Katja Duckek Ökonomische Relevanz von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen
GABLER RESEARCH
Katja ...
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Katja Duckek Ökonomische Relevanz von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen
GABLER RESEARCH
Katja Duckek
Ökonomische Relevanz von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Mareike Schoop
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Hohenheim, 2009 D 100
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Stefanie Loyal Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2348-6
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Geleitwort Verhandlungen sind sowohl im innerbetrieblichen als auch gerade im zwischenbetrieblichen Kontext essentieller Teil jedes Unternehmens. Externe Einflüsse wie Internationalisierung, geänderte Marktsituationen oder neue Technologien haben dabei einen direkten Einfluss auf die Form und die Rahmenbedingungen von Verhandlungen. So werden viele Verhandlungen nicht mehr direkt (also face-to-face) sondern über elektronische Medien geführt. Diese Medien ermöglichen eine effektivere und effizientere Verhandlungsführung über kulturelle, räumliche und zeitliche Grenzen hinweg. Unternehmensverhandlungen – unabhängig davon, ob sie face-to-face oder elektronisch geführt werden – sind Reinformen betrieblicher Kommunikationsprozesse. Erstaunlicherweise widmen sich Verhandlungsanalysen bisher aber primär dem Verhandlungsergebnis und geben damit eine quantitative Bewertung. Die Bedeutung der Kommunikationsprozesse in Verhandlungen ist ein nur rudimentär erforschtes Feld. Dies hat zur Folge, dass die Bewertung von Verhandlungen ebenfalls auf quantitativen Entscheidungsmaßen beruhen, die den Gewinn, die Anzahl der erfolgreichen Abschlüsse pro Zeiteinheit, die Anzahl der verkauften Güter o.ä. angeben. Allerdings ist dies nur eine eingeschränkte Sicht auf die Güte von Verhandlungsprozessen. Die Fragen, ob die getroffenen Entscheidungen angemessen waren, ob alle Vertragspunkte beachtet wurden, ob ein eindeutiger Vertrag geschlossen wurde oder ob aus der Verhandlung eine weiterführende Geschäftsbeziehung resultiert oder verhindert wurde, können durch diese Sicht nicht beantwortet werden. Das Verhalten der Verhandelnden wird durch die elektronischen Medien beeinflusst. Für elektronische Verhandlungen heißt dies, dass die Verhandelnden ihr Kommunikationsverhalten dem Medium anpassen und die Vorteile des elektronischen Austausches effektiv nutzen können. Da die Nachrichten in elektronischen Verhandlungen die einzige Austauschform sind, wird die Kommunikation zum kritischen Erfolgsfaktor. Kommunikationsunterstützung in elektronischen Verhandlungssystemen scheint also unabdingbar zu sein. Deshalb ist es umso erstaunlicher, dass existierende Forschungen das Entscheidungsverhalten und die Verhandlungstaktiken untersuchen und das Kommunikationsverhalten und die verwendeten Kommunikationsstrategien bislang kaum thematisiert haben. Es ist das Verdienst der vorliegenden exzellenten Arbeit, diese Forschungslücke zu schließen. Mit der Untersuchung der Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen und ihrer ökonomischen Auswirkungen wird gezeigt, dass Kommunikationsqualität eine wichtige Erfolgsgröße ist und Auswirkungen auf das Verhandlungsergebnis als kurzfristigen Effekt und auf die Beziehungsqualität als langfristigen Effekt hat. Die Arbeit, die von der Studienstiftung des deutschen Volkes unterstützt wurde, macht Kommunikationsqualität
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in elektronischen Verhandlungen messbar und damit auch für Unternehmen planbar und erlernbar. Sie liefert daher eine wichtige Grundlage für die weitere Verbreitung elektronischer Verhandlungen in der betrieblichen Praxis. Ich wünsche der Arbeit eine entsprechende Verbreitung in Wissenschaft und Praxis. Prof. Dr. Mareike Schoop
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Vorwort “[C]ommunication – the process of sending and receiving messages – is the essence of negotiation and bargaining” (Bednar & Curington 1983, S. 390). Mit der Analyse und Beurteilung von Verhandlungsprozessen und ergebnissen haben sich bereits viele wissenschaftliche Arbeiten aus den unterschiedlichsten Disziplinen befasst. Der Schwerpunkt der elektronischen Verhandlungsforschung lag dabei bislang vorwiegend auf der Untersuchung von Entscheidungsprozessen. Kommunikationsprozesse wurden hingegen noch vergleichsweise wenig untersucht, obwohl Kommunikation als essentieller Bestandteil von Verhandlungsprozessen gilt. Diese Arbeit begründet die Notwendigkeit einer kommunikationsorientierten Sichtweise auf elektronische Verhandlungen. Es wird die Frage beantwortet, welche ökonomische Relevanz die Qualität der Kommunikation in einer elektronischen Verhandlung hat. Dazu wird das Konstrukt der Kommunikationsqualität eingeführt und daraus ein Messinstrument zur Bestimmung der Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen entwickelt. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen von Kommunikationsqualität auf das Verhandlungsergebnis einerseits und auf die Beziehung zum Verhandlungspartner andererseits werden analysiert. Zudem werden Einflussfaktoren auf die Kommunikationsqualität untersucht und auch die Wirksamkeit spezifischer kommunikationsorientierter Verhandlungsunterstützung wird exemplarisch ermittelt. Aus den Ergebnissen werden Implikationen für die wissenschaftliche Forschung sowie das Management von Verhandlungen abgeleitet. Die Arbeit entstand während meiner Zeit als Doktorandin am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik 1 an der Universität Hohenheim. Zum Gelingen dieser Arbeit haben zahlreiche Personen beigetragen, bei denen ich mich herzlich bedanke. Mein Dank gebührt an erster Stelle meiner Doktormutter und Lehrstuhlinhaberin Frau Prof. Dr. Mareike Schoop. Sie hat mein Interesse an wissenschaftlicher Forschung geweckt, mich umfassend unterstützt und mich immer wieder ermutigt, meine Arbeit auch vor der internationalen Forschungscommunity zu präsentieren. Dies hat meine Arbeit in hohem Maße inspiriert. Herrn Prof. Dr. Markus Voeth, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing der Universität Hohenheim, danke ich für seine konstruktiven Hinweise und die Übernahme des Zweitgutachtens. Wertvolle Denkanstöße und Unterstützung bekam ich auch von meinen Kollegen Frank Köhne, Kai Honsel, Bernd Schneider, Andreas Reiser, Philipp Kordowich, Tobias Müller und Alexander Dannenmann. Ganz besonders danke ich Wibke Pörschke für ihre vielen Ratschläge und Hinweise sowie die interessanten fachlichen Diskussionen. Sarah Castaldi, Yuliya Rogachevska und Martin Richter, den wissenschaftlichen Hilfskräften am Lehrstuhl, möchte ich insbesondere für ihr großes Durch-
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haltevermögen danken. Außerdem gilt mein Dank den Forschungspartnern an den Universitäten in Wien, Nimwegen, Tilburg, Regensburg, Tel Aviv und Montreal für die sehr angenehme Zusammenarbeit. Für die finanzielle und ideelle Förderung meines gesamten Dissertationsprojekts danke ich der Studienstiftung des deutschen Volkes sowie meinem Vertrauensdozenten Herrn Prof. Dr. Frank Brettschneider. Ganz besonders möchte ich mich bei meiner Familie bedanken. Der starke Rückhalt und das große Vertrauen meiner Eltern und Geschwister in mich haben meine Dissertation erst ermöglicht. Ich widme diese Arbeit meinem Mann Micha, dem ich mehr als Dank schulde. Er hat mich während meiner Promotionszeit durch alle Höhen und Tiefen begleitet und durch seine bedingungslose Hilfe und Unterstützung entscheidend zum Gelingen dieses Projekts beigetragen. Katja Duckek
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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ............................................................................................. IX Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................XIII Abbildungsverzeichnis .................................................................................... XV Tabellenverzeichnis ...................................................................................... XVII 1
Einführung ................................................................................................... 1 1.1 Notwendigkeit der qualitativen Bewertung elektronischer Verhandlungskommunikation .............................................................. 1 1.2 Fragestellung und Forschungsziel der Arbeit ...................................... 5 1.3 Eingrenzung und Aufbau der Arbeit ..................................................... 7
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Verhandlungs- und Kommunikationsforschung ......................................... 11 2.1 Verhandlungen – Formen und Charakteristika .................................. 11 2.1.1 Verhandlungsbegriff ................................................................. 11 2.1.2 Geschäftsverhandlungen ......................................................... 14 2.1.3 Empirische Verhandlungsforschung ........................................ 24 2.2 Elektronische Verhandlungen – Formen und Ausprägungen ............ 26 2.2.1 Der Begriff elektronische Verhandlung .................................... 26 2.2.2 Formen elektronischer Verhandlungen .................................... 29 2.2.3 Empirische Methoden der elektronischen Verhandlungsforschung ........................................................... 39 2.3 Kommunikation – Verständigung durch Reflexivität .......................... 41 2.3.1 Kommunikationsbegriff ............................................................ 41 2.3.2 Grundlegende Kommunikationstheorien.................................. 45 2.3.3 Empirische Kommunikationsforschung .................................... 47 2.4 Elektronische Kommunikation ........................................................... 48 2.4.1 Der Begriff elektronische Kommunikation ................................ 48 2.4.2 Forschungsperspektiven zur elektronischen Kommunikation .. 49 2.5 Zwischenfazit ..................................................................................... 56
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Untersuchungsgegenstand Verhandlungskommunikation ........................ 58 3.1 Verhandlungskommunikation als Verhandeln über Kommunikation . 58 3.1.1 Sachliche Anpassung: Bedeutungsverhandlung ..................... 59
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3.1.2 Zeitliche Anpassung: Verlaufsverhandlung.............................. 66 3.1.3 Soziale Anpassung: Beziehungsverhandlung ......................... 70 3.2 Verhandlungskommunikation als Verhandeln mit Hilfe von Kommunikation .................................................................................. 72 3.2.1 Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen ......................................................................... 73 3.2.2 Charakteristika und Inhalte von Verhandlungskommunikation ................................................... 81 3.2.3 Kommunikationsorientierte Verhandlungsforschung ............... 85 3.3 Elektronische Verhandlungskommunikation ...................................... 88 3.3.1 Wirkungen des Mediums auf elektronische Verhandlungskommunikation ................................................... 89 3.3.2 Kommunikationsverhalten in elektronischen Verhandlungen .. 91 3.3.3 Analysemethoden für elektronische Verhandlungskommunikation ................................................... 97 3.4 Zusammenfassung ............................................................................ 99 4
Qualitative Bewertung elektronischer Verhandlungskommunikation ...... 100 4.1 Qualitätsmanagement ...................................................................... 100 4.2 Bestehende Ansätze und Konstrukte .............................................. 101 4.3 Implikationen und Forschungsansatz .............................................. 109
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Kommunikationsqualität – Theoretisches Modell .................................... 113 5.1 Faktische Ebene: Grounding in elektronischen Verhandlungen ...... 113 5.2 Prozedurale Ebene: Kohärenz in elektronischen Verhandlungen ... 117 5.3 Relationale Ebene: Relationale Kommunikation in elektronischen Verhandlungen................................................................................. 118 5.3.1 Gemeinsame Normen und Werte in elektronischen Verhandlungen ....................................................................... 119 5.3.2 Gemeinsame Identitätsbildung in elektronischen Verhandlungen ....................................................................... 124 5.3.3 Vertrauen in elektronischen Verhandlungen .......................... 125 5.4 Integration: Theoretisches Modell der Kommunikationsqualität ...... 127 5.4.1 Kommunikationsqualitätsmuster ............................................ 128 5.4.2 Interne Modellzusammenhänge ............................................. 130
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Empirische Modellspezifikation ............................................................... 135 6.1 Experimentalsettings: Verhandlungsstudien mit Negoisst ............... 135 6.2 Empirische Ermittlung von Qualitätsindikatoren .............................. 141 6.2.1 Verhandlungsstudie und Datenerhebung mit offenen Fragen .................................................................................... 141 6.2.2 Inhaltsanalyse der Antworten ................................................. 142 6.3 Ermittlung von Variableneignung und -struktur................................ 147 6.3.1 Bildung des Variablensets ..................................................... 147 6.3.2 Analyse der Variableneignung ............................................... 149 6.3.3 Ermittlung der Variablenstruktur ............................................ 154 6.4 Zusammenfassung der Forschungsschritte..................................... 159
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Kommunikationsqualität – Eigenschaften und Effekte ............................ 162 7.1 Deskriptive Analyse der Verständigungsvariablen .......................... 163 7.1.1 Beurteilungen und Zusammenhänge der Verständigungsvariablen ....................................................... 163 7.1.2 Einflüsse von Kontextvariablen .............................................. 167 7.2 Bedeutung von Verständigungstechniken ....................................... 171 7.2.1 Subjektive Wahrnehmung der Technikanwendung ............... 172 7.2.2 Objektive Analyse der Technikanwendung ............................ 179 7.3 Direkte ökonomische Effekte von Kommunikationsqualität ............. 188 7.3.1 Ergebnisdimension ................................................................ 188 7.3.2 Beziehungsdimension ............................................................ 197 7.4 Indirekte ökonomische Effekte: Bedeutung der Kommunikationsstrategie ................................................................ 213 7.4.1 Gegenseitige Anpassung der Kommunikationsstrategie ....... 213 7.4.2 Kurzfristige und langfristige ökonomische Wirkungen ........... 215 7.5 Messinstrument................................................................................ 227 7.5.1 KQ-Indexbildung und Validitätstest ........................................ 227 7.5.2 Analyse- und Einsatzmöglichkeiten in der Praxis .................. 234 7.5.3 Einsatz in der wissenschaftlichen Forschung ........................ 240
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Diskussion der Ergebnisse ..................................................................... 245 8.1 Modell- und Instrumententwicklung ................................................. 245 8.2 Wirkungsanalysen............................................................................ 249
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Zusammenfassung, Implikationen und Ausblick ..................................... 252 9.1 Zusammenfassung .......................................................................... 252 9.2 Implikationen für die Forschung an kommunikationsorientierter Verhandlungsunterstützung ............................................................. 253 9.2.1 Notwendigkeit und Nützlichkeit kommunikativer Verhandlungsunterstützung ................................................... 254 9.2.2 Berücksichtigung der Nutzungsprozesse............................... 254 9.2.3 Unterstützungsmöglichkeiten für elektronische Verhandlungskommunikation ................................................. 256 9.2.4 Gegenüberstellung von Verhandlungsqualitätsmaßen .......... 258 9.3 Implikationen für das Management von Verhandlungen ................. 260 9.4 Grenzen der Arbeit........................................................................... 263 9.5 Zukünftige Forschung ...................................................................... 264
Literaturverzeichnis........................................................................................ 267 Anhang .......................................................................................................... 297
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Abkürzungsverzeichnis AJAX BATNA B2A B2B B2C CBSS CMC CRM CSCW CSR CSS CvK DSS ERP F2F GDSS IKT IT KMO KQ MRT MSA NSS SCM SIDE SIP SRM TAM TQM URL UTAUT
Asynchronous JavaScript and XML Best alternative to a negotiated agreement Business-to-Administration Business-to-Business Business-to-Customer Collective Bargaining Support System Computer Mediated Communication Customer Relationship Management Computer Supported Cooperative Work Corporate Social Responsibility Communication Support System Computervermittelte Kommunikation Decision Support System Enterprise Resource Planning Face-to-face Group Decision Support System Informations- und Kommunikationstechnologie Informationstechnologie Kaiser-Meyer-Olkin Kommunikationsqualität Media Richness Theory Measure of sampling adequacy Negotiation Support System Supply Chain Management Social Identity Model of Deindividuation Effects Social Information Processing Supplier Relationship Management Technology Acceptance Model Total Quality Management Uniform Resource Locator Unified Theory of Acceptance and Use of Technology
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Übersicht Forschungsvorgehen ............................................... 10 Abbildung 2: Übersicht Verhandlungsforschung ........................................... 14 Abbildung 3: Doppelt geknickte Nutzenfunktion ........................................... 33 Abbildung 4: Beispiel für Nutzengraph (Inspire/Invite 2008) ......................... 33 Abbildung 5: Beispiel für Kommunikationsprotokoll (Negoisst 2009) ........... 34 Abbildung 6: Kommunikationsmodell ............................................................ 42 Abbildung 7: Theoretisches Grundmodell der Kommunikationsqualität ..... 127 Abbildung 8: Kommunikationsqualitätsraum ............................................... 128 Abbildung 9: Präferenzeingabe in Negoisst ................................................ 136 Abbildung 10: Nachrichtenübersicht mit numerischen Nutzenwerten in Negoisst ................................................................................. 137 Abbildung 11: Nutzenverlaufsgraphen in Negoisst ....................................... 137 Abbildung 12: Pragmatische Anreicherung in Negoisst ................................ 138 Abbildung 13: Beispiel einer Ontologie in Negoisst ...................................... 139 Abbildung 14: Semantische Anreicherung in Negoisst ................................. 140 Abbildung 15: Überblick über Nennungshäufigkeiten ................................... 144 Abbildung 16: Untersuchungsmodell ............................................................ 162 Abbildung 17: Kategorienschema für Inhaltsanalyse .................................... 181 Abbildung 18: Grafische Clusterübersicht ..................................................... 236 Abbildung 19: Verhandlungsbeurteilungsmatrix ........................................... 260
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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6:
Formen elektronischer Verhandlungen ........................................ 30 Theorienübersicht CMC ............................................................... 50 Kategorisierung von Kommunikationsfunktionen ......................... 77 Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen ............................................................................. 79 Charakteristika der Verhandlungskommunikation ....................... 85 Eigenschaften und Wirkungen von Kommunikation in elektronischen Verhandlungen .................................................... 95
Tabelle 7:
Dualität bei elektronischer Verhandlungskommunikation ............ 96
Tabelle 8: Tabelle 9:
Zuordnung der literaturbasierten Variablen ............................... 112 Beispiele für Kommunikationsqualitätsmuster ........................... 130
Tabelle 10: Wirkungen der Kommunikationstechniken ................................ 134 Tabelle 11: Zufriedenheit der Verhandelnden .............................................. 142 Tabelle 12: Oberbegriffe und Häufigkeit ihrer Nennung ............................... 143 Tabelle 13: Übersicht der Praktiker-Nennungen........................................... 145 Tabelle 14: Auszug aus Fragebogen ............................................................ 149 Tabelle 15: Übersicht der verwendeten Bezeichnungen .............................. 151 Tabelle 16: Reliabilitätsanalyse der Einzelvariablen .................................... 152 Tabelle 17: Reliabilitätsanalyse der zusammengeführten Variablen ............ 154 Tabelle 18: Eignung der Daten für Faktorenanalysen .................................. 155 Tabelle 19: Ergebnisse der Faktorenanalysen (Einzelvariablen) ................. 157 Tabelle 20: Faktorladungen der zusammengeführten Variablen .................. 158 Tabelle 21: Ausprägungen der Verständigungsvariablen ............................. 163 Tabelle 22: Abweichungen auf den Verständigungsvariablen ...................... 164 Tabelle 23: Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdbewertungen .......... 165 Tabelle 24: Korrelationen zwischen Abweichungen der Partner .................. 167 Tabelle 25: Kommunikationsqualität-Faktorwerte ........................................ 168 Tabelle 26: Auswirkungen der Zielsetzung der Verhandelnden ................... 169 Tabelle 27: Auswirkungen des Geschlechts der Verhandelnden ................. 171 Tabelle 28: Technikeinsatz ........................................................................... 173 Tabelle 29: Technikanpassung ..................................................................... 174 Tabelle 30: Auswirkungen der Techniken auf die Kommunikationsqualitätsfaktoren (Experiment 1) ..................... 177
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Tabelle 31: Auswirkungen der Techniken auf die Kommunikationsqualitätsfaktoren (Experiment 2) ..................... 178 Tabelle 32: Durchschnittliche Standardabweichungen bei Codes ............... 183 Tabelle 33: Kommunikationsqualität und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes (individual) ................................................ 184 Tabelle 34: Kommunikationsqualität und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes (joint) ........................................................ 186 Tabelle 35: Korrelationen Verständigungstechniken und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes .................................................................. 188 Tabelle 36: Überprüfung der Modellvoraussetzungen für lineare Regression (Experiment 1) ........................................................ 190 Tabelle 37: Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 1 ......................... 191 Tabelle 38: Zusammenhang zusammengeführte Variablen – Einigung, Experiment 1 .............................................................................. 192 Tabelle 39: Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 2 ......................... 192 Tabelle 40: Logistische Regression für Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 1 .............................................................................. 193 Tabelle 41: Logistische Regression für Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 2 .............................................................................. 194 Tabelle 42: Abbruchgründe .......................................................................... 196 Tabelle 43: Zusammenhang Strategie – Abbruchgrund ............................... 197 Tabelle 44: Hypothesenübersicht ................................................................. 198 Tabelle 45: Korrelationen zwischen Verständigung und Ergebnisvariablen. 200 Tabelle 46: Übersicht der Regressionsmodelle – Zufriedenheit ................... 203 Tabelle 47: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Zufriedenheit .............................................................................. 204 Tabelle 48: Übersicht der Regressionsmodelle – Vertrauen ........................ 206 Tabelle 49: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Vertrauen ................................................................................... 206 Tabelle 50: Übersicht der Regressionsmodelle – Effektivität und Effizienz .. 207 Tabelle 51: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Effektivität und Effizienz ............................................................. 208 Tabelle 52: Übersicht der Regressionsmodelle – Nachverhandlungen ........ 209 Tabelle 53: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Nachverhandlungen ................................................................... 209
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Tabelle 54: Gruppenvergleich Kommunikationsqualität und Nachverhandlungen (Experiment 2) .......................................... 210 Tabelle 55: Übersicht der Regressionsmodelle – Erhalt der Geschäftsbeziehung .................................................................. 211 Tabelle 56: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Erhalt der Geschäftsbeziehung.................................................. 212 Tabelle 57: Strategieanpassung ................................................................... 215 Tabelle 58: Zusammenhang Kommunikationsstrategie – Verhandlungsergebnis ............................................................... 216 Tabelle 59: Logistische Regression für Zusammenhang Kommunikationsstrategie – Einigung ........................................ 217 Tabelle 60: Übersicht der Regressionsmodelle mit Strategie ....................... 219 Tabelle 61: Übersicht der signifikanten Regressionsschätzer im Gesamtmodell mit Strategie ....................................................... 220 Tabelle 62: Zusammenhänge zwischen Technik und Strategie (Selbstwahrnehmung) ................................................................ 222 Tabelle 63: Zusammenhänge zwischen Technik und Strategie (Partnerwahrnehmung) .............................................................. 223 Tabelle 64: Kommunikationsstrategie und Kommunikationsqualität (Einzelvariablen) ........................................................................ 225 Tabelle 65: Kommunikationsstrategie und Kommunikationsqualität (Faktoren) .................................................................................. 226 Tabelle 66: Kommunikationsqualität-Indexwerte .......................................... 229 Tabelle 67: Validitätstest der Messinstrumentergebnisse ............................ 230 Tabelle 68: Übersicht der Regressionsmodelle – Faktorwerte vs. Indexwerte ................................................................................. 230 Tabelle 69: Übersicht der Regressionsschätzer bei Indexwerten ................ 232 Tabelle 70: Clusteranalyse für Kommunikationsqualität und gemeinsamen Nutzenwert ......................................................... 234 Tabelle 71: Clusterübersicht für Kommunikationsqualität und gemeinsamen Nutzenwert ......................................................... 235 Tabelle 72: Clustervergleich Ergebnisvariablen ........................................... 237 Tabelle 73: Übersicht der Kennzahlen.......................................................... 239 Tabelle 74: Zusammenhänge der Kennzahlen ............................................. 240 Tabelle 75: Übersicht der Verhandlungsergebnisse ..................................... 241
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Tabelle 76: Gruppenvergleich Kommunikationsunterstützung ..................... 242 Tabelle 77: Gegenüberstellung von Verhandlungsqualitätsmaßen .............. 259
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1 Einführung Verhandlungen stellen einen zentralen Aspekt unternehmerischen Handelns dar. Die Veränderung des Unternehmenskontextes z. B. durch Internationalisierung und der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien erfordern eine Anpassung von Verhandlungen an die veränderten Rahmenbedingungen, eröffnen aber gleichzeitig neue Möglichkeiten zur effektiven und effizienten Verhandlungsführung über kulturelle, räumliche und zeitliche Grenzen hinweg. Elektronische Medien beeinflussen dabei insbesondere die Kommunikationsprozesse, weshalb diese einer detaillierten Erforschung bedürfen. 1.1
Notwendigkeit der qualitativen Bewertung elektronischer Verhandlungskommunikation Der zunehmende Wettbewerbsdruck als eine von zahlreichen Folgen der Globalisierung zwingt Wirtschaftsunternehmen zu einer ständigen Überprüfung und Optimierung ihrer Geschäftsprozesse. Die gleichzeitige Notwendigkeit einer verstärkten Kundenorientierung führte u. a. zur Entwicklung des Total Quality Management (TQM)-Ansatzes (Rothlauf 2001; Deming 1982; Juran 1951), der eine Verpflichtung aller Unternehmensbereiche und Mitglieder der Wertschöpfungskette auf das Qualitätsziel vorsieht. Um die Qualität des Wertschöpfungsprozesses ständig zu erhöhen, werden zahlreiche Optimierungsstrategien verfolgt und dazugehörige operative Maßnahmen ergriffen. Die Maßnahmen reichen von Weiterbildungen und Jobrotation, über die Anschaffung neuer Maschinen, die Einführung neuer Hard- und Software bis hin zu umfangreichen Organisations- und Prozessumgestaltungen. Während die Qualitätskontrolle in Produktionsprozessen anhand eindeutiger, objektiv bestimmbarer Kennzahlen erfolgen kann, ist sie in anderen Unternehmensbereichen wie Einkauf oder Vertrieb vergleichsweise schwierig. Zwar können beispielsweise die Fluktuation der Zulieferer und Kunden als Maße für effektives oder effizientes Handeln und damit für die Qualität der Leistung von Vertriebs- oder Einkaufsmitarbeitern dienen (Kaplan & Norton 1997), auch die Höhe der realisierten Einsparungen oder die Anzahl der Vertragsabschlüsse sind mögliche Indikatoren, jedoch ist die Ursachenfeststellung bei mangelnder Performanz und die darauf folgende Ableitung von Maßnahmen nicht ohne weiteres durchzuführen. Dies liegt daran, dass Einkaufs- und Vertriebsprozesse – vor allem wenn es sich um die Transaktion komplexer Güter handelt – nicht nur durch individuelle Handlungen, sondern auch durch soziale Interaktion geprägt sind. Mittels sozialer Interaktionsprozesse verhandeln die Partner die Spezifika einer Transaktion. Der Erfolg eines solchen Verhandlungsprozesses hängt dabei (neben äußeren Rahmenbedingungen) nicht nur vom Verhalten einer einzelnen, sondern von allen beteiligten Parteien ab. Ursachen für Abbrüche oder ineffiziente Lösungen sind schwierig zu bestimmen und können
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nur selten genau einem Beteiligten zugeordnet werden, denn das Verhalten der Beteiligten wird durch das Verhalten des jeweiligen Partners und das eigene bisherige Verhalten beeinflusst (vgl. Pfadabhängigkeit, nachweisbar in Form von Markov-Ketten, z. B. Smith et al. 2005). Verhandlungen umfassen Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse. Da die Verhandelnden mit Hilfe von Kommunikation ihre individuellen Entscheidungen austauschen und zu gemeinsamen Entscheidungen gelangen wird die Art und Weise, wie die Verhandlungspartner ihre Kommunikation gestalten, zu einem kritischen Faktor im Verhandlungsprozess: Ohne das Erreichen eines gemeinsamen Verständnisses über die Verhandlungsgegenstände, Zusammenhänge und geltende Verhaltensnormen (als konstantes Ziel der Kommunikation) können keine individuellen Interessen realisiert werden (als variables Ziel der Kommunikation, Burkart 2002, S. 27). Gegenseitige Verständigung bzw. das Erreichen eines gemeinsamen Verständnisses ist sowohl Grundlage für das Erzielen einer Einigung, als auch für die Anwendung von Taktiken und Strategien. Kommunikation bestimmt demnach (mit), welche Entscheidungen getroffen werden, welche Verhandlungsergebnisse letztendlich erzielt werden und vor allem, wie die Verhandelnden diese Ergebnisse und die gesamte Verhandlung bewerten. Deshalb wird Kommunikation häufig als der wichtigste Bestandteil einer Verhandlung angesehen (vgl. Bednar & Curington 1983; Lewicki et al. 2003). In der Literatur wird die Bedeutung der Kommunikation in Verhandlungen zwar hervorgehoben (z. B. Putnam & Roloff 1992; Schoop 2004; Pruitt & Carnevale 1993), nur selten stellt die Verhandlungskommunikation allerdings den Forschungsgegenstand selbst dar: Die Betrachtung von Verhandlungen aus kommunikationsorientierter Perspektive gleicht eher unsystematischem Stückwerk (Thompson 1990). Wenn die Verhandlungskommunikation dennoch analysiert wird, dann meist mit dem Ziel, das Verhalten einer einzelnen Verhandlungsseite zu bewerten und/oder zu verbessern (präskriptive Sichtweise, Individualperspektive (Raiffa 2002, S. 4 und 36f). Die im Vergleich zur entscheidungsorientierten nur gering entwickelte kommunikationsorientierte Perspektive der Verhandlungsforschung zeigt sich auch an den existierenden Verhandlungsbewertungsmaßen. Der Zweck einer Verhandlung im Unternehmenskontext besteht im Abschluss eines Vertrages, der die rechtlichen Bestimmungen für eine spezifische (oder im Falle eines Rahmenvertrags: mehrere) Transaktion(en) festlegt. Um die Effektivität und Effizienz von Verhandlungsprozessen bzw. der daraus resultierenden Transaktionsvereinbarungen zu überprüfen und kontinuierlich zu erhöhen, führen Unternehmen Verhandlungsanalysen, Schulungsmaßnahmen und Feedbackrunden durch. Benchmarks, Kriterien und Kennzahlen, die sich auf die Güte der Entscheidungen der Beteiligten beziehen, existieren zahlreich, z. B. die Höhe des individuell erzielten Verhandlungsergebnisses in Bezug auf Preise, Gewinne, o.ä., oder die Anzahl der Vertragsabschlüsse pro Zeiteinheit. Häufig sind mit den erzielten Verhandlungsergebnissen auch direkte Gratifikationen verbun-
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den, beispielsweise in Form von an Einsparungen gekoppelten Bonuszahlungen. Einer Vielzahl dieser entscheidungsorientierten Ansätze stehen nur vergleichsweise wenige kommunikationsorientierte Ansätze gegenüber. Wie gut in einer Verhandlung kommuniziert wurde, kann bislang nicht verlässlich angegeben werden. Die entscheidungsorientierte Verhandlungsanalyse ermöglicht nur einen sehr beschränkten Einblick in die eigentliche Verhandlung, insbesondere in die darin ablaufenden Prozesse und die langfristigen Folgen. Viele Fragen bleiben offen, wie z. B.: - Sind die getroffenen Entscheidungen nachvollziehbar und argumentativ fundiert? - Wurden alle wichtigen Verhandlungspunkte angesprochen und hinreichend geklärt? - Sind sich die Parteien darüber einig, welche Verpflichtungen sich für sie aus dem geschlossenen Vertrag ergeben? - Wird der Verhandlungspartner erneut Geschäfte mit dem Unternehmen machen wollen? Diese vorrangig kommunikationsbedingten Aspekte haben neben der inhaltlichen auch eine ökonomische Bedeutung: Es ist anzunehmen, dass eine gute Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, die Vollständigkeit eines geschlossenen Vertrags und die Eindeutigkeit von Verpflichtungen die Notwendigkeit von Nachverhandlungen senken, die Effektivität und Effizienz der Vertragserfüllung erhöhen und damit Kosteneinsparpotenziale bergen. Zudem können durch eine umfassende Verständigung während des Verhandlungsprozesses integrative Potenziale aufgedeckt werden, deren Nutzung wiederum bessere Verhandlungsabschlüsse ermöglicht. Noch ein weiterer Grund spricht für eine stärkere Berücksichtigung der Kommunikationsperspektive. Für den Einzelnen zählt bei einer Verhandlung vorrangig sein individueller, kurzfristiger Gewinn. Umfassende Netzwerkbildung, die verstärkte Integration von Kunden und Geschäftspartnern durch Customer Relationship Management (CRM) und Supplier Relationship Management (SRM) sowie integrativere Verhandlungsführung deuten jedoch darauf hin, dass Beziehungsziele in Geschäftsverhandlungen an Bedeutung gewinnen. Greenhalgh und Chapman (1995, S. 182 f., Hervorhebung im Original) stellen dazu fest: “The impact on the relationship is a function of the negotiation process rather than the outcome. […] The future relationship depends more on how the individual was treated than on the utility gain […].” Das Erreichen von Beziehungs- und Identitätszielen, wie etwa der Aufbau und Erhalt langfristiger Geschäftsbeziehungen (verbunden mit daraus resultierenden Lern- und Erfahrungskurveneffekten) oder der Aufbau eines bestimmten Images hängen demnach nicht primär vom individuellen Verhandlungsergeb-
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nis ab. Vielmehr scheint hier die gemeinsame, kommunikative Gestaltung des Interaktionsprozesses von entscheidender Bedeutung zu sein. Standardisierte Prozesse in Einkauf, Vertrieb und Beschaffung werden zunehmend durch Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) unterstützt. Neben bereichsspezifischen Lösungen kommen dabei vermehrt auch integrierte Systeme, wie z. B. Enterprise Resource Planning- (ERP), Supply Chain Management- (SRM) und Customer Relationship Management- (CRM) Systeme, zum Einsatz. Eine repräsentative Umfrage unter deutschen Unternehmen ergab, dass annähernd 70 Prozent der Unternehmen auch in komplexen Transaktionsprozessen (z. B. in Verhandlungen) auf IKT setzen, insbesondere auf E-Mails als Kommunikationsmittel (Schoop et al. 2008). Diese Elektronisierung des Verhandlungsprozesses beeinflusst das Kommunikationsverhalten der Beteiligten. Deterministische Forschungsansätze unterstellen der elektronischen Kommunikation aufgrund ihrer Beschränkung auf den textsprachlichen Kanal und der damit verbundenen geringen sozialen Präsenz der Teilnehmer im Vergleich zur persönlichen Kommunikation defizitär zu sein (Short et al. 1976) – und damit beispielsweise verantwortlich für ineffektive und ineffiziente Verhandlungen. Diese Sichtweise konnte durch empirische Studien widerlegt werden: Die negative Wirkung elektronischer Medien wird nun nicht vollkommen negiert, aber es konnte nachgewiesen werden, dass die Nutzer ihr Kommunikationsverhalten den Eigenschaften des Mediums aktiv anpassen und so dessen negative Effekte kompensieren und gleichzeitig dessen Potenziale gewinnbringend nutzen können (Wolfe & Murthy 2005; Cornelius & Boos 2003). Um die Potenziale elektronisch geführter Verhandlungen (z. B. Schriftlichkeit, räumliche und zeitliche Unabhängigkeit) zu vergrößern und auch leichter nutzbar zu machen, werden in der wissenschaftlichen Forschung elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme entwickelt. Diese haben neben quantitativer Entscheidungsunterstützung das Ziel, medial bedingte Kommunikationsmängel mit Hilfe spezifischer Funktionen zu beheben und damit die Kommunikation zu verbessern (Lim & Benbasat 1993). Die Forschung zu Entscheidungsunterstützungskomponenten ist sehr umfangreich und konnte die positiven Wirkungen auf die Qualität von Entscheidungen bereits vielfältig empirisch belegen (z. B. Delaney et al. 1997). Die Notwendigkeit und Güte von Entscheidungsunterstützung wird daran gemessen, inwiefern sie die Qualität individueller und gemeinsamer Entscheidungen verbessert (etwa anhand der Dauer bis zu einer Einigung, der Integrativität des Ergebnisses oder des Abstands der erreichten Lösung zum Pareto-Optimum). Ein vergleichbarer Beleg für die Kommunikationsunterstützung fehlt bisher. Um die Notwendigkeit und das Vorhandensein von Kommunikationsunterstützung zu rechtfertigen, müsste es ebenfalls ein Maß geben, anhand dessen eine IT-bedingte Veränderung der Kommunikation nachgewiesen werden könnte und mithilfe dessen die Frage beantwortet werden könnte: Ist Kommunikationsunterstützung überhaupt sinnvoll und wenn ja, in welcher Form? Zieht
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man in Betracht, dass über 80 Prozent der Kommunikation in einer elektronischen Verhandlung aus nicht-strukturiertem Inhalt, d.h. nicht aus Angeboten oder Gegenangeboten, sondern aus „freier“ Kommunikation bestehen (Köszegi et al. 2004; Srnka & Koeszegi 2007), so ist anzunehmen, dass diese Kommunikation einen erheblichen Einfluss auf den Verlauf der Verhandlung hat und deshalb umfangreicher Unterstützung bedarf. Die qualitative Betrachtung elektronischer Verhandlungskommunikation stellt für die Forschung in vielfacher Hinsicht ein höchst relevantes Thema dar: (1) Elektronische Verhandlungen gewinnen in der Praxis zunehmend an Bedeutung (Pesendorfer et al. 2007). (2) Kommunikationsorientierte Verhandlungsunterstützung ist im Gegensatz zur entscheidungsorientierten Unterstützung noch vergleichsweise wenig erforscht. (3) In elektronischen Verhandlungen repräsentiert die schriftsprachliche Kommunikation (während der Verhandlungsphase) den wesentlichen Teil der Interaktion zwischen den Beteiligten. Sie kann nicht durch para- oder nonverbale Zeichen beeinflusst werden und wird darüberhinaus meist automatisch dokumentiert, ist also jederzeit wieder einsehbar. Damit wird der Nachrichtenaustausch in einer elektronischen Verhandlung zum kritischen Erfolgsfaktor. Aus diesen Gründen beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Entwicklung eines Beurteilungsmaßes für elektronische Verhandlungskommunikation. 1.2 Fragestellung und Forschungsziel der Arbeit Die Hauptfragestellung dieser Arbeit leitet sich aus dem beschriebenen Mangel an kommunikationsorientierter Verhandlungsforschung und insbesondere an kommunikationsorientierter, elektronischer Verhandlungsunterstützung ab und lautet: Welche ökonomische Relevanz hat die Qualität der Kommunikation in elektronischen Verhandlungen? Zur Beantwortung dieser Frage wird ein Bewertungsinstrument für elektronische Verhandlungskommunikation benötigt. Für die Entwicklung eines solchen Bewertungsinstruments müssen folgende Fragen beantwortet werden: Was ist Kommunikationsqualität im Kontext einer elektronischen Verhandlung? Wie lässt sich die Qualität elektronischer Verhandlungskommunikation bestimmen? Für die Beantwortung dieser Unterfragen wird zunächst eine umfangreiche theoretische Analyse zum Begriff der elektronischen Verhandlungskommunikation durchgeführt. Darauf aufbauend werden qualitätsrelevante Faktoren aus der Theorie und mittels empirischer Verhandlungsforschung bestimmt. Zu den Faktoren gehören kognitive (verstehens- und verständigungsorientierte), affektive (emotionale, ethische, moralische) und prozessorientierte (strukturel-
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le, koordinierende) Variablen. Das theoretische Konstrukt wird anschließend operationalisiert. Die Fragen, wie die Kommunikation der Verhandlungspartner verläuft, wie sie von den Parteien wahrgenommen wird, welche Probleme auftreten und aus welchem Grund, können analog zur Organisationskommunikationsforschung anhand von drei Perspektiven untersucht werden: der Prozessperspektive, der Wahrnehmungsperspektive und den Critical-IncidentAnsätzen (Gray & Laidlaw 2004). Die Wahrnehmungsperspektive wird hier besonders betont: Über die gegenseitige Wahrnehmung der Verhandlungspartner wird die Qualität der Kommunikation bestimmt. Aber auch Prozess- und Critical-Incident-Ansatz werden verfolgt, indem die Verhandlungskommunikation inhaltsanalytisch untersucht wird. Mit dem entwickelten Messinstrument wird die Höhe der Kommunikationsqualität in verschiedenen elektronischen Verhandlungen ermittelt und über die Auswirkungen der Qualitätshöhe auf verschiedene Ergebnisvariablen die ökonomische Bedeutung von Kommunikationsqualität bestimmt. Das Messinstrument schafft außerdem eine Möglichkeit, die elektronische Kommunikation zweier Verhandlungspartner qualitativ zu beurteilen und so festzustellen, inwiefern sie noch Verbesserungspotenziale birgt, um ausgehend davon Unterstützungsmöglichkeiten zu erkennen bzw. existierende Funktionalitäten und Medien auf ihren Qualitätsbeitrag zu testen. Annahme ist, dass eine kommunikative Unterstützungsfunktion dann sinnvoll und notwendig ist, wenn sie in der Lage ist, die Qualität der Kommunikation in der Verhandlung signifikant zu erhöhen. Wichtig zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass hier keine deterministische Sicht auf Verhandlungsunterstützung eingenommen wird. Verhandlungsunterstützungssysteme beeinflussen zwar das individuelle Kommunikationsverhalten, aber die unabhängige Variable in der Gleichung ist die Kommunikation über das System, nicht das System selbst, da der individuelle Umgang mit dem System dessen Wirkungen entscheidend prägt (vgl. Strukturationstheorie, Giddens 1984; DeSanctis & Poole 1994). Mit Hilfe des Messinstruments können anschließend auch weitergehende Fragen untersucht werden, wie z. B. warum zwei Verhandelnde ein bestimmtes Maß an Kommunikationsqualität erreichen, wie sie die Qualität erhöhen können und wie elektronische Kommunikationsunterstützung gestaltet sein sollte. Diese Fragen werden hier jedoch nur periphär behandelt, da sie nicht der Hauptgegenstand dieser Arbeit sind. Der Untersuchung liegt folgendes Modell zugrunde: Der elektronische Verhandlungsprozess erfolgt als schriflticher Nachrichtenaustausch, bei dem sich die Verhandelnden in ihrem Verhalten wechselseitig beeinflussen. Der Prozess wird von äußeren Faktoren, z. B. den Erfahrungen und Kenntnissen der Verhandelnden, ihren Zielen und Erwartungen, den eingesetzten Medien und den organisationalen Rahmenbedingungen geprägt. Am Ende des Verhandlungsprozesses stehen das individuelle (ökonomische) Verhandlungsergebnis (quantifiziert als Nutzenwert) sowie die erreichte Verständigung (quantifiziert als Kommunikationsqualität). Während die Kommunikationsqualität bereits
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während der Verhandlung Auswirkungen auf das erzielte Verhandlungsergebnis haben kann, beeinflussen beide Maße gemeinsam die subjektive (ex-post-) Beurteilung der Verhandlung und damit die langfristigen Effekte. Eine Verbesserung der Kommunikationsqualität – beispielsweise herbeigeführt durch die Nutzung spezifischer elektronischer Unterstützungsfunktionen – müsste sich in einer verbesserten subjektiven Beurteilung der Verhandlung und in der Folge beispielsweise auch in stabileren Geschäftsbeziehungen niederschlagen. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung einer kommunikationsorientierten Sichtweise auf elektronische Verhandlungsprozesse durch die theoretische und empirische Analyse ihrer ökonomischen Relevanz nachzuweisen und damit die Basis für eine erweiterte Forschungsperspektive zu schaffen. Die Ergebnisse dieser Arbeit dienen sowohl der wissenschaftlichen Forschung als auch der Unternehmenspraxis. Mit Hilfe einer validen und reliablen Bewertung von Kommunikationsqualität kann die Entwicklung kommunikativer Verhandlungsunterstützung gezielt vorangetrieben und damit eine Verbesserung elektronischer Verhandlungsprozesse erreicht werden (Schoop et al. 2004). Theoretisch wurde die Notwendigkeit und Bedeutung von Kommunikation und Kommunikationsunterstützung in Verhandlungen bereits erörtert (Weigand et al. 2003; Lim & Benbasat 1993), der mit Hilfe des Kommunikationsqualitätsmaßes durchführbare Hypothesentest erbringt zusätzlich einen empirischen Beleg. Da Kommunikationsqualität ein Interaktionsmaß darstellt, können Verhandelnde mit unterschiedlichen Partnern verschiedene Qualitätsniveaus erreichen. Manager können daraus Informationen gewinnen, die ihnen eine verbesserte Zuordnung von Verhandlungsteilnehmern ermöglicht oder die Initiierung eines spezifischen, partnerorientierten Trainings der Verhandelnden. Das Messinstrument umfasst zudem ein ausführliches gegenseitiges Feedback der Verhandlungspartner. Dies kann Verhandelnden dazu dienen, ihr eigenes Verhandlungsverhalten konstruktiv zu überdenken oder gezielt Schulungen in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich kann die Messung der Kommunikationsqualität mit anderen Verhandlungsmaßen kombiniert werden und so die Grundlage für ein umfassendes Verhandlungscontrolling darstellen. 1.3 Eingrenzung und Aufbau der Arbeit Da Verhandlungen ein sehr umfangreiches Forschungsgebiet darstellen, sind einige Abgrenzungen des Untersuchungsgegenstands notwendig. Die einzelnen Abgrenzungen werden in späteren Kapiteln ausführlich erläutert, sollen jedoch hier bereits im Überblick dargestellt werden. Diese Arbeit beschränkt sich auf die Analyse schriftlich-elektronischer Kommunikation in asynchronen bilateralen Verhandlungen zwischen menschlichen Verhandelnden im zwischenbetrieblichen Kontext. Das bedeutet im Detail folgendes:
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Beschränkung auf schriftliche Kommunikation: Eine grundlegende Eigenschaft der schriftlichen Kommunikation ist die Eindimensionalität des Kommunikationskanals. Es werden außerhalb der textuellen keine para- und nonverbalen Zeichen übertragen, welche die Interpretation des Inhalts beeinflussen könnten. Dies reduziert die Komplexität der Interaktionssituation erheblich. Eine Integration der Eigenschaften anderer Kommunikationsmedien (z. B. auditiver und visueller Kanal) in das hier entwickelte Instrument könnte Gegenstand zukünftiger Forschung sein. Beschränkung auf elektronische Verhandlungen: Der Rückgang persönlicher Verhandlungen zugunsten eines zunehmenden Einsatzes elektronischer Medien (insbesondere E-Mail) für die Verhandlungsführung legt eine genauere Betrachtung dieses spezifischen Kontextes nahe. Ziel dieser Arbeit ist nicht nur eine Status-quo-Analyse dieses Kontextes, sondern zudem das Schaffen einer Grundlage für die Verbesserung der Situation in Form von Weiterentwicklungen im Bereich kommunikationsorientierter, elektronischer Unterstützungsfunktionen. Beschränkung auf Kommunikationsprozesse: Die Arbeit beschränkt sich auf die in Verhandlungen ablaufenden Kommunikationsprozesse. Entscheidungsprozesse werden nicht speziell berücksichtigt, da diese eine stark rational-kognitive Sicht auf Verhandlungen darstellen und bereits Gegenstand umfangreicher Forschung sind. Beschränkung auf asynchronen Austausch: Die Beschränkung auf asynchrone Kommunikation liegt in der Praxis begründet. Synchrone schriftlichelektronische Medien (z. B. Chats) kommen in Geschäftsverhandlungen kaum zum Einsatz (Schoop et al. 2008). Beschränkung auf bilaterale Verhandlungen: Multi-bilaterale und bilaterale Verhandlungen stellen die häufigste Form von Geschäftsverhandlungen dar. Multi-laterale Verhandlungen sind dagegen eher im Bereich der politischen Kommunikation und internationalen Beziehungen zu finden (z. B. Macrory et al. 2005). Beschränkung auf Verhandlungen zwischen menschlichen Teilnehmern: Menschliche Kommunikation ist ein hochkomplexer Prozess, der durch sehr viele Variablen beeinflusst wird. An der Integration von Softwareagenten in von Menschen geführte Verhandlungsprozesse wird derzeit umfangreich geforscht (ur Rehman 2008). Allerdings besteht das Ziel der meisten Unterstützungssysteme nicht darin, Menschen durch Softwareagenten zu ersetzen, sondern die menschliche Verhandlungsführung zu verbessern. Beschränkung auf zwischenbetriebliche Verhandlungen: Zwischenbetriebliche Verhandlungen sind im Zeitalter der Globalisierung und der unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsketten omnipräsent. Die Standorte der Verhandlungspartner sind stark verstreut und die Zusammenarbeit muss aktiv koordiniert werden. Damit stellen zwischenbetriebliche Verhandlungen noch umfangreichere Anforderungen an die Verhandelnden als Verhandlungen im innerbetrieblichen Kontext, da dort bei Bedarf auch persönliche Kontakte möglich sind.
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Die Arbeit beginnt mit einer umfassenden Darstellung des Status Quo der Verhandlungs- und Kommunikationsforschung (Kapitel 2). Ein besonderer Schwerpunkt wird hierbei jeweils auf die elektronische Variante gelegt. Die Darstellung der Verhandlungsforschung ist, angelehnt an Agndal (2007), in die Bereiche Verhandlungskontext, Verhandlungsparteien, Verhandlungsprozess und Verhandlungsergebnisse gegliedert. Zudem werden Probleme der empirischen Verhandlungsforschung dargestellt. Elektronische Verhandlungen werden begrifflich erläutert und ihre verschiedenen Formen beschrieben. Des Weiteren wird ein Überblick über empirische Studien elektronischer Verhandlungsforschung gegeben. Der Kommunikationsbegriff wird ebenfalls definitorisch erläutert. Zur elektronischen Kommunikationsforschung werden die unterschiedlichen Forschungsperspektiven dargestellt. Anschließend werden die Besonderheiten von Verhandlungskommunikation in Form von Charakteristika und Funktionen herausgearbeitet (Kapitel 3). Dies geschieht in zwei Ansätzen: Verhandlungskommunikation als Verhandeln über Kommunikation und Verhandlungskommunikation als Verhandeln mit Hilfe von Kommunikation. Die ermittelten Besonderheiten werden auf die elektronische Verhandlungskommunikation übertragen und ihre Wirkungen auf den verschiedenen funktionalen Ebenen abgeleitet. Kapitel 4 stellt den Qualitätsbegriff und bestehende Bewertungsansätze für Kommunikation vor. Darauf aufbauend wird der hier verfolgte Forschungsansatz vorgestellt. Im fünften Kapitel wird aus den beschriebenen Grundlagen ein theoretisches Modell von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen entwickelt. Abgeleitet aus Theorien der Kommunikations-, Verhandlungs- und Geschäftsbeziehungsforschung werden drei für Qualität grundlegende Kommunikationstechniken (Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation) auf die elektronische Verhandlungskommunikation adaptiert und in das Modell integriert. Zusätzlich wird der Dualitätsaspekt von Verhandlungskommunikation eingebracht. Das theoretische Modell wird mittels umfassender empirischer Analysen verfeinert, überprüft und operationalisiert (Kapitel 6). Das Messinstrument wird anschließend im Rahmen von Verhandlungsexperimenten eingesetzt und somit die Wirkungen von Kommunikationsqualität bestimmt (Kapitel 7). Zudem wird eine bestehende Funktion zur Unterstützung von Kommunikationsprozessen in Bezug auf ihren Einfluss auf die Kommunikationsqualität überprüft. Kapitel 8 umfasst die Diskussion der Ergebnisse, in Kapitel 9 wird die Arbeit abschließend zusammengefasst und Implikationen für Management und Verhandlungsforschung dargestellt. Die folgende Abbildung (Abbildung 1) stellt das Forschungsvorgehen im Überblick dar.
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Stand der Forschung
Theoretische Betrachtung und Ableitung des Forschungsansatzes
Theoretische Modellbildung
Empirisches Konstrukt
Operationalisierung des Konstrukts und Einsatz des Instruments
Diskussion und Implikationen
Abbildung 1:
• Stand der (elektronischen) Verhandlungs- und Kommunikationsforschung • Analyse von Verhandlungskommunikation (Charakteristika, Funktionen)
• Analyse theoretischer Ansätze zur Herstellung "guter" Kommunikation auf Basis der Funktionen von Kommunikation in elektronischen Verhandlungen • Analyse bestehender Qualitätsansätze • Erarbeitung eines eigenen Forschungsansatzes
• Bildung eines Modells aus den theoretischen Ansätzen (faktische, prozedurale und relationale Ebene)
• Empirisch-explorative Ermittlung von Kommunikationsqualitätsvariablen und Analyse der Variablenstruktur • Konstruktbildung aus empirischer Analyse
• Operationalisierung der Konstruktkomponenten • Messung von Kommunikationsqualität • Bestimmung der Effekte von Kommunikationsqualität • Ermittlung von äußeren Einflussfaktoren und Bedeutung des Einsatzes von Verständigungstechniken • Bedeutung der strategischen Komponente • Adaption des Messinstruments für den Einsatz in der Praxis
• Diskussion der Ergebnisse • Ableitung von Implikationen
Übersicht Forschungsvorgehen
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2 Verhandlungs- und Kommunikationsforschung Im Folgenden wird der Status Quo der Verhandlungs- und Kommunikationsforschung beschrieben. Nach der Erläuterung der allgemeinen Begrifflichkeiten werden elektronische Verhandlungen bzw. die elektronische Kommunikation als jeweilige spezifische Ausprägung dargestellt. 2.1
Verhandlungen – Formen und Charakteristika
2.1.1 Verhandlungsbegriff Verhandlungen sind im geschäftlichen, öffentlichen und privaten Alltag omnipräsent. Beispielsweise verhandelt ein Vorgesetzter mit seinen Untergebenen über deren Gehalt, Nationen über Waffenstillstandsabkommen, Autohändler mit Kunden über Gebrauchtwagen oder Ehepartner über die Wahl des nächsten Urlaubsortes. Aufgrund dieser Vielfältigkeit werden Verhandlungen häufig nach spezifischen Merkmalen klassifiziert (Raiffa 2002, S. 87ff), etwa nach der Art und Anzahl der involvierten Parteien (privat, öffentlich, geschäftlich bzw. bilateral, multilateral) und Verhandlungspunkte (einzelattributiv, multiattributiv), der Anzahl der Verhandlungsrunden (Einrunden-, Mehrrundenverhandlungen) oder der Ausrichtung der Verhandlung (distributiv, integrativ). Verhandlungen sind nicht nur in ihren Ausprägungen sehr variabel, sie stellen auch ein interdisziplinäres Untersuchungsobjekt dar. So vereinigt die Verhandlungsforschung Erkenntnisse u. a. aus Ökonomie, Psychologie, Politikwissenschaft, Kommunikationsforschung, Jura, Soziologie, Anthropologie, Informatik und den Verhaltenswissenschaften (Bichler et al. 2003; Lewicki et al. 2003; Bazerman et al. 1991). Je nach Forschungsperspektive divergiert auch die Definition des Verhandlungsbegriffs, etwa zwischen einem Pfad durch einen gemeinsamen Entscheidungsraum (Oliver 2005), einer Marktinstitution zur Ressourcenallokation (McAfee & McMillan 1987) und einer „Grundform, Gewünschtes von anderen Leuten zu bekommen“ (Fisher et al. 2004, S. 19). Unabhängig von ihren spezifischen Merkmalsausprägungen verfügen Verhandlungen über einige allgemeine Charakteristika: Sie finden zwischen zwei oder mehr Parteien statt (Lewicki & Dineen 2002, S. 264). Diese Parteien sind gegenseitig voneinander abhängig (Lewicki et al. 2003, S. 4) und verfolgen unterschiedliche Interessen oder Ziele (Faure 2003, S. 183). Die Ziele können tangibel oder intangibel sein (Lewicki & Dineen 2002, S. 264). Die Verhandelnden treten in einen (friedlichen) Interaktionsprozess (Faure 2003, S. 183). Es handelt sich dabei um einen Prozess des Gebens und Nehmens (Lewicki & Dineen 2002, S. 264), der reflexiv kontextgeformt ist, d.h. Verhandlungen werden beeinflusst durch den Kontext und beeinflussen diesen wiederum selbst (Firth 1995). Das Ergebnis dieses Prozesses muss keine Einigung sein (Faure 2003, S. 183), aber die Parteien müssen vorab den Willen haben, eine Einigung zu erzielen (Lewicki et al. 2003, S. 4). Eine besondere Betonung des Kommunikationsaspekts von Verhandlungen nehmen Bichler et al. (2003) vor.
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Da dieser Aspekt auch hier im Mittelpunkt der Betrachtung steht, wird im Folgenden diese Definition zugrunde gelegt: Eine Verhandlung ist ein schrittweiser Kommunikations- und Entscheidungsfindungsprozess zwischen zwei oder mehr Parteien, die ihre Ziele nicht allein erreichen können, Informationen (kommunikative Akte) austauschen, bestehend z. B. aus Angeboten, Gegenangeboten und Argumenten, gegenseitig voneinander abhängig sind und nach einem Konsens suchen, der einen Kompromiss darstellt. (in Anlehnung an Bichler et al. 2003) Dieses Verhandlungsverständnis weist einen engen Bezug zu kommunikationstheoretischen Ansätzen wie etwa der Sprechakttheorie nach Searle (1969) und der Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas (1984) auf. Danach eignet sich Kommunikation nicht nur, um Dinge zu beschreiben (deskriptive Funktion), sondern auch, um Einfluss auf die Umwelt zu nehmen bzw. diese zu verändern (Handlungsfunktion). Forschungsfeld In Bezug auf die thematische Gliederung der Verhandlungsforschung sind sehr vielfältige Ansätze verbreitet. So wird unterschieden zwischen präskriptiver, abstrakter, ethnographischer, experimenteller und diskursorientierter Verhandlungsforschung (Firth 1995). Carroll und Payne (1991) dagegen differenzieren ähnlich wie später Kramer und Messick (1995) zwischen ökonomischen, strukturorientierten, individuumsorientierten, kommunikationsorientierten und kognitiven Ansätzen. Northcraft und Neale (1991) konstatieren eine Veränderung von statischen zu dynamischen Ansätzen. Statische Ansätze zeichnen sich durch ihre Orientierung an der spieltheoretischen Ökonomie aus, verwenden verhaltenswissenschaftliche Erklärungsansätze und betrachten Kognitionen und Interaktionen als wichtige Einflussfaktoren. Dynamische Ansätze dagegen beschäftigen sich mit dem Zusammenspiel von Kognitionen und Interaktionen unter der Berücksichtigung struktureller, kontextueller und individueller Gegebenheiten. Bazerman et al. (2001; 2000) unterscheiden zwischen verhaltenswissenschaftlich-sozialpsychologischer und ökonomischer Ära der Verhandlungsforschung und stellen eine Rückkehr des „Sozialen“ fest. Lim und Benbasat (1993) klassifizieren nach spieltheoretischen, ökonomischen, politischen und sozialpsychologischen Modellen. Ähnlich gliedern Bichler et al. (2003) in Anlehnung an Raiffa (2002) nach entscheidungstheoretischen, spieltheoretischen und verhandlungsanalytischen Ansätzen. Die von Raiffa vorgeschlagene Dreiteilung des Forschungsfeldes in Spieltheorie, Entscheidungstheorie und Verhandlungsanalyse soll aufgrund ihrer Popularität
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(sie findet sich in den meisten anderen Klassifizierungen in leicht modifizierter Form wieder) kurz näher erläutert werden: Die spieltheoretisch begründete oder auch ökonomische Verhandlungsforschung stellt die Frage, wie unter Annahme vollkommen rationaler Akteure ein optimales Verhandlungsergebnis aussähe. Der Betrachtungsfokus liegt dabei auf den individuellen Entscheidungen der Verhandlungsparteien, es handelt sich somit um eine symmetrische Sichtweise (Raiffa 2002). Das Verhalten des einzelnen Verhandelnden wird – auf Basis der RationalChoice-Theorie – als Serie rationaler Entscheidungen angesehen, mit dem Ziel, den eigenen oder den gemeinsamen Nutzen zu maximieren (Spangle & Isenhart 2003, S. 46). Aufgrund ihrer normativen Ausrichtung und der Vernachlässigung sozialer und psychologischer Prozesse ist diese Forschungsrichtung für die Entwicklung elektronischer Verhandlungsagenten oder Entscheidungsunterstützungsfunktionen zwar hilfreich, für die Analyse und Beurteilung realen Verhandlungsverhaltens (insbesondere Kommunikation) allerdings wenig geeignet. Entscheidungs- oder sozialwissenschaftliche Verhandlungsforschung (beispielsweise aus der Verhaltenswissenschaft) beabsichtigt nicht das Ergebnis, sondern das Verhalten der Beteiligten während der Verhandlung zu beschreiben und zu beurteilen. Der Fokus liegt auf einer einzelnen Partei, ist also asymmetrisch. Nur die individuelle Leistung wird betrachtet. Durch die zusätzlich stark deskriptive Ausrichtung ist auch die Anwendungsmöglichkeit der Theorien dieser Forschungsrichtung beschränkt. Den Stand der Forschung und die Integration von spieltheoretischer und verhaltenswissenschaftlicher Verhandlungsforschung beschreibt Hausken (1997) umfassend. Die Integration mündet im dritten Forschungsfeld, der Verhandlungsanalyse. Sie schließt die Lücke zwischen den normativformalen und den deskriptiv-qualitativen Modellen des Verhandelns. Es wird eine asymmetrische, präskriptiv-deskriptive Orientierung eingenommen (Kersten 2001), denn Ziel der verhandlungsanalytischen Forschung ist es, Verhandelnden aufzuzeigen, wie sie gemeinsam möglichst gute Entscheidungen treffen können (Raiffa 2002, S. 81ff). Diese drei Dimensionen finden sich auch in Thompsons Forderungen nach einer umfassenden, psychologischen Verhandlungstheorie (Thompson 1990). Eine solche Theorie müsste folgenden Ansprüchen genügen können (ebd.): Sie muss objektive, ökonomische Analysen ermöglichen (Messbarkeit von Verhandlungsraum, integrativen und distributiven Verhandlungsergebnissen), sie muss in der Lage sein, die Erfahrungen der Verhandelnden und ihre Beurteilungsprozesse zu erklären, sie muss den Zusammenhang zwischen Situationsbeurteilung und Verhalten der Verhandelnden beschreiben und erklären können, sie muss die Diskrepanzen zwischen sozialpsychologischen und ökonomischen Maßen erklären können und sie sollte unterschiedliche Ziele in Verhandlungen berücksichtigen können. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen wird einerseits die Notwendigkeit sichtbar, ökonomische und sozialpsychologische Verhandlungsforschung stär-
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ker zu verbinden, andererseits verdeutlichen sie die individualistische Perspektive, welche sich bei sehr vielen Autoren wiederfindet: Meist werden Verhandlungen aus Sicht einer einzelnen Partei analysiert, der Interaktionsaspekt wird häufig vernachlässigt. In Abhängigkeit vom Untersuchungsfokus unterteilt Agndal (2007) die aktuelle Verhandlungsforschung in vier Gebiete: a) Verhandlungskontext, b) Verhandlungsparteien, c) Verhandlungsprozess und d) Verhandlungsergebnisse. Anhand dieser Gliederung wird im Folgenden die Forschung zu Geschäftsverhandlungen (als spezifischem Kontext dieser Arbeit) erläutert. Die einzelnen Forschungsgebiete sind, wie auch Agndal betont, nicht unabhängig voneinander, sondern beeinflussen sich gegenseitig (Abbildung 2).
Verhandlungsparteien Organisatorische Variablen - Organisationsklima - Organisationsziele - Das Verhandlungsteam Individuelle Variablen - Erfahrungen und Fähigkeiten - Motive und Ziele - Persönlichkeit - Verhandlungsstil - Einstellungen - Demographische Variablen - Verhandlungstraining Beziehung - Bisherige Erfahrungen und Ergebnisse - Wissen und Verständigung - Wahrnehmung und Gefühle - Macht und Status - Dyadische Zusammenstellung
Abbildung 2:
Verhandlungskontext - Verhandlungsmedium - Kultureller Kontext - Verhandlungsrahmen - Zeit - Verhandlungspunkte
Verhandlungsprozess - Vorbereitungen - Schritte - Angebote - Strategien und Taktiken - Verhaltensweisen - Kommunikation und Informationsaustausch - Integrative und distributive Verhandlungen
Verhandlungsergebnisse - mathematische/ ökonomische Begriffe - Einigung/ Nichteinigung - Wahrgenommenes Ergebnis
Übersicht Verhandlungsforschung (eigene Darst. in Anlehnung an Agndal 2007, S. 9)
2.1.2 Geschäftsverhandlungen Inner- und zwischenbetriebliche Zusammenarbeit ist stark durch Verhandlungen geprägt. Beispiele für innerbetriebliche Verhandlungen sind etwa Gehaltsverhandlungen, Budgetverhandlungen oder Personalentwicklungsgespräche. Zwischenbetriebliche Verhandlungen umfassen beispielsweise Verhandlungen über Preis- und Lieferbedingungen für Produktionsmaterial oder Investitions-
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güter, Expansionsvorhaben oder Übernahmen. Die Bezeichnung Geschäftsverhandlung bezieht sich im weiteren Verlauf der Arbeit ausschließlich auf zwischenbetriebliche Verhandlungen, da diese Verhandlungsform den primären Untersuchungsgegenstand der Arbeit darstellt. Dabei sind die involvierten Parteien eigenständige Unternehmen und werden i.d.R. durch einen oder mehrere Repräsentanten vertreten (Business-to-Business- bzw. B2BVerhandlung, im Gegensatz zu Verhandlungen zwischen Unternehmen und Kunden (B2C) oder Unternehmen und öffentlichen Institutionen (B2A)). a) Verhandlungskontext: Business-to-Business Auch wenn Lewicki et al. (2003) annehmen, dass Struktur und Prozess von Verhandlungen immer identisch sind, unabhängig davon ob es sich um persönliche, diplomatische oder unternehmerische Verhandlungen handelt, so weisen Geschäftsverhandlungen doch einige spezifische Eigenschaften auf: Nach DeMoor und Weigand (2004, S. 33) zeichnet sich eine Geschäftsverhandlung dadurch aus, dass zwei oder mehr Geschäftspartner, die potenzielle Geschäftsmöglichkeiten erkunden wollen, freiwillig kooperieren. Diese Kooperation kann in einen Vertrag münden, der die gegenseitigen Verpflichtungen formal expliziert. Von den vertraglichen Regelungen können produktionsorientierte, finanzielle oder strukturelle Faktoren entlang der gesamten Wertschöpfungskette betroffen sein. Das Ausmaß der Freiwilligkeit dieser Kooperation hängt vom konkreten Kontext ab: Bei Unternehmenszusammenschlüssen oder -übernahmen (Mergers & Acquisitions) spielen beispielsweise machtbezogene Faktoren eine wichtige Rolle. Die in der Praxis am häufigsten anzutreffende Verhandlungsform bei Geschäftsverhandlungen ist die multi-bilaterale oder bilaterale Verhandlung (Bichler et al. 2003, S. 317). Bilateral bedeutet, dass zwei Parteien beteiligt sind, multi-bilateral, dass Partner A mit mehreren Partnern B1,…, Bn parallel oder nacheinander, in jedem Falle aber getrennt voneinander, verhandelt.1 Die Kommunikation in multi-bilateralen und bilateralen Verhandlungen unterscheidet sich nicht, allerdings bestehen Unterschiede zur multi-lateralen Verhandlung, bei der mehr als zwei Parteien gleichzeitig miteinander kommunizieren. Die Arbeit konzentriert sich bei der Modellentwicklung auf bilaterale Verhandlungen, eine spätere Erweiterung auf multi-laterale Verhandlungen ist jedoch nicht ausgeschlossen. Eine Geschäftsverhandlung wird i.d.R. durch Repräsentanten (z. B. Einkäufer, Vertriebsbeauftragte) geführt. Die Repräsentanten können sich ihre Verhandlungspartner nicht nach persönlichen Vorlieben aussuchen, müssen aber trotzdem in der Lage sein, zu ihrem Verhandlungspartner sehr schnell ein Vertrauensverhältnis („swift trust“, Thompson 2005, S. 145ff.) aufzubauen. Trotz der zunehmend langfristigen Ausrichtung von Geschäftsbeziehungen bestim1
Die Grenze zwischen bi- und multilateralen Verhandlungen ist manchmal nicht eindeutig zu ziehen, da innerhalb eines Unternehmens mehrere Abteilungen und Stakeholder mit unterschiedlichen Interessen betroffen sein können.
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men vor allem Effizienz-, Qualitäts- und Profitinteressen die Ziele von Geschäftsverhandlungen (Spangle & Isenhart 2003, S. 277). Status- und Rangunterschiede zwischen den Beteiligten haben in Geschäftsverhandlungen eine hohe Bedeutung und können den Verlauf einer Verhandlung entscheidend beeinflussen. Insbesondere in der individuellen Beteiligung an der Kommunikation und deren Ausgestaltung, z. B. in Bezug auf den Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln, Wortwahl oder gegenseitigen Unterbrechungen, werden Status- und Rangunterschiede manifest. Probleme in Geschäftsverhandlungen können dadurch entstehen, dass nicht nur die Verhandlungsführer (Repräsentanten der Unternehmen) selbst involviert sind, sondern unternehmensinterne Abstimmungsprozesse stattfinden müssen: Die juristische Abteilung prüft vor der Unterzeichnung den Vertrag auf rechtliche Unbedenklichkeit, mit anderen Abteilungen (beispielsweise Fertigung oder Controlling) muss die Erfüllbarkeit der Vertragsbedingungen abgeklärt werden und häufig erteilt das Management zeitliche oder strategische Vorgaben, die eingehalten werden müssen. Aufgrund von Internationalisierungsprozessen sind die Teilnehmer einer Geschäftsverhandlung räumlich oft weit voneinander entfernt, weshalb ein persönliches Treffen aus finanziellen oder zeitlichen Gründen oft ausgeschlossen ist und nur elektronisch vermittelter Kontakt besteht. Darüberhinaus können die an solchen Verhandlungen Beteiligten aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf Faktoren wie Vertrauens- und Beziehungsaufbau sowie den gesamten Verhandlungsverlauf haben (Faure & Rubin 1993; Wilson 1992; Gulliver 1979). b) Verhandlungsparteien: Fähigkeiten von Verhandelnden und Arten der Verhandlungsführung Während Raiffa (2002) Verhandeln als eine Kunst betrachtet, konstatiert Firth (1995, S. 5), dass sich optimales Verhalten in Geschäftsverhandlungen meist mit gesundem Menschenverstand beschreiben lässt. Beispielsweise sollten die Verhandelnden die Eigenschaften ihres Verhandlungspartners, kulturelle Regeln und Normen berücksichtigen. Zudem sollte sich ein Verhandelnder bewusst sein, dass das Potenzial für gemeinsame Verständigung und das Erreichen der eigenen und gemeinsamen Verhandlungsziele sinkt, je mehr der andere um seinen Ruf fürchten muss (Spangle & Isenhart 2003, S. 280ff.). Neben diesen laut Firth offensichtlichen Eigenschaften sind drei Fähigkeiten für erfolgreiches Verhandeln grundlegend: Wert erschaffen, Ansprüche auf diesen Wert geltend machen und Vertrauen aufbauen (Thompson 2005). Der Aufbau von Vertrauen wird insbesondere in Geschäftsverhandlungen immer bedeutsamer, da Vertrauen als Basis langfristiger Geschäftsbeziehungen unabdingbar ist. In diesem Zusammenhang müssen Verhandelnde zwei wichtige Entscheidungen treffen: Wie viel Wahres soll der anderen Partei erzählt werden (bzw. wie vertrauenswürdig möchte man selbst sein) und wie weit kann der anderen Partei vertraut werden (Lewicki et al. 2003, S. 12f).
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Diese Entscheidungen können im Laufe der Verhandlung mehrfach revidiert werden und sind strategisch begründet. Die beiden anderen genannten Verhandlungsfähigkeiten (Ansprüche geltend machen, Wert erschaffen) stellen das Kriterium für die Unterscheidung zwischen distributiven und integrativen Verhandlungen dar. Beide Formen treten selten in Reinform auf, meist durchlaufen Verhandlungen abwechselnd integrative und distributive Phasen. In distributiven Verhandlungen (bzw. Verhandlungsphasen) wird über die Aufteilung einer fixen Menge vorliegender Ressourcen verhandelt. Es wird demnach kein neuer Wert geschaffen, beide Parteien erheben nur Ansprüche auf die vorhandenen Ressourcen. Da der Gewinn einer Partei dabei immer zu Lasten des Gewinns der anderen Partei geht, ist diese Verhandlungsform sehr konfliktträchtig. Die Parteien verfügen über eine bestimmte Verhandlungszone. Diese bezeichnet den Abstand zwischen den Reservationspunkten der Verhandlungsteilnehmer, z. B. zwischen dem Preis, den ein Käufer maximal zu zahlen und dem Preis, den ein Verkäufer minimal zu akzeptieren bereit ist. Liegt der Reservationspunkt des Käufers oberhalb des Reservationspunktes des Verkäufers, existiert eine positive Verhandlungszone, eine Einigung ist möglich. Liegt die maximale Zahlungsbereitschaft jedoch unterhalb des Niedrigstpreises, ist die Verhandlungszone negativ. Dann ist eine Einigung schwierig bis unmöglich. Die Verhandelnden würden in diesem Falle auf ihre BATNA ausweichen. Diese BATNA („best alternative to a negotiated agreement“) stellt die Ausstiegsoption der Betroffenen dar, ihre beste Alternative zur Verhandlungslösung (Fisher & Ury 1981). Die Entfernung zwischen den Reservationspunkten der beiden Verhandelnden wird auch als zu verteilender Verhandlungsgewinn bezeichnet. Der Anteil, den eine Partei von diesem Verhandlungsgewinn aus einer Verhandlung erhält, ist ihr individueller Verhandlungsgewinn (Raiffa 2002). Integrative Verhandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass die Menge der zu verteilenden Ressourcen vorab (zumindest teilweise) unbestimmt ist und sich erst im Laufe der Verhandlung entwickelt. Damit eine Verhandlung integrativ sein kann, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein: Es muss immer mehr als ein Verhandlungspunkt existieren, die Verhandlungsagenda muss erweiterbar sein und die Präferenzverteilungen der Verhandelnden müssen sich unterscheiden (Thompson 2005, S. 70ff). Integrative Verhandlungen werden auch als „win-win-Situation“ bezeichnet, da es möglich ist, dass beide Verhandelnden aufgrund ihrer unterschiedlich gelagerten Präferenzen bezüglich der einzelnen Verhandlungspunkte als Gewinner aus der Verhandlung hervorgehen. Der gemeinsame Gewinn kann durch geschicktes Verteilen und Erweitern der zu verhandelnden Ressourcen oft beträchtlich gesteigert werden. Wenn beide Parteien bereit sind, kooperativ zu handeln, sich auf ihre Gemeinsamkeiten und nicht ihre Unterschiede zu konzentrieren, Informationen und Ideen auszutauschen und somit alternative Lösungen zu generieren, können sie das integrative Potenzial der Verhandlung ausschöpfen, d.h. Wert er-
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schaffen, und beide davon profitieren (Bazerman 1998, S. 105ff; Lewicki et al. 2003, S. 112). Ob sich eine Verhandlung in einer integrativen oder distributiven Phase befindet, lässt sich auch an der Kommunikation erkennen (Spangle & Isenhart 2003, S. 15). Die Kommunikation divergiert dabei in Bezug auf den Informationsaustausch, die gestellten Forderungen, die Art der Diskussion, die Zielorientierung, die Art und Weise der Problemlösung, die Argumentation, den Beziehungsaufbau und die Kommunikationsobjekte: “Listening, understanding, and sharing reasons characterize integrative processes, while telling, positioning, and manipulating describe distributive processes” (Spangle & Isenhart 2003, S. 17). Die Art der Verhandlungsführung prägt das Verhandlungsergebnis und wird selbst durch strukturelle Begebenheiten und individuelle Prädispositionen beeinflusst. McGrath (1966, S. 124) stellt fest, dass effektive Verhandlungsergebnisse mit bestimmten Interaktionsmustern im Verhandlungsprozess verbunden sind. Beispielsweise wirkt sich das Verzichten auf negative Gefühlsäußerungen positiv auf das Verhandlungsergebnis aus. Auch Rubin und Brown (1975) konstatieren einen positiven Zusammenhang zwischen sozialemotionalem Verhalten während der Verhandlung und dem Verhandlungsergebnis. Allerdings belegt Graham (1985), dass sich interpersonale Attraktivität zwar positiv auf die Zufriedenheit der beteiligten Verhandelnden auswirkt, aber negativ mit dem Verhandlungsergebnis korreliert. Somit unterliegt das Verhalten der Verhandelnden hohen (und teilweise widersprüchlichen) Anforderungen. Dieser Zusammenhang weist darauf hin, dass Verhandelnde viele Fehler begehen können, die sich wiederum unterschiedlich stark auf das Verhandlungsergebnis auswirken. Fehler wie eine unangemessene Vorbereitung, das Ignorieren des Geben-und-Nehmen-Prinzips, das Einschüchtern des Partners, Ungeduld, Verlust der Beherrschung, zu viel Reden bei gleichzeitig zu wenigem Zuhören oder das Ignorieren von Konflikten (Lawrence 2002) sind motivational oder durch einen Mangel an Wissen und Fähigkeiten der Verhandelnden bedingt und können beispielsweise durch Schulungen behoben werden. Dagegen sind Fehler, die aufgrund beschränkter Rationalität begangen werden, weitaus schwieriger zu vermeiden, man spricht von kognitiven Verzerrungen. Verzerrte Wahrnehmungen und Kognitionen spielen in Verhandlungen eine große Rolle, so beispielsweise die weitverbreitete „Fixed-Pie“-Annahme (Annahme, dass eine Verhandlung per se distributiv ist und die Präferenzen der beteiligten Parteien sich widersprechen), Ankereffekte, Selbstüberschätzung oder die von Bazerman (1998, S. 66) als nichtrationale Eskalation von Commitment bezeichnete Verhaltensweise. Mit der letztgenannten ist gemeint, dass Verhandelnde dazu neigen, eine einmal getroffene Entscheidung nur sel-
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ten zu revidieren, sondern sich vielmehr immer stärker daran festklammern, auch wenn diese Entscheidung offensichtlich falsch war. Kognitive Verzerrungen bewirken allgemein irrationales und ineffektives Verhandlungsverhalten (Bazerman 1992). Dieses kann sich beispielsweise im Ignorieren relevanter Informationen und ungenügendem oder fehlerhaftem Informationsaustausch ausdrücken und schließlich zu suboptimalen Ergebnissen führen (Thompson 1990, S. 527). Es ist anzunehmen, dass Kommunikation und insbesondere die mittels Kommunikation erzeugte Verständigung einen entscheidenden Einfluss auf die Kognitionen und damit auf das Auftreten solcher kognitiven Verzerrungen hat. c) Verhandlungsprozess: Verhandlungsphasen, -verläufe und -ziele Verhandlungen finden in der Regel aus zwei Gründen statt, die sich gegenseitig nicht ausschließen und auch häufig gemeinsam auftreten. Der erste Grund für eine Verhandlung ist der Wunsch, etwas Neues zu kreieren und ein Ziel zu erreichen, das einer Partei allein nicht möglich wäre (Thompson 2005). Hierunter fallen im geschäftlichen Kontext beispielsweise Verhandlungen über die Bildung eines Joint Ventures. Der zweite Grund für eine Verhandlung ist die (formale) Lösung eines Problems, Disputs oder Interessenkonflikts (Lewicki et al. 2003, S. 4). Unter diese Art von Verhandlungen fallen etwa Auseinandersetzungen zwischen Zulieferer und Hersteller über Transportkosten oder Lieferbedingungen. Verhandelnde versuchen durch den kommunikativen Austausch von Informationen eine Vereinbarung zu erreichen, die in einem Vertrag dokumentiert wird. Die Komplexität dieses Austauschs hängt von vielen Faktoren ab, beispielsweise der Beschaffenheit der Verhandlungsgüter (Preis- oder Qualitätseigenschaften), den Lieferbedingungen (Daten oder Transportmodi), den Eigenschaften der Verhandelnden (Reputation, Garantien) und Eigenschaften der Verhandlung selbst (Dauer und Langzeitinteresse, Schoop et al. 2008). Aus theoretisch-deskriptiver Sicht durchläuft eine Verhandlung verschiedene Phasen. Das wohl bekannteste Modell stammt von Gulliver (1979), der insgesamt acht Phasen unterscheidet: (1) Suche nach einer Verhandlungsarena, (2) Identifikation der Verhandlungsagenda, (3) Auskundschaften der Verhandlungsspielräume, (4) Annäherung, (5) Vorstufe zum finalen Aushandeln, (6) finales Aushandeln, (7) Ritualisierung und (8) Umsetzung. Daneben existiert eine Vielzahl alternativer Modelle, die in Phasenanzahl, Rückschleifen und Notwendigkeit der Phasen variieren (für eine Übersicht siehe z. B. De Moor & Weigand 2004; Lewicki et al. 2003, S. 50). Empirisch konnte die Existenz dieser Phasen jedoch bislang nicht zweifelsfrei bestätigt werden, deshalb wird im Folgenden nicht näher auf diese Feingliederung des Verhandlungsprozesses eingegangen. Dass Verhandlungen gerade im geschäftlichen Kontext nicht immer nach dem gleichen Schema ablaufen müssen, stellt Salacuse (2007) fest, der den Einfluss vorgefertigter Vertragsentwürfe auf den Verhandlungsprozess unter-
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sucht. Vertragsentwürfe dienen in Geschäftsverhandlungen als Diskussionsgrundlage und können die Effektivität und Effizienz des Verhandlungsprozesses steigern, da sie von vornherein eine einheitliche Sprachverwendung festlegen. In einigen elektronischen Verhandlungsunterstützungssystemen kommen solche Entwürfe in Form von Verhandlungsagenden oder -ontologien2 zum Einsatz (z. B. Inspire, Negoisst, vgl. Kapitel 2.2.2). Allerdings haben Vertragsentwürfe den Nachteil, dass die Fronten schneller verhärten, Machtspiele auftreten und so Einigungen verhindert werden können (Salacuse 2007). Fronten verhärten vor allem dann schnell, wenn die Interessen der Verhandelnden stark gegensätzlich sind. Verhandelnde bringen viele Arten von Interessen in die Verhandlung ein. Lewicki et al. (2003, S. 122) unterscheiden zwischen substantiellen, prozeduralen, beziehungsorientierten und ethischen Interessen. In Bezug auf Geschäftsverhandlungen könnten dies beispielsweise die Folgenden sein: substantielle oder materielle Interessen: Einsparungen, Marktanteile, Gewinn prozedurale Interessen: Effizienz, Strukturiertheit, Nachvollziehbarkeit, Transparenz beziehungsorientierte Interessen: langfristige Geschäftsbeziehung prinzipielle oder ethische Interessen: Fairness, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, aber auch vom Unternehmen verfolgte ethische Richtlinien, beispielsweise im Rahmen von Corporate Social Responsibility (CSR) -Aktivitäten. Verhandlungsinteressen sind eng mit Verhandlungszielen verknüpft. Ziele in Verhandlungen erstrecken sich auf zwei Ebenen (Lewicki & Dineen 2002, S. 269), dem Verhandlungsergebnis und der Beziehung zum Verhandlungspartner. Insbesondere in einmaligen, distributiven Verhandlungen besteht zwischen Beziehungs- und Ergebnisziel ein direkter Konflikt: Je höher das individuell erreichte Ergebnis, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Verhandlungspartner die Geschäftsbeziehung fortsetzen möchte. Bislang hatte das Ergebnisziel gegenüber dem Beziehungsziel in Geschäftsverhandlungen deutlichen Vorrang, inzwischen wächst jedoch die Bedeutung von Beziehungszielen (Gelfand et al. 2006), nicht zuletzt deshalb, weil Beziehungen auch das Verhandlungsergebnis entscheidend beeinflussen können (Vidmar & McGrath 1970): Langfristig gesehen kann es von Nutzen sein, zunächst dem Partner zu helfen, dessen Ergebnisziele zu erreichen, denn der Verzicht auf kurzfristige Gewinne erhöht dessen Loyalität und Bindung an die Beziehung (Gelfand et al. 2006, S. 438). Um eine Beziehung zum Partner aufzubauen und zu erhalten, versuchen Verhandelnde bei ihrem Partner möglichst einen positiven Eindruck zu erwecken, 2
Definition von Ontologie in der Wirtschaftsinformatik: “[…] the high level schemata and content of a knowledge base expressed in a description logic or similar formalism“, (Rector et al. 1999, S. 4). Zur Diskussion des Begriffs, siehe Hepp 2008.
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negative Eindrücke zu vermeiden sowie die gegenseitige Sympathie und das gegenseitige Vertrauen zu erhöhen. Gelfand et al. (2006, S. 437) nennen in diesem Zusammenhang den Begriff des Beziehungs- oder Sozialkapitals (Knack & Keefer 1997; Coleman 1988). Dieses Kapital setzt sich zusammen aus der gegenseitigen Sympathie der Verhandlungspartner, ihrem gemeinsamen Wissen, dem gegenseitigen Vertrauen und dem Gefühl der Verpflichtung, die Beziehung weiterzuführen. Das Kapital baut sich im Laufe einer Beziehung durch positive Verhaltensweisen (z. B. vertrauensbildende Maßnahmen) auf. Durch beziehungsschädigende Verhaltensweisen (z. B. Drohungen, Lügen) kann das Kapital jedoch auch verringert werden. Je höher der „BeziehungsKontostand“, desto stabiler die Beziehung, da ein Abbruch der Beziehung hohe Sunk Costs verursachen würde. Um ihre Wirkung auf den Verhandlungspartner zu eruieren und gemeinsames Wissen und Vertrauen aufzubauen, benötigen Verhandelnde möglichst viele Informationen über und von ihrem Partner (Gelfandet al. 2006, S. 438). Die Herausgabe von Informationen ist in Verhandlungen allerdings mit einem hohen Risiko behaftet, da diese Informationen vom Verhandlungspartner opportunistisch ausgenutzt werden können (Murnighan et al. 1999). Provis (2000) erwähnt die indirekte mehrdeutige Kommunikation als eine Strategie, mit der Verhandelnde dieses Risiko minimieren können. Er beschreibt diese Art der Kommunikation als ein Ping-Pong-Spiel mit zunehmender Klarheit, d.h. Partner A ist dann bereit, B mehr Informationen zu geben, wenn B ihm auch mehr Informationen gegeben hat. Dieses Verhalten wird auch als Reziprozität oder reziproke Kommunikation bezeichnet (Raiffa 2002, S. 83). Geschäftspartner können in Verhandlungen neben ihren individuellen auch gemeinsame Ziele verfolgen. Im Englischen wird hierbei unterschieden zwischen „common goals“ (gleiches Ziel, gleicher Gewinn), „shared goals“ (gleiches Ziel, unterschiedlicher Gewinn) und „joint goals“ (unterschiedliche Ziele, unterschiedliche Gewinne) (Lewicki et al. 2003, S. 136). Beispiele aus dem Kontext von Geschäftsverhandlungen sind hierfür: Zwei Unternehmen stellen zusammen ein Produkt her. Ihr gemeinsames Ziel ist die Steigerung des Gewinns um 10 Prozent in den nächsten zwei Jahren. Die Unternehmen sind zu gleichen Teilen am Gewinn beteiligt („common goal“). Zwei Unternehmen stellen zusammen ein Produkt her. Wieder ist ihr gemeinsames Ziel die Steigerung des Gewinns um 10 Prozent in den nächsten zwei Jahren, sie sind jedoch zu unterschiedlichen Teilen am Gewinn beteiligt („shared goal“). Zwei Unternehmen stellen zusammen ein Produkt her, dabei möchte das eine Unternehmen zusätzliche Cross-Selling-Potenziale generieren, das andere sich dagegen einen neuen Markt erschließen. Für die Unternehmen resultieren daraus unterschiedliche Gewinne („joint goal“).
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Das Ausmaß, zu dem Ziele und damit erreichbare Gewinne der Parteien übereinstimmen, beeinflusst das Verhandlungsverhalten und am Ende das Verhandlungsergebnis. d) Verhandlungsergebnisse: Beurteilung von Verhandlungen Verhandlungen werden in der Regel anhand von zwei Maßen beurteilt, die nicht unabhängig voneinander sind: ihrer Effizienz, d.h. der Höhe des zum Erreichen eines bestimmten Ergebnisses notwendigen Ressourceneinsatzes und ihrer Effektivität, d.h. der Höhe des erreichten Ergebnisses (Butler 1999). Zusätzlich zu dieser Ergebnisdimension rücken immer stärker sozialpsychologische Faktoren in den Vordergrund, die zusammengefasst auch als Beziehungsdimension bezeichnet werden. Diese Faktoren beruhen auf Führungsstrategiekonzeptionen wie beispielsweise den zwei Dimensionen des Verhaltensgitters von Blake und Mouton (Sachorientierung und Menschenorientierung, Blake & Mouton 1964; Blake & McCanse 1992) oder den fünf Verhandlungsstrategien nach Kilmann und Thomas (1977). Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise die Verhandlungsqualität, die Zufriedenheit der Beteiligten oder sozialemotionale Aspekte (Shelby 1998; Yuan et al. 2003; Kerr & Murthy 2004; Jain & Solomon 2000; Lim & Benbasat 1993; Oliver et al. 1994; Schei & Rognes 2003). Die Beurteilung der Effizienz einer Verhandlung wird beispielsweise anhand der Anzahl der Konzessionsschritte (d.h. des iterativen gegenseitigen Entgegenkommens) oder der Dauer bis zur Einigung (beispielsweise operationalisiert als Zeitspanne zwischen erster und letzter Nachricht, Anzahl ausgetauschter Nachrichten oder Wortanzahl) vorgenommen (Carnevale & Pruitt 1992, S. 543; Köszegi et al. 2004; Flannigan et al. 2002; Mumpower 1991; Kahai & Cooper 1999). Diese eher prozessbezogenen Maße dienen – neben Variablen wie den Eigenschaften der Verhandelnden oder der Aufgabe – manchmal auch zur Erklärung des Zustandekommens eines bestimmten Verhandlungsergebnisses. Eine relativ grobe Beurteilung der Effektivität kann anhand des Erreichens (effektiv) oder Nichterreichens (ineffektiv) einer Einigung erfolgen. Zusätzlich kann das erzielte Verhandlungsergebnis etwas differenzierter auf individuellem und gemeinsamem Niveau analysiert werden. Bei letzterem ist die Allokation der verhandelten Ressourcen entscheidend. In der Verhandlungsliteratur wird in diesem Zusammenhang oft die Metapher eines Kuchens genutzt, der verteilt (distributive Verhandlung) und/oder vergrößert (integrative Verhandlung) wird. Die Beurteilung der Effektivität einer Verhandlung erfolgt in der Regel auf Basis des Wissensstands zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Beurteilung im Rahmen einer langfristigen Betrachtung kann sich davon deutlich unterscheiden. Als individuelles Maß für die Bewertung der Effektivität einer Verhandlung gilt beispielsweise die Höhe des durch einen Verhandelnden erzielten Ergebnisses (z. B. individuelles Ergebnis, individuelle Leistung, individueller Gewinn) oder des von ihm realisierten Nutzens. Eine Grundvoraussetzung für die Be-
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rechnung des erzielten Nutzens ist das Vorliegen der Präferenzen des Verhandelnden in Bezug auf die einzelnen Verhandlungspunkte in quantifizierter Form. Die Beurteilung der gemeinsamen Leistung der Verhandelnden gestaltet sich schwieriger als auf Individualniveau. Clyman (1995) konstatiert, dass es bislang kein universelles Maß für die Bestimmung der gemeinsamen Verhandlungsleistung gibt und weist nach, dass verteilungsfreie Maße gar nicht existieren können. Die gängigsten Kennzahlen sind jedoch der „Joint Profit“ (als Summe der individuellen Gewinne) und in der wissenschaftlichen Literatur außerdem die beiden Verteilungsmaße Pareto-Distanz und Nash-Distanz. Die Pareto-Distanz beschreibt die Entfernung von der erzielten zur Paretooptimalen Lösung, also zu der Menge an Verhandlungsausgängen auf der sogenannten effizienten Grenze, bei der ein maximaler gemeinsamer Gewinn erzielt wird und jede Verbesserung des Gewinns von A zu Lasten des Gewinns von B gehen würde. Entscheidend ist hierbei, dass A und B sehr unterschiedliche Anteile am gemeinsamen Gewinn erhalten können. Eine Verhandlungslösung, die zusätzlich von den Spielern als fair angesehen, wird als Nash-Lösung bezeichnet (Nash 1950; Bosse et al. 2004, S. 4; Bichler et al. 2003, S. 325; Voeth & Herbst 2009, S. 18 f.). Die Bestimmung des ParetoOptimums und des Nash-Gleichgewichts stellt in realen Verhandlungen ein komplexes Optimierungsproblem dar, weshalb diese Konzepte nur von eingeschränktem praktischem Nutzen sind. Die genannten Kennzahlen für die Beurteilung von Effizienz und Effektivität beruhen meist auf der Annahme individueller Rationalität (Thompson 1990). Beziehungsbezogene Kennzahlen dagegen stützen sich auf die soziale Wahrnehmung der Verhandelnden, sind also subjektiv geprägt. Die Wahrnehmung der Verhandlungssituation, des Verhandlungspartners und der eigenen Person werden als Beispiele dieser Art von Maßen genannt. Auch die subjektive Zufriedenheit der Verhandelnden mit der Verhandlung (in Bezug auf den Partner, den Prozess, sich selbst und das Verhandlungsergebnis) spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Sie gilt sogar als besserer Prädiktor für die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Beziehung als das objektive Verhandlungsergebnis (Curhan et al. 2006; Lewicki et al. 2003, S. 14). Die Zufriedenheit kann beispielsweise als eine Funktion aus Nutzenmaximierung, Erwartungsdiskonfirmation sowie internen und externen sozialen Vergleichen (Novemsky & Schweitzer 2004) berechnet werden. Eine umfassende Analyse subjektiver oder sozialpsychologischer Verhandlungsmaße führten Curhan et al. (2006; 2007) durch. Sie entwickelten den „Subjective value inventory“ – einen Fragenkatalog, mit dem die subjektive Einschätzung der Verhandelnden in Bezug auf das Ergebnis, sich selbst, den Prozess und die Beziehung reliabel und valide bestimmt werden kann. Bei der Beurteilung einer Verhandlungsleistung spielt die Wahl des Beurteilungsmaßes eine entscheidende Rolle. Es muss immer berücksichtigt werden,
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welches Spiel die Verhandelnden spielen (Clyman & Tripp 2000). Ein niedriger Wert auf dem angewandten Maß muss nicht automatisch bedeuten, dass schlecht verhandelt wurde, sondern kann auch ein Indikator dafür sein, dass die Verhandelnden ein anderes Ziel hatten als auf der gemessenen Dimension einen hohen Wert zu erreichen. Als Beispiele unterschiedlicher Ziele bzw. Einflussfaktoren auf das Verhandlungsverhalten gelten etwa die Einstellungen der Verhandelnden in Bezug auf Fairness, Beziehungsaufbau, Reputation oder Risikobereitschaft. Da Geschäftsverhandlungen stark ökonomisch motiviert sind, wird meist angenommen, dass das Hauptziel der Verhandelnden in der Realisierung eines möglichst hohen Gewinns besteht. Als Bewertungsmaße dienen deshalb hauptsächlich ergebnisorientierte Messungen. Im Rahmen der zunehmenden Wichtigkeit langfristiger Geschäftsbeziehungen wächst jedoch auch die Bedeutung relationaler und sozialpsychologischer Maße. 2.1.3 Empirische Verhandlungsforschung Verhandlungen stellen die empirische wissenschaftliche Forschung vor erhebliche Schwierigkeiten, dies gilt insbesondere für Geschäftsverhandlungen. Feldstudien von Unternehmen sind meist unzugänglich, häufig sind Verhandlungen geheim und deshalb für einen Außenstehenden nicht einsehbar. Außerdem zeichnen sich Geschäftsverhandlungen durch eine hohe Komplexität aus. Die Komplexität rührt von der Tatsache her, dass Verhandlungspunkte sowohl innerhalb einer Verhandlung eng verknüpft sind als auch über mehrere Verhandlungen hinweg in Zusammenhang stehen können oder gar nicht explizit erwähnt werden (Greenhalgh & Neslin 1983). Zudem ist die Bedeutung von Machtaspekten für einen Unbeteiligten äußerst schwierig nachzuvollziehen. Aufgrund dieser durch den Untersuchungsgegenstand und sein Umfeld bedingten Schwierigkeiten weicht die wissenschaftliche Forschung häufig auf Laborexperimente im universitären Umfeld aus (Agndal 2007). Einen umfassenden Überblick über die in der Verhandlungsforschung eingesetzten Methoden, deren Potenziale und Schwächen geben Carnevale und DeDreu (2004). Die gängigsten Methoden sind, wie bereits erwähnt, Laborexperimente. Häufig werden diese in Kombination mit Befragungen eingesetzt. Bei solchen Verhandlungsstudien erhalten nach bestimmten Kriterien ausgewählte Probanden eine fiktive Fallstudie mit Informationen über Verhandlungsgegenstand, Präferenzen und Ziele sowie eine Beschreibung ihrer Rolle in der Verhandlung. Meist wird eine bestimmte unabhängige Variable (z. B. Verfügbarkeit von Informationen, Zeitdauer der Verhandlung, Kommunikationsmedium, Anzahl der Beteiligten) variiert und deren Einfluss auf verschiedene abhängige Variablen (z. B. individuelles oder gemeinsames Verhandlungsergebnis, Zufriedenheit) gemessen. Bei einigen Laborexperimenten wird die Kommunikation der Verhandelnden per Video oder Audiokassette mitge-
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schnitten und anschließend transkribiert, um eine detaillierte Analyse zu ermöglichen. Obwohl Laborexperimente in der Verhandlungsforschung weit verbreitet sind und beispielsweise über eine hohe interne Validität verfügen, bergen sie auch Nachteile. Teich et al. (2000) nennen etwa Motivations- oder Anreizprobleme, Relevanz- oder Verständlichkeitsprobleme. Um dennoch reliable und (extern) valide Ergebnisse zu erhalten, sollten Forscher insbesondere auf die Vorgabe künstlicher Präferenzen verzichten und einen für die Verhandlungsteilnehmer relevanten Kontext wählen. Unter dem Verzicht auf fest vorgegebene Präferenzen leidet jedoch die Vergleichbarkeit der Verhandlungsergebnisse. Zudem ist in realen Geschäftsverhandlungen die Vorgabe von Präferenzen üblich. Wenn Laborexperimente diesen Kontext aufgreifen, ist die Vorgabe von Präferenzen deshalb explizit erforderlich. Auch Wilkenfeld (2004) widmet sich der Problematik von Verhandlungssimulationen und gibt Vorschläge für Bereiche, in denen Verhandlungsexperimente sinnvoll eingesetzt werden können. Bereits in den frühen Jahren der akademischen Verhandlungsforschung definierte McGrath (1966, S. 117) Paradigmen für richtige Verhandlungsforschung. Darunter erwähnt er die folgenden Punkte: Personen sollten echte Repräsentanten ihrer Partei sein. Die Verhandlungspunkte müssen für die Personen von Bedeutung sein. Die Parteien sollten unterschiedliche Einstellungen zu den Verhandlungspunkten haben Der Verhandlungsfall sollte eine ausreichende Komplexität aufweisen. Die Ergebnisse sollten replizierbar sein und reliabel bewertet werden. Aufgrund der genannten problematischen Datenlage im Kontext von Geschäftsverhandlungen gestaltet sich insbesondere die Erfüllung der ersten Anforderung als schwierig. Dennoch scheint die Verhandlungsforschung unter diesem Manko nicht gelitten zu haben, zieht man die Vielzahl methodisch ausgereifter empirischer Verhandlungsstudien der letzten Jahre in Betracht (Agndal 2007), deren Ergebnisse ein konsistentes Bild ergeben. In Bezug auf die eingesetzten Methoden zeichnet sich in der Verhandlungsforschung eine Tendenz zur Integration und Konvergenz ab. Diesen parallelen und/oder sequentiellen Einsatz mehrerer methodischer Ansätze und Datenerhebungsverfahren bezeichnen Carnevale und DeDreu (2004) als Triangulation. Der Vergleich der Analyse- und Messergebnisse unterschiedlicher Verfahren ermöglicht eine fundierte Validierung der Forschungsergebnisse. Neben der höheren Verallgemeinerbarkeit von Aussagen wird dadurch zusätzlich die Entwicklung stärker fundierter Theorien vorangetrieben. Zusätzlich zu dieser methodischen Entwicklung verschiebt sich der Fokus der Verhandlungsforschung von persönlichen auf elektronische Verhandlungen, was wiederum Auswirkungen auf die Anwendbarkeit unterschiedlicher Forschungsmethoden und -instrumente mit sich bringt.
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2.2 Elektronische Verhandlungen – Formen und Ausprägungen Die Forschung zu elektronischen Verhandlungen hat neben der ergebnis- und der beziehungsorientierten zusätzlich noch eine technische Komponente und stellt einen Teilbereich der Forschung zum elektronischen Handel bzw. Electronic Commerce dar. Electronic Commerce bezeichnet die „elektronische Unterstützung von Aktivitäten, die in direktem Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Gütern und Dienstleistungen via elektronischer Netze in Verbindung stehen“ (Wirtz 2001, S. 40). Dabei werden Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt, um die Effizienz dieser Prozesse zu erhöhen und Kosten zu senken. Während die Such- und die Erfüllungsphase geschäftlicher Transaktionen durch Suchmaschinen, Branchenplattformen oder elektronische Bezahl- und Logistiksysteme schon umfangreich unterstützt werden, existieren für die Verhandlungsphase erst vergleichsweise wenige Unterstützungssysteme (Bichler et al. 2003). Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen mit komplexen Produkten fehlen passende und erschwingliche Lösungen, weshalb sich viele Unternehmen mit einfachen E-Mail-Systemen behelfen. E-MailVerhandlungen zählen nach einem engen wissenschaftlichen Verständnis zwar als elektronisch geführte, nicht jedoch als elektronisch unterstützte Verhandlungen, da sie nur eine elektronisierte Verschriftlichung der verbalen Interaktionsform darstellen und das Medium keine Zusatzleistungen bereitstellt (Ströbel & Weinhardt 2003). Da der schriftlich-kommunikative elektronische Austausch aber die Grundlage für elektronische Verhandlungsunterstützung darstellt, werden E-Mail-Verhandlungen hier in die Analyse einbezogen. Dieser Aspekt wird in den folgenden Abschnitten genauer erläutert. 2.2.1 Der Begriff elektronische Verhandlung Elektronischen Verhandlungen wird häufig eine höhere Effizienz und Effektivität zugesprochen als Verhandlungen über persönlichen Kontakt (Delaney et al. 1997). Allerdings ist auch die gegenteilige Meinung verbreitet (Bichler et al. 2003, S. 314). Dieser vermeintliche Widerspruch lässt sich lösen, wenn man die Unterschiede im Begriffsverständnis in Bezug auf elektronische Verhandlungen und die dazugehörigen Forschungsperspektiven berücksichtigt. Allgemein lassen sich elektronische (Geschäfts-)Verhandlungen definieren als alle Verhandlungen, die mit Hilfe elektronischer Technologien über Zeit-, Ortsund Unternehmensgrenzen hinweg geführt werden (angelehnt an die Definition virtueller Verhandlungen nach Lewicki & Dineen 2002, S. 275). Diese weite Begriffsbestimmung fasst jedoch eine Vielzahl der unterschiedlichsten Verhandlungsformen zusammen, beispielsweise Video- oder E-Mailverhandlungen sowie Verhandlungen über umfangreiche e-Procurement- oder Verhandlungsunterstützungssysteme. Die Rolle der Technologie wird dabei nicht differenziert betrachtet, variiert aber sehr stark im Ausmaß ihrer Unterstützung und damit in ihrem Einfluss auf die Effektivität und Effizienz der Verhandlung,
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wie der von Bichler et al. (2003) entwickelte Typologisierungs-ansatz verdeutlicht: a) Nehmen elektronische Medien in Verhandlungen eine reine Datenübertragungsfunktion ein, wie dies in Chat- oder E-Mail-Verhandlungen der Fall ist, spricht man von nichtunterstützten elektronischen Verhandlungen. Die Kommunikation verläuft hierbei über einen elektronischen Kanal, die Kontrolle über den Prozess und alle Verhandlungsentscheidungen liegen bei den beteiligten Personen, der Prozess ist weitgehend unstrukturiert. b) Stellt das eingesetzte Medium dagegen Unterstützungsleistungen bereit, wie beispielsweise quantitative Entscheidungsunterstützung, spricht man von unterstützten elektronischen Verhandlungen. Damit einige Aufgaben an das Medium oder System abgegeben werden können ist es notwendig, dass der Prozess zumindest teilweise strukturiert ist. c) Die mediale Unterstützung kann bis zur vollständigen Automatisierung des Verhandlungsprozesses reichen (automatisierte elektronische Verhandlungen). Bei dieser letzten Form treffen Softwareprogramme (Agenten) autonom Entscheidungen und kontrollieren den gesamten Verhandlungsprozess bis hin zur finalen Entscheidung der Annahme oder Ablehnung des Vertrags. Hierzu muss der Prozess vollkommen strukturiert sein. Da im Falle einer vollständigen Automatisierung des Verhandlungsprozesses keine menschliche Kommunikation mehr erfolgt, wird diese Art elektronischer Verhandlungen von der weiteren Betrachtung ausgeschlossen. Allerdings umfasst diese Arbeit sowohl Formen der unterstützten elektronischen Verhandlungen (z. B. Verhandlungen über Verhandlungsunterstützungssysteme) als auch nicht-unterstützte elektronische Verhandlungen (z. B. E-MailVerhandlungen). Um zwischen diesen Gruppen Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden nur rein textsprachliche elektronische Medien betrachtet, wie es in einem Großteil der vergleichenden Forschungsliteratur zu elektronischen Verhandlungen üblich ist (vgl. beispielsweise Arunachalam & Dilla 1992; Bosse et al. 2004; Kahai & Cooper 1999; Jain & Solomon 2000). Unter dem Begriff elektronische Verhandlung werden hier alle Verhandlungen zusammengefasst, deren Kommunikation dyadisch, schriftlich und nicht-automatisiert über ein elektronisches Medium verläuft. Das Medium kann dabei Strukturierungs- und Unterstützungsleistungen bereitstellen.
Abgrenzung von Auktionen Elektronische Verhandlungen werden im Alltagssprachgebrauch häufig mit elektronischen Auktionsplattformen in Verbindung gebracht. Während sich traditionelle Auktionen und Verhandlungen gut voneinander abgrenzen lassen (Subramaniam & Zeckhauser 2004), verschwimmen die elektronischen Formen beider Transaktionsarten zunehmend. Einige Autoren beschreiben elektronische Auktionen als eine spezifische Form elektronischer Verhandlungen (neben automatisierten Verhandlungen und unterstützten Verhandlungen,
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Schoop et al. 2003), aber auch die gegenteilige Sichtweise ist verbreitet, bei der elektronische Verhandlungen eine spezifische Form der Auktion darstellen (Kersten et al. 2000). Traditionelle Auktionen unterscheiden sich von Verhandlungen zunächst durch das Zahlenverhältnis der Transaktionspartner. Bei Auktionen handelt es sich immer um eine 1:n-Beziehung, d.h. entweder der Käufer (reverse Auktion) oder der Verkäufer (Auktion) tritt allein auf – ihm stehen mehrere (potenzielle) Transaktionspartner gegenüber. Verhandlungen sind dagegen durch 1:1- oder n:m-Beziehungen gekennzeichnet. Der Einsatz elektronischer Medien vergrößert die Zahl potenzieller Transaktionspartner – sowohl für Auktionen als auch für Verhandlungen. Die Auswirkungen dieses Effekts auf die Vorteilhaftigkeit der beiden Transaktionsformen werden derzeit erforscht (Projekt enegotiations, Negoisst 2009). Auktionen sind traditionell dadurch geprägt, dass nur ein einziges Attribut variabel ist (meistens der Preis), während es in Verhandlungen mehrere Attribute sind. Ein webbasiertes Umfeld erlaubt heute jedoch weitaus komplexere und kooperativere Formen von Auktionen (Kersten et al. 2000), z. B. sogenannte multiattributive Auktionen, also Auktionen, bei denen mehrere Eigenschaften des gehandelten Gutes zur Diskussion stehen. Somit hat diese Abgrenzung keinen Bestand mehr. Bei Auktionen werden i.d.R. nur einseitig Gebote für ein genau spezifiziertes Gut abgegeben. Diese Gebote werden nach einem bestimmten, vorab festgelegten Mechanismus miteinander verglichen und das anhand eines bestimmten Kriteriums am besten bewertete Gebot erhält vom Auktionator den Zuschlag. In Sealed-bid-Auktionen (verdeckte Angebotsabgabe, z. B. bei Ausschreibungen) ist dieser Zuschlag die einzige Reaktion, die ein Auktionsteilnehmer von der Gegenseite zu erwarten hat. Bei anderen Auktionsformen (z. B. englische Auktion) wird das jeweils führende Angebot allen Bietenden mitgeteilt, damit diese ihr Gebot gegebenenfalls nachbessern können. Es findet kein kommunikativer Austausch zwischen den einzelnen Bietern statt (abgesehen von heimlichen strategischen Absprachen), sondern nur eine strukturierte, auf Gebote beschränkte Kommunikation zwischen Auktionator und Bietenden. Auch hat der Bieter in der Regel keine Möglichkeit, sein Gebot argumentativ zu unterstützen. In Verhandlungen kommunizieren die einzelnen Parteien dagegen vergleichsweise frei und aktiv miteinander, indem sie neben Angeboten und Gegenangeboten auch Argumente und sonstige Informationen austauschen. Die genaue Spezifikation des verhandelten Gutes ergibt sich erst im Laufe des Verhandlungsprozesses. Das Vorhandensein von unstrukturierter Kommunikation als Unterscheidungsmerkmal zwischen Auktionen und Verhandlungen verändert sich durch die Elektronisierung nicht, die Kommunikation ist demzufolge als Unterscheidungskriterium größtenteils erhalten geblieben (Bajari et al. 2009). Allerdings treten Sourcing- und Auktionsplattformen immer häufiger unter der Bezeichnung „Kollaborationsplattformen“ auf, was langfristig auch dieses Unterscheidungskriterium hinfällig werden lässt.
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Neben der Elektronisierung der Reinformen gibt es in der Praxis inzwischen Tendenzen, Auktionen und Verhandlungen in einen einzigen Transaktionsprozess zu integrieren, beispielsweise zu sogenannten „Negotiauctions“ (Zeckhauser & Subramaniam 2005; Kersten et al. 2000). Dabei wird zunächst mit mehreren potenziellen Transaktionspartnern die Spezifikation des Gutes ausgehandelt und anschließend eine Auktion über dieses Gut durchgeführt. Die umgekehrte Variante ist ebenfalls möglich. Ein Gut kann auch erst auktioniert werden, anschließend werden mit den bestbietenden Teilnehmern Einzelverhandlungen geführt. Dies ist beispielsweise bei Ausschreibungen von öffentlichen Bauprojekten der Fall. Bei gut strukturierbaren elektronischen Auktionen oder Verhandlungen können Agenten zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich nicht um eine eigenständige dritte elektronische Transaktionsform, sondern um eine jeweils stark automatisierte Variante einer der beiden Grundformen (Schoop et al. 2003), bei der Softwareprogramme nach vorgegebenen Präferenzwerten proaktiv und autonom die Spezifika der Transaktion untereinander aushandeln. 2.2.2 Formen elektronischer Verhandlungen Im Vergleich mit traditionellen (persönlichen) Verhandlungen weisen elektronische Verhandlungen vor allem Unterschiede in Bezug auf den Kontext, die Dynamik, die Kommunikation und die Charakteristika der beteiligten Individuen auf (Lewicki & Dineen 2002, S. 275). Elektronische Verhandlungen finden in anonymerem Umfeld statt als persönliche Verhandlungen und ermöglichen auch Kontakte zwischen räumlich weit voneinander entfernten Parteien. Häufig beschränken sich elektronische Verhandlungen aufgrund des anonymeren Kontextes allerdings auf wenig sensible Verhandlungsgegenstände. Die Dynamik einer elektronischen Verhandlung richtet sich nicht primär nach der Persönlichkeit der Verhandelnden, sondern nach dem Grad der Synchronität des verwendeten Mediums. Die Kommunikation zwischen den elektronisch Verhandelnden gilt aufgrund ihrer Beschränktheit auf den textsprachlichen Austausch und der damit verbundenen geringeren sozialen Präsenz als unpersönlicher und anfälliger für Missverständnisse (hierzu bestehen jedoch widersprüchliche Forschungsmeinungen, siehe Kapitel 2.4.2). Bezüglich der individuellen Unterschiede zwischen den Verhandelnden ist feststellbar, dass diese (z. B. zwischen intro- und extrovertierten, statushohen und statusniedrigen Personen) durch den elektronischen Kanal weitgehend nivelliert werden können. Elektronische Verhandlungen, gemäß der hier geltenden Definition, lassen sich grob nach zwei Merkmalen klassifizieren, welche sich nachgewiesenermaßen auf die Verhandlungskommunikation auswirken (Tabelle 1): nach dem Grad der Synchronität des Mediums (Pesendorfer & Köszegi 2006) und nach dem Vorhandensein von Verhandlungsunterstützung (Köhne et al. 2005b).
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Grad der Synchronität Synchron Asynchron Verhandlungsunterstützung
Tabelle 1:
Nicht vorhanden
Chat
E-Mail
Negoisst; Inspire; Vorhanden Adapted SimpleNS* eProcurementsysteme; eSupplysysteme * (Pesendorfer et al. 2007, S. 1321) Formen elektronischer Verhandlungen
Verhandlungen über E-Mail verlaufen asynchron, d.h. zwischen dem Versenden einer Nachricht durch Person A und dem Empfang oder Lesen der Nachricht durch Person B liegt ein bestimmter (variabler) Zeitraum. Dagegen finden Verhandlungen über Chaträume (quasi-)synchron statt, d.h. eine geschriebene Nachricht erscheint zum Zeitpunkt des Schreibens (synchron) oder des Sendens (quasi-synchron) auf dem Monitor des Empfängers. Es werden keine Leistungen oder Funktionen in Form von Kommunikations- oder Entscheidungsunterstützung bereitgestellt. Viele Verhandlungsunterstützungssysteme, wie z. B. Negoisst, Inspire oder WebNS sind asynchron ausgelegt. Eine Ausnahme stellt die adaptierte Version von SimpleNS dar, wie sie von Pesendorfer et al. (2007) eingesetzt wurde (Adapted SimpleNS). Das Ausmaß der Verhandlungsunterstützung reicht in den einzelnen Systemen von passiver (z. B. Bereitstellung einer Kommunikationsplattform, d.h. Austausch und Archivierung der Nachrichten), über aktive (z. B. quantitative Entscheidungsunterstützung oder qualitative Kommunikationsunterstützung) bis hin zu proaktiver Unterstützung (z. B. Vorschlag alternativer, Pareto-optimaler Lösungen). Verhandlungsunterstützung kann zusätzlich nach ihrer Ausrichtung (z. B. ergebnisorientiert vs. prozessorientiert (Yuan et al. 1998; Schoop et al. 2003) gegliedert werden. Verhandlungsführung über E-Mail-Programme oder Chaträume unterscheidet sich prozedural kaum von thematisch anderer Kommunikation über diese Medien, deshalb werden diese beiden Formen hier nur kurz erläutert. Verhandlungen über elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme und die unterschiedlichen Arten der Unterstützung werden anschließend detaillierter dargestellt. a) E-Mail- und Chat-Verhandlungen Die einfachste Form einer elektronischen Verhandlung ist die E-MailVerhandlung. Hierbei werden über ein gewöhnliches E-Mail-Programm Informationen, Argumente und Angebote ausgetauscht. Der Vertrag wird am Schluss von den Verhandelnden generiert oder entwickelt sich sukzessive aus einem Entwurf, der beispielsweise als Textdatei mit jeder Mail als Anhang mitgesendet und dabei versioniert wird. Verhandlungen über E-Mails empfehlen sich unter anderem deshalb, weil die Nutzer meist mit ihrem E-Mail-Programm gut vertraut sind, sich also nicht erst
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in neue Software einarbeiten müssen. Die Verhandelnden können ihre Nachrichten in Umfang und Inhalt vollkommen frei gestalten und beliebige Dokumente als Anhang mitschicken (z. B. Zeichnungen, Listen, Vertragsversionen). Um Bezug auf vorherige Nachrichten oder Argumente zu nehmen, kann über die Reply-Funktion der Inhalt der vorherigen Nachricht(en) an die neue Nachricht angehängt oder in diese integriert werden. Verhandelnde können zudem beliebig viele E-Mails nacheinander versenden ohne die Antwort ihres Verhandlungspartners abwarten zu müssen. Genau in dieser Freiheit und Beliebigkeit von E-Mails liegt aber auch der größte Nachteil dieser Verhandlungsform. So kann bei komplexeren Verhandlungen aufgrund der Unstrukturiertheit der Kommunikation (Umfang, Form, Zeitpunkt und Anzahl der pro Partei versendbaren Nachrichten) schnell der Überblick darüber verloren gehen, was bereits vereinbart wurde und aus welchem Grund. Die Nachrichten werden zwar i.d.R. chronologisch gespeichert, was eine gewisse Übersicht ermöglicht, Inhalte und Anhänge müssen allerdings von den Verhandelnden selbst strukturiert und verwaltet werden. Dabei kann es auch aufgrund von Inkonsistenzen im Dateiformat zu Problemen kommen. Die individuelle Verwaltung und lokale Speicherung der Daten schützt die Nachrichten außerdem nicht vor Manipulationen. Somit ist die rechtliche Verbindlichkeit von E-Mail-Nachrichten fraglich.3 Trotz dieser enormen Nachteile scheint der Einsatz von E-Mails in Geschäftsverhandlungen in der Praxis weit verbreitet zu sein. In einer repräsentativen Umfrage (Schoop et al. 2008) gaben mehr als 70 Prozent der Befragten an, in mindestens einer der Verhandlungsphasen E-Mails als Kommunikationsmedium zu nutzen. Chat-Verhandlungen weisen in Bezug auf ihre Vor- und Nachteile hohe Übereinstimmung mit E-Mail-Verhandlungen auf. Die Dokumentation und das Nachvollziehen von Entscheidungen sind jedoch mit noch höherem Aufwand verbunden. Zudem spielt in Verhandlungen über Chat-Räume der Redewechsel eine bedeutsame Rolle, denn aufgrund der (Quasi-)Synchronität der Interaktion kann es vorkommen, dass sich die Nachrichten der Verhandelnden zeitlich (beinahe) überlappen und so ein strukturierter Ablauf der Kommunikation schwierig zu gestalten ist. Die sehr dynamische Interaktion ist jedoch vorteilhaft, um beispielsweise kurze Verständnisfragen zeitnah zu klären. Prozedural ähnelt die Kommunikation im Chat damit stark der persönlichen Kommunikation. Da Chat-Verhandlungen im betrieblichen Kontext so gut wie keine Rolle spielen (Schoop et al. 2008), werden sie im Folgenden nicht weiter betrachtet. 3
Die Sicherheit des Nachrichtenaustauschs kann mittels digitaler Signaturen erhöht werden. Digitale Signaturen verhindern die Manipulation einer Nachricht durch das Anhängen einer Zahlenfolge, die sich aus den zu versendenden Daten ergibt. Die Integrität der Nachricht und die Identität des Absenders können durch die Überprüfung der Zahlenfolge auf Seiten des Empfängers sichergestellt werden (Wirtz 2001, S. 612 f.).
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b) Elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme Ein elektronisches Verhandlungsunterstützungssystem kann als Software beschrieben werden, die Internettechnologien verwendet, über das Web zugänglich ist und die Verhandlungsteilnehmer zielorientiert unterstützt, indem sie etwa die Entscheidungsfindung erleichtert, den Verhandlungsprozess strukturiert und organisiert, Informationen und Expertise bereitstellt oder Zugang zu Mediatoren und Vermittlern ermöglicht (Auszug aus Kersten 2004). Das Ziel elektronischer Verhandlungsunterstützung liegt darin, die Verhandlungen, die bereits über nicht-persönlichen Kontakt geführt werden, z. B. über E-Mail, effektiver und effizienter zu gestalten und nicht darin, persönliche Verhandlungen zu unterbinden und durch elektronische Verhandlungen zu ersetzen (Bichler et al. 2003). Der Hauptunterschied zwischen einem Verhandlungsunterstützungssystem und einfachen elektronischen Medien wie E-MailSystemen besteht darin, dass das Verhandlungsunterstützungssystem eine aktive Rolle im Verhandlungsprozess einnehmen kann, indem es die ablaufenden Kommunikations- und Entscheidungsprozesse durch Regeln beeinflusst (Ströbel & Weinhardt 2003). Elektronische Verhandlungsunterstützung soll u. a. eine bessere Vorbereitung auf die Verhandlung ermöglichen und während des Verhandlungsprozesses die kognitiven Anstrengungen der Verhandelnden reduzieren (Kersten 2004). Explizit kein Ziel von elektronischen Verhandlungsunterstützungssystemen ist dagegen die Minimierung von emotionalen und subjektiven Elementen, wie sie von Spangle und Isenhart (2003, S. 244) genannt wird. Dies gilt nur für Mediations- oder Argumentationsunterstützungssysteme. Komponenten der Verhandlungsunterstützung Verhandlungsunterstützungssysteme (Negotiation Support Systems, NSS) bestehen i.d.R. aus einer individuellen Entscheidungsunterstützungskomponente (Decision Support System, DSS) und einem Interaktionssystem (Communication Support System, CSS). Diese von Lim und Benbasat (1993) theoretisch begründete Zweiteilung elektronischer Verhandlungsunterstützung ist allgemein anerkannt, jedoch existieren auch andere Bezeichnungen. Spector (1997) differenziert beispielsweise nach qualitativer und quantitativer Unterstützung, Swaab et al. (2004) nach Informations- und Kommunikationsunterstützung. Der Leistungsumfang der einzelnen Komponenten fällt je nach System sehr unterschiedlich aus. Entscheidungsunterstützung hilft bei der Bewertung von Angeboten, bei der Erstellung von Angeboten und bei der Wahl und Einhaltung einer bestimmten Verhandlungsstrategie. Um diese Unterstützung bereitstellen zu können, werden zu Beginn die Präferenzen jedes Verhandlungsteilnehmers in Bezug auf die Wichtigkeit der einzelnen Verhandlungspunkte und deren Alternativen individuell erhoben. Dies geschieht z. B. mit Hilfe einer Conjoint-Analyse. Die Verwendung einer indirekten Methode zur Präferenzerhebung ist häufig notwendig, da die Verhandelnden ihre Präferenzen sel-
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ten in quantifizierter Form ausdrücken können. Aus den ermittelten Präferenzen wird anschließend die individuelle Nutzenfunktion berechnet, welche als Basis für die Bewertung von Angeboten und Gegenangeboten dient. Üblich ist hierbei die Annahme unabhängiger Verhandlungspunkte und damit die Verwendung linear-additiver Verfahren, die zu einer doppelt geknickten Nutzenfunktion führen (Abbildung 3), jedoch sind auch alternative Verfahren möglich (vgl. negPOINT 2007).
Nutzenfunktion
Nutzen 120% 100% 80%
60% 40%
20% 0%
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10 11 12 13 14 15 16 17
Merkmalsausprägung
Abbildung 3:
Doppelt geknickte Nutzenfunktion
Einige Systeme erlauben die Anpassung der Präferenzen und damit die Veränderung der Nutzenfunktion während des Verhandlungsprozesses. Neben der Bewertung einzelner Angebote kann dem Verhandelnden auch der Verlauf seines Nutzens über alle Angebote angezeigt werden (Nutzengraph, Abbildung 4).
Misty's rating
History of Misty's Negotiations
100 90
Misty
80 70
60 50 40
accepted
accepted
30 20
Smiley
10 0 2 May
Abbildung 4:
5 May
9 May
14May
16 May
Beispiel für Nutzengraph (Inspire/Invite 2008)
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Entscheidungsunterstützung kann sowohl asymmetrisch als auch symmetrisch gestaltet sein. Bei der asymmetrischen Unterstützung beruhen die angezeigten Werte ausschließlich auf der Nutzenfunktion des Verhandelnden selbst. Im Gegensatz dazu werden bei der symmetrischen Unterstützung die Angebote und Gegenangebote auf Basis der Nutzenfunktionen beider Verhandlungspartner bewertet. Hierbei kann wiederum danach unterschieden werden, ob die Werte den Verhandelnden angezeigt werden oder ob sie nur einer unabhängigen Drittpartei bekannt sind, die den Verhandelnden ausgehend von diesen Werten alternative Lösungen vorschlägt, die den gemeinsamen Nutzen erhöhen würden, ohne eine der Parteien schlechter zu stellen (Pareto-effizientere Lösung). Kommunikationsunterstützung bezieht sich auf die Unterstützung der schriftsprachlichen Interaktion der Verhandelnden und bietet beispielsweise Funktionalitäten für die Darstellung und Speicherung der Nachrichteninhalte, das Verhandlungsvokabular und den Nachrichtenaustausch (Protokoll). Ziel ist, die Kommunikation formal anzureichern, um damit die durch den elektronischen Kanal bedingten Defizite (vgl. Kapitel 2.4.2) auszugleichen. Ein Interaktions- oder Kommunikationsprotokoll (Abbildung 5) regelt beispielsweise, welche Handlungsmöglichkeiten und Informationen einem Akteur unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stehen (z. B. Redewechsel, Versenden eines neuen Angebots). Dies dient der Koordination der Verhandlungskommunikation. A: counter
B: counter
A: request/ offer q0
q1
q2 B: accept A: accept
B: reject A: reject
q3
Abbildung 5:
q4
Beispiel für Kommunikationsprotokoll (Negoisst 2009)
Die Kommunikationsunterstützungskomponente kann außerdem die systematische Darstellung, Archivierung und Speicherung der Nachrichten und gegebenenfalls sogar die automatische Erstellung von Dokumenten (z. B. Verträge auf Basis von Templates) übernehmen. Zusätzlich kann eine Verknüpfung zwischen Nachrichten und Dokumenten erfolgen und somit eine Art elektronisches Gedächtnis für die Verhandelnden entstehen (Kerr &
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Murthy 2004). In Bezug auf Nachrichteninhalte und das Verhandlungsvokabular kann die Kommunikationsunterstützung für höhere Transparenz und Verständlichkeit sorgen, indem die Kommunikation semantisch und pragmatisch ausgezeichnet wird (vgl. Kapitel 6.1). Nach Lim und Benbasat (1993) eignet sich elektronische Unterstützung insbesondere für die dynamischen Elemente einer Verhandlung. Jede Komponente der Verhandlungsunterstützung erfüllt dabei eine spezifische Funktion. So hat Entscheidungsunterstützung positive Auswirkungen auf die Informationsverarbeitung und trägt zur Rationalisierung des Prozesses bei. Sie ist damit verantwortlich für bessere und fairer verteilte Ergebnisse. Dagegen wirkt sich Kommunikationsunterstützung auf soziale Aspekte, beispielsweise die Zufriedenheit der Verhandelnden, aus. Dass die Wirkungslinien von Entscheidungs- und Kommunikationsunterstützung vollkommen unabhängig voneinander verlaufen, ist zu bezweifeln. Die Wirkung der Kommunikationsunterstützungskomponente auf aufgabenbezogene Ergebnisse von Verhandlungen wurde beispielsweise von Wolfe und Murthy (2005) empirisch nachgewiesen. Es konnte belegt werden, dass Nutzer von vollständigen Verhandlungsunterstützungssystemen (bestehend aus einer Entscheidungs- und einer Kommunikationsunterstützungskomponente) ein besseres gemeinsames Ergebnis und weniger Verhandlungsabbrüche erzielten als Nutzer von reinen Entscheidungsunterstützungssystemen. Bezogen auf vollständige Verhandlungsunterstützungssysteme konnte außerdem empirisch nachgewiesen werden, dass diese Verhandlungen für physisch getrennte Personen angenehmer machen sowie kognitive Verzerrungen oder Beschränkungen und emotionale Konflikte abschwächen (Wolfe & Murthy 2005). Außerdem wird der Aufbau einer gemeinsamen Identität und Wissensbasis der Verhandelnden durch Verhandlungsunterstützungssysteme gefördert (Swaab et al. 2004), was als Indikator für ein gutes Verhandlungsergebnis gilt. Bereits im Jahr 2003 stellten Weigand et al. (2003, S. 27) außerdem fest: “An important contribution of a B2B NSS is its potential to improve the quality of communication”. Allerdings definierten die Forscher weder was sie unter Kommunikationsqualität verstehen, noch wie diese genau durch den Einsatz von Verhandlungsunterstützungssystemen verbessert werden kann. Dass die Kommunikationskomponente von Verhandlungsunterstützungssystemen für die Nutzer zumindest subjektiv von Bedeutung ist, wurde von Köhne et al. (2005a) belegt. Eine Erhebung der Nutzereinschätzung der Kommunikationskomponente ergab, dass diese insbesondere in komplexen, unstrukturierten Verhandlungen als notwendig erachtet wird. Trotzdem mangelt es nach wie vor an einem Beleg für die Wirkungen der Kommunikationsunterstützungskomponente. Dies liegt auch daran, dass der Umfang an Kommunikationsunterstützung in den meisten Verhandlungsunterstützungssystemen deutlich geringer ausgeprägt ist als die Entscheidungsunterstützungskomponente und die Umsetzung stark variiert.
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Kurzdarstellung einzelner Unterstützungssysteme Trotz intensiver Forschung an Verhandlungsunterstützungssystemen konnten sich diese in der Praxis bislang noch nicht weitreichend durchsetzen (Kersten & Noronha 1999, S. 137; Kersten 2002). In den meisten Unternehmen kommen immer noch hauptsächlich E-Mails zum Einsatz, allerdings kann eine Zunahme von Supplier Relationship Management- (SRM) Tools festgestellt werden (BME & Siemens 2005; BME & SynerDeal 2005), die auch Verhandlungsunterstützungskomponenten umfassen (z. B. das SRM-Tool von SAP, SAP 2009). Einige Studien beschäftigen sich explizit mit den Ursachen der mangelnden Verbreitung von Verhandlungsunterstützungssystemen. Shang et al. (2005) führen einen Abgleich von Praxisanforderungen und existierenden Systemfunktionalitäten durch. Die dabei festgestellte Lücke zwischen den existierenden Unterstützungssystemen und den Anforderungen der Praxis, vor allem in Bezug auf die individuelle Anpassbarkeit und Nutzerfreundlichkeit der Systeme, kann als ein Grund für den mangelnden Einsatz gelten. Um einen Einblick zu ermöglichen, werden im Folgenden einige Systeme aus der Wissenschaft und einige kommerzielle Systeme kurz vorgestellt und diskutiert. SMARTSETTLE: SmartSettle (2008, vorher: OneAccord) ist ein kommerzielles System, das eine Erweiterung des Forschungssystems ICANS darstellt. Seine Unterstützungsleistung liegt vor allem im analytischen Bereich. Um analytische Unterstützung bereitstellen zu können, ist das System auf die individuellen Präferenzinformationen der Verhandelnden (denkbare Alternativen, Ratingfunktionen, Zufriedenheitslevel) angewiesen. Wenn die Verhandelnden ihre Angebote abgeben, schlägt das System auf Basis der Präferenzinformationen mögliche Alternativen vor, die nicht schlechter sind als diese Angebote, aber näher am Pareto-Optimum liegen (Thiessen et al. 1998). Inzwischen existieren unterschiedliche Varianten dieses Unterstützungssystems, wie etwa der Smartsettle Observer, Decider, Negotiator oder Smartsettle Pro. Keine dieser Varianten umfasst kommunikative Aspekte. MOAI: Das CompleteSource™ Solution Suite von Moai verspricht seinen Kunden höhere Gewinne durch das Einsparen von Transaktionskosten, Verschlankung von Beschaffungsprozessen und Verbesserung der strategischen Partnerschaften mit Handelspartnern (Moai 2008). Es agiert als Onlineplattform und als umfassendes Prozessunterstützungssystem für elektronische Ausschreibungen, reverse Auktionen und Verhandlungen. Die Verhandlungsunterstützung umfasst Entscheidungsunterstützungskomponenten und eine Vertragsmanagementfunktion, jedoch keine Kommunikationsunterstützung.
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EBREVIATE: Die Beschaffungslösung von AT Kearney (ebreviate 2008) ist vor allem auf Auktionsprozesse ausgelegt. Dem Nutzer werden Analysen und Strategietipps bereitgestellt, um einen möglichst effektiven und effizienten Beschaffungsprozess zu gewährleisten. Auch hier bezieht sich die Unterstützung ausschließlich auf den Entscheidungs- und nicht den Kommunikationsprozess. INSPIRE/ INVITE: Die Besonderheit des Systems Inspire liegt darin, dass es Interessenten zu Übungszwecken online zur Verfügung steht (Inspire/Invite 2008). Die Nutzer des Systems verhandeln eine fiktive Fallstudie. Dabei können sie auf ein Angebotsfeld, ein Nachrichtenfeld und Entscheidungsunterstützung in Form von Nutzenwertverläufen in graphischer Darstellung zurückgreifen. Inspire ist ein webbasiertes System mit einem Interaktionsprotokoll, das strenges Alternieren zwischen den Verhandelnden vorsieht (Kersten & Noronha 1999). Das Angebotsfeld verlangt, dass die Verhandelnden, wenn sie an der Reihe sind, alle Verhandlungsattribute spezifizieren und an ihren Partner senden. Das zusätzliche Verfassen einer Nachricht, z. B. um das Angebot argumentativ zu unterlegen, ist optional. Der Nutzenverlaufsgraph zeigt die Nutzenwerte der einzelnen Angebote an. Die Nutzenwerte ergeben sich aus den Präferenzen (Attributgewichtungen und Attributausprägungen), die vom Verhandelnden vor Beginn der Verhandlung festgelegt werden. Zudem kann Inspire proaktiv agieren, d.h. vor Ende der Verhandlung schlägt das System mögliche paretooptimalere Lösungen vor, welche den individuellen Nutzen der Verhandelnden nicht verringern, jedoch den Gesamtnutzen erhöhen. Die Arbeit des kanadischen Forschungsteams beschränkt sich inzwischen nicht mehr auf dieses eine System, sondern hat sich zu einer Forschungsplattform entwickelt (Inspire/Invite 2008), auf der ständig Neuerungen vorgestellt werden. Unter anderem stehen hier die beiden Systeme Inspire und SimpleNS für bilaterale Verhandlungen, aber auch MBN (für multi-bilaterale Verhandlungen) sowie ein Auktionsunterstützungssystem (InAuction) zur Verfügung. Obwohl hier die Kommunikation als Bestandteil von Verhandlungsprozessen berücksichtigt wird, liegt der Fokus des Systems auf dem Austausch von Angeboten und den damit verbundenen Entscheidungsprozessen. Kommunikations- und Entscheidungsprozesse sind nicht integriert, d.h. der Inhalt des Angebotsfeldes und des Nachrichtenfeldes müssen nicht konsistent sein. CBSS/ WEBNS: Das von Yuan et al. (1998) entwickelte CBSS (Collective Bargaining Support System) soll dem Nutzer leichten Zugang zu Verhandlungspartnern weltweit und in Echtzeit ermöglichen. CBSS unterstützt bilaterale, multiattributive Verhandlungen. Der Verhandlungsprozess wird durch das System strukturiert und automatisch dokumentiert, zudem existieren bestimmte Sicherheits- und Datenschutzfunktionen. Die Kommunikation während des Verhandlungsprozesses wird durch unterschiedliche Fenster gegliedert. Die Verhandlungspunkte
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müssen einzeln und nacheinander in spezifischen Sessions abgearbeitet werden. Jedes sessionspezifische Fenster besteht aus drei Unterfenstern: Die Verhandlungsparteien verfügen jeweils über ein Fenster, in dem ihre eigenen Nachrichten angezeigt werden („our window“) und eines, in dem die Nachrichten der anderen Partei gelesen werden können („their window“). Wenn eine Einigung über einen bestimmten Verhandlungspunkt erzielt wurde, so erscheint diese im gemeinsamen Fenster („common window“). Die Aufgliederung der Kommunikation in verschiedene Fenster ermöglicht zwar eine gute Strukturierung, verhindert aber gleichzeitig integrative Verhandlungstaktiken wie etwa Logrolling (Verknüpfung mehrerer Verhandlungspunkte)4 und ist damit für komplexere Verhandlungsfälle nicht geeignet. Die Weiterentwicklung von CBSS, WebNS, ermöglicht bei Bedarf den Einsatz eines Beraters und eines Mediators, allerdings stellt keine der Systemvarianten eine entscheidungsorientierte Unterstützung bereit (Kersten 2002). NEGOISST: Während die zuvor beschriebenen Systeme hauptsächlich auf eine einzelne Unterstützungskomponente, die Entscheidungsunterstützung (mit Ausnahme von WebNS), fokussiert sind, verfolgt Negoisst einen integrativen Ansatz (Schoop et al. 2003; Schoop 2004; Quix et al. 2002; Schoop & Quix 2001) einen integrativen Ansatz. Die Entscheidungsunterstützungskomponente von Negoisst entspricht weitgehend der des Inspire-Systems, zusätzlich beinhaltet Negoisst eine umfassende Kommunikationsunterstützungskomponente. Grundlage für die Integrativität des Systems ist, dass während eines Verhandlungsprozesses neben den eigentlichen Nachrichten, welche aus strukturierten Angeboten und semistrukturierten Inhalten bestehen, auch Dokumente in Form von Vertragsversionen ausgetauscht werden. Die Semistrukturierung sichert die Konsistenz zwischen Angebot und Nachrichteninhalt. Der Inhalt einer Vertragsversion ergibt sich aus dem strukturierten Teil einer Nachricht. Stimmt der Verhandlungspartner einer Vertragsversion zu, stellt diese den finalen Vertrag dar. Die einzelnen Vertragsversionen sowie die ausgetauschten Nachrichten werden vom System automatisch gespeichert und archiviert. Die Verhandlungspunkte in den Vertragsversionen sind außerdem mit den Nachrichten verknüpft, d.h. es lässt sich anhand des Nachrichteninhalts immer zurückverfolgen, wie ein bestimmter Vertragspunkt zustande gekommen ist. Wie Inspire ist Negoisst inzwischen kein auf bilaterale Verhandlungen beschränktes Unterstützungssystem mehr, sondern ermöglicht auch multilaterale Verhandlungen und verschiedene Auktionsformen. Zudem stellt es eine Unterstützung für die Wahl der geeigneten Transaktionsform zur Verfügung.
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Logrolling beschreibt eine Möglichkeit, integrative Ergebnisse zu erzielen: „Logrolling is a negotiation process that allows the parties to trade off their lowpriority concerns to achieve high-priority concerns.“ (Butler 1999, S. 220).
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Auf dem wissenschaftlichen Sektor haben sich in den letzten Jahren die Unterstützungssysteme Inspire und Negoisst für Trainings- und Forschungszwecke bewährt. Da das System Negoisst als einziges einen integrativen und stark kommunikationsorientierten Ansatz verfolgt, wurde es für die Experimente im empirischen Teil dieser Arbeit ausgewählt und wird in Kapitel 6.1 detaillierter erläutert. Neben den genannten Formen von Verhandlungsunterstützungssystemen existieren weitere, verwandte Arten, z. B. Contract-Management-Systeme (Staskiewicz 2009), Argumentationsunterstützungssysteme (Silince & Saeedi 1999) oder Unterstützungssysteme für Kooperation bzw. Gruppenarbeit (Group Decision Support Systems GDSS und Computer Supported Cooperative Work CSCW, Appel 2000). Die beiden letztgenannten Systemklassen verfügen über eine eher kommunikationsorientierte Ausrichtung. Bui und Jarke (1986) beschreiben die Rollen und Funktionen der Kommunikationskomponente in solchen Kooperationssystemen mit der Koordination der Interaktion, der Überwachung und dem Aufdecken unerlaubter Handlungen sowie der Unterstützung des Informationsaustauschs. Die Effektivität und Effizienz solcher Systeme wird allerdings sehr unterschiedlich beurteilt. Eine Übersicht hierzu findet sich beispielsweise bei Appel (2000, S. 194). 2.2.3 Empirische Methoden der elektronischen Verhandlungsforschung Die empirische Forschung im Bereich elektronischer Verhandlungen gliedert sich in zwei Hauptgruppen: Vergleichsstudien und Nutzungsstudien. Erstere stellen unterschiedliche Verhandlungsmedien einander gegenüber, letztere analysieren den individuellen Umgang mit einem bestimmten Verhandlungsmedium. Die wissenschaftliche Forschung hat sich bereits mit dem Vergleich vielfältiger Formen der Verhandlungsführung beschäftigt, so beispielsweise mit Vergleichen zwischen - persönlichen und elektronischen Verhandlungen (meist E-Mail oder Chat; z. B. Poole et al. 1992, S. 60; Lewicki & Dineen 2002 S. 275), - nichtunterstützten und unterstützten elektronischen Verhandlungen (Köhne et al. 2005b), - Verhandlungen über elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme mit unterschiedlicher Ausstattung (z. B. Schoop et al. 2007; Weber et al. 2005) oder - verschiedenen Verhandlungsunterstützungssystemen, z. B. Inspire und WebNS (Köszegi et al. 2004) oder Inspire und SimpleNS (Kersten 2004). Mit Hilfe dieser Studien konnte die Vorteilhaftigkeit umfangreicher elektronischer Unterstützung, beispielsweise in Bezug auf Effektivität und Effizienz einer Verhandlung, nachgewiesen werden. Hintergrund dieser Vergleichsstudien ist meist die Annahme, dass die Eigenschaften des verwendeten Mediums das
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Verhandlungsverhalten in einer bestimmten Art und Weise prägen und somit positive Effekte auf die Ergebnisdimension haben. Diese deterministisch orientierte Perspektive reicht jedoch nicht aus, denn Medien oder elektronische Unterstützungsfunktionen werden nicht von jedem Nutzer identisch wahrgenommen und verwendet (vgl. Strukturationstheorie, Giddens 1984; DeSanctis & Poole 1994). Nutzungsprozesse variieren vielmehr in Abhängigkeit von der Systemgestaltung und den soziodemographischen Merkmalen der Nutzer. Deshalb existieren Studien zu - Nutzungsmustern bei unterschiedlichen elektronischen Verhandlungsmedien (z. B. Lai et al. 2006) sowie - Nutzungsunterschieden zwischen soziodemografisch verschiedenen Personengruppen (z. B. bezüglich Kultur, Geschlecht oder Nationalität, Kersten & Noronha 1999; Gelfand & Brett 2004; Köszegi et al. 2002). Während vergleichsorientierte Studien sich inhaltsanalytisch-qualitativ mit den Verhandlungsnachrichten und quantitativ mit dem erzielten Verhandlungsergebnis befassen, kommen bei nutzungsorientierten Studien andere Methoden und Maße zum Einsatz. Dazu gehören sowohl neue Erhebungsinstrumente wie Blickaufzeichnungsgeräte als auch neue Methoden wie die Think-AloudTechnik (van Someren et al. 1994).5 Ein großes Potenzial elektronischer Verhandlungsforschung liegt darin, dass sie eine genauere Theoriebildung und ein besseres Verständnis des Verhandlungsverhaltens ermöglicht, als es in der Forschung zu persönlichen Verhandlungen möglich ist, da – anders als bei persönlichen Verhandlungen – vollständige Daten über Prozess und Ergebnis der Verhandlung vorliegen. Kommunikations- und Entscheidungsdaten (z. B. Nutzenverläufe) werden in elektronischen Verhandlungen automatisch aufgezeichnet und gespeichert. Zusätzlich spielen im Gegensatz zu persönlichen Verhandlungen weder para- noch non-verbale Einflüsse eine Rolle. Außerdem ist es in der elektronischen Verhandlungsforschung einfacher, objektive und subjektive Messungen durchzuführen und mehrere Methoden miteinander zu kombinieren, z. B. Experimente, Befragungen, Inhaltsanalysen und Methoden des Data Mining (Lai et al. 2006). Der größte Nachteil elektronischer Verhandlungsforschung ist allerdings – wie auch bei der allgemeinen Verhandlungsforschung – die mangelnde Verfügbarkeit „echter“ empirischer Daten, d.h. Daten aus der Unternehmenspraxis.
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Die Think-Aloud-Technik wird von den genannten Autoren wie folgt definiert: „The subject is asked to talk aloud, while solving a problem and this request is repeated if necessary during the problem-solving process thus encouraging the subject to tell what he or she is thinking“ (ebd., S. 26)
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2.3 Kommunikation – Verständigung durch Reflexivität Ähnlich wie Verhandlungen ist auch Kommunikation ein Konstrukt mit zahlreichen Facetten und muss deshalb für den jeweils betrachteten Kontext spezifisch definiert werden. Im Folgenden wird der Kommunikationsbegriff, insbesondere im elektronischen Kontext, genauer dargestellt. 2.3.1 Kommunikationsbegriff Um eine systematische Übersicht über die Vielfalt der Definitionsansätze für den Kommunikationsbegriff zu erhalten, können diese kategorisiert oder typologisiert werden. Dance (1970) typologisiert Kommunikationsdefinitionen beispielsweise nach ihrem Abstraktheitsgrad, der Berücksichtigung von Intentionalität und dem Vorhandensein einer normativen Bewertung der Handlung. Die Intentionalität wird aufgrund ihrer Bedeutung für diese Arbeit genauer betrachtet. Intentionalität drückt den Grad aus, zu dem sich ein Kommunizierender (Kommunikator) seiner Rolle bewusst ist. Watzlawick verzichtet in seinem Verständnis von Kommunikation beispielsweise auf den Aspekt der Intentionalität. Im Permanenzaxiom, dem ersten der von ihm formulierten fünf pragmatischen Axiome („Man kann nicht nicht kommunizieren“, Watzlawick et al. 2003) wird deutlich, dass Watzlawick Kommunikation mit Verhalten gleichsetzt und nicht mit (intentionalem, bewusstem, zielgerichtetem) Handeln. Habermas (1984) dagegen begreift Kommunikation als rationalen, intentionalen Prozess oder Handeln, mit dem Personen zwei Ziele verfolgen: das konstante Ziel der Verständigung und das variable Ziel der Interessenrealisierung. Miteinander kommunizierende Personen versuchen demnach, sich verständigungsorientiert aufeinander zu beziehen, um damit ihre Interessen zu verwirklichen (Burkart 2002, S. 26f.). Diese bewusste gegenseitige Bezugnahme hat im Rahmen von Verhandlungen eine entscheidende Bedeutung. Darüberhinaus ist Nichtintentionalität an nonverbale Kommunikationskanäle gebunden. Rein schriftliche Kommunikation dagegen kann als per se intentional aufgefasst werden. Mit Hilfe einer dreistufigen Methode, bestehend aus Reduktion, Begriffsexplikation und Kriterienanalyse kam Merten (1977) zu der Schlussfolgerung, dass gegenseitige Bezugnahme der wichtigste Aspekt („Übervariable“) von Kommunikation ist und sich gliedert in sachliche, soziale und zeitliche Reflexivität. Mit diesem der funkional-strukturellen Systemtheorie entlehnten Begriff ist gemeint, dass Kommunikation sich dadurch auszeichnet, dass sie zeitlich, sachlich und sozial immer an bereits Gewesenes oder Vorhandenes anknüpft und darauf aufbaut: - Zeitliche Reflexivität: Die Folgen von Kommunikation wirken auf den Kommunikationsprozess zurück. - Sachliche Reflexivität: Kommunikation bezieht sich immer auf bereits gebildete Sinnstrukturen.
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- Soziale Reflexivität: Kommunikation konstituiert menschliche Identität dadurch, dass sie Individuen verbindet, Sozialität stiftet etc. (Kübler 1994, S. 18). Damit wird deutlich, dass Kommunikation nie aus dem Nichts heraus entsteht und an soziale Prozesse sowie den Aufbau von gemeinsamem Wissen gebunden ist. Ein Faktor, der sich aus dem Reflexivitätsgedanken ergibt, ist der Prozesscharakter von Kommunikation. Kommunikation wird immer offen und flexibel konstruiert, wobei „die Kommunikationspartner […] nicht nur Rezipienten, sondern aktiv Handelnde und Kommunikation Schaffende“ sind (Kübler 1994, S. 19). Dieser Prozesscharakter zeigt sich bereits in einem der grundlegendsten Kommunikationsmodelle, das als Ausgangspunkt zahlreicher späterer und komplexerer Ansätze diente und noch immer dient, dem das mathematischen Modell der Kommunikation von Shannon und Weaver (1949), auf dem seine Autoren ihre mathematische Informationstheorie begründen. Dieses Modell enthält die drei Grundelemente Sender, Nachricht und Empfänger sowie die essentiellen Prozesse des Kodierens und Dekodierens. Entscheidender Faktor im Prozess der Zeichenübertragung (Kommunikation) ist die von Shannon und Weaver als Störquelle bezeichnete Komponente. Sie symbolisiert alle Einflüsse, die während der Übertragung auf die Nachricht einwirken und den Prozess des Kodierens und Dekodierens behindern können (Abbildung 6).
Quelle
Sender
Nachricht
Kanal
kodiertes Signal
Empfänger
dekodiertes Signal
Ziel
Nachricht
Störquelle
Abbildung 6:
Kommunikationsmodell (eigene Darst., in Anlehnung an Shannon & Weaver 1949)
Obwohl das Modell von Shannon und Weaver sich ursprünglich auf technische Prozesse bezog, wurde es später von den Sozialwissenschaften adaptiert. Die Untersuchung möglicher Störfaktoren der Kommunikation beschäftigte seither eine große Anzahl Kognitionswissenschaftler, Psychologen und Soziologen, wie z. B. Badura (1992) oder Schulz von Thun (1994). Aufbauend auf Shannon und Weaver beschreiben Gelfand et al. (1996, S. 57) den Kommunikationsprozess folgendermaßen: Wenn Personen kommunizie-
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ren, gibt es immer einen Sender und einen Empfänger. Die gesendete Nachricht entspricht jedoch selten der empfangenen. Ein Sender kodiert seine Ideen in einer symbolischen Repräsentation oder Nachricht, die verbal oder nonverbal sein kann. Nachdem die Nachricht durch den Kanal übertragen wurde, erreicht sie den Empfänger, der sie dekodieren und den Ideen und Verhaltensweisen wieder symbolische Bedeutung zuschreiben muss. Wie bereits in der sachlichen Reflexivitätskomponente anklingt, ist die erfolgreichste Kommunikation diejenige, in der alle Teilnehmer der Interaktion die Nachricht so wahrnehmen und beurteilen, wie sie ursprünglich gemeint war. Dies bezeichnet man als Verständigungsziel, eine weitere Gemeinsamkeit vieler Kommunikationsdefinitionen. Ob eine vollständige Übereinstimmung zwischen intendierter und interpretierter Nachricht überhaupt möglich ist, ist eine philosophische Frage, die hier zunächst nicht weiter betrachtet werden soll, die jedoch von Theoretikern des symbolischen Interaktionismus (Mead 1968) oder Systemtheoretikern (Luhmann 1984) umfassend erörtert wurde (siehe bspw. Burkart 2002, S. 57; Frey 1999, S. 11). Die Frage verweist aber auf einen weiteren wichtigen Aspekt, der auch schon im Zitat von Kübler in Bezug auf die Aktivität der Beteiligten anklang. Danach gehören zum Kommunikations- oder Verständigungsprozess immer mindestens zwei Beteiligte. Es ist ein reziproker Prozess, an dem alle Kommunikationspartner mitwirken müssen: „Mutual understanding is the responsibility of both sides. The communicator must be willing to test whether the other side has received the message that was intended. Similarly, the listener must engage in active listening, testing to make sure that what he or she received and understood is the message that the sender intended” (Lewicki et al. 2003, S. 142). Selbst in der medienvermittelten Massenkommunikation sind solche Feedbackprozesse – wenn auch spärlicher und langsamer als beispielsweise in der persönlichen Kommunikation – vorhanden. Meinungsumfragen, Einschaltquoten oder auch Zuschriften an das Medienunternehmen können darüber Aufschluss geben, ob die intendierte mit der empfangenen Botschaft übereinstimmt. Zusammenfassend soll Kommunikation hier als Interaktionsprozess zwischen mindestens zwei Personen verstanden werden, bei dem die Beteiligten sich wechselseitig und verständigungsorientiert im Hinblick auf zeitliche, sachliche und soziale Aspekte aufeinander beziehen, um damit ihre Interessen zu verwirklichen. Bei dieser Definition von Kommunikation wird die enge Verbindung zu Verhandlungen deutlich. Verhandlungen beruhen auf intentionaler, reziproker Interaktion zwischen mindestens zwei Personen, die ein bestimmtes Ziel verfol-
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gen (Einigung). Ohne gegenseitige Verständigung können Verhandelnde keine Einigung finden. Die Intentionen der Verhandelnden liegen dabei hauptsächlich auf der Realisierung ihrer individuellen Interessen, aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit müssen die Verhandelnden aber auch die Interessen des Partners berücksichtigen und sind damit dem gemeinsamen Verständigungsziel verpflichtet. Kommunikationsformen Als grundlegendste, gleichzeitig aber auch komplexeste Form von Kommunikation gilt die, welche verbal, im direkten Kontakt zwischen zwei Personen stattfindet. Sie wird als direkte, interpersonelle (zwischenmenschliche), persönliche oder face-to-face (f2f-) Kommunikation bezeichnet. Komplex (oder auch: reichhaltig, vgl. Daft & Lengel 1984) ist diese Form der Kommunikation deshalb, weil neben dem rein sprachlichen Kanal auch auf allen anderen sensorischen Kanälen (auditiv, visuell, sensorisch, thermal, haptisch) Signale gesendet und empfangen werden können. Davon abgegrenzt wird die indirekte, d.h. die medial vermittelte Kommunikation (z. B. über Telefon, Computer, Videoconferencing), deren Kanalvielfalt reduziert ist. Je nach Klassifikationskriterium lassen sich zahlreiche weitere Formen unterscheiden. Betrachtet man beispielsweise die Art der Beteiligten, so gliedert man nach MenschMensch-, Mensch-Maschine- oder Maschine-Maschine-Kommunikation. Soll dagegen die Anzahl der Beteiligten als Kriterium dienen, so wird beispielsweise nach Individual-, Gruppen- und Massenkommunikation differenziert. Kommunikation und Interaktion Kommunikation und Interaktion stehen je nach Sichtweise in sehr unterschiedlichem Verhältnis zueinander. So kann Kommunikation als Interaktion mittels Zeichen und Symbolen und damit als Spezialform von Interaktion verstanden werden (Burkart 2002, S. 63). Gleichzeitig kann aber auch Interaktion als Spezialform der Kommunikation gelten, wenn nämlich Interaktion als Idealform oder Ziel der menschlichen Kommunikation beschrieben wird (vgl. Berlo 1960, in Merten 1977, S. 169). Reimann (1968, S. 74) sieht zwischen Kommunikation und Interaktion eine gegenseitige Bedingung, indem Kommunikation die allgemeine Voraussetzung zwischenmenschlichen Handelns ist und durch Interaktion wiederum Form und Ablauf der kommunikativen Handlungen bestimmt werden. Kommunikation und Sprache Um kommunizieren oder kommunikativ handeln zu können, müssen aus modellhafter Sicht Zeichen von einer Informationsquelle zu einer Informationssenke übertragen werden. Damit die Zeichen vom Empfänger verstanden werden können, müssen sie nach bestimmten Regeln verwendet werden, die von allen Beteiligten akzeptiert werden. Sprache stellt ein solches Regelwerk für den Zeichengebrauch dar. Durch die Verwendung von Sprache wird der Zuordnungs- und Benennungsprozess von Zeichen, Zeichenträgern und Zei-
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chenverwendern in ein „enges, normierendes Geflecht kultureller, semiotischer und sprachlicher Konventionen eingebunden und dadurch elementar fixiert; anderenfalls ist Verständigung unmöglich“ (Kübler 1994, S. 14). Die Regeln der Zeichenverwendung gehen auf die semiotische Lehre von Morris (1988) zurück und beschreiben die Beziehungen zwischen Zeichen (Syntaktik), zwischen Zeichen und Bezeichnetem (Semantik) sowie zwischen Zeichen und Zeichenverwender (Pragmatik). Sprache verleiht Zeichen durch deren spezifische Verknüpfung und Verwendung eine bestimmte Bedeutung. So ist es den kommunizierenden Individuen möglich, Realität zu konstruieren und symbolisch zu interagieren. Diese symbolische Interaktion ist es auch, die dafür sorgt, dass Menschen „ent-raumzeitlicht“ kommunizieren (Bergler und Six 1979, zitiert nach Pürer 2001, S. 6) und Inhalte ihres Bewusstseins anderen zugänglich machen können (Burkart 2002, S. 77): Die Kommunikation ist nicht an Ereignisse der Gegenwart und vorhandene Objekte gebunden, sondern es ist (theoretisch) möglich, über beliebige Dinge an jedem Ort und zu jeder Zeit zu kommunizieren. Bei der persönlichen oder face-to-face-Kommunikation stehen den Beteiligten für die Interpretation der übertragenen Zeichen sämtliche Kanäle der menschlichen Sinneswahrnehmung zur Verfügung (z. B. auditiv, visuell, haptisch). Der Empfänger einer Nachricht (bzw. Zeichenfolge) kann also zur Interpretation der verbal ausgedrückten Zeichen zusätzlich auch nonverbale und paraverbale Zeichen heranziehen. Als paraverbale Zeichen gelten z. B. Stimmqualität, Tonfall, Lautstärke, Stimmmelodie oder Sprechpausen. Den nonverbalen Zeichen sind unter anderem Gestik, Mimik und Körperhaltung zugeordnet. Werden die Zeichen dagegen über ein technisches Medium übermittelt, entfallen einer oder mehrere dieser Kommunikationskanäle. 2.3.2 Grundlegende Kommunikationstheorien Im Rahmen einer verständigungorientierten Perspektive auf Kommunikation existieren zwei wesentliche Kommunikationstheorien: die Sprechakttheorie nach Searle und die Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas. Sie werden im Folgenden kurz dargestellt. Sprechakttheorie Die von Austin (1962) begründete und von Searle (1969) weiterentwickelte Sprechakttheorie beruht auf der Annahme, dass Sprache nicht nur dem Beschreiben von Dingen dient, sondern auch dazu, die Umwelt zu beeinflussen. Sprache kann untergliedert werden in Sprechakte, d.h. kleinstmögliche Sinneinheiten, die eine illokutionäre Kraft und einen propositionellen Inhalt umfassen. Um Verständigung zu erreichen, muss der Sprecher bestimmte Regeln einhalten. Ein Verständigungsprozess war dann erfolgreich, wenn der Empfänger sowohl den propositionellen Inhalt (z. B. einen Sachbezug) als auch dessen illokutionäre Kraft (die Absicht, die der Sprecher mit dem Gesagten verfolgt) verstanden hat (Eriksson 1999). Auf Basis dieser Annahmen entwi-
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ckelt Searle eine Klassifikation von Sprechakten. Er unterscheidet (in Abhängigkeit ihrer illokutionären Kraft) zwischen Assertiva, Direktiva, Expressiva, Kommissiva und Deklarativa. Diese Klassifikation wurde vielfach kritisiert und weiterentwickelt (z. B. Streeck 1980; Wunderlich 1976; Ballmer 1979). Dennoch ist Searles Ansatz die Basis vieler aktueller Kommunikationsmodelle und Studien, beispielsweise im Zusammenhang mit der Language-ActionPerspective (LAP, z. B. Winograd & Flores 1986). Theorie des kommunikativen Handelns Die Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas (1984) beschäftigt sich mit den universellen Bedingungen für Sprache und somit mit der Frage, wann Kommunikation funktioniert. Annahme ist, dass sie dann funktioniert, wenn die (rational agierenden) Kommunikationspartner das Ziel haben, gemeinsame Verständigung zu erreichen. Dies schaffen sie, indem sie beim Senden einer Nachricht bestimmte Geltungsansprüche erfüllen: Verständlichkeit, Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Angemessenheit. Der Empfänger einer Nachricht muss die Erfüllung dieser Geltungsansprüche seitens des Senders akzeptieren, damit eine Aussage als verstanden gewertet werden kann. Bezweifelt der Empfänger die Erfüllung eines oder mehrerer dieser Geltungsansprüche, kann der entsprechende Geltungsanspruch in einfachen Fällen (z. B. bei Verständlichkeitsproblemen) mittels Diskussion, in schwerwiegenderen Fällen (Bezweifeln der Wahrheit oder Angemessenheit einer Aussage) über einen theoretischen oder praktischen Diskurs wiederhergestellt werden. Dabei stellt der Diskurs eine Verhandlung unter idealen Bedingungen dar, d.h. jeder Beteiligte ist gleichberechtigt und es zählt das bessere Argument. Habermas selbst bezeichnet seine Theorie als kontrafaktisch, d.h. nicht unmittelbar auf reale Kommunikationskontexte übertragbar. Aufgrund ihrer Normativität liefert sie jedoch einen guten Ausgangspunkt für die qualitative Analyse von Kommunikationsproblemen (bzw. pathologischer Kommunikationsformen, Burkart & Hömberg 2004). Die in den beiden Theorien genannten Verhaltensregeln für Kommunizierende finden sich in empirischen Studien beispielsweise unter den Forderungen nach Genauigkeit der Kommunikation (De Fleur et al. 2005, S. 24; Szulanski et al. 2004), einer klaren, symbolarmen Ausdrucksweise oder der Notwendigkeit der Übereinstimmung verbaler und nonverbaler Signale (Johnson 1983; Lewicki et al. 2003, S. 163). Das Ausmaß der erzielten Verständigung kann über wechselseitiges Nachfragen und Feedbackprozesse ermittelt werden (Johnson 1983), sowohl Sender als auch Empfänger stehen also in der Pflicht. Deshalb plädieren Habermas (1984) und Watzlawick et al. (2003) dafür, Kommunikation nicht als unidirektionalen, sondern als interaktiven Prozess zu betrachten. Die Wirkung einer Nachricht auf einen Empfänger muss demnach genauso berücksichtigt werden wie dessen Reaktion und deren anschließende Wirkung auf den ursprünglichen Sender.
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2.3.3 Empirische Kommunikationsforschung Die Erhebungs- und Erkenntnisgewinnungsmethoden der Kommunikationsforschung decken das gesamte Spektrum der empirischen Sozialforschung ab (Experimente, Beobachtungen, Befragungen). Dabei werden sowohl quantitative als auch qualitative Methoden genutzt. In qualitativen Studien werden beispielsweise Leitfaden- oder Gruppeninterviews, Gruppendiskussionen oder teilnehmende Beobachtungen sowie Einzelexplorationen eingesetzt. Auswertungsmethoden sind meist explorative und qualitative Inhaltsanalysen von Interviewtranskripten und Beobachtungsprotokollen. Bei der quantitativen Forschung kommen neben linguistischen Analysen standardisierte Befragungen, nicht-teilnehmende Beobachtungen sowie Labor- und Feldexperimente zum Einsatz, für die Auswertung werden uni- und multivariate statistische Verfahren angewendet (Brosius et al. 2008; Atteslander 2006). Aufgrund der Vielfältigkeit des Begriffs haben sich auch die unterschiedlichsten Forschungsfelder im Bereich Kommunikation herausgebildet. Während Fisher (1978) die Kommunikationsforschung in die chronologischen Entwicklungsstufen von rhetorischen, über sozialpsychologische und sprachorientierte bis hin zu mathematischen Untersuchungen unterteilt, deren Studien mechanistisch, psychologisch, interaktional oder pragmatisch ausgerichtet sind, gliedern beispielsweise Littlejohn und Foss (2005) abhängig vom Untersuchungsfokus nach semiotischer, phänomenologischer, sozialpsychologischer, soziokultureller, kritischer und rhetorischer Tradition. Kommunikationsforschung kann nicht nur danach differenziert werden, auf welcher theoretischen Perspektive sie beruht, sondern auch danach, welches Element des Kommunikationsprozesses primär betrachtet wird. Dabei haben sich verschiedene Schwerpunkte herausgebildet (angelehnt an Littlejohn & Foss 2005), etwa der Kommunikator, die Nachricht, die Konversation, Beziehungen zwischen den Beteiligten, Gruppenstrukturen, das Umfeld (organisational, kulturell) oder die eingesetzten Medien. Neben der Schwierigkeit, den Gegenstand Kommunikation für eine Untersuchung exakt ein- und abzugrenzen und die geeignete Perspektive auszuwählen, besteht ein weiteres Problem der Kommunikationsforschung im Untersuchungsgegenstand selbst. Littlejohn und Foss (2005, S. 133f) nennen es das „Paradoxon der Kommunikationsforschung“. Um Kommunikation zu verstehen, muss man sie sich demzufolge Stück für Stück ansehen. Aber genau damit zerstört man den eigentlichen Kommunikationsprozess. Das bedeutet, dass Forscher vor der methodischen Herausforderung stehen, den Mittelweg zwischen „Zerstückelung“ und „Gesamtbetrachtung“ zu finden.
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2.4
Elektronische Kommunikation
2.4.1 Der Begriff elektronische Kommunikation Elektronische Kommunikation bezeichnet zunächst nur den Sachverhalt, dass die zwischen Sender und Empfänger ausgetauschten Zeichen mit Hilfe eines elektronischen Mediums (im Sinne eines technischen Hilfsmittels) übertragen werden. Dies ist kein neues Phänomen. Das erste elektronische Kommunikationsmedium war der Telegraph, gefolgt vom Telefon und dem Telefax. Eine deutliche Erweiterung des Anwendungsbereichs, insbesondere für Verhandlungen, ergab sich jedoch durch die Erfindung von Computern und der Entwicklung des Internets und den damit verbunden Kommunikationsmöglichkeiten wie E-Mails, Chats, elektronischer Dokumentenaustausch etc. Durch die Digitalisierung wuchsen verschiedene zuvor voneinander getrennte Kommunikationsformen zusammen zum Bereich der Multimediakommunikation. Damit verschwimmen auch die Grenzen zwischen Massen- und Individualkommunikation zunehmend (Fischer 2005, S. 22; Höflich 2003, S. 13). Die computervermittelte Kommunikation (CvK bzw. computer-mediated communication, CMC) bezeichnet den Bereich der elektronischen Kommunikation, bei dem als elektronische Medien bzw. Vermittlungsinstanzen Computer zum Einsatz kommen (Culnan & Markus 1987, S. 422). Dies ist inzwischen bei fast allen elektronischen Kommunikationsprozessen der Fall, deshalb werden die Begriffe elektronische und computervermittelte Kommunikation im Folgenden synonym verwendet. Technisch betrachtet beginnt der Prozess der elektronischen Kommunikation damit, dass die von einer Nachrichtenquelle ausgehenden Signale (Input) von einem Computer digitalisiert, mathematisch transformiert, (kurzzeitig) gespeichert und dann an einen oder mehrere andere Computer weitergeleitet werden. Von dort aus werden die Signale ebenfalls (zumindest kurzzeitig) gespeichert, zurück transformiert und an die Nachrichtensenke bzw. das Ziel in Form von Outputsignalen ausgegeben (angelehnt an Fischer 2005, S. 26 ff). Nachrichtenquelle und -senke können dabei sowohl Personen als auch Softwareprogramme sein. Eine Besonderheit elektronischer Kommunikation liegt darin, dass zeitliche und räumliche Grenzen beim Senden und Empfangen keine Rolle mehr spielen. Da die variablen Kosten für elektronische Kommunikation außerdem sehr gering ausfallen, ergeben sich erhebliche Potenziale, beispielsweise für die intra- und interorganisationale Zusammenarbeit (Arunachalam & Dilla 1992, S. 153). Riva und Galimberti (1998) stellen zudem fest, dass elektronische Kommunikation neue, alternative Konzeptionen von Kommunikation als gemeinsamer Konstruktion von Bedeutungen ermöglicht. Elektronische Kommunikation zeichnet sich durch bestimmte Attribute aus, deren Ausprägungen auch als Klassifizierungsmerkmale dienen können (Fischer 2005, S. 28). In folgenden Merkmalen unterscheiden sich Formen der elektronischen Kommunikation:
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Grad der Synchronität: Bei der asynchronen elektronischen Kommunikation können zwischen dem Verfassen oder Kodieren der Nachricht und dem Decodieren auf Seiten des Empfängers – anders als bei der persönlichen Kommunikation oder einem Telefonat – große Zeiträume liegen. Dagegen erscheinen Nachrichten beim synchronen Austausch in dem Moment, in dem sie vom Sender verfasst werden auch auf dem Bildschirm des Empfängers, Kodierung und Decodierung finden somit fast zeitgleich statt. Als Zwischenform gilt die quasi-synchrone Kommunikation, bei der Nachrichten vor dem Senden noch bearbeitet werden können (Garcia & Jacobs 1999). Anzahl beteiligter Sender und Empfänger: Elektronische Kommunikation kann dyadisch, d.h. zwischen zwei (1:1), oder polyadisch, d.h. zwischen beliebig vielen Personen (1:n; n:m), ablaufen. Dyadische Kommunikation findet sich meist bei E-Mails, obwohl E-Mails auch ohne größeren Aufwand gleichzeitig an viele Personen gesendet werden können (Massen- oder Rundmails). Newsgroups oder Foren dagegen umfassen immer mehrere Personen auf Sender- und/oder Empfängerseite. Art und Anzahl der verwendeten Kanäle: Elektronische Kommunikation ermöglicht neben dem rein textsprachlichen Kanal (Chat, E-Mail) durch den Einsatz von Mikrofonen und Webcams auch die Anreicherung mit auditiven und visuellen Übertragungskanälen (z. B. Videoconferencing oder Internettelefonie). In dieser Arbeit liegt der Fokus auf asynchroner, dyadischer, schriftlichelektronischer Kommunikation. 2.4.2 Forschungsperspektiven zur elektronischen Kommunikation Elektronische Kommunikation gilt vielen der im Folgenden zitierten Forscher als reduzierte oder defizitäre Kommunikationsform, da ihr in ihrer Grundform (textuell) sämtliche nonverbalen und paraverbalen Hinweise der persönlichen Kommunikation fehlen. Beispielsweise wird angenommen, dass die Reduktion auditiver und visueller Kommunikationskanäle emotionale Verarmung, antisoziales und deviantes Verhalten, Enthemmung, den Gebrauch von Beleidigungen und Anonymisierung fördert. Außerdem werde die Herstellung einer gemeinsamen Kommunikationsbasis erschwert. Diese medienbedingte und damit technologisch determinierte Sichtweise bezeichnet Fischer (2005, S. 177) mit dem Ausdruck Defizitparadigma. Konträr zu dieser Perspektive stehen die nichtdeterministischen Ansätze. Diese verstehen die Wahl des Kommunikationsmediums und dessen Nutzung als einen aktiven Prozess, der durch Kontextfaktoren beeinflusst wird. Medieneffekte werden nicht kausal aus den Medieneigenschaften abgeleitet, sondern ergeben sich als Folge der individuellen Mediennutzung (auch: konstruktivmetakommunikatives Paradigma (ebd.). Eine Zwischenposition nehmen die Studien ein, die einen bedingten oder eingeschränkten Determinismus vertreten (differenzierte Modelle). Diese gehen davon aus, dass Defizite elektronischer Kommunikation nur unter bestimmten Randbedingungen auftreten. Die-
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se Studien lassen sich dem Kontingenzparadigma zuordnen (ebd.). Sie sind allerdings nicht immer eindeutig von den beiden Extrempositionen abgrenzbar. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die deterministischen und nichtdeterministischen Theorien und damit verbundene empirische Studien gegeben (Tabelle 2). Theorien zur computervermittelten Kommunikation deterministisch nicht-deterministisch Wirkungen des Mediums werden von Nutzung und Wirkungen des Medidessen Eigenschaften bestimmt ums werden von verschiedenen Faktoren bestimmt Cues-filtered-out-Ansätze Unpersönlichere Kommunikation: Theorie der sozialen Präsenz Reduced/ Social Context Cues
Social Influence Model of Technology Use
Persönlichere Kommunikation: SIDE-Theorie Theorie der hyperpersonellen Kommunikation SIP-Theorie
TAM-/ UTAUT-Modell
Kanalexpansionstheorie
effektivere Kommunikation: Medienreichhaltigkeitstheorie Tabelle 2:
Theorienübersicht CMC
Deterministische Ansätze Technologischer Determinismus ist ein weitverbreitetes Phänomen und laut Smith (1994) sogar ein Schlüsselfaktor unserer Gesellschaft. Unter Determinismus in der elektronischen Kommunikationsforschung versteht man die Annahme, dass „jede mediale Vermittlung von Kommunikationsprozessen […] Einschränkungen [bedeutet], sodass es zwangsläufig zu einem defizitären Kommunikationsverlauf und -ergebnis kommen muss“ (Fischer 2005). Grundannahme ist, dass das Medium als unabhängige Variable direkt die abhängige Variable Kommunikation beeinflusst. Culnan und Markus (1987, S. 431) sowie Fischer (2005) kritisieren an den deterministisch ausgerichteten Studien, dass die persönliche Kommunikation, die dabei stets als Vergleichsobjekt dient, zu stark idealisiert dargestellt wird, denn diese Betrachtungsweise berücksichtigt beispielsweise nicht, dass elektronisch vermittelte Kommunikation gegenüber der persönlichen, direkten Kommunikation auch Vorteile bietet, z. B. in Bezug auf die Notwendigkeit der Adressierung des Kommunikationspartners, die Speicherung, Verwaltung, Verfügbarkeit und Bereitstellung von Kommunikati-
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onsinhalten sowie Aspekte der Zugangs- und Teilnahmekontrolle (Culnan & Markus 1987, S. 433). Der Cues-Filtered-Out-Ansatz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Theorien, die alle einen direkten Zusammenhang zwischen Eigenschaften des Mediums und bestimmten Kommunikationsvariablen herstellen (Hian et al. 2004). Theorien, die diesem Ansatz zugeordnet werden besagen, dass medial vermittelte Kommunikation bestimmte Hinweise herausfiltert, die in persönlicher Kommunikation vorhanden sind, z. B. regulative Hinweise, Eindrücke des Kommunikationspartners und soziale Kontexthinweise (Culnan & Markus 1987, S. 429). Verschiedene Medien filtern oder übertragen unterschiedliche Hinweise. Wenn nun persönliche Kommunikation durch medial vermittelte Kommunikation ersetzt wird, führt dies zu bestimmten Veränderungen intraund interpersoneller Variablen (Walther & Burgoon 1992). Die meisten Theorien, die dem Cues-filtered-out-Ansatz zugeordnet werden können, beschäftigen sich mit der Auswirkung dieser Hinweismängel auf den Persönlichkeitsgrad der Kommunikation. Über die Art der Veränderungen sind sich die verschiedenen Theorien jedoch uneins. Während die Einen die Ansicht stützen, dass elektronische Kommunikation zu unpersönlicherer Kommunikation führt als bei direktem Kontakt (a), erklären die Anderen, warum elektronische Kommunikation auch persönlicher sein kann als direkte Kommunikation (b). a) „Elektronische Kommunikation ist unpersönlicher als f2f-Kommunikation“: Die Theorie der sozialen Präsenz (Short et al. 1976) besagt, dass die sozialen Effekte von Kommunikation durch das Ausmaß der gegenseitig wahrgenommenen sozialen Präsenz der Kommunikationspartner bestimmt werden. Die Wahrnehmbarkeit sozialer Präsenz wird wiederum bestimmt durch die Kommunikationskanäle und -codes, welche das Medium zur Verfügung stellt (Walther & Burgoon 1992, S. 52). Die Theorie kann somit anhand der folgenden Kausalkette dargestellt werden: Die Art des Mediums (bzw. die Art und Anzahl der seitens des Mediums verfügbaren Kommunikationskanäle) bestimmt das Ausmaß der wahrgenommenen sozialen Präsenz des Kommunikationspartners. Dieses beeinflusst den Kommunikationsstil (Persönlichkeit, Emotionalität, Aufgabenorientierung) und hat damit bestimmte soziale Effekte (z. B. Aufbau und Wertschätzung der Beziehung zum Kommunikationspartner, Walther & Burgoon 1992, S. 52). Für elektronische Kommunikation gilt, dass durch den Mangel an Kommunikationskanälen, die non- oder paraverbale Hinweise übertragen würden, die soziale Präsenz des Kommunikationspartners als sehr gering wahrgenommen wird. Deshalb kommunizieren die Beteiligten unpersönlicher und aufgabenorientierter. Beziehungen können über elektronische Kommunikation somit nur schwer aufgebaut werden. Aus Sicht der Theorie der sozialen Präsenz kann elektronische Kommunikation für Verhandlungen Vor- und Nachteile haben. Zum Einen wird durch die
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verstärkte Aufgabenorientierung eine höhere Effizienz gewährleistet, durch die Unpersönlichkeit der Interaktion wird jedoch der Aufbau von Vertrauen und damit auch langfristiger Geschäftsbeziehungen erheblich erschwert. Eng mit dieser Theorie verbunden ist der Ansatz der Reduced context cues oder auch Social context cues (Sproull & Kiesler 1986). Er besagt, dass der bei elektronischer Kommunikation zu konstatierende Mangel an Hinweisen, welche Aufschluss geben würden über die soziale Situation oder den Status des Kommunikationspartners, Ursache dafür ist, dass bei elektronischer Kommunikation enthemmter kommuniziert wird und beispielsweise Beleidigungen sehr viel häufiger auftreten als in persönlicher Kommunikation. Als positive Folge fehlender sozialer Kontexthinweise wird eine ausgeglichenere Beteiligung der Partner an der Kommunikation festgestellt, da keine statusbedingten Hemmungen auftreten. Dies wird auch mit den Begriffen Nivellierungs- und Egalisierungseffekt bezeichnet (Fischer 2005, S. 55). Für elektronische Verhandlungen würde das bedeuten, dass auf der einen Seite die Gefahr von Konflikteskalationen steigt, auf der anderen Seite jedoch durch die ausgeglichenere Beteiligung die Fairness des Prozesses erhöht wird. b) „Elektronische Kommunikation ist persönlicher als f2f-Kommunikation“: Während die Theorie der Sozialen Präsenz elektronische Kommunikation als unpersönlicher einstuft als die direkte (persönliche) Kommunikation, kommen die SIDE-Theorie, die SIP-Theorie sowie die Hypothese der hyperpersonalen Kommunikation zum gegenteiligen Schluss. Ausgangspunkt der SIDE-Theorie (Social Identification Model of Deindividuation Effects, Lea & Spears 1991) ist ebenfalls der Mangel an Hinweisen in elektronischer Kommunikation. Allerdings werden hier weniger individuelle, sondern soziale Identitätsvariablen betrachtet, insbesondere die Gruppenzugehörigkeit. Das SIDE-Modell untersucht die kognitiven und strategischen Prozesse, die Kommunikationspartner anwenden, um auf Basis minimaler Informationen Schlüsse über ihren Kommunikationspartner zu ziehen (Lea & Spears 1991; Spears & Lea 1994). Stereotypisierungen und Generalisierungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Der geringste Hinweis auf eine soziale Identität wird als Hinweis für die Kategorisierung des Partners als gruppenzugehörig oder nicht-gruppenzugehörig verwendet. Dadurch ergibt sich das vermeintliche Paradoxon, dass durch den Mangel an Hinweisen bei elektronischer Kommunikation ein stärkerer persönlicher Eindruck des Kommunikationspartners entsteht als bei direktem Kontakt. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen ist die Tatsache, dass visuelle Anonymität dazu führt, dass sich die Gruppenmitglieder als subjektiv ähnlicher wahrnehmen und somit auch eher bereit sind Gruppennormen einzuhalten. Allerdings ist die Voraussetzung für diesen Effekt, dass „die soziale und nicht die personale Identität des Individuums voraktiviert ist“ (Fischer 2005, S. 126).
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Nach der Argumentation dieser Theorie sind elektronisch Verhandelnde nicht auf den Austausch vieler persönlicher Informationen angewiesen, da schon kleine Hinweise ausreichen, damit sich der Partner ein Bild seines Gegenübers machen kann. Dieses Bild ist allerdings nicht stabil und es ist zu vermuten, dass Manipulationen leicht möglich sind (vgl. Köszegi et al. 2006). In seiner Hypothese der hyperpersonellen Kommunikation vertritt Walther (1996) den Standpunkt, dass die durch elektronische Kommunikation entstehenden Mängel an sozialen Hinweisen von den Kommunikationspartnern nicht nur kompensiert, sondern sogar überkompensiert werden können. Dies kann im Grenzfall dazu führen, dass sogar eine effektivere und emotional reichhaltigere Kommunikation als im face-to-face-Kanal möglich ist (Fischer 2005, S. 128). Begründet wird die Hypothese damit, dass die Kommunikatoren sich ihrer visuellen Anonymität bewusst sind und deshalb besonders auf eine optimale Präsentation (selektive Selbstpräsentation, Tidwell & Walther 2002) ihrer selbst achten. Es werden gezieltere, persönlichere und intimere Informationen ausgetauscht als bei direktem Kontakt. Voraussetzung dafür, dass diese sogenannte hyperpersonelle Kommunikation stattfindet, ist, dass (1) der Empfänger einer Nachricht seinen Partner sehr positiv beurteilt, (2) der Sender die Möglichkeit hat, seine Nachricht vor dem Senden optimal zu bearbeiten und es (3) eine Feedbackschleife zwischen diesen beiden Prozessen gibt, die zu einem sich selbst verstärkenden Prozess führt. Diese Hypothese erklärt den Aufbau von Beziehungen über elektronische Kommunikation und konnte empirisch belegt werden (Hian et al. 2004). Trifft diese Hypothese auch auf elektronische Verhandlungen zu, so besteht ähnlich wie bei der SIDE-Theorie das Problem der mangelnden Überprüfbarkeit von Informationen des Verhandlungspartners. Die selektive Auswahl und Präsentation persönlicher Informationen kann nicht nur dazu genutzt werden eine Beziehung zum Verhandlungspartner aufzubauen, sondern auch zur Manipulation. Erkannte Manipulationen belasten die Beziehung und damit die gesamte Verhandlungen jedoch erheblich. Eine ähnliche Situation findet sich in virtuellen Welten (z. B. Second Life) oder OnlinePartnerbörsen. Die Theorie der Sozialen Informationsverarbeitung (Social Information Processing, SIP) liefert eine alternative Erklärung für das Entstehen von Beziehungen bei elektronischer Kommunikation (Walther & Burgoon 1992, S. 55): Da alle Kommunikationspartner das gleiche Bedürfnis nach Unsicherheitsreduktion und Affinität haben (Hian et al. 2004), passen sie ihr Kommunikationsverhalten den äußeren (medial bedingten) Umständen an. Um den bei elektronischer Kommunikation erschwerten Beziehungsaufbau zu unterstützen, verändern sie ihr Kommunikationsverhalten, indem sie beispielsweise weniger formelle Nachrichten schicken, eine hohe Informationsaustauschrate einhalten und Vertrauen signalisieren (Riva 2002). Wenn genügend Zeit zur Verfügung steht, können somit durch elektronische
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Kommunikation genau so feste Beziehungen entstehen wie bei persönlicher Kommunikation. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Theorien beschäftigt sich die Medienreichhaltigkeitstheorie nicht mit der medienbedingten Unpersönlichkeit oder Persönlichkeit, sondern mit der Effektivität der Kommunikation. Die Medienreichhaltigkeitstheorie (Media Richness Theory, MRT), entwickelt von Daft und Lengel (1984; 1986) besagt, dass Medien, gemessen an den Eigenschaften ihrer verfügbaren Kommunikationskanäle, unterschiedlich reichhaltig sind und sich abhängig davon jeweils für bestimmte Kommunikationsaufgaben eignen. Entscheidender Faktor ist dabei die Komplexität oder Ambiguität der Aufgabe (Fulk & Boyd 1991, S. 409f). Für sehr komplexe Kommunikationsaufgaben sollte ein sehr reichhaltiges Medium gewählt werden. Persönliche Kommunikation wird als das reichhaltigste Medium angesehen, da hier die meisten Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen und beispielsweise direkte Rückmeldung möglich ist. Für nur gering komplexe Aufgaben sollten weniger reichhaltige Medien eingesetzt werden. Stimmen die Komplexität der zu lösenden Aufgabe und die Reichhaltigkeit des Mediums nicht überein, kann es zu unnötiger Verkomplizierung oder einschränkender Vereinfachung kommen, worunter die Effektivität der Aufgabenbewältigung leidet. Würde man die Argumentationskette der MRT strikt befolgen, dürften Verhandlungen nicht elektronisch – zumindest nicht über E-Mail – geführt werden, da es sich bei Verhandlungen um sehr komplexe Kommunikationsaufgaben handelt, E-Mails allerdings nur eine sehr beschränkte Reichhaltigkeit besitzen. Die Bewältigung der Verhandlungsaufgabe über E-Mails wäre aus Sicht der MRT wenig effektiv. Neben ihrer mechanistischen, die individuellen Nutzungsprozesse nicht berücksichtigenden Perspektive wird an der MRT kritisiert, dass sie die Medienwahl als rationale und freie Entscheidung des Kommunikators, unabhängig von äußeren Zwängen, begreift. Die Berücksichtigung der Aufgabenkomplexität als entscheidendem Einflussfaktor hat der Theorie jedoch zu großer Popularität verholfen und es finden sich immer wieder Studien, die auf dieser Theorie aufbauen oder sie weiterentwickeln. Beispielsweise untersuchten Straus und McGrath (1994) die Auswirkungen verschiedener Medien (synchrone elektronische Kommunikation über ein Message Board versus persönliche Gruppendiskussion) auf die Bewältigung unterschiedlicher Gruppenaufgaben. Es stellte sich heraus, dass die Qualität der Zusammenarbeit zwar nicht durch das Medium beeinträchtigt wird, aber die Produktivität, insbesondere bei Koordinationsaufgaben, unter einem wenig reichhaltigen Medium leidet. Aufbauend auf einer Weiterentwicklung der MRT zur Mediensynchronitätstheorie (Media Synchronicity Theory, Dennis & Valacich 1999) bestätigen Kerr und Murthy (2004) den Zusammenhang von Aufgabentyp und optimaler Medienwahl. Danach können konvergente Aufgaben besser durch f2f-Teams gelöst werden, divergente Aufgaben besser durch Teams mit elektronischer Kommunikation.
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Im Rahmen einer kritischen Analyse der deterministischen Forschung stellten Lewicki et al. (2003, S. 174) fest, dass die dazugehörigen Studien meist in unrealistischen, anonymen Settings durchgeführt wurden, was etwa das häufigere Auftreten von Beleidigungen (Sproull & Kiesler 1986) erklären könnte. Wie sich die theoretischen Aussagen in Bezug auf die Wirkungen elektronischer Kommunikation auf die Persönlichkeit des Austausches widersprechen, so liefern auch empirische Studien im Rahmen der Cues-Filtered-Out-Ansätze widersprüchliche Forschungsergebnisse. Beispielsweise stellen einige Studien fest, dass reduzierte Medien die Nutzer eher zum Lügen anregen, da das Aufdecken von Lügen schwieriger ist als in reichhaltigen Medien (Carlson & George 2004). Dagegen belegen andere Studien, dass gerade der persönliche Kontakt ausschlaggebend dafür ist, dass sich Personen trauen, die Unwahrheit zu sagen, da sie dort die Reaktion der anderen Partei direkt sehen (Lewicki et al. 2003, S. 267). Allerdings gibt es ein Forschungsergebnis, das eindeutig zu sein scheint. Über ein reduziertes Medium wie E-Mail ist der Aufbau einer Beziehung möglich, jedoch mit mehr Aufwand verbunden als über persönlichen Kontakt, denn selbst wenn alle notwendigen Informationen übertragen werden, ist die Feststellung ihres Wahrheitsgehaltes problematisch. Elektronische Kommunikation ist demnach von Unsicherheit geprägt. Deshalb wäre es hier besonders wichtig, dass die Beteiligten ihr Kommunikationsverhalten an die Situation anpassen und durch offenen und beidseitigen Informationsaustausch Informationsasymmetrien und damit verbundene Unsicherheiten reduzieren. Dass dies auch geschieht, zeigen Studien im Bereich der nicht-deterministischen Theorien.
Nicht-deterministische Ansätze In der Hypothese der hyperpersonalen Kommunikation und der Theorie der sozialen Informationsverarbeitung wurde bereits deutlich, dass Nutzer ihr Kommunikationsverhalten an die Medieneigenschaften anpassen können und kein Opfer der Technologie (Cornelius & Boos 2003, S. 170ff) sind. Technologien sollten also nicht als Artefakte begriffen werden (Orlikowski 2000). Noch einen Schritt weiter gehen die nichtdeterministischen Ansätze. Sie sehen das Individuum nicht mehr als passiven und den Eigenschaften des Mediums ausgelieferten Nutzer, sondern als Person, die ein Medium bewusst auswählt, bewertet, individuell nutzt und damit dessen Effekte bestimmt. Das Individuum wird dabei sowohl von sozialen als auch situativen Faktoren beeinflusst. Die Bedeutung externer Faktoren bei der Medienwahl wird im Social Influence Model of Technology Use (Schmitz & Fulk 1991) beschrieben. Grundannahme ist hierbei, dass die Wahrnehmung elektronischer Medien zwischen Individuen sozial konstruiert ist und systematisch variiert (Fulk & Boyd 1991, S. 411). Diese Varianz wird für die Wahl des Mediums als genauso einflussreich angesehen, wie die Faktoren der Medienreichhaltigkeitstheorie.
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Die bereits beschriebene Medienreichhaltigkeitstheorie geht davon aus, dass ein Medium über ein fixes Ausmaß an Reichhaltigkeit verfügt und damit eine eindeutige Hierarchie von Medien angegeben werden kann. Aus Sicht der Kanalexpansionstheorie (Carlson & George 2004) ist das Ausmaß, wie reichhaltig eine Person ein Medium wahrnimmt, nicht vorab fixiert, sondern abhängig von den Erfahrungen, welche die Person bereits mit dem Medium gemacht hat. Bei positiven Erfahrungen wird das Medium als reichhaltiger, bei negativen Erfahrungen als weniger reichhaltig wahrgenommen und genutzt. Einen empirischen Beleg dieser Theorie liefern z. B. Leone und Sahlstein (2003). Mit der Frage, ob ein Medium oder ein System als nützlich und nutzerfreundlich wahrgenommen wird, beschäftigt sich auch das Technology Acceptance Model (TAM) bzw. in seiner Weiterentwicklung die Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT, Davis et al. 1989). Das Modell beschreibt alle Einflüsse, welche auf die Bewertung einer Technologie und damit seine Nutzung einwirken. Dies sind neben individuellen Eigenschaften auch soziale und kontextuelle Faktoren. Das Modell besagt, dass aus der wahrgenommenen Nützlichkeit und Nutzerfreundlichkeit sowie den kontextuellen und sozialen Einflüssen auf die Absicht und schließlich die tatsächliche Nutzung einer Technologie geschlossen werden kann. Für Verhandlungen würde das bedeuten: Wenn die Beteiligten bereits positive Erfahrungen mit elektronischen Medien gemacht haben und zudem ihr Umfeld den Einsatz propagiert, dann ist der Einsatz elektronischer Medien wahrscheinlich. Zudem werden diese Medien dann auch als nützlich wahrgenommen und das eigene Verhalten wird an die Eigenschaften des Mediums angepasst. Dies kann zur Folge haben, dass elektronische Verhandlungen ebenso effizient – oder sogar effizienter – verlaufen wie persönliche. Die Tatsache, dass die individuellen Mediennutzungsprozesse stärker in den Fokus der Betrachtung gerückt sind, ist sicherlich auch eine Folge der methodischen Weiterentwicklungen in der Kommunikationsforschung. Erhebungsmethoden wie die Think-Aloud-Technik oder technische Hilfsmittel wie die Blickaufzeichnung eröffnen der Forschung Einblicke in das individuelle Mediennutzungsverhalten der elektronisch Kommunizierenden. 2.5 Zwischenfazit In diesem Kapitel wurden die Grundlagen und der aktuelle Stand der Verhandlungs- und Kommunikationsforschung beschrieben sowie das in dieser Arbeit gewählte Begriffsverständnis erläutert. Demnach werden Verhandlungen hier verstanden als Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse zwischen mindestens zwei Beteiligten, die voneinander abhängig sind, aber gleichzeitig ihre individuellen Ziele verfolgen. Kommunikation wird als intentionaler und reflexiver Prozess definiert, bei dem die Beteiligten einerseits gegenseitige Verständigung herstellen und andererseits ihrer eigenen Interessen durchsetzen wollen. Im Rahmen von Verhandlungen verfolgen Kommunizierende neben materiellen und prozeduralen auch relationale und ethisch-normative Interessen.
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Diese definitorischen Grundlagen haben Auswirkungen auf die Abgrenzung der Arbeit und die Wahl der Forschungsmethodik. Diese Arbeit nimmt aufgrund des interaktionalen Verständnisses von Kommunikation und der Definition von elektronischen Verhandlungen als asynchronem, dyadischem und schriftlich-elektronischem Austausch eine soziokulturelle, nachrichtenorientierte Perspektive ein. Es werden nicht einzelne Individuen, sondern die (schriftliche) Interaktion zwischen ihnen untersucht. So wird beispielsweise analysiert, wie durch die elektronisch vermittelte Interaktion gemeinsame Bedeutungen, Normen, Rollen und Regeln entstehen und Individuen eine gemeinsame Identität erlangen können (Littlejohn & Foss 2005). Die Beschränkung auf die schriftlichen Formen der elektronischen Kommunikation hat zur Folge, dass beispielsweise Video-Conferencing oder Internet-Telefonie aus der Betrachtung herausfallen. In Bezug auf die elektronische Form von Verhandlungen und Kommunikation wurden die Auswirkungen des Wegfalls bestimmter Kommunikationskanäle und Kontexthinweise theoretisch erörtert. In dieser Arbeit werden die Erkenntnisse der deterministischen Forschung nicht negiert und die Einflüsse der Medieneigenschaften in den Analysen berücksichtigt. Jedoch werden diese Einflüsse immer vor dem Hintergrund der konkreten Mediennutzung gesehen. Die vorliegende Arbeit hat den Anspruch, durch einen Vergleich subjektiver Erwartungen und Beurteilungen mit objektiven Messgrößen aus einer interaktionsorientierten Perspektive eine Verbindung der Forschungsrichtungen herzustellen. Deshalb kommt in dieser Arbeit eine Kombination mehrerer Methoden zum Einsatz. Um dem Paradoxon der Analysierbarkeit von Kommunikation zu begegnen, wird in dieser Arbeit beispielsweise sowohl eine Inhaltsanalyse auf Basis von Sinneinheiten (d.h. eine Betrachtung einzelner „Kommunikationsstücke“) als auch eine Gesamtbetrachtung in Form der Erhebung subjektiver Wahrnehmungen der gesamten Kommunikation durchgeführt. Die Wirkungen unterschiedlich hoher Kommunikationsqualität werden sowohl hinsichtlich kurzfristiger (Nutzenwerte) als auch langfristiger (Beziehungen) Aspekte untersucht. Zusätzlich werden Zusammenhänge zwischen diesen Dimensionen ermittelt. Den normativen Anforderungen an empirische Verhandlungsexperimente wird in der vorliegenden Arbeit so weit wie möglich entsprochen.
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3 Untersuchungsgegenstand Verhandlungskommunikation Nachdem die beiden Hauptaspekte dieser Arbeit (Verhandlungen und Kommunikation) bisher weitgehend getrennt voneinander dargestellt wurden, erfolgt nun eine integrative Betrachtung. Kommunikation und Verhandlungen stehen in einem doppelten Verhältnis zueinander: Nach der Theorie des kommunikativen Handelns (1984) ist Kommunikation eine Form von Verhandlung und gleichzeitig Verhandeln eine Form von Kommunikation (Weigand et al. 2003; Schoop 2004). Diese beiden Verbindungsrichtungen werden im Folgenden näher analysiert. Dabei wird deutlich, dass sie nicht unabhängig voneinander sind und in Verhandlungen gleichzeitig über und mithilfe von Kommunikation verhandelt wird. Anschließend wird dargestellt, welche Besonderheiten die Verhandlungskommunikation im elektronischen Kontext aufweist. 3.1 Verhandlungskommunikation als Verhandeln über Kommunikation Kommunikation ist nach dem systemtheoretischen Verständnis Luhmanns (1984) konstituierend für jedes soziale System, denn sie stellt die elementare Operation des Systems dar, da sie das System mit Hilfe seiner eigenen Elemente reproduziert und somit dessen Autopoiesis (Selbsterschaffung und erhaltung, Hohm 2006, S. 13, 61 und 65) sichert. Kommunikation schließt immer an Kommunikation an, dadurch operiert das System geschlossen und selbstreferentiell. Diese Selbstreferenz wird auch in dem hier verwendeten Begriffsverständnis von Kommunikation deutlich. Demnach baut Kommunikation stets auf vorher Gesagtem oder Gewesenem auf. Das System Kommunikation kann als stabil bezeichnet werden, wenn die Beziehung zwischen den Kommunikationsteilnehmern dieses Systems wichtig und von Dauer ist (Watzlawick et al. 2003, S. 124). Damit Kommunikation an Kommunikation anschließen oder aufeinander aufbauen kann, müssen die Kommunizierenden ihre Beiträge und Interpretationsmuster dynamisch aufeinander beziehen und somit eine gemeinsame Verständigungsbasis schaffen. Merten (1977) unterscheidet bei der Bezugnahme die drei Ebenen sachliche, zeitliche und soziale Reflexivität (siehe Kapitel 2.3.1). Mittels „Meta-Kommunikation“ oder dem „Verhandeln über Kommunikation“ wird die Richtigkeit der Bezugnahme sichergestellt und somit eine Anpassung der Verständigungsbasis auf den drei Ebenen erreicht. Watzlawick et al. (2003, S. 56) bezeichnen Meta-Kommunikation als „conditio sine qua non“ aller erfolgreichen Kommunikation. Im Folgenden werden die drei Ebenen des Verhandelns über Kommunikation detailliert dargestellt.
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3.1.1 Sachliche Anpassung: Bedeutungsverhandlung Wenn Personen kommunizieren oder sich verständlich machen wollen, versuchen sie die Bedeutungen von Zeichen oder Begriffen sowie die Intentionen, die sie mit der Verwendung dieser Zeichen und Begriffe verfolgen, auf ihr Publikum zu übertragen. Der oder die Empfänger haben keinen direkten Zugriff auf die Gedankenwelt des Senders, sondern nur auf dessen öffentliche Kommunikation – allein diese kann als Interpretationsgrundlage verwendet werden (Rapaport 2003). Deshalb müssen Sender und Empfänger Bedeutungen kommunikativ aushandeln. Dies ist notwendig, da sie häufig über unterschiedliche Konnotationen verfügen: „Während es durchaus möglich ist, Symbolserien mit syntaktischer Genauigkeit zu übermitteln, so würden sie doch sinnlos bleiben, wenn Sender und Empfänger sich nicht im [V]oraus über ihre Bedeutung geeinigt hätten“ (Watzlawick et al. 2003, S. 22). In der Regel gilt, dass Empfänger von Nachrichten beim Interpretieren von Bedeutungen fast immer falsch liegen, dabei aber gleichzeitig immer beinahe erfolgreich sind, d.h. sie erreichen so gut wie nie vollständige Übereinstimmung zwischen ihrer Interpretation und der Intention ihres Kommunikationspartners, weichen jedoch auch selten stark davon ab. Rapaport (2003) nennt dies ein Paradoxon der Kommunikation. Er folgert daraus: Solange Missverständnisse, d.h. Abweichungen zwischen den Interpretationen, klein genug sind, können sie ignoriert werden. Jene, die nicht ignoriert werden können, können durch Verhandeln minimiert werden. Bis zu einem gewissen Grad sind Missverständnisse also nicht schädlich für die Verständigung. Wie hoch der Grad der Noch-Akzeptanz liegt, ist abhängig von Kontext und Zweck der Kommunikation. Bedeutungen beschäftigen die Kommunikationsforschung schon seit langem. Fisher (1978) beschreibt das Verständnis von Bedeutungen in den unterschiedlichen kommunikationstheoretischen Perspektiven: Die mechanistische Perspektive betrachtet Bedeutungen als eine Funktion des Kommunikationskanals. Demnach ist die Bedeutung in einer Nachricht immer vorhanden, unabhängig davon, wo im Kommunikationskanal sich die Nachricht gerade befindet. Die Bedeutung kann durch Störungen im Kanal beeinflusst werden. Geteilte Bedeutungen bezeichnen in diesem Zusammenhang die Minimierung von Störungen und Informationsverlusten im Kommunikationskanal. Aus psychologischer Sicht sind Bedeutungen das Ergebnis der konzeptionell gefilterten Wahrnehmung eines Individuums. Geteilte Bedeutungen beschreiben die Übereinstimmung mehrerer Individuen in ihren konzeptionellen Filtern (Erfahrungen). In der interaktionalen Perspektive haben Bedeutungen eine Identifikationsfunktion. Die Bedeutung von Worten entsteht nach dieser Sicht in der inter-
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aktiven Interpretation. Geteilte Bedeutungen bezeichnen damit die aktive gegenseitige Rollenübernahme und sind ein Ausdruck für Empathie mit dem Gegenüber. Bedeutungen aus pragmatischer Sicht sind verbunden mit Verhaltensweisen, welche die Wahlmöglichkeiten von Personen beschränken. Geteilte Bedeutungen beschreiben die verhaltensmäßige Redundanz aller Teilnehmer des sozialen Systems, d.h. wiederkehrende Verhaltensmuster oder Interaktionssequenzen bei den Kommunikationspartnern. Diese Arbeit verfolgt die interaktional-pragmatische Perspektive. Danach kann festgestellt werden, dass jeder Kommunizierende über einen großen Umfang von Bedeutungen verfügt, die er mit bestimmten Begriffen und Objekten verbindet. Diese Bedeutungen stellen verinnerlichte Verhaltensmuster dar, die sich im Laufe der individuellen Entwicklung herausformen. Gemeinsam geteilte Bedeutungen sind dementsprechend Bedeutungen, die sich in der Interaktion mit anderen erschließen und mit gemeinsam verinnerlichten Verhaltensmustern verbunden sind. Sie sind die Grundlage für gegenseitige Verständigung, dem konstanten Ziel von Kommunikation. Verständigung zu erreichen bedeutet mehr, als Zeichen oder Signale störungsfrei von einem Sender zu einem Empfänger zu übertragen. Eine syntaktisch korrekte Übertragung ist noch keine Garantie dafür, dass die Beteiligten die Bedeutung der Signale (Semantik) und deren Zweck (Pragmatik) auch einheitlich interpretieren. Wie kann also – sowohl objektive als auch subjektive – Verständigung auf allen semiotischen Ebenen erreicht werden? Viele Kommunikationstheoretiker haben sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Sie sind dabei zu Ergebnissen gekommen, die sich auch durch die (meist empirische) Erforschung von Missverständnissen, bestätigen6: Beide Partner sind aktiv an der Herstellung von Verständigung beteiligt. Beim Verfassen und Empfangen einer Nachricht müssen die Beteiligten bestimmte Regeln einhalten (vgl. Kapitel 2.3.2) und das Ausmaß der erzielten Verständigung ständig überprüfen, um Wahrnehmungsverzerrungen zu vermeiden, denn diese Verzerrungen sind die häufigste Ursache von Missverständnissen und führen im äußersten Fall zum Abbruch der Kommunikation (Fisher 1978, S. 307).
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Mit dem Thema Verständlichkeit setzt sich auch insbesondere die Textverständnisforschung auseinander. Naceur (2001) fasst in seiner Arbeit zusammen, dass die Verständlichkeit eines Textes unter anderem abhängig ist von der Struktur des Textes, der Struktur des Gedächtnisses des Rezipienten, Repräsentationsformen, Verarbeitungsebenen und -dynamiken. Daran wird deutlich, dass es sich hierbei um sehr kognitive und damit individualistische Ansätze handelt. Eine ähnliche Arbeit ist beispielsweise die von Pearce und Barker (1991), welche Qualitätsfaktoren für die Lesbarkeit von Texten definiert.
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Symbolischer Interaktionismus und geteilte mentale Modelle Um sich zu verständigen, verwenden Personen Zeichen und Begriffe, die bestimmte Bedeutungen besitzen. Diese Zeichen können jedoch für verschiedene Personen unterschiedliche Bedeutungen haben, was zu Missverständnissen führen und somit Verständigung verhindern kann. Es gibt keine zwei Personen, die exakt denselben Erfahrungshintergrund haben und damit über dieselben Konnotationen zu einem Begriff verfügen. Insbesondere wenn Personen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen stammen, wie beispielsweise in Verhandlungen im internationalen Kontext, differieren die Erfahrungshintergründe stark. Jedoch sind die Erfahrungshintergründe vieler Personen zumindest so ähnlich, dass es möglich ist, dass ein Begriff (oder Zeichen) einen bestimmten Vorstellungsinhalt ausdrückt und diesen auch beim Kommunikationspartner auslöst. Ist dies der Fall, spricht man von einem signifikanten Symbol oder geteilten Bedeutungen (Mead 1968). Ohne die Bedeutungen der Symbole zu teilen, die sie verwenden, können Personen nicht kommunizieren (Littlejohn & Foss 2005, S. 37). Gleichzeitig ist die zentrale Rolle der Kommunikation die Reduzierung der Vielfalt, welche durch die erfahrungsbedingten Unterschiede zwischen den Beteiligten vorhanden ist (Carlson & George 2004), auf ein gemeinsam geteiltes Verständnis. Ist beiden Kommunikationspartnern ein Begriff oder ein Symbol bekannt, verknüpfen sie damit jedoch unterschiedliche Bedeutungen, müssen die Bedeutungen ausgehandelt werden. Dadurch entsteht gemeinsames Wissen. Dieses gemeinsame Wissen der Kommunikationspartner wird in der Literatur als „common culture“, „shared knowledge“, „(socially) shared cognition“ (Schegloff 1991; Wertsch 1991) oder auch „shared communicative environment“ (Krauss & Fussell 1991) bezeichnet. Es ist das Merkmal, in dem sich Kommunikation von Information unterscheidet (Lages et al. 2005, S. 1041).7 Geteilte mentale Modelle und Kommunikation können einen sich selbst verstärkenden Prozess auslösen. Kommunikation ermöglicht das Teilen mentaler Modelle, umgekehrt wird durch das Teilen die Effektivität der Kommunikation gesteigert (Denzau & North 1994, S. 11). Interagieren dieselben Personen mehrfach miteinander, können sie auf bereits ausgehandelte Bedeutungen zurückgreifen und diese auch als Grundlage für die Bedeutungsverhandlung weiterer Begriffe nutzen. Sie bauen sich damit einen „Pool“ gemeinsamer Bedeutungen bzw. einen gemeinsamen Kommunikationshintergrund auf, der neben der Effektivität auch die Effizienz der Kommunikation steigern kann.
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Swaab et al. (2004) beschreiben das Verhältnis von Kommunikation zu Information folgendermaßen: Kommunikation sorgt für die Verbreitung von Informationen. Ob, wie viel und mit wem kommuniziert wird, richtet sich nach den zu übertragenden Informationen. Informationen stellen damit die Inhaltskomponente von Kommunikation dar.
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Bedeutungsverhandlungen geschehen meist implizit und ihre Notwendigkeit wird erst augenscheinlich, wenn größere Missverständnisse aufgetreten sind. Liegen keine direkten Informationen darüber vor, welche Bedeutungen ein Kommunikationspartner kennt oder nicht kennt bzw. mit einem bestimmten Begriff oder Symbol verknüpft, müssen die Kommunizierenden gegenseitig versuchen zu folgern oder Annahmen darüber treffen, was beiden bekannt ist, um sich verständlich machen zu können (Krauss & Fussell 1991, S. 173). Effektive Kommunikation hängt zu einem entscheidenden Anteil von der Korrektheit dieser Annahmen ab (ebd.). Als Indikator für die Annahmen oder Erwartungen über das Wissen des Partners gilt für Kommunizierende neben dessen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Kategorie auch die bisherige Interaktion mit diesem Partner, d.h. alles, was während dieser Interaktion bereits kommuniziert wurde, wird als beiderseits bekannt angenommen. Stellen sich diese Annahmen als falsch heraus, muss die Bedeutung des Gesagten (nach-) verhandelt werden, z. B. mit Hilfe von Reparaturen. „To show his understanding and acceptance of an utterance, a hearer may reply with an utterance that is consistent with the speaker’s expectations. Alternatively, if he disagrees with the speaker’s displayed interpretation, he can initiate a repair. In this way, participants negotiate the meaning of utterances” (McRoy & Hirst 1993, S. 61, Hervorhebung im Original). Der empirische Beleg dafür, dass Kommunikatoren den Informationsstand ihres Partners (bzw. dessen Wissen über Bedeutungen) berücksichtigen, wenn sie eine Nachricht formulieren, lieferten Krauss und Fussell (1991) mit folgendem Experiment: Sie ließen Probanden verschiedene (fiktive) Symbole mit eigenen Worten beschreiben, versehen mit dem Hinweis, dass einmal sie selbst und einmal eine ihnen unbekannte Person anhand dieser Beschreibung diese Symbole später eindeutig identifizieren können müsse. Sollten die Probanden die Symbole für ihre eigene spätere Wiedererkennung beschreiben, verwendeten sie ein anderes Vokabular, als wenn die Beschreibung für eine fremde Person bestimmt war. Erhielten die Personen in einer weiteren Runde den Hinweis, dass dieselbe, ihnen vorab unbekannte Person wieder ein bestimmtes Symbol identifizieren können müsse, setzten sie den Kenntnisstand aus der Vorrunde voraus und formulierten kürzere Beschreibungen. Geteilte mentale Modelle dienen als Erklärung dafür, wie Personen in einem komplexen Umfeld effektiv miteinander interagieren können (Thompson et al. 1995, S. 20). Der konkrete Prozess des Teilens wird jedoch von der des symbolischen Interaktionismus nicht näher erläutert. Der Grounding-Ansatz leistet hierbei eine wichtige Erweiterung, da er soziale und kognitive Prozesse integriert.
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Verständigung mit Hilfe von Grounding Der Grounding-Ansatz ist eine Verbindung der kognitiven und sozialen Sicht auf Kommunikationsprozesse. Er beschreibt, wie Personen gemeinsam Sprache nutzen, um sich zu verständigen. Die Schlüsselidee dieses Ansatzes ist, dass Interaktion ein kollaborativer Prozess ist, dessen Erfolg davon abhängt, wie die Teilnehmer Prozess und Inhalt koordinieren: “Grounding is essential to communication. Once we have formulated a message, we must do more than just send it off. We need to assure ourselves that it has been understood as we intended it to be. […] In grounding what we say, we try to minimize effort for us and our partners. […] Communication is a collective activity. It requires the coordinated action of all the participants. Grounding is crucial for keeping that coordination on track.” (Clark & Brennan 1991, S. 147) Damit Koordination stattfinden kann, muss eine bestimmte Menge gemeinsamen Wissens oder Common Ground vorhanden sein. Common Ground bezeichnet die objektiv erreichte Verständigung zwischen den Kommunikationspartnern. Die beteiligten Personen müssen den Common Ground stetig anpassen und erweitern, d.h. das Verständnis davon aktualisieren, was ausgetauscht wird und wurde (Clark & Brennan 1991). Der Begriff geht auf Stalnaker (1978) zurück. Stalnaker beschreibt Common Ground als die Annahme der Sprecher darüber, was für die Konversation als beiderseits und gleichermaßen bekannt vorausgesetzt werden kann (gemeinsames Wissen, gemeinsame Einstellungen, gemeinsames Verständnis). Der Common Ground stellt somit eine semantische Verständigungskomponente dar und setzt sich zusammen aus gemeinschaftsbedingtem („communal“) und persönlichem („personal“) Common Ground. Gemeinschaftsbedingter Common Ground ergibt sich durch die Annahme der Kommunizierenden, dass ihr Gegenüber Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe ist (z. B. Nationalität, Geschlecht, Berufsstand) und deshalb bestimmte Begriffe mit bestimmten Bedeutungen verbindet. Persönlicher Common Ground beruht auf den gemeinsam gemachten Erfahrungen oder Handlungen der Kommunikationspartner. Dies erklärt, warum das Erreichen von Verständigung umso leichter ist, je ähnlicher oder bekannter sich die Kommunikationspartner sind (Johnson 1983). Im Unterschied zu anderen linguistischen Theorien stellt Kommunikation im Grounding-Ansatz keine Aneinanderreihung individueller Handlungen dar, sondern gilt als die kollektive Handlung schlechthin (Clark & Brennan 1991). Beide Partner tragen aktiv zur Koordination von Prozess und Inhalt und damit zum Erfolg der Interaktion bei, indem sie nach der Äußerung eines individuellen Sprechaktes sicherstellen, dass dieser vom Partner verstanden wurde, d.h. sie müssen „grounden“, was gesagt wurde. Dabei hat der Sprecher die Aufgabe, den Grad der erreichten Verständigung beim Hörer zu ermitteln und der Hörer die Aufgabe, dem Sprecher entsprechende Rückmeldung zu geben
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(Clark & Schaefer 1989). Dies würde normalerweise zu endlosen Schleifen des Sich-gegenseitig-Bestätigens führen. Deshalb führen Clark und Schaefer das Grounding-Kriterium ein. Dieses besagt, dass Verständigung niemals perfekt sein kann. Es genügt vielmehr, wenn die Kommunikationspartner der Meinung sind, ihr Gegenüber habe das Gesagte für den vorliegenden Zweck ausreichend genau verstanden, dann können sie den Verständigungs-/ Bestätigungsprozess abbrechen (vgl. hierzu auch Paradoxon der Kommunikation, Rapaport 2003). Da der Abbruch durch die individuelle Wahrnehmung der Beteiligten determiniert wird, steht das Grounding-Kriterium für die subjektive Verständigungskomponente. Während der Common Ground nach Ansicht alter Diskursmodelle schon durch individuelle Äußerungen der Sprecher und damit einseitige Handlungen ausgebaut werden kann, d.h. indem sie die richtigen Worte zur richtigen Zeit sagen, geht die Groundingtheorie davon aus, dass die gemeinsame Basis nur durch gemeinsame Handlungen, sogenannte Kontributionen, erweitert werden kann (Clark & Brennan 1991). Diese Kontributionen laufen in den zwei Phasen Präsentation und Akzeptanz ab. Die Präsentationsphase beginnt mit der Äußerung u von Person A gegenüber Person B. A äußert u in der Annahme, dass wenn B ihm den Beleg e oder stärker gibt, A annehmen kann, dass B verstanden hat, was mit u gemeint ist. In der Akzeptanzphase akzeptiert B die Äußerung u von A, indem er A den Beleg e gibt, der ausdrückt, dass B glaubt verstanden zu haben, was A mit u meinte. B tut dies unter der Annahme, dass wenn A diesen Beleg erhält, A auch annehmen wird, dass B verstanden hat. B akzeptiert also u und A akzeptiert e. B kann sein Verständnis von u dadurch belegen, dass er Missverständnis ausdrückt (negativer Beleg), das Gehörte bestätigt (z. B. durch Nicken), mit eigenen Worten wiedergibt (z. B. durch Wiederholen oder Paraphrasieren) oder die nächste relevante Kontribution ausführt (z. B. ein Adjazenzpaar vervollständigt, d.h. auf eine Frage mit einer Antwort reagiert (Clark & Brennan 1991; Sacks et al. 1974; Clark 1996). Damit eine Kontribution vollständig ist, müssen beide Phasen – Präsentation und Akzeptanz – durchlaufen werden und es muss ein positiver Beleg des Verstehens vorliegen (Clark 1996, S. 227). Grounding findet vor allem in der Akzeptanzphase statt. Dabei kommen verschiedene Techniken zum Einsatz, z. B. Grounding-Referenzen (alternative Beschreibungen, hinweisende Gesten) oder Inhaltsgrounding (wortwörtliches Wiederholen, Aufgliedern des Gesagten in kleine Teile, Buchstabieren). Die Anwendung von Groundingtechniken verursacht vielfältige Kosten (Clark & Brennan 1991, S. 142). Generell werden Formulierungs- und Produktionskosten vom Sprecher bezahlt, während der Hörer für Empfangs- und Verstehenskosten aufkommen muss. Für alle anderen anfallenden Kosten (z. B. Verzögerungs-, Reparatur-, Abwechslungs-, Asynchronitätskosten) kommen beide Kommunikationspartner gemeinsam auf.
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Die eingesetzten Groundingtechniken und anfallenden -kosten hängen vom Zweck der Kommunikation und vom Medium ab, über das die Kommunikation stattfindet (Clark & Brennan 1991, S. 124). Bei der Wahl der Groundingtechnik gilt das Prinzip der geringsten Anstrengung (Clark & Wilkes-Gibbs 1986), das besagt, dass die Kommunikationspartner versuchen, die gemeinsamen Anstrengungen (Kosten) über beide Phasen zu minimieren. Das Prinzip ist eine Weiterentwicklung der Quantitäts- und Klarheitsmaxime nach Grice (1975). Grices Maximen gehen nur von einer Minimierung des individuellen Aufwands aus. Da solch ein Verhalten jedoch zu einem exorbitanten Anstieg der Kommunikationskosten des Partners führen kann und die Groundingtheorie einen kollaborativen Ansatz verfolgt, wird hier das Prinzip der gemeinsamen Kostenminimierung angewendet. Durch die Herstellung von Common Ground wird die Kommunikation effektiver, durch die ständige Erweiterung des Common Grounds kann sie außerdem effizienter werden. Wenn dagegen kommunikativ nur wenig zusammengearbeitet wird, führt dies zu häufigen Fehlinterpretationen und Misskommunikation (Roberts & Bavelas 1996) und somit zu Ineffektivität und Ineffizienz. Das Ausmaß der Groundingaktivitäten sowie die Höhe des erreichten Common Grounds können also als Qualitätsindikator von Kommunikation bezeichnet werden. Das Problem der Groundingtheorie ist, dass sie in ihrer Reinform kaum angewendet werden konnte, sondern erst um weitere Konzepte (z. B. Groundingkriterium, -techniken, -kosten) ergänzt werden musste. Zugute zu halten ist ihr allerdings, dass sie eine Verbindung von sozialer und kognitiver Kommunikationsperspektive herstellt. Sie dient auch als Grundlage für Kommunikationseffizienzstudien (Yuan et al.2003; Berger 2003) und spielt bei der Untersuchung des Aufbaus einer gemeinsamen Identität eine bedeutende Rolle (Swaab et al. 2004). In Medienvergleichsstudien zeigte sich, dass die Herstellung von Common Ground umso leichter ist, je mehr Kanäle das Kommunikationsmedium hat (Yuan et al. 2003). In elektronischer Kommunikation zwischen sich unbekannten Partnern ist Grounding erheblich erschwert (Cornelius & Boos 2003). Li (1999) konnte anhand einer Studie mit chinesischen und kanadischen Probanden außerdem belegen, dass es interkulturelle Unterschiede im Grounden gibt und dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß an Grounding und der Höhe des Informationstransfers zwischen den Kommunizierenden besteht. Das Erreichen von Common Ground kann zum Beispiel über RecallBefragungen gemessen werden (McCarthy et al. 1991). Diese Interviewtechnik erhebt über offene Fragen die Erinnerungen der Kommunikationsteilnehmer an die Inhalte einer eben geführten Unterhaltung. Das Ausmaß der Übereinstimmung in den Antworten der Kommunikationspartner gibt das Ausmaß des Common Grounds an. Zusätzlich können Groundingprozesse inhaltsanalytisch untersucht werden.
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Grounding lässt sich wie folgt zusammenfassen: Grounding ist definiert als der Prozess, mithilfe dessen Kommunikationspartner ihre gemeinsame Verständigungsbasis (Common Ground) aufbauen und erweitern. Dabei stellt der erreichte Common Ground das Ausmaß der objektiv erreichten Verständigung dar. Das während des Verständigungsprozesses angewandte Grounding-Kriterium (Abbruch-Kriterium) dient als Indikator für die subjektiv wahrgenommene Verständigung. 3.1.2 Zeitliche Anpassung: Verlaufsverhandlung In einem Kommunikationsprozess bauen die einzelnen Elemente (kommunikative Akte, Nachrichten) nicht nur sachlich, sondern auch chronologisch aufeinander auf. Der Inhalt selbst sowie die Reihenfolge und Intensität, in der ein bestimmter Inhalt behandelt wird, dienen den Kommunikationspartnern als Interpretations- und Bezugsrahmen der weiteren Kommunikation und sind damit Verhandlungssache. Die Verhandlung oder Steuerung der thematischen Reihenfolge und Behandlungsintensität (Themenkoordination) umfasst sowohl die Beibehaltung und die Wiederaufnahme bereits erwähnter als auch die Initiierung neuer Kommunikationsthemen (vgl. Agenda Setting, Schenk 2007). Insbesondere dann, wenn die Kommunikation ein klares Ziel und einen festen Zeitrahmen hat, wird auch die aktive Gestaltung oder Koordination des Verlaufs der Kommunikation implizit zum Verhandlungsgegenstand. „Much of conversation is composed of many interactively negotiated and achieved phenomena: Topic choice and structure are not predetermined. Each participant plays an ongoing and active role in the discourse’s organization” (Goldberg 1983, S. 44). Kommunikation, Konsens und Koordination sind nach der Theorie der sozialen Koordination (Scheff 1967, S. 46; Orcutt & Anderson 1977, S. 382) dynamisch miteinander verbunden. Das Konstanthalten eines dieser Faktoren hat direkte Auswirkungen auf die anderen beiden. Konsens (vergleichbar mit dem zuvor beschriebenen Common Ground) ist nach Scheff dann erreicht, wenn eine unendliche Serie reziproker Verständigung zwischen Mitgliedern einer Gruppe besteht: A weiß, dass B weiß, dass A weiß, dass B weiß,… Je komplexer eine Transaktion ist, umso mehr Konsens wird benötigt, um Koordination zu ermöglichen (Scheff 1967, S. 41). Umgekehrt kann aber Konsens nur mit Hilfe von Koordination erreicht werden. Kommunikation stellt dabei gleichzeitig das Mittel (Handlungen werden über Kommunikation koordiniert) und das Ergebnis (Beteiligte erreichen Konsens, d.h. Verständigung) dar. Kommunikative Handlungen beruhen demnach nicht nur auf Konsens (beispielsweise in Form von Common Ground), sondern auch auf Koordination. Cornelius und Boos (2003, S. 152) gehen davon aus, dass Koordination mit
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Hilfe sogenannter gemeinsamer Interaktionsregeln geschieht. Diese Interaktionsregeln stellen Normen, Regeln und Routinen dar, die in einer Gruppe vorhanden sind. Interaktionsregeln können sich beispielsweise auf folgende Fragen beziehen: - Wie schnell muss eine Antwort gegeben werden? - Wann (innerhalb einer Nachricht) und wie ausführlich muss auf eine Frage geantwortet werden? - Wie lang muss eine Nachricht sein? - Wann und wie kann ein neues Kommunikationsthema eingeführt werden? Kommunizierende müssen über solche gemeinsamen Regeln verfügen, damit die Interaktion effizient und schließlich auch effektiv verlaufen kann (Faure 2003, S. 187). Gerade bei zeitlich begrenzten Kommunikationsprozessen – wie etwa geschäftlichen Verhandlungen – ist die richtige prozedurale Gestaltung der Interaktion ein entscheidender Faktor. Einen wichtigen Beitrag zur Erfassung von Strukturierungs- und Koordinationsaspekten in Kommunikationsprozessen leistet die Kohärenzforschung. Kohärenz als Möglichkeit der Prozessstrukturierung Bei Kohärenz handelt es sich um ein Konstrukt, das als grundlegend für den kommunikativen Austausch, insbesondere für das Herstellen von Verständigung (aus prozessorientierter Sicht), gilt und von vielen Forschungsrichtungen untersucht wird. Deshalb ist die Kohärenzforschung einerseits zwar transdisziplinär, andererseits aber auch stark zersplittert. Die Vielfalt zeigt sich auch in den Begriffsbezeichnungen, beispielsweise interaktionale Kohärenz (Potter 2008), dialogische Kohärenz, konversationale Kohärenz (Cornelius & Boos 2003; Craig & Tracy 1983) oder textuelle Kohärenz (Rickheit 1991, S. 6). Ursprünglich entwickelt wurde das Konstrukt von Craig und Tracy, die Kohärenz definieren als die Tatsache, dass Äußerungen kompetenter Sprecher miteinander in geordneter und sinnvoller Art und Weise zusammenhängen (Craig & Tracy 1983, S. 14): „Coherence refers to the fact that utterances produced by competent speakers in conversation usually seem to be connected to each other in orderly and meaningful ways.” Allerdings weisen die Autoren auch gleich auf das größte Problem dieses Konstrukts hin. So ist Kohärenz zwar ein offensichtliches Phänomen, aber weniger offensichtlich ist, wie Kohärenz detailliert beschrieben und erklärt werden kann (ebd.). Kohärenzansätze können auf einem Kontinuum zwischen den Extrema positivistisch und konstruktivistisch angeordnet werden (in Anlehnung an Craig & Tracy 1983, S. 17). Positivistische Ansätze gehen davon aus, dass sich Kohärenz unabhängig vom Leser oder Hörer in einer Äußerung befindet und somit objektiv nachweisbar ist (vgl. mechanistisches Verständnis von Bedeutungen, Kapitel
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3.1.1). Diese Perspektive vertreten beispielsweise Jacobs und Jackson (1983, S. 65). In ihrem Ansatz definieren sie eine Äußerung dann als kohärent, wenn sie rational zur Erreichung eines Ziels oder zu dessen Modifikation beiträgt. Umgekehrt ist eine Äußerung dann inkohärent, wenn sie kein sichtbares Ziel verfolgt, es auf irrationale Art und Weise verfolgt und/oder die Ziele anderer Äußerungen ignoriert. Da Ziele jedoch unbewusst sein und sich im Laufe der Kommunikation auch durch äußere Umstände verändern können, ist das Kriterium des rationalen Zielbeitrags wenig praktikabel für die Bestimmung der Kohärenz einer Konversation. Im Gegensatz zu den positivistischen Ansätzen vertritt die konstruktivistische Kohärenzforschung die Ansicht, dass Kohärenz kein von Dritten reliabel messbares Kriterium ist, sondern durch den jeweiligen Rezipienten individuell festgestellt werden muss („Coherence […] is in the ear of the beholder“, Craig & Tracy 1983, S. 18), d.h. Interpretation produziert Kohärenz. Aus funktionaler Sicht lassen sich zwei Konstrukte unterscheiden: Kohärenz und Kohäsion. Versteht man unter dem Kohärenzbegriff eher inhaltlich bedingte Phänomene, welche einen Text als zusammenhängend erscheinen lassen, bezeichnet Kohäsion primär die Ausdrucksformen, welche einen grammatischen Zusammenhang zwischen Textteilen herstellen (z. B. Konjunktionen, Pronomina). Diese Differenzierung der Begriffe nach inhaltlichen und formalen Kriterien ist jedoch umstritten, da es sich um graduelle Eigenschaften handelt (Schade et al. 1991, S. 7f) und Kohärenz nicht nur ein syntaktisches und semantisches, sondern insbesondere auch ein pragmatisches Phänomen darstellt (Crow 1983, S. 155). Die Entwicklung des Kohärenzbegriffs lässt sich anhand dieser semiotischen Ebenen von einem syntaktischen über ein semantisches hin zu einem pragmatischen Verständnis nachzeichnen (Schade et al. 1991). Eine systemtheoretische Betrachtung führt zur Definition von Kohärenz als „erfolgreiche Interaktion und wechselseitige Regulation von Teilsystemen innerhalb eines übergreifenden offenen Verarbeitungssystems“ (Rickheit 1991, S. 3). Der Aspekt der Wechselseitigkeit bedeutet, dass sowohl die Produzentenseite als auch die Rezipientenseite (bzw. systemtheoretisch ausgedrückt: das Produzentensystem und das Rezipientensystem) an der Herstellung von Kohärenz beteiligt sind (Schade et al. 1991, S. 22). Als erfolgreich zählt die Interaktion dann, wenn Verständigung erreicht wurde, d.h. wenn die Intention des Sprechers/ Verfassers mit der Interpretation des Hörers/ Lesers übereinstimmt (ebd., S. 31 f.). Die Schwäche dieser Definition ist, dass sie tautologische Züge aufweist. Ein System ist kohärent, wenn Verständigung erreicht wurde und Verständigung wurde dann erreicht, wenn die (Teil-)Systeme kohärent sind. Als Stärke dieser Definition kann jedoch vermerkt werden, dass sie die Verpflichtung zu kohärenter Interaktion oder Kommunikation auf beiden Seiten des Kanals (Verfasser der Nachricht und Empfänger der Nachricht) verortet und die pragmatische Sicht hervorhebt. Allerdings scheint eine Operationalisierung des Kohärenzbegriffs auf diesem Niveau schwierig.
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Die textuelle Kohärenzforschung ist dagegen weniger abstrakt. Sie unterscheidet zwischen lokaler und globaler Kohärenz. Globale Kohärenz bezeichnet dabei eine Eigenschaft des gesamten Textes, lokale Kohärenz dagegen die Beziehungen zwischen direkt aufeinanderfolgenden Teilen des Textes. Ein Text ist dann global kohärent, wenn die Sätze, aus denen er besteht, „als Beiträge zu einem globalen Thema zu verstehen sind und diese Beiträge darüber hinaus in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet sind“ (Rickheit 1991, S. 5). Lokale Kohärenz drückt sich dagegen dadurch aus, dass die einzelnen Sätze sowohl inhaltlich als auch sprachlich verknüpft sind, durch stilistische, grammatische oder sonstige sprachliche Mittel (z. B. Kontraste, Ellipsen). Die Forschung zur konversationalen Kohärenz hat die Begriffe lokale und globale Kohärenz aus der textuellen Kohärenzforschung adaptiert. Im Kontext kommunikativer Interaktion (Konversation) bezeichnet globale Kohärenz die „overall topic orientation“, d.h. die Zugehörigkeit eines Redebeitrags zum Oberthema der Konversation, lokale Kohärenz dagegen steht für die Bezüge, die ein Redebeitrag zu seinem direkten Vorgänger aufweist (Pavitt & Johnson 1999). Durch die Verbindung von Form und Inhalt lässt sich Kohärenz sowohl subjektiv (Eindruck der Kommunikationspartner) als auch objektiv (Vorhandensein bestimmter Ausdrucksmittel oder Inhalte) auf lokalem und globalem Level bestimmen. Pavitt und Johnson (1999) beschreiben zwei Strategien, mit denen Kohärenz erzeugt werden kann, die sich gegenseitig nicht ausschließen: 1. Die Funktion des Sprechaktes, der in einer Äußerung enthalten ist, muss in Bezug zu vorherigen Äußerungen gestellt werden (z. B. durch Bildung von Adjazenzpaaren). 2. Der Inhalt einer Äußerung muss einen Bezug zum gegenwärtigen Konversationsthema aufweisen, auf lokalem oder globalem Niveau. Ein einfacher Indikator für lokale Kohärenz ist die Beibehaltung eines Themas durch den Kommunikationspartner. Komplexere Ansätze analysieren die Kohärenz eines Textes oder einer Konversation auf probabilistischem Niveau. Demnach gilt ein Text bzw. eine Konversation dann als kohärent, wenn die bedingte Wahrscheinlichkeit dafür, dass nach einem Beitrag zu einem bestimmten Thema dieses Thema beibehalten/ angesprochen wird, höher ist als das Auftreten eines beliebigen anderen Themas (Pavitt & Johnson 1999, S. 308). In dieser Arbeit wird Kohärenz in Anlehnung an das Begriffsverständnis von Cornelius und Boos (2003 S. 150) definiert: Kohärenz bezeichnet das gemeinsame Produkt der Fähigkeiten und Motivationen der Kommunikationspartner, sich gegenseitig aufeinander zu beziehen, gemeinsam Themen zu entwickeln und damit ihre kommunikativen Handlungen zu koordinieren. Dies geschieht dynamisch, prozessorientiert und beidseitig mit Hilfe formaler und inhaltlicher Mittel und ist sowohl inhalts-
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analytisch (objektiv) als auch anhand der Wahrnehmung der Beteiligten (subjektiv) nachweisbar. 3.1.3 Soziale Anpassung: Beziehungsverhandlung Mithilfe von Kommunikation verhandeln Personen auch darüber, wie sie sich selbst und ihre Beziehung zueinander definieren. Jede Nachricht enthält direkt oder (weitaus häufiger) indirekt Informationen über die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern (Beziehungsaspekt der Kommunikation, Watzlawick et al. 2003, S. 53 und 127) und hat damit eine metakommunikative Funktion. Jeder Partner versucht die Beziehung in der ihm gewünschten Weise zu gestalten. Dies geschieht umso expliziter, je konfliktreicher („kranker“, ebd., S. 55) die Beziehung ist. Dabei rückt der eigentliche (Sach-)Inhalt der Kommunikation scheinbar in den Hintergrund. Die Definition der Beziehung zum Kommunikationspartner ist jedoch notwendig, um zu verstehen, wie eine Nachricht aufgefasst werden sollte (ebd. sowie Schulz von Thun 1994). Die Definition der Beziehung kann mittels relationaler Kommunikation erfolgen. Relationale Kommunikation Nach dem Ansatz der relationalen Kommunikation ist Kommunikation diejenige menschliche Aktivität, über welche eine Beziehung zwischen den Beteiligten aufgebaut und erhalten werden kann (Lages et al. 2005, S. 1041). Über Kommunikation definieren Personen ihre Beziehung zueinander (Littlejohn & Foss 2005, S. 189), indem sie aufzeigen, wie sie sich gegenseitig, ihre Beziehung und sich selbst im Kontext der Beziehung wahrnehmen (Burgoon & Hale 1984). Relationale Kommunikation nimmt im Interaktionsprozess damit eine metakommunikative Funktion ein (ebd.), da sie neben dem Mittel zur Herstellung auch Ausdruck der gegenwärtigen Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern ist. Eine Beziehung kann nach Hinde (1979) definiert werden als eine Sequenz von Austauschen, die dyadisch ist, sich über einen langen Zeitraum erstreckt und spezifische kognitive und affektive Wirkungen hat, z. B. die Veränderung von Erwartungen, Zielorientierungen, Wertvorstellungen, Gefühlen oder gegenseitiges Verstehen. Eine Beziehung impliziert somit verschiedene Aspekte, die sich gegenseitig bedingen: - Die Partner entwickeln gemeinsame Normen und Werte. - Es bildet sich eine gemeinsame Identität heraus. - Die Partner entwickeln Vertrauen zueinander. Alle genannten Aspekte werden durch Kommunikation ermöglicht und können sich gegenseitig verstärken. So müssen Partner, um eine Beziehung aufbauen zu können, den Worten und Taten ihres Partners vertrauen können und ihn als fair wahrnehmen (Lewicki et al. 2003, S. 289). Fair agieren Partner vor allem dann, wenn sie sich mit ihrem Gegenüber und dem Interaktionsprozess identi-
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fizieren. Gleichzeitig stärkt das Vorhandensein einer Beziehung die Entwicklung von Vertrauen und ermöglicht den Aufbau einer gemeinsamen Identität. Die enge Verbindung von Kommunikation und Beziehungen gilt auch für den geschäftlichen Kontext: „Communication can be considered to be the most important element in successful interfirm exchange, as the most carefully designed relationship will crumble without good, frequent communication.“ (Lages et al. 2005, S. 1042). Ivens (2003) untersuchte die Auswirkungen von Informationsaustausch auf Geschäftsbeziehungen. Dabei stellte sich heraus, dass zwischen Informationsaustausch und Geschäftsbeziehungen ein wechselseitiges Verhältnis besteht. Informationsaustausch ist abhängig von den getätigten beziehungsspezifischen Investitionen (neben weiteren Faktoren wie Unsicherheiten und Gegenseitigkeit) und trägt aber gleichzeitig zum Aufbau der Beziehung bei, da er Zufriedenheit, Vertrauen und Commitment der Beteiligten stärkt. Anhand der Studie von Ivens wird deutlich, dass eine Beziehung mit erheblichen Kosten (beziehungsspezifischen Investitionen) verbunden ist, die beim Abbruch zu Sunk Costs werden. Diese Kosten sind insbesondere Kommunikationskosten, denn um überhaupt eine Beziehung aufbauen zu können, müssen die Partner kommunikativ investieren, indem sie Informationen über sich selbst preisgeben und beispielsweise einen Pool gemeinsam geteilter Bedeutungen aufbauen (Hinner 2005). Burgoon und Hale (1984) erforschten den Ansatz der relationalen Kommunikation umfassend und entwickelten dafür ein Messinstrument (Burgoon & Hale 1987), bestehend aus einem 30 Items umfassenden Fragebogen mit acht unabhängigen Themenfeldern zur Ermittlung der Höhe relationaler Kommunikation. Als Indikatoren für relationale Kommunikation gelten dabei beispielsweise gegenseitige Sympathie, Vertrautheit, Gelassenheit, Formalitätsgrad und Offenheit der Kommunikationspartner. In einer weiterführenden Studie passten Walther und Burgoon (1992) ihr Messinstrument auf elektronische Gruppenkommunikation an. Relationale Kommunikation wird hier wie folgt definiert: Relationale Kommunikation bezeichnet die Kommunikation, die dazu dient, die Beziehung zwischen zwei Personen (in Bezug auf gemeinsame Normen und Werte, eine gemeinsame Identität und gegenseitiges Vertrauen) zu definieren. Obwohl die Interpretation relationaler Kommunikation stark von der subjektiven Wahrnehmung der Beteiligten abhängt, kann sie auch objektiv anhand verschiedener inhaltlicher Kriterien (z. B. gegenseitige Anpassung in Bezug
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auf persönliche Offenheit, Formalia oder Wortwahl) nachgewiesen und beurteilt werden. Sachliche, zeitliche und soziale Anpassungsprozesse in Form von metakommunikativen Verhandlungen begleiten jeden Kommunikationsprozess und sind nie abgeschlossen. Somit stellen Verhandlungen einen essentiellen Teil der Kommunikation innerhalb eines sozialen Systems dar. Gleichzeitig ist aber Kommunikation auch ein essentieller Bestandteil von Verhandlungen, wie im nächsten Kapitel erläutert wird. 3.2
Verhandlungskommunikation als Verhandeln mit Hilfe von Kommunikation Bei der Abgrenzung elektronischer Verhandlungen von Auktionen zeigt sich, dass das Vorhandensein von Kommunikation zwischen den Beteiligten ein wichtiges und nach wie vor gültiges Unterscheidungskriterium darstellt (siehe Kapitel 2.2.1). Kommunikation übernimmt somit in Verhandlungen eine konstituierende Funktion. Nach Tutzauer (1991, S. 289f) lässt sich Verhandlungskommunikation unterteilen in Angebotskommunikation und Nichtangebotskommunikation. Angebotskommunikation beschreibt den reinen Austausch von Angeboten und Gegenangeboten und stellt somit das Ergebnis der individuellen Entscheidungsprozesse der Beteiligten dar. Nichtangebotskommunikation umfasst die darüber hinausgehenden Informationen, z. B. Argumente, Fragen, Höflichkeitsfloskeln etc., welche die Verhandelnden austauschen. In älteren Studien findet man in diesem Zusammenhang außerdem häufig die Unterscheidung zwischen „negotiating“ und „bargaining“ (dt.: Verhandeln und Aushandeln). Hierzu vermerkt Daniels (1967, S. 72): „Negotiation is present only if the interacting parties exchange information relevant to their transaction over and above that which is needed to convey their terms and their acceptance or rejection of the other’s terms. Thus two cases exist: bargaining with negotiation and bargaining without negotiation.” Nach dieser Interpretation zählen reine Aushandlungsprozesse, in denen nur die notwendigsten Informationen (Angebotskommunikation) ausgetauscht werden, nicht als Verhandlungen. Echte Verhandlungen sind an den darüber hinausgehenden Austausch spezifischer Informationen (Nichtangebotskommunikation) gebunden. Diese Ansicht vertritt auch Stevens (1958, S. 78), der Verhandeln dadurch definiert, dass die Interaktionspartner mehr als nur die minimal notwendigen Transaktionsinformationen austauschen. De Moor und Weigand (2004) unternehmen keine solche Differenzierung, sondern betrachten das Aushandeln (bargaining) bzw. die Angebotskommunikation als einen Teilprozess des Verhandelns (negotiating). Aufgrund dieser begrifflichen Un-
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klarheit werden die Bezeichnungen auch häufig synonym verwendet (Lewicki et al. 2003). 3.2.1 Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen Kommunikation gilt als wichtigster und elementarster Bestandteil eines Verhandlungsprozesses: “Communication is the essence of negotiation and bargaining” (Bednar & Curington 1983, S. 390). “Negotiation is, fundamentally, a communication process, involving the exchange of views, ideas, and perspectives” (Lewicki et al. 2003, S. 27). “Negotiation serves as a communication tool for facilitating understanding, consideration of options, and discussion that leads to mutually satisfying outcomes” (Spangle & Isenhart 2003, S. 17). “The negotiation phase is the most communicative-intensive transaction phase” (Schoop 2005, S. 65). Allerdings wird selten genau definiert, was unter Verhandlungskommunikation verstanden wird, ob damit beispielsweise der gesamte Austausch jeglicher Art von Informationen gemeint ist, nur der Austausch von Angeboten oder nur die Nichtangebotskommunikation. Aufgrund ihrer gegenseitigen Abhängigkeit wird für den hier untersuchten Kontext elektronischer Geschäftsverhandlungen keine strikte Trennung zwischen Angebots- und Nichtangebotskommunikation vorgenommen, wie sie beispielsweise Kersten und Zhang (2003) durchführten. Reine Angebotskommunikation trägt für sich allein genommen kaum zum kommunikativen Ziel, der Verständigung, bei. Die ausschließlich quantitative Übermittlung von Forderungen lässt wenig Spielraum für Interpretationen8 oder die Nutzung integrativer Potenziale und eignet sich somit nur für sehr wenig komplexe Verhandlungsfälle. In der frühen kommunikationsorientierten Verhandlungsforschung wird häufig auf Verhandlungsszenarien mit ausschließlich angebotsbezogener Kommunikation zurückgegriffen, beispielsweise in Form von Abwandlungen 8
Reine Angebotskommunikation kann allerdings durch ihre Dynamik (implizit) vielfältige Informationen vermitteln und damit Interpretationsspielraum bereitstellen. Tutzauer (1992) betont beispielsweise: Wenn ein Angebot verändert werde, dann gebe dies dem Partner einen Hinweis darauf, dass die Verhandlungspunkte, die nicht verändert wurden, dem Kommunizierenden wichtiger seien als die veränderten Punkte. Mit Hilfe von Nichtangebotskommunikation können diese Informationen jedoch zusätzlich entscheidend hervorgehoben oder in einen bestimmten Zusammenhang gebracht werden (Framing). So können nicht nur strategische Entscheidungen von Partner A selbst, sondern auch die Nichtangebotskommunikation von Partner B (beispielsweise durch das Bereitstellen bestimmter Informationen) bewirken, dass Partner A seine Angebotskommunikation verändert.
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des Gefangenendilemmas (Rapaport et al. 1965), weil dabei Einfluss- oder Störfaktoren besser kontrolliert werden können. Das Szenario des Gefangenendilemmas in seiner Grundform ist ein unkooperatives Spiel, da hierbei Entscheidungen ohne Kenntnis der Entscheidung der Gegenpartei getroffen werden (Raiffa 2002, S. 67f). Der Interaktionsprozess wird bei den Adaptionen des Gefangenendilemmas allerdings integriert. Aufbauend auf Studien von Loomis, Deutsch und Krauss wies Daniels (1967) nach, dass jede Art von Kommunikation (im Sinne der Übertragung von Information) für eine Verhandlung förderlich ist. Je länger und umfangreicher die Interaktion ist, desto besser fällt das Verhandlungsergebnis aus. Diese Feststellung wurde inzwischen jedoch eingeschränkt. So stellten Putnam und Jones (1982) fest, dass zu wenig Kommunikation zwar schlecht ist, zu viel jedoch zum Problem der Informationsüberflutung bzw. kognitiver Überforderung führen kann („information-is-weakness“-Effekt, Lewicki et al. 2003, S. 170). Ob mehr Informationsaustausch zu einem besseren Verhandlungsergebnis führt, ist demnach abhängig von der Art der diskutierten Verhandlungspunkte und der Motivation und Fähigkeit der Verhandelnden, die erhaltenen Informationen zu nutzen. Daniels’ Vorgänger hatten bereits gezeigt, dass durch eine steigende Menge von Kommunikation Vertrauen und Kooperationsbereitschaft ansteigen. Auch dies gilt nach heutigem Kenntnisstand nur noch unter der Voraussetzung, dass die Partner auch motiviert sind zu kommunizieren (Lamm 1975). Raiffa (1982) stellte fest, dass Kommunikation besonders dann von Nutzen für eine Verhandlung ist, wenn integrative Potenziale – also Möglichkeiten zur Erhöhung des gemeinsamen Gewinns – existieren. Den grundlegenden empirischen Nachweis dafür, dass Nichtangebotskommunikation Auswirkungen auf die Verhandlung hat, erbrachte Smith (1969) in einem Laborexperiment. Vor diesem Beleg existierten drei unterschiedliche Sichtweisen in Bezug auf das Verhältnis zwischen (Nichtangebots-) Kommunikation und Verhandlungen: Verhandlungen benötigen keine Kommunikation. Verhandlungen benötigen ein Mindestmaß an Kommunikation. Kommunikation ist der zentrale Prozess in einer Verhandlung. Smith stellte die folgende Annahme auf: Wenn Kommunikation Verhandlungen beeinflusst, müssten Verhandelnde, die nur sehr beschränkt miteinander kommunizieren dürfen, andere Ergebnisse erzielen als Verhandelnde, die frei miteinander kommunizieren dürfen. Kommunikation stellte damit in seinem Experiment die unabhängige Variable dar. Sie wurde manipuliert, indem die eine Gruppe der Teilnehmer sich frei und direkt unterhalten durfte, die andere Gruppe dagegen nur über einen stark eingeschränkten, schriftlichen Austausch von Angeboten (Angebotskommunikation im Sinne von Tutzauer 1991). Smith konnte nachweisen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der kommunikativen Unbeschränktheit und der Wahrscheinlichkeit einer Einigung besteht.
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Kategorisierung der Funktionen von Verhandlungskommunikation Wenn das Begriffsverständnis von Verhandlungskommunikation nicht auf reinen Angebotsaustausch beschränkt ist, können der Kommunikation in Verhandlungen zahlreiche Funktionen zugeschrieben werden. Verschiedene Autoren haben bereits die Funktionen von Kommunikation in Verhandlungen kategorisiert. Dabei ist auffallend, dass die einzelnen Funktionsklassen häufig mehrere verschiedene Aspekte zusammenfassen (Chatman et al. 1991) oder in ihrem Bezug nicht überschneidungsfrei sind (Tutzauer 1991). Aufgrund der mangelnden Überschneidungsfreiheit der bestehenden Ansätze wird im Folgenden eine neue Kategorisierungsmöglichkeit vorgestellt, in welche die bestehenden Ansätze eingeordnet werden (Tabelle 3). Diese Kategorisierung unterscheidet drei Funktionsarten, die auf den zuvor beschriebenen kommunikativen Verhandlungsprozessen (Bedeutungsverhandlung, Verlaufsverhandlung, Beziehungsverhandlung, Kapitel 3.1.1 bis 3.1.3) aufbauen und in engem Zusammenhang mit den Interessen der Verhandelnden (substantiell, prozedural, beziehungsorientiert und prinzipiell oder ethisch, Kapitel 2.1.2) sowie den Eigenschaften von Kommunikation (sachliche, soziale und zeitliche Reflexivität, prozeduraler Charakter, Kapitel 2.3.1) stehen. Es handelt sich um die (1) faktischen, (2) prozeduralen und (3) relationalen Funktionen. faktische Funktionen: Verhandelnde erzielen durch das Ausführen kommunikativer Akte gegenseitige Verständigung über Begriffe und Sachverhalte und schaffen sich somit eine gemeinsame Verständigungsbasis (vgl. Bedeutungsverhandlung, Kapitel 3.1.1). Diese faktische Verständigung gilt als unabdingbare Grundlage für Kooperation (Putnam & Jones 1982, S. 265). Auch wenn der direkte Kausalzusammenhang zwischen Kommunikation und Kooperation bislang noch nicht empirisch nachgewiesen werden konnte, so ist doch festzustellen, dass die Möglichkeit zu kommunizieren die Wahrscheinlichkeit von Missverständnissen reduziert und die Häufigkeit der Interaktion deren Formalität verringert und somit ein angenehmes Klima schafft, um gemeinsam nach Einigungsmöglichkeiten zu suchen (ebd.). Faktische Verständigung ermöglicht den Verhandlungspartnern außerdem, über Diskussion und Argumentation konfliktäre Interessen aufzudecken und Differenzen zu lösen (Spangle & Isenhart 2003, S. 3 und 6). Wenn beide Seiten die Informationen, insbesondere in Bezug auf Intentionen und Präferenzen ihres Gegenübers und deren Bedeutung verstehen, können integrative Potenziale aufgedeckt werden. Faktische Verständigung kann darüber hinaus bewirken, dass sich die ursprünglichen Präferenzen der Verhandelnden verschieben und sich – beispielsweise auch durch das Einführen neuer Verhandlungspunkte – ein Einigungsraum ergibt, der bisher nicht oder nur in geringem Ausmaß vorhanden war (Putnam & Jones 1982, S. 263; Gibbons et al. 1992, S. 156; Keough 1992; Tutzauer 1991; Northcraft & Neale 1991). prozedurale Funktionen: Kommunikation dient in Verhandlungen der interaktiven und individuellen Koordination der Verhandlungsthemen und nachrichten und damit der Strukturierung des Verhandlungsprozesses (vgl.
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Verlaufsverhandlung, Kapitel 3.1.2). Da die einzelnen Verhandlungspunkte für die Verhandlungspartner meist von unterschiedlicher Wichtigkeit sind, können die Partner kommunikatives Themenmanagement betreiben. Bestimmte Verhandlungstechniken wie das Logrolling werden dadurch erst ermöglicht. Neben dieser strategischen hat das Themenmanagement aber auch eine grundlegende Komponente: Durch die aktive Strukturierung können sehr komplexe Verhandlungsgegenstände oder -thematiken überhaupt erst bearbeitet werden. Dazu müssen die Kommunikationspartner beim Verfassen ihrer Nachrichten sowohl die innere Struktur als auch den größeren Zusammenhang der Kommunikation der einzelnen Verhandlungspunkte herausstellen (siehe Cornelius & Boos 2003 sowie Allwood 2007a, S. 9, responsive und evokative Funktion). relationale Funktionen: Watzlawick et al. (2003) nennen neben der Sachebene die Beziehungsebene als Grunddimension einer Nachricht. Lewicki et al. (2003, S. 173) übertragen diese Unterscheidung auf Verhandlungskommunikation und benennen sie mit substantieller und relationaler Ebene. Verhandlungs-nachrichten enthalten demnach nicht nur Sachinformationen, sondern auch Informationen darüber, in welchem Verhältnis die Kommunizierenden zueinander stehen. Auch Swaab et al. (2007) betonen weniger die prozedurale und faktische, als vielmehr die soziale oder relationale Funktion von Verhandlungskommunikation (vgl. Beziehungsverhandlung, Kapitel 3.1.3). Mit Hilfe von Kommunikation können emotionale Reaktionen ausgedrückt und vermittelt werden (Allwood 2007a, S. 9, expressive Funktion). Das Lernen und Verstehen des Gegenübers und seiner Reaktionen ermöglicht die Reduzierung von Unsicherheit und die gemeinsame Identifikation (McGinn & Croson 2004, S. 343). Dies erhöht das Commitment der Beteiligten zur Aufgabenbewältigung und fördert den Aufbau von Vertrauen und Beziehungen (Anderson & Weitz 1992). Beziehungsaufbau wird insbesondere durch die Entwicklung gemeinsamer Normen gefördert. Nach Ansicht von Firth (1995, S. 26) verwenden Verhandelnde den Kommunikationsinhalt als Indikator dafür, was beide Parteien als angemessenes und unangemessenes Verhalten einstufen und somit zur Etablierung gemeinsamer Normen.
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faktisch
proze- relatiodural nal Allgemeine Verbindungen zwischen Verhandlungsspezifika und Kommunikation Interessen von Substantiell x Verhandelnden Prozedural x (Lewicki et al. Beziehungsorientiert x 2003) Prinzipiell/ ethisch x Eigenschaften von Sachliche Reflexivität x Kommunikation Zeitliche Reflexivität x (Merten 1977; Soziale Reflexivität x Kübler 1994) Prozesscharakter x Funktionen von Verhandlungskommunikation Tutzauer 1991 Übertragen und Akzeptieren x von Angeboten Übertragen von Informatiox x x nen über Präferenzen und Erwartungen Gestalten der Beziehung x Aufdecken alternativer Verx handlungslösungen Chatman et al. Instrumentelle Funktionen x x 1991 Relationale Funktionen x Mulder 1999 Inhaltliche Funktionen (conx tent) Prozessorientierte Funktiox nen (process) Beziehungsorientierte Funkx tionen (each other) Allwood 2007a Hauptnachrichtenfunktionen - Responsiv x - Evokativ x x - Referenziell x x - Aktion x - Expressiv x x x x - Informationsstrukturierung Kommunikationsmanagex mentfunktionen Tabelle 3: Kategorisierung von Kommunikationsfunktionen Kommunikation übernimmt in Verhandlungen demnach spezifische faktische, prozedurale und relationale Funktionen. Diese Funktionen können allerdings neben den positiven auch destruktive Wirkungen aufweisen. Das bedeutet, Kommunikation ist nicht per se vorteilhaft, sondern es kommt darauf an, wie
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kommuniziert wird (Putnam & Jones 1982, S. 265). Es existieren beispielsweise explizit negative Kommunikationsverhaltensweisen wie Lügen, Drohungen, Betrügereien oder Verheimlichungen, die – insofern sie angewendet werden – zu gegenseitigem Misstrauen, bis hin zum Verhandlungsabbruch führen können (Raiffa 2002, S. 83). Aber auch die zuvor beschriebenen Verständigungstechniken (Grounding, Kohärenz, relationale Kommunikation) können von den Verhandelnden instrumentalisiert werden. Neben der Tatsache, was und wie etwas gesagt bzw. geschrieben (oder nicht gesagt bzw. nicht geschrieben) wurde, ist auch entscheidend, wie es (z. B. in Verbindung mit welchen zusätzlichen Informationen) vom Empfänger aufgenommen wird (Lewicki et al. 2003, S. 172). Dies beeinflusst beispielsweise die Entstehung und den Verlauf von Konflikten.9 Die folgende Tabelle fasst die Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen zusammen:
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Kommunikation kann nicht nur Konflikte lösen und Verständigung schaffen, sondern auch dazu führen, dass Konflikte eskalieren oder der Informationsaustausch die Beteiligten nicht unterstützt, sondern überfordert. In Verhandlungen besteht ein hohes Konfliktpotenzial. Chang und Woo (1994) nennen beispielsweise Interessenkonflikte, Wertekonflikte, kognitive Konflikte und Zielkonflikte. Konflikte müssen für eine Verhandlung nicht per se schädlich sein. DeFleur und Kearney (2005, S. 330ff) unterscheiden zwischen produktiven und unproduktiven Konflikten, Lewicki et al. (2003, S. 17ff) differenzieren zwischen konstruktiven (funktionalen, produktiven) und destruktiven (dysfunktionalen) Konflikten. Während produktive oder konstruktive Konflikte zu Diskussionen anregen, zur Stärkung von Beziehungen, Problemlösung und persönlichen Weiterentwicklung der Beteiligten beitragen, sind unproduktive oder destruktive Konflikte dadurch gekennzeichnet, dass sie auf Fehlwahrnehmungen und Verzerrungen beruhen, emotionsgeladen sind, die Kommunikation abnimmt, Differenzen überzeichnet werden. Unproduktiv oder destruktiv werden Konflikte insbesondere dann, wenn sie eskalieren. Konflikte entwickeln sich dynamisch und über verschiedene Phasen hinweg (Barley 1991, S. 182). Hauptursachen für Konflikteskalationen sind die Impulsivität der Beteiligten und Kommunikationsprobleme zwischen ihnen (De Fleur et al. 2005, S. 347; Bazerman et al. 2001, S. 218). Üblicherweise eskalieren Konflikte dann, wenn distributive Taktiken zum Einsatz kommen wie Drohungen, Austesten der Widerstandskraft des Gegners, Sammeln geheimer Informationen über den Partner oder das Ausüben von Zeitdruck (Faure 2003, S. 190). Die Ursache für die Eskalation eines Konflikts in Geschäftsverhandlungen kann z. B. in unterschiedlichen Zielen, Preisvorstellungen oder Images der Beteiligten liegen (ebd).
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Funktion
Faktische Ebene
Umsetzung Wirkung
Prozedurale Ebene
Funktion Umsetzung Wirkung
Relationale Ebene
Funktion Umsetzung
Gemeinsame Verständigung in Bezug auf Sachverhalte schaffen Grounding positiv negativ Reduzierung von Missver- Informationsüberlastung ständnissen Konflikteskalation Lösung von Konflikten Veränderung von Präferenzen Aufdeckung und Übermittlung von Interessen Ermöglichung integrativer Verhandlungslösungen Schaffung eines guten Kooperationsklimas Gemeinsame Verständigung in Bezug auf Zusammenhänge und Strukturen schaffen Kohärenz positiv negativ Bearbeitung komplexer Verkomplizierung Verhandlungsthemen Verlangsamung des Prozesses Ermöglichung der Anwendung bestimmter Verhand- Manipulation durch Framing/ Agenda Setting lungstechniken Nachvollziehbarkeit des Prozesses Gemeinsame Verständigung in Bezug auf Verhaltensnormen und Beziehungsaspekte schaffen Relationale Kommunikation
Wirkung
Tabelle 4:
positiv negativ Reduzierung von UnsiMisstrauen cherheit über Partner Beziehungsabbruch Entwicklung gemeinsamer Identität Identifikation, Commitment Vertrauen, Beziehungsaufbau Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen
Viele Autoren sind davon überzeugt, dass das erste Angebot und das sich daran anschließende Konzessionsverhalten den Fortgang der Verhandlung ent-
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scheidend prägen (Putnam & Jones 1982), da sie Hinweise auf die Kooperationsbereitschaft und Flexibilität des Verhandelnden sind. Lewicki et al. (2003, S. 173) gehen sogar so weit, die ersten Kommunikationsmuster als Prädiktoren für den Verhandlungsausgang zu verwenden. Kommunikationsmuster sind allerdings nicht mit der ersten Nachricht fixiert, sondern verändern sich im Laufe einer Verhandlung. Die Art und Weise wie sie sich verändern, beeinflusst das Verhandlungsergebnis (Putnam & Jones 1982; Weingart & Olekalns 2004, S. 154). Die Wirkung unterschiedlicher Kommunikationsmuster von Verhandelnden analysieren Weingart und Olekalns (2004) aus einer individuumsorientierten Perspektive. Sie definieren Kommunikationsverhalten als Taktieren, das dazu dienen soll, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Kommunikative Taktiken sind dabei immer in eine größere Kommunikationsstrategie eingebettet. Diese besteht aus Kommunikationsmustern mit abwechselnd integrativen und distributiven Zügen. Mit Hilfe dieses Modells führten die Forscher Häufigkeits-, Sequenz- und Phasenanalysen durch. Häufigkeitsanalysen ergaben, dass der verstärkte Einsatz integrativer Taktiken (Informationsaustausch, Entgegenkommen, Beziehungsaufbau) zu höheren gemeinsamen Verhandlungsergebnissen führt, wohingegen die häufigere Verwendung distributiver Taktiken (Forderungen, Drohungen, Argumentation) eher suboptimale Ergebnisse zur Folge hat. Sequenzbetrachtungen, d.h. die Untersuchung von Verhaltenserwiderungen, ergaben, dass eine integrative Erwiderung bessere Ergebnisse bringt als die reziproke Erwiderung distributiver Verhaltensweisen. Mit Hilfe der Phasenanalyse schließlich konnten die Autoren nachweisen, dass sich Strategien im Laufe der Verhandlung verändern. So nimmt Nichtangebotskommunikation zu, Angebotskommunikation nimmt ab und die Häufigkeit integrativer und distributiver Verhaltensweisen zu unterschiedlichen Zeitpunkten während der Verhandlung wirkt sich unterschiedlich auf das Ergebnis der Verhandlung aus. Aus linguistischer Perspektive befassen sich insbesondere Sokolova et al. (2005; Sokolova 2006) intensiv mit der Wirkung unterschiedlicher Formen und Inhalte (elektronischer) Verhandlungskommunikation. Sie stellen die Frage: Bestimmt Sprache in elektronischen Verhandlungen den Verhandlungsausgang? Sie fanden heraus, dass Textnachrichten (Nichtangebotskommunikation) durchaus relevant sind für den Verhandlungsausgang. Sie konnten zudem nachweisen, dass sich Sprache von erfolgreichen Verhandlungen von Sprache in nicht-erfolgreichen Verhandlungen unterscheidet. D.h. aus der Verwendungshäufigkeit bestimmter Wörter sowie bestimmter Sprachmuster lässt sich schließen, ob eine Verhandlung scheitert oder glückt. Der Nachteil rein linguistischer Untersuchungen liegt darin, dass sie nur expost anwendbar sind. Die Häufigkeit des Einsatzes bestimmter Ausdrücke oder Wörter ist zwar ein nachträglicher Indikator, aber bei Verwendung kein Garant für einen bestimmten Ausgang einer Verhandlung.
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Der Literaturüberblick macht deutlich, dass insbesondere bei der Betrachtung der Frage, „wie“ in Verhandlungen kommuniziert wird, noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. 3.2.2 Charakteristika und Inhalte von Verhandlungskommunikation Die Verhandlungskommunikation ist einer Vielzahl von Einflüssen sowohl interner als auch externer Kräfte ausgesetzt, z. B. Zeitdruck, vorherrschenden Normen, Druck durch Vorgesetzte, ökonomischer Not oder den vorhandenen Alternativen der Beteiligten. Chatman et al. (1991, S. 142) identifizieren drei Dimensionen, auf denen sich (Geschäfts-)Verhandlungskommunikation von sonstigen Formen der Kommunikation unterscheidet: (1) Während der Verhandlung herrschen klare Interaktionsregeln, die meist durch (unternehmens- und branchen-)kulturelle Normen geprägt sind. Je nach Kontext der Verhandlung schwankt das Ausmaß, in dem unethische Verhaltensweisen toleriert werden. (2) Die Beziehung zwischen den Teilnehmern ist durch die gegenseitige Abhängigkeitssituation determiniert und dadurch geprägt, dass die individuellen Ziele der Parteien häufig subjektiv als inkompatibel wahrgenommen werden (Putnam & Roloff 1992). (3) Die Beteiligten verfügen bereits vorab über feste Präferenzen in Bezug auf das Verhandlungsergebnis. Die gesamte Interaktion ist deshalb stark ziel- oder zweckorientiert und nicht zufällig, sondern (meist) ökonomisch begründet. Das besondere Verhältnis zwischen den Verhandlungsteilnehmern und ihre klaren Präferenzen bedingen, dass die Kommunikation auf zwei Ebenen verläuft: Kooperation und Konkurrenz (Allwood 2007b). Die Ausprägung dieser beiden Kommunikationsebenen wird dabei durch die Beziehung der Beteiligten bzw. die darin geltenden Regeln und Normen beeinflusst. Da zwischen den Verhandlungspartnern per definitionem eine gegenseitige Abhängigkeit besteht (keiner von beiden kann sein Ziel ohne die Hilfe des anderen erreichen, vgl. Kapitel 2.1.1), müssen sie sich über ihre Interessen und Vorstellungen austauschen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Gleichzeitig verfolgen sie aber auch individuelle Ziele, deren Grad von (Un)Vereinbarkeit für beide Beteiligten unsicher ist. Verhandelnde wandern also auf einem schmalen Grat zwischen Zusammenarbeit und Konkurrenzkampf. Daraus ergibt sich, dass sich Verhandlungskommunikation durch eine duale Struktur auszeichnet, d.h. Verhandelnde kommunizieren einerseits, um Verständigung zu erreichen und andererseits, um sich gegenseitig und den Verhandlungsverlauf zweckorientiert zu beeinflussen. In der Literatur werden diese beiden Ebenen unterschiedlich benannt, beschreiben aber immer das gleiche Phänomen. So differenziert Habermas (1984) zwischen kommunikativem (verständigungsorientiertem) und strategischem (interessen-/ individuenorientierten) Handeln. Müller (2004) unterscheidet zwischen (rationalem) Ar-
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gumentieren und (strategischem) Aushandeln, Robinson (1991) unterscheidet zwischen formeller und informeller Kommunikationsebene. Holzinger (2001) konstatiert, dass die Ebenen aufgrund der sozialen Norm, subjektive Claims immer begründen zu müssen, in Verhandlungen nicht voneinander trennbar sind. Eine kommunikationsorientierte Verhandlungsanalyse muss deshalb beide Kommunikationsmodi berücksichtigen, da sie gemeinsam den Ausgang des Verhandlungsprozesses beeinflussen. Geschäftsverhandlungen gelten als das wichtigste Kommunikations- und Beeinflussungswerkzeug innerhalb und zwischen Unternehmen (Thompson 2005, S. 2). Sie können auch als transaktionale Form der Kommunikation bezeichnet werden (Spangle & Isenhart 2003), da sie materielle oder immaterielle Austauschprozesse regeln. Nach Ansicht von Carroll und Payne (1991) ist eine Verhandlung ein Kommunikationsprozess, d.h. ein schrittweiser Ablauf von Verhaltensweisen, durch welchen die Verhandelnden relevante Informationen austauschen, versuchen so viel wie möglich übereinander zu lernen und ihren Gegenüber zu überzeugen. Die Verhandelnden ändern ihre Meinungen und Präferenzen auf Basis neuer Informationen und entscheiden sich schließlich für eine bestimmte Alternative oder brechen die Verhandlung ab. Die Art der ausgetauschten Kommunikationsinhalte ist somit entscheidend für den Verhandlungsverlauf und den Verhandlungsausgang. Neu (1988) differenziert zwischen fünf verschiedenen Kommunikationsinhalten in einer Verhandlung: Information, Interaktion, Metakommunikation, Konzession und Zustimmung. Spangle und Isenhart (2003, S. 8) identifizieren sieben Arten: Wahrnehmungen, (Sach-)Informationen, Verhandlungspunkte, Interessen, Beziehungs- und Prozessinformationen sowie Ergebnisse. Vergleichbar nennt Goldkuhl (1998) als entscheidende Kommunikationsinhalte in einer Geschäftsverhandlung die Kommunikation über Werte, Vorschläge und Verpflichtungen, Gebote und Gegenangebote, Präferenzen, gegenseitige Beeinflussungsversuche und Akzeptanzbotschaften. Anhand dieser Kommunikationsinhalte zeigt sich wieder, dass Verhandelnde über das Mittel der Kommunikation versuchen, einerseits das gemeinsame Ziel (kooperative Orientierung) und andererseits die persönlichen Interessen (konkurrierende Orientierung) zu wahren. Durch die Diskussion über Werte, die Bereitstellung von Sachinformationen oder das Senden von Akzeptanzbotschaften wird die Kooperationsbereitschaft betont. Dagegen dienen Beeinflussungsversuche oder Gegenangebote zur Wahrung der eigenen Interessen. Dies wird durch Putnam und Jones (1982) bestätigt, die feststellen, dass in Verhandlungen ausgetauschte Informationen je nach ihrer Art, offengelegter Menge und Richtigkeit sowohl eine Demonstration der individuellen Verhandlungsstärke (Macht) darstellen, als auch Kooperationsbereitschaft ausdrücken können. a) Dualität auf faktischer Ebene Um zu einer gemeinsamen Lösung des Verhandlungsproblems zu gelangen, verfolgen Verhandelnde das Ziel, möglichst umfangreiche Verständigung mit ihrem Verhandlungspartner zu erreichen. Missverständnisse und Verständi-
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gungsprobleme entstehen meist aus kognitiven Verzerrungen und können für eine Verhandlung weitreichende Folgen haben. Nach Ansicht von Lewicki et al. (2003, S. 175) sind Fehlwahrnehmungen von Kommunikation die Hauptursache für das Abbrechen und Scheitern von Verhandlungen. Da die Prozesse der Wahrnehmung, Kognition und Kommunikation sehr eng miteinander und mit anderen Faktoren wie dem Commitment, der Art des Verhandlungsprozesses, Macht- oder Persönlichkeitsaspekten verwebt sind, ist es kaum möglich, die destruktive Wirkung schlechter Kommunikation allein empirisch nachzuweisen. Aber es gilt als erwiesen, dass Zusammenbrüche im Kommunikationsprozess dazu führen können, dass selbst Parteien, deren Ziele vollständig übereinstimmen, keine gute Einigung erreichen oder sogar überhaupt keine Einigung erreichen (Lewicki et al. 2003). Thompson (2005, S. 212) befasst sich intensiv mit solchen kommunikativen Zusammenbrüchen. Demnach liegen die Ursachen an drei unterschiedlichen Stellen: Fehlern beim Absenden der Nachricht, bei der Übertragung der Nachricht und beim Empfang der Nachricht. Diese sehr mechanistische Sicht wird durch inhaltliche Erläuterungen ergänzt. Demnach können als Fehler beim Absenden z. B. indirekte Sprechakte gelten, da diese beim Empfänger zusätzliche kognitive Anstrengungen erfordern. Fehler beim Nachrichtenempfang wären beispielsweise Fehler in der Perspektivenübernahme (d.h. mangelndes Hineinversetzen in den Partner) oder verzerrte Interpretationen. Auch wenn es viele Möglichkeiten gibt, Missverständnisse zu verhindern oder zumindest einzuschränken, muss gerade im Geschäftsverhandlungskontext damit gerechnet werden, dass von den Beteiligten bewusst Missverständnisse und Mehrdeutigkeiten in Kauf genommen oder sogar erzeugt werden (Fobian & Christensen-Szalanski 1993; Fischer 2005, S. 144 ff.), etwa um sich einen strategischen Vorteil zu verschaffen oder auch, um – in Fällen von Zeitnot – ein Scheitern der Verhandlung zu verhindern. Das bedeutet, vollkommene gegenseitige Verständigung ist in Verhandlungen – zu einem gewissen Grad – nicht erwünscht oder sogar explizit unerwünscht (LaRocco 2004). b) Dualität auf Prozessebene Kommunikation erfordert Aufwand, sowohl auf Seiten des Empfängers als auch auf Seiten des Senders. Nachrichten müssen u. a. verfasst, versendet, interpretiert und vor allem auch koordiniert werden. Der Koordinationsaufwand steigt mit zunehmender Kommunikationsmenge. Viel Kommunikation ist demnach nicht per se vorteilhaft, sondern hat einen abnehmenden Grenznutzen, weshalb effiziente Kommunikation erforderlich ist. Während die Verhandlungspartner einerseits daran interessiert sind, ihren zeitlichen Aufwand und ihre Kosten für die Verhandlung möglichst gering zu halten, wird der Verhandlungsverlauf (aus strategischen oder organisatorischen Gründen) häufig verzögert, verschleppt oder in die Länge gezogen. Dies geschieht vor allem dann, wenn bekannt ist, dass der steigende Zeitdruck für eine der Parteien zu einem kritischen Faktor wird. Eine Möglichkeit der strategischen Nutzung solchen Wissens ist das Themenmanagement. Durch
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die geschickte Abarbeitung und zeitliche Gestaltung der Themenfolge in einer Verhandlung können sich die Beteiligten entscheidende Vorteile verschaffen (z. B. aufgrund von Deadline- oder Framingeffekten, (Faure 2003, S. 185; Bazerman 1998). c) Dualität auf relationaler Ebene Nicht nur der Inhalt der Kommunikation, sondern auch die Art und Weise, wie dieser Inhalt präsentiert wird, ist ausschlaggebend für seine Wirkung (Putnam & Jones 1982). Verhandelnde müssen deshalb bestimmte normative Praktiken beherrschen, wie etwa die kontrollierte Kommunikation (Putnam & Roloff 1992, S. 3). Weitere im Verhandlungskontext unabdingbare Kommunikationsnormen sind beispielsweise Reziprozität und Fairness, die sich insbesondere im Konzessionsverhalten ausdrücken und notwendig für den Aufbau einer Beziehung zum Verhandlungspartner sind. Ausschließlich faires und nachgiebiges Verhalten findet man in Geschäftsverhandlungen selten. Häufig versuchen beide Partner, primär ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Dies verursacht Konflikte. Selbst wenn das Lösen von Konflikten notwendig ist für das Erreichen einer Einigung, werden Konflikte aus strategischen Gründen auch künstlich erzeugt oder zur Eskalation gebracht, beispielsweise um den Gegner einzuschüchtern. Konfliktmanagement wird deshalb oft als eine wichtige Fähigkeit von Verhandelnden genannt. Kommunikation kann auf den verschiedenen Ebenen durch den entsprechenden Einsatz der in Kapitel 3.1 beschriebenen Kommunikationstechniken unterstützt werden: auf faktischer Ebene Grounding, auf prozeduraler Ebene Kohärenz und auf relationaler Ebene relationale Kommunikation. Ein umfangreicher Groundingprozess ist Ausdruck kooperativen Verhaltens und begünstigt fundierte gegenseitige Verständigung. Wird allerdings das Groundingkriterium bewusst niedrig angesetzt, d.h. wird der Verständigungsprozess bereits früh abgebrochen, begünstigt dies das Auftreten strategisch beabsichtigter Missverständnisse. Durch Kohärenz kann einerseits der Verhandlungsprozess effizient gestaltet werden, gleichzeitig kann gezielt kohärentes Verhalten aber auch strategisches Themenmanagement begünstigen, etwa indem ständig ein bestimmter Verhandlungs- oder Argumentationspunkt wieder erwähnt wird. Eine stark relational geprägte Kommunikation, welche die Beziehungskomponente betont, kann einerseits die Beziehung zum Verhandlungspartner festigen, andererseits auch Druck ausüben, wenn die Beziehung eine zu prominente Rolle in der Verhandlung einnimmt und die Gefahr einer mangelnden Sachlichkeit des Kommunikationsprozesses entsteht. Hier müssen allerdings kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden (Gulliver 1979). Zusammenfassend ergibt sich folgende Übersicht der Charakteristika von Verhandlungskommunikation (Tabelle 5):
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Unterstützende Kommunikationstechnik Kooperatives Verhalten
Faktische Ebene Grounding
Prozedurale Ebene Kohärenz
Relationale Ebene Rel. Kommunikation
Effiziente Koordi- Beziehungsaufnation, Prozessbau und Beziemanagement, hungserhalt, Klärung/ Erläute- Etablierung gerung von Zumeinsamer Normen sammenhängen Kompetitives Zulassen oder Strategische Strategisches Verhalten Förderung Prozessverzöge- Konfliktmanagestrategischer rung/ strategiment, bewusste Missverständ- sches ThemenKonflikteskalation management nisse Tabelle 5: Charakteristika der Verhandlungskommunikation Dualität
Bemühen um gegenseitige Verständigung über Sachinhalte
In welchem Ausmaß die beiden Kommunikationsformen (Kooperationsorientierung und Wettbewerbsorientierung) zum Einsatz kommen, hängt u. a. von den Rahmenbedingungen der Verhandlung ab, wie etwa der bestehenden Beziehung zwischen den Beteiligten, ihrer jeweiligen Marktmacht, der Bedeutung des gehandelten Gutes sowie kulturellen Werten und Normen. 3.2.3 Kommunikationsorientierte Verhandlungsforschung Die kommunikative Verhandlungsforschung stellt zwei Hauptfragen (Chatman et al. 1991): Wie kommunizieren Verhandelnde, d.h. welche Kommunikationsmuster treten auf und wann? Wie beeinflussen diese Kommunikationsmuster den Verhandlungsprozess, die Beziehung zwischen den Verhandelnden und das Verhandlungsergebnis? Untersuchungen der Kommunikation im Verhandlungskontext haben, je nachdem auf welche dieser Hauptfragen sie ausgerichtet sind, unterschiedliche Erkenntnisziele (Chatman et al. 1991, S. 153). Während die einen die Eskalation von Konflikten verstehen und verhindern wollen (Frage 2), sind andere mit Erkenntnissen aus der breiten und tiefen Analyse von Verhandlungsgesprächen (z. B. mit Hilfe von Kategorienschemata) beschäftigt (Frage 1). Wiederum andere Untersuchungen zielen darauf ab, Verbindungen zwischen dem Verhandlungsinput und dem Verhandlungsoutput anhand komplexer Prozessvariablen herzustellen (Frage 2, z. B. Griessmair & Koeszegi 2008). Bei der Sichtung der Literatur wird deutlich, dass kommunikationsorientierte Verhandlungsforschung sehr fragmentiert und lückenhaft ist (Putnam & Roloff 1992). Die meisten Studien betrachten Kommunikation entweder als eine von
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vielen Variablen des Verhandlungsprozesses und analysieren Verhandlungsergebnisse danach, wie sie von Kommunikation und anderen Variablen, etwa der Anzahl der Beteiligten, dem Kontext, dem Medium o.ä. beeinflusst werden, oder sie untersuchen nur einen bestimmten Teil der Kommunikation, z. B. den Informationsaustausch (Menge, Häufigkeit), bestimmte positive und negative Verhaltensweisen (Konfliktbewältigung, Lügen), den Beziehungsaufbau (Schmoozing, Selbstoffenbarung), kognitive Verständigungsaspekte (geteilte mentale Modelle) oder Kompetenzen. Es bedarf also einer integrierten Betrachtung. Dennoch leistet die Kommunikationsperspektive auf Verhandlungen heute einen wichtigen Beitrag zur Verhandlungsforschung und stellt auch eine eigenständige Disziplin dar, da sie im Unterschied zur anthropologischen Forschung Sprachmuster nicht als kulturell oder gesellschaftlich bedingt ansieht, sondern als Teil eines Nachrichtensystems, das gemeinsam von den Verhandelnden konstruiert wurde. Im Gegensatz zur Politikwissenschaft werden Eskalationsund Deeskalationsmuster nicht auf der Makro-, sondern auf der Mikroebene untersucht und Verhandlungsinteraktion als ein gemeinsamer und nicht individueller Prozess begriffen, wie beispielsweise in der Kognitionspsychologie (Chatman et al. 1991). Trotz des sehr frühen Erkennens des Zusammenhangs zwischen Verhandlungen und Kommunikation (z. B. Smith 1969) hat die Wissenschaft allerdings vergleichsweise lange benötigt, um die beiden Forschungsrichtungen systematisch miteinander in Verbindung zu bringen. Zwar liefert Lamm bereits 1975 eine umfassende Übersicht empirischer Ergebnisse der quantitativen Verhandlungsforschung, von denen viele mit Kommunikation in Verbindung stehen (z. B. die Auswirkungen unterschiedlicher Kommunikationsmodi oder verhaltensweisen), jedoch nehmen erst 1991 parallel Tutzauer und Chatman et al., weitergeführt von Putnam und Roloff (1992), die Integration der beiden Forschungsperspektiven in Angriff. Tutzauer klassifiziert die kommunikationsorientierte Verhandlungsforschung in distributiv und integrativ ausgerichtete Studien. Distributive Studien zielen auf die Erklärung des Einflusses von Kommunikation (insbesondere Konzessionsverhalten, also Angebotskommunikation) auf das Verhandlungsergebnis. Dagegen beschäftigen sich integrative Studien mit dem Zusammenhang zwischen Motivation, Zielen und Kommunikation auf der einen und Einstellungen und Überzeugungsprozessen auf der anderen Seite. Im Gegensatz zu Tutzauer und aufbauend auf den Kommunikationsforschungsrichtungen nach Fisher (1978) extrahieren Chatman et al. (1991) nicht zwei, sondern vier unterschiedliche Perspektiven der kommunikationsorientierten Verhandlungsforschung: Die mechanistische Perspektive untersucht die Übertragung von Information über verschiedene Medien oder Kanäle und analysiert darauf aufbauend den Einfluss verschiedener Kommunikationskanäle auf die Interaktion und das Verhandlungsergebnis.
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Die psychologische Perspektive konzentriert sich auf die individuellen Eigenschaften der beteiligten Sender und Empfänger, deren Einstellungen, Kognitionen und Wahrnehmungen. Hier werden insbesondere semantische Missverständnisse sowie Unterschiede in der Wahrnehmung der Interaktion erforscht. Im Rahmen der interpretativ-symbolischen Perspektive werden Interpretationsprozesse beleuchtet. Hierbei interessiert vor allem die Bildung und Veränderung von gemeinsamen Bedeutungen. Dazu wird die Konversationsstruktur untersucht sowie die Sprache und die rhetorischen Argumente analysiert. Bei der systemisch-interaktionalen Perspektive schließlich geht es um die Erkennung wiederkehrender Verhaltensmuster, d.h. bestimmter Sequenzen in verbalen und nonverbalen Nachrichten. Aus der Kategorisierung der bestehenden Forschungsansätze leiten Putnam und Roloff (1992, S. 7) drei Schlüsselelemente eines kommunikativen Ansatzes zur Verhandlungsforschung ab. (1) Kommunikative Verhandlungsforschung beschäftigt sich mit der Betrachtung der Mikroprozesse von Äußerungen, nonverbalem Verhalten, Sprache, Symbolen und Kanälen. Wiederkehrende Muster innerhalb dieser Mikroprozesse bewirken Veränderungen des Verhandlungsprozesses. (2) Kommunikative Verhandlungsforschung ist nicht statisch ausgerichtet, sondern konzentriert sich auf die dynamischen Faktoren des Verhandlungsprozesses. (3) Ziel kommunikativer Verhandlungsforschung ist das Aufdecken von Bedeutungssystemen aus unterschiedlichen Perspektiven. Herausforderungen kommunikativer Ansätze der Verhandlungsforschung Obwohl der Beitrag der kommunikationsorientierten Perspektive zur Verhandlungsforschung heute unbestritten ist, muss sie mit einigen Schwierigkeiten fertig werden. So können durch die Festlegung des Analyselevels auf die Makroebene Aggregationsfehler auftreten. Dagegen haben Mikroanalysen wiederum den Nachteil, dass sie die Gesamtbetrachtung der Interaktion vernachlässigen (vgl. kommunikatives Paradoxon, Kapitel 2.3.3). Die Kommunikationsforschung beschränkt sich außerdem meist auf die Untersuchung dyadischer Prozesse, die Kommunikation zwischen mehr als zwei Parteien ist selten Gegenstand der Untersuchung. Ein weiterer Mangel ist die Konzentration auf häufig sehr ähnliche Kontexte, insbesondere das geschäftliche Umfeld. Schließlich verursacht auch noch die Verwendung von Kategorienschemata zur Aufgliederung von Aussagen in Sprechakte Probleme, da die Schemata selten standardisiert oder auf ihre Reliabilität und Validität überprüft sind (Chatman et al. 1991, S. 154). Die konkreten Herausforderungen und Probleme, denen die kommunikative Verhandlungsforschung gegenübersteht, sind demnach die Integration verschiedener Analyseebenen, die Reduzierung und/oder Integration der Vielzahl unterschiedlicher abhängiger und unabhängiger Variablen, die Überarbeitung
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idiosynkratischer Kategoriensysteme und die Loslösung von der Abhängigkeit vom Managementkontext. Gleichzeitig liegen die Potenziale der kommunikativen Verhandlungsforschung darin, dass durch die kommunikative Perspektive unerwartete oder inkonsistente Verhandlungsergebnisse erklärt werden können und der Einfluss zahlreicher sozialpsychologischer Effekte bestimmt werden kann. Zudem können Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen verschiedenen Verhandlungskontexten aufgedeckt werden. Kommunikationsorientierte Verhandlungsforschung stellt somit nicht nur den Einschluss unterschiedlicher Kanäle und Variablen in das Forschungsdesign dar, sondern ist vielmehr die Grundlage für das Verstehen des gesamten Verhandlungsprozesses, für die Untersuchung von Verhandlungsinteraktion als System und für die Betrachtung von Mikroelementen und Subtilitäten, die häufig den Verlauf der Verhandlung verändern (ebd., S. 159). Dazu ist es allerdings erforderlich, dass die Verhandlungskommunikation systematisch und als Ganzes in die Betrachtung einbezogen wird. 3.3 Elektronische Verhandlungskommunikation Die Bedeutung des Kommunikationsmediums für Verhandlungen wird schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert untersucht (McGinn & Croson 2004). Die Forschungsergebnisse sind teilweise widersprüchlich, was zur Folge hat, dass bislang noch keine verlässliche Aussage dazu gemacht werden kann, welches Verhandlungsmedium sich für einen bestimmten Kontext am besten eignet. Ein häufig erwähnter, aber selten detailliert belegter Vorteil elektronischer Verhandlungen ist ihre höhere Effektivität und Effizienz (Holsapple et al. 1998, S. 203). Dagegen wird als Nachteil meist die Unpersönlichkeit der Interaktion angeführt. Zur Frage, ob und wie sich die Verwendung elektronischer Technologie auf das Verhandlungsverhalten auswirkt, fasst Thompson (2005, S. 304) zusammen: „Technology can and does shape behaviour at the bargaining table”. Hier sollen zunächst die Auswirkungen elektronischer Verhandlungsmedien auf die Verhandlungskommunikation aus technischer Sicht dargestellt werden, bevor eine genauere Betrachtung empirischer Studien zum elektronischen Verhandlungskommunikationsverhalten erfolgt. Die Auswirkungen werden in Beziehung zu den faktischen, prozeduralen und relationalen Funktionen von Verhandlungskommunikation gesetzt. Dabei wird deutlich, dass die technischen Begebenheiten von den Verhandlungspartnern verlangen, entweder die Beschränkungen zu akzeptieren oder sich den Eigenschaften des Mediums durch spezifische Verhaltensänderung anzupassen.
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3.3.1 Wirkungen des Mediums auf elektronische Verhandlungskommunikation Elektronische Verhandlungskommunikation zeichnet sich (nach der hier verwendeten Definition für elektronische Verhandlungen, vgl. Kapitel 2.2.1) durch eine hohe Bandbreite sowie asynchronen, schriftlichen (textsprachlichen) Austausch aus und kann über unterschiedliche Grade an Verhandlungsunterstützung verfügen. Aus deterministischer Sicht prägen diese Eigenschaften den Verhandlungsprozess. Hohe Bandbreite: Der Austausch von Bedeutungen, Interessen, Präferenzen etc. wird durch eine hohe Bandbreite erleichtert, da sie es erlaubt, zu geringen Kosten mit hoher Geschwindigkeit ein hohes Datenvolumen zu übertragen (Arunachalam & Dilla 1992; McGinn & Croson 2004, S. 344). Das Datenvolumen bei E-Mail-Verhandlungen ist meist auf eine bestimmte Datenmenge je Nachricht (inkl. Anhang, unabhängig von dessen Dateiformat) beschränkt. Insbesondere die rein akademischen Verhandlungsunterstützungssysteme sehen i.d.R. keine Volumenbeschränkungen vor, lassen aber nur selten den Versand zusätzlicher Dateien zu. Trotz des potenziell hohen Datenvolumens verhindert der höhere Aufwand des Verfassens einer elektronischen Nachricht allerdings häufig, dass mehr Informationen ausgetauscht werden als in persönlichen Verhandlungen. Der höhere Erstellungsaufwand kann sich aber auch positiv auswirken, denn er fördert das sachliche Nachdenken über Lösungen und Ideen (Poole et al. 1992). Schriftlichkeit: Der mit der reduzierten Kommunikationsform einhergehende große Interpretationsspielraum des Empfängers erhöht die Anfälligkeit für Sachkonflikte, denn die Etablierung gemeinsamer Bedeutungen erfordert bei schriftlicher Kommunikation höheren Aufwand. Schriftliche Kommunikation hat allerdings den Vorteil, dass selbst komplexe Informationen gut und präzise dargestellt und auch quantitative Informationen leicht vermittelt werden können – beispielsweise können auch mehrere Verhandlungspunkte simultan diskutiert werden. Ausgehend von der systemtheoretischen Sichtweise, dass Kommunikation immer an Kommunikation anschließt, besteht bei schriftlicher und insbesondere bei schriftlich-elektronischer Kommunikation zudem der Vorteil, dass die Kommunikation auch unter Abwesenheit eines der Beteiligten fortgesetzt werden kann (Hohm 2006, S. 22 und 35), da durch die schriftliche Fixierung der ausgetauschten Inhalte eine reibungslose und kontrollierte Anschlusskommunikation möglich ist (ebd., S. 24). Textsprachliche Kommunikation gilt nach den Cues-filtered-out-Ansätzen als unpersönlicher, denn geschriebener Text übermittelt kaum Informationen über die Person des Gegenübers. Auch wenn die Entwicklung gegenseitigen Vertrauens und gemeinsamer Normen dadurch erheblich erschwert wird, erhöht sich durch die automatische Archivierung und Speicherung der Grad der Verbindlichkeit einer Nachricht. Argumentationslinien werden besser nachvollziehbar und auf frühere Aussagen kann leichter Bezug genommen werden, was zu einem Anwachsen des Vertrauens, der Beschleuni-
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gung des Verhandlungsprozesses und schließlich zu höherer Zufriedenheit der Beteiligten führen kann (Lim & Benbasat 1993; Schoop et al. 2003). Anhand der gespeicherten Nachrichten kann außerdem die Reziprozität des Verhandlungspartners jederzeit überprüft werden. Damit übernimmt die Schriftsprache in elektronischen Verhandlungen eine Entlastungs-, Kontrollund Kritikfunktion sowie eine thematische Steuerungsfunktion im Kommunikationssystem (Hohm 2006, S. 24). Die kognitiven Anstrengungen der Teilnehmer (Gedächtnis- und Erinnerungsleistungen) werden reduziert, Fehler können nachträglich belegt oder widerlegt werden und durch direkte Bezugnahme auf vorherige Nachrichten ist ein effizientes Themenmanagement möglich. Die Möglichkeit der Rückverfolgung von Nachrichten und Argumenten kann allerdings auch zur Folge haben, dass die Verhandelnden weniger nachgiebig sind und sich auf ihren Extrempositionen verschanzen. Dies kann erhöhte Abbruchraten und weniger effiziente Verhandlungsergebnisse zur Folge haben. Asynchronität: Die Verhandelnden können sich bei asynchroner Kommunikation nicht gegenseitig unterbrechen, wie bei verbaler oder schriftlichsynchroner Kommunikation (z. B. Chats) – gleichzeitig besteht deshalb auch keine Notwendigkeit, sich Gehör verschaffen zu müssen. Außerdem müssen asynchron Verhandelnde nicht zur selben Zeit verfügbar sein – was insbesondere in Verhandlungen mit Partnern in anderen Zeitzonen von Vorteil ist. Damit wird die Koordination und Strukturierung des Verhandlungsprozesses erleichtert. Auch sind die Anforderungen an die individuelle Verbalisierungsfähigkeit der Verhandelnden bei Asynchronität sehr viel geringer als bei synchroner Kommunikation (Jain & Solomon 2000), da Nachrichten vor dem Versenden noch beliebig oft umformuliert werden können. Asynchronität begünstigt somit eine überlegtere, sorgfältigere Erstellung der Nachrichten. Die Verzögerung des Sendens von Nachrichten kann allerdings auch zur Verlängerung des Einigungsprozesses führen. Zudem hält das Warten auf eine Antwort Verhandelnde davon ab, (Verständnis-)Fragen zu stellen. Dies und das fehlende direkte Feedback können bei asynchronen Verhandlungen Fehlinterpretationen begünstigen und ein häufigeres Auftreten von Missverständnissen zur Folge haben, die schließlich im Abbruch der Verhandlung münden (Nadler 2003). Asynchrone Verhandlungskommunikation zeichnet sich durch mehr private und mehr aufgabenorientierte Information sowie durch einen freundlicheren Kommunikationsstil aus als synchrone Kommunikation (Pesendorfer & Köszegi 2006), da Asynchronität im Falle einer drohenden Eskalation Cooldown-Effekte ermöglicht. Es gibt hierzu jedoch zwei gegensätzliche Sichtweisen (ebd.). Die pessimistische Sicht, die auf der Medienreichhaltigkeitstheorie und der Deindividuationshypothese aufbaut, geht davon aus, dass asynchrone, wenig reichhaltige Kommunikation (wie z. B. über elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme) Konflikte verstärkt eskalieren lässt. Die optimistische Sicht dagegen besagt, dass in elektronischer Verhandlungskommunikation das gleiche Maß an Beziehungsaufbau und sozialer
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Interaktion stattfindet wie in persönlicher Interaktion, da statt auf individuelle auf soziale Kontexthinweise zurückgegriffen wird. Ausmaß der Verhandlungsunterstützung: Elektronische Verhandlungsunterstützung kann sich auf die Verhandlungskommunikation über die kommunikativen Unterstützungsfunktionen, wie beispielsweise das Protokoll oder semantische und pragmatische Anreicherungen auswirken (Schoop et al. 2003). Das Protokoll kann die Strukturiertheit der Kommunikation erhöhen und semiotische Anreicherung kann Missverständnisse reduzieren (beispielsweise durch die Integration einer vorab spezifizierten Verhandlungsagenda in Form einer Ontologie). Zusätzlich kann auch der Aufbau des Systems (z. B. die Verwendung unterschiedlicher Nachrichtenfenster) die Struktur der Kommunikation positiv beeinflussen. Dies spricht für eine erhöhte Effizienz der Kommunikation. Der Einsatz von Verhandlungsunterstützungssystemen hat jedoch den Nachteil, dass die Verhandelnden das System erst erlernen müssen, über das sie verhandeln und sich dabei Widerstand gegen das System aufbauen kann. Zudem konstatieren Poole et al. (1992, S. 53) und Thompson (2005, S. 311) in solchen elektronischen Verhandlungen ein Machtungleichgewicht zugunsten systemerfahrener Verhandelnder. Die beschriebenen Auswirkungen technischer Eigenschaften auf die elektronische Verhandlungskommunikation sind immer vom konkreten Umgang des Nutzers mit dieser Technik abhängig, d.h. vom individuellen Verhalten der Beteiligten. 3.3.2 Kommunikationsverhalten in elektronischen Verhandlungen Vergleichbar zur Aussage der Theorie der sozialen Präsenz (vgl. Kapitel 2.4.2) nehmen McGinn und Croson (2004) an, dass das Kommunikationsmedium die Art und Weise beeinflusst, wie Personen sich gegenseitig wahrnehmen. Die gegenseitige soziale Wahrnehmung bestimmt wiederum das Verhalten der Kommunizierenden bzw. Verhandelnden. Im Gegensatz zur Aussage der Sozialen Präsenz-Theorie ist allerdings nicht das Medium allein für die gegenseitige soziale Wahrnehmung verantwortlich, sondern auch die Art und Weise, in der das Medium genutzt wird. McGinn und Croson unterstellen, dass das Ausmaß gegenseitiger sozialer Wahrnehmung durch unterschiedlichen Umgang mit dem Medium verändert werden kann. So kann beispielsweise nicht davon ausgegangen werden, dass die soziale Wahrnehmung in elektronischen Verhandlungsprozessen per se geringer ist als in der direkten Interaktion. Empirische Studien belegen, dass Verhandelnde ihr Kommunikationsverhalten den Eigenschaften des Mediums anpassen, beispielsweise mehr persönliche Nachrichten austauschen und damit die gegenseitige soziale Wahrnehmung erhöhen (Cornelius & Boos 2003). Die Asynchronität des Kommunikationsprozesses ermöglicht den Beteiligten eine aktive Steuerung der Geschwindigkeit der Interaktion. Durch zeitlich dehnbare Pausen zwischen dem Eingeben und dem Versenden von Informa-
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tionen ist es möglich, Inhalte zu planen, Formulierungen auszutesten, Informationen in Ruhe zu analysieren oder ältere Nachrichten noch einmal einzusehen (Carlson & George 2004). Nutzen Verhandelnde diese Möglichkeit, kann dies zu überlegteren Entscheidungen und besseren Ergebnissen führen. Da zusätzliche non- und paraverbale Hinweise in der elektronischen Kommunikation fehlen, erhalten Form und Inhalt der Kommunikation einen wesentlich höheren Stellenwert als in der persönlichen Interaktion. Eine höhere Formalität der Interaktion kann laut McGinn und Croson (2004) insbesondere in extrem emotionsgeladenen Verhandlungen von Vorteil sein, oder in Verhandlungen, in denen es den Parteien nur um die Maximierung ihres eigenen Gewinns geht. Bazerman et al. (2000) raten sogar von persönlichen Verhandlungen ab, wenn der Verhandlungsfall sehr konfliktär ist. Die geringere Wahrnehmung von Statusunterschieden, verstärkte Stereotypisierung sowie eine objektivere Bewertung und Alternativengenerierung verändert das Sozialverhalten (Thompson 2005, S. 311) und hat auch Auswirkungen auf die inhaltliche Gestaltung von Verhandlungsnachrichten (Vitz & Kite 1970). Der Inhalt der ausgetauschten elektronischen Nachrichten umfasst häufiger Paketangebote, weniger Smalltalk, weniger Informationen und Emotionen, dafür mehr Rationalität und Konfrontation als in persönlichen Verhandlungen, was die Klärung von Sachfragen begünstigt. Zum Thema Beziehungsaufbau bemerken McGinn und Croson 2004, dass, wenn zwischen den Verhandelnden schon Interaktionsbeziehungen bestehen, eine persönliche Verhandlung nicht mehr notwendig ist, sondern die Beziehung auch über elektronischen Austausch erhalten werden kann. Eine Möglichkeit, um Beziehungen in elektronischen Verhandlungen aufzubauen und zu erhalten, ist das Ausdrücken von positiven Emotionen und Vertrauensbeweisen (Pesendorfer et al. 2007). Dieser positive Zusammenhang zwischen Vertrauen und Beziehungen gilt demnach nicht nur für persönliche Verhandlungen (wie z. B. (Bazerman et al. 2001, S. 217; Olekalns et al. 2005, S. 384; Yuan et al. 2003). Emotionen und Vertrauen sind ebenfalls eng miteinander verbunden, beispielsweise wirkt sich das Mitteilen negativer Gefühle negativ auf das Vertrauen aus (Donohue & Ramesh 1992). Vertrauen in elektronischer Interaktion kann dadurch erreicht werden, dass die Verhandelnden sich in ihrer linguistischen Struktur und den sozialemotionalen Konnotationen ihrer Nachrichten einander anpassen. Gleiches gilt auch für das Anpassen der Antwortgeschwindigkeit. Langes Nichtantworten in einer kritischen Phase der Beziehung sagt beispielsweise viel über den Zustand der Beziehung aus. Insgesamt wird Vertrauen somit als ein Prozess und nicht als ein Zustand verstanden (vgl. Schoop et al. 2003). Empirische Studien zeigen, dass Emotionalität im elektronischen Kontext aufgrund des Fehlens nichtsprachlicher Kanäle über Umwege ausgedrückt wird, beispielsweise durch den Gebrauch von Emoticons, sozialen Verben (z. B. „*grins*“) oder „emotes“ (narrative Beschreibung einer Emotion, Riva 2002). In geschäftlichen Verhandlungen treten Emoticons allerdings selten bis gar nicht auf und die Interpretation ihrer Bedeutung weist zudem deutliche individuelle
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Unterschiede auf. Auf das Problem unterschiedlicher Interpretation weisen auch Hartig et al. (1999) hin. Zusätzlich zu positiven Emotionen und Vertrauensbeweisen unterstützt auch der Austausch persönlicher Informationen während der Verhandlung den Beziehungsaufbau. Dieses Verhalten wird häufig mit dem Begriff „Schmoozing“ bezeichnet (Morris et al. 2002; Thompson 2005). Der Verzicht auf Drohungen, positionsorientierte Statements und andere machtbezogene Inhalte ermöglicht außerdem integrativere Lösungen (Fisher et al. 1991). Neben diesen positiven Beispielen lassen sich allerdings in elektronischen Verhandlungen auch oft schädliche Verhaltensweisen erkennen. Ein großes Problem elektronischer Verhandlungen sind die häufig auftretenden irrationalen Verhaltensweisen der Verhandelnden. Sokolova (2006) und Thompson ((2005, S. 304ff) nennen beispielsweise die folgenden: „temporal synchrony bias“: Verhandelnde verhalten sich in einem asynchronen Setting als wäre die Kommunikation synchron, beispielsweise werden Nachrichten nach dem Lesen spontan und direkt beantwortet. Unüberlegtes Formulieren von Nachrichten führt allerdings in elektronischen wie auch in persönlichen Verhandlungen zu Fehlinterpretationen, Missverständnissen und Fehlern (Buddress et al. 2002). „burned bridge bias“: Die Anonymität der Situation begünstigt unverantwortliches (extremes und impulsives, risikofreudiges) Handeln. „squeaky wheel bias“: Aufgrund mangelnden direkten Feedbacks weisen elektronisch Verhandelnde eine Tendenz zu nicht normkonformem Sozialverhalten auf, der Fokus liegt mehr auf Inhalt anstatt auf Etikette. „sinister attribution bias“: Dem Gegenüber werden immer schlechte Absichten unterstellt. Diese kognitiv begründeten, verhaltensmäßigen Verzerrungen haben erhebliche Auswirkungen auf den Verhandlungsverlauf, vor allem auf das Auftreten von Missverständnissen, können aber durch Verhandlungsschulungen behoben werden. Linguistische Vergleiche zwischen elektronischen und traditionellen (persönlichen) Verhandlungen zeigen, dass sich die beiden Verhandlungsformen unerwartet stark ähneln, sowohl in Bezug auf die Reichhaltigkeit des Vokabulars, die Komplexität der Sprache als auch bezüglich der Vorhersagbarkeit des Textes (Sokolova et al. 2006). So wird Sprache in elektronischen wie auch in persönlichen Verhandlungen als Mittel zum Überzeugen, Bedrohen oder Befragen des Verhandlungspartners eingesetzt, oder aber, um das größte „Stück vom Kuchen“ abzubekommen. Die Annahme aus der F2F-Kommunikationsforschung, dass die Sprachmuster des ersten Verhandlungsabschnitts als Indikatoren für das Verhandlungsergebnis gelten, wurde für elektronische Verhandlungen allerdings nicht bestätigt (Sokolova 2006, S. 51 und 184). Zwischen Sprachmustern und Verhandlungsergebnissen sowie zwischen Intensität der Verhandlung, Argumentation, Überzeugung, Substanz und Höflichkeit
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bestehen allerdings auch in der elektronischen Kommunikation enge Zusammenhänge (ebd., S. 105 ff.). Aus verhaltensorientierter Perspektive lässt sich zusammenfassen, dass die Verhandelnden aufgrund des unpersönlicheren Umfelds im elektronischen Kontext teilweise egoistischer und irrationaler handeln. Die Anpassung an das Kommunikationsmedium, beispielsweise in Bezug auf das Ausdrücken von Emotionen oder den Aufbau von Vertrauen, ermöglicht jedoch eine annähernd ebenso reichhaltige Kommunikation wie über persönlichen Kontakt. In Bezug auf die Funktionen und Wirkungen von Kommunikation in Verhandlungen kann aus den angestellten Überlegungen zusammenfassend festgestellt werden, dass die Elektronisierung der Verhandlungskommunikation sowohl Vor- als auch Nachteile bietet, die sich an vielen Stellen die Waage halten (Tabelle 6). Von einer generellen Verbesserung oder Verschlechterung der Kommunikation kann demnach nicht die Rede sein, es kommt vielmehr darauf an, wie die Verhandlungsteilnehmer mit dem Medium umgehen.
Eigenschaften Eigenschaften Mögliche Wirkungen Eigenschaften Mögliche Wirkungen
Relationale Ebene
Prozedurale Ebene
Mögliche Wirkungen
Faktische Ebene
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Tabelle 6:
Positiv Geringe Kosten und hohe Geschwindigkeit des Datenaustauschs Möglichkeit der Umformulierung von Nachrichten Möglichkeit der semantischen und pragmatischen Anreicherung von Nachrichten Gute Darstellbarkeit komplexer und quantitativer Informationen Verstärkte Aufgabenorientierung Mehr Informationsaustausch Überlegtere Inhalte Weniger Missverständnisse Höhere Effektivität
Negativ Hoher Aufwand des Verfassens einer Nachricht Lange Wartezeiten auf Antworten, weniger Verständnisfragen Kein direktes Feedback geringe Reichhaltigkeit/ fehlende soziale und kontextuelle Hinweise
Weniger Informationsaustausch Mehr Missverständnisse Geringere Effektivität und Effizienz Klares Kommunikationsprotokoll Lange Wartezeiten auf (kein Unterbrechen oder Überflu- Antworten ten mit Nachrichten) strukturierte Darstellung von Informationen Reibungslose Anschlusskommunikation aufgrund schriftlicher Fixierung Bessere Koordination des Ver- Verzögerung des Prozeslaufs ses Höhere Strukturiertheit der Kom- Geringere Effizienz munikation Leichtere Bezugnahme, einfacheres Themenmanagement Höhere Effizienz Automatische Archivierung Unpersönlichkeit Reziprozitätsprüfung Verschanzen auf Extrempositionen Cool-down-Effekte Ausgeglichene Beteiligung Selektive Selbstdarstellung Erhöhte Verbindlichkeit Konflikteskalation Mehr Vertrauen Weniger Vertrauen Erhöhte Fairness Beziehungsabbruch Deeskalation Beziehungsaufbau Eigenschaften und Wirkungen von Kommunikation in elektronischen Verhandlungen
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Ob elektronische Verhandlungen kooperativer oder kompetitiver verlaufen als persönliche Kommunikation, hängt ebenfalls nicht primär vom Medium, sondern von den Verhandelnden ab, denn für beide Verhaltensweisen bietet der elektronische Austausch unterstützende Leistungen (Tabelle 7).
Kooperatives Verhalten
Dualität
Begünstigt durch…
Kompetitives Verhalten
Faktische Ebene Bemühen um gegenseitige Verständigung über Sachinhalte
Prozedurale Ebene Effiziente Koordination, Prozessmanagement, Klärung/ Erläuterung von Zusammenhängen Schriftlichkeit und Geringe Kosten Asynchronität und Dauer der (hohe NachvollÜbertragung, ziehbarkeit, gute Wegfall von Terminabsprachen, Darstellbarkeit überlegte Formuder Inhalte) lierungen Zulassen oder Strategische Förderung straProzessverzögetegischer Missrung/ strategiverständnisse sches Themenmanagement Fehlendes Feed- Hohes Datenvoback, Orientielumen, variable Wartezeiten rung an Form und Inhalt
Relationale Ebene Beziehungsaufbau und Beziehungserhalt, Etablierung gemeinsamer Normen Hohe Verbindlichkeit schriftlicher Kommunikation (Vertrauen), objektive Reziprozität
Strategisches Konfliktmanagement, bewusste Konflikteskalation Begünstigt Verschanzen auf durch… Extrempositionen, Unpersönlichkeit, Irrationalität Tabelle 7: Dualität bei elektronischer Verhandlungskommunikation McGinn und Croson (McGinn & Croson 2004, S. 344) fassen zusammen, dass elektronisches Verhandeln unter folgenden Umständen vorteilhaft gegenüber persönlicher Kommunikation ist: Die Verhandlungssituation ist extrem emotionsgeladen. Die Verhandelnden verfolgen einzig und allein das Ziel, ihre eigenen Gewinne zu maximieren. Es bestehen physische Einschränkungen (persönliches Treffen ist nicht möglich). Es sollen neue Verhandlungspartner gewonnen werden. Es bestehen bereits Beziehungen zwischen den Partnern. Die hier angestellten Überlegungen weisen jedoch darauf hin, dass sich auch viele weitere Situationen für den Einsatz elektronischer Verhandlungsmedien, insbesondere über Verhandlungsunterstützungssysteme, eignen. Um konkrete
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Aussagen hinsichtlich der Eignung bestimmter Medien für spezifische Kontexte treffen zu können, ist eine umfassende Analyse von Verhandlungskommunikation notwendig. Im Folgenden werden Methoden beschrieben, mithilfe derer das Kommunikationsverhalten in elektronischen Verhandlungen analysiert werden kann. 3.3.3 Analysemethoden für elektronische Verhandlungskommunikation Kommunikationsverhalten in elektronischen Verhandlungen zu analysieren ist eine vielschichtige Aufgabe. Als quantitative Maße bieten sich neben Anzahl und Länge der Nachrichten beispielsweise die aus dem Inhalt der Nachrichten und den abgegebenen Angeboten abzulesende verfolgte Strategie (distributiv vs. integrativ), der Grad der Emotionalität und die Konzessionsreziprozität an. Neben solchen quantitativen Verfahren werden verstärkt auch qualitative oder kombinierte, qualitativ-quantitative Methoden eingesetzt, bei denen systematische Analysen auf Basis der Verhandlungstranskripte durchgeführt werden. Hierzu bieten sich beispielsweise folgende Methoden an: Die Konversationsanalyse nach Neu (1988, basierend auf Sacks et al. 1974) beruht auf der Annahme, dass sich die Bedeutung einer Aussage aus der Sprachstruktur und dem Inhalt einer Nachricht zusammensetzt. Der Inhalt bezeichnet dabei die linguistischen Verhaltensweisen, die einer bestimmten Funktion dienen (Sprechakte). Die Sprachstruktur dagegen kann auch als „konversationales Management der Abwechslung“ bezeichnet werden und umfasst beispielsweise Reparaturen, Überschneidungen und Pausen zwischen Sprechakten (Neu 1988). Eine Konversationsanalyse eignet sich insbesondere zur Untersuchung von Verhandlungen mit direktem persönlichem Kontakt zwischen den Beteiligten oder für synchrone elektronische Verhandlungen (Chats). Gibbons et al. (1992) wenden die Konversationsanalyse beispielsweise an, um einen Zusammenhang zwischen bestimmten Sprachmustern und Verhandlungsverläufen zu ermitteln. Im Gegensatz zur recht offenen und flexiblen Konversationsanalyse ist die Inhaltsanalyse (Mayring & Brunner 2007; Krippendorff 2004) eine objektive, systematischere Beschreibung von Kommunikationsinhalten. Nach Ansicht von Neu (1988) eignet sie sich nicht für die Analyse von persönlicher Verhandlungskommunikation, da sie beispielsweise die Form oder Struktur der Kommunikation nicht berücksichtigt. Auch interaktionale Aspekte wie Status oder Rollen sowie individuelle Eigenschaften wie Unsicherheit oder Aggressivität können in der Inhaltsanalyse nicht abgebildet werden. Zudem kann die auf textuelle Kommunikation ausgerichtete Inhaltsanalyse den Besonderheiten der gesprochenen Sprache (z. B. unvollständige Sätze, falsche Satzkonstruktionen, Pausen) nicht gerecht werden. Die Inhaltsanalyse hat sich jedoch in der asynchronen elektronischen Verhandlungsanalyse bewährt. Eine detaillierte Beschreibung des Vorgehens liefern beispielsweise Srnka und Köszegi (2007).
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Eine andere Form der kommunikationsorientierten Verhandlungsanalyse stellt die Interaktionsanalyse dar. Ihr Ziel ist es, Verhandlungserfolg vorherzusagen (McGrath 1966). Als kleinste codierbare Einheit gilt hierbei ein „Akt“ (individuelle Handlung einer Person). Die nächstgrößere Einheit ist ein „Interakt“ (Paar aufeinanderfolgender Akte). Zunächst wurde in der Interaktionsanalyse nur die Häufigkeit des Auftretens bestimmter Interakte betrachtet, dann kamen Sequenz- und Musteranalysen, beispielsweise mit Hilfe von Markovketten hinzu (Bednar & Curington 1983). MarkovkettenModelle eignen sich für Sequenz- und Musteranalysen von Verhandlungsstrategien, für die quantitative Untersuchung von Einflüssen des Verhandlungskontextes auf die Verhandlungskommunikation sowie für die Ermittlung der Auswirkung von Kommunikationsprozessen auf die Qualität des Verhandlungsergebnisses (Smith et al. 2005). Untersuchungsgegenstand ist hier allein die Angebotskommunikation. Die Hauptfrage lautet: Wie werden Taktiken eingesetzt und erwidert? Die Markovkettenanalyse unterscheidet dabei zwischen den beiden Haupttaktiken „integrativ“ und „distributiv“. Eine Markovkette erster Ordnung besagt, dass das Verhalten von A durch das direkte Vorgängerverhalten bestimmt wird (A kommuniziert deshalb integrativ, weil B zuvor integrativ kommuniziert hat). Eine Markovkette zweiter Ordnung besagt, dass das Verhalten von A durch das direkte Vorgängerverhalten und durch das eigene vorherige Verhalten bestimmt wird (wenn A distributiv kommuniziert, dann deshalb, weil B zuvor distributiv kommuniziert hat und A selbst davor auch). Die Suche nach solchen Ketten in Verhandlungsdaten ist eine mathematische Aufgabe. Weingart et al. (1999) haben solch eine Markovkettenanalyse an Verhandlungsdaten durchgeführt und konnten damit belegen, dass Verhandelnde mit taktischem Wissen länger integrativ agieren. Ebenso wie die Konversationsanalyse ist die Interaktionsanalyse besonders für die Untersuchung persönlicher oder sonstiger synchroner Formen von Verhandlungen geeignet, da in asynchronen Verhandlungen ein Interakt sehr viele Akte umfassen kann und zwei aufeinanderfolgende Akte nicht unbedingt von verschiedenen Personen ausgeführt sein müssen. Linguistische Analysen wie die von Sokolova et al. (2005) sollen zur Vorhersage und Erklärung des Verhandlungsausgangs durch die Betrachtung der Verhandlungssprache dienen. Dazu werden die Häufigkeit der Verwendung bestimmter Begriffe und damit verbundene Muster analysiert. Es konnte festgestellt werden, dass sich Verhandlungskommunikation im Laufe der Verhandlung verändert und ein enger Zusammenhang zwischen Sprache und Verhandlungsstrategie besteht. Nachteil der rein inhalts- oder transkriptbasierten Betrachtung von Verhandlungskommunikation ist, dass sie sich nur zu ex-post-Analysen eignet und insbesondere die Feststellung der Intentionen des Senders und deren Wirkungen auf den Empfänger einer Nachricht nur in hypothetischer Form zulässt. In Bezug auf die Problematik des letztgenannten Aspekts existiert eine weitere
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Möglichkeit der Analyse von Verhandlungskommunikation: die Erhebung der subjektiven Wahrnehmung der Verhandlungsteilnehmer. Hierbei werden durch Befragungen die subjektiven Empfindungen der Verhandelnden in Bezug auf die Verhandlungskommunikation erhoben und mit verschiedenen Einflussfaktoren korreliert. Schoop et al. (2004) führen eine solche Studie beispielsweise durch, um die Effizienz einer Verhandlung zu bestimmen. Sie erheben die Verständlichkeit der Nachrichten, die Verständlichkeit der Absichten des Kommunikationspartners und des Ergebnisses sowie weiterer Faktoren, die eng an die Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas (1984) angelehnt sind. Bei der Beurteilung der subjektiven Erhebungsmethode plädieren die Autoren für eine gleichzeitige Betrachtung kommunikations- und entscheidungsorientierter Aspekte, da diese nach ihrer Ansicht orthogonal zueinander stehen. 3.4 Zusammenfassung In diesem Kapitel wurde der doppelte Zusammenhang zwischen Verhandlungen und Kommunikation dargestellt. Dieses doppelte Verhältnis impliziert, dass in jeder Kommunikationssituation verhandelt wird (über Bedeutungen, den Kommunikationsverlauf und die Beziehung der Kommunikationspartner zueinander) und gleichzeitig jede Verhandlung auf dem kommunikativen Austausch von Informationen beruht. Hinsichtlich der ersten Beziehungsrichtung wurden Techniken beschrieben, die Bedeutungs-, Verlaufs- und Beziehungsverhandlungen ermöglichen, an Interaktion gebunden und grundlegend für die Reflexivität von Kommunikation sind (Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation). In Bezug auf die zweite Beziehungsrichtung wurden die Funktionen von Kommunikation in Verhandlungen herausgearbeitet sowie ihre Eigenschaften und Wirkungen allgemein und im elektronischen Kontext erörtert. Im Folgenden wird aufbauend auf diesen Analysen ein Ansatz zur Beurteilung der Qualität elektronischer Verhandlungskommunikation entwickelt.
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4 Qualitative Bewertung elektronischer Verhandlungskommunikation Die dieser Arbeit zugrunde liegende Annahme ist, dass die Qualität einer Verhandlung durch die Qualität des vorangegangenen Verhandlungsprozesses determiniert (Cornelius & Boos 2003, S. 152) und dieser Prozess wiederum durch Kommunikation gestaltet wird. Davon ausgehend stellt sich die Frage, was gute Kommunikation – bzw. hohe Kommunikationsqualität – in einer elektronischen Verhandlung auszeichnet. Dieses Kapitel beschreibt, nach einer allgemeinen Darstellung des Qualitätsbegriffes, Möglichkeiten der qualitativen Beurteilung kommunikativer Interaktion. Daran anschließend werden die aus den theoretischen Grundlagen abgeleiteten Implikationen für den hier gewählten Forschungsansatz zur Bestimmung von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen beschrieben. 4.1 Qualitätsmanagement Nach der europäischen Norm EN ISO 9000, welche die DIN ISO 8402 ablöste, stellt Qualität den Grad dar, „in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“ (Pfitzinger 2002, S. 5). Insofern die Anforderungen objektiv und bekannt sind, ist die Ermittlung der Qualitätshöhe in der Regel nicht mit Schwierigkeiten verbunden. Das Ausmaß, zu dem beispielsweise ein Produkt in der Lage ist, eindeutig spezifizierte Anforderungen im Hinblick auf Bruchfestigkeit, Schadstofffreiheit oder Sicherheit zu erfüllen kann mithilfe standardisierter, technischer Verfahren gemessen und überprüft werden (z. B. TÜV, GS etc.). Problematisch ist jedoch, dass die Anforderungen, insbesondere in Bezug auf die Qualität nichtmaterieller Merkmalseinheiten (Prozesse, Leistungen etc.), selten objektiv und bekannt, sondern häufig subjektiv geprägt und zeitlich instabil sind. Die Erfüllung dieser Erfordernisse ist, beispielsweise im Hinblick auf langfristige Kundenbindung, allerdings von hoher Bedeutung. Sind sich die Anforderungen der Anspruchsgruppen sehr ähnlich, können aus den individuell-subjektiven Anforderungen zumindest intersubjektive Gütekriterien entwickelt werden, wie beispielsweise für die Qualität von Dienstleistungen (Zuverlässigkeit, Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit, Erreichbarkeit des Anbieters etc., vgl. Zeithaml et al. 1992). Um ihre Anspruchsgruppen langfristig qualitativ zufrieden zu stellen, müssen Unternehmen nicht nur die Qualität ihres Kernprodukts, sondern die Qualität aller damit verbundenen Prozesse stetig hinterfragen. Damit ist Qualität ein unverzichtbarer Bestandteil erfolgreichen Unternehmertums geworden. Der Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt, steigender Wettbewerbsdruck, ausgelöst durch fortschreitende Internationalisierung der Märkte sowie zunehmende Kundenerwartungen tragen außerdem zur Notwendigkeit bei, Qualität als Managementziel im Unternehmen zu verankern.
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Der Total Quality Management-Ansatz (z. B. Rothlauf 2001) stellt dafür eine umfassende Grundlage dar. Er basiert auf der Annahme, dass nicht nur die Qualität des hergestellten Produkts von Bedeutung ist, sondern dass Qualität ganzheitlich, prozessorientiert und unter Anleitung des Managements im Unternehmen durchgesetzt werden muss, um langfristigen Erfolg zu sichern. Hierbei gilt die Orientierung an den Anforderungen des Kunden als wichtigstes Element. Unter Kunden werden in diesem Ansatz nicht nur Endkunden verstanden. Im Wertschöpfungsprozess wird jedes Mitglied zum Kunden, das Empfänger vorgelagerter Leistungen ist und jeweils spezifische Anforderungen an diese Leistungen hat. Damit ist jedes Mitglied der Wertschöpfungskette (außer dem letzten) dem Oberziel der Qualität verpflichtet. Auch die Qualität der Kommunikation spielt im TQM-Ansatz eine Rolle. Kommunikationsqualität stellt im TQM-Ansatz bei Töpfer (1995) neben Servicequalität eine „Qualität 2. Grades“ und damit eine „Kür“-Disziplin dar. Unter dem Begriff Kommunikationsqualität werden dabei verschiedene kundenseitige Anforderungen an die unternehmensseitige Kontaktperson zusammengefasst, beispielsweise in Bezug auf deren verbales und nonverbales Verhalten. Nach Auffassung von Rampersad (2001) ist Kommunikationsqualität Hauptbestandteil der zweiten Säule (interpersonelle Fähigkeiten) des TQM-Hauses, neben den Säulen Problemlösen, Teamwork und dem Qualitätsverbesserungsprozess. Rampersad formuliert ähnlich wie Töpfer Anforderungen an das Kommunikationsverhalten: gegenseitiges Zuhören, Nachfragen, Ideenbildung, Argumentieren, Klarstellen, Zusammenfassen, Involvieren, Zustimmen und Loben, Feedback geben. Rampersad richtet diese Anforderungen nicht explizit nur an den Anbieter der Leistung oder an den Manager, allerdings ist auch nicht ausdrücklich erwähnt, dass beide Kommunikationspartner gleichermaßen diesen Anforderungen verpflichtet sind. 4.2 Bestehende Ansätze und Konstrukte Die qualitative Beurteilung von (Verhandlungs-)Kommunikation und der damit verbundenen Elemente umfasst bereits ein großes Spektrum unterschiedlichster Ansätze, z. B. Kompetenzansätze, Einzelaspekt-Ansätze oder auch rein theoretische Modelle. Diese werden im Folgenden kurz beschrieben. Kompetenzansätze Ein im Rahmen der Bewertung von Kommunikation häufig mit Qualität in Zusammenhang gebrachter Begriff ist Kompetenz. Kompetenz kann allgemein beschrieben werden als die Fähigkeit oder Eignung einer Person für die Erfüllung einer bestimmten Aufgabe. Erpenbeck (2004) definiert Kompetenz als „Selbstorganisationsdisposition“ und unterscheidet vier Kompetenzklassen: - Personale Kompetenzen - Fachlich-methodische Kompetenzen - Sozial-kommunikative Kompetenzen und - Aktivitäts- und umsetzungsorientierte Kompetenzen.
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Jede Person besitzt eine individuelle und fachspezifische Kombination dieser Kompetenzarten. Bei sozialen Interaktionsprozessen können sich die unterschiedlichen Kompetenzen der Beteiligten positiv ergänzen, aber auch zu Problemen führen. Die Gleichsetzung des Qualitätsbegriffes mit individueller Kompetenz, wie beispielsweise Frommeyer (2003) sie am Beispiel von Kundenbeziehungen vornimmt, ist auch in der Verhandlungsliteratur weit verbreitet (z. B. Berger et al. 2003; Chatman et al. 1991, Fisher et al. 1991). So werden etwa ein relationaler Kommunikationsstil, die Verbalisierung bestimmter Kommunikationsinhalte, Sachorientierung, Debattierfähigkeit oder die Reflexion und Kontrolle der eigenen Emotionen als kompetentes Kommunikationsverhalten gewertet. Ähnliche Anforderungen stellen auch Lewicki und Dineen (2002, S. 288) in ihren „10 Regeln für virtuelles Verhandeln“. Sie fordern von den Verhandelnden beispielsweise Ehrlichkeit, Vertrauen, Normetablierung und Normeinhaltung, angemessene Sprache und Stil. Für elektronische Verhandlungen ist zudem das Konzept von Spitzberg (2006), die CMC-Kompetenz, zu erwähnen. Nach diesem Konzept sollten elektronisch Kommunizierende (CMC) über eine bestimmte Motivation sowie spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, um damit bessere, d.h. effektivere, effizientere und zufriedenstellendere Ergebnisse zu erzielen. Die notwendigen Fähigkeiten umfassen beispielsweise Aufmerksamkeit, Ausdrucksfähigkeit, Strukturierungsfähigkeit und emotionale Kompetenz. Auch Shelby (1994; 1998) verfolgt einen kompetenzorientierten Ansatz. Sie definiert die Kommunikationsqualität einer persönlichen Verhandlung als Angemessenheit der gewählten Verhaltensweisen. Als angemessen gilt eine Verhaltensweise nach Ansicht der Autorin dann, wenn sie zu effektiver und effizienter Kommunikation und damit zur wahrgenommenen Kommunikationsqualität beiträgt. Durch diese Bestimmung wird allerdings die Definition tautologisch: die Höhe der Kommunikationsqualität bestimmt sich aus der Angemessenheit des Verhaltens und angemessen ist ein Verhalten dann, wenn es die Höhe der Kommunikationsqualität bestimmt. Positiv an Shelbys Definition ist jedoch zu vermerken, dass sie die subjektive Komponente (wahrgenommene Qualität) und die Wechselprozesse (Angemessenheit beeinflusst und wird beeinflusst durch Effektivität und Effizienz der Kommunikation) berücksichtigt. Sie betrachtet das Maß für Kommunikationsqualität als die Differenz zwischen den Erwartungen und den Bewertungen eines Senders in Bezug auf technische (Fehlerlevel, das der Empfänger noch bereit ist zu akzeptieren), funktionale (Erfüllung bestimmter Standards) und ästhetische (Präzision, Klarheit, Prägnanz, Objektivität, Vollständigkeit) Kommunikationsprozesse und ergebnisse. Roloff et al. (2003, S. 79 und 120ff) zählen unter dem Stichwort „gute Verhandler“ die drei Faktoren Verstand, Herz und Mut auf. Demnach müssen Verhandelnde, um erfolgreich zu sein, über eine bestimmte Ansammlung individueller Fähigkeiten verfügen: kognitive (Regelkenntnis, Verhandlungsvorbereitung), affektive (Respekt, Perspektivenübernahme, Management von Emo-
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tionen) und konative (klare Sprache, Beziehungsaufbau, Kreativität). Aus diesen Eigenschaften, zusammengefasst in den Faktoren relationale und situative Angemessenheit sowie Kommunikationseffektivität, leiten die Autoren Kommunikationskompetenz ab (ebd., S. 136ff.). Ein Verhandelnder verfügt über hohe Kommunikationskompetenz, wenn er effektiv kommunizieren kann, d.h. sich klar ausdrückt und gute Fragen stellt. Zudem muss er Beziehungen konstruktiv aufbauen können, sensibel gegenüber herrschenden Normen und Werten seiner Umgebung sein, sich gut vorbereiten und versuchen, Probleme kreativ zu lösen. Positiv ist an dieser Definition zu vermerken, dass es bei Roloff et al. nicht nur auf den potenziellen Besitz, sondern auch den konkreten Einsatz der spezifischen individuellen Eigenschaften ankommt. An den Kompetenzansätzen kann jedoch generell kritisiert werden, dass sie davon ausgehen, dass es ausreiche, wenn einer der Verhandelnden über diese Kompetenzen verfügt, damit die Verhandlung „gut“ verläuft. Auch Brandt (1979) oder Spangle und Isenhart (2003, S. 27) weisen ein solches individualistisch geprägtes Verständnis von Kommunikationsqualität bzw. -kompetenz auf. Die Wirkung der Kommunikation auf den Verhandlungspartner und die damit erzielte Verständigung werden nicht berücksichtigt. Varkey et al. (2008) kritisieren an den qualitativen Verhandlungskompetenzansätzen generell, dass diese häufig nicht das situative Bewusstsein, die Kommunikationsfähigkeiten und die Überzeugungs- und Kooperationsfähigkeiten messen, die für erfolgreiches Verhandeln notwendig sind. Berger et al. (2003) untersuchen, ob es ausreicht, einen einzelnen Verhandlungspartner kommunikativ zu schulen. Sie analysieren die Wirkung verschiedener einseitig antrainierter Kommunikationsstile auf das Verhandlungsergebnis. Es stellt sich heraus, dass ein nur von einem einzelnen Verhandlungspartner angewandter (da beherrschter) Kommunikationsstil keine Auswirkungen auf das ökonomische Verhandlungsergebnis hat, allerdings zu höherer Zufriedenheit des nichttrainierten Verhandlungspartners und zu einer generellen Verbesserung der Kooperationsatmosphäre beitragen kann. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass Verhandelnde generell einen Stil wählen sollten, der die Verhandlungsbeziehung verbessert, da sie damit zwar kein höheres ökonomisches, aber ein besseres soziales Ergebnis erreichen. Hierbei drängen sich zwei Fragen auf: Könnte das ökonomische Ergebnis vielleicht verbessert werden, wenn beide Parteien sich für einen solchen Stil entschieden? Und kann ein einzelner Verhandelnder „seinen“ Kommunikationsstil überhaupt beibehalten, wenn der Partner sich weigert, darauf einzugehen? Dass sich nicht nur konstruktives, sondern auch destruktives Verhalten eines der Verhandlungspartner auf die Verhandlung auswirken kann, zeigt sich in einem elektronischen Verhandlungsexperiment mit einem „uniform opponent“ (Köhne et al. 2008a). Eine Gruppe der Teilnehmer verhandelte dabei mit einer Person, die ausschließlich in Form vorgefertigter Nachrichten antwortete, ohne im Geringsten auf die Nachricht des Partners einzugehen. Die erreichten Wer-
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te auf der Ergebnis- und der Beziehungsdimension dieser Paarungen erwiesen sich als signifikant schlechter im Vergleich zur Kontrollgruppe. Nach Ansicht von Wilson und Sabee (2003) gibt es zwei Perspektiven, aus denen Kommunikationskompetenz beurteilt werden kann. Aus der strukturalistischen Perspektive gilt ein Kommunizierender insofern als (absolut) kompetent, als er es beispielsweise schafft, seine Absichten verständlich zu machen, kohärent und kommunikativ normal zu wirken. Aus funktionalistischer Sicht dagegen ist Kommunikationskompetenz ein relatives Konzept. Das bedeutet, die Kommunikationskompetenz einer Person kann immer nur im Vergleich mit anderen Personen beurteilt werden. Aus dieser Sichtweise leiten die Autoren eine interessante Schlussfolgerung ab: Es ist wichtiger, dass Verhandlungspartner über das gleiche Kompetenzniveau verfügen, anstelle eines nur individuell sehr hohen Niveaus von Kommunikationskompetenz. Ähnlich argumentieren auch Spitzberg und Cupach (1989, S. 71). In dieser Arbeit wird ebenfalls eine solche funktionalistische Perspektive eingenommen, diese wird jedoch noch ergänzt. Neben Kompetenzen, über die beide Verhandlungsseiten individuell und in ähnlichem Ausmaß verfügen müssen, werden zusätzlich Ansprüche an die gemeinsamen Fähigkeiten der Verhandelnden gestellt. Inhaltlich verwandte Ansätze Die folgenden Ansätze befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten der sozialen Interaktion zwischen Kommunikationspartnern. Jeder Ansatz weist eine gewisse Überschneidung mit dem hier entwickelten Ansatz auf. Es bedarf daher einer genauen begrifflichen Abgrenzung. Interaktionsqualität: Lischka (2000, S. 117f.) definiert Interaktionsqualität als „Fähigkeit eines Unternehmens […], die Unternehmen-KundeInteraktionen entsprechend den Anforderungen der Kunden an die Individualität der Interaktionen zu gestalten.“ In Kapitel 2.3.1 wurde bereits das wechselseitige Verhältnis von Interaktion und Kommunikation erwähnt. Interaktionsqualität befasst sich nicht nur mit dem (text-)sprachlichen Austausch, sondern mit allen Aspekten einer sozialen Interaktion, beispielsweise auch materiellen Handlungen. Sie geht damit über Kommunikationsqualität hinaus. Das Interaktionskonzept verwendet zum Beispiel Eriksson (1999). Aufbauend auf dem BAT-Modell (Business Action Theory-Modell) untersucht er die Bedeutung von Kommunikation in Geschäftsprozessen. Er stellt fest, dass Geschäftsprozesse nicht ohne Kommunikation stattfinden, aber gleichzeitig auch nicht nur aus Kommunikation bestehen können, da die vereinbarten materiellen Handlungen auch ausgeführt werden müssen. Er definiert, dass Kommunikation (nach dem hier geltenden Begriffsverständnis: Interaktion) dann eine hohe Qualität aufweist, wenn sie bestimmte Eigenschaften besitzt, die zum Aufbau und Erhalt einer Geschäftsbeziehung beitragen und auf gegenseitiger Verständigung und Vertrauen beruhen.
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Informationsqualität: Diese Form der Qualität bezieht sich nur auf die Güte der ausgetauschten Inhalte (syntaktische und semantische Aspekte) und gibt keine Auskunft über die Richtigkeit der Interpretation durch den Empfänger (pragmatische Aspekte). Anderson und Weitz (1992) nennen als Kriterien einer hohen Informationsqualität beispielsweise die Offenheit, Häufigkeit und Zweiseitigkeit des Informationsaustausches. DeMoor und Weigand (2002) verstehen unter Informationsqualität die Integrität, Vollständigkeit, Genauigkeit und Aktualität der ausgetauschten Informationen. Beziehungsqualität: Der Aufbau und Erhalt von Geschäftsbeziehungen ist ein bedeutender Bereich der Marketingforschung und spielt auch im Verhandlungskontext eine wichtige Rolle. Beziehungsqualität umfasst dabei alle Faktoren, welche die Beziehung zwischen Kunde und Anbieter prägen. Hier wird allerdings i.d.R. nur die einseitige Sicht, d.h. ausschließlich die Wahrnehmung auf Kundenseite, erhoben. Lages et al. (2005) entwickeln ein Messinstrument zur Erhebung der Beziehungsqualität in Geschäftsbeziehungen, ein Element dieses Verständnisses von Beziehungsqualität ist Kommunikationsqualität. Diese Auffassung (Kommunikationsqualität als Bestandteil von Beziehungsqualität) deckt sich nicht mit der hier vertretenen Auffassung, wonach Kommunikation neben der relationalen auch noch faktische und prozedurale Funktionen ausübt. Schreibqualität/ Sprachqualität: Die Textverständnisforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie Texte formuliert sein müssen, damit sie verständlich sind. Daraus lassen sich Indikatoren für Sprach- oder Schreibqualität ableiten. Hierbei geht es jedoch – wie bei der Informationsqualität – um formale, d.h. syntaktische und semantische Aspekte. Prozedurale, relationale oder pragmatische Faktoren dagegen bleiben außen vor. Ein Beispiel ist das „Writing Quality“-Konstrukt nach Shelby (1994), welches die Ausarbeitung, den Schreibstil und die eingesetzten Mechaniken analysiert. Sprechqualität/ Rhetorik: Ähnlich wie die Qualität der geschriebenen Sprache kann auch die Qualität der gesprochenen Sprache bestimmt werden. Dies ist die alte Wissenschaft der Rhetorik. Bei dieser Art von Analyse geht es allerdings vor allem um die Beurteilung von Überzeugungs- und weniger von Verständigungsprozessen. Einigungsqualität: Mit dem Konstrukt der „Einigungsqualität“ definieren beispielsweise Spangle und Isenhart (2003, S. 88) nicht die Qualität des Verhandlungsprozesses, sondern die Qualität des Verhandlungsergebnisses. Die Autoren listen auf, welche Inhalte eine Einigung umfassen sollte, damit die Verhandlungsphase problemlos in die Erfüllungsphase übergehen kann. Dienstleistungsqualität/ Servicequalität: Die Qualität von Dienstleistungen beschäftigt sich mit der Bewertung immaterieller Leistungserbringungsprozesse, bei denen die Notwendigkeit der Integration eines externen Faktors (des Kunden) und der Signalisierung der Leistungsfähigkeiten des Anbieters bestehen (vgl. Meffert & Bruhn 2006). Ähnlich wie bei der Interaktionsqualität geht dieser Ansatz über den Ansatz der Kommunikationsqualität
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hinaus, da er nicht nur (vertragliche) Vereinbarungen, sondern auch deren konkrete Umsetzung umfasst. Kommunikationsbewertungsmaße Zusätzlich zu den zuvor beschriebenen Ansätzen, die zwar verwandt aber nicht deckungsgleich mit dem hier geltenden Kommunikationsverständnis sind, existieren auch kommunikationsspezifische Bewertungsansätze. Diese umfassen beispielsweise die Konstrukte Kommunikationseffektivität, Kommunikationseffizienz und Kommunikationsklima. Sie stellen keine Prozess-, sondern Ergebnisdimensionen dar. Problematisch ist außerdem, dass häufig nicht klar definiert wird, was unter den einzelnen Begriffen verstanden wird und ob es sich um abhängige oder unabhängige Variablen handelt. Zudem werden manchmal die Begriffe Effektivität und Effizienz falsch verwendet (z. B. Park 2008). Die Wirkungen eines effektiven kommunikativen Austauschs sind vielfach dokumentiert. So verbessert er die Zusammenarbeit und wird als notwendig erachtet, um komplexe Koordinationserfordernisse – wie sie in Geschäftsverhandlungen bestehen – zu bewältigen (Gelfand et al. 1996; Cornelius & Boos 2003, S. 153). Kommunikationseffektivität wirkt sich zudem erwiesenermaßen positiv auf die Zufriedenheit der Verhandelnden mit dem Verhandlungsergebnis aus (Yuan et al. 2003). Die Definition und Operationalisierung des Kommunikationseffektivitätsbegriffs variiert jedoch sehr stark (Fisher 1978, S. 316). Bente et al. (2008) nennen als Faktoren von Kommunikationseffektivität beispielsweise die Zufriedenheit mit dem Ergebnis, die Klarheit der Nachrichten des Partners, den Eindruck von der Kompetenz des Partners und die Relevanz der Beiträge des Partners. Keough (1992) begreift Kommunikationseffektivität als eine Sammlung von Argumentationsfähigkeiten, die logisches Argumentieren, ausreichendes Anführen von Belegen, Herstellen klarer Bezüge, Veränderung der Meinung des Partners, verständliche Ausdrucksweise und die Anwendung von Überzeugungstechniken umfassen. O’Keefe und McCornack (1987) nehmen den Inhalt der ausgetauschten Nachrichten als Kriterium. Dieser sollte beispielsweise das Kommunikationsziel motivieren, Rücksicht ausdrücken und das eigene Verständnis zeigen). Und Brandt (1979) ermittelt die Effektivität durch direktes Befragen der Beteiligten (z. B. durch Bewertung der Aussage „Diese Person ist ein effektiver Kommunikator“ auf einer einfachen Ordinalskala. Die von Fisher (1978) monierte häufige definitorische Beschränkung der Kommunikationseffektivität auf das Ausmaß der durch Kommunikation erzielten Effekte ist in neueren Ansätzen kaum noch zu finden. Dies ist eine vorteilhafte Entwicklung, da diese Ansätze nicht berücksichtigten, wie und warum bestimmte Effekte erzielt wurden und wann diese gemessen werden sollten. Auch Ansätze, die Kommunikationseffektivität ausschließlich als Ergebnis des Einhaltens bestimmter Kommunikationsregeln oder -standards definieren (O'Keefe & McCornack 1987; Keough 1992), sind kritisch zu beurteilen, da die reine Anwendung oder Einhaltung bestimmter Techniken die Kommunikation
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vielleicht subjektiv angenehmer macht, jedoch nicht das Verstehen ersetzen kann. Außerdem vernachlässigt diese Sichtweise die Komplexität des Prozesses. Eine weitere Auslegungsart von Kommunikationseffektivität ist die der Anpassung an den Kommunikationspartner (Fisher 1978). Die höchste Effektivität wird demnach dann erzielt, wenn eine größtmögliche Anpassung stattgefunden hat. Diese Sichtweise berücksichtigt zwar stärker die Komplexität des Prozesses, jedoch wird dabei nicht bestimmt, ob die Anpassung nur von einem einzelnen oder von beiden Kommunikationspartnern gleichermaßen ausgehen sollte. Zusätzlich wird keine Auskunft darüber gegeben, wie vorgegangen werden sollte, wenn der Kommunikationspartner offensichtlich sehr „schlecht“ kommuniziert (nach dieser Sicht würde auch eine Anpassung an einen schlechten Partner zu optimaler Effektivität führen). Als letzte Variante von Kommunikationseffektivität kann die Angemessenheit von Handlungen als Maß angeführt werden (ebd.). Nach diesem Begriffsverständnis ist Kommunikation effektiv, wenn die kommunikativen Verhaltensweisen einer Person zu denen der anderen Personen im sozialen Umfeld passen. Auch hier ist zu bemängeln, dass nach diesem Verständnis auch „negative“ oder „schlechte“ Kommunikation als effektiv gelten kann. Effizienz bedeutet allgemein eine Minimierung des Aufwands der Beteiligten in Form der von ihnen aufgewendeten Ressourcen (Butler 1999, S. 221; Gallivan & Depledge 2003) bei gleichbleibendem oder feststehendem Ergebnis. Bezogen auf Kommunikation können diese Ressourcen beispielsweise Zeit (Yuan et al. 2003), kognitive Anstrengungen (Clark & Wilkes-Gibbs 1986), finanzielle oder nervliche Belastung sein. Die meisten Definitionen und Operationalisierungen orientieren sich an diesem Begriffsverständnis. Eine Ausnahme stellt Park (2008, S. 90) dar, der drei Anforderungen an effiziente Kommunikatoren formuliert: beim Thema bleiben, die eigene Meinung klar und direkt aussprechen sowie die eigenen Ideen klar ausdrücken, um Missverständnisse zu vermeiden. Diese Faktoren werden von anderen Autoren eher zur Kommunikationseffektivität gezählt. Das Kommunikationsklima kann als Indikator für das Verhandlungsergebnis dienen (Swaab et al. 2002; Spitzberg 2003). Allgemein bezeichnet es die Wahrnehmung der Kommunikationssituation durch die Beteiligten. Insbesondere bei Verhandlungen spielt dabei die Einhaltung bestimmter Regeln und Standards eine entscheidende Rolle. Das Kommunikationsklima wurde bislang hauptsächlich im Kontext intraorganisationaler Kommunikation erforscht (z. B. Harcourt et al. 1991; Jensen 2003). Auch hier variieren die Definitionen und Operationalisierungen. Goldhaber et al. (1978) beispielsweise integrieren den Grad erreichter Verständigung, Vertrauen und Offenheit zwischen Kommunikationspartnern zum Kommunikationsklima. Gray und Laidlaw (2004) dagegen berücksichtigen stärker den organisationalen Kontext, indem sie Kommunikationsklima definieren als das Ausmaß, zu dem Kommunikation die Mitarbeiter motiviert und stimuliert, die Organisationsziele zu erreichen. Für den Kontext von Geschäftsverhandlungen stellt Lawrence (2002) eine Liste von Verhaltensweisen für Verhandelnde zusammen, die zu einem guten Kommunikati-
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onsklima führen sollen. Demnach müssen Verhandlungen geplant und vorbereitet werden, die Teilnehmer sollen versuchen einen Weg zu finden, um die Ziele aller Beteiligten zu erreichen, Teammitglieder sollen als Partner wahrgenommen werden etc. Theoretische Ansätze zur qualitativen Analyse elektronischer Verhandlungskommunikation Während sich die bislang beschriebenen Ansätze mit Verhandlungskommunikation im persönlichen Kontakt beschäftigen, beziehen sich die folgenden zwei Ansätze explizit auf elektronischen Austausch. DeMoor und Weigand (2002, S. 275ff) entwerfen ein semiotisches Modell der Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen. Sie unterscheiden dafür drei Ebenen (Medien-, Informations- und Kommunikationsebene) und definieren für jede Ebene entsprechende Qualitätskriterien. So bestimmt sich die Qualität auf dem Medienlevel etwa aus der Reichhaltigkeit, der Interaktivität, der Verlässlichkeit und Effizienz des eingesetzten Mediums. Auf Informationsebene zählen Integrität, Vollständigkeit, Genauigkeit und Zeit eine Rolle. Leider nennen die Autoren für die Kommunikationsebene nur beispielhaft ein einzelnes Kriterium: kommunikative Rationalität. Da das Modell auf Habermas (1984) aufbaut, kann angenommen werden, dass diese Rationalität im Habermas’schen Sinne zu verstehen ist. Diese ist jedoch in der Realität nicht vollständig erreichbar. Darüberhinaus ist kommunikative Rationalität in Verhandlungen aufgrund deren Dualitätskomponente nicht (immer) gegeben. Fischer (2005, S. 128ff) befasst sich mit den Determinanten für die Qualität computervermittelter (elektronischer) Kommunikation. Für ihn sind vier Faktoren relevant. (1) Die Kompetenz der Beteiligten: Die elektronisch Kommunizierenden müssen ein bestimmtes Vokabular erlernen, um sich verständlich machen zu können. Es handelt sich dabei um eine Art Parasprache. (2) Die Motivation der Beteiligten: Elektronische Kommunikation (bzw. das Formulieren/ Kodieren und Dekodieren einer Nachricht) erfordert erhöhten kognitiven Aufwand. Dadurch ist allerdings auch eine effektivere Kommunikation möglich. (3) Die geltenden sozialen Normen: Die Verwendung expressiver Sprachelemente wird negativ sanktioniert. (4) Die Zeit: Die Vermittlung von Inhalten benötigt mehr Zeit als in persönlicher Kommunikation. Einfacher und schneller funktioniert der Austausch, wenn die Partner sich schon länger kennen und auch zukünftige Transaktionen erwarten. Die von Fischer genannten vier Dimensionen können auf die drei Funktionen von Kommunikation (Kapitel 3.2.1) übertragen werden. Die Kompetenz ist Inhalt der faktischen Ebene, die Motivation und die Normeneinhaltung gehören zur relationalen und die Zeit zur prozeduralen Ebene. Diese Determinanten müssen zwar alle berücksichtigt werden, sie dienen in Fischers Modell allerdings nicht zur Erhebung der Qualitätshöhe von Verhandlungskommunikation, sondern nur der theoretischen Beschreibung.
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4.3 Implikationen und Forschungsansatz Die Vereinbarung und Durchführung einer Transaktion sollte aus Sicht vieler Qualitätsansätze ausschließlich aus einseitiger, meist kundenorientierter Perspektive bewertet werden. Annahme ist: Da der Kunde Käufermacht besitzt, kann ausschließlich er Anforderungen an die Qualität der gesamten sozialen Interaktion stellen und die Erfüllung dieser Anforderungen beurteilen. Verhandlungen sind jedoch nicht durch einseitige, sondern durch wechselseitige Abhängigkeiten geprägt, sowohl in Bezug auf die Erreichbarkeit der individuellen Ziele der Verhandlungspartner (vgl. Definition von Verhandlungen, Kapitel 2.1.1) als auch in Bezug auf den Prozess, der zur Zielerreichung führt. Das Erreichen von Verständigung, als notwendige Grundlage einer Einigung, liegt in der Verantwortung aller Beteiligten. Die Verhandlungspartner beeinflussen sich wechselseitig in ihrem Kommunikationsverhalten (Reflexivität der Kommunikation, Kapitel 2.3.1) und bestimmen somit gemeinsam die Qualität des gesamten Prozesses. Nach diesem Verständnis kann bei einer qualitativen Bewertung eines Verhandlungsprozesses einer einzelnen Person kein unabhängiges Qualitätsniveau zugeordnet werden, sondern das Qualitätsurteil ist immer interaktionsprozessbezogen. Auf Kommunikation übertragen bedeutet dies, dass es nicht möglich ist, einer einzelnen Person generell hohe oder niedrige Kommunikationsqualität zuzuschreiben, sondern nur bezogen auf die Interaktion mit einem bestimmten Partner. Beide Kommunikationspartner stellen – bewusst oder unbewusst – qualitative Anforderungen an diesen Prozess. Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf das individuelle als auch auf das gemeinsame (aufeinander bezogene) Verhalten und die Fähigkeiten beider Partner. Gegenseitige partnerindividuelle Anforderungen wären beispielsweise Sprachbeherrschung oder Sachkenntnis. Anforderungen, die sich auf das gemeinsame Verhalten beziehen, könnten etwa eine nachvollziehbare Prozessstruktur oder eine angenehme Kommunikationsatmosphäre sein. Eine solche interaktionale Sichtweise ist in der bisherigen Forschung zur Kommunikationsqualität, insbesondere im Verhandlungskontext, nicht zu finden. Da Verhandeln zwar individuelle Prozesse (z. B. Kognitionen, Entscheidungen) beinhaltet, aber vor allem auf Interaktion beruht, sollte auch die Forschungsperspektive entsprechend angepasst werden. Für den Kontext der kommunikationsorientierten Bewertung von Geschäftsverhandlungen bedeutet dies beispielsweise: Ein Einkäufer sollte nicht danach beurteilt werden, welches Verhandlungsergebnis er erzielt hat, ohne dass das Verhalten des Verhandlungspartners und die gemeinsame Interaktion berücksichtigt werden. Gelfand et al. (2006, S. 427f) bemängeln an der existierenden Forschung, dass Verhandlungen zwar häufig als relationale Situationen beschrieben werden, aber dennoch in den meisten Studien aus einer arelationalen Sicht betrachtet werden. Anstatt Abhängigkeit, Kooperation und Relationalität einer Verhandlung zu analysieren, werden Autonomie, Wettbewerb und Rationalität betont – was einem Ignorieren der in einer Verhandlung ablaufenden sozialen
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Prozesse gleichkommt. Diese Tendenz zeigt sich auch in den zahlreichen deskriptiv-präskriptiv ausgelegten Studien und Ratgebern (z. B. Fisher et al. 2004; Kunkel et al. 2006). Verhandlungskommunikation wird in dieser Arbeit deshalb als ein interaktiver und interaktionaler Prozess definiert. Während Interaktion das gemeinsame, aufeinander bezogene (soziale) Handeln von Personen beschreibt, geht der Begriff des Interaktionismus auf die Theorie des Symbolischen Interaktionismus (Kapitel 3.1.1) zurück. Nach dieser Theorie wird Verständigung dann erreicht, wenn die Bedeutungsinterpretationen der an der Kommunikation beteiligten Personen stark übereinstimmen (geteilte Bedeutungen). Aus Interaktionssicht reicht es nicht aus, dass Person A (Verhandlungs)Nachrichten sendet und Person B diese empfängt (Clark 1996, S. 252). Die ausgetauschten Nachrichten müssen vielmehr aufeinander abgestimmt werden. Dem Kommunikations- oder Verhandlungsprozess liegt daher kein lineares, sondern ein interaktives („zirkuläres“, Watzlawick et al. 2003, S. 31) Transaktionsmodell zugrunde, das geprägt ist durch gegenseitige Rollenübernahme, Feedback-, Kodierungs- und Dekodierungsprozesse und der Beziehung zum Partner (De Fleur et al. 2005). Kommunikation wird immer als Dialog, nicht als Monolog betrachtet und Rollenübernahme ist die zentrale Handlung eines Kommunizierenden. Die gemeinsame Handlung beim Kommunizieren und Verhandeln stellt damit auch immer mehr dar als die Summe der Einzelhandlungen (Clark 1996, S. 3). Somit ist Verhandlungskommunikation als ein Rückkopplungsprozess zu verstehen, bei dem jeder Kommunikationsbeitrag (kommunikativer Akt) reflexiv kontextgebunden ist (McCarthy & Monk 1994) – d.h. er wird durch die vorhergehenden kommunikativen Akte beeinflusst und beeinflusst die nachfolgenden Akte und damit das Kommunikationsverhalten aller Teilnehmer. Diese Sichtweise ist auch Grundlage des von Watzlawick et al. (2003, S. 22) begründeten pragmatischen Ansatzes der Kommunikation. Danach wäre es logisch falsch, wenn sowohl Person A als auch Person B behaupteten, nur auf das Verhalten des anderen zu reagieren ohne einzusehen, dass sie mit dieser Reaktion den anderen genauso beeinflussen wie er sie (ebd., S. 48). Neben dem Einfluss des Senders auf den Empfänger (Perzipienten) muss auch die „damit untrennbar verbundene Wirkung der Reaktion des Perzipienten auf den Sender“ mitberücksichtigt werden. Der Fokus liegt also auf der „zwischenmenschlichen Sender-Empfänger-Beziehung auf der Basis der Kommunikation“ (ebd., S. 23). Watzlawicks Theorie der Pragmatik begründet sich damit auf die beobachtbaren Wechselwirkungen menschlicher Beziehungen. Das Verhalten oder die Kommunikation einer Person wird nicht isoliert betrachtet, sondern in Abhängigkeit des Verhaltens einer anderen Person dargestellt (Frommeyer 2003, S. 23). Zusätzlich umfasst der Aspekt der Pragmatik aus Sicht der semiotischen Theorie die Übertragung von Intentionen. Es kommt dabei neben der richtigen Interpretation von Bedeutungen (semantischer Aspekt) vor allem auf die richtige Interpretation der Absicht des Senders (Kooperation oder Kompetition) an.
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Dadurch wird eine Berücksichtigung der Dualitätskomponente von Verhandlungskommunikation möglich. Aus diesen Überlegungen ergibt sich für die qualitative Analyse elektronischer Verhandlungskommunikation die Notwendigkeit einer interaktionsorientiertpragmatischen, interaktionalen Perspektive, denn es geht nicht um die Frage, wie ein einzelner Verhandelnder agiert, sondern darum, wie es Verhandlungspartner schaffen, gemeinsam Verständigung über Sachverhalte, Zusammenhänge und geltende Verhaltensnormen zu erlangen. Craig und Tracy (1983, S. 7f) stellen verschiedene Anforderungen an die Analyse interaktionaler Transaktionen. So müssen etwa die gegenseitige Beeinflussung der Kommunikationspartner sowie die sich bei der Interaktion ergebenden sequentiellen und rekursiven Kommunikationsmuster betrachtet werden. Zusätzlich soll dabei auch den kontextuellen und situativen Einflüssen Rechnung getragen werden. Im spezifischen Kontext elektronischer Verhandlungen sind bei der Beurteilung der Kommunikation vor allem deren dualer Charakter, ihre drei Funktionen (faktisch, prozedural und relational) und die medialen Rahmenbedingungen (Asynchronität, Schriftlichkeit) der Interaktionssituation ausschlaggebende Faktoren. Der Umgang der Kommunikationspartner mit und die Anpassung an diese Eigenheiten ist somit ebenfalls Inhalt des hier verfolgten Ansatzes. Der hier verfolgte Forschungsansatz zur Beurteilung der Qualität elektronischer Verhandlungskommunikation orientiert sich demnach an folgenden Anforderungen: 1) Er betrachtet die Verhandlungssituation aus einer interaktiven und interaktionalen Perspektive. 2) Er berücksichtigt die Besonderheiten elektronischer Verhandlungskommunikation (drei Funktionen, dualer Charakter, mediale Rahmenbedingungen). Dabei werden die beschriebenen Qualitätsansätze als Basis verwendet. Aus den beschriebenen Kompetenz- und Bewertungsansätzen lassen sich bereits einige Variablen identifizieren, die auch für den elektronischen Verhandlungskontext von Bedeutung sind. Diese Variablen lassen sich den drei funktionalen Ebenen elektronischer Verhandlungskommunikation zuordnen (Tabelle 8). Bei der Beurteilung der Kommunikationsqualität kommt es nun allerdings nicht auf die potenzielle Verfügbarkeit dieser Eigenschaften an, sondern auf deren tatsächlichen Einsatz und die damit verbundenen (intendierten und verursachten) Wirkungen. Kommunikationsqualität wird somit hier nicht gleichgesetzt mit einem hohen Kompetenzniveau, da dies eine Vernachlässigung der Dualitätskomponente von Verhandlungskommunikation bedeuten würde, sondern mit dem Ausmaß erreichter Verständigung im Hinblick auf die einzelnen Variablen. Dazu wird betrachtet, wie die Verhandlungspartner ihr eigenes Verhalten bzw. das ihres Gegenübers beurteilen und inwiefern diese Urteile der Ver-
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handlungspartner übereinstimmen. Dies geschieht nicht nur aus Sicht eines, sondern aus Sicht beider Verhandlungspartner. Kriterien Sachorientierung, Sprache und Stil, Ausdrucksfähigkeit, Präzision, Klarheit, Prägnanz, Objektivität, Vollständigkeit, Kommunikationseffektivität
Faktische Ebene
Referenzen z. B. Lewicki & Dineen 2002; Chatman et al. 1991; Berger et al. 2003; Spitzberg 2006; Shelby 1998; Wilson & Sabee 2003.
Prozedurale Aufmerksamkeit, StrukturieEbene rungsfähigkeit, gute Fragen, kohärentes Kommunizieren
z. B. Roloff et al. 2003; Wilson & Sabee 2003.
Relationale Ebene
z. B. Shelby 1998; Wilson & Sabee 2003.
Tabelle 8:
Kontrolle der eigenen Emotionen, Ehrlichkeit, Vertrauen, Normetablierung und einhaltung, emotionale Kompetenz, Angemessenheit, Respekt, Beziehungsaufbau, relationale und situative Angemessenheit
Zuordnung der literaturbasierten Variablen
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5 Kommunikationsqualität – Theoretisches Modell Kommunikationsqualität ist in dem hier verfolgten Ansatz gleichbedeutend mit dem Ausmaß erzielter Verständigung zwischen den Verhandlungspartnern. Für jede Funktionsebene von elektronischer Verhandlungskommunikation (faktisch, prozedural, relational) wurde bereits eine bestimmte kommunikative Technik vorgestellt, mit Hilfe derer Verständigung erreicht oder erhöht werden kann: Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation. Alle drei Techniken müssen von beiden Kommunikationspartnern gemeinsam und interaktiv eingesetzt werden, um erfolgreich zu sein. Die Techniken werden nun auf den Kontext elektronischer Verhandlungen übertragen und anschließend in ein theoretisches Modell der Kommunikationsqualität integriert. 5.1 Faktische Ebene: Grounding in elektronischen Verhandlungen Wahrnehmungen, Kognitionen und Kommunikation bestimmen, wie Individuen eine Interaktion interpretieren und selbst darin agieren (Lewicki et al. 2003, S. 147ff). Verzerrungen in der Wahrnehmung haben oft kognitive Verzerrungen zur Folge und gelten als Hauptursache für das Nichterreichen integrativer Einigungen oder das Scheitern von Verhandlungen (Thompson & Hastie 1990; Bazerman & Carroll 1987, S. 267 und 275). Um Wahrnehmungsverzerrungen zu vermeiden, müssen Kommunikationspartner versuchen, die Perspektive ihres Gegenübers einzunehmen und ihre Kognitionen aktiv miteinander abzugleichen, d.h. zu teilen. Erfolgreich werden Kognitionen dann geteilt, wenn keine Wahrnehmungsunterschiede mehr in Bezug auf Verhandlungssituation, -problem und -lösungsmöglichkeiten existieren (Swaab et al. 2004, S. 67). Damit wird aus den individuellen mentalen Modellen ein gemeinsames mentales Modell. Dieses begünstigt produktivere Verhandlungsergebnisse (Swaab et al. 2002) und bessere Zusammenarbeit (van Boven & Thompson 2003). Auch Huber und Lewis (2004) beschreiben die positiven Auswirkungen geteilter mentaler Modelle auf Entscheidungsprozess und Verhandlungsergebnis. Allerdings führen geteilte Kognitionen nicht automatisch zu einer Einigung im Sinne eines Vertragsabschlusses. Verhandelnde können sich auch darüber einig werden, dass sie keine (vertragliche) Einigung erreichen werden. Durch geteilte Kognitionen wird die Erreichung einer Einigung aber erleichtert (Swaab et al. 2004, S. 64). Wird kein gemeinsames mentales Modell gebildet, kann dies sehr negative Folgen für den Verhandlungsverlauf haben (ebd., S. 63ff). Die Bedeutung von Problemen und eventuelle Lösungsmöglichkeiten werden nicht erkannt oder unterschiedlich beurteilt und die Situation wird verschieden wahrgenommen, was ineffiziente Ergebnisse oder sogar den Abbruch der Verhandlung zur Folge haben kann. Ein Beispiel für nicht ausreichenden Wahrnehmungsabgleich beschreiben Fortgang et al. (2003). Sie erläutern, wie Verhandlungen daran scheitern können, dass der sogenannte „spirit of the deal“ nicht übertragen wurde. Auch Wolfe und Murthy (2005, S. 357) schildern die negativen Folgen
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mangelnden geteilten Verständnisses. Demzufolge missinterpretieren Verhandelnde das Verhalten ihres Partners, was eine Reduzierung der Verhandlungsleistung zur Folge haben kann. Erfolgt der Kontakt der Kommunikationspartner ausschließlich elektronisch, so ist die Ableitung von Annahmen über den Kenntnisstand oder Erfahrungshintergrund des Partners und damit die Bildung gemeinsamer mentaler Modelle schwieriger als in der persönlichen Interaktion, da Kontexthinweise fehlen. Die Explizierung (bzw. das explizite Verhandeln) von Bedeutungen ist deshalb wichtiger, insbesondere wenn es, wie in Geschäftsverhandlungen, auf exaktes Verständnis ankommt. Der Groundingansatz eignet sich für die Analyse von Verständigungsprozessen in elektronischen Verhandlungen, da er anwendungsorientiert ist. Er beschreibt detailliert, auf welche Art und Weise gemeinsame mentale Modelle und Vorstellungen in Form von Common Ground generiert werden können und somit Verständigung erreicht werden kann (vgl. Kapitel 3.1.1). Zudem kann Grounding als Grundlage für eine qualitative Beurteilung dienen, indem die beim Grounding entstandenen Kosten betrachtet werden. Der eigentliche Zweck der Schaffung von Common Ground ist die Reduzierung der kommunikativen Anstrengungen, ansatzweise operationalisiert als verschiedene Arten von Groundingkosten (Monk 2003, S. 8), z. B. Erstellungs, Reparatur- oder Formulierungskosten. Es wird der Zusammenhang unterstellt: Je geringer die Kosten, desto höher die Qualität der Kommunikation. Dabei muss jedoch das Ausmaß der zwischen den Verhandelnden erreichten Verständigung berücksichtigt werden, denn geringe Groundingkosten können sowohl ein Zeichen für fehlende Groundinganstrengungen sein, als auch für die Tatsache, dass Grounding nur noch in geringem Umfang notwendig ist, da bereits eine große gemeinsame Verständigungsbasis besteht. Nach Clark und Brennan (1991) wird der Groundingprozess durch acht verschiedene, medial bedingte Eigenschaften beeinflusst: - gleichzeitige Anwesenheit der Teilnehmer - gegenseitige Sichtbarkeit der Teilnehmer - Hörbarkeit der Teilnehmer - Synchronität der Kommunikation - Gleichzeitigkeit von Senden und Empfangen - Sequenzialität des Nachrichtenaustauschs - Nachvollziehbarkeit/ Überprüfbarkeit der Nachrichten - Korrigierbarkeit der Nachrichten Die Annahme dabei ist: Je mehr dieser Eigenschaften das im Verhandlungsprozess verwendete Medium besitzt, desto einfacher (und kostengünstiger) gestaltet sich das Grounding und desto geringer sind die durchschnittlich anfallenden Kosten. Die Argumentation ist dabei vergleichbar mit der Medienreichhaltigkeitstheorie und den Cues-filtered-out-Ansätzen (vgl. Kapitel 2.4.2). Allerdings können Kosten auch durch die Anpassung der Kommunikationsteil-
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nehmer an die Eigenschaften des Mediums reduziert werden, was dem nichtdeterministischen Ansatz entspricht. Elektronische Verhandlungskommunikation verfügt nur über die drei letzten der genannten Eigenschaften. Aufgrund der Schriftlichkeit und Asynchronität können sich die Verhandlungspartner nicht gegenseitig unterbrechen, sie können den Verhandlungsverlauf anhand der gespeicherten Nachrichten jederzeit nachvollziehen und sie können ihre Nachrichten vor dem Absenden korrigieren. Bei einer face-to-face-Verhandlung beispielsweise sind dagegen die anderen fünf Eigenschaften vorherrschend. Die Eigenschaften stehen in direktem Zusammenhang mit dem Vorhandensein und der Generierung von gemeinschaftsbedingtem und persönlichem Common Ground. Vorhandensein von gemeinschaftsbedingtem und persönlichem Common Ground in elektronischen Verhandlungen In elektronischen Verhandlungen ist eine direkte Zuordnung des Verhandlungspartners zu einer bestimmten sozialen Gruppe nicht möglich, da aufgrund des fehlenden auditiven und visuellen Kommunikationskanals keine Hinweise auf die Person des Gegenübers (z. B. Stimmlage, Aussprache, Sprechgeschwindigkeit, Größe, Haut- und Haarfarbe, Kleidung) vorliegen. Gemeinschaftsbedingter Common Ground beruht allerdings auf der gleichen Gruppenzugehörigkeit der Beteiligten und der darauf aufbauenden Ableitung des Kenntnisstands des Gegenübers. Die Bestimmung der Zugehörigkeit des Verhandlungspartners zu einer bestimmten sozialen Gruppe ist in elektronischen Verhandlungen schwieriger und die Zugehörigkeit zur gleichen Gruppe wie sein Gegenüber aufgrund des häufig internationalen Kontextes unwahrscheinlicher als beispielsweise in face-to-face-Verhandlungen. In Bezug auf den zweiten Punkt kann allerdings argumentiert werden, dass die elektronischen Verhandlungspartner auch im internationalen Kontext meist einer gemeinsamen Berufsgruppe oder Branche angehören, mit den dort herrschenden Verhaltens- und Sprachregelungen vertraut sind und somit zumindest ein gewisses Maß an gemeinschaftsbedingtem Common Ground vorhanden ist. Um dem elektronischen Verhandlungspartner die Zuordnung der sozialen Gruppenzugehörigkeit seines Gegenübers zu erleichtern, können die Verhandelnden zu Beginn oder im Laufe des Nachrichtenaustauschs Hinweise auf ihre Person geben (durch indirekte Mittel wie Wortwahl oder Formulierungen oder direkt durch persönliche Informationen). Die Tatsache, dass sich elektronische Verhandlungspartner in der Regel vorab nicht kennen, hat Forscher zu der (empirisch vielfach belegten) Empfehlung veranlasst, dass der elektronischen, unpersönlichen Interaktion eine persönliche Kennenlernphase vorausgehen sollte, in der beispielsweise über ein Telefonat persönliche Informationen ausgetauscht werden („Schmoozing“, Morris et al. 2002; Thompson 2005). Aus Sicht der Groundingtheorie wirkt sich dies doppelt vorteilhaft aus, da somit nicht nur die Bildung eines gemeinschaftsbedingten Common Grounds ermöglicht wird, sondern sich auch der persönliche Common Ground
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erweitert (erste persönliche Erfahrungen mit dem Verhandlungspartner haben dann bereits stattgefunden). Der persönliche (auf gemeinsamen Erfahrungen beruhende) Common Ground kann sich in elektronischen Verhandlungen genau wie in face-to-face-Verhandlungen durch wiederholte Interaktion vergrößern. Generierung von Common Ground in elektronischen Verhandlungen Der im elektronischen Kontext zur Generierung von Common Ground notwendige Aufwand kann mit Hilfe der Groundingkosten ausgedrückt werden. Bei elektronischen Verhandlungen entstehen beispielsweise hohe Formulierungs-, Produktions- und Reparaturkosten, da das schriftliche Verfassen einer Nachricht mit höheren Anstrengungen verbunden ist als eine verbale Formulierung. Aufgrund der höheren Formulierungskosten treten Reparaturkosten allerdings auch seltener auf, denn die Asynchronität elektronischer Kommunikation bietet die Möglichkeit, die Nachrichten vor dem Senden in Bezug auf ihre Verständlichkeit hin zu überprüfen und zu überarbeiten (McCarthy & Monk 1994, S. 45). Grounding kann bei schriftlich-elektronischer Kommunikation auch deshalb kostspielig sein, weil die Verhandelnden neben dem höheren Erstellungsaufwand für ihre Nachrichten zudem Strategien und Techniken entwickeln müssen, wie sie einander das Ausmaß der erzielten Verständigung mitteilen können, um somit die Anwendung des Groundingkriteriums zu ermöglichen. Clark (1996, S. 228f) unterscheidet zwischen vier Bestätigungsklassen mit zunehmendem Grad an Verlässlichkeit: Verständnis behaupten (Empfänger gibt kurze verbale Zustimmung oder zeigt durch Kopfnicken an, dass er meint, den Sender verstanden zu haben) Verständnis voraussetzen (Empfänger setzt so viel eigenes Verständnis voraus, dass er den nächsten relevanten Kommunikationsbeitrag ausführt, also die Kommunikation logisch weiterführt) Verständnis darstellen (Empfänger gibt zu verstehen, dass er einen bestimmten Teil der Nachricht verstanden hat, indem er beispielsweise eine Antwort auf eine Frage gibt) Verständnis veranschaulichen (Empfänger verdeutlicht, was er wie verstanden hat, indem er die Nachricht paraphrasiert oder wiederholt). Die erstgenannte Form ist mit den geringsten Kosten verbunden, ihr Einsatz ist aber im elektronischen Kontext aufgrund der Beschränkung auf den schriftsprachlichen Kanal nicht möglich. Dagegen eignen sich beispielsweise Paraphrasierungen, kurze Zusammenfassungen vorheriger Nachrichteninhalte oder die Vervollständigung von Adjazenzpaaren (z. B. durch Beantwortung einer Frage) zur Bestätigung. Der Wegfall der ersten Bestätigungsklasse ist ein Hinweis dafür, dass die in elektronischen Verhandlungen erreichte Verständigung verlässlicher ist als beispielsweise im verbalen Kontakt, wenngleich sie durch die Notwendigkeit der schriftlichen Explizierung auch mehr Aufwand erfordert.
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Zusammenfassend kann festgestellt werden: Je stärker sich die Verhandlungspartner einander und den Eigenschaften des Mediums anpassen, desto eher ist es ihnen möglich, die beim Grounding entstandenen Kosten zu reduzieren. Kritische Erfolgsvariablen sind hierbei der Austausch von (persönlichen) Informationen, das Nachfragen bei Verständnisproblemen sowie die explizite Bestätigung von eigenem Verständnis, beispielsweise durch Paraphrasierungen, Wiederholungen und Zusammenfassungen vorheriger Äußerungen. 5.2 Prozedurale Ebene: Kohärenz in elektronischen Verhandlungen Elektronische Verhandlungskommunikation behandelt komplexe Themen, die eine umfangreiche aber gleichzeitig auch effiziente Bearbeitung erfordern. Werden wichtige Aspekte oder Themen vergessen, kann dies kostenintensive Nachverhandlungen oder ein Scheitern der Verhandlung zur Folge haben. Gleichzeitig kann sich aber auch eine unstrukturierte Themenbearbeitung, die sich beispielsweise durch hohe Redundanzen auszeichnet, negativ auf Verhandlungsverlauf und -ergebnis auswirken. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Beteiligten den Verhandlungsprozess aktiv gestalten, d.h. ihre Handlungen und Nachrichten koordinieren und Zusammenhänge verdeutlichen. Ziel ist es, Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Nachvollziehbarkeit kann erreicht werden, indem die Verhandlungspartner klare inhaltliche und formale Bezüge zwischen ihren Nachrichten herstellen und sie damit in geordneter und sinnvoller Art und Weise miteinander verknüpfen, wie es der Kohärenzansatz vorsieht. Zudem müssen die Verhandelnden die Bearbeitung der Verhandlungsthemen managen, d.h. auf angesprochene Themen eingehen, neue Themen einbringen und bearbeitete Themen abschließen. In verschiedenen Experimenten wurde das Kohärenzkonstrukt im Kontext elektronischer Kommunikation näher untersucht. Eklundh und Rodriguez (2004) analysierten beispielsweise elektronisch unterstützte Gruppendiskussionen. Sie stellten fest, dass Kohärenz durch explizite, implizite oder externe Bezüge erreicht werden kann. Explizite Bezüge nennen etwa die Identifikationsnummer, das Thema oder den Autor der Nachricht, auf die sie sich beziehen. Implizite Bezüge werden durch die Verwendung von Deixis oder Sequenzierung deutlich und externe Bezüge stellen Referenzen zu Dokumenten und Erfahrungen außerhalb des Systems her. Aus der empirischen Kohärenzforschung im Kontext elektronischer Verhandlungen ist außerdem bekannt, dass Kohärenz mit Hilfe funktionaler und themenspezifischer Techniken hergestellt wird (Köhne et al. 2008a). Funktionale Indikatoren sind beispielsweise Rückbezüge (z. B. Feedback zu vorherigen Nachrichten, Infragestellen bestimmter Aspekte, positive oder negative Reaktionen auf eine bestimmte Nachricht) und Adjazenzpaare. Themenspezifische oder inhaltliche Indikatoren finden sich auf lokaler oder globaler Ebene. Lokale Themenbezüge greifen beispielsweise ein Argument oder ein Thema der di-
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rekten Vorgängernachricht auf. Globale Themenbezüge dagegen weisen einen Bezug zum Oberthema der Verhandlung auf. In der Studie wurde zusätzlich zur allgemeinen Analyse die Kohärenz in unterschiedlichen elektronischen Verhandlungsmedien und die Auswirkungen verschiedener Kohärenzgrade auf die Zufriedenheit der Verhandelnden ermittelt. Dabei stellte sich heraus, dass in unterschiedlichen Medien (E-Mail, Verhandlungsunterstützungssystem) verschiedene Kohärenztechniken zum Einsatz kommen. Insbesondere Rückbezüge treten in der Kommunikation über ein Verhandlungsunterstützungssystem häufiger auf als in der E-Mail-Kommunikation. Diese Beobachtungen werden mit den Funktionen des Verhandlungsunterstützungssystems begründet. Außerdem wurde festgestellt, dass die Zufriedenheit der Verhandelnden unabhängig vom Medium positiv mit dem Ausmaß an Kohärenz korreliert. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass Kohärenz auch als Ausdruck von Respekt gegenüber dem Kommunikationspartner gilt: Nimmt Person A in ihrer Kommunikation Bezug auf die Kommunikation von Person B, beispielsweise durch eine bestimmte emotionale Reaktion oder sachliches Feedback, so bedeutet dies für Person B, dass A ihre Nachricht würdigt. Kohärentes Kommunizieren ist sowohl in synchron wie auch in asynchron geführten Verhandlungen von hoher Bedeutung. In synchronen Verhandlungen kann es zu zeitlichen Überlappungen von Nachrichten kommen. Klare Bezüge können dort das Zuordnen von Argumenten und Entscheidungen erleichtern. Nachrichten, die über asynchrone Medien ausgetauscht werden, sind meist deutlich länger als in synchronen Medien. Die in einer solchen Nachricht angesprochenen Themen und abgegebenen Argumente können vom Verhandlungspartner nur dann richtig interpretiert werden, wenn deutlich herausgestellt wurde, auf welche vorherigen Inhalte sie Bezug nehmen. Zudem verhindert die klare Bezugnahme, dass bereits geklärte Themen mehrfach erneut verhandelt werden. Kohärentes Kommunizieren kann demnach gerade in komplexen Verhandlungen die kognitiven Anstrengungen der Beteiligten senken und durch die Strukturierung des Prozesses effektives und effizientes Verhandeln fördern. Damit kann Kohärenz als Indikator für die Qualität elektronischer Verhandlungskommunikation verwendet werden. Kritische Erfolgsfaktoren sind gegenseitige Bezugnahme (auf Themen, Nachrichten, Argumente), Vervollständigung von Adjazenzpaaren und eine nachvollziehbare Nachrichtenstruktur. 5.3
Relationale Ebene: Relationale Kommunikation in elektronischen Verhandlungen Aus den Ergebnissen deterministischer Studien ist bekannt, dass der Beziehungsaufbau im elektronischen Umfeld schwieriger ist als im persönlichen Kontakt. Hian et al. (2004) weisen allerdings nach, dass die relationale Intimität (als Maß für die Beziehung) bei elektronischer Kommunikation im Laufe der Interaktion wächst und am Ende sogar höher sein kann als bei persönlicher
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Kommunikation. Kommunizierende passen ihr Verhalten also den Gegebenheiten des Mediums an, um den Prozess des Beziehungsaufbaus zu unterstützen (Riva 2002, S. 586; Walther & Burgoon 1992). In Verhandlungen gibt das Ausmaß relationaler Kommunikation Hinweise darauf, ob sich die Verhandelnden auf die Beziehung verlassen können und wie stark sich die Partner für eine Problemlösung einsetzen bzw. zufriedenstellende Ergebnisse erreichen wollen (Donohue & Ramesh 1992). Die relationale Kommunikation nimmt damit eine bedeutende Rolle in der Bestimmung der Qualität von Verhandlungskommunikation ein. Der Schutz der Beziehung kann sogar als eigener Verhandlungspunkt in die Verhandlungsagenda aufgenommen werden (Northcraft & Neale 1991). Relationale Kommunikation ist mit der Herausbildung gemeinsamer Normen und Werte, der Identifikation mit dem Verhandlungspartner sowie der Entwicklung gegenseitigen Vertrauens verbunden. Diese Aspekte werden im Folgenden für den Kontext elektronischer Verhandlungen dargestellt. Eine Schwierigkeit besteht dabei darin, zwischen Ursachen und Wirkungen zu unterscheiden. Hier soll die Trennung anhand von Prozess- und Ergebnisaspekten vorgenommen werden. Die Prozesse, die mit dem Aufbau von Normen, Werten, Identitäten und Vertrauen verbunden sind, stellen die Kommunikationsvariablen (und damit potenzielle Indikatoren für deren Qualität) dar. Das erreichte Ausmaß an gemeinsamen Normen, Werten, einer gemeinsamen Identität und gegenseitigem Vertrauen wird als Ergebnisvariable und damit als relationale Wirkung der Kommunikation verstanden. 5.3.1 Gemeinsame Normen und Werte in elektronischen Verhandlungen Teilnehmer einer sozialen Interaktion verfügen über bestimmte Vorstellungen, was in einer Situation als angemessenes und nichtangemessenes Verhalten gilt, um die eigenen Ziele zu erreichen. Diese individuellen und persönlichen Annahmen werden mit Sitte oder Moral bezeichnet. Daneben existieren zusätzlich Standards dafür, was in einer bestimmten Situation als richtig oder falsch angesehen wird (Ethik10). Wenn Personen in Interaktion treten, schließen sie implizit einen sozialen Vertrag mit ihrem Partner darüber ab, welcher
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Hierbei lassen sich vier Arten unterscheiden (Lewicki et al. 2003, S. 236): - Zweck-Ergebnis-Ethik: alle Verhaltensweisen sind erlaubt, insofern sie zu dem gewünschten Ergebnis führen. - Regel-Ethik: vereinbarte Verhaltensregeln müssen ausnahmslos befolgt werden. - Soziale Verträglichkeits-Ethik: die Gemeinschaft bestimmt, was als moralisch vertretbar gilt - Personalistische Ethik: alle Verhaltensweisen, die mit dem eigenen Gewissen vereinbar sind, sind erlaubt.
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als Maßstab für die Bewertung der sozialen Angemessenheit verschiedener Verhaltensweisen gilt (Berger 2003, S. 267). Gemeinsame Normen, Werte und Standards werden nicht nur mit Hilfe von Kommunikation festgelegt, sondern wirken auch auf diese zurück. Gelfand et al. (1996) stellen fest, dass je unterschiedlicher die Wertvorstellungen der Beteiligten sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie denselben Worten und Verhaltensweisen unterschiedliche Bedeutungen zuschreiben. Auch Shelby (1994, S. 9) sieht in der Aneignung und Anerkennung der Normen und Werte einen entscheidenden Faktor für den Erfolg oder Misserfolg von Kommunikation und De Fleur et al. (2005, S. 171ff) betrachten Unklarheiten über Kommunikationsregeln und -normen als eine Hauptursache von Kommunikationsabbrüchen. Ethische Standards, Normen und Werte sind untrennbar mit Verhandlungen verbunden (Bazerman et al. 2000) und existieren meist als implizite Regeln (Spangle & Isenhart 2003, S. 23). Verhandelnde müssen sich mit ethischem Verhalten auseinandersetzen (Thompson 2005, S. 173; Bazerman et al. 2000), da immer die Gefahr besteht, dass ihr Partner bestimmte Aspekte anders wahrnimmt und einschätzt (z. B. Emotionen, Ehrlichkeit, Reziprozität, Littlejohn & Foss 2005, S. 85; Bazerman et al. 2000). Zudem beurteilen Verhandelnde ihr eigenes Verhalten immer als ethischer als das ihres Gegenübers (Thompson 2005, S. 171). Viele Forscher haben sich bereits mit der Frage angemessener und nicht angemessener kommunikativer Verhaltensweisen in Verhandlungen beschäftigt (z. B. Bazerman et al. 2000; Lewicki et al. 2003, S. 236 und 250; Spangle & Isenhart 2003, S. 172). Dabei zeigt sich, dass sehr viele Grauzonen existieren (Thompson 2005, S. 166ff) und die Grenze zwischen ethisch angemessenem und unangemessenem Verhalten nicht klar gezogen werden kann, sondern vielmehr ein Kontinuum existiert. Ob beispielsweise das Zurückhalten von Informationen, das Angeben falscher Deadlines oder Bestechungsversuche als unethisch gelten, ist abhängig vom Kontext der Verhandlung (Spangle & Isenhart 2003, S. 172). Nur bewusstes Lügen, das dem Verhandlungspartner schadet, wird immer als unethisch empfunden (Thompson 2005, S. 166ff). Meist sind es Gruppen- oder Unternehmensnormen, die festlegen, was in einer bestimmten Verhandlungssituation angemessen ist (Lewicki et al. 2003, S. 268). Für internationale Verhandlungen existieren ethische Richtlinien, die insbesondere auf kulturelle Normenunterschiede hinweisen (ebd., S. 271). Die allgemein in Verhandlungen vorherrschenden Normen sind das Einhalten bestimmter Umgangsformen wie Höflichkeit und Respekt sowie Reziprozität und Fairness (Lewicki & Dineen 2002; Spangle & Isenhart 2003, S. 392).11
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Bei der Betrachtung von Fairness wird deutlich, dass Verbindlichkeit, Höflichkeit und Respekt als Teilbereiche der interaktionalen Fairness angesehen werden können. Reziprozität kann ebenfalls als Teilfaktor von Fairness be-
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Die Norm der Reziprozität ist in Verhandlungen – im Gegensatz zu anderen Normen wie beispielsweise der häufig genannten persönlichen Offenheit oder Selbstoffenbarung (Fisher 1978) – kontextunabhängig gültig. Die Reziprozitätsnorm besagt, dass ein bestimmtes Verhalten eines Verhandlungspartners vom Gegenüber erwidert werden sollte. Aus strategisch-quantitativer Sicht beschreibt reziprokes Verhalten die Angleichung der Konzessionsschritte. Reziprozität kann sich aber auch auf Kommunikationsaspekte beziehen, inhaltlich etwa auf die Offenlegung von Interessen, Fakten oder das Einbringen von Einigungsvorschlägen, prozedural auf Aspekte wie Antwortzeiten oder die Länge eines Kommunikationsbeitrags (in Anlehnung an Spangle & Isenhart 2003, S. 81). Spangle und Isenhart (2003, S. 77) nehmen an, dass der Informationsaustausch zu Beginn einer Verhandlung unter anderem einen Test für die Selbstverpflichtung des Partners zur Reziprozitätsnorm darstellt und damit ein Indikator für dessen Kooperationsbereitschaft ist. Inhaltliche Reziprozität unterliegt in elektronischen Verhandlungen aufgrund der Schriftlichkeit der Kommunikation einer besseren und direkteren Überprüfbarkeit. Ob der Partner die Offenlegung von Informationen oder Interessen erwidert hat, kann anhand der Nachrichtenhistorie leicht nachvollzogen werden. Die Antwortzeit, als ein Indikator für prozedurale Reziprozität, spielt insbesondere in asynchronen Medien eine wichtige Rolle, da dort eine sehr lange Antwortzeit schnell als Zeichen von Unhöflichkeit gewertet wird. Aufgrund der medialen Charakteristika ist anzunehmen, dass die Reziprozitätsnorm in elektronischen Verhandlungen von noch größerer Bedeutung ist als in einer persönlichen Verhandlung. Fairness spielt insbesondere in integrativen Verhandlungen eine sehr wichtige Rolle. Sie erstreckt sich auf drei Dimensionen: distributive, prozedurale und interaktionale Fairness (Bies & Moag 1986). Distributive Fairness bezieht sich auf das Ergebnis einer Verteilung von Gütern oder Ressourcen. Eine faire Verteilung kann durch die richtige Anwendung der vereinbarten Fairness-Regel erreicht werden, d.h. durch prozedurale Fairness. Gängige Fairnessregeln sind beispielsweise die Gleichheitsregel (alle bekommen einen gleich hohen Anteil), die Eigenkapitalregel (der Anteil jedes Beteiligten richtet sich nach dessen geleisteten Beitrag zur Erreichung des Gesamtergebnisses) und die soziale Bedürftigkeitsregel (der Anteil jedes Beteiligten richtet sich nach dessen sozialer Bedürftigkeit, Thompson 2005). Interaktionale Fairness stellt eine kommunikative Dimension dar. Sie bezieht sich auf die Art und Weise, in der verteilt wird bzw. den Umgang miteinander während der Durchführung der Verteilung (Bies 1987; Cohen 1991). Dieser letztgenannte Aspekt wird aufgrund seiner Bedeutung für die Qualität der Kommunikation im Folgenden noch detaillierter dargestellt. trachtet werden. Da Reziprozität sich allerdings auf verschiedene Fairnessdimensionen erstreckt, wird sie hier gesondert dargestellt.
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Welches Verhalten als fair angesehen wird, ist u. a. abhängig vom kulturellen Hintergrund der Verhandelnden und der Art der Verhandlung (Lewicki et al. 2003, S. 296). Zusätzlich nehmen strukturelle Faktoren Einfluss auf die Wahrnehmung und Beurteilung von Fairness, dazu gehören beispielsweise die Anzahl der Verhandlungsparteien, die Verhandlungspunkte oder die Verfahrensregeln. Die Beurteilung distributiver und prozeduraler Fairness hängt entscheidend vom Vergleichsmaßstab ab (Thompson 2005, S. 50). Bei der Verteilung von Gütern oder Ressourcen orientieren sich Verhandelnde eher an einer sozialen als an ihrer individuellen Nutzenfunktion (Thompson 2005, S. 63; Thompson & Loewenstein 1992, S. 177). Das bedeutet, Verhandelnden ist es wichtiger, relativ zu ihrem Verhandlungspartner gleich oder besser abzuschneiden (im Zweifelsfall besser, vgl. Loewenstein et al. 1989, S. 438) als absolut einen hohen Wert zu erzielen. Die Beurteilung interaktionaler Fairness dagegen erfolgt anhand der Kommunikation mit dem Verhandlungspartner. Wenn eine Person vermutet, unfair behandelt worden zu sein, möchte sie die Gründe für den scheinbar erfahrenen Schaden erfahren, damit sie beurteilen kann, ob sie auch wirklich unfair behandelt wurde (Lewicki et al. 2003, S. 295). Die Fairnessbeurteilung ist somit eher das Ergebnis einer Diskussion als das einer Berechnung. Erfolgt keine Begründung oder ist diese in den Augen der betroffenen Person unzureichend, bewertet sie den Prozess als unfair. Dabei wird auch berücksichtigt, welche scheinbare Verantwortlichkeit die Person hat, welche die Ungerechtigkeit begangen hat, wie unerwünscht die Handlung war und zu welchem Ausmaß das Verhalten einem wichtigen Aspekt der persönlichen sozialen Identität des Handelnden widerspricht (Bies 1987, S. 293). Als Argumente oder Begründungen für scheinbare Ungerechtigkeiten werden meist soziale Rechtfertigungen angeführt. Nach Goffman (in Bies 1987, S. 296) sind soziale Rechtfertigungen auch eine notwendige Verhaltensweise, um einen Akteur vor Angriffen auf seine soziale Identität zu schützen. Damit dienen sie einem doppelten Zweck: dem Empfänger als Maß für die Bewertung der scheinbar erfahrenen Ungerechtigkeit und dem Sender als Schutz seiner Persönlichkeit.12 Bies (1987) unterscheidet vier Arten sozialer Rechtfertigungen, die hier bezogen auf den Kontext elektronischer Verhandlungen dargestellt werden. Kausale Rechtfertigungen liefern eine Erklärung, welche die Verantwortlichkeit des Handelnden abschwächt, z. B. wird darauf verwiesen, dass jede andere Person in der gleichen Lage genau so gehandelt hätte. Beispiel: Ein Verhandlungspartner beschwert sich, dass sein Gegenüber auf eine harmlose Nachricht überreagiert hat, z. B. in Form unverhältnismäßiger Drohun12
Viele dieser Accounts weisen einen engen Bezug zum „Framing“ auf (Tversky & Kahneman 1981). Allerdings hat Framing den Zweck, die Interpretation einer Nachricht durch das Bereitstellen eines bestimmten Zusammenhangs, in eine bestimmte Richtung zu lenken. Demnach geht es weniger um den Schutz der eigenen Identität als vielmehr um Überzeugungsprozesse.
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gen oder Beschimpfungen. Als Rechtfertigung (= Abschwächung der Verantwortlichkeit) gibt der Beschuldigte an, dass dieses Verhalten in der Branche eben üblich sei. Ideologische Rechtfertigungen definieren Handlungen oder Ergebnisse um, sodass das infrage gestellte Verhalten nicht länger unmoralisch erscheint, z. B. durch den Bezug auf übergeordnete Ziele. Beispiel: Ein Verhandlungspartner beschwert sich, dass ihm scheinbar grundlos mit Abbruch der Geschäftsbeziehung gedroht wurde, wenn er nicht innerhalb weniger Tage eine Antwort sendet. Die Rechtfertigung seines Partners: Das Unternehmen des Beschuldigten kann nur dann vor dem Konkurs gerettet werden (= übergeordnetes Ziel), wenn die Informationen des Kommunikationspartners schnell zur Verfügung stehen. Referentielle Rechtfertigungen können sich sowohl auf soziale (soziale Referenz) oder zeitliche (temporale Referenz) Aspekte als auch auf die Erwartungen des Kommunikationspartners (aspirative Referenz) beziehen. Sie versuchen, die negativen Folgen einer Handlung durch die Schaffung eines passenden Referenzrahmens vermeintlich abzuschwächen. Beispiel: Ein Verhandlungspartner beschwert sich, weil sein Gegenüber immer sehr lange mit einer Antwort auf sich warten lässt. Der Betroffene rechtfertigt das damit, dass andere noch viel länger warten müssen (= sozial), verspricht, dass es ab sofort besser wird (= temporal) oder verdeutlicht, dass die Erwartungen des Partners an die Antwortzeiten unrealistisch hoch waren (= aspirativ). Büßerische Rechtfertigungen dürften den meisten Personen in der Realität am schwersten fallen. Hier wird die Verantwortlichkeit nicht abgewiesen, sondern übernommen, gleichzeitig wird aber versucht zu verdeutlichen, dass das bemängelte Verhalten nicht repräsentativ ist für die betreffende Person. Beispiel: Ein Verhandlungspartner beschwert sich darüber, dass ein Gegenüber ihm nicht den notwendigen Respekt entgegengebracht und ihn beschimpft hat. Der Betroffene gibt den Sachverhalt zu (= Verantwortungsübernahme), betont jedoch, dass er sich normalerweise (= Verweis auf Nichtrepräsentativität) unter Kontrolle hat und nur in dieser einen Situation überreagiert hat. Soziale Rechtfertigungen senken – unabhängig von ihrer Form – das Aufkommen moralischer Entrüstung. Allerdings wirken sie nicht per se, sondern sind abhängig von der Wahrnehmung ihrer Angemessenheit in Bezug auf Qualität und Quantität (Bies 1987, S. 306). Bies konstatiert einen deutlichen Mangel an Literatur zum Verhältnis von Fairness und Kommunikation. Als Grundlage vieler empirischer Untersuchungen fairer Kommunikation dient heute seine Studie aus dem Jahr 1985, in der er analysiert, was Bewerber auf einen Arbeitsplatz in einem Auswahlgespräch als fair empfinden. Die dabei ermittelten Faktoren Ehrlichkeit, Respekt, Angemessenheit und Notwendigkeit der Begründung sind nach Meinung vieler Autoren auf jeden Kontext übertragbar (Bies & Moag 1986) und auch in der Verhandlungsliteratur sind diese Normen zu finden (z. B. Cohen 1991).
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Der faire Umgang miteinander verliert im elektronischen Kontext nicht an Bedeutung. Allerdings ist beispielsweise die Überprüfbarkeit des Wahrheitsgehalts von Aussagen durch die Beschränkung auf den rein textsprachlichen Kanal deutlich erschwert (hierzu gibt es jedoch auch gegenteilige Ansichten, vgl. Lügen in Verhandlungen, Kapitel 2.4.2). Die Begründung von Aussagen, Forderungen oder Verhaltensweisen mit Hilfe von sozialen Rechtfertigungen wird in elektronischen Verhandlungen nur dadurch behindert, dass das Verfassen einer längeren Nachricht mit viel Aufwand verbunden ist und in asynchronen Medien eine solche Rechtfertigung, wenn sie zu spät erfolgt, nicht mehr als angemessen betrachtet wird. Zusammenfassend kann festgestellt werden: Was letztendlich genau als normkonformes oder angemessenes Verhalten zählt, ist neben sozialen und situativen Einflüssen abhängig vom Kommunikationskanal (Lewicki et al. 2003, S. 174). Allgemein sind Interaktionsnormen in elektronischen Verhandlungen rarer als in der persönlichen Kommunikation (McGinn & Croson 2004, S. 340; Wolfe & Murthy 2005). Dies könnte daran liegen, dass Normen häufig nur implizit existieren und Verhandelnde Schwierigkeiten haben sie zu erkennen, wenn ihnen nur die textsprachliche Kommunikation zur Verfügung steht. Rückschlüsse auf geltende Normen sind insbesondere auch dann schwierig, wenn – wie in elektronischen Verhandlungen möglich – die Verhandlungspartner aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Selbst wenn Normen vorhanden und bekannt sind, begünstigt die höhere Anonymität des elektronischen Umfelds und fehlendes direktes Feedback nicht-normkonformes Verhalten. Die Umsetzung interaktionaler und prozeduraler Reziprozität können sowohl mittels Befragungen als auch anhand inhaltsanalytischer Methoden erhoben werden, beispielsweise durch Ermittlung der Häufigkeit des Auftretens sozialer Rechtfertigungen. Auch die Wahrnehmung der Angemessenheit, Professionalität, Höflichkeit, Freundlichkeit und Ehrlichkeit stellen Indikatoren für die Qualität des Kommunikationsprozesses dar. Die daraus resultierende Bewertung der Fairness des Verhandlungsprozesses ist dagegen eine Ergebnisvariable. 5.3.2 Gemeinsame Identitätsbildung in elektronischen Verhandlungen Die Theorie des symbolischen Interaktionismus nach Mead besagt, dass Kommunikation identitätsbildend wirkt (Mead 1968, Kapitel 3.1.1). Menschen können durch Kommunikation aber nicht nur ihre eigene Identität aufbauen, denn Kommunikation beeinflusst das gegenseitige Preisgeben von Gefühlen, die Zufriedenheit oder die Wahrnehmung von Siegen und Niederlagen und schafft damit auch die Grundlage für eine gemeinsame Identität (Gibbons et al. 1992, S. 171). Das Preisgeben oder Beschreiben von Gefühlen stellt im elektronischen Kontext eine besondere Herausforderung an die Beteiligten dar. Da weder non- noch paraverbale Hinweise übertragen werden, müssen
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Gefühlsregungen verschriftlicht werden – beispielsweise in Form von Emoticons, Emotes oder auch einfachen Satzzeichen (z. B. „!?!?“ für Verwirrung). Eine gemeinsame Identität gilt (zusammen mit gemeinsamen Kognitionen) als Indikator für Verhandlungserfolg (Swaab et al. 2004), da sie die gegenseitige Sympathie und das Selbstwertgefühl der Partner erhöht. Sie unterstützt die Verhandelnden außerdem darin, ihr Verhalten in Bezug auf die gemeinsamen Erwartungen zu koordinieren. Die Chance eines Verhandelnden, ein gutes Ergebnis zu erreichen, hängt demnach von seiner Fähigkeit ab, sich mit dem Partner und der Verhandlung zu identifizieren. Ein Mangel an Identifikation, d.h. Unterschiede in Zielen, Werten und Persönlichkeit führen dagegen zu mehr Konflikten, schlechterer Kommunikation und negativerer Wahrnehmung des Partners (Gelfand et al. 2006, S. 442). Als identitätsbasiertes Prozessmaß, und damit als Indikator für die Qualität der Kommunikation, kann die sprachliche Konvergenz, d.h. die ein- oder gegenseitige Anpassung des Schreibstils, mit Hilfe einer linguistischen Analyse ermittelt werden. Zusätzlich können die Sachlichkeit der Kommunikation sowie ihr wahrgenommener Intimitätsgrad auf subjektiver Ebene ermittelt werden. Die Anpassung des Kommunikations- oder Schreibstils gilt als Ausdruck von Solidarität mit dem Kommunikationspartner (Neu 1988, S. 31) und zeigt den Wunsch an, sich mit ihm zusammenzuschließen (Gibbons et al. 1992, S. 168). Allerdings sind sich Personen ihres Schreibstils oder dessen ihres Partners häufig nicht bewusst (ebd., S. 169) und die Accomodation Theory warnt, dass gegenseitige Anpassung nicht grundsätzlich als positiv empfunden wird, sondern nur dann, wenn sie angemessen erscheint (Littlejohn & Foss 2005). Die Ergebnisvariable „gemeinsame Identifikation“ ist somit nicht nur von der Konvergenz selbst, sondern auch von deren Wahrnehmung durch die Verhandlungspartner (und deren Beurteilung ihrer Angemessenheit) geprägt. 5.3.3 Vertrauen in elektronischen Verhandlungen Vertrauen bezeichnet die Bereitschaft, die Erhöhung der eigenen Verletzbarkeit gegenüber einer Person zu riskieren, deren Verhalten außerhalb der eigenen Kontrolle liegt (Butler 1999, S. 219). Es stellt den wichtigsten Faktor einer funktionierenden Beziehung dar (ebd., S. 221) und ist ein dyadisches Konstrukt (Smith & Barclay 1997), d.h. beide Partner einer Beziehung müssen sich gegenseitig vertrauen, nicht nur einer dem anderen. Problematisch am Vertrauenskonzept ist, dass viele Aspekte gleichzeitig berücksichtigt werden müssen, z. B. Offenheit, Kompetenz, Konsistenz, Diskretion, Loyalität, Ehrlichkeit und Integrität der Beteiligten (Butler 1999). Der Handel hochwertiger und komplexer Güter erfordert Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern, denn Verträge können – nach Argumentation der Transaktionskostentheorie aufgrund beschränkter menschlicher Rationalität und beschränkter Informationsverarbeitungskapazitäten – nie vollständig sein (Coase 1937; Williamson 1975; Williamson 1985). Damit Lücken im Vertrag nicht der Gefahr opportunistischen Ausnutzens durch den Verhandlungspart-
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ner ausgesetzt sind, ist es notwendig, dass die Verhandelnden eine Geschäftsbeziehung auf Basis gegenseitigen Vertrauens zueinander aufbauen. Dies wird nicht über den reinen Austausch von Angeboten erreicht, sondern erfordert entsprechende soziale oder relationale Kommunikation. Da Geschäftsverhandlungen meist zeitlich eng begrenzt sind, müssen die Verhandelnden möglichst schnell ein gewisses Maß gegenseitigen Vertrauens erreichen (Thompson 2005, S. 145). Vertrauen und Kommunikation stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Durch Kommunikation kann Vertrauen aufgebaut, aber auch dezimiert werden. Ein Anstieg des Vertrauens erhöht den Informationsaustausch sowie die Genauigkeit der Kommunikation über Bedürfnisse, Standpunkte und Fakten (Lewicki et al. 2003, S. 138). Es wird also eine sich selbst verstärkende, dynamische Spirale geschaffen, bei der Vertrauen gleichzeitig Voraussetzung und Bedingung ist. Der vertrauensbedingte Anstieg des Informationsaustauschs kann zwar kurzfristig negative Auswirkungen wie etwa steigende Interaktionskosten haben (Butler 1999, S. 232), das durch den erhöhten Informationsaustausch geschaffene Vertrauen gilt aber als langfristig vorteilhaftes Sozialkapital. Vertrauen wird insgesamt nicht als statisches Konstrukt, sondern als Prozessvariable interpretiert (Schoop et al. 2003). Die meisten Verhaltensweisen, die aus Forschungssicht zum Vertrauensaufbau in Verhandlungen beitragen, sind mit der direkten, persönlichen Kommunikation verknüpft und entfallen im elektronischen Kontext: direkte Rede, offenes Verhalten (Gesten), Lächeln und die Nähe der Kommunikationspartner (Pereira de Oliveira Carvalho & Azevedo Sobral 2003). Auch nichtaufgabenbezogene Aktivitäten (z. B. „Schmoozing“, Thompson 2005, S. 317 ff) wirken sich positiv auf die Vertrauensbildung aus. Als negativ dagegen gelten Zeichen von Nervosität, exzessives Lächeln, ein Mangel an Emotionen oder Blickkontakt, sehr leise, ernste oder ruhige Kommunikation (Pereira de Oliveira Carvalho & Azevedo Sobral 2003). Diese Aspekte sind jedoch im elektronischen Kontext nicht von Belang und unterliegen zudem kulturellen Unterschieden. Eine der wenigen Möglichkeiten seitens der Verhandelnden, in einer elektronischen Verhandlung Vertrauen herzustellen, ist kooperatives Verhalten (Druckman et al. 2004). Umgekehrt ist kooperatives Verhalten allerdings nicht an das Vorhandensein von Vertrauen gebunden, da durch Macht Kooperation auch erzwungen werden kann (Butler 1999, S. 230). Auch gegenseitige Verlässlichkeit kann in elektronischen Verhandlungen vertrauensbildend wirken (Smith & Barclay 1997). Wenn elektronisch Verhandelnde sich darauf verlassen können, dass ihr Partner in einer bestimmten Zeitspanne und in erwarteter Art und Weise auf eine bestimmte Nachricht reagiert, fördert dies das gegenseitige Vertrauen. Dazu ist es jedoch notwendig, dass die Verhandelnden willens und in der Lage sind, ihre Gefühle und Reaktionen angemessen und verständlich zu verschriftlichen (zum Thema Emotionen in elektronischen Verhandlungen, vgl. Pesendorfer & Köszegi 2006) sowie die Einschränkung ihrer
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„asynchronen Freiheit“ (beispielsweise durch das Einhalten von Antwortzeiten) hinzunehmen. Schließlich kann auch über das Medium selbst der Vertrauensaufbau gefördert werden, beispielsweise durch die automatische Dokumentation der Verhandlungskommunikation, welche die Nachvollziehbarkeit des Verhandlungsprozesses sichert. Als Indikator für den Vertrauensaufbau während des Verhandlungsprozesses kann die Menge des Informationsaustauschs dienen: Je höher dieser ist, desto mehr Anstrengungen wurden unternommen, Vertrauen aufzubauen. Dieser Indikator ist allerdings sehr kontext- und personenabhängig. Die Wahrnehmung der Verlässlichkeit der Beteiligten während des Prozesses scheint ein geeigneterer Indikator zu sein. Vertrauen als Ergebnis des elektronischen Verhandlungsprozesses kann anhand der Beurteilung der Beteiligten nach Abschluss der Verhandlung erhoben werden. 5.4 Integration: Theoretisches Modell der Kommunikationsqualität Wie die vorangegangenen Kapitel gezeigt haben, besteht das Ziel von Kommunikation in elektronischen Verhandlungen darin, Verständigung über faktische, prozedurale und relationale Aspekte zu erreichen. Die Qualität der Kommunikation bemisst sich deshalb am Ausmaß erreichter gegenseitiger Verständigung auf diesen drei Ebenen. Neben den drei funktionalen Ebenen hat die theoretische Analyse ferner ergeben, dass Verständigung auf den einzelnen Ebenen mittels bestimmter kommunikativer Techniken, die sich aus drei Ansätzen ableiten lassen, erhöht werden kann. Bei den Ansätzen handelt es sich um Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation. Die Techniken müssen für den elektronischen Kontext angepasst und von beiden Verhandlungspartnern A und B eingesetzt werden, Möglichkeiten zur Adaption wurden beschrieben (Kapitel 5.1 bis 5.3). Es ergibt sich das folgende theoretische Grundmodell der Kommunikationsqualität (Abbildung 7):
Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen Verständigung auf faktischer Ebene
Verständigung auf prozeduraler Ebene
Kommunikationstechniken A: Grounding Kohärenz Relationale Komm.
Abbildung 7:
Verständigung auf relationaler Ebene
Kommunikationstechniken B: Grounding Kohärenz Relationale Komm.
Theoretisches Grundmodell der Kommunikationsqualität
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5.4.1 Kommunikationsqualitätsmuster Unter der Annahme, dass die drei Ebenen unabhängig voneinander sind, lässt sich die Kommunikationsqualität einer elektronischen Verhandlung in einem dreidimensionalen Raum abbilden, der von den Dimensionen faktische, prozedurale und relationale Kommunikationsqualität aufgespannt wird (Abbildung 8). Je nach Ausprägung der einzelnen Dimensionen lassen sich daraus verschiedene Kommunikationsqualitätsmuster ableiten. Tabelle 9 beschreibt die Extremausprägungen (bzw. Eckpunkte) des dreidimensionalen Raums. Es ist jedoch anzunehmen, dass die einzelnen Ebenen (bzw. Dimensionen) nicht vollständig unabhängig voneinander sind. Relationale Kommunikationsqualität 7
5
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1
2
3
Prozedurale Kommunikationsqualität
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Faktische Kommunikationsqualität
Abbildung 8:
Kommunikationsqualitätsraum
Der Idealfall wäre eine maximale Ausprägung auf allen Dimensionen. Dies würde einem Höchstmaß an Kommunikationsqualität entsprechen. Kommunikationsqualität ist allerdings kein statisches Maß, sondern kann sich im Laufe der Verhandlung durch Änderungen im strategischen Verhalten und/oder Technikeinsatz verändern, d.h. das Verhandlungspaar kann sich im Kommunikationsqualitätsraum bewegen. Entscheidend ist, welches Ausmaß an Verständigung am Ende der Verhandlung erzielt wurde. Wenn die Verständigung zu Beginn der Verhandlung sehr gering war, jedoch zum Ende der Verhandlung ein hohes Ausmaß erreicht hat, ist dies insgesamt als hohe Kommunikationsqualität zu werten. Die Verhandelnden haben eine gemeinsame Verständigungsbasis geschaffen. Eine Verhandlung, die mit hoher Verständigung begann, bei der jedoch im Verlauf immer mehr (unbeabsichtigte) Missverständnisse auftraten, hat nur eine ge-
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Situation
Fakt. KQ
Proz. KQ
Relat. KQ
ringe Kommunikationsqualität, da keine stabile Verständigungsbasis etabliert wurde.
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Beschreibung
Beispiel
Die Parteien erreichen keinerlei gegenseitige Verständigung. Die ausgetauschten Nachrichten enthalten kaum Argumente oder Erläuterungen. Die Verhandlungspartner nehmen nicht aufeinander Bezug, stellen keine Verständigung über Zusammenhänge her und etablieren keine gemeinsamen Umgangsformen. Forderungen der Gegenseite werden ohne genauere Betrachtung abgelehnt. Die Parteien senden sich ausführliche und detaillierte Nachrichten, allerdings führen sie Monologe anstatt eines Dialogs (keine Bezugnahme), deshalb kostet die Kommunikation sie hohe Anstrengung, Zusammenhänge bleiben unklar. Zusätzlich herrscht eine unangenehme Verhandlungsatmosphäre, da keine Verständigung hinsichtlich geltender Normen stattfindet. Die Parteien können zwar Strukturen und Zusammenhänge nachvollziehen, über genaue Inhalte und deren Bedeutung herrscht allerdings Uneinigkeit. Zudem können leicht Konflikte entstehen, da keine gemeinsamen Normen bestehen. Die Parteien haben keine Verständnis- oder Verständigungsprobleme in Bezug auf Inhalte
Tarifverhandlungen, bei denen die einzelnen Parteien sich beispielsweise nur über die Massenmedien austauschen.
Übernahmeverhandlungen zwischen einem großen und einem kleinen Unternehmen (M&A mit starkem Machtungleichgewicht).
Friedensverhandlungen zwischen verfeindeten Nationen mit sehr unterschiedlichen kulturellen Hintergründen.
Verhandlungen zwischen frisch geschiedenen Eheleuten (oder deren Anwäl-
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5
-
-
+
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+
oder Zusammenhänge. Allerdings haben sie sehr unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf normkonformes Verhalten. Die Parteien erreichen keine Verständigung in Bezug auf Sachinhalte und Zusammenhänge. Sie etablieren jedoch geteilte Normen, beispielsweise in Bezug auf Freundlichkeit und Höflichkeit. Die Parteien erzielen hohe Verständigung in Bezug auf Sachinhalte und Normen, allerdings bleiben ihnen Zusammenhänge größtenteils unklar.
ten) über die Verteilung des Hausrates
Smalltalk (keine Verhandlung)
Verhandlungen zwischen Unternehmen, die bisher selbstständig und in verschiedenen Branchen tätig waren und nun ein Joint Venture gründen wollen. Verhandlungen zwischen Unternehmen, die (aus strategischen oder sonstigen Gründen) Nachverhandlungen erreichen wollen.
In Bezug auf Zusammenhänge und Normen haben die verhandelnden Parteien dieselben Vorstellungen. Allerdings können sie keine Verständigung in Bezug auf Sachinhalte erreichen. 8 + + + Die Parteien sind sich einig da- Ideale Verhandlung rüber, worüber sie verhandeln, wie die einzelnen Verhandlungspunkte zusammenhängen und welches Verhalten als angebracht oder unangebracht gilt. Tabelle 9: Beispiele für Kommunikationsqualitätsmuster
5.4.2 Interne Modellzusammenhänge Die drei beschriebenen Kommunikationstechniken Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation sind in Einsatz und Wirkungen nicht unabhängig voneinander, was zu Wechselwirkungen zwischen den Modellebenen führen kann. Beziehung zwischen Grounding und Kohärenz Grounding wird von (Ellis 1996) neben zeitlicher, räumlicher und thematischer Kohärenz als Indikator kohärenter Kommunikation angesehen. Dass Grounding mit Kohärenz in Verbindung steht, soll hier nicht abgestritten werden. Zweifelhaft ist jedoch, ob Grounding eine notwendige Bedingung von Kohä-
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renz darstellt, da sich die beiden Techniken unterschiedlichen Kommunikationsaspekten widmen, die sich nicht ein-, sondern wechselseitig bedingen: Grounding betont die Konsenskomponente, Kohärenz die Koordinationskomponente von Kommunikation. Anders ausgedrückt: Grounding dient primär der Koordination von Kognitionen, Kohärenz der Koordination von Handlungen (in Anlehnung an Resnick et al. 1991). Der Prozess des Groundings hat durch reziprokes Fragen und Antworten allerdings auch eine stark (handlungs-)koordinierende Wirkung (Berger 2003). Erfolgreiches Grounding ermöglicht es den Beteiligten beispielsweise, Adjazenzpaare richtig zu bilden. Adjazenzpaare sind wiederum ein Indikator für Kohärenz. Somit kann davon ausgegangen werden, dass Grounding Einfluss auf Kohärenz hat. Dies bestätigen auch Littlejohn und Foss (2005, S. 177). Ihnen zufolge führt erst die Konvergenz von Bedeutungen zu Kohärenz. Umgekehrt stellt Grounding jedoch, aufgrund der Notwendigkeit der ständigen Aktualisierung des Common Grounds, kein statisches, sondern ein dynamisches Phänomen dar und bedarf deshalb der Koordination (mittels Kohärenz). Damit wird Kohärenz zur notwendigen Bedingung von Grounding. Zudem ist anzunehmen, dass die Kosten des Groundings durch Kohärenz gesenkt werden können, denn je höher der Zusammenhang zwischen den einzelnen Verhandlungsnachrichten ist, desto geringer ist der Aufwand für die Erweiterung der gemeinsamen Verständigungsbasis.13 Beziehung zwischen Grounding und relationaler Kommunikation Nach Cornelius und Boos (2003) ist Grounding ein Konzept der relationalen Kommunikationsforschung. Diese Meinung wird hier nicht geteilt, da Grounding zwar relationale Aspekte aufweist, die einen engen Zusammenhang nahelegen, Grounding aber auch auf rein sachorientierte, d.h. beziehungsunabhängige Verständigung bezogen sein kann. Wenn bereits eine Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern besteht, dann ist der vorhandene Common Ground – insbesondere der persönliche Common Ground aufgrund der gemeinsamen Erfahrungen – größer als zwi-
13
Eine Verbindung zwischen Kohärenz und Common Ground beschreiben Weigand und De Moor (2004). Sie formulieren Regeln einer rationalen Diskussion (Vermeidung von Wiederholungen, Relevanz des Beitrags, keine internen Widersprüche), deren Befolgung die Kohärenz der Konversation erhöhen soll. In ihrem 3-Boxen-Modell, welches eine Weiterentwicklung des Conversation-forAction-Modells und des Transaction-Process-Modells darstellt, unterscheiden die Autoren die Kommunikationsebenen Prozess, Diskussion und Common Ground. Jede dieser Boxen erlaubt spezifische Handlungen. Der „normale“ Kommunikationsfluss verläuft in der Prozessbox. Bei Verständigungsproblemen wird die Diskussionsbox bemüht und wenn ein Konsens, beispielsweise über die Bedeutung eines bestimmten Begriffs gefunden wurde, wird das Konsensobjekt Element der Common-Ground-Box.
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schen sich unbekannten Personen. Zudem ist davon auszugehen, dass die Beteiligten eher an einer Minimierung der gemeinsamen (Verständigungs-) Anstrengungen bzw. Kosten interessiert sind, wenn bereits eine Beziehung zwischen ihnen besteht. Das Bestehen einer Beziehung erleichtert somit die Bildung einer gemeinsamen Interpretations- und Wissensbasis. Gleichzeitig kann Grounding aber auch zum Aufbau einer Beziehung beitragen, da gemeinsames Wissen die Bildung einer gemeinsamen Identität begünstigt (Swaab et al. 2007). Sender und Empfänger entwickeln mit Hilfe von Grounding eine gemeinsame kommunikative Umwelt, indem sie ihr Wissen, ihre Sichtweisen und andere Informationen aufeinander abstimmen (Berger 2003). So erschaffen sich die Verhandelnden eine Basis für ihre Zusammenarbeit (3C-Ansatz, Denise 1999). Beziehung zwischen relationaler Kommunikation und Kohärenz Relationale Kommunikation bzw. die Beziehung zwischen den Beteiligten und die Kohärenz der Kommunikation beeinflussen sich ebenfalls gegenseitig. Wenn die Kommunikationspartner sich gleichermaßen an geltende Normen und Interaktionsregeln (wie beispielsweise Angemessenheit, Littlejohn & Foss 2005) halten, können sie ihre Kommunikation leichter koordinieren. Umgekehrt erleichtert kohärente Kommunikation den Beziehungsaufbau, da durch Kohärenz selbst Interaktionsnormen wie Reziprozität und Fairness ausgedrückt und Beziehungen gemanagt werden können (Cornelius & Boos 2003). Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation stehen nicht nur in wechselseitiger Beziehung zueinander, sondern beeinflussen sich auch im Hinblick auf ihre Ergebniswirkungen. Beispielsweise stellen Swaab et al. (2004) fest, dass die Möglichkeit, Common Ground zu schaffen und eine gemeinsame Identität zu entwickeln, wichtige Prädiktoren für das Erreichen einer Einigung – und damit für die Effektivität der Verhandlung – sind. Überschneidungen in den allgemeinen Wirkungen der Kommunikationstechniken lassen sich anhand der gängigen Beurteilungskriterien von Verhandlungen (vgl. Kapitel 2.1.2) veranschaulichen. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.
Kohärenz
Grounding
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Effektivität
Effizienz
Zufriedenheit
Durch die Bildung einer gemeinsamen Verständigungsbasis (Common Ground) und die damit verbundene Angleichung der Interpretationen von Begriffen und Sachverhalten kann Grounding die Effektivität der Verhandlung erhöhen, denn das Auftreten von Missverständnissen, die im äußersten Fall zum Verhandlungsabbruch führen können, wird vermindert.
Beim Grounding verfolgen die Kommunikationspartner das Ziel, durch entsprechende Rückmeldungen (Paraphrasierungen, Zusammenfassungen,…) ihre gemeinsamen Verständigungskosten (Groundingkosten) zu minimieren. Somit kann sich Grounding positiv auf die Effizienz der Verhandlung (z. B. in Form von zeitlichem Aufwand) auswirken.
Indem sich die Verhandlungspartner zu Beginn „persönlich“ miteinander bekannt machen (z. B. über den Austausch privater Informationen), erhöhen sie den gemeinschaftsbedingten Common Ground. Dieses Aufbauen von Gemeinsamkeiten schafft soziale Bande und kann die Zufriedenheit der Verhandelnden erhöhen, da die subjektive Involviert-heit der Beteiligten steigt.
Die gegenseitige formale und inhaltliche Bezugnahme während des Kommunikationsprozesses ermöglicht nicht nur, dass Entscheidungen für die Verhandelnden nachvollziehbarer werden, sondern auch, dass aufgetretene Missverständnisse zeitnah geklärt werden können. Somit kann die Effektivität der Verhandlung steigen.
Durch aktive Themenkoordination und Bezugnahme senkt kohärentes Kommunizieren den kognitiven Aufwand der Beteiligten und ermöglicht eine kostengünstigere (oder weniger ressourcenintensive) Bearbeitung der Verhandlungsthemen, d.h. eine höhere Effizienz.
Die Bezugnahme auf und die Anpassung an Äußerungen oder Nachrichten des Partners ist ein Zeichen gegenseitiger Respektsbekundung und kann zu höherer Zufriedenheit der Beteiligten beitragen.
Rel. Kommunikation
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Relationale Kommunikation umfasst unter anderem die Bereitstellung von Hintergrundinformationen. Dadurch können integrative Potenziale aufgedeckt und die Effektivität der Verhandlung erhöht werden.
Wenn die Verhandelnden angemessen, fair und reziprok agieren, impliziert dies die Einhaltung bestimmter Interaktionsregeln. Damit steigt die Effizienz der Verhandlung.
Tabelle 10: Wirkungen der Kommunikationstechniken
Mit Hilfe relationaler Kommunikation können die Verhandlungspartner sich gegenseitig ihre Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit demonstrieren und somit die beidseitige Zufriedenheit steigern.
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6 Empirische Modellspezifikation In Kapitel 5 wurde die Entwicklung eines theoretischen Modells von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen beschrieben. Kommunikationsqualität wurde definiert als Ausmaß erreichter Verständigung auf faktischer, prozeduraler und relationaler Ebene. Um das Ausmaß der in einer Verhandlung erreichten Verständigung zu erheben, könnten Recall-Analysen (vgl. Kapitel 3.1.1) durchgeführt und die Übereinstimmung der Antworten der Befragten hinsichtlich faktischer, prozeduraler und relationaler Aspekte als Qualitätsmaß verwendet werden. Allerdings ist ein solches Vorgehen wenig praktikabel: Die Analysen müssten immer auf den spezifischen Verhandlungskontext (etwa auf die verhandelten Objekte und die Anzahl und Art der Verhandlungspunkte) angepasst werden. Zudem ist das Ausmaß der Übereinstimmung bei offenen textuellen Antworten, wie sie bei Recall-Befragungen meist vorliegen, nur schwer zu bestimmen. Deshalb wird eine andere Methode gewählt. Mittels Befragungen von Teilnehmern eines Verhandlungsexperiments und Praktikern wird ermittelt, welche verhandlungsobjektunabhängigen Variablen für die Beteiligten einer elektronischen Verhandlung von Bedeutung sind – ähnlich wie in den Kompetenzansätzen. Das Variablenset wird mittels statistischer Verfahren auf Eignung und Struktur getestet und stellt die Grundlage für die Entwicklung eines Messinstruments für Kommunikationsqualität dar, die im siebten Kapitel beschrieben wird. 6.1 Experimentalsettings: Verhandlungsstudien mit Negoisst Die in den folgenden Abschnitten beschriebenen empirischen Studien beziehen sich – sofern nicht anders angegeben – auf Experimente mit Studierenden der Universität Hohenheim und verschiedener Partneruniversitäten. Bei diesen Experimenten verhandeln die Teilnehmer anonym und schriftlich mit Hilfe des elektronischen Verhandlungsunterstützungssystems Negoisst (vgl. Kapitel 2.2.2) über einen Zeitraum von ca. 14 Tagen über eine fiktive Fallstudie. Negoisst wurde ausgewählt, da dieses System als einziges neben der Entscheidungs- auch eine umfassende Kommunikationsunterstützungskomponente beinhaltet und diese beiden Komponenten integriert (Schoop & Quix 2001; Schoop et al. 2003). Dadurch wird es der Komplexität elektronischer Verhandlungsprozesse am ehesten gerecht. Da Negoisst darüberhinaus ein webbasiertes System ist, benötigen die Teilnehmer nur einen Internetanschluss und einen Standardbrowser. Die Verhandelnden werden vor Beginn des Experiments in einer Einführungsveranstaltung theoretisch und praktisch geschult. Anschließend erhalten sie ihre Fallstudieninformationen und Zugangsdaten zum Verhandlungssystem. Die Fallstudieninformationen umfassen sowohl eine allgemeine Beschreibung des Verhandlungsszenarios als auch eine konkrete Beschreibung der Rolle, die der entsprechende Verhandlungsteilnehmer einnehmen soll sowie eine (je nach Experiment unterschiedlich detaillierte) Beschreibung der rollenspezifi-
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schen Verhandlungsziele und Präferenzen in Bezug auf die einzelnen Verhandlungspunkte. Die Fallstudien orientieren sich i.d.R. an aktuellen Geschehnissen, wie z. B. der Einführung eines neuen Mobilfunkgerätes auf dem europäischen Markt, der Gründung eines Joint Ventures zwischen einem Automobilunternehmen und einer Technologiefirma oder der Vergabe eines Bankkredits an einen Automobilhersteller. Die Anzahl der Verhandlungspunkte variiert je nach Fallstudie ebenso wie die Konflikthaftigkeit der Präferenzen. Die Verhandlungspunkte können numerischer oder kategorieller Natur sein. Die Nutzer können vor Beginn einer Verhandlung und theoretisch auch zu jedem beliebigen späteren Zeitpunkt ihre Präferenzen für die einzelnen Verhandlungspunkte eingeben und verändern (Abbildung 9). Eine Änderung der Präferenzen nach Beginn der Verhandlung wurde in den hier beschriebenen Experimenten jedoch aus Gründen der Ergebnisvergleichbarkeit untersagt. Aus den Präferenzeingaben berechnet das System eine individuelle, linearadditive Nutzenfunktion, auf deren Basis die Güte der einzelnen Angebote und Gegenangebote beurteilt wird.
Abbildung 9:
Präferenzeingabe in Negoisst
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Die Anzeige der Nutzenwerte je Nachricht erfolgt in numerischer und grafischer Form (Abbildung 10 und 11) im Rahmen der Nachrichtenübersicht. Eine Besonderheit von Negoisst ist, dass auch teilspezifizierte Angebote bewertet werden können (in Form einer Nutzenspanne) und Verhandlungsattribute jederzeit hinzugefügt werden können (auch diese Funktion wurde in den hier beschriebenen Experimenten aus Gründen der Vergleichbarkeit deaktiviert).
Abbildung 10:
Nachrichtenübersicht mit numerischen Nutzenwerten in Negoisst
Abbildung 11:
Nutzenverlaufsgraphen in Negoisst
Die Kommunikationsunterstützung in Negoisst baut auf der Sprechakttheorie nach Searle (1969) und der Theorie des kommunikativen Handelns nach Habermas (1984) auf (vgl. Kapitel 2.3.2). Mit ihrer Hilfe soll die Kommunikation strukturiert, aber gleichzeitig in ihrer Flexibilität nur so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Dies geschieht über ein strikt alternierendes Kommunikationsprotokoll (d.h. die Verhandelnden können nur abwechselnd Nachrichten
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versenden) sowie eine semantische und pragmatische Anreicherung der Textnachrichten. Die Notwendigkeit der Anreicherung von Nachrichten beruht einerseits auf der Tatsache, dass elektronische Kommunikation kanalreduziert und deshalb anfälliger für Missverständnisse ist (vgl. Kapitel 2.4.2) und andererseits auf der theoretischen Annahme, dass jede Äußerung unmittelbare Auswirkungen auf die objektive, normative und subjektive Welt hat und deshalb die Verständigung zwischen Sender und Empfänger von entscheidender Bedeutung ist. Verständigung zwischen Sender und Empfänger besteht nur dann, wenn Absicht (pragmatische Ebene der Semiotik) und Bedeutungsinhalt (semantische Ebene der Semiotik) der gesendeten Nachricht vom Empfänger verstanden wurden. Die pragmatische Anreicherung sieht vor, dass der Verfasser einer Nachricht deren Zweck (d.h. seine Absicht oder die dahinterstehende illokutionäre Kraft, Searle 1969) immer expliziert. Das bedeutet, dass er durch die Auswahl eines „Aktionstyps“ angibt, wie seine Nachricht verstanden werden soll (als formelles Angebot, informelle Anfrage, finales Akzeptieren, finales Ablehnen o.ä., Abbildung 12). Somit ist es den Verhandelnden möglich, die Verbindlichkeit gesendeter Nachrichten eindeutig festzulegen. Diese Funktionalität wurde aus Anforderungen der Praxis abgeleitet. Es zeigte sich, dass viele Einigungen in Verhandlungen in informeller Runde getroffen werden, schriftliche Kommunikation hat aber einen hohen Verbindlichkeitscharakter. Durch die Einführung von Aktionstypen besteht in Negoisst die Möglichkeit, rechtlich unverbindlich zu kommunizieren.
Abbildung 12:
Pragmatische Anreicherung in Negoisst
Um Missverständnisse in Bezug auf die Bedeutung (Semantik) der Verhandlungspunkte auszuschließen, werden die Verhandlungspunkte vor Beginn der Verhandlung von einem der Verhandelnden im System angelegt und dabei formal definiert. Die einzelnen Verhandlungspunkte können außerdem kategorisiert und hierarchisiert werden. Die gesamte Verhandlungsagenda steht dann in Form einer Ontologie zur Verfügung (Abbildung 13) und wird als Verhandlungsagenda neben dem Freitext-Nachrichtenfeld angezeigt.
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Abbildung 13:
Beispiel einer Ontologie in Negoisst
Wenn ein Verhandelnder in einer Nachricht einen oder mehrere der Verhandlungspunkte ansprechen möchte, kann er diese(n) in der Agenda anwählen und mit Werten versehen. Die eingegebenen Werte gehen in die Nutzenberechnung der Entscheidungsunterstützung ein. Zusätzlich kann der Verhandlungspunkt mit dem eingegebenen Wert in den Freitext eingefügt und mit Argumenten versehen werden (Abbildung 14). Änderungen in der Agenda haben automatische Änderungen im Freitextfeld zur Folge, Angebots- und Nichtangebotskommunikation sind somit weitgehend konsistent. Die semantische Anreicherung hat den weiteren Vorteil, dass das System aus jeder Nachricht automatisch eine aktuelle Vertragsversion erstellen kann. Von den Teilnehmern an Verhandlungsexperimenten mit Negoisst wird gefordert, dass sie die Verhandlung innerhalb des vorgegebenen Verhandlungszeitraums beenden. Allerdings werden sie nicht zu einer Einigung gezwungen. Die Beendigung der Verhandlung mit einer Nicht-Einigung gilt ebenfalls als legitimes Ergebnis. Während des gesamten Prozesses agiert das System (bzw. der Serverbetreiber) als vertrauenswürdige Drittpartei: Keine Verhandlungspartei kann Nachrichten oder Vertragsinhalte verändern, da dafür ein Datenbankzugriff auf dem Server erforderlich ist.
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Abbildung 14:
Semantische Anreicherung in Negoisst
Die Verhandelnden erhalten als Teilnahmeanreiz verhandlungserfolgsabhängige Examenspunkte (hierbei gilt für den Fall einer Nichteinigung, dass die Ablehnungsentscheidung nachvollziehbar sein muss, dies wird anhand der Konzessionsschritte überprüft) und ein Verhandlungszertifikat. Zudem erhält der Sieger, d.h. die Person mit dem höchsten Verhandlungsergebnis, einen Preis. Häufig werden neben dem ökonomischen Verhandlungssieger auch noch weitere Gewinner gekürt, z. B. in den Kategorien Kreativität oder Integrativität. Nach Beendigung ihrer Verhandlung werden die Verhandlungsteilnehmer gebeten, einen Online-Fragebogen auszufüllen. Dieser umfasst neben soziodemographischen Klassifikationsfragen und systembezogenen Feedbackfragen vor allem untersuchungsspezifische Fragen. Neben den Befragungsdaten werden die Verhandlungsnachrichten sowie die quantitativen Verhandlungsdaten (Präferenzmodelle, Nutzenfunktionen, erzielte Nutzenwerte) mit Hilfe statistischer Methoden ausgewertet. Als Auswertungssoftware werden Microsoft Excel und SPSS (PASW) verwendet. Zusätzlich zur Abfrage subjektiver Einschätzungen und der Speicherung der Verhandlungskommunikationsprotokolle werden abhängig vom konkreten Forschungsziel nach Bedarf weitere Datenerhebungstechniken eingesetzt, z. B. Blickaufzeichnung, Think-Aloud-Methode oder Logfile-Analyse. Wenn die Daten eines Verhandlungsexperiments vollständig ausgewertet sind, erhalten die Verhandlungsteilnehmer eine Zusammenfassung der Ergebnisse in Form eines kurzen Vortrags mit anschließender Siegerehrung und Diskussion.
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6.2 Empirische Ermittlung von Qualitätsindikatoren Um die Anforderungen von elektronisch Verhandelnden und damit die qualitätsrelevanten Beurteilungsvariablen elektronischer Verhandlungskommunikation empirisch zu bestimmen, wurde ein Verhandlungsexperiment mit anschließender offener Befragung der Teilnehmer durchgeführt. 6.2.1 Verhandlungsstudie und Datenerhebung mit offenen Fragen Die empirisch-explorative Ermittlung von Variablen der Kommunikationsqualität fand im Rahmen eines Verhandlungsexperiments an der Universität Hohenheim im Dezember 2007 statt. Von den 77 Teilnehmern der Studie waren 47 weiblich und 30 männlich, das Durchschnittsalter der Teilnehmer zum Zeitpunkt der Studie betrug 23,9 Jahre. Die Teilnehmer stammten aus wirtschaftsund sozialwissenschaftlichen Studiengängen. Die Fallstudie bezog sich auf die Gründung eines Joint Ventures zwischen einem deutschen Automobilhersteller (Hurm AG) und einem chinesischen Technologieunternehmen (Yu Tech), zur gemeinsamen Produktion von Automobilen mit innovativer Einspritztechnik. Die Verhandlungsfallstudie umfasste sieben Verhandlungspunkte. Für die Durchführung der Verhandlungen war ein Zeitraum von zwei Wochen vorgegeben. Verhandelt wurde asynchron, über das elektronische Verhandlungsunterstützungssystem Negoisst. Nach Abschluss der Verhandlungen füllten die Probanden einen OnlineFragebogen aus. Dieser beinhaltete Fragen zur Person, zur Beurteilung des Verhandlungsprozesses und -ergebnisses, Fragen zur Fallstudie und schließlich die Aufforderung zur Nennung explizit positiv und negativ aufgefallener Verhaltensweisen des Verhandlungspartners (offene Fragen mit freier Anzahl von Nennungen): - Frage 1: Welches Verhalten hat Ihnen an Ihrem Verhandlungspartner besonders gefallen? - Frage 2: Welches Verhalten hat Ihnen an Ihrem Verhandlungspartner überhaupt nicht gefallen? Insgesamt endeten 56 Verhandlungen mit einem Vertragsabschluss, in 21 Verhandlungen wurde keine Einigung erzielt. Die Zufriedenheit der Verhandelnden (gemessen auf 5-Punkt-Likertskala, mit 1 = überhaupt nicht; 5 = absolut) wies große Streuungen auf, bei jeder Frage wurde der Skalenumfang vollständig ausgeschöpft (Tabelle 11). Aufgrund der hohen Varianz in Bezug auf die erzielten Verhandlungsergebnisse und die Zufriedenheitswerte kann angenommen werden, dass auch das Verhaltensspektrum der Teilnehmer entsprechend vielfältig war und somit eine valide Datenbasis für die explorative Ermittlung von qualitätsrelevanten Variablen vorliegt.
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Zufriedenheit mit Verhandlungspartner Zufriedenheit mit Verhandlungsverlauf Zufriedenheit mit Verhandlungsmedium Zufriedenheit mit erzieltem Verhandlungsergebnis Tabelle 11: Zufriedenheit der Verhandelnden
Mittelwert 3,34 3,31 3,56 3,04
Standardabw. 1,18 1,04 0,98 1,24
6.2.2 Inhaltsanalyse der Antworten Für die Analyse der Antworten der Probanden auf die beiden offenen Fragen wurde eine an die qualitative Inhaltsanalyse angelehnte Methode gewählt (vgl. Srnka & Köszegi 2007). Dazu wurden die Antworten zunächst in einzelne Nennungen gegliedert (Analyseeinheit = einzelne wertende Nennung, insgesamt 127 positive und 116 negative Nennungen) und auf Basis dieser Nennungen Oberbegriffe für inhaltlich gleiche Formulierungen festgelegt, z. B. „Klarheit/ Verständlichkeit der Sprache“ für die Nennungen: - „Seine Antworten waren immer gut verständlich“ - „klare und begreifliche Sätze“ - „verständlich formuliert“ - „verständlicher Sprachgebrauch“ Anschließend wurde die Liste der Oberbegriffe zwei Personen ausgehändigt, welche die Antworten der Probanden (in Form von einzelnen Nennungen) anhand der vorgegebenen Oberbegriffe unabhängig voneinander kodierten. Abweichende Kodierungen wurden im Anschluss an die erste Runde mit den Kodierern diskutiert und führten zu Rekodierungen oder der Bildung neuer Oberbegriffe. Dieses Vorgehen wurde so oft durchgeführt, bis vollständige Übereinstimmung zwischen den Kodierern bestand. Die endgültige Liste und die Häufigkeit der Nennungen der einzelnen Oberbegriffe sind in Tabelle 12, gegliedert nach ihrer Zugehörigkeit zu Angebots- und Nichtangebotskommunikation, abgebildet. Diese Gliederung wurde danach bestimmt, ob sich eine Nennung ausschließlich auf das erhaltene Angebot (z. B. „Er ist mir nicht entgegengekommen“; „unrealistische Forderungen“) oder auf die darüberhinausgehenden Kommunikationsinhalte (Argumente- und Informationsaustausch) bezog (vgl. hierzu Inhaltsanalyseschema nach Köszegi et al. 2004). Eine positive Nennung in der Tabelle bedeutet, dass das Vorhandensein des durch den aufgeführten Oberbegriff beschriebenen Verhaltens explizit als positiv wahrgenommen wurde; eine negative Nennung bedeutet, dass dessen Fehlen oder mangelndes Vorhandensein als explizit negativ wahrgenommen wurde. Die ermittelten Variablen weisen große Ähnlichkeit mit den Variablen der Kompetenzansätze (Kapitel 4.2) auf.
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Positive Negative Nennungen Nennungen 6 0
Klarheit/ Verständlichkeit der Sprache Sprachbeherrschung/ Englischkenntnisse Nachvollziehbarkeit der Argumentation Güte/ Sachlichkeit der Argumentation Strukturiertheit der Antworten Ausführlichkeit/ Vorhandensein Nichtangebots- von Argumentation Kommunikation Ausführlichkeit/ Länge der Inhalte Nachvollz. des Prozesses, keine Rückschritte/ Sprünge Eingehen auf Argumente Interesse an Vorschlägen/ Nachrichten kurze Antwortzeiten Höflichkeit, Umgangsformen/-ton Freundlichkeit Ernsthaftigkeit/ Professionalität Entgegenkommen/ Flexibilität AngebotsKompromiss-/ KooperationsbeKommunikation reitschaft, realistische Forderungen Summe Tabelle 12: Oberbegriffe und Häufigkeit ihrer Nennung
10
0
2
1
7
1
2 4
0 13
3
0
2
7
3 5
15 9
31 14 8 3 15 12
4 6 0 10 29 21
127
116
Bei der Analyse der positiven und negativen Nennungen ist auffällig, dass sich alle Befragten hinsichtlich der Beurteilungsrichtung der Verhaltensweisen einig waren: Keine der genannten Verhaltensweisen wurde von einem Verhandelnden als positiv und von einem anderen Verhandelnden als negativ wahrgenommen oder vice versa. Es handelt sich demnach um inhaltlich intersubjektiv geteilte Anforderungen. Aufgrund der hier verfolgten Fragestellung (Ermittlung relevanter Variablen) soll nicht näher auf die exakte Häufigkeitsverteilung der Nennungen eingegangen werden. Allerdings werden zwei quantitative Aspekte kurz herausgestellt. Die überproportionale Nennung von kurzen Antwortzeiten als positive Verhaltensweise kann durch das verwendete Verhandlungsunterstützungssystems und die Vorgabe einer Mindestanzahl ausgetauschter Nachrichten in diesem Experiment erklärt werden. Negoisst beruht auf einem streng alternie-
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renden Protokoll, d.h. Nachrichten können nur abwechselnd verfasst werden. Antwortet ein Partner längere Zeit nicht, führt dies zur Verzögerung der gesamten Verhandlung. Ein schnelles Antworten dagegen garantiert die frühzeitige Erreichung der geforderten Mindestzahl an Nachrichten. Ein weiterer Häufigkeitsvergleich ist in Bezug auf das Verhältnis von Angebots- zu Nichtangebotskommunikation interessant. Die Nennungen, die sich auf Aspekte der Angebotskommunikation beziehen, nehmen unter den positiven Nennungen einen Anteil von 21 Prozent ein. Bei den negativen Nennungen stellen die auf Angebotskommunikation bezogenen Nennungen dagegen einen mehr als doppelt so hohen Prozentsatz dar (Abbildung 15). Daraus kann geschlossen werden, dass zu geringe Konzessionen die Beurteilung der Verhandlung überproportional stark negativ beeinflussen. 100% 90% 80% 57%
70%
79%
60%
NichtangebotsKommunikation
50%
AngebotsKommunikation
40% 30% 43%
20% 21%
10% 0%
positive Nennungen
Abbildung 15:
negative Nennungen
Überblick über Nennungshäufigkeiten (Prozentwerte sind jeweils bezogen auf Gesamtzahl positiver bzw. Gesamtzahl negativer Nennungen)
Zusätzlich zu dem beschriebenen Verhandlungsexperiment wurde eine schriftliche Befragung von Praktikern durchgeführt. Der Link zum Online-Fragebogen wurde in Verbindung mit einem kurzen Anschreiben über den Newsletter einer Community im Bereich elektronische Beschaffung („eProcure&Supply“) an dessen ca. 3300 Abonnenten verbreitet und stand mehrere Wochen zur Verfügung, auch ein Teilnahmeanreiz (Buchgutschein) war vorhanden. Insgesamt wurde der Fragebogen allerdings nur von acht Personen ausgefüllt, lediglich vier Datensätze waren vollständig. Eine Nachfassaktion war aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich. Hieran wurde einmal mehr das bereits erwähnte Problem der schwierigen externen Validierbarkeit von Ergebnissen der Verhandlungsforschung deutlich.
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Die Daten der vier Praktiker eignen sich zwar nicht für eine quantitative Analyse, ermöglichen aber aufgrund der Heterogenität der Befragten zumindest einige qualitative Aussagen. Die vier Befragten (drei Männer, eine Frau) sind in sehr unterschiedlichen Branchen im Bereich Einkauf und Beschaffung tätig (Maschinenbau/ Bildverarbeitung, Chemieindustrie, Consulting, Kosmetik). Die Unternehmen, in denen die Befragten arbeiten, sind kleine und mittelständische Betriebe. Zwei der Befragten gaben an, ein- bis fünfmal pro Woche an Geschäftsverhandlungen beteiligt zu sein, ein Befragter ist häufiger, ein anderer seltener beteiligt. Für die Verhandlungen nutzen die Experten in den meisten Fällen Verhandlungsunterstützungs- oder eProcure- und eSupplySysteme, selten kommen persönliche Treffen, telefonischer Kontakt oder EMail zum Einsatz. Zwei der Befragten kennen ihren Partner in etwa der Hälfte aller Verhandlungen bereits persönlich, einem Befragten ist sein Verhandlungspartner (fast) immer vorab bekannt, dem vierten Befragten ist sein Verhandlungspartner (fast) nie persönlich bekannt. Meist geht es in den Verhandlungen um B-Güter oder Dienstleistungen, in zwei der vier Fälle auch um Aund C-Güter. In Bezug auf das erwünschte Kommunikationsverhalten in elektronischen Verhandlungen wurde von den Befragten angegeben, dass dieses sachlich, höflich und prägnant sein sollte, außerdem offen sowie aussagekräftig. Als explizit negativ werden dagegen langsame Reaktionszeiten, unvollständige Nachrichten, Hektik und Unhöflichkeit angesehen. Wie schon die studentischen Verhandlungsteilnehmer waren sich auch die befragten Experten in der Bewertungsrichtung der einzelnen Verhaltensweisen einig (Tabelle 13). Positive Nennungen Negative Nennungen Sachlichkeit Langsame Reaktionszeiten Unvollständige Nachrichten Höflichkeit Prägnanz Hektik Offenheit Unhöflichkeit Aussagekraft Tabelle 13: Übersicht der Praktiker-Nennungen Zusätzlich zu den offenen Fragen in Bezug auf erwünschtes und unerwünschtes Kommunikationsverhalten wurden die Experten gebeten, die Erwünschtheit bestimmter vorgegebener Verhaltensweisen zu beurteilen (diese Verhaltensweisen waren zum Zeitpunkt des Ausfüllens der offenen Fragen für die Befragten nicht sichtbar). Zu den zu beurteilenden Variablen zählten sowohl aus der Theorie abgeleitete Verständigungstechniken und -variablen, als auch von den Studierenden genannte Verhaltensweisen. Dass Fragen des Partners direkt beantwortet werden, wird von den Praktikern als wichtig eingeschätzt, ebenso ein Nachfragen bei Verständnisproblemen sowie ein angemessenes oder regelkonformes Verhalten. Aussagen des Partners sollten zusammengefasst oder paraphrasiert werden, die Verhandlungspartner sollten gegenseitig Interesse an den Nachrichten des anderen zeigen sowie auf Themen, Ver-
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handlungspunkte und Argumente des Gegenübers Bezug nehmen. Die Strukturierung des Verhandlungsprozesses und der nachvollziehbare Aufbau der Nachrichten, eine verständliche und ausführliche Argumentation sowie die Erläuterung von Sachverhalten tragen nach Meinung der Befragten ebenfalls zu einer guten Kommunikation bei. Darüberhinaus werden auch Freundlichkeit, Höflichkeit und Fairness, Flexibilität, Kooperations- und Kompromissbereitschaft als wichtig erachtet. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass alle zuvor theoretisch und experimentell ermittelten Variablen von den Befragten als relevant bewertet werden und auch die Beurteilungsrichtungen übereinstimmen. Fasst man diese Ergebnisse zusammen, lässt sich ein vorläufiges Bild idealer elektronischer Verhandlungskommunikation zeichnen. Ideale (als maximal positiv bewertete) Kommunikation im elektronischen Verhandlungskontext ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass die Verhandlungspartner angemessen, verständlich, nachvollziehbar und ausführlich argumentieren, gegenseitiges Interesse zeigen sowie sich freundlich, höflich, offen und professionell verhalten. In diesen Verhaltensweisen spiegeln sich inhaltlich die drei funktionalen Ebenen des theoretischen Modells wider: - Faktisch: Verständlichkeit der Argumentation, Ausführlichkeit der Argumentation, - Prozedural: Eingehen auf und Interesse an Nachrichten des Partners, Nachvollziehbarkeit - Relational: angemessenes, professionelles, höfliches, freundliches Verhalten. Allerdings kann aus der Beurteilung dieser Variablen noch nicht auf Kommunikationsqualität geschlossen werden, da dies nicht berücksichtigt, ob und inwiefern die Verhandelnden auch die Absicht hatten, ensprechend wahrgenommen zu werden (vgl. Dualitätsaspekt, Kapitel 3.2.2). Ein hier als ideal geschildertes Verhalten würde nur dann gleichzeitig für hohe Verständigung und damit hohe Kommunikationsqualität sprechen, wenn die Verhandelnden eine kommunikativ-kooperativ orientierte Strategie verfolgten. Da die genannten Verhaltensweisen mit explizit positiven und negativen Bewertungen verbunden sind, müssen sich die Verhandelnden in Bezug auf diese Variablen aber möglichst umfassend verständigen, d.h. die Verhandelnden müssen im Laufe der Verhandlung in Bezug auf diese Variablen möglichst gleiche Bewertungsmaßstäbe etablieren, damit ein bestimmtes Verhalten nicht zu einem falsch-positiven oder einem falsch-negativen Eindruck des Verhandlungspartners bzw. seiner Kommunikation führt. Die Verständigung im Hinblick auf die Beurteilungsmaßstäbe dieser Variablen kann deshalb als Anforderung verstanden werden, welche die Verhandlungskommunikation erfüllen muss, um qualitativ hochwertig zu sein. Um es noch einmal zu betonen: Hier wird nicht die Höhe der Variablenbeurteilung, sondern die Übereinstimmung zwischen Sender- und Empfängerwahrnehmung hinsichtlich der Variablenbeurteilung als qualitative Anforderung de-
147
klariert, denn wie bereits zuvor erwähnt, ist ein Charakteristikum elektronischer Verhandlungskommunikation deren Dualitätskomponente. Aufgrund dieser Komponente kann nicht unterstellt werden, dass Verhandelnde auch die Absicht haben, angemessen, freundlich etc. zu wirken. Deshalb besteht die qualitative Anforderung an die Kommunikation nicht im Erreichen hoher Wertungen, sondern darin, dass die Verhandelnden ihre gegenseitigen verständigungsorientierten kommunikativen Anstrengungen übereinstimmend beurteilen. Wenn Verhandlungspartner A seine Argumentation als angemessen, verständlich, ausführlich und nachvollziehbar beurteilt und sich als interessiert, freundlich, höflich und professionell einschätzt, sollte dies mit dem Urteil von Verhandlungspartner B übereinstimmen. Ebenso gilt es aber auch als erfolgreiche Verständigung, wenn A sich selbst als unfreundlich und unhöflich wahrnimmt und dieses Urteil von B geteilt wird. Das Erreichen von Verständigung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass die Kommunizierenden ihre Kommunikationsstrategie effektiv und effizient verfolgen können. Wenn keine Übereinstimmung zwischen den Kommunikationspartnern in Bezug auf die Beurteilung des eigenen und partnerseitigen Kommunikationsverhaltens besteht, bleiben die strategischen Anstrengungen ohne den beabsichtigten Effekt. 6.3 Ermittlung von Variableneignung und -struktur In einem nächsten Schritt wird die Eignung der Variablen für die Bestimmung von Kommunikationsqualität ermittelt und geprüft, ob ihnen eine bestimmte Struktur zugrundeliegt, die eine Reduzierung des Variablensets bzw. die Gliederung von Kommunikationsqualität in verschiedene Unterkategorien ermöglicht. 6.3.1 Bildung des Variablensets Um die relevanten Variablen zu erhalten, wurden die Nennungen aus der Befragung von Studierenden und aus der Praktikerbefragung mit den Erkenntnissen aus dem theoretischen Teil der Arbeit zusammengeführt und inhaltlich strukturiert. Aus den Anforderungen wurde ein Variablenset aus zunächst 35 Variablen gebildet, das dann um die Variablen reduziert wurde, die sich entweder auf die Anwendung der Verständigungstechniken oder ausschließlich auf die Angebotskommunikation bezogen (auf den Einfluss der Technikanwendung wird in Kapitel 7.2 gesondert eingegangen). Wie in Kapitel 3.2 beschrieben, setzt sich Verhandlungskommunikation aus dem Austausch von Angeboten (Angebotskommunikation) und dem Austausch darüberhinausgehender Inhalte (Nichtangebotskommunikation) zusammen. An der bisherigen Forschung wurde kritisiert, dass selten beide Kommunikationsformen gemeinsam Untersuchungsgegenstand sind (Tutzauer 1991). Auch hier wird der Anspruch auf absolute Vollständigkeit der Betrachtung nicht erfüllt. Die (optimale, quantitative, zeitliche) Gestaltung von Angeboten ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, denn dieser Aspekt ist zwar auch an den Verhandlungspartner gebun-
148
den (interaktiver Ansatz), wird aber entscheidend von der gewählten individuellen Verhandlungsstrategie, Machtaspekten etc. beeinflusst und verläuft hauptsächlich auf kognitiver und syntaktischer Ebene. Erst die Anreicherung der Angebote mit Nichtangebotskommunikation erweitert die Inhalte um wesentliche semantische und pragmatische, und damit höhere Verständigungsaspekte. Bei der hier beschriebenen Qualitätsbetrachtung elektronischer Verhandlungskommunikation geht es nicht um die Angebots- oder Nichtangebotskommunikation per se, sondern um Einbindung und Verargumentierung der mittels Angebotskommunikation gestellten Forderungen mithilfe der Nichtangebotskommunikation, da diese die Beurteilung der Gesamtkommunikation hinsichtlich ihrer Verständlichkeit determinieren. Bei Einbindung und Verargumentierung sind faktische, prozedurale und relationale Aspekte zu berücksichtigen. Das um die Technik- und Angebotskommunikationsvariablen reduzierte Variablenset wurde anschließend den Teilnehmern eines Pretests vorgelegt. Die Probanden sollten hierbei ihr eigenes und das Verhalten ihres Verhandlungspartners hinsichtlich der vorgegebenen Variablen beurteilen. Die Trennung nach Bewertung des eigenen und des partnerseitigen Verhaltens wird beispielsweise in der Kompetenzmessung eingesetzt (z. B. Spitzberg & Cupach 1989, S. 57ff) und ist theoretisch basiert in der Social Judgment Theory (vgl. Littlejohn & Foss 2005). Selbstbewertungen dienen dabei zur Erhebung allgemeiner Verhaltensmuster, Partnerbewertungen speziell zur Erhebung beziehungsspezifischer oder inhaltlicher Aspekte. Hier soll die doppelte Erhebung dazu dienen, dem pragmatischen Aspekt und der Interaktivität des Forschungsansatzes Rechnung zu tragen (vgl. Kapitel 4.3). Demzufolge geht es nicht um die absolute, sondern um die relative Beurteilung der Verhandelnden bzw. die Übereinstimmung zwischen Intention und Interpretation (d.h. inwiefern stimmen die Bewertung von A durch A und die Bewertung von A durch B überein und umgekehrt?). Hierbei spielen insbesondere kulturelle Aspekte eine wichtige Rolle, beispielsweise hinsichtlich der Einschätzung, was als höfliches oder unhöfliches Verhalten gilt. Stimmen die Beurteilungen beider Partner überein, ist dies ein Zeichen für eine gemeinsame Referenzbasis der Beteiligten und deutet damit auf hohe Verständigung hin. Aufgrund der Ergebnisse des Pretests musste das Anfangsvariablenset weiter reduziert werden. Beispielsweise bemängelten die Probanden des Pretests die fehlende Unterscheidbarkeit von gegenseitigem Respekt und Höflichkeit. Andere Variablen waren aus Sicht der Probanden nicht beurteilbar (z. B. Ehrlichkeit des Partners) oder zu stark an den Verhandlungskontext gebunden (Kreativität und Offenheit). Somit resultierte ein endgültiges Set von acht Variablen: - Nachvollziehbarkeit der Argumentation - Ausführlichkeit der Argumentation - Verständlichkeit der Argumentation - Freundlichkeit - Höflichkeit
149
- Angemessenheit - Professionalität - Interesse an Nachrichten des Partners. Um die Eingung der Variablen zu überprüfen und die ihnen zugrunde liegende Struktur zu ermitteln, wurden zwei weitere Verhandlungsexperimente mit anschließenden Befragungen durchgeführt. 6.3.2 Analyse der Variableneignung Das Verhandlungsszenario des ersten der Experimente, bei denen die Variablenbeurteilungen erhoben wurden, fand im Mai 2008 statt und beruhte auf derselben Fallstudie wie das vorangegangene Experiment vom Dezember 2007. Die Teilnehmer waren Studierende der Universitäten Hohenheim (n = 72) und Nimwegen (Niederlande, n = 10). Die Befragung erfolgte mittels eines standardisierten Online-Fragebogens mit (in Bezug auf die zuvor genannten Variablen) ausschließlich geschlossenen Fragen. Die Variablen wurden als Aussagen zur eigenen Person und zur Person des Verhandlungspartners formuliert und ihre Bewertung blockweise mittels Ordinalskalen erhoben (siehe Beispiel in Tabelle 14).
Ich habe nachvollziehbar argumentiert. Ich habe ausführlich argumentiert. Mein Verhandlungspartner hat nachvollziehbar argumentiert. Mein Verhandlungspartner hat ausführlich argumentiert. Tabelle 14: Auszug aus Fragebogen
nie O O O
O O O
O O O
O O O
O
O
O
O
immer O O O O
Während die Verhandlungen auf Englisch stattfanden, richtete sich die Befragung aus organisatorischen Gründen nur an die deutschen Teilnehmer und war deshalb in deutscher Sprache verfasst. Der endgültige, bereinigte Datensatz umfasst die Befragungsdaten von 20 weiblichen und 40 männlichen Teilnehmern (Studierende der Wirtschaftswissenschaften und der Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim, mit einem Durchschnittsalter von 21,9 Jahren zum Zeitpunkt der Befragung). Am zweiten Experiment mit Variablenbeurteilung (Dezember 2008) nahmen insgesamt 236 Studierende der Universitäten Hohenheim und Regensburg sowie einige Studierende von weiteren europäischen Universitäten teil. Insgesamt waren Teilnehmer aus 17 Nationen vertreten. Verhandelt wurde eine Fallstudie im Popmusik-Business. Die Verhandlungsrollen waren ein Vertreter eines Plattenlabels und der Manager einer Sängerin. Aufgrund der Internationalität der Teilnehmer fanden die Verhandlungen erneut auf Englisch statt, auch der Fragebogen war diesmal in englischer Sprache verfasst. Der endgültige (bereinigte) Befragungsdatensatz des Experiments vom Dezember 2008
150
umfasst die Daten von 198 Verhandelnden, davon 40 Prozent weiblich und 60 Prozent männlich, deren Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Verhandlung 24 Jahre betrug. Zusätzlich zu den soziodemographischen Merkmalen wurden auch einige Hintergrundinformationen über die Verhandelnden erhoben. Diese lassen den Schluss zu, dass der Vorwurf der Praxisferne der Teilnehmer und damit der mangelnden externen Validität der Ergebnisse nur wenig gerechtfertigt ist: Mehr als ein Drittel der Beteiligten (37,9 %) gab an, bereits Verhandlungserfahrung zu besitzen, 47,5 Prozent der Beteiligten besaßen zum Zeitpunkt der Verhandlung bereits mehrjährige Berufserfahrung. Um Anordnungs- und Operationalisierungseffekte bei der Befragung auszuschließen, wurden die Variablen in den beiden Experimenten in unterschiedlicher Reihenfolge abgefragt, zudem wurden die Ordinalskalen teilweise variiert (5-Punkt-Likertskalen und semantische Differenziale, ebenfalls mit fünf Abstufungen, Brosius et al. 2008; Greving 2006). Semantische Differenziale stellen Gegensätze von Eigenschaften einander gegenüber (z. B. unhöflich – höflich) und haben den Vorteil, dass damit ein eindeutiger Referenzwert ermittelt werden kann. Wenn sich die Bewertung allerdings, wie im vorliegenden Fall, nicht auf eine spezielle Nachricht oder Situation bezieht, sondern auf eine gesamte Interaktion (Verhandlung), dann ist eine solche Globalbewertung auf einer einzelnen Skala schwierig. Mit Hilfe von Likertskalen (Skala hier: 1 = nie; 2 = selten; 3 = manchmal; 4 = häufig; 5 = immer) kann die Problematik der Globalbewertung umgangen werden, allerdings ist es bei einer solchen Skala auch nicht möglich zu bestimmen, welches Verhalten genau zur Ab- oder Aufwertung führte. Dies könnte nur mittels einer detaillierten Inhaltsanalyse oder einer Befragung nach jeder Nachricht erfolgen. Letzteres würde allerdings zu einer erheblichen Belastung der Probanden führen. Zudem ist anzunehmen, dass die Reaktanz eines solchen Vorgehens und damit verbundene Verzerrungseffekte (durch ständiges erzwungenes Bewusstmachen der subjektiven Wahrnehmungen) eine Verfälschung der Ergebnisse zur Folge hätten. Mittels Reliabilitätsanalysen wurde anschließend untersucht, inwiefern sich die Variablen für die Ermittlung des Konstrukts Kommunikationsqualität eignen. Die Reliabilitätsanalyse kann allgemein angewendet werden, um die Brauchbarkeit von Einzelaufgaben für einen Gesamttest zu bestimmen (Bühl 2008, S. 499ff.). Als Maß für die Brauchbarkeit dient hierbei der Reliabilitätskoeffizient Cronbachs alpha (Cronbach 1951). Dieser wird sowohl für das Gesamtmodell (die Gesamtheit aller betrachteten Variablen) als auch für jedes mögliche reduzierte Modell, bei dem jeweils eine der Variablen ausgeschlossen wurde, berechnet. Ist die Reliabilität eines der reduzierten Modelle gleich hoch oder höher als die Reliabilität des Gesamtmodells, kann die Variable, die im reduzierten Modell ausgeschlossen wurde, verworfen werden. Bei den hier untersuchten Variablen handelt es sich um ordinal skalierte und damit sogenannte Stufen-Antwort-Aufgaben. Wie bereits erwähnt, geht es bei dem hier verfolgten Ansatz nicht primär um die individuellen, sondern vor allem um die gegenseitigen Wahrnehmungen
151
der Verhandlungspartner. Deshalb wurden diese bei der Ermittlung der Variableneignung (und im Folgenden auch bei der Ermittlung der Variablenstruktur) mit einbezogen. Tabelle 15 gibt einen kurzen Überblick über die verwendeten Bezeichnungen. Bewertung Bezeichung A bewertet A Selbstbewertung (a) A bewertet B Partnerbewertung (b‘) B bewertet B Selbstbewertung (b) B bewertet A Partnerbewertung (a‘) Bewertung von A durch B Fremdbewertung (a‘) Bewertung von B durch A Fremdbewertung (b‘) Tabelle 15: Übersicht der verwendeten Bezeichnungen
Die Reliabilitätsanalyse bezieht sowohl die Eigen- (a, b) als auch die Fremdbewertungen (a’, b‘) ein. Damit erhöht sich die Variablenanzahl auf 16. Die Gesamtreliabilität der 16 Variablen, gemessen mit dem Reliabilitätskoeffizienten Cronbachs alpha liegt im ersten Experiment bei einem Wert von alpha = 0,827 (Tabelle 16), was als hohe Reliabilität zu werten ist (vgl. Bühl 2008). Aufgrund des zuvor genannten Kriteriums (Erhöhung der Reliabilität bei Variablenausschluss) könnte die Selbstbeurteilungsvariable „own_V_elaborated“ (entspricht a bzw. b) ausgeschlossen werden. Da dies jedoch nur zu einer marginalen Erhöhung des Reliabilitätskoeffizienten führt und ein gleichzeitiger Ausschluss der entsprechenden partnerseitigen Variablen („P_partner_V_elaborated“, entspricht a’ bzw. b‘) eine Verringerung der Reliabilität zur Folge hätte, wird keine der Variablen ausgeschlossen. Diese Entscheidung bestätigt sich durch die Ergebnisse der Reliabilitätsanalyse mit den Daten des zweiten Experiments. Der Ausschluss der Variable „own_V_elaborated“ trägt nicht zur Verbesserung der Reliabilität bei. Insgesamt beträgt der Reliabilitätskoeffizient im zweiten Experiment alpha = 0,817.
152
Experiment 1 Reliability Statistics Cronbach's Alpha N of Items ,827
own_V_wellstructured own_V_elaborated own_V_showedinterest own_V_comprehensible own_V_polite own_V_friendly own_V_adequately own_V_professionally P_partner_V_wellstructured P_partner_V_elaborated P_partner_V_showedinterest P_partner_V_comprehensible P_partner_V_polite P_partner_V_friendly P_partner_V_adequately P_partner_V_professionally
16 Item-Total Statistics Scale Scale Mean if Variance if Item Deleted Item Deleted 61,4667 40,592 61,7500 40,157 60,9833 41,745 61,2833 41,156 61,2667 39,690 61,3667 39,762 61,3167 41,305 61,6000 38,888 61,8000 37,010 61,8500 37,960 61,5000 39,000 61,1667 39,701 61,5333 35,473 61,9000 36,939 62,0500 37,506 61,6667 36,565
Corrected Cronbach's Item-Total Alpha if Item Correlation Deleted ,442 ,819 ,276 ,828 ,298 ,825 ,297 ,825 ,423 ,819 ,416 ,819 ,266 ,826 ,430 ,818 ,575 ,808 ,442 ,818 ,362 ,823 ,379 ,821 ,673 ,801 ,571 ,809 ,508 ,813 ,563 ,809
Experiment 2 Reliability Statistics Cronbach's Alpha N of Items ,817
own_adequately own_professionally own_showedinterest own_comprehensible own_elaborated own_wellstructured own_friendly own_polite P_partner_V_adequately P_partner_V_professionally P_partner_V_showedinterest P_partner_V_comprehensible P_partner_V_elaborated P_partner_V_wellstructured P_partner_V_friendly P_partner_V_polite
16 Item-Total Statistics Scale Scale Mean if Variance if Item Deleted Item Deleted 61,9697 37,238 62,1162 37,291 61,9141 38,485 62,0707 37,447 62,4394 37,050 62,1364 37,834 61,8333 37,074 61,8182 37,784 62,3434 35,668 62,2323 33,854 62,2323 34,941 62,3737 33,910 62,5253 34,758 62,1919 35,191 62,0707 34,208 62,0505 34,180
Corrected Cronbach's Item-Total Alpha if Item Correlation Deleted ,332 ,813 ,318 ,813 ,192 ,820 ,318 ,813 ,311 ,814 ,244 ,818 ,362 ,811 ,291 ,815 ,451 ,805 ,635 ,792 ,467 ,804 ,598 ,795 ,479 ,803 ,478 ,803 ,570 ,797 ,594 ,795
Tabelle 16: Reliabilitätsanalyse der Einzelvariablen
153
Neben der Eignung der Einzelvariablen wurde überprüft, inwiefern sich die Variablen für eine interaktionsorientierte, gemeinsame Beurteilung der Kommunikation eignen. Dazu wurden die Beurteilungen durch betragsmäßige Differenzenbildung aus Selbst- und Fremdbewertung zusammengeführt und auf Basis dieser Daten ebenfalls eine Reliabilitätsanalyse angewendet. In Bezug auf die gegenseitigen Abweichungen ergeben sich ebenfalls akzeptable Reliabilitäten für die einzelnen Variablen (alpha = 0,699 im ersten Experiment bzw. alpha = 0,695 im zweiten Experiment, Tabelle 17). Auch hier wurden insgesamt 16 Variablen in die Skalenreliabilitätsanalyse einbezogen. Dabei stellen die ersten 8 Variablen (m_...) die Abweichungen zwischen Selbstund Fremdbewertungen von Verhandlungspartner A dar (|a-a’|) und die zweiten 8 Variablen (P_m_...) die Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbewertungen von Verhandlungspartner B (|b-b‘|). Da im zweiten Experiment der Ausschluss keiner Variablen zu einer Erhöhung des Reliabilitätskoeffizienten führt, wird keine Variable eliminiert. Insgesamt können somit die ermittelten Variablen für die Analyse von Verständigung zwischen den Verhandlungspartnern – und damit verbunden der Kommunikationsqualität – als geeignet angenommen werden. Experiment 1 Reliability Statistics Cronbach's Alpha N of Items ,699
m_wellstructured m_elaborated m_showedinterest m_comprehensible m_polite m_friendly m_adequately m_professionally P_m_wellstructured P_m_elaborated P_m_showedinterest P_m_comprehensible P_m_polite P_m_friendly P_m_adequately P_m_professionally
16 Item-Total Statistics Scale Scale Mean if Variance if Item Deleted Item Deleted 11,6667 22,294 11,4667 23,440 11,7167 21,766 11,7500 23,479 11,7333 21,792 11,6667 21,582 11,4000 21,600 11,6000 20,854 11,6667 22,294 11,4667 23,440 11,7167 21,766 11,7500 23,479 11,7333 21,792 11,6667 21,582 11,4000 21,600 11,6000 20,854
Corrected Cronbach's Item-Total Alpha if Item Correlation Deleted ,308 ,684 ,095 ,707 ,319 ,682 ,137 ,700 ,342 ,680 ,341 ,679 ,366 ,677 ,433 ,667 ,308 ,684 ,095 ,707 ,319 ,682 ,137 ,700 ,342 ,680 ,341 ,679 ,366 ,677 ,433 ,667
154
Experiment 2 Reliability Statistics Cronbach's Alpha N of Items ,695
m_adequately m_professionally m_showedinterest m_comprehensible m_elaborated m_wellstructured m_friendly m_polite P_m_adequately P_m_professionally P_m_showedinterest P_m_comprehensible P_m_elaborated P_m_wellstructured P_m_friendly P_m_polite
16 Item-Total Statistics Scale Scale Mean if Variance if Item Deleted Item Deleted 11,5657 21,516 11,7222 21,075 11,5404 22,280 11,6263 22,570 11,6111 21,853 11,6010 22,241 11,7323 21,202 11,7071 21,772 11,5657 21,516 11,7222 21,075 11,5404 22,280 11,6263 22,570 11,6111 21,853 11,6010 22,241 11,7323 21,202 11,7071 21,772
Corrected Cronbach's Item-Total Alpha if Item Correlation Deleted ,326 ,677 ,382 ,670 ,225 ,689 ,208 ,690 ,275 ,684 ,220 ,690 ,402 ,669 ,297 ,681 ,326 ,677 ,382 ,670 ,225 ,689 ,208 ,690 ,275 ,684 ,220 ,690 ,402 ,669 ,297 ,681
Tabelle 17: Reliabilitätsanalyse der zusammengeführten Variablen 6.3.3 Ermittlung der Variablenstruktur Mithilfe von explorativen Faktorenanalysen können Strukturen in großen Variablensätzen aufgedeckt werden. Vor der Durchführung von Faktorenanalysen ist es erforderlich, dass zunächst die Eignung der Daten überprüft wird. Anforderungskriterien sind die Zusammengehörigkeit der Variablen, ihre Sphärizität, das Verhältnis von Fallzahl zu Variablenzahl und das Skalenniveau der Variablen (Bortz 2005, S. 523). Faktorenanalyse mit Einzelbewertungsvariablen Als erstes wurden die Einzelvariablen, getrennt nach Selbst- und Fremdbewertungen, auf ihre Struktur hin überprüft. Das Kaiser-Meyer-Olkin-Kriterium (KMO, auch: measure of sampling adequancy, MSA), als Maß für die Zusammengehörigkeit der Variablen, weist mit Werten von 0,663 (Selbstbewertungen) und 0,820 (Fremdbewertungen) im ersten bzw. 0,742 und 0,867 im zweiten Experiment eine akzeptable Eignung der Daten auf (Kaiser & Rice 1974). Auch der Test auf Sphärizität fällt jeweils den Anforderungen entsprechend aus und bestätigt damit die Eignung der Datensätze für die Anwendung der Faktorenanalyse (Tabelle 18). Zudem sind die Fallzahlen mit n = 60 (1. Expe-
155
riment) bzw. n = 198 (2. Experiment) deutlich höher als die untersuchte Variablenzahl (m = 8). Die Variablen sind hier allerdings ordinal und nicht wie gefordert intervallskaliert, da dies die Probanden überfordert und somit die Reliabilität der Messung gefährdet hätte. Die Anwendung der Faktorenanalyse auf nicht-metrische Daten, wie im vorliegenden Fall wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ist jedoch besonders in den Sozialwissenschaften üblich (siehe z. B. Maier et al. 2000; Allerbeck 1978). Zudem findet sich die Anwendung der Faktorenanalyse auf nicht-metrische Daten auch in betriebswirtschaftlichen Studien, die sich mit dem menschlichen Verhalten auseinandersetzen, wie beispielsweise im Bereich Marketing (Stewart 1981; Aaker 1997; Cronin & Taylor 1982). Meist wird darauf verwiesen, dass wenn bei ordinalen Skalen ein gleicher Skalenpunktabstand angenommen werden kann, so können die ordinalen Daten wie intervallskalierte Daten behandelt werden (Backhaus et al. 2006, S. 5). Experiment 1
Experiment 2
KMO and Bartlett's Test
KMO and Bartlett's Test
Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Bartlett's Test of Sphericity Approx. ChiSquare df Sig.
,663 118,585 28 ,000
Selbstbewertungsvariablen
Selbstbewertungsvariablen
KMO and Bartlett's Test Kaiser-Meyer-Olkin Measure of Sampling Bartlett's Test of Sphericity Approx. ChiSquare df Sig.
Kaiser-Meyer-Olkin Measure of ,867 Bartlett's Test of Sphericity Approx. Chi- 686,172 Square df 28 Sig. ,000
KMO and Bartlett's Test ,820 167,915 28 ,000
Kaiser-Meyer-Olkin Measure of ,742 Bartlett's Test of Sphericity Approx. Chi- 350,538 Square df 28 Sig. ,000
Partnerbewertungsvariablen Partnerbewertungsvariablen Tabelle 18: Eignung der Daten für Faktorenanalysen Da die Prüfung der Datensatzeignung positiv ausfiel, wurden Faktorenanalysen durchgeführt. In allen beschriebenen Fällen wurde als Extraktionsmethode die Hauptkomponentenmethode mit Varimax-Rotation angewendet. Die Faktorenanalysen auf Basis der Einzelvariablen resultieren in sehr unterschiedlichen Faktoranzahlen und Variablenzuordnungen, mit denen zwischen 53 und 66 Prozent der Gesamtstreuung erklärt werden können (Tabelle 19). Den Einzelvariablen liegt demnach keine eindeutige, stabile Struktur zugrunde.
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Experiment 1 Selbstbewertungsvariablen: erklärter Varianzanteil Total Variance Explained
Component 1 2 3 4 5 6 7 8
Initial Eigenvalues % of Cumulative Variance % Total 3,014 37,679 37,679 1,174 14,673 52,352 1,065 13,307 65,659 ,899 11,239 76,898 ,720 9,002 85,899 ,508 6,349 92,248 ,339 4,240 96,489 ,281 3,511 100,000
Total 3,014 1,174 1,065
Loadings % of Cumulative Variance % 37,679 37,679 14,673 52,352 13,307 65,659
Total 2,320 1,593 1,340
Loadings % of Cumulative Variance % 29,002 29,002 19,909 48,911 16,748 65,659
Extraction Method: Principal Component Analysis.
Partnerbewertungsvariablen: erklärter Varianzanteil Total Variance Explained
Component 1 2 3 4 5 6 7 8
Initial Eigenvalues Loadings Loadings % of Cumulative % of Cumulative % of Cumulative Variance % % % Total Total Variance Total Variance 3,779 47,236 47,236 3,779 47,236 47,236 2,922 36,519 36,519 1,149 14,364 61,600 1,149 14,364 61,600 2,006 25,081 61,600 ,785 9,813 71,412 ,678 8,473 79,885 ,555 6,935 86,820 ,472 5,895 92,715 ,359 4,492 97,208 ,223 2,792 100,000
Extraction Method: Principal Component Analysis.
Selbstbewertungsvariablen: Faktorladungen
Partnerbewertungsvariablen: Faktorladungen
Rotated Component Matrix
Rotated Component Matrixa
Component 1 2 3 own_V_adequately ,796 ,078 -,196 own_V_professionally ,770 ,044 ,151 own_V_polite ,727 ,253 ,278 own_V_friendly ,645 ,226 ,292 own_V_showedinterest ,216 ,760 -,373 own_V_comprehensible -,024 ,695 ,433 own_V_wellstructured ,216 ,628 ,210 own_V_elaborated ,232 ,119 ,864 Extraction Method: Principal Component Analysis. Rotation Me
Component 1 2 partner_V_friendly ,885 ,012 partner_V_polite ,801 ,225 partner_V_adequately ,717 ,120 partner_V_wellstructured ,632 ,470 partner_V_showedinterest ,547 ,320 partner_V_elaborated ,084 ,850 partner_V_comprehensible ,122 ,698 partner_V_professionally ,513 ,639 Extraction Method: Principal Component Analysis.
a. Rotation converged in 6 iterations.
a. Rotation converged in 3 iterations.
157
Experiment 2 Selbstbewertungsvariablen: erklärter Varianzanteil Total Variance Explained Initial Eigenvalues Loadings Loadings % of Cumulative % of Cumulative % of Cumulative Total Variance Total Variance % % % Component Total Variance 1 2,874 35,920 35,920 2,874 35,920 35,920 2,386 29,831 29,831 2 1,455 18,189 54,109 1,455 18,189 54,109 1,942 24,279 54,109 3 ,887 11,082 65,192 4 ,814 10,178 75,370 5 ,651 8,138 83,507 6 ,518 6,481 89,989 7 ,401 5,015 95,004 8 ,400 4,996 100,000 Extraction Method: Principal Component Analysis.
Partnerbewertungsvariablen: erklärter Varianzanteil Total Variance Explained Initial Eigenvalues Loadings % of Cumulative % of Cumulative % % Total Variance Component Total Variance 1 4,245 53,062 53,062 4,245 53,062 53,062 2 ,990 12,375 65,437 3 ,681 8,510 73,947 4 ,596 7,447 81,394 5 ,473 5,918 87,312 6 ,394 4,930 92,242 7 ,386 4,822 97,064 8 ,235 2,936 100,000 Extraction Method: Principal Component Analysis.
Selbstbewertungsvariablen Rotated Component Matrixa Component 2 own_comprehensible ,811 ,049 own_wellstructured ,759 ,035 own_elaborated ,694 ,084 own_professionally ,621 ,326 own_friendly -,021 ,852 own_polite ,047 ,840 own_adequately ,476 ,480 own_showedinterest ,238 ,406 Extraction Method: Principal Component Analysis. R a. Rotation converged in 3 iterations. 1
Partnerbewertungsvariablen Component Matrixa Component 1 partner_professionally ,813 partner_friendly ,786 partner_polite ,771 partner_comprehensible ,749 partner_showedinterest ,687 partner_elaborated ,673 partner_adequately ,672 partner_wellstructured ,660 Extraction Method: Principal Componen a. 1 components extracted.
Tabelle 19: Ergebnisse der Faktorenanalysen (Einzelvariablen)
158
Nach Guadagnoli und Velicer (1988, in Bortz 2005, S. 523) ist eine generalisierende Interpretation der Faktorenstruktur nur sinnvoll, wenn jeder bedeutsame Faktor bei mindestens vier Variablen eine Faktorladung von über 0,6 aufweist. Dies ist hier nicht durchgehend der Fall, weshalb auf eine detaillierte inhaltliche Interpretation der Faktoren verzichtet wird, allerdings werden die Faktorwerte in weiteren Berechnungen verwendet. Die Faktorwerte der Einzelbewertungsvariablen stellen die z-standardisierten Positionen der einzelnen Personenbeurteilungen im Faktorraum dar, wobei die Achsen die ermittelten Faktoren selbst sind (Bortz 2005). Faktorwerte kleiner Null geben an, dass die auf diesen Faktor hoch ladenden Variablen unterdurchschnittlich bewertet wurden. Sie entspechen demnach einer kommunikativ-kompetitiven Strategie. Faktorwerte größer Null sind dagegen Ausdruck überdurchschnittlicher Bewertungen und entsprechen somit einer kommunikativ-kooperativen Strategie. Die ermittelten Faktoren werden deshalb im Folgenden allgemein mit „Strategiefaktoren“ bezeichnet. Es wird dabei unterschieden zwischen den Faktoren, die auf den Selbstbeurteilungen (Strategie_selbst) beruhen und den Faktoren, die auf den Partnerbeurteilungen beruhen (Strategie_partner), d.h. zwischen der Strategie, die sich die Verhandelnden selbst zuschreiben und der Strategie, die dem Verhandlungspartner zugeschrieben wird. Faktorenanalyse mit zusammengeführten Bewertungsvariablen Für die zusammengeführten Bewertungsvariablen (als Maß der Übereinstimmung zwischen den Partnern, berechnet mittels betragsmäßiger Differenzenbildung aus Selbst- und Fremdbewertungen) ergibt sich ebenfalls eine akzeptable Eignung (KMO = 0,603 bzw. 0,685). In beiden Experimenten werden drei Faktoren extrahiert, mit denen 61,5 bzw. 55,6 Prozent der Gesamtstreuung erklärt werden können (Kriterium für Faktorextraktion: Eigenwert > 1), die Faktoren stimmen inhaltlich allerdings kaum überein (Tabelle 20). Der dritte Faktor im ersten Experiment weist zudem sowohl positive als auch negative Faktorladungen auf. Dies erschwert die inhaltliche Interpretation. Experiment 1
Experiment 2
Rotated Component Matrixa Component 2 m_friendly ,832 -,003 m_polite ,761 ,063 m_wellstructured ,564 ,200 m_elaborated -,203 ,716 m_professionally ,209 ,716 m_showedinterest ,393 ,597 m_adequately ,201 ,142 m_comprehensible ,479 ,114 Extraction Method: Principal Component Analysis. a. Rotation converged in 5 iterations. 1
Rotated Component Matrixa Component 2 3 ,060 m_friendly ,835 ,061 ,081 ,130 m_polite ,791 ,079 ,084 -,162 m_showedinterest ,435 ,402 ,097 -,290 m_comprehensible -,056 ,698 ,241 ,293 m_wellstructured ,122 ,684 -,071 ,107 m_elaborated ,142 ,559 ,098 ,838 m_adequately ,176 -,051 ,843 -,659 m_professionally ,031 ,310 ,721 Rotation Meth Extraction Method: Principal Component Analysis. Rotation Meth 3
1
a. Rotation converged in 4 iterations.
Tabelle 20: Faktorladungen der zusammengeführten Variablen
159
Den Abweichungen auf den Bewertungsvariablen liegt demnach ebenfalls keine einheitliche, stabile Struktur zugrunde. Auch hier werden die Faktorwerte jedoch für weitere Analysen gespeichert, da sie die jeweils im Experiment gültige Variablenstruktur abbilden und Auskunft über die erreichte Verständigung auf den extrahierten Faktoren geben (je höher der Faktorwert, desto höher die Abweichung und desto niedriger somit die erreichte Verständigung). Die Bezeichnung für die entstandenen Faktoren lautet im Folgenden „Kommunikationsqualitätsfaktoren“. 6.4 Zusammenfassung der Forschungsschritte Im Folgenden wird das Vorgehen zur Modellentwicklung noch einmal kurz im Zusammenhang dargestellt. Das theoretische Grundmodell der Kommunikationsqualität (Kapitel 5.4) basiert auf Theorien zur elektronischen Kommunikation, Studien der Verhandlungsforschung und den Charakteristika elektronischer Verhandlungen. Nach dem theoretischen Grundmodell hat Kommunikation in elektronischen Verhandlungen drei Funktionen, hinsichtlich derer die Verhandelnden Verständigung aushandeln (faktisch: Sachinhalte; prozedural: Zusammenhänge und Abläufe; relational: Beziehung und Normen). Die gemeinsam erreichte Verständigungshöhe stellt das Maß für die Qualität der Kommunikation dar. Aus theoretischer Sicht können bestimmte Kommunikationstechniken angewendet werden (Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation), mit deren Hilfe die Verständigung auf der jeweiligen Ebene erhöht werden kann. Faktische Ebene: Grounding ist definiert als der Prozess, mittels dessen Verhandlungspartner ihre gemeinsame Verständigungsbasis (Common Ground) aufbauen und erweitern. Prozedurale Ebene: Kohärenz bezeichnet das gemeinsame Produkt der Fähigkeiten und Motivationen der Verhandlungspartner, sich in ihrer Kommunikation gegenseitig aufeinander zu beziehen, gemeinsam Themen zu entwickeln und damit ihre kommunikativen Handlungen zu koordinieren. Relationale Ebene: Über relationale Kommunikation (z. B. das Einhalten von Normen) definieren die Verhandlungspartner ihre Beziehung zueinander. Die Anwendung der einzelnen Techniken im Kontext elektronischer Verhandlungskommunikation wurde erörtert. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Verständigungstechniken in ihrer Umsetzung und ihren Wirkungen nicht überschneidungsfrei sind. Um für den elektronischen Verhandlungskontext verständigungsrelevante Qualitätsindikatoren zu ermitteln, wurden mittels einer offenen Befragung im Rahmen eines Verhandlungsexperiments sowie einer Praktikerbefragung explizit als positiv und negativ wahrgenommene kommunikative Verhaltensweisen ermittelt. Aufgrund ihrer einheitlichen Bewertung als positiv respektive negativ können die Nennungen als Verständigungsanforderungen an die Ver-
160
handlungskommunikation aufgefasst und daraus Verständigungsvariablen abgeleitet werden. Das Variablenset wurde um angebotskommunikations- und verständigungstechnikbezogene Aspekte reduziert und den Teilnehmern zweier weiterer Verhandlungsexperimente in Form eines schriftlichen Fragebogens zur Beurteilung vorgelegt. Die Probanden beurteilten anhand der Variablen ihr eigenes Verhalten und das ihres Partners. Mit Hilfe von Reliabilitätsanalysen wurde die Eignung der Variablen überprüft und bestätigt. Die Variablen lassen sich zwar inhaltlich den drei funktionalen Ebenen zuordnen, eine Untersuchung der Variablenstruktur mittels explorativer Faktorenanalysen ergab allerdings keine eindeutige, stabile Struktur. Aufgrund der Ergebnisse der theoretischen und ersten empirischen Analysen kann somit festgestellt werden, dass Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen faktische, prozedurale und relationale Aspekte umfasst, diese Aspekte sind jedoch nicht unabhängig voneinander. Um der Dualitäts- und Interaktivitätskomponente von Verhandlungskommunikation Rechnung zu tragen, wurde in den Analysen nicht auf die Höhe der Variablenbeurteilungen, sondern auf die Differenzen zwischen den Wahrnehmungen der Partner fokussiert, denn Qualität der Kommunikation wird hier verstanden als das Ausmaß erzielter Verständigung auf den Variablen, die eindeutig mit einer positiven oder negativen Beurteilung verbunden sind. Die erzielte Verständigung ergibt sich dabei als betragsmäßige Differenz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung. Je geringer die Differenz ist, desto höher ist die erzielte Verständigung. Es wird angenommen, dass das Ausmaß der wechselseitig erzielten Verständigung Effekte auf das Verhandlungsergebnis hat. Ferner wird angenommen, dass durch die Anwendung bestimmter Techniken die gegenseitige Verständigung erhöht werden kann. Außerdem besteht die Annahme, dass die kommunikative Orientierung oder Strategie der Verhandelnden (kooperativ oder kompetitiv) im Zusammenhang mit dem erzielten Verhandlungsergebnis steht, Verständigung jedoch eine notwendige Bedingung für die Wirksamkeit der Strategie darstellt. Diese empirische Überprüfung dieser Annahmen wird im folgenden Kapitel beschrieben. Nach Chatman, Putnam und Sondak (1991) existieren drei unterschiedliche Forschungsansätze, die Kommunikation und Verhandlungsausgänge miteinander in Verbindung setzen: 1. Direkte Verbindung zwischen Kommunikationsprozess und Verhandlungsausgang: Menge, Kanal und Art und Weise der Kommunikation beeinflussen den Verhandlungsausgang. Je unbeschränkter, explorativer, flexibler etc. die Kommunikation ist, desto besser das Verhandlungsergebnis. Kommunikation entscheidet außerdem darüber, ob distributiv oder integrativ verhandelt wird.
161
2. Interne und externe Einflüsse: individuelle Eigenschaften der Kommunikationspartner, Machtverteilung, Erwartungen sowie Kontextvariablen (z. B. Kommunikationskanal) beeinflussen den Kommunikationsprozess und damit das Verhandlungsergebnis. 3. Kommunikation als Beschreibung des Verhandlungsprozesses: Anhand der Kommunikation kann untersucht werden, wie beispielsweise relationale Distanz ausgedrückt wird, welche Interaktionsmuster es gibt oder wie Kontrolle oder Dominanz vermittelt werden. Auch die Phasen, die eine Verhandlung durchläuft, können analysiert werden sowie die Argumente, die zum Einsatz kommen. Hier soll vorrangig die Verbindung zwischen erzielter Verständigung bzw. Kommunikationsqualität und Verhandlungsausgang beschrieben werden. Zudem werden aber auch interne (Verständigungstechniken) und externe Einflüsse (Geschlecht der Verhandelnden, Zielsetzungen) auf die erzielte Verständigung bzw. Qualitätshöhe überprüft. Über die inhaltsanalytische Untersuchung der Verhandlungsnachrichten können außerdem Einblicke in den Kommunikationsprozess gewonnen werden.
162
7 Kommunikationsqualität – Eigenschaften und Effekte Im vorangegangenen Kapitel wurden die in elektronischen Verhandlungen verständigungsrelevanten Kommunikationsbewertungsvariablen (V-Variablen) ermittelt und Kommunikationsqualität definiert als Ausmaß der auf diesen Variablen erreichten Verständigung (Abweichung auf V-Variablen). Im Folgenden wird das in den Verhandlungen erzielte Ausmaß an Verständigung oder Kommunikationsqualität analysiert und die Auswirkungen der erreichten Verständigung auf verschiedene Ergebnisvariablen untersucht, um die ökonomische Relevanz von Kommunikationsqualität zu bestimmen. Außerdem wird betrachtet, ob und in welchem Ausmaß die Anwendung bestimmter Verständigungstechniken (T-Variablen) zu einer Erhöhung der Kommunikationsqualität beiträgt. Anschließend werden die Effekte der gewählten Kommunikationsstrategie (Skalenhöhe der V-Variablen) auf die Ergebnisvariablen ermittelt. Abbildung 16 stellt alle Variablen und die zu untersuchenden Zusammenhänge im Überblick dar.
Verständigungstechniken (T-Variablen)
Kommunikationsqualität
Verhandlungsergebnis
(Abweichung auf V-Variablen)
(Ergebnisvariablen)
Kommunikationsstrategie (Skalenhöhe der V-Variablen)
Abbildung 16:
Untersuchungsmodell
Bei den Analysen wird unter anderem auf die Faktorwerte zurückgegriffen, die sich aus den Strukturprüfungen in Kapitel 6 ergaben, da diese Informationen über die im betrachteten Kontext geltende Struktur beinhalten. Für die Kommunikationsqualitätsfaktoren gilt, dass höhere Faktorwerte eine höhere Abweichung und damit eine geringere Übereinstimmung (bzw. Kommunikationsqualität) zwischen dem Befragten und seinem Verhandlungspartner ausdrücken. Bei den Strategiefaktoren entsprechen hohe Faktorwerte einer kommunikativ-kooperativen (verständigungsorientierten) Strategie, niedrige Faktorwerte sprechen für eine kommunikativ-kompetitive Strategie. Die Daten der Teilnehmer werden sowohl individuell (nach Selbst- und Partnerbewertungen) als auch gekreuzt (in Form einer Gegenüberstellung und Zusammenführung von Selbst- und Fremdbewertungen) ausgewertet. Die erzielten Faktorwerte werden ebenfalls gekreuzt, d.h. die erzielten Faktorwerte von
163
A werden den erzielten Faktorwerten von B gegenübergestellt, um damit ein Bild der gemeinsam erreichten Verständigung zu erhalten. 7.1 Deskriptive Analyse der Verständigungsvariablen Zunächst wird eine deskriptive Analyse der Experimentaldaten durchgeführt, bevor detailliert auf Zusammenhänge und Wirkungen eingegangen wird. Die beiden Experimente und die Datenerhebungsmethodik wurden bereits im vorangegangenen Kapitel beschrieben. 7.1.1 Beurteilungen und Zusammenhänge der Verständigungsvariablen Die Verhandelnden beider Experimente zeichneten sich im Durchschnitt durch ein positiveres (d.h. kommunikativ kooperativ-orientierteres) Selbstbild aus (siehe Tabelle 21): Die Selbstbewertungen (a, b, hier gekennzeichnet durch „own_...“) fielen fast ausnahmslos höher aus als die Bewertungen des Partners (a’, b‘, hier gekennzeichnet durch „partner_...“). Einzige Ausnahme stellt die Verständlichkeit der Argumentation (Variable „comprehensible“) im ersten Experiment dar, hier fiel die Selbstbewertung durchschnittlich etwas niedriger aus als die Partnerbewertung. Experiment 1
Experiment 2 Descriptive Statistics
Descriptive Statistics Std. N Minimum Maximum Mean Deviation own_V_wellstructured own_V_elaborated own_V_showedinterest own_V_comprehensible own_V_polite own_V_friendly own_V_adequately own_V_professionally partner_V_wellstructured partner_V_elaborated partner_V_showedinterest partner_V_comprehensible partner_V_polite partner_V_friendly partner_V_adequately partner_V_professionally Valid N (listwise)
60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60
3 1 4 3 2 3 2 2 2 2 2 2 2 2 2 1
5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
4,17 3,88 4,65 4,35 4,37 4,27 4,32 4,03 3,83 3,78 4,13 4,47 4,10 3,73 3,58 3,97
,526 ,846 ,481 ,606 ,688 ,686 ,624 ,802 ,867 ,922 ,892 ,747 ,933 ,880 ,889 ,938
N own_adequately own_professionally own_showedinterest own_comprehensible own_elaborated own_wellstructured own_friendly own_polite partner_adequately partner_professionally partner_showedinterest partner_comprehensible partner_elaborated partner_wellstructured partner_friendly partner_polite Valid N (listwise)
198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198
Std. Minimum Maximum Mean Deviation 2 2 2 2 2 2 2 2 1 1 1 1 1 1 1 1
5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
4,32 4,17 4,37 4,22 3,85 4,15 4,45 4,47 3,94 4,06 4,06 3,91 3,76 4,10 4,22 4,24
,694 ,706 ,670 ,675 ,766 ,725 ,680 ,650 ,788 ,814 ,874 ,848 ,884 ,822 ,842 ,818
Tabelle 21: Ausprägungen der Verständigungsvariablen Beim Vergleich der gegenseitigen Abweichungen (berechnet als Betragswert der Differenz von Selbst- und Fremdbewertung), welche das Maß für die erzielte Verständigung darstellen, erreichten die Paarungen in beiden Experimenten eine durchschnittliche gegenseitige Abweichung von 0,78 Skalenpunkten (Tabelle 22, Mittelwert über alle durchschnittlichen Abweichungen). Über alle Verhandlungsteilnehmer gemittelt wichen die Selbst- und Fremdbeurteilungen bezüglich der einzelnen Variablen demnach weniger als einen Skalenpunkt voneinander ab. Die durchschnittlich höchste Abweichung im ersten Experiment trat bei der Beurteilung der Angemessenheit auf („m_adequately“),
164
im zweiten Experiment bei der Beurteilung des partnerseitig gezeigten Interesses („m_showedinterest“). Experiment 1
Experiment 2
Descriptive Statistics N Minimum Maximum Mean m_wellstructured 60 ,00 2,00 ,7333 m_elaborated 60 ,00 4,00 ,9333 m_showedinterest 60 ,00 3,00 ,6833 m_comprehensible 60 ,00 2,00 ,6500 m_polite 60 ,00 3,00 ,6667 m_friendly 60 ,00 3,00 ,7333 m_adequately 60 ,00 3,00 1,0000 m_professionally 60 ,00 3,00 ,8000 Valid N (listwise) 60
Descriptive Statistics Std. Deviation ,66042 ,73338 ,77002 ,60576 ,72875 ,77824 ,73646 ,79830
m_adequately m_professionally m_showedinterest m_comprehensible m_elaborated m_wellstructured m_friendly m_polite Valid N (listwise)
Std. N Minimum Maximum Mean Deviation 198 ,00 4,00 ,8485 ,74539 198 ,00 4,00 ,6919 ,76140 198 ,00 4,00 ,8737 ,71901 198 ,00 3,00 ,7879 ,66490 198 ,00 3,00 ,8030 ,74493 198 ,00 3,00 ,8131 ,74072 198 ,00 4,00 ,6818 ,70874 198 ,00 4,00 ,7071 ,73010 198
Tabelle 22: Abweichungen auf den Verständigungsvariablen
Stellt man die Selbst- und Fremdbewertungen („own_…“ und „P_partner_...“) in einer Korrelationsmatrix gegenüber (Tabelle 23), so zeigen sich überraschenderweise nur wenige signifikante Zusammenhänge (markiert sind Korrelationen mit Signifikanzniveau < .05). Lediglich hinsichtlich des gegenseitigen Interesses, der Höflichkeit und der Freundlichkeit bestehen in Experiment 1 direkte positive Korrelationen. In Experiment 2 sind sogar noch weniger Zusammenhänge erkennbar, hier können nur signifikante Korrelationen zwischen den Freundlichkeitsbeurteilungen festgestellt werden. Dies bedeutet, dass eine höhere Beurteilung eines Verhandelnden hinsichtlich eines bestimmten Verhaltensaspekts nur selten mit einer höheren Beurteilung seitens seines Partners einherging. Wenn A sich selbst als häufig freundlich wahrnahm, wurde er also nicht zwingend auch von seinem Verhandlungspartner B als häufig freundlich wahrgenommen. Allerdings weichen die Verhandlungspartner in ihren Beurteilungen – wie die vorhergehende Betrachtung der durchschnittlichen Abweichungen gezeigt hat – auch nicht stark voneinander ab (vgl. Paradoxon der Kommunikation, Kapitel 3.1.1). Als Korrelationskoeffizient für die ordinalskalierten Variablen ist hier Kendalls tau b ausgewiesen, da dieser Koeffizient zwar geringere Werte aufweist als beispielsweise Spearmans rho, dafür aber unempfindlich gegenüber Ausreißern ist (Bühl 2008, S. 349).
165
Experiment 1
Kendall's tau_b
Correlations P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ wellstructure P_partner_V_ showedintere comprehensi P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ professionall elaborated polite friendly adequately d st ble y * ** * * ,132 -,038 ,068 ,218 ,325 ,273 ,248 ,234
own_V_wells Correlation tructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,264 N 60 own_V_elabo Correlation ,118 rated Coefficient Sig. (2-tailed) ,300 N 60 own_V_show Correlation ,191 edinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,114 N 60 own_V_comp Correlation ,220 rehensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,062 N 60 own_V_polite Correlation ,056 Coefficient Sig. (2-tailed) ,634 N 60 own_V_friend Correlation ,117 ly Coefficient Sig. (2-tailed) ,314 N 60 own_V_adeq Correlation ,081 uately Coefficient Sig. (2-tailed) ,493 N 60 own_V_profe Correlation ,076 ssionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,506 N 60 *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
,020 60 ,102
,746 60 -,017
,008 60 ,008
,038 60 ,074
,047 60 -,003
,563 60 ,193
,066 60 ,040
,365 60 ,139
,882 60 ,255*
,943 60 ,172
,518 60 ,149
,982 60 ,016
,089 60 ,116
,725 60 ,155
,249 60 ,224
,036 60 -,074
,172 60 ,127
,223 60 ,191
,895 60 ,132
,338 60 -,055
,203 60 ,079
,056 60 ,009
,534 60 -,040
,299 60 ,097
,110 60
,261 60
,276 *
,286*
,640 60 ,100
,506 60 ,010
,940 60 -,075
,732 60 ,066
,424 60 ,151
,020 60
,015 60
,285 *
,281*
,391 60 ,199
,933 60 ,075
,515 60 ,059
,569 60 -,001
,211 60 -,042
,015 60 ,022
,015 60 ,062
,086 60 ,107
,517 60 ,012
,615 60
,994 60 -,022
,731 60 ,124
,856 60
,600 60 ,187
,365 60
,234
,231
,918 60 ,171
,848 60
,295 60
,042 60
,101 60
,042 60
,239
*
,035 60
*
*
,135 60
Experiment 2
Kendall's tau_b
Correlations P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ P_partner_V_ professionall showedintere comprehensi P_partner_V_ wellstructure P_partner_V_ P_partner_V_ adequately elaborated friendly polite y st ble d -,039 ,094 ,081 ,093 ,045 ,049 ,118 ,134 *
own_adequat Correlation ely Coefficient Sig. (2-tailed) ,544 N 198 own_professi Correlation ,118 onally Coefficient Sig. (2-tailed) ,065 N 198 own_showed Correlation ,061 interest Coefficient Sig. (2-tailed) ,342 N 198 own_compre Correlation -,038 hensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,555 N 198 own_elaborat Correlation ,014 ed Coefficient Sig. (2-tailed) ,819 N 198 own_wellstru Correlation -,071 ctured Coefficient Sig. (2-tailed) ,268 N 198 own_friendly Correlation ,083 Coefficient Sig. (2-tailed) ,200 N 198 own_polite Correlation ,030 Coefficient Sig. (2-tailed) ,648 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,147 198 ,108
,209 198 -,026
,147 198 ,017
,480 198 -,009
,452 198 ,100
,069 198 ,084
,040 198 ,079
,092 198 ,015
,678 198 -,002
,787 198 -,026
,889 198 -,099
,119 198 -,044
,191 198 ,060
,158 *
,815 198 ,162*
,970 198 ,024
,687 198 ,100
,121 198 ,088
,495 198 ,112
,354 198 -,020
,016 198 ,018
,012 198 ,080
,706 198 ,052
,120 198 ,067
,169 198 ,108
,083 198 ,115
,755 198 ,062
,785 198 ,079
,203 198 ,079
,403 198 -,028
,284 198 ,029
,083 198 ,042
,069 198 -,002
,326 198 -,066
,215 198 ,008
,218 198 ,114
,661 198 ,087
,648 198
,511 198 ,072
,979 198 ,075
,303 198 ,161
,906 198 ,103
,079 198 ,110
,178 198 ,042
,001 198 ,119
,261 198 ,034
,247 198 -,028
,013 198 ,126
,116 198 ,060
,093 198
,514 198
,067 198
,594 198
,673 198
,054 198
,361 198
,215
**
*
Tabelle 23: Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdbewertungen
,224 198
166
Hinsichtlich des Ausmaßes der gegenseitig erreichten Verständigung (bzw. den Abweichungen auf den einzelnen Variablen) können ebenfalls kaum lineare Zusammenhänge festgestellt werden (Tabelle 24): Abweichungen eines Partners von seinem Gegenüber hängen (außer in Bezug auf die Variable Professionalität im ersten Experiment sowie Ausführlichkeit und Freundlichkeit im zweiten Experiment) nicht signifikant mit den Abweichungen seines Gegenübers von ihm zusammen. Wenn ein Partner sich gut verständlich machen konnte (d.h. seine Selbstbewertungen stimmten zu großen Teilen mit den Fremdbewertungen seines Partners überein, |a-a’|=minimal), war dies weitgehend unabhängig davon, ob die gute Verständigung hinsichtlich desselben Aspekts auch umgekehrt (|b-b‘|) gut funktionierte. Deshalb ist es erforderlich, in die Analyse der Wirkungen von Kommunikationsqualität beide Verständigungsrichtungen (d.h. die Verständigungswerte beider Partner) einzubeziehen. Experiment 1 Correlations m_wellstruct m_elaborate m_showedint m_comprehe ured d erest nsible ,075 ,071 ,060 ,152
Kendall's tau bP_m_wellstr Correlation uctured Coefficient Sig. (2-tailed) ,531 N 60 P_m_elabora Correlation ,071 ted Coefficient Sig. (2-tailed) ,555 N 60 P_m_showe Correlation ,060 dinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,615 N 60 P_m_compre Correlation ,152 hensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,214 N 60 P_m_polite Correlation -,075 Coefficient Sig. (2-tailed) ,533 N 60 P_m_friendly Correlation -,167 Coefficient Sig. (2-tailed) ,160 N 60 P_m_adequa Correlation ,202 tely Coefficient Sig. (2-tailed) ,089 N 60 P_m_profess Correlation ,267* ionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,024 N 60 *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
m_polite -,075
m_friendly -,167
m_adequatel m_professio y nally ,202 ,267 *
,555 60 -,030
,615 60 -,029
,214 60 ,001
,533 60 ,146
,160 60 ,008
,089 60 ,111
,024 60 -,018
,802 60 -,029
,804 60 ,188
,993 60 ,133
,221 60 -,017
,943 60 ,076
,345 60 ,171
,880 60 -,088
,804 60 ,001
,111 60 ,133
,270 60 ,120
,884 60 -,043
,518 60 -,090
,146 60 ,043
,453 60 -,199
,993 60 ,146
,270 60 -,017
,331 60 -,043
,721 60 ,068
,453 60 ,045
,717 60 ,214
,098 60 ,014
,221 60 ,008
,884 60 ,076
,721 60 -,090
,571 60 ,045
,702 60 ,116
,070 60
,909 60 ,063
,943 60 ,111
,518 60 ,171
,453 60 ,043
,702 60 ,214
,324 60 ,296
,345 60 -,018
,146 60 -,088
,717 60 -,199
,070 60 ,014
,011 60 ,063
,933 60
,004 60
,338**
,304 **
,880 60
,453 60
,098 60
,909 60
,593 60
,004 60
,009 60
*
,296
*
,011 60 ,010
,593 60 ,338
**
167
Experiment 2 Correlations m_adequatel m_professio m_showedint m_comprehe m_elaborate m_wellstruct y nally erest nsible d ured ,033 ,068 ,055 ,041 ,110 ,056
Kendall's tau_ P_m_adequa Correlation tely Coefficient Sig. (2-tailed) ,611 N 198 P_m_profess Correlation ,068 ionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,294 N 198 P_m_showe Correlation ,055 dinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,396 N 198 P_m_compre Correlation ,041 hensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,532 N 198 P_m_elabora Correlation ,110 ted Coefficient Sig. (2-tailed) ,086 N 198 P_m_wellstr Correlation ,056 uctured Coefficient Sig. (2-tailed) ,385 N 198 * P_m_friendly Correlation ,162 Coefficient Sig. (2-tailed) ,013 N 198 P_m_polite Correlation ,031 Coefficient Sig. (2-tailed) ,630 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
m_friendly ,162*
m_polite ,031
,294 198 ,098
,396 198 ,101
,532 198 ,064
,086 198 ,080
,385 198 ,002
,013 198 ,103
,630 198 ,045
,133 198 ,101
,120 198 ,037
,328 198 -,043
,220 198 -,011
,970 198 -,037
,116 198 ,114
,488 198 -,024
,120 198 ,064
,567 198 -,043
,507 198
,861 198 ,041
,564 198 -,030
,082 198
-,136 *
,151*
,711 198 ,042
,328 198 ,080
,507 198 -,011
,038 198 ,041
,530 198 ,167 **
,640 198 -,056
,022 198 ,039
,525 198 ,071
,220 198 ,002
,861 198 -,037
,530 198 -,030
,010 198 -,056
,384 198 ,119
,551 198 ,052
,272 198 ,086
,970 198 ,103
,564 198 ,114
,640 198
,384 198 ,039
,065 198 ,052
,428 198
,151
,188 198 ,047
,116 198 ,045
,082 198 -,024
,022 198 ,042
,551 198 ,071
,428 198 ,086
,000 198 ,047
,476 198 -,064
,488 198
,711 198
,525 198
,272 198
,188 198
,476 198
,331 198
*
,238
**
Tabelle 24: Korrelationen zwischen Abweichungen der Partner Die wenigen signifikanten Zusammenhänge und die vergleichsweise niedrigen Korrelationskoeffizienten weisen darauf hin, dass die Partner in der gegenseitigen Kommunikationsbeurteilung insgesamt relativ unabhängig voneinander agierten. 7.1.2 Einflüsse von Kontextvariablen Bevor die Auswirkungen von Kommunikationsqualität genauer betrachtet werden, wird untersucht, ob bestimmte äußere Bedingungen die individuellen Beurteilungen und die erzielten Übereinstimmungen auf den Verständigungsvariablen (mit)bestimmen. In einem Vor-Verhandlungsfragebogen wurden dazu im zweiten Experiment verschiedene soziodemographische Merkmale sowie Einstellungen in Bezug auf die Verhandlung (Zielsetzung) erhoben. Mit äußeren Einflüssen auf Verhandlungsergebnisse haben sich bereits viele Studien auseinandergesetzt. Als Einflussfaktoren wurden beispielsweise identifiziert: die motivationale Orientierung der Verhandlungspartner (Schei & Rognes 2003), die Abhängigkeit der Verhandlungspartner vom Verhandlungsergebnis (Atkin & Rinehart 2006), Zeitdruck oder Deadlines (Walther & Burgoon 1992; Burgoon & Hale 1984; Gneezy et al. 2003), Wahrnehmungen und vorherige Beziehungen der Verhandlungspartner (Tutzauer 1991) sowie die Erwartungen der Verhandlungspartner an das Verhandlungsergebnis
168
(Oliver et al. 1994). Auch die Einflüsse von Alter, Erfahrung, Bildung und Beruf (Lewicki et al. 2003, S. 262; Kersten & Zhang 2003), des Geschlechts der Verhandelnden (Spitzberg 2003, S. 100), herrschender Strukturen und sozialer Normen, Werte und Beziehungen (Spangle & Isenhart 2003, S. 21), persönlicher Eigenschaften, des Verhandlungsmediums, der Anzahl der Beteiligten, informeller Regeln und der physischen Umwelt (Lewicki et al. 2003, S. 277) wurden bereits erforscht. Es ist nicht möglich, alle Einflussfaktoren in einer einzelnen Studie abzudecken. Diese Arbeit beschränkt sich auf die Betrachtung des Geschlechts und der Zielsetzungen der Verhandlungspartner. Die genannten Aspekte werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Kommunikationsqualitätsfaktorwerte und die Einzelvariablenhöhen überprüft. Die durchschnittlichen Werte der Kommunikationsqualitätsfaktoren und ihre Streuungen sind in Tabelle 25 abgebildet. Hier sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die einzelnen Faktoren zwischen den Experimenten inhaltlich nicht übereinstimmen, weshalb keine generalisierenden Interpretationen der Faktoren vorgenommen wurden. Experiment 1 Descriptive Statistics N KQ-Faktor 1 KQ-Faktor 2 KQ-Faktor 3 Valid N (listwise)
Minimum 60 60 60 60
-1,74534 -1,49874 -2,40005
Maximum 3,44211 4,17223 1,71218
Mean ,0000000 ,0000000 ,0000000
Std. Deviation 1,00000000 1,00000000 1,00000000
Experiment 2 Descriptive Statistics N KQ-Faktor 1 KQ-Faktor 2 KQ-Faktor 3 Valid N (listwise)
Minimum 198 198 198 198
-1,90729 -2,28220 -1,72751
Maximum 3,88358 3,23480 4,98861
Mean ,0000000 ,0000000 ,0000000
Std. Deviation 1,00000000 1,00000000 1,00000000
Tabelle 25: Kommunikationsqualität-Faktorwerte Zwischen den individuellen Zielsetzungen der Verhandelnden vor der Verhandlung und den erzielten Kommunikationsqualitätsfaktor- und Einzelwerten bestehen keine signifikanten Zusammenhänge. Nichtparametrische Tests für unabhängige Stichproben ergaben keinerlei signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen mit Gewinnorientierung („high profit“), Beziehungsorientierung („good relationship“) und beidseitiger Orientierung („both“; Tabelle 26, individuelle Zielbetrachtung). Auch in Bezug auf die Übereinstimmung der Partner hinsichtlich ihres Verhandlungsziels zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Für diese Analyse wurden die Verhandlungspaare in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe umfasste diejenigen Verhandlungspaare, bei denen beide Verhandlungspartner dasselbe Verhandlungsziel hatten („fit“). Die zweite Gruppe beinhaltete diejenigen Verhandlungspaare, bei denen die Verhandlungspartner
169
unterschiedliche Ziele verfolgten („no fit“). Anschließend wurden nichtparametrische Tests für zwei unabhängige Stichproben durchgeführt (Tabelle 26, Zielübereinstimmung). Individuelle Zielbetrachtung a,b
Chi-Square df Asymp. Sig.
Test Statistics KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 KQ_Faktor 3 ,079 2,932 2,435 2 2 2 ,961 ,231 ,296
P_KQ1 ,303 2 ,859
P_KQ2 ,396 2 ,820
P_KQ3 3,064 2 ,216
a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: negotiationgoal a,b
Test Statistics own_adequat own_professi own_showed own_compre own_elaborat own_wellstru ely onally interest hensible ed ctured own_friendly Chi-Square df Asymp. Sig.
1,067 2 ,587
2,948 2 ,229
2,292 2 ,318
1,291 2 ,524
1,273 2 ,529
,319 2 ,853
own_polite
3,768 2 ,152
3,499 2 ,174
a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: negotiationgoal a,b
Test Statistics partner_adeq partner_profe partner_sho partner_com partner_elab partner_wells partner_frien partner_polit uately ssionally wedinterest prehensible orated tructured dly e Chi-Square 2,709 ,779 df 2 2 Asymp. Sig. ,258 ,677 a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: negotiationgoal
,758 2 ,684
2,297 2 ,317
,049 2 ,976
2,236 2 ,327
1,292 2 ,524
,914 2 ,633
Zielübereinstimmung KQ_Faktor 1
KQ_Faktor 2
Mann4288,000 Whitney U Wilcoxon W 13066,000 Z -,179 Asymp. Sig. ,858 (2-tailed) a. Grouping Variable: fit_goal
Test Statistics KQ_Faktor 3
a
P_KQ1
P_KQ2
P_KQ3
4282,000
3893,000
4288,000
4282,000
3893,000
6493,000 -,195 ,846
12671,000 -1,218 ,223
13066,000 -,179 ,858
6493,000 -,195 ,846
12671,000 -1,218 ,223
Test Statistics a own_adequat own_professi own_showed own_compre own_elaborat own_wellstru own_friendly ely onally interest hensible ed ctured Most Extreme Absolute Differences Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed)
own_polite
,076 ,076 -,008 ,503
,068 ,008 -,068 ,452
,030 ,030 -,008 ,201
,083 ,083 -,030 ,553
,106 ,030 -,106 ,704
,061 ,061 -,053 ,402
,030 ,015 -,030 ,201
,030 ,000 -,030 ,201
,962
,987
1,000
,920
,705
,997
1,000
1,000
a. Grouping Variable: fit_goal Test Statistics a partner_adeq partner_profe partner_sho partner_com partner_elab partner_wells partner_frien partner_polit uately ssionally wedinterest prehensible orated tructured dly e Most Extreme Absolute Differences Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed)
,076 ,015 -,076 ,503
,098 ,038 -,098 ,653
,159 ,000 -,159 1,055
,053 ,000 -,053 ,352
,076 ,008 -,076 ,503
,030 ,030 -,008 ,201
,030 ,015 -,030 ,201
,038 ,023 -,038 ,251
,962
,787
,215
1,000
,962
1,000
1,000
1,000
a. Grouping Variable: fit_goal
Tabelle 26: Auswirkungen der Zielsetzung der Verhandelnden
170
Bei der Unterscheidung nach Geschlechtern konnten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Kommunikationsqualitätsfaktoren nachgewiesen werden. Nur in Bezug auf eine einzige Variable ergab sich ein signifikanter Unterschied. Demnach wiesen Frauen in der Selbstbewertung der Variable „Interesse“ einen signifikant höheren Wert auf als Männer (Tabelle 27, individuelle Geschlechtsbetrachtung). Die geschlechtliche Zusammensetzung der Verhandlungspaare erwies sich ebenfalls als kein relevanter Einflussfaktor auf die getesteten Variablen. Nichtparametrische Tests für unabhängige Stichproben zwischen den Gruppierungen männlich-männlich, männlich-weiblich und weiblich-weiblich zeigten keine signifikanten Unterschiede (Tabelle 27, Vergleich der Faktorwerte). Individuelle Geschlechtsbetrachtung: Vergleich der Faktorwerte KQ_Faktor1
KQ_Faktor2
Mann4236,000 Whitney U Wilcoxon W 11376,000 Z -1,176 Asymp. Sig. ,239 (2-tailed) a. Grouping Variable: gender
Test Statistics KQ_Faktor3
a
P_KQ1
P_KQ2
P_KQ3
4504,000
4505,000
4600,500
4570,500
4644,500
7664,000 -,498 ,619
11645,000 -,495 ,621
7760,500 -,253 ,800
11710,500 -,329 ,742
11784,500 -,142 ,887
Individuelle Geschlechtsbetrachtung: Vergleich der Einzelvariablen Test Statistics
a
Report own_showedinterest
Most Extreme Differences Absolute Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed)
own_showedinterest Std. gender Mean N Deviation male 4,18 79 ,694 female 4,50 119 ,623 Total 4,37 198 ,670
,242 ,000 -,242 1,670 ,008
a. Grouping Variable: gender
Geschlechtsübereinstimmung: Vergleich der Faktorwerte a,b
Chi-Square df Asymp. Sig.
Test Statistics KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 KQ_Faktor 3 1,351 ,025 ,241 2 2 2 ,509 ,988 ,886
a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: fit_gender
P_KQ1 1,351 2 ,509
P_KQ2 ,025 2 ,988
P_KQ3 ,241 2 ,886
171
Geschlechtsübereinstimmung: Vergleich der Einzelvariablen a,b
Test Statistics own_adequat own_professi own_showed own_compre own_elaborat own_wellstru ely onally interest hensible ed ctured own_friendly Chi-Square df Asymp. Sig.
1,966 2 ,374
,970 2 ,616
4,719 2 ,094
1,647 2 ,439
,276 2 ,871
,744 2 ,689
1,358 2 ,507
own_polite 3,286 2 ,193
a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: fit_gender a,b
Test Statistics partner_adeq partner_profe partner_sho partner_com partner_elab partner_wells partner_frien partner_polit uately ssionally wedinterest prehensible orated tructured dly e Chi-Square ,296 df 2 Asymp. Sig. ,862 a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: fit_gender
2,413 2 ,299
,934 2 ,627
2,613 2 ,271
1,159 2 ,560
,750 2 ,687
,158 2 ,924
,050 2 ,975
Tabelle 27: Auswirkungen des Geschlechts der Verhandelnden Für die hier untersuchten Einflussfaktoren Zielsetzung und Geschlecht kann zusammenfassend festgestellt werden, dass sie keine Relevanz in Bezug auf die Höhe der Verständigungsvariablen und die Höhe der Kommunikationsqualität aufweisen. 7.2 Bedeutung von Verständigungstechniken Im theoretischen Teil der Arbeit wurden verschiedene Techniken (Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation, Kapitel 3.1 sowie Kapitel 5.1 bis 5.3) beschrieben, mithilfe derer elektronisch Verhandelnde Verständigung erzeugen und erhöhen können. Im Folgenden wird nun untersucht, inwiefern die Häufigkeit der Anwendung spezifischer Techniken das Ausmaß erzielter Verständigung beeinflusst. In den Verhandlungsexperimenten waren die Verhandlungspartner vorab nicht miteinander bekannt. Es bestand somit in keiner der Verhandlungen bereits vorab ein persönlicher Common Ground oder eine Beziehung. Zudem war die Verhandlungsstruktur in allen Verhandlungen gleich komplex. Deshalb wird angenommen, dass ein selteneres Auftreten von Kommunikationstechniken nicht auf eine bereits bestehende, gute Verständigungsbasis oder einen geringeren Bedarf an Verständigung zurückzuführen ist. Es wird überprüft, inwiefern ein häufigerer Technikeinsatz das Ausmaß erreichter Verständigung beeinflusst. Dies wird sowohl anhand von subjektiven Wahrnehmungen als auch anhand einer objektiven Überprüfung der Technikanwendung durchgeführt. Dabei wird zwar die Häufigkeit des Technikeinsatzes, nicht jedoch die genaue Art und Weise ihrer Umsetzung untersucht. Durch den Abgleich subjektiver mit objektiven Messmethoden kann allerdings die Validität von Forschungsergebnissen erhöht werden. Auch Spitzberg und Cupach (1989, S. 59) sowie Thompson (1990, S. 528) halten es explizit für nützlich, die Wahrnehmung von Verhandelnden mit objektiven Maßen abzugleichen und es zeigt sich in anderen Untersuchungsfeldern, dass die gleich-
172
zeitige Verwendung subjektiver und objektiver Maße üblich ist (Beispiel: Erhebung der Effektivität und Effizienz von CSCW-Systemen, Appel 2000). 7.2.1 Subjektive Wahrnehmung der Technikanwendung Der Technikeinsatz der Verhandelnden wurde im Rahmen des Nachverhandlungsfragebogens in Form einer Häufigkeitsabfrage der im theoretischen Teil beschriebenen und auf den elektronischen Kontext adaptierten Verständigungstechniken aus Sicht von Sender und Empfänger mittels 5-PunktLikertskalen erhoben (Skala: 1 = nie, 2 = selten, 3 = manchmal, 4 = häufig, 5 = immer). Die Erhebung der Technikanwendung umfasste folgende, aus den theoretischen Ansätzen abgeleitete Aspekte (vgl. Kapitel 5.1 bis 5.3): - Nachfragen bei eigenen Verständnisproblemen - Nachfragen bei vermuteten Verständnisproblemen des Partners - Wiederholen von Aussagen des Partners - Zusammenfassen von Aussagen des Partners - Erläutern von Sachverhalten - Bezugnehmen auf Argumente - Bezugnehmen auf Themen, Vorschläge oder Nachrichten - Strukturieren des Verhandlungsprozesses Von den abgefragten Techniken wurden im ersten Experiment am häufigsten die Bezugnahme auf Themen und die Bezugnahme auf Argumente eingesetzt, am seltensten die Nachfrage bei eigenen Verständnisproblemen. Im zweiten Experiment setzten die Verhandlungspartner insbesondere die Bezugnahme auf Themen und Prozessstrukturierungen ein, dagegen fragten sie sehr selten nach, wenn sie vermuteten, dass ihr Partner Verständnisprobleme hatte (Tabelle 28). Im ersten Experiment war die Selbstwahrnehmung des Technikeinsatzes (own_...) in Bezug auf alle Technikvariablen durchgängig höher als die Partnerwahrnehmung (partner_...), d.h. die Verhandelnden beurteilten ihren eigenen Technikeinsatz durchschnittlich mit höheren Skalenwerten als den ihres Partners. Im zweiten Experiment war dagegen die Partnerwahrnehmung hinsichtlich des Einsatzes von Zusammenfassungen und Wiederholungen höher als die Selbstwahrnehmung.
173
Experiment 1
Experiment 2 Descriptive Statistics
Descriptive Statistics Std. N Minimum Maximum Mean Deviation own_T_explained own_T_partprobasked own_T_ownprobasked own_T_repeated own_T_concluded own_T_referedtoarg own_T_referedtoissues own_T_processstructured partner_T_explained partner_T_partprobasked partner_T_ownprobasked partner_T_repeated partner_T_concluded partner_T_referedtoarg partner_T_referedtoissues partner_T_processstructured Valid N (listwise)
60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60
2 1 1 1 1 3 3 2 2 1 1 1 1 2 3 2
5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
4,08 2,77 1,78 3,08 3,07 4,47 4,58 4,32 3,45 2,30 1,57 2,97 3,03 4,00 4,13 3,82
,720 1,240 ,940 ,996 ,989 ,596 ,530 ,701 ,910 1,293 ,945 1,089 ,956 ,902 ,724 ,911
N own_ownprobasked own_partprobasked own_concluded own_repeated own_referedtoissues own_referedtoarg own_processstructured own_explained partner_ownprobasked partner_partprobasked partner_concluded partner_repeated partner_referedtoissues partner_referedtoarg partner_processstructured partner_explained Valid N (listwise)
198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198 198
Std. Minimum Maximum Mean Deviation 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 2 1
5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5 5
2,95 2,60 3,42 3,04 4,19 4,01 4,24 3,99 2,63 2,44 3,51 3,30 3,95 3,74 3,97 3,73
1,546 1,456 ,820 ,984 ,768 ,787 ,868 ,890 1,422 1,383 ,871 ,927 ,795 ,866 ,840 ,865
Tabelle 28: Technikeinsatz Eine Korrelationsanalyse zwischen Selbst- und Partnerwahrnehmung des Technikeinsatzes gibt Grund zu der Annahme, dass die Verhandelnden sich in ihrem Technikeinsatz einander anpassten: Die Korrelationskoeffizienten sind ausnahmslos positiv (Tabelle 29). Dies bedeutet: Gab ein Verhandelnder an, dass sein Partner sehr häufig auf seine Argumente Bezug genommen hat, behauptete er auch von sich selbst, häufig Bezug auf die Argumente seines Partners genommen zu haben (bzw. umgekehrt). Eine Kausalität oder Wirkungsrichtung kann aus dieser Analyse jedoch nicht bestimmt werden.
174
Experiment 1 Correlations
Kendall's tau_b
own_T_expla own_T_partp own_T_ownp own_T_repe own_T_concl own_T_refer own_T_refer own_T_proce ined robasked robasked ated uded edtoarg edtoissues ssstructured ,220 ,048 ,110 ,080 ,185 -,002 ,122 ,206
partner_T_ex Correlation plained Coefficient Sig. (2-tailed) ,055 N 60 partner_T_pa Correlation ,113 rtprobasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,314 N 60 partner_T_o Correlation -,113 wnprobasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,340 N 60 partner_T_re Correlation ,039 peated Coefficient Sig. (2-tailed) ,730 N 60 partner_T_co Correlation -,013 ncluded Coefficient Sig. (2-tailed) ,911 N 60 partner_T_ref Correlation ,054 eredtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,639 N 60 partner_T_ref Correlation ,076 eredtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,516 N 60 partner_T_pr Correlation ,080 ocessstructur Coefficient Sig. (2-tailed) ,484 ed N 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,656 60
,334 60
,420**
,439**
,000 60
,000 60
**
**
,377
,001 60
,462
,472 60 ,143
,244 *
,094 60
,988 60 ,204
,308 60 -,040
,076 60 ,166
,188 60 ,133
,025 60 ,189
,079 60 ,132
,731 60 -,014
,146 60 ,263 *
,278 60 ,193
,913 60 -,096
,028 60 ,221
,417 60 -,273*
,053 60 ,198
,023 60 ,163
,088 60 ,161
,177 60 ,190
,170 60 ,120
,121 60 ,168
,242
,159 60
,037 60
,248 60
,099 60
,253*
,000 60 ,127
,456 **
,323 **
,018 60 ,178
,257 60 ,058
,000 60 ,215
,354 **
,096 60 ,156
,103 60 ,167
,609 60 ,108
,052 60 ,086
,001 60
,187 60
,270
*
**
,129 60
,345 60 ,106
,440 60 -,069
,016 60 ,066
,363 60
,543 60 ,155
,239
,163 60
,220
*
,049 60 ,197
,274
,071 60
,016 60
*
,003 60
,494
,000 60 ,269
*
,562 60
,026 60
*
,272
,031 60
,021 60
*
,315 60 *
Experiment 2 Correlations own_ownpro own_partpro own_conclud own_repeate own_referedt own_referedt own_process own_explain basked basked ed d oissues oarg structured ed ,067 ,149 * ,475** ,533** ,249** ,142 * ,185 ** ,254**
Kendall's tau bpartner_own Correlation probasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_partp Correlation ,412** robasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_concl Correlation ,116 uded Coefficient Sig. (2-tailed) ,052 N 198 partner_repe Correlation ,199** ated Coefficient Sig. (2-tailed) ,001 N 198 partner_refer Correlation ,132* edtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,028 N 198 partner_refer Correlation ,084 edtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,161 N 198 ** partner_proc Correlation ,167 essstructure Coefficient Sig. (2-tailed) ,005 d N 198 partner_expla Correlation ,140* ined Coefficient Sig. (2-tailed) ,019 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
Tabelle 29: Technikanpassung
,000 198
,000 198
,016 198
,002 198
,000 198
,565**
,232**
,185 **
,133 *
,231**
,000 198 ,162
**
,000 198 ,437
**
,002 198 ,250
**
,030 198 ,172
**
,000 198 ,183
**
,269 198 ,047
,013 198 ,176 **
,444 198
,003 198
**
,137
,182
*
,007 198
,000 198
,000 198
,007 198
,004 198
,004 198
,028 198
,169**
,248**
,369 **
,264 **
,249**
,204**
,166 **
,004 198
,000 198
,000 198
,000 198
,001 198
,130*
,129*
,000 198 ,022
,292 **
,248**
,165**
,007 198 ,104
,032 198 ,093
,717 198 ,044
,000 198
,000 198
,009 198
,096 198
,123*
,227 **
,294**
,207**
,185 **
,119 198 ,168
**
,041 198
,050 198 ,201
**
,473 198 ,175
**
,000 198 ,172
**
,000 198 ,174
**
,001 198
,003 198
**
,123
,274
*
,005 198
,001 198
,004 198
,007 198
,006 198
,000 198
,049 198
,145*
,131*
,148 *
,131 *
,287**
,208**
,273 **
,015 198
,036 198
,015 198
,039 198
,000 198
,001 198
,000 198
175
Aufgrund der theoretischen Überlegungen der vorangegangenen Kapitel wird angenommen, dass eine häufigere Anwendung der Techniken die Verständigung zwischen den Verhandlungspartnern erhöht. Dieser Zusammenhang wird mittels linearer Regressionen überprüft. Dabei stellen die einzelnen Kommunikationsqualitätsfaktoren jeweils die abhängige Variable dar, die unabhängigen Variablen sind die Wahrnehmungen der Technikanwendung durch die eigene Person und den Verhandlungspartner (Selbst- und Fremdwahrnehmung). Im ersten Experiment können 16,9 Prozent der Streuung des ersten Kommunikationsqualitätsfaktors mittels der Regressionsgeraden erklärt werden, die sich aus der Fremdwahrnehmung des Technikeinsatzes ergibt. Als signifikante Einflussvariablen erweisen sich die Bezugnahme auf Argumente und die Bezugnahme auf Themen. Je häufiger der Einsatz dieser Techniken wahrgenommen wurde, desto höher war die erzielte Verständigung (Tabelle 30). In Bezug auf den zweiten Kommunikationsqualitätsfaktor werden 11 Prozent der gesamten Streuung mittels der Häufigkeit der Technikwahrnehmung erklärt. Hier spielt die Nachfrage bei vermuteten Verständnisproblemen des Partners eine entscheidende Rolle. Je häufiger ein Verhandelnder wahrnahm, dass sein Verhandlungspartner nachfragte, desto besser war die erzielte Verständigung. Hinsichtlich des dritten Faktors können nur 5,1 Prozent der Streuung erklärt werden. Zudem ist der Beta-Koeffizient der signifikanten Einflussvariablen (Wiederholen) positiv, was für einen negativ-linearen Zusammenhang zwischen dem dritten Kommunikationsqualitätsfaktor und dem Technikeinsatz spricht. Dies lässt sich durch die Zusammensetzung des dritten Faktors aus positiven und negativen Faktorladungen erklären.
176
Experiment 1 Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 1 c
Model Summary
Change Statistics Model 1 2
R
R Square ,126 ,197
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,111 ,94270827 ,169 ,91155834
R Square Change ,126 ,071
,355a b ,444 a. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoarg b. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoarg, P_own_T_referedtoissues c. Dependent Variable: KQ_Faktor 1
F Change 8,389 5,032
df1
Sig. F Change ,005 ,029
DurbinWatson
58 57
58
Sig. F Change ,006
DurbinWatson 2,012
df2 1 1
1,990
c
ANOVA Model 1
2
Sum of Squares 7,455 51,545 59,000 11,636
Regression Residual Total Regression
df 1 58 59 2
Mean Square 7,455 ,889
F
Sig.
5,818
8,389
,005 a
7,002
,002 b
Residual 47,364 57 ,831 Total 59,000 59 a. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoarg b. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoarg, P_own_T_referedtoissues c. Dependent Variable: KQ_Faktor 1
Model 1
2
Coefficients a Standardized Unstandardized Coefficients Coefficients B Std. Error Beta (Constant) 1,576 ,558 P_partner_T_ -,394 ,136 -,355 referedtoarg (Constant) P_partner_T_ referedtoarg
t
Sig. 2,827 -2,896
,006 ,005
3,732 -,352
1,102 ,133
-,317
3,387 -2,647
,001 ,010
P_own_T_ref -,507 eredtoissues a. Dependent Variable: KQ_Faktor 1
,226
-,269
-2,243
,029
Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 2 Model Summaryb Change Statistics Model 1
R a
R Square ,125
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,110 ,94351970
,353 a. Predictors: (Constant), P_own_T_partprobasked b. Dependent Variable: KQ_Faktor 2
R Square Change ,125
F Change 8,275
b
ANOVA Model 1
Regression
Sum of Squares 7,367
df 1
Residual 51,633 Total 59,000 a. Predictors: (Constant), P_own_T_partprobasked b. Dependent Variable: KQ_Faktor 2
58 59
Coefficients
Model 1
(Constant)
Mean Square 7,367
Sig. 8,275
,006 a
a
Standardized Unstandardized Coefficients Coefficients B Std. Error Beta ,788 ,300
P_own_T_pa -,285 rtprobasked a. Dependent Variable: KQ_Faktor 2
F
,890
,099
-,353
t
Sig. 2,629
,011
-2,877
,006
df1
df2 1
177
Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 3 Model Summaryb Change Statistics Model 1
R a
R Square ,067
,259 a. Predictors: (Constant), P_own_T_repeated b. Dependent Variable: KQ_Faktor 3
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,051 ,97420704
R Square Change ,067
F Change 4,166
df1
df2 1
58
Sig. F Change ,046
DurbinWatson 2,197
b
ANOVA Model 1
Regression
Sum of Squares 3,953
df 1
Residual 55,047 Total 59,000 a. Predictors: (Constant), P_own_T_repeated b. Dependent Variable: KQ_Faktor 3
58 59
Coefficients
Model 1
(Constant)
Mean Square 3,953
,260
Sig. ,046 a
4,166
a
Standardized Unstandardized Coefficients Coefficients B Std. Error Beta -,801 ,412
P_own_T_re peated a. Dependent Variable: KQ_Faktor 3
F
,949
,127
,259
t
Sig. -1,944
,057
2,041
,046
Tabelle 30: Auswirkungen der Techniken auf die Kommunikationsqualitätsfaktoren (Experiment 1) Im zweiten Experiment können hauptsächlich in Bezug auf den zweiten Kommunikationsqualitätsfaktor deutliche Zusammenhänge nachgewiesen werden (Tabelle 31). Während auf den ersten Kommunikationsqualitätsfaktor nur die Wahrnehmung der Technik „Bezugnahme auf Argumente“ einen signifikanten Einfluss ausübt (5,5 Prozent erklärter Streuungsanteil) und auf den dritten Kommunikationsqualitätsfaktor die Wahrnehmung der „Bezugnahme auf Themen“ mit 5,9 Prozent zur Erklärung der Streuung beiträgt, können mithilfe der Techniken „Erläuterung von Sachverhalten“, „Bezugnahme auf Themen“, „Prozessstrukturierung“ und „Wiederholungen“ 14,1 Prozent der Streuung des zweiten Kommunikationsqualitätsfaktors erklärt werden. Für alle Techniken besteht ein negativer Beta-Koeffizient, d.h. je häufiger die Technik wahrgenommen wurde, desto besser war die erzielte Verständigung.
Experiment 2 Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 1 b
Model Summary
Change Statistics Model 1
R
R Square ,060
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,055 ,97186868
,245a a. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoarg b. Dependent Variable: KQ_Faktor 1
R Square Change ,060
F Change 12,570
df1
Sig. F Change
df2 1
196
,000
DurbinWatson 1,773
178
Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 2 Model Summarye Change Statistics Model 1
R
R Square ,082
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,077 ,96078305
R Square Change ,082
F Change 17,410
,286
a
2
,338
b
,114
,105
,94596348
,033
3
,368
c
,135
,122
,93699928
,021
,141
,92687006
,023
d
4
,158 ,398 a. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained
1
196
Sig. F Change ,000
7,189
1
195
,008
4,749
1
194
,031
5,263
1
193
,023
df1
df2
DurbinWatson
1,909
b. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues c. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues, P_partner_T_processstructured d. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues, P_partner_T_processstructured, own_repeated e. Dependent Variable: KQ_Faktor 2 e
ANOVA Model 1
Regression
Sum of Squares 16,072
2
Residual Total Regression
180,928 197,000 22,505
196 197 2
3
Residual Total Regression
174,495 197,000 26,674
195 197 3
4
Residual Total Regression
170,326 197,000 31,196
194 197 4
Residual Total
165,804 197,000
193 197
df 1
Mean Square 16,072
F 17,410
Sig. ,000
a
12,575
,000
b
10,127
,000
c
9,078
,000
d
,923 11,252 ,895 8,891 ,878 7,799 ,859
a. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained b. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues c. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues, P_partner_T_processstruct d. Predictors: (Constant), P_partner_T_explained, partner_referedtoissues, P_partner_T_processstruc e. Dependent Variable: KQ_Faktor 2 a
Model 1
2
3
4
Coefficients Standardized Unstandardized Coefficients Coefficients B Std. Error Beta (Constant) P_partner_T_ explained (Constant) P_partner_T_ explained partner_refer edtoissues (Constant) P_partner_T_ explained partner_refer edtoissues P_partner_T_ processstruct ured (Constant)
P_partner_T_ explained partner_refer edtoissues P_partner_T_ processstruct ured own_repeate d a. Dependent Variable: KQ_Faktor 2
t
Sig.
1,231 -,330
,303 ,079
-,286
4,065 -4,173
,000 ,000
2,110 -,325
,443 ,078
-,281
4,762 -4,166
,000 ,000
-,227
,085
-,181
-2,681
,008
2,539 -,240
,481 ,087
-,207
5,278 -2,770
,000 ,006
-,221
,084
-,176
-2,627
,009
-,194
,089
-,163
-2,179
,031
2,962
,510
5,805
,000
-,222
,086
-,192
-2,577
,011
-,215
,083
-,171
-2,590
,010
-,205
,088
-,172
-2,321
,021
-,155
,067
-,152
-2,294
,023
Auswirkungen der Technik auf KQ_Faktor 3 b
Model Summary
Change Statistics Model 1
R a
R Square ,064
Adjusted R Std. Error of Square the Estimate ,059 ,97013420
,252 a. Predictors: (Constant), P_partner_T_referedtoissues b. Dependent Variable: KQ_Faktor 3
R Square Change ,064
F Change 13,316
df1
Sig. F Change
df2 1
196
,000
DurbinWatson 1,665
Tabelle 31: Auswirkungen der Techniken auf die Kommunikationsqualitätsfaktoren (Experiment 2)
179
Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass der verstärkte Einsatz verständigungsorientierter Techniken zu einer besseren Verständigung beiträgt. Mit dieser Analyse können jedoch keine Aussagen darüber getroffen werden, wie genau und zu welchem Zeitpunkt die Techniken eingesetzt werden müssen, um effektiv und effizient zu sein. 7.2.2 Objektive Analyse der Technikanwendung Mittels einer systematischen Inhaltsanalyse werden die subjektiven Wahrnehmungen der Verhandlungspartner mit ihren tatsächlichen Verhaltensweisen abgeglichen, um damit einen genaueren Einblick in die konkrete Anwendung der Techniken zu erhalten. Dazu werden die Daten des ersten Verhandlungsexperiments inhaltsanalytisch untersucht. Für die Durchführung einer systematischen Inhaltsanalyse elektronischer Verhandlungsnachrichten müssen nach Srnka und Köszegi (2007) nach der Datenerhebung (die bei einer elektronischen Verhandlung automatisch erfolgt) vier Schritte durchlaufen werden: 1. Aufteilung der Nachrichten in kodierbare Einheiten 2. Entwicklung des Kategorienschemas 3. Kodierung der Einheiten 4. Analyse der kodierten Einheiten Für die Durchführung dieser Schritte werden zwei Personen (Kodierer) geschult. Die beiden Kodierer müssen zunächst unabhängig voneinander die Verhandlungsnachrichten in kodierbare Einheiten aufteilen. Eine kodierbare Einheit (auch bezeichnet als „thought unit“, „sense unit“ oder „unit of meaning“; Graneheim & Lundman 2004) stellt einen nicht weiter zerlegbaren Kommunikationsabschnitt dar. Wie klein ein solcher Abschnitt ist, ist abhängig von Datenbasis und Forschungszweck. Eine Möglichkeit zur Aufteilung der Nachrichten in Einheiten ist, die Verhandlungsnachrichten so in eine Excel-Datei zu importieren, dass jedes Tabellenblatt eine Verhandlung umfasst (hier waren es insgesamt 30 Verhandlungen, die Aufteilung in verschiedene Tabellenblätter dient der Übersichtlichkeit) und jede Nachricht eine Zeile des entsprechenden Tabellenblatts darstellt. Für die Aufteilung der Nachrichten in Einheiten fügen die Kodierer Trennzeichen (z. B. §) ein. Anschließend werden die Daten in eine Textdatei exportiert und mit „§“ als Zell-Trennzeichen wieder (in ein gemeinsames Tabellenblatt) in Excel importiert. Somit erhält man eine Datei, die alle Sinneinheiten in einer einzigen Spalte untereinander aufführt. Um die Reliabilität der Aufteilung zu überprüfen werden zwei Maße angewandt: Guetzkows U (Guetzkow 1950) für die quantitative Übereinstimmung und textuelle Konsistenz für die inhaltliche Übereinstimmung (Srnka & Köszegi 2007; Weingart et al. 2004). Guetzkows U gibt die quantitative Übereinstimmung der Aufteilungen der beiden Kodierer wieder und berechnet sich als Quotient aus Differenz und Summe der Aufteilungen: U = mit x = Anzahl der Einheiten des ersten Kodierers und y = Anzahl der Einheiten des zweiten
180
Kodierers. Werte unterhalb von einem Prozent werden als akzeptabel erachtet (Srnka & Koeszegi 2007). In einem ersten Durchgang lag Guetzkows U bei 1,1 Prozent (mit x = 7426 und y = 7267) und damit noch leicht oberhalb des akzeptablen Wertebereichs. Deshalb diskutierten die beiden Kodierer die Abweichungen und nahmen bei Einigkeit Anpassungen vor. Die textuelle Konsistenz kann mit einer summierten Wenn-Formel in Excel überprüft werden. Dazu kopiert man die Einheitenlisten beider Kodierer nebeneinander und lässt Excel zellenweise Vergleiche anstellen (beispielsweise mit =wenn(a2=b2; 1; 0). Über diesen Vergleichsindikator wird anschließend die Summe über alle Zeilen gebildet. Schließlich wird diese Summe durch die Zeilenanzahl geteilt. Akzeptabel sind Werte ab ca. 90 Prozent, in einem ersten Durchgang wurden 83,5 Prozent erreicht. Nach der zweiten Aufteilungsrunde lag die inhaltliche Konsistenz bei annähernd 100 Prozent. In einem nächsten Schritt muss das Kategorienschema entwickelt werden, welches die Grundlage des eigentlichen Kodierens darstellt. Hierzu wurde auf ein bestehendes Schema von (Köszegi et al. 2004) zurückgegriffen, das für die vorliegende Studie angepasst wurde. Nach mehreren Überarbeitungsrunden ergab sich folgendes Kategorienschema (Abbildung 17):
unstructured communication
substantive behaviour
understanding
coordin ation
text structure
tactical behaviour
affective behaviour
private behaviour/ trust
communication protocol
combination of issues and values
22 30 31 32 40 41 42 43 50 51 52 58 53 54 55 56 57 60 61 62 63 64 65 70 71 72 73 80 81 82 83 84 85 90 91 92 93 94 95 96
repeat or paraphrase own text
time-related coordination content-related coordination/ structuration (concerning both partners) technical coordination/ system related communication conclusion of negotiation process (past) meta-text, text structuring elements (own text) explicit reference to partner's previous utterance or knowledge explicit reference to own previous utterance provide commitment request commitment make/accept a compromise or suggestion request a compromise or suggestion logrolling exert pressure (authority-related, alternative suppliers,…)
self-supporting statements other-supporting statements both-supporting statements positive emotions negative emotions apology/ regret thanking show empathy request empathy release of private information emphasize own trustworthiness request trust provide trust formal address informal address flowery phrase (welcome) flowery phrase (goodbye) formal close informal close text offer/ counteroffer single issue text offer/ counteroffer package semantic enrichment text element acceptance of single issue acceptance of package rejection of single issue rejection of package
..because of the amount of costs HurmAG has to bear.. We have already agreed to.. You've already the costs for…, It's beneficial for you to invest in.. It is undispensable for our common future.., ..but this means that you've advantages, too! I am very happy… I am dissatisfied… I regret to tell you… Thanks for your quick answer.. I understand that there're many costs for YuTech.., Of course I know that it's not easy for you.. You must understand that… My family.. At the week-end I won't be at home, because I'm on holiday.. ..because we've a very good reputation! We're a well-known company… I think you don't trust us as much as… ..to show you that we really don't mistrust you.., You are a trustable/ reliable company… Dear Mr. Lim Dear Hyug/ Hi, Hello How are you? I hope you're fine… I'm looking forward to… yours, yours sincerely, best regards goodbye, bye, Felix Mendel we offer you… we offer you a… and … Court of Jurisdiction_China we accept … We agree to… we accept a… and … We agree to the hole offer.. we do not accept… We agree to the hole offer except of.. we do not accept … and …
we only have 3 days left.. Since there's only little time left.. first, we talk about … then about… We should start our discussion about.. the system did not send your offer correctly we have agreed on… so far I will first… then… In my opinion the most important points are: as you know… as you said,… as I already wrote… I told you before that.. I confirm that our common project.., I assure you that… Could you please tell me for sure… You should bear all the costs! As a compromise I suggest.., ..I suggest to have a Team of Arbitrators Please make a compromise… let's make a compromise here We'll agree with the Payment of Common Workers, if you give us../ but therefore you must.. Otherwise I don't know if ther's a common future.., Surely you don't want to endanger .., do you?!
I mentioned before that…
I think that this means… Did you understand…? What do you consider as…? What do you mean by…? You got me wrong… There is a slight misunderstanding… It's not right that we don't trust you.. we have invented the injector three years ago is YuTech happy about our security software? We don't have to contract today, do we?! This is the most important issue for us… What is your most important issue?... ..we agree with.. if that's important for HurmAG! I think the best solution is… The Green Spirit will be very successful! I agree with you… I disagree.. , I don't think that it's enough to… You meant that…, You said: "We bear most of the costs!", I also think that we…
Kategorienschema für Inhaltsanalyse
Argumente für eigene Position Argumente für Partnerposition (Gegen-)Argumente für beide Positionen positive Emotionen zeigen negative Emotionen zeigen Entschuldigung/ Bedauern ausdrücken Bedanken Einfühlungsvermögen, Verständnis für Position/ Situation des Partners ausdrücken Verständnis für eigene Situation einfordern Herausgabe privater Informationen (persönlicher Hintergrund) eigene Vertrauenswürdigkeit betonen/ Reputation betonen Vertrauen, Respekt einfordern dem Partner Vertrauenswürdigkeit/ Respekt zusprechen/ Reputation betonen formale Anrede informelle Anrede Begrüßungsfloskel Verabschiedungsfloskel formale Verabschiedung informelle Verabschiedung textuelles Angebot/ Forderung zu einzelnem Verhandlungspunkt textuelles Angebot/ Forderung über mehrere Verhandlungspunkte formelle Forderung/ Angebot (Element(e) aus semantischer Anreicherung) Akzeptieren eines einzelnen Verhandlungspunktes Akzeptieren eines Angebotspakets Ablehnung eines einzelnen Verhandlungspunktes Ablehnung eines Angebotspakets
Darstellen, wie man selbst etwas verstanden hat Nachfragen, ob/ wie der Partner etwas verstanden hat Verständnis des Partners korrigieren/ richtigstellen Bereitstellen von (Hintergrund-)Informationen/ Reaktion Aufforderung zur Herausgabe von Informationen/ Reaktion Herausgabe eigener Präferenzen (Wichtigkeit von Verhandlungspunkten) (Frage nach) Präferenzen des Partners (Wichtigkeiten), Eingehen auf Präferenzen Meinung, Einschätzung abgeben Meinung des Partners zustimmen Meinung des Partners widersprechen (Teile der) Partnernachricht wörtlich wiederholen oder mit eigenen Worten wiedergeben (Teile der) eigenen Nachricht wörtlich wiederholen oder mit eigenen Worten wiedergeben zeitliche Koordination des Verhandlungsverlaufs (Verweis auf Deadline,…) inhaltliche Koordination/ Strukturierung des gesamten Verhandlungsverlaufs technische oder systembezogene Koordination Zusammenfassung des bisherigen Verhandlungsverlaufs Gliederung/ Strukturierung des eigenen Textes (Liste) Bezug auf Äußerungen oder Wissen des Partners Bezug auf eigene vorhergehende Äußerungen Selbstverpflichtung eingehen Aufforderung zur Selbstverpflichtung des Partners (Zugeständnisse) Kompromiss/ Entgegenkommen vorschlagen/ anbieten (einzelner Verhandlungspunkt) Kompromiss/ Entgegenkommen einfordern (einzelner Verhandlungspunkt) Logrolling/ Aushandeln (wenn …, dann … = mehrere Verhandlungspunkte) Druck ausüben (Drohung: zeitlich, sachlich, mit Autoritäten, mit alternativen Partnern)
Abbildung 17:
19 10 11 12 13 14 15 16 17 18 20
provide understanding check partner's understanding (question) correct partner's understanding provide information/ facts/ reaction request information/ facts/ reaction provide preferences (information about interests/ priorities) request preferences (interests/ priorities) provide own opinion share partner's opinion contradict partner's opinion repeat or paraphrase partner's text
181
182
Das Kategorienschema unterteilt sich in die beiden Hauptaspekte unstrukturierte (Nichtangebots-) und substantielle (Angebots-) Kommunikation. Zur unstrukturierten Kommunikation zählen Aspekte wie Verständigung, Koordination, Textstrukturierung, taktisches Verhalten, affektives Verhalten, vertrauensbildendes Verhalten und das Kommunikationsprotokoll (z. B. Begrüßungs- und Verabschiedungsfloskeln). Substantielles Verhalten umfasst ausschließlich Kombinationen aus Verhandlungspunkten und Werten, d.h. Forderungen, Zustimmungen und Ablehnungen von Verhandlungspunkten. Aus Basis dieses Kategorienschemas wurden die gebildeten Einheiten kodiert. Die Interkoder-Reliabilität, als Maß der Übereinstimmung der Kodierungen zwischen den beiden Kodierern und berechnet als IR = 1 – (d/n), mit d = Summe der Abweichungen (hier d = 392) und n = Gesamtzahl der Kodiereinheiten (hier n = 7295), betrug 94,6 Prozent und kann damit als akzeptabel betrachtet werden. Die anschließende quantitative Analyse der kodierten Einheiten erlaubt einen genaueren Einblick in die Art und Weise, wie die Verhandelnden miteinander kommunizierten, bzw. welche Verständigungstechniken sie wie häufig einsetzten. Vor der Häufigkeitsanalyse werden die Einheiten bereinigt um die mitkodierten Betreffzeilen und die Kodierungen in der Kategorie „Sonstige“. Damit ergibt sich eine finale Gesamtzahl an Einheiten von n = 6757 bei einer Gesamtnachrichtenanzahl von 323, d.h. es wurden im Durchschnitt pro Verhandlung 10,8 Nachrichten ausgetauscht, die jeweils im Mittel ca. 21 Einheiten umfassten. Eine vergleichende Analyse zeigt, dass die einzelnen Verhandlungen sehr unterschiedliche Anzahlen von Einheiten aufweisen. Insgesamt versendeten die einzelnen Verhandlungsparteien zwischen 34 und 224 Einheiten, der Durchschnitt liegt bei 112,6 Einheiten pro Verhandlungspartei. Die unstrukturierte (Nichtangebots-)Kommunikation nimmt im hier untersuchten Experiment einen Anteil von 81,8 Prozent an der gesamten Verhandlungskommunikation ein. Am häufigsten gaben die Verhandelnden eine Meinung oder Einschätzung ab (15,2 Prozent) gefolgt von Forderungen zu einzelnen Verhandlungspunkten und Argumenten für die eigene Position (je 8,0 Prozent), dem Bereitstellen von Informationen (7,0 Prozent), formellen Forderungen (6,8 Prozent), formaler Begrüßung und Verabschiedung (je 4,6 Prozent bzw. 4,5 Prozent) und Logrolling (3,6 Prozent). Positive Emotionen (2,6 Prozent) wurden weitaus häufiger geäußert als negative Emotionen (0,4 Prozent). Ein Vergleich der Standardabweichungen zwischen den Verwendungshäufigkeiten zeigt, dass Verhandlungspartner sich in der Zusammensetzung ihrer Nachrichten zwar in vielen Punkten ähneln, sich allerdings nicht vollständig einander anpassen (Tabelle 32, durchschnittliche Standardabweichungen sortiert nach Größe, angegeben sind Werte größer als 2). Die größten Unterschiede zwischen den Partnern zeigen sich beispielsweise bei der Häufigkeit des Abgebens einer Meinung oder Einschätzung (Code 16), der Verwendung
183
von Argumenten für die eigenen Position (Code 55), der Häufigkeit des Bereitstellens und Erfragens von Informationen (Code 12). Code Standardabw. Code 16 3,98 Code 55 3,72 Code 12 3,35 Code 92 2,88 Code 90 2,38 Code 41 2,33 Code 53 2,14 Tabelle 32: Durchschnittliche Standardabweichungen bei Codes
Betrachtet man die Zusammenhänge zwischen dem individuellen Kommunikationsverhalten (bzw. der Häufigkeit der Verwendung bestimmter Einheiten) und der erzielten Kommunikationsqualität, stellt man fest, dass es einige signifikante Korrelationen gibt (Tabelle 33). Aufgrund der zeitlichen Reihenfolge von Kommunikationsverhalten und Kommunikationsbewertung können die linearen Zusammenhänge als kausal angenommen werden.
184
Correlations indabs_10 indabs_12 indabs_13 indabs_19 indabs_22 indabs_30 indabs_40 indabs_42 indabs_50 Correlation ,071 ,041 -,110 -,006 ,193 -,069 ,070 -,235 * ,222* Coefficient Sig. (2-tailed) ,510 ,654 ,254 ,949 ,027 ,066 ,019 ,470 ,492 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 KQ_Faktor 2 Correlation -,062 ,011 -,067 ,025 ,074 -,037 ,072 ,205* ,203 * Coefficient Sig. (2-tailed) ,564 ,026 ,910 ,500 ,805 ,481 ,710 ,454 ,045 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 KQ_Faktor 3 Correlation -,186 -,022 -,008 ,042 -,115 ,112 -,063 ,158 ,105 Coefficient Sig. (2-tailed) ,084 ,808 ,931 ,676 ,252 ,286 ,532 ,101 ,306 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 ** ** P_KQ_Faktor Correlation -,097 ,005 -,056 -,075 -,058 ,110 ,067 ,293 -,273 1 Coefficient Sig. (2-tailed) ,365 ,959 ,005 ,575 ,451 ,005 ,565 ,253 ,510 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 * ** * P_KQ_Faktor Correlation ,070 -,076 ,042 ,142 ,076 ,015 ,258 ,219 -,216 2 Coefficient Sig. (2-tailed) ,044 ,442 ,428 ,009 ,674 ,175 ,448 ,022 ,884 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 P_KQ_Faktor Correlation ,146 ,078 ,101 ,068 ,009 ,138 -,072 -,008 ,112 3 Coefficient Sig. (2-tailed) ,174 ,391 ,295 ,491 ,931 ,190 ,474 ,937 ,272 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Kendall's tau b KQ_Faktor 1
Correlations indabs_51 indabs_54 indabs_56 indabs_63 indabs_72 indabs_85 indabs_90 indabs_95 indabs_96 Correlation -,066 ,161 ,027 ,079 ,127 ,066 ,061 -,019 -,008 Coefficient Sig. (2-tailed) ,537 ,114 ,790 ,407 ,227 ,530 ,506 ,849 ,942 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 KQ_Faktor 2 Correlation ,120 -,155 ,119 ,048 -,021 ,113 -,248 ** -,250* ,287 ** Coefficient Sig. (2-tailed) ,019 ,005 ,240 ,009 ,140 ,263 ,600 ,828 ,280 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 * * * KQ_Faktor 3 Correlation ,199 ,196 -,011 -,105 -,176 ,093 ,214 ,221 -,236 Coefficient Sig. (2-tailed) ,062 ,055 ,030 ,912 ,317 ,097 ,019 ,017 ,373 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 * ** P_KQ_Faktor Correlation ,064 ,168 ,062 -,003 ,061 -,025 -,018 -,248 ,235 1 Coefficient Sig. (2-tailed) ,548 ,100 ,540 ,974 ,563 ,019 ,010 ,802 ,861 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 P_KQ_Faktor Correlation -,089 ,181 ,152 -,048 ,069 -,130 -,043 -,019 ,255* 2 Coefficient Sig. (2-tailed) ,405 ,075 ,136 ,615 ,509 ,219 ,636 ,844 ,015 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 P_KQ_Faktor Correlation ,041 ,057 ,153 ,136 ,133 -,019 ,017 -,208* ,282** 3 Coefficient Sig. (2-tailed) ,701 ,576 ,005 ,110 ,048 ,201 ,144 ,844 ,872 N 60 60 60 60 60 60 60 60 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Kendall's tau b KQ_Faktor 1
Tabelle 33: Kommunikationsqualität und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes (individual) In Bezug auf die einseitig verwendeten Kommunikationseinheiten zeigt sich, dass eine bessere Verständigung (niedrigere Faktorwerte) in denjenigen Verhandlungen erzielt wurde, in denen signifikant häufiger - nachgefragt wurde, wie der Partner etwas verstanden hat bzw. dessen richtiges Verständnis sichergestellt wurde (z. B.: „I would ask you to be aware that…“; „Don´t you think…“), - der Partner um Herausgabe von Informationen oder Einschätzungen gebeten wurde (z. B.: „…if you provide me with the relevant criteria and additional information“, „What's your opinion about that?“, „How about that?“),
185
- der bisherige Verhandlungsverlauf zusammengefasst wurde (z. B.: „Summary of offers:…“; „Our common purify points of negotiation…“; „As agreed…“; „We have now agreed on all points…“), - der Partner zu Zugeständnissen oder Selbstverpflichtungen aufgefordert wurde (z. B.: „All in all we expect Hurm AG to accept this fundamental aspect.“, „And I beg for a positive response.“, „Maybe you can make an offer.“), - Dank ausgesprochen wurde (z. B. „Thank you for your offer“; „Thank you for answering…“; „Thank you again for being cooperative“), - gegenseitiges Vertrauen oder Respekt eingefordert wurden (z. B. „We still hope that you fully trust our company.“, „All we ask is to respect us as an equal partner.“, „Therefore we should treat each other with the due respect.“) und - informelle Verabschiedungen verwendet wurden (z. B.: „Many Greetings“; „Your Felix Mendel“). Geringere Kommunikationsqualität erreichten dagegen diejenigen Verhandlungen, in denen die Verhandlungspartner überdurchschnittlich häufig - Hintergrundinformationen bereitstellten (z. B.: „As a background information to you,…“, „Usually negotiations in Europe are more factual and less emotional.“, „Yu Tech is a company that feels socially responsible for its partners and for the regions, in which it operates.“), - darstellten, wie sie selbst etwas verstanden hatten (z. B.: „that doesn’t mean that you take and we give…“; „we have the impression that…“; „this means for us…“), - Inhalte eigener Nachrichten wiederholten bzw. auf ihren Äußerungen insistierten (z. B.: „I offered 10 % compensation for our workers“, „We already offered you 3% more compensation for the workers.“, „I can say it again that I am willing to let the production stay in Germany.“), - zeitlichen Druck ausübten (z. B.: „We only have 3 days left…“; „Since there is only little time left,…“; „I expect a fast reply…“), - sich auf das Wissen des Partners bezogen (z. B.: „As you know…“; „as you can see…“; „you state very clearly that…“; „In your last statement you said…“), - Selbstverpflichtungen eingingen (z. B.: „I assure you that…“; „I confirm that…“; „You can believe me…“), - dem Verhandlungspartner drohten oder sonstigen Druck auf ihn ausübten (z. B.: „Surely you don’t want to end our relationship…“; „Otherwise I don’t know if there is a common future…“; „If… we will reject ) oder - Argumente für die Position des Partners anbrachten (z. B.: „It’s beneficial for you to invest…“; „You have already the costs for…“; „You still have a blocking minority…“; „This means more money for you…“). Da es bei Kommunikation auf die Aktivitäten beider Partner ankommt, wurde zusätzlich überprüft, welche Zusammenhänge zwischen der gemeinsamen
186
Anzahl verwendeter Kommunikationseinheiten (joint-Werte = Summe aus Verwendungshäufigkeiten beider Partner) und der damit erreichten Verständigung bestanden (Tabelle 34). Forderten die Verhandlungspartner sich gegenseitig häufig zu Zugeständnissen und Selbstverpflichtungen auf und bedankten sie sich oft beim Gegenüber, so hatte dies positive Auswirkungen auf die erzielte Kommunikationsqualität. Zeichnete sich die Kommunikation dagegen dadurch aus, dass häufig zeitlicher Druck ausgeübt wurde, häufige Drohungen und Bezüge auf das Wissen des Partners stattfanden und Argumente für den Partner genannt wurden, führte dies zu geringerer Qualität der Kommunikation. joint_30 Correlation ,276 ** Coefficient Sig. (2-tailed) ,006 N 60 KQ_Faktor 2 Correlation ,128 Coefficient Sig. (2-tailed) ,199 N 60 KQ_Faktor 3 Correlation ,150 Coefficient Sig. (2-tailed) ,132 N 60 P_KQ_Faktor Correlation ,276 ** 1 Coefficient Sig. (2-tailed) ,006 N 60 P_KQ_Faktor Correlation ,128 2 Coefficient Sig. (2-tailed) ,199 N 60 P_KQ_Faktor Correlation ,150 3 Coefficient Sig. (2-tailed) ,132 N 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Kendall's tau_b
KQ_Faktor 1
joint_42 ,033
joint_51 ,059
Correlations joint_54 ,167
,722 60
,572 60
,091 60
*
-,220
*
,235
,044 60 ,052
,033 60 ,146
,017 60 ,142
,582 60 ,033
,158 60 ,059
,150 60 ,167
,189
*
joint_56 ,022
joint_63 ,046
,825 60 ,129
,620 60
joint_90
joint_91 -,123
joint_92 ,044
,223 60
,627 60
,984 60
*
-,198
*
,224
,893 60 ,176
,043 60 -,009
,029 60 -,132
,025 60 ,079
,054 60 ,185 *
,929 60 -,123
,145 60 ,044
,431 60 ,002
,042 60 ,012
,223 60
,627 60
,984 60
-,184*
,205 *
-,198 *
,224*
,185 * ,042 60 ,012
,205
,047 60 ,083
,006 60 ,022
,371 60 ,046
,186 60 ,266
**
-,184
*
*
,722 60
,572 60
,091 60
,189*
-,220*
,235 *
,825 60 ,129
,044 60 ,052
,033 60 ,146
,017 60 ,142
,266 **
,047 60 ,083
,893 60 ,176
,043 60 -,009
,029 60 -,132
,025 60 ,079
,582 60
,158 60
,150 60
,006 60
,371 60
,054 60
,929 60
,145 60
,431 60
,186 60
,620 60
joint_96 ,002
Tabelle 34: Kommunikationsqualität und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes (joint) Hinsichtlich der Nichtangebotskommunikation ist hier ein weiterer Aspekt erwähnenswert: In Verhandlungen mit höherer Kommunikationsqualität wurden signifikant häufiger Angebote mithilfe der semantischen Anreicherung von Negoisst formuliert (Code 92, vgl. Abbildung 18). Die semantische Anreicherung als Teil der Kommunikationsunterstützung von Negoisst hat sich damit als kommunikationsqualitativ relevante Funktion erwiesen, in Abhängigkeit von ihrer Nutzung durch beide Verhandlungsteilnehmer: Wird die Unterstützungsfunktion von beiden Verhandlungspartnern häufig eingesetzt, kann dies die Verständigung und damit die Kommunikationsqualität erhöhen. Stellt man die subjektiven (Befragungs-) und objektiven (Inhaltsanalyse-)Daten gegenüber, so können signifikante Zusammenhänge festgestellt werden, die auch inhaltlich übereinstimmen (Tabelle 35). Wenn einem Verhandelnden von seinem Partner beispielsweise bescheinigt wurde, dass er häufig Sachverhalte erläuterte (subjektiv), teilte dieser Verhandelnde auch häufig eigene Präferenzen und Argumente für die eigene Position mit (objektiv, Codes 14 und 55). Gab ein Verhandlungspartner an, dass sein Gegenüber häufig den Verhand-
187
lungsprozess strukturierte, verwendete dieser Verhandlungspartner signifikant häufiger inhaltliche Koordinationen (Code 31). Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich Kommunikationsverhalten, welches die Integrität und Kompetenz des Gegenübers in Zweifel zieht oder Zwang ausübt, negativ auf die Kommunikationsqualität auswirkt. Auf der anderen Seite können durch interessiertes und strukturiertes Kommunikationsverhalten (bzw. die Anwendung entsprechender Kommunikationstechniken) positive Verständigungseffekte erzielt werden. Diese Ergebnisse bestätigen sich sowohl auf Basis der subjektiven als auch der objektiven Daten. Correlations c11 c13 partner_T_expl Correlation -,081 ,155 ained Coefficient Sig. (2-tailed) ,475 ,151 N 60 60 partner_T_part Correlation -,211 ,250* probasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,059 ,019 N 60 60 partner_T_own Correlation -,371 ** ,047 probasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,002 ,673 N 60 60 partner_T_rep Correlation ,004 -,034 eated Coefficient Sig. (2-tailed) ,969 ,750 N 60 60 partner_T_con Correlation -,087 -,031 cluded Coefficient Sig. (2-tailed) ,447 ,773 N 60 60 partner_T_refe Correlation -,172 ,151 redtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,136 ,166 N 60 60 partner_T_refe Correlation -,207 ,150 redtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,077 ,177 N 60 60 ** partner_T_proc Correlation -,306 ,081 essstructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,007 ,452 N 60 60 ation is significant at the 0.01 level (2-tailed). ion is significant at the 0.05 level (2-tailed).
c14
c15 **
,279 ,329
**
c17 c22 c30 c31 c32 c41 c51 c54 c55 c56 ,150 ,087 -,025 ,055 ,148 ,210 * ,050 ,071 ,227 * ,052
,009 ,004 ,167 ,436 ,829 ,609 60 60 60 60 60 60 ,189 ,135 ,202 ,107 -,204 ,060
,202 ,043 ,673 ,535 ,026 ,648 60 60 60 60 60 60 ,092 ,089 ,127 -,172 ,031 -,319**
,071 ,226 ,058 ,334 ,079 ,566 60 60 60 60 60 60 ,143 -,008 ,007 ,012 -,229 ,109
,423 ,384 ,278 ,124 ,754 ,004 60 60 60 60 60 60 ,017 ,097 -,046 -,045 -,062 -,197
,195 ,945 ,949 ,916 ,060 ,326 ,885 ,363 ,707 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,031 -,040 ,347 ** ,142 -,059 ,018 -,249 * ,282 ** -,007
,703 ,553 60 60 ,129 ,167
,095 60 ,028
,771 ,720 ,001 ,200 ,615 ,865 ,030 ,006 ,952 ,252 ,096 ,805 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,007 ,046 ,231 * -,020 -,106 -,092 -,198 ,091 ,134 -,073 -,061 -,142 ,945 ,684 ,033 ,861 ,368 ,388 ,090 ,379 ,262 ,520 ,548 ,213 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,007 ,101 ,163 ,235* -,281 * ,146 -,100 ,077 ,085 -,197 ,087 -,045 ,950 ,378 ,136 ,038 ,018 ,175 60 60 60 60 60 60 -,107 ,009 ,117 -,079 -,343 ** ,055
,393 ,461 ,481 ,088 ,399 ,694 60 60 60 60 60 60 ,005 -,021 ,107 -,293 * -,076 -,120
,330 ,939 ,294 ,495 ,005 ,619 ,968 ,845 ,382 ,012 ,466 ,306 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,023 ,093 ,008 -,002 -,176 ,287** -,088 -,023 ,273 * -,089 -,012 -,122 ,831 ,414 ,945 ,988 60 60 60 60
,136 ,007 60 60
,451 ,823 ,022 60 60 60
,437 ,909 60 60
,287 60
188
Correlations c57 partner_T_expl Correlation ained Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_part Correlation probasked Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_own Correlation probasked Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_rep Correlation eated Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_con Correlation cluded Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_refe Correlation redtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_refe Correlation redtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) N partner_T_proc Correlation essstructured Coefficient Sig. (2-tailed) N
c58 c60 c61 c62 c64 c71 c72 c73 c80 c82 c83 c84 c91 * * ** ** * ,218 -,078 ,161 -,055 -,071 ,223 ,297 -,144 ,303 -,135 ,229 ,123 ,046 -,013
,044 ,504 ,129 ,638 ,520 ,039 ,009 ,223 ,008 ,203 ,049 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,036 ,119 ,135 ,029 -,024 ,094 -,095 -,057 ,235 * -,101 ,085
,245 ,665 ,915 60 60 60 ,121 ,011 -,278*
,737 ,301 ,197 ,799 ,823 ,374 ,398 ,621 ,035 ,335 ,455 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 60 -,138 ,045 ,023 ,067 -,088 ,020 -,051 -,098 -,037 -,224 * ,092
,243 ,919 ,016 60 60 60 ,064 -,064 -,284*
,218 ,710 ,837 ,579 ,443 ,860 60 60 60 60 60 60 -,113 -,162 ,130 -,058 ,052 ,170
,666 ,421 60 60 ,148 -,041
,752 ,042 ,443 ,559 ,557 ,019 60 60 60 60 60 60 ,140 -,082 ,031 ,214* ,093 -,076
,290 ,159 ,212 ,611 ,631 ,109 60 60 60 60 60 60 -,024 -,234 * ,293 ** -,126 ,232 * -,055
,190 ,724 60 60 ,088 ,046
,213 ,436 ,784 ,040 ,375 ,510 60 60 60 60 60 60 ,108 -,084 -,092 ,220 * ,059 -,116
,825 ,044 ,006 ,279 ,036 ,609 60 60 60 60 60 60 ,031 -,006 ,190 -,237* -,124 ,187
,442 ,696 60 60 ,185 ,034
,342 ,430 ,428 60 60 60 ,105 -,139 -,023
,037 ,579 ,324 60 60 60 ,025 -,140 -,091
,778 ,960 ,075 ,043 ,266 ,086 60 60 60 60 60 60 -,031 -,052 ,138 -,221 -,095 ,056
,109 ,774 ,362 ,194 ,845 ,813 ,190 ,442 60 60 60 60 60 60 60 60 ,166 ,240* ,093 -,116 ,027 -,171 -,216* -,085
,781 ,666 ,206 ,064 ,404 ,614 60 60 60 60 60 60 -,092 ,168 ,003 -,171 -,055 ,019
,157 ,048 60 60 ,216 ,022
,425 ,286 ,818 ,114 ,047 ,481 60 60 60 60 60 60 ,001 -,131 ,204 -,083 -,128 -,165
,398 ,151 ,978 ,140 ,621 ,863 60 60 60 60 60 60
,059 ,853 60 60
,994 ,218 ,080 60 60 60
,432 ,227 60 60
,159 60
Tabelle 35: Korrelationen Verständigungstechniken und Häufigkeit der Inhaltsanalysecodes
7.3 Direkte ökonomische Effekte von Kommunikationsqualität Die direkte ökonomische Relevanz von Kommunikationsqualität hat eine kurzfristige und eine langfristige Komponente. Es geht dabei um die Effekte, die von der Höhe der erreichten Verständigung einerseits auf das erzielte Verhandlungsergebnis (Nutzenwert) ausgehen und damit kurzfristig wirken, und andererseits auf Beziehungsaspekte ausgehen und damit langfristig wirken. Indirekte ökonomische Relevanz dagegen ergibt sich dadurch, dass eine hohe Verständigung die Anwendung bestimmter Kommunikationsstrategien ermöglicht. Durch diese können ebenfalls Effekte auf Verhandlungsergebnis und Beziehung erzielt werden. Diese Effekte werden in Kapitel 7.4 behandelt. 7.3.1 Ergebnisdimension Die schnellste und unkomplizierteste Beurteilung einer Verhandlung kann in Form einer objektiven Ergebnisbetrachtung vorgenommen werden. Dazu gehören die beiden Fragen: Wurde eine Einigung erreicht? Wenn nein, warum nicht und wenn ja, wie hoch war dann der dabei erzielte (individuelle und gemeinsame) Nutzenwert? (Nadler & Shestowsky 2006).
189
Im Folgenden wird untersucht, inwiefern das Ausmaß der erzielten Verständigung mit dem Ausgang der Verhandlung in Verbindung steht, d.h. welche direkte und kurzfristige ökonomische Relevanz Kommunikationsqualität in einer elektronischen Verhandlung hat. Auswirkungen auf das Verhandlungsergebnis Eine Verhandlung mit hoher Kommunikationsqualität zeichnet sich dadurch aus, dass die Verhandelnden eine hohe gegenseitige Verständigung erzielt haben. Wenn beide Partner sich in Bezug auf die Beurteilung ihres Kommunikationsverhaltens einig waren, ist zu vermuten, dass sie auch in der Lage waren, integrative Potenziale aufzudecken und damit ihren individuellen und gemeinsamen Nutzenwert zu erhöhen. Greenhalgh (in Northcraft & Neale 1991) zufolge führt ein guter kommunikativer Umgang eher zu Einigungen, die Vermeidung von Beleidigungen und Drohungen außerdem zu integrativeren Ergebnissen. Spangle und Isenhart (2003, S. 3 und 6) sehen die Bedeutung der Kommunikation in Verhandlungen im Ausdrücken von Intentionen, dem Management konfliktärer Interessen, dem Lösen von Differenzen und der Möglichkeit kreativer Problemlösungstechniken. Durch Kommunikation, bzw. den argumentativen Austausch, können sich die ursprünglichen Präferenzen der Verhandelnden verschieben und somit ein Einigungsraum geschaffen werden, der bisher nicht oder nur in geringerem Ausmaß vorhanden war. Auch Raiffa (1982, S. 144) stellt fest, dass (gute) Kommunikation insbesondere zur Nutzung integrativer Potenziale beiträgt. Deshalb lautet die Hypothese, dass hohe Kommunikationsqualität höhere individuelle und gemeinsame, d.h. integrativere, Ergebnisse begünstigt. H1: Höhere Kommunikationsqualität führt zu besseren Verhandlungsergebnissen. Die Hypothese wird mittels linearer Regressionen überprüft. Dabei stellen die (beidseitigen) Kommunikationsqualitätsfaktoren (KQ_Faktor 1, KQ_Faktor 2, KQ_Faktor 3, P_KQ 1, P_KQ 2, P_KQ 3) die unabhängigen Variablen dar und der erzielte individuelle Nutzen (individual utility) bzw. der erzielte gemeinsame Nutzen (joint utility, als Summe der individuellen Nutzenwerte der Verhandlungspartner) die abhängige Variable. Es wird die schrittweise Einschlussmethode verwendet. Gescheiterte Verhandlungen, d.h. Verhandlungen, die nicht mit einer Einigung endeten, werden von dieser Analyse ausgeschlossen, da sie einen Nutzenwert von Null aufweisen. Für die Ermittlung des Zusammenhangs mit den individuellen Nutzenwerten wird zunächst überprüft, ob die Modellvoraussetzungen erfüllt sind. Der Wert der Durbin-Watson-Statistik ist sehr niedrig (Tabelle 36), was auf hohe Autokorrelation der Residuen der Grundgesamtheit schließen lässt und damit auf mögliche Verzerrungen bei der Schätzung des Standardfehlers hinweist (Bühl 2008, S. 370; Backhaus et al. 2006, S. 87), was eine Verletzung der Modellvo-
190
raussetzungen bedeutet und damit die Ergebnisse der Regressionsanalyse unbrauchbar macht. b
Model Summary
Change Statistics R Square Sig. F df1 df2 Change Durbin-Watson R Square Adjusted R Square Std. Error of the Estimate Change F Change a ,070 ,053 ,097655 ,070 4,094 1 54 ,048 1,574 ,265 a. Predictors: (Constant), KQ_Faktor 1 b. Dependent Variable: indiv_utility Model 1
R
Tabelle 36: Überprüfung der Modellvoraussetzungen für lineare Regression (Experiment 1) Im zweiten Experiment besteht zwar keine Autokorrelation der Residuen, es können jedoch keinerlei signifikante Einflüsse der Kommunikationsqualitätsfaktorwerte auf die Verhandlungsergebnisse festgestellt werden. In Bezug auf den gemeinsamen Nutzenwert erweisen sich die Einflüsse der Kommunikationsqualitätsfaktoren ebenfalls in keinem der Experimente als signifikant. Insgesamt lässt sich daraus folgern, dass die erreichten Nutzenwerte weitgehend unabhängig von der erzielten Verständigung sind, d.h. Kommunikationsqualität hat keine direkten Auswirkungen auf das individuelle oder gemeinsame Verhandlungsergebnis. Die Hypothese H1 kann also nicht bestätigt werden. Auswirkungen auf das Zustandekommen einer Einigung Finden zwei Parteien nicht zu einem Konsens, da sich ihre Einigungsräume von vornherein nicht überschneiden, so ist dies zwar ärgerlich, aber nicht zu ändern. Wäre eine Einigung jedoch theoretisch möglich gewesen, wurde sie aber aufgrund von Fehlinterpretationen oder Missverständnissen zwischen den Verhandlungspartnern nicht erreicht, ist dies als ökonomischer Verlust zu verbuchen. Thompson und Hastie (1990) stellen fest, dass insbesondere ineffektives Verhandlungsverhalten (z. B. ausgelöst durch kognitive Verzerrungen und Missverständnisse) zu unerwünschten und sogar desaströsen Konsequenzen führen kann, im schlimmsten Fall zu keiner Einigung, obwohl beide Parteien davon hätten profitieren können. Hohe Kommunikationsqualität besteht dann, wenn ungewollte Missverständnisse zwischen den Partnern so weit wie möglich vermieden oder reduziert werden (beispielsweise durch die Erzeugung einer gemeinsamen Verständigungsbasis). Deshalb wird angenommen, dass eine bessere Verständigung, operationalisiert als höhere Kommunikationsqualität, zu weniger kommunikationsbedingten Verhandlungsabbrüchen und damit zu häufigeren Einigungen führt. H2: Höhere Kommunikationsqualität begünstigt Einigungen.
191
Um diese Hypothese zu überprüfen, werden nichtparametrische Tests für unabhängige Stichproben sowie logistische Regressionen durchgeführt. Mit Hilfe von nichtparametrischen Tests für zwei unabhängige Stichproben (Mann-Whitney-U-Test) wird zunächst untersucht, ob es signifikante Unterschiede hinsichtlich der erreichten Faktorwerte in den Gruppen mit Einigung und ohne Einigung gibt. Der angenommene Zusammenhang ist, dass in Verhandlungen mit Einigung niedrigere Faktorwerte (d.h. höhere Verständigung) erzielt werden als in Verhandlungen ohne Einigung. Im ersten Experiment unterscheiden sich die Verhandlungen mit Einigung von den Verhandlungen ohne Einigung in Bezug auf die Werte beim dritten Kommunikationsqualitätsfaktor. Verhandlungen, die mit einer Einigung endeten, weisen signifikant niedrigere Faktorwerte auf als Verhandlungen, die nicht mit einer Einigung endeten (Tabelle 37). Nichtparametrische Tests Test Statistics b KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 Mann71,000 73,000 Whitney U Wilcoxon W 1667,000 1669,000 Z -1,215 -1,156 Asymp. Sig. ,224 ,248 (2-tailed) a Exact Sig. ,240 ,265a [2*(1-tailed Sig.)] a. Not corrected for ties. b. Grouping Variable: agreement
Mittelwertvergleiche
KQ_Faktor 3 35,000 1631,000 -2,282 ,022 ,019a
agreement no
Report KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 KQ_Faktor 3 Mean 1,1067608 1,1709938 ,8925975 N 4 4 4 Std. Deviation 2,26587705 2,18103021 ,14778837
yes
Mean N Std. Deviation
Total
Mean N Std. Deviation
-,0790543 56 ,83500407
-,0836424 56 ,84048294
-,0637570 56 1,00471540
,0000000
,0000000
,0000000
60 1,00000000
60 1,00000000
60 1,00000000
Tabelle 37: Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 1 Da auf den dritten Faktor insbesondere die Variablen Angemessenheit und Verständlichkeit hoch laden, jedoch in unterschiedlicher Richtung, wird zusätzlich überprüft, welche Variable genau den signifikanten Unterschied bewirkt. Beim Einzelvariablenvergleich (hier durchgeführt als Kolmogorov-SmirnovTest, da bei den zu testenden Variablen aufgrund ihrer Ordinalskalierung nur eine begrenzte Anzahl von Kategorien vorliegt) fällt auf, dass Verhandlungen, die mit einer Einigung endeten, auf allen Variablen höhere Verständigung erzielten (niedrigere Abweichungswerte), aber nur bei der Variable Angemessenheit ist der Unterschied zwischen den Gruppen signifikant (Tabelle 38). Nichtparametrische Tests Test Statistics
a
m_adequately Most Extreme Absolute Differences Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed) a. Grouping Variable: agreement
,821 ,821 -,018 1,587 ,013
192
Mittelwertvergleiche agreement no
Report m_wellstruct m_elaborate m_showedint m_comprehe ured d erest nsible
m_polite
m_friendly
m_adequatel m_professio y nally
Mean N Std. Deviation
1,5000 4 ,57735
1,2500 4 1,89297
1,2500 4 1,25831
,7500 4 ,50000
1,2500 4 1,50000
1,5000 4 1,29099
2,0000 4 ,00000
2,0000 4 ,81650
yes
Mean N Std. Deviation
,6786 56 ,63553
,9107 56 ,61131
,6429 56 ,72434
,6429 56 ,61581
,6250 56 ,64842
,6786 56 ,71623
,9286 56 ,70986
,7143 56 ,73148
Total
Mean
,7333
,9333
,6833
,6500
,6667
,7333
1,0000
,8000
60 ,66042
60 ,73338
60 ,77002
60 ,60576
60 ,72875
60 ,77824
60 ,73646
60 ,79830
N Std. Deviation
Tabelle 38: Zusammenhang zusammengeführte Variablen – Einigung, Experiment 1 Im zweiten Experiment zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den gescheiterten und nicht gescheiterten Verhandlungen in Bezug auf den ersten Kommunikationsqualitätsfaktor (hoch ladende Variablen: Freundlichkeit, Höflichkeit, Interesse). Ein Mittelwertvergleich (Tabelle 39) ergibt, dass gescheiterte Verhandlungen signifikant höhere Faktorwerte (d.h. auf diesen Variablen geringere Verständigung) aufweisen als Verhandlungen, die mit einer Einigung endeten. Nichtparametrische Tests
Mittelwertvergleiche
a
Test Statistics KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 Mann1490,000 1857,000 Whitney U Wilcoxon W 16715,000 17082,000 Z -2,272 -,878 Asymp. Sig. ,023 ,380 (2-tailed) a. Grouping Variable: agreement
KQ_Faktor 3 1889,000 17114,000 -,756 ,450
agreement no
Report KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 KQ_Faktor 3 N 24 24 24 Mean ,4513138 ,2324000 ,2687232 Std. Deviation 1,24585502 1,17552056 1,40321486
yes
N Mean Std. Deviation
Total
N Mean Std. Deviation
174 -,0622502 ,94879832
174 -,0320552 ,97287625
174 -,0370653 ,93035075
198
198
198
,0000000 1,00000000
,0000000 1,00000000
,0000000 1,00000000
Tabelle 39: Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 2 Um die Ergebnisse der Gruppenvergleiche zu unterstützen, werden logistische Regressionen berechnet. Dabei stellt der Verhandlungsausgang (Einigung vs. keine Einigung) die abhängige Variable dar, die Kommunikationsqualitätsfaktoren (bzw. deren beidseitige Faktorwerte: Abweichungen des Verhandelnden A von B und Abweichungen des Verhandelnden B von A) stellen die unabhängigen Variablen dar und gehen aufgrund ihrer Intervallskalierung als Kovariaten in die Gleichung ein. Im ersten Experiment können mit den Werten des zweiten Kommunikationsqualitätsfaktors (beide Richtungen) insgesamt 44,6 Prozent der Streuung der abhängigen Variable Einigung erklärt werden (Pseudo-R²-Statistik:
193
Nagelkerke, Tabelle 40). Da die Beta-Koeffizienten der Faktoren negativ sind, kann gefolgert werden, dass sich ein niedriger Wert auf dem zweiten Faktor positiv auf das Zustandekommen einer Einigung auswirkt. Omnibus Tests of Model Coefficients Chi-square df Step 1 Step 4,419 1 Block 4,419 1 Model 4,419 1 Step 2 Step 6,964 1 Block 11,382 2 Model 11,382 2
Step 1 2
Sig. ,036 ,036 ,036 ,008 ,003 ,003
Model Summary -2 Log Cox & Snell Nagelkerke likelihood R Square R Square a ,071 ,183 24,973 b ,173 ,446 18,009
a. Estimation terminated at iteration number 6 be b. Estimation terminated at iteration number 7 be Classification Table a Predicted agreement 0 1 Percentage Correct 1 3 25,0 0 56 100,0 95,0 2 2 50,0 0 56 100,0 96,7
Observed Step 1 agreement
0 1 Overall Percentage Step 2 agreement 0 1 Overall Percentage a. The cut value is ,500
Variables in the Equation S.E. Wald -,890 ,441 4,067 3,011 ,649 21,532 -1,368 ,580 5,570 -1,368 ,580 5,570
B
Step 1 a KQ_Faktor2 Constant Step 2 b KQ_Faktor2 P_KQ_Faktor 2 Constant 4,105 1,106 13,783 a. Variable(s) entered on step 1: KQ_Faktor2. b. Variable(s) entered on step 2: P_KQ_Faktor2.
df 1 1 1 1
Sig. Exp(B) ,044 ,411 ,000 20,317 ,018 ,255 ,018 ,255
1 ,000 60,625
Tabelle 40: Logistische Regression für Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 1 Im zweiten Experiment ist der Erklärungsbeitrag der Faktoren zwar auch signifikant, aber bei weitem nicht so stark ausgeprägt. Hier können mit Hilfe des ersten Faktors (ebenfalls beide Abweichungsrichtungen) nur 8,8 Prozent der Streuung der abhängigen Variable erklärt werden (Tabelle 41).
194
Omnibus Tests of Model Coefficients Chi-square df Step 1 Step 5,136 1 Block 5,136 1 Model 5,136 1 Step 2 Step 4,209 1 Block 9,344 2 Model 9,344 2
Step 1 2
Sig. ,023 ,023 ,023 ,040 ,009 ,009
Model Summary -2 Log Cox & Snell Nagelkerke likelihood R Square R Square ,026 ,049 141,120 a ,046 ,088 136,912 a
a. Estimation terminated at iteration number 5 Classification Table
a
Predicted Observed Step 1 agreement reject accept Overall Percentage Step 2 agreement reject accept Overall Percentage
agreement reject accept Percentage Correct 0 24 ,0 0 174 100,0 87,9 2 22 8,3 0 174 100,0 88,9
a. The cut value is ,500 Variables in the Equation S.E. Wald -,461 ,201 5,265 Step 1 a KQ_Faktor1 Constant 2,062 ,232 79,185 -,424 ,205 4,280 Step 2 b KQ_Faktor1 P_KQ1 -,424 ,205 4,280 Constant 2,127 ,242 77,085 a. Variable(s) entered on step 1: KQ_Faktor1. b. Variable(s) entered on step 2: P_KQ1. B
df 1 1 1 1 1
Sig. Exp(B) ,022 ,631 ,000 7,864 ,039 ,655 ,039 ,655 ,000 8,391
Tabelle 41: Logistische Regression für Zusammenhang KQ – Einigung, Experiment 2 Zusammenfassend gilt, dass das Ausmaß der gegenseitig erreichten Verständigung einen geringen, aber dennoch signifikanten Einfluss darauf hat, ob eine Verhandlung mit einer Einigung beendet wurde oder gescheitert ist (zur Frage der Kausalitätsrichtung siehe Kapitel 8.2). Die Hypothese H2 wird damit bestätigt. Um einen genaueren Einblick in die Ursachen für Verhandlungsabbrüche zu erlangen, wird zusätzlich eine inhaltsanalytische Auswertung der Frage nach dem Grund für das Scheitern der Verhandlung durchgeführt. Als Abbruchgründe wurden von den Verhandelnden folgende genannt (Mehrfachantworten möglich, offene Frage, Tabelle 42):
195
Abbruchgründe (Originalzitate aus Fragebögen): Mangelnde Kompromiss-/ Kooperationsbereitschaft (22 Nennungen) Bsp.: - „As neither party could reach their most important goal and because the utility of my partner‘s proposals were not sufficient, I decided to reject all offers proposed.“ - „Because we failed to find a compromise on two issues of the negotiation and no one of us could/wanted to change his/her point of view on these two issues“ - „My partner didn‘t want to cooperate with me.“ - „It was not successful, because I was the only one who tried to reach compromises. If you look at my Utility curve, you see I went down a lot and my partner always stayed at the same level. So I didn't want to agree. I set boarders for the negotiation and this boarders are not reached. Sorry.“ Zeitmangel (10 Nennungen) Bsp.: - „We really negotiated a lot but at the end, the time was too short for us because we discussed some issues really hard. I believe we could have found a compromise on our last issue (number of concerts) if we had more time.“ - „There were too long breaks between messages. We didn't come close to an agreement until one or two days before the deadline. At the end it was a combination of time running out and nobody willing to make the last compromise after both sides submitted their last offer.“ - „The time was running down.”
Missverständnisse/ mangelnde Nachvollziehbarkeit (6 Nennungen) Bsp.: - „[…] And in the refusing email he gave some ridiculous reasons for the reject which didn´t fit to our past negotiation issues.“ - „He just quit the negotiations.“ - „I closed the negotiation when he made a mistake (he told me that 2% royalities were enough but insisted later on 3 or 2.5%) and ignored my warnings that I would not accept this behavior three times.“ - „Instead of renegotiating this issue on the last day, he rejected the negotiations.“ - „He […] even took back some prior progress.“
196
Mangelnde Bezugnahme/ mangelndes Eingehen auf Argumente (4 Nennungen) Bsp.: - „He didn't accept my most important arguments.“ - „My partner didn’t react on my offers for a flexible solution […]“ - „He ignored my warnings that I was would not accept this behavior three times.“ Unhöflichkeit, Unsachlichkeit, mangelnde Professionalität, Unangemessenheit (4 Nennungen) Bsp.: - „his/her figure of speech (my son, see guy and stuff) has a little bit bothered me.“ - „my negotiation partner had in the beginning very unrealistic ideas and was thinking we might meet in the middle whereas my ideas were realistic. moreover he was not polite. during the negotiation his arguments did not have professional arguments but accuses.“ - „He became angry at the end of the negotiation.“ Tabelle 42: Abbruchgründe Anschließend wurde verglichen, ob sich die Verhandlungen, die aus nichtangebotsbezogenen Gründen (mangelnde Nachvollziehbarkeit, Unangemessenheit etc.) scheiterten, hinsichtlich der in ihnen erreichten Verständigung signifikant von den Verhandlungen unterschieden, die aus angebotsbezogenen Gründen (mangelnde Kompromissbereitschaft) nicht mit einem Vertragsabschluss endeten. Hinsichtlich der erzielten Verständigungshöhe konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Allerdings unterscheiden sich die beiden „Abbruchgruppen“ dadurch, dass in Verhandlungen, die aufgrund mangelnder Kompromissbereitschaft scheiterten, die Verhandelnden sich selbst als überdurchschnittlich professionell und ihre Argumentation als überdurchschnittlich verständlich, nachvollziehbar und ausführlich bewerteten. In Verhandlungen, die aufgrund nichtangebotsbezogener Ursachen scheiterten, beurteilten sich die Verhandelnden auf diesen Variablen signifikant niedriger (Strategiefaktor Strategie_Selbst1 weist signifikant höhere Faktorwerte in „offer“-Abbruchgruppe auf, Tabelle 43).
197
Nichtparametrische Tests Test Statistics
Mittelwertvergleiche
a
Report
Strategie_selbst1 Most Extreme Differences Absolute Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed)
,750 ,750 ,000 1,369
Abbruchgrund offer-communication
nonoffer communication
,047
a. Grouping Variable: Abbruchgrund Total
Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation
Strategie_selbst1 1,1006 4 ,52192 -,0361 20 ,73507 ,1534 24 ,81802
Tabelle 43: Zusammenhang Strategie – Abbruchgrund
7.3.2 Beziehungsdimension Neben den kurzfristigen ökonomisschen Ergebnissen können Verhandlungen auch in Bezug auf langfristige Effekte bewertet werden. Diese hängen mit der Beziehung zwischen den Verhandelnden zusammen und haben ebenfalls eine ökonomische Bedeutung, da sie Nachverhandlungs-, Informations- und Suchkosten reduzieren können sowie die Generierung von Lern- und Erfahrungskurveneffekten ermöglichen. Die langfristigen ökonomischen Effekte sind mit der subjektiven ex-postWahrnehmung der Verhandelnden, insbesondere ihrer Zufriedenheit, verbunden. In Kapitel 2.1.2 wurde bereits erwähnt, dass die Zufriedenheit der Verhandelnden als besserer Prädiktor für die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Beziehung gilt als das objektive Verhandlungsergebnis (Curhan et al. 2006; Lewicki et al. 2003, S. 14). Um mögliche langfristige ökonomische Wirkungen von Kommunikationsqualität zu ermitteln, wurden im Nachverhandlungsfragebogen neben der Beurteilung der eigenen Person und des Verhandlungspartners verschiedene subjektive Bewertungen der Verhandlungssituation abgefragt, beispielsweise die Zufriedenheit der Verhandelnden mit ihrem Ergebnis, mit dem Verhandlungsprozess und dem Verhandlungpartner, die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung, das nach Abschluss der Verhandlung bestehende Vertrauen zum Verhandlungspartner sowie der Wunsch nach Fortsetzung der Geschäftsbeziehung und die wahrgenommene Notwendigkeit von Nachverhandlungen. Es wird angenommen, dass sich das Ausmaß erzielter Verständigung positiv auf diese Ergebnisvariablen auswirkt und eine gute Verständigung somit eine solide Basis für langfristige Geschäftsbeziehungen darstellt (Tabelle 44).
198
H3: Höhere Kommunikationsqualität begünstigt den Beziehungserhalt H3a: Hohe Kommunikationsqualität erhöht die Zufriedenheit der Beteiligten. H3b: Hohe Kommunikationsqualität erhöht das gegenseitige Vertrauen der Verhandlungspartner H3c: Hohe Kommunikationsqualität verbessert die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung. H3d: Hohe Kommunikationsqualität senkt die Notwendigkeit von Nachverhandlungen. H3e: Hohe Kommunikationsqualität begünstigt den Wunsch nach Erhalt der Geschäftsbeziehung. Tabelle 44: Hypothesenübersicht Zunächst wird ermittelt, ob überhaupt Zusammenhänge zwischen den Abweichungen auf den Verständigungsvariablen und den untersuchten Ergebnisvariablen bestehen. Korrelationsanalysen (Korrelationskoeffizient: Kendalls tau b) weisen darauf hin, dass zahlreiche signifikante Zusammenhänge existieren (Tabelle 45).
199
Experiment 1 Correlations fairnesspr basisforrel com_effect com_effici com_clim ocess ationship sympathy ive ent ate m_wellstructu Correlation red Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_wellstru Correlation ctured Coefficient Sig. (2-tailed) N m_elaborated Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_elaborat Correlation ed Coefficient Sig. (2-tailed) N m_showedint Correlation erest Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_showed Correlation interest Coefficient Sig. (2-tailed) N m_comprehe Correlation nsible Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_compre Correlation hensible Coefficient Sig. (2-tailed) N m_polite Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_polite Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N m_friendly Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_friendly Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N m_adequately Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_adequat Correlation ely Coefficient Sig. (2-tailed) N m_profession Correlation ally Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_professi Correlation onally Coefficient Sig. (2-tailed) N
n_outcom satisfactio n_relation renegotiati futureinter e n_balance ship ons action
trust
-,109
-,071
-,220
-,053
-,025
,099
-,300 *
-,306 **
-,269 *
,068
-,241
*
-,187
,349 60
,540 60
,056 60 -,167
,657 60
,393 60 -,152
,010 60 -,118
,008 60 ,169
,021 60 -,184
,552 60
-,270
,829 60 -,218
,280
,036 60 -,141
,109 60 -,174
-,352
**
-,362
**
*
*
,003 60 ,150
,002 60 ,007
,146 60 ,080
,024 60 ,001
,059 60 -,158
,190 60 ,035
,310 60 ,213
,147 60 ,150
,116 60 ,001
,014 60 -,039
,221 60 ,149
,135 60 -,009
,195 60 ,021
,950 60 -,114
,483 60 -,231
,994 60 -,120
,170 60 ,041
,763 60 -,026
,066 60 ,034
,193 60 ,003
,994 60 -,064
,733 60 ,155
,193 60 -,024
,938 60 -,043
,858 60 -,179
,325 60 -,083
,044 60 -,098
,315 60 -,038
,724 60 -,130
,823 60 ,023
,769 60 -,087
,981 60 -,072
,583 60 -,208
,170 60 -,156
,836 60 -,011
,709 60 -,049
,122 60 -,042
,472 60
,388 60 -,267
,842 60 -,143
,451 60 -,048
,531 60 -,130
,073 60
*
,746 60 -,201
,255 60
-,236
-,281
,165 60 ,008
,924 60 -,182
,672 60 -,113
,714 60 -,092
,041 60 -,094
,019 60 -,153
,090 60 -,156
,006 60 -,175
,214 60 -,002
,675 60 -,095
-,296
,942 60 ,065
,111 60 -,136
,330 60 -,108
,437 60 -,174
,423 60 -,221
,189 60
,199 60 -,068
,135 60 -,214
,988 60
-,239 *
-,260 *
,420 60 -,182
,012 60 -,085
,140 60 -,158
-,268
,574 60 -,072
,067 60 -,094
,027 60 -,030
,123 60 -,119
,174 60 -,220
,545 60 -,018
,416 60 -,194
,794 60
-,259
,305 60 -,106
,011 60 -,078
,015 60 -,225
,388
,059 60 -,061
,026 60 -,145
,883 60 -,006
,092 60 -,025
,499 60
,054 60 -,218
,594 60 -,169
,207 60
,033 60
-,314 **
-,395 **
,957 60 -,219
,142 60
,006 60
*
-,277
,001 60 -,211
,044 60
,015 60 -,087 ,445 60 -,110
-,231
-,287
*
,012 60 -,313 ** ,006 60 -,253
*
,027 60
*
*
,061 60
,040 60
*
-,260
*
,021 60
,024 60
*
-,287
*
,339 60 -,190 ,097 60
*
,012 60
-,315
**
-,370
**
,260 60 *
*
,015 60 -,212 ,073 60
,570 60
-,278 *
,258 *
,245 60 -,126
,359 60 -,230
,470 60
,019 60
-,296 *
-,284
,025 60 ,119
,280 60 -,167
-,258 *
,296 60
,148 60 -,093
,026 60 -,082
,001 60 -,095
,421 60 -,191
,482 60 -,137
,059 60
,399 60
*
**
,051 60
,001 60 -,014
,362 60 -,184
,827 60
,901 60
**
-,456 **
,109 60 -,196
,006 60 -,014
-,277
*
,237 *
,094 60 -,204
,064 60 -,162
,001 60 -,158
,000 60 -,184
,089 60 -,200
,906 60 -,020
,016 60 -,168
,035 60 ,144
,073 60 -,161
-,235
,062 60 -,181
,171 60 -,198
,165 60
,081 60 -,112
,858 60 -,160
,143 60
-,255
,108 60 -,107
,199 60 ,056
,157 60 -,189
,040 60 -,020
,110 60 -,180
,093 60 -,124
,025 60 -,017
,347 60 ,067
,326 60 -,099
,161 60 -,007
-,229 *
,616 60 ,090
,096 60 -,122
,864 60 -,105
,111 60
,293 60 -,098
,879 60 -,153
,558 60 -,069
,386 60 -,136
,953 60 -,117
,282 60
-,277
,361 60 -,151
,406 60
,179 60
,548 60
,237 60
,308 60
-,243
-,296
*
**
,009 60
-,382
*
-,315
**
-,319
**
,005 60
,046 60
,421 60
*
,250
,016 60
,026 60
*
-,314
**
,006 60
,235 60 -,375
**
,001 60 *
,190 60
200
Experiment 2 Correlations trust_part satis_per satis_out satis_bal satis_par satis_pro ner ance tner cess trust_you formance come m_V_wellstru Correlation ctured Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_wellst Correlation ructured Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_elaborat Correlation ed Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_elabo Correlation rated Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_showedi Correlation nterest Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_show Correlation edinterest Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_compre Correlation hensible Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_comp Correlation rehensible Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_polite Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_polite Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_friendly Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_friend Correlation ly Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_adequat Correlation ely Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_adeq Correlation uately Coefficient Sig. (2-tailed) N m_V_professi Correlation onally Coefficient Sig. (2-tailed) N P_m_V_profe Correlation ssionally Coefficient Sig. (2-tailed) N
efficient
futureinte raction
effective
*
-,029
-,033
-,050
-,115
-,055
-,043
-,104
-,097
-,103
-,145
,646 198 ,116
,611 198 -,022
,433 198 -,068
,066 198 -,023
,381 198 -,096
,489 198 -,093
,098 198 -,054
,127 198 -,050
,100 198 -,054
,020 198 -,036
,068 198 -,076
,736 198 -,091
,286 198 -,055
,710 198 -,040
,122 198 -,024
,136 198 -,074
,388 198 ,040
,429 198 -,031
,387 198 -,102
,565 198 -,139 *
,233 198 -,045
,157 198 ,006
,385 198 ,036
,525 198 ,081
,705 198 -,012
,231 198 -,096
,529 198 ,031
,626 198 -,014
,106 198 ,024
,025 198 ,028
,478 198 -,033
,929 198 ,031
,566 198 -,003
,197 198 -,056
,844 198 -,058
,122 198 -,028
,627 198 ,063
,824 198 -,010
,699 198 -,049
,651 198 -,023
,608 198
,634 198 -,074
,965 198
,349 198 -,098
,649 198
,317 198 -,095
,873 198 -,117
,439 198 -,090
,708 198
-,143
,368 198 -,095
-,131
,022 198 -,020
,251 198 -,029
,025 198 -,021
,129 198 -,043
,115 198 -,024
,002 198 -,054
,133 198 -,054
,064 198 -,110
,153 198 -,012
,035 198 ,007
,756 198 -,103
,658 198 -,102
,742 198 -,094
,500 198 -,109
,698 198 -,015
,390 198 -,098
,400 198 -,043
,086 198 -,035
,855 198 -,040
,907 198 -,024
,109 198 -,005
,118 198 ,002
,142 198 -,085
,085 198 -,082
,808 198 -,063
,119 198 -,091
,497 198 -,080
,580 198 -,115
,528 198 -,102
,699 198 -,099
,934 198
,979 198
**
**
,187 198 -,035
,192 198 -,005
,314 198 -,046
,147 198 -,121
,209 198 -,121
,072 198 -,048
,106 198 -,068
,113 198 -,065
,584 198 ,014
,939 198 -,047
,462 198 -,022
,054 198 -,099
,057 198 -,075
,453 198 -,012
,281 198 -,063
,298 198 -,104
,115 198
,242 198 -,048
-,146
-,257
*
,000 198 -,125 ,052 198 -,176
**
-,246
,000 198 -,067 ,304 198 -,281
**
*
,827 198 -,209
**
,461 198
,726 198
**
-,135
-,173
*
-,190
-,188
**
**
*
,857 198
,319 198
,097 198
**
-,154
*
-,154
-,170
*
,006 198 -,046
,000 198 -,086
,001 198 ,078
,006 198 ,039
,033 198 ,016
,003 198 -,016
,450 198 -,006
,008 198 ,020
,016 198 ,031
,014 198 ,050
,472 198 -,083
,179 198 -,066
,222 198 -,071
,536 198 -,101
,792 198
,792 198
-,156
-,134
*
,922 198 -,101
,748 198 -,099
,623 198
*
,424 198 -,099
,192 198
,262 198 -,046
,106 198 -,035
,012 198 -,035
,030 198 -,097
,108 198 -,043
,118 198
-,184 **
,301 198 -,124
-,127
,004 198 -,082
,055 198 -,039
,469 198 -,070
,573 198 -,062
,575 198 -,042
,120 198 -,128
,497 198 -,068
,202 198
,542 198
,272 198
,327 198
,504 198
,041 198
,285 198
*
-,149
*
,018 198 -,001
,111 198 -,070
,045 198 -,117
,987 198 -,041
,264 198 -,090
,066 198
,521 198
,148 198
*
Tabelle 45: Korrelationen zwischen Verständigung und Ergebnisvariablen
201
Alle Korrelationskoeffizienten sind negativ, d.h. geringere Abweichungen (höhere Verständigung) korrelieren stets mit höheren Ausprägungen der Ergebnisvariablen. Eine Ausnahme stellt die Variable „renegotiations“ dar. Bei dieser Variablen bedeuten niedrige Skalenwerte ein gutes Ergebnis (geringe Notwendigkeit für Nachverhandlungen). Da die Ergebnisvariablen mittels 5-Punkt-Likertskalen abgefragt wurden, werden die Einflüsse der erzielten Verständigung auf die Ergebnisvariablen mittels ordinaler Regressionen überprüft. Aufgrund der weitgehenden Unabhängigkeit von erreichter Kommunikationsqualität und erzieltem Verhandlungsergebnis wird zusätzlich überprüft, welchen Einfluss die Kommunikationsqualität im Vergleich zum erzielten Verhandlungsergebnis (in Form des erreichten Nutzenwertes) auf die Beurteilung der Ergebnisvariablen hat. Dazu werden pro Variable drei Regressionsmodelle berechnet und miteinander verglichen: - In das erste Regressionsmodell gehen nur die (beidseitigen) Kommunikationsqualitätsfaktoren als unabhängige Variablen in die Gleichung ein. - Im zweiten Modell wird nur der erzielte Nutzenwert als unabhängige Variable betrachtet. - Im dritten Modell werden gleichzeitig Kommunikationsqualitätsfaktoren und Nutzenwert als unabhängige Variablen einbezogen. Alle unabhängigen Variablen gehen aufgrund ihrer Intervallskalierung als Kovariaten in die Gleichung ein. Bei allen Modellen werden nur die Haupteffekte berücksichtigt. Die Integration von Wechselwirkungen zwischen den Variablen führt dazu, dass die Validität der Modellanpassung nicht mehr sichergestellt ist.14
14
Warnmeldung in SPSS: „Unexpected singularities in the Fisher Information matrix are encountered. There may be a quasi-complete separation in the data. Some parameter estimates will tend to infinity. The PLUM procedure continues despite the above warnings. Subsequent results shown are based on the last iteration. Validity of the model fit is uncertain“.
202
Zufriedenheit Die Ethik des Verstehens besagt, dass Kommunikation am besten funktioniert, wenn gegenseitige Verständigung erreicht wird (Spitzberg 2003, S. 99ff). Dabei ist zu differenzieren zwischen der objektiv erzielten und der subjektiv wahrgenommenen Verständigung. Während objektive Verständigung die Genauigkeit der Übereinstimmung von intendierter (versendeter) und empfangener Nachricht bzw. das gemeinsam geteilte Verständnis von Situationen oder Bedeutungen beschreibt, ist die subjektive Verständigung das Gefühl des Verstandenwerdens und wird häufig mit relationaler Zufriedenheit assoziiert: In Studien konnte belegt werden, dass Gruppen umso zufriedener waren, je mehr (subjektive) gegenseitige Verständigung sie wahrnahmen. Wahrgenommene Verständigung kompensierte sogar fehlenden Konsens (Cornelius & Boos 2003). Somit kann angenommen werden, dass hohe Kommunikationsqualität – d.h. ein hohes Ausmaß subjektiver Verständigung – eine hohe Zufriedenheit der Beteiligten zur Folge hat. Die Zufriedenheit bezüglich unterschiedlicher Aspekte wurde jeweils auf einer 5-Punkt-Likertskala abgefragt, mit der Skalierung 1 = sehr unzufrieden bis 5 = sehr zufrieden. - Satis(faction)_outcome: Zufriedenheit mit dem eigenen Verhandlungsergebnis (absolute Ergebniszufriedenheit) - Satis(faction)_balance: Zufriedenheit mit dem Verhältnis zwischen eigenem erzielten Ergebnis und dem vom Partner erzielten Ergebnis (relative Ergebniszufriedenheit) - Satisfaction_relationship: Zufriedenheit mit der Beziehung zum Verhandlungspartner - Satis_performance: Zufriedenheit mit der eigenen Leistung - Satis_partner: Zufriedenheit mit dem Verhandlungspartner - Satis_process_Zufriedenheit mit dem Verhandlungsprozess Ein Vergleich der Regressionsmodelle (Tabelle 46) zeigt, dass allein mit den Kommunikationsqualitätsfaktoren ein vergleichsweise hoher Streuungsanteil der abhängigen Variablen erklärt werden kann (Spalte KQ, markiert sind Signifikanzen < .05, Pseudo-R²-Statistik: Nagelkerke). Im ersten Experiment (e1) können hinsichtlich der absoluten Ergebniszufriedenheit 23,1 Prozent, hinsichtlich der relativen Ergebniszufriedenheit 36 Prozent und hinsichtlich der Beziehungszufriedenheit sogar 50,4 Prozent der Gesamtstreuung erklärt werden. Im zweiten Experiment (e2) fallen die erklärten Streuungsanteile geringer aus. In beiden Experimenten erweist sich neben der erzielten Verständigung auch der Einfluss des erzielten Verhandlungsergebnisses auf die Zufriedenheit als signifikant (Tabelle 46, Tabellenspalte Utilities).
203
e1 e1 e1 e2 e2 e2 e2 e2
KQ Utilities KQ + Utilities abh. Variable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke satisfaction_outcome 0,026 23,1% 0,001 19,7% 0,012 30,9% satisfaction_balance 0,000 36,0% 0,001 20,4% 0,004 34,7% satisfaction_relationship 0,000 50,4% 0,534 0,8% 0,003 36,0% satis_performance 0,057 6,6% 0,000 14,7% 0,000 21,2% satis_outcome 0,025 7,5% 0,000 23,3% 0,000 25,4% satis_balance 0,098 5,6% 0,001 6,8% 0,028 9,3% satis_partner 0,000 15,9% 0,014 3,7% 0,002 12,9% satis_process 0,189 4,7% 0,060 2,3% 0,089 7,7%
Tabelle 46: Übersicht der Regressionsmodelle – Zufriedenheit Eine Betrachtung der Schätzer der unabhängigen Variablen im Modell mit allen Variablen (Spalte KQ + Utilities in Tabelle 46, Schätzer in Tabelle 47) verdeutlicht, dass Kommunikationsqualität insbesondere in Bezug auf die relative Ergebniszufriedenheit der Verhandelnden, ihre Zufriedenheit mit der Beziehung, ihrer Leistung und ihrem Partner eine bedeutende Rolle spielt. Dabei ist der Einfluss der Kommunikationsqualitätsfaktoren immer negativ, d.h. höhere Verständigung (niedrigere Faktorwerte) bewirkt höhere Zufriedenheit. Im ersten Experiment weist nur der erste Kommunikationsqualitätsfaktor signifikante Einflüsse auf. In Experiment 2 erweisen sich alle Kommunikationsqualitätsfaktoren als zufriedenheitsrelevant. Hinsichtlich der Zufriedenheit mit dem Partner und der eigenen Leistung sind die vom Partner erzielten Faktorwerte bedeutsamer als die Faktorwerte der Person, aus deren Sicht die Zufriedenheitsbewertung stattfand. Dies kann folgendermaßen interpretiert werden: Je besser sich ein Verhandlungspartner verständlich machen konnte, desto zufriedener war sein Gegenüber mit seiner Leistung und mit ihm. Die Hypothese H3a, wonach Kommunikationsqualität die Zufriedenheit erhöht, ist damit bestätigt.
204
Ergebnisvariable e1 satisfaction_outcome
e1 satisfaction_balance
e1 satisfaction_relationship
e2 satis_performance
e2 satis_outcome
e2 satis_balance
e2 satis_partner
e2 satis_process
Modellanpassung Sign. Nagelkerke Unabh. Variable KQ_Faktor1 0,012 30,9%
0,004
0,003
0,000
0,000
0,028
0,002
0,089
34,7%
36,0%
21,2%
25,4%
9,3%
12,9%
7,7%
Schätzer
Signifikanz
-,623
,081
KQ_Faktor2
,275
,431
KQ_Faktor3
-,133
,640
P_KQ_Faktor1
-,527
,120
P_KQ_Faktor2
,220
,518
P_KQ_Faktor3
,158
,575
indiv_utility
8,678
,006
KQ_Faktor1
-,872
,015
KQ_Faktor2
,174
,610
KQ_Faktor3
,326
,251
P_KQ_Faktor1
-,133
,685
P_KQ_Faktor2
-,075
,821
P_KQ_Faktor3
-,267
,337
indiv_utility
7,833
,012
KQ_Faktor1
-,882
,020
KQ_Faktor2
-,185
,600
KQ_Faktor3
,212
,464
P_KQ_Faktor1
-1,052
,005
P_KQ_Faktor2
-,650
,071
P_KQ_Faktor3
-,095
,744
indiv_utility
,344
,907
KQ_Faktor1
,167
,321
KQ_Faktor2
,056
,724
KQ_Faktor3
,109
,525
P_KQ1
-,480
,004
P_KQ2
-,186
,240
P_KQ3
-,321
,058
indiv_utility
6,854
,000
KQ_Faktor1
-,002
,990
KQ_Faktor2
-,147
,338
KQ_Faktor3
,127
,441
P_KQ1
-,219
,166
P_KQ2
-,095
P_KQ3
-,195
,231
indiv_utility
8,527
,000
KQ_Faktor1
-,017
,912
KQ_Faktor2
-,046
,751
KQ_Faktor3
,076
,628
P_KQ1
-,247
,103
P_KQ2
-,063
,664
P_KQ3
-,238
,127
indiv_utility
4,027
,001
KQ_Faktor1
-,074
,628
KQ_Faktor2
-,026
,858
KQ_Faktor3
,056
,721
P_KQ1
-,483
,002
P_KQ2
-,300
,041
P_KQ3
-,314
,044
indiv_utility
3,208
,009
KQ_Faktor1
,100
,531
KQ_Faktor2
-,036
,813
KQ_Faktor3
,135
,405
P_KQ1
-,343
,029
P_KQ2
,004
,980
P_KQ3
-,383
,019
indiv_utility
1,980
,116
,534
Tabelle 47: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Zufriedenheit
205
Vertrauen Die Transaktionskostentheorie (Coase 1937; Williamson 1975; Williamson 1985) geht davon aus, dass Verträge aufgrund der beschränkten menschlichen Rationalität immer unvollständig sind, d.h. es können nie alle Eventualitäten berücksichtigt werden. Die Nichtberücksichtigung erhöht allerdings die ExPost-Transaktionskosten. Ex-Post-Transaktionskosten, also Kosten, die nach einer (elektronischen) Verhandlung anfallen, sind beispielsweise Vertragsüberwachungs-, Konfliktlösungs- und Nachverhandlungskosten. Um diese Kosten zu senken, schlagen (Risser & Fohler 2005) vor, relationale Verträge zu schließen, welche nur die Hauptpflichten jeder Partei explizieren und daneben viele implizite Regelungen enthalten, deren Einhaltung auf dem Vertrauen zwischen den Parteien beruhen. Vertrauen wird demnach zum entscheidenden Erfolgsfaktor. In einer umfassenden empirischen Analyse untersuchen Helm und Stölzle (2007) die Determinanten für Beziehungserfolg auf elektronischen Märkten. Auf traditionellen Märkten sind Kommunikation und Vertrauen direkt miteinander verbunden und beeinflussen gemeinsam mit weiteren Faktoren den Erfolg einer Beziehung. Überraschenderweise scheint dieser enge Zusammenhang von Kommunikation und Vertrauen jedoch nicht für elektronische Märkte zu gelten. Dennoch nennen die Autoren als wichtige Faktoren für den Beziehungserfolg u. a. die Wahl des Partners in Bezug auf dessen Kommunikation und seine relative Abhängigkeit. Verhandelnde befinden sich in einer Situation ständiger Informationsasymmetrie. Deshalb ist es entscheidend, dass sie Vertrauen zueinander aufbauen (Allred 2004). Da in elektronischen Verhandlungen die einzige Interaktion zwischen den Verhandelnden über asynchronen schriftlichen Nachrichtenaustausch verläuft, müssen die Verhandlungspartner auf diesem Wege versuchen, die Vertrauenswürdigkeit ihres Verhandlungspartners zu überprüfen und Hinweise auf die eigene Vertrauenswürdigkeit zu geben. Dies kann beispielsweise durch Offenheit oder detaillierte und ausführliche Argumentation gelingen, aber auch dadurch, dass die Verhandlungspartner lernen, ihr Gegenüber richtig einzuschätzen (vgl. hierzu Kapitel 3.1.3 und 5.3 sowie (Butler 1999; Smith & Barclay 1997) – ein Aspekt von Kommunikationsqualiät. Somit kann angenommen werden, dass hohe Kommunikationsqualität das gegenseitige Vertrauen der Verhandlungspartner erhöht und damit die Etablierung relationaler Verträge ermöglicht. Das gegenseitige Vertrauen wurde im Rahmen des Nachverhandlungsfragebogens mittels der Frage erhoben: „Hat die Verhandlung dazu geführt, dass Sie Ihrem Verhandlungspartner vertrauen?“ bzw. im zweiten Experiment: „To what extent did you trust your negotiation partner?“. Die Skala umfasste den Wertebereich von 1 = überhaupt nicht (not at all) bis 5 = absolut (absolutely). Im zweiten Experiment wurde zusätzlich erhoben, wie vertrauenswürdig sich die Verhandelnden selbst einschätzten („To what extent did your negotiation partner trust you?“). Wieder werden die drei Regressionsmodelle (nur Kom-
206
munikationsqualität, nur Nutzenwerte, beide Variablengruppen) berechnet und miteinander verglichen (Tabelle 48). abh. Variable e1 trust e2 trust_partner e2 trust_you
KQ Utilities KQ + Utilities Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke 0,002 31,4% 0,365 1,6% 0,042 25,3% 0,000 15,6% 0,381 0,5% 0,007 11,8% 0,000 15,0% 0,404 0,5% 0,001 15,6%
Tabelle 48: Übersicht der Regressionsmodelle – Vertrauen Ein direkter Vergleich zeigt, dass mithilfe des erzielten Nutzenwerts keine Aussagen über das gegenseitige Vertrauen der Verhandlungspartner getroffen werden können, wohl aber mithilfe der erzielten Kommunikationsqualität. Im Gesamtmodellvergleich (Tabelle 49) erweist sich im ersten Experiment der erste Kommunikationsqualitätsfaktor als relevant. Je besser sich ein Verhandelnder (insbesondere in Bezug auf die Variablen Freundlichkeit, Höflichkeit und Nachvollziehbarkeit) verständlich machen konnte, desto mehr Vertrauen hatte er in seinen Verhandlungspartner. Im zweiten Experiment besteht ein signifikanter Einfluss hinsichtlich des Partnerfaktors (d.h. zwischen Übereinstimmung von Selbst- und Fremdwahrnehmung des Partners des Befragten). Auch hier sind Höflichkeit und Freundlichkeit entscheidende Variablen. Es gilt demnach der Zusammenhang: Je besser sich der Verhandlungspartner verständlich machen konnte, desto mehr vertraute ihm sein Partner und als umso vertrauenswürdiger schätzte sein Partner auch sich selbst ein. Da sich die Einflüsse der Kommunikationsqualitätsfaktoren auf Vertrauensaspekte als signifikant erwiesen haben, gilt Hypothese H3b als bestätigt. Ergebnisvariable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Unabh. Variable KQ_Faktor1 e1 trust 0,042 25,3%
e2 trust_partner
e2 trust_you
0,007
0,001
11,8%
15,6%
Schätzer
Signifikanz
-,814
,020
,069
,837
KQ_Faktor3
-,149
,586
P_KQ_Faktor1
-,641
,056
P_KQ_Faktor2
,049
,882
P_KQ_Faktor3
,549
,052
indiv_utility
1,936
,494
KQ_Faktor1
-,111
,484
KQ_Faktor2
,063
,675
KQ_Faktor3
-,200
,217
P_KQ1
-,620
,000
P_KQ2
,095
,531
P_KQ3
-,240
,139
indiv_utility
1,347
,283
KQ_Faktor1
,223
,172
KQ_Faktor2
-,035
,821
KQ_Faktor3
-,161
,328
P_KQ1
-,750
,000
P_KQ2
,123
,429
P_KQ3
-,176
,291
indiv_utility
,695
,588
KQ_Faktor2
Tabelle 49: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Vertrauen
207
Wahrgenommene Effektivität und Effizienz Ist eine Verhandlung durch viele Missverständnisse geprägt und unübersichtlich, so erfordert die Durchführung hohe kognitive Anstrengungen seitens der Verhandlungsteilnehmer. Diese Anstrengungen der Verhandlungspartner implizieren den Verbrauch von Ressourcen (insbesondere Zeit) und können sich negativ auf die wahrgenommene Effektivität und Effizienz auswirken. Da hohe Kommunikationsqualität einem hohen Ausmaß an Verständigung zwischen den Verhandlungspartnern entspricht, wird untersucht, welche Auswirkungen die Kommunikationsqualität auf die Wahrnehmung der Effektivität und der Effizienz der Verhandlung hat. Auch diese Variablen wurden auf 5Punkt-Likertskalen abgefragt. - Effektivität: Skala: 1 = überhaupt nicht effektiv, 5 = sehr effektiv - Effizienz: Skala: 1 = überhaupt nicht effizient, 5 = sehr effizient
e1 e1 e2 e2
abh. Variable com_effective com_efficient efficient effective
KQ Utilities KQ + Utilities Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke 0,154 16,6% 0,147 4,4% 0,710 9,4% 0,000 35,8% 0,869 0,1% 0,066 23,1% 0,012 8,7% 0,019 3,5% 0,153 6,7% 0,005 9,6% 0,000 13,6% 0,000 18,7%
Tabelle 50: Übersicht der Regressionsmodelle – Effektivität und Effizienz Der Modellvergleich (Tabelle 50) deutet auf eine hohe Relevanz der Kommunikationsqualitätsfaktoren hin. Im ersten Experiment können 35,8 Prozent der Streuung der Effizienzwahrnehmung mit der erreichten Verständigungshöhe erklärt werden. Die Einbeziehung des erzielten Verhandlungsergebnisses bewirkt eine Reduzierung der signifikanten Modelle auf ein einziges (abh. Variable: effective). Eine Betrachtung der unabhängigen Variablen dieses Modells zeigt einen stark positiven Einfluss des Verhandlungsergebnisses auf die Wahrnehmung der Effektivität der Verhandlung und einen negativen Einfluss der Verständigungshöhe (positiver Schätzer, erster Zeilenblock in Tabelle 51). Betrachtet man jedoch die Modelle ohne Berücksichtigung der erzielten Verhandlungsergebnisse, so erweist sich eine höhere Verständigung als vorteilhaft in Bezug auf die Wahrnehmung der Effektivität und Effizienz der Verhandlung (Zeilenblöcke 2 bis 5 in Tabelle 51). Die Wahrnehmung von Effektivität und Effizienz ist dabei nicht von den Faktorwerten des Verhandelnden selbst, sondern von denen seines Partners abhängig. Dies bedeutet: Wenn ein Verhandelnder sich gut verständlich machen konnte, dann beurteilte sein Gegenüber die Verhandlung als effektiv bzw. effizient. Insgesamt hat die Höhe der Kommunikationsqualität positive Auswirkungen auf die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung. Die Hypothese H3c gilt deshalb ebenfalls als bestätigt.
208
Ergebnisvariable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Unabh. Variable KQ_Faktor1 e2 effective 0,000 18,7%
e1 com_effective
e1 com_efficient
e2 efficient
e2 effective
0,154
0,000
0,012
0,005
16,6%
35,8%
8,7%
9,6%
Schätzer
Signifikanz
,047
,775
KQ_Faktor2
-,192
,216
KQ_Faktor3
,341
,043
P_KQ1
-,255
,111
P_KQ2
-,027
,864
P_KQ3
-,325
,051
indiv_utility
5,782
,000
KQ_Faktor1
-,066
,803
KQ_Faktor2
-,273
,311
KQ_Faktor3
,088
,745
P_KQ_Faktor1
-,535
,049
P_KQ_Faktor2
-,499
,070
P_KQ_Faktor3
-,124
,646
KQ_Faktor1
-,132
,610
KQ_Faktor2
-,493
,065
KQ_Faktor3
,187
,474
P_KQ_Faktor1
-1,164
,000
P_KQ_Faktor2
-,312
,234
P_KQ_Faktor3
-,255
,332
KQ_Faktor1
-,031
,824
KQ_Faktor2
-,228
,092
KQ_Faktor3
-,053
,708
P_KQ1
-,356
,011
P_KQ2
-,081
,550
P_KQ3
-,340
,017
KQ_Faktor1
-,118
,390
KQ_Faktor2
-,165
,221
KQ_Faktor3
,156
,268
P_KQ1
-,422
,002
P_KQ2
-,002
,990
P_KQ3
-,369
,009
Tabelle 51: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Effektivität und Effizienz
Nachverhandlungen Unabhängig davon, ob es sich bei einem aus einer Verhandlung resultierenden Vertrag um einen relationalen oder einen vollständig explizierten Vertrag handelt, kann festgestellt werden, dass je höher die Übereinstimmung der Verhandelnden in Bezug auf die vereinbarten Punkte und den sich daraus ergebenden Pflichten ist, desto vollständiger ist der geschlossene Vertrag und umso geringer ist der nachträgliche Klärungsbedarf. Da hohe Kommunikationsqualität u. a. eine hohe Übereinstimmung der Wahrnehmungen der Verhandlungspartner impliziert, wird angenommen, dass sie die Notwendigkeit von Nachverhandlungen (und damit die Transaktionskosten) senkt. Diese Hypothese wird mit den Daten des ersten Experiments mittels einer ordinalen Regression überprüft, da hier die Notwendigkeit von Nachverhandlungen über eine 5-Punkt-Likertskala erhoben wurde („Meinen Sie, dass Nachverhandlungen notwendig sind, bevor mit der Produktion begonnen werden kann?“ Skala: 1 = auf keinen Fall, 5 = auf jeden Fall). Wichtig ist hierbei,
209
dass hohe Werte in Bezug auf die Nachverhandlungsvariable negativ sind, da sie eine hohe Notwendigkeit für Nachverhandlungen ausdrücken. Im zweiten Experiment wurde die Variable auf einer drei Ausprägungen umfassenden Nominalskala erhoben („Do you think that one or more contract points need to be re-negotiated before actually starting the cooperation?“ no – uncertain – yes). Deshalb wird hier ein Vergleichstest für nichtparametrische Stichproben durchgeführt. Im ersten Experiment können mit den Kommunikationsqualitätsfaktoren 27,9 Prozent der Streuung der Variable „Notwendigkeit von Nachverhandlungen“ erklärt werden (Tabelle 52). KQ Utilities KQ + Utilities abh. Variable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke e1 renegotiations 0,005 27,9% 0,947 0,0% 0,061 22,8%
Tabelle 52: Übersicht der Regressionsmodelle – Nachverhandlungen Als entscheidend erweist sich hier der Einfluss des partnerseitigen ersten Kommunikationsqualitätsfaktors. Da das dritte Regressionsmodell (KQ + Utilities) eine Signifikanz > .05 aufweist, wird auch das reduzierte Modell (KQ) im Detail dargestellt (Tabelle 53). Ergebnisvariabl Modellanpassung Sign. Nagelkerke Unabh. Variable KQ_Faktor1 e1 renegotiations 0,061 22,8%
e1 renegotiations
0,005
27,9%
Schätzer
Signifikanz
,203
,526
KQ_Faktor2
-,264
,409
KQ_Faktor3
-,078
,764
P_KQ_Faktor1
1,048
,002
P_KQ_Faktor2
,199
,526
P_KQ_Faktor3
-,185
,481
indiv_utility
,269
,919
KQ_Faktor1
-,091
,713
KQ_Faktor2
-,147
,562
KQ_Faktor3
-,083
,742
P_KQ_Faktor1
1,072
,000
P_KQ_Faktor2
,481
,063
P_KQ_Faktor3
-,064
,801
Tabelle 53: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Nachverhandlungen Da der Schätzer des signifikanten Faktors in beiden Modellen positiv ist, kann der Zusammenhang unterstellt werden: Je besser sich ein Verhandelnder verständlich machen konnte, desto geringer beurteilte sein Verhandlungspartner die Notwendigkeit für Nachverhandlungen. Der nichtparametrische Gruppenvergleich im zweiten Experiment (Gruppen: keine Nachverhandlungen – unsicher – Nachverhandlungen) ergab keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung der Kommunikationsqualitätsfaktorwerte (Tabelle 54). Auch eine logistische Regression (bei der
210
ausschließlich die Antworten ja und nein betrachtet wurden) ergab keine signifikanten Effekte. Die Hypothese H3d wurde damit nur teilweise bestätigt. a,b
Chi-Square df Asymp. Sig.
Test Statistics KQ_Faktor 1 KQ_Faktor 2 KQ_Faktor 3 3,562 ,950 2,086 2 2 2 ,168 ,622 ,352
P_KQ1 2,278 2 ,320
P_KQ2 3,375 2 ,185
P_KQ3 ,474 2 ,789
a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: renegotiation
Tabelle 54: Gruppenvergleich Kommunikationsqualität und Nachverhandlungen (Experiment 2)
Erhalt der Geschäftsbeziehung Verhandlungen sind soziale Interaktionen. Wenn die Teilnehmer mit dem Verlauf dieser Interaktion zufrieden sind, sind sie motiviert, die Beziehung zum Verhandlungspartner aufrecht zu erhalten (Oliver et al. 1994; Curhan et al. 2006; Lewicki et al. 2003). Es wurde bereits gezeigt, dass Kommunikationsqualität sich auf die Zufriedenheit der Verhandlungsteilnehmer und damit indirekt auf den Geschäftsbeziehungserhalt auswirkt. Zusätzlich wird nun überprüft, ob auch direkte Zusammenhänge zwischen der erreichten Kommunikationsqualitätshöhe und dem Wunsch nach Erhalt der Geschäftsbeziehung bestehen. Der Wunsch nach Erhalt der Geschäftsbeziehung wurde ermittelt anhand der Frage: „Würden Sie in Zukunft wieder mit diesem Verhandlungspartner verhandeln?“ (Skala: 1 = auf keinen Fall; 5 = auf jeden Fall) bzw. „Based on your experience in this negotiation, would you be interested in further interactions (e.g. negotiations) with your negotiation partner?“ (Skala: 1 = not at all, 5 = absolutely). Zusätzlich wurde im ersten Experiment erhoben, ob die Verhandelnden die abgeschlossene Verhandlung als Basis für eine langfristige Geschäftsbeziehung einschätzen, wie sympathisch sie ihren Verhandlungspartner fanden und wie angenehm das Kommunikationsklima für sie war. In beiden Experimenten zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der erzielten Verständigung und der positiven Einstellung gegenüber einer Fortführung der Geschäftsbeziehung (Tabelle 55).
211
e1 e1 e1 e1 e2
KQ Utilities KQ + Utilities abh. Variable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke basisforrelationship 0,000 40,0% 0,375 1,6% 0,011 31,1% sympathy 0,000 49,6% 0,599 0,5% 0,000 53,1% com_climate 0,000 36,8% 0,950 0,0% 0,015 29,3% futureinteraction 0,004 29,2% 0,022 9,9% 0,037 25,7% futureinteraction 0,001 11,1% 0,000 8,9% 0,000 15,1%
Tabelle 55: Übersicht der Regressionsmodelle – Erhalt der Geschäftsbeziehung In Bezug auf die Frage, ob die Verhandlung die Grundlage für eine zukünftige Geschäftsbeziehung darstellte, ist insbesondere der erste Kommunikationsqualitätsfaktor relevant (Tabelle 56). Auch hinsichtlich der gegenseitigen Sympathie und des Kommunikationsklimas erweist sich die Verständigung auf dem ersten Faktor als wichtig. Obwohl das erste Regressionsmodell (KQ) einen hohen Anteil erklärter Streuung in Bezug auf die Variable „zukünftige Zusammenarbeit“ („futureinteraction“) aufweist, ist im ersten Experiment beim vollständigen Regressionsmodell (KQ + Utilities) überraschenderweise kein signifikanter Einfluss (auf einem Signifikanzniveau von .05) der Kommunikationsqualitätsfaktoren auf den Wunsch nach zukünftiger Interaktion zu erkennen. Im zweiten Experiment besteht jedoch ein solcher Einfluss. Insgesamt sind im Gesamtmodell die Schätzer der erzielten Nutzenwerte (als unabhängige Variablen) deutlich höher als die Schätzer der Kommunikationsqualitätsfaktoren. Die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung wird demnach primär davon beeinflusst, wie hoch das individuell erzielte Verhandlungsergebnis ausfiel, die erreichte Verständigungshöhe spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Hypothese H3e in Bezug auf den direkten Zusammenhang zwischen Kommunikationsqualität und Erhalt der Geschäftsbeziehung wurde bestätigt, allerdings ist dieser Zusammenhang sehr schwach.
212
Ergebnisvariable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Unabh. Variable KQ_Faktor1 e1 basisforrelationship 0,011 31,1%
Schätzer
Signifikanz
-,469
,177
KQ_Faktor2
,031
,926
KQ_Faktor3
-,190
,499
P_KQ_Faktor1
-1,104
,003
P_KQ_Faktor2
-,202
,546
P_KQ_Faktor3
e1 sympathy
0,000
53,1%
,423
,139
indiv_utility
2,869
,325
KQ_Faktor1
-1,769
,000
KQ_Faktor2
,052
,880
,015
,959
KQ_Faktor3 P_KQ_Faktor1
-1,055
,003
P_KQ_Faktor2
-,968
,007
P_KQ_Faktor3
e1 com_climate
e1 futureinteraction
e2 futureinteraction
0,015
0,037
0,000
29,3%
25,7%
15,1%
,240
,401
indiv_utility
-1,293
,650
KQ_Faktor1
-,380
,258
KQ_Faktor2
,566
,094
KQ_Faktor3
-,191
,483
P_KQ_Faktor1
-1,197
,001
P_KQ_Faktor2
-,114
,727
P_KQ_Faktor3
-,053
,846
indiv_utility
-,555
,840
KQ_Faktor1
-,488
,144
KQ_Faktor2
,538
,121
KQ_Faktor3
,232
,392
P_KQ_Faktor1
-,581
,076
P_KQ_Faktor2
-,501
,129
P_KQ_Faktor3
-,166
,541
indiv_utility
4,919
,096
KQ_Faktor1
-,227
,141
KQ_Faktor2
-,147
,314
KQ_Faktor3
,105
,504
P_KQ1
-,397
,009
P_KQ2
-,061
,675
P_KQ3
-,172
,268
indiv_utility
4,845
,000
Tabelle 56: Übersicht der Regressionsschätzer im Gesamtmodell – Erhalt der Geschäftsbeziehung
Zusammenfassend gilt damit: Kommunikationsqualität hat umfangreiche ökonomische Effekte. Sie steht in positivem Zusammenhang mit dem Zustandekommen einer Einigung und weist vielfältige langfristige, beziehungsspezifische Effekte auf, wie etwa in Bezug auf die Zufriedenheit der Verhandelnden, das gegenseitige Vertrauen, die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung und die Notwendigkeit von Nachverhandlungen. Zudem erhöht sie, wenn auch in geringem Maße, den Wunsch nach Erhalt der Geschäftsbeziehung.
213
7.4
Indirekte ökonomische Effekte: Bedeutung der Kommunikationsstrategie Bei der theoretischen Herleitung der Hypothese über den Zusammenhang zwischen Kommunikationsqualität und erzieltem Verhandlungsergebnis (Kapitel 7.3.1) wurde angeführt, dass bereits in mehreren Studien der positive Zusammenhang zwischen guter Kommunikation und integrativen Verhandlungsergebnissen bestätigt werden konnte. Hier konnte ein solcher Zusammenhang nicht nachgewiesen werden. Dies könnte daran liegen, dass hier ein anderes Verständnis „guter Kommunikation“ bzw. hoher Kommunikationsqualität zugrunde gelegt wurde: Während viele andere Ansätze gute Kommunikation mit einer kommunikativ-kooperativen Strategie gleichsetzen, d.h. beispielsweise mit sehr freundlichem, höflichem, angemessenem, nachvollziehbarem Kommunikationsverhalten, wurde hier ausschließlich die erzielte Verständigung betrachtet. Dies liegt darin begründet, dass im hier verfolgten Ansatz der Dualitätsaspekt von Verhandlungskommunikation berücksichtigt wird, also die Tatsache, dass Verhandelnde auch kommunikativ-kompetitiv orientiert sein können (d.h. sie nehmen bestimmte Missverständnisse bewusst in Kauf oder verhalten sich absichtlich unfreundlich) und dies die Kommunikationsqualität nicht systematisch verzerren bzw. senken darf. Bisher wurde der strategische Aspekt ausgeklammert, im Folgenden soll nun untersucht werden, welche Zusammenhänge zwischen der gewählten Kommunikationsstrategie und den erzielten Verhandlungsergebnissen besteht. Da eine Kommunikationsstrategie nur dann effektiv und effizient eingesetzt werden kann, wenn sichergestellt ist, dass die eigene Beurteilung eines bestimmten Kommunikationsverhaltens auch entsprechend vom Verhandlungspartner beurteilt wird (d.h. wenn ein ausreichendes Maß an Verständigung erzielt wurde), wird dem Einfluss der Kommunikationsstrategie auf das Verhandlungsergebnis ein indirekter Einfluss der Kommunikationsqualität unterstellt. Die Kommunikationsstrategie wird aus der Höhe der Skalenwerte bei den Verständigungsvariablen abgeleitet. Aus den theoretischen Analysen (Kapitel 3.2.2) und den Ergebnissen der offenen Befragung (Kapitel 6.2) ergibt sich, dass höhere Skalenwerte auf den Verständigungsvariablen einer kommunikativ kooperativen Strategie, niedrigere Skalenwerte einer kommunikativkompetitiven Strategie entsprechen. 7.4.1 Gegenseitige Anpassung der Kommunikationsstrategie Im ersten Experiment beurteilten Verhandelnde, die ihre eigene Kommunikation für sehr (häufig) nachvollziehbar hielten, auch die Nachvollziehbarkeit ihres Partners höher (Tabelle 57). Auch bei Verständlichkeit, Höflichkeit, Freundlichkeit, Angemessenheit und Professionalität bestehen positive lineare Zusammenhänge zwischen Selbst- und Partnerbewertung. Im zweiten Experiment bestätigen sich diese Zusammenhänge. Hier bestehen zwischen allen direkt zusammengehörigen Bewertungen (Selbst- und Partnerbewertungen
214
derselben Variale) signifikante Korrelationen, mit Ausnahme der Verständlichkeit der Argumentation. Diese Zusammenhänge zwischen der Beurteilung der eigenen Person und der Beurteilung des Verhandlungspartners lassen vermuten, dass die Verhandlungspartner ihre Kommunikationsstrategie (wie auch den Einsatz von Kommunikationstechniken, vgl. Kapitel 7.2) einander anpassen: Wurde der Verhandlungspartner als häufig freundlich wahrgenommen, wurde die eigene Kommunikation ebenfalls als häufig freundlich beurteilt, entweder weil sie dem Partner angeglichen wurde oder weil der Partner sich dem Befragten angepasst hat. Eine Kausalitätsrichtung im Sinne der Frage, welcher Partner der Auslöser war, kann aus den Korrelationen nicht abgelesen werden. Experiment 1
Kendall's tau_b
Correlations partner_V_co partner_V_w partner_V_el partner_V_sh mprehensibl partner_V_po partner_V_fri partner_V_ad partner_V_pr ellstructured aborated owedinterest lite endly equately ofessionally e ,126 ,194 ,172 ,196 ,240* ,318** ,324** ,309 *
own_V_wells Correlation tructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,006 N 60 own_V_elabo Correlation ,097 rated Coefficient Sig. (2-tailed) ,394 N 60 own_V_show Correlation ,134 edinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,270 N 60 own_V_comp Correlation ,082 rehensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,486 N 60 own_V_polite Correlation ,166 Coefficient Sig. (2-tailed) ,157 N 60 own_V_friend Correlation ,219 ly Coefficient Sig. (2-tailed) ,059 N 60 own_V_adeq Correlation ,135 uately Coefficient Sig. (2-tailed) ,256 N 60 own_V_profe Correlation ,190 ssionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,095 N 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,285 60 ,050
,044 60 ,017
,012 60 ,153
,104 60 ,171
,007 60 ,184
,144 60 ,104
,098 60 ,216
,659 60 ,158
,882 60 ,209
,196 60
,137 60
,106 60
*
**
,247
*
,361 60 -,088
,058 60 ,178
,191 60 ,062
,087 60 ,140
,291 *
,008 60 ,141
,041 60 ,057
,468 60 ,029
,143 60 ,171
,600 60 ,046
,240 60 ,125
,018 60 ,084
,238 60
,628 60
,806 60
,329 **
,300*
,232*
,148 60 ,152
,696 60 ,204
,291 60 ,218
,488 60 ,131
,385
,077 60 ,119
,062 60 ,305
,279 60 ,073
,001 60 ,209
,001 60 ,176
,329
,314 60 ,196
,011 60 ,018
,551 60 ,201
,081 60 ,186
,136 60 ,195
,005 60
,011 60
,393**
,388 **
,084 60
,877 60
,089 60
,106 60
,086 60
,001 60
,001 60
*
,264
,036 60
,324
,005 60 **
,010 60
,047 60
**
,270
,383
*
,196 60 ,168
,020 60
,148 60
**
,302
*
215
Experiment 2 Kendall's tau_b
Correlations partner_adeq partner_profe partner_sho partner_com partner_elab partner_wells partner_frien partner_polit uately ssionally wedinterest prehensible orated tructured dly e ,105 ,091 ,033 ,197** ,321** ,214** ,192** ,195 **
own_adequat Correlation ely Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 ** own_professi Correlation ,198 onally Coefficient Sig. (2-tailed) ,002 N 198 own_showed Correlation ,183** interest Coefficient Sig. (2-tailed) ,005 N 198 own_compre Correlation ,215** hensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,001 N 198 own_elaborat Correlation ,220** ed Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 own_wellstru Correlation ,090 ctured Coefficient Sig. (2-tailed) ,158 N 198 own_friendly Correlation ,344** Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 own_polite Correlation ,267** Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,001 198
,003 198
,102 198
,154 198
**
,152
*
,160
,000 198
,000 198
,017 198
,012 198
,296**
,330**
,221 **
,000 198 ,052
,000 198 ,025
,001 198 ,120
,424 198
,692 198 ,099
,062 198 ,117
,116 198
,063 198
*
**
,000 198 ,123
,241
**
,142*
,268
,002 198
,003 198
**
,157
,864 198
,006 198
,015 198
,190 **
,240**
,168**
,189 **
,003 198 ,072
,000 198
,010 198
,004 198
,148*
,183**
,217 **
,262 198
,022 198
,257 **
,152*
,005 198 ,087
,177 **
,016 198
,170 198
**
*
*
,606 198 ,011
,176
*
,001 198
,024 198 ,037
,149
,565 198
,019 198
,001 198
,051 198
,000 198
,046 198
,059 198
,273**
,229**
,243 **
,225 **
,199**
,450**
,372 **
,208
,271
,128
,005 198 ,122
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,002 198
,000 198
,000 198
,223**
,178**
,194 **
,167 **
,206**
,277**
,401 **
,001 198
,006 198
,003 198
,010 198
,002 198
,000 198
,000 198
Tabelle 57: Strategieanpassung 7.4.2 Kurzfristige und langfristige ökonomische Wirkungen Spangle und Isenhart (2003, S. 82) stellen fest, dass Verhandlungspartner integrativer verhandeln, wenn sie das Verhandlungsklima als offen und fair, d.h. kooperativ, wahrnehmen. Auch Swaab et al. bestätigen den positiven Zusammenhang zwischen Verhandlungsklima und -ergebnis (Swaab et al. 2002). Das von Spangle und Isenhart mit der Schaffung eines guten Kommunikationsklimas verbundene Verhalten entspricht in dieser Arbeit einer kooperativen Kommunikationsstrategie. Es soll nun untersucht werden, welche ökonomischen Auswirkungen die gewählte Kommunikationsstrategie auf die Ergebnisvariablen hat bzw. welchen zusätzlichen Erklärungsbeitrag sie in Bezug auf das Zustandekommen eines bestimmten Ergebnisses liefert. Für die Analysen werden die Strategiefaktorwerte verwendet, die sich bei den Strukturprüfungen ergaben (Kapitel 6.3.3). Dabei entsprechen höhere Faktorwerte einer kommunikativ-kooperativen Strategie, niedrigere Faktorwerte einer kommunikativ-kompetitiven Strategie. In die Modelle werden sowohl die Faktorwerte einbezogen, die sich aus der Selbstbeurteilung des Befragten ergaben (Strategie_selbst) als auch die Faktorwerte, die sich aus der Bewertung des Partners ergaben (Strategie_partner), sowie jeweils die
216
entsprechenden Werte auf der Gegenseite (Fremdbeurteilungen, gekennzeichnet durch „P_“). Es ist zu vermuten, dass sich hauptsächlich die Partner- und die Fremdwahrnehmungen der Strategie auf die Ergebnisvariablen auswirken. Ergebnisdimension: Kurzfristige ökonomische Wirkungen Mittels linearer Regressionen kann festgestellt werden, dass die Strategiefaktoren ebenso wie die Verständigungsfaktoren keine signifikanten Einflüsse auf das individuelle und das gemeinsame Verhandlungsergebnis haben. Das Verhandlungsergebnis ist demnach sowohl unabhängig davon, wie hoch die erzielte Verständigung war, als auch unabhängig von der verfolgten Kommunikationsstrategie. Der nicht vorhandene Einfluss gilt dabei in beide Richtungen: Ein höheres Verhandlungsergebnis führt offensichtlich auch nicht zu systematisch höheren Beurteilungen der verständigungsrelevanten Variablen in Bezug auf die eigene Person und in Bezug auf den Verhandlungspartner. Dies wird an einer Betrachtung der Korrelationen zwischen erzieltem Verhandlungsergebnis und Verständigungsvariablen ersichtlich: Im ersten Experiment besteht nur ein einziger signifikanter Zusammenhang zwischen erzieltem Verhandlungsergebnis und Beurteilung der Verständigungsvariablen (Tabelle 58). Ein höheres Verhandlungsergebnis korreliert leicht mit einer höheren Beurteilung der eigenen Person hinsichtlich der Ausführlichkeit der eigenen Argumentation. Im zweiten Experiment korreliert ein höheres Verhandlungsergebnis leicht mit einer höheren Beurteilung der Verständlichkeit der eigenen Argumentation sowie mit einer niedrigeren Beurteilung des Partners hinsichtlich dessen Professionalität, Verständlichkeit und Ausführlichkeit. Experiment 1 Correlations own_V_elab orated * Kendall's tau b indiv_utility Correlation ,227 Coefficient Sig. (2-tailed) ,032 N 56 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
Experiment 2 Correlations own_compre partner_prof partner_com partner_elab hensible essionally prehensible orated * Kendall's tau b indiv_utility Correlation ,134 Coefficient Sig. (2-tailed) ,026 N 174 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
*
-,116
*
-,122
,020 174
,049 174
,038 174
-,139
*
Tabelle 58: Zusammenhang Kommunikationsstrategie – Verhandlungsergebnis
217
In Bezug auf das Zustandekommen einer Einigung können in Experiment 1 allein mit Hilfe des ersten partnerseitigen Strategiefaktors 44,4 Prozent der Gesamtstreuung erklärt werden, was einem höheren Anteil als des durch die Kommunikationsqualitätsfaktoren erklärten Streuungsanteils von 37,6 Prozent entspricht. Auf den Strategiefaktor mit signifikantem Einfluss laden insbesondere die Variablen Freundlichkeit, Höflichkeit, Angemessenheit, Nachvollziehbarkeit und Interesse hoch. Die auf der Selbstbeurteilung basierenden Faktorwerte haben wie erwartet keinen signifikanten Einfluss (Tabelle 59). Experiment 1
Step 1
Model Summary -2 Log Cox & Snell Nagelkerke likelihood R Square R Square ,172 ,444 18,063a
a. Estimation terminated at iteration number 7 b Variables in the Equation B S.E. Wald df Sig. Exp(B) 1,992 ,814 5,991 1 ,014 7,329
a Step 1 P_Strategie_ partner1 Constant 4,295 1,319 10,605 1 ,001 73,360 a. Variable(s) entered on step 1: P_Strategie_partner1.
Experiment 2 Step 1
Model Summary -2 Log Cox & Snell Nagelkerke likelihood R Square R Square 129,337 a
,082
,157
a ,127 ,244 119,306 a. Estimation terminated at iteration number 5 b
2
Variables in the Equation B S.E. Wald ,854 ,217 15,419 Step 1a Strategie_pa rtner1 Constant 2,249 ,263 73,204 b ,703 ,231 9,229 Step 2 Strategie_pa rtner1 P_Strategie_ ,703 ,231 9,229 partner1 Constant 2,380 ,283 70,777 a. Variable(s) entered on step 1: Strategie_partner1. b. Variable(s) entered on step 2: P_Strategie_partner1.
df Sig. Exp(B) 1 ,000
2,348
1 ,000 1 ,002
9,480 2,019
1 ,002
2,019
1 ,000 10,804
Tabelle 59: Logistische Regression für Zusammenhang Kommunikationsstrategie – Einigung
218
Im zweiten Experiment ergibt sich ein ähnliches Bild: Der erklärte Streuungsanteil steigt auf 24,4 Prozent. Dieser kommt jedoch nicht wie im ersten Experiment allein durch die Strategie eines einzelnen, sondern durch die Strategien beider Verhandlungspartner zustande. Im Bezug auf die Relevanz der Variablen ergibt sich, dass alle Variablen von Bedeutung sind, da alle Variablen auf den partnerseitigen Strategiefaktor eine Faktorladung von > 0,6 aufweisen (vgl. Tabelle 19). Hinsichtlich des Ausgangs der Verhandlung kann demnach festgestellt werden: Je kommunikativ-kooperativer die Strategie der Verhandelnden, desto wahrscheinlicher eine Einigung. Hierbei muss jedoch die Kausalitätsproblematik berücksichtigt werden: Während sich das Ausmaß der erreichten Übereinstimmung bzw. Verständigung zwischen den Partnern nicht kausal aus dem Erzielen einer Einigung ableiten lässt (eine Beurteilungskombination 1-1, wobei der erste Wert die Selbstbewertung und der zweite Wert die Fremdbewertung ausdrückt, ist rein statistisch gesehen genauso wahrscheinlich wie die Kombination 5-5), könnte es durchaus sein, dass das Erzielen einer Einigung Verhandelnde dazu animiert, ihren Verhandlungspartner systematisch positiver (kooperativer) zu bewerten und nicht die Einigung die kausale Folge des kooperativeren Verhaltens des Partners ist. Beziehungsdimension: Langfristige ökonomische Wirkungen Um die langfristige ökonomische Relevanz der verfolgten Verhandlungsstrategie zu bestimmen, werden wieder verschiedene ordinale Regressionsmodelle miteinander verglichen: - ausschließliche Berücksichtigung der (beidseitigen) Kommunikationsqualitätsfaktoren (KQ) - ausschließliche Berücksichtigung des Verhandlungsergebnisses (Utilities) - die Kombination aus (beidseitigen) Kommunikationsqualitätsfaktoren und Verhandlungsergebnis (KQ + Utilities) - die Kombination aus (beidseitigen) Kommunikationsqualitätsfaktoren, Verhandlungsergebnis und (beidseitigen) Strategiefaktoren (KQ + Utilities + Strategie). In der Übersicht (Tabelle 60) werden für die einzelnen Modelle jeweils die durch die unabhängigen Variablen erklärten Anteile an der Gesamtstreuung (Nagelkerkes R²) gegenübergestellt. Markiert sind jeweils die signifikanten Modelle (Signifikanzniveau .05). Da in den Regressionsmodellen wieder nur die Haupteffekte berücksichtigt werden, ist es nicht überraschend, dass der erklärte Streuungsanteil beim Modell mit den meisten unabhängigen Variablen am höchsten ist (KQ + Utilities + Strategie). Dieses Problem könnte beispielsweise durch die Anwendung ordinaler Logit-Analysen umgangen werden. Da es hier aber weniger auf die exakten Einflüsse als vielmehr auf die Ermittlung der Existenz von Zusam-
219
menhängen ankommt, wurde auf den Einsatz eines solchen Verfahrens verzichtet. KQ Utilities KQ + Utilities KQ + Utilities + Strategie abh. Variable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke e1 fairnessprocess 0,004 29,4% 0,149 4,1% 0,090 22,0% 0,003 54,2% basisforrelationship 0,000 40,0% 0,375 1,6% 0,011 31,1% 0,001 57,2% sympathy 0,000 49,6% 0,599 0,5% 0,000 53,1% 0,000 70,3% com_effective 0,154 16,6% 0,147 4,4% 0,710 9,4% 0,098 42,9% com_efficient 0,000 35,8% 0,869 0,1% 0,066 23,1% 0,072 40,9% com_climate 0,000 36,8% 0,950 0,0% 0,015 29,3% 0,024 45,9% satisfaction_outcome 0,026 23,1% 0,001 19,7% 0,012 30,9% 0,012 49,6% satisfaction_balance 0,000 36,0% 0,001 20,4% 0,004 34,7% 0,002 55,5% satisfaction_relationship 0,000 50,4% 0,534 0,8% 0,003 36,0% 0,000 76,2% renegotiations 0,005 27,9% 0,947 0,0% 0,061 22,8% 0,003 52,3% futureinteraction 0,004 29,2% 0,022 9,9% 0,037 25,7% 0,001 56,3% trust 0,002 31,4% 0,365 1,6% 0,042 25,3% 0,007 51,2% e2 trust_partner 0,000 15,6% 0,381 0,5% 0,007 11,8% 0,000 31,3% trust_you 0,000 15,0% 0,404 0,5% 0,001 15,6% 0,000 25,6% satis_performance 0,057 6,6% 0,000 14,7% 0,000 21,2% 0,000 32,1% satis_outcome 0,025 7,5% 0,000 23,3% 0,000 25,4% 0,000 37,2% satis_balance 0,098 5,6% 0,001 6,8% 0,028 9,3% 0,000 22,2% satis_partner 0,000 15,9% 0,014 3,7% 0,002 12,9% 0,000 35,3% satis_process 0,189 4,7% 0,060 2,3% 0,089 7,7% 0,009 16,6% efficient 0,012 8,7% 0,019 3,5% 0,153 6,7% 0,000 23,9% effective 0,005 9,6% 0,000 13,6% 0,000 18,7% 0,000 33,2% futureinteraction 0,001 11,1% 0,000 8,9% 0,000 15,1% 0,000 25,4%
Tabelle 60: Übersicht der Regressionsmodelle mit Strategie Um einen genaueren Einblick in diese Modelle zu erhalten, werden die signifikanten Einflussvariablen und ihre Schätzer für die jeweilige Regressionsgleichung betrachtet (Tabelle 61, die nicht aufgeführten unabhängigen Variablen hatten keinen signifikanten Einfluss). Kommunikationsqualität spielt demnach insbesondere in Bezug auf die wahrgenommene Fairness des Verhandlungsprozesses eine Rolle. Auch hinsichtlich der Einschätzung, ob die Verhandlung eine Grundlage für eine langfristige Geschäftsbeziehung darstellt, der Notwendigkeit von Nachverhandlungen, der gegenseitigen Sympathie und des gegenseitigen Vertrauens erweist sich der Einfluss als signifikant. Einige der Schätzer für die Kommunikationsqualitätsfaktoren sind positiv. Dies kann zwei Ursachen haben: in Bezug auf den dritten Kommunikationsqualitätsfaktor des ersten Experiments wurde bereits verdeutlicht, dass auf diesen Faktor die einzelnen Variablen in verschiedener Richtung hoch laden. Zusätzlich kann die Nichtberücksichtigung der Abweichungsrichtung bei der Differenzberechnung diesen Effekt verursacht haben: Da bei Kommunikationsqualität eine strategieunabhängige Betrachtung stattfand, wurde hier nicht berücksichtigt, ob sich eine bestimmte Abweichung durch eine zu hohe Selbst- oder eine zu hohe Fremdeinschätzung ergab. Dieser Aspekt wird in Kapitel 8 noch erörtert.
220
Ergebnisvariable e1 fairnessprocess
Unabh. Variable Schätzer Signifikanz Ergebnisvariable Strategie_partner1 1,826 ,010 e2 trustpartner Strategie_selbst1 1,327 ,001 KQ_Faktor2 -1,318 ,023 e2 trustyou KQ_Faktor3 -1,336 ,005 P_KQ_Faktor2 1,148 ,036 e2 satis_performance indiv_utility 10,004 ,035 e1 basisforrelationship Strategie_partner1 1,954 ,005 e2 satis_outcome Strategie_partner2 ,971 ,020 P_KQ_Faktor3 1,502 ,002 e1 sympathy Strategie_partner1 2,625 ,000 e2 satis_balance Strategie_partner2 ,865 ,031 KQ_Faktor1 -1,466 ,016 P_KQ_Faktor3 1,183 ,010 e2 satis_partner e1 com_effective Strategie_partner2 ,961 ,021 e1 com_climate Strategie_partner1 1,277 ,031 e2 satis_process e1 satisfaction_outcome indiv_utility 11,588 ,006 e1 satisfaction_balance Strategie_partner1 -1,274 ,043 e2 efficient Strategie_selbst1 ,966 ,010 indiv_utility 7,853 ,034 e1 satisfaction_relationship Strategie_partner1 3,759 ,001 e2 effective Strategie_partner2 2,741 ,000 P_Strategie_partner1 2,045 ,024 P_Strategie_selbst2 -1,327 ,046 e1 renegotiations Strategie_partner1 1,576 ,008 e2 futureinteraction Strategie_selbst1 -,921 ,008 P_Strategie_selbst3 -,804 ,014 KQ_Faktor2 -1,040 ,025 P_KQ_Faktor1 1,565 ,004 P_KQ_Faktor2 ,976 ,030 e1 futureinteraction Strategie_partner1 2,394 ,002 Strategie_partner2 ,878 ,024 e1 trust Strategie_selbst1 ,763 ,039 P_Strategie_selbst1 -,928 ,020 P_KQ_Faktor3 1,076 ,015
Unabh. Variable Schätzer Signifikanz Strategie_partner1 1,303 ,000 P_KQ2 ,438 ,013 Strategie_partner1 ,516 ,029 P_KQ1 -,542 ,004 Strategie_selbst1 ,439 ,011 indiv_utility 6,795 ,000 Strategie_selbst1 ,478 ,004 Strategie_partner1 ,796 ,001 indiv_utility 8,950 ,000 Strategie_selbst1 ,426 ,007 Strategie_partner1 ,666 ,003 indiv_utility 3,901 ,003 Strategie_partner1 1,497 ,000 indiv_utility 4,904 ,000 Strategie_selbst1 ,354 ,028 Strategie_partner1 ,543 ,019 Strategie_selbst1 ,712 ,000 Strategie_partner1 ,523 ,025 indiv_utility 3,119 ,019 Strategie_selbst1 ,437 ,010 Strategie_partner1 ,654 ,007 P_Strategie_selbst2 ,540 ,005 indiv_utility 6,265 ,000 Strategie_selbst1 ,385 ,014 Strategie_partner1 ,652 ,004 indiv_utility 5,067 ,000
Tabelle 61: Übersicht der signifikanten Regressionsschätzer im Gesamtmodell mit Strategie Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es langfristig ökonomisch vorteilhaft ist, eine hohe Kommunikationsqualität anzustreben. Diese wird begünstigt durch den Einsatz der beschriebenen Verständigungstechniken. Wird außerdem eine kommunikativ-kooperativ orientierte Strategie verfolgt, hat dies zusätzliche positive ökonomische Effekte. Abschließend sollen noch zwei sekundäre Modellzusammenhänge untersucht werden: der Zusammenhang zwischen gewählter Kommunikationsstrategie und dem Einsatz von Verständigungstechniken sowie der Zusammenhang zwischen gewählter Kommunikationsstrategie und dem Ausmaß erzielter Verständigung.
221
Zusammenhang zwischen Strategie und Technik Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der Kommunikationsstrategie der Verhandelnden und der von ihnen eingesetzten Verständigungstechniken besteht die Annahme, dass Verhandelnde, die eine kooperative Strategie verfolgten, sich selbst also als häufiger angemessen, professionell, nachvollziehbar etc. einschätzten, auch häufiger Verständigungstechniken einsetzten. Eine Korrelationsanalyse belegt diese Annahme (Tabelle 62): Während im ersten Experiment nur hinsichtlich der Verständigungstechniken „Erläuterung von Sachverhalten“, „Bezugnahme auf Themen“ und „Prozessstrukturierung“ signifikante Korrelationen bestehen, erweisen sich im zweiten Experiment beinahe alle Zusammenhänge als signifikant. Die Korrelationskoeffizienten sind ausnahmslos positiv, was die Annahme bestätigt, wonach kooperativ orientierte Verhandelnde häufiger Verständigungstechniken einsetzten (eine Kausalität kann hier jedoch nicht unterstellt werden). Experiment 1 Kendall's tau_b
Correlations own_V_wells own_V_elabo own_V_show own_V_comp own_V_friend own_V_adeq own_V_profe tructured rated edinterest rehensible own_V_polite ly uately ssionally ,201 ,036 ,171 ,200 ,307* ,353** ,308* ,502 **
own_T_expla Correlation ined Coefficient Sig. (2-tailed) ,011 N 60 own_T_partp Correlation ,101 robasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,379 N 60 own_T_ownp Correlation ,074 robasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,539 N 60 own_T_repe Correlation ,027 ated Coefficient Sig. (2-tailed) ,815 N 60 own_T_concl Correlation -,054 uded Coefficient Sig. (2-tailed) ,646 N 60 own_T_refer Correlation ,006 edtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,964 N 60 own_T_refer Correlation ,247* edtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,050 N 60 * own_T_proce Correlation ,281 ssstructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,022 N 60 *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
,002 60 -,021
,013 60 ,004
,000 60 ,051
,092 60 -,033
,763 60 ,202
,157 60 ,110
,086 60 -,006
,846 60 -,079
,974 60 -,006
,656 60 -,101
,769 60 -,059
,074 60 ,049
,340 60 ,065
,955 60 -,063
,491 60 -,095
,960 60 ,103
,398 60 -,028
,620 60 ,154
,675 60 ,062
,588 60 ,098
,585 60 ,017
,398 60 -,034
,391 60 ,194
,810 60 -,148
,185 60 ,177
,587 60 ,157
,403 60 ,128
,880 60 ,100
,765 60 ,184
,105 60 ,117
,202 60 ,109
,126 60 ,080
,169 60 ,178
,275 60 ,054
,375 60 ,095
,124 60 ,099
,357 60
,379 60
,519 60
,144 60
,475**
,257 *
,368 **
,274*
,666 60 ,134
,426 60 ,109
,413 60 ,124
,000 60
,041 60
,368
**
,261
,003 60 ,170
,027 60 ,227
,290 60 ,170
,370 60 ,064
,003 60
,033 60
,160 60
,059 60
,165 60
,588 60
,290 60
*
222
Experiment 2 Kendall's tau_b
Correlations own_adequat own_professi own_showed own_compre own_elaborat own_wellstru own_friendly ely onally interest hensible ed ctured ,069 ,065 ,128 * ,162** ,189 ** ,201 ** ,230**
own_ownpro Correlation basked Coefficient Sig. (2-tailed) ,009 N 198 own_partpro Correlation ,168** basked Coefficient Sig. (2-tailed) ,007 N 198 ** own_conclud Correlation ,178 ed Coefficient Sig. (2-tailed) ,006 N 198 own_repeate Correlation ,029 d Coefficient Sig. (2-tailed) ,647 N 198 own_referedt Correlation ,246** oissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 own_referedt Correlation ,212** oarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,001 N 198 own_process Correlation ,219** structured Coefficient Sig. (2-tailed) ,001 N 198 ** own_explain Correlation ,176 ed Coefficient Sig. (2-tailed) ,006 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,259 198 ,044 ,469 198 ,181
**
,005 198 ,052
,038 198
,002 198
,001 198
,000 198
,179**
,121 *
,196 **
,180**
,004 198 ,223
**
,001 198 ,138*
,050 198 ,188
**
,004 198 ,069
own_polite ,120
,295 198 ,016
,054 198 ,041 ,508 198 ,105
,001 198
,003 198
,803 198
**
,161
*
,152
,000 198
,012 198
,249 **
,129*
,019 198 ,049
,110 198 ,026
,438 198 ,109
,138 *
,260
,406 198
,029 198
,277 198
,000 198
,039 198
,224**
,346**
,304 **
,220 **
,219**
*
,679 198
,001 198
,000 198
,000 198
,001 198
,001 198
,097 198
,037 198
,192**
,365**
,161 *
,265 **
,203**
,132*
,130 *
,043 198 ,123
,048 198 ,128
,060 198 -,007
,051 198 ,112
,913 198
,085 198
,003 198
,000 198
,013 198
,000 198
,002 198
,218**
,206**
,381 **
,299 **
,418**
,001 198 ,237
**
,000 198
,002 198 ,230
**
,000 198
,000 198 ,449
**
,000 198
,000 198 ,463
**
,000 198
,000 198 ,319
**
,000 198
Tabelle 62: Zusammenhänge zwischen Technik und Strategie (Selbstwahrnehmung) In den vorangegangenen Analysen hat sich herausgestellt, dass es weniger auf die Selbsteinschätzung als vielmehr auf die Wahrnehmung des Verhandlungspartners ankommt. Deshalb wird zusätzlich überprüft, ob eine kooperativere Fremdbeurteilung auch mit einer verstärkten Wahrnehmung seiner Techniken korreliert. Hier erweisen sich die Korrelationskoeffizienten sogar als noch höher (Tabelle 63). Dies bedeutet: Die Wahrnehmung von Verständigungstechniken steht in positivem Zusammenhang mit einer kommunikativkooperativen Beurteilung des Verhandlungspartners. Wird ein Verhandelnder als kommunikativ-kooperativ wahrgenommen, wird auch sein Technikeinsatz verstärkt wahrgenommen. Aufgrund der nicht festzustellenden Kausalitätsrichtung gilt umgekehrt genauso: Nimmt ein Verhandelnder einen häufigen Technikeinsatz seitens seines Partners wahr, beurteilt er seinen Partner eher als kommunikativ-kooperativ.
223
Experiment 1
Kendall's tau_b
Correlations partner_T_pr partner_T_ex partner_T_pa partner_T_o partner_T_re partner_T_co partner_T_ref partner_T_ref ocessstructur plained rtprobasked wnprobasked peated ncluded eredtoarg eredtoissues ed ,175 ,126 -,013 ,356** ,562** ,247* ,378** ,469 **
partner_V_w Correlation ellstructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 60 partner_V_el Correlation ,449** aborated Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 60 partner_V_sh Correlation ,283* owedinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,012 N 60 partner_V_co Correlation ,178 mprehensibl Coefficient Sig. (2-tailed) ,127 e N 60 partner_V_po Correlation ,292** lite Coefficient Sig. (2-tailed) ,010 N 60 partner_V_fri Correlation ,233* endly Coefficient Sig. (2-tailed) ,037 N 60 * partner_V_ad Correlation ,221 equately Coefficient Sig. (2-tailed) ,048 N 60 ** partner_V_pr Correlation ,468 ofessionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,340**
,025 60
,132 60 ,098
,253 60 ,136
,909 60 -,100
,404**
,002 60 ,180
,397 60 ,061
,214 60 ,041
,371 60 ,007
,000 60
,120 60
,004 60
,452**
,494**
,287 *
,105 60 -,003
,601 60 -,090
,712 60 ,054
,948 60 -,159
,000 60 ,294*
,000 60 ,131
,369 **
,976 60
,454 60 ,212
,637 60 ,106
,173 60 ,071
,012 60
,274 60
,002 60
,248*
,293*
,338 **
,071 60 ,186
,341 60 -,054
,533 60 ,044
,030 60
,012 60
,003 60
,278*
,227*
,362 **
,043 60
,108 60
*
,238
,624 60 ,055
,698 60 ,131
,285
,015 60
,040 60 ,034
,620 60 ,107
,243 60 -,041
,770 60
,335 60
,713 60
,242* ,030 60 ,222*
,267
,278
*
,012 60
*
,002 60
,014 60 *
,012 60 ,385
**
,001 60
,001 60 ,178
,048 60 ,342
**
,003 60 ,409
**
,000 60
,000 60 ,318 **
,011 60
,001 60 ,356
**
,002 60 ,529
**
,000 60
Experiment 2 Kendall's tau_b
Correlations partner_adeq partner_profe partner_sho partner_com partner_elab partner_wells partner_frien partner_polit uately ssionally wedinterest prehensible orated tructured dly e ,047 ,050 ,153* ,157** ,224** ,143 * ,246 ** ,191**
partner_own Correlation probasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,011 N 198 partner_partp Correlation ,120* robasked Coefficient Sig. (2-tailed) ,048 N 198 ** partner_concl Correlation ,390 uded Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_repe Correlation ,231** ated Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_refer Correlation ,411** edtoissues Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_refer Correlation ,358** edtoarg Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 partner_proc Correlation ,274** essstructure Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 d N 198 ** partner_expla Correlation ,272 ined Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,010 198
,000 198
,017 198
,000 198
,002 198
,134*
,190**
,119 *
,198 **
,180**
,027 198 ,386
**
,002 198 ,386
**
,047 198 ,258
**
,001 198 ,305
**
,003 198 ,262
**
,440 198 ,054 ,375 198 ,234
**
,417 198 ,039 ,523 198 ,248
**
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,242**
,339**
,173 **
,298 **
,183**
,000 198 ,098
,000 198
,000 198
,005 198
,000 198
,003 198
,117 198
,027 198
,352**
,556**
,330 **
,320 **
,336**
,346**
,347 **
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
**
**
**
**
**
**
,325 **
,431
,548
,443
,343
,269
,336
,000 198 ,138 *
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,000 198
,357**
,357**
,506 **
,493 **
,592**
,241**
,318 **
,000 198 ,374
**
,000 198
,000 198 ,290
**
,000 198
,000 198 ,498
**
,000 198
,000 198 ,626
**
,000 198
,000 198 ,404
**
,000 198
,000 198 ,228
**
,000 198
,000 198 ,292
**
,000 198
Tabelle 63: Zusammenhänge zwischen Technik und Strategie (Partnerwahrnehmung)
224
Zusammenhang zwischen Kommunikationsstrategie und Kommunikationsqualität Es wird vermutet, dass eine stärkere Verständigungsorientierung der Verhandelnden – in Form einer kooperativeren Kommunikationsstrategie – in einem positiven Zusammenhang mit dem Ausmaß erzielter Verständigung steht. Diese Annahme wird mittels einer Korrelationsanalyse zwischen den Verständigungsvariablenhöhen und den Abweichungen auf diesen Variablen untersucht. In beiden Experimenten zeigen sich kaum signifikante lineare Zusammenhänge zwischen der selbstzugeschriebenen Höhe der Verständigungsvariablen und der erzielten Abweichung auf diesen Variablen (Tabelle 64). Experiment 1 Kendall's tau_b
Correlations m_wellstruct m_elaborate m_showedint m_comprehe ured d erest nsible ,150 ,052 ,166 -,204
own_V_wells Correlation tructured Coefficient Sig. (2-tailed) ,220 N 60 own_V_elabo Correlation ,121 rated Coefficient Sig. (2-tailed) ,301 N 60 own_V_show Correlation -,059 edinterest Coefficient Sig. (2-tailed) ,637 N 60 own_V_comp Correlation ,010 rehensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,936 N 60 own_V_polite Correlation -,036 Coefficient Sig. (2-tailed) ,765 N 60 own_V_friend Correlation ,031 ly Coefficient Sig. (2-tailed) ,798 N 60 own_V_adeq Correlation -,215 uately Coefficient Sig. (2-tailed) ,080 N 60 own_V_profe Correlation ,016 ssionally Coefficient Sig. (2-tailed) ,891 N 60 *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
m_polite -,180
m_friendly -,063
m_adequatel m_professio y nally -,059 -,023
,668 60 -,007
,171 60 ,083
,099 60 -,065
,140 60 ,004
,604 60 ,224
,625 60 -,052
,849 60 -,160
,956 60 ,109
,478 60 -,022
,583 60 -,070
,969 60 ,118
,054 60 ,153
,653 60 -,026
,167 60 ,184
,381 60 ,027
,859 60 ,148
,583 60 -,443 **
,344 60 -,071
,216 60 ,027
,832 60 ,218
,135 60 -,052
,824 60 -,109
,222 60 ,034
,000 60 ,068
,557 60 -,155
,821 60 ,195
,069 60 ,096
,662 60 -,127
,366 60 -,024
,779 60 -,023
,580 60 ,044
,198 60 ,017
,103 60 ,263*
,422 60 -,143
,287 60 -,172
,841 60 -,125
,848 60 -,081
,716 60 -,118
,889 60 -,141
,026 60 ,092
,225 60 ,267*
,144 60 -,147
,303 60 -,037
,505 60 -,018
,342 60 -,079
,248 60 -,189
,445 60 -,019
,027 60 ,077
,224 60 -,204
,753 60
,880 60
,505 60
,108 60
,869 60
,507 60
,078 60
225
Experiment 2 Kendall's tau_b
Correlations m_V_adequa m_V_profess m_V_showe m_V_compre m_V_elabora m_V_wellstru m_V_friendly m_V_polite tely ionally dinterest hensible ted ctured ,012 -,060 -,013 ,004 -,012 ,010 -,036 ,189**
own_adequat Correlation ely Coefficient Sig. (2-tailed) ,004 N 198 own_professi Correlation ,069 onally Coefficient Sig. (2-tailed) ,283 N 198 own_showed Correlation ,043 interest Coefficient Sig. (2-tailed) ,507 N 198 own_compre Correlation ,166* hensible Coefficient Sig. (2-tailed) ,011 N 198 own_elaborat Correlation ,006 ed Coefficient Sig. (2-tailed) ,923 N 198 own_wellstru Correlation ,089 ctured Coefficient Sig. (2-tailed) ,167 N 198 own_friendly Correlation ,113 Coefficient Sig. (2-tailed) ,085 N 198 own_polite Correlation ,119 Coefficient Sig. (2-tailed) ,070 N 198 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,854 198 -,012
,361 198 -,091
,845 198 -,015
,951 198 ,045
-,152
,854 198
,879 198 -,011
,586 198 -,027
,857 198 -,024
,159 198 ,018
,814 198 ,103
,486 198 ,032
,019 198 -,093
,873 198 -,031
,675 198 -,081
,711 198 -,015
,779 198 ,114
,119 198 ,119
,626 198 ,028
,154 198 -,058
,637 198 ,047
,218 198 ,046
,814 198 -,086
,082 198 ,049
,070 198 -,054
,665 198 -,133 *
,376 198 -,115
,475 198 ,003
,484 198 ,010
,182 198 -,125
,440 198 ,053
,403 198 ,004
,037 198 ,001
,072 198 -,085
,958 198 -,074
,877 198 -,060
,054 198 -,108
,417 198 -,027
,954 198 -,046
,991 198 ,059
,190 198 ,018
,259 198 -,100
,353 198 -,042
,103 198 -,069
,680 198 ,036
,484 198 -,020
,365 198 -,011
,778 198 -,059
,134 198 -,024
,527 198 -,027
,301 198
,591 198
,761 198
,870 198
,370 198
,723 198
,689 198
*
Tabelle 64: Kommunikationsstrategie und Kommunikationsqualität (Einzelvariablen) Zusätzlich zu den Einzelvariablen werden die Zusammenhänge zwischen Verständigungsorientierung und Verständigungshöhe auf Basis der in Kapitel 6.3.3 ermittelten Strategie- und Kommunikationsqualitätsfaktoren überprüft (Tabelle 65). Es zeigt sich, dass eine hohe Verständigung vor allem mit einer partnerseitig zugeschriebenen kooperativen Strategie korreliert. Demnach gilt: Wird ein Verhandelnder von seinem Partner als kommunikativ kooperativorientiert wahrgenommen, besteht auch eine hohe Verständigung zwischen den Verhandelnden. Wird dem Verhandelnden dagegen eine kommunikativ kompetitiv-orientierte Strategie unterstellt, ist auch die erreichte Verständigung geringer. Allerdings handelt es sich hierbei lediglich um einen linearen Zusammenhang, nicht um eine kausale Bedingung.
226
Experiment 1
Kendall's tau_b
KQ_Faktor 1
Correlations Strategie_par Strategie_par Strategie_sel Strategie_sel Strategie_sel tner1 tner2 bst1 bst2 bst3 ,002 -,008 -,045 ,074 -,272 **
Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) ,002 N 60 KQ_Faktor 2 Correlation -,015 Coefficient Sig. (2-tailed) ,863 N 60 KQ_Faktor 3 Correlation -,096 Coefficient Sig. (2-tailed) ,281 N 60 ** P_KQ_Faktor Correlation -,316 1 Coefficient Sig. (2-tailed) ,000 N 60 * P_KQ_Faktor Correlation -,197 2 Coefficient Sig. (2-tailed) ,026 N 60 P_KQ_Faktor Correlation -,223 * 3 Coefficient Sig. (2-tailed) ,012 N 60 **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
,985 60 ,021
,929 60 -,124
,610 60 ,107
,407 60 -,010
,813 60 ,128
,164 60 ,019
,230 60 ,127
,909 60 -,031
,148 60 -,082
,828 60
,153 60
,730 60 ,003
-,233
**
-,264
**
,355 60 -,051
,009 60 -,119
,003 60 -,053
,969 60 ,060
,562 60 ,008
,180 60
,549 60
**
,227
*
,499 60 -,057
,009 60
,011 60
,924 60
-,234
,523 60
Experiment 2 Correlations Strategie_sel Strategie_sel Strategie_par bst1 bst2 tner1 Kendall's KQ_Faktor 1 Correlation ,040 -,064 -,021 tau_b Coefficient Sig. (2-tailed) ,400 ,180 ,668 N 198 198 198 KQ_Faktor 2 Correlation -,084 -,009 -,061 Coefficient Sig. (2-tailed) ,080 ,853 ,200 N 198 198 198 KQ_Faktor 3 Correlation ,073 ,055 -,078 Coefficient Sig. (2-tailed) ,129 ,251 ,105 N 198 198 198 ** P_KQ1 Correlation -,028 -,090 -,188 Coefficient Sig. (2-tailed) ,557 ,061 ,000 N 198 198 198 ** P_KQ2 Correlation -,081 -,040 -,156 Coefficient Sig. (2-tailed) ,090 ,409 ,001 N 198 198 198 P_KQ3 Correlation -,018 -,007 -,102 * Coefficient Sig. (2-tailed) ,710 ,881 ,034 N 198 198 198 *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed).
Tabelle 65: Kommunikationsstrategie und Kommunikationsqualität (Faktoren)
227
7.5 Messinstrument Aus den Ergebnissen der vorangegangenen Kapitel ergibt sich, dass Kommunikationsqualität als Ausmaß erreichter Verständigung zwischen den Verhandelnden auf insgesamt acht Verständigungsvariablen bestimmt werden kann. Die Verständigungsvariablen weisen eine hohe Reliabilität, jedoch keine stabile Struktur auf, weshalb es nicht möglich ist, die Variablen zu reduzieren oder zu gruppieren. Auch eine Gewichtung der Variablen ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Einzel- und Verbundeffekte nicht vornehmbar. Da es in der Praxis aufgrund der mangelnden direkten Vergleichbarkeit von Verhandlungsfällen nicht möglich ist, bei der Bestimmung der Kommunikationsqualitätshöhe zunächst Faktorwerte zu bestimmen, wird im Folgenden eine Möglichkeit beschrieben, Kennzahlen aus den erhobenen Daten abzuleiten, welche die Grundlage für Analysen im akademischen Bereich und Handlungsempfehlungen in der Praxis darstellen, denn Ziel der Arbeit ist es nicht nur, die Bedeutung von Kommunikationsqualität allgemein zu bestimmen, sondern auch ein Messinstrument zu entwickeln, das in der Praxis im Rahmen eines umfassenden Verhandlungscontrollings oder in der Forschung zur Analyse kommunikativer Unterstützungssysteme eingesetzt werden kann. 7.5.1 KQ-Indexbildung und Validitätstest Das Messinstrument baut auf den Erkenntnissen der vorangegangenen empirischen Untersuchungen auf. Die Erhebung der Selbst- und Partnerwahrnehmung auf den acht Verständigungsvariablen mittels eines standardisierten Nachverhandlungsfragebogens hat sich als praktikable Methode erwiesen und wird deshalb beibehalten. Beide Verhandlungsteilnehmer müssen den Fragebogen vollständig ausfüllen, damit eine Analyse der Kommunikationsqualität möglich ist. Wie bereits beschrieben, ergibt sich die Höhe der Kommunikationsqualität zweier Partner A und B als Ausmaß erzielter Verständigung zwischen den Verhandlungspartnern und berechnet sich als betragsmäßige Differenz aus Selbst- und Fremdwahrnehmungen (|a-a’| bzw. |b-b‘|) in Bezug auf die Verständigungsvariablen. Da die vorangegangenen Analysen gezeigt haben, dass die Variablen keine eindeutige Struktur aufweisen und zudem im Hinblick auf ihre Wirkungen eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben, werden die Variablen im Index vereinfachend als gleichgewichtig angenommen. Der tatsächliche Verständigungswert eines Verhandelnden berechnet sich demnach als Summe aller Variablendifferenzen:
v (A) =
228
mit n = 8; a = Selbstbewertung auf Variable i; a’ = Fremdbewertung auf Variable i; bzw.
v(B) = mit n = 8; b = Selbstbewertung auf Variable i; b‘ = Fremdbewertung auf Variable i. Dieser Verständigungswert wird anschließend ins Verhältnis gesetzt zur bestmöglichen Verständigung und ergibt somit die erreichte Kommunikationsqualität als Prozentualwert (Wertebereich [0%; 100%]):
KQind (A) = bzw. KQind (B) =
Der schlechtestmögliche Punktwert ergibt sich bei maximalen Differenzen auf allen Variablen, d.h. als
vschlecht = max
= max
= 8*|5-1| = 8 * |1-5|= 32
Der bestmögliche Punktwert dagegen ergibt sich bei minimalen Differenzen auf allen Variablen, d.h. als
vbest = min
= min
Daraus folgt: KQind (A) =
bzw. KQind (B) =
= 8*0 = 0
229
In den beiden Experimenten streuen die so ermittelten Kommunikationsqualitätswerte zwischen 46,9 und 96,9 Prozent bzw. zwischen 43,8 und 100 Prozent (Tabelle 66). Experiment 1
Experiment 2 Descriptive Statistics
Descriptive Statistics
KQ_ind
Std. N Minimum Maximum Mean Deviation 60 46,88 96,88 80,6282 9,55528
KQ_ind
Std. N Minimum Maximum Mean Deviation 198 43,75 100,00 80,6052 9,65523
Tabelle 66: Kommunikationsqualität-Indexwerte Um die Validität des Messinstruments zu überprüfen, wird versucht, die Ergebnisse der Wirkungsanalysen, die über die Faktorwerte ermittelt wurden (Kapitel 7.3), mit den hier berechneten Indexwerten zu reproduzieren.
Validitätstest Ein Vergleich der Wirkungen der per Index berechneten Kommunikationsqualität mit den auf Faktorwerten beruhenden Werten ergibt kaum Unterschiede: So weisen die per Indexbildung berechneten individuellen Kommunikationsqualitätswerte keinen linearen Zusammenhang zu den erzielten Nutzenwerten (individual utility, joint utility) auf. Hinsichtlich der Index- genauso wie hinsichtlich der Faktorwerte erweist sich der Einfluss der Kommunikationsqualität auf das Zustandekommen einer Einigung als signifikant positiv. Der Beitrag des Indexwertes zur Erklärung der Streuung der abhängigen Variablen (Einigung) liegt im ersten Experiment bei 40,3 Prozent, im zweiten Experiment bei 10,9 Prozent und weist somit eine hohe Übereinstimmung mit den mittels Faktorwerten errechneten Beiträgen von 44,6 Prozent und 8,8 Prozent auf (logistische Regression, Tabelle 67, die Beta-Koeffizienten sind hier positiv, da hier ein hoher KQ-Wert für eine hohe Verständigung steht). Experiment 1 Step
Model Summary -2 Log Cox & Snell R Nagelkerke R likelihood Square Square a
1
,156 ,403 19,214 a. Estimation terminated at iteration number 7 because pa
B Step 1 a
KQ_ind
,160
Constant -9,224 a. Variable(s) entered on step 1: KQ_ind.
Variables in the Equation S.E. Wald ,061 6,823 4,303
4,594
df 1
Sig. ,009
Exp(B) 1,173
1
,032
,000
230
Experiment 2 Model Summary -2 Log Cox & Snell R Nagelkerke R likelihood Square Square
Step 1
138,804
a
,037
,071
a ,057 ,109 134,611 a. Estimation terminated at iteration number 5 because pa
2
B Step 1
a
Step 2 b
Variables in the Equation S.E. Wald
df
Sig.
Exp(B)
KQ_ind Constant KQ_ind
,056 -2,421 ,045
,020 1,568 ,022
7,657 2,383 4,228
1 1 1
,006 ,123 ,040
1,058 ,089 1,046
P_KQ_ind Constant
,045 -5,158
,022 2,216
4,228 5,416
1 1
,040 ,020
1,046 ,006
a. Variable(s) entered on step 1: KQ_ind. b. Variable(s) entered on step 2: P_KQ_ind.
Tabelle 67: Validitätstest der Messinstrumentergebnisse In Bezug auf die langfristigen, beziehungsorientierten ökonomischen Wirkungen ergeben sich ebenfalls nur leichte Abweichungen in den R²-(Nagelkerke-) Statistiken zwischen den Faktor- und den Indexwerten (Tabelle 68. Die mittels ordinaler Regressionen ermittelten erklärten Streuungsanteile sind bei Verwendung der Indexwerte größtenteils nur leicht geringer als die Anteile bei Verwendung der Faktorwerte. KQ-Faktorwerte KQ-Indexwerte abh. Variable Modellanpassung Sign. Nagelkerke Modellanpassung Sign. Nagelkerke e1 fairnessprocess 0,004 29,4% 0,000 24,9% basisforrelationship 0,000 40,0% 0,000 35,1% sympathy 0,000 49,6% 0,000 46,0% com_effective 0,154 16,6% 0,007 17,4% com_efficient 0,000 35,8% 0,000 27,9% com_climate 0,000 36,8% 0,001 21,8% satisfaction_outcome 0,026 23,1% 0,016 14,1% satisfaction_balance 0,000 36,0% 0,027 12,3% satisfaction_relationship 0,000 50,4% 0,000 49,1% renegotiations 0,005 27,9% 0,000 27,1% futureinteraction 0,004 29,2% 0,001 23,1% trust 0,002 31,4% 0,001 23,0% e2 trust_partner 0,000 15,6% 0,000 9,4% trust_you 0,000 15,0% 0,001 7,4% satis_performance 0,057 6,6% 0,026 4,0% satis_outcome 0,025 7,5% 0,018 4,3% satis_balance 0,098 5,6% 0,030 3,7% satis_partner 0,000 15,9% 0,000 14,8% satis_process 0,189 4,7% 0,065 3,0% efficient 0,012 8,7% 0,003 6,4% effective 0,005 9,6% 0,007 5,3% futureinteraction 0,001 11,1% 0,001 7,1%
Tabelle 68: Übersicht der Regressionsmodelle – Faktorwerte vs. Indexwerte
231
Wie bereits bei den Faktorwert-Analysen festgestellt, ist auch bei den Indexwerten der Einfluss der partnerseitigen Kommunikationsqualität auf die eigene Beurteilung der Ergebnisvariablen häufig höher als der Einfluss der eigenen Kommunikationsqualität (Tabelle 69). Dies bedeutet, dass ein Verhandlungspartner A beispielsweise umso zufriedener ist, je besser sein Verhandlungspartner B sich verständlich machen konnte. Anzumerken ist hier noch einmal, dass höhere Indexwerte für eine höhere Kommunikationsqualität sprechen und deshalb positive Schätzer für einen positiven Einfluss sprechen. Bei den Faktorwerten bedeuteten niedrigere Werte eine höhere Kommunikationsqualität, weshalb die Parameterschätzer entsprechend negativ waren. Insgesamt ergibt sich, dass die Indizierung gegenüber der Faktorwertberechnung nur einen geringen Informationsverlust mit sich bringt, aber gleichzeitig die Interpretierbarkeit der Ergebnisse erhöht (vgl. Problematik bei Faktor 3 des ersten Experiments). Deshalb erweist sich diese Methode der Bestimmung von Kommunikationsqualität als valide.
232
Ergebnisvariable e1 fairnessprocess basisforrelationship sympathy com_effective com_efficient com_climate satisfaction_outcome satisfaction_balance satisfaction_relationship renegotiations
Unabh. Variable Schätzer Signifikanz KQ_ind
,058
,038
P_KQ_ind
,074
,009
KQ_ind
,063
,029
P_KQ_ind
,114
,000
KQ_ind
,078
,007
P_KQ_ind
,141
,000
KQ_ind
,023
,416
P_KQ_ind
,079
,008
KQ_ind
,037
,173
P_KQ_ind
,102
,001
-,019
,481
P_KQ_ind
,105
,001
KQ_ind
,049
,073
P_KQ_ind
,048
,078
KQ_ind
,070
,013
P_KQ_ind
,017
,530
KQ_ind
,107
,001
P_KQ_ind
,137
,000
KQ_ind
,027
,313
-,123
,000
KQ_ind
,042
,119
P_KQ_ind
,084
,003
KQ_ind
,075
,008
P_KQ_ind
,054
,052
KQ_ind
,017
,238
P_KQ_ind
,054
,000
KQ_ind
,009
,525
P_KQ_ind
,051
,001
-,005
,726
P_KQ_ind
,040
,007
KQ_ind
,020
,150
P_KQ_ind
,032
,025
KQ_ind
,002
,858
P_KQ_ind
,035
,014
KQ_ind
,016
,258
P_KQ_ind
,075
,000
KQ_ind
,004
,808
P_KQ_ind
,033
,022
KQ_ind
,023
,104
P_KQ_ind
,038
,009
KQ_ind
,018
,198
P_KQ_ind
,037
,009
KQ_ind
,026
,063
P_KQ_ind
,041
,004
KQ_ind
P_KQ_ind
futureinteraction trust e2 trust_partner trust_you satis_performance satis_outcome satis_balance satis_partner satis_process efficient effective futureinteraction
KQ_ind
Tabelle 69: Übersicht der Regressionsschätzer bei Indexwerten
233
Gegenseitige Verständigung Da hier ein interaktiver Ansatz verfolgt wird und sich auch in den vorhergehenden Analysen gezeigt hat, dass es nicht nur auf die einseitige, sondern auf die gegenseitige Verständigung ankommt, werden die individuellen Kommunikationsqualitäten der Verhandelnden zu einer gemeinsamen Kommunikationsqualität integriert. Wilson und Sabee (2003, vgl. Kapitel 4.2) stellen die Annahme auf, dass es wichtiger sei, dass die Verhandlungspartner über ein ähnliches Kompetenzniveau (hier: Verständigungsniveau) verfügen, anstatt über ein sehr hohes Niveau eines einzelnen Partners. Um dies zu berücksichtigen, wird bei der Integration gleichzeitig die Höhe und die Abweichung der individuellen Kommunikationsqualitäten der Verhandlungspartner einbezogen. Hierzu kann auf das Distanzmaß von Smith und Barclay (1997, S. 8) zurückgegriffen werden, das an die euklidische Metrik („Luftliniendistanz“, Bortz 2005, S. 570) angelehnt ist. Es integriert die Betrachtung der Kongruenz und der Gesamthöhe von Skalenwerten mit Hilfe der Quadratwurzel aus dem Produkt der Werte:
KQjoint (A, B)=
Die kurzfristigen und langfristigen Auswirkungen dieser gemeinsam erzielten Kommunikationsqualität lassen sich wieder mittels Regressionen bestimmen und werden hier anhand der Daten des zweiten Experiments kurz aufgeführt. Wieder ergibt sich kein Zusammenhang zu den erzielten Nutzenwerten. Der Anteil erklärter Streuung der Variable „Zustandekommen einer Einigung“ liegt bei 10,4 Prozent. In Bezug auf die einzelnen Ergebnisvariablen können folgende signifikante Erklärungsbeiträge geleistet werden: - Vertrauen in den Partner: 8,3 Prozent erklärter Streuungsanteil - Vertrauenswürdigkeit der eigenen Person: 5,7 Prozent - Zufriedenheit mit der eigenen Leistung: 2,1 Prozent - Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebni: 3,9 Prozent - Zufriedenheit mit dem relativen Ergebnis: 2,7 Prozent - Zufriedenheit mit dem Partner: 12,0 Prozent - Effizienz: 6,0 Prozent - Effektivität: 4,6 Prozent - Wunsch nach zukünftiger Zusammenarbeit: 7 Prozent Diese Werte liegen unter den Erklärungsbeiträgen der Einzelvariablen. In Bezug auf die These von Wilson und Sabee kann allerdings festgestellt werden, dass ein ähnlich hohes Verständigungsniveau der Verhandlungspartner von Vorteil ist.
234
7.5.2 Analyse- und Einsatzmöglichkeiten in der Praxis Im Rahmen eines umfassenden Verhandlungscontrollings können die ermittelten Kommunikationsqualitätswerte verwendet werden, um Verhandlungspaarungen zu vergleichen. Dazu eignet sich das Verfahren der Clusteranalyse. Mit diesem strukturenentdeckenden Verfahren können Gruppen gebildet werden, die sich signifikant hinsichtlich spezifischer Merkmale, beispielsweise der Höhe der von Ihnen erreichten gemeinsamen Kommunikationsqualität und des gemeinsam erreichten Nutzenwertes unterscheiden. Anstelle der gemeinsamen Werte eignen sich auch die individuell erzielten Werte. Die Gegenüberstellung von Nutzenwerten und Kommunikationsqualitäten stellt ein besseres Maß für die umfassende Beurteilung einer Verhandlung dar als beispielsweise die Gegenüberstellung von Ergebnis- und Beziehungsdimension, da die Dimensionen unabhängig voneinander sind. Im Folgenden wird exemplarisch eine Clusteranalyse für die gemeinsam erreichte Kommunikationsqualität (KQ_joint) und den gemeinsam erzielten Nutzenwert (joint utility) anhand der Daten des zweiten Experiments durchgeführt und die Charakteristika der einzelnen Cluster bestimmt. Die Clusterung erfolgte hier nach dem Average-Linkage-Verfahren. Die Zuordnungsübersicht (Agglomeration Schedule, Tabelle 70) der zstandardisierten Variablenwerte lässt in Bezug auf die optimale Clusteranzahl mehrere Lösungen zu (sprunghafter Anstieg des Abstandsmaßes, hier ausgewiesen als Coefficient, sowohl für 2, als auch für 3, 5 oder 6 Cluster). Auf Grundlage der Übersicht der Clusterzugehörigkeiten wird die 5-Cluster-Lösung ausgewählt, da hier die Fallzahlen am gleichmäßigsten verteilt sind. Agglomeration Schedule Stage 1 2 3 … 167 168 169 170 171 172 173
Cluster Combined Cluster 1 Cluster 2 87 86 85 … 13 1 2 1 1 1 1
174 173 172 … 18 5 13 2 9 49 24
Coefficients ,000 ,000 ,000 … 1,511 2,068 2,983 5,055 5,621 7,820 15,860
Stage Cluster First Appears Cluster 1 Cluster 2 0 0 0 … 160 165 166 168 170 171 172
0 0 0 … 162 163 167 169 159 124 64
Next Stage 103 112 115 … 169 170 170 171 172 173 0
Average Linkage (Between Groups)
Valid
Missing Total
1 2 3 4 5 Total System
Frequency 48 106 14 2 4 174 24 198
Percent Valid Percent 24,2 27,6 53,5 60,9 7,1 8,0 1,0 1,1 2,0 2,3 87,9 100,0 12,1 100,0
Cumulative Percent 27,6 88,5 96,6 97,7 100,0
Tabelle 70: Clusteranalyse für Kommunikationsqualität und gemeinsamen Nutzenwert
235
Die Cluster umfassen zwischen einer und 53 Verhandlungen (2 bis 106 Verhandelnde) und lassen sich anhand der Mittelwerte wie folgt charakterisieren (Tabelle 71): Cluster 1: mittlere Kommunikationsqualität, mittlerer gemeinsamer Nutzenwert Cluster 2: hohe Kommunikationsqualität, sehr niedriger gemeinsamer Nutzenwert Cluster 3: niedrige Kommunikationsqualität, niedriger gemeinsamer Nutzenwert Cluster 4: sehr niedrige Kommunikationsqualität, sehr hoher gemeinsamer Nutzenwert Cluster 5: sehr hohe Kommunikationsqualität, hoher gemeinsamer Nutzenwert Report Groups) 1
2
3
4
5
Total
Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation Mean N Std. Deviation
KQ_joint 78,9100 48 4,80575 83,5596 106 5,41484 68,6114 14 2,30654 64,9500 2 ,00000 94,4500 4 ,86603 81,1107 174 7,01981
joint_utility 1,42092 48 ,063021 1,18985 106 ,073631 1,20300 14 ,031137 1,65000 2 ,000000 1,46100 4 ,011547 1,26617 174 ,132520
Tabelle 71: Clusterübersicht für Kommunikationsqualität und gemeinsamen Nutzenwert
Die Cluster lassen sich auch grafisch gut voneinander unterscheiden (Abbildung 18):
236
Abbildung 18:
Grafische Clusterübersicht
Die grafische Darstellung verdeutlicht, dass nur wenige Verhandelnde sowohl eine hohe Kommunikationsqualität als auch einen hohen gemeinsamen Nutzenwert erreicht haben, allerdings erreichten auch nur wenige einen hohen Nutzenwert mit gleichzeitig geringer Kommunikationsqualität. Die einzelnen Cluster können mit Hilfe eines Mittelwertvergleichs für unabhängige Stichproben (Kruskall-Wallis-Test) genauer analysiert werden. Bei den verwendeten Experimentaldaten unterscheiden sich die Cluster signifikant hinsichtlich der erreichten individuellen Kommunikationsqualitäten, der individuellen Nutzenwerte, der Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis, der Zufriedenheit mit dem Verhandlungspartner und dem Wunsch nach zukünftiger Interaktion (Tabelle 72). Hierbei fällt auf, dass die Zufriedenheit mit dem Verhandlungsergebnis am höchsten im fünften Cluster ausgeprägt ist, obwohl Verhandelnde dieses Clusters nicht die höchsten durchschnittlichen individuellen Nutzenwerte erreichten. Trotz der höchsten durchschnittlichen individuellen Nutzenwerte im vierten Cluster sind hier die Zufriedenheitswerte am niedrigsten ausgeprägt. Diese
237
Ergebnisse sind jedoch nicht repräsentativ, da sie sich nur auf die Daten eines einzelnen Verhandlungspaares stützen. Test Statistics a,b fairnesspro basisforrel com_effecti com_efficie satisfaction _relationshi futureintera sympathy cess ationship ve nt _outcome p ction Chi-Square 15,446 12,909 17,149 12,796 12,947 6,999 20,537 10,809 df 2 2 2 2 2 2 2 2 Asymp. Sig. ,000 ,002 ,000 ,002 ,002 ,030 ,000 ,004 a. Kruskal Wallis Test b. Grouping Variable: Average Linkage (Between Groups)
trust 9,229 2 ,010
Report Average Linkage (Between Groups) 1 Mean N Std. Deviation 2 Mean N Std. Deviation 3 Mean N Std. Deviation 4 Mean N Std. Deviation 5 Mean N Std. Deviation Total Mean
KQ_ind 79,1042 48 7,26927 83,6694 106 6,83695 69,8686 14 13,90074 65,6250 2 13,25825 94,5350 4 4,68556 81,3420
N Std. Deviation
174 8,99362
indiv_utility satis_outcome satis_partner futureinteraction ,71046 4,13 4,13 3,98 48 48 48 48 ,115505 ,937 ,914 ,699 ,59492 3,64 3,76 3,58 106 106 106 106 ,100578 ,758 ,890 1,051 ,60150 3,36 3,00 2,71 14 14 14 14 ,126077 1,082 1,038 1,267 ,82500 2,50 2,50 2,50 2 2 2 2 ,035355 2,121 2,121 2,121 ,73050 4,25 4,00 3,25 4 4 4 4 ,034083 ,500 ,000 ,500 ,63309 3,75 3,79 3,60 174 ,119438
174 ,888
174 ,957
174 1,036
Tabelle 72: Clustervergleich Ergebnisvariablen Cluster 2 und 3 unterscheiden sich nur marginal in ihren individuellen Nutzenwerten, allerdings erheblich hinsichtlich der erreichten Kommunikationsqualität. Dies schlägt sich in den Ergebnisvariablen nieder: Verhandelnde in Cluster 2 waren signifikant zufriedener mit dem erzielten Verhandlungsergebnis und ihrem Partner und stärker an der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung interessiert als Verhandelnde in Cluster 3. An Cluster 1 ist zu erkennen, dass ein hoher Nutzenwert sich noch stärker auf die Zufriedenheit auswirkt als hohe Kommunikationsqualität, denn Cluster 1 erreicht auf allen Variablen die höchsten Zufriedenheitswerte. Insgesamt bestätigen sich damit die Aussagen der vorangegangen Analysen, wonach das Anstreben einer hohen Kommunikationsqualität für Verhandelnde aus ökonomischer Sicht sinnvoll ist – mit dem Zusatz, dass eine hohe Kommunikationsqualität allein nicht ausreicht: Es kommt sowohl auf die erzielte Verständigung als auch auf das erzielte Ergebnis (im Sinne des erreichten Nutzenwertes) an.
238
Weitere Kennzahlen Soll das Messinstrument in der Unternehmenspraxis eingesetzt werden, ist nicht nur interessant, wie hoch die Abweichungen zwischen den Verhandelnden waren, denn daraus allein lassen sich noch keine Handlungsempfehlungen ableiten. Eine umfassendere Grundlage für Handlungsempfehlungen lässt sich aus den Informationen darüber gewinnen, in welche Richtung die Verhandelnden voneinander abwichen und wie die Strategie des einen Verhandlungspartners von seinem Gegenüber wahrgenommen wurde. Neben den Kennzahlen „individuelle Kommunikationsqualität“ und „gemeinsame Kommunikationsqualität“ werden deshalb noch die beiden Kennzahlen „KQ_Richtung“ und „KQ_Strategie“ ausgewiesen. Die Kennzahl zur Abweichungsrichtung gibt Aufschluss darüber, ob die Verhandelnden in ihrer Selbstbeurteilung systematisch über oder unter der Fremdbeurteilung lagen. Sie lässt sich berechnen als:
KQRichtung (A) =
bzw. KQRichtung (B) =
Die Kennzahl umspannt einen Wertebereich von [-1; 1]. Wenn die Kennzahl größer als Null ist, spricht dies dafür, dass der Verhandelnde sich selbst mit geringeren Skalenwerten als sein Verhandlungspartner bewertete. Bei Werten kleiner als Null führte die Unterbewertung seitens des Partners zu den Abweichungen. Eine Gegenüberstellung der Richtungskennzahlen beider Verhandelnden gibt auch Aufschluss darüber, ob sich einer der Beteiligten durch insgesamt sehr niedrige Beurteilungen (also sowohl in der Fremd- als auch in der Partnerbewertung) auszeichnete. Die Kennzahl zur wahrgenommenen Strategie ergibt sich aus der Fremdbeurteilung. Sie gibt an, wie kommunikativ-kooperativ oder kommunikativkompetitiv ein Verhandelnder von seinem Partner wahrgenommen wurde und ermöglicht dem Verhandelnden beispielsweise, sein Verhalten in künftigen Interaktionen mit demselben Partner zu verändern. Die Strategiekennzahl berechnet sich als
KQStrategie (A) =
bzw. KQStrategie (B) =
und deckt einen Wertebereich von [0; 1] ab. Je höher der Strategiekennwert, desto kommunikativ-kooperativer wurde ein Verhandelnder von seinem Partner wahrgenommen.
239
In beiden Experimenten zeigt sich, dass sich die Verhandelnden selbst systematisch höher beurteilten, als sie von ihrem Partner beurteilt wurden (negativer Durschnittswert in der Richtungskennzahl, Tabelle 73). Der in Experiment 2 etwas höhere Durchschnittswert in der Strategiekennzahl lässt darauf schließen, dass die Verhandlungen in diesem Experiment insgesamt als kooperativer wahrgenommen wurden als in Experiment 1. Experiment 1
Experiment 2
Descriptive Statistics
Descriptive Statistics
Std. N Minimum Maximum Mean Deviation KQ_Richtung 60 -,53 ,19 -,0757 ,15355 KQ_Strategie 60 ,31 1,00 ,7380 ,15144 Valid N 60 (listwise)
Std. N Minimum Maximum Mean Deviation KQ_Richtung 198 -,56 ,31 -,0542 ,16795 KQ_Strategie 198 ,22 1,00 ,7597 ,15198 Valid N 198 (listwise)
Tabelle 73: Übersicht der Kennzahlen Die einzelnen Kennzahlen sind nicht unabhängig voneinander, wie die folgenden Korrelationsmatrizen zeigen (Tabelle 74), eine einzelne Ausweisung ist jedoch, aufgrund ihres unterschiedlichen Informationsgehalts, sinnvoll. Beispielsweise korreliert eine kommunikativ-kooperative Strategie beider Verhandelnden mit einer hohen individuellen Kommunikationsqualität. Auch besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Abweichungsrichtung und der Kommunikationsstrategie. Experiment 1 Correlations
Kendall's tau_b
KQ_ind
Correlation Coefficient
Sig. (2-tailed) N Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N KQ_Richtung Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N KQ_Strategie Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_KQ_ind Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_KQ_Richtu Correlation Coefficient ng Sig. (2-tailed) KQ_joint
N P_KQ_Strate Correlation Coefficient gie Sig. (2-tailed) N **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
KQ_ind 1,000 . 60 -,008 ,928 60 ,342** ,000 60 **
,407 ,000 60
,254** ,009 60 -,004 ,964 60 ,213* ,025 60
KQ_joint KQ_Richtung KQ_Strategie -,008 ,342 ** ,407** ,928 ,000 ,000 60 60 60 1,000 ,031 ,036 . ,734 ,696 60 60 60 ,031 1,000 ,555** ,734 . ,000 60 60 60 ** ,036 1,000 ,555 ,696 ,000 . 60 60 60 ,148 -,004 ,213 * ,114 ,964 ,025 60 60 60 ,128 -,057 ,057 ,166 60 ,067
,545 60 ,057
,465 60
,541 60
P_KQ_Richtu P_KQ_Strate ng gie -,004 ,213* ,964 ,025 60 60 ,128 ,067 ,166 ,465 60 60 -,057 ,057 ,545 ,541 60 60 * * ,057 ,213 ,221 ,025 ,541 ,017 60 60 60 1,000 ,342** ,407** . ,000 ,000 60 60 60 ** ** 1,000 ,342 ,555
P_KQ_ind
,254** ,009 60 ,148 ,114 60 -,004 ,964 60
,541 60
,000 60
. 60
,221 * ,017 60
,407** ,000 60
,555** ,000 60
,000 60 1,000 . 60
240
Experiment 2 Correlations
Kendall's tau_b
KQ_ind
Correlation Coefficient
Sig. (2-tailed) N Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N KQ_Richtung Correlation Coefficient KQ_joint
Sig. (2-tailed) N KQ_Strategie Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_KQ_ind Correlation Coefficient Sig. (2-tailed) N P_KQ_Richtu Correlation Coefficient ng Sig. (2-tailed) N P_KQ_Strate Correlation Coefficient gie Sig. (2-tailed) N **. Correlation is significant at the 0.01 level (2-tailed). *. Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed).
KQ_ind 1,000
KQ_joint
KQ_Richtung KQ_Strategie
,611** ,000 198
,611** ,000 198 1,000 . 198
,281** ,000 198
,192** ,000 198
,325** ,000 198
,285** ,000 198
,173** ,001 198 ,002 ,962 198
,611** ,000 198 ,192** ,000 198
-,339 ** ,000 198
,120* ,020 198
,285** ,000 198
-,175 ** ,001 198
. 198
P_KQ_ind
,281 ** ,000 198
,325** ,000 198
,173** ,001 198
,192 ** ,000 198 1,000
,285** ,000 198
,611** ,000 198 ,002
. 198 ,617 ** ,000 198 ,002 ,962 198
,617** ,000 198 1,000 . 198 ,120 * ,020 198 -,175** ,001 198 ,055 ,277 198
,962 198 ,120 * ,020 198 1,000
P_KQ_Richtu P_KQ_Strate ng gie ,002 ,120* ,962 ,020 198 198 ,192** ,000 198
,285** ,000 198
-,339** ,000 198
-,175** ,001 198 ,055 ,277 198
-,175** ,001 198
,281** ,000 198
,281** ,000 198 1,000 . 198
,325 ** ,000 198
,617** ,000 198
. 198
,325** ,000 198 ,617** ,000 198 1,000 . 198
Tabelle 74: Zusammenhänge der Kennzahlen
7.5.3 Einsatz in der wissenschaftlichen Forschung In einer früheren Studie wurde bereits ein Pauschalvergleich zwischen dem Verhandlungsunterstützungssystem Negoisst und einem reinen E-Mail-System durchgeführt (Köhne et al. 2005b). Hierbei ergab sich, dass die Verhandlungssituation bei der Verwendung von Negoisst als fairer und kooperativer sowie der Verhandlungspartner als interessierter wahrgenommen wurde. Zudem waren die Verhandlungen mit Negoisst signifikant kürzer und kohärenter als Verhandlungen mit einem einfachen Mailingsystem. Allerdings können diese Ergebnisse nicht einer bestimmten Systemkomponente, wie beispielsweise der kommunikativen Unterstützung, zugeschrieben werden, da Negoisst auch Entscheidungs- und Dokumentationsunterstützung bereitstellt und auch diese für die ermittelten Effekte verantwortlich sein könnten. Da das Ziel kommunikativer Unterstützung primär darin besteht, die Verständigung zwischen den Verhandelnden zu erhöhen, muss auch ihre Wirkung auf die erreichte Verständigung erhoben werden. Mit Hilfe des Kommunikationsqualitätsmessinstruments ist dies möglich. Es kann untersucht werden, welche Effekte eine einzelne kommunikative Unterstützungsfunktion innerhalb des Systems aufweist. Dabei muss allerdings nicht nur berücksichtigt werden, ob die Unterstützungsfunktion zur Verfügung stand, sondern auch, ob und wie diese von den Verhandelnden genutzt wurde. Am Beispiel eines dritten Verhandlungsexperiments wurde eine solche Überprüfung exemplarisch durchgeführt. Bei dem Experiment wurden den Verhandelnden zwei unterschiedlich ausgestattete Versionen des Verhandlungsunterstützungssystems Negoisst zur Verfügung gestellt. Die erste Version umfasste den vollständigen Unterstützungsumfang (alle Aktions- oder Nachrichtentypen standen zur Verfügung: „all action types“), die zweite Version war um
241
die pragmatische Anreicherung der Nachrichten, d.h. die Auszeichnung der Nachrichten mit Nachrichtentypen, reduziert (der Nachrichtenaustausch erlaubte nur die Wahl des Nachrichten-/ Aktionstyps „offer“). Die Zuteilung der Verhandelnden zu den Gruppen erfolgte nach dem Zufallsprinzip. Das Experiment fand im Mai 2009 an der Universität Hohenheim statt. Teilnehmer waren 98 Studierende der Universität Hohenheim und 10 Studierende der Universität Nimwegen (Niederlande), die unabhängig voneinander „gepaart“ wurden und über die Kreditvergabe einer Bank an ein Automobilunternehmen verhandelten. Aus organisatorischen Gründen wurden nur Hohenheimer Studierende mit den veränderten Systemen ausgestattet. Der bereinigte Datensatz umfasst 76 Verhandelnde. Die Probanden waren zum Zeitpunkt des Experiments im Durchschnitt 22 Jahre alt, 17 waren männlich und 59 weiblich. Ein Großteil der Verhandelnden besaß noch keine Verhandlungserfahrung (85,5 Prozent), allerdings gaben 39,5 Prozent der Teilnehmer an, bereits Berufserfahrung zu besitzen. Obwohl dies nicht gefordert wurde, endeten alle Verhandlungen mit einer Einigung. Die dabei erzielten individuellen Nutzenwerte streuten zwischen 22 und 97 Prozent (Tabelle 75). Descriptive Statistics N indiv_utility joint_utility Valid N (listwise)
76 76 76
Minimum ,22 1,10
Maximum ,97 1,49
Mean Std. Deviation ,6442 ,10534 1,2884 ,08726
Tabelle 75: Übersicht der Verhandlungsergebnisse Da hier keine deterministische Perspektive vertreten wird, wonach bereits das Vorhandensein einer bestimmten Technik oder Systemfunktionalität das Ergebnis beeinflusst, sondern eine nichtdeterministische Perspektive, wonach erst die Nutzung dieser Komponente zu Effekten führt, wird der Datensatz vor der Analyse der Auswirkungen der pragmatischen Kommunikationsunterstützung bereinigt. Es werden diejenigen Verhandlungen von der Wirkungsanalyse ausgeschlossen, in denen zwar die pragmatische Unterstützung zur Verfügung stand, in denen die Verhandelnden die Unterstützung jedoch nicht über das protokollbedingte Mindestmaß hinaus nutzten. Das protokollbedingte Mindestmaß besteht in der Wahl des ersten formellen Nachrichtentyps (Request oder Offer), der anschließenden Beantwortung durch den (voreingestellten) Nachrichtentyp Counteroffer (in beliebiger Wiederholung) und schließlich der Beendigung der Verhandlung mit dem Nachrichtentyp Accept oder Reject. Jede Verhandlung, die mehr als diese drei Nachrichtentypen aufwies, wurde in der Analyse belassen, insgesamt waren dies acht der ursprünglich 17 Verhandlungen. Als Vergleichsgruppe dienten alle Verhandlungen, denen keine pragmatische Unterstützung zur Verfügung stand (17 Verhandlungen). Ein Gruppenvergleich für nichtparametrische Stichproben zeigt einen signifikanten Unterschied (Signifikanzniveau .06) hinsichtlich der individuell erzielten
242
Kommunikationsqualitäten. In Verhandlungen, in denen die pragmatische Anreicherung zur Verfügung stand und auch genutzt wurde, wurden um vier Prozentpunkte höhere Kommunikationsqualitätswerte erzielt (Tabelle 76). Nichtparametrische Tests Test Statistics a
Most Extreme Absolute Differences Positive Negative Kolmogorov-Smirnov Z Asymp. Sig. (2-tailed)
KQ_ind ,398 ,398 -,076 1,336 ,056
KQ_joint KQ_Richtung KQ_Strategie ,270 ,188 ,204 ,270 ,066 ,204 -,151 -,188 -,030 ,905 ,629 ,684 ,386 ,823 ,737
P_KQ_ind ,398 ,398 -,076 1,336 ,056
P_KQ_Richtu P_KQ_Strate ng gie ,188 ,066 -,188 ,629 ,823
,204 ,204 -,030 ,684 ,737
a. Grouping Variable: stim1NRT
Mittelwertvergleiche Report KQ_ind stim1NRT offers all action types Total
Mean 79,0324 83,7913 80,4424
N 38 16 54
Std. Deviation 13,33506 11,42312 12,87954
Tabelle 76: Gruppenvergleich Kommunikationsunterstützung Insgesamt kann somit festgestellt werden, dass die pragmatische Unterstützung, insofern sie genutzt wird, die Kommunikationsqualität einer Verhandlung erhöht. Die hier sehr geringen Effekte auf die Kommunikationsqualität können darin begründet liegen, dass allen Verhandelnden in der Systemschulung das vollständige System vorgeführt wurde. Dies veranlasste einige Verhandelnde, die im Experiment keine pragmatische Anreicherung zur Verfügung stehen hatten, ihre Kommunikation so zu gestalten, als gäbe es die Nachrichtentypen. In der Betreffzeile wurde beispielsweise die Verbindlichkeit der Nachricht expliziert („Informal Message – Meeting on Saturday“, Verhandlung 33). Auch in dem zugehörigen Kommentar im Fragebogen dieser Verhandlung wird dieses Verhalten deutlich: „I just created an ‚informal message‘ to discuss other topics (like our meeting) […].“ Das Nichtvorhandensein der Nachrichtentypen wurde von den Verhandelnden insbesondere beim Auftreten von Fragen und am Ende der Verhandlung bemängelt (offene Kommentare zum System im Rahmen des Nachverhandlungsfragebogens): - „Me and my partner where a little confused when we had to finish our negotiation but couldn't find the way to.“ - „It would have been helpful to do an ‘informal chat’.“ - „Sometimes I wanted to write a short note to tenant, that won`t be included in the contract, eg. Tenant called me Mr Brooker, and I was Mrs Brooker. I could have written this to him in a short message, not in an offer.“
243
- „There was no possibilty to accept an offer or to write messages in an informal way.“ - „As first message I would have chosen an informal type just to describe MecklCars situation without making an offer. Also I could not accept the offer in the end so that it was difficult to finish the negotiation officially.“ - „I would prefer the option of an informal talk, so you could come faster to a conclusion, I think. I also couldn't finish my negotiations“ - „I would have made use of the question message at least once, before bringing new aspects into formal negotiation.“ - „I mainly missed the action type "informal message". My negotiation partner and I wanted to negotiate just on one day and so we had to arrange an appointment. Unfortunately this wasn't that easy with only having an "offer message".“ - „I would have liked to use the action type "question" to be able to talk with my partner. I think it's quite important that there is a possibility to discuss about a point before it's firm. I also think it's more realistic that there is an informal way to negotiate.“ - „The most troublesome point was that […] there was some confusion about how we should finish the negotiation (we didn't know if the systems recognized that we agreed about the negotiation). In addition, I would have prefered to send some informal messages to clarify some points.“ Die geringe Nutzung der Nachrichtentypen erklärt sich ebenfalls aus den Kommentaren der Verhandelnden. Dabei erweisen sich sowohl verhandlungsbedingte als auch technisch bedingte Gründe als bedeutsam: - „I did not like the idea that the negotiation is interrupted because of a "question" which disables the functions of making an offer. As the messages were written as letters there was enough space to write a question or an answer right next to the new offer. The questions were often related directly to the issues so the answer to a question can be included as a further argument/reason for the new condition at the issue. (constructive use of the answer) Nevertheless I think the other functions might be useful if one of the negotiators gets the impression that the other one has a more general problem in understanding and a far ranged (indirect) explanation to one issue becomes necessary (e.g. technical or juridical details to patents or profound reasons for hesitation in making an offer for the concerned issue). Luckily, my partner and I had no such problems, that's why we always made offers and counteroffers until one meets the expectations of the other.“ - „I think it would be helpfull if it is possible to send questions every time (not only if it’s your turn).“ - „Honestly I always just used the counteroffer and the accept. There were no serious problems with my negotiation partner so that I always could write a formal answer.“ - „In my negotiation, I've only used the counteroffer, because I haven't had any questions I wanted to ask my negotiation partner. After we found a
244
common solution, I accepted the offer of my negotiation partner. If the "accept" action type hadn't been there, I wouldn't have known how to end the negotiation.If there had been any obscurities during our negotiation I wouldn't have faltered to use the "question" action type to resolve them. I don't think that the different action types were really important in this case but I can imagine that in some case I would be thankful to have them.“ Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass sich die untersuchte Unterstützungsfunktion als effektiv erwies (Kommunikationsqualität wurde erhöht), in Bezug auf ihre konkrete Umsetzung (z. B. hinsichtlich ihrer Nutzerfreundlichkeit) besteht allerdings noch Potenzial.
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8 Diskussion der Ergebnisse Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die ökonomische Notwendigkeit einer kommunikationsorientierten Sichtweise auf elektronische Verhandlungen empirisch zu belegen. Dafür wurde eine eigenständige Messmethode entwickelt, mit deren Hilfe die Qualität der Kommunikation in einer elektronischen Verhandlung bestimmt werden kann. Die eigenständige Entwicklung liegt darin begründet, dass keiner der bestehenden Qualitätsmessansätze die aus den theoretischen Betrachtungen abgeleiteten Anforderungen vollständig erfüllt. Keiner der bestehenden Ansätze berücksichtigt sowohl die Interaktivität und Dualität der Verhandlungssituation, als auch die Spezifika des elektronischen Kontextes. Allerdings stellen die bestehenden Ansätze die Basis des hier entwickelten Ansatzes dar. Wissenschaftliche Forschung unterliegt den Kriterien der Objektivität, Validität und Reliabilität (Bortz & Döring 2009). Bei der hier gewählten Vorgehensweise wurde darauf geachtet, alle relevanten Perspektiven und Aspekte zu berücksichtigen und sämtliche Schritte detailliert und wertungsfrei (objektiv) zu schildern. Um die Validität und Reliabilität von Forschungsergebnissen zu erhöhen, empfehlen Carnevale und DeDreu (2004) die Triangulation bzw. Integration verschiedener Methoden. Dieser Anforderung wurde entsprochen, indem bei der Entwicklung des Ansatzes explorative und konfirmatorische ebenso wie qualitative und quantitative Datenerhebungs- und Auswertungsmethoden zum Einsatz kamen. Im Folgenden werden die gewählte Vorgehensweise und die damit erzielten Ergebnisse kritisch diskutiert. 8.1 Modell- und Instrumententwicklung Diese Arbeit folgt einem rational-deduktiven Ansatz: Zunächst wurde ein theoretisches Modell entwickelt, das anschließend empirisch überprüft und verfeinert wurde. Für die theoretische Modellentwicklung wurden die Charakteristika und Funktionen elektronischer Verhandlungskommunikation herausgearbeitet. Demnach umfasst Verhandlungskommunikation faktische, prozedurale und relationale Verständigungsaspekte. Zusätzlich ist Verhandlungskommunikation durch Dualität geprägt, d.h. die Verhandelnden können sowohl kommunikativkompetitiv als auch kommunikativ-kooperativ orientiert sein. Die Validität eines Konstrukts (hier: Drei-Ebenen-Modell der Kommunikationsqualität) bestimmt sich daraus, ob es alle konstruktrelevanten Dimensionen umfasst. Die Herausarbeitung der Dimensionen basiert auf einer umfassenden Literaturanalyse. Die in früheren Ansätzen und Modellen genannten Aspekte können ausnahmslos den drei Ebenen des Kommunikationsqualitätsmodells zugeordnet werden, was für die Validität des Modells spricht. Verständigung beinhaltet, dass Kommunikation kein individueller Prozess ist, sondern dass es auf die Handlungen aller Beteiligten ankommt und diese sich wechselseitig beeinflussen. Die Dualität der Kommunikation bzw. die kommunikative Orientierung der Beteiligten ist im Verhandlungskontext weitaus bedeutsamer als in
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anderen Kommunikationskontexten, da die Verhandlungssituation eine gegenseitige Abhängigkeit der Beteiligten impliziert. Die Eigenschaften eines elektronischen Mediums können – je nach Nutzung des Mediums durch die Kommunizierenden – beide kommunikativen Strategien unterstützen. Die drei Ebenen, die Interaktivität des Prozesses, die Dualität und die medialen Einflüsse werden als konstitutiv für die Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen erachtet und müssen deshalb bei der Bestimmung der Qualitätshöhe berücksichtigt werden. Dieser Anforderung wurde auf Modellebene durch die drei Ebenen und die Adaption sowie Integration der mit diesen Ebenen verbundenen Verständigungstechniken entsprochen. Kommunikationsqualität wurde in diesem Zusammenhang definiert als Ausmaß erzielter Verständigung zwischen den Kommunikationspartnern. Das theoretische Modell wurde anschließend empirisch überprüft und verfeinert. Im Rahmen einer explorativen Studie konnte festgestellt werden, dass intersubjektiv einheitlich beurteilte Kriterien für elektronisches Verhandlungsverhalten existieren. Die Einheitlichkeit der Beurteilung wurde auch von Praktikern bestätigt. In Bezug auf die Validierung der Kriterien in der Praxis hätten anstelle der schriftlichen Onlinebefragung auch Experteninterviews durchgeführt werden können. Da allerdings aufgrund der theoretischen Vorarbeit bereits viele Variablen auch theoretisch fundiert waren und es sich deshalb bei der Praktikerbefragung nicht mehr um eine explorative Eruierung, sondern eher um eine konfirmatorische Untersuchung handelte, wurde die schriftlichstandardisierte Form der Befragung als probates Mittel erachtet. Zudem wurde über die Integration offener Fragen den Befragten die Möglichkeit gegeben, eigene Variablen zu nennen. Dass sich diese nicht von den bereits bekannten Variablen unterschieden, spricht für die gewählte Methodik. Die resultierenden Variablen lassen sich inhaltlich den drei theoretischen Modellebenen (faktisch, prozedural, relational) zuordnen und dienten als Grundlage für die instrumentspezifischen „Verständigungsvariablen“. Die Richtigkeit und Vollständigkeit des endgültigen Variablensets kann für den gegebenen Kontext aufgrund der durchgeführten Tests und Analysen im Rahmen von zwei Experimenten als reliabel und valide angenommen werden. Bei der Überprüfung der Struktur der Abweichungen auf den Verständigungsvariablen ergab sich zwar jeweils ein dreifaktorielles Modell, die Faktorzugehörigkeit der einzelnen Variablen war jedoch nicht stabil. Diese Instabilität spricht nicht per se gegen die theoretischen Modellebenen. Da sich alle Variablen zuvor als reliabel erwiesen haben, kann vielmehr angenommen werden, dass die spezifische Relevanz der einzelnen Variablen je nach Verhandlungskontext unterschiedlich ausfällt. Um Zusammenhänge zwischen nicht direkt beobachtbaren Variablen zu bestimmen bzw. unterstellte Strukturen zu prüfen, werden häufig Strukturgleichungsmodelle angewendet. Darauf wurde hier aus verschiedenen Gründen verzichtet. Um ein Strukturgleichungsmodell sinnvoll anwenden zu können, müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein (Reineke 2005). Diese Anforderungen sind auch abhängig von der Methode, mit der die unbekannten Para-
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meter bestimmt wurden. Die Linearität der unterstellten Beziehungen zwischen den Variablen ist gegeben. Allerdings sind die Daten, aus denen sich die Teilqualitäten berechnen, nicht metrisch, sondern nur ordinal skaliert und nicht immer stochastisch (normalverteilt). Die geforderte Stichprobenmindestgröße von n = 200 wird in den Experimenten ebenfalls nicht erreicht. Auch der Forderung nach mindestens drei Indikatoren pro latenter Variable kann nicht nachgekommen werden. Die Operationalisierung des theoretischen Modells zu einem Messinstrument resultierte in einem Fragebogen, der die subjektive Bewertung des eigenen sowie des partnerseitigen Kommunikationsverhaltens nach Abschluss der Verhandlung erhebt. Durch diese Form der Befragung wurden der Dualitätsund Interaktionsaspekt auf Instrumentebene integriert. Der Einsatz von Befragungen in der Verhandlungsforschung ist nicht unumstritten, denn gerade in sehr konflikthaltigen Situationen, wie Verhandlungen, kann diese Erhebungsmethode Probleme verursachen (Nauta & Kluwer 2004). Dies liegt daran, dass Fragebögen nur die Wahrnehmung gegenwärtigen oder vergangenen Verhaltens erheben, nicht aber das wirkliche Verhalten. Deshalb sollte bei der Gestaltung von Fragebögen insbesondere die Sensibilität der Themen, mögliche Verzerrungen und gegenseitige Verhaltensbeeinflussung der Befragten berücksichtigt werden. Zudem sollte bei der Analyse persuasiver Texte (wie beispielsweise Verhandlungsnachrichten) auf Pre-Test-PostTest-Designs verzichtet und ausschließlich Post-Test-Designs eingesetzt werden, da sich die Befragten an ihre vorherigen Antworten erinnern könnten (Hoeken 1994). Die letztgenannte Forderung, verbunden mit der Problematik der Anspruchsinflation, schloss beispielsweise die Möglichkeit aus, die individuellen Erwartungen der Beteiligten und im Anschluss die Erwartungserfüllung abzufragen (vgl. SERVQUAL-Ansatz, Zeithaml et al. 1992). Bei dem hier entwickelten Befragungsinstrument handelt es sich um ein reines Post-Test-Design. Durch die Zweiteilung der Befragungsinhalte (Selbst- und Partnerbewertung) kann außerdem die gegenseitige Verhaltensbeeinflussung berücksichtigt werden. Mittels einer Inhaltsanalyse wurde darüberhinaus überprüft, inwiefern sich die Wahrnehmungen der Verhandelnden mit dem tatsächlichen Kommunikationsverhalten (Einsatz bestimmter Verständigungstechniken) decken. Hier bestanden hohe Übereinstimmungen, was für die Eignung der angewendeten Methode spricht. Die Untersuchung der Kommunikation mittels Befragung und Inhaltsanalyse hat noch einen weiteren Vorteil: In der Beschreibung der Grundlagen von Kommunikation wurde auf das Paradoxon hingewiesen, dass Kommunikation eigentlich nicht analysierbar ist, da sie einerseits zerstückelt werden müsse, andererseits aber diese Zerstückelung den Gesamtzusammenhang und damit die Kommunikation zerstöre (Kapitel 2.3.3). Durch die Methodenkombination kann trotz dieses Paradoxons ein verlässliches Bild der Verhandlungskommunikation generiert werden. Die Inhaltsanalyse „zerstückelt“ die Kommunikation in Sinneinheiten, die von unabhängigen Dritten kodiert und ausgewertet werden, die Befragung liefert eine ex-postBewertung der gesamten Kommunikation aus Sicht der Verhandlungspartner.
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Das hier entwickelte Instrument zur Messung von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen hat den Anspruch, reliabel und valide zu sein. Reliabilität bedeutet, dass Messungen verlässlich, also Messergebnisse unter gleichen Voraussetzungen reproduzierbar sind. Die Validität bezieht sich auf die Gültigkeit der Messung, d.h. die Frage, ob mit dem Instrument wirklich das gemessen wird, was gemessen werden soll. Bei der Gestaltung des Messinstruments wurde der Anspruch verfolgt, das Instrument so zu implementieren, dass es auch in der Praxis einsetzbar ist und eine möglichst zeitnahe Aussage über die Höhe der Kommunikationsqualität erlaubt. Dieser Anspruch wurde erfüllt, indem zum Einen der Einfluss der Messung auf den Verhandlungsverlauf durch die Wahl des Messzeitpunkts (nach Ende der Verhandlung) minimiert und zum Anderen die Bestimmung der Kommunikationsqualität mittels Indexbildung durchgeführt wurde. Die Validität der Indexberechnung wurde überprüft, indem die Ergebnisse der Faktorwertanalysen den Indexwertergebnissen gegenübergestellt wurden. Hierbei zeigten sich keine nennenswerten Abweichungen. Die Wahl des Messzeitpunktes wird damit begründet, dass etwaige Zeitpunkte für Zwischenmessungen (z. B. abgegrenzte Phasen im Verhandlungsprozess) entweder durch einen Außenstehenden oder die Verhandelnden selbst bestimmt werden müssten, da eine valide ex-anteGliederung eines realen elektronischen Verhandlungsprozesses in einzelne Phasen nicht möglich ist. Zudem könnte eine solche Unterbrechung den weiteren Verhandlungsprozess beeinflussen. Eine solche Beeinflussung ist von bestimmten Mediationssystemen zwar erwünscht (vgl. Negotiator Assistant, Druckman 2009), ist allerdings nicht originärer Zweck des hier entwickelten Instruments. Hinzu kommt, dass es hier nicht vorrangig um Prozessanalysen geht, sondern darum, wie das Kommunikationsverhalten insgesamt die Wahrnehmung des Partners bzw. das Ausmaß erreichter Verständigung geprägt hat. In Kapitel 2.1.2 wurde dargestellt, dass für eine valide Beurteilung einer Verhandlungsleistung außerdem immer berücksichtigt werden muss, welches Spiel die Verhandelnden spielen (Clyman & Tripp 2000). Dieser Anforderung wird durch die Integration der Dualitätskomponente Rechnung getragen: Eine kommunikativ-kompetitive Ausrichtung der Verhandelnden führt nicht zu einer systematischen Reduzierung der Kommunikationsqualität. Zusätzlich wurde überprüft, welche Bedeutung die Zielsetzung der Verhandelnden (Gewinnoder Beziehungsorientierung) für die Verständigungsvariablen hat. Hierbei ergaben sich keine signifikanten Einflüsse, weshalb diese Spielstrategie bei der Beurteilung vernachlässigt werden kann. Während die interne Validität in Laborexperimenten aufgrund der Kontrollierbarkeit der Variablen grundsätzlich hoch ist, lässt sich in Bezug auf die externe Validität feststellen, dass die Verhandlungsexperimente zur Entwicklung des Messinstruments und später auch zur Bestimmung der Effekte von Kommunikationsqualität im universitären Umfeld und nicht in der Praxis durchgeführt wurden. Dies ist durch den Untersuchungsgegenstand determiniert und kann als in diesem Forschungsbereich gängige Methode betrachtet werden (vgl.
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Kapitel 2.1.3). Dennoch sollte auf eine Validierung in der Praxis nicht verzichtet werden. Um Verzerrungen durch die Laborsituation so gering wie möglich zu halten, wurde darauf geachtet, die vielfältigen Anforderungen an empirische Studien im Bereich elektronischer Verhandlungen (Kapitel 2.1.3) so weit wie möglich zu erfüllen, beispielsweise durch die probandengerechte Auswahl und Gestaltung der Fallstudien und die Schaffung hoher Anreize. Als Teilnahmeanreiz wurde in allen Experimenten das Erreichen von Klausurpunkten in Aussicht gestellt. Die Anzahl der erreichten Punkte war an das Einhalten bestimmter Spielregeln sowie das erzielte Verhandlungsergebnis gebunden. Aus den Verhandlungsnachrichten lässt sich erkennen, dass die Verhandelnden die Verhandlungssituation sehr ernst genommen haben und demnach entsprechend hoch motiviert waren. Insbesondere im zweiten Experiment konnten zudem bereits viele Teilnehmer Verhandlungserfahrung vorweisen. Bei allen beschriebenen Experimenten wurde das elektronische Verhandlungsunterstützungssystem Negoisst eingesetzt. Die Auswahl dieses Systems wurde mit seiner Integration aus Entscheidungs- und Kommunikationsunterstützung begründet (vgl. Kapitel 2.2.2 und 6.1). Auf der einen Seite ist durch die Nutzung desselben Systems die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Experimenten gesichert. Auf der anderen Seite kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass das System die Kommunikation der Verhandelnden in einer bestimmten Art und Weise beeinflusst und damit eventuell auch die Ergebnisse dieser Arbeit verzerrt hat. Ein verzerrender Einfluss könnte beispielsweise von der Bereitstellung der Verhandlungsagenda neben dem Nachrichtenfeld ausgehen. Diese damit verbundene Strukturierung der Verhandlungspunkte könnte Auswirkungen auf die Nennung positiver und negativer Verhaltensweisen gehabt haben, die als Grundlage für die Verständigungsvariablen dienten. Allerdings wiesen die Nennungen der Probanden hohe Übereinstimmung mit den literaturbasierten Kriterien und den Nennungen der Praktiker auf, weshalb dieser Verzerrungseffekt hier als vernachlässigbar gelten kann. 8.2 Wirkungsanalysen Um dem Anspruch der Reliabilität des Messinstruments gerecht zu werden, wurden die Effekte von Kommunikationsqualität in zwei aufeinanderfolgenden Verhandlungsexperimenten mittels multivariater Analyseverfahren bestimmt und verglichen. Die Ergebnisse der Hypothesentests zeigen, dass ein überwiegender Teil der ermittelten Effekte von Kommunikationsqualität in beiden Experimenten gleichermaßen nachweisbar ist, die Ergebnisse also weitgehend reproduzierbar und damit reliabel sind. Allerdings stellt Matz (2004) fest, dass sich künstlich erzeugte Fallstudien bei Verhandlungsexperimenten problematisch auf die Reliabilität der Ergebnisse auswirken. Dieser Einschränkung muss hier stattgegeben werden.
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Die Validität der ermittelten Ergebnisse steht in engem Zusammenhang mit der angenommenen Kausalitäts- oder Wirkungsrichtung bzw. der Frage, ob wirklich die Effekte von Kommunikationsqualität gemessen wurden (De Fleur et al. 2005, S. 448). Es könnte unterstellt werden, dass nicht, wie hier angenommen, die Kommunikationsqualität einer Verhandlung die Ergebnisvariablen (Zufriedenheit, Vertrauen etc.) beeinflusst hat, sondern dass das Verhandlungsergebnis die individuellen Beurteilungen der Kommunikationsqualitätsvariablen prägte und sich somit direkt und indirekt auf die sonstigen Ergebnisvariablen auswirkt. Die Frage, ob das Verhandlungsergebnis die Kommunikationsqualitätsvariablen beeinflusst, wurde über sachlogische Überlegungen und anschließende Berechnungen geklärt. Die Annahme dazu lautet: Wenn das Verhandlungsergebnis die Kommunikationsqualitätsvariablen beeinflussen würde, müssten hohe Korrelationen zwischen dem individuell erzielten Verhandlungsergebnis und den individuellen Selbst- und Partnerbewertungen bestehen. Korrelationen zwischen dem Verhandlungsergebnis und den individuellen Bewertungshöhen waren jedoch nur in sehr geringem Maße vorhanden, was gegen diese Annahme spricht (vgl. Tabelle 58). Eine Beeinflussung der Kommunikationsqualität (Abweichungen auf Verständigungsvariablen) durch das Verhandlungsergebnis kann ebenfalls ausgeschlossen werden, da die Verhandelnden zum Zeitpunkt des Ausfüllens des Fragebogens nicht wissen können, wie die Selbst- und Partnerbewertungen seitens ihres Verhandlungspartners ausfallen. Die Kommunikationsqualität errechnet sich aber aus den zusammengeführten Bewertungen beider Partner. Selbst wenn ein Verhandelnder aufgrund eines sehr hohen Einzelergebnisses sich selbst und seinen Partner in allen Kategorien sehr hoch bewerten würde, müsste dieses Beurteilungsverhalten auch von seinem Verhandlungspartner erwidert werden, um eine hohe gemeinsame Qualität zu erhalten, anderenfalls bewirkt die (einseitig) hohe Selbstbewertung eine Reduzierung der Kommunikationsqualität. Die ökonomischen Effekte von Kommunikationsqualität wurden nach kurzfristigen, ergebnisorientierten und langfristigen, beziehungsorientierten Wirkungen unterschieden. Im Rahmen der kurzfristigen Wirkungen konnte ein leicht positiver Effekt von Kommunikationsqualität auf den Verhandlungsausgang nachgewiesen werden, demnach begünstigt eine gute Verständigung das Zustandekommen einer Einigung. Die beziehungsorientierten Wirkungen fielen umfangreicher und stärker aus. Nahezu jede untersuchte Ergebnisvariable wird (zumindest leicht) von der kommunikativen Qualität beeinflusst. Die Analyse der ökonomischen Relevanz von Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen ergab eine Bestätigung der Hypothesen in Bezug auf das Vertrauen, die Notwendigkeit von Nachverhandlungen, die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung, die Zufriedenheit der Teilnehmer und den Wunsch nach Erhalt der Geschäftsbeziehung. Insgesamt bestätigt sich somit das Ergebnis der Studie von Berger et al. (2003), wonach bessere Kommunikation in erster Linie das soziale Ergebnis,
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nicht aber das ökonomische Ergebnis (im Sinne des erzielten Nutzenwertes) erhöht. Es ist allerdings zu vermuten, dass Kommunikationsqualität zusätzlich eine langfristige positive Wirkung auf das ökonomische Ergebnis bzw. die Effektivität einer Verhandlung hat. Wenn Verhandelnde eine hohe Verständigung erreicht haben, führt dies (erwiesenermaßen) zu einer positiveren Beurteilung der Verhandlung, d.h. die Verhandelnden vertrauen einander mehr, sind zufriedener etc. Darüber baut sich das gemeinsame Sozialkapital der Verhandelnden auf (vgl. Kapitel 2.1.2) und die Motivation der Beteiligten, die Beziehung zu erhalten, steigt. Eine solche Motivation kann sich auch positiv auf die Suche nach entfernteren (integrativeren) Lösungen auswirken und damit zu einem besseren Gesamtergebnis beitragen (Pruitt & Lewis 1977). Da eine hohe Kommunikationsqualität gleichbedeutend mit der Übereinstimmung der Wahrnehmungen der Verhandlungspartner ist, ist außerdem anzunehmen, dass die Beteiligten eine erneute Interaktion mit demselben Partner mit ähnlicheren Einstellungen beginnen. Ähnlichere Einstellungen haben beispielsweise eine positive Wirkung auf die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses (Riordan et al. 1977) und begünstigen somit ebenfalls bessere Verhandlungsergebnisse. Auch in Bezug auf die Effizienz ist ein langfristiger Effekt zu erwarten: Wenn zwei Verhandlungspartner eine hohe Kommunikationsqualität erreicht haben, ist dies auch ein Ausdruck einer stabilen gemeinsamen Verständigungsbasis (i.S.v. Common Ground). Auf diese Verständigungsbasis können die Beteiligten in späteren Verhandlungen aufbauen und so den Verhandlungsprozess beschleunigen.
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9 Zusammenfassung, Implikationen und Ausblick Im Folgenden werden die Vorgehensweise und die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit noch einmal zusammengefasst und Implikationen für die wissenschaftliche Forschung sowie das Management von Verhandlungen abgeleitet. Abschließend werden die Grenzen der Arbeit und Möglichkeiten für zukünftige Studien dargestellt. 9.1 Zusammenfassung Elektronische Verhandlungen – als spezifische Form der Verhandlungsführung – gewinnen aufgrund veränderter politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen insbesondere im zwischenbetrieblichen Kontext an Bedeutung. Ihnen wird ein hohes effektivitäts- und effizienzsteigerndes Potenzial zugesprochen, vor allem im Zusammenhang mit elektronischen Unterstützungssystemen, die in der Regel aus einer Entscheidungs- und einer Kommunikationsunterstützungskomponente bestehen. Der positive Einfluss der Entscheidungsunterstützung auf Effektivität und Effizienz einer Verhandlung wurde bereits vielfach nachgewiesen, für die Kommunikationsunterstützung fehlte jedoch bislang ein entsprechender Beleg. In dieser Arbeit wurde deshalb die Frage untersucht, welche ökonomische Relevanz Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen hat, um somit die Notwendigkeit kommunikationsorientierter Verhandlungsunterstützung empirisch zu ergründen. Dazu wurde aufbauend auf einer umfangreichen theoretischen Analyse ein Modell der Kommunikationsqualität entwickelt und dieses anschließend operationalisiert. Das Modell umfasst die drei Verständigungsebenen von Verhandlungskommunikation, die faktische, prozedurale und relationale Ebene. Den Ebenen wurden spezifische Kommunikationstechniken zugeordnet, mittels derer Verhandelnde Verständigung erzielen und erhöhen können. Die Anwendung dieser Techniken wurde auf den elektronischen Kontext angepasst. Anschließend wurden mittels einer empirischen Analyse die in einer elektronischen Verhandlung verständigungsrelevanten Variablen ermittelt und Kommunikationsqualität als Ausmaß erzielter Verständigung auf diesen faktischen, prozeduralen und relationalen Variablen definiert. Das aus dem Modell abgeleitete Messinstrument in Form eines Nachverhandlungsfragebogens berücksichtigt neben der Interaktivität auch den Dualitätsaspekt als Charakteristikum der Verhandlungskommunikation, indem es die Selbst- und Fremdwahrnehmungen der Verhandlungspartner hinsichtlich der Verständigungsvariablen einander gegenüberstellt. Interaktivität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sich die Verhandelnden gegenseitig beeinflussen. Dualität bedeutet, dass die Verhandelnden sowohl kooperativ als auch kompetitiv orientiert sind, da sie einerseits voneinander abhängig sind und andererseits ihre eigenen Ziele und Interessen verfolgen. Das Ausmaß erzielter Verständigung (Kommunikationsqualität) ergibt sich als Abweichung der
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Wahrnehmungen der Verhandlungspartner in Bezug auf die Verständigungsvariablen (Beispiel: Die Kommunikationsqualität zweier Verhandelnder ist nicht dann hoch, wenn sie sich gegenseitig als höflich wahrnehmen, sondern dann, wenn sie von ihrem Partner so eingeschätzt werden, wie sie sich selbst einschätzen). Das Messinstrument wurde im Rahmen mehrerer Verhandlungsexperimente eingesetzt, um die Wirkungen von Kommunikationsqualität auf verschiedene Ergebnisvariablen zu testen. Es stellte sich heraus, dass sich Kommunikationsqualität insbesondere auf die Zufriedenheit, das gegenseitige Vertrauen der Verhandlungspartner und die wahrgenommene Effektivität und Effizienz der Verhandlung positiv auswirkt und zum Erhalt von Geschäftsbeziehungen beiträgt. Zusätzlich wurde nachgewiesen, dass Kommunikationsqualität die Wahrscheinlichkeit einer Einigung erhöht und die Notwendigkeit von Nachverhandlungen leicht senkt. Ein direkter Effekt auf die Höhe des individuellen Verhandlungsergebnisses konnte nicht nachgewiesen werden, hier sind langfristig allerdings ebenfalls positive Effekte zu erwarten. Demnach können der Kommunikationsqualität weitreichende ökonomische Effekte zugesprochen werden. Die Untersuchung einer spezifischen elektronischen Kommunikationsunterstützungsfunktion belegt außerdem deren positiven Effekt auf die Kommunikationsqualität, was für die Relevanz kommunikationsorientierter elektronischer Verhandlungsunterstützung spricht. Implikationen, die sich aus diesen Ergebnissen für die wissenschaftliche Forschung und das Management von Verhandlungen ergeben, werden im Folgenden erörtert. 9.2
Implikationen für die Forschung an kommunikationsorientierter Verhandlungsunterstützung Trotz der Tatsache, dass sich bereits viele Theorien und Studien mit den Defiziten und Schwierigkeiten elektronischer Kommunikation auseinandergesetzt haben, ist die Forschung im Bereich der kommunikativen Unterstützung elektronischer Verhandlungen noch vergleichsweise wenig fortgeschritten – ganz im Gegensatz zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen in elektronischen Verhandlungen. Mit dieser Arbeit wurde eine Grundlage gelegt, die kommunikationsorientierte Unterstützung zielorientiert voranzubringen. Mittels des hier entwickelten Messinstruments können Kommunikationsprozesse in elektronischen Verhandlungen nun im Hinblick auf ihren Zweck, das Herstellen von Verständigung, verglichen werden und daraus dezidierte Anforderungen an elektronische Verhandlungsunterstützungsfunktionen abgeleitet werden. Zudem können bestehende elektronische Unterstützungsfunktionen auf ihren Beitrag zur Kommunikationsqualität überprüft und in der Folge effektiver und effizienter gestaltet werden. Aufgrund ihrer theoretisch fundierten Herleitung bieten die Ergebnisse dieser Arbeit neben einem besseren Verständnis der in Verhandlungen ablaufenden Kommunikationsprozesse auch eine Grundlage für die Entwicklung einer umfassenden Theorie elektronischer Verhandlungen
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(vgl. Kapitel 2.1.3), welche neben den bisher dominanten Entscheidungsaspekten auch die sozialpsychologischen Kommunikationsaspekte integriert. 9.2.1 Notwendigkeit und Nützlichkeit kommunikativer Verhandlungsunterstützung Die grundsätzliche Notwendigkeit kommunikativer Unterstützung in elektronischen Verhandlungen ergibt sich aus ihrer ökonomischen Relevanz. Da sich herausgestellt hat, dass sich die Kommunikationsqualität der Verhandelnden signifikant auf verschiedene Ergebnisvariablen auswirkt und sowohl kurz- als auch langfristige, direkte und indirekte ökonomische Effekte aufweist und darüberhinaus die Kommunikationsqualität mittels kommunikativer Unterstützungsfunktionen erhöht werden kann, kann die Notwendigkeit kommunikativer Unterstützung nun als erwiesen angenommen werden. Um die Nützlichkeit einer bestimmten Form der kommunikativen Unterstützung zu analysieren, ist es notwendig, ihre Effektivität in Bezug auf die von ihr beabsichtigten Wirkungen zu bestimmen. Wie hier ausführlich dargestellt wurde, dient Kommunikation in Verhandlungen dem konstanten Ziel der Verständigung und dem variablen Ziel der Interessenrealisierung. Verständigung stellt die Grundlage für die Interessenrealisierung dar. Eine kommunikative Unterstützungsfunktion gilt deshalb dann als effektiv, wenn sie in der Lage ist, die Verständigung zwischen den Verhandelnden zu verbessern, d.h. die Kommunikationsqualität zu erhöhen. Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Methode zur Messung der Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen bietet eine Grundlage für Systemvergleiche, die eine Antwort auf die Frage suchen, was existierende Funktionen leisten. Trägt eine bestimmte Unterstützungsfunktion nicht zur Verbesserung der Verständigung zwischen den Verhandelnden bei, sollte sie entweder abgeändert oder, insofern sie beispielsweise zur Verbesserung der Pareto-Effizienz des Ergebnisses beiträgt, umdeklariert werden. Wirkt sie sich weder auf das Verhandlungsergebnis noch auf die erzielte Verständigung aus, sollte über eine Herausnahme der Unterstützungsfunktion aus dem System nachgedacht werden. Bei der Beurteilung der Nützlichkeit einer bestimmten Unterstützungskomponente muss allerdings auch deren Nutzung betrachtet werden, denn ein nicht vorhandener Effekt kann auch auf der Tatsache beruhen, dass die Unterstützungsfunktion von den Verhandelnden nicht (ausreichend) oder fehlerhaft verwendet wurde (Schoop et al. 2007). 9.2.2 Berücksichtigung der Nutzungsprozesse Verhandelnde interagieren nicht nur mit ihrem Verhandlungspartner, sondern auch mit dem System oder Medium, über das sie die Verhandlung führen. Die Mensch-Medium- oder Mensch-System-Interaktion kann mit traditionellen Erhebungsmethoden allein (wie beispielsweise bei Etezadi et al. 2006) allerdings
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nur unzureichend erforscht werden, da diese Methoden von den Probanden verlangen, implizites oder unbewusstes Verhalten zu explizieren. Die Entwicklung und der Einsatz neuer Methoden sind deshalb unabdingbar. Elektronische Verhandlungen stellen ein exklusives Potenzial für die Anwendung innovativer Forschungsmethoden bereit. Eine Möglichkeit stellt elektronische Blickaufzeichnung dar (Ostertag et al. 2007), eine weitere Möglichkeiten ist die Auswertung der Logfiles, auch Kombinationen dieser Methoden sind möglich. Beide Methoden wurden bereits im Rahmen studentischer Verhandlungsexperimente an der Universität Hohenheim eingesetzt. Blickaufzeichnung misst die Blickbewegungen einer Person mittels eines technischen Geräts. Dies geschieht bei der Mensch-Computer-Interaktion beispielsweise über eine Kamera, die in den Computermonitor integriert ist. Diese Kamera registriert die Reflektionen einer Lichtquelle (i.d.R. Infrarotlicht) auf der Hornhaut. Daraus wird die Position des Zentrums der Pupille bestimmt. So lassen sich Fixationen, Sakkaden und Blickverläufe dokumentieren, die anschließend quantitativ und qualitativ mittels Datenanalysesoftware ausgewertet werden können (Duchovski 2003). Aus den Blickdaten lassen sich direkte Rückschlüsse auf die Wahrnehmung und Verwendung bestimmter Systemfunktionen ziehen (Schoop et al. 2007). Logfiles sind Protokolldateien der Aktionen, die eine Person auf einem Computersystem durchführt (Bensberg 2001). Logfileanalysen werden meist zur Ermittlung des Surfverhaltens auf kommerziellen Webseiten eingesetzt, da Logfiles umfassende Informationen über den Nutzungsprozess bereitstellen (z. B. Daten über Zugriffe, den zugreifenden Browser, die ursprüngliche URL (Uniform Resource Locator) des Clients und auftretende Fehler, ebd. S. 40). Dabei werden die besuchten (Unter-)Seiten ebenso registriert wie die Dauer, die ein Nutzer auf der jeweiligen Seite verweilt hat. Mithilfe neuer Technologien (beispielsweise Asynchronous JavaScript and XML, AJAX) können außerdem Informationen über Mausklicks oder die Verwendung bestimmter Funktionen der Seite (“Eventlogs”) aufgezeichnet werden. Eine Logfileanalyse kann auch auf webbasierte Verhandlungsunterstützungssysteme angewendet werden. In Negoisst wurde diese Methode bereits eingesetzt, um das Verhalten bei der Erstellung von Angeboten zu untersuchen (Köhne et al. 2008b). Einen Nachteil haben allerdings sowohl Blickaufzeichnung als auch Logfileanalyse: Beide Methoden geben keinen Einblick in die Intentionen der Nutzer. Es kann nur festgestellt werden, ob ein bestimmtes Verhalten aufgetreten ist, jedoch kann keine Aussagen darüber getroffen werden, warum ein Nutzer sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten hat, beispielsweise eine bestimmte Funktion nicht genutzt hat. Deshalb ist eine Ergänzung dieser objektiven Messmethoden mit subjektiven Verfahren, wie beispielsweise Befragungen, sinnvoll. Aus den Ergebnissen solch einer umfassenden Nutzungsanalyse kann dann abgeleitet werden, ob eine bestimmte Funktion verändert werden muss oder ob es beispielsweise nur einer besseren Schulung der Systemnutzer bedarf, um die Effektivität der Funktion zu erhöhen.
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9.2.3 Unterstützungsmöglichkeiten für elektronische Verhandlungskommunikation Eine Forschungsrichtung, die sich der technischen Unterstützung von Verständigungsprozessen widmet, ist die Language/Action-Perspektive (LAP, Winograd & Flores 1986; Schoop 2001). Diese überträgt klassische Kommunikationstheorien auf den Kontext von Informationssystemen. Grundlegende Annahmen der LAP sind: (1) Die Grundeinheit der Kommunikation (in Anlehnung an die Sprechakttheorien von Austin und Searle) ist ein Sprechakt. (2) Natürliche Sprache ist gleichzusetzen mit dem Ausführen von Sprechakten. (3) Die Bedeutung eines Satzes kann dadurch erschlossen werden, dass man die Sprechakte untersucht aus denen er besteht (diese Annahme steht im Gegensatz zur Textverständnisforschung, die davon ausgeht, dass aus der Untersuchung der Teile eines Satzes nicht der Sinn des Satzes erfasst werden kann). (4) Sprechakte gehorchen sozial determinierten Regeln und (5) Zusammenarbeit wird durch Sprechakte koordiniert. Mit Sprache (Kommunikation) kann also Verständigung geschaffen, koordiniert und damit kooperiert werden. Im Rahmen der LAP-Forschung wird untersucht, wie sprachliche Verständigung in Informations- und Kommunikationssystemen ein- und umgesetzt werden kann, um zwischen den Kommunikationspartnern eine gemeinsame Realität zu schaffen und Handlungen zu koordinieren. Der Fokus liegt somit auf dem pragmatischen Aspekt von Sprache. Anwendung hat die LAP bisher beispielsweise in den betrieblichen Kommunikationssystemen Coordinator (Flores et al. 1988), SAMPO (Auramäki et al. 1988) und DEMO (Dietz 1999) gefunden. Allerdings sind diese nicht unumstritten. In Bezug auf das System Coordinator wird beispielsweise bemängelt, dass das Individuum in seiner Kommunikation zu stark eingeschränkt wird (Suchman 1994). Appel (2000, S. 166) weist ebenfalls auf die mangelnde Praxistauglichkeit dieser Systeme hin: „Die Systeme haben die Forschungslabore nie verlassen, was wohl vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sie versuchten, Kommunikation in kontraproduktiver Weise zu formalisieren und zu standardisieren“. Allerdings wurde beispielsweise das System Coordinator in der realen Bürokommunikation eingesetzt; auch einige Funktionen des hier beschriebenen elektronischen Verhandlungsunterstützungssystems Negoisst basieren auf der LAP (die semantische und die pragmatische Anreicherung der Verhandlungsnachrichten, Schoop 2005) und haben sich als nützlich und vorteilhaft erwiesen (Köhne et al. 2005a). Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Untersuchung ergab, dass Verhandelnden verschiedene Techniken zur Verfügung stehen, die das Erreichen von Verständigung verbessern: Grounding, Kohärenz und relationale Kommunikation. Allerdings zeigte sich auch, dass in Bezug auf den Einsatz dieser Techniken noch erhebliches Potenzial besteht. Die Anwendung von Verständigungstechniken könnte auch durch spezifische Unterstützungsfunktionen
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übernommen oder verbessert werden. Deshalb stellen die drei Techniken Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Unterstützungsfunktionen dar. Für die Generierung von Common Ground existiert bereits eine Umsetzungsmöglichkeit, die semantische Anreicherung von Nachrichten auf Basis von Ontologien (vgl. Kapitel 6.1). Diese birgt jedoch noch Potenzial. So ist beispielsweise die Erstellung und Visualisierung von Ontologien noch nicht ausgereift. Um Groundingprozesse zu erleichtern, wäre es außerdem denkbar, die gegenseitigen Rückmeldungen über das Ausmaß erzielter Verständigung technisch zu unterstützen (vgl. Kapitel 5.1), indem Symbole oder Ampelsysteme integriert werden, mittels derer ein Verhandelnder seinem Partner signalisieren kann, ob eine bestimmte Äußerung verstanden wurde oder nicht (bzw. ob oder inwiefern er einer Aussage zustimmt). Über diese Funktion könnte auch in der Verhandlungsagenda dokumentiert werden, über welchen Punkt bereits Einigkeit herrscht. Dies dürfte allerdings nicht ein Verbot der weiteren Diskussion dieses Verhandlungspunktes zur Folge haben, da sonst Logrolling verhindert würde, was in einer stark distributiven Verhandlungsführung resultieren würde. Kohärenz kann dadurch unterstützt werden, dass beispielsweise die Verhandlungsnachrichten mit Betreffzeilen ausgestattet werden. Diese Möglichkeit der Auszeichnung einer Nachricht mit einer Überschrift ist schon lange Zeit Standard in jedem E-Mail-System. In Negoisst wurde diese Auszeichnung noch um die pragmatische Anreicherung ergänzt, die zusätzlich den Formalitätsgrad und die Intention des Senders der Nachricht expliziert. Auch in Bezug auf diese Anreicherung besteht jedoch noch Potenzial, insbesondere stellte sich bei den Befragungen heraus, dass eine Gesamtauszeichnung einer Nachricht mit einem einzelnen Aktionstyp häufig schwierig ist. Eine Möglichkeit zur Verbesserung wäre es, die Auszeichung einzelner Nachrichtenteile in Bezug auf deren Verbindlichkeitsgrad oder die dahinterliegende Intention zuzulassen. Zudem kann Kohärenz durch den Einsatz verschiedener Kommunikationsprotokolle erhöht werden. Wenn die Abfolge der wechselnden Rollenübernahme (Sender – Empfänger) eindeutig geregelt ist, können Missverständnisse auf prozeduraler Ebene reduziert und die Nachvollziehbarkeit des Prozesses erhöht werden. Um allerdings zusätzlich faktische Verständigung zu erleichtern, wäre es sinnvoll, neben strikt alternierenden Protokollen auch Protokolle zur Verfügung zu stellen, die einen flexibleren Rollenwechsel zulassen, insbesondere im Kontext informellen Nachrichtenaustauschs. Eine weitere Möglichkeit der Kohärenzunterstützung ist ebenfalls bereits in Negoisst implementiert: die Verknüpfung von Vertragsversionen und Nachrichten. Anhand dieser Links haben die Verhandelnden die Möglichkeit, Argumente und Entscheidungen nachzuvollziehen (Ostertag 2006). Um Zusammenhänge nicht zwischen mehreren, sondern innerhalb einer Nachricht oder eines Angebots stärker zu verdeutlichen, wäre außerdem denkbar, die Verhandlungspunkte, die für einen oder beide Verhandelnde(n) eine enge Verbindung zueinander aufweisen, in der Agenda auch visuell zu gruppieren. Dies könnte zudem die Anwendung von Logrolling erleichtern.
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Auch wenn der Beziehungsaufbau über elektronische Medien insgesamt als schwierig gilt, können diese Medien unterstützende Funktionen zur Verfügung stellen. Vertrauensbildende Maßnahmen können vom Verhandlungsunterstützungssystem beispielsweise in Form einer vertrauenswürdigen Drittpartei übernommen werden (Schoop et al. 2003). Das System agiert dabei während der Verhandlung als unabhängiger Mittler und Verwalter aller Informationen und verhindert somit Manipulationsvorhaben, nach der Verhandlung überwacht das System die Ausführung der vertraglich vereinbarten Verpflichtungen. Interaktionsnormen werden in der elektronischen Kommunikation häufig mit dem Begriff „Netiquette“ bezeichnet. Eine solche könnte beispielsweise vor oder zu Beginn der Verhandlung zwischen den Verhandlungsteilnehmern vereinbart werden. Die Überwachung der Regeleinhaltung könnte mittels des gespeicherten Nachrichtenaustauschs von den Teilnehmern oder auch von einer unabhängigen Drittpartei vollzogen werden. Um den Aufbau einer gemeinsamen Identität zu unterstützen, könnten Verhandelnde außerdem zur Eingabe bestimmter persönlicher Daten in Form von Profilinformationen aufgefordert werden. Neben diesen aus den Verständigungstechniken abgeleiteten Möglichkeiten können auch kommunikationsorientierte Funktionalitäten aus anderen Systemen in elektronische Verhandlungsunterstützungssysteme übertragen werden. Hierzu eignen sich beispielsweise Funktionen aus Contract-ManagementSystemen (Staskiewicz 2009), Argumentationsunterstützungssystemen (Silince & Saeedi 1999) oder Unterstützungssystemen für Kooperation bzw. Gruppenarbeit (Appel 2000). Beispielsweise könnten sogenannte Argumentationslandkarten der Verbesserung der faktischen und prozeduralen Verständigung dienen. Bei all diesen Funktionen muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Kommunikation nicht zu stark formalisiert und eingeschränkt wird. Ziel ist nach wie vor, die menschliche Kommunikation anzureichern und nicht zu automatisieren oder in ihrer Kreativität einzuschränken. 9.2.4 Gegenüberstellung von Verhandlungsqualitätsmaßen In der Motivation (Kapitel 1.1) wurde angesprochen, dass für die Beurteilung der Qualität von Entscheidungen bereits Maße existieren, jedoch nicht für die Beurteilung der Qualität von Kommunikation, obwohl Verhandlungen aus Kommunikations- und Entscheidungsprozessen bestehen. Das wohl bekannteste Maß für die Bestimmung von Entscheidungsqualität ist die Pareto-Effizienz. Im Folgenden sollen nun kurz das hier entwickelte Kommunikationsqualitätsmaß und das Pareto-Maß einander gegenübergestellt werden.
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Pareto-Effizienz
Kommunikationsqualität
Symmetrisch
Symmetrisch
Fokus
Ergebnis
Prozess und Ergebnis
Rolle
Abhängige Variable
Rekursiv: Bedingung und Ergebnis
Relevante Daten
Letztes Angebot
Eigene und gegenseitige Beurteilungen der Verhandlungspartner
Methoden
Erhebung der Präferenzmodelle
Befragung nach der Verhandlung
Referenz
Normatives Ideal
Normatives Ideal: Übereinstimmung (als Grundlage für Verständigung)
Subjektive Daten (Präferenzen)
Subjektive Daten
Symmetrie
Basis
Tabelle 77: Gegenüberstellung von Verhandlungsqualitätsmaßen Die Tabelle zeigt sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Verhandlungsqualitätsmaßen. Beide Maße beruhen auf subjektiven Daten und betrachten beide Verhandlungsparteien simultan, d.h. es handelt sich um eine symmetrische Perspektive. Während Pareto-Effizienz allerdings nur das letzte Angebot bzw. das Ergebnis der Verhandlung betrachtet, bezieht sich Kommunikationsqualität auf den gesamten Verhandlungsprozess und die dadurch erzielte Wirkung auf die Wahrnehmung der Verhandlungspartner (Prozess und Ergebnis). Somit stellt Pareto-Effizienz eine abhängige Variable dar, während Kommunikationsqualität sowohl abhängige als auch unabhängige Variable sein kann. Um die Pareto-Effizienz zu bestimmen, müssen die Präferenzmodelle der Verhandelnden erhoben und verglichen werden. Für Kommunikationsqualität wird nach der Verhandlung die gegenseitige Beurteilung der Verhandlungspartner mittels eines Fragebogens erhoben. Das normative Ideal der Pareto-Effizienz ist dann erreicht, wenn keine Verbesserung des Nutzenwertes eines Verhandelnden mehr möglich ist, ohne den anderen Verhandelnden schlechter zu stellen. Das normative Ideal der Kommunikationsqualität entspricht einer größtmöglichen Verständigung der Verhandlungspartner, d.h. der genauen Übereinstimmung zwischen Selbstund Fremdwahrnehmungen in Bezug auf die Verständigungsvariablen.
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Pareto-Effizienz
Der Vergleich zeigt, dass Kommunikationsqualität existierenden entscheidungsorientierten Qualitätsmaßen, wie etwa der Pareto-Effizienz, nicht widerspricht und sie auch nicht ersetzt, sondern um einen neuen Ansatz zur Analyse von Geschäftsverhandlungen ergänzt. Somit könnten Verhandlungen anhand ihrer Qualitätsbeurteilung auf den zwei Dimensionen in einer Matrix abgebildet werden (Abbildung 19):
Kommunikationsqualität Abbildung 19:
Verhandlungsbeurteilungsmatrix
Ideale Verhandlungen („stars“) zeichnen sich durch eine hohe Kommunikationsqualität und eine hohe Pareto-Effizienz aus. Daneben existieren Verhandlungen, die nur eine hohe Pareto-Effizienz erreichen, aber im Hinblick auf die gemeinsame Verständigung schlecht abschneiden („clouds“), Verhandlungen, die zwar eine gute Verständigung, allerdings nur eine geringe Pareto-Effizienz aufweisen („smiles“) sowie schließlich Verhandlungen, die auf keiner der genannten Dimensionen einen hohen Wert erreichen („flops“). Während in wissenschaftlichen Experimenten die Daten beider Verhandlungsparteien vorliegen, haben Verhandelnde in der Praxis selten Informationen über das erzielte Verhandlungsergebnis der Gegenseite. Deshalb eignet sich dort anstelle der Pareto-Effizienz für diese Dimension eher das individuelle Ergebnis als Beurteilungsmaßstab. 9.3 Implikationen für das Management von Verhandlungen Die Ermittlung der Kommunikationsqualität elektronischer Verhandlungen stellt für das Management von Verhandlungen eine wichtige Erweiterung dar. Es wurde bereits beschrieben, dass das Beziehungsziel (langfristige Geschäftsbeziehung) neben dem eigentlichen Ergebnisziel (hoher Nutzenwert) in Geschäftsverhandlungen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Da sich Kommunikationsqualität als ein entscheidender Faktor in Bezug auf die Erreichung des
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Beziehungsziels erwiesen hat, ermöglicht das hier entwickelte Instrument, Verhandelnde nun auch hinsichtlich der zweiten Zieldimension adäquat vergleichen und beurteilen zu können. Für ein umfassendes Verhandlungscontrolling wird hier empfohlen, sowohl das Verhandlungsergebnis (in Form des erzielten Nutzenwertes) als auch die von den Verhandlungspartnern erreichte Verständigung (in Form der Höhe der Kommunikationsqualität) zu berücksichtigen (vgl. Schoop et al. 2004). Das Instrument zur Bestimmung der Kommunikationsqualität misst den individuell und gemeinsam erreichten Grad der Verständigung zweier elektronischer Verhandlungspartner. Diese Information gibt den Verhandelnden (oder auch den verantwortlichen Vorgesetzten) Auskunft darüber, wie gut sie miteinander kommuniziert haben. Der Wert kann ins Verhältnis zu anderen Verhandelnden oder anderen Verhandlungen gesetzt werden. Die Analyse von Verhandlungen anhand der erreichten Kommunikationsqualitätshöhe bietet für das Management von Verhandlungen mehrere Vorteile. Die ausschließliche Bewertung der Leistung von Verhandelnden (z. B. Einkäufer) anhand existierender Individualmaße ist problematisch, da das Verhalten der an der Verhandlung Beteiligten aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung nicht getrennt voneinander betrachtet werden kann. Kommunikationsqualität berücksichtigt diese Interaktionsaspekte und stellt somit ein geeignetes Beurteilungsmaß dar, das außerdem sowohl Absolut- als auch Relativaussagen erlaubt. Die Beurteilung von Verhandelnden auf Basis der von ihnen erzielten Kommunikationsqualität ermöglicht es, verschiedene Verhandlungspaarungen untereinander zu vergleichen (Querschnittsvergleich), um beispielsweise zu ermitteln, welche Person des eigenen Unternehmens sich für Verhandlungen mit einem bestimmten Partner in einem anderen Unternehmen am besten eignet. Zusätzlich kann auch die Entwicklung eines Verhandlungspaares überprüft werden (Längsschnittsvergleich), um herauszufinden, ob die Verhandlungsmotivation abnimmt oder sich destruktive Verhaltensmuster einspielen. Dies kann daran abgelesen werden, ob sich ein positiver, neutraler oder negativer Trend in Bezug auf die erreichte Kommunikationsqualität abzeichnet. Sollte sich ein negativer Trend abzeichnen, besteht Handlungsbedarf. Kommunikationsqualität kann auch als ein Entscheidungskriterium bei „multiple sourcing“ oder „dual sourcing“ eingesetzt werden. Mittels einer Kombination aus Längsschnitts- und Querschnittsbetrachtung lässt sich feststellen, ob die Geschäftsbeziehungen zu einem bestimmten Unternehmen aufrecht erhalten oder besser auf einen anderen Partner ausgewichen werden sollte. Neben diesen personenbezogenen Vergleichen können auch Vergleiche in Bezug auf den Verhandlungsgegenstand oder die Komplexität einer Verhandlungssituation durchgeführt werden (Voeth & Herbst 2009, S. 194ff). Es kann beispielsweise festgestellt werden, welche Person sich für Verhandlungen über ein bestimmtes Gut am besten eignet oder welche Person mit sehr komplexen Verhandlungen am besten umgehen kann.
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Bislang sieht das Messinstrument eine einzige Messung nach Abschluss der Verhandlung vor. Weitere Messungen zu früheren Zeitpunkten wären aber jederzeit möglich. Beispielsweise könnten Verhandelnde aufgefordert werden, vor einem beabsichtigten Verhandlungsabbruch an der Befragung teilzunehmen, um einen Verhandlungsabbruch gegebenenfalls durch spezifische Verhaltenshinweise doch noch abzuwenden (kommunikative Mediation). Schwierigkeiten beim Einsatz des Instruments in der Praxis könnten sich daraus ergeben, dass die Verhandelnden zum einen keine ehrlichen Beurteilungen ihres Partners abgeben, aus Angst vor „Rachebewertungen“ (wie etwa bei e-commerce-Reputationssystemen, Resnick et al. 2000) und zum anderen sich selbst, beispielsweise aufgrund von Effekten sozialer Erwünschtheit, zu positiv bewerten. Der erste Effekt beruht auf Erkenntnissen der Spieltheorie (Raiffa 2002) und ist insbesondere bei Mehrrundenspielen nachweisbar. Die sogenannten Rachebewertungen könnten mittels einer vertrauenswürdigen Drittpartei umgangen werden. Wenn die Verhandelnden ein webbasiertes Verhandlungsunterstützungssystem nutzen, könnte beispielsweise der Serverbetreiber als vertrauenswürdige Drittpartei auftreten, der die Befragungsdaten verwaltet und daraus die Qualitätswerte bestimmt. Die Verhandlungsparteien erhielten dann keine detaillierte Auskunft über die Fremdbeurteilung des Kommunikationspartners, sondern nur die insgesamt resultierende Höhe der erreichten Kommunikationsqualität und gegebenenfalls die Richtungs- und Strategiekennzahlenwerte. Diese aggregierte Auswertung würde allerdings verhindern, dass die Verhandelnden ihr Verhandlungsverhalten aufgrund des Feedbacks durch den Partner spezifisch verbessern können. Dieses Problem könnte dadurch umgangen werden, dass zusätzlich das Feedback mehrerer Verhandelnden zu einer Person gesammelt wird und beispielsweise dem Betreffenden erst zugänglich gemacht wird, wenn mindestens fünf Beurteilungen vorliegen (vgl. MeinProf.de 2009). Die Beurteilungen könnten der betreffenden Person dann detailliert, jedoch in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Anhand dieser Daten und Kennzahlen könnte der Verhandelnde feststellen, ob er beispielsweise hinsichtlich einer bestimmten Variable systematisch besonders schlecht abschneidet und versuchen, sein Verhalten entsprechend zu ändern, beispielsweise durch die Anwendung bestimmter Verständigungstechniken. Zusätzlich können gezielt Schulungsangebote in Anspruch genommen werden, insbesondere in Bezug auf die Nutzungsmöglichkeiten und Potenziale des eingesetzten Mediums. In diesem Zusammenhang ist es auch möglich, die verhandelnden Mitarbeiter in die Weiterentwicklung des eingesetzten Mediums (z. B. eines bestimmten Verhandlungsunterstützungssystems) einzubeziehen. Der zweite Effekt, eine zu positive Selbsteinschätzung, hat in Bezug auf die Höhe der Kommunikationsqualität negative Auswirkungen, da sie die Abweichungen zwischen Selbst- und Fremdbewertung erhöht. Wenn dies für die Verhandelnden, beispielsweise durch einen Hinweis beim Ausfüllen des Fragebogens, transparent ist, sollte der Anreiz sehr gering sein, sich selbst zu po-
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sitiv zu bewerten. Allerdings kann ein taktisches Ausfüllen des Fragebogens nicht ausgeschlossen werden. 9.4 Grenzen der Arbeit Die Arbeit nimmt eine integrative, disziplinenübergreifende Perspektive ein und plädiert für eine holistische Betrachtung von Verhandlungskommunikation, allerdings sind diesem Anspruch auch Grenzen gesetzt. Das theoretische Modell deckt nicht den vollständigen Verhandlungsprozess ab. Entscheidungsprozesse wurden im Rahmen dieser Arbeit beispielsweise weitgehend vernachlässigt, obwohl diese grundsätzlich von hoher Bedeutung sind. Grund für die Nichtbetrachtung ist, dass nicht die individuellen Kognitionen, sondern die interaktiven Prozesse im Fokus standen. In Bezug auf die Interaktivität wurde eine weitere Einschränkung vorgenommen. Da diese Arbeit eine kommunikations- bzw. verständigungsorientierte Perspektive einnimmt, wurde die Abfolge der Angebote bzw. die Entwicklung der Konzessionsschritte („Dance of Packages“, Raiffa 2002) nicht genauer in die Analyse einbezogen. Die Gestaltung der Angebotskommunikation fand nur insofern Berücksichtigung, wie sie sich in der Nichtangebotskommunikation widerspiegelte, beispielsweise durch die Verargumentierung der gestellten Forderungen. Es wurde demnach keine prinzipielle und vollständige Trennbarkeit von angebotsbezogenen und nichtangebotsbezogenen Kommunikationsinhalten unterstellt, denn eine vollständige Trennung dieser beiden Kommunikationsinhalte ist insbesondere in persönlichen, komplexen und multiattributiven Verhandlungen mit Problemen behaftet, da sich die Inhalte vermischen und gegenseitig beeinflussen (Kahai & Cooper 1999). Allerdings lag der Schwerpunkt sehr deutlich auf der Nichtangebotskommunikation. Eine große Frage, die sich aus dem Experimentalumfeld bei der Entwicklung des Instruments ergibt, ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse und damit der Einsatz des Instruments in anderen Kontexten, z. B. in synchronen elektronischen Verhandlungen, Nicht-B2B-Verhandlungen, multi-lateralen Verhandlungen, persönlichen, videobasierten oder telefonischen Verhandlungen, Verhandlungen in anderen Kulturkreisen sowie Verhandlungen mit Agenten. Das Instrument ist, teilweise mit kleineren Anpassungen, auf einige, aber nicht alle dieser Kontexte übertragbar. Die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Kontexte müssten erhoben werden, die Umsetzung in Befragungsform und Messung durch das beschriebene Matching der Daten sowie die Ableitung von Kennzahlen könnten aber übernommen werden. In Bezug auf die Übertragbarkeit des Instruments auf andere kulturelle Kontexte kann festgestellt werden, dass im zweiten Verhandlungsexperiment Studierende aus vielen unterschiedlichen Nationen teilnahmen. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Nationengruppen hinsichtlich des Einsatzes von Verständigungstechniken oder der Beurteilung der Verständigungsvariablen. Deshalb wird angenommen, dass die ermittelten Kriterien unabhängig vom kulturellen Hintergrund der Teilnehmer Gültigkeit haben, ihre
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individuelle Gewichtung allerdings variieren kann. Verhandlungen zwischen Unternehmen und Endkunden (B2C, Business-to-Consumer) weisen strukturell eine hohe Ähnlichkeit mit Geschäftsverhandlungen auf, allerdings spielt die Art des verhandelten Gutes (z. B. Erklärungsbedürftigkeit, Materialität) bzw. die Zielgruppe des Unternehmens (z. B. Jugendliche, Senioren) eine Rolle bei der Frage der Übertragbarkeit des Instruments auf diesen Kontext. Es ist zu vermuten, dass aufgrund der hohen Diversität der Endkunden weitere Variablen aufgenommen werden müssen. In synchronen elektronischen Verhandlungen nimmt die prozedurale Ebene der Kommunikation eine bedeutendere Stellung ein als in asynchronen Verhandlungen, da beispielsweise die Art und Weise des Redewechsels den Kommunikationsfluss entscheidend prägt. Es ist zu vermuten, dass in synchronen Verhandlungen zusätzliche Anforderungen an die Kommunikationsqualität bestehen, wie etwa in Bezug auf den Umgang mit gegenseitigen Unterbrechungen. Hinsichtlich der Anwendung auf Verhandlungen im privaten Umfeld ist anzunehmen, dass die relationale Modellebene bedeutsamer ist und deshalb diese Komponente um einige Variablen erweitert werden müsste. Bei der Anwendung des Instruments in multilateralen Verhandlungen müsste sichergestellt werden, dass die Verhandlungspartner bei der Beurteilung ihrer Gegenüber Nachrichten und Sender jederzeit richtig zuordnen können. Zudem spielt – wie auch in synchronen Verhandlungen – der Gesprächswechsel bzw. die Beteiligung an der Kommunikation eine andere Rolle als in bilateralen Verhandlungen, was Anpassungen in den prozeduralen Kriterien notwendig macht. Bei der Betrachtung persönlicher, telefonischer oder sonstiger Verhandlungen, bei denen mehr Kommunikationskanäle als der schriftsprachliche zum Einsatz kommen, müssten die Spezifika dieser Kanäle zusätzlich in die Kriterien integriert werden. Para- und nonverbale Hinweise, die in der schriftlichen Kommunikation fehlen, ergänzen hier den reinen Nachrichteninhalt. In Verhandlungen zwischen Menschen und Agenten (Softwareprogrammen) kann das Instrument nicht angewendet werden, da es eine subjektive Beurteilung der Kommunikation erfordert. Diese kann von einem Softwareprogramm nicht abgegeben werden. Allerdings können die identifizierten Elemente von Kommunikationsqualität dazu dienen, die Kommunikation von Agenten weiter zu vermenschlichen. 9.5 Zukünftige Forschung Die hier beschriebene Forschungsarbeit weist viele Ansatzpunkte für zukünftige Studien auf. Für die Forschung im Rahmen kommunikationsorientierter Unterstützung ist der wichtigste Ansatzpunkt der Einsatz des Instruments in Labor- wie auch in realen Verhandlungen, um die Effektivität und Effizienz bestehender Unterstützungsfunktionen zu analysieren und Verhandlungsunterstützungssysteme dadurch weiter zu verbessern. Der Einsatz des Instruments in der Praxis könnte auch dazu beitragen, die Lücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und der Unternehmenspraxis zu verkleinern.
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Da im Rahmen der hier durchgeführten Studien die Ermittlung der ökonomischen Relevanz von Kommunikationsqualität in Bezug auf langfristige, beziehungsorientierte Effekte aufgrund des Experimentalsettings nur indirekt, d.h. intentional abgefragt werden konnte, ist ein weiterer Aspekt für zukünftige Studien die Untersuchung der tatsächlichen langfristigen Wirkungen, beispielsweise mittels Mehrrundenverhandlungen. Die Effizienzkomponente einer Verhandlung ist in der Praxis von sehr hoher Bedeutung (Voeth & Herbst 2009, S. 44), konnte allerdings im Rahmen der hier durchgeführten Studien ebenfalls nur eingeschränkt untersucht werden. Grund dafür war die Laborsituation der Verhandlungsexperimente, die aus Gründen der Vergleichbarkeit die Vorgabe eines festen Verhandlungszeitraumes vorsah. Auch eine detaillierte Effizienzbetrachtung könnte deshalb Gegenstand weiterer Studien sein. Das in dieser Arbeit entwickelte Messinstrument gibt zwar Auskunft darüber, wie hoch die Kommunikationsqualität zweier Verhandelnder ist, liefert jedoch noch keine Aussage dazu, warum diese Höhe erreicht wurde. Einen ersten Beitrag zur Beantwortung dieser Frage liefern die Inhaltsanalysen und insbesondere die Betrachtung der Technikanwendung. Hier besteht allerdings ebenfalls noch Forschungsbedarf. Anhand umfassender inhaltsanalytischer Auswertungen in Form von Phasen- und Sequenzanalysen könnte beispielsweise ein genauerer Einblick davon gewonnen werden, wie und zu welchem Zeitpunkt bestimmte Verständigungstechniken am effektivsten und effizientesten eingesetzt werden und in welcher Form hier eine elektronische Unterstützung erfolgen kann. Ein weiterer Fokus zukünftiger Forschung sollte auf der Nutzungsfreundlichkeit der einzelnen Unterstützungsfunktionen liegen. Die wahrgenommene Nützlichkeit und Einfachheit der Nutzung stellen dabei wichtige Einflussfaktoren dar. Auch könnten die Auswirkungen unterschiedlicher Intensität oder Formen der Systemschulung von Verhandelnden auf die erzielte Kommunikationsqualität untersucht werden. Das Messinstrument könnte außerdem zu einem vollständigen Kommunikationsanalysetool erweitert werden, das – vergleichbar mit einem Mediationssystem – in Form eines Kurzberichts Handlungsempfehlungen gibt, Verbesserungspotenziale aufzeigt oder mögliche Ursachen für geringe Verständigung aufführt. Die Arbeit hat gezeigt, dass eine kommunikationsorientierte Betrachtung elektronischer Verhandlungen aus ökonomischen Gründen sinnvoll und notwendig ist. Eine hohe Kommunikationsqualität begünstigt sowohl das Zustandekommen von Einigungen als auch den Erhalt von Geschäftsbeziehungen. Somit kann der Kommunikationsqualität eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Sicherung des langfristigen Unternehmenserfolgs zugesprochen werden.
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297
Anhang
Anhang A: Studierendenbefragung……………………………………… 298 Anhang B: Praktikerbefragung……………………………...................... 301 Anhang C: Fragebogen Experiment 1…………………………………… 306 Anhang D: Fragebogen Experiment 2…………………………………… 314 Anhang E: Fragebogen Experiment 3…………………………………… 320
298
Anhang A: Studierendenbefragung Verhandlungsexperiment Hohenheim Dezember 2007 01 Fragen zur Person Ihr Verhandlungsname (z. B. hurm07, yu45) ____________ Geschlecht weiblich männlich Alter ______________ Studiengang ______________ 02 Fragen zur Verhandlung Die folgenden Fragen beziehen sich auf das Verhalten Ihres Verhandlungspartners und den Verlauf der von Ihnen geführten Verhandlung. überhaupt nicht
Konnten Sie der Argumentation Ihres Partners folgen? Haben Sie verstanden, was Ihr Partner meinte? Hat Ihr Partner Interesse an Ihren Nachrichten gezeigt? Hat Ihr Partner Ihre Fragen direkt beantwortet? Hat Ihr Partner auf Nachrichten oder Argumente von Ihnen Bezug genommen? Hat Ihr Partner auf Ihr Entgegenkommen reagiert? Ist Ihr Partner auf die von Ihnen angesprochenen Themen oder Verhandlungspunkte eingegangen? Verlief der Verhandlungsprozess strukturiert? Hat sich Ihr Partner kooperativ verhalten? Fühlten Sie sich während der Verhandlung von Ihrem Partner unter Druck gesetzt? Verlief der Verhandlungsprozess fair?
absolut
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299
03 Fragen zur Fallstudie Überhaupt nicht
Standen Ihnen für die Beantwortung der Fallstudie ausreichend Informationen zur Verfügung? Hat es Ihnen Spaß gemacht, an der Verhandlungsstudie teilzunehmen? War die Fallbeschreibung für Sie verständlich? Empfanden Sie die Verhandlungsfallstudie als sehr komplex?
absolut
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Möchten Sie uns in Bezug auf die Fallstudie noch etwas mitteilen?
04 Allgemeines Wie zufrieden waren Sie insgesamt mit… …Ihrem Verhandlungspartner? …dem Verlauf der Verhandlung? …dem eingesetzten Verhandlungsmedium? …dem erzielten Verhandlungsergebnis? …der Aufgabenstellung?
Überhaupt nicht
O O O O O
Sehr zufrieden
O O O O O
O O O O O
O O O O O
O O O O O
Haben Sie eine positive Einigung (accept) erzielt? ja nein Überhaupt nicht
absolut
Halten Sie das erzielte Ergebnis für o o o o o korrekt? Inwieweit fühlen Sie sich für das ero o o o o zielte Ergebnis verantwortlich? Welches Verhalten hat Ihnen an Ihrem Verhandlungspartner besonders gefallen?
300
Welches Verhalten hat Ihnen an Ihrem Verhandlungspartner überhaupt nicht gefallen?
Möchten Sie uns noch etwas mitteilen?
301
Anhang B: Praktikerbefragung e_procure & supply Online-Newsletter 03.11.2008, Newsletter Nr. 200 INHALT 1. Studie: Detecon rät Einkauf frühzeitig einzubinden 2. Studie: Steria Mummert sieht Outsourcing auf dem Vormarsch 3. Studie: Oracle fährt auf kurze Transportwege und mehr Zusammenarbeit ab 4. Märkte: IDS Scheer standardisiert Warenwirtschaftssystem von Kraus & Naimer 5. Märkte: SEEBURGER erweitert Angebot für Automobilzulieferer 6. Mitmachen: Studie zur Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen 6. Mitmachen: Studie zur Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen Geschäftsverhandlungen sind stark durch Kommunikation geprägt. Welche Rolle das Kommunikationsverhalten von Verhandelnden spielt und wie gute Kommunikation in elektronischen Verhandlungen aussieht, wird derzeit vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik I der Universität Hohenheim untersucht. Im Rahmen dieser Untersuchung wird eine OnlineUmfrage durchgeführt. Zur Befragung (Dauer: ca. 10-15 Minuten): www.wi1.uni-hohenheim.de/survey/index.php?sid=66756&lang=de Unter allen Teilnehmern werden drei Buchgutscheine im Wert von je 20 Euro verlost, zusätzlich erhält jeder Teilnehmer auf Wunsch die Ergebnisse der Studie. Online-Befragung: Kommunikationsqualität in elektronischen Verhandlungen 01 Zu Ihrer Person Um herauszufinden, ob Sie zur gewünschten Zielgruppe für diese Umfrage gehören, werden Ihnen zunächst einige Fragen zu Ihrer Person und Ihrer beruflichen Position gestellt. Sind Sie…? weiblich männlich In welcher Branche ist das Unternehmen tätig, in dem Sie arbeiten? (z. B. Bau, Automobil, Consulting,…) __________________________ Wie viele Mitarbeiter sind in Ihrem Unternehmen beschäftigt? 1 - 50 Mitarbeiter 51 - 250 Mitarbeiter 251 – 1000 Mitarbeiter
302
1001 – 5000 Mitarbeiter Mehr als 5000 Mitarbeiter In welchem Unternehmensbereich arbeiten Sie? Vertrieb Einkauf/ Beschaffung Personalwesen Sonstige ____________ Wie häufig sind Sie in Ihrem Unternehmen an Geschäftsverhandlungen beteiligt? Unter einer Geschäftsverhandlung wird hier eine Verhandlung zwischen Unternehmen (Business-to-Business) verstanden. Nie (Æ Vielen Dank, leider gehören Sie nicht zur Zielgruppe!) Weniger als 1 mal pro Woche 1 – 5 mal pro Woche 6 – 10 mal pro Woche Häufiger Wie werden diese Verhandlungen abgewickelt? Persönliches Treffen Telefonisch E-Mail Verhandlungsunterstützungssystem eProcure-/eSupplymentsystem Sonstiges: _______________________
Immer
Häufig
Manchmal
Selten
Nie
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O O O O O O
O O O O O O
Über welche Art von Gütern verhandeln Sie hauptsächlich? A-Güter (Güter von sehr hoher Wichtigkeit) B-Güter (Güter von hoher Wichtigkeit) C-Güter (Güter von niedriger Wichtigkeit) Dienstleistungen Sonstiges: ______________ Kennen Sie Ihre(n) Verhandlungspartner in der Regel persönlich, bevor die Verhandlung beginnt? In (fast) allen Verhandlungen In etwa der Hälfte aller Verhandlungen In (fast) keiner Verhandlung
303
02 Verhandlungsprobleme Die folgenden Fragen beziehen sich auf Probleme, die in Verhandlungen auftauchen können. Welche dieser Probleme traten bereits in Verhandlungen auf, an denen Sie beteiligt waren? Notwendigkeit von Nachverhandlungen Zu langwierige Verhandlung Ungünstiges Verhandlungsergebnis Abbruch der Verhandlung Abbruch der gesamten Geschäftsbeziehung zum Verhandlungspartner Worin lagen Ihrer Meinung nach die Ursachen für das Auftreten dieser Probleme? (Antwort in Stichworten)
03 Kommunikation in ELEKTRONISCHEN Verhandlungen Diese Studie beschäftigt sich insbesondere mit elektronischen Verhandlungen. Darunter werden Verhandlungen verstanden, die über ein elektronisches Medium in schriftlicher Form geführt werden (z. B. E-Mail, eProcurement-System, Verhandlungsunterstützungssystem). Welche Erwartungen haben Sie an eine Verhandlung, die ausschließlich über schriftliche, elektronische Kommunikation erfolgt? (z. B. in Bezug auf die Effektivität und Effizienz der Kommunikation, das Kommunikationsklima,…) (Antwort in Stichworten)
Welches Kommunikationsverhalten würden Sie in einer elektronischen Verhandlung als sehr POSITIV empfinden? (z. B. in Bezug auf Anrede, Antwortzeiten, Länge der Nachrichten,…) (Antwort in Stichworten)
Welches Kommunikationsverhalten würden Sie in einer elektronischen Verhandlung dagegen als sehr NEGATIV empfinden? (Antwort in Stichworten)
304
04 Beurteilung von Qualitätskomponenten Die folgenden Fragen sind das Ergebnis umfangreicher Vorstudien. Versuchen Sie bitte, sich in die Lage eines Verhandelnden zu versetzen, dem nur schriftlich-elektronische Kommunikation (z. B. E-Mail) zur Verfügung steht. Bitte beurteilen Sie die genannten Verhaltensweisen in einer solchen Verhandlungssituation danach, für wie wichtig Sie diese in einer elektronischen Geschäftsverhandlung halten. (Anmerkung: Das hier erarbeitete Modell geht davon aus, dass die Qualität der Kommunikation immer durch beide Verhandlungspartner gemeinsam geprägt wird, nicht durch das Handeln einer einzelnen Person.)
Direktes Beantworten von Fragen des Partners Nachfragen bei Verständnisproblemen Nachfragen bei Unsicherheit über Verständnis des Partners Angemessenes Verhalten (in Bezug auf Regeln, Emotionen, Fairness, …) Kompetentes Verhalten Zusammenfassen von Aussagen des Partners Wiedergabe von Aussagen des Partners in eigenen Worten Interesse an den Nachrichten des Partners Eingehen auf Verhandlungspunkte, die der Partner angesprochen hat Bezugnahme auf Argumente des Partners Strukturierung des Verhandlungsprozesses Verständliche Argumentation Erläuterung von Sachverhalten Ausführliche Argumentation Nachvollziehbarer Aufbau Freundlichkeit Höflichkeit Fairness Vertrauenswürdigkeit Signalisieren von Flexibilität Kooperationsbereit Kompromissbereitschaft Angenehme Verhandlungsatmosphäre
Sehr wichtig
Wichtig
Neut ral
Weniger wichtig
Sehr unwichtig
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305
05 Gesamtbewertung Bitte bringen Sie nun die einzelnen Gruppen kommunikativer Qualitätseigenschaften in eine Reihenfolge, abhängig davon, wie wichtig Sie diese einschätzen. (Rang 1 = wichtigste Gruppe, Rang 6 = unwichtigste Gruppe) Rang Fragen beantworten, Nachfragen, Angemessenheit, Kompe__ tenz Zusammenfassen, Paraphrasieren __ Interesse an Nachrichten, Eingehen und Bezugnehmen, __ Strukturiertheit Verständlichkeit, Erläuterungen, Ausführlichkeit, Nachvoll__ ziehbarkeit Freundlichkeit, Höflichkeit, Respekt, Fairness, Vertrauens__ würdigkeit Flexibilität, Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft, Be__ haglichkeit 06 Feedback Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Befragung! Möchten Sie uns noch irgendetwas mitteilen?
Sind Sie an den Ergebnissen dieser Studie interessiert? Ja Nein Möchten Sie am Gewinnspiel teilnehmen? Ja Nein Wenn Sie mindestens eine der beiden vorangegangenen Fragen mit „ja“ beantwortet haben, geben Sie bitte zur Kontaktaufnahme hier Ihre E-MailAdresse an: _______________________________________ Vielen Dank für die Beantwortung des Fragebogens.
306
Anhang C: Fragebogen Experiment 1 Hohenheim Mai 2008 Befragung der Verhandlungsteilnehmer Joint-Venture-Verhandlung über Negoisst Mit diesem Fragebogen soll das Kommunikationsverhalten von Ihnen und Ihrem Partner während der Verhandlung erhoben werden. Bitte beantworten Sie die Fragen gewissenhaft. Die Beantwortung der Fragen dauert ca. 1520 min. Fragen zur Person Wie lautete Ihre Kennung im Verhandlungsexperiment? (z. B. Hurm23, Yu15) ______________ Geschlecht weiblich männlich Alter ______________ Studiengang ______________ Partnerbeurteilung I Bitte beurteilen Sie im Folgenden das Verhalten Ihres Verhandlungspartners. nie
Mein Verhandlungspartner hat nachvollziehbar argumentiert. Mein Verhandlungspartner hat ausführlich argumentiert. Mein Verhandlungspartner hat Sachverhalte erläutert, um mir Verständnis zu ermöglichen. Mein Verhandlungspartner hat nachgefragt, wenn ER Verständnisprobleme hatte. Mein Verhandlungspartner hat nachgefragt, ob ICH Verständnisprobleme hätte. Mein Verhandlungspartner hat Aussagen von mir mit eigenen Worten wiedergegeben. Mein Verhandlungspartner hat Aussagen von mir wiederholt oder zusammengefasst. Mein Verhandlungspartner ist auf meine Nachrichten oder Argumente eingegangen.
immer
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307
Mein Verhandlungspartner hat meine Fragen direkt beantwortet. Mein Verhandlungspartner hat Interesse an meinen Nachrichten gezeigt. Mein Verhandlungspartner ist auf die von mir angesprochenen Themen eingegangen. Mein Verhandlungspartner hat neue Themen in die Verhandlung eingebracht. Mein Verhandlungspartner hat Themen angesprochen, die in den vorangegangenen Nachrichten diskutiert wurden. Mein Verhandlungspartner hat bereits abgeschlossene Themen wieder aufgegriffen. Mein Verhandlungspartner hat sich verständlich ausgedrückt. Mein Verhandlungspartner hat versucht, die Verhandlung zu strukturieren. Mein Verhandlungspartner hat Informationen über sich selbst preisgegeben. Mein Verhandlungspartner hat versucht, sich in meine Situation hineinzuversetzen.
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Partnerbeurteilung II Bitte beurteilen Sie das Verhalten Ihres Verhandlungspartners im Hinblick auf die folgenden Merkmale. Emotional O O O O O Sachlich Unfair O O O O O Fair Unhöflich O O O O O Höflich Unfreundlich O O O O O Freundlich Nicht ernsthaft O O O O O Ernsthaft Verschlossen O O O O O Offen Nicht vertrauenswürdig O O O O O Vertrauenswürdig Unkooperativ O O O O O Kooperativ Unkontrolliert O O O O O Kontrolliert Respektlos O O O O O Respektvoll Unflexibel O O O O O Flexibel Unkreativ O O O O O Kreativ Stur O O O O O Entgegenkommend Unehrlich O O O O O Ehrlich Unangemessen O O O O O Angemessen Unprofessionell O O O O O Professionell Unangenehm O O O O O Angenehm
308
Selbstbeurteilung I Bitte beurteilen Sie im Folgenden Ihr eigenes Verhalten während der Verhandlung. Nie
Ich habe nachvollziehbar argumentiert. Ich habe ausführlich argumentiert. Ich habe Sachverhalte erläutert, um meinem Verhandlungspartner Verständnis zu ermöglichen. Ich habe nachgefragt, wenn ICH Verständnisprobleme hatte. Ich habe nachgefragt, ob MEIN VERHANDLUNGSPARTNER Verständnisprobleme hat. Ich habe Aussagen meines Verhandlungspartners mit eigenen Worten wiedergegeben. Ich habe Aussagen meines Verhandlungspartners wiederholt oder zusammengefasst. Ich bin auf Nachrichten oder Argumente meines Verhandlungspartners eingegangen. Ich habe Fragen meines Verhandlungspartners direkt beantwortet. Ich habe Interesse an den Nachrichten meines Verhandlungspartners gezeigt. Ich bin auf die von meinem Verhandlungspartner angesprochenen Themen eingegangen. Ich habe neue Themen in die Verhandlung eingebracht. Ich habe Themen angesprochen, die in den vorangegangenen Nachrichten diskutiert wurden. Ich habe bereits abgeschlossene Themen wieder aufgegriffen. Ich habe mich verständlich ausgedrückt. Ich habe versucht, die Verhandlung zu strukturieren. Ich habe Informationen über mich selbst preisgegeben. Ich habe versucht, mich in die Situation meines Verhandlungspartners hineinzuversetzen.
immer
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309
Selbstbeurteilung II Bitte beurteilen Sie Ihr eigenes Verhalten im Hinblick auf die folgenden Merkmale. Emotional O O O O O Sachlich Unfair O O O O O Fair Unhöflich O O O O O Höflich Unfreundlich O O O O O Freundlich Nicht ernsthaft O O O O O Ernsthaft Verschlossen O O O O O Offen Nicht vertrauenswürdig O O O O O Vertrauenswürdig O O O O Kooperativ Unkooperativ O O O O O Unkontrolliert O Kontrolliert O O O O Respektlos O Respektvoll O O O O Unflexibel O Flexibel O O O O Unkreativ O Kreativ O O O O Stur O Entgegenkommend O O O O Unehrlich O Ehrlich O O O O Unangemessen O Angemessen O O O O Unprofessionell O Professionell O O O O Unangenehm O Angenehm Kommunikationsbewertung Die folgenden Fragen beziehen sich auf die gesamte Verhandlung. Überhaupt nicht
War die Kommunikation während der Verhandlung Ihrer Meinung nach effektiv (zielführend)? War die Kommunikation während der Verhandlung Ihrer Meinung nach effizient?
absolut
o
o
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o
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o
o
o
Sehr unangenehm o
Sehr angenehm o
o o o Wie empfanden Sie die Kommunikationsatmosphäre? Verhandlung Die folgenden Fragen beziehen sich auf die Ergebnisse der von Ihnen geführten Verhandlung. Auf welchen Produktionsort für die Einspritzdüse (Injector) haben Sie sich mit Ihrem Verhandlungspartner geeinigt?
Welches Argument war für diese Entscheidung ausschlaggebend? Welcher Verhandlungspunkt schien Ihrem Verhandlungspartner am wichtigsten zu sein?
310
Welcher Verhandlungspunkt war Ihnen selbst am wichtigsten?
Verhandlungsverlauf und Verhandlungsergebnis I Überhaupt nicht
Sind Sie der Meinung, dass Sie und Ihr Verhandlungspartner die gleichen Vorstellungen davon haben, worauf Sie sich geeinigt haben?
o
absolut
o
o
o
Gar keine
Gibt es Verhandlungspunkte, bei denen Sie sich nicht sicher sind, welche Verpflichtungen sich daraus für Sie ergeben?
o
Sehr viele
o
o
o
Auf keinen Fall
Meinen Sie, dass Nachverhandlungen notwendig sind, bevor mit der Produktion begonnen werden kann?
o
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o
o
Immer
Überhaupt nicht
Verlief die Verhandlung strukturiert? Haben Sie und Ihr Verhandlungspartner sich während der Verhandlung gegenseitig kennen gelernt? Konnten Sie und Ihr Verhandlungspartner eine persönliche Beziehung zueinander aufbauen? Haben Sie und Ihr Verhandlungspartner eine ähnliche Wortwahl verwendet? Haben Sie und Ihr Verhandlungspartner etwa gleilch lang gebraucht, um auf eine Nachricht zu antworten? Haben Sie und Ihr Verhandlungspartner ungefähr gleich lange Nachrichten geschrieben?
o
Auf jeden Fall
Nie
Konnten Sie voraussagen, wie Ihr Verhandlungspartner auf Ihre Nachrichten reagieren würde? Konnten Sie dem Verlauf der Verhandlung folgen?
o
absolut
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311
Verhandlungsverlauf und Verhandlungsergebnis II Überhaupt nicht
Wie zufrieden sind Sie mit dem von Ihnen persönlich erzielten Verhandlungsergebnis? Wie zufrieden sind Sie mit dem von Ihnen persönlich erzielten Verhandlungsergebnis im Vergleich zu dem Ergebnis, welches Ihr Verhandlungspartner erreicht hat?
Sehr zufrieden
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
überhaupt nicht
Haben Sie das Gefühl, in dieser Verhandlung verloren zu haben? Meinen Sie, dass Ihre Einigung legitim ist oder objektiven Kriterien (FairnessStandards, gängige Praxis, Legalität) entspricht?
absolut
o
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o
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o
o
Nie
Wurde in der Verhandlung Ihr persönlicher Stolz verletzt?
o
Immer
o
o
o
Weniger kompetent
Fühlen Sie sich nun, nach der Verhandlung, weniger oder mehr verhandlungskompetent?
o
Mehr kompetent
o
o
o
überhaupt nicht
Haben Sie gemäß Ihren Prinzipien und Werten gehandelt?
o
o
o
o
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o
o
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o
o
o Immer
überhaupt nicht
Würden Sie den Verhandlungsprozess als fair beschreiben?
o Sehr positiv
Nie
Hatten Sie das Gefühl, dass Ihr Verhandlungspartner Interesse an Ihren Belangen zeigt?
o absolut
Sehr negativ
Hat diese Verhandlung Ihr Selbstbild/ Selbstbewusstsein negativ oder positiv beeinflusst?
o
o absolut
o
o
o
o
312
überhaupt nicht
Wie zufrieden sind Sie mit der Leichtigkeit (oder Schwierigkeit), mit der eine Einigung erreicht werden konnte?
o
Sehr zufrieden
o
o
o
Nie
Hat Ihr Verhandlungspartner Ihre Wünsche, Meinungen und Bedürfnisse respektiert?
o
Immer
o
o
o
Sehr negativ
Welchen Gesamteindruck haben Sie von Ihrem Verhandlungspartner?
o
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o
o
o
o Sehr zufrieden
o
o
o
überhaupt nicht
Hat die Verhandlung dazu geführt, dass Sie Ihrem Verhandlungspartner vertrauen? Hat die Verhandlung eine gute Grundlage für eine längere Geschäftsbeziehung zu Ihrem Verhandlungspartner gelegt?
o Sehr positiv
überhaupt nicht
Wie zufrieden sind Sie nun, nach der Verhandlung, mit der Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner?
o
o absolut
o
o
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o
o
Verhandlungsverlauf und Verhandlungsergebnis III Auf keinen Fall
Würden Sie in Zukunft wieder mit diesem Verhandlungspartner verhandeln?
o
Auf jeden Fall
o
o
o
Überhaupt nicht
Wie verantwortlich fühlen Sie sich für das erzielte Verhandlungsergebnis? Konnten Sie sich mit Ihrer Rolle in der Verhandlung identifizieren? Konnten Sie sich mit Ihrem Verhandlungspartner identifizieren? Meinen Sie, Ihren Verhandlungspartner nun gut zu kennen? Vertrauen Sie Ihrem Verhandlungspartner?
o absolut
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313
Wie sympathisch ist Ihnen Ihr Verhandlungspartner?
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Feedback Möchten Sie uns noch irgendetwas mitteilen? (Kritik, Anregungen, Wünsche,…)
O
314
Anhang D: Fragebogen Experiment 2 Pre-Negotiation Questionnaire – Negoisst Simulation December 2008 Personal Questions Account name in the Negoisst negotiation: ________________ (Please type in the login-name that you received via e-mail, e.g. evan34, taylor 673,…) Age: _______ Gender: female male Nationality: _________ Do you have negotiation experience? No experience Little experience Much experience Do you have work experience? Yes No
(Only answer this question if you have NOT answered „no experience“) Have you negotiated via Negoisst before? Yes No (Only answer this question if you answered „Yes“) How long? (years) _________
Negotiation Preparation Have you carefully read your case study information? Yes No (If „No“: In order to take part in the negotiation simulation, it is essential that you carefully read and understand the case study information. Please do so before you continue with this questionnaire!) Please give a short description of the person you are representing in the negotiation.
Have you planned to follow a (Only answer this question if you ansspecific negotiation strategy? wered „Yes“) How would you describe this strategy? Yes Cooperation No Competition Yielding Avoidance Compromise
315
Expectations The following questions are related to your attitudes and expectations concerning the negotiation simulation. There are no right or wrong answers. Please answer according to your own personal opinion, not according to the opinion of the person you are representing. How important are the following communication characteristics for you in the upcoming negotiation? The communication is … …shaped by shared understanding …comprehensible …actively coordinated …detailed (concerning content or argumentation …compliant with etiquette …open, flexible What is your main negotiation goal? High profit Good relationship with partner Both
Completely unimportant
Very important
Neutral
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Feedback Do you have any comments so far?
Post-negotiation Questionnaire – Negoisst Simulation December 2008 Personal Questions Account name in the Negoisst negotiation: _____________________ (Please type in your Negoisst log-in name, e.g. evan83, taylor214,…) Age: ______ Gender: female male Evaluation of own negotiation communication Please read the following statements and evaluate your own behaviour during the negotiation process. There are no right or wrong answers, please answer according to your personal perception. I answered directly to questions of my partner. When I had problems of understanding, I asked my partner.
Never
Rarely
Sometime s
Often
Always
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316
When I thought that my partner had problems of understanding, I asked him. I behaved adequately. I behaved professionally. I concluded utterances of my partner. I repeated or paraphrased utterances of my partner. I showed interest in the messages of my partner. I refered to negotiation issues which my partner mentioned. I refered to my partner’s arguments. I tried to structure the negotiation process. My argumentation was comprehensible. I provided explanations for specific facts. My argumentation was elaborated. My messages were well-structured. I behaved in a friendly way. I was polite. I was fair. I behaved trustworthy. I signalled flexibility. I was cooperative. I accepted compromises. I felt comfortable during the negotiation process.
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O O O O O O O O O O O O
Evaluation of partner’s negotiation communication Please read the following statements and evaluate your partner’s behaviour during the negotiation process. There are no right or wrong answers, please answer according to your personal perception. My partner answered directly to my questions. When my partner had problems of understanding, he asked me. When my partner thought that I had problems of understanding, he asked me. My partner behaved adequately. My partner acted professionally. My partner concluded my utterances. My partner repeated or paraphrased my utterances.
Never
Rarely
Sometime s
Often
Always
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My partner showed interest in my messages. My partner refered to negotiation issues which I mentioned. My partner refered to my arguments. My partner tried to structure the negotiation process. My partner’s argumentation was comprehensible. My partner provided explanations for specific facts. My partner’s argumentation was elaborated. My partner’s messages were wellstructured. My partner behaved in a friendly way. My partner was polite. My partner was fair. My partner behaved trustworthy. My partner signalled flexibility. My partner was cooperative. My partner accepted compromises. My partner felt comfortable during the negotiation process.
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Overall communication evaluation See below some questions concerning your overall perception of the negotiation communication. Not at all
Did you and your negotiation partner reach sustainable mutual understanding? Did you comprehend each other’s messages? Was the interaction actively coordinated? Was the message content/ the argumentation adequately detailed? Did you and your negotiation partner comply with etiquette? Was the negotiation communication open and flexible?
absolutely
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Negotiation Feedback Finally, we are interested in your feedback concerning the negotiation. Not at A little Moderatel Quit General perceptions all bit ea y
A lot
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How important was it for you to maximize your benefit? To what extent did you trust your negotiation partner? To what extent did your negotiation partner trust you? Satisfaction How satisfied are you with your performance in the negotiation? How satisfied are you with your own negotiation outcome? How satisfied are you with the balance between your own outcome and your counterpart’s outcome? How satisfied are you with your negotiation partner? How satisfied are you with the negotiation process?
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Comple tely unsatisf ied
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Very satisfied
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Not efficient at all
How efficient was your negotiation? (efficient = low process costs)
O
Very efficient
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Not effectiv e at all
How effective was your negotiation? (effective = productive, leading to the desired results)
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Very effective
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Not at all
Based on your experience in this negotiation, would you be interested in further interactions (e.g. negotiations) with your negotiation partner?
O
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O absolutely
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O
319
Was your negotiation successful, i.e. did (Only answer these questions if it end with an agreement? you answered „yes“) Yes According to your negotiation contract, how many new songs No will be produced by Ms Sonata per year? __________________________ ________ Why did you agree on exactly this number of songs? __________________________ _________ Do you think that one or more contract points need to be renegotiated before actually starting the cooperation? yes uncertain no Did you reach your main negotiation goal? (e.g. high profit, good relationship, both) Not at all
O
absolutel y
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(Only answer this question if you answered „no“) Why was your negotiation not successful? __________________________ _________ General Feedback Do you have any comments, questions or suggestions concerning this negotiation simulation or the negotiation support system Negoisst?
320
Anhang E: Fragebogen Experiment 3 Pre-Negotiation Questionnaire – Negoisst Simulation May 2009 Personal Questions Account name in the Negoisst negotiation: ________________ (Please type in the login-name that you received via e-mail, e.g. tenant34, brooker673,…) Age: _______ Gender: female male Nationality: _________ Do you have negotiation expe- (Only answer this question if you have rience? NOT answered „no experience“) No experience Have you negotiated via Negoisst before? Little experience Yes Much experience No Do you have work experience? (Only answer this question if you answered „Yes“) Yes No How long? (years) _________ Negotiation Preparation Have you carefully read your case study information? Yes No (If „No“: In order to take part in the negotiation simulation, it is essential that you carefully read and understand the case study information. Please do so before you continue with this questionnaire!) Please give a short description of the person you are representing in the negotiation. Have you planned to follow a (Only answer this question if you ansspecific negotiation strategy? wered „Yes“) How would you describe this strategy? Yes Cooperation No Competition Yielding Avoidance Compromise
321
Expectations The following questions are related to your attitudes and expectations concerning the negotiation simulation. There are no right or wrong answers. Please answer according to your own personal opinion, not according to the opinion of the person you are representing. How important are the following issues for you in the upcoming negotiation? Completely unimportant
Very important
Neutral
Mutual understanding (no need for reneO O O O O gotiations) O O O O Efficiency (no tedious and protracted O process) O O O O Traceability (no unstructured negotiation O process) O O O O Contract conclusion (no negotiation O breakdown) O O O O Maintenance of relationship (no breakO down of relationship with partner) How important are the following communication characteristics for you in the upcoming negotiation? The communication is … …shaped by shared understanding …comprehensible …actively coordinated …detailed (concerning content or argumentation …compliant with etiquette …open, flexible What is your main negotiation goal? High profit Good relationship with partner Both Feedback Do you have any comments so far?
Completely unimportant
Very important
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Post-negotiation Questionnaire – Negoisst Simulation May 2009 Personal Questions Account name in the Negoisst negotiation: _____________________ (Please type in your Negoisst log-in name, e.g. tenant83, brooker214,…) Age: ______ Gender: female male Evaluation of own negotiation communication Please read the following statements and evaluate your own behaviour during the negotiation process. There are no right or wrong answers, please answer according to your personal perception. When I had problems of understanding, I asked my partner. When I thought that my partner had problems of understanding, I asked him. I behaved adequately. I behaved professionally. I concluded utterances of my partner. I repeated or paraphrased utterances of my partner. I showed interest in the messages of my partner. I refered to negotiation issues which my partner mentioned. I refered to my partner’s arguments. I tried to structure the negotiation process. My argumentation was comprehensible. I provided explanations for specific facts. My argumentation was elaborated. My messages were well-structured. I behaved in a friendly way. I was polite.
Never
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Evaluation of partner’s negotiation communication Please read the following statements and evaluate your partner’s behaviour during the negotiation process. There are no right or wrong answers, please answer according to your personal perception.
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When my partner had problems of understanding, he asked me. When my partner thought that I had problems of understanding, he asked me. My partner behaved adequately. My partner acted professionally. My partner concluded my utterances. My partner repeated or paraphrased my utterances. My partner showed interest in my messages. My partner refered to negotiation issues which I mentioned. My partner refered to my arguments. My partner tried to structure the negotiation process. My partner’s argumentation was comprehensible. My partner provided explanations for specific facts. My partner’s argumentation was elaborated. My partner’s messages were wellstructured. My partner behaved in a friendly way. My partner was polite.
Never
Rarely
Sometime s
Often
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Overall communication evaluation See below some questions concerning your overall perception of the negotiation communication. Not at all
Did you and your negotiation partner reach sustainable mutual understanding? Did you comprehend each other’s messages? Was the interaction actively coordinated? Was the message content/ the argumentation adequately detailed? Did you and your negotiation partner comply with etiquette?
absolutely
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Case Study and System Feedback In the following, we would like to have some comments from you on the case study and the Negoisst system. Please evaluate the case study on the dimensions below. Not at absolutely The case study was… all …easy to understand …realistic …fair …controversial …too complex Would you like to give a comment on the case study? When writing a message, did the system provide several action types or did you only have offers for your message exchange? Only offers All action types (e.g. counteroffer, question, accept)
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(Only answer this question if you answered „only offers“) Only offers: Please give a short comment on the message exchange: Did you miss the other action types? … (Only answer this question if you answered „all action types“) All action types: Please give a short comment on the action types – Did you understand the meaning of them? Did you miss a certain action type? Were they helpful for your negotiation?
Negotiation Feedback Finally, we are interested in your feedback concerning the negotiation. Not at A little Moderatel Quit General perceptions all bit ea y
A lot
lot
How important was it for you to maximize your benefit? To what extent did you trust your negotiation partner? To what extent did your negotiation partner trust you? Satisfaction How satisfied are you with your performance in the negotiation?
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How satisfied are you with your own negotiation outcome? How satisfied are you with the balance between your own outcome and your counterpart’s outcome? How satisfied are you with your negotiation partner? How satisfied are you with the negotiation process?
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Not efficient at all
How efficient was your negotiation? (efficient = low process costs)
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Not effectiv e at all
How effective was your negotiation? (effective = productive, leading to the desired results)
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Very effective
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Not at all
Based on your experience in this negotiation, would you be interested in further interactions (e.g. negotiations) with your negotiation partner? Was your negotiation successful, i.e. did it end with an agreement? Yes No
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(Only answer these questions if you answered „yes“) Do you think that one or more contract points need to be renegotiated before actually starting the cooperation? yes uncertain no Did you reach your main negotiation goal? (e.g. high profit, good relationship, both) Not at all
o
absolutel y
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(Only answer this question if you answered „no“) Why was your negotiation not successful? General Feedback Do you have any comments, questions or suggestions concerning this negotiation simulation or the negotiation support system Negoisst?