. an der Innenseite einer Muschelschale erhaltene Muskelfasern entdecken. Zwischen dem Tod eines Tieres und seinem Begräbnis kann der tote Körper noch stark hin- und herbewegt worden sein. Dann sind die harten knochigen Überreste oft teilweise oder ganz zerbrochen worden. Andere Fossilien sind noch heute fast genau in der gleichen Lage zu finden, in der die Tiere starben und im Sedimentgestein begraben wurden.
KAPITEL 2
Die Geologische Zeitskala
DIE GESTEINE
DER
ERDE sind für den Geologen ein Schlüssel, der ihnen das Tor in die irdische
Vergangenheit aufschließen kann. Dabei verstehen es die Wissenschaftler, in den verschiedenen Gesteinsschichten wie in einem historischen Buch Seite für Seite zu lesen. Im Buch der Vergangenheit sind die einzelnen Seiten aber sehr oft zerrissen, eingeknickt und verbogen, nicht in der richtigen Reihenfolge und außerdem teilweise über weite Gebiete verstreut. Aus den Berichten, die auf den Seiten dieses Buches, den Sedimentgesteinen, festgehalten sind, kann man die geologische Zeitskala ableiten. Sie überdeckt die gesamte Erdgeschichte und erlaubt es, alle geologischen Ereignisse auf der Erde in chronologischer Folge in Beziehung zueinander zu setzen. Sedimente sind Gesteine, die sich am Grunde eines jeden Sees oder Meeres aus deren Schlammablagerungen gebildet haben und heute noch bilden. Diese Ablagerung ist ein Ereignis, das von der Zeit abhängt. Eine beliebige Schicht muß sich abgelagert haben, bevor sich die nächste über ihr bilden kann. Daher muß jene älter sein als alle anderen Schichten, die über ihr liegen. Wenn nun im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung die Sedimentgesteine aus dem Meer herausgehoben worden sind, dann kann man erwarten, daß jede Gesteinsschicht jünger sein muß als die unter ihr liegende.
Diese Tatsache nennt man das Gesetz der Superposition (Übereinanderlagerung). Leider gilt dieses Gesetz nicht überall. In vielen Gebieten der Erde sind die Sedimentschichten durch Erdbewegungen teilweise oder völlig durcheinandergebracht worden. Zu dieser Verwirrung kommt noch eine weitere Komplizierung hinzu : In vielen Sedimentgesteinen fehlen eine oder mehrere Schichten vollständig. Das muß notwendigerweise so sein, sonst müßte die Dicke des Sedimentgesteines auf der Erde etwa 170 km betragen! Tatsächlich aber ist es noch heute so auf der Erde, daß gleichzeitig an einer Stelle (nämlich im Meer) Sedimente gebildet und an einer anderen Stelle (nämlich auf dem Land) durch die Erosion wieder abgetragen werden. Steigt z.B. ein Gebiet aus dem Meer auf, dann werden durch die dabei auftretenden Erdbewegungen die ursprünglich horizontal liegenden Schichten des Sedimentgesteines gefaltet und gepreßt. Ihre saubere Ordnung (zeitliche Reihenfolge) ist dabei weitgehend zerstört worden. Nun werden diese Schichten, die als Berge das Land bilden, durch Verwitterung (Erosion) abgetragen und auf einer tiefer liegenden flachen Ebene wieder abgelagert. Zu irgendeinem späteren Zeitpunkt werden die Reste der Berge wieder unter den Meeresspiegel abgesenkt. Neue Sedimentschichten können sich auf den alten, übriggebliebenen, ablagern. Danach steigt das ganze Gebiet nochmals aus dem Meer empor. Wir untersuchen es und stellen fest, daß es sehr schön aufeinanderfolgende Gesteinsschichten zeigt, die aber keineswegs immer zeitlich aufeinanderfolgende Phasen der Erdgeschichte wiedergeben. Es ist nämlich eine größere Lücke vorhanden, die viele Millionen von Jahren beträgt. In dieser Zeit sind, wie wir vorher sahen, Gesteinsschichten abgetragen worden, die nun fehlen. Glücklicherweise sind wir in der Lage, diese Lücke tatsächlich festzustellen: Die jüngeren streng horizontal lagernden Schichten liegen auf den älteren auf, die früher stark gefaltet worden sind und nicht parallel zu den jüngeren verlaufen. Wir sehen in der Schichtung deutlich eine Trennlinie, die wir Sprung nennen. Wir wissen nun, daß Sprünge in Gesteinsschichten eine zeitliche Lücke in den Ablagerungen anzeigen. Während an der Sprungstelle die Sedimentation des Gesteins abgebrochen wurde, ging sie aber an irgendeiner anderen Stelle der Erde gleichmäßig und ungestört weiter. Daher wird man das an einer beliebigen Stelle fehlende Gestein durch das an einer anderen Stelle abgelagerte ersetzen können. Das große Problem dabei ist nur, wie man diese ergänzenden Gesteinsschichten erkennen kann, wenn man sie irgendwo auf der Erde finden würde. Hier schalten sich die Fossilien entscheidend ein. Fossilien als Erkennungsmarken Der Vater der Geologie in England, William Smith, war es, der im späten 18. Jahrhundert zuerst erkannte, daß bestimmte Fossilien nur in bestimmten Gesteinsformationen zu finden sind. Er schloß aus dieser Erkenntnis ganz richtig, daß eine irgendwo gefundene bestimmte Gesteinsschicht mit Hilfe der in ihr enthaltenen Fossilien identifiziert werden kann. Es ist ein ganz einfacher Grund, warum bestimmte Fossilien nur in bestimmten Gesteinen anzutreffen sind: Im Laufe der Erdgeschichte haben sich die verschiedenen Lebensformen kontinuierlich entwickelt, wobei eine einzelne Tieroder Pflanzenart nur auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt ist. Natürlich fanden dann diese Tiere und Pflanzen ihr Grab in den Gesteinsschichten, die in jener Zeitspanne gerade abgelagert wurden. So ist der zeitliche Verlauf der Entwicklung der verschiedenen Lebensformen in zeitlich gleichlaufenden kontinuierlichen Sedimentgesteinen aufgezeichnet, wenn diese nicht nachträglich in ihrem Aufbau gestört worden sind. Man kann daher Gesteinsschichten, die an anderen Stellen im Sediment fehlen, als die Lückenbüßer an den fossilen Resten der Übergangsformen des Lebens erkennen, die sie enthalten. Eine scheinbar unnatürliche Reihenfolge der Fossilien zeigt andererseits an, daß die Gesteinsschichten im wahrsten Sinne des Wortes umgedreht worden sind. Auf diese Weise ist es mit Hilfe der Fossilien gelungen, die verschiedenen Gesteine unterschiedlichen Alters in einer chronologischen Reihenfolge anzuordnen, aus der die geologische Zeitskala gewonnen wurde.
Bände, Kapitel und Paragraphen Da die geologische Geschichte der Erde eine sehr große Zeitspanne überbrückt, ist es zur besseren Orientierung bequem, diese in kleinere Zeitintervalle aufzuteilen. Daß dies aufgrund einer in der Natur von sich aus vorhandenen Unterteilung möglich und sinnvoll ist, die für die ganze Erde angewandt werden kann, wird von vielen Geologen nicht anerkannt. Trotzdem soll es hier geschehen mit Bezeichnungen, die in Europa üblich sind. Es gibt eine deutliche Trennungslinie in der erdgeschichtlichen Vergangenheit, die durch den Zeitpunkt markiert wird, in dem zum erstenmal in den Gesteinen in beträchtlicher Zahl Fossilien auftreten. Die so unterscheidbaren zwei großen Zeitabschnitte werden Kryptozoikum (griechisch, kryptos: versteckt, zoon: Leben; also Zeitalter, in dessen Gestein bisher keine Lebensformen entdeckt wurden) und Phanerozoikum genannt (griechisch, phaneros: sichtbar, vorhanden, zoon: Leben). Das Phanerozoikum wird aufgrund der auftretenden Lebensformen in drei Erdzeitalter aufgeteilt (siehe Tab. S. 12). Das Kryptozoikum kann kaum in kleinere Zeitabschnitte unterteilt werden. Seine Gesteine enthalten keine Fossilien. Den drei Zeitabschnitten entsprechen ganz bestimmte Gruppen von Gesteinen, die alle mit dem Sammelbegriff Präkambrium bezeichnet werden. Die drei Zeitabschnitte des Phanerozoi-kums werden weiter in Perioden unterteilt, denen bestimmte Gesteinssysteme zugeordnet sind, die Formationen genannt werden. Beide, Periode (zeitlich gemeint) und Formation (die Gesteinsschicht) tragen den gleichen Namen, der entweder das Gebiet auf der Erde bezeichnet, in dem man zum erstenmal diese Gestein gefunden und identifiziert hat oder der die Art des Gesteins bezeichnet (z.B. Kambrium bzw. Kreide). Die Zeitperioden können wieder in Epochen aufgeteilt werden, also in noch kleinere Zeiteinheiten. Diesen Epochen entsprechen Serien oder Horizonte von Gesteinen. Im allgemeinen haben diese Epochen nur eine örtliche Bedeutung. In der Übersicht auf Seite 12 sind die in Europa bzw. Deutschland gebräuchlichen Namen und Unterteilungen benutzt worden. Eichung der Zeitskala Die geologische Zeitskala gibt nur die relativen Alter der geologischen Schichten an. Das heißt z.B., daß die riesigen Sumpfwälder, aus denen die großen Kohlenflöze entstanden sind, nach dem Rotsandstein des Devons und vor der großen Umwälzung der Erdoberfläche wuchsen und gediehen, die zur Aufwölbung des Appalachen-Gebirges in den USA geführt hat. Über das absolute oder wahre Alter der erwähnten Schichten kann die geologische Zeitskala nichts aussagen. Erst die Entdeckung der Radioaktivität in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts ebnete den Weg zur ziemlich genauen Eichung der geologischen Zeitskala. Die Gesteine enthalten meist radioaktive Mineralien, die von sich aus ihr Alter verraten, wenn der Mechanismus der Radioaktivität bekannt ist. Die Physiker wissen, daß radioaktive Elemente, wie z.B. Uran und Thorium, langsam in stabile Elementen zerfallen, bei unserem Beispiel in das Element Blei. Die Geschwindigkeit des Zerfalls kann aus der Theorie des Atomaufbaus und durch Messungen ermittelt werden. Man weiß also, wieviel g Blei in welcher Zeit aus Uran entstehen können. Daher brauchen die Physiker nur die Menge Blei zu messen, die in irgendeiner Gesteinsschicht enthalten ist, um sofort das Alter des Bleis und damit das der umgebenden Gesteine zu bekommen. In der Praxis sieht die Durchführung dieser Messung schwieriger aus, als es hier den Anschein hat. Zerfällt doch 1g Uran erst in 1 Million Jahre zu 0,000 136g Blei! Daher kann ein sehr kleiner Fehler in der Bestimmung des Verhältnisses Uran : Blei einen Fehler von vielen Millionen von Jahren in der Festlegung des absoluten Alters einer Gesteinsschicht hervorrufen. Aber das ist nicht das einzige Problem. Radioaktive Mineralien werden allgemein in Feuersteinen gefunden, deren geologische-zeitliche Einordnung oft äußerst schwierig ist. Wenn diese radioaktiven Feuersteine als ein Lavafluß zwischen Sedimentgestein gefunden werden, dann kann ihr geologisches Alter durch die umgebenden Sedimente sehr schnell bestimmt werden. Aber was dann, wenn das
geschmolzene Vulkangestein von tieferen Schichten her nach oben in Sedimente eingedrungen ist? Auf jeden Fall kann man sagen, daß die Lava jünger sein muß als die von ihr durchstoßenen Sedimente; aber um wieviel Jahre wirklich? Gelingt es aber doch, das Alter der Feuersteine in eine enge Beziehung zu dem Alter der umgebenden Sedimentgesteine zu bringen, dann bilden sie eine auffallende Zeitmarke in der geologischen Zeitskala.
KAPITEL 3
Die Welt, wie sie einst aussah DIE PALÄOGEOGRAPHIE ist die Wissenschaft, die sich mit der Verteilung von Land und Meer in der Vergangenheit unserer Erde beschäftigt. Dabei haben wir zu bedenken, daß die Landkarte so, wie wir sie heute kennen, vor Tausenden von Jahren völlig anders ausgesehen hat. Das hat seinen Grund in dem ständigen Wechsel der Oberfläche unserer Erde. In der irdischen Vergangenheit haben die seichten Urozeane wiederholt festes Land überschwemmt und wieder freigegeben, während zur gleichen Zeit riesige Gebirge durch Kräfte im Erdinnern aufgetürmt und durch die Werkzeuge der Erosion — Wasser, Eis und Wind — wieder abgetragen wurden. Außerdem gibt es mehrere Beweise, die vermuten lassen, daß es ursprünglich nur ein oder zwei feste Kontinente gab, die später auseinanderbrachen
Eine Karte von Südostasien, wie es aussehen würde, wenn sich das Land um 180 m heben oder das Meeresniveau um den gleichen Betrag senken würde. In vergangenen geologischen Zeiten sah es wirklich einmal so aus.
Es ist zweifelhaft, ob viele Leute den hier abgebildeten Kontinent erkennen würden. Es ist Nordamerika vor 120 Mill. Jahren. Ihre Stücke wanderten langsam in ihre heutige Position. Es ist gar nicht nötig, zu weit in die Zeit zurückzugehen, um die Wechsel zu zeigen, denen die Erdoberfläche unterworfen ist. Es war vor nur 8 000 Jahren, als England noch mit dem Kontinent Europa durch trockenes Land verbunden war. Außerdem gibt es Beweisstücke in Form von Handwerkszeug, daß die Dogger-Bank, eine große Sandbank inmitten der Nordsee (unter dem Meeresspiegel liegend), noch vor ungefähr 6 000 Jahren von Menschen bewohnt gewesen sein muß. Obwohl wir es nicht erleben werden, wird eines Tages das größte und höchste Gebirgsmassiv der Erde, der Himalaya, durch die Verwitterung seines Gesteins vollständig abgetragen sein.
So würden die Britischen Inseln aussehen, wenn sich das Seeniveau um 60 m heben (oder das Land sinken) würde. Weit umfangreichere Veränderungen hat England in der Vergangenheit durchmachen müssen.
Die größten und höchsten Gebirge der Erde sind eben nur zeitlich begrenzte Runzeln in der Erdkruste. Kleine Wechsel der Oberflächenform, die während unserer eigenen Lebensspanne eintreten, können wir an der Küste des Meeres beobachten, wenn an einer Stelle Land vom Meer verschlungen und das Material (Sand und Steine) wieder an einer anderen Stelle angespült wird. Es ist aber wichtig, sich daran zu erinnern, daß die Kontinente trotz des ständigen Wechsels ihres Reliefs beständige Oberflächenteile unserer Erde darstellen. Nur durch eine Änderung der relativen Höhen von Land und Meer wird die ständig wechselnde Landkarte erzeugt. Es ist nicht schwierig, Landgebiete zu finden, die einmal in der Vergangenheit vollständig vom Meerwasser bedeckt waren. Das erzählen uns die Sedimentgesteine in jenem Landstrichen den sie kaum vollständig zerstört werden können. Selbst wenn sie vom Land durch abfließendes Wasser ins Meer zurückgetragen werden, können sie nicht ihre Herkunft verleugnen. Wir sahen in den vorherigen Kapiteln, auf welche Weise die Gesteinsschichten mit Hilfe der tierischen und pflanzlichen Fossilien identifiziert werden können. Durch eine genaue Untersuchung der Verteilung einer bestimmten Gesteinsschicht über die ganze Erde ist es uns möglich, festzustellen, wie weit sich das Meer zu der Zeit ausdehnte, als diese Schicht gebildet wurde. Damit kann man dann eine Landkarte der damals existierenden festen Erdoberfläche zeichnen und erlebt dabei oft sehr große Überraschungen. Selbst die Körnigkeit der Gesteine kann ihre Herkunft verraten, indem man feststellte, daß Gesteine von Landmassen stammen müssen, an deren Stelle heute offene See gefunden wird. Auch ist es möglich, frühere Landstriche zu erkennen, die heute unter dem Meeresspiegel liegen. Sogar die Läufe alter Flüsse können auf dem Meeresgrund festgestellt werden.
Dieses vereinfachte Bild zeigt, wie man aus den Gesteinsschichten die Höhe der zu einer Ebene abgetragenen Berge bestimmen kann und in welcher Weise sie einmal aufgetürmt worden sind.
Die nördliche Erdhälfte zur Zeit der größten Ausdehnung der Eisgletscher im Pleistozän.
Die Tatsache, daß Fossilien von Seetieren in Bergen hoch über dem Meeresniveau gefunden werden können, zeigt an, daß die relativen Höhen zwischen Meer und Land in der Erdvergangenheit starken Wandlungen unterworfen waren. Auch alte Landgebiete hinterlassen Spuren, aus denen ursprüngliche Gestalt und Aussehen rekonstruiert werden können. Durch Wind abgelagerter Sandstein, kontinentale Sedimentschichten mit pflanzlichen und tierischen Überresten und Kohlenschichten enthalten genügend Beweise von dem ursprünglichen Aussehen irgendeines Gebietes. Die Rekonstruktion vergangener Gebirge ist nicht so schwierig, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint. Die Berge selbst sorgen dafür, daß von ihrer Existenz genügend Beweise zurückbleiben. So sind in den großen Faltengebirgen die Gesteinsschichten gepreßt, gefaltet, zerbrochen und übereinandergetürmt worden. Die oberen Gesteinsschichten wurden abgetragen, bis nur noch Stümpfe von den einst hohen Bergen übrig blieben. Aber diese Stümpfe geben mit ihren gefalteten, zerbrochenen und übereinandergetürm-ten Schichten genügend Hinweise auf ihre einstige Größe, Ausdehnung und ihre Entstehungsgeschichte. Auch die von den Bergen durch Erosion stammenden Sedimente erzählen durch die in ihnen enthaltenen Fossilien ihre Geschichte.
KAPITEL 4
Wetterberichte aus vergangenen Zeiten AUF
ALLEN
WETTERSTATIONEN der Erde werden täglich Messungen gemacht, die die Menge des
gefallenen Regens, die Richtung und Geschwindigkeit des Windes, den atmosphärischen Druck, die höchste und tiefste Temperatur erfassen. Alle diese Daten werden zur Wettervorhersage benutzt und geben ein sehr genaues, tägliches Bild von den klimatischen Bedingungen, die auf der Erde vorherrschen. Aber die Methode der täglichen Wetterkarte wurde erst im 19. Jahrhundert eingeführt. Offensichtlich gibt es für die davor liegenden Zeiten keine Wetteraufzeichnungen, jedenfalls keine regelmäßigen. Was war aber nun mit dem Wetter auf der Erde vor 500 oder gar 1000 Jahren? Es gibt nur in großer Zahl allgemeine Beschreibungen, vor allem extremer Wetterbedingungen : Extreme Kälte, Feuchtigkeit oder Trok-kenheit, weil sie die Lebensumstände des Menschen besonders beeinflußten. Aber auch die Beschreibung der getragenen Kleidung, der Häuser und der geernteten Getreidesorten kann Auskunft über die Witterungsbedingungen geben. Wer hat nun aber das Wetter registriert, bevor der Mensch auf der Erde erschien ? Wie war z.B. das Klima vor etwa 1 Mill. Jahren ? Alles, was aus diesen alten Zeiten bis heute überlebt hat, sind Sedimentgesteine — Sand, Schiefer, Kalk —, die mit ihren fossilen Lebensresten ein Bild des Wetters jener Urzeiten geben können. Das Studium des Wetters in der Erdvergangenheit ist ein Zweig der Geologie, der Paläoklimatologie genannt wird.
Reste von Tieren der Vergangenheit, die mit heute lebenden nahe verwandt sind, können durch einen Vergleich dazu benutzt werden, das Klima vergangener Zeiten abzuschätzen. Es wird dabei angenommen, daß das alte Tier unter den gleichen äußeren Umständen lebte wie heute seine Nachfahren.
Gewöhnlich erhalten wir mit ihr nur sehr allgemeine Informationen. Manchmal ist es auch möglich, die Richtung desWindes aus versteinerten Sanddünen abzuschätzen. Neuerdings ist es sogar möglich geworden die Temperatur des Seewassers in der Vergangenheit bis auf 0,5 °C genau anzugeben. Heißes und kaltes Klima Heißes, trockenes Wüstenklima und kaltes arktisches Klima sind am schnellsten aus den Sedimenten abzuleiten. In einer trockenen Wüste können die Sedimente nicht durch Flüsse transportiert werden, sondern nur durch den Wind. Sehr oft kann seine Wirkung an kleinen Gesteinsbrocken erodierter Felsen durch charakteristische Formung ihrer Oberfläche abgelesen werden. Sie ist durch den vom Wind getriebenen Sand wie mit einem Sandstrahlgebläse behandelt worden, während der Sand selbst, aus sehr hartem Material entstanden, aus kugelrunden Körnern besteht, die ganz glatt geschliffen sind. Alle Steine und Brocken, die auf dem Wüstenboden herumlagen, sind durch den treibenden Sand ebenfalls poliert und auf der dem Wind entgegenstehenden Seite abgeschliffen worden. Felsbrocken, die hoch aus dem Wüstenboden herausragten, wurden an ihrem Fuß dicht über dem Boden abgeschnitten und sind umgefallen oder haben phantastische Formen erhalten. Regen in der Wüste ist ein seltenes Ereignis. Wenn er aber einmal fällt, dann stürzt das Wasser in großen Strömen vom Himmel herab. In riesigen Bächen läuft es die Berge hinunter, dabei alles lose Gestein mit sich reißend. Das wird am Fuße der Berge als sanft geneigte Ebene wieder abgelagert, die die Form eines Trichters oder Fächers hat (alluvialer Trichter). Durch Verdampfung und Versickern verschwindet sehr bald das Wasser. Salzablagerungen deuten auch auf Wüstenbedingungen hin, weil die Wasserverdampfung die Regenmenge weit überschreitet und flache Meere und Seen austrocknen läßt. Alle im Wasser einst gelösten Chemikalien bleiben dabei zurück. Im Gegensatz hierzu erzeugen längere Kälteperioden Gletscher, Massen gefrorenen Wassers, die langsam von höherem zu niedrigerem Niveau fließen. Verschwundene Gletscher hinterlassen sehr deutlich ihre Fingerabdrücke, indem die Landschaft durch das fließende Eis in charakteristischer Weise geformt wird. Findlingsblöcke, riesige Steine, die vom Eis mitgeschleppt worden sind, erhalten auf den Seiten, wo sie gegeneinanderschlagen, Narben und Auskehlungen. Steinpartikel, die auf diese Weise abgeschlagen wurden, sind eckig mit scharfen, zackigen Rädern. Sie fallen auf das Eis des Gletschers, der alle diese Steine und Gesteinsbrocken zurückläßt, wenn er abgeschmolzen ist. Sie bilden den Gletscheracker, auf dem alle Größen, Gewichte und Formen der Steine vertreten sind und daher schnell als Gletscherrest zu identifizieren sind. Solche Sedimente gehören aber nicht zum Eiszeitalter der letzten Mill. Jahre. Gletscheracker hat man in Afrika, Indien und Australien gefunden, die zu Eiszeiten vor mehr als 300 Mill. Jahren gehören. Aber es gibt auch Hinweise darauf, daß Eiszeiten im Präkambrium vor mehr als 550 Mill. Jahren aufgetreten sind.
Seit dem Ende des Eiszeitalters ist das Klima warmer geworden, so daß sich das Bild des Waldes kontinuierlich änderte. Im Erdreich gefundene Pollen von Pflanzen spiegeln diesen Wechsel wider. In Verbindung mit archäologischen Entdeckungen machen die Pollen eine relative Altersbestimmung möglich. Auch die Aktivität des Menschen kann einen Wechsel im Typ der Pollen hervorrufen. Beweis durch Organismen Nahezu alle Korallen werden heutzutage in warmen tropischen und subtropischen Meeren gefunden. Fällt die Temperatur des Wassers unter 22 °C, dann sterben die meisten Korallen ab. Findet man daher in alten Sedimentgesteinen konservierte Korallen oder Korallenriffe, dann weiß man sofort,
daß das Klima zu jener Zeit warm gewesen sein muß. Eine andere rohe Abschätzung über das vergangene Klima kann man mit einer Anzahl von anderen Fossilien machen, deren enge Verwandte heute noch leben. So sind Amphibien und Reptilien Tiere mit kaltem Blut, die in einem warmen und feuchten Klima lebten. Sie werden selten in den Teilen der Welt gefunden, in denen Temperaturextremwerte auftreten. Daher darf man sagen, daß das Klima ebenfalls feucht und warm in den Zeiten war, in denen sich Sedimentgesteine mit vielen Fossilien dieser Tiere gebildet haben. Die äußere Struktur von Tieren kann ebenfalls Hinweise auf ihre Umweltbedingungen geben. Ein Dinosaurier, der sicher vor 100 Bill, von Jahren lebte, Schwimmhäute zwischen den Fußzehen besaß und außerdem einen Entenschnabel, hielt sich mit ziemlicher Sicherheit in Lagunen und Sümpfen auf. Damit diese erhalten blieben, muß es häufige Regenfälle gegeben haben. Die Umwandlung von Flossen in Glieder und die Entwicklung von Lungen bei bestimmten Fischen des Devon, etwa vor 350 Mill. Jahren, war wahrscheinlich eine Folge des Zusammenschrumpfens von Inlandseen. Sogar Pflanzen können dazu dienen, das Klima vergangener Zeiten zu bestimmen. Tropische Pflanzen sind hierzu besonders geeignet. Fast alle haben eine holzige Haut und eine dünne Borke. Weil es keine Jahreszeiten gibt, wo diese Pflanzen gedeihen, entwickeln sie auch keine Jahresringe. Wasserpflanzen haben in ihrer Haut Lufträume und ihre Blätter besitzen Atmungsporen nur auf der oberen Seite. Pflanzen in trockener Umgebung besitzen wiederum kleine, ledrige oder fleischige Blätter mit wenigen Atmungsporen (Stomata). Der Beweis durch eine Pflanze allein genügt aber nicht, ein Klima festzulegen. Hierzu muß man schon Pflanzenfamilien ähnlichen Typs heranziehen. Pollenkörner Unsere Kenntnis der Erdgeschichte der letzten Mill. Jahre ist stark durch die Pollenkörner erweitert worden. Die Pollenkörner bilden das Bestäubungspuder, das in den Staubbeuteln von Blüten zur Befruchtung erzeugt wird.
Blockdiagramm eines Bohrloches. Es zeigt, welche verschiedenen Pollen die einzelnen Schichten enthalten und wie ihre Anzahl variiert. Die Pollen sind durch Symbole wiedergegeben. Diese Pollenkörner haben verschiedene Größe, von weniger als 0,01 mm bis zu 0,3 mm im Durchmesser und dann sichtbar mit dem Auge. Aber auch ihre äußere Form variiert sehr stark, die es uns erlaubt, genau zu sagen, von welcher Pflanze die Körner herstammen. In einigen Fällen ist es oft möglich, die Pflanzengattung oder Sorte zu bestimmen. In bestimmten Pflanzenfamilien werden von allen Mitgliedern fast die gleichen Pollenkörner erzeugt, so daß nur die Familie bestimmt werden kann.
Die vom Wind verwehten Pollenkörner fallen irgendwo auf den Boden oder ins Wasser, in dem sie auf den schlammigen Grund absinken. In beiden Fällen werden die Pollen im Boden gefangengehalten und bleiben für viele Jahre konserviert. Aus Bohrlöchern, die man in den Schlamm von Seen oder in Sümpfe oder Moore getrieben hat, konnte man ganze Sammlungen von Pollen verschiedenen Alters zusammentragen. Offensichtlich sind die Pollen um so älter, je tiefer man sie aus dem Bohrloch herausholt. Die Untersuchung einer solchen Pollensammlung ergibt dann eine gute Übersicht über die Änderungen der relativen Häufigkeit der verschiedenen Pflanzen untereinander. Außerdem kann man aus den identifizierten Arten feststellen, ob es sich um Pflanzen handelt, die in warmem oder kaltem Klima gediehen. Das erlaubt wieder Rückschlüsse auf das zu jener Zeit herrschende Klima. Die Pollenanalyse ist besonders in Europa, vor allem in seinen westlichen Teilen angewandt worden. Das war insbesondere deswegen möglich, weil Waldbäume für eine lange Zeit in diesen Landstrichen vorherrschend waren und diese große Mengen von Pollen erzeugen, die eine entsprechende Ausbeute bei Grabungen oder Bohrungen liefern. Schalen von Belemniten (alte Kopffüßler) und Foraminiferen (Protozoen) sind für die Abschätzung der Temperatur des Seewassers mit Hilfe der Sauerstoffisotopenmethode besonders wertvoll. (unten)
Die Untersuchungen von Pollensammlungen aus verschiedenen Gebieten haben ganz klar den Einfluß der letzten Eiszeit und die nachfolgende Änderung der Vegetation aufgezeigt, als das Eis wieder zurückging.
Der Physiker entdeckt ein Thermometer Wir kennen drei Typen (Isotope) von Sauerstoff-Atomen, die zwar chemisch identisch sind, sich aber in ihrem Gewicht ein wenig unterscheiden. Die häufigste Art hat ein Atomgewicht von 16 (O-16), eine seltenere Art das Gewicht 18 (O-18). Der Sauerstoff ist ein sehr aktives Element, das sich mit vielen anderen Atomen zu neuen chemischen Verbindungen zusammenkittet. So verbindet er sich leicht mit dem im Wasser gelösten Kohlenstoff (in Form der Kohlensäure), um das Radikal Karbonat — CO3 — zu bilden. Nun hat man aber gefunden, daß die Menge von O-18, die in diese Verbindung eintritt, sehr deutlich von der Temperatur des Wassers abhängt. Wir wissen andererseits, daß verschiedene Seetiere das im Wasser gebildete Karbonat aufnehmen und daraus mit dem Kalzium ihre Schutzpanzer in Form von Kalziumkarbonat (CaCo3) aufbauen (Muschelschalen, Schneckengehäuse). Die Seetiere unterscheiden aber die zwei verschiedenen Typen des Sauerstoffes nicht, sondern bauen beide in ihre Schalen ein, je nachdem, wieviel von jeder Sorte im Wasser vorhanden ist. Dann ist aber das Verhältnis zwischen O-16 und O-18 in den Schalen ein Temperaturmaß des umgebenden Wassers. Die genaue Messung des Verhältnisses der beiden Sauerstofftypen in den fossilen Schalen gibt uns daher die Möglichkeit, die Temperatur des Meeres in den Urzeiten abzuschätzen. Diese Methode liefert genaue Ergebnisse, so daß Differenzen von 0,5 °C noch feststellbar sind. Es lassen sich so die jahreszeitlichen Schwankungen der Wassertemperatur bestimmen! Natürlich ist hierbei sehr wichtig, daß sich die ursprünglichen Schalen nicht in ihrer chemischen Struktur durch Umkristallisierung verändert haben.
Geschichte des Lebens
KAPITEL 5
Die ersten Lebenszeichen WIE
magische Linie ist das Kambrium von den früheren Perioden, dem Präkambrium, getrennt. Die ersten Ablagerungen des Kambriums, die vor etwa 500 Mill. Jahren gebildet wurden, sind reich an Fossilien. Von den 16 Hauptgruppen des Tierreiches sind 14 bereits vertreten. Ebenfalls sind schon fast alle Pflanzengruppen im Kambrium vorhanden. Aber in den Gesteinsschichten des Präkambriums, die sehr dick sind (das Präkambrium umfaßt 4/5 der gesamten geologischen Zeitskala), sind in der Regel Fossilien außerordentlich selten. DURCH EINE
Reste frühen präkambrischen Lebens sind die Ausscheidungen von Algen, Kriechspuren von Würmern, Schwammteile und möglicherweise die Hohlform, die von einem Brachiopoen zurückgelassen wurde.
Bis 1947 hat eine recht intensive Suche nach Fossilien in präkambrischen Schichten in der ganzen Welt nur dürftige Beweise des Lebens in diesen grauen Vorzeiten ans Tageslicht gebracht. Die ältesten Lebenszeichen überhaupt sind wahrscheinlich Graphitablagerungen, die überall auf der Welt gefunden wurden. Einige von ihnen sind 2 500 Mill. Jahre alt. Aus neueren geologischen Zeiten weiß man, daß Karbonablagerungen (wesentlichster Bestandteil ist der Kohlenstoff)aus Pflanzen- und Tierresten entstanden sind. Auf gleichem Wege werden also auch die alten Graphitlager gebildet worden sein. Von ähnlichem Alter wie diese sind bestimmte aus Algen bestehende Kalksteine, die man in Südafrika finden kann. In schwarzen Flintknollen aus Ontario (Kanada) hat man bestimmte mikroskopisch kleine Fossilien gefunden, die auf ein Alter von etwa 2000 Mill. Jahren zurückblicken können. Zu ihnen gehören auch zwei Algen typen (beides einfache Protozoen). Der Beitische Kalkstein von Montana (USA) enthält große fossile Riffe, die etwa 6 m hoch und 9 m breit sind. Man vermutet, daß sie vor mehr als 1 000 Mill. Jahren durch Algen aufgebaut wurden, die aber ausgestorben sind. Der Kalkstein von Montana hat auch Fossilien von Schwammnadeln und anderen Tieren hergegeben, die Brachiopoden gewesen sein könnten. Präkambrische Gesteine aus der Nähe des Grand Canyon (USA) enthalten anscheinend auch Schwammnadeln und quallenähnliche Gebilde. In Finnland können die dort zu findenden unbedeutenden Kohlenstoffröhrchen Reste von präkambrischen Pflanzen sein, während in der Bretagne (Frankreich) und im Wald von Charnwood (England) Reste von Radiolarien (mikroskopische
Tiere des Wassers) aufzufinden sind. In Südafrika hat man versteinerte Seefedern entdeckt; das sind weiche Korallentiere. In den Gesteinen des Präkambriums jeden Alters fand man eigentümliche Gänge, die wahrscheinlich von Würmern jener Zeit stammen. Die sehr häufige Ablagerung von Eisenstein in präkambrischen Formationen ist ebenfalls das Ergebnis tierischen Lebens, bestimmter Bakterien, die das Eisen oxydieren ließen. Im Jahre 1947 hat man dann in den Gesteinen der Ediacara-Berge in Südaustralien eine versteinerte Sumpfebene des späten Präkambriums entdeckt, die sich als eine Fundgrube von unzähligen versteinerten Weichtieren erwies. Einige von ihnen zeigen große Ähnlichkeit mit heutigen Tieren dieser Art. Man fand Ringelwürmer, die den heute im Ozean lebenden entsprechen, zahlreiche Quallen und weitere weiche Korallen, die Seefedern. Außerdem sind zweifelsfrei Wurmgänge im Gestein erhalten und zahlreiche Typen von unbekannten Tieren, die weder heute existieren noch als Fossilien gefunden wurden.
Das Erscheinen von äußeren Skeletten Das australische Schatzhaus präkambrischer Fossilien und die mageren Funde an anderen Stellen der Erde haben viel zur Kenntnis darüber beigetragen, was wirklich zu Beginn des Kambriums auf der Welt passierte. So ist die alte Vorstellung offensichtlich falsch, daß die im Kambrium vorgefundenen Tiergruppen vorher nicht existiert haben. Auf jeden Fall waren sie im späten Präkambrium, wenn nicht sogar schon vorher, auf der Höhe ihrer Entwicklung. Eine andere Vorstellung, daß die Tiere praktisch in der gleichen Form existierten, aber nicht als Fossilien erhalten worden sind, ist ebenfalls nicht sehr überzeugend. Von einer großen Anzahl von
präkambrischen Gesteinen ist bekannt, daß sie harte Teile von Organismen konservieren könnten. Annehmbar erscheint demgegenüber die Theorie, daß die präkambrischen Organismen nur weiche Körperteile besaßen, die nur unter äußerst günstigen Umständen über alle Zeiten hinweg erhalten bleiben können. Diese Bedingungen waren in den Gesteinen des Ediacara-Hügels offensichtlich vorhanden. Wenn außerdem viele dieser Organismen im tiefen Wasser schwammen oder trieben, dann ist die Chance einer Konservierung auch sehr klein, denn Sedimente von sehr tiefen Urozeanen sind recht selten. Die starke Vermehrung der Organismen in Zahl und Form im Kambrium scheint daher eine Folge einer relativ schnellen Entwicklung von harten Körperteilen in vielen Tierstämmen gewesen zu sein. Da Material zum Aufbau von Skeletten, z.B. Kalziumkarbonat, anscheinend ausreichend vorhanden war, stellt das Auftreten von Muschelschalen, Gehäusen u.a. ein Fortschritt in der biochemischen Entwicklung dar. Die Zeit, die hierfür notwendig war, ist sicher nicht so kurz gewesen, wie das plötzliche Auftreten dieser Körperteile anzuzeigen scheint. Plötzlich meint in geologischem Zeitmaß stets viele Millionen von Jahren. Die Bildung von harten Skeletten gab den Tieren Schutz und Halt und erlaubte so der Natur, eine große Mannigfaltigkeit von Lebensformen zu erzeugen. Aber mit der Vermehrung der Lebensformen auf der Erde wird die Überlebenschance des Individuums geringer, so daß sich automatisch eine wahrscheinlich hohe Entwicklungsrate (Anzahl der neu ins Leben eintretenden Generation in einer bestimmten Zeiteinheit) in den ersten 20 Mill. Jahren (etwa) des frühen Kambriums einstellte. Die Kenntnis der präkambrischen Geologie ist jedoch bei weitem noch nicht vollständig. Sehr oft wird festgestellt, daß in vielen Teilen der Erde auf der Oberfläche anstehendes Gestein des Präkambriums noch nicht berührt worden ist. Außerdem hat wegen der Unkenntnis der Bedeutung dieser Gesteine kein Wissenschaftler an ihnen ein besonderes Interesse gefunden. Heute allerdings ändert sich diese Situation laufend.
Die Karte gibt an, wo auf der Welt Gesteine des Präkambriums auf der Erdoberfläche gefunden werden können. Die Stellen sind durch die rote Farbe markiert.
KAPITEL 6
Trilobiten DIESE AUSGESTORBENEN TIERE waren die beherrschenden Kreaturen der kambri-schen Seen und Meere
vor 500 Mill. Jahren. Von ihren ersten Vertretern stammen viele andere Typen ab. Im Ordovizium erreichte ihre Entwicklung einen Höhepunkt. Auch noch im Silur waren sie bestimmend, aber nur wenige Typen überstanden spätere Zeiten. Die letzten Trilobiten lebten im Perm, etwa vor 220 Mill. Jahre, um dann ganz zu verschwinden. Die Trilobiten bilden eine bestimmte Klasse von Tieren, die zu den Gliederfüßlern gehören (Artkropoda). Der Name dieser Klasse ist Trilobita, benannt nach der Art, in der der Körper durch zwei Längsgruben oder Rinnen in drei Lappen aufgeteilt ist. Wie die anderen Arthropoden haben auch die Trilobiten ein äußeres Skelett. Es war wahrscheinlich aus Hörn und an der Oberseite durch Kalk (Kalziumkarbonat) verstärkt. Die Fossilien der Trilobiten werden sehr oft nur als Fragmente gefunden. Aber ein vollständiges Tier zeigt neben der Längsteilung auch eine Dreiteilung quer zur Körperachse. Vorn sitzt der halbkreisförmige oder dreieckige Kopfschild, der in der Mitte erhaben ist und Glabella genannt wird. Diese setzt sich in der Achse des Körpers fort. Gruben oder Furchen durchsetzen die Glabella, an denen eine Weiterentwicklung des Kopfes ablesbar ist. Am ausgeprägtesten sind sie bei den ältesten Trilobiten und verschwinden langsam mit fortschreitender Entwicklung. Zum Schluß sind die Furchen gar nicht mehr vorhanden. Die äußeren Teile des Kopfschildes heißen Backen und enthalten meist die Augen. Jede Backe, wenn sie die Augen enthält, ist von einer feinen Linie durchzogen, der Gesichtsnaht. Häufig ist der Kopfschild von einem breiten, flachen Rand umgeben.
Die Glabella kann diesen äußeren Rand erreichen, bei anderen Typen nicht. Die nach hinten gezogenen Ränder des Kopfschildes laufen oft in Dornen aus.
An den Kopf schließt der Thorax an, der aus verschiedenen Segmenten besteht, die bei frühen Trilobiten zahlreicher sind als bei den später auftauchenden Typen. Agnostus und ähnliche Typen sind Ausnahmen. Die Segmentteile in der Mitte bilden die Achse, während die äußeren Teile Pleurae genannt werden. Im Leben waren die einzelnen Segmente frei beweglich, so daß die Tiere sich manchmal wie eine Kellerassel aufrollen konnten. Der dritte Körperteil ist das Pygidium oder der Schwanz. Er ist bei einigen primitiven Arten nicht vorhanden, bei den aus dem Ordovizium (z.B. Asaphus) stammenden aber sehr groß. Der Schwanz besteht wie der Thorax aus Segmenten, die aber zusammengewachsen und nicht beweglich sind. Er ist ebenfalls in eine Achse und in die Pleurae unterteilt. Allerdings erreicht seine Achse nicht immer das Ende des Tieres.
Die Mehrzahl der fossilen Trilobiten zeigen keine Gliedmaßen. Nur in einigen Gesteinen hat man Tiere gefunden, die ihre Unterseite hinterlassen haben, auf der man Glieder sehen kann. Die sorgfältige Zerlegung von aufgerollten Trilobiten hat ebenfalls das Vorhandensein von Gliedmaßen bewiesen. Es hat sich gezeigt, daß außer dem letzten jedes einzelne Segment ein Gliederpaar trägt. Das erste Gliederpaar sind lange Fühler, während alle anderen in kleinen zweizinkigen Gabeln enden. Jeweils eine Zinke ist wie bei einer Bürste mit Haaren besetzt. Diese Glieder sind ohne Zweifel für die Fortbewegung benutzt worden. Die Basis der Kopfglieder ist gezähnt und wurde vermutlich zum Festhalten der Nahrung benutzt. Die abgeflachte Form der Trilobiten und die Position der Augen an der Oberseite des Kopfes lassen vermuten, daß die Tiere auf dem Grunde des Meeres lebten, obwohl sie ohne Zweifel mit ihren Beinen schwimmen konnten. Einige Trilobiten waren Riesen im Meer des Kambriums. Die größten unter ihnen erreichten allerdings auch nur eine Länge von etwa 45 cm. Die mittlere Länge war etwa 2,5 cm! Einige Trilobiten sind sogar nur mit dem Mikroskop zu sehen.
KAPITEL 7
Brachiopoden und Graptolithen BRACHIOPODEN (LAMPENMUSCHELN) sind in der See lebende Tiere, deren weiche Körperteile durch eine harte Schale in Form von zwei Klappen geschützt sind. Während jedoch die Schutzklappen der Mollusken seitlich am Tier anliegen, bedecken sie die Brachiopoden von oben (dorsal) und unten (ventral). Die ventrale Schale ist normalerweise die größere. Am hinteren Ende des Tieres laufen beide Schalen spitz zusammen und bilden eine Art Schnabel (Umbo). In diesem sitzen bei der Gruppe der Brachiopoden mit Kalkschalen Zähne, die beide Klappen zusammenhalten. Bei den anderen Brachiopoden werden die aus Hörn aufgebauten Schalen allein durch die Muskelkraft des Tieres zusammengehalten. Schließlich werden alle Brachiopoden durch einen Stiel auf dem Seeboden festgehalten. Der Name Brachiopod ist von den zwei Armen (Brachia) abgeleitet worden, die auf jeder Seite des Tiermundes sitzen. Sie reichen in das umgebende Wasser, das sie und die in ihm enthaltenen kleinen Pflanzen dem Tier zum Fressen in die Schalen hineintreiben. Außerdem übernehmen die Arme aus dem Wasser den zum Leben notwendigen Sauerstoff. Manchmal haben sich zwei kalkhaltige, oft spiralförmige Auswüchse entwickelt, um diese Arme zu tragen. Die Entwicklungsgeschichte der Brachiopoden kann an Hand der gefundenen Fossilien genau verfolgt werden. Diese Tierart lebte seit der frühesten kambrischen Zeit und vermehrte sich so, daß nahezu die Hälfte aller Fossilien des
Präperm aus Brachiopoden besteht. Danach nahm aber ihre Zahl stark ab. 5 ooo fossile Sorten sind bekannt, aber nur rund 150 leben heute noch. Das Studium dieser wenigen überlebenden Tiere, ihrer Umgebung und ihrer Lebensweise hat die Rekonstruktion ihrer Umweltbedingungen in der Vergangenheit sehr gefördert. Graptolithen Graptolithen sind nur aus den fossilen Resten bekannt. Daher bleibt unser Wissen über den Aufbau ihrer Weichteile und ihre Lebensgewohnheiten stets unsicher. Die überwiegende Zahl der Fossilien dieser Tiere sind nur Abdrucke auf der Oberfläche des Schiefertons. Aber glücklicherweise sind im Kalkstein und in Silikatknollen einige vollständige Skelette erhalten geblieben und gefunden worden. Graptolithen lebten in Kolonien.
(Links) Dictyonema, ein dendroidei Graptolith. Die Kolonie besteht aus Zweigen, die von einem Punkt aus strahlenförmig weglaufen und im Punkt zusammengehalten werden. Das ganze Gebilde konnte durch das Wasser schwimmen. Es gab aber Arten, die am Haltepunkt Wurzeln besaßen, um sich irgendwo als Ganzes festzusetzen. (Rechts) Vergrößerung eines Zweiges der Kolonie.
Zahlreiche Einzeltiere bildeten zusammen becherförmige Strukturen (Thecae), die durch einen gemeinsamen Faden (Stipe) miteinander verbunden waren. Das Skelett selbst bestand aus zwei Chitinschichten. In der Gruppe der ältesten Graptolithen — den Dendroiden — gab es zwei verschiedene Becherformen. Ein dünner chitinhal-tiger Faden (Stolon) hielt die ganze Kolonie zusammen. Das Stolon hat möglicherweise die gleiche Aufgabe erfüllt wie später das Rückgrat (Wirbelsäule) der Chordatiere, einer Gruppe, zu der auch der Mensch gehört. Die Graptolithenkolonien waren ursprünglich sehr groß und stark verzweigt. Später jedoch wurde ihr Aufbau einfacher.
Brachiopoden besaßen gleichlange seitliche Schalen. Eine durch die Mitte gezogene Linie teilt jede seiner Schalen in zwei gleiche Stücke (links). Das ist bei den Schalen der Mollusken (rechts) nicht der Fall.Lingula — ein heute noch lebender Brachiopod des Ordoviziums. Er blieb stets ein spezialisierter Schlammbewohner. Die andere wichtige Gruppe der Graptolithen, die Graptoloiden, hatten kein chitinhaltiges Stolon und stammen wahrscheinlich von den Dendroiden ab. In dieser Gruppe war nur ein Bechertyp vertreten, obwohl dessen Form außerordentlich verschieden ausfallen konnte. Die Verzweigung war nicht so häufig wie bei den Dendroiden, bei einigen Sorten trat sie überhaupt nicht auf. Während ihrer Entwicklung änderten die Graptolithen sehr schnell ihre äußere Gestalt und bilden daher als Fossilien gute Zeitmarken zur Altersbestimmung der Gesteine. So enthalten z.B. Sedimente, die während einer ganz bestimmten Zeitspanne gebildet worden sind, einen bestimmten Typ von Graptolithen, der sich von den in kurz danach abgelagerten Sedimenten enthaltenen deutlich unterscheidet. Die Graptolithen drifteten fast alle im offenen Wasser, so daß ihre Fossilien über weite Gebiete verteilt sind. Man kann daher das Alter der ausgegrabenen Gesteine direkt in Beziehung zueinander setzen, obwohl sie Hunderte von km auseinanderliegend gefunden wurden. Leider ist diese Tierart am Ende des Silur vollständig ausgestorben.
KAPITEL 8
Die ersten Wirbeltiere
Die ersten Fische waren kieferlos und durchwühlten den Schlamm nach Nahrung. Das Neunauge und der Schleimaal sind die einzigen lebenden Fische ohne Kiefer.
WIRBELTIERE (VERTEBRATE) existieren seit rund 400 Mill. Jahren. Wir wissen dies, weil verschiedene
Knochenreste und Fischgräten in Gesteinen dieses Alters gefunden worden sind. Jüngere Gesteine aus verschiedenen Teilen der Welt haben Fossilien ergeben, aus dem man die einzelnen Entwicklungsstufen der Wirbeltiere genau entnehmen konnte. Man sieht, wie sich aus den Fischen die Amphibien entwickelten, aus denen dann später die Reptilien hervorgingen. Diesen folgten die Vögel und die Säugetiere. Dieser Entwicklungsablauf erforderte viele Millionen von Jahren. Zunächst waren aber für eine sehr große Zeitspanne die verschiedenen Arten von Fischen die einzigen Wirbeltiere. Wie sich die Fische aus ihren Vorgängern heraus entwickelt haben und wer diese sind, ist nicht ganz klar. Vermutlich waren es Seesterne, von denen einige Sorten Larven haben, die denen von Balanoglossus sehr ähnlich sind. Balanoglossus ist ein wurmförmiges Tier, das zur Familie der Wirbeltiere gehört, weil es Kiemenspalten und andere Merkmale dieser Famlilie besitzt. Die frühesten Fischreste mit einem Alter von rund 400 Mill. Jahren sind in Schichten des Ordoviziums in den USA gefunden worden. Aber erst im Silur, etwavor 60 Mill. Jahren, hat man vollständige Fischfossilien gefunden. Diese alten Fische waren nicht sehr groß, nur einige cm lang. Fast alle von ihnen sind stark mit knochigen Platten und Schuppen bewehrt, vor allem in der Kopfgegend. Das auffälligste Merkmal all dieser frühen Fische ist das Fehlen der Kiefer. Wahrscheinlich durchwühlten diese Tiere den auf dem Meeresboden liegenden Schlamm und filterten mit ihren Kiemen das Futter heraus.
Ein früher Knochenfisch mit Strahlenflossen. Von ihm stammen alle modernen Fische mit dieser Art Flossen ab.(links) Einer der ältesten Fische mit einem Kiefermaul. Er hat verschiedene paarweise angeordnete Flossen. Die Placodermae waren die Ahnen der Knorpelfische und aller anderen höheren Knochenfische. (rechts) Viele dieser Tiere waren vom Kopf bis zum Schwanz platt und so dem Leben auf dem Grunde des Meeres oder der Flüsse angepaßt. Die kieferlosen Fische zählen zu einer besonderen Gruppe (Agnatha, bedeutet kieferlos), um sie von allen anderen Wirbeltieren zu unterscheiden (Gnathostomata, bedeutet Mäuler mit Kiefern).
Seltene Entdeckungen, wie die eines fossilen Fisches, verhelfen dazu, Entwicklungsgeschichte des Lebens auf der Erde stückweise zusammenzusetzen.
die
gesamte
Reste der ersten bekannten Fische mit Kieferknochen {Placodermae) wurden im Oberen Silur, entstanden vor etwa 330 Mill. Jahren, gefunden. Diese Tiere hatten auch paarweise angeordnete Flossen, die mit den Kieferknochen eine bedeutende Entwicklungsstufe der Wirbeltiere darstellen. Die direkten Ahnen der Placodermae (Fische mit Kieferknochen) sind nicht bekannt. Sicher stammen sie von einer kieferlosen Fischart ab, bei der sich einige der kiementragenden Knochen in die Kiefer umwandelten. Dies scheint aufsehenerregend zu sein; aber wie die Abb. zeigt, scheint es durchaus eine Entwicklungsmöglichkeit zu sein, die nicht ausgeschlossen werden kann. Allerdings wird diese Entwicklung sicher viele Millionen von Jahren benötigt haben. Placodermae waren ebenfalls teilweise mit knochigen Auswüchsen der Haut ausgerüstet. Zähne zeigen an, daß diese Fische andere Tiere gefressen haben müssen. Die Placodermae waren meist kleine Tiere, nicht über 30 cm lang. Es gab aber auch einige Riesen unter ihnen, so z.B. Dinichthjs, der eine Länge von 9 m erreichte. Am Ende des Devon nahm die Anzahl der Placodermae stark ab, bis die Fische später ganz ausstarben. Das Devon, das vor etwa 325 Mill. Jahren begann, wird oft das Zeitalter der Fische genannt. Damals existierten viele kieferlose Fische, gleichzeitig erschienen auch alle anderen wichtigen Fischfamilien. So trat in dieser Zeit zum ersten Male die Gruppe der haifischähnlichen Tiere mit ihrem knorpeligen Skelett auf. Diese Fische waren den heutigen Haien sehr ähnlich; sie besaßen kräftige Kiefer, und ihr Körper war stromlinienförmig. Es waren sehr bewegliche Tiere. Allgemein sind in den Sedimentgesteinen der Urmeere die harten Zähne und Gräten der Urhaie gut erhalten. Alle heutigen Haifische leben im Meer, während von den Urhaien wahrscheinlich einige auch im Süßwasser
existieren konnten.
Ein früher Quastenflossenfisch. Er war der Urahn des heute lebenden Lungenfisches und aller Landwirbeltiere.(links) Das ist ein frühes Amphibientier, das noch sehr einem Fisch ähnlich sieht. Die heutigen Amphibien und Reptilien stammen von diesem Vorgänger ab.(rechts) Viele Haifischarten starben am Ende des Paläozoikums aus. Trotzdem ist die Familie der überlebenden Haifische eine sehr starke und vitale Tiergruppe. Während des Devon ist auch die Familie der Knochenfische entstanden. Von Anfang an gab es in dieser Tierfamilie zwei grundsätzlich verschiedene Gruppen. Die eine Gruppe von Fischen hatte Strahlenflossen, wie man sie heute bei fast allen lebenden Fischen findet, die andere sogenannte Quastenflossen. Zur letzten Gruppe gehören die heute noch lebenden drei Lungenfische und ein anderes, sehr bemerkenswertes Exemplar von Fisch : Coelacanthus. Von dieser Sorte hatte man angenommen, daß sie seit Millionen von Jahren ausgestorben sei, bis man 1938 einen solchen Fisch im Indischen Ozean vor der afrikanischen Küste fing. Später hat man noch weitere Exemplare dieser Art gefangen. Die ersten Knochenfische waren durch Hautauswüchse gut bewehrt und wirkten daher ziemlich plump. Der afrikanische Fisch Bichir ist ein lebender Vertreter dieser frühen Knochenfische. Fast alle anderen Knochenfische sind von den heutigen Fischen verdrängt worden, die nur eine dünne Haut besitzen. Der Bichir hat, wie alle frühen Knochenfische, eine Öffnung des Luftsackes zum Rachen hin. Fast alle modernen Knochenfische besitzen dagegen eine Luftblase oberhalb des Darmes, die keine Öffnung hat und nur zur Erhaltung des hydrostatischen Gleichgewichts des Fisches dient. Es gibt aber lebende und fossile Fische, die Zwischenstadien in der Entwicklung vom Luftsack zur Fischblase darstellen. Die Gruppe der Quastenfloßler war vor allem im Devon allgemein verbreitet. Ihr
wichtigstes Merkmal war eine innere Öffnung der Nasenlöcher, so daß diese Fische Luft einatmen konnten. Wahrscheinlich konnten sich diese Tiere auch mit Hilfe ihrer Quastenflossen fortbewegen. Es ist sicher, daß irgendwann aus dieser Fischgruppe die Vorläufer der Amphibien und alle anderen Landwirbeltiere entstanden sind.
Es wird vermutet, daß die Kiefer der Wirbeltiere sich aus den Knochen heraus entwickelt haben, die das dritte Kiemenpaar in frühen kieferlosen Fischen trugen.(unten)
KAPITEL 9
Wirbeltiere erobern das Land ERDBEWEGUNGEN
AM
ENDE des Silur führten zum Aufbau von Gebirgen, indem große Gebiete des
Seebodens insbesondere auf der nördlichen Halbkugel angehoben wurden. Das neue Land wurde von
Flüssen und Bächen durchströmt, und viele Seen und Sümpfe waren vorhanden. In dieser Zeit, dem Devon, war das Land kaum von Pflanzen bedeckt. Im wesentlichen war das Leben auf das Wasser beschränkt. Im vorigen Kapitel sahen wir, welche Fische die Urmeere bevölkerten. Der Übergang zu anderen Tierformen aber kündigte sich bereits an. Das Klima war hauptsächlich warm und trocken, so daß Flüsse und Seen mehr oder weniger periodisch austrockneten. Die Fische in ihnen blieben zurück und starben, weil die Quelle ihres zum Leben benötigten Sauerstoffs versiegte, nämlich das Wasser. Nur eine Fischsorte konnte sich vor diesem Tode retten : Die Fische mit den Quastenflossen. Mit ihrem Luftsack waren sie imstande, Luft einzuatmen, um ihr den Sauerstoff zu entziehen. So lebten sie weiter, als ob sie Lungen hätten. Außerdem waren sie noch in der Lage, die Flucht zu ergreifen, um neue oder noch erhaltene Wassertümpel aufzusuchen; diese Fische konnten sich ja auf ihren Quastenflossen kriechend über Land bewegen. So waren sie auch in der Lage, als Nahrungsquelle die auf dem Lande liegenden toten Fische zu benutzen. Sicher schafften das am Anfang nicht alle Tiere. Diejenigen aber, die überlebten, fanden schließlich wieder Wasser, in dem sie sich weiter vermehren konnten. Die Jungtiere erlebten während ihres Wachstums sicherlich mehrere Male Trockenzeiten und erwarben so im Laufe der Zeit eine gewisse Resistenz gegen die Austrocknung. Auf diese Weise konnte diese Fischrasse weiter existieren. Mit der Zeit entwickelten sich die Flossen zu Füßen. Die neu entstandenen Tiere waren somit die ersten Amphibien. Sie konnten auf dem trockenen Lande leben, waren aber im Wasser zu Hause und konnten nur dort ihre Brut aufziehen.
Die soeben geschilderte Theorie über den Ursprung der Amphibien, den ersten Landwirbeltieren, wird allgemein von der Wissenschaft vertreten. Aber wo ist der Beweis für ihre Gültigkeit ? Nun, in den Fossilienfunden des Devon und wenigen überlebenden Tieren, die den fossilen Fischen sehr ähnlich sind. Die Gesteine des Devon sind sehr wahrscheinlich in Gebieten entstanden, in denen das Land zu Wüsten austrocknete. Das bestätigen auch die hier vorkommenden Salzablagerungen, die durch die Austrocknung von Seen entstanden sind. Im vorigen Kapitel sahen wir, daß das Devon Fossilien von Fischen hergibt, die Strahlflossen oder Quastenflossen besaßen. Außerdem wissen wir,
daß die Quastenfloßler im Rachen Öffnungen zum Luftsack hatten. Es waren dies die Tiere, die kürzere Trockenperioden überstehen konnten, genau so, wie es der moderne Lungenfisch kann, der in Australien lebt. Dieser Fisch benutzt seine Flossen, um sich im austrocknenden Schlamm eines ehemaligen Sees fortzubewegen. Man darf aus allen diesen Gründen schließen, daß sich auf diesem Wege zur Zeit des Devon aus den Quastenfloßlern die Amphibien entwickelt haben müssen. Den stärksten Beweis für diese Entwicklungstheorie hat man aber im Gestein des Oberen Devon in Grönland erhalten. Dort fand man einige Fossilien, die etwa 300 Mill. Jahre alt sind. Die Knochen eines Schädels und die Wirbelknochen eines Rückgrats zeigen starke Ähnlichkeiten mit den entsprechenden Knochen des Quastenfloßlers. Demgegenüber gehören die dort gefundenen fünffingrigen Glieder und der starke Gliedergürtel deutlich zu einem Amphibientier. Diese in Grönland gefundenen Tiere [Ichthyostega) stellen sicher das fehlende Glied in der Kette Fisch — Amphibien dar, obwohl man daran zweifelt, daß diese Tiere die Vorahnen der modernen Amphibien sind.Es gibt aber sehr viele Beweise dafür, wie sich dann die Amphibien weiterentwickelten.
Im offenen Wasser konnten die Strahlenfloßler sehr gut wachsen und gedeihen. Aber wenn das Wasser bei großer Trockenheit abnahm, waren die Quastenfloßler im Vorteil. Sie konnten Luft einatmen, und wenn das Wasser vollständig verschwand, überlebten sie wahrscheinlich trotzdem. Von ihnen stammen die ersten primitiven Amphibien ab.
Fossile Tierreste des Devon und Karbon zeigen, daß für viele Millionen von Jahren die Amphibien fischähnlich blieben, obwohl sich die Quastenflossen zu Gliedern in der typischen fünffingrigen Form umwandelten. Allmählich kam es dann aber zu den Landformen der Amphibien. Das Gerippe und wahrscheinlich auch noch andere Merkmale nahmen die Gestalt an, die für ein Leben auf dem Lande günstig sind. Aber die Amphibien wurden nie, wie die Reptilien später, zur be- und vorherrschenden Lebensform auf der Erde. Die Amphibien blieben stets an das Vorhandensein von Wasser gebunden. So ist das bis auf wenige Ausnahmen noch heute bei den Fröschen und Kröten, die ins Wasser zurückkehren müssen, um ihre Eier abzulegen. Die jungen Kaulquappen leben im Wasser und atmen mit Kiemen, wie es die Fische tun. Die heute lebenden Amphibien sind nur ein kleiner Teil der heutigen Tierwelt. Aber sie sind weit davon entfernt, überlebende antiquierte Reste ihrer einstigen Pracht zu sein. Sie sind tatsächlich hoch spezialisierte Tierformen, die sehr gut an ihre heutigen Lebensumstände angepaßt sind. So zeigt ein moderner Frosch erhebliche Unterschiede gegenüber seinen primitiven Ahnen des Devon. Zu irgendeinem Zeitpunkt in der Vergangenheit begann sich eine Gruppe von Amphibien zu entwickeln, die sich noch viel mehr vom Wasser trennte. Diese Tiere legten allmählich ihre Eier auf dem Lande ab, wo sie auch in der neuen Umgebung ausgebrütet wurden. Das waren die Ahnen der Reptilien, die später die Erde beherrschten {Mesozoikum, vor rund 100-200 Mill. Jahren). Andere Gruppen der Amphibien führten zu deren modernen, heute lebenden Formen, während der größte Teil der Familien der Amphibien am Ende des Paläozoikums ausstarb.
KAPITEL 10
Furchterregende Drachen DIE
LETZTEN
DINOSAURIER oder Drachen verschwanden von der Erde vor mehr als 70 Mill. Jahren,
beherrschten aber vorher für etwa 100 Mill. Jahre den ganzen Erdball. Es gab riesige pflanzenfressende Arten und wilde Kannibalen Der (Fleischfresser) — Tyrannosaurus hatte dolchähnliche Zähne von mehr als 15 cm Länge! Zusammen mit den fliegenden Reptilien und zahlreichen anderen im Wasser lebenden Formen verdienten die Dinosaurier zu Recht ihren Titel als erdbeherrschende Reptilien. Die Reptilien sind kaltblütige Tiere, die sich aus den Amphibien heraus vor rund 250 Mill. Jahren entwickelten. Seymouria — eines der primitiven Reptilien mit vielen Merkmalen seiner Ahnen, den Amphibien. (unten)
Der Embryo eines Reptiles ist wie bei den Vögeln und Säugetieren von einem Flüssigkeitssack (Amnion) umgeben, so daß ohne Gefahr die Eier auf dem Lande abgelegt werden konnten. Auch der Körper eines Reptils war dem Leben auf dem Lande weitgehend angepaßt. So entwickelte sich eine schuppige Haut, und auch das Skelett änderte sich. Es sind verschiedene Fossilien gefunden worden, die in sich Erkennungsmerkmale beider Tiergruppen, der Amphibien und der Reptile, vereinen. Die ersten Reptilien waren klein, etwa 30-60 cm lang. Sie lebten ausschließlich von Fleisch. Auf dem Lande entwickelten sie sich sehr schnell, so daß im Perm bzw. Trias (vor rund 200 Mill. Jahren) viele neue Sorten entstanden. Von ihnen wurden einige Pflanzenfresser, einige kehrten ins Wasser zurück, und andere führten zur Familie der heutigen Schildkröten, in der sich noch heute primitive Formen erhalten haben.
Ein früher Archosaurier, etwa 1,20 m lang.
Von den ins Wasser zurückkehrenden Reptilien stammen die Ichthyosaurier und Plesiosaurier ab. Aus einem anderen Nebenzweig heraus entwickelten sich während der absteigenden Entwicklung der Reptilien die Schlangen und Eidechsen. Die Tuatara von Neuseeland ist das einzige heute lebende Tier des ursprünglichen Nebenzweiges und in der Tat ein lebendes Fossil.
Ein weiterentwickeltes, säugetierähnliches Reptil, von dem die echten Säugetiere abstammen. Die Säugetiere entstanden als Nachfahren einer oder mehrerer Gruppen der Reptilien während der Trias. Viele der säugetierähnlichen Reptilien waren plump und hatten eine Länge von rund im, andere waren sehr klein. Es dauerte eine lange Zeit, beyor die Säugetiere eine wichtige Tiergruppe wurden. Im späten Perm begann eine Gruppe von Reptilien, nur noch auf ihren Hinterfüßen herumzulaufen, die mit der Zeit länger als die Vorderfüße wurden. Das waren die ersten Archosaurier. Ihre Nachfahren beherrschten die nächsten ioo Mill. Jahre. Die Krokodile sind die einzigen Überlebenden dieser Art, die es allerdings aufgegeben haben, nur auf ihren Hinterfüßen zu laufen. Außerdem kehrten sie ins Wasser zurück.
Die Kreidelandschaft wird von dem riesigen fleischfressenden Tyrannosaurier beherrscht, der etwa 4,5 m hoch ist. Große zweifüßige Dinosaurier wie dieser hielten mit einem sehr großen Schwanz ihren Körper im Gleichgewicht. Die Vorderfüße waren oft sinnlos klein. Tyrannosaurus fraß die pflanzenfressenden Ornithischier, wie z. B. den gehörnten Triceratops und das entenschnabelige Trachodon. Fliegende Pterosaurier waren noch in der Luft vorherrschend, weil es erst wenige echte Vögel gab.
Auch die Vögel stammen von den Archosauriern ab. Die fliegenden Reptilien — Pterodactylus und andere — gehören zur gleichenGruppe, sind aber mit den direkten Vorfahren der Vögel nur entfernt verwandt. Das Wort Dinosaurier ruft gewöhnlich die Vorstellung von großen, sich vorwärts wälzenden Kreaturen hervor, die aber nicht immer zu stimmen braucht. Sehr viele Tiere waren ausgesprochen kleifie Lebewesen. Es werden zwei verschiedene Gruppen unter dem Begriff Dinosaurier zusammengefaßt, der geprägt wurde, als es noch nicht klar war, daß nicht alle diese Tiere miteinander verwandt sind. Das Becken der Tiere zeigt den deutlichen Unterschied beider Gruppen an. Saurischia (die mit dem Kriechtierbecken) Die ersten Dinosaurier dieser Gruppe waren Fleischfresser, die auf ihren Hinterfüßen liefen. Pflanzenfresser tauchten erst später auf, die wieder häufig dazu übergingen, mit allen 4 Gliedmaßen zu laufen. Gegen Ende der Trias erschienen einige sehr große Sorten. Diese erreichten den Höhepunkt ihrer Entwicklung mit dem riesigen Brontosaurus und Diplodocus des Jura und dem furchtbaren Tyrannosaurus der Kreidezeit. Ornithischia (die mit dem Vogelbecken) Die Tiere dieser Gruppe waren alle Pflanzenfresser, die später auftauchten als die der anderen Gruppe und niederen Proportionen erreichten. Es gab unter ihnen zwei- und vierfüßige Sorten. Aber wie bei allen Dinosauriern blieben die hinteren Gliedmaße die längsten. Viele Tiere waren stark bewehrt, z.B. Stegosaurus und Triceratops. Eines der bestbekannten Tiere dieser Gruppe ist das in der Kreidezeit lebende Iguanodon.
Der Niedergang der Reptilien Als die Reptilien zum ersten Male auf der Erde erschienen, hatten sie als Feinde keine anderen Tiere als die ihrer eigenen Art. So konnten sie sich schnell entwickeln und vermehren und schließlich den ganzen zur Verfügung stehenden Erdraum besetzen. Mehr als ioo Mill. Jahre beherrschten sie Land, See und Luft. Gegen Ende der Kreidezeit begann ihre Entwicklung abzubrechen, um vor rund 70 Mill. Jahren endgültig aufzuhören. Die Reptilien verschwanden bis auf kleine Reste. Wahrscheinlich waren die kaltblütigen Reptilien nicht in der Lage, den Klimawechsel am Ende der Kreidezeit zu ertragen. Vielleicht waren es auch noch andere Faktoren, die zum Aussterben führten. So wird die Vorstellung vertreten, daß möglicherweise Bakterien das Leben der Saurier vernichtet haben. Ganz gleich, welcher Grund es auch war, die Saurier verschwanden, um das Feld den Vögeln und Säugetieren zu überlassen.
KAPITEL 11
Die Entdeckung von Dinosauriereiern IM JAHRE 1923 stolperte ein Mitglied der Expedition des American Museum of Natural History in einem Gebiet roten Sandsteines in der Wüste Gobi (Mongolei, Asien) über ein Nest fossiler Dinosauriereier, die am Ende der Kreidezeit vor rund 80 Mill. Jahren gelegt worden waren. Die Eier lagen nahe der Erdoberfläche und waren teilweise Millionen von Jahren der Erosion ausgesetzt. Auf einer früheren Expedition hatte man schon einen Teil einer Eierschale gefunden. Diese neue zufällige Entdeckung aber, Hunderte von km von den nächsten Wüstenbewohnern entfernt und in einem Gebiet, das zehnmal größer als England ist, übertraf alle Erwartungen. Es waren Eier, die tatsächlich von einem Dinosaurier in den Boden gelegt worden waren. Das allein war nicht überraschend. Dazu kam, daß dieser Dinosaurier, ein Protoceratops, seine Eier (etwa 15) in der gleichen Weise in ein Nest gelegt hatte, wie es noch heute die Schildkröten und Vögel tun. Die ziegelroten Steine, in denen man die Eier fand, bestehen aus roten Sandkörnern, deren Form eindeutig durch die Erosionswirkung des Windes bestimmt ist. Die Mongolei muß, als Protoceratops lebte, eine sehr heiße und trockene Wüste gewesen sein, die von großen Sandstürmen durchweht wurde. Durch Hen treibenden Sand wurden die Eier wahrscheinlich so hoch mit Sand bedeckt, daß die Wärme der Sonnenstrahlen sie nicht mehr zum Ausbrüten erreichen konnte. Die Eier versanken immer tiefer im Sand, bis dieser schließlich durch den Druck des über ihm liegenden Materials zu Stein zusammengepreßt wurde. Währenddessen versteinerten auch die Eier und wurden so zu Fossilien. Die Bedingungen zur Bildung von Fossilien jeder Art waren in der Mongolei ideal: Offensichtlich gab es hier sehr wenig Wasser. Der alles schnell zudeckende Sand hielt von den Tierresten die Luft ab, so daß sie vor dem Zerfall bewahrt wurden. Dementsprechend ist die Wüste Gobi ein ideales Gebiet, um Fossilien zu suchen und auch zu finden. Protoceratops lebte also unter Wüstenbedingungen. Wahrscheinlich gab es nur wenige Ströme oder Wassertümpel. In ihnen lebten auch Schildkröten, wie Fossilfunde in der Nähe des Nestes zeigten. Protoceratops hat wahrscheinlich einen Teil seines Lebens ebenfalls in diesen Wassern zugebracht, wie sein Schwanzskelett vermuten läßt.
Das Tier war wahrscheinlich ein Pflanzenfresser; sein horniger Schnabel und seine wenigen Zähne deuten dies an. Es lebte also von den Zweigen und Blättern der Wüstenbüsche. Außer zur Nahrungsaufnahme verließ das Tier das Wasser, um in Löchern der Sanddünen seine Eier auf einem Kreis abzulegen, wobei das dicke Ende der Eier zur Mitte zeigte. Die im Nest aufgefundenen Eier sind von einer harten Schale umgeben. Die Knochen, die man in der Nähe des Nestes fand, wurden sorgfältig zusammengestellt, so daß man vollständige Skelette des erwachsenen und jungen Tieres erhielt. Daher weiß man, daß Protoceratops als ausgewachsenes Tier eine Länge von 1,80 m erreichte. Es war der Vorläufer der großen gehörnten Dinosaurier, der an der Hinterseite seines Kopfes eine große knochige Krause besaß, an der die Kiefer- und Kopfmuskeln befestigt waren. Sie schützte auch den verwundbaren Nacken. Man fand in der Nähe eines Nestes der Eier des Protoceratops auch noch Skelettteile eines straußenähnlichen Dinosauriers, des Oviraptors (Eierstehler), der gerade dabei war, Eier aus dem Nest zu stehlen, als ihn der Tod ereilte.
KAPITEL 12
Ammoniten und ihre Verwandten AMMON
alter ägyptischer Gott, der einen einem Widderhorn ähnlich aussehenden Kopfschmuck trug. Weil nun bestimmte schneckenförmige Kalkschalen, die man als Fossilien in alten Gesteinsschichten fand, die Form dieses Kopfputzes hatten, nannte man sie Ammoniten oder Ammonshörner. Ammoniten waren Cephalopoden, d.h. Kopffüßler, eine Gruppe von meeresbewohnenden Mollusken, zu denen auch die heute lebenden Tintenfische zählen. Während diese Fische innere Schalen besitzen, hatten die in der Vergangenheit lebenden Tiere Schalen außerhalb ihres Körpers, wie z.B. die Schnecken. Die letzten Ammoniten starben vor rund 60 Mill. Jahren aus. Nur ihre harten fossilen Schalen sind uns bekannt. WAR
EIN
Indessen gibt es glücklicherweise einen sehr engen Verwandten der Ammoniten, der auch heute noch lebt: Nautilus. Die sehr alte Tiergruppe, zu der Nautilus gehört, die Nautiloiden, war vermutlich der Ursprung der Ammoniten. Das Studium dieses einzigen Überlebenden seiner Gruppe gibt eine Vorstellung davon, in welcher Art und Weise die Ammoniten und Nautiloiden ihr Leben führten. Die äußeren Schalen sind im Gegensatz zu den Schneckengehäusen in verschiedene Kammern aufgeteilt und durch Scheidewände (Seßtum) voneinander getrennt. Wo die Scheidewände an die äußeren Schalen anstoßen, haben sich Kontaktlinien (sutures) entwickelt. Sie sind in fossilen Schalen sehr gut erhalten. Jede Kammer entspricht einem Wachstumsabschnitt des Tieres. Da es sich im Laufe der Zeit vergrößert, bewegt es sich aus der alten Kammer heraus, um eine neue und größere aufzubauen, die an die alte anschließt. Diese wird durch das Septum versiegelt. Nachfolgend wird sie vom Tier mit Luft gefüllt, um als Schwimmtank das Tier schwebend im Wasser zu halten, damit es sich vorwärtsbewegen kann. Die letzte Kammer ist nach außen geöffnet; in ihr lebt das Tier. Kopf und Körper der Ammoniten und alten Nautiloiden waren wahrscheinlich dem Körper des heute lebenden Nautilus sehr ähnlich. Eine große Anzahl von Tentakeln umgaben einen zentralen Mund, der mit einem zähen Schnabel versehen war. Die Hinterseite des Kopfes endete in einer dicken Schicht, die die Öffnung des Gehäuses abschloß, wenn das Tier aus der Schale herauskam. Unter dem Kopf befand sich ein Hohlraum, in dem zwei Sätze von Kiemen enthalten waren. Wenn das Tier aus diesem Hohlraum durch eine schmale Röhre Wasser herausdrückte, dann wurde es durch den auftretenden Rückstoßeffekt in entgegengesetzter Richtung fortbewegt, in der das Wasser die Röhre verließ.
Nautiloiden tauchten zuerst vor etwa 450 Mill. Jahren im Oberen Kambrium auf. Die Schalen oder Gehäuse der ersten Tiere waren nicht wie Schneckengehäuse aufgerollt, sondern bildeten lange Röhren. Die größten unter ihnen hatten Längen von 4,5 m bei einem Durchmesser von 60 cm. Später entwickelten sich verschieden gekrümmte, mehr oder weniger eng gewundene Gehäuse. In der Trias starben die Nautiloiden aus; es blieben nur wenige mit schneckenförmigen Gehäusen übrig. Nautilus als einziger Überlebender seiner Gruppe erschien zum ersten Male im Jura vor 150 Mill. Jahren. Die ersten Ammoniten haben sich wahrscheinlich von den Nautiloiden während des Ordoviziums abgezweigt, vermehrten sich aber erst kräftig im Devon. Sie waren ihren Vorfahren sehr ähnlich, sind von diesen aber durch den komplizierteren Aufbau der Kontaktlinien zu unterscheiden. Während des Mesozoikums erreichten die Ammoniten ihre höchste Entfaltung, und ihre Gehäuse zeigen eine große Vielfalt in Form und Struktur. Die größten schneckenförmigen Gehäuse hatten einen Durchmesser von mehr als 2,5 m! Die schnelle Entwicklung der Ammoniten und ihre weite Verbreitung auf der Erde ließen sie wie die Grapto-lithen zu guten Zeitmarken in den Gesteinsschichten werden. Warum diese anscheinend so lebenstüchtigen Tiere so plötzlich ausgestorben sind, ist eines der Mysterien der Geologen.
KAPITEL 13
Vögel am Himmel der jungen Erde ALS LAND UND See vom Leben erfüllt waren, blieb nur noch die Luft zu erobern. Die ersten Kreaturen, die in die Luft gingen, waren die Insekten. Fossilien ihrer Flügel sind in 280 Mill. Jahren alten Steinen des Karbon gefunden worden. 100 Mill. Jahre später flogen die größeren, mit einem schwereren Rückgrat versehenen Kreaturen. Zuerst war dies Pterosaurus, ein echtes Reptil, verwandt mit den Dinosauriern. Die ältesten Reste sind aus Gesteinen des Unteren Jura (180 Mill. Jahre alt) bekannt. Diese Tiere warfen sich einfach in die Luft und vollführten Gleitflüge, wobei ihnen eine trockene Hautfalte als Flughilfe zur Verfügung stand. Diese Haut war zwischen einem sehr langen Finger der Vordergliederund deren Seiten,, dem Körper und den Füßen ausgespannt. Die Vögel sind mit dem Pterosaurus verwandt, weil beide von den gleichen Ahnen der Reptilien abstammen. Aber die Vögel entwickelten Federn, die bei Reptilien und anderen Tiergruppen unbekannt sind. Die Federn boten den Vögeln einen Schutz gegen ihre Umgebung und damit gegen die Wirkungen des Klimas und versetzten sie so in die Lage, Warmblüter zu werden. Der erste fossile Vogel, der bekannt ist — Archaeopteryx —, wurde in 140 Mill. Jahren alten Gesteinen des Oberen Jura gefunden. Es ist jedoch fast sicher, daß es schon vorher flugfähige Vögel gab; denn Archaeopteryx ist schon ein ziemlich weitentwickelter Vogel typ. Das Fehlen primitiverer Vogelfossilien ist sicher eine Folge schlechter Konservierung im Boden.
Vögel entwickelten sich wahrscheinlich von einer Gruppe Reptilien, die auf den Bäumen der Trias lebten.
In der nachfolgenden Kreidezeit waren echte Vögel und Pterodactylae gleichzeitig in der Luft. Im Vergleich mit der schwachen Hautfalte der Pterodactylae waren die Vogelschwingen kräftige "Strukturen und nicht so leicht zu beschädigen. Die Pterodactylae und mit ihnen andere Reptilien starben am Ende der Kreidezeit vor 70 Mill. Jahren aus. Der erste fossile Vogel 1861 entdeckten Arbeiter eines Kalksteinbruches in Solnhofen in Bayern den Abdruck einer Vogelfeder. Kurz danach wurde in einem benachbarten Steinbruch ein vollständiges Vogelskelett gefunden, das an den Vordergliedern und am Schwanz Federn aufwies. Die Wichtigkeit dieser Entdeckung wurde sofort erkannt. Dieser alte Vogel war das Verbindungsglied zwischen den modernen Vögeln und den Reptilienvorfahren. Der Vogel wurde Archaeopteryx genannt (griechisch, archaios = alt, pteryx = ein Flügel). Archaeopteryx war in vieler Hinsicht einem Vogel sehr unähnlich. So waren z.B. die in die Länge gezogenen oberen und unteren Kiefer mit kurzen zylindrischen Zähnen besetzt. Moderne Vögel haben gar keine Zähne, sondern nur einen Schnabel aus Hörn. Das rekonstruierte Gehirn des Archaeopteryx sieht eher dem eines Reptils ähnlich als dem eines Vogels. Die hinteren Gliedmaßen hatten die gleiche Länge wie die vorderen; außerdem hatte dieser Urvogel einen langen Reptilienschwanz. Das gesamte Skelett bestand aus festen Knochen, während das der heutigen Vögel einige Röhrenknochen enthält, die mit Luft gefüllt sind. Demgegenüber könnten aber die bis heute erhaltenen Federn durchaus zu modernen Vögeln gehören. Die Flügel und der Schwanz waren mit großen Flugfedern versehen, während der Körper mit einer Schicht kleinerer Federn bedeckt war.
Archaeopteryx war wahrscheinlich ein sehr schwacher Flieger. Der Kielknochen, eine bei heutigen Vögeln größere Platte am Brustbein, war sehr klein, so daß er große Muskeln nicht tragen und halten konnte, die zur Bewegung der Flügel notwendig sind. Auch die langen hinteren Gliedmaßen und der lästige Schwanz behinderten größere Flüge. Wahrscheinlich lebte Archaeopteryx auf den Bäumen der Wälder des Oberen Jura, von Ast zu Ast gleitend. Er konnte sich durchaus auf Baumäste setzen, weil
er in der Lage war, die erste von 4 Zehen an seinen hinteren Gliedmaßen (also an den Füßen) in entgegengesetzte Richtung der anderen 3 Zehen zu drehen. Auf diese Weise umklammerten die Zehen den Ast, auf dem der Vogel saß und gaben ihm die notwendige Standfestigkeit. Vögel der Kreidezeit Erst nach einer Lücke von 55 Mill. Jahren, d.h. in der Oberen Kreidezeit, ist wieder ein Blick auf die Entwicklung der Vögel möglich geworden. Die Seltenheit entsprechender Fossilienfunde aus dieser Zeit ist nicht sehr überraschend. Wenn die ersten Vögel größtenteils Baumbewohner waren, dann fielen sie natürlich nach ihrem Tode auf den Boden herunter, wo die Leichen durch andere Tiere oder einfach durch natürliche Verwitterung zerstört wurden. Nur selten wurde eine Vogelleiche ins Meer hinausgespült, wo sie auf den Meeresboden absank und schließlich im Sediment erhalten blieb. Während dieser langen Zeitspanne muß die Entwicklung der Vögel stark vorangetrieben worden sein; denn die Vögel der Oberen Kreidezeit sind viel mehr den modernen Vögeln als ihren Vorfahren ähnlich. Inzwischen gab es auch schon viele verschiedene Arten. Fast alle aufgefundenen Fossilien aus dieser Zeit stammen, wie es zu erwarten ist, von Seevögeln. Die am besten von ihnen erhaltenen Reste sind in den Kreideschichten von Kansas (USA) gefunden worden. So war Ichthyornis ein kleinerer Vogel, etwa 23 cm hoch, der unserer heutigen Seeschwalbe sehr ähnlich war. Es ist sehr wahrscheinlich, daß seine verlängerten Kiefer mit Zähnen besetzt waren.
Als Vogel war er als guter Schwimmer ausgebildet, muß aber auch einkräftiger Flieger gewesen sein, wie der stark entwickelte Kielknochen am Brustbein vermuten läßt. Hesperornis, der im gleichen Seegebiet jagte, was fast 2 m hoch und so dem Leben auf dem Wasser angepaßt, daß er seine Flugkraft vollständig verlor. Sein Skelett zeigt keinen Kielknochen, und seine Flügel waren auf einen Restknochen von einigen cm Länge reduziert. Die Kiefer waren extrem lang ausgebildet und mit zahlreichen kleinen Zähnen versehen. Die mit Schwimmhäuten versehenen Füße waren für die Fortbewegung auf dem Wasser ausgezeichnet ausgerüstet, für das Laufen auf dem Lande aber sehr wahrscheinlich völlig ungeeignet.
Zahlreiche andere Vogelsorten sind in den Gesteinen der Oberen Kreidezeit in vielen verschiedenen Gegenden der ganzen Erde gefunden worden. Von Cambridge in England kommt das fast vollständige Skelett von Enaliornis, einem Seevogel von Taubengröße. Wahrscheinliche Vorfahren der Flamingos sind in Schweden gefunden worden und in Frankreich ein Fußknochen, der vielleicht von einem Urahn der Gans herstammt. In Kanada hat man einen einzelnen Kieferknochen entdeckt, von dem man vermutet, daß er zu einen Riesenlandvogel — Caenognathus — gehörte, der wie Hesperornis das Fliegen aufgegeben hatte. In jüngeren Gesteinsschichten (aus dem Tertiär) gefundene Vögel sehen tatsächlich den heute lebenden Formen immer ähnlicher. Die oberen und unteren Kiefer verloren im Laufe der Zeit ihre Zähne. Stattdessen entwickelte sich ein Schnabel aus Hörn. So hat man etwa 500 fossile Vogelformen gefunden, von denen viele den heutigen Vögeln außerordentlich ähnlich sind. Leider ist die größte Anzahl dieser Fossilien nur sehr unvollständig erhalten aufgefunden worden.
Zwei Seevögel der Kreidezeit.Hesperornis war 1,80 m groß,Ichthyornis aber nur 23 cm.
KAPITEL 14
Säugetiere erobern die Erde SÄUGETIERE
überall auf der Erde gefunden, auf dem Lande, im Wasser und in der Luft. Die Menschen, die Wale und die Fledermäuse sind alle Mitglieder der gleichen großen Tierfamilie der Warmblüter, die heute vorherrschend ist. Aber die Säugetiere sind erst sehr spät auf der Erde aufgetreten. Vor 100 Mill. von Jahren wurde noch die Welt von den Dinosauriern beherrscht, riesige kaltblütige Reptilien mit winzigen Gehirnen. Sie verschwanden vor rund 70 Mill. Jahren, um den warmblütigen und intelligenteren Säugetieren den Platz zu räumen. Trotzdem sind die Säugetiere nicht plötzlich auf der Erde aufgetaucht; sie existierten schon vor nahezu 100 Mill. Jahren, sind aber von den Dinosauriern sozusagen in ihrer Existenz an die Wand gedrückt worden. Es sind relativ wenige fossile Säugetiere des Jura und der Kreide bekannt. Die charakteristischen Merkmale der Säugetiere sind die Haare, das warme Blut und die Möglichkeit, die Jungtiere mit Milch aufzuziehen. Diese Charakteristika kann jedoch der Paläontologe bei seinen Forschungen nicht ausnutzen, um zu entscheiden, ob ein Fossil einem Säugetier oder einer anderen Tierfamilie angehört. Aber es gibt ein anderes Familien- Wappen der Säugetiere: Bei allen lebenden Säugern besteht der untere Kiefer nur aus einem einzigen Knochen! Heute lebende Reptilien haben mehr als einen unteren Kieferknochen, genau so wie ihre Vorfahren. WERDEN PRAKTISCH
Von den Reptilien in der Trias und im Jura haben sich aber die Säugetiere abgezweigt. Daher muß eine der wichtigsten Änderungen auf dem Wege zum heutigen Säuger die allmähliche Reduktion aller kleineren Knochen des unteren Kiefers sein. Jene können jetzt im Ohr der Säugetiere als winzige Knochen gefunden werden!
Den Ablauf dieser Entwicklung haben uns die Fossilien gezeigt, die in verschiedenen Gesteinsschichten gefunden worden sind. Es gab viele säugetierähnliche Reptilien in der Trias, die von irgendeinem primitiven Reptil abstammten, aber bald ganz bestimmte Unterschiede gegenüber ihrer ursprünglichen Tierfamilie aufwiesen. So entwickelten die Gliedmaßen allmählich eine senkrechte Stellung, während sie bei den frühen Reptilien seitlich ausgestreckt waren. Die Gehirnschale wurde allmählich größer, die kleineren Kieferknochen verschwanden immer mehr. Einige dieser Tiere waren ziemlich groß; es gab Pflanzenund Fleischfresser unter ihnen. Zur gleichen Zeit, in der sich das Säugetierskelett herausbildete, entstanden andere charakteristische Merkmale, wie z.B. die Haare und die Warmblütigkeit. Fast alle säugetierähnlichen Reptilien aber verschwanden während der Jurazeit. Nur ein kleines, einer Spitzmaus ähnlich aussehendes Säugetier blieb übrig, das sich Mill. von Jahren kaum änderte. Monotremes, ein Eier legendes Säugetier, lebte mit großer Wahrscheinlichkeit im Jura, obwohl man von diesem Tier kein Fossil gefunden hat. Diese Tiere (z.B. das mit einem Entenschnabel versehene Schnabeltier) haben Haare und säugen ihre Jungen, besitzen aber so viele Reptilieneigenschaften, daß man annehmen muß, daß sie sich sehr früh von den Reptilien abzweigten.
Beuteltiere, die ihre Jungen in einem Sack mit sich herumtragen, tauchten zuerst in der Oberen Kreidezeit auf, also vor etwa ioo Mill. Jahren. Zur gleichen Zeit erschienen wahrscheinlich auch die echten Plazentasäugetiere. Das waren kleine insektenfressende Säugetiere mit scharfen Zähnen. Als die Dinosaurier verschwunden waren, konnten sich die Säugetiere frei entwickeln, so daß im Laufe der Zeit durch natürliche Auswahl viele verschiedene Formen entstanden. Aus den insektenfressenden Vorfahren entstanden fleisch-und pflanzenfressende Formen. Einige der frühen Säugetiere waren groß und ungeschickt, besonders die weidenden Säugetiere, so daß ihre Überlebenschancen gering waren. Innerhalb weniger Mill. Jahre starben sie wieder aus. Auf jeden Fall aber waren gleichzeitig mit den archaischen Säugetierformen auch schon alle heute lebenden Formen im Eozän (vor rund 60 Mill. Jahren) vertreten. Die Beuteltiersäuger widerstanden den äußeren Lebensumständen nicht so gut wie die Plazentasäuger, so daß sie in fast allen Teilen der Welt ausgestorben sind. Es gibt sie nur in Australien, einem Kontinent, der sich wahrscheinlich in der späten Kreidezeit von den anderen trennte, bevor auf ihm die Plazentasäuger erschienen. Die Beuteltiere verteilten sich über den ganzen Kontinent und konnten sich durch das Fehlen einer Konkurrenz in viele Abarten verzweigen und vermehren. Da es auf dem isolierten Kontinent Australien die gleichen Lebensbedingungen gab wie an irgendeiner anderen Stelle der Erde, entwickelten die Beuteltiere wie die Plazentasäugetiere spezielle Formen, wie z.B. Fleisch- und Pflanzenfresser, Baumbewohner u.a. Es gibt sogar einen Maulwurf, der zur Familie der Beuteltiere gehört. Diese Ähnlichkeit wird Parallelevolution genannt. Die einzigen Plazentasäugetiere, die es in Australien gab, bevor der Kontinent vom Menschen besiedelt wurde, waren Fledermäuse und Ratten, die wahrscheinlich über die Inselketten im Norden Australiens den Kontinent erreichten. Beuteltiere gibt es aber auch in Südamerika, weil auch dieser Kontinent während des Tertiärs für eine lange Zeit isoliert war. Es entwickelten sich dementsprechend ebenfalls viele spezielle Beuteltierarten, von denen aber nur das Opossum (eine Beutelratte) überlebte. Als der Kontinent sich wieder mit Nordamerika verband, wanderten von dort nach dem Süden Plazentasäuger ein und ersetzten im Laufe der Zeit die Beuteltiere. Pflanzenfressende Plazentasäuger hatten allerdings Südamerika noch vor seiner Isolation bevölkert. Aus ihnen entwickelten sich viele seltsame Tierarten. Noch heute gibt es dort für Südamerika charakteristische Säugetiere, so z.B. das Gürteltier, das Faultier und den Ameisenbär. Aber fast alle großen Weidetiere verschwanden, als die fleischfressenden Säugetiere einwanderten.
In allen anderen Gebieten der Erde waren während des Tertiärs die Plazentasäugetiere vorherrschend, die allmählich, wie früher die Reptilien, Land, See und Luft eroberten. Sie füllten die Lücken auf, die die Reptilien auf der Erde hinterlassen hatten und wurden selbst die Beherrscher der Erde. Diese Entwicklung begann mit einem kleinen insektenfressenden Säugetier von der Größe einer Spitzmaus!
Das Mammut war ein dem Leben an der Grenze des Eises ideal angepaßtes Tier, das während der Großen Eiszeit im Pleistozän lebte.
KAPITEL 15
Fossile Pflanzen — Geschichte des Pflanzenreiches WIE HEUTE WURDE vor 2 000 Mill. Jahren das Sonnenlicht von den Pflanzen dazu benutzt, aus einfachen chemischen Substanzen komplizierte Verbindungen aufzubauen, die der Pflanze als Nahrung dienten. Aber von diesen frühen Pflanzen sind nur winzige Reste in den Gesteinen erhalten geblieben. Es waren wahrscheinlich Algen, sehr einfache, das Wasser bewohnende Pflanzen. Algen haben im Gegensatz zu den meisten Landpflanzen keine das Wasser abstoßende äußere Haut (Kutikula) und auch kein besonderes Gefäßsystem, um Wasser und Nahrungsmittel zu transportieren. Am Beginn des Kambriums, vor etwa 550 Mill. Jahren, sind wenige Pflanzenreste bekannt, die zur Überraschung aber nicht einfache, das Wasser bewohnende Algen sind. Sie stammen von Pflanzen, die aus spezialisierten vascularen Geweben (holzartig) bestanden. Außerdem fand man durch den Wind verstreute Sporen mit äußeren Häuten. Zu jener Zeit scheinen bereits verschiedene Gruppen von Landpflanzen auf der Erde aufgetaucht zu sein, z.B. Moose und Lebermoose [Bryophyten), sporntragende Pflanzen wie die heutigen Farne, Kolbenbärlappgewächse, Schachtelhalme (Pteridophyten) und Samenfarne (Pteridospermae). Erste Gymnospermae (samentragende Pflanzen) könnten auch schon vorhanden gewesen sein. Es ist schwierig zu sagen, wie sich diese einzelnen Pflanzenfamilien entwickelt haben, weil keine fossilen Befunde darüber vorliegen. Aber bestimmte Pflanzen müssen lange vor dieser Zeit, also im Präkambrium, das Land erobert haben. Sicherlich hat sich jede Pflanzenfamilie aus verschiedenen Gruppen von Algen heraus entwickelt und für sich das Problem der Anpassung des Lebens an das trockene Land gelöst.
Ein Sumpfwald aus dem Karbon, vor 250 Mill. Jahren. Es gab noch keine Blütenpflanzen, während alle anderen Hauptgruppen schon vertreten waren. Der weichhäutige Kolbenbärlapp der Gegenwart ist ein Nachfahre der Riesenbäume Sigillaria und Lepidodendron. Der heute winzige Schachtelhalm hatte Holzbäume mit Höhen bis zu 30 m als Ahnen. Cordaiten waren alte Gymnospermae und scheinen besonders zur heutigen Araukarie verwandt zu sein. Farne bedecken den Boden dieser Wälder, einige -wachsen als Büsche oder kleine Bäume. Diese Farne haben eine andere Struktur als die modernen. Samenfarne waren kleine Pflanzen, aber sehr zahlreich. Möglicherweise sind sie die Vorfahren aller Blütenpflanzen. Nach den kambrischen Pflanzenfossilien ist wieder eine große Lücke. Dann folgt im Silur (vor rund 350 Mill. Jahren) die Pflanzenfamilie der Psilophyten — einfache Landpflanzen mit vascularem Gewebe, aber keinen unterscheidbaren Blättern, Wurzeln oder Stämmen. Psilophyten waren die Landpflanzen, die man zuerst fand, so daß man für eine längere Zeit glaubte, sie seien die Vorfahren aller anderen Landpflanzen. Jetzt kennt man aber schon hochentwickelte Landpflanzen, die 200 Mill. Jahre vorher lebten, wie wir oben gesehen haben. Psilophyten erscheinen heute als die einzigen Überlebenden einiger früherer primitiver Pflanzenstämme. Aber wenn im Silur schon höhere Pflanzen existiert haben, dann muß man nach den Beweisen hierfür fragen. Das einzige erhaltene Fossil dieser Sorte ist ein Blatt von einem Bärlappgewächs (ein Pteridophyte). Der Grund für diese Diskrepanz ist sicher in der Umgebung zu suchen, in der die gesuchten höheren Pflanzen lebten. So wuchsen die Psilophyten in flachen Schlammpfannen in der Nähe von Wasserflächen. Für diese Pflanzen bestand die Chance zu ihrer Erhaltung darin, daß die Schlammfläche tiefer absank und vom nahen Wasser überflutet wurde. Dabei wurden natürlich die mit ertrinkenden Pflanzen im sich später bildenden Sediment erhalten. Die weiter entwickelten Pflanzen wuchsen mehr im Inland, also auf höher stehendem Boden. Die Möglichkeit, daß er einmal unter eine Wasserfläche absank, war viel geringer als bei der Schlammfläche.In der nachfolgendenPeriode des Devon wurden aber Teile dieses pflanzentragenden Bodens durch Flüsse ins offene Meer hinausgetragen und im Sediment des Meeres erhalten.
Dann folgte das Karbon, die Zeit, in der die heutigen Kohlenflöze entstanden. In diesen hat man zum ersten Male ausreichend Fossilien von Pflanzen gefunden, so daß man sich ein genaueres Bild über das Landpflanzenleben vor 250 Mill. Jahren machen konnte. Das liegt daran, daß die Kohle selbst die fossilen Reste feuchter Urwälder jener Zeit ist. Man stellte fest, daß seit dem Kambrium eine große Entwicklung mit den Pflanzen vor sich gegangen sein muß. Die Familien der Pteridophyten, Pteridospermen und der Gymnospermen haben sich stark erweitert. Unter den Pteridophyten fand man Verwandte des heutigen Schachtelhalms, die aber längst nicht so zierlich und klein waren, wie die moderne Pflanze. Im Karbon war sie bis zu 30 m hoch und besaß holzige Stämme. Einige Merkmale stimmen mit dem modernen Schachtelhalm überein: Es gab Stengel mit einer Rippelung, die in Längsrichtung lief, und mit Knoten, aus denen die quirlig stehenden Blätter herauswuchsen. Die Bärlappgewächse (Lycopoden) waren ebenfalls groß und holzig. Unter den Gymnospermen war die Gruppe der Cordaitalen die zahlreichste. Sie bildete große holzige Bäume. Diese Gruppe starb im Perm aus, war aber wahrscheinlich der Ausgangspunkt für die Entwicklung aller späteren Gymnospermen. Die wichtigste Gruppe der heutigen Gymnospermen sind die Koniferen. Ihre Anzahl nahm gegen Ende des Karbon stark zu. Heute wird diese Gruppe z.B. vertreten durch die Araukarie oder Andentanne, Pinie und Lärche, Wacholder und Zypresse und die Eibe. Eine andere noch lebende Gruppe der Gymnospermen sind die Cycaden, Bäume mit zweiglosen Stämmen, auf denen eine Krone von farnähnlichen Blättern sitzt. Diese Pflanzen waren im Jura die wichtigsten. Zu ihnen gehört auch der Ginkgo-Baum. Ebenfalls zu den aufgefundenen Pflanzenfossilien des Karbon gehören die zahlreichen Pteridospermen (Samenfarne). Sie sehen wie Farne aus, tragen aber statt der Sporen des echten Farns Samen. Sie wuchsen bis in die Kreidezeit hinein, starben dann aber aus. Möglicherweise waren diese Pflanzen die Vorfahren einer Pflanzenfamilie, die zuletzt erschien —
die Angiospermen oder Blütenpflanzen. Sie treten in der Mittleren Kreidezeit vor rund 120 Mill. Jahren zuerst auf und dann gleich mit verschiedenen Sorten, zu denen auch einige gehören, die heute noch existieren; z.B. Magnolien, Eichen und Pappeln. Diese Pflanzenfamilie wurde sehr schnell die beherrschende, die viele alte Familien von der Erdoberfläche verdrängte. Das plötzliche Auftreten der Angiospermen in verschiedenen Sorten ist sicher nur eine Folge der schlechten Konservierung ihrer Vorfahren als Fossilien. Es scheint auch hier wieder so gewesen zu sein, daß die erste Entwicklung auf höherstehendem Boden ablief, auf dem nur eine geringe Chance zur Fossilierung bestand. Wahrscheinlich gehen die Angiospermen bis in die Zeit des Perm zurück.
Die Welt des Paläozoikums
KAPITEL 16
Das Kambrium
ALS IN DER Geschichte der Erde das Paläozoikum heraufdämmerte (vor etwa 500 Mill. Jahren), waren die Landmassen der Erde bereits viele, viele Mill. Jahre alt und hatten schon erhebliche Veränderungen hinter sich. Durch Erdbewegungen sind große Gebirge emporgehoben und durch die Werkzeuge der Erosion wieder abgetragen worden, dicke Eisgletscher schrabten ihren Weg über das Land frei, und flache Meere überfluteten wiederholt die Kontinente. Trotzdem ist der Beginn des Paläozoikums ein wichtiges Datum in der Geschichte der Erde, weil die in dieser Zeit gebildeten Gesteine zum ersten Male deutliche Spuren des Lebens auf der Erde hinterlassen haben. Mit Beginn dieser Zeit kann die Geschichte der Erde Stufe um Stufe verfolgt werden. In den Gesteinen des Kambriums sind Fossilien fast jeder invertebraten Tierfamilie gefunden worden, aber nicht die der Vertebraten (Tiere mit einer Wirbelsäule) oder irgendwelcher auf dem Lande lebender Organismen. Alle bekannten Fossilien stammen von Lebewesen des Meeres. Die wichtigsten Fossilien sind hier die Trilobiten, die während des ganzen Paläozoikums existierten, dann aber ausstarben. Sie sind mit den Krebsen und Hummern verwandt und hatten, gleich diesen Tieren, äußere Skelette aus Hörn. Fossile Trilobiten sind schnell an ihrem Kopfschild, dem segmentartig aufgeteilten Thorax und dem Schwanz zu erkennen, auch dann, wenn einzelne Teile fehlen. Die zeitliche Reihenfolge der Gesteine des Kambriums ist mit Hilfe der verschiedenen Sorten von Trilobiten festgelegt worden, wobei die Gesteine in Zonen oder Horizonte eingeteilt werden. Viele Zonen werden nach dem Trilobit benannt, der in ihnen am häufigsten auftritt. Es ist aber auch ausreichend, anhand ihrer Fossilien nur die Gesteine des Unteren, Mittleren und Oberen Kambriums unterscheiden zu können. Im Unteren Kambrium treten im wesentlichen die Trilobiten Callavia und Olenellus auf. Ihr Kopfschild hat normalerweise einen durchgehenden Rand, der nicht von Gruben (Suturen) gestört wird, die von den Augen herkommen. Der Schwanz hat, wenn er vorhanden ist, keine lateralen Lappen [Segmente). Es gibt aber auch noch andere Trilobiten in diesen Gesteinen, z.B. Agnostus und Microdiscus. Diese können aber nicht zur zeitlichen Festlegung benutzt werden, weil sie noch in späteren Gesteinen vorhanden sind. Die Gesteine des Mittleren Kambriums enthalten Fossilien vom Geschlecht Paradoxides, das die größten aller Trilobiten umfaßt. Diese Trilobiten unterscheiden sich von denen des Unteren Kambriums durch ausgeprägte Gesichtsgruben und einen echten Schwanz (Pygidium). Der zentrale Teil des Kopfschildes (Glabelld) hat eine breitere Front als der von Callavia. Olenus ist typisch für das Obere Kambrium. Die Glabella erreicht bei diesen Trilobiten nicht die Grenze des Kopfschildes, und sein Schwanz ist mit lateralen Segmenten besetzt. Olenus und verwandte Trilobiten werden zur zeitlichen Festlegung der Gesteine des Oberen Kambriums benutzt, nicht aber die gleichzeitig in ihnen auftretenden Brachiopoden Lingulella davisi.
England während des Kambriums
Ein Bild des maritimen Lebens während des Kambriums. Trilobiten, Quallen und Schwämme bevölkern den Seeboden. An der Spitze der kambrischen Gesteine steht in England eine Reihe von Steinen, die Tremadoc genannt werden. Sie bestehenim wesentlichen aus Schiefer und Schieferton und enthalten den Trilobit Schumardia. Dieser ist denen des Ordoviziums am ähnlichsten. Außerdem tauchen hier die ersten Graptolithen (Sorte Dictyonema) auf. Die Tremadoc-Steixie waren ursprünglich von Gesteinen des Ordoviziums eingeschlossen. Aber weil zwischen ihnen ein deutlicher Sprung vorhanden ist, konnte die zeitliche Reihenfolge nur lauten: Tremadoc — Ordovizium, beginnend mit dem älteren Gestein. Obwohl die Trilobiten die wichtigsten Fossilien des Kambriums sind, haben die Brachiopoden auch ihren Wert. Wie wir früher gesehen haben, sind es Weichtiere, die von zwei äußeren Schalen umschlossen sind wie die Mollusken. Ihr innerer Aufbau ist nur verschieden. Heute können im Meer auch noch einige Brachiopoden gefunden werden. In den späteren, d.h. im Alter jüngeren, Gesteinen des Kambriums werden auch Schnecken- und tintenfischähnliche Mollusken wichtig. Gesteine des Kambriums treten nur in einigen Gebieten in Wales und den Midlands (England) und im nordwestlichen Schottland an die Erdoberfläche. Bohrlöcher in Buckinghamshire indessen durchstoßen kambrische Gesteine, so daß es fast sicher ist, daß ganz England einstmals unter der See des Kambriums lag. Immer dann, wenn man auf die Gesteinsschicht stößt, auf der die des Kambriums aufliegt, stellt man fest, daß deren Oberfläche eine sehr unregelmäßige Form besitzt. Das deutet auf eine lange Zeit einwirkende Erosion während des Präkambriums hin. Die Schichtoberfläche muß also einstmals oberhalb des Seeniveaus gelegen haben. Reste dieser alten Landoberfläche können im Nordwesten Schottlands und auf den Äußeren Hebri-den heute noch gesehen werden. Zu Beginn des Kambriums überflutete das Meer das Land. Die ersten Sedimente, die sich absetzten,
sind ein Gemisch vieler Gesteine, dem harter Sandstein folgte. Dieser stammt von den Abtragungen der Küstenlinie des alten Landes. Die Gesteine enthalten keine Fossilien. Erst in den nachfolgenden Sandsteinablagerungen, dem Schiefer und dem Schieferton treten die typischen Fossilien des Kambriums auf. Gesteine des Kambriums können deutlich an den Klippen um St. Davids in Pembrokeshire gefunden werden. Sandige und schiefrige Steine in den unteren Schichten zeigen an, daß das Meer noch flach war. Darüberliegende feinkörnige Schichten des Mittleren Kambriums zeigen, daß das Meer inzwischen tiefer geworden war. Später wurde es aber wieder flacher, wie die mehr sandigen Steine der oberen Schichten zeigen. Die Gesteine des Tremadoc fehlen in Südwales. Außerdem gibt es einen großen Sprung (Ungleichförmigkeit) an der Basis der Gesteine des Ordoviziums. Der Harlech-Dom (siehe Abb. Seite 70) in Nordwales besteht aus kambrischem Gestein, die bei Snowdon unter die des Ordoviziums untertauchen, um bei Llan-beris weiter im Norden wieder an der Oberfläche zu erscheinen. Die Schichten sind sehr dick — mehrere 100 m —. Man kann aber nicht ihre Basis sehen. Die unteren sichtbaren Schichten bestehen aus groben Kieselsteinen und Sanden, vermischt mit etwas Schiefer. Hier findet man keine Fossilien. Trotzdem zählt man diese Zonen zum Unteren Kambrium, weil man in den unmittelbar über diesen Zonen liegenden Schichten aus Schiefer und Schieferton Trilobiten vom Genus Paradoxides gefunden hat. Die groben Sande sind Ablagerungen eines flachen Meeres. Da sie sehr dick sind — möglicherweise 1500 m—, muß man schließen, daß während der Zeitdauer ihrer Ablagerung das Gebiet schnell abgesunken ist. Dementsprechend muß es ein Gebiet gegeben haben, das sich während dieser Zeit ständig aus dem Meer herausgehoben hat und so der Lieferant für die Ablagerungen wurde. Die über dieser Zone liegende Menevian - Schicht wurde in tiefem, ruhigem Wasser abgelagert, während dann wieder Schichten wie in Südwales auftauchen, die in flachem Wasser entstanden sein müssen. Keine kambrischen Gesteine werden in Anglesey gefunden, das Ordovizium liegt unmittelbar auf der Oberfläche des Präkambriums auf. Dieses Gebiet muß daher während oder unmittelbar nach dem Kambrium oberhalb des Meeresniveaus gelegen haben. Die Halbinsel St. Tud-wal lag auch oberhalb des Meeresspiegels, denn Schichten des Ordoviziums liegen auf Schichten des Unteren Kambriums auf. Daher muß der nordwestliche Teil von Wales eine große aufsteigende Insel im kambrischen Meer gewesen sein, die die Sedimente für den Harlech-Dom lieferte. Die an der Oberfläche anstehenden Gesteine in Shropshire und den Midlands bestehen aus Kies, Sandstein und Schiefer und werden von vielen Ungleichförmigkeiten durchzogen. Offensichtlich war dieses ganze Gebiet Schelf, also ein Gebiet flachen Wassers, das einer im Südosten liegenden Küste vorgelagert war. Die in Deutschland und der Tschechoslowakei gesammelten Fossilien dieser Zeit sind von denen in England gefundenen völlig verschieden und bestätigen die Theorie, daß zwischen dem Meer über England und Mitteleuropa eine Landbarriere existierte. Die in Schottland gefundenen Fossilien des Kambriums sind nun wieder verschieden von denen in Wales. Sie enthalten den Genus Olenellus und andere, die in Wales nicht gefunden werden, dafür aber im östlichen Nordamerika. Die kambrischen Gesteine in Schottland bestehen aus Kalkstein und Schieferton, ganz im Gegensatz zu den Gesteinen ausWales. Offensichtlich sind die zwei Gebiete durch eine Art Schranke voneinander getrennt gewesen. Man glaubt, daß der Manx-Schiefer der Insel Man und verschiedene Gesteine aus dem Seengebiet zum Kambrium zu zählen sind und vermutet, daß ein tiefer Trog (Geo-synkline = Falte) in nordost-südwestlicher Richtung quer über England während des Kambriums hinweglief. Die Geosyn-kline bei Harlech war nur eine kleinere in der großen. Die sehr verstreut an der Erdoberfläche liegenden Gesteine des Kambriums ergeben keinen ausreichenden Beweis, aus dem definitive Schlüsse über die Oberflächengeographie zur Zeit des Kambriums gezogen werden können. Die auf Seite 62 gezeigte Karte kann nur eine ungefähre Vorstellung von dem vermitteln, was gewesen sein könnte.
Nordamerika zur Zeitdes Kambriums Nordamerika während des Kambriums hatte keine Ähnlichkeit mit seinen heutigen Konturen. Gleich zu Beginn des Kambriums begann die flache See, das Land zu überspülen, bis 1/3 der heutigen Ausdehnung unter dem Meer lag. Man bedenke aber, daß diese flache See nicht mit den heutigen niedrigen Landstrichen übereinzustimmen braucht. Ihre Lage ist durch die frühen Geosynklinen (Falten) angedeutet. Das sind langgestreckte Depressionen, in deren Nachbarschaft sich später Gebirge aufgetürmt haben. Eine solche Depression lag da, wo sich heute die im Westen liegenden Kordilleren befinden, eine andere im Gebiet der Appalachen. Eine andere Depression bildete sich allmählich über Oklahoma und Texas aus. Eingeschlossen von diesen kontinentalen "Burggräben" lag das niedrige, stabile Innere des ganzen Kontinents. Am Rande wurde alles von Landmassen unbekannten Ausmaßes begrenzt. Dieses Oberflächenbild Nordamerikas dauerte während des ganzen Paläozoikums an. Gesteine des Kambriums sind am besten in den kanadischen Rocky Mountains sichtbar.
KAPITEL 17
Das Ordovizium DIE
Karten von England zeigten in Wales nur drei verschiedene Gesteinsarten. Das waren die Gesteine des Karbons der Kohlenfelder im Süden, der Alte Rotsandstein des Südostens und Übergangsgesteine, die den Rest des Landes bedeckten und vermutlich einfachen Gesteinen auflagen. Sedgwick und Murchison waren 1830 die ersten, die diese Übergangsgesteine genauer untersuchten. In Nordwales fand Sedgwick die Basis der Übergangssteine und arbeitete von da durch die gesamte Schicht nach oben. Er nannte diese Steine kambrisch, denn Cambria war der römische Name für die Provinz Wales. Murchison arbeitete weiter südlich an der Spitze dieser sogenannten Übergangsgesteine. Er nannte diese silurisch, nach dem alten Volksstamm in diesem Gebiet, den Siluren. Als beide Forscher ihre Resultate verglichen, fanden sie in beiden von ihnen untersuchten Gesteinsarten die gleichen Fossilien. Es war daher klar, daß Sedgwicks Oberes Kambrium dem Unteren Silur von Murchison entsprach. In den nachfolgenden Jahren entbrannte ein Streit darüber, wie man diese überlappenden Teile nun endgültig benennen sollte. Erst Charles Lapworth löste 1870 das Problem. Er untersuchte genauer die Fossilien und fand, daß sie doch erhebliche Unterschiede voneinander aufwiesen. Es war daher nicht die Berechtigung für den gleichen Namen beider Gesteinsschichten gegeben. Er schlug den Namen Ordo-vicium vor, ebenfalls nach einem alten Volksstamm jenes Gebietes, den Or-dovicen. Dementsprechend war das Übergangsgestein nun in drei verschiedene Teile aufgespalten, die aus dem Kambrium, dem Ordovizium und dem Silur stammten. Die charakteristischen Fossilien des Ordoviziums sind die der Graptolithen. Man weiß nichts über die weichen Körperteile dieser Tiere, denn nur die äußeren Skelette sind erhalten, und diese sind dann noch zusammengequetscht. Das individuelle Tier war sehr winzig und lebte in becherförmigen Strukturen. Diese waren zu Kolonien zusammengefaßt, entweder hintereinanderliegend oder verzweigt wie ein Baum, dabei auf haltenden Stielen sitzend. Es ist nicht klar, mit welchen lebenden Tieren die Graptolithen verwandt sind. Primitive Formen traten zuerst am Ende des Kambriums auf, erreichten den Höhepunkt ihrer Entwicklung während des Ordoviziums und Silurs und starben dann aus. Während ihrer Entwicklung veränderten sich die Formen der Stiele und Becher sehr stark, so daß man verschiedene Abarten unterscheiden kann. Graptolithen werden in der ganzen Welt gefunden. Zur zeitlichen Festlegung der Gesteinsschichten können die vielen Abarten aber nicht benutzt werden, weil sie viel zu schnell aufeinanderfolgten. Allerdings war Lapworth in der Lage, die Struktur des Südlichen Hochlandes von Schottland durch ein Studium der zeitlichen Folge der Graptolithen zu entwirren. Fast alle Graptolithenfossilien werden in Sedimenten der Tiefsee gefunden, heute hauptsächlich durch Schiefer und Schieferton vertreten. Die Tiere lebten wahrscheinlich in schwimmenden Kolonien, so daß ihre schnelle Ausbreitung über die ganze Erde gesichert war. Das Fehlen von Graptolithen in sandigen und muschelhaltigen Sedimenten des flachen Wassers kann vielleicht dadurch erklärt werden, daß in diesen Materialien unter den rauhen Bedingungen der Nähe der Küste die empfindlichen Skelette vollständig zerstört wurden. Andere wichtige Fossilien des Ordoviziums sind die Trilobiten und Brachiopoden, die in dieser Zeit eine größere Vielfalt als im Kambrium zeigten. Ihre Schalen sind in den sandigen Sedimenten in der Nähe der ursprünglichen Küstenlinien ganz allgemein vorhanden. Die ersten Korallen und Echinodermata sind aus Schichten des Oberen Ordoviziums bekannt, die auch die frühesten Wirbeltiere enthalten. ERSTEN GEOLOGISCHEN
Andere wichtige Fossilien des Ordoviziums sind die Trilobiten und Brachio-poden, die in dieser Zeit eine größere Vielfalt als im Kambrium zeigten. Ihre Schalen sind in den sandigen Sedimenten in der Nähe der ursprünglichen Küstenlinien ganz allgemein vorhanden. Die ersten Korallen und Echinodermata sind aus Schichten des Oberen Ordoviziums bekannt, die auch die frühesten Wirbeltiere enthalten. England zur Zeit des Ordoviziums Die Gesteine des Ordoviziums liegen auf der unregelmäßigen Oberfläche der kambrischen Gesteine, die damit Faltungen und Anhebungen der Erdkruste am Ende des Kambriums anzeigen. Im allgemeinen aber setzt das Ordovizium den Trend des Kambriums fort, indem Sedimente entlang des über England hinweglaufenden Troges aus dem Kambrium abgelagert wurden. Im Gegensatz zur vorhergehenden Zeitperiode war aber die vulkanische Tätigkeit weit verbreitet, verbunden mit einer
Vertiefung des Troges. Die Dicke der Gesteine des Ordoviziums variiert sehr stark als Folge der lokalen vulkanischen Ereignisse und des Vorhandenseins des Troges, in dem verstärkte Sedimentation vorhanden war. Während also in einem Gebiet vulkanische Lava gebildet wurde, wurde in einem anderen schwarzer Schieferton abgelagert und zur gleichen Zeit grober Kies in den Geosynklinen. Daher zeigen die Gesteine des Ordoviziums ein ganz verschiedenes Aussehen, so daß es oft schwierig ist, getrennt an der Erdoberfläche anstehende Gesteine miteinander in Verbindung zu bringen. Infolge der vulkanischen Aktivität und dem damit verbundenen Aufsteigen des Festlandes veränderte sich ständig die Ausdehnung des Meeres und damit auch die Art der Sedimente. Die unterste Schicht des Ordoviziums wird Arenig genannt, deren Basisgestein im allgemeinen im flachen Meerwasser abgelagert wurde. Das Sediment besteht im wesentlichen aus einem Steingemisch und den Auswaschungen der Küstenlinie. Dann folgen dunkle Schiefertonschichten, die in tieferem Wasser entstanden sind und daher Graptolithen enthalten. Das Basisgestein bei Anglesey ist sehr dick und grob und zeigt damit eine nahe Küstenlinie an. Die Graptolithenfossilienfunde setzen sich von Südwales in nordöstlicher Richtung bis in das Gebiet der Seen und des Südlichen Hochlandes von Schottland fort. Sie folgen damit der Geosynkline. Die vulkanische Aktivität in Südwales und Schottland blieb während dieser ganzen Zeit aufrechterhalten. Der Kalkstein im Nordwesten von Schottland zeigt Fossilien, die wieder wie im Kambrium vollständig von denen in Wales verschieden sind, so daß beide Gebiete noch voneinander getrennt waren. Der nächste Gesteinshorizont des Ordoviciums wird Llanvirn genannt, der dem Schieferton des oberen Arenig ähnlich ist. Diese Schichten enthalten jedoch typische Stimmgabel-Graptolithen, nur aus zwei Zweigen bestehend. In einigen Teilen von Nordwales wird dieser Gesteinshorizont fast vollständig durch Vulkangestein repräsentiert. Schieferton und Vulkangestein ist in Shropshire vertreten, während im Seengebiet hauptsächlich Lava vorhanden ist. Llanvirn-Gestein wird nicht im Südlichen Hochland gefunden und ist wahrscheinlich dort nie abgelagert worden. Das gleiche gilt für die Llandeilo-Schichten, die an anderen Stellen über denen des Llanvirns liegen.
Die Llandeilo-Schichten sind nach einer Stadt in Südwales benannt, wo jene aus Sand- und Kalkstein bestehen. Dieses Gebiet muß in der Nähe einer Küste gelegen haben, denn etwas weiter westlich treten im Sediment wieder die feinen Graptolithenfossilien auf. In Shropshire sind die Schichten teilweise mit schaligen Sedimenten und Graptolithen durchsetzt, die Nähe der Küsten damit anzeigend. In Nordwales und im Seengebiet zeigt die Schicht vulkanische Aktivität an. Die oberen Schichten des Ordoviziums werden mit Bala-Horizont benannt, der sich in Caradoc und Ashgill weiter unterteilt. Ashgill ist in Shropshire und Snowdonia wegen Erosion nicht vertreten. Die Küstenlinie war zu jener Zeit in der Nähe des Longmynd-Gebietes von Shropshire, denn das CaradocMeer hat hier viel ältere Gesteine angelagert. Auch in der Bala-Zeit setzte sich die vulkanische Tätigkeit fort; die Lava ist im Schieferton eingebettet. Snowdon selbst besteht größtenteils aus Lava der Caradoc-Zeit. Die nördliche Küstenlinie der großen Falte (Geosynkline) war zu jener Zeit in der Nähe des Südlichen Hochlandes,während im Gebiet von Girvan das Land absank. Hier sind die Bala-Gesteine sehr dicke Kiesschichten und Grauwacken, während der gleiche Horizont bei Moffat von Schieferton, etwa 100 m stark, eingeschlossen ist. Hier lag das ruhigere und damit tiefere Wasser.
Ein schematischer Querschnitt durch den Harlech-Dom in Wales zeigt die Beziehung zwischen den Gesteinen des Kambriums und des Ordoviziums.
Nordamerika im Ordovizium
Am Ende des Kambriums gingen die Inlandseen ständig zurück, so daß in den geologischen Aufzeichnungen hier ein natürlicher Bruch entstand. Die nachfolgende Periode des Ordoviziums, beginnend vor rund 425 Mill. Jahren, brachte ein viel stärkeres Absinken des Festlandes. Es wurde auf eine Anzahl von einzelnen Inseln reduziert, deren Gesamtfläche nur die Hälfte des heutigen Kontinents ausmachte. Aber im wesentlichen war die die Inseln umgebende See nur flach, so daß nur geringe Niveauschwankungen der Wasseroberfläche die Küstenlinien ständig hin- und herschwanken ließen. Zweimal schien es so, als ob der Kontinent wieder vollständig aus dem Wasser emporgestiegen war. Dadurch kann das Ordovizium in drei Gesteinshorizonte unterteilt werden: Den Kanadischen, den von Champlain und den von Cincinnaty, jeder mit deutlich unterscheidbaren
Tierfossilien. Im Staate New York (USA) treten diese Gesteine am besten an die Erdoberfläche. Fast alle Marmor- und Schieferbrüche in den USA stammen aus dem Ordovizium. Während des Ordoviziums erzeugte die Störung von Taconia den ersten Entwicklungsschub der Appalachen, eines Gebirgszuges, der sich von Neufundland bis nach Alabama erstreckte. Er blieb aber nicht lange erhalten, weil er später, etwa in der Mitte der nachfolgenden Zeitperiode, durch die Erosion wieder abgetragen wurde.
KAPITEL 18
Das Silur DAS SILUR
BEGANN etwa vor rund 350 Mill. Jahren unter Bedingungen in England, die denen des vergangenen Ordo viziums sehr ähnlich waren. Es entwickelten sich wieder die schaligen Flachwasserhorizonte, die Kiessedimente in der Nähe der großen Falte und die schwarzen Schiefertone des tiefen Wassers. Vulkane waren außer in dem Gebiet der Mendip-Hügel nicht mehr in Tätigkeit. Die Graptolithen standen weiter auf der Höhe ihrer Entwicklung und bleiben zur Zeitbestimmung die besten Fossilien der Gesteinsschichten des Silur. Die Grap-tolithenformen der vorhergehenden Zeitepoche waren ausgestorben. Dafür gab es jetzt neue, einstengelige: Monograptus. Diese Form bleibt für das Silur ganz charakteristisch. Sie und einige wenige Verwandte waren die letzten Graptolithen, die überhaupt entstanden sind. Die letzten Vertreter dieser Tierfamilie verschwanden am Ende des Silurs und mit ihnen ihre Rasse überhaupt. Im flachen Wasser des Silurs überlebten viele Trilobiten des Ordoviziums. Tri-nucleus und Asaphus aber verschwanden. Formen mit großen Augen wurden sichtbar: Phacops und Dalmanite. Extrem spezialisierte spinnenartige Formen, wie Deiphon, tauchten auf, die wahrscheinlich gute freie Schwimmer waren. Brachio-poden waren sehr zahlreich. In den Gesteinen des Silur sind ganze Muschelbänke erhalten geblieben. Auch riffbildende Korallen gediehen wie heute an den Stellen des Meeres, wo es klar und frei von schlammigen Sedimenten war. Obgleich diese Korallen mit den heutigen nicht verwandt sind, scheint ihre Lebensweise aber identisch gewesen zu sein. Man darf daher darauf schließen, daß das Meer des Silur in Tiefe und Temperatur den heutigen Korallenmeeren ähnlich gewesen sein muß. In Sedimenten des sehr späten Silur treten wenige Schuppen und Wirbel auf, die damit zeigen, daß frühe Fische im Meer anfangen, häufiger zu werden. Das Silur wird in drei Perioden aufgeteilt: Llandovery, Wenlock und Ludlow. Zu Beginn des Llandovery gibt die See von den östlichen Landmassen in Wales mehr frei. Aber im allgemeinen bleiben die Sedimentgebiete die gleichen wie am Ende des Ordoviziums. Die Geographie der Landschaft ist aus dem Studium der Gesteine genau bekannt. So zeigen der Sand- und Schlammstein des flachen Wassers, vermischt mit Muschelschalen, die Nähe einer Küstenlinie im Südosten an. Weiter nordwestlich in Zentralwales liegt sandiger Schlamm bis zu 3000 m dick, ein Zeichen dafür, daß hier der Trog lag. Noch weiter nördlich bei Conway und Criccieth liegt anstelle der genannten riesigen Schicht nur eine 18 m dicke, aus schwarzem Schieferton bestehend. Man glaubt, daß hier ein Trog weit entfernt von irgendeiner Küstenlinie lag, so daß er nur sehr wenig Sedimentmaterial erhielt. Der Seendistrikt war mit Wales direkt verbunden, weil die Fossilien in beiden Gebieten identisch sind. Seine Gesteine bestehen wie die von Conway ebenfalls aus Schieferton, der weit von einer Küste abgelagert worden ist. Kleinere Erdbewegungen während des Llandovery führten dazu, daß das Meer des Oberen Llandovery in Wales sich weiter nach Osten bis in die Gegend von Birmingham ausdehnte. Die Longmynd-Berge in Shropshire ragten aus der See als Inseln heraus. Die entsprechenden Strandbuchten und Sandlöcher sind in diesen Bergen gefunden worden. Auch im Seengebiet dehnte sich das Meer weiter östlich aus. Die Sedimente des Llandovery in der Moffat-Falte (Schottland) enthalten die gleichen Fossilien wie die Gesteine in Wales, so daß beide Gebiete möglicherweise miteinander verbunden waren. Zuerst findet man in Moffat selbst Schichten dünnen Schiefertons, wie es dem Zentrum eines Troges entspricht. Girvan, das weiter nördlich noch näher einer Küstenlinie lag, gibt hier dicke Schichten grober Sedimente frei. Plötzlich sind dann aber auch grobe Sedimente bei Moffat, mehrere 100 m dick, in den Trog hineingetrieben worden. Das war sicher eine Folge der Anhebung des Landniveaus im Norden. Zur gleichen Zeit hörte auch der Trog auf, sich weiter zu vertiefen. Dementsprechend nahmen
die Sedimente mehr und mehr die Struktur der Flachwassergesteine an. Am Ende des Llandovery war der Trog daher fast aufgefüllt. Es konnten sich dort nur noch Gesteine des Wenlock und Ludlow absetzen. Wenlock und Ludlow sind zwei Städte in Shropshire, nach denen die Gesteine benannt wurden. In Shropshire selbst blieb das Meer flach. Vom klaren und warmen Wasser wurde hier Kalkstein niedergeschlagen. Ab und zu wurden dazwischen Schlammschichten eingelagert. Der Kalkstein bildet heute die gutbekannten Bergsäume von Shropshire mit dem dazwischenliegenden Schieferton, die Täler bilden. Ähnliche Gesteine werden in Herefordshire, Gloucestershire und sogar noch östlich in Birmingham gefunden.
In Südwales war zuviel Sedimentmaterial im Wasser vorhanden, um reinen Kalkstein und kalkige Sande und Schlamme abzusetzen. Die letzten Silurgesteine in Shropshire werden von Sandsteinen mit vom flachen Wasser hinterlassenen Rippen gebildet. Die Fossilien sind im Wuchs verkümmerte Brackwasserformen, so daß dieses Gebiet durch Sedimente immer mehr aufgefüllt und vom freien Meer getrennt worden ist. Westlich hiervon, im Trog von Wales, haben sich während des Wenlock und Ludlow grobe Gesteine enormer Dicke abgelagert. Jetzt erscheinen auch in Conway Sandsteine und gemischte Sedimente, die wahrscheinlich von einer emporgehobenen Landmasse im jetzigen St. George's Kanal stammen. Eine weitere Vertiefung des Troges erfolgte nun nicht mehr. Er wurde allmählich bis zur Oberfläche des Meeres aufgefüllt, so daß am Ende des Silur diese Falte nicht mehr bestand. In den Mooren von Denbigh und in Nordwales zeigen Ludlow-Ge-steine tatsächlich Sturzspuren, die hinterlassen wurden, als das hier angesammelte Material durch sein Gewicht den steilen Abfall an der Seite der Erdfalte hinunterrutschte. Die Geschichte des Seengebietes im Wenlock und Ludlow ist der von Wales identisch. Mehr als 3000 m mächtige grobe Sedimente gelangten hier in die Falte, in der vorher nur Schieferton abgelagert worden war. Am Ende des Silur war auch hier der Trog aufgefüllt. Der Auffüllung der drei Tröge folgten große Erdbewegungen. Die Geosynklinen hatten sich bis zu ihrer unteren Grenze ausgedehnt und wurden dann durch Sedimente vollständig aufgefüllt. Schließlich trat am Ende des Silur in ihnen eine Spannung auf, die zur Folge hatte, daß die angesammelten Sedimentgesteine wie in einem Schraubstock zusammengequetscht wurden. Noch heute können die Faltungen und Verwerfungen in diesen Gesteinen gesehen werden. Die Falten bogen sich nach oben, so daß die Spannung in der Erdkruste nachließ: Die Sedimentgesteine sind dabei als Berge nach oben (also über die ursprüngliche Oberfläche hinaus) gehoben worden. Es sind dies die Kaledonischen Berge, die eine Sedimentquelle im folgenden Devon wurden.
Nordamerika während des Silur
Das Silur brachte Nordamerika erneut ein Absinken des Landes. Zu Beginn dieser Zeit waren Berge vorhanden, die jetzt allmählich abgetragen wurden. Ihr Material in Form von feinem Schlamm und Kalkstein setzte sich im flachen Seewasser ab, so daß nur noch ein tiefliegender Kontinent zurückblieb. Zur gleichen Zeit waren aber die nördlichen Appalachen vulkanisch sehr aktiv, die Lavaund Ascheschichten von einer Gesamtdicke von rund 3 000 m erzeugten. Im späten Silur ragte Nordamerika fast vollständig wieder als ein niedrigliegendes strukturloses Land aus dem Wasser heraus. Dabei entwickelte sich im Osten der USA ein großes Wüstengebiet, in dem durch die schnelle Austrocknung des flachen Meerwassers Salz- und Gipslager zurückblieben, die eine Mächtigkeit von fast 500 m erreichten. Die Salzlager in Michigan befinden sich tief unter der jetzigen Erdoberfläche. Das Silurgestein wird in Amerika in drei Horizonte aufgeteilt: Medina, Niagara und Cayuga. Typische Gesteine des Mittleren Silur liegen an der Stelle an der Erdoberfläche, an der der Niagarafall beginnt. Seine obere Schwelle wird von hartem, widerstehendem Kalkstein gebildet, unter dem weniger widerstandsfähiger Schieferton liegt. Dieser wird durch die herabstürzenden Wassermassen herausgespült, bis der darüberliegende schwere Kalkstein keinen Halt mehr findet und herabstürzt. Auf diese Weise wandert der Fall in jedem Jahr beinahe 1 m weiter flußaufwärts.
KAPITEL 19
Das Devon AM ENDE
Silur wurde das Gebiet Englands, das für 200 Mill. Jahre unter dem Meeresspiegel lag, zu Bergen über dem Wasser emporgehoben. Nun wusch die Erosion die Sedimente aus der neuen Landoberfläche aus und transportierte sie wieder in die See zurück. Dort lagerten sie sich in einem neuen Trog ab, der sich zu dieser Zeit bildete und im heutigen Gebiet von Devon und Cornwall lag. Da in Devon entsprechende Gesteine gefunden worden sind, haben erste Geologen sie nach dieser Stadt benannt. Die Grenzgebiete von Wales und das Zentraltal von Schottland blieben zwischen den neuen Bergen als eine niedrigliegende Landschaft erhalten. In ihr sammelten sich die von den Bergen herunterkommenden Gesteine, die durch die Erosion wieder abgetragen wurden. Damit wurde es endlich möglich, sich eine Vorstellung von den Lebensbedingungen auf dem Lande zu machen. DES
Das Waliser Grenzland war zuerst eine flache Meeresbucht, die langsam durch Sedimente aufgefüllt wurde. Dabei trennte sich eines Tages eine Lagune vom offenen Meer ab. Deren Salzgehalt nahm im Laufe der Zeit immer mehr ab, so daß immer weniger Meerestiere überleben konnten. Allmählich hatte sich dieses Gebiet in eine niedrigliegende Küstenlandschaft verwandelt, durch die sich langsam fließende Flüsse wälzten. Süßwasserseen waren sicher auch vorhanden. Man fand in den
Sedimentgesteinen noch die am Boden des flachen Wassers gebildeten Rippen und auch die Risse des Schlamms austrocknender Seen. Die im Sandstein gefundenen Kalksteinkugeln
Die im Sandstein gefundenen Kalksteinkugeln stammen sicher von der Verdampfung harten Wassers in einzelnen kleinen Löchern her. In diesem Gebiet findet man aber nicht die aus groben Steinbrocken gebildeten Sedimente. Solche Mischsedimente können nur da entstehen, wo hohe Berge vorhanden sind und die von ihnen schnell abfließenden Ströme die Gesteinsbrocken transportieren können. Daher glaubt man, daß die neuen Berge in Wales zu dieser Zeit noch nicht sehr hoch waren, sich aber weiter emporfalteten. Alle Sedimente, die während des Devon auf dem Lande entstanden sind, bilden eine Reihenfolge von Gesteinen, die man Alter Roter Sandstein nennt, wobei nicht jede Schicht rot noch sandig sein muß.
Im Grenzland von Wales gibt es z.B. grüne und graue Sande, Schlamm und Kies, die alle zwischen dem typisch roten Sediment abgelagert wurden. Im Alten Roten Sandstein werden Fischfossilien sehr häufig, die in diesem Gebiet noch primitiv und kieferlos waren. Die Tiere lebten von winzigen Pflanzen oder durchwühlten den Schlamm nach Nahrung. Einige Fische scheinen auch im Süßwasser gelebt zu haben. Das Knochenbett im LudlowGestein in Wales ist ein wahrer Fischfriedhof! In einem großen Gebiet bestehen die mehrere cm dicken Gesteinsschichten von Gräten und Fischknochenresten. Anscheinend sind durch den sich plötzlich ändernden Salzgehalt des Wassers die Fische gestorben, die dieser Änderung nicht folgen konnten. Verdampfung des Wassers und damit das Ersticken der Fische kann auch eine Möglichkeit gewesen sein. Fast alle frühen Fische waren durch knochige Hautauswüchse geschützt, wahrscheinlich vor den Verfolgungen durch Eurypterus, einem großen, bis zu 2 m langem Tier, das mit dem Skorpion und den Spinnen verwandt war. Diese Arthropoden lebten zusammen mit den Fischen im Süß- und Salzwasser des Devon. Im Trog des Devon im Süden hat sich eine ganze Reihe von Sedimenten abgelagert, die typisch für diese Zeit waren; größtenteils Kies und Lehm.
Manchmal war nicht genügend Material vorhanden, so daß sich dann auch Kalkstein ablagern konnte. Brachiopoden (Lampenmuscheln) sind die wichtigsten Lebensspuren in den Gesteinen des flacheren Wassers, die zur Zeitbestimmung benutzt werden. In Norddevon und Somerset ist ein Zwischengebiet vorhanden, in dem während des Devon die Küstenlinien ständig hin- und herschwankten. Als Ergebnis findet man hier gemischte Sedimente, Lehm und roter Sandstein vom Festland. Diese Gesteine sind voll von Fossilien, so daß man die Landund Seesedimente in ihrem Alter vergleichen kann.
Schottland im Devon Das Zentraltal von Schottland war ein zwischen Bergen absinkendes Bassin. Die entsprechenden Bewegungen entlang der Falten im Hochland und im Südlichen Hochland erzeugten in den Gesteinen große Brüche, die heute noch gesehen werden können. Auf jeden Fall war dieses ganze Gebiet instabil, wie auch Vulkane im Becken und im Süden in den Cheviot-Hügeln zeigen. Die Erosion der umgebenden Berge ließ an ihrem Fuße riesige, trichterförmige Ablagerungen groben Steingemisches entstehen. Gelegentliche Regengüsse verteilten diese Ablagerungen über den Boden des ganzen Tales. Die Seen in diesem Tal enthielten Fische, die denen des Grenzgebietes in Wales ähnlich waren. Grasähnliche Landpflanzen, die Psilophyten, wuchsen auf den schlammigen Ebenen in der Nähe des Wassers. Weder in Wales noch in Zentralschottland können jüngere Gesteine des Mittleren Devon erkannt werden. Aber sie sind nördlich von Aberdeenshire und Inver-ness-shire vorhanden, wo sich ein neues Becken entwickelte. Hier bestehen die ersten Sedimente aus groben Steinfragmenten, die von den westlich gelegenen Bergen stammten. Über diesen Sedimenten liegt eine dicke Schicht Süßwassersand und Lehm (beide sind nicht rot), die in einem kuriosen periodischen Zyklus abgesetzt worden sind. Zuerst ist Lehm von tiefem Wasser vorhanden, der immer grober wird und nach oben hin allmählich in Sandstein mit Rippenmarkierungen übergeht. Dem folgt wieder Lehm des tiefen Wassers. Dieser Rhythmus kann eine Folge jahreszeitlicher Veränderungen sein. Weiterentwickelte Fische mit Kiefer einschließlich der Urahnen fast aller heute lebender Sorten zeigen an, daß diese Gesteine später gebildet wurden als die im Grenzgebiet von Wales oder im Zentraltal von Schottland. Am Ende des Mittleren Devons gab es heftige Erdbewegungen und weitere vulkanische Eruptionen. Die Täler in Zentralschottland und Inverness-shire vereinigten sich zu einem großen Becken, das sich wahrscheinlich mit dem im Grenzgebiet von Wales liegenden Tal vereinigte und durch einen schmalen Streifen Inlandwassers aufgefüllt wurde. In diesem flachen Wasser sind die hauptsächlich roten Sandsteinsedimente des Oberen Devons entstanden, die aus dem Erosionsmaterial des umliegenden Landes bestehen, das durch den Wind in das Wasser geblasen wurde. Außerdem besaßen die Seen des Oberen Devons Fische, die sich sehr deutlich von denen anderer Gebiete unterscheiden und in diesem Gebiet als Fossilien aufgefunden wurden.
Nordamerika während des Devon Der Beginn des Devon ist in Nordamerika durch eine erneute Invasion des Meeres gekennzeichnet. Es drang zuerst entlang des Appalachen- und Kordilleren-Troges ins Landesinnere, dehnte sich aber später südwärts ins westliche Kanada aus, bis etwa 40 % des Kontinents überflutet war. Korallen wuchsen im klaren Seewasser, während sich ausgedehnte Flächen Kalkstein im überfluteten Gebiet absetzten, das nach dem Silur nur als flachliegendes Land zurückgelassen worden war. Das Silur war für Nordamerika eine ruhige Periode, weil Berge nur in anderen Teilen der Welt gebildet wurden. Aber in der Mitte des Devon hoben sich durch starke Erdbewegungen erneut die Ap-palachen. Dabei entwickelte sich die Akadische Störung, so daß sich am Ende der Zeitspanne die Appalachen von Nova Scotia bis nach North Carolina erstreckten. Die neu entstandenen Berge wurden aber sofort durch starke Ströme und Bäche die Lieferanten von Sedimentmaterial, das im benachbarten Trog abgelagert wurde. Das Ergebnis finden wir heute als die Sandsteine der Catskill-Berge. Die Akadische Falte war von beträchtlicher vulkanischer Aktivität begleitet. Die Gesteine des Devon sind am besten im Staate New York zu finden, wo sie eine imposante Mächtigkeit von 4500 m erreichen.
KAPITEL 20
Das Karbon DAS KARBON,
vor etwa 280 Mill. Jahren begann, hat für die Menschen unserer Zeit eine der wichtigsten Folgen gehabt: Zu jener Zeit existierten die Bedingungen, die die Grundlagen für unsere größten Minerallager bildeten, der Kohle. Warmes, meistens subtropisch-feuchtes Klima ließ in Nordamerika, Europa und Asien und anderen Gebieten der Erde üppige Wälder in großen Sümpfen gedeihen. Allerdings waren die Bäume von unseren heutigen grundsätzlich verschieden. Wenn die Pflanzen starben, fielen sie in das stehende sumpfige Wasser und verkohlten zu den riesigen Kohlenflözen, die heute ausgebeutet werden. Dieser Verkohlungsvorgang lief aber hauptsächlich nur im Oberen Karbon ab. Die Gesteine des Unteren Karbon bestehen meist aus Kalkstein. DAS
Unteres Karbon Am Ende des Devon waren die Britischen Inseln fast ein flaches Land, nachdem die Caledonischen Berge von Wales und dem Südlichen Schottland bis auf Stümpfe abgetragen worden waren. Das Meer in jener Zeit dehnte sich zu Anfang von Süden bis nach Wales und dem südwestlichen England aus, später vom Westen her bis ins nördliche England. Das tiefliegende Land gab sehr wenig Sedimentgestein her, so daß reiner Kalkstein im flachen, warmen Wasser ausgeschieden wurde. Schottland stand gleichzeitig außerhalb des Meeres. Die frühesten Sandsteine des Karbons wurden hier in Süßwasserseen abgelagert. Diese frühe ruhige Zeitperiode wurde durch heftige Erdbewegungen (der Bretonischen) und starke vulkanische Aktivität unterbrochen. Als diese Vorgänge vorüber waren, hatte die See noch mehr Landmassen überflutet. Ganz Nordengland, Nordwales und Teile Südschottlands waren untergegangen, während die Lagunen im Schottischen Zentraltal häufig durch Einbruch von Seewasser überflutet wurden. Teile von Wales dagegen wurden emporgehoben, von denen
Sandmassen durch Erosion wieder in die südlich und nördlich gelegene See hineingelangten. Dabei wurde dann die Ablagerung von Kalkstein an verschiedenen Stellen unterbrochen. Teilweise wurde der Meeresboden im nördlichen England sehr instabil. Schnell absinkende Becken in Lancashire, Derbyshire und Nottinghamshire zogen Sedimente großer Dicke von Schieferton auf sich, in denen dünne Kalksteinschichten eingelagert wurden. Ähnliche Gesteinsschichten entstanden auch im Süden im Trog von Devon-Cornwall. Das Seen-und Gebirgsgebiet war sehr stabil, obwohl es sich auch langsam absenkte. Hier entstanden dicke reine Kalksteinschichten, die sich in das stabile Flachwassergebiet in Süd- und Nordwales, Bristol und in die Mendipregion ausdehnten. Sehr in der Nähe von Schottland lag Northumberland, das ein Übergangsgebiet darstellt, in dem ruhige Zeitperioden mit Perioden schnellen Absinkens abwechselten. Infolgedessen bestehen die Sedimente aus Material, das sich in rhythmischer Reihenfolge in tiefem oder flachem Wasser abgesetzt hat.
Sank das Land nur langsam ab, dann wurde das Wasser mit Sedimenten angereichert, die die Flüsse aus dem Norden mitbrachten. Da sie relativ langsam flössen, bauten sich an ihren Mündungen riesige Deltagebiete auf, ständig genährt von dem angeschwemmten Material. In diesen Deltagebieten entwickelte sich bald ein sehr üppiger, subtropischer Wald, der nach dem erneuten Überfluten durch die See zerstört wurde. Aus dem riesigen Waldgebiet wurde ein Kohlenflöz. Im Oberen Karbon sind dann in noch größerem Maße Kohlenflöze entstanden.
Oberes Karbon In der nächsten Phase starker Erdbewegungen {der Sudetischen) wurde die Geographie weiter verändert. Diese Phase der Gebirgsbildung unterscheidet das Untere vom Oberen Karbon. Jetzt kam die großräumige Entstehung von Kalkstein zu einem Ende.
Das ganze Mittlere Schottische Tal und las Südliche Hochland sank ab und vurde ein großes Deltagebiet, das sich vor den Landmassen des Nordens auslehnte. Northumberland war ein Teil dieses Deltas. An anderen Stellen Nordenglands war lie See zuerst relativ offen, so daß Schieferton und dünne Kalksteinschichten ibgelagert wurden. Aber das Schottische Deltagebiet dehnte sich immer weiter lach Süden aus. Hier brachten die großen Flüsse des Nordens riesige Mengen Sand ind Kieselsteine von den Bergen herunter. Diese Sedimente ließen den grobkörnigen Sandstein entstehen, der als MillstoneKies bekannt ist. Gelegentlich wurde das ganze Delta von ler See überflutet, wie Schichten von Schieferton zeigen, die Fossilien des Vleeres enthalten. Das einzige Gebiet, in lern zu Anfang Kohle entstand, war ler Teil des Schottischen Deltas. An den mderen Stellen bildete der Kies große unfruchtbare Flächen. Sehr ähnliche Bedingungen führten auch in Südwales und der Gegend von Bristol zu Delta-Gebieten. Mit der Zeit überzogen sich die riesigen Sumpfgebiete mit einer üppigen Vegetation. Das war die Zeit, in der die neisten unserer heutigen Kohlenflöze mtstanden. Die Bäume standen damals mehrere cm im Wasser, was ihnen aber nichts ausmachte. Viele ihrer Wurzeln werden heute an den Stellen in den Schichten gefunden, wo sie einstmals wuchsen. In periodischen Zeitabständen wurden die Sümpfe von der See überflutet und die Wälder zerstört, deren Reste als Fossilien erhalten blieben. Das Absinken der Sumpfwälder war mit einem Steigen der Landoberfläche verbunden, so daß wieder neue Quellen zur Bildung riesiger Deltaflächen erschlossen wurden, die in die See hinauswuchsen. Außer in Nordengland und Schottland entstanden in dieser Zeit auch in Südwales und Bristol weitere Deltagebiete, die Kohlenwälder enthielten. Schließlich dehnten sich diese über den größten Teil von Südengland aus, so daß noch in Kent weit im Osten Kohlenflöze des Oberen Karbon gefunden werden können.
Nordamerika während des Karbon Trotz der Differenzen zwischen den Gesteinen des Unteren und Oberen Karbons werden diese Schichten in Europa allgemein zu einem System zusammengefaßt, dem des Karbons. In Nordamerika indessen sind die Differenzen so groß, daß man zwei Systeme und dementsprechend auch zwei Zeitperioden unterscheiden muß: Die des Mississippi (Unteres Karbon) und die des Pennsylvanien
(Oberes Karbon). Zu Beginn der Mississippi-Periode (vor etwa 280 Mill. Jahren) lag ganz Nordamerika über dem Meeresniveau. Aber bald wurde das Land wieder überflutet. Insbesondere blieb das heutige Mississippital für die ganze Zeit unter der Meeresoberfläche. Daher ist in diesem Gebiet das Mississippi-Sedimentsystem besonders gut ausgebildet. Es besteht hauptsächlich aus Kalksteinschichten, die sehr gleichmäßig sind und reichlich viel Fossilien enthalten. Die Schichten erreichen eine Dicke von 750 m.
Gegen Ende der Mississippi-Ära wurde Nordamerika durch eine weit verbreitete Erdbewegung erneut gestört, so daß sich allgemein das Land nicht nur im Gebiet der Appalachen, sondern auch im Colorado-Gebiet hob. Das war aber nur ein Vorgeschmack der Störungen, die am Ende dieser Zeitperiode in der Appa-lachen-Revolution gipfelte. Während der Pennsylvania-Periode (Beginn vor etwa 255 Mill. Jahren) bildete sich langsam im Innern der USA ein weit ausgedehntes Bassin. Dieser Entwicklung folgte ein ständiger Kampf der inzwischen eingedrungenen See mit dem von den Flüssen des Appalachen-Gebirges herstammenden Sedimentmaterial, das im Meer abgelagert wurde. Weitere Gebiete sanken ab, so daß sich die See manchmal bis in die Gegend von Pennsylvanien ausdehnte, während zu anderen Zeiten das Absinken des Landes durch ein Emporsteigen abgelöst und damit die Küstenlinie wieder zum Westen in die Rocky Mountain-Staaten zurückgeschoben wurde. Das Ergebnis war die Entwicklung von tiefliegenden Sümpfen, die mit einer üppigen Vegetation bedeckt wurden und so die Grundlage für die großen Kohlenflöze in Nordamerika bildeten. Eine kontinentale Unruhe während dieser Zeit ließ die Oklahoma-Berge aufsteigen, deren Spuren heute in den Wichita- und Arbuckle-Bergen zu finden sind. Auch Colorado stieg empor, bis ein mittelhohes Bergland entstanden war. Am Ende dieser Zeitperiode verursachte die Marathon-Störung die Entstehung eines Berggebietes in Texas.
KAPITEL 21
Das Perm NACH
Erdbewegung — der Armoricanischen —, mit der das Karbon aufhörte, fing das Perm an. Fast ganz Nordwesteuropa stieg aus dem Meer empor, so daß die offene See nur noch im Süden im Mittelmeergebiet zu finden war. Das wichtigste Ergebnis dieser Erdbewegungen war für England die Entstehung der Faltengebirge in Südwales und Südwestengland. Die Druckrichtung verlief vom Norden nach dem Süden, während die Bogen der aufgefalteten Gesteine (Antidine) in ostwestlicher Richtung lagen, wie man es heute in den Mendip-Hügeln finden kann. Ein sehr trockenes Klima verwandelte fast alles neue Land in eine Wüste. Wie das so in einer Wüste ist, ruft der Wechsel zwischen heißen Tagen und kühlen Nächten eine Expansion bzw. Kontraktion der Gesteine hervor. Dieser Wirkung gab das Gestein an seinen schwachen Stellen nach und zerbrach. Das erodierte Material lagerte sich in Form riesiger Trichterflächen an den Füßen der Berge ab, öfters unterstützt durch sehr heftige Regengüsse. Kleinere Steinpartikel trug der Wind hinweg und lagerte sie an anderen Stellen wieder ab, roten Sandstein zurücklassend. In England gab es zwei niedrigliegende Landflächen, in denen solche Sedimente gesammelt werden konnten, ein kleines Becken in Devon, während sich eine weite Ebene nordwärts ausdehnte, die von den Bergen in den englischen Midlands zum Südlichen Schottland und nördlichen Irland reichte. In Schottland wurden auf dieser Ebene auch Lavagesteine von vulkanischen Eruptionen abgesetzt. Im späten Perm wurde das nördliche England die westliche Küstenlinie eines Inlandsees. Dieser sogenannte Zechsteinsee konzentrierte sich vor allem über Deutschland und reichte bis zum heutigen Toten Meer in Israel. Das Wasser war sehr salzig, eine Folge des Auslaugens des Landes und des Einbruchs der im Süden liegenden See. Das Leben im Zechsteinsee bestand aus Brachiopoden, zweischaligen und röhrenähnlichen riffbildenden Bryozoen. Wegen des starken Salzgehaltes des Wassers waren diese Tiere außerordentlich klein und eigentlich nur verkümmerte Formen. EINER HEFTIGEN
Die Verdampfung des Wassers des Zechsteinsees ließ den Wasserspiegel schneller abnehmen, als er durch die Zufuhr vom Lande her gehalten werden konnte. Die Folge davon war, daß sich im Laufe der Zeit das Salz auf dem Boden des Sees in einer riesigen Schicht absetzte. Die Reihenfolge, in der die im Wasser enthaltenen verschiedenen Salze ausgeschieden werden, hängt dabei von ihrer Löslichkeit ab. Der Dolomit oder Bitterkalk und der Kalkstein lösen sich zuletzt, werden daher zuerst ausgefällt. Ihnen folgen Anhydrit, Gips und schließlich Steinsalz und die Kaliumsalze.
Jedes Mal, wenn die Verdampfung die Zufuhr des Wassers überwog, wurden Yorkshire und Nottinghamshire an der westlichsten Stelle des Zechsteinmeeres von Dolomit- und Gipsschichten überzogen. Zur Zeit der Ablagerung der Kaliumsalze lag das restliche Wasser nur noch östlich im Zentrum des Sees. Daher enthalten die in diesem Gebiet zu jener Zeit entstandenen Sedimentschichten dort, wo sie heute an der Oberfläche anstehen, Dolomit und Kalkstein, gelegentlich mit Gips vermischt und Steinsalzbänder. Bohrlöcher, die noch weiter im Osten niedergebracht wurden, zeigten, daß die Salzschichten immer dicker werden, je weiter man nach Osten geht. Die stärkste Schicht Dolomit (bis zu 240 m dick) bildet entlang der östlichen Seite des Pennins einen Rücken. Der Zechsteinsee war auch westlich des Pennins vorhanden und erstreckte sich bis nach Irland. Hier sind an der Oberfläche roten Sandes, der vom Wind in frühen Zeiten des Perms zusammengetragen worden ist, dünne Dolomitschichten abgelagert worden. Nordamerika während des Perm Das Perm brachte die Paläozoische Ära in Nordamerika zu einem unruhigen und aufregenden Ende. Mehr oder weniger ausgedehnt hatte seit präkambrischen Zeiten die Appalachen-Geosynkline (Falte) existiert, so daß sich in ihrem langsam absinkenden Boden Schichten angesammelt hatten, die eine Dicke von über 12 000 m erreichten. Während der neuen Periode aber wurden nun die Appalachen aus südöstlicher Richtung gegen diese Falte gedrückt, so daß die Sedimente in der Falte wie in einer riesigen Zange zusammengedrückt wurden. Aufgewölbt und aufgebrochen wurden sie in die Bergkette gedrückt, die sich auf der östlichen Küstenlinie bis nach Alabama erstrecken und in der Höhe den gegenwärtigen Alpen durchaus Konkurrenz machen konnten. An einigen Stellen der Falte sind die Gesteine schon früher einmal deformiert worden. Aber die gegenwärtigen Berge der Appalachen stammen aus dieser bergbildenden Zeit. Zu Beginn des Perm war ein großer Teil des Inneren des Kontinents noch unter dem Meeresniveau. Die flache See reichte im Norden bis nach Nebraska und Ohio.
Der Auslauf des Wassers ins offene Meer hinaus wurde aber allmählich durch das aufsteigende Land verhindert. Ein riesiger Inlandsee blieb zurück, der allmählich austrocknete und während dieser Zeit entsprechende Sedimente ausfällte. Das Klima war inzwischen sehr trocken geworden. Die letzten Reste dieses riesigen Sees können in Kansas als sehr ausgedehnte Salzlager gefunden werden. Auch im Westen vollzogen sich wichtige Veränderungen, vor allem durch eine vulkanische Aktivität. Die Gesteinshorizonte des Perm sind vor allem im westlichen Texas ganz gut ausgeprägt, wo sie eine Dicke von 4 200 m erreichen.
Das Mesozoikum
KAPITEL 22
Die Trias IN DER LANGEN Erdgeschichte begann vor 200 Mill. Jahren eine neue Zeitperiode, die der Trias. Es war die Zeit, in der die Reptilien den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichten und schließlich Land, Meer und Luft beherrschten. Die aufregendsten und bestbekannten Tiere jener Zeit waren die Dinosaurier. Fast alle von ihnen waren sehr groß, einige erreichten ein Gewicht von rund 50 t. Der Name Dinosaurier, der übersetzt furchtbare Eidechse bedeutet, ist ein allgemein auf zwei Gruppen von Tieren angewandter, die man in die Saurischia und die Ornithischia unterscheiden muß. Zur ersten Gruppe gehören z.B. Allosaurus und Brontosaurus, zur zweiten Stegosaurus und Trachydon. Die Trias, die erste Zeitperiode des Mesozoikums, war so eine Art Gipfelpunkt in der Entwicklung der Oberflächengestalt Nordamerikas. Das tumulthafte Ende der vorangegangenen Periode hatte die Erzeugung großer Gebirge (Appalachen) gesehen. Der Beginn der Trias dagegen wird von der kontinuierlichen Erosion durch Ströme und Bäche dieser Berge gekennzeichnet. Später jedoch führt eine erneute Faltung und Hebung im Appalachengebirge (die Palisaden-Störung) zu einer schmalen Kette von geneigten Steinschichten, die von tiefen Trögen begrenzt werden. Als diese entstanden waren, dehnte sich auch über ihren Böden die Sedimentation aus, die ihr Material von den umliegenden Bergen erhielt. Auf diese Weise enthalten sie nun ein reichhaltiges Angebot von Gesteinen der Oberen Trias, der zusammengefaßt unter dem Namen Newark-Gruppe oder Horizont bekannt ist. Im Gebiet der gegenwärtigen Rocky Mountains wurden über riesigen Flächen unter wüstenähnlichen Bedingungen kontinentale Sedimente abgelagert. Die roten und purpurroten Schiefertone und Sandsteine bilden heute die aufregende Szenerie der Painted Desert (Bunte Wüste) in Arizona. Im weiten Westen reichte von Kalifornien bis zum südlichen Kanada ein Meeresarm, in dem Schieferton und Kalkstein mit sehr vielen Fossilien entstand.
Die Trias sah den Beginn neuer Erdfalten in Nordamerika. Im Westen wurde ein breiter Landgürtel, von Utah und Nebraska bis nach Kanada reichend, langsam emporgehoben, auf dessen beiden Seiten sich Geosynklinen (Erdfalten) entwickelten, die Küstenfalte im Westen und die Rocky Mountain-Falte im Osten. England während der Trias Der Name Trias stammt aus dem Griechischen und heißt soviel wie Dreiheit. Die Zeitperiode ist so benannt worden, weil in Mitteleuropa (Deutschland) ihre Gesteinsschichten am deutlichsten auftreten. Sie bestehen aus zwei Schichten von Sedimenten, die auf dem Festland entstanden sind und von einer 3. Schicht Meeressediment voneinander getrennt sind (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper). Das Meer hatte sich aber nie so weit westlich bis nach England ausgedehnt, so daß dort alle Triassedimente auf dem Festland gebildet worden sind, das eine riesig ausgeweitete Version des Permflachlandes war. Daher sind die roten Gesteine beider Zeitperioden in ihrem Aussehen so sehr ähnlich. Wenn keine Fossilien in ihnen vorhanden sind^ kann man sie nicht voneinander unterscheiden. Noch in der frühen Trias (Buntsandstein) wurden kleinere und größere Steine vom Hochland abgetragen. Da das Klima feuchter geworden war, gab es mehr und kräftigere Flüsse, deren Wasser alle Steine abrundete. Sie wurden nicht, wie die größeren Steinbrocken während des Perm, in der Nähe des Hochlandes abgelagert, sondern von den gelegentlich stark angeschwollenen Flüssen über weite Flächen des Landes verstreut. Es ist eine interessante geologische Untersuchung, die Herkunft der verschiedenen Arten von Steinen festzustellen; denn teilweise existieren ihre Elterngesteine noch heute. Während der späten Trias {Keuper) verschwanden die Armorican-Hügel. Allgemein besteht der Keuper daher aus feinkörnigem, rotem Sediment. Es wurde aus sehr feinem Schlamm und feiner Erde gebildet, die durch den Wind verstreut und auf dem Boden der Wüste oder in nur zeitweilig vorhandenen Seen abgelagert wurden. Diese Seen entstanden sehr oft als eine Folge gelegentlicher heftiger Regengüsse. Das Regenwasser
löste das im Erdboden enthaltene Salz, so daß auch die Seen salzig wurden. Die nachfolgende Verdampfung ihres Wassers durch die heiße Sonne hinterließ Schichten von Gips und Steinsalz. Diese werden heute in Ceshire, Lanceshire, Worcestershire und Somerset abgebaut. Gegen Ende der Trias verloren die feinkörnigen Sedimente ihre rote Farbe und wurden nun grün, weil im viel feuchteren Klima die roten Eisensalze zu grünen reduziert wurden.
KAPITEL 23
Der Jura DIE GESTEINE
Jura liefern in England ausgezeichnete Bausteine und wertvolle Eisenerzgruben. Außerdem enthalten sie Fossilien der verschiedensten Arten, einschließlich der Reste monströser Reptilien. William Smith, der berühmte englische Geologe, war der erste, der die Jurasteine identifizierte und kartographisch erfaßte. Er gab ihnen 1799 beschreibende, farbenprächtige Namen, die heute noch gebraucht werden. DES
Der Jura (bezeichnet nach Gebirgszügen in Frankreich, Schweiz und Deutschland) begann vor 170 Mill. Jahren. Die in England entstandenen Gesteine dieser Zeitperiode stehen an der Oberfläche in breiten Gürteln an, die sich von der Küste in Dorset zu der in North York-shire erstrecken. Sie tauchen ostwärts etwas unter die Oberfläche und liegen in fast allen Teilen Süd- und Ostenglands unter jüngeren Gesteinsschichten. Am Ende der Trias brach die See von Süden her in das Land ein und überflutete die flachen Wüsten, aus denen England bestand. Zuerst bildeten sich flache Salzwasserlagunen, in denen sich Sedimente des Rhaetischen Horizonts ablagerten, die nie sehr dick wurden. Sie bestehen aus grauen Schiefertonen und dünnen Kalksteinen und enthalten einen Knochenfriedhof. Wahrscheinlich sind das die Reste von Reptilien, die hier starben, als die See zum ersten Male hier einbrach. Einige Geologen verbinden die Rhaetischen Gesteine mit denen der Trias auf dem Kontinent, andere mit den wichtigsten Meeressedimenten des Jura. Später wechselte die Tiefe des Meeres kontinuierlich. Im tiefen Wasser konnte sich Schlamm und Erde absetzen. Im flachen Wasser wurden durch die Tätigkeit der Wellen die leichten Partikel gestört, so daß nur größere und schwerere Sandkörner und Kalkstein sedimentierten.
Unterer und Mittlerer Jura Der Untere Jura (ohne die Rhaetischen Schichten) wird Lias genannt, eine Verballhornung des englischen Wortes für Schichten, layers. Diese Gesteine stammen aus tiefem Wasser und bestehen abwechselnd aus blauen Schiefertonen und eingeschlossenem dünnen Kalkstein. Herrliche Ammoniten und Reptilienreste werden in ihnen gefunden. Insbesondere die Fossilien von den Klippen von Dorset sind berühmt. Die Liasgesteine bilden eine dünne Schicht guten Ackerlandes, die sich über England erstreckt. Am Ende des Lias wurde die See flacher, so daß sich jetzt Kalkstein und andere Sedimente absetzten, besonders im Süden von England. Das Flacherwerden der See setzte sich im Mittleren Jura fort. In den Cotswold-Hügeln bilden die dicken Kalksteine eine steile Wand, die über das Severntal hinausragt. Diese Kalksteine sind ooli-thisch (griechisch, oon = Ei, lithos — Stein). Sie bestehen aus zahlreichen kleinen Kugeln, Fischeiern sehr ähnlich, in deren Zentrum sich entweder ein Sandkorn oder ein Muschelbruchstück befindet, die auf dem Grunde des Jurameeres hin- und hergerollt wurden und dadurch ihre äußere Form erhielten. Im warmen Seewasser hat sich dann um diese Kugeln eine Schicht Kalkstein abgesetzt. Weiter südlich in Somerset und Dorset sind die Steine des Mittleren Jura Sedimente der Tiefsee. Die Kalksteinschichten sind dünn, und außerdem gibt es viel schlammige Sedimente, die später eher leicht hügelige Landschaften bildeten als Berge mit steilen Flanken. Im Norden ist der Mittlere Jura sandiger, während in Northampton der wichtige Eisenstein in Tagebaugruben ausgebeutet wird. Das hervorragende Lincoln-shire Edge besteht dagegen aus Kalkstein. Im äußersten Norden von Yorkshire verändert sich die Landschaft sehr auf-fälKg. Hier bildet der Jura die öden, unfruchtbaren Yorkshire-Moore und die Cleveland-Hügel. Die Gesteine sind meist sandiger Natur, vermischt mit dünnen Schlamm- und Kohlenschichten. Hier gab es im Mittleren Jura ein Delta, aus grobem Sediment der umliegenden Landmassen entstanden. Das Delta entsprach denen des Karbons und trug auch Wälder. Allerdings waren die Bäume den heutigen ähnlicher als denen des Karbons. Aber es entstanden aus diesen Wäldern leider keine Kohlenflöze größeren Ausmaßes. In Schottland sind ebenfalls einige Sandsteine aus Deltagebieten erhalten geblieben.
Der Obere Jura W. Smith nannte die ersten Gesteine des Oberen Jura Cornbrash, weil dieses dünne blaue Kalksteinband in eine ausgezeichnete Ackererde zerfällt, auf der Korn gut wächst. Das Cornbrash kann von Dorset bis nach North Yorkshire verfolgt werden. Da es Meeressediment mit entsprechenden Fossilien darstellt, muß das Delta in Yorkshire abgesunken sein. Einströmender Sand bildet die nachfolgenden Kellaway-Schichten, denen außer in Yorkshire der Oxfordlehm folgt, im tiefen Seewasser entstanden. Danach verflachte die See wieder, und die nächsten Gesteinsschichten {Korallensteine) sind fast überall kalkig oder sandig und enthalten fossi-lierte Korallenriffe. Nun folgte die letzte Periode Tiefseewassers während des Jura, repräsentiert durch den dicken blauen Kimmeridge-Lehm. Daran anschließend wurden die Portland- und Purbeck-Schichten gebildet. Während dieser Zeit war das Ablagerungsgebiet auf eine kleine Bucht zusammengeschrumpft, die Südostengland überdeckte Die Portlandgesteine sind meist dicke oolithische Kalksteine (Portlandzement!), die als Baumaterial berühmt wurden. Steinbrüche in Portlandbill, Dorset, belieferten fast ganz London mit Bausteinen. Der Jura begann mit einer Seewasserinvasion und endete damit, daß sich die See wieder in den Süden zurückzog. Purbeckgesteine sind im Süßwasser entstanden, aus Schlamm und Kalkstein bestehend, in die einzelne Seewassersedimente eingesprengt sind. Am überraschendsten sind die schmutzigen Lager,das ist fossilierte Erde, in der Baumstümpfe dort gefunden werden können, wo sie einstmals standen.
Nordamerika im Jura Der Jura in Nordamerika sah die Weiterentwicklung von Oberflächenformen, die in der vorhergehenden Periode schon entstanden waren. Als sich die Rocky Mountain-Erdfalte langsam vertiefte, dehnte sich die See östlich des sich erhebenden Hochlandes weiter südlich aus. Vielleicht war während des letzten Teiles dieser Periode das Land im Osten bis zum Zentrum von Norddakota und im Süden bis nach New Mexiko untergegangen. Aber später ging die See wieder zurück. Der ursprüngliche Seeboden wurde ein fruchtbares, flaches Land, völlig von einer üppigen Vegetation überdeckt und von zahlreichen trägen Flüssen durchzogen, die vom Hochland nach dem Westen abflossen. Sie verstreuten große Mengen von Schlamm und Kies über das ganze Land, die heute die Morrison-Formation bilden und sich von Colorado im Osten bis nach Utah im Westen, von Neumexiko im Süden bis nach Montana im Norden erstrecken. Hauptsächlich aus Schiefertonen und Sandstein bestehend, ist diese Schicht selten dicker als 120 m, enthält aber herrliche Fossilien des Landtier- und Pflanzenlebens im Jura. In ihr hat man bisher 70 Arten von Dinosauriern und 25 verschiedene Arten von primitiven Säugetieren gefunden. Das zeigt, daß das feuchte niedrige Land ein Paradies der Tiere gewesen sein muß, in dem die stark mäandernden Flüsse für die Fossilierung gute Bedingungen schufen. Es ist aber schwierig, das genaue Alter der Morrisonformation anzugeben, weil die Mannigfaltigkeit der in ihr enthaltenen Fossilien für ganz Nordamerika außergewöhnlich ist. Der Vergleich mit ähnlichen Gesteinen in anderen Kontinenten läßt als Zeitangabe den Späten Jura vermuten. Währenddessen vertiefte sich die in der Trias entstandene Pazifik-Küstengeosynkline auch im Jura weiter. In ihr sammelten sich Sedimente in großen Mengen, die von Flüssen vom Hochland im Osten heruntergetragen wurden. Zwischen den beiden Erdfalten nahm die Erdbewegung an Intensität ständig zu. Sie kulminierte in den ersten großen Erderschütterungen der Alpinen Revolution (der Störung von Nevada), die zur Auffaltung von Gebirgen in den angrenzenden Hochländern führte.
KAPITEL 24
Die Kreidezeit
DIE KREIDEZEIT
ERHÄLT ihren Namen von dem Gestein, das während dieser Zeit hauptsächlich entstanden ist. Die Kreide ist ein blendend weißer, sehr reiner Kalkstein (Kalziumkarbonat), der in England die Landschaften in Lincoln-shire und Yorkshire sowie die Chiltern-Hügel und die Downs in Südengland beherrscht. Entlang der Küsten findet man die spektakulären weißen Klippen. Wo die Kreide aus dem Boden herausgeholt wird, erscheinen die Brüche wie weiße Einschnitte in der sonst grünen Hügellandschaft. Der Kalk entstand in dem klaren warmen Seewasser, das fast ganz England in der Oberen Kreidezeit bedeckte. In der Unteren Kreidezeit waren die Bedingungen ganz anders, entsprechend verschieden sehen die Sedimente aus.
Die Untere Kreidezeit Zu Beginn der Kreidezeit vor rund 130 Mill. Jahren war ganz England trockenes Land. Die Stelle, auf der sich heute London befindet, lag auf einer Landbrücke, die ostwärts bis nach Belgien hineinreichte, westlich in die englischen Midlands. Südlich dieser Brücke lag ein flaches Süßwasserbecken, in dem die letzten Juragesteine entstanden waren. Nördlich aber in Lincolnshire und Yorkshire wurde das Land vom Osten her wieder von Seewasser überflutet. Entsprechend sind die Sedimente beider Gebiete, obwohl von gleichem Alter, vollständig verschieden. Im Süden gibt es abwechselnd Sande und Schiefertone (Wealden-Lager), die von Deltagebieten von Flüssen stammen, die den Londonrücken und die Landmassen von Westengland und Wales durchflössen. Einige der Sedimente, besonders die Tone, wurden im tiefen Wasser abgesetzt, besonders, nachdem der Deltaboden plötzlich absank. Es gab aber auch Zeiten, in denen so viel Sedimente herangewälzt wurden, daß die Deltazonen wieder aus dem Seewasser herausragten. Man hat in ihren Sandsteinen Abdrucke erhalten gefunden, die von Regentropfen und Reptilienfüßen stammen, außerdem Wellenrippen (entstanden im flachen Wasser) und Trockenrisse. Sümpfe waren hier auch vorhanden, wie die Funde von alten Vorfahren des heutigen Schachtelhalmes in fossilierter Erde zeigten. Während Riesenreptilien, wie z.B. Igua-nodon, sich auf den flachen Sanden oder in den sumpfigen Wassern des Wealden-Deltas ausstreckten, wurde in der See über Yorkshire blauer Lehm (SpeetonLehm) mit fossilen Ammoniten angesammelt. Dann muß sich der Ozean erheblich ausgedehnt haben. Alle Deltagebiete des Weald und fast ganz Hampshire und Dorset wurden vom salzigen Seewasser überflutet, das den Londonrücken von Süden her überspülte. Im Norden dehnte sich die See ähnlich aus, bis sich beide an einem schmalen Landkorridor trafen, der am westlichen Ende des Rückens lag. Die in Südengland im flachen Wasser abgelagerten Sedimente sind bekannt als die Unteren Grünsande. Die hier gefundenen Sandsteine sind tatsächlich grün angehaucht. Die Farbe kommt von einem grünen Mineral her, dem Glauconit. Im allgemeinen aber sind die Sedimente in der Form, ihrer Farbe und Dicke so verschieden, daß dieser Name eigentlich nicht zutreffend ist und nur aus Konvention beibehalten wird. Im Norden des Londonrückens sind die Gesteine gleichen Alters gelber Sand, besonders dick in Norfolk und Bedfordshire. Danach folgte eine weitere Ausdehnung des Meeres, so daß wahrscheinlich der ganze Londonrücken überflutet wurde. Im Westen reichte das Meer nun bis Dartmoor und möglicherweise auch bis nach Wales. Im Zentrum der See bildete sich der klebrige blaue Gault Lehm. Er besteht aus sehr feinen Lehmpartikeln und ist reich an Fossilien. In der Nähe der Küstenlinien wurden noch gröbere Gesteinsbrocken im flacheren Wasser angesammelt, die durch die Flüsse vom Land herangebracht worden sind. Diese Schichten werden heute der Obere Grünsand genannt. Für diese Gesteine ist der Name viel besser passend, weil sie wirklich grünlich sind. In Norfolk, Lincoln-shire und Yorkshire, die zu dieser Zeit weit ab von anderen Landmassen unter dem Meer lagen, wurden einige Meter des sogenannten Roten Kalkes abgelagert. Es ist ein ziegelroter, körniger Kalkstein, der reich an Fossilien ist.
Obere Kreidezeit Die Ausdehnung des Meeres erreichte nun in England seinen Höhepunkt. Jetzt gingen auch Irland und Schottland unter. Wahrscheinlich ragten nur die höchsten Bergspitzen von Wales, Schottland und dem Seengebiet aus dem Wasser heraus. Ohne Zweifel wurde über dem ganzen Land Kalk ausgeschieden, der heute aber größtenteils durch die Erosion wieder verschwunden ist. Der älteste Kalk ist von gräulicher Farbe und enthält bis zu 50 % Schlamm und andere Unreinheiten. Mit der Zeit aber klärte sich das Seewasser; der Kalk wurde ständig weißer und reiner. Fossilien von Echinoiden, Crinoiden, Brachiopoden, Ammoniten und Mollusken werden in ihm gefunden. Die die See umgebenden Landmassen müssen fast flach und nicht in der Lage gewesen sein, viel Sedimentmaterial zu liefern. Aus Nordostirland und Westschottland sind indessen grobe Sandsteine der Oberen Kreidezeit bekannt. Das müssen Ablagerungen sehr begrenzter Gebiete in der Nähe der Küstenlinien sein. Aber es muß Flüsse gegeben haben, die zu jener Zeit in die See flossen, denn eine konstante Menge von Kalziumkarbonat war erforderlich, um die große Schichtdicke des abgelagerten Kalksteines zu erreichen. In den obersten Schichten erscheinen Bänder von Flint (glasiges Silizium, SiO2). Wahrscheinlich stammen sie vom Silizium der Gerippe der Kreidezeitschwämme, das später vom eindringenden Wasser gelöst worden ist. Dieses Silizium fiel dann wieder aus, sich um Fossilien herum kristallisierend oder einfach als irregulär geformte Knollen. Die Kreidezeit in Nordamerika Wie in England brachte die Kreidezeit dem nordamerikanischen Kontinent die letzte große Überflutung. Obleich beide Küstenlinien, die des Atlantik und die des Golfes von Mexiko, überschwemmt wurden, geschah der Haupteinbruch des Meeres im Verlauf der Rocky MountainsErdfalte. Gleich zu Beginn drang das Wasser vom Norden und Süden in das Land ein. Wahrscheinlich trafen sich beide Wassermassen irgendwo und drangen nach Osten weiter vor, bis in
der späten Kreidezeit Nordamerika halb überspült war. Ein fast 2000 km breiter Meeresarm teilte den Kontinent in zwei Teile, einen breiten, flachen Teil im Osten und einen schmalen, gefurchten westlichen.
Westlich der Rocky Mountains-Falte wurde das Gebirge weiter verbreitet und erhöht, unterbrochen von einigen Ruhepausen der Erdtätigkeit. Bäche und Ströme arbeiteten an den aufsteigenden Bergen und trugen große Mengen Ge-birgsmaterial wieder ab, das sich in den benachbarten Depressionen ablagerte, um andererseits auch wieder zum Neuaufbau des Gebirges verwendet zu werden. Das sich schließende Zeitalter des Mesozoikums war durch die wachsende Unruhe in der Erdkruste gekennzeichnet, die in der zweiten großen Phase der Alpinen Revolution, der Lammid-Orogenesis (griechich, Gebirgsbildung) zum Höhepunkt gelangte. Die riesigen Mengen Gesteinsmaterial, die sich in der großen Rocky Mountains-Falte angesammelt hatten, wurden durch ungeheure Kräfte aus der langen Depression zu dem Gebirge der Rocky Mountains emporgehoben, dessen maximale Breite
rund 800 km beträgt und sich durch den ganzen Kontinent hindurchzieht. Obwohl die Berge einer beträchtlichen Erosion unterlagen und später weiter emporgedrückt wurden, wurde ihre Grundlage in der Zeit der Kreide geprägt. Die ungeheure Menge Gesteinsmaterial, die in dieser einzigen Periode aus der alten Geosynkline herausgepreßt worden ist, erkennt man an der Dicke der Kreidezeitschichten in Wyoming, wo sie 6 km (!) erreicht hat.
Das Känozoikum
KAPITEL 25
Das Tertiär EIN
GROSSER
WECHSEL des Tierlebens eröffnet das Tertiär vor rund 70 Mill. Jahren. Das Zeitalter der
Reptilien war nun vorüber; denn es ist nicht bekannt, daß ein einziger Dinosaurier aus der früheren Kreidezeit überlebte. Auch die Ammoniten waren inzwischen verschwunden, ebenfalls die Belemniten, enge Verwandte des heute lebenden Oktopus (Tintenfischart). Warum all diese Tiere ausstarben, ist nicht bekannt. Die neuen Beherrscher der Erde waren nun die Säugetiere und Vögel. Die Säuger entwickelten eine immer größere Vielfalt und paßten sich allen Umgebungsarten an. Ebenfalls an Zahl und Mannigfaltigkeit nahmen die molluskenartigen Schnecken und zweischaligen Tiere zu. Die Fossilien vieler Tiere, die heute noch leben, sind in den Sedimenten des Tertiärs gefunden worden. Die Fossilien ermöglichen es uns, die Zeitperiode des Tertiärs noch weiter zu unterteilen. Der älteste Teil, das Paläozän, enthält sehr wenige Fossilien von Mollusken, die heute noch leben. Die nächste Periode, das Eozän, enthält schon mehr Fossilien dieser Art. Noch mehr aber hat das Oligozän. Die 4. Unterteilung ist das Miozän, in dem die Anzahl der Fossilien moderner Arten sich ebenfalls vergrößert hat, bei weitem aber nicht die Fossilien der ausgestorbenen Arten übertrifft. Das geschieht erst in der Zeitperiode des Pliozäns.
England im Tertiär Fast während des ganzen Tertiärs war das Klima warm. England und Nordwesteuropa wurde von üppigen Wäldern bedeckt, während in der See die Warmwassertiere wuchsen. Die Temperatur begann erst abzusinken, als das Eiszeitalter zu Beginn des Quartärs startete. Zu Beginn des Eozäns wurden die Sedimente durch Erdbewegungen in Nord-und Westengland emporgehoben. Die Gesteinsschichten in Zentralengland erhielten ihre heute nach Osten geneigte Form, während im Wealdengebiet die Wealden-Anticline aufgeworfen wurde.
Die See zog sich auf Ostengland zurück, wo die einzigen Eozän-Sedimente Englands entstanden, die sich nicht weiter westlich als bis zur Linie Wash-Exe ausdehnen. Heute wird das Sediment in zwei nach unten gerichteten Verwerfungen gefunden, im Gebiet von London und Ost-Anglia und in Teilen von Hampshire, Sussex und Dorset. Ursprünglich waren die zwei Gebiete miteinander verbunden, nur durch die Aufwerfung der Wealden-Anticline unterbrochen. Die ersten Sedimente des Eozäns (Thanet-Sande), die in Kent und Essex gefunden werden, bestehen aus Meeressanden, die auf der Oberfläche einer Schicht von Flintknollen liegen, die aus den umgebenden Kalklandmassen herausgewaschen worden sind. Zu irgendeinem späteren Zeitpunkt während des Eozäns entstanden zwei verschiedene Arten von Sedimenten. Entlang der Küsten wurde Schlamm von den Lagunen angesammelt, während gleichzeitig sandige Deltagebiete entstanden. Weiter im Osten bildeten sich in der See Schichten von Meeressanden und Lehm, in die Meeresfossilien eingeschlossen wurden. So entstanden im Bassin von London die sogenannten Woolwich- und Reading-Lager, die den Thanet-Sanden folgen und ihren Ursprung im Meere haben, während sie weiter im Westen in der Nähe der Küste mehr vom Süßwasser und den Deltagebieten beeinflußt wurden. Die Struktur wird noch dadurch kompliziert, daß sich während des Eozäns ständig die Küstenlinien verschoben. Einer westlichen Invasion des Meeres folgte eine allmähliche Verschlammung der Küste, die das Meer wieder nach Osten zurückdrängte. Daher stellt der den Woolwichschichten folgende London-Lehm eine Erweiterung des Meeres auf das Land dar. Er wurde im Flachwasser gebildet und enthält Meeresfossilien, aber auch Landpflanzen und Tiere, die durch die Flüsse ins Meer hinausgetragen worden sind. Zur gleichen Zeit wurde weiter westlich der deltaförmige Bagshot-Sand gebildet, der sich im Laufe der Zeit nach Osten ausdehnte und dabei das Meer zurückdrängte. Im großen Gegensatz zum schweren Londonlehm ließen die Sande hohes, Wasser gut durchlassendes Heide-und Kiefernland entstehen.
Die ältesten Eozän-Gesteine im Hampshire-Becken haben das gleiche Alter wie die Woolwich- und Reading-Lager im Londoner Becken. Sie sind aber Lehme des Süßwassers, die wahrscheinlich in Lagunen entstanden sind. Aber auch hier erfolgte später ein Seewassereinbruch, so daß in der offenen See London-Lehm und in der Nähe der Küsten Bagshot-Sande abgelagert wurden. Die Gesteine des Eozäns im Londoner Becken scheinen nicht vollständig zu sein; denn im Hampshire-Becken wurden anhand der abgelagerten Sedimente noch zwei weitere Seewassereinbrüche festgestellt. Oligozäne Gesteine werden nur im Hampshire-Becken gefunden. Wenn diese sich auch im Londoner Becken gebildet haben sollten, dann sind sie durch nachfolgende Erosion vollständig abgetragen worden. Das Hampshire-Sediment besteht aus einer 200 m dicken, aus Sand, Lehm und dünnem Kalkstein bestehenden Schicht. Die Küstenlinie lief während dieser Zeit periodisch hin- und her; denn man findet in diesen Schichten Meereswasser- und Süßwassersedimente.
Während des Miozäns wurden durch große Erdbewegungen die Alpen und viele andere Gebirgsketten emporgefaltet. Aber England lag am Rande dieser intensiven Erdtätigkeit, so daß nur geringere Faltungen und Verwerfungen auftraten. Immerhin wurde die Wealden-Verwerfung in Südostengland fertig ausgebildet. Es sind keine Gesteine des Miozäns in England bekannt. Sie existieren in Frankreich und anderen Teilen des Kontinents. Wahrscheinlich war die Landmasse Englands zu dieser Zeit nur ein passiver Spender des Materials für diese Sedimente auf dem Kontinent. Im Pliozän bedeckte die See wieder das südliche und östliche England. Es war in Bezug auf das Seeniveau etwa 200 m tiefer als es heute ist. Im südlichen England stand nur die Wealden-Verwerfung oberhalb des Wassers.
Danach hob sich das Land wieder aus dem Wasser heraus. Es blieben gut erhaltene flache Stufen des Landes erhalten, die von der See in die Kalkhügel hineingeschnitten worden sind. Heute werden sie, die einmal in Meereshöhe lagen, in Bergen von 200 m Höhe und mehr gefunden. An vielen Stellen werden die Stufen an einer ihrer Seiten von senkrechten Wänden begrenzt, die einmal die alte Küstenlinie darstellten. Diese Küstenformationen sind besonders an den Nordhängen der North Downs und entlang der südlichen Hänge der Chiltern-Hügel gut erhalten zu finden. Manche dieser Stufen tragen heute noch pliozäne Seesande und Steine. Noch ausgeprägtere Sedimente des Pliozäns sind die sogenannten Crags in East Anglia, muschelhaltige Sandsteine, die in der Nähe der Küstenlinie entstanden sind. Am Anfang enthalten die Korallen-Crags Fossilien des warmen Wassers des Pliozäns, die nachfolgenden Roten Crags aber die des sich abkühlenden Wassers der beginnenden Eiszeit. Nordamerika während des Tertiärs Die Küsten des Atlantiks und des Golfes von Mexiko blieben fast immer während des Känozoikums von der See überflutet. Die Gesteine dieser Gebiete bestehen im wesentlichen aus Sanden, Lehmen und kalkigen Mergeln, die sich etwa 300 km ins Landesinnere erstrecken. Der Mississippi existierte bereits im Pa-läozän, weil die Gesteine der westlichen Golfküste nicht Meeressedimente sind und viel Lignit enthalten, eine wertlose Braunkohle mit sichtbaren Holzstrukturen. Offensichtlich hat der Strom mit seinen vielen Nebenflüssen hier ein sumpfiges Gelände aufrechterhalten. Die große Dicke von Känozoikumsedimenten im Golf von Mexiko zeigen, daß dieses Gebiet langsam absank und der Mississippi ständig genügend Sedimentmaterial nachlieferte. Weiter südlich in Zentralamerika indessen hob sich das Land empor, und die Sedimente des späten Känozoikums sind nur dünn oder fehlen ganz. Am Ende des Mesozoikums waren die Appalachen in den östlichen USA fast eine flache Ebene. Aber während des Känozoikums hob sich das Land abermals empor, um die uns heute bekannten Appalachen entstehen zu lassen. Hier gab es aber keine Faltungen größeren Ausmaßes, wie die widerstandsfähigen Gesteine der ursprünglich flachen Oberfläche zeigen, die sich nun in Höhen von mehreren 100 m befinden.
Die Erosion der weicheren Gesteine und aussetzendes Emporsteigen erzeugten die heutige komplizierte Landschaft.
Die Laramid-Orogenese am Ende des Mesozoikums hob die Rocky Mountains zu spitzen und wilden Bergen empor. Verschiedene Becken zwischen ihren Bergspitzen blieben übrig, die mit Sedimenten aufgefüllt wurden, so daß im Oligozän das ganze Gebiet eine flache Ebene darstellte. Die Berge wurden in ihrem eigenen Material begraben. Späteres Emporheben ließ die Flüsse sich in dieses Material eingraben, das weggetragen wurde und so die heutige Form der Rocky Mountains entstehen ließ. Die Spitzen der Berge zeigen heute noch Reste der flachen Oberfläche des Oligozäns. Das während der ersten Erosion abgetragene Gesteinsmaterial wurde in den von den Bergen östlich liegenden Ebenen abgelagert. Einige von ihnen sind noch heute als die Hohen Ebenen (High Plains) bekannt, die anderen wurden aber erodiert. Die Lehme und Sande entwickelten oft die Badlands, dem Gebirge vorgelagerte kleinere Hügel, die durch die Erosion entstanden. Der Grand Canyon ist ebenfalls ein Ergebnis des Känozoikums. Hier stieg das Land empor, während sich der Colorado-Fluß etwa 1800 m tief sein Bett in die Gesteinsschichten einschnitt. Die Pazifikküste war verschiedenen Auf- und Abstiegen während dieser Zeit unterworfen. Aber
niemals überflutete die See das Land vollständig. Dicke Landsedimente sammelten sich in den Trögen, die die Sierra Nevada-Berge umgaben, die jetzt emporgehoben wurden. Aber auch vulkanische Tätigkeit war vorhanden. Allerdings erstarb die mit der LaramidOrogenese verbundene Erdbewegung im Eozän, erneuerte sich im Miozän und blieb mit wechselnder Intensität bis zum Pliozän erhalten. Große Landflächen in Columbia sind mit vulkanischer Lava bedeckt, an anderen Stellen zeigen Flußklippen verschiedene hintereinanderfolgende Lavaflüsse. Das Klima während des frühen Känozoikums war warm, auch im Norden, wie verschiedene fossile Pflanzen anzeigen. Aber ständig kühlte sich das Klima ab, bis im Pleistozän die Große Eiszeit begann.
KAPITEL 26
Das Quartär
NUR
ETWA I Mill. Jahre trennt das Ende des Tertiär von der gegenwärtigen Zeit. Diese Zeitperiode umfaßt das Quartär. Wegen seiner Kürze (das Kambrium dauerte z.B. dagegen 100 Mill. Jahre) sind bemerkenswert viele geologische Untersuchungen den vielen ungehärteten, dünnen Sedimenten des Quartärs gewidmet worden. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe. Einmal begann mit dem Quartär die größte Eiszeit der Welt, zum anderen erhob sich ein kurioses Säugetier, das körperlich unbedeutend blieb, aber geistig jede andere Kreatur der Erde übertraf: Das war der Mensch.
Das Quartär wird in eine lange Zeitperiode, das Pleistozän und in eine kurze Zeitspanne, das Holozän, eingeteilt.Das Pleistozän umfaßt die Zeit der Vergletscherung, während das Holozän aus den letzten wenigen Jahrtausenden besteht, die seit dem Ende der Eiszeit verflossen sind. In den Alpengebieten des südlichen Europas kann man 4 verschiedene Eiszeiten während des Quartärs unterscheiden. Sie sind durch mildere interglaziale Perioden voneinander getrennt. Auch in England und Nordamerika können diese 4 Eiszeiten identifiziert werden, obleich es nicht sicher ist, daß diese den europäischen entsprechen. Beweise für eine Vergletscherung in den Sedimenten zu finden, ist schwierig, denn sehr oft wurden die glazialen Ablagerungen in späteren Eisperioden hinweggeschwemmt. Glücklicherweise gibt es aber einen anderen erreichbaren Beweis: Der Einfluß des Eises auf unsere heutige Landschaftsform.
Das Große Eiszeitalter
England ragte zu Beginn des Quartärs teilweise aus dem Wasser heraus. Südostengland war mit dem Kontinent verbunden, während die Themse westwärts in den Rhein floß. Teile Ost-Anglias waren noch unter dem Wasser der heutigen Nordsee und wurden von sandigen Sedimenten (bekannt als Roter Crag) bedeckt, die viele Fossilien des kalten Wassers enthalten. Das ist in England das erste Zeichen der beginnenden Eiszeit. . Unter dem Roten Crag liegen die Sedimente des Tertiärs, die noch Warmwasserfossilien enthielten. Allmählich wurde das Klima immer kälter. Die Gletscher begannen, von den Hochländern in Skandinavien sich südlich auszudehnen. Sie überquerten die Nordsee und erreichten östliche Teile Englands. Aber bevor sie sich weiterschieben konnten, wurde das Klima wieder wärmer. Das Eis taute ab, die Gletscher zogen sich nach Norden zurück. Im Norden von Norfolk blieben dicke Schichten von Geröll zurück, in dem viele große Findlinge zu finden sind. Das Wasser vom abtauenden Eis floß südwärts und lagerte in Hertfordshire Sand und Kies ab. Im Süden von Norfolk enthielt die See wieder Warmwassertiere. Beweise der zweiten Eisausdehnung sind vollständiger. Weit ab von den glazialen Ablagerungen in Ost-Anglia gibt es vom Eise hinterlassene Sedimente in den Englischen Midlands und im Severntal. Die Gletscher kamen diesmal von den hohen Berggebieten in Schottland, Wales und dem nördlichen England. Die Vergletscherung war sehr ausgedehnt; die Eisschichten reichten südlich bis über London hinaus.
Die nachfolgende interglaziale Epoche dauerte ziemlich lange. Süßwasserablagerungen jener Zeit sind in Aushöhlungen in Ost-Anglia erhalten geblieben. Die Sedimente enthalten Pollenkörner der Eiche, der Ulme und der Haselnuß, den wichtigsten Bäumen jener Zeit. Flußkiese an anderen Stellen enthielten Reste des die Wärme liebenden Hippopotamus (Nilpferd) und des Elefanten. Es finden sich hier auch vom Menschen gearbeitete Flintwerkzeuge. Die dritte Eiszeit war sehr wirkungsvoll. Wieder sind glaziale Ablagerungen in Ost-Anglia, den Englischen Midlands und im Severntal zu finden. Aber die 4. Eiszeit war wesentlich stärker begrenzt als die vorangegangenen. Die überwiegenden Teile der Englischen Midlands blieben eisfrei. Aber in Schottland, dem nördlichen England und in Wales, wo Gletscher vorhanden waren, ist die Landschaftsform stark durch die Wirkung des Eises geformt worden. Die Gletscherbewegungen meißelten aus den steilen Berghängen Steinmaterial heraus, so daß die ursprüngliche V-Form eines Tales sich in eine U-Form umwandelte. Die aus dem schmelzenden Gletscher herausfallenden Felsbrocken stauten die Flüsse auf. Es entstanden Seen, die möglicherweise an anderen Stellen wieder abflössen. Auf diese Weise floß der Fluß Severn einmal nach dem Norden in die Irische See. Durch die Wirkung der Eiszeit hat er aber einen halbkreisförmigen Lauf angenommen und fließt nun in den Bristol-Kanal.
Das Eiszeitalter in Nordamerika In Nordamerika werden zwei Eisschichten deutlich voneinander getrennt erkannt, obwohl sie sich sicherlich kontinuierlich während der ganzen Zeit gebildet haben werden. Eine Eisschicht verließ die Hudson Bay, die andere kam von den Kordilleren. Es ist sehr wahrscheinlich, daß über weite Gebiete die Eisschichten eine Dicke von 3 km und zur Zeit ihrer größten Ausdehnung den Ohio-Fluß erreichten. Wie in Europa waren die Bedingungen während des Großen Eiszeitalters nicht immer gleich. Auch hier gab es 4 Perioden (die von Nebraska, Kansas, Illinois und Wisconsin), die durch interglaziale Zeiten (Aftonische, Yarmouth und Sangamon) unterbrochen worden sind. Und wie in Europa spielten die Gletscher bei der Bildung der heutigen Landschaft fast im gesamten Kontinent eine wichtige Rolle.
Über 20 m hohe Schichten Erde und Gesteine wurden von den Ebenen in Kanada nach dem Süden transportiert. Sie bilden heute das fruchtbare Farmland des nördlichen Zentrums der USA. Die Kanadischen Ebenen erhielten zahlreiche ausgemeißelte Löcher, die heute Seen darstellen. Der Abfluß des Wassers wurde durch die Schmelzwasserflüsse radikal geändert. Auch die Großen Seen sind eine Folge der großen Gletscher.
Wann war die Große Eiszeit? Die Benutzung der Radiokarbon-Methode zur Altersbestimmung hat einiges Licht auf das Alter der pleistozänen Sedimente geworfen. Aber außer für die Sedimente der 4. Vergletscherung und der nachfolgenden Perioden kann keine große Genauigkeit erreicht werden. Eine Untersuchung der Verwitterung der alten Geröllschichten kann helfen, die interglazialen Zeitperioden festzulegen. Aber man kann schließlich auch nur eine Abschätzung ihres Alters erhalten, weil man ja nicht sicher sein kann, daß die Verwitterung im gleichen Tempo ablief, wie sie es heute tut. Aber wir wissen indessen, daß die 2. interglaziale Zwischenperiode länger dauerte und fast ein Drittel des Pleistozäns überdeckte.
Amerikanische Wissenschaftler haben die Radiokarbontechnik benutzt, die 4. Vergletscherung der USA zu untersuchen. Wie diese Methode arbeitet, werden wir im 27. Kapitel auf Seite 125 kennenlernen. Es ist wichtig, daß man in den Schichten, die man untersuchen will, Pflanzenreste findet, die Kohlenstoff enthalten. Die von einem Gletscher transportierten Sedimente enthalten auf jeden Fall Baumstümpfe, die einfach von der Eismasse mitgerissen wurden. Schmolz das Eis ab, dann sammelten sich die Stümpfe am Ende des Gletschers und verwandelten sich langsam in Torf. Die Messung der Radioaktivität dieses Materials macht dann genauere Abschätzungen über das zeitliche Ende der letzten Vergletscherung möglich. Die Eisspitze erreichte ihre südlichste Ausdehnung vor etwa 20 000 Jahren, als sie bei Cincinnati im Staate Ohio lag. Nachfolgendes wärmeres Klima ließ das Eis abschmelzen, so daß die Gletscher nach Norden zurückgingen. Das passierte aber nicht gleichmäßig; manchmal stieß das Eis wieder etwas weiter nach Süden vor. Als es aber schließlich endlich das Gebiet der Großen Seen verließ, war das geologisch erst neulich, nämlich vor nur 8 000 Jahren! Die Eiskappe in England war lange vor dieser Zeit schon verschwunden. Es ist interessant, darauf hinzuweisen, daß die östlichen Gebiete der USA heute noch kältere Winter haben als Orte, die auf gleichen geographischen Breiten in Europa liegen.
Die Zukunft? Die Zeit, seitdem sich die letzten Eisgletscher nach dem Norden zurückgezogen haben, ist sehr kurz. Daher ist es durchaus möglich, daß wir uns in einer neuen interglazialen Periode befinden. Grönland und die Antarktis tragen heute noch große Eiskappen, die sofort zurückkehren können, wenn sich das Klima nur ein wenig verschlechtern sollte. Auf der anderen Seite kann das Eis völlig verschwinden, wenn das Eiszeitalter wirklich zu Ende ist und die Welt in einen Normalzustand zurückgekehrt ist, wenn man annimmt, daß fast in der gesamten Erdgeschichte keine Gletscher vorhanden waren. Dann würde allerdings der Meeresspiegel um 30 m ansteigen. Viele unserer Städte würden ertrinken. Was auch immer die Zukunft bringen wird, die Vergletscherung während der Eiszeiten wird stets ein Objekt der Diskussion bleiben. Das Auftreten der früheren Eiszeiten läßt vermuten, daß das ein periodischer Vorgang ist. Nur eine der Eiszeiten war ja länger als die anderen.
Periodische Veränderungen in der Erdbahn können das Klima verändern. Aber wenn das tatsächlich der einzige Grund gewesen wäre, dann müßten viel mehr Eiszeiten aufgetreten sein. Wir wissen, daß es Sonnenflecken gibt, die periodisch auftreten, und wie diese auf die Sonnenausstrahlung wirken. Es könnte sein, daß es Sonnenfleckenzyklen gibt, die noch größere Effekte zeigen. Das ist sicher eine der besten Hypothesen. Aber von keiner kann endgültig gesagt werden, ob sie richtig oder falsch ist. Das Holozän Seit dem Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 15 000 Jahren, sind Sedimente weniger aufregender Natur gebildet worden. Durch die Meere versteckt werden heute ständig Meeressande und Schlamm abgelagert. Auf dem Land bilden sich Sedimentschichten in Seen und Flüssen. Sogar der Mensch mit seinen überfließenden Müllabfällen ist dabei, ein wichtiger Sedimenthersteller zu werden. Ein besonders wichtiges Ereignis in dieser Zeit war die Abtrennung Englands vom Kontinent Europa.
KAPITEL 27
Die Archäologie und die Naturwissenschaften DER ARCHÄOLOGE
VERSUCHT,
das Leben und die Tätigkeit der Menschen in der Vergangenheit zu rekonstruieren, wie sie lebten, welche Werkzeuge sie benutzten, welche Geschicklichkeiten sie erlangten,welche Krankheiten sie überfielen und welchen Glauben sie hatten. Die Gegenstände zum Aufbau eines solchen Bildes sind die Reste, die solche Leute uns im Boden hinterlassen haben, Knochen, Werkzeuge, Ornamente, Töpfe, Gebäude. In dieser seiner Arbeit wird der Archäologe durch eine große Reihe von anderen Wissenschaften unterstützt, von den Geologen, Zoologen, Botanikern, Chemikern und Physikern. Spezielle wissenschaftliche Kenntnisse ziehen auch aus unbedeutenden Quellen wichtige Erkenntnisse.
Menschliche und tierische Überreste Die gebrochenen Beine eines gefallenen Kriegers können sagen, welche Art von Waffen in den vergangenen Kriegen benutzt worden sind. Auch die Methoden des Gefechtes können rekonstruiert werden. Krankheiten können auf den Knochen ebenfalls ihre Spuren hinterlassen, z.B. die Lepra und die Tuberkulose. Eine Rachitis kann an den Knochen sofort erkannt werden. Diese Krankheit ist ja bekanntlich die Folge eines D-Vitaminmangels und läßt auf Mangel ausreichender Nahrung schließen. Die Zähne in den Skeletten vergangener Menschen geben über die Kost Auskunft, die die Menschen zur Verfügung hatten. Hauptsächlich fleischessende Menschen haben selten schlechte Zähne. Mit dem Anwachsen der Kornnahrung stieg überall die Tendenz des Zahnverfalls an. Knochen von Tieren können oft in der Nähe von menschlichen Siedlungen gefunden werden. Sie sagen aus, welche Tiere im wesentlichen vom Menschen zur Nahrung benutzt worden sind. So können die Tierreste von Weidetieren stammen, die umherziehen, z.B. vom Rentier oder vom Bison. Dann existierte die menschliche Siedlung auch nur zeitweise an einem Ort. Manchmal aber stammen die Tierknochen von Haustieren ab. Diese domestizierten Tiere führen bei weitem nicht mehr das wilde Leben ihr Vorfahren, so daß als Folge sich ihre Skelette veränderten. So wurden z.B. die Stellen wesentlich kleiner, an denen die Muskeln befestigt sind. Die Knochen geben noch andere Hinweise darauf, daß eine menschliche Siedlung die Domestizierung der Tiere vorgenommen hat. Ein großer Teil der Knochen junger Tiere, die hier gefunden werden, sind den Tierknochen nicht ähnlich, die in einer Jägergesellschaft gefunden werden, die erwachsene Tiere zur Nahrung benutzt. So läßt der größte Teil der weiblichen Schafknochen vermuten, daß diese Tiere als Milchspender gehalten wurden.
Steine und Töpferei Wenn man durch Gesteinsschichten Schnitte legt und sie mit einem Mikroskop untersucht, kann der Geologe die in den Steinen enthaltenen Mineralien feststellen. Häufig auftretende Besonderheiten in der Zusammensetzung der Mineralien oder ihrer Lage in der Struktur des Gesteins machen es möglich, den Ursprung der Gesteine herauszufinden, d.h. die Stellen der Erdoberfläche, an denen sie entnommen wurden. In der Vergangenheit wurden die Werkzeuge und Gebäude sehr oft aus harten Gesteinen gebaut. Kann der Geologe ermitteln, wo diese Steine entnommen wurden, dann kann er auch etwas über die Industrie zur Gewinnung dieser Materialen aussagen. So sind z.B. vor 4 ooo Jahren Handäxte aus Stein in England benutzt worden. Diese müssen offensichtlich von einer der vier Fabriken stammen: Cornwall, Nordwales, Seengebiet und Ulster.
Entsprechend können Teile von Tontöpfen unter dem Mikroskop untersucht werden. Auf diese Weise lassen sich die zur Herstellung benutzten Materialen, wie Lehm und Sand, identifizieren. Manchmal kann aus dem Sand, dem Füllmaterial zur Verhinderung des Schrumpfens der Töpfe, geschlossen werden, ob sie am Orte hergestellt oder von anderen Gebieten eingeführt wurden.
Metallene Objekte Die Metalle ersetzten später nach und nach die Gesteine. Hier kann eine mikroanalytische Untersuchung durch Flammenphotometrie und Spektrographie zeigen, welche Grundmetalle zusammengeschmolzen worden sind. Weil die hierfür notwendigen Untersuchungsstücke' so klein sein können, brauchen die Objekte nicht zerstört oder nur sehr wenig beschädigt zu werden. Es gibt sogar eine Methode, die nichts von dem zu untersuchenden Objekt benötigt. Hierbei wird die Oberfläche des metallenen Objektes mit dem Mikroskop oder mit Röntgenstrahlen untersucht. Die Struktur der Metallkristalle kann zeigen, ob das Objekt in einer Form gegossen oder aus einzelnen Stücken herausgehämmert wurde. Die Kristalle zeigen auch, wie die verschiedenen Komponenten zusammengebracht wurden und ob und wie Reparaturen ausgeführt worden sind.
Der archäologische Kalender Die archäologischen Funde können durch zwei Methoden datiert werden. Eine gibt das genaue Alter eines Objektes,wie alt es also tatsächlich in Jahren ausgedrückt ist (absolute Zeiteichung).Bei der anderen Methode wird das Alter relativ zu anderen Objekten bestimmt. Die Kernphysiker haben für die erste Methode dem Archäologen ein wichtiges Handwerkszeug in die Hände gegeben. Das ist die Karbon 14 – Methode:Fast alle Kohlenstoffatome haben ein Gewicht von 12.Aber durch die vom Weltraum auf die Erde eindringende kosmische Strahlung wird eine andere Art Kohlenstoff erzeugt: Eine radioaktive Form mit dem Atomgewicht 14. Ein Teil dieses Kohlenstoffes wird von den Pflanzen zum Aufbau mitverwendet, indem aus der Luft Kohlenstoffdioxyd aufgenommen wird. Durch Fressen nehmen die Tiere diesen Kohlenstoff 14 zu sich. Sterben nun die Pflanzen oder die Tiere, dann wird kein neuer Kohlenstoff mehr benötigt. Der bis zum Tode aufgenommene radioaktive Kohlenstoff 14 aber zerfällt zu Stickstoff. Die Menge, die pro Zeiteinheit sich dabei umsetzt, ist bekannt. Nach 5568 Jahren hat sich erst die Hälfte des Kohlenstoffs 14 umgewandelt, nach weiteren 5 568 Jahren wieder die Hälfte des vorher übriggebliebenen Karbons. Indem man die Menge des radioaktiven Kohlenstoffs 14 mißt, die in alten Hölzern, Knochen, Torfen, Geweihen, Getreidekörnern und Kohle übriggeblieben ist, kann die Menge bestimmt werden, die inzwischen in Stickstoff umgewandelt worden ist und damit die hierzu notwendige Zeit. In Amerika haben die Botaniker eine absolute Zeitskala bis 1 000 v. Chr. aufgestellt, indem sie die Jahresringe an Bäumen auszählten. Diese Ringe verändern entsprechend dem Klima in den verschiedenen Jahren ihre Breite, so daß bei irgendeinem spektakulären Klima eines Jahres die Baumringe besonders auffällig von denen der anderen Jahre abweichen. Da in trockenen Gebieten der Erde Bauholz aus den Häusern der Menschen der Vorzeit gut erhalten geblieben ist, kann man deren Alter feststellen, indem man die Ringe im Holz mit denen von Baumstümpfen vergleicht.
Für die relative Altersbestimmung haben die Archäologen ihre eigenen Methoden entwickelt. So können z.B. Werkzeuge gemäß ihrem Ausführungsstil und ihrer Wirksamkeit relativ datiert werden. Genau so, wie ein modernes Düsenflugzeug eine spätere Entwicklung ist als ein Doppeldecker, kann ein Typ eines in einem Gebiet gefundenen Werkzeugs jünger sein als ein anderes. Botaniker und Chemiker entwickelten sich ergänzende Methoden. Die Botaniker benutzen die Pollenkörner. Wenn nicht der Mensch die natürliche Reihenfolge der an einer Stelle angesammelten Pollen ändert, spiegelt deren Anzahl Klimawechsel wieder. Seit dem Ende des Eiszeitalters ist z.B. das Wetter wärmer geworden. Daher folgten an vielen Stellen der Erde den arktischen Pflanzen subarktische und später sogar Pflanzen des warmen Klimas. Entsprechend veränderte sich der Wald zu Formen, die heute noch vorhanden sind. Findet man nun in der Nähe von archäologisch interessanten Objekten eine beträchtliche Anzahl von Pollen, dann kann das Alter jener Objekte in Beziehung zur Klimaskala gesetzt werden. Manchmal können die Pollen mit der Radiokarbonmethode datiert werden, so daß man schließlich ein absolutes Alter archäologischer Funde ermitteln kann. Chemiker haben die Methoden entwickelt, nur winzige Mengen von Uran, Fluor oder Stickstoff in den Knochen zu messen, die infolge der langen Lagerzeit in die Knochen oder Zähne eingedrungen sind. Die Datierung der Knochen beruht dann darauf, wieviel sie während ihrer Lagerzeit von diesen Substanzen aufgenommen haben.
Ende