Rainer Laier Value Reporting
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Controlling Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans...
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Rainer Laier Value Reporting
GABLER RESEARCH Rechnungswesen und Controlling Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Wurl Prof. Dr. Reiner Quick
In dieser Schriftenreihe werden vor allem aktuelle Forschungsergebnisse im Bereich der externen Rechnungslegung und des Controlling zur Diskussion gestellt. Bevorzugt aufgenommen werden hervorragende wissenschaftliche Beiträge mit einem unmittelbaren Praxisbezug und einer konzeptionell internationalen Ausrichtung.
Rainer Laier
Value Reporting Analyse von Relevanz und Qualität der wertorientierten Berichterstattung von DAX-30 Unternehmen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Reiner Quick
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität Darmstadt, 2010 D 17
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Stefanie Brich | Sabine Schöller Gabler Verlag ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-3023-1
Abkürzungsverzeichnis
V
Geleitwort
Spätestens seit der Veröffentlichung von Alfred Rappaports Buch Creating Shareholder Value: A Guide for Managers and Investors im Jahre 1986 sind die Themen „Shareholder Value“ und „wertorientierte Unternehmensführung“ in aller Munde. Das Zusammenwachsen der internationalen Kapitalmärkte hat zudem zu einem starken Wettbewerb der Unternehmen um Eigenkapital geführt. Dies erhöht die Relevanz von wertorientierter Unternehmensführung, bei der eine Maximierung des Shareholder Value angestrebt wird und die in Konsequenz auch eine stärkere Investorenorientierung der Berichterstattung erfordert. Entscheidend für eine erfolgreiche Shareholder Value-Politik seitens des Managements ist es, neben der Implementierung eines wertorientierten Unternehmenssteuerungssystems und der Verfügbarkeit von geeigneten Führungsinstrumenten, die erreichte Wertgenerierung richtig an den Markt zu kommunizieren. Das Value Reporting wurde dafür als Instrument dieser Kommunikation zwischen Unternehmen und Anteilseignern mit dem Ziel der Verbesserung der Kapitalmarkteffizienz entwickelt und soll dazu beitragen, Investoren eine zutreffendere Bewertung von Unternehmen zu ermöglichen. Das Shareholder Value-Konzept basiert auf der Annahme, dass Investoren solchen Unternehmen bevorzugt Kapital zur Verfügung stellen, die ihre Aktivitäten an der Steigerung des Unternehmenswerts und damit an den Bedürfnissen der Anleger ausrichten. Ausgehend von einem dadurch zunehmenden Bedarf nach Eigenkapitalfinanzierung vermutet Herr Dr. Laier eine wachsende Notwendigkeit, dem Kapitalmarkt Informationen über die Entwicklung des Unternehmenswertes zukommen zu lassen und damit die Erfolge einer wertorientierten Unternehmensführung zu kommunizieren. Für seine Untersuchung fokussiert sich der Verfasser auf die DAX-30 Konzerne. Im Vorfeld dazu geht er der Frage nach, welche Kennzahlen die Bezeichnung „wertorientierte Kennzahl“ verdienen. Er definiert solche Kennzahlen als wertorientiert, die der Forderung nach Wertmessung durch eine Gegenüberstellung von Gewinn- bzw. Cashflow-Größen mit den dafür aufgewendeten Kapitalkosten entsprechen. Als solche erfahren der Shareholder Value, der Economic Value Added (EVA), der Market Value Added, der Economic Profit, der Cash Value Added und der Cashflow Return on Investment eine ausführliche Diskussion.
VI
Geleitwort
Ihren besonderen Wert erlangt die vorliegende Arbeit durch zwei empirische Untersuchungen. In der ersten Studie geht es darum, die Relevanz der wertorientierten Kommunikation in der Geschäftsberichterstattung von DAX-30 Unternehmen zu eruieren. Herr Dr. Laier wählte als Untersuchungssubjekte die Leiter bzw. Mitarbeiter der Investor-Relations Abteilungen dieser Konzerne aus, die er mit Hilfe des Experteninterviews persönlich zur Bedeutung der wertorientierten Berichterstattung befragte. Die Fragen befassen sich mit den Zielen einer wertorientierten Kommunikation, deren zentralen Adressaten, der Art und Weise der Berichterstattung, der Messung des Berichterstattungserfolgs und dem Nutzen der Berichterstattung für Anleger und Analysten. Die Tatsache, dass für 26 der 30 Konzerne des DAX-30 ein Interview realisiert werden konnte, gewährleistet eine hohe Repräsentativität der Ergebnisse. In der zweiten Studie bewertet der Verfasser mit einem eigens entwickelten Scoring-Modell anhand von zehn Kriterien die Qualität der wertorientierten Berichterstattung in den Geschäftsberichten 2008 der DAX-30 Unternehmen. Er untersucht dabei, wie die Unternehmen tatsächlich kommunizierten, welche Kriterien sie als bedeutsam erachten und wie sie sich voneinander in den verschiedenen Merkmalsausprägungen unterscheiden. Die Gesamtpunktzahl eines Unternehmens repräsentiert den Stellenwert, den die wertorientierte Kommunikation in diesem Unternehmen einnimmt. Erfreulicherweise lässt sich eine hohe Übereinstimmung der Ergebnisse beider Erhebungen konstatieren. Dies ist als aufschlussreich und zum Teil überraschend zu bezeichnen, denn damit zeigt sich eine deutlich geringere Relevanz des Value Reportings für die DAX-30 Konzerne als erwartet und die Ergebnisse tragen damit in gewisser Weise zur Aufweichung des Mythos „wertorientierte Berichterstattung“ bei. Diese Arbeit darf zu Recht als fundierter Beitrag zum wertorientierten Management und zum externen Reporting sowie als Bereicherung der Diskussion zum Value Reporting angesehen werden. Ich wünsche ihr daher eine große Leserschaft und weite Verbreitung. Prof. Dr. Reiner Quick
Abkürzungsverzeichnis
VII
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich allen, die mir bei der Erstellung meiner Arbeit zur Seite gestanden haben, sehr herzlich danken. Zuerst gilt Herrn Professor Dr. Reiner Quick, meinem Doktorvater, mein außerordentlicher Dank für sein Vertrauen, für seine Betreuung und für seine Geduld. Die Diskussionen mit ihm zur Konkretisierung meines Untersuchungsgegenstands sowie seine zielsichere und konstruktive Kritik waren ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Herr Prof. Quick war für mich da, wann immer ich seine Unterstützung brauchte. Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Wurl bin ich verbunden für seine freundliche Übernahme des Korreferats und Herrn Professor Dr. Meyr für die Leitung der Prüfungskommission. Den Investor-Relations-Managern der DAX-30-Konzerne, die sich mir als Interviewpartner zur Verfügung stellten, möchte ich für ihre Auskunftsbereitschaft und ihre Offenheit meinen Dank aussprechen. Meinen Kollegen vom Lehrstuhl Rechnungswesen, Controlling und Wirtschaftsprüfung an der Technischen Universität Darmstadt danke ich für ihre kameradschaftliche Hilfe, insbesondere Frau Dr. Daniela Wiemann für ihre Unterstützung bei statistischen Fragen, Herrn Dipl. Wirtschaftsingenieur Steffen Umlauf für wertvolle Diskussionen und Frau Erika Heinzel, die einfach immer eine Lösung wusste. Herr Dr. Rüdiger Reinecke stand mir bei der Bewältigung der vielfältigen Probleme, die ein PC während einer Dissertation bereiten kann, stets mit Rat und Tat zu Seite. Dafür mein herzlicher Dank. Frau Dr. Sibylle Breiner danke ich für ihre wertvollen Hinweise bei der Auswertung der Geschäftsberichte. Bei meinem Arbeitgeber, der IBM Deutschland GmbH, bedanke ich mich für die Möglichkeit, ein Sabbatical machen zu können, und hier besonders bei meinen beiden Chefs, Herrn Michael Diemer und Herrn Eberhard Armbruster, die mir geholfen haben, diesen ungewöhnlichen Weg zu beschreiten. Meinen Eltern, Lilli und Manfred Laier, gebührt mein Dank für alles. Doch am allermeisten danke ich meiner Frau Angelika. Sie ist und war mein Rückhalt. Ohne sie an meiner Seite, mit ihrer Ausdauer beim Korrekturlesen, ihrem Optimismus und ihrer Liebe hätte ich die Anstrengungen meiner Dissertation nicht gemeistert. Ihr und meinen Eltern widme ich diese Arbeit in Liebe und Dankbarkeit. Rainer Laier
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ................................................................................... XV Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ XVII A
Einleitung..................................................................................................... 1
I
Problemstellung ............................................................................................ 1
II
Gang der Untersuchung ................................................................................ 8
B
Traditionelle Kennzahlen als Grundlage und Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen ............................................................... 11
I
Grundlagen ................................................................................................. 11 1. Funktionen von Kennzahlen ............................................................... 11 2. Kritische Würdigung ........................................................................... 12 3. Zwischenfazit ...................................................................................... 14
II
Finanzorientierte Kennzahlen ..................................................................... 14 1. Kennzahlen zur Ermittlung der Finanzlage ......................................... 15 a. Analyse der Bilanzstruktur.................................................................. 15 i) Vertikalstrukturanalyse ............................................................... 15 a) Vermögensstrukturanalyse .................................................. 15 b) Kapitalstrukturanalyse ......................................................... 16 ii) Horizontalstrukturanalyse ........................................................... 20 b. Zahlungsstromorientierte Analyse der Finanzlage .............................. 25 i) Direkte und Indirekte Ermittlung des Cashflows ........................ 26 ii) Unterscheidung der Cashflows nach den verschiedenen Zahlungsflüssen .......................................................................... 28 a) Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit ......................... 29 b) Cashflow aus Investitionstätigkeit....................................... 29 c) Cashflow aus Finanzierungstätigkeit................................... 30 iii) Cashflow-Konzepte ..................................................................... 31 iv) Kritische Würdigung ................................................................... 35
X
Inhaltsverzeichnis
2. a. b.
3.
Kennzahlen der Erfolgslage ................................................................ 36 Erfolgsquellenanalyse ......................................................................... 36 Überblick ............................................................................................ 38 i) Absolute Erfolgskennzahlen ....................................................... 40 a) EBIT-Erfolgskennzahlen ..................................................... 41 b) Weitere international verwendete Erfolgsgrößen ................ 45 ii) Rentabilitätskennzahlen .............................................................. 47 a) Gesamtkapitalrentabilitäten ................................................. 48 b) Eigenkapitalrentabilität ....................................................... 54 c) Umsatzrentabilität ............................................................... 55 d) Cashflow-Rentabilität.......................................................... 56 iii) Kapitalmarktorientierte Kennzahlen ........................................... 57 Zwischenfazit ...................................................................................... 59
III Kennzahlensysteme .................................................................................... 60 1. Systematisierung von Kennzahlensystemen ....................................... 60 2. Beschreibung einschlägiger Kennzahlsysteme ................................... 61 a. Du Pont Kennzahlensystem ................................................................ 61 b. Rentabilitäts- und Liquiditätssystem (RL-System) ............................. 62 c. ZVEI-System ...................................................................................... 62 d. Balanced Scorecard ............................................................................. 63 i) Perspektiven ................................................................................ 65 a) Kundenperspektive .............................................................. 66 b) Die interne Prozessperspektive ........................................... 66 c) Die Lern- und Innovationsperspektive ................................ 67 d) Die finanzwirtschaftliche Perspektive ................................. 67 ii) Weiterentwicklung der BSC hin zum Strategiewerkzeug ........... 68 iii) Kritische Würdigung ................................................................... 70 e. Werttreiberhierarchien ........................................................................ 73 C
Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept ..................................................................... 75
I
Wertorientierte Unternehmenssteuerung .................................................... 75 1. Shareholder Value-Konzept ................................................................ 80 a. Merkmale ............................................................................................ 80 b. Kritik am Shareholder Value Konzept ................................................ 82 c. Rappaports Antwort ............................................................................ 86 2. Ermittlung des Unternehmenswerts .................................................... 88 a. Der Unternehmenswert ....................................................................... 88
Inhaltsverzeichnis
b.
3. II
XI
DCF Methode...................................................................................... 91 i) Berechnung ................................................................................. 92 ii) Kritische Würdigung ................................................................... 99 Wertorientiertes Managementsystem ................................................ 103
Wertorientierte Kennzahlen ...................................................................... 106 1. Systematiken der Einteilung wertorientierter Kennzahlen ................ 108 2. Bedeutsame wertorientierte Kennzahlen........................................... 111 a. Shareholder-Value Verfahren ........................................................... 111 i) Berechnung des Shareholder-Value .......................................... 112 ii) Kritische Würdigung ................................................................. 114 b. Economic Value Added (EVA) ........................................................ 116 i) Berechnung des EVA ................................................................ 117 ii) Kritische Würdigung ................................................................. 119 c. Market Value Added (MVA) ............................................................ 128 d. Economic Profit (EP) ........................................................................ 130 e. Cash Value Added (CVA) ................................................................ 132 i) Berechnung des CVA ................................................................ 132 ii) Kritische Würdigung ................................................................. 134 f. Cash Flow Return on Investment (CFROI)....................................... 135 i) Berechnung des CFROI ............................................................ 136 ii) Kritische Würdigung ................................................................. 139 3. Bewertung wertorientierter Kennzahlen ........................................... 141
III Wertorientierte Berichterstattung.............................................................. 145 1. Prinzipal / Agenten-Theorie als theoretischer Hintergrund............... 145 2. Zweck und Nutzen ............................................................................ 149 3. Relevante Normen ............................................................................ 154 a. Gesetzliche Regelungen .................................................................... 154 b. Deutsche Rechnungslegungsstandards DRS 15 und DRS 5 ............. 155 4. Investor-Relations ............................................................................. 158 5. Adressaten der Kapitalmarktkommunikation.................................... 163 a. Anleger am Kapitalmarkt .................................................................. 163 b. Analysten .......................................................................................... 165 c. Rating Agenturen .............................................................................. 167
XII
Inhaltsverzeichnis
D
Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung der DAX-30 Konzerne ............................................. 171
I
Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation............................................................... 171 1. Zielsetzung und Untersuchungsplan ................................................. 171 2. Untersuchungsteilnehmer.................................................................. 172 3. Untersuchungsmethode ..................................................................... 173 a. Qualitative Sozialforschung .............................................................. 173 b. Interview ........................................................................................... 174 c. Ausgestaltung von Fragen ................................................................. 177 d. Kontaktaufnahme mit den Leitern Investor-Relations der DAX-30 Konzerne ............................................................................ 184 4. Datenerhebung .................................................................................. 186 5. Auswertung der Interviews ............................................................... 188 a. Qualitative Inhaltsanalyse ................................................................. 189 b. Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse ..................................... 190 6. Ergebnisse ......................................................................................... 195 a. Detailergebnisse zu den einzelnen Fragen ........................................ 195 b. Analyse, Interpretation und Kommentierung .................................... 221 7. Aussagegrenzen ................................................................................ 226
II
Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation in den Geschäftsberichten der DAX-30 Konzerne .............................................. 228 1. Bisheriger Forschungsstand .............................................................. 228 2. Inhaltsanalyse.................................................................................... 236 3. Scoring .............................................................................................. 237 4. Bewertungsmodell ............................................................................ 241 5. Ergebnisse ......................................................................................... 250 a. Gesamtergebnis ................................................................................. 251 b. Ergebnisse der einzelnen Kriterien ................................................... 252 c. Unternehmensbezogene Ergebnisse .................................................. 262 d. Branchenbezogene Ergebnisse .......................................................... 264 6. Korrelationsanalyse zur Identifikation von Qualitätsdeterminanten . 266 a. Aufstellung von Hypothesen ............................................................. 266 b. Verfahren der Korrelationsanalyse ................................................... 269 c. Deskriptive Daten zu den Unternehmen der Stichprobe ................... 272 d. Überprüfung der aufgestellten Hypothesen....................................... 274
Inhaltsverzeichnis
7.
XIII
Aussagegrenzen ................................................................................ 278
III Resümee aus den Ergebnissen beider Untersuchungsteile ........................ 279 E
Schlussteil ................................................................................................ 283
Anhang............................................................................................................. 291 Anhang 1: Anschreiben an Interviewteilnehmer............................................... 291 Anhang 2: Detaillierte Ergebnisse der Geschäftsberichtsauswertung............... 293 Literaturverzeichnis .......................................................................................... 323 Geschäftsberichtsverzeichnis ............................................................................ 343
XV
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7:
Idealtypischer Inhalt eines Konzerngeschäftsberichtes ......... 8 EVA-Werttreiberhierarchie ................................................. 74 Value-based management accounting framework ............... 77 IFAC VBM Framework ...................................................... 79 Wertlücke als Ansatzpunkt des Value Reporting .............. 153 Ziele Investor-Relations .................................................... 160 Ablaufschema Bewertungsmodell ..................................... 248
Tabellen Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16:
Auflistung der bekanntesten wertorientierten Steuerungskonzepte .................................................................. 111 Gesprächsleitfaden mit den 15 Fragen ...................................... 178 Gesamtergebnis der Kontaktaufnahme mit den DAX-30 Konzernen ................................................................................. 186 zeitliche Verteilung der Gesprächstermine ............................... 186 Art der Interviews ..................................................................... 187 Gesprächspartner Interviews ..................................................... 188 Einführungsjahr der wertorientierten Berichterstattung ............ 200 Adressaten der wertorientierten Berichterstattung nach Priorität ..................................................................................... 203 Bewertung der wertorientierten Inhalte in den 2008erGeschäftsberichten der DAX-30 Konzerne ............................... 250 Ranking der DAX-30 Konzerne anhand ihrer erreichten Punktwerte ................................................................................ 251 Bekenntnis zur Wertorientierung .............................................. 252 Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels ........ 253 Beschreibung des wertorientierten Managementsystems .......... 254 Nennung einer wertorientierten Kennzahl ................................ 255 In den Geschäftsberichten genannte wertorientierte Kennzahlen ............................................................................... 256 Wertangabe und Ermittlungsweise der Kapitalkosten .............. 257
XVI Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31:
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Erläuterung der Berechnungsweise der wertorientierten Kennzahl ................................................................................... 258 Darstellung des Berechnungsschemas der wertorientierten Kennzahl ................................................................................... 258 Wertorientiertes Ergebnis aufgeführt ........................................ 259 Quantifizierung der wertorientierter Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereiche ....................................................... 260 Kommunikation der wertorientierter Zielvorgaben in der Vergütung des Vorstands .......................................................... 261 Unternehmen mit ihren Punktwerten nach Branchen ................ 265 Deskriptive Unternehmensdaten ............................................... 272 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 1 .................................... 274 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 2 .................................... 275 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 3 .................................... 276 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 4 .................................... 276 Korrelationsanalyse zu Hypothese 5 ......................................... 277 Pearson Prüfung Hypothese 6 ................................................... 277 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 7 für die Branchen Banken und Pharma .................................................................. 278 Korrelationsergebnisse zu Hypothese 7 ohne die Branchen Banken und Pharma .................................................................. 278
Abkürzungsverzeichnis
XVII
Abkürzungsverzeichnis
a.o. APT AR BCF BCG BIB BMJ BSC CAPM CCAPM CEO CFO CFROI CVA DAX DCF DIRK DRS DRSC DVFA/SG EBDIT EBT EBIT EBITA EBITD EBITDA EK EP EPS EU EVA F+E
außerordentlich Arbitrage Pricing Theory Aufsichtsrat Brutto Cashflow Boston Consulting Group Bruttoinvestitionsbasis Bundesministerium für Justiz Balanced Scorecard Capital Asset Pricing Model Consumption-based Capital Asset Pricing Model Chief Executive Officer Chief Financial Officer Cashflow Return on Investment Cashflow Value Added Deutscher Aktien Index Discounted Cashflow Method Deutscher Investor-Relations Kreis Deutscher Rechnungslegungsstandard Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management / Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. Earnings Before Depreciation, Interest and Taxes Earnings Before Taxes Earnings Before Interest and Taxes Earnings Before Interest, Taxes and Appreciation Earnings Before Interest, Taxes and Depreciation Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Appreciation Eigenkapital Economic Profit Earnings per Share Europäische Union Economic Value Added Forschung und Entwicklung
XVIII FCF FK FT GAAP GuV GV GWB HDAX HGB IAS IFAC IFRS IR IRR IVC KCV KGV KPI MDAX MU MVA NAA NEMAX NOPAT NOPLAT NPV NYSE PEST PWC REVA RI RL-System ROA ROCE ROE ROI ROIC RONA RoRaC ROS
Abkürzungsverzeichnis
Free Cashflow Fremdkapital Financial Times Generally Accepted Accounting Principles Gewinn- und Verlustrechnung Gewinnverwendung Geschäftswertbeitrag Aktienindex, umfasst DAX-30, MDAX, TecDAX Handelsgesetzbuch International Accounting Standard International Federation of Accountants International Financial Reporting Standards Investor-Relations Internal Rate of Return Intrinsic Value Creation Kurs-Cashflow-Verhältnis Kurs Gewinn Verhältnis Key Performance Indicator Mid-Cap-DAX Mutterunternehmen Market Value Added Nicht abschreibbares Anlagevermögen Neuer Markt Index Net Operating Profit After Tax Net Operating Profit Less Adjusted Tax Net Present Value New York Stock Exchange Political-Economical-Social-Technology-Analyse Price WaterhouseCoopers Refined Economic Value Added Residual Income Rentabilitäts- und Liquiditäts-Kennzahlensystem Return on Assets Return on Capital Employed Return on Equity Return on Investment Return on Invested Capital Return on Net Assets Return on Risk-adjusted Capital Return on Sales
Abkürzungsverzeichnis
SDAX SEC SMI STEP SWOT TecDAX VaR VBM VR WACC xROCA ZVEI
Small-Cap-DAX Securities and Exchange Commission Swiss Market Index Social-Technology-Economical-Political-Analyse Strength-Weakness-Opportunity-Threat Technology DAX Value at Risk-Model Value-Based Management Value Reporting Weighted Average Cost of Capital Excess Return on Capital Allocated Zentralverband der deutschen Elektroindustrie e.V.
XIX
I Problemstellung
1
A Einleitung
I
Problemstellung
Der Erfolg eines Unternehmens wird üblicherweise an der erzielten Profitabilität, am Wachstum und am Marktanteil einer Periode gemessen. Seit dem Auftreten der Finanzkrise kann man eine verstärkte Nachfrage nach Eigenkapitalfinanzierung beobachten, da viele Unternehmen höhere Hürden für die Bereitstellung bzw. Verlängerung von Fremdkapitaltiteln erfahren mussten.1 Daraus folgt die Vermutung, dass die Interessen der Anleger nach adäquater Verzinsung ihres Engagements für die deutschen Kapitalgesellschaften an Bedeutung gewonnen haben.2 Die messbare Steigerung des Unternehmenswerts könnte somit in den Mittelpunkt der Unternehmensberichterstattung gerückt sein. Erstens, weil der Kapitalmarkt dies so fordert und zweitens, weil laut dem unternehmenswertorientiertem Konzept Unternehmen, die sich dieser Informationsversorgung verweigern, auf Schwierigkeiten stoßen, Eigenkapitalgeber davon zu überzeugen, ihnen Kapital zu wettbewerbsfähigen Konditionen zu Verfügung zu stellen.3 Der Kapitalmarkt erwartet demnach von den Unternehmensleitungen, Entscheidungen auch dahingehend zu prüfen, inwieweit durch deren Umsetzung unternehmenswertsteigernde bzw. -wertsenkende Effekte zu erwarten sind.4 Darin ist der Grund zu sehen, warum viele Unternehmen zusätzliche Performance Kriterien eingeführt haben, mit denen sie ihre Leistungsfähigkeit auch durch die Steigerung des Unternehmenswerts dokumentieren können.5 „You can’t manage what you can’t measure – and what gets measured gets done”, diese Aussage wird Bill Hewlett, dem Mitbegründer von Hewlett Packard, zugesprochen.6 Damit Unternehmen in die Lage versetzt werden wertorientiert zu steuern, ist ein entsprechendes Managementsystem zu etablieren, das eine Strategie der Fokussierung auf den Unternehmenswert sowie die Auswahl geeigneter Messkriterien und ein effektives Steuerungssystem für die
1 2 3 4 5 6
Vgl. Quick, R./Kayadalen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 156. Vgl. Coenenberg, A./Schultze, W. (2002), S. 598. Vgl. Olsen, E./Platschke, F./Stelter, D. (2008), S. 5. Vgl. Hahn. D. (2009), S. 420. Vgl. Frigo, M. (2002), S. 6. Vgl. Gladen, W. (2008), S. 204.
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
2
A Einleitung
Governance umfasst.7 Die Grundlagen, damit die Unternehmensführung diesem Anspruch, das Unternehmen anhand messbarer und nachvollziehbarer Vorgaben führen zu können, gerecht werden kann, liefert das Controlling.8 Diese Funktion ist dafür verantwortlich, dem Management die Informationen zur Verfügung zu stellen, die es benötigt, um Entscheidungen im Hinblick auf wertverändernde Maßnahmen zu treffen und die Governance in optimaler Weise zu gewährleisten. Controlling hat die Verantwortung, durch die Koordination der Planungsund Kontrollaktivitäten sowie der Informationsversorgung der Unternehmensleitung die Führungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten und zu verbessern.9 Informationen aus dem Controlling-Bereich sollen u.a. dazu dienen, strategische Entscheidungen vorzubereiten, Performance Management durchzuführen sowie die Risiken besser einschätzbar und somit besser bewältigbar zu machen.10 Zu den Aufgaben von Controlling zählt eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten, die von Abweichungsanalyse über Budgetierung bis hin zu Managementberatung, Steuerplanung und Rechtswesen eine weite Bandbreite einnehmen.11 Die Aufgabestellung umfasst des Weiteren die Erstellung finanzieller Berichte für Anteilseigner, Gläubiger, Aufsichts- und Steuerbehörden.12 Hinsichtlich der Unterstützung der Unternehmensführung durch das Controlling unterscheidet man zwischen strategischem und operativem Controlling. Operatives Controlling ist mit der Planung der aktuellen Periode und den entsprechenden Zielen sowie der laufenden Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen befasst. Es gilt für das Controlling, ein qualitativ hochwertiges Berichtswesen zu etablieren, um das Management mit der betriebswirtschaftlichen Transparenz über die aktuelle Geschäftsentwicklung zu versorgen.13 Der Schwerpunkt des operativen Controllings liegt damit auf der taktischen Ebene und zwar vorrangig in der Gewinnsteuerung, um die Rentabilität und die Liquidität sicherzustellen. Beim strategischen Ansatz hingegen unterstützt das Controlling die Unternehmensführung in der strategischen Planung im Hinblick auf die zukünftige Ressourcen- und Kapitalallokation.14 7 8 9 10
11 12 13 14
Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 47; ebenso auch Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 2. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 40; ebenso auch Horváth, P. (2009), S. 94; Vgl. Horváth, P. (2009), S. 17; ebenso auch CIMA (2010), S. 1; IMA (2010), S. 1. Es ist darauf hinzuweisen, dass in der Literatur zahlreiche Definitionen zu Controlling verwendet werden. Exemplarisch seien genannt: Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 20, definieren „Controlling als Steuern bzw. Regeln“; Kremer, P. (2008), S. 35, sieht Controlling als „zielorientierte Steuerung durch Information, Planung und Kontrolle“. Vgl. Reichmann T./Kleinschnittger, U./Kemper W. (1998) S. 2; ebenso auch Dellmann, K. (1992), S. 134. Vgl. Answers.com (2010), S. 1. Vgl. Horváth, P. ( 2006), S. 315; ebenso auch Vollmuth, H. (2008), S. 11. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 85.
I Problemstellung
3
Die vorliegende Arbeit untersucht neben der Relevanz der wertorientierten Kommunikation bei den DAX-30 Konzernen auch die Qualität dieser Berichterstattung in den Geschäftsberichten. Es gibt einige Untersuchungen zur wertorientierten Berichterstattung, insbesondere im deutschsprachigen Raum, die im Kapitel D.II.1 vorgestellt werden. Die meisten davon haben zum Ziel, die Qualität der wertorientierten Berichterstattung von Unternehmen verschiedener Aktienindices zu bewerten. Als Grundlage für ihre Auswertungen ziehen sie zumeist die Geschäftsberichte oder in anderen Fällen schriftliche Befragungen von Funktionsträgern der teilnehmenden Kapitalgesellschaften heran, d.h. sie beurteilen die wertorientierte Berichterstattung zumeist aufgrund von Datenmaterial, das von den Erstellern dieser Informationen stammt.15 Nur wenige dieser Studien haben Sichtweisen und Anforderungen der Informationsempfänger ermittelt und analysiert.16 Die Grundgesamtheit der untersuchten Unternehmen rekrutierte sich fast immer aus dem DAX. Ausnahmen bilden in wenigen Fällen der SMI und der Dow Jones.17 Der DAX-30 steht aufgrund seiner Bedeutung im Fokus, doch die Unternehmen der DAX100 in älteren bzw. der HDAX in aktuelleren Untersuchungen, die auch den DAX-30 umfassen, zeigen sich als die am häufigsten untersuchten Zielgruppen. Die Auswertung der Geschäftsberichte basiert auf eigenen oder übernommenen Kriterien des Value Reportings, während die Bewertung in einigen Fällen auch mit Hilfe von Scoring-Modellen quantifiziert dargestellt wurde.18 Diese Arbeit übernimmt einige der Vorgehensweisen und führt damit den Weg fort, den andere Forscher gewiesen haben: Die Ermittlung der Relevanz wird mittels einer Befragung durchgeführt, während im zweiten Teil der empirischen Untersuchung die Bestimmung der Berichtsqualität anhand von Auswertungen der Geschäftsberichte und die Bewertung mittels eines Scoring Modells erfolgt. Betrachtet man die Vorgehensweisen im Detail, unterscheiden sich diese teilweise grundlegend von vorangegangen Arbeiten. Zwar rekrutieren sich die zu befragenden Unternehmen ausschließlich aus der Gruppe der DAX-30 Konzerne. Doch diese Aktiengesellschaften nehmen aufgrund ihrer Größe und Bedeutung auch in Hinblick auf die Berichterstattung Leuchtturmcharakter für die deutsche Wirtschaft ein.19 Obwohl es sich nur um 30 Unternehmen handelt, macht es Sinn, diesen engen Fokus zu wählen. Diese Entscheidung wird auch dadurch unterstützt, dass der DAX-30 der dominierende Aktienindex in Deutschland ist 15
16 17 18 19
Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008); ebenso auch Lueg, R. (2010); Dietsche, M./Fink, C. (2008); Beer, M./Deffner, M./Fink, C. (2007); Fischer, T./Wenzel, J. (2005); Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002). Vgl. Wenzel, J. (2005). Vgl. Nix, P. (2004), S. 15; ebenso auch Günther, T./Beyer, D. (2001). Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005). Vgl. Deutsche Börse (2010), S. 1; ebenso auch PricewaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 6.
4
A Einleitung
und daher wichtige institutionelle Investoren wie auch einflussreiche Analysten ein verstärktes Interesse an der Kapitalmarktkommunikation dieser 30 Unternehmen über ihre Leistungsfähigkeit haben. Die Alternative, die 110 Unternehmen des HDAX (DAX-30, MDAX und TecDAX) zu wählen, wurde verworfen, weil diese Gesamtheit der Kapitalgesellschaften insgesamt als zu heterogen für diese Untersuchung erscheint. Das Spektrum dieser Unternehmen umfasst internationale Großkonzerne mit Milliardenumsätzen, die sich im Blickfeld von Anlegern und Analysten befinden, und damit den wichtigsten Regelungen der Kapitalmarktkommunikation unterworfen sind, bis hin zu bzgl. des Umsatzes kleinen, weithin vom Kapitalmarkt unbeachteten Kapitalgesellschaften, die nur Minimalanforderungen an ihre Berichterstattung zu genügen haben. Zudem verfügen kleinere Kapitalgesellschaften üblicherweise nicht über eine dedizierte InvestorRelations-Funktion, die die Kapitalmarktkommunikation im Auftrag des Vorstandes verantwortet.20 Diese Untersuchung hat die Vorgabe, mit den bedeutendsten deutschen Kapitalgesellschaften zu arbeiten, um damit eine hohe Relevanz der Aussagen zur wertorientierten Berichterstattung zu erhalten. Die Manager Investor-Relations bilden den ausschließlichen Befragungskreis, was eine weitere Fokussierung in Anzahl wie auch im Berufsbild zur Folge hat. Dieser Personenkreis zeichnet sich für die gesamte Kapitalmarktkommunikation ihrer Aktiengesellschaften verantwortlich und ist daher prädestiniert, Auskunft über die Relevanz der wertorientierten Berichterstattung zu geben.21 Sie sind in der idealen Position, sowohl mit ihren Unternehmensführungen als auch mit den Adressaten der Kapitalmarktkommunikation, insbesondere mit den institutionellen Anlegern und den Analysten, eng zusammenzuarbeiten bzw. in regelmäßigem Kontakt zu stehen und sie kennen sowohl die Zielsetzungen ihrer Unternehmen wie auch die Anforderungen der Adressatengruppen an Inhalt, Umfang und Qualität ihrer Informationsversorgung. Da die Zielsetzung von Investor-Relations zudem darin liegt, am Kapitalmarkt eine angemessene Bewertung ihrer Unternehmen zu erreichen, ist davon auszugehen, dass diese Personengruppe den Informationsbedürfnissen der Anleger und Analysten eine gewichtige Rolle beimisst.22 Die Schlussfolgerung liegt daher nahe, dass durch die Befragungen der Investor-Relations-Manager die Meinungen der wichtigsten Adressaten der Kapitalmarktkommunikation zumindest teilweise reflektiert sind und das persönliche Interview auch deswegen die optimale Befragungsmethode für diese Aufgabe darstellt, um im Gespräch deren Sichtweisen zu erfahren und, wenn nötig, zu hinterfragen. Daher bilden sie für die vorliegende Untersuchung die ideale Expertenzielgruppe. 20 21 22
Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 43. Vgl. DIRK (2010), S. 1. Vgl. Gamper, P./Volkart, R./Wilde, M. (2006), S. 643.
I Problemstellung
5
Die Ermittlung der Qualität der wertorientierten Geschäftsberichtspublizität erfolgt in der Betrachtung einer Berichtsperiode. Das Ziel dieses Untersuchungsteils liegt nicht darin festzustellen, ob die Qualität über einen Zeitverlauf über mehrere Berichtsperioden gestiegen bzw. gefallen ist. Genau wie beim Interview liegt somit diesem Untersuchungsteil ein enger und klar definierter Fokus zugrunde. Es werden ausschließlich die Geschäftsberichte des Jahres 2008 auf ihren wertorientierten Inhalt untersucht. Der Geschäftsbericht wurde gewählt, weil er als Kommunikationsmedium insgesamt die größte Bedeutung für alle Kapitalmarktakteure besitzt,23 was im Übrigen die Leiter Investor-Relations dadurch bestätigen, dass der Geschäftsbericht in den allermeisten Fällen das primäre und einzige Medium für ihre wertorientierte Berichterstattung darstellt.24 Die Kriterien für die Auswertung richten sich grundlegend nach den Anforderungen des DRS 15 (Deutscher Rechnungslegungsstandard), der die Informationsversorgung der Adressaten der Kapitalmarktkommunikation regelt und damit auch das Fundament für die wertorientierte Berichterstattung im Geschäftsbericht legt.25 Der dahinterliegende Grund, diese Vorgaben so zu wählen, liegt darin, zu einer möglichst objektiven Auswertung und damit zu einer validen Bewertung zu kommen. Denn an der Erstellung dieser Standards arbeiten sowohl Vertreter von Kapitalgesellschaften wie auch Vertreter aus dem Investoren- wie auch aus dem Analystenkreis mit. Die Bewertung der Qualität fußt auf einem für diesen Zweck erstellten Scoring-Modell, das aufgrund des Ziels einer möglichst hohen Objektivität des Ergebnisses auf eine Gewichtung der Kriterien verzichtet. Die ermittelten Ergebnisse sollen nicht nur dazu dienen, die Qualität anhand eines Punktestandes plastisch darzustellen, sondern auch dazu beitragen, die Interviewergebnisse in Beziehung zu setzen, um die Resultate beider Untersuchungsteile vergleichen zu können. Mit der Kapitalmarktkommunikation beabsichtigen Aktiengesellschaften, Kapitalgebern Einblicke in die vergangene und künftige Wertentwicklung des Unternehmens zu bieten.26 Diese Berichterstattung bildet die Voraussetzung dafür, dass die integrale Zielsetzung der wertorientierten Berichterstattung, nämlich durch ausreichende Informationsversorgung der Anleger eine Annäherung des Börsenwerts an den inneren Wert des Unternehmens, erreicht werden kann.27 Die Kapitalmarktpublizität börsennotierter Unternehmen unterliegt gesetzlichen Regelungen, die in allererster Linie dem Schutz der Anleger dienen und damit die Grundlage für einen funktionsfähigen Kapitalmarkt bildet. Kapitalgesell23 24 25 26 27
von Rosen, R. (2009), S. 29. Siehe Kapitel D.I.6.a Vgl. Fink, C./Keck, B. (2005), S. 140. Vgl. Häcker, M./Unser, M./Veeser, A./Wagner, W. (2001), S. 665. Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002).
6
A Einleitung
schaften legen auf diese Weise Rechenschaft vor ihren Anlegern ab und bieten darüber hinaus allen Kapitalmarktakteuren die Möglichkeit, sich ein Bild über das Potential ihrer Anlage zu verschaffen. Man unterscheidet zwischen der Pflicht- und der freiwilligen Berichterstattung. Für Erstere finden sich die wichtigsten Vorschriften im Handelsgesetzbuch, im Börsengesetz, in der Börsenzulassungsverordnung und im Wertpapierhandelsgesetz. Beispielsweise verpflichtet § 264 Satz 1 HGB Kapitalgesellschaften zur Aufstellung eines Jahresabschlusses, bestehend aus einer Bilanz, einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und einem Anhang, sowie einem Lagebericht. § 290 HGB schreibt Mutterunternehmen, die mindestens auf ein Tochterunternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben, die Aufstellung eines Konzernabschlusses, bestehend aus Konzernbilanz, Konzern-GuV und Konzernanhang, Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel (§ 297 Abs. 1 HGB) sowie eines Konzernlageberichts, vor. § 325 HGB verpflichtet die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften zur Offenlegung von Jahresabschlüssen und Lageberichten bzw. Konzernjahresabschlüssen und Konzernlageberichten. Ein weiteres Beispiel der Pflichtberichterstattung bilden die Regelungen des § 315, der Kapitalgesellschaften im Satz 1 vorschreibt, dass der Konzernlagebericht die Lage des Konzerns so darzustellen hat, dass sich der Kapitalmarkt ein den tatsächlich Verhältnissen entsprechendes Bild verschaffen kann, das die wesentlichen Chancen und Risiken beschreibt.28 Eine weitere Quelle von Regelungen für die Kapitalmarktpublizität bilden die deutschen Rechnungslegungsstandards, die die entsprechenden Gesetze weiter konkretisieren. Diese Standards werden vom Deutschen Standardisierungsrat formuliert und sie erlangen durch die Veröffentlichung durch das Bundesministerium der Justiz im Bundesanzeiger Gesetzgebungscharakter. Hier seien beispielhaft der Standard Nr. 6 (DRS 6) genannt, der allen Aktiengesellschaften, die Zwischenberichte zu erstellen haben, vorschreibt, Quartalsberichte zu erstellen. Der DRS 5 wiederum regelt speziell die Berichterstattung über die Risiken der künftigen Geschäftsentwicklung des Konzerns im Konzernlagebericht, während der DRS 15 darauf hinwirkt, eine Angleichung der Konzernlageberichte der deutschen Kapitalgesellschaften mit Hilfe von Vorgaben wie auch Empfehlungen bezüglich Umfang, Inhalt und Struktur (Gliederung) zu erreichen. Dafür gibt er fünf Grundsätze (Vollständigkeit, Verlässlichkeit, Klarheit und Übersichtlichkeit, Vermittlung der Sicht der Unternehmensleitung und Konzentration auf nachhaltige Wertschaffung) vor. Die Verpflichtung, die Geschäftslage und Steuerungsmechanismen darzustellen und zu erörtern, hilft externen Interessenten bei der Bewertung des Unterneh-
28
Vgl. Quick, R./Wolz, M. (2009), S. 165.
I Problemstellung
7
mens. Folglich sind Unternehmen, die über ihre wertorientierte Steuerung berichten, angehalten, diese auch entsprechend zu erläutern. Es liegt in der Freiheit von Kapitalgesellschaften, neben den gesetzlich vorgeschriebenen Publizitätspflichten dem Kapitalmarkt auch sogenannte freiwillige Informationen zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst u.a. die Publikation von Inhalten, die über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehen und mit denen die Unternehmen das Ziel verfolgen, den Kapitalmarkt durch zusätzliche Einblicke ausführlicher von ihrem Anlagepotential zu überzeugen.29 Die wertorientierte Berichterstattung fällt unter die freiwillige Berichterstattung.30 Da der Geschäftsbericht als eines der wichtigsten Informationsmedien gilt, um Anlegern und anderen Kapitalmarktakteuren Rechenschaft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens abzulegen, empfiehlt es sich, die wertorientierte Berichterstattung darin zu integrieren, um damit den größtmöglichen Adressatenkreis sowohl in gedruckter Form als auch durch die im Internet veröffentlichte Form zu erreichen. Dafür bietet es sich an, wertorientierte Informationen im Pflichtteil, wie z.B. im Lagebericht, oder im freiwilligen Teil des Geschäftsberichts zu veröffentlichen.31 Da der Jahresabschluss wie auch der Konzernabschluss und der Lagebericht Pflichtbestandteile der Kapitalmarktpublizität darstellen, sind darin enthaltene wertorientierte Kennzahlen prüfungspflichtig.32 Wird eine solche Kennzahl innerhalb des Geschäftsberichts, doch außerhalb des Lageberichts veröffentlicht, testieren die Prüfer, ob die berichteten wertorientierten Ergebnisse konsistent mit den geprüften Abschlussdaten sind.33 Die Entscheidung, wertorientierte Angaben im Lagebericht zu publizieren, hat folglich die Konsequenz, dass diese der Prüfungspflicht unterliegen, mit dem positiven Effekt einer höheren Informationsqualität, was die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Kapitalmarkt stärkt. Abbildung 1 vermittelt einen Überblick über Pflicht- bzw. freiwilligen Berichtsteile des Konzernlageberichts:34
29 30 31 32 33 34
Vgl. Heumann, R. (2006), S. 259. Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 231. Vgl. Bischof, S./Molzahn, S. (2006), S. 87. Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2007), S. 726. Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2006), S. 507. Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 237.
8
A Einleitung
Geschäftsbericht
Konzern abschluss
Konzernlagebericht
Jahresabschluss des MU*
Lagebericht des MU*
AR
prüfungspflichtig
Bestätigungsvermerk
Vorschlag zur GV
Bericht des AR
Zusatzinformationen
nicht prüfungspflichtig
„Pflichtteil“
„Kürteil“
AR = Aufsichtsrat, GV = Gewinnverwendung, MU = Mutterunternehmen * = falls nicht mit dem Konzernabschluss bzw. Konzernlagebericht zusammengefasst (vgl. Paragraph 298III Abs. 3HGB)
Abbildung 1:
II
Idealtypischer Inhalt eines Konzerngeschäftsberichtes
Gang der Untersuchung
Die vorliegende Arbeit gliedert sich drei Teile, wobei die beiden ersten Teile theoretischer und der dritte Teil empirischer Natur sind. Im ersten Teil (Kapitel B) werden traditionelle Kennzahlen als Grundlage und Vergleichsmaßstab für ihre wertorientierten Pendants besprochen. Des Weiteren wird auf KennzahlenSysteme als Mittel der Verstärkung der Aussagekraft von Kennzahlen eingegangen. Die Balanced Scorecard nimmt aufgrund ihrer Bedeutung für das wertorientierte Managementsystem hierbei den größten Raum ein. Der zweite Teil (Kapitel C) befasst sich in drei Unterkapiteln mit den wertorientierten Grundlagen. Zuerst stehen die wertorientierte Unternehmenssteuerung und das Shareholder Value-Konzept im Blickfeld. Darin liegt die Absicht begründet, die Zielsetzungen dieses Konzepts und die Anforderungen von Kapitalmarktseite an die Unternehmen darzulegen. Anschließend folgt eine kritische Bewertung des Shareholder Value-Ansatzes. Die Ermittlung des Unternehmenswertes nimmt in diesem Konzept eine entscheidende Rolle ein. Daher wird dieser zusammen mit der DCF-Methode (Discounted Cashflow) ausführlich behandelt. Theoretische Grundlagen zur wertorientierten Berichterstattung bilden den Rahmen des zweiten Unterkapitels. Dies ist als Hinführung zu verstehen, um die Bedeutung der anlegerinteressengesteuerten Informationsversorgung für Kapitalgesellschaften abschätzen zu können, was es notwendig macht, neben den
II Gang der Untersuchung
9
Ausführungen zur wertorientierten Berichterstattung besonders die Auswirkungen von Informationsasymmetrien, die relevanten Normen für die Berichterstattung und die Aufgaben von Investor-Relations im Zusammenhang darzulegen. Im dritten Unterkapitel stehen die wichtigsten wertorientierten Kennzahlen im Fokus der Betrachtung. Sie werden ausführlich vorgestellt und bewertet. Der Economic-Value und der Cash-Value-Added zusammen mit dem CashflowReturn-on-Investment nehmen aufgrund ihrer Durchdringung in den DAX-30 Unternehmen den größten Raum ein.35 Nach den vorausgegangenen theoretischen Abhandlungen über die wertorientierte Unternehmenssteuerung bzw. Berichterstattung widmet sich der dritte Teil (Kapitel D) den beiden empirischen Untersuchungsteilen, die darauf ausgelegt sind, die Relevanz der wertorientierten Berichterstattung in der Unternehmenspraxis sowie deren Qualität am Beispiel der DAX-30 Unternehmen zu ermitteln. Als Grundlage dafür dient die wertorientierte Berichterstattung, auch als Value Reporting bezeichnet, in den Geschäftsberichten des Jahres 2008 der DAX-30 Konzerne. Im ersten Teil werden die Leiter Investor-Relations, d.h. die Funktion, die sich für die Kapitalmarktkommunikation verantwortlich zeigt, in qualitativen Experteninterviews befragt, um im persönlichen Gespräch ihre Sichtweisen über die Wertigkeit der wertorientierten Berichterstattung im Geschäftsbericht für ihre Unternehmen zu ermitteln. Aufgrund des explorativen Charakters dieses empirischen Teils der Untersuchung empfiehlt sich das Experteninterview mit leitfadengeführten, offenen Fragestellungen als Methode der Datenerhebung36 mit einer anschließenden qualitativen Inhaltsanalyse als Methode für die Auswertung und die Gewinnung von Ergebnissen.37 Die Erläuterung beider Methoden findet im gleichen Kapitel statt. Die Ermittlung der Qualität der wertorientierten Geschäftsberichterstattung steht im Fokus des zweiten empirischen Untersuchungsteils. Die Datenerhebungsbasis dafür bildeten die Geschäftsberichte des Jahres 2008 dieser Kapitalgesellschaften, die anhand DRS 15-abgeleiteter Kriterien ausgewertet und mittels eines Scoring-Modells38 bewertet wurden. Anschließend folgt die Evaluierung der durch die Experteninterviews gewonnenen Erkenntnisse in Zusammenhang mit den Ergebnissen der Geschäftsberichtsanalyse, um dadurch zu einer umfassenderen Einschätzung hinsichtlich der Relevanz dieses Konzepts für die Unternehmen des bedeutendsten deutschen Aktienindexes zu gelangen. Des Weiteren schließt sich eine Korrelationsanalyse an, mit deren Hilfe mögliche Wirkungszusammenhänge zwischen den Auswertungen des Geschäftsberichts und ausgesuchten Geschäftsvariablen ermittelt werden. 35 36 37 38
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 178. Vgl. Laier, A. (1997), S. 110; ebenso auch Hopf, C. (1993), S. 15. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 11. Vgl. Link, J./Weiser, C. (2006), S. 165.
I Grundlagen
11
B Traditionelle Kennzahlen als Grundlage und Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
I 1.
Grundlagen Funktionen von Kennzahlen
Kennzahlen gehören zu den wichtigsten Instrumenten39 des Controllings40, da durch sie die Informationsversorgung des Managements in adäquater Weise erfolgt.41 Reichmann bezeichnet sie als hochverdichtete Maßzahlen, die über quantitativ erfassbare Sachverhalte berichten, die das Gesamtunternehmen oder Unternehmensbereiche betreffen.42 Für Küpper sind Kennzahlen Ergebnisgrößen, die einen quantitativ messbaren Sachverhalt wiedergeben und relevante Tatbestände sowie Zusammenhänge in einfacher, verdichteter Form kennzeichnen.43 Die bewusste Verdichtung der komplexen Realität durch Kennzahlen hilft, sich schnell und prägnant über ein ökonomisches Aufgabenfeld zu informieren.44 Kennzahlen können finanzielle Ergebnisse, wie z.B. Gewinn und Cashflow, aber auch nicht-finanzielle Aussagen, wie Kundenzufriedenheit bzw. den Prozentsatz qualitativ einwandfrei produzierter Güter, aufzeigen. Für externe Interessengruppen, wie beispielsweise Investoren, Gläubiger und Regulatoren, liefern Kennzahlen Anhaltspunkte über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Diese ziehen Auswertungen der veröffentlichten Quartalsergebnisse oder des Jahresabschlusses heran und sie können somit finanzielle Ergebnisse im Rahmen einer Bilanz39
40
41 42 43 44
Vgl. Horváth, P. (2006), S. 134; ebenso auch Vollmuth, H. (2008), S. 6: ControllingInstrumente sind Hilfsmittel, die das Management in die Lage versetzen sollen, den Zielerreichungsprozess selbständig zu steuern. Diese Instrumente unterscheiden sich nach ihrem strategischen und operativen Ansatz. Strategische Controllinginstrumente sind z.B.: Der Produktlebenszyklus, die Potential-Analyse, die Szenario- Analyse, die PEST- bzw. STEP-Analyse und die SWOT-Analyse. Operative Instrumente sind z.B.: die Break-Even-Analyse, die Deckungsbeitragsrechnung, der Soll-Ist-Vergleich, die Kapitalflussrechnung und die Methoden der dynamischen Investitionsrechnung. Zur Diskussion über die Zweckbestimmung des Controllings vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 14; ebenso auch Horváth, P. (2009) S. 127; Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 33; Kremer, P. (2008), S. 14; Rausch, A. (2008), S. 48; Ahn, H./Dyckhoff, H. (2004) S. 501; Pietsch G./Scherm E. (2004) S. 532; Zenz, A. (1999) S. 16. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 505. Vgl. Reichmann, T.(2006), S. 19. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 389. Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 173.
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2_, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
12
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
analyse bewerten, interpretieren und vergleichbar machen. Derartige Analysen sind in der Regel stark monetär geprägt und betrachten primär Liquiditäts- und Erfolgskennzahlen.45 Das Funktionsspektrum von Kennzahlen des Finanzcontrollings ist vielfältig und umfasst:46 2.
Operationalisierungsfunktionen zur Konkretisierung von Zielen, z.B. Produktivitätsziele, Anregungsfunktionen zur Aufdeckung von Auffälligkeiten, z.B. Auftragseingang/Woche, Vorgabefunktionen, z.B. Renditeziele oder Gewinnziele und Kontrollfunktionen, z.B. Soll-Ist-Vergleiche.
Kritische Würdigung
Der Unternehmensführung kommt die Verantwortung zu, zu jeder Zeit die optimale Zusammensetzung der verwendeten Kennzahlen sicherzustellen. Deren erfolgreiche Verwendung in der Unternehmenssteuerung setzt die Erfüllung einiger wichtiger Bedingungen voraus:47 (1) Aus der Vielzahl von verfügbaren und möglichen Kennzahlen sind nur diejenigen zu verwenden, mit denen die Erreichung der strategischen Ziele am besten messbar, darstellbar und kommunizierbar ist. (2) Die Ergebnisse müssen aktuell und präzise sein sowie standardisiert nach der gleichen Methode berechenbar sein. (3) Die hohe Aussagefähigkeit von Periodenvergleichen bedingt es, Kennzahlen immer zu gleichen Stichtagen mit einer klar festgelegten Datenbasis zu erfassen, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. (4) Die Kennzahlen müssen in den Vorgaben als Schlüsselziel des Managements verankert sein. (5) Diese Schlüsselkennzahlen sollten idealerweise redundanz- und widerspruchsfrei sein, um Interpretationsdivergenzen zu vermeiden. (6) Die eingesetzten Kennzahlen sollen immer zum aktuellen wirtschaftlichen Umfeld des Unternehmens passen. Die Stärken von Kennzahlen liegen in der Möglichkeit, komplexe Sachverhalte vereinfacht darzustellen. Sie sind durch ihre exakten, quantifizierbaren Werte wertvolle Hilfsmittel und erlauben es, einen objektiven Eindruck über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens zu erhalten sowie eine Vergleichbarkeit von Leistungen herbeizuführen. Des Weiteren bieten sie dadurch die notwendige Basis, um Zielvorgaben zu definieren. Kennzahlen stellen somit 45 46 47
Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 24. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 197. Vgl. Ehmann, F. (2009), S. 43.
I Grundlagen
13
effiziente Instrumente für aussagekräftige und wirksame Kontrollen dar.48 Dies bedingt allerdings, dass sie verständlich und nachvollziehbar der Steuerung des Unternehmenserfolges dienen, um die Akzeptanz durch das Management und die Mitarbeiter zu gewährleisten. Die Verwendung von Kennzahlen hilft zudem, Strategien fassbarer und in ihrer Umsetzung nachvollziehbarer zu machen.49 Der volle Nutzen von Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung stellt sich jedoch erst ein, wenn diese in die Führungssysteme eines Unternehmens, wie die Zielplanung, das Vergütungssystem und das Berichtswesen, integriert sind. Kennzahlen bestechen zwar durch Operationalität und Exaktheit, jedoch wird durch die Komprimierung der betrachteten Situation eine eingeschränkte Sichtweise erzeugt.50 Nutzer laufen durch die Konzentration auf rein finanztechnische Kriterien Gefahr, die langfristige Sicht zugunsten kurzfristiger Gewinne zu vernachlässigen.51 Denn isoliert betrachtet können Kennzahlen zu Fehlinterpretationen führen52 und besitzen daher nur beschränkte Aussagekraft.53 Ihren vollen Aussagegehalt erhalten Kennzahlen hingegen erst dann, wenn man sie vergleichend betrachtet. Wichtige Vergleichsarten im Kontext dieser Untersuchung sind der Soll-Ist-Vergleich, der Zeit- und der Branchenvergleich. Außerdem bietet sich bei der Interpretation an, das aktuelle wirtschaftliche Umfeld zu berücksichtigen. Kennzahlen sollten nicht das alleinige Beurteilungskriterium sein, da diese Zahlen selten das gesamte Umfeld, in dem diese Ergebnisse erzielt wurden, reflektieren können. Um diese Schwäche auszugleichen, empfiehlt sich eine Kombination mit qualitativen Informationen bzw. die Verwendung in Kennzahlensystemen (siehe dazu Kapitel B.III).54 Diese Vorgehensweise hilft, unterschiedliche Interpretationen und Einschätzungen der Benutzer zu vermeiden, was wiederum die Effektivität und die Effizienz im Unternehmen fördert.55 Durch verschiedene Ansatz- und Bewertungswahlrechte, durch Ermessungsspielräume in der Bilanzierung, aber auch durch Sachverhaltsgestaltung kann bilanzpolitisch Einfluss auf die Darstellung von Kennzahlen genommen werden. Dies schränkt insbesondere für externe Interessenten den Nutzwert und die Vergleichbarkeit von publizierten Ergebnissen ein. Dazu kommt, dass Investoren aufgrund der Vergangenheitsorientierung vieler Kennzahlen keinen oder nur einen unzureichenden Informationsgehalt über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens erhalten. 48 49 50 51 52 53 54 55
Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 20. Vgl. Bramsemann, U. (2004b), S. 8. Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 200. Vgl. Kaplan R./Norton D. (1997), S. 36. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 53. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 21. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 22. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 397.
14 3.
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Zwischenfazit
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Anwendung von Kennzahlen eine effiziente Analyse zur wirtschaftlichen Beurteilung eines Unternehmens ermöglicht und sie zu Recht zu den wichtigsten Instrumentarien des Controllings zählen. Grundlegende Voraussetzung ist jedoch, dass die Unternehmensleitung die Anzahl der verwendeten Kennzahlen beschränkt, so dass die Steuerung des Unternehmenserfolgs effektiv und effizient durchgeführt werden kann.
II
Finanzorientierte Kennzahlen
Das zentrale Anliegen der finanzwirtschaftlichen Analyse besteht in der Beurteilung der Liquiditätslage eines Unternehmens, da die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit die wichtigste Voraussetzung für den Fortbestand eines Unternehmens darstellt.56 Gleichzeitig ist die langfristige Gewinnmaximierung in der Regel die vorrangige Zielsetzung eines Unternehmens und die Sicherstellung der Liquidität eine dafür notwendige Nebenbedingung.57 Demnach befindet sich ein Unternehmen erst dann im angestrebten finanziellen Gleichgewicht, wenn es ihm gelingt, alle Zahlungsströme auf die Maximierung des Gewinns abzustimmen.58 Die Bilanzanalyse dient der methodischen Untersuchung von Jahresabschlüssen.59 Sie liefert mittels Analysen der Vermögens-, Finanz- und Erfolgslage Informationen über die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Lage eines Unternehmens.60 Die Vermögens- und Finanzlage kann man aus den Bestandsgrößen der Bilanz ermitteln, während die Stromgrößen der GuV vor allem für die Beurteilung der Erfolgslage verwendet werden. Externe Interessenten erhalten entscheidungsrelevante Informationen durch die Auswertung des Jahresabschlusses, dessen Anhang sowie den Angaben des Lageberichts.61 Für eine valide Beurteilung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens, gilt es, diese Informationen methodisch mit Hilfe von Kennzahlen und Kennzahlensystemen aufzubereiten. Dabei sind finanzorientierte Kennzahlen die dominierenden Instrumente in der Analysepraxis.62 Im Folgenden werden nur diejenigen traditionellen Kenn56 57 58 59 60 61 62
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 77. Vgl. Baetge, J./Kirsch/H.-J., Thiele, S. (2004), S. 2. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 77. Die Bilanzanalyse umfasst die Analyse des Jahres- und Konzernabschlusses inklusive des Lageberichts und des Konzernlageberichts. Vgl. Baetge, J./Kirsch/H.-J., Thiele, S. (2004), S. 1. Die Bilanzanalyse dient auch firmeninternen Zwecken. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 23.
II Finanzorientierte Kennzahlen
15
zahlen vorgestellt, denen für die spätere Diskussion um wertorientierte Kennzahlen eine gewisse Bedeutung zukommt.
1.
Kennzahlen zur Ermittlung der Finanzlage
a.
Analyse der Bilanzstruktur
Die Analyse der Bilanzstruktur liefert durch die Betrachtung des Vermögens, des Kapitals und der Horizontalstruktur mittels Kennzahlen Anhaltspunkte über das Liquiditätssicherungsvermögen eines Unternehmens. Jedoch reicht die Analyse der Liquidität und des Cashflows nicht aus, um die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens beurteilen zu können. Analysten benötigen weitere Hinweise aus dem Jahresabschluss, um festzustellen, wie schnell ein Unternehmen seine in Vermögensgegenständen gebundenen liquiden Mittel über den Umsatzgenerierungsprozess freisetzen kann und wie leicht es einem Unternehmen fällt, finanzielle Mittel von externen Kapitalgebern zu erhalten. Der Fähigkeit aufzeigen zu können, dass ein Unternehmen auch zukünftig in der Lage ist, Gewinne zu erzielen, kommt aufgrund der langfristig orientierten Erwartungen der Kapitalgeber eine hohe Bedeutung zu. Dadurch wird deutlich, dass zur Beurteilung der Liquiditätslage auch dem Erfolgserzielungsvermögen eines Unternehmens Beachtung geschenkt werden muss.63
i)
Vertikalstrukturanalyse
a)
Vermögensstrukturanalyse
Die Zielsetzung der Vermögensstrukturanalyse liegt in der Strukturierung des Vermögens anhand der Dauer der Vermögensbindung. Eine Arbeitshypothese dazu besagt, dass bei einem niedrigeren Anteil an langfristig gebundenem Vermögen tendenziell die Wahrscheinlichkeit einer drohenden Illiquidität abnimmt und die Erfolgsaussichten eines Unternehmens bei gleichzeitiger Verringerung des Verlustrisikos zunehmen.64 Dieser Annahme liegt zugrunde, dass eine hohe Anlagenbindung hohe Fixkosten indiziert, d.h. eine geringe Anlagenbindung kann für ein Unternehmen als vorteilhaft gewertet werden, da mit geringerer Vermögensbindung sich das Vermögen schneller verflüssigen lässt, womit die Fixkosten zurückgehen und sich die Flexibilität des Unternehmens bei Struktur63 64
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 86. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 89.
16
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
änderungen verbessert.65 Doch muss man die Branchenzugehörigkeit sowie das Alter der Anlagen und die Möglichkeit der Anmietung von Anlagen in Betracht ziehen, bevor man Klarheit über die Gültigkeit dieser Annahme erhält.66 Zur Beurteilung der Vermögenslage verwendet man unter anderem die Kennzahlen der Anlageintensität, der Forderungsstruktur, der Forderungsumschlagshäufigkeit, des Lieferantenziels, der Umschlagdauer der Vorräte, des Lagerumschlags und des Cash Conversion Cycle.
b)
Kapitalstrukturanalyse
Mit Hilfe dieser Analyse verschafft man sich einen Einblick in die Zusammensetzung des zur Verfügung gestellten Kapitals. Damit ist es möglich, Aufschluss über eventuelle Finanzierungsrisiken und die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens zu erlangen. Dies ist besonders wichtig, wenn ein Unternehmen neues Kapital zur Aufrechterhaltung seiner Zahlungsfähigkeit aufnehmen muss. Aus der Zusammensetzung des Kapitals lässt sich erkennen, wie hoch der Eigenkapitalanteil ist, der eine gewisse Sicherheit bei Krisen bringt, bzw. wie hoch das Fremdkapital und damit das Kreditrisiko sein kann. Die Eigenkapitalquote und die Fremdkapitalquote sind wichtige Kennzahlen, um die Solidität eines Unternehmens zu beurteilen. Eigenkapitalquote Sie beschreibt, den Anteil des Eigenkapitals67 (EK) am Gesamtkapital. Die Unabhängigkeit von Fremdkapitalgebern und die finanzielle Stabilität gegenüber Risiken wachsen mit der Eigenkapitalquote.68 Eine hohe Quote weist auf die solide Finanzierung eines Unternehmens hin. Dies hilft besonders bei der Aufnahme von Fremdkapital, da Eigenkapital das Verlustrisiko der Gläubiger verringert. ൈ ͳͲͲ ൌ
65 66 67
68
Vgl. Jahnke, B./Altenburger, A./Högsdal, N. (1999), S. 5. Vgl. Baetge, J./Kirsch/H.-J./Thiele, S. (2004), S. 195. Eigenkapital ist lt. § 266 HGB die Summe aus gezeichnetem Kapital plus Kapitalrücklage plus Gewinnrücklagen plus Gewinnvortrag bzw. Verlustvortrag plus Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag. Zum Eigenkapital rechnet man stille Reserven nicht hinzu, da sie für externe Beobachter nicht transparent sind. Vgl. Schult, E. (2003), S. 162.
17
II Finanzorientierte Kennzahlen
Eigenkapital steht einem Unternehmen längerfristig zur Verfügung. Üblicherweise muss es nicht zurückgezahlt werden und es werden keine festen Zins- bzw. Tilgungszahlungen mit den Eigenkapitalgebern vereinbart.69 Dies erleichtert einerseits die Finanzierung des Wachstums aus eigenen Mitteln und verhindert andererseits Mittelabflüsse aus den erwirtschafteten Vermögenszuwächsen. Damit hat Eigenkapital unter Liquiditätsaspekten Vorteile zu bieten. Eine zu geringe Eigenkapitalausstattung ist häufig die Ursache von Insolvenzen.70 Die notwendige Höhe der Quote ist branchenabhängig. Kapitalintensive Branchen benötigen höhere Eigenkapitalanteile, um in der Lage zu sein, Investitionsentscheidungen dann treffen zu können, wenn sie notwendig sind. Allerdings birgt eine hohe Eigenkapitalausstattung auch Nachteile. Die Finanzierung durch Eigenkapital wird gegenüber der Finanzierung durch Fremdkapital steuerlich diskriminiert.71 Dadurch verursacht Eigenkapital höhere Kapitalkosten. Beabsichtigt beispielsweise ein Unternehmen eine bestimmte Höhe der Eigenkapitalquote langfristig sicherzustellen, gilt es auch, die Erwartungen der Eigenkapitalgeber nach adäquater Verzinsung zu berücksichtigen. Diese Forderungen resultieren u.a. in berechenbaren und stetigen Dividendenausschüttungen, was die Eigenkapitalkosten erhöht.72 Beispielhafte Eigenkapitalquoten73 deutscher Unternehmen aus dem Jahr 2007 zeigen branchenweise deutliche Unterschiede: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 31,1%, Chemie-Unternehmen 33,7%, Maschinenbau 25,3%, Fahrzeugbau 24,5%, Großhandel 25,1%, Einzelhandel 19,1%, Baugewerbe 11,2%, unternehmensnahe Dienstleistungen 20,5%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 24,9%.74 Fremdkapitalquote Diese Kennzahl beschreibt den Anteil des Fremdkapitals (FK) am Gesamtkapital. ൌ
69 70 71 72 73
74
ൈ ͳͲͲ
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 101. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 230. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 104. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 104. Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50–57: die Deutsche Bundesbank definiert EK-Quote folgendermaßen: Zähler: Eigenkapital = Eigenkapital + Rücklagen + Gewinnvortrag – Berichtigungsposten zum Eigenkapital, Nenner: Bilanzsumme abzgl. Berichtigungsposten zum Eigenkapital; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 234. Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1.
18
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Bei der Zusammensetzung des Fremdkapitals ist besonders die Dauer der Verfügbarkeit von Bedeutung. Eine langfristige Finanzierung ist als solide Grundlage anzusehen, die jedoch teurer als der aktuelle Marktzins sein kann. Kurzfristige Finanzierungen haben den Vorteil, dass Unternehmen in der Lage sind, flexibler auf Änderungen des Kapitalbedarfs zu reagieren. Dieser Vorteil einer kostengünstigeren Kapitalversorgung kann sich positiv auf die Kalkulation der Produktpreise auswirken, was wiederum zu wachsenden Umsätzen und eventuell höheren Gewinnmargen führt. Doch die Abhängigkeit von der regelmäßigen Versorgung mit frischem Fremdkapital und damit von den Kreditgebern ist hoch. Die optimale Fristigkeitsstruktur lässt sich nicht generell bestimmen und hängt vom Aufbau der Aktivseite ab.75 Dieser Aspekt wird im Kapitel B.II.1.a.ii weiter behandelt. Kurzfristige Fremdkapitalquote Diese Kennzahl drückt aus, welcher Anteil des Gesamtkapitals im Laufe des Geschäftsjahres an die Fremdkapitalgeber zurückgezahlt werden muss. ൌ
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Ein hoher Kennzahlenwert gibt Hinweise darauf, dass das Unternehmen liquide Mittel in entsprechender Menge zur Zurückzahlung verfügbar haben muss. Ist dies nicht der Fall, bleibt nur die Möglichkeit, diese Lücke über weitere Finanzierungen zu schließen. Die optimale Kapitalstruktur für ein Unternehmen hängt einerseits mit den Rentabilitäts- und Sicherheitsaspekten sowie andererseits mit der Branchenzugehörigkeit und der erwarteten wirtschaftlichen Lage zusammen. Steuert eine Unternehmensführung auf die Maximierung der Eigenkapitalrentabilität hin, so kann es sinnvoll sein, den Anteil an Fremdkapital zu erhöhen. Dies wird als Leverage-Effekt bezeichnet und macht nur Sinn, wenn die Gesamtkapitalrentabilität über den Fremdkapitalzinsen liegt.76 Allerdings verursacht eine zu geringe Eigenkapitalquote wegen des höheren Risikos Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung und zieht eine Erhöhung der FK-Zinsen nach sich. Vergleiche der Eigenkapitalquote mit anderen Unternehmen sollten nur innerhalb einer Branche durchgeführt werden, da diese Unternehmen üblicherweise in einer ähnlichen Risikostruktur operieren. Energieversorger, die einen voraussagbaren und stabilen Cashflow haben, können die Vorteile des Leverage-Effekts mit einer höheren 75 76
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 109. Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 661.
19
II Finanzorientierte Kennzahlen
Fremdfinanzierung besser ausnutzen als Chiphersteller, die hohen Marktschwankungen beim Verkauf ihrer Produkte ausgesetzt sind. Es liegt in der Verantwortung des Managements, die für das Geschäft adäquate Balance zwischen Eigen- und Fremdkapital festzulegen. Die Berechnung des optimalen Verhältnisses hängt stark von gesamtwirtschaftlichen Faktoren wie der Wirtschaftslage oder der Zinsentwicklung ab, so dass eine exakte Prognose schwierig ist. Auf jeden Fall verschafft eine starke Eigenkapitalausstattung eine gute Grundlage, um wirtschaftlich unruhige Zeiten besser zu überstehen. Statischer Verschuldungsgrad Diese Kennzahl77 sagt aus, wie hoch das Verhältnis Fremd- zu Eigenkapital ist.78
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Sie ist ein Indikator für die finanzielle Stärke des Unternehmens und dafür wie unabhängig die Unternehmensleitung von Fremdkapitalgebern und deren Einfluss agieren kann. Dieser Zusammenhang besitzt eine besondere Bedeutung für Unternehmen mit hohem Anlagevermögen. Ein hoher statischer Verschuldungsgrad weist zudem auf ein höheres Liquiditätsrisiko hin. Eine isolierte Sicht auf die Eigenkapitalquote, die Fremdkapitalquote und den Verschuldungsgrad kann zu falschen Schlussfolgerungen führen. Die Betrachtung dieser Kennzahlen sollte daher zumindest in der zeitlichen Entwicklung dargestellt werden. Dazu sollte geprüft werden, ob oder inwieweit sich die Risikostruktur des Unternehmens geändert hat. Denn erst dann kann man die Ergebnisse bewerten, ob z.B. eine gesunkene Eigenkapitalquote nachteilig zu beurteilen ist oder ob die Eigenkapitalquote nur gestiegen ist, weil sich das Gesamtkapital unter gleichzeitiger Rückführung des Fremdkapitals verringert hat. Des Weiteren kann die Höhe der Eigenkapitalquote auch durch bilanzpolitische Eingriffe beeinflusst werden. Dies alles bedingt, dass die Wertigkeit dieser Kennzahlen ohne ergänzende Kennziffern und Analysen eingeschränkt ist. Die Fremdkapitalquote wie der statische Verschuldungsgrad liefern keine über die Eigenkapitalquote hinausgehende Information, da eine niedrige FK-Quote in gleicher Weise wie eine hohe EK-Quote zu interpretieren ist. Die Eigenkapitalquote ist daher gebräuchlicher, da sie eine ganzheitlichere Interpretation zulässt.79
77 78 79
Siehe dynamischer Verschuldungsgrad Kapitel B.II.1.b.iii Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 657. Vgl. Baetge, J./Kirsch/H.-J./Thiele, S. (2004), S. 231.
20 ii)
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Horizontalstrukturanalyse
In der Vertikalstrukturanalyse werden entweder die Aktiv- oder die Passivseite der Bilanz betrachtet. Mit der Horizontalstrukturanalyse soll die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens ermittelt werden. Man setzt dafür Posten der Aktiv- und Passivseite ins Verhältnis, um so die Beziehungen zwischen Vermögen und Kapital bzw. Mittelherkunft und Mittelverwendung analysieren zu können.80 Aktiva (= Mittelverwendung) werden auch als die in Vermögensgegenständen gebundenen künftigen Einzahlungen interpretiert und erlauben daher, die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens abzuschätzen. Analog zeigt die Passivseite (= Mittelherkunft) die künftigen Auszahlungen an. Die geschätzten zukünftigen Einzahlungszeitpunkte sind abhängig von der Dauer der Vermögensbindung, während die zukünftigen Auszahlungszeitpunkte von der Dauer der Kapitalbindung abhängen. Die Aussagekraft der Horizontalstrukturanalyse wird demnach stark von der Fähigkeit beeinflusst, die Fristigkeiten der Aktiva und Passiva festzustellen. Verwendete Kennzahlen für die Analyse sind die langwie kurzfristigen goldenen Finanzierungsregeln, die goldene Bilanzregel, die Deckungsgrade 1 – 3 und die Liquiditätsgrade, die nachfolgend ausführlich beschrieben werden. Mit der Höhe der Liquidität zeigt ein Unternehmen auf, wie gut es in der Lage ist, mit kurzfristig zur Verfügung stehenden Mitteln die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu decken. Vermögensgegenstände gelten als liquide, wenn man sie kurzfristig in Geld umwandeln kann, wohingegen liquide Verbindlichkeiten sehr kurzfristig zu begleichen sind. Es gilt als riskant, eine Investition in Produktionskapazitäten, d.h. illiquidem Vermögen, mit kurzfristigen Verbindlichkeiten, d.h. liquiden Verbindlichkeiten, zu bezahlen. Eine zu hohe Liquidität kann im Gegensatz zum Streben nach hoher Rentabilität stehen, da kurzfristig verfügbare Mittel keine oder nur eine niedrige Verzinsung einbringen. Im Gegensatz zu den vorher angesprochenen langfristigen Deckungsgraden, die Aussagen zur zukünftigen Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens machen, handelt es sich bei den Liquiditätsregeln um kurzfristige Deckungsgrade, mit denen die jeweiligen Liquiditätssituationen betrachtet werden. Dafür setzt man Positionen des Umlaufvermögens mit kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis. Die Liquiditätskennzahlen dienen auch zur Feststellung der Fristenkongruenz. Die Zahlungsfähigkeit gilt als gesichert, wenn die ausreichend liquide Mittel81 oder kurzfristig liquidierbares Vermögen zur Bezahlung kurzfristiger 80 81
Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 254. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 263: Liquide Mittel umfassen Schecks, Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten sowie jederzeit veräußerbare Wertpapiere.
21
II Finanzorientierte Kennzahlen
Zahlungsverpflichtungen zur Verfügung stehen.82 Damit trägt man Rechnung, dass die Teile des Umlaufvermögens unterschiedlich schnell liquidierbar sind. Banken verwenden bei Kreditentscheidungen Ober- und Untergrenzen von Liquiditätskennzahlen. Hält ein kreditsuchendes Unternehmen diese nicht ein, leidet dessen Bonität, was wiederum zur Folge haben kann, dass Kredite nicht vergeben oder verteuert werden. Untersucht man die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens mittels Liquiditätskennzahlen, so ist dessen Situation umso positiver anzusehen, je höher das Ergebnis ausfällt. Liquidität 1. Grades ¡ͳǤ ൌ
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Dieser Liquiditätsgrad wird auch als Barliquidität bezeichnet. Für das Management gilt es, den Liquiditätsstand 1. Grades mindestens auf der Höhe der fälligen Verbindlichkeiten zu halten. Kurzfristige Verbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten bis zu einer Laufzeit von einem Jahr. Sie umfassen auch Steuerrückstellungen, kurzfristige Rückstellungen und passive Rechnungsabgrenzungsposten. Die vereinbarten Fristen für die Zahlung von kurzfristigen Verbindlichkeiten möchte man einhalten, um den Skonto-Vorteil zu nutzen und Versäumniszinsen zu vermeiden. Liquidität 2. Grades ¡ʹǤ ൌ
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Diese Kennzahl wird als kurzfristige Liquidität oder auch als Quick-Test oder Acid-Test-Ratio bezeichnet.83 Bei dieser Form der Liquiditätsmessung finden auch die kurzfristigen Forderungen (Restlaufzeit bis zu einem Jahr) Berücksichtigung. Die Summe aus beiden Teilen des monetären Umlaufvermögens sollte zumindest 100% der kurzfristigen Verbindlichkeiten abdecken, um sicher zu sein, dass die Liquiditätsreserven ausreichen, um fällige Verbindlichkeiten begleichen zu können. Liegt sie darunter, könnte das Unternehmen Probleme bekommen, die kurzfristigen Verbindlichkeiten fristgerecht zu begleichen. Diese 82 83
Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 263. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 8; ebenso auch Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 264.
22
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Kennzahl stellt ein konservativeres Maß der Liquidität dar, da hier nicht wie bei der Liquidität 3. Grades der Lagerbestand als Teil des Umlaufvermögens für die Feststellung der Liquidität herangezogen wird. Denn Vorräte sind nicht automatisch liquide, d.h. in Barmittel umsetzbar. Liquidität 3. Grades ¡͵Ǥ ൌ ϐò ¡ ʹ
Diese Kennzahl, die die mittelfristige Liquidität darstellt, wird im Englischen als Working Capital Ratio oder Current Ratio bezeichnet und weist den Anteil des Umlaufvermögens aus, der mit kurzfristigen Verbindlichkeiten finanziert ist. Mit anderen Worten, in dieser Liquiditätssicht setzt man die Teile des Umlaufvermögens, die in einem Jahr in Cash umgewandelt werden können, ins Verhältnis zu den Verbindlichkeiten, die innerhalb eines Jahres bezahlt werden müssen. Es ist allerdings nicht immer möglich, Vorräte und Forderungen rechtzeitig in flüssige Mittel zu verwandeln, damit das Umlaufvermögen die kurzfristigen Verbindlichkeiten deckt. Eine Liquidität 3.Grades < 100 % bedeutet, dass ein Unternehmen nicht in der Lage ist, weitere Investitionen zu finanzieren, sondern für diese langfristige Finanzierungsmöglichkeiten gesucht werden müssen. Auch reichen die verfügbaren liquiden Mittel nicht aus, kurzfristige Verbindlichkeiten zu tilgen. Liegt das Ergebnis über 100%, ist der darüber liegende Teil des Umlaufvermögens durch langfristiges Kapital finanziert und verbessert dadurch die Liquidität des Unternehmens. Die Liquidität 3. Grades wird mitunter auch als Verhältnis Umlaufvermögen zu kurzfristigen Verbindlichkeiten dargestellt:84 ¡͵Ǥ ൌ
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Wenn die Current Ratio einen höheren Wert als in der vorherigen Periode liefert, kann dies unterschiedliche Gründe haben. Zum Beispiel, kann das Unternehmen sein Geschäft ausgeweitet haben und daher einen höheren Bestand an Fertigprodukten vorhalten oder im negativen Fall zeigt eine niedrige Liquidität 3. Grades auf, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ein Unternehmen 84
Vgl. Higgins, R. (2001), S. 48; ebenso auch Küting K./Weber C.-P. (2004), S. 123, Buchner, R. (1985), S. 8.
II Finanzorientierte Kennzahlen
23
verschlechtert haben. Es wird empfohlen, die Current Ratio immer zusammen mit der Acid Test Ratio zu betrachten.85 Working Capital Statt die Kennzahl zur Liquidität 3. Grades wird auch das Working Capital als Differenz von Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten zur Beurteilung der Liquidität herangezogen.86 Higgins beschreibt diese Kennzahl mit „This simple movement of cash to inventory, to accounts receivable, and back to cash is the firm’s operating, or working capital, cycle”.87 Das Working Capital unterscheidet sich vom investierten Kapital als das im Umsatzprozess gebundene Kapital.88 Diese Kennzahl liefert die Aussage, zu welchem Anteil das Umlaufvermögen mit langfristigem Kapital finanziert werden konnte und daraus folgend, wie gesichert die Liquidität eines Unternehmens ist. Je höher das Ergebnis ausfällt, als desto besser kann die kurzfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens angesehen werden. αÚȂ
Das Working Capital sollte auf jeden Fall immer größer Null sein, d.h. das Umlaufvermögen reicht somit rechnerisch zur Deckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten aus. Ein negatives Working Capital bedeutet, dass auch Teile des Anlagevermögens kurzfristig finanziert sind und indiziert Liquiditätsprobleme. Im Gegensatz zu den Liquiditätskennzahlen bietet das Working Capital nicht die bilanzpolitischen Möglichkeiten, die zu einer Bilanzverlängerung führen, sondern es kann lediglich durch andere Maßnahmen wie z.B. Sonderverkäufe Einfluss auf den Kennzahlwert genommen werden.89 Nachteilig wirkt sich aus, dass es sich bei dieser Kennzahl um eine absolute Kennzahl handelt. Sie eignet sich damit nicht für externe Vergleiche. Hierfür passt die Liquidität 3. Grades besser. Das Working Capital steigt automatisch, wenn der Lagerbestand anwächst, was nicht immer die Liquidität fördert. Zahlungsströme (Cashflows) werden nicht berücksichtigt, obwohl sie einen beträchtlichen Einfluss auf die Liquidität haben können. Es empfiehlt sich daher, zumindest die Liquiditätsgrade und das Working Capital gemeinsam für die Beurteilung zu verwenden.
85 86 87 88 89
Vgl. Elliott, B./Elliott, J. (2008), S. 669. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 8. Vgl. Higgins, R. (2001), S. 5. Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 70. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 270.
24
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Für alle drei Liquiditätsgrade gilt, je höher das Ergebnis lautet, desto besser wird die zukünftige Zahlungsfähigkeit des Unternehmens unterstellt. Es haben sich Sollwerte in der Praxis etabliert: Bei der Liquidität des 1. Grades sollte der Wert über 0,2 liegen, während für den 2. Grad mindestens 1 und für den 3. Grad mindestens 2 vorgesehen sind.90 Natürlich stellen solche Vorgabe nur Faustregeln dar. In der Praxis sollte man im Vorfeld immer zuerst die jeweilige Branche und die Erfahrung mit dem individuellen Unternehmen betrachten, um für sich herauszufinden, ob beispielsweise die 200% beim Liquiditätsgrad 3 als Messlatte die richtige Höhe repräsentieren. Liquiditätskennzahlen lassen sich aus den Vermögens- und Fremdkapitalpositionen der Bilanz errechnen. Daher stellen diese Daten nur eine Momentaufnahme dar. Dies ist aufgrund des dynamischen Charakters der Zahlungsbereitschaft als sehr problematisch zu sehen, da diese Kennzahlen Möglichkeiten der Optimierung zum Bilanztermin zulassen,91 was jedoch negative Konsequenzen für andere Kennzahlen, wie z.B. die Eigenkapitalquote, haben kann.92 Aussagen zur zukünftigen Liquidität lassen sich nur machen, wenn man unterstellt, dass sich diese analog zur Vergangenheit entwickeln wird. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Liquiditätskennzahlen nur über die Betrachtung mehrerer Perioden aussagekräftig sind.93 Zudem ist die Aussage des ausgewiesenen Ergebnisses fragwürdig, da man nur das Umlaufvermögen bzw. Teile davon bei der Errechnung berücksichtigt. Aus der vorhandenen Liquidität bezahlt man u.a. auch die Löhne und Gehälter des kommenden Monats. Doch diese Aufwendungen finden in der Liquiditätsberechnung keine Berücksichtigung.94 Aus diesen Gründen kann die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens nicht aufgrund dieser Kennzahlen beurteilt werden.95 Analog zu den langfristigen Deckungsgraden machen Kennzahlenvergleiche nur bei Unternehmen der gleichen Branche Sinn. Die Deutsche Bundesbank führt in ihrem Monatsbericht die Liquiditätskennzahlen 2. und 3. Grades96 aus dem Jahre 2007 branchenweise für deutsche Unternehmen auf: Man erkennt, dass wenige Branchen die in der Literatur be90 91 92 93 94 95 96
Vgl. Quick, R. (2007), S. 624. Vgl. Wöhe G. (1984), S. 1043. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 265. Vgl. Wirtschaftslexikon 24 (2010c), S. 1. Vgl. Küting, K./Weber C.-P. (2004), S. 124. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 267. Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50-57: Die Deutsche Bundesbank definiert die Liquidität 2. Grades folgendermaßen: Zähler: Kasse + Bank + kurzfristige Forderungen, Nenner: Kurzfristige Verbindlichkeiten; Liquidität 3. Grades: Zähler Kasse + Bank + kurzfristige Forderungen + Vorräte, Nenner: kurzfristige Verbindlichkeiten, ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./ Thiele S. (2004), S. 268.
II Finanzorientierte Kennzahlen
25
schriebenen Normen (2. Grad >= 100%, 3. Grad >=200%)97 erreichen: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 89% bzw. 125%, Chemie-Unternehmen 105% bzw. 130%, Maschinenbau 88% bzw. 156%, Fahrzeugbau 86% bzw. 124%, Großhandel 96% bzw. 143%, Einzelhandel 64% bzw. 124%, Baugewerbe 56% bzw. 115%, Unternehmensnahe Dienstleistungen 115% bzw. 140%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 89% bzw. 133%.98 Die Wertigkeit der Liquiditätskennzahlen liegt daher primär im Sichtbarmachen von Entwicklungstendenzen (Zeitvergleich) und der Möglichkeit, diese mit denen anderer Unternehmen zu vergleichen. Die Aufmerksamkeit des Managements muss der hohen Umschlagsgeschwindigkeit des Umlaufvermögens gelten, um die notwendige Liquidität sicherzustellen. Verkaufen, um damit nur die Forderungspositionen in die Höhe zu treiben, kann keine zukunftsfähige Strategie sein. Aus dem Verkaufserfolg muss ein Unternehmen die Mittel erzielen, um zu investieren, Gehälter zu zahlen und Verbindlichkeiten abzulösen. Die Höhe des Umlaufvermögens ist ein Kriterium der Beurteilung eines Unternehmens. Doch in der Fähigkeit, dieses in echtes Geld umzuwandeln, liegt eines der wichtigsten Leistungsbeurteilungskriterien, an dem das Management gemessen werden sollte.
b.
Zahlungsstromorientierte Analyse der Finanzlage
Der Cashflow beschreibt den Zahlungsüberschuss, d.h. die Differenz zwischen den einzahlungswirksamen Erträgen und den auszahlungswirksamen Aufwendungen, die in der betrachteten Periode zu Ein- und Auszahlungen geführt haben.99 Diese Kennzahl hat sich als Beurteilungskriterium der Finanzlage eines Unternehmens etabliert100 und wird teilweise auch zur Analyse der Erfolgslage hinzugezogen.101 Der Cashflow zeigt das Innenfinanzierungspotential des Unternehmens auf.102 Damit wird die Finanzkraft beschrieben, d.h. wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, sich durch eigene Kraft zu finanzieren.103 Ein positiver Cashflow 97 98 99 100 101
Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 264. Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 130. Vgl. Horváth, P. ( 2006), S. 425. Vgl. Brunner, R. (1985), S. 12; ebenso auch Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 130, Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 125. 102 Vgl. Brunner, R. (1985), S. 27. 103 Vgl. Vollmuth, H. (2002), S. 66: „Der Cashflow beziffert den Überschuss, der sich ergibt, wenn man von den Einnahmen die Ausgaben abzieht. Er lässt erkennen, in welchem Maße ein Unternehmen Finanzmittel aus eigener Kraft erwirtschaftet hat. Die Kennzahl zeigt, wie stark das Unternehmen sich von innen heraus finanzieren kann (Innenfinanzierung), wie groß das finanzielle Potential ist, das aus seiner erfolgreichen Tätigkeit in der Wirtschaft wächst.
26
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
demonstriert Finanzstärke und eine starke Wettbewerbsfähigkeit. Mit dieser Kennzahl lassen sich Aussagen zur Liquidität, Überlebens- und Aktionsfähigkeit eines Unternehmens machen. Denn aus dem Cashflow tilgt man Schulden, schüttet Dividenden an die Anteilseigner aus und tätigt eigenfinanzierte Investitionen, ohne sich an externe Kapitalgeber wenden zu müssen. Die Höhe von schnell verfügbaren Barmitteln entscheidet darüber, ob und inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.104 Ein positiver Cashflow stellt eine wichtige Aussage für die Bewertung von Unternehmen durch Kreditgeber oder potentielle Anteilseigner dar, um insbesondere die Solvenz eines Unternehmens besser einschätzen zu können. Der Cashflow ist damit eines der bedeutendsten Instrumente der (externen) Bilanzanalyse.105 Für Konzernabschlüsse schreibt das HGB im § 297 Abs.1 Satz 2 zwingend die Kapitalflussrechnung vor, was die Bedeutung des Cashflows zusätzlich unterstreicht.106 Allerdings stellt auch der Cashflow eine vergangenheitsbezogene Größe dar, dessen Mittel zum Bilanzstichtag schon disponiert sein können.107 Dem Konzept des Cashflows liegt kein einheitliches Berechnungsschema zugrunde.108 Daher gibt es trotz der Bedeutung dieser Kennzahl in der Literatur viele, teilweise widersprüchliche Definitionen.109 Dies verstößt laut Küting/Weber gegen den elementaren Grundsatz der Kennzahlenbildung, wonach Kennzahlen nur im Hinblick auf ein einziges, klar definiertes Ermittlungsziel aussagekräftig sind.110 Grundsätzlich lässt sich der Cashflow auf zwei Ermittlungswege berechnen.
i)
Direkte und Indirekte Ermittlung des Cashflows
Den Cashflow nach der direkten Methode ermittelt man durch die Zusammenstellung aller Ein- und Auszahlungen. Bei der indirekten Methode bereinigt man den Jahresüberschuss um die nicht-zahlungswirksamen Vorgänge, d.h. man filtert alle Positionen heraus, die mit dem eigentlichen Geldfluss nichts zu tun haben. Der Cashflow kann zwar für unternehmensinterne Zwecke aus Daten der Finanzbuchhaltung oder des Jahresabschlusses berechnet werden, doch der externe Bilanzanalytiker braucht dafür die Aufwendungen und Erträge aus der 104 Vgl. Grant, R. (1998), S. 41; er fasst die Bedeutung von Cash mit „cash is king“ sehr prägnant zusammen. 105 Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 129. 106 Vgl. Wöhe, G. (2009), S. 811. 107 Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 274. 108 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 12. 109 Vgl. Higgins, R. (2001), S. 18: ”So many conflicting definitions of cash flow exit today that the term has almost lost meaning.” 110 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 127.
II Finanzorientierte Kennzahlen
27
GuV, um diese in eine auf Ein- und Auszahlungen basierende Rechnung näherungsweise überzuleiten.111 Folglich bildet die GuV die Basis sowohl für die indirekte als auch die direkte Ermittlungsweise. Bei der direkten Methode geht man in der Berechnung von den zahlungswirksamen Erträgen und Aufwendungen aus. Das heißt, alle zahlungsunwirksamen Erträge und Aufwendungen werden herausgefiltert.112 ϐ ൌ ¡ െ Die direkte Ermittlung ist im Rahmen einer externen Analyse nur möglich, wenn die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren vorliegt, ansonsten erfolgt die Berechnung nach der indirekten Methode über den Jahresüberschuss.113 Die indirekte Berechnung des Cashflows bedingt die Bereinigung des Jahresüberschusses um die nicht finanzwirksamen Aufwendungen und Erträge. Dafür korrigiert man die GuV um die zahlungsunwirksamen Erträge und Aufwendungen.114 ϐ ൌ
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Zahlungswirksame Erträge sind z.B. Umsätze, Desinvestitionen und Zinsertragszahlungen, während zahlungswirksame Aufwendungen z.B. Personalaufwendungen und Steuerzahlungen umfassen. Nicht zahlungswirksame Aufwendungen sind etwa Abschreibungen, Bestandsminderungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen oder Einstellungen in Rückstellungen, während nicht zahlungswirksame Erträge, wie z.B. die Auflösung von Rückstellungen, Bestandserhöhungen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen, Umsätze, für die noch keine Einzahlungen vorliegen, und Zuschreibungen, Erträge darstellen, die in der betrachteten Periode nicht zu Einzahlungen geführt haben.115 111 112 113 114 115
Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 130. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 12. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 217. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 131. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 131.
28
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Die direkte Methode besitzt gegenüber der indirekten Methode den Vorteil, dass hier die Zahlungsströme aufgeführt sind, um den Einzahlungsüberschuss zu ermitteln. Sie besitzt daher eine höhere Aussagekraft über die Liquiditätsentwicklung.116 Die indirekte Methode ist allerdings gängiger.117 Sie ist weniger aussagekräftig als die direkte Methode, da in ihrer Ermittlung der Umsatz als wichtigste Quelle der Mittelzuflüsse und die laufenden betrieblichen Auszahlungen als bedeutendste Quelle des Abflusses nicht sichtbar werden.118 Ein Vorteil der indirekten Methode liegt darin, externe Bilanzanalysten über den Unterschied zwischen dem Jahresüberschuss und dem Cashflow zu informieren, damit diese daraus die Qualität des veröffentlichten Gewinns („quality of earnings“) ableiten können.119 Beide Vorgehensweisen führen zum gleichen Ergebnis, vorausgesetzt man wendet einheitliche Ermittlungs- und Abgrenzungskriterien an.120
ii)
Unterscheidung der Cashflows nach den verschiedenen Zahlungsflüssen
Bilanzanalytiker verschaffen sich einen Einblick in das Finanzgebaren eines Unternehmens durch die Analyse der Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit und aus der Finanzierungstätigkeit.121 Diese unterscheiden sich wie folgt:
Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit: Darunter fallen alle Zahlungen aus der Vermarktung der Leistungen des Unternehmens und der Beschaffung von Verbrauchsgütern, d.h. Zahlungen des betrieblichen Produktionsund Absatzprozesses. Cashflow aus Investitionstätigkeit: Dies sind Zahlungen, die sich aus dem Kauf und Verkauf von Potentialfaktoren wie Maschinen oder Gebäuden ergeben. Cashflow aus Finanzierungstätigkeit: Hierunter fallen Zahlungen an Anteilseigner (z.B. Dividenden) oder an Gläubiger (z.B. Rückzahlung Darlehen).
Im Folgenden werden diese Cashflows detaillierter vorgestellt:
116 117 118 119 120 121
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 130. Vgl. Horváth, P. ( 2009), S. 397; ebenso auch Ziegenbein K. (2006), S. 74. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 163. Vgl. Elliott, B./Elliott, J. (2008), S. 644. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 129. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 288.
II Finanzorientierte Kennzahlen
a)
29
Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit
Dieser ermittelt sich nach der direkten Methode gemäß dem Deutschen Standardisierungsrat (DRS 2) folgendermaßen:122 ϐ
¡¡ ൌ ǡ ǡ െ
¡ േ േǤ Ǥ
b)
Cashflow aus Investitionstätigkeit
Diese Kennzahl umfasst die Ein- und Auszahlungen aus den Zu- und Abgängen zum Sachanlagevermögen, dem immateriellen Anlagevermögen, dem Finanzanlagevermögen sowie aus dem An- und Verkauf konsolidierter Unternehmen.123 In der verkürzten Form kann er wie folgt ermittelt werden: ϐ ¡ ൌ Ú െò Ú Ausführlich dargestellt, gestaltet sich die direkte Ermittlung des Cashflows nach Investitionstätigkeit gemäß dem Deutschen Standardisierungsrat (DRS 2) wie folgt:124
122 Vgl. Quick, R./Wolz, M. (2009), S. 158. 123 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 218. 124 Vgl. Quick, R./Wolz, M. (2009), S. 159.
30
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
c)
Cashflow aus Investitionstätigkeit =
¡
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¡Ú Ȃ
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¡ Ú Ȃ
ò Ú
¡ Ȃ
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c)
Cashflow aus Finanzierungstätigkeit
Bei diesem Cashflow werden Einzahlungen aus Finanzierungsvorgängen, wie z.B. Eigenkapitalzuführungen, Kreditaufnahmen und Anleihebegebungen, Auszahlungen, wie z.B. Ausschüttung von Dividenden und Zurückzahlung von Krediten, gegenübergestellt.125 Die Daten dazu erhält man aus der Bilanz.126 Verkürzt dargestellt, kann man den Cashflow aus Finanzierungstätigkeit gemäß dem Deutschen Standardisierungsrat (DRS 2) folgendermaßen definieren: ϐ ¡ ൌ െ
125 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 327. 126 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 218.
II Finanzorientierte Kennzahlen
31
Dieser Cashflow beinhaltet alle Zahlungen, die Transaktionen mit Anteilseignern betreffen wie etwa Dividenden, sowie Zahlungen aus der Veränderung langfristiger Fremdmittel, wie z.B. Darlehen.127 Finanzschulden sind Verbindlichkeiten und Anleihen gegenüber Banken, Kapitalsammelstellen und anderen Geldgebern, d.h. Lieferantenkredite und sonstige Verbindlichkeiten zählen laut DRS 2.6 nicht dazu.128 Hier ausführlicher dargestellt nach DRS 2 (direkte Ermittlung):129 ϐ ¡ ൌ Ú
ò
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െò
iii) Cashflow-Konzepte Die nachfolgend aufgeführten Cashflows besitzen für diese Untersuchung eine höhere Relevanz. Sie werden in der indirekten Methode dargestellt, da diese in der Praxis mehr Verwendung findet. Brutto Cashflow Die Kennzahl zeigt den nach Abzug der Steuern für Investitionen sowie Zahlungen an die Eigen- und Fremdkapitalgeber zur Verfügung stehenden Zahlungsüberschuss.130 Für einen Vergleich dieser Ergebnisse mit anderen Unternehmen empfiehlt es sich, alle aperiodischen sowie außergewöhnlichen Erträge und Aufwendungen zu neutralisieren.131 Weber/Schäffer beschreiben den Brutto Cashflow als den operativen Geldfluss auf Gesamtkapitalbasis, der folgendermaßen indirekt berechnet wird:132
127 128 129 130 131 132
Vgl. Weber J./Schäffer U. (2008), S. 114. Vgl. Kopiyevska, I. (2004), S. 17. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 282. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 73. Vgl. Controllingportal.de (2010), S. 1. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180; ebenso auch Hachmeister, D. (1997), S. 558.
32
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
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െ െ¡ Der Netto-Cashflow und der Free Cashflow sind in der praktischen Anwendung allerdings von größerer Bedeutung als der Brutto-Cashflow.133 Netto Cashflow Diese Kennzahl, auch als Operativer Cashflow bezeichnet, sagt aus, wie viel Einzahlungsüberschuss ein Unternehmen aus laufender Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat.134 Der Netto Cashflow lässt sich abgeleitet vom Brutto Cashflow folgendermaßen indirekt ermitteln.135 ϐ ൌ ϐ േ ¡Ú Unter der Veränderung des Nettoumlaufvermögens versteht man die Veränderung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Vorräten wie auch die Veränderung von Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen.136 Diese Kennzahl ist im Investmentbereich eine relevante Größe, um den Unternehmenswert zu bestimmen.137 Zieht man zum Netto Cashflow die Cashflows 133 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 218. 134 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 215. 135 Vgl. Fischer, J./Pfeffel, F. (2010), S. 220; ebenso auch Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 136; Copeland, T./Koller, T./Murrin, J. (1993), S. 136. 136 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 218. 137 Vgl. Vollmuth, H. (2008), S. 414.
II Finanzorientierte Kennzahlen
33
aus Finanzierungs- und Investitionstätigkeit hinzu- bzw. ab, so erhält man die Veränderung der liquiden Mittel der laufenden Periode.138 Free Cashflow (FCF) Der Free Cashflow ist der Einzahlungsüberschuss aus dem operativen Geschäft nach Investitionen und Steuern, aber vor Finanzierung.139 Er bezeichnet den Liquiditätszufluss, der zur Deckung des von allen Kapitalgebern bereitgestellten Kapitals (Eigen- und Fremdkapital) verwendet werden kann.140 Man könnte ihn auch als den Cashflow nach Steuern betrachten, der den Eigenkapitalgebern zustünde, wenn das Unternehmen kein Fremdkapital aufgenommen hätte.141 Küting/Weber bezeichnen den Free Cashflow als Liquiditätsreserve,142 die, nachdem alle notwendigen Investitionen finanziert sind, zur Verfügung steht, um die Dividende der Anteilseigner, die Schuldzinsen der Gläubiger und die kurzfristige Verbindlichkeiten zu begleichen sowie neue Investitionen tätigen zu können, ohne das Fremdkapital oder das Eigenkapital erhöhen zu müssen.143 Allerdings gibt es für den Free Cashflow keine übereinstimmende Abgrenzung der relevanten Bestandteile und des Berechnungsschemas. Bei der indirekten Methode werden die Free Cashflows mittels einer PlanGuV ermittelt.144 Der Jahresüberschuss wird dafür um sämtliche zahlungsunwirksame und periodenfremde Erträge und Aufwendungen korrigiert. Für den FCF, der im Übrigen für die Berechnung des Shareholder Value verwandt wird, sollte der Free Cash Flow vor Zinsen Anwendung finden, da der Free Cashflow eine vollständige Eigenkapitalfinanzierung unterstellt.145 Daraus folgt, dass gegebenenfalls gezahlte Fremdkapitalzinsen bei der indirekten Berechnung des Free Cashflow keine Berücksichtigung finden und sie werden deshalb hinzugerechnet.146 Folglich ist das Jahresergebnis, auch um den aus der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen resultierenden Steuervorteil zu korrigieren, d.h. abzuziehen.147
138 139 140 141 142 143 144 145
Vgl. Quick, R./Wolz, M. (2009), S. 160. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 95. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 254. Vgl. Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (1993), S. 130. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 138. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 441. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 96. Vgl. Probst, J. (2008), S. 88; ebenso auch Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (1993), S. 130; Weber, J. /Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 48. 146 Vgl. Meyering, S. (2007), S. 117. 147 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 48; ebenso auch Plaschke, F. (2003), S. 71.
34
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
ϐ ൌ ϐ െ Ǥ ¡ ሺሻ േ Ǥ Welche der beiden Vorgehensweisen, direkt oder indirekt, man wählt, hängt von der zur Verfügung stehenden Datenbasis ab. Da das absolute Cashflow-Ergebnis nur eingeschränkte Aussagekraft besitzt, empfiehlt es sich, den Cashflow mit anderen Größen in Beziehung zu setzen. Besonders bietet es sich hierfür an, das Verhältnis zwischen Cashflow und Effektivverschuldung zu untersuchen, um daraus den dynamischen Verschuldungsgrad oder den Entschuldungsgrad zu ermitteln. Dynamischer Verschuldungsgrad Diese Kennzahl wird auch als Schuldentilgungsdauer bezeichnet. Sie beschreibt unter der Prämisse eines im Zeitablauf konstanten Cashflows den Zeitraum in dem die Verbindlichkeiten aus eigener Kraft bezahlt werden könnten.148 Dieses Ergebnis weist auf die Bonität des Unternehmens hin. Der Wert sollte nicht mehr als 5 Jahre betragen.149
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Unter der Effektivverschuldung versteht man die Summe aus Verbindlichkeiten und Rückstellungen abzüglich der Wertpapiere des Umlaufvermögens und der flüssigen Mittel.150 Diese Kennzahl dient als Maßstab für die Schuldendeckungsfähigkeit. Je kleiner der Wert ist, desto schneller ist ein Unternehmen in der Lage, seine Schulden zu begleichen, d.h. je kleiner der Verschuldungsgrad ist, desto unabhängiger kann ein Unternehmen von seinen Gläubigern agieren. Diese Kennzahl nimmt damit eine wichtige Rolle für die Beurteilung der Bonität eines Unternehmens ein. Allerdings empfiehlt es sich, bei der Analyse zu berücksich148 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 12. 149 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 212. 150 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 275.
35
II Finanzorientierte Kennzahlen
tigen, ob sich das Unternehmen in einer Aufschwungphase mit stärkerer Investitionstätigkeit befindet, was Einfluss auf das Ergebnis dieser Kennzahl nimmt.151 Es ist kritisch zu betrachten, dass einerseits der Brutto Cashflow über den Zeitraum mit gleichbleibender Höhe angesetzt wird. Außerdem nimmt man an, dass er voll zur Schuldentilgung eingesetzt wird und keine Gewinn- oder Investitionsauszahlungen daraus vorgenommen werden.152 Andererseits berücksichtigt man bei der Ermittlung nicht, dass während des errechneten Zeitraums der Schuldentilgung neue Schulden entstehen können, was das Ergebnis dieser Kennzahl verschlechtern würde. Zudem wird noch unterstellt, dass eine vollständige Entschuldung erstrebenswert ist. Entschuldungsgrad Diese Kennzahl zeigt ebenfalls die Fähigkeit eines Unternehmens, mit selbst erwirtschafteten Mitteln die Verbindlichkeiten zu begleichen. Sie besagt, wieviel Prozent der Effektivverschuldung in einer Periode aus dem Cashflow zurückgezahlt werden könnten.
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Allerdings wird die Kennzahl des dynamischen Verschuldungsgrades der des Entschuldungsgrades vorgezogen.153
iv) Kritische Würdigung Vergleiche von Cashflow-Ergebnissen machen nur in der gleichen Branche Sinn. Zum Beispiel weisen Industrieunternehmen bei gleichem Jahresüberschuss tendenziell einen höheren Cashflow als Handelsunternehmen aus, da sie durch die höhere Anlagenintensität mehr Abschreibungen haben, die bei der indirekten Cashflow Ermittlung dem Jahresüberschuss zugerechnet werden.154 Unterschiede in der Bewertung des Cashflows ergeben sich auch, je nachdem, ob ein Unternehmen seine Anlagen least oder nicht. Denn im Falle von Leasing entfallen die Abschreibungen.
151 152 153 154
Vgl. Brost, H. (2005), S. 190. Vgl. Born, Karl (2009), S. 54. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 138. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 273.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Der Cashflow liefert weder Aussagen zur Verwendung des erwirtschafteten Zahlungsüberschusses noch darüber, ob der Zahlungsstrom aus dem Umsatzprozess oder dem Verkauf von Teilen des Anlagevermögens resultiert.155 Diese Informationen erhält man aus der Kapitalflussrechnung, die Bestandteil des Konzernabschlusses ist. Kritik erfährt der Cashflow auch dadurch, dass er dauerhafte Kapitalfreisetzungen aus dem Umlaufvermögen nicht erfasst.156 Diese Freisetzungen können durch reduzierte Kapitalbindungsfristen und/oder Änderungen am Umfang des Vorratsvermögens, der Zahlungsbedingungen bzw. des Sortiments entstehen. Auch Erhöhungen der Kapitalbindung im Umlaufvermögen berücksichtigt der Cashflow nicht, da die Annahme besteht, dass alle im Vorratsvermögen freigesetzten Finanzmittel wieder kurzfristig in Vorratsvermögen investiert werden. Eine weitere Schwäche des Cashflows liegt darin begründet, dass der externe Bilanzanalytiker keine Informationen aus dem Jahresabschluss über die zahlungswirksamen Aufwendungen bzw. Erträge erhält und daher den Cashflow nur schätzen kann.157 Cashflows können asynchron zu ihrer Verursachung entstehen, d.h. die Zahlung einer Leistung muss nicht zum selben Zeitpunkt stattfinden wie ihre Erbringung. Wenn die Cashflows je nach Geschäftstätigkeit in der Periode zu sehr schwanken, ist diese Kennzahl als Performance-Maßstab des Unternehmens nur eingeschränkt verwendbar. Doch mit Hilfe von Ergebnisgrößen ist es möglich, Cashflows nach bestimmten Regeln den entsprechenden Perioden zuzuteilen und damit bei der Beurteilung einer Periode zu berücksichtigen. Cashflows sind beobachtbare Größen, die auf Geschäftsvorfälle des Unternehmens beruhen, während Ergebnisgrößen eher theoretische Konstrukte sind, die Geschäftsvorfälle aufgrund bestimmter Rechnungslegungsregeln in einer Kennzahl zusammenfassen.158
2. a.
Kennzahlen der Erfolgslage Erfolgsquellenanalyse
Neben der Ermittlung des tatsächlichen Unternehmenserfolgs kommt der Untersuchung der Erfolgsstruktur (Betrachtung der Erfolgsquellen bzw. – ursachen und die dahinter stehende Aufwands- bzw. Ertragsstruktur) eine hohe Bedeutung zu.159 Die Erfolgsquellenanalyse stellt damit ein zentrales Element der Analyse 155 156 157 158 159
Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 274. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 13. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 274. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 530. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 188.
II Finanzorientierte Kennzahlen
37
der Erfolgslage dar.160 Bilanzanalytiker leiten aus ihr ab, welche nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Erfolgsquellen zum Ergebnis des Unternehmens beigetragen haben, um das Zustandekommen des Erfolgs und damit die Herkunft des erwirtschafteten Gewinns zu ermitteln.161 Dadurch lassen sich auch Aussagen über die Qualität des Erfolgs, der in der GuV ausgewiesen wird, machen.162 Im Zentrum dieser Analyse steht die Erfolgsspaltung, mit der die nachhaltig erzielbaren von den zufallsbedingten, d.h. außerordentlichen, Erfolgskomponenten aufgetrennt werden.163 Deren wesentliche Ziele liegen in der Feststellung des erwirtschafteten Periodenergebnisses, der Beurteilung der aktuellen und zukünftigen Ertragskraft sowie der Darstellung der einzelnen Erfolgsquellen des Unternehmens.164 Die Erfolgsspaltung unterscheidet Erfolgskomponenten nach dem Zusammenhang der Betriebstätigkeit und der Regelmäßigkeit der Erfolgsentstehung. Das Merkmal der Betriebszugehörigkeit sagt aus, welcher Teil des Erfolgs im Leistungsbereich des Unternehmens oder in dessen Finanzbereich angefallen ist. Diese Ergebnissteile werden in absoluter Größe und mit ihren jeweiligen Aufwendungen und Erträgen dargestellt. Des Weiteren verschafft man sich einen Einblick in die Struktur des Erfolgs durch die Aufgliederung nach Unternehmenssparten, Produkten und Kunden sowie Absatzgebieten. Das Kriterium der Regelmäßigkeit differenziert zwischen dem regelmäßigen (ordentlichen) und dem außerordentlichen Anfall der Erfolgskomponenten, damit zwischen dem laufenden bzw. ordentlichen Betriebserfolg und dem neutralen Erfolg.165 In einem weiteren Schritt der Differenzierung erhält man das betriebsbedingte Ergebnis (Betriebsergebnis), das ordentliche betriebsfremde Ergebnis (Finanzergebnis) und das außerordentliche Ergebnis.166 In einer Formel zusammengefasst stellt sich der Unternehmenserfolg folgendermaßen dar:167
160 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 336. 161 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 336; ebenso auch Baetge, J./Heumann, R. (2004), S. 274. 162 Vgl. Buss, F.-J.(2003), S. 915. 163 Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 803. 164 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 221. 165 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 18. 166 Vgl. Wöhe, G.(2008), S. 802. 167 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 18.
38
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
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Den ordentlichen Betriebserfolg erhält man als Saldo aus den Aufwendungen und Erträgen, die auf den regelmäßig betriebszweckbedingten Tätigkeiten basieren, während der außerordentliche Erfolg die unregelmäßigen Aufwendungen und Erträge erfasst. Die Ermittlung des Finanzerfolgs resultiert aus der Zusammenfassung der finanzwirtschaftlichen Aktivitäten, die nicht unmittelbar mit dem Gegenstand des Betriebs zusammenhängen. Aus der absoluten Höhe des Betriebserfolgs können Bilanzanalytiker erste Schlüsse über die aktuelle und zukünftige Ertragskraft ziehen.168 Das HGB unterstützt die Erfolgsspaltung durch die entsprechende Gliederung der GuV in die Darstellung nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs.2 HGB) und dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs.3 HGB).169 Einschränkend muss konstatiert werden, dass eine hinreichende Trennung der Erfolgsquellen sowie die Aussagefähigkeit bzgl. der zukünftigen Entwicklung wegen der vergangenheitsorientierten Ergebnisse des Jahresabschlusses nicht immer zufriedenstellend gelingt.170 Des Weiteren sind bilanzpolitische Maßnahmen, wie beispielsweise der Einfluss auf die Höhe des Umsatzes oder die Bewertung von Rückstellungen, nicht aus dem Jahresabschluss erkennbar.
b.
Überblick
Zur Analyse der Erfolgsquellen bildet man Verhältniszahlen (Rentabilitätszahlen) aus relevanten Größen des Jahresabschlusses. Neben kapitalmarktorientierten Kennzahlen werden hierfür Kennzahlen verwendet, die die finanziellen Interessen der Anteilseigner durch die Relation der Ertragskraft des Unternehmens zum Preis der Aktien berücksichtigen.171 Diese werden im Kapitel B.II.2.b.iii vorgestellt. Diese Analyse basiert hauptsächlich auf Zahlen des handelsrechtli168 169 170 171
Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 337. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 222–225. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 343. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 23.
II Finanzorientierte Kennzahlen
39
chen Jahresabschlusses. Wegen der daraus bestehenden Gefahr der Beeinflussung durch Bewertungswahlrechte bzw. -spielräume gilt der Jahresüberschuss aus der GuV als unzulänglich, die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens einzuschätzen.172 Deswegen sollte man bei der Beurteilung der nachhaltigen Ertragskraft des Unternehmens auch solche sogenannten Erfolgsindikatoren, wie das Ergebnis nach DVFA/SG173 und den Cashflow, hinzuziehen. Mit Hilfe dieser Kennzahlen zielt man darauf ab, die Ertragskraft von Unternehmen dahingehend zu untersuchen, ob diese in der Lage sind, nachhaltig Gewinne zu erzielen, um damit genügend Mittel für das Wachstum, die Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber und die Finanzierung des Fremdkapitals zu generieren.174 Auf diesem Weg erarbeiten sich externe Bilanzanalytiker Einsichten in die Erfolgslage, um einerseits besser das Zustandekommens des Erfolgs und die Herkunft der Gewinne zu verstehen sowie andererseits Aussagen über die zukünftige Ertragskraft zu erhalten. Diese Erkenntnisse bilden wertvolle Grundlagen für Betriebs- und Zeitvergleiche, die man durch die Ergebnisse des Jahresüberschusses oder des Bilanzgewinns nicht erlangen kann, da beide Größen weder identisch noch vergleichbar mit dem Erfolg, den ein Unternehmen in einer Periode erzielt hat, sind.175 Informationen insbesondere aus dem Anhang des Jahresabschlusses liefern Ansatzpunkte, die veröffentlichten Erfolgsgrößen dahingehend zu bereinigen, um den tatsächlich erzielten Unternehmenserfolg als relevanten Hinweis zur Ertragskraft näherungsweise zu ermitteln. Dazu eliminiert man soweit als möglich z.B. die sichtbaren stillen Reserven, den Einfluss von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden auf das Anlage- und Umlaufvermögen, die Höhe der bezahlten Steuern, etwaige Unterdeckungen bei Pensionsverpflichtungen und die aktivierten Geschäfts- oder Firmenwerte. 172 Vgl. Bucher, R. (1985), S. 16. 173 Vgl. Wirtschaftslexikon24 (2010a), S. 1; Zielsetzung des DVFA/SG-Ergebnisses ist es, eine Erfolgsgröße abzuleiten, um einen aussagekräftigen, zwischenbetrieblichen Vergleich der Ergebnissituation von Unternehmen zu ermöglichen. Die Ermittlung des DVFA/SG-Ergebnis lautet wie folgt: (1) Konzernjahresergebnis wie ausgewiesen (2) Anpassungen des Konzernergebnisses aufgrund von Änderungen des Konsolidierungskreises (3) Latente Steueranpassungen (4) = Angepasstes Konzernergebnis (5) Bereinigungspositionen in den Aktiva (6) Bereinigungspositionen in den Passiva (7) Bereinigung nicht eindeutig zuordnungsfähiger Sondereinflüsse (8) Fremdwährungseinflüsse (9) Zusammenfassung der zu berücksichtigen Bereinigungen (10) DVFA/SG-Konzernergebnis für das Gesamtunternehmen (11) Ergebnisanteile Dritter (12) DVFA/SG-Konzernergebnis für Aktionäre der Muttergesellschaft (13) Anzahl der zugrundliegenden Aktien (14) = Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie (Basisergebnis) (15) Adjustiertes Ergebnis nach DVFA/SG je Aktie bei Veränderungen des gezeichneten Kapitals nach dem Bilanzstichtag. 174 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 16. 175 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 190.
40
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Bilanzanalytiker ziehen den Cashflow, neben der Analyse der Finanzlage, auch als Indikator zur Beurteilung der Ertragskraft eines Unternehmens heran. Dem Cashflow misst man die Fähigkeit bei, die Erfolgslage des Unternehmens zuverlässiger als der Jahresüberschuss darzustellen, da Letzterer zahlreichen bilanzpolitischen Wahlrechte und Ermessensspielräume unterliegt.176 Der Grund dafür liegt darin, dass der Cashflow ausschließlich zahlungswirksame Vorgänge berücksichtigt, womit Auswirkungen der Bilanzpolitik wenigstens teilweise eliminiert werden, und so eine objektivere Größe als der Gewinn entsteht,177 der als erfolgswirtschaftliche Größe über die Liquidität des Unternehmens keine Aussagen macht.178 Was zur Konsequenz haben könnte, dass ein Unternehmen, das Gewinne ausweist, insolvent sein kann oder trotz profitablem Ergebnis negativen Cash Flow erzeugt. Es ist daher ein verständlicher Ansatz, aus der dokumentierten Entwicklung des Cashflows in der Periode auf den tatsächlich erwirtschafteten Erfolg schließen zu können.179 Zudem man durch die Bereinigung um aperiodische und außerordentliche Bestandteile einen betriebsbedingten Cashflow ermittelt, der als operativer Cashflow der Erfolgskennzahl des EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) ähnelt.180 Doch gilt die Verwendung des Cashflows als Erfolgsindikator als nicht unproblematisch, da er trotz seiner bilanzpolitischen Vorzüge nicht den tatsächlichen Gewinn einer Periode darstellt.181 Der Cashflow stellt daher mehr eine Ergänzung als ein Ersatz für die Instrumente der Erfolgsanalyse dar.182
i)
Absolute Erfolgskennzahlen
Die Betriebswirtschaftslehre verwendet viele unterschiedliche absolute Erfolgskennzahlen, die auch in der Praxis wiederzufinden sind. Bei Benutzung dieser Erfolgsgrößen gilt es zu berücksichtigen, dass das Ergebnis in hohem Maße durch Bilanzpolitik beeinflussbar ist sowie dadurch unter welcher Rechnungslegung (HGB, IAS/IFRS oder US-GAAP) der Jahresabschluss erstellt wurde.183 176 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 345. 177 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 213; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 274. 178 Vgl. Horváth, P. ( 2006), S. 424. 179 Vgl. Küting, K./Weber C.-P. (2004), S. 213. 180 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 28. 181 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 345. 182 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 347. 183 Vgl. Grant, R. (1998), S. 35: “When Daimler-Benz obtained a listing on the New York Stock Exchange in September 1993, the recalculation of its net income using US accounting principles resulted in what was a sizable profit (under German accounting principles) becoming a loss.“
41
II Finanzorientierte Kennzahlen
Dies sind die Hauptgründe, warum die Aussagekraft und Nachvollziehbarkeit dieser Kennzahlen im Vergleich zum Cash Flow geringer ist. Doch der Popularität des Begriffs Gewinn in der Kommunikation tut dies keinen Abbruch. Wie schon oben erwähnt, stehen einige Varianten zur Verfügung, den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens auszudrücken:
a)
EBIT-Erfolgskennzahlen
Die verstärkte Internationalisierung von Unternehmen hat dazu geführt, dass sowohl in Theorie als auch in der Praxis die sogenannten EBIT-Kennzahlen, bei denen es sich um Cashflow-orientierte Modifikationen des Betriebsergebnisses handelt, verstärkt Anwendung finden.184 Earnings Before Taxes (EBT) EBT, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, errechnet sich folgendermaßen: ൌ ò
േ Ǥ Ǥ EBT, in Deutschland der Gewinn vor Steuern, wird unabhängig von Steuereffekten dargestellt. Verwenden Unternehmen die gleiche Rechnungslegung bei der Ermittlung des EBT, so eignet sich diese Gewinngröße besser für Vergleiche mit anderen Unternehmen als der Jahresüberschuss. Von EBT gibt es einige Modifikationen, die nachfolgend vorgestellt werden. Earnings Before Interest and Taxes (EBIT) Das EBIT, das ordentliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern, beschreibt das Betriebsergebnis, also die operative Ertragskraft eines Unternehmens vor Zahlung der Kapitalzinsen und Steuern einer definierten Periode. Die Kapitalstruktur hat keinen Einfluss auf das Ergebnis. Diese Kennzahl gilt als umfassendste Größe des Ergebnisses der operativen Betriebstätigkeit.185 Ein steigender EBIT liefert externen Analysten einen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Kerngeschäft erfolgreich verlaufen ist. Die Ermittlung des EBIT lautet vereinfacht: ൌ
184 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 303. 185 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 177.
42
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
In einer ausführlicheren Darstellung lautet die Berechnung folgendermaßen:186 α Ú െ
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¡ Diese Gewinngröße bietet eine klare Sicht auf die Ertragskraft von Unternehmen. Alle nicht-betrieblichen Erträge und Aufwendungen bleiben unberücksichtigt. EBIT findet international eine starke Verwendung und bietet sich als Grundlage für Betriebsvergleiche börsennotierter Unternehmen an. Einschränkungen der Aussagekraft liegen in der Aktivierung und Bestimmung der Nutzungsdauern immaterieller Vermögensgegenstände, was sich über niedrigere bzw. höhere sonstige betriebliche Aufwendungen bzw. Abschreibungen nachhaltig auf die Höhe des EBIT auswirkt.187 EBIT wird auch als Gewinngröße bei der Berechnung des Unternehmenswerts in der unternehmenswertorientierten Steuerung verwendet.188 Earnings Before Interest, Taxes and Depreciation (EBITD) EBITD (auch als EBDIT bezeichnet) mindert eine Schwäche des EBIT und zeigt den Erfolg ohne Berücksichtigung der Abschreibungen auf das Anlagevermögen, was die Aussagekraft dieser Kennzahl steigert.189 EBITD entspricht ungefähr dem operativen Brutto Cashflow.190
186 Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 802. 187 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. 188 Anstatt des Net Operating Profit after Tax (NOPAT) als Gewinngröße, die den Kapitalkosten gegenübergestellt wird. 189 Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 75; er bezeichnet EBITD als eine von Zufällen bereinigte Erfolgsgröße. 190 Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 68.
II Finanzorientierte Kennzahlen
43
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Ú Earnings Before Interest, Taxes and Amortization (EBITA) EBITA stellt das Betriebsergebnis ohne Einfluss durch Steuern, Zinsen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände dar, d.h. ohne den Einfluss von abzuschreibenden Geschäfts- oder Firmenwerten. ൌ
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Ǥ Ú¡ Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization (EBITDA) Mit EBITDA wird das Betriebsergebnis ohne Einfluss von Abschreibungen, Steuern, Finanzierungsaufwendungen und Investitionen ermittelt. Im Vergleich zu EBITA werden noch die Abschreibungen auf Sachanlagen eliminiert.191
191 Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1121.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
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Die Bereinigung der Abschreibungen erleichtert die Vergleichsmöglichkeiten mit Ergebnissen anderer Unternehmen.192 Allerdings bleiben sonstige betriebliche Aufwendungen unberücksichtigt, was als nachteilig für die Beurteilung der Ertragskraft zu werten ist.193 Diese Kennzahl bietet eine stark cashfloworientierte Sicht auf das Betriebsergebnis. Doch wird EBITDA im Gegensatz zum Cashflow nur um die Abschreibungen auf das Anlagevermögen als zahlungsunwirksame Bestandteile korrigiert, Zuführungen bzw. Auflösungen von langfristigen Rückstellungen werden hingegen nicht berücksichtigt.194 EBIT – Kennzahlen sind vergangenheitsorientiert und bieten daher nur begrenzt Möglichkeiten, Zukunftsprognosen abzugeben.195 Aufgrund bilanzpolitischer Einwirkungsmöglichkeiten des Unternehmens bietet der EBIT eine geringere Transparenz auf die Leistungskraft eines Unternehmens als der Cashflow. EBITDA gewinnt in Zusammenhang mit der wertorientierten Unternehmensführung an Bedeutung.196 So wird EBITDA als Zählergröße für die Umsatzrentabilität, die als sogenannter Wertgenerator Einfluss auf den Unternehmenswert ausübt, bei der Errechnung des NOPAT angewendet. Nachteilig bei den EBIT-Kennzahlen ist auf jeden Fall die starke Zunahme von EBIT-Varianten, die sowohl die Übersichtlichkeit wie auch die Nachvollziehbarkeit der Ermittlung für externe Interessenten einschränkt. Zudem findet sich in der Literatur keine einheitliche Vorgehensweise zur Berechnung, was sich auch im unterschiedlichen Umfang der zu eliminierenden Komponenten ausdrückt und somit zwischenbetriebliche sowie intertemporäre Vergleiche erschwert.197 192 193 194 195 196 197
Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1121. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 139. Vgl. Schwarz, G./Axer, D. (2003), S. 12. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 304. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 306.
II Finanzorientierte Kennzahlen
b)
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Weitere international verwendete Erfolgsgrößen
Gross Profit Der Gross Profit ist der Rohgewinn (oder auch das Bruttoergebnis vom Umsatz), der mit dem Verkauf von Gütern abzüglich der direkten Kosten, die zur Erzeugung dieser Güter notwendig waren, erzielt wurde. Der Gross Profit und die daraus abgeleitete Marge (Verhältnis von Umsatz zu direkten Kosten) zeigt auf, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, die direkten und fixen Kosten sowie Steuern und Zinsen abdecken zu können. Nach IAS 1.92 lautet die Formel im Umsatzkostenverfahren wie folgt:198
ϐ ൌ െ Oder in der deutschen Terminologie: ൌ െ Operating Profit Dies ist eine Steuerungsgröße, die aus dem amerikanischen Income Statement, ähnlich der deutschen GuV, ermittelt wird. Diese Kennzahl, der Saldo zwischen betrieblichen Erträgen und Aufwendungen, stellt dar, wie profitabel der Betrieb arbeitet und ist daher vergleichbar mit dem deutschen Betriebsergebnis. Vom Umsatz und sonstigen Erträgen zieht man die Umsatzkosten, die Kosten für Vertrieb und Verwaltung, im amerikanischen als SG&A (Sales, General & Administration) bezeichnet, Forschung und Entwicklung sowie sonstige Aufwände ab.199 Die Formel dazu lautet nach IAS 1.92 im Umsatzkostenverfahren in der deutschen Terminologie wie folgt:200 ൌ
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198 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 897. 199 Vgl. Lingnau V./Jonen A.(2004), S. 27. 200 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 897.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Net Operating Profit after Tax (NOPAT) Diese Kennzahl ist der betriebliche Nettogewinn nach Steuern und vor Kapitalkosten, d.h. der Steuervorteil des Fremdkapitals entfällt, so dass von einem rein eigenfinanzierten Unternehmen ausgegangen wird.201 Vereinfacht dargestellt lautet die Berechnung für den NOPAT wie folgt: ൌ െ Die folgende ausführlichere Darstellung zeigt die Anpassungsmaßnahmen auf, die notwendig sind, um den NOPAT nach HGB berechnen zu können:202 Ú
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െϐ ൌ Im Deutschen bezeichnet man NOPAT als ordentliches Ergebnis nach Steuern (und vor Zinsen). NOPAT ist die verwendete Gewinngröße bei der Berechnung des Unternehmenswerts durch den Economic Value Added (EVA).203 Preißner stellt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Gewinngrößen vereinfacht folgendermaßen dar:204
201 202 203 204
Vgl. Töpfer, A. (2007), S. 1121. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 133. Auf EVA wird im Kapitel C.II.2.b tiefergehend eingegangen. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 219.
II Finanzorientierte Kennzahlen
47
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ii)
Rentabilitätskennzahlen
Die Rentabilitätsanalyse ist neben der Erfolgsquellenanalyse wichtig für die Analyse des wirtschaftlichen Erfolgs eines Unternehmens. Die Rentabilität (im englischen Profitability) stellt in der Wirtschaftswelt ein entscheidendes Beurteilungskriterium dar.205 Sie betrachtet das Ergebnis im Verhältnis zum erwirtschafteten Umsatz oder zum eingesetzten Kapital, um dadurch die Stärke der Ertragskraft besser einschätzen zu können. Die Ermittlung der Rendite auf das eingesetzte Kapital und der Vergleich mit der vorgegebenen Zielrendite liefern zentrale Einblicke im Rahmen von Unternehmensbewertungen. Mit Renditewerten lassen sich Unternehmensvergleiche besser als mit absoluten Werten anstellen, denn diese Kennzahlen eignen sich für interne Zwecke, wie z.B. Unternehmensplanung und -steuerung, und sie lassen sich bis hinunter auf Produkt- und Projektebene einsetzen. Durch die Verwendung von Rentabilitätskennzahlen sind Vergleiche mit einer Mindestrendite (Opportunität), mit anderen Unternehmen (Betriebsvergleich) und mit Erfolgen anderer Perioden (Zeitvergleich) durchführbar, um damit den Unternehmenserfolg besser einordnen zu können. Für den Opportunitätsvergleich ist grundsätzlich die Höhe der Kapitalkosten zu beachten, wenn man die Zielgröße für eine zu erzielende Rendite festlegt. Die darin enthaltene finanzielle Risikobewertung wird durch die Capital Asset Pricing Method (CAPM) ermittelt, die in die 205 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 286.
48
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Ermittlung der Gesamtkapitalkosten einfließt. Letztere werden durch die Weighted Average Cost of Capital (WACC) errechnet, der gewichteten Darstellung der Kapitalkosten nach Anteil Eigen- und Fremdkapital.206 Die ausführliche Erläuterung zu WACC und CAPM befindet sich im Kapitel C.I.2.b.i. Mit dem Vergleich der erzielten Rendite mit einem Zielwert kann auch der externe Interessent feststellen, inwieweit das Unternehmen erfolgreich gearbeitet hat. Der Jahresüberschuss spielt eine große Rolle bei der Ermittlung von Rentabilitätszahlen. Trotz seiner erheblichen Einschränkungen spiegelt diese Größe noch am ehesten den Periodenerfolg wider.207 Daher ist es wichtig zu unterscheiden, ob dieser vor oder nach Steuern dargestellt ist. Der Jahresüberschuss im Zähler einer Rentabilitätskennzahl wird immer nach Steuern ausgewiesen, während man bei Vergleichen von Unternehmen unterschiedlicher Rechtsformen oder Länder die Ergebnisgröße vor Steuern verwenden sollte.208
a)
Gesamtkapitalrentabilitäten
Diese Kennzahl drückt aus, welche Rendite für die Kapitalgeber erwirtschaftet werden konnte und stellt die Verzinsung des gesamten Kapitaleinsatzes dar. Sie zeigt auf, wie effizient das Unternehmen mit dem zur Verfügung stehenden Kapital gearbeitet hat. Vereinfacht kann das Gesamtkapital entweder als Bilanzsumme oder als Summe von Eigen- und langfristigem Fremdkapital dargestellt werden. Die Fremdkapitalzinsen werden zum Jahresüberschuss hinzuaddiert, um dem Gesamtkapital eine äquivalente Ergebnisgröße gegenüber zu stellen.
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Die Gesamtkapitalrentabilität ist von der Kapitalstruktur des Unternehmens unabhängig.209 Will man jedoch ein Urteil über das Unternehmen fällen, sollte man die Struktur des Kapitals berücksichtigen. Diese Rentabilität kann vor und nach Steuern berechnet werden. Der Ausweis vor Steuern erleichtert die internationale Vergleichbarkeit.210 Die Gesamtkapitalrentabilität eignet sich für den Zeit- und den Branchenvergleich. 206 207 208 209 210
Vgl. Kunz, R. (1998), S. 399. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 290. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 351–352. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 369. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 212; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 370.
II Finanzorientierte Kennzahlen
49
Beispielhafte Gesamtkapitalrentabilitäten211 deutscher Unternehmen aus dem Jahr 2007 branchenweise aufgeführt: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 3,9%, Chemie-Unternehmen 8,5%, Maschinenbau 9,2%, Fahrzeugbau 7,1%, Großhandel 8,9%, Einzelhandel 11,7%, Baugewerbe 9,1%, unternehmensnahe Dienstleistungen 14,4%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 9,0%.212 Aus dem angelsächsischen Raum kommend gibt es weitere Kennzahlen, die darauf ausgerichtet sind, die Rendite des gesamten Kapitaleinsatzes zu messen. Diese werden nachfolgend vorgestellt. Return on Investment (ROI) Diese Kennzahl misst die Verzinsung des betriebsbedingten Gesamtkapitals bezogen auf das Betriebsergebnis. Sie gilt als ein Indikator für Nachhaltigkeit.213 Der ROI zeigt die nachhaltige Ertragskraft des Unternehmens auf, d.h. wie effizient ein Unternehmen seinen Betriebszweck mit dem zur Verfügung stehenden Kapital erfüllt. ൌ
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Der Return on Investment (ROI) darf nicht einfach mit der Rentabilität des Gesamtkapitals gleichgesetzt werden. Der Unterschied zur Gesamtkapitalrentabilität besteht darin, dass der Jahresüberschuss nicht um den Zinsaufwand bereinigt wird und dadurch die Eigen- und Fremdkapitalgeber-Perspektive vermischt werden.214 Das Ergebnis des ROI hängt somit von der Kapitalstruktur ab. Der Vorteil der Nichteinbeziehung der FK-Zinsen liegt darin, dass Anteilseigner durch den ROI über das für sie relevante ausschüttungsfähige Ergebnis informiert werden können.215 Viele Unternehmen nutzen diesen Renditemaßstab, da man mit ihm die Ergebnisse unterschiedlicher Investment Centers durch die Relation des Ergebnisses pro investierte Geldeinheit vergleichbar machen kann.216 Die Dar-
211 Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50–57: Die Deutsche Bundesbank definiert die Gesamtkapitalrentabilität wie folgt: Zähler: Jahresergebnis nach Ertragsteuern zzgl. Zinsaufwendungen; Nenner: Bilanzsumme korrigiert um Berichtigungsposten zum Eigenkapital und andere Wertberichtigungen; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 371. 212 Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1. 213 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 36. 214 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 176. 215 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 372. 216 Vgl. Balakrishnan, R./Sivaramakrishnan, K./Sprinkle, G. (2009), S. 500.
50
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
stellung von Ergebnissen einzelner Unternehmensbereiche ist somit mit dieser Kennzahl möglich.217 Beispielhafte ROI-Ergebnisse218 deutscher Unternehmensbranchen aus dem Jahr 2007: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 2,2%, Chemie-Unternehmen 6,2%, Maschinenbau 7,8%, Fahrzeugbau 5,7%, Großhandel 7,1%, Einzelhandel 9,3%, Baugewerbe 7,4%, unternehmensnahe Dienstleistungen 12,4%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen bei 7,2%.219 Der ROI steht in der Kritik. Einerseits durch die Bewertungsspielräume, die wie bei anderen Kennzahlen Einfluss auf die Höhe des Jahresüberschusses nehmen. Aufwendungen wie Forschung und Entwicklung tragen zur Verschlechterung des ROI bei und können daher die Unternehmensführung verleiten, diese zu minimieren, um den Wert des ROI zu verbessern. Allerdings läuft man mit einer solchen Handlungsweise Gefahr, zukunftsträchtige Investitionen zu unterlassen. Die Fokussierung auf die Erreichung vorgegebener ROI-Werte kann auch dazu führen, Investitionen abzulehnen, deren Ergebnisse zwar unter diesem Wert liegen, doch höher als die Kapitalkosten des Unternehmens sind.220 In einem solchen Falle würden Kurzfristdenken und die Vermeidung notwendiger Investitionen gefördert werden, um das Ergebnis der aktuellen Periode nicht zu belasten.221 Des Weiteren kann die Fokussierung auf den ROI dazu führen, dass Manager technisch veraltete Maschinen über den geplanten Nutzungszeitraum hinaus betreiben, um vom positiven Effekt auf den ROI zu profitieren. Zur Berechnung des ROI setzt man das Anlage- und Umlaufvermögen zu Buchwerten statt zu aktuellen Marktwerten an, mit entsprechenden Auswirkungen auf das Ergebnis. Für Planungs- und Entscheidungszwecke sollte der Marktwert verwendet werden.222 Dieser Forderung kommt übrigens der Cashflow Return on Investment (CFROI) nach (siehe Kapitel C.II.2.f). Der ROI wird zur Ermittlung der Steigerungen des Unternehmenswerts durch Vergleich mit einem gewichteten Kapitalkostensatz verwendet.223 Doch erscheint die Eignung dieser Kennzahl aufgrund der Vielzahl der Kritikpunkte fraglich. Aus dieser Kritik heraus wurde die Entwicklung wertorientierter Kenn217 Vgl. Hoque, Z. (2003), S. 146. 218 Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50–57, die Deutsche Bundesbank definiert ROI wie folgt: Zähler: Jahresergebnis nach Steuern; Nenner: Bilanzsumme korrigiert um Berichtigungsposten zum Eigenkapital und andere Wertberichtigungen; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 373. 219 Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1. 220 Vgl. Kaplan, R./Atkinson, A. (1998), S. 523. 221 Vgl. Balakrishnan, R./Sivaramakrishnan, K./Sprinkle, G. (2009), S. 500; ebenso auch Elrick, M.(2009), S. 18. 222 Vgl. Hahn, D. (2001), S. 83. 223 Vgl. Hahn, D. (2001), S. 83.
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II Finanzorientierte Kennzahlen
zahlen, die Cashflow-basiert den Zukunftswert eines Unternehmens ermitteln, vorangetrieben.224 Es bestehen auch unterschiedliche Auffassungen zur Berechnung des ROI. Man kann als Gesamtkapitalgröße sowohl das betriebsnotwendige als auch das investierte Kapital heranziehen. Das betriebsbedingte Kapital erhält man durch die Bereinigung des Gesamtkapitals um nicht-betriebsbedingte Vermögensteile, wie z.B. Anlagen im Bau oder anderweitig genutzte Grundstücke. Korrigiert man dieses noch um das sogenannte Abzugskapital aus nicht verzinslichen Verbindlichkeiten wie Anzahlungen von Kunden, kurzfristige Rückstellungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, erhält man das investierte Kapital.225 Bei Dienstleistungsunternehmen, wie Beratungs- und Projektdienstleistern, verliert der ROI an Aussagekraft. Sie verwenden stattdessen den NOPAT, da dieser besser dazu geeignet ist, den Wertbeitrag zu messen.226 Bei diesen Unternehmen stehen im Besonderen die Wertbeiträge und Personalkosten pro Mitarbeiter im Vordergrund. Sie erzielen Wertsteigerungen durch die Erhöhung des Gewinns pro Mitarbeiter, durch die Senkung der Personalkosten und durch profitables Wachstum. Die Kritikpunkte am ROI standen Pate für die Entwicklung der Kennzahlen ROCE und ROA. Return on Capital Employed (ROCE) Diese Kennzahl sagt aus, wie hoch die Rendite auf das eingesetzte Kapital einer Periode ist. Sie zeigt die Ertragskraft des investierten Kapitals auf,227 mit anderen Worten die Rentabilität des operativen Vermögens.228 Der ROCE findet häufig Verwendung in der internen und externen Kommunikation, da man mit ihm die Leistungen von Unternehmen und Unternehmensbereichen vergleichbar macht und somit festzustellen kann, ob diese in der Lage sind, ihre Kapitalkosten zu erwirtschaften. Die Rentabilität des Finanzvermögens des Unternehmens wird hier außer Acht gelassen. ROCE wird im deutschen als Betriebsrentabilität bezeichnet. Diese Kennzahl misst, wie effizient und nachhaltig ein Unternehmen seinen betrieblichen Zweck erfüllt, und gilt deswegen als ein weit verbreiter Maßstab der betrieblichen Leistungsfähigkeit. ൌ 224 225 226 227 228
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Vgl. Horváth, P. (2009), S. 122. Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 69. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 94. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 533.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
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Das betriebsnotwendige Kapital errechnet sich gemäß HGB § 266 Abs.2 aus dem Gesamtvermögen abzüglich der Finanzanlagen, der sonstigen Vermögensgegenstände und der Wertpapiere. Capital Employed bezeichnet das für den Betriebszweck eingesetzte Kapital, auf das die Investoren Verzinsungsansprüche haben.229 Alle nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerte und Schulden, die nicht für die Erreichung der Produktions- und Absatzziele sowie die Erhaltung der Liefer- und Leistungsbereitschaft erforderlich sind, werden für dessen Berechnung eliminiert. Die Höhe des betriebsnotwendigen Vermögens kann von externen Interessenten nur geschätzt werden. Dieses Kapital wird auf Basis der Buchwerte abzüglich der kurzfristigen Verbindlichkeiten definiert als: ൌ Ú െ
oder ൌ Ú Die Schwäche des ROCE liegt im Buchwertbezug der Vermögensgegenstände. Er steht damit in großer Abhängigkeit von der Höhe der Abschreibungen. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen, die mit abgeschriebenen Anlagen arbeiten, höhere ROCE Ergebnisse ausweisen als Firmen, die neue Maschinen einsetzen und damit unter Umständen wettbewerbsfähiger sind. Ein sinnvoller Betriebsvergleich mit anderen Unternehmen setzt voraus, dass man auch die Zinsaufwendungen berücksichtigt, was hier nicht geschieht.230 Es empfiehlt sich der Zeitvergleich, denn dadurch erkennen externe Interessenten, ob sich die Effizienz im Unternehmen verbessert oder verschlechtert hat. Der ROCE ist verwandt mit dem Return on Assets (ROA), doch berücksichtigt diese Kennzahl das für den Geschäftszweck eingesetzte Kapital, während der ROA das Gesamtkapital verwendet.
229 Vgl. Lingnau V./Jonen A. (2004), S. 24. 230 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 375.
II Finanzorientierte Kennzahlen
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Return on Assets Der Return on Assets (ROA) ist eine weitere relative Kennzahl in diesem Zusammenhang. Sie misst die Effizienz, mit der ein Unternehmen sein Kapital einsetzt, d.h. wie viel Ertrag mit Hilfe des eingesetzten Kapitals erwirtschaftet werden konnte. Weber/Schäffer beschreiben den ROA als Gesamtkapitalrentabilität, der sich als Quotient von Erfolg nach Steuern und Zinsaufwand mit dem Gesamtkapital errechnet.231 ൌ
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Der ROI entspricht meist dem ROA, allerdings könnte dem ROA eine andere Bewertung der Vermögensgegenstände zugrunde liegen.232 Auch der ROA eignet sich, um Vergleiche mit Unternehmen der gleichen Branche anzustellen. Return on Net Assets (RONA) Die Kennzahl RONA, auch als Return on Invested Capital (ROIC) bezeichnet, bietet eine hohe Aussagekraft über die Rentabilität des Unternehmens und gleicht Schwächen des ROA aus.233 ൌ
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Der Gewinn nach Steuern wird im Zähler ins Verhältnis gesetzt mit dem gesamten Investment aus Fremd- und Eigenkapital, auf welches die Investoren Verzinsungsansprüche haben. Das investierte Kapital umfasst somit das Eigenkapital und das verzinsliche Fremdkapital, doch nicht das nichtverzinsliche Fremdkapital.234 Damit sind Zähler und Nenner konsistent definiert. Die Kapitalbasis beim RONA ist breiter als beim Capital Employed, da argumentiert wird, dass Anteilseigner am Ergebnis interessiert sind und nicht, ob die Rendite durch Finanz- oder Sachinvestitionen erwirtschaftet wurde.235 Im Gegensatz zum ROCE wird hier das gesamte investierte Kapital betrachtet. Die Ertrags231 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 176. 232 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 159. 233 Vgl. Higgins, R. (2001), S. 50: “…to circumvent the distorting effects of leverage on ROE and ROA, I recommend calculating return on invested capital (ROIC), also known as return on net assets (RONA).” 234 Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 533. 235 Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 70.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
kraft von Unternehmen, die entweder dominant fremd- oder eigenfinanziert sind, wird durch den RONA, jedoch nicht durch den ROA, korrekt dargestellt.236
b)
Eigenkapitalrentabilität
Die Eigenkapitalrendite setzt den Jahresüberschuss ins Verhältnis zum Eigenkapital und beschreibt damit die Verzinsung des von den Anteilseignern zur Verfügung gestellten Kapitals. Die Kennzahl drückt aus, wie effizient ein Unternehmen mit seinem Eigenkapital arbeitet. Sie spielt eine bedeutende Rolle für die Beurteilung der Ertragskraft, d.h. die Fähigkeit Gewinne zu erzielen.237 Diese Kennzahl drückt die Unternehmerrentabilität aus und dient deswegen vielen Unternehmen als Zielgröße.238 Damit entspricht die Maximierung der Eigenkapitalrentabilität dem Ziel der Gewinnmaximierung.239 Der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital liegt bei anlagenintensiven Betrieben höher als z.B. bei Beratungsunternehmen, was auf die hohe Bedeutung dieser Kennzahl für diese Unternehmen hindeutet. ¡ ൌ
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Wie vorher schon beschrieben, unterliegt der Jahresüberschuss bilanzpolitischen Einflüssen, was die Aussagekraft dieser Kennzahl bzgl. des Ergebnisses und der Vergleichbarkeit schmälert. Die Eigenkapitalrendite sollte wie die Gesamtkapitalrendite über der des Fremdkapitals liegen, da die Eigenkapitalgeber üblicherweise ein höheres Risiko eingehen. Die Gesamtkapitalrendite bietet allerdings eine höhere Aussagekraft als die Eigenkapitalrentabilität, da sie die Verzinsung des gesamten investierten Kapitals, und damit der Effizienz des gesamten Kapitaleinsatzes, darstellt. Die Finanzierungsstruktur übt einen großen Einfluss auf die Eigenkapitalrentabilität aus. Eine niedrige Eigenkapitalquote mit einer niedrigen Eigenkapitalrentabilität ist üblicherweise schlechter zu bewerten als eine identisch niedrige Eigenkapitalrentabilität bei einer hohen Eigenkapitalquote.240 Eine hohe EKQuote erleichtert es einem Unternehmen, Fremdkapital aufzunehmen.
236 237 238 239 240
Vgl. Higgins, R. (2001), S. 51. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 296. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 356. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 36. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 359.
II Finanzorientierte Kennzahlen
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Bei unternehmensweiten Vergleichen empfiehlt sich der Branchenvergleich. Beispielhafte Eigenkapitalrentabilitäten241 deutscher Unternehmen aus dem Jahr 2007 zeigen branchenweise diese Ergebnisse: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 7,2%, Chemie-Unternehmen 18,4%, Maschinenbau 31,0%, Fahrzeugbau 23,3%, Großhandel 28,3%, Einzelhandel 48,9%, Baugewerbe 66,4%, unternehmensnahe Dienstleistungen 60,68%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 28,8%.242 Der Return on Equity (ROE) misst die finanzielle Effizienz, mit der das Unternehmen die Einlagen der Anteilseigner einsetzt und zeigt die finanzielle Leistungskraft eines Unternehmens auf. Er wird in der Literatur oft als Synonym für die Eigenkapitalrentabilität verwendet. Allerdings wird die Gewinngröße im Zähler teilweise unterschiedlich mit dem Jahresüberschuss243, Gesamtperiodenerfolg244 und als Jahresüberschuss nach Steuern und Zinsaufwand245 angesetzt. In der US-amerikanischen Literatur wird die Zählergröße Net Income angewandt.246 Der ROE findet häufig Anwendung im Finanz- und Investorenbereich. Denn aufgrund seiner Einfachheit besitzt er eine gewisse Aussagekraft und die Fähigkeit, Ansatzpunkte aufzuzeigen, um gezielt notwendige Änderungen vornehmen zu können. Doch besitzt der ROE Schwächen, die er unter anderem mit dem ROI und anderen Kennzahlen teilt, und die seine Aussagekraft mindern. Hier wird insbesondere der wenig aussagefähige Wertbezug bemängelt, da die Einlagen der Anteilseigner immer durch den Buchwert dargestellt werden. Denn nur mit dem Marktwert können Eigenkapitalgeber den aktuellen Wert ihrer Investition feststellen. Der ROE beschreibt zwar die finanzielle Leistung, doch nicht unbedingt die von den Anteilseignern geforderte Werterhöhung des Unternehmens. Es empfiehlt sich daher, den ROE-Vergleich in der gleichen Branche durchzuführen.
c)
Umsatzrentabilität
Durch die Umsatzrendite lässt sich feststellen, wieviel Gewinn ein Unternehmen bezogen auf den Umsatz erzielen konnte. Man bezeichnet sie auch als Gewinn241 Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50-57, die Deutsche Bundesbank definiert das Eigenkapital im Nenner als Zusammenfassung von Eigenkapital + Gewinnvortrag – Berichtigungsposten zum Eigenkapital. Der Jahresüberschuss im Zähler wird nach Steuern dargestellt. Ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 359. 242 Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1. 243 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 159. 244 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 21. 245 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 176. 246 Vgl. Higgins, R. (2001), S. 34.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
spanne.247 Sie drückt aus, wie gut die eigenen Leistungen am Markt verkauft und wie kostengünstig diese produziert werden konnten, d.h. wie effizient ein Unternehmen in der Lage ist, seinen Geschäftszweck zu erfüllen. Diese Kennzahl ist eine wichtige Maßzahl des betrieblichen Erfolges und liefert entscheidende Informationen für die Ertrags- und Aufwandsanalyse. Sie kann in zweierlei Weise dargestellt werden: ൈ ͳͲͲ
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Erstere Darstellung macht Sinn, wenn der Forderung Rechnung getragen werden soll, nur korrespondierende Größen zueinander ins Verhältnis zu setzen.248 Eine steigende Umsatzrentabilität, im Englischen Return on Sales (ROS) genannt, weist im Vergleich zur Vorperiode darauf hin, dass bei gleichem Verkaufspreis die Produktivität erhöht wurde, während eine fallende Umsatzrentabilität auf Probleme im Kostenbereich hindeutet. Negative oder rückläufige Ergebnisse dieser Kennzahl können sowohl durch gesamtwirtschaftliche Einflüsse als auch durch schlechte Führung der Geschäfte verursacht sein. Die Vergleichbarkeit steigt bei Unternehmen mit ähnlichen Wertschöpfungsstrukturen.249 Deshalb bietet sich ein Branchenvergleich an. Beispielhafte Umsatzrentabilitäten250 deutscher Unternehmen aus dem Jahr 2007 zeigen branchenweise diese deutlichen Unterschiede: Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 2,2%, Chemie-Unternehmen 7,7%, Maschinenbau 5,8%, Fahrzeugbau 4,5%, Großhandel 2,1%, Einzelhandel 3,4%, Baugewerbe 5,4%, unternehmensnahe Dienstleistungen 8,0%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 4,1%.251 d)
Cashflow-Rentabilität
Der Cashflow (der Brutto Cashflow) ist in der Regel größer als der Jahresüberschuss, da bei der Ermittlung des Cashflows die verrechneten Abschreibungen 247 248 249 250
Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 353. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 300. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 354. Vgl. Deutsche Bundesbank (2009), S. 50–57; die Deutsche Bundesbank definiert die Umsatzrentabilität folgendermaßen: Zähler: Jahresergebnis nach Steuern; Nenner: Umsatz; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 355. 251 Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1.
II Finanzorientierte Kennzahlen
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als Aufwand enthalten sind, die allerdings bei der indirekten Ermittlung zum Jahresergebnis addiert werden und damit wieder rückgängig gemacht werden.252 Der Einfluss durch Bildung bzw. Auflösung von Rückstellungen, Abschreibungen und Zuschreibungen wird bei der Berechnung des Cashflows aus dem Jahresüberschuss korrigiert. Dies hat zur Folge, dass die Wahl der Abschreibungsmethoden und die angesetzte Nutzungsdauer die Aussagen des Cashflows nicht verwässern. Zeit- und Betriebsvergleiche auf Cashflow-Basis bieten damit eine höhere Aussagequalität über die Ertragskraft eines Unternehmens als diese mit auf dem Jahresüberschuss basierten Rentabilitäten möglich ist. Allerdings sollte man dafür den Cashflow vor Investitionen verwenden. Schwächen der CashflowRentabilitäten liegen darin, dass Vergleiche mit einer Marktrendite zu falschen Rückschlüssen führen, da schon alleine durch die Zurechnung von Abschreibungen positive Cashflow-Rentabilitäten erzielt werden können, selbst wenn ein Unternehmen Verluste erwirtschaftet hat. Kennzahlen zur Cashflow-Rentabilität umfassen die Cashflow-Umsatzrendite, die Cashflow-Gesamtkapitalrendite, die Cashflow-Eigenkapitalrendite und die Cashflow-Investitionsrendite. Die Kritik an der Verwendung des Gewinns und den darauf basierenden Rentabilitätswerten als wichtige Steuergröße eines Unternehmens verstummt nicht. Als mögliche Antwort auf diese Kritikpunkte kann die Entwicklung der wertorientierten Denkweise in Bezug auf die Unternehmenssteuerung gesehen werden, die den Cashflow als zentrale Größe für die Bestimmung und Steigerung des Unternehmenswerts postuliert, die im Kapitel C.I.2 besprochen werden.
iii) Kapitalmarktorientierte Kennzahlen Zur Beurteilung der Ertragskraft eines börsennotierten Unternehmens bieten sich spezielle Kennzahlen an, wie der Gewinn pro Aktie, die Earnings per Share, der Cashflow pro Aktie, der Betriebserfolg pro Aktie, die Aktienrendite, die Dividendenrendite, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und das Kurs-CashflowVerhältnis (KCV). Beispielsweise ziehen Analysten für die Fundamentalanalyse von Unternehmen die Kennzahlen des KGV, des KCV und der Dividendenrendite heran, während das KGV und das KCV auch Anwendung bei der Analystenschätzung für die aktuelle und kommende Periode finden. 253 Da die Earnings per Share im Shareholder Value Konzept eine Rolle spielen, seien sie hier ausführlicher vorgestellt.
252 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 376. 253 Vgl. Bettscheider, P. (2003), S. 110; ebenso auch Scheufele, B./Haas, A. (2008), S. 17.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Earnings per Share ist eine der am häufigsten verwendeten Kennzahlen zur Erfolgsbewertung in den USA.254 Dort schätzen Anleger diese Kennzahl und verwenden sie als Vergleichsmaßstab der Leistungsfähigkeit von Unternehmen.255 Sie interpretieren das Ergebnis der Earnings per Share als Hinweis auf zukünftiges Wachstumspotential eines Unternehmens und deshalb nimmt die Höhe der Kennzahl häufig Einfluss auf den Aktienkurs. EPS zeigt den Betrag pro Stammaktie, den ein Unternehmen nach Steuern, Zinsen und Dividenden für Vorzugsaktien verdient hat. Bilanziert hierzulande ein Unternehmen nach IAS/IFRS, ist es nach IAS 33.66 verpflichtet, die Ergebnisse der Earnings per Share sowohl unverwässert (IAS 33.10) als auch verwässert (IAS 33.31) in der GuV anzugeben.256 Bei der unverwässerten Variante soll das Ergebnis pro Stammaktie ausgewiesen werden, d.h. hier werden nur die Stammaktien berücksichtigt und die Vorzugsaktien sind herauszurechnen.257 Das unverwässerte Ergebnis je Aktie ist damit als das den Stammaktionären zustehende Periodenergebnis im Verhältnis zur gewichteten Anzahl der während der Periode bestehenden und ausstehenden Stammaktien definiert. Folglich ist das Periodenergebnis um die Bestandteile zu verringern, die den im Nenner erfassten Aktien nicht zustehen, um das unverwässerte Ergebnis nach Bereinigung und bezogen auf die durchschnittliche Anzahl der Stammaktien darzustellen.258 ¡
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Setzt sich das Grundkapital ausschließlich aus Stammaktien zusammen und hält das Unternehmen keine eigenen Aktien, ist das Ergebnis von Gewinn pro Aktie und EPS gleich. Die diluted Earnings per Share berücksichtigen die noch ausstehenden Aktien, wie z.B. durch die Umwandlung von Aktienoptionen oder Wandelanleihen.259 Das Periodenergebnis wird um die Zinsaufwendungen für diese Wandelanleihen korrigiert und die Anzahl der Aktien im Nenner entsprechend erhöht.260 Im Falle eines Aktiensplits behandelt man die zusätzlichen Aktien als wären sie am ersten Tag 254 255 256 257 258 259 260
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 266. Vgl. Elliott, B./Elliott, J. (2008), S. 616. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 456. Vgl. Schildbach, T. (2008), S. 402. Vgl. Bea, F.X./Schweitzer, M. (2005), S. 647. Vgl. Blake/Lunt (2001), S. 137; ebenso auch Schildbach, T. (2008), S. 403. Vgl. Bea, F.X./Schweitzer, M. (2005), S. 647.
II Finanzorientierte Kennzahlen
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der betrachteten Periode ausgegeben worden.261 Der Grund dafür liegt darin, dass sich der Anteilsbesitz der Aktionäre prozentual nicht erhöht hat.262 Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Ergebnis durch das Management sind immens. Bonusprogramme, Aktiensplits oder Aktienrückkaufprogramme nehmen beträchtlichen Einfluss auf die Anzahl der Aktien, mit direktem Einfluss auf die EPS, vorausgesetzt, der Gewinn bleibt gleich. Gerade Aktienrückkaufprogramme gewinnen daher zusätzlich an Bedeutung, wenn die Führung eines Unternehmens diese Kennzahl im Zeitvergleich als externen Leistungsmaßstab verwendet. 3.
Zwischenfazit
Die Auswahl dieser wichtigen traditionellen Kennzahlen, die von Unternehmen zur Darstellung ihrer Leistungsfähigkeit genutzt und von Unternehmensexternen dazu verwandt werden, diese zu analysieren, soll einen Eindruck von der Breite ihrer Einsatzmöglichkeiten vermitteln. Ihre individuelle Aussagekraft hängt primär davon ab, inwieweit die Unternehmensführungen ausreichende Informationen über deren Ermittlungsweisen zur Verfügung stellen und inwieweit sie weitere Kennzahlen veröffentlichen, die ergänzende Informationen liefern, um die isolierte Sichtweise, der das Ergebnis einer Kennzahl zwangsläufig unterliegt, zumindest teilweise zu beheben. In den überwiegenden Fällen stellen die Bilanz und die GuV die Datenquellen für die Ermittlung von Kennzahlen dar. Daraus folgt, dass diese Informationen, die meist einmal pro Jahr kommuniziert werden, aufgrund ihres Stichtagsbezugs nur Momentaufnahmen der Leistungsfähigkeit von Unternehmen sein können. Dies entspricht allerdings einerseits nicht dem dynamischen Charakter der Wirtschaft und lädt andererseits durch die Konzentration auf den Bilanztermin zur Optimierung der veröffentlichten Ergebnisse ein.263 Letzteres kann dazu führen, dass die Unternehmenszahlen durch entsprechende Maßnahmen aufgrund kurzfristiger Interessen der Unternehmensführung eine Unternehmenslage widerspiegeln, die einer langfristigen Strategie widerspricht.264 Die Schwachpunkte vieler Kennzahlen liegen neben der Vergangenheitsorientierung, der Einperiodenbetrachtung und den Bewertungsspielräumen, in der Nichtberücksichtigung des Zeitwerts des Geldes und des Risikos, in der mangelnden Korrelation zwischen den jahresabschlussorientierten Kennzahlen und 261 262 263 264
Vgl. Bragg, S. (2010), S. 77. Vgl. Bragg, S. (2010), S. 77. Vgl. Wöhe G. (2008), S. 913. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 265.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
dem Wert des Unternehmens265 sowie dem fehlenden Ausweis des Kapitalbedarfs für die Zukunft.266 Der Bezug auf historische Daten bei der Erstellung von Kennzahlen hat zudem zur Folge, dass die Ergebnisse nur Indikatoren für die zukünftige Entwicklung sein können, wenn man unterstellt, dass sich diese analog zur Vergangenheit entwickeln.267 Aufgrund der unterschiedlichen Situationen in der sich Unternehmen befinden können, bringen externe Kennzahlenvergleiche der gleichen Branche meist mehr Erkenntnisse als Vergleiche von Kapitalgesellschaften verschiedener Industrien. Auch der externe Vergleich absoluter Ergebnisse macht wenig Sinn. Renditekennzahlen eignen sich hierfür besser.
III Kennzahlensysteme Wie im Kapitel B.I.2 besprochen, hat die isolierte Verwendung einzelner Kennzahlen eine eingeschränkte Aussagekraft zur Folge.268 Daher macht es Sinn, Kennzahlen im Verbund anzuwenden.269 Unter Verbünden oder Kennzahlensystemen versteht man eine Zusammenstellung von quantitativen Variablen, die in einem sachlich sinnvollen Bezug zueinander stehen, sich ergänzen oder erklären und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet sind.270 Sie erleichtern sowohl die Problemerkennung als auch die Ursachenforschung und unterstützen bei Planungs-, Kontroll- und Steuerungsaufgaben.271 Durch die Ausrichtung auf ein Oberziel (Spitzenkennzahl), ermöglichen Kennzahlensysteme eine deutlichere Fokussierung auf die Bedeutung von Ergebnissen als dies mit einzelnen Kennzahlen möglich wäre. Dies gilt auch für Verbünde mit mehreren Spitzenkennzahlen.
1.
265 266 267 268 269 270
Systematisierung von Kennzahlensystemen Analytische und synthetische Kennzahlensysteme: Analytische Kennzahlensysteme zeichnen sich dadurch aus, dass Spitzenkennzahlen in viele wei-
Vgl. Horváth, P. (2009), S. 122. Vgl. Horváth, P. ( 2006), S. 131. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 267. Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2006), S. 447. Vgl. Gladen, W (2008), S. 82. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 22; ebenso auch Horváth, P. (2009), S. 507 und Weber J./Schäffer U. (2008), S. 186. 271 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 63.
III Kennzahlensysteme
2. a.
61
tere, erklärende Kennzahlen zerlegt werden können.272 Synthetische Kennzahlensysteme273 dagegen fassen mehrere Kennzahlen zu einer aggregierten Größe zusammen, um sie damit zu einer Gesamtaussage zu verdichten.274 Diese auch als Geschäftsindex bezeichnete Größe, verwendet man als Maß für die Entwicklung eines Unternehmens hinsichtlich des Analyseziels oder zum Vergleich mit anderen Unternehmen.275 Synthetische Kennzahlensysteme (auch Scoring-Modelle genannt) stellen moderne Verfahren der Bilanzanalyse dar, durch die quasi-objektive Aussagen über zu analysierende Unternehmen möglich sind.276 Ein- und Mehrdimensionalität: Eindimensionale Systeme sind auf eine monetär definierte Spitzenkennzahl ausgerichtet. Mehrdimensionale Verbünde richten sich an mehreren Spitzenkennzahlen aus, die sowohl monetärer wie auch nicht-monetärer Natur sein können. Ordnungs- und Rechensysteme: In Rechensystemen sind die Kennzahlen in einer eindeutigen Hierarchie mathematisch (zahlenlogisch) mit einer Spitzenkennzahl verbunden, während Kennzahlen in Ordnungssystemen aufgrund bestimmter Sachverhalte inhaltlich (sachlogisch) verbunden sind. Kombinierte Rechen- und Ordnungssysteme basieren auf einem Ordnungssystem, das wo immer sinnvoll rechnerische Beziehungen zwischen Kennzahlen und eine Spitzenkennzahl zulässt.
Beschreibung einschlägiger Kennzahlsysteme Du Pont Kennzahlensystem
DuPont de Nemours & Co setzt dieses eigenentwickelte System seit 1919 ein.277 Der ROI nimmt die Rolle als Spitzenkennzahl ein.278 Dieses Rechensystem stellt ein Kontrollsystem für das Management dar, mit dessen Hilfe man durch die 272 Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2006), S. 429; ebenso auch Buchner, R. (1985), S. 39. 273 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 414; ebenso auch Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele S. (2004), S. 529; das Saarbrücker Modell ist ein synthetisches Kennzahlensystem, das für die Bilanzanalyse neben quantitativen Kennzahlen auch qualitative Kriterien einsetzt. Im quantitativen Teil ermittelt man die Ertragsstärke mittels der Eigenkapitalquote, dem ROI sowie dem Verhältnis Cashflow zum Umsatz wie auch Cashflow zu Gesamtkapital. Im qualitativen Teil analysiert man das typische Bilanzierungsverhalten. 274 Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2006), S. 430. 275 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 48. 276 Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele S.(2004), S. 499. 277 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 31. 278 Vgl. Jahnke B./Altenburger A./Högsdal N.( 1999), S. 23.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Analyse des ROI in systematischer Weise Schwachstellen aufdecken kann.279 Das DuPont System wird als hierarchische Baumstruktur (ROI-Baum) dargestellt. Unter der ROI Spitzenkennzahl folgen in der zweiten Hierarchiestufe die beiden Kennzahlen Kapitalumschlag und Umsatzrentabilität, die in ihrer Verknüpfung den ROI ergeben.280 Die Positionen in den unteren Hierarchieebenen besetzen Kennzahlen mit absoluten Größen. Aufgrund der logischen Beziehungen der Kennzahlen untereinander erreicht man ein System mit dem höchsten Grad an Geschlossenheit.281 b.
Rentabilitäts- und Liquiditätssystem (RL-System)
Dieses Kennzahlensystem, ein Ordnungssystem, schufen Reichmann/Lachnit 1977. Das System besteht aus einem allgemeinen Teil und einem Sonderteil. Der allgemeine Teil mit Bilanzkennzahlen eignet sich für Planungs- und Kontrollaufgaben. Er ist in einen Rentabilitäts- und Liquiditätsteil aufgeteilt. Der Sonderteil zeigt firmenspezifische Besonderheiten auf, die der tiefergehenden internen Ursachenforschung und Kontrolle dienen.282 Die Spitzenkennzahl des allgemeinen R-Teils ist das ordentliche Ergebnis als oberste Rentabilitätszahl. In der nachfolgenden Hierarchieebene finden sich die Steuerungsgrößen des Finanzergebnisses sowie die Rentabilitäten des Gesamtkapitals, Eigenkapitals, Umsatzes, der ROI sowie der EVA (Economic Value Added). Der Sonderteil des Rentabilitätsteils enthält unternehmensinterne, vertrauliche Kennzahlen wie Deckungsbeiträge, Kostenstrukturen oder Umsatzanteile und beschreibt den Effizienzgrad des Unternehmens. Die Spitzenkennzahl im LTeil sind die zur Verfügung stehenden liquiden Mittel. Die zentralen Kennzahlen, um diesen Wert zu ermitteln, sind der Cashflow, das Working Capital und die Anlagendeckung.283 Der Sonderteil des L-Teils wird für Liquiditätsplanungen verwendet. c.
ZVEI-System
Der Zentralverband der deutschen Elektroindustrie e.V. (ZVEI) hat dieses branchenneutrale Kennzahlensystem veröffentlicht. Dieses kombinierte Rechen- und 279 Vgl. Buchner, R. (1985), S. 39. 280 Vgl. Stephan, J. (2006), S. 22–23; ebenso auch Greiling, D. (2009), S. 90; die Systeme Pyramid of Ratios und Tableau de Bord sind Ordnungssysteme. Sie lehnen sich doch durch die Verwendung des ROI als Spitzenkennzahl eng an das DuPont-System an. 281 Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 399. 282 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 33. 283 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 37.
III Kennzahlensysteme
63
Ordnungssystem ist in die Wachstumsanalyse und die Strukturanalyse aufgeteilt. Im Strukturteil besetzt die Eigenkapitalrentabilität die Position der Spitzenkennzahl, von der sich die untergeordneten Kennzahlen pyramidenförmig ableiten. Die Wachstumsanalyse besteht aus neun absoluten Kennzahlen, die in die drei Gruppen Geschäftsvolumen, Personal und Erfolg aufgeteilt sind: Umsatz, umsatzbezogenes Ergebnis, Auftragsbestand, Cashflow, Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, Vorräte, Sachanlagen, Personalaufwand und Wertschöpfung. Diese stehen allerdings ohne direkten Bezug zueinander und zeigen in Zeitreihen die jeweiligen Veränderungen im Unternehmen auf.284 In der Strukturanalyse sind die Kennzahlen mathematisch in einer Hierarchie mit der Spitzenkennzahl Eigenkapitalrentabilität verknüpft. Die Balanced Scorecard, ein Ordnungssystem, erhält wegen ihrer Nähe zur wertorientierten Unternehmenssteuerung hier einen größeren Rahmen als die anderen genannten Kennzahlensysteme.285
d.
Balanced Scorecard
Klassische Führungssysteme messen den Erfolg eines Unternehmens mit Hilfe vergangenheitsorientierter Kennzahlen primär anhand finanzieller Kriterien. Meist liefern sie diese Ergebnisse, ohne im Zusammenhang mit anderen Kennzahlen zu stehen und ohne auf die Erfolgsfaktoren einzugehen, die großen Einfluss auf die Erreichung der Ergebnisse haben. Die Verwendung vergangenheitsbezogener Werte kann zu einer Überbetonung der kurzfristigen Ergebnisse führen, was wiederum eine Vernachlässigung der langfristigen Wertschöpfung zur Folge hat. Traditionelle Kennzahlen sind demnach nicht in der Lage, die Anforderungen von Unternehmen zu erfüllen, die, um Erfolg zu haben, immer mehr auf die Fähigkeiten und das Wissen von Menschen angewiesen sind.286 Immaterielle Faktoren bestimmen mehr und mehr den Erfolg des Unternehmens, doch deren Wert und Klasse erfassen konventionelle Maßzahlen nicht.287 Daher erzielen Unternehmen, die nur finanzorientierte Kennzahlen zur Leistungserreichung einsetzen, nicht die Wettbewerbsstärke, die immer stärker von Innovationskraft und Kundennähe abhängt, um erfolgreich in sich immer schneller ändernden 284 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 30. 285 Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 370; ebenso auch Labhart P./Volkart, R. (2000), S. 29; Kaub, M./Schaefer, M. (2002); Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1630; Preißner, A. (2008), S. 340. 286 Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2005), S. 172: “The traditional financial performance measures worked well for the industrial era, but they are out of step with the skills and competencies companies are trying to master today.“ 287 Vgl. Bible, L./Kerr S./Zanini M. (2006), S. 18.
64
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Märkten zu bestehen.288 Aus dieser Kritik heraus entwickelten Kaplan/Norton zusammen mit Führungskräften aus zwölf verschiedenen US-Unternehmen in den frühen 90er Jahren das Konzept der Balanced Scorecard. Die Balanced Scorecard (BSC) ist kein Kennzahlensystem im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr ein Führungssystem mit Kennzahlenunterstützung.289 Es ist ein Mechanismus, um Strategien mittels spezifischer operationaler Ziele umzusetzen.290 Die Komplexität des Führens eines Unternehmens verlangt, die Leistungsfähigkeit aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und zu erkennen, welche Werttreiber für das Ergebnis ursächlich verantwortlich sind und welche Maßnahmen notwendig sind, um das Unternehmen zukunftssicher aufzustellen. Die Balanced Scorecard ermöglicht Unternehmen beispielsweise, ihre finanziellen Ergebnisse sowie parallel den Fortschritt im Aufbau von neuen Fähigkeiten und Wissen zu bewerten, um das Wachstum in der Zukunft zu sichern.291 Der Zweck der Balanced Scorecard besteht darin, als Führungsinstrument ein Unternehmen über ein einheitliches Zielsystem zu steuern. Dafür legt die Unternehmensführung die strategischen Ziele fest. Diese Ziele werden mittels Kennzahlen konkretisiert, um die Ergebniserreichung für alle Ebenen des Unternehmens messbar zu machen. Das gesamte System funktioniert allerdings nur, wenn es auf einer Unternehmensvision fußt.292 Aus dieser heraus entwickelt der Vorstand die Strategien und die strategischen Zielsetzungen, von denen sich die operativen Ziele ableiten. Der Einsatz der BSC erleichtert es Unternehmensführern, ihren Mitarbeitern die Unternehmensvision als Basis für die Strategie zu vermitteln. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Wert. Viele Visionen bleiben, trotz hohem Erstellungs- und Kommunikationsaufwand, zu unkonkret, mit der Folge, dass Belegschaften deren Intentionen nicht nachvollziehen können. Deshalb lautet die Vorgabe der Scorecard, aus der Vision die Strategie abzuleiten und deren langfristig orientierte Ziele mit kurzfristigen operationalen Zielen für die aktuelle Periode zu verbinden.293 Durch ihren spezifischen Aufbau werden Organisationen durch die Verwendung der Balanced Scorecard dazu befähigt, mittels Feedback und Lernen ihre Strategien dem relevanten Umfeld anzupassen.294 Die Möglichkeit der Verbindung der Zielgrößen mit einem Anreizsystem ermöglicht zudem eine ergebnisorientierte Unternehmenssteuerung, was die Balanced Scorecard zu einem übergreifenden Controlling-System macht.295 288 289 290 291 292 293 294 295
Vgl. Hoque, Z. (2003), S. 158. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 231. Vgl. Grant, R. (1998), S. 45. Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2007), S. 150. Vgl. Vollmuth, H. (2008), S. 25. Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2007), S. 152. Vgl. Kaplan, R./Norton, D (1996), S. 19. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 416.
III Kennzahlensysteme
65
Mit ihren vier Perspektiven erlaubt die Scorecard eine umfassende Sicht auf das Unternehmen.
i)
Perspektiven
In der BSC bewertet man die Leistung eines Unternehmens gleichzeitig aus vier Perspektiven, die bewusst nicht zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst werden.296 Neben den Kennzahlen der Finanzperspektive erhält man durch die drei nicht-finanziellen Perspektiven (Kundenperspektive, Prozess- und interne Perspektive, Lern- und Innovationsperspektive) und deren Kennzahlen ein aussagekräftiges Bild über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Der Fokus der BSC liegt auf der Darstellung der langfristigen Entwicklung des Unternehmens und dessen strategische Potentiale sowie den Leistungen der Vergangenheit wie auch den langfristigen strategischen Erfolgsfaktoren.297 Ausgehend von der Unternehmensstrategie helfen diese Perspektiven bei der Beantwortung der folgenden Fragen:
Wie sieht uns der Kunde? – Kundenperspektive. Was müssen wir besonders gut können? – Prozess- und interne Perspektive. Wie können wir uns weiter verbessern und Werte schaffen? – Lern- und Innovationsperspektive. Was können wir dem Anteilseigner bieten? – Finanzperspektive.
Diese vier Perspektiven, die in einer kausalen Beziehung zueinander stehen, decken einen erheblichen Teil der erfolgsrelevanten Bereiche des Unternehmens ab.298 Ein Ursache-Wirkungsverhältnis zeigt beispielsweise auf, wovon die Erreichung eines definierten Umsatzwachstums abhängt. Es könnte an der Verfügbarkeit eines neuen Produkts liegen, das genau die Bedürfnisse der Kunden in einem für das Unternehmen neuen Markt erfüllt. Für dessen erfolgreiche Vermarktung braucht man passende Vertriebswege sowie adäquate Produktions- und Lieferprozesse. Die Unternehmensführung sollte daher der optimalen Ausbalancierung der Perspektiven und deren Ziele große Bedeutung beimessen.
296 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 436. 297 Vgl. Horváth, P.(2006) S. 244. 298 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 224.
66 a)
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
Kundenperspektive
Die Vorgaben der Kundenperspektive zielen darauf ab, die Bedürfnisse der Kunden aus deren Sicht zu beurteilen und alles daran zu setzen, diese zu befriedigen.299 Dafür nimmt das Management die Sicht der Kunden auf das Unternehmen ein, um zu verstehen, wie man deren Erwartungen und Bedürfnisse am besten erfüllen kann. Basis dafür sind Einschätzungen der wichtigsten Kunden über das Unternehmen und seine Produkte bzw. seine Dienstleistungen. Daraus abgeleitet werden Kriterien (Value Propositions) formuliert, die das Unternehmen verfügbar haben muss, um sich auf dem Markt zu differenzieren und zu behaupten. Diese Ergebnisse üben beträchtlichen Einfluss auf die Inhalte der Strategie und der daraus abgeleiteten Ziele aus. Da Kunden bei ihren Entscheidungen besonderen Wert auf die Leistungsfähigkeit der Produkte, auf deren Qualität sowie auf Lieferzeit und Kosten legen, beziehen sich die in dieser Perspektive verwendeten Kennzahlen auf (1) Preis, Qualität, Funktionalität der Produkte und der Dienstleistungen, (2) Qualität der Kundenbeziehung (Service, Zufriedenheit, Schnelligkeit, Erreichbarkeit) und (3) Wert des Ansehens (Kundenzufriedenheit und -treue) sowie Reputation der Marke.300
b)
Die interne Prozessperspektive
Die Wettbewerbssituation in allen Märkten verlangt ständige Verbesserungen und Innovationen, um das langfristige Überleben des Unternehmens zu sichern. In der Kunden- und Prozessperspektive legt man dafür die wichtigsten Faktoren zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsposition fest. Dabei widmet sich die interne Prozessperspektive den intern ablaufenden Geschäftsprozessen und somit der Wertschöpfungskette im Unternehmen. Kaplan/Norton beschreiben die Wertschöpfungskette ausgehend vom Kundenwunsch über die Innovationsprozesse, Betriebs- und Kundendienstprozesse im Unternehmen bis hin zur Befriedigung des Kundenwunsches, die mittels dieser Perspektive dargestellt werden kann.301 Die dort verwendeten Kennzahlen informieren über die erreichte Produktivität, Qualität und Durchlaufzeiten der Abläufe, um die gegebenen Value Propositions erfüllen zu können. Die für den Unternehmenserfolg bedeutenden internen Prozesse sind laufend zu verbessern. Sie sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, da sie u.a. einen erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit und Loyalität der Kunden ausüben. Die Erreichung be299 Vgl. Kaplan, R./Norton, D (2005), S. 176. 300 Vgl. Jahnke B./Altenburger A./Högsdal N. (1999), S. 26. 301 Vgl. Kaplan R./Norton D. (2005), S. 172.
III Kennzahlensysteme
67
stimmter Fertigungstiefen und Wertschöpfungsziele, die Optimierung der Produktionskosten und des Lagerbestands, anvisierte Qualitätssteigerungen sowie die Einhaltung vereinbarter Liefertermine sind Zielgrößen in dieser Perspektive. Schwerpunkte liegen dabei in der Regel im Produktionsbereich, doch Verbesserungen anderer interner Abläufe wie beispielsweise die Schnelligkeit des Bestellwesens oder die Genauigkeit der Rechnungsschreibung stehen genauso im Blickpunkt.302 c)
Die Lern- und Innovationsperspektive
Die Lern- und Innovationsperspektive befasst sich mit den Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeiter des Unternehmens. Diese bilden die Voraussetzung dafür, sich als Unternehmen zu verbessern und die Produktinnovationen einzuführen, die notwendig sind, um den strategischen Unternehmenserfolg zu sichern und den Wert des Unternehmens für die Anteilseigner zu steigern.303 Diese Perspektive zielt auf langfristiges Wachstum durch ständiges Verbessern ab. Im Mittelpunkt stehen dabei die Mitarbeiter, deren Fähigkeiten und Motivation essentiell wichtig für die erfolgreiche Umsetzung der Strategie sind. Die individuelle Entwicklung sollte so ausgerichtet sein, dass damit die gesteckten Unternehmensziele erreicht werden können. Ausschlaggebend dafür sind die Qualität der Entwicklungsmaßnahmen und der unterstützenden internen Informationssysteme, die die Mitarbeiter dahingehend entwickeln, um die Erreichung der Firmenziele auf infrastruktureller Basis zu unterstützen. Die Ergebnisse dieser Perspektive üben somit großen Einfluss auf die anderen Perspektiven aus. Da Lernen und Wissen immaterieller Natur sind, ist die Vergabe messbarer Ziele, nicht immer leicht. Als Maßzahlen bieten sich Mitarbeiterzufriedenheit, Anzahl an Weiterbildungsstunden und Mitarbeiterproduktivität an. Weitere Kennzahlen können die Anzahl der innovativen Produkte, die das Unternehmen entwickelt und vertreibt, deren Anteil am Gesamtabsatz und das Durchschnittsalter der verschiedenen Produkte sein. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt, da gerade diese Größen beträchtlichen Einfluss auf den zukünftigen Erfolg des Unternehmens ausüben. d)
Die finanzwirtschaftliche Perspektive
Die finanzwirtschaftliche Perspektive beschreibt den wirtschaftlichen Erfolg und die finanzielle Lage, in der sich das Unternehmen befindet. In dieser Perspektive 302 Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 419. 303 Vgl. Kaplan, R./Norton, D (2005), S. 177.
68
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
prüfen klassische Kennzahlen wie Rentabilität und Wachstum, ob die Umsetzung der Strategie zur Verbesserung des Ergebnisses geführt und wie sich der Unternehmenswert entwickelt hat.304 Diese Perspektive zeigt auf, wie erfolgreich das Unternehmen das eingesetzte Kapital auch im Sinne der Kapitalgeber nutzt. Ziele sind die Sicherung der Liquidität, die Steigerung der Rentabilität, die Erhöhung des Umsatzes und der Produktivität, die Reduzierung des Kapitalbedarfs und die verbesserte Verzinsung des Eigenkapitals. Diesen finanziellen Kennzahlen kommt eine Doppelrolle zu.305 Einerseits verkörpern sie die aus der Strategie abgeleiteten finanziellen Ziele. Andererseits stellen sie für die drei anderen Perspektiven die Ziele dar, die diese über die verschiedenen Ursache-Wirkungszusammenhänge zu erreichen haben. Da jegliches unternehmerisches Handeln darauf ausgerichtet ist, wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, behält die finanzielle Darstellung ihre hohe Bedeutung schon deswegen bei, weil der finanzielle Erfolg grundlegende Voraussetzung für die langfristige Existenz eines Unternehmens darstellt und zudem entscheidende Hinweise auf die Erfolgschancen von Strategien liefert.306 Doch der alleinige Blick auf Finanzkennzahlen sagt nichts darüber aus, welche Faktoren zu diesen Ergebnissen beigetragen haben. Beispielsweise sind ohne kompetente Mitarbeiter Innovationen an Produkten und Prozessen nicht möglich. Des Weiteren ist die Kundenzufriedenheit als eine der Grundvoraussetzungen für die Erreichung der Umsatz- und Gewinnziele zu sehen.
ii)
Weiterentwicklung der BSC hin zum Strategiewerkzeug
Für Kaplan/Norton besitzt die BSC das Potential, neben ihren ursprünglichen Aufgaben das Strategiemanagement unterstützen zu können.307 Die Balanced Scorecard hat sich seit ihrer Einführung von einem reinen Leistungsmesssystem zu einem strategischen Management-Werkzeug entwickelt.308 Für Küpper ist das Konzept der Balanced Scorecard ein übergreifendes Controllingsystem, das enge Bezüge zum Management by Objectives, allerdings mit einer höheren Ausrichtung auf Strategien, aufweist.309 Dieses System eignet sich dazu, die Umsetzung wertorientierter Strategien zu fördern und erhöht durch intelligente Implementierung die Chancen auf langfristigen Erfolg. Es ist von außerordentlicher Bedeu304 Vgl. Horváth, P.(2006), S. 246. 305 Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 190. 306 Vgl. Kaplan, R./Norton, D (2005), S. 178: ”A well-designed financial control system can actually enhance rather than inhibit an organization’s total quality management program.“ 307 Vgl. Kaplan, R./Norton, D (1996) S. 19. 308 Vgl. Bible, L./Kerr S./Zanini M. (2006), S. 19. 309 Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 423.
III Kennzahlensysteme
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tung, dass die Übersetzung der Vision und der Strategien in operationale Ziele hohe Priorität erhält sowie die Bedeutung strategischer Konzepte im Hinblick auf Qualität, Kundenorientierung und Wachstum bei den Mitarbeitern bzw. Managern konkret verankert wird.310 Kaplan/Norton haben vier Prozesse definiert, die diese Transformation erleichtern sollen: 1.
2.
3.
4.
Translating the vision – man setzt sich zum Ziel, die Vision und die Strategie im Unternehmen konkret zu formulieren, um das Verständnis und die Akzeptanz der Mitarbeiter zu erreichen. Communicating and Linking – es soll sichergestellt werden, dass alle im Unternehmen die Strategie verstehen. Die Verantwortung der Manager liegt darin, die Strategie auf allen Ebenen so zu kommunizieren, dass sie mit den Abteilungs- und individuellen Zielen im Einklang sind. Business Planning – mit diesem Prozess werden die Geschäfts- und die Finanzplanung so aufeinander abgestimmt, dass die Ziele der langfristigen Strategien im Budget reflektiert sind. Feedback and Learning – der Anspruch an dieses Management System verlangt, dass es durch die Ergebnisse der gemessenen Perioden möglich sein muss, die Validität der Strategie zu prüfen.311
Somit hilft die BSC Entscheidern bei der Umsetzung strategischer Zielsetzungen, indem sie deren Augenmerk auf strategierelevante Messgrößen und Aktionen lenkt.312 Der BSC gesteht man zu, einen Platz in der betriebswirtschaftlichen Literatur und Praxis gefunden zu haben, da sie die Strategie abbildet, die strategischen Ziele den Perspektiven zuordnet sowie die Ziele als Ursache-Wirkungsketten aufzeigt.313 Kaplan/Norton gestehen ein, dass die Erstellung einer wirkungsvollen BSC keine leichte Aufgabe darstellt.314 Die Unternehmensführung muss sich entscheiden, ob sie die BSC als ein Leistungsmessung- oder strategisches Management-Werkzeug einsetzen möchte.315 Beide Einsatzarten gleichzeitig mit diesem Instrument zu verfolgen, würde die Handhabbarkeit, die Vermittelbarkeit und den Nutzen minimieren. 310 311 312 313 314
Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2001), S. 3. Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2007), S. 158. Vgl. Gleich, R./Höhner, M.-A. (2002), S. 152. Vgl. Fink, C/Heineke, C (2004), S. 93. Vgl. Kaplan R./Norton D. (2001), S. 7: ”The BSC can and should be used to define the strategic linkages that integrate the performance of multiple organizations. This is not an easy task. Functional departments, such as finance, manufacturing, marketing, sales, engineering, and purchasing, have their own bodies of knowledge, language and culture.“ 315 Vgl. Bible, L./Kerr S./Zanini M. (2006), S. 21.
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Der Balanced Scorecard ähnliche Systeme, wie The Performance Prism, Results Based Management und Third Generation Balanced Scorecard, werden aufgrund ihrer geringeren Verbreitung in dieser Arbeit nicht behandelt.
iii) Kritische Würdigung Die Würdigungen der Balanced Scorecard zeigen, dass es einen hohen Bedarf an Steuerungsinstrumenten gibt, die über die traditionellen Grenzen hinausgehen.316 Die Philosophie der BSC basiert auf einer klar formulierten Theorie und ist bei den unterschiedlichsten Unternehmen einsetzbar.317 Sie deckt alle wichtigen Bereiche und Dimensionen im Unternehmen ab. Manager können dadurch eine umfassendere Sicht auf das Unternehmen als nur mit finanziellen Kennzahlen erlangen.318 Die Scorecard kann sowohl für die operative als auch für die strategische Planung angewandt werden, was es dem Anwender ermöglicht, die Lücke zwischen der Formulierung einer Strategie und ihrer Umsetzung zu schließen.319 Die Vorteile der Balanced Scorecard liegen im ganzheitlichen Ansatz zur Beurteilung eines Unternehmens durch die Verbindung des klassischen Kosten- und Erlösmanagements mit dem wertorientierten Konzept, denn die Steuerung über Kennzahlen alleine schafft keine Anreizsituation, die Führungskräfte zu wertsteigernden Maßnahmen bewegt.320 Laut den Entwicklern der BSC besitzt sie das Potential, lang- und kurzfristige, monetäre und nicht monetäre Kennzahlen, Früh- und Spätindikatoren sowie die interne und externe Sichtwiesen für die Unternehmensführung in einem Instrument zu vereinen.321 Die erfolgreiche Einführung einer Balanced Scorecard setzt das Engagement aller Unternehmensebenen von Unternehmensführung über Vertrieb, Produktion, Marketing, Finanzwesen, Personal sowie anderer Bereiche voraus, die im Team über die Inhalte der BSC und deren Einbindung in das Führungssystem des Unternehmens entscheiden. Die Planung geht somit über eine reine Finanzaufgabe hinaus. Diese Notwendigkeit wirkt sich positiv auf die Durchgängigkeit des Konzepts wie auch auf die Motivation der Beteiligten aus, denn die Einführung einer Balanced Scorecard ist ein permanenter Lernprozess, der nur erfolg316 Vgl. Kaplan R./Norton D. (2007), S. 150: ”By going beyond traditional measures of financial performance, the concept has given a generation of managers a better understanding of how their companies are really doing. These nonfinancial metrics are so valuable mainly because they predict future financial performance rather than simply report what’s already happened.“ 317 Vgl. Hoque, Z. (2003), S. 172. 318 Vgl. Buttonwood Group (2004), S. 42. 319 Vgl. Horváth, P. ( 2006), S. 244. 320 Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 31. 321 Vgl. Kaplan R./Norton D. (1992), S. 71–79.
III Kennzahlensysteme
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reich sein kann, wenn alle Mitarbeiter im Unternehmen eingebunden werden.322 Alle Mitarbeiter müssen die Unternehmensstrategie und ihre Rolle darin verstehen, andernfalls wird es der Unternehmensleitung nicht möglich sein, die Ziele der Strategie erfolgreich umzusetzen.323 Die BSC erlaubt die Integration eines Zielsystems mit einem auf die jeweiligen Perspektiven abgestimmten Anreizund Entgeltsystem, mit dem man einerseits strategische, operative und persönliche Ziele für die oberen Führungsebenen sowie andererseits operative und persönliche Zielvorgaben für die unteren Hierarchieebenen vorgeben kann.324 Eine weitere Stärke dieses Systems liegt darin begründet, dass das Management seine Aufmerksamkeit neben den finanziellen Zielen auch auf die nicht-finanziellen Aspekte richtet.325 Kundenorientierung und Fokussierung auf das Intellectual Capital des Unternehmens sind somit automatisch Teil des Managementsystems. Daraus folgt, dass es ratsam ist, nicht vorgefertigte BSCs zu verwenden, denn der wirkliche Nutzen einer BSC bedingt, dass sich jedes Unternehmen maßgeschneidert seine eigene Scorecard erarbeitet.326 Durch die Fokussierung auf vier Perspektiven braucht sich das Management nur auf eine eingegrenzte Anzahl von Kennzahlen zu konzentrieren.327 Es empfiehlt sich zudem, die Verwendung der Kennzahlen pro Perspektive auf eine strikte Anzahl zu beschränken, z.B. auf jeweils fünf.328 Auch Küpper empfiehlt, die Anzahl der verwendeten Kennzahlen in der Scorecard auf 15-20 zu beschränken, da deren Kombination über alle Perspektiven hinweg die optimale Steuerung des Unternehmens ermöglichen soll.329 Dies verlangt von der Unternehmensführung die gezielte Auswahl und eine Konzentration auf das Wesentliche. Jede verwendete Kennzahl muss einen klaren Bezug zur Strategie besitzen, um damit den Beitrag zum Unternehmenserfolg messen zu können. Von hoher Bedeutung sind die Ursache-Wirkungsbeziehungen unter den Kennzahlen, die in ihrer sachlogischen Verknüpfung besser dem Manageralltag entsprechen, da sie dazu zwingen, mehrere Aspekte gleichzeitig und gleichberechtigt im Auge zu behalten.330 Dadurch erkennt man auch mögliche Sub-Optimierungen zu Lasten einer Perspektive, was sowohl das Verständnis für die Zusammenhänge verbes322 323 324 325
326 327 328 329 330
Vgl. Vollmuth, H. (2008), S. 28. Vgl. Kaplan R./Norton D. (2001), S. 9. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 101. Vgl. Price Waterhouse Coopers (2007), S. 2: ”Some companies add nonfinancial metrics to their reporting pack to form a balanced scorecard but fail to yield real benefits. Their mistake? No one has taken time to understand how inclusion of the non-financials addresses business needs nor how they interact with other metrics.” Vgl. Bible, L./Kerr S./Zanini M. (2006), S. 19. Vgl. Kaplan, R./Norton, D. (2005), S. 173. Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 192. Vgl. Küpper, H.-U. (2008), S. 416; ebenso auch Ziegenbein, K. (2006), S. 206. Vgl. Kaplan R./Norton D. (1996), S. 30.
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B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
sert als auch das Nachdenken sowie die Blickweise über den eigenen Tellerrand hinaus fördert. Dies ist mit einer rein finanztechnischen Sicht nicht so leicht abbildbar, da diese suggeriert, dass die Zusammenhänge untereinander analytisch erfassbar seien.331 Die Balanced Scorecard eignet sich deshalb, wertorientierte Strategien abzubilden und umzusetzen.332 Durch die Balanced Scorecard bietet sich die Möglichkeit, finanzielle Ergebnisse nach ihrer Strategiekonformität zu beurteilen. Unternehmen, wie z.B. die schwedische Skandia, veröffentlichen daher Informationen zu ihrer Balanced Scorecard in ihrem Geschäftsbericht.333 Kaplan/Norton unterstützen dieses Vorgehen, da solche Informationen wichtig für Kapitalgeber sind.334 Die Balanced Scorecard will bewusst nicht das Bild eines festen Räderwerks vermitteln, wie dies z.B. beim DuPont-System der Fall ist, um die Führung bei der Steuerung zu unterstützen.335 Denn sie ist kein vorgegebenes starres Gebilde, sondern bietet Freiheiten, weitere Perspektiven oder auch weniger Perspektiven einzusetzen. Jedes Unternehmen, das die BSC anwendet, kann neue Perspektiven, z.B. eine ökologische Perspektive oder eine Lieferantenperspektive, hinzufügen.336 Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, der besonders für unternehmensindividuelle Belange großen Nutzen bringen kann.337 Auf der anderen Seite kann zu viel Individualität zu Wildwuchs führen, wodurch Übersichtlichkeit und Nutzwert leiden können.338 Der Entwicklungs- und Implementierungsaufwand einer Scorecard ist beträchtlich und es kann Jahre dauern, bis sich der Nutzen in den Zahlen widerspiegelt.339 Weiterhin kritisiert wird die Vermarktung der Scorecard als Werkzeug, das jegliche Art von Steuerung im Unternehmen unterstützt („be everything to everybody“).340 Im Falle eines solchen überbreiten Einsatzes der BSC erhebt man eine Vielzahl von Daten und die Gefahr wächst, dass die Anzahl der verwendeten Kennzahlen über das vernünftige Maß hinaus ansteigt. Die Vorzüge der Scorecard würden in diesem Fall nicht nur geschmälert, sondern es leidet auch die Akzeptanz im Unternehmen, was Auswirkungen auf die Ergebnisse hätte. Bei der Zusammensetzung einer Balanced Scorecard läuft man immer in Gefahr, zu viele Kennzahlen betrachten zu wollen und dadurch Führungs331 332 333 334 335 336 337 338 339 340
Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 193. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 98. Vgl. Bible, L./Kerr S./Zanini M. (2006), S. 22. Vgl. Kaplan R./Norton D. (2007), S. 154. Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 193. Vgl. Ziegenbein, L. (2006), S. 207. Vgl. Horváth, P.(2006), S. 246. Vgl. Lin, G./Shen, Q. (2007), S. 6. Vgl. Pickard, J. (2006), S. 14. Vgl. Waal, A. de (2005), S. 31.
III Kennzahlensysteme
73
kräfte mit Information-Overload eher zu hemmen als zu unterstützen.341 Deshalb empfiehlt sich bei Verwendung dieses Kennzahlensystems eine Fokussierung auf eine managbare und sinnvolle Anzahl von Kennzahlen.342 Besonders zu beachten sind die Verbindungen der einzelnen Kennzahlen untereinander, die ja in einer engen Ursache-Wirkungs-Beziehung stehen sollen, um die Vorteile der BSC zur Wirkung zu bringen.343 Doch diese Beziehungen und ihre Abhängigkeiten müssen sehr gut verstanden sein. Wenn dies nicht gelingt, besteht die Gefahr, dass zwischen den Zielvorgaben der einzelnen Perspektiven interne Wettbewerbssituationen entstehen und mehr Kennzahlen eingesetzt werden müssen, um diese Missklänge zu bereinigen, was wiederum die Komplexität erhöht. Dies würde den Nutzen der BSC beträchtlich einschränken, da sie dann nur noch ein Container für Kennzahlen wäre.344
e.
Werttreiberhierarchien
Der Begriff Werttreiber ist im Kontext der wertorientierten Unternehmenssteuerung zu sehen. Im Zentrum des Werttreibermanagements steht die Identifikation erfolgskritischer Wertgeneratoren für alle Unternehmensbereiche. Werttreiber können finanzieller und operativer Herkunft sein. Finanzielle Werttreiber sind Ergebnisgrößen wie Umsatz, Umsatzwachstum, Umsatzrentabilität, Gewinnsteuern, Kapitalkosten sowie Investitionen in das Anlage- oder Umlaufvermögen. Unter operativen Werttreibern versteht man den finanziellen Größen vorgelagerte Hebel für den Unternehmenserfolg.345 Beispiel dafür ist die Produktqualität. Ihre Verbesserung kann direkte Auswirkungen auf Umsatz und Kosten haben. Werttreiber stehen in Werttreiberhierarchien miteinander in Beziehung und werden durch eine Pyramide dargestellt. Daher ist es mit ihnen möglich, Abhängigkeiten und Einflussfaktoren wie auch Erfolgsfaktoren erkennbar zu machen. Die Spitzenkennzahl einer solchen Pyramide wird auf den untergeordneten Hierarchieebenen entweder formal-logisch (mathematisch) oder sachlogisch (Ursache-Wirkung) in die jeweiligen Werttreiber zerlegt. Von ihr ausgehend werden diejenigen internen Einflussgrößen auf den Unternehmenswert ermittelt, die durch das Unternehmen steuerbar sind. Zuerst ermittelt man die formal-logischen Beziehungen. Sind keine weiteren Beziehungen dieser Art mehr erkennbar, folgt die Ermittlung der Beziehungen der Ursache-Wirkungszusammenhänge, für 341 342 343 344 345
Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 31. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (1999), S. 20. Vgl. Wallenburg, C./Weber, J. (2006), S. 2. Vgl. Buttonwood Group, (2004), S. 42. Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 189.
74
B Traditionelle Kennzahlen als Vergleichsmaßstab für wertorientierte Kennzahlen
deren Bestimmung fundierte Geschäftskenntnisse notwendig sind. Durch eine Werttreiberhierarchie lässt sich somit darstellen, welche Stellhebel einzelne Abteilungen konkret ansetzen können, um das Ergebnis der Spitzenkennzahl positiv zu beeinflussen. Damit wird die Spitzenkennzahl in der Linie operationalisiert.346 Im Gegensatz zur BSC, deren Ziel auf das zukünftige Geschäft ausgerichtet ist, gibt man in einer Werttreiberhierarchie Ziele für das bestehende Geschäft vor.347 Eine Werttreiberhierarchie ist das Ergebnis interner Workshops, bei denen Manager und Mitarbeiter des Unternehmens die entscheidenden Werttreiber identifizieren und deren Beziehungen ermitteln. Sie stellt daher eine individuelle Entwicklung dar und folgt keinem vorgegebenen Modell wie bei DuPont. Die wertorientierte Kennzahl EVA, die im Kapitel C.II.2.b besprochen wird, kann, wie die folgende Abbildung zeigt, eine solche Spitzenkennzahl einer Werttreiberhierarchie sein.348
Abbildung 2:
346 347 348 349
EVA-Werttreiberhierarchie349
Vgl. Weber J./Schäffer, U. (2008), S. 189. Vgl. Fink, C./Heineke C. (2004), S.94. Vgl. Fink, C./Heineke C. (2004), S. 94. Entnommen aus Grotheer, M. (2009): http://www.grotheer.de/downloads.htm vom 16.09.2010.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
75
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
I
Wertorientierte Unternehmenssteuerung
Anleger haben durch die Globalisierung der Finanzmärkte und die damit einhergehende Verfügbarkeit von Informationen scheinbar unbegrenzte Investitionsmöglichkeiten, was sie in die Lage versetzt, gezielt Druck auf Unternehmen und deren Vorstände auszuüben.350 Sie nutzen diese für sie vorteilhafte Situation dazu, ihrer Forderung nach renditeorientierter Kapital-Allokation stärkeren Nachdruck zu verleihen, indem sie mit wachsender Geschwindigkeit ihre finanziellen Mittel aus renditeschwachen Anlagen herausziehen, um renditestärkere Investitionen zu tätigen.351 Kapitalgesellschaften geraten durch diese wachsende Bedeutung des Kapitalmarkts, die dieser für die Finanzierung und Steuerung von Unternehmen eingenommen hat, in Zugzwang.352 Dies hat zur Folge, dass sich Unternehmen mit den Zielen der Investoren auseinandersetzen und sich an ihnen orientieren müssen.353 Die zentrale Forderung der wertorientierten Unternehmenssteuerung, einem kapitalmarktorientierten Führungskonzept, liegt darin, dass die vom Kapitalmarkt geforderte Mindestverzinsung als Entscheidungsmaßstab den Kapitaleinsatz im Unternehmen vorgibt.354 Das Konzept der Wertorientierung wurde in den USA entwickelt und hatte seinen Ursprung in den 1970er Jahren, als Unternehmen untersuchten, welchen Einfluss der Kauf oder Verkauf von Unternehmensteilen auf die eigene Wertentwicklung ausübt. Diese Analysen hatten zum Ziel, weitere Wertpotentiale zu erschließen, um durch einen erhöhten Unternehmenswert Schutzwälle gegen Corporate Raiders355 aufzubauen. Der Zweck eines wertorientierten Managementsystems besteht darin, das gesamte Unternehmen an den Zielen der Anteilseigner auszurichten, was be350 Vgl. Martin, H.-J./Schumann, H. (1997), S. 180; ebenso auch Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 5; Wasiljewa, E. (2008), S. 7. 351 Vgl. Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 5. 352 Vgl. Kürsten, W./Meckl, R./Krostewitz, A. (2007), S. 157. 353 Vgl. Coenenberg A./Schultze, W. (2002), S. 598. 354 Vgl. Hahn, D. (2009), S. 420. 355 Deren Geschäftszweck besteht darin, unterbewertete Firmen zu übernehmen und durch Restrukturierungsmaßnahmen Mehrwerte zu schaffen, die es ihnen ermöglicht, beim Verkauf hohe Gewinnmargen zu erzielen.
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2_, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
76
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
dingt, dass sowohl die Strategie und die Anreizsysteme des Unternehmens wie auch alle Kontroll- und Steuerungsmechanismen diesen Anspruch reflektieren.356 Es ist demnach ein holistisches System, das über die Verwendung von finanziellen Kennzahlen hinausgeht.357 Im wertorientierten Konzept fokussieren sich die Erfolgsplanung und – messung auf den perspektivischen Erfolgswert eines Unternehmens mit dem Ziel, Langfristorientierung und Risikoadäquanz seitens des Managements sicherzustellen.358 Die grundlegende Anforderung der Wertorientierung gilt damit der risikoadäquaten Verzinsung des von Investoren zur Verfügung gestellten Kapitals als Prämisse für den Unternehmenserfolg. Als zentrales Entscheidungsmaß soll diese Rendite über der vom Kapitalmarkt geforderten Mindestverzinsung liegen.359 Zusätzlicher Wert wird nach diesem Konzept erst geschaffen, wenn Unternehmen Ergebnisse bzw. Renditen erwirtschaften, die höher sind als die Kapitalkosten, und nicht schon, wenn der Gewinn positiv ist. Frigo betont, dass ein optimales wertorientiertes Managementsystem dazu beitragen kann, das Management bei der Fokussierung auf Wertschaffung und den dafür notwendigen Investitionsentscheidungen zu unterstützen.360 Lin/Shen bezeichnen dieses Steuerungskonzept als einen effektiven, organisierten und systematischen Ansatz, mit dem der Ressourceneinsatz dahingehend optimiert werden kann, um das gewünschte Ergebnis hinsichtlich Leistung und Qualität mit geringeren Kosten zu erreichen.361 Das wertorientierte Konzept verfolgt mehrere Ziele:362 (1) Die langfristige und nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts soll im Mittelpunkt der unternehmerischen Aktivitäten stehen. (2) Ein durchgängiges Rahmenwerk um Strategie, operative Zielsetzungen, Mittelverwendung, Leistungsmessung des Managements sowie Vergütungsmodell bilden. (3) Die Interessen der Kapitalgeber verstehen und sie direkt am Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen.363 Ittner/Larcker fassen diesen Anspruch so zusammen, dass ein wertorientiertes Managementsystem von Unternehmen verlangt,
356 Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 47; ebenso auch Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 10. 357 Vgl. Lueg, R/Schäffer, U. (2010), S. 2 358 Vgl. Küting, K./Weber C.-P. (2004), S. 452. 359 Vgl. Hahn, D. (2001), S. 79. 360 Vgl. Frigo, M. (2002), S. 6. 361 Vgl. Lin, G./Shen, Q. (2007), S. 2. 362 Vgl. Sugiharto, T. (2009), S. 1; ebenso auch Kaub, M./Schaefer, M. (2002), S. 3. 363 Vgl. Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 2.
77
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
die Strategie auf die Maßnahmen zu konzentrieren, die den höchsten Wertzuwachs für die Shareholder versprechen, ein Informationssystem zu etablieren, das die Wertschaffung der Werttreiber im Konzern umfasst, das gesamte Führungssystem auf Wertschaffung auszurichten und ein System der Leistungsmessung sowie ein Vergütungsmodell einzurichten, was u.a. den Einsatz einer Balanced Scorecard (siehe Kapitel B.III.2.d) erforderlich macht.364
Die beiden Autoren stellen dies als Ablaufschema folgendermaßen dar: Overall Objective: Increase Shareholder Value
Identify Specific Organizational Objectives
Develop Strategies And Select Organizational Design
Identify Value Drivers
Develop Action Plans, Select Measures, And Set Targets
Evaluate Performance
Abbildung 3:
Value-based management accounting framework365
364 Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 370.
78
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Ein weiteres Modell, um ein wertorientiertes Steuerungssystem darzustellen, ist das der International Federation of Accountants (IFAC), siehe Abbildung 4. Lueg/Schäffer halten diese Darstellung aufgrund ihres umfassenden Ansatzes für besser geeignet als das Modell von Ittner/Larcker, da es alle Perspektiven so aufzeigt, dass der holistische Ansatz sichtbar wird.366 Die 4. Perspektive, die sogenannte Competency Perspektive, beschreibt die Verbindung der drei anderen Perspektiven untereinander. Die Entscheidung für eine durchgängige wertorientierte Unternehmensführung nimmt Einfluss auf alle Aktivitäten im Unternehmen, insbesondere auf die Ausgestaltung des Führungssystems.367 Bei diesem Konzept richten Unternehmensleitungen ihre Aktivitäten und Investitionen danach aus, wie effektiv sie den Wert des Unternehmens beeinflussen.368 Implizit besitzt man damit ein Instrument zur Portfoliosteuerung.369 Denn durch die erlangte Transparenz ist es möglich, die Investitionen bzw. die Unternehmensbereiche zu identifizieren, die den höchsten Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswerts liefern, und aufgrund dessen die Kapitalallokationen entsprechend durchzuführen, was wiederum den Druck auf die Unternehmensführung erhöht, Quersubventionierungen im Konzern einzustellen.370 Ryan/Trahan haben in ihrer Untersuchung von USUnternehmen festgestellt, dass Value-Based Management (VBM) hauptsächlich für Investitionsentscheidungen, Langzeitplanung und Leitungsmessung eingesetzt wird.371
365 366 367 368 369 370 371
Ittner C./Larcker, D. (2001), S. 353. Vgl. Lueg, R./Schäffer, U. (2010), S. 5. Vgl. Piontkowski, J. (2009), S. 358. Vgl. Woo, C. (1983), S. 1031. Vgl. Habersetzer, A./Hilpisch, Y. (2004). S. 1471. Vgl. Labbé, M. (2005), S. 2089. Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 51; die Daten wurden durch eine schriftliche Befragung der CFOs der 1000 größten Unternehmen der USA (nach Marktwert) ermittelt.
79
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
(3) Contingency factors
(4) Competency
• • • • •
Strategy Performance Organizational design Industry characteristics Management characteristics • Environmental factors • etc.
(2) Capabilities • Shareholder value objective • Specific organizational objectives • Strategy and organizational design • Value drivers • Action plans, KPIs, target setting, etc. • Performance evaluation
Abbildung 4:
(1) Performance Outcomes • Capital market measures • Accounting measures • Non-economic measures • Perceptive measures
IFAC VBM Framework372
Die Operationalisierung der Wertorientierung im Unternehmen erfolgt durch die Implementierung entsprechender Steuerungskonzepte, die durch die Identifikation und Schließung von Wertlücken dazu beitragen sollen, den Unternehmenswert positiv zu beeinflussen.373 Die Steigerung des eigenen Unternehmenswerts ist somit Dreh- und Angelpunkt dieses Konzepts. In ihm spiegeln sich Erwartungen der Investoren wider, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, Zahlungsüberschüsse für seine Kapitalgeber zu erwirtschaften.374 Deren Renditeforderungen finden ihre Abbildung in der Strategie und in der operationalen Zielplanung sowie im Vergütungssystem. Dies hat zur Folge, dass die Entscheidungsträger im Unternehmen entsprechende Zielsetzungen zu verfolgen haben, die Steuerung aller Unternehmenseinheiten auf deren Beitrag zur Steigerung des Unterneh372 Entnommen aus Lueg, R./Schäffer, U. (2010), S. 6. 373 Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 719. 374 Vgl. Fischer, T. (1999), S. 1.
80
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
menswerts auszurichten, und dass eine adäquate Kommunikation darüber aufzusetzen ist.375
1.
Shareholder Value-Konzept
a.
Merkmale
Alfred Rappaport entwickelte das Shareholder Value-Konzept, um Unternehmensführungen in die Lage zu versetzen, ihre Aktivitäten daraufhin zu überprüfen, ob sich diese positiv auf den Unternehmenswert auswirken.376 Das zentrale Anliegen dieses Konzepts liegt darin, den Aktionären im langfristigen Mittel eine angemessene Verzinsung, die ihre langfristigen (Opportunitäts-) Kosten des Eigenkapitals abdeckt, für die Bereitstellung ihres Kapitals zu gewährleisten.377 In der Literatur wird angenommen, dass Eigenkapitalgeber die langfristige Steigerung des Marktwerts des Eigenkapitals anstreben, um daraus eine beständige Einkommensquelle zu erlangen.378 Abgeleitet davon liegt das Ziel der Unternehmensführung in der langfristigen Steigerung des Unternehmenswertes und der daraus folgenden Steigerung des Aktienkurses. Hier wird deutlich, dass die Gedanken und Zielsetzungen des Shareholder Value-Konzepts auf denen des wertorientierten Ansatzes aufbauen. Der Shareholder Value-Ansatz steht im Kontrast zur sogenannten Stakeholder-orientierten Unternehmenspolitik, die davon ausgeht, dass es für Unternehmen notwendig ist, einen Ausgleich von Aktionärsinteressen mit anderen Anspruchsgruppen, wie beispielsweise Mitarbeitern, Kunden, Fremdkapitalgebern und dem öffentlichen Gemeinwesen, herzustellen.379 Im Zentrum des Shareholder Value-Konzepts stehen dagegen ausschließlich die Interessen der Anteilseigner. Es basiert auf der Annahme, dass Investoren sich eine adäquate Verzinsung ihrer Investments versprechen, indem sie solchen Unternehmen bevorzugt Kapital zur Verfügung stellen, die ihre Aktivitäten an der Steigerung des Unternehmenswerts und somit an den Bedürfnissen der Anleger ausrichten. Im Umkehrschluss heißt dies, dass Kapitalgesellschaften, die diesen Ansprüchen nicht oder nicht ausreichend gerecht werden, Sanktionen des Kapitalmarkts dro375 Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 7. 376 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 139: ”My chief objective here is to provide top management and board members with a theoretically sound, practical approach for assessing the contributions of strategic business unit (SBU) plans and overall corporate strategic plans toward creating economic value for shareholders.“ 377 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 434. 378 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 28. 379 Vgl. Scholz, C. (1997), S. 74; ebenso auch Commerzbank (2009), S. 313.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
81
hen. Sie stoßen folglich auf Schwierigkeiten bei der Eigenkapitalversorgung, mit direkten Nachteilen für ihre Investitions- und Zukunftsfähigkeit. Im Übrigen müssen sich der Shareholder- und der Stakeholder Value-Ansatz nicht widersprechen, da sich eine auf die Stakeholder ausgerichtete Unternehmensstrategie auch positiv auf die Anteilseigner auswirken kann.380 Die Leistungsmessung innerhalb der Shareholder-orientierten Steuerung ist auf eine mehrjährige Entwicklung angelegt und beruht auf der Beurteilung des Unternehmenserfolgs sowie der Leistungen der Unternehmensführung. Demnach soll das Management danach entlohnt werden, inwieweit es dazu beiträgt, den Nutzen für die Anteilseigner zu maximieren und deren Renditeforderungen zu erfüllen.381 Voraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen durch die getätigten Investitionen einen positiven Nettokapitalwert erzielt. Ein Anspruch, der im Übrigen schon vor dem Aufkommen des Shareholder Value-Gedankens Bestand hatte. Die Umstellung des unternehmensinternen Steuerungssystems auf diese langfristig orientierten Erfordernisse bildet die Voraussetzung für die Implementierung des Shareholder Value-Konzepts. Rappaport beschreibt das finanzielle Geschehen im Unternehmen als eine Reihe von Zahlungsflüssen. Der Wert einer Investition drückt sich für ihn in der Summe der erwarteten Cashflows aus, diskontiert mit dem Gesamtkapitalkostensatz (Diskontrate). Dabei wird berücksichtigt, dass heutige Zahlungseingänge einen höheren Wert als zukünftige Zahlungseingänge besitzen.382 Nach dem Shareholder Value-Konzept steigt der Wert des Unternehmens, wenn die zukünftigen auf die Gegenwart abgezinsten Rückflüsse aus der Investition größer sind als der Kapitaleinsatz.383 Für Rappaport stellt die Maximierung des Shareholder Value das primäre Kriterium dar, um Unternehmensstrategien zu bewerten. Neben der Maximierung des Marktwerts (Marktkapitalisierung), der sich im Kurswert der Aktien ausdrückt, sind die langfristige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Profitabilität die Ziele, die ein Unternehmen verfolgen muss, um im Sinne der Anteilseigner zu agieren.384 Rappaports Shareholder Value Ansatz mündet in zwei Aussagen: (1) Informationen aus dem internen Rechnungswesen sind nicht immer zur Beurteilung von Strategien geeignet und (2) diskontierte Cashflows bieten einen besseren Maßstab, um Shareholder Value orientierte Entscheidungen zu treffen.385 Der Cashflow gewinnt durch seine Verwendung bei der Ermittlung des Unternehmenswerts im wertorientierten Konzept gegenüber gewinnorientierten Kennzah380 381 382 383 384 385
Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 362. Vgl. Stern, J. (1999), S. 51. Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 141. Vgl. Ziegenbein, K. (2006), S. 19. Vgl. Perry, S. (2001), S. 128. Vgl. Perry, S. (2001), S. 128.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
len an Bedeutung.386 Rappaports Shareholder Value-Konzept gebührt somit der Verdienst, die Aufmerksamkeit auf die Kosten des Eigenkapitals und die Rentabilität von Investitionen gelenkt zu haben.387
b.
Kritik am Shareholder Value Konzept
Kritisiert wird das Shareholder Value Konzept wegen seiner primären Ausrichtung an den Ansprüchen der Anteilseigner. Die Bedürfnisse anderer Stakeholder wie Mitarbeiter, Kunden, Staat und Gesellschaft finden bestenfalls nachrangig Berücksichtigung, was nicht für die Realitätsnähe des Konzepts spricht.388 Ein weiterer Kritikpunkt bemängelt die Überbetonung kurzfristiger Ziele in der unternehmerischen Praxis.389 Denn Anreizsysteme, die sich an einer wertorientierten Spitzenkennzahl und dem Aktienkurs ausrichten, fördern die KurzfristOrientierung des Managements.390 Insbesondere im Zuge der Bilanzskandale hat die vorherrschende Orientierung an der kurzfristigen Gewinnmaximierung mit dem Ziel der Aktienkurssteigerung zu einer Vertrauenskrise von institutionellen Anlegern gegenüber Management, Wirtschaftsprüfern, Rating Agenturen und dem Shareholder Value-Konzept geführt.391 Denn in vielen Unternehmen wurde der Optimierung des aktuellen Quartalsergebnisses Vorrang vor der Verfolgung langfristiger Strategien gegeben. Dies war zusammen mit der Ausgabe von Aktienoptionen an das Management die sichtbarste negative Konsequenz dieses Konzepts. Sogar Jack Welch, der ehemalige Chef von General Electric und einer der prominentesten Vertreter des Shareholder Value-Managements, scheint von der reinen Shareholder Value-Orientierung als oberster Handlungsmaxime abgerückt zu sein.392 Weitere Kritik kam auf, weil Rappaport das Geschehen im Unternehmen primär als eine Folge von Cashflows darstellt. Informationen zu Umsatz und Jahresüberschuss scheinen in diesem Konzept zweitrangig zu sein. Des Weiteren wird an diesem Ansatz bemängelt, dass es auf einem idealen Kapitalmarkt mit einem Einheitszins für Kapitalaufnahme und -anlage sowie einmütigen Interes386 Vgl. Vollmuth, H. (2008), S. 411. 387 Vgl. Ballwieser, W. (2000), S. 165. 388 Vgl. Kleinfeld, K. (2009), S. 18; „Das Shareholder Value-Konzept beruht auf einem Missverständnis. Shareholder Value ist ein Ergebnis, keine Steuerungsgröße. Wie wollen sie Wert für Aktionäre schaffen, wenn sie nicht motivierte Mitarbeiter und zufriedene Kunden haben? Das geht höchstens mit sehr kurzfristigen Finanztransaktionen.“ 389 Vgl. Hachmeister, D. (1997b), S. 824. 390 Vgl. Buderath, H./Langer, A. (2007), S. 133. 391 Vgl. Segler, G./Wald, A./Weibler, J. (2007), S. 405. 392 Vgl. Welch, J. (2009), S. 1: „Genau betrachtet ist Shareholder Value die dümmste Idee der Welt.“
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
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sen der Anleger fußt.393 Es wird nicht zwischen verschiedenen Investorengruppen unterschieden, sondern u.a. unterstellt, dass ihre Interessen ausschließlich rein finanzieller Natur sind, d.h. der Investor agiert in dieser Gedankenwelt einheitlich und nach den gleichen Zielsetzungen, was in keinster Weise der Praxis entspricht.394 So unterscheiden z.B. Kürsten/Meckl/Krostewitz vier Grundtypen von Aktionären:395 (1) Aktionäre, die nur Aktien am Unternehmen halten und außer steigendem Aktienkurs und hohen Dividenden keine weiteren Ansprüche haben. Diese Ausprägung entspricht dem Anleger im Shareholder Value-Modell, der als risikofreudig gilt. (2) Aktionäre, die ihre Fremdkapitalansprüche nicht gefährdet sehen wollen und daher risikoavers agieren. Beispiele sind Hausbanken, die gleichzeitig selbst Anteile am Unternehmen halten. (3) Aktionäre, die neben ihren aktienbasierten Ansprüchen auch Ansprüche bzgl. ihres Arbeitseinkommens haben. Diese Belegschaftsaktionäre agieren risikoavers. (4) Aktionäre, die über ein wohl diversifiziertes Aktienportfolio verfügen und deren Verhalten als risikoneutral zu bezeichnen ist. Die zitierten Autoren haben zudem in ihrer Untersuchung herausgefunden, dass nur die letztgenannte Aktionärsgruppe unmittelbar an der Maximierung des Unternehmenswerts interessiert ist.396 Der Grund liegt darin, dass diese sogenannten Proportionalfinanziers mit ihrem Aktienbesitz aktiv am Marktgeschehen partizipieren und bei einem entsprechenden Wertzuwachs ihr Aktienpaket gewinnbringend veräußern. Ein zusätzliches Manko der vereinheitlichenden Sichtweise des Shareholder Value-Konzepts liegt darin, die Interessen anderer Stakeholder mit der Begründung als irrelevant zurückzuweisen, dass nur Anleger das Residualrisiko trügen. Ein gewichtiger Kritikpunkt am Shareholder Value-Konzept besteht in den Spielräumen, die Unternehmen aufgrund fehlender Vorgaben bei der Ermittlung der Wertsteigerung, der Festlegung des anzusetzenden Cashflows, der Dauer des Planungshorizonts und der Ermittlungsmethode der Kapitalkosten zur Verfügung stehen.397 Darüber hinaus gibt es keine einheitlichen Berechnungsweisen der Cashflows. Zudem bietet die Bestimmung des Restwerts und des Planungszeitraums, dessen Länge sich nach der Dauer des geschätzten Wettbewerbsvorteils richten soll, Freiheitsgrade, die nicht für ausreichende Objektivität sprechen. Beispielsweise ist die Reaktionszeit der Wettbewerber auf den der Schätzung 393 Vgl. Ballwieser, W. (2009), S. 94. 394 Vgl. McSweeney, B. (2009), S. 843: “Even if it is supposed that each individual shareholder has stable preferences regardless of time and context shareholders in general have diverse and conflicting interests and preferences based in their differing attitudes, preferences, risk aversions, liquidity desires and needs, degrees of portfolio spread, and life circumstances. Shareholders relationships with a specific corporation may be very brief, and for many it often is.” 395 Vgl. Kürsten, W./Meckl, R./Krostewitz, A. (2007), S. 161 – 163. 396 Vgl. Kürsten, W./Meckl, R./Krostewitz, A. (2007), S. 163. 397 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 326.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
zugrunde liegenden Wettbewerbsvorteil weder planbar noch ist ersichtlich, ob bis dato unbekannte Wettbewerber auf den Plan treten können, die die Vorteile schneller als vermutet eliminieren. Die Einschätzung mittels dieser Faktoren beeinflusst somit Investitionsentscheidungen und damit deren Attraktivität und Durchführbarkeit. Nach dem Shareholder Value-Konzept sollen Investoren ausreichend Informationen über die zukünftigen wertschöpfenden Potentiale eines Unternehmens zur Verfügung gestellt werden, anstatt sich ausschließlich durch vergangenheitsbezogene Ergebnisse des Jahresabschlusses ein Bild machen zu müssen.398 Zwar bleibt der Geschäftsbericht für externe Interessenten eine wichtige Informationsquelle. Doch da Unternehmen bei der Wahl und Darstellung der dort dokumentierten wertorientierten Kennzahlen frei sind und sich u.U. zusätzlich noch Spielräume in der Ermittlungsweise ergeben, ist damit eine Vergleichbarkeit von Ergebnissen und eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit von Unternehmen nur eingeschränkt möglich. Hier hat das Shareholder Value-Konzept zu wenig konkret den Weg für eine aussagestarke Ergebnisdarstellung im Sinne von Transparenz und Nachvollziehbarkeit gewiesen. Ein weiterer nachteiliger Aspekt liegt im fehlenden Einblick der Aktionäre in das Tagesgeschäft eines Unternehmens. Entscheidungen im Unternehmen trifft die Unternehmensleitung. Diese Manager besitzen gegenüber den Anteilseignern nicht nur einen Informationsvorsprung, sondern auch das Wissen über die Handhabung der zur Verfügung stehenden Werttreiber. Die Ermittlung der zukünftigen Cashflows aus Investitionen eines Unternehmens beruht auf den Einschätzungen des Managements und nicht auf denen der Kapitalgeber. Eigenkapitalgeber versorgen zwar das Unternehmen mit Kapital, doch haben sie in der Regel keine Möglichkeit, sich direkt in die Führung des Unternehmens einzubringen, da ihnen die notwendigen Informationen fehlen. Die Eliminierung dieser Informationsasymmetrie ist die Voraussetzung dafür, dass Anleger (Prinzipale) erkennen, ob die Unternehmensführung (Agenten) die Geschäfte in ihrem Sinne führt. Anteilseigner können allerdings durch ein auf ihre Ansprüche abgestimmtes Vergütungssystem der Vorstände indirekt Einfluss auf die Führung des Unternehmens nehmen. Detaillierte Informationen dazu sind im Kapitel C.III.1 zu finden. Manager, die das Shareholder-orientierte Konzept anwenden, müssen bereit sein, ein kurzfristig orientiertes Management- und Belohnungssystem gegen ein System zu tauschen, das verstärkt langfristige Ziele verfolgt, die nachweislich auch den Kapitalgebern nutzen.399 Unternehmen, wie beispielsweise Alcoa und Microsoft, haben die Vergütungssysteme für ihre Führungskräfte entsprechend 398 Vgl. Kaplan, R./Norton D. (1997), S. 19. 399 Vgl. Koller, T./Peacock, J. (2002), S. 107.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
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diesem Anspruch erweitert. Bei Alcoa richtet sich das Anreizsystem auf die langfristige Leistung und die Verbesserung der Cash-Position aus.400 Cashfloworientierte Renditen sind geeignetere Erfolgsmaßstäbe als Kennzahlen wie Earnings per Share, da sie dem Management helfen, die Leistungsfähigkeit des Unternehmens besser zu steuern.401 Microsoft geht noch einen Schritt weiter auf die Anteilseigner zu und gewährt ihnen die Möglichkeit, allerdings noch rechtlich unverbindlich, über die Gehälter und Boni der Führungskräfte abstimmen zu können.402 Zu viele Firmen haben die Ausgabe von Aktienoptionen als ausreichende Maßnahme verstanden, die Interessen des Managements mit denen der Anteilseigner in Einklang zu bringen. Doch durch zu kurze Laufzeiten der Optionen und eine leichtfertige Bestimmung des Zielaktienkurses wurde Kurzfristdenken eher gefördert als gemindert. Dieses Verhalten leben allerdings auch Investoren und Analysten vor. Sie üben Einfluss auf das Management aus, damit dieses mit mehr oder minder fundierten Prognosen des Umsatzwachstums oder der Earnings per Share auf die kurzfristige Steigerung des Börsenwerts hinarbeitet.403 Hierin sind Gründe zu sehen, warum das Shareholder Value-Konzept in Misskredit geraten ist und als Ursache für Skandale wie ENRON sowie die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 gilt.404 Die Schnelligkeit, die Unternehmen in der globalen Wirtschaft aufgezwungen wird, verstärkt den Fokus auf kurzfristige Ergebnisoptimierung.405 Eine Umfrage der Duke University aus dem Jahre 2005 unter 401 Finanzverantwortlichen aus dem Top Management erbrachte das Ergebnis, dass 80% von ihnen wertgenerierende Maßnahmen stoppen würden, um das Ergebnis des aktuellen Quartals zu verbessern.406 Für viele Kapitalmarktteilnehmer orientiert sich der Unternehmenswert im Shareholder Value-Konzept am aktuellen Kurswert, der nicht unbedingt den 400 Vgl. Kleinfeld, K. (2009), S. 18. 401 Vgl. Stern, J. (1999), S. 53; ebenso auch Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 15. 402 Vgl. Smith, B. (2009), S. 6: „Angesichts des hohen Interesses an den Gehältern von Managern denken wir, dass es sinnvoll ist, mit unseren Anteilseignern in einen stärkeren Dialog über unseren Ansatz zur Vergütung zu treten.“ 403 Vgl. Rappaport, A. (2006), S. 66 u. 68: “…. the average holding period for stocks in professionally managed funds has dropped from about seven years in the 1960s to less than one year today.“ 404 Vgl. Malik, F. (2009), S. 28: „Niemand bestreitet, dass Kapitalgeber, also Miteigentümer an einem Unternehmen, dafür auch belohnt werden sollten. Jedoch ist die auf dem Shareholder Value-Prinzip beruhende Corporate Governance die systematische Irreführung der Unternehmensleitung. Die heutige Krisensituation ist die Folge dieser Irrlehren.“ 405 Vgl. Thomas, P. (2009), S. 25: „Sehr, sehr viele große Konzerne, vor allem angelsächsische, sind fürchterlich kurzfristig ausgerichtet.“ 406 Vgl. Rappaport, A. (2006), S. 68; ebenso auch Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 4; die Autoren berichten von einer Studie der University of Washington, die ähnliche Ergebnisse erbrachte.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
tatsächlichen Wert des Unternehmens reflektieren muss. Denn der Börsenwert wird nicht ausschließlich durch die Leistung des Unternehmens bestimmt, sondern ist auch externen Einflüssen ausgesetzt. Daher lässt sich aus dem Börsenwert nicht ablesen, ob dieser Wert Ergebnis einer nachhaltigen Langfriststrategie mit werthaltigem Geschäft ist. Gerade in Zeiten der Internet-Aktienblase, vor dem Zusammenbruch der Aktienmärkte im Jahr 2001 ermöglichten Unternehmen, die fast keinen Gewinn generierten bzw. sogar hohe Verluste einfuhren, durch die hohe Bewertung ihrer Aktien ihren Aktionären hohe Gewinnmöglichkeiten, sofern diese ihre Aktien rechtzeitig verkauft haben. 407 Die Diskussion über die Sinnhaftigkeit an der Orientierung am Shareholder Value hält in der Theorie an, in der Praxis scheint sie jedoch bereits entschieden zu sein, da die messbaren Erfolge überschaubar sind.408
c.
Rappaports Antwort
Rappaport konstatiert, dass nicht das Shareholder Value-Konzept falsch sei, sondern die Umsetzung, die es in der Praxis erfahren hat.409 Das Kurzfristdenken und die Anreizsysteme mit Aktienoptionen sieht er im Widerspruch zu seinem Konzept. Langfristig geplantes Wachstum soll den Wertzuwachs erwirtschaften, der Investoren für ihre Risikobereitschaft belohnt.410 Für ihn sind Aktienoptionen nur dann ein Zeichen gemeinsamer Interessen von Anteilseignern und Management, wenn diese als Belohnung für die Erreichung langfristig orientierter Ziele dienen. Deshalb ist es notwendig, eine wertorientierten Strategie an ein Vergütungssystem anzubinden, das mit diesen Prinzipien verknüpft ist.411 Doch die Ausgabe von Aktienoptionen hat zu häufig das Gegenteil bewirkt, denn sie wurden zu freigiebig vergeben, was dazu führte, dass die Anteile der Anleger verwässert (diluted) wurden.412 Rappaport hat daraufhin das Shareholder Value Konzept weiterentwickelt. Er postulierte zehn Prinzipien, die dazu dienen sollen, Wertsteigerungsziele zu verfolgen.413 Darunter befinden sich Prinzipien wie den langfristig orientierten 407 408 409 410
Vgl. Van der Heyden, P. (2007), S. 149. Vgl. Ballwieser, W. (2009), S. 99. Vgl. Rappaport A. (2006), S. 66. Vgl. Rappaport A. (2007), S. 149: ”After all, a company’s value depends on its long-term ability to generate cash to fund value-creating growth and pay dividends to its shareholders.” 411 Vgl. Bierman, H. (1990), S. 153. 412 Vgl. Stern, Joel (1999), S. 51. 413 Vgl. Rappaport A. (2006), S. 68; er bewertet Unternehmen danach, wie gut sie seine 10 Prinzipien umgesetzt haben. Nur eine Firma kommt seiner Meinung in die Nähe, eine sogenannte Level 10 Firma zu sein: Berkshire Hathaway.
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Wertzuwachs kurzfristigen Zielen vorzuziehen oder Earnings per Share nicht als primäre Kennzahl für den Unternehmenserfolg zu verwenden. Er plädiert, für diesen Zweck maßgeschneiderte Vergütungselemente für Unternehmensführungen sowie Bereichsleiter als auch das mittlere Management zu etablieren, um damit auch die Einfluss-Hierarchien zu reflektieren. Unternehmensführer sollten nur dann ein hohes variables Einkommen erhalten, wenn sich durch die Gesamtleistung des Unternehmens der Kurswert der Aktie langfristig besser als der Markt oder als eine definierte Gruppe von direkten Wettbewerbern entwickelt. Zudem schlägt er vor, die Anzahl der Optionen, die auf einmal verkauft werden können, einzuschränken. Da Bereichsleiter nur einen begrenzten Einfluss auf das Ergebnis des Gesamtkonzerns haben, sollte ihr Vergütungsmodell darauf basieren, wie gut sie mit ihren Einheiten die vorgegebenen Cashflow-Ziele erreichen. Diese Ergebnisse sollten z.B. in einem rollierenden dreijährigen Zyklus ermittelbar werden, um eine Langfristigkeit sicherzustellen. Das mittlere Management ist für das Tagesgeschäft verantwortlich. Dessen variable Bezahlung soll sich deshalb daran ausrichten, wie viel Wert sie dem Unternehmen beispielsweise durch rechtzeitige Einführung neuer Produkte, Gewinnung neuer Kunden oder Ausbau bestehender Kundenbeziehungen zuführen. Rappaport schlägt weiter vor, dass Vorstände nur aufgrund langfristiger Ergebnisse durch Incentives belohnt werden und durch eigene Investitionen in Aktien des Unternehmens das gleiche Risiko wie ihre Aktionäre tragen.414 Sollten in einer Periode nicht genügend lohnende Investments verfügbar sein, plädiert er dafür, Teile der verfügbaren Finanzmittel als erhöhte Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Als sehr wichtig sieht er in diesem Zusammenhang eine adäquate Kommunikation gegenüber Aktionären und potentiellen Investoren über die wertorientierte Strategie im Unternehmen als Nachweis für langfristig orientiertes Handeln an. Die Herausforderungen einer Kapitalgesellschaft, sich von einer konventionell ausgerichteten und kurzfristig-orientierten Strategie, mit Spitzenkennzahlen wie ROE, ROI oder EPS, hin zu einer wertorientierten und damit langfristigorientierten Strategie zu entwickeln, sind beträchtlich. Erstens verlangt eine solche Entscheidung, langfristige Ziele als zentrale Vorgabe zu etablieren und das Managementsystem wie auch das Vergütungsmodell daran auszurichten. Hinzu kommt, dass die Unternehmensführung bereit sein muss, bestehende Geschäftsmodelle zu ändern, indem nicht werterzeugende Unternehmensteile geschlossen oder verkauft sowie Investitionen nur in nachweislich wertsteigernde Teile des Unternehmens gelenkt werden. Solche Entscheidungen bedingen nicht nur exzellente Marktkenntnisse der Unternehmensführung, sondern auch die 414 Dieses Prinzip wird auch in deutschen Unternehmen, z.B. der Siemens AG, umgesetzt.
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Bereitschaft der Anleger, nicht unbeträchtliche Risiken, die diese Transformation mit sich bringt, in Kauf zu nehmen. Daher gibt es Stimmen, die zwar den Shareholder Value-Ansatz als wichtig und richtig ansehen, doch die primäre Verpflichtung des Managements in der Sicherung des Fortbestands ihres Unternehmens sehen.415 Der Verdienst von Alfred Rappapport liegt eindeutig darin, dass er mit dem Konzept der Orientierung am Unternehmenswert einen Maßstab zur Verfügung gestellt hat, geplante Investitionen und Projekte anhand ihres Potentials an Wertschaffung bewerten zu können, um damit das Kapital zielgerichtet in die Richtung des maximalen Wertbeitrages zu investieren. Der Fokus der Unternehmensführungen und des Kapitalmarkts wurde somit noch stärker auf den wertsteigernden Einsatz des Kapitals gelenkt sowie den Kapitalanlegern mit dem Shareholder Value-Konzept ein Instrument zur Hand gegeben, den Erfolg der Unternehmen dahingehend zu bewerten.
2.
Ermittlung des Unternehmenswerts
In aller Regel wird die Ermittlung des Unternehmenswerts aus Sicht der Eigenkapitalgeber durchgeführt. Teilweise fehlen Anteilseignern aufgrund von Informationsasymmetrien Einblicke in die Wertschaffungsaktivitäten der Unternehmen. Sie sind somit darauf angewiesen, über sogenannte Ersatzgrößen, wie dem Börsenkurs, eine gewisse Kontrolle auf das Management auszuüben.416 Der Unternehmenswert kann entweder direkt anhand der Börsenkapitalisierung oder indirekt über die Berechnung wertorientierter Kennzahlen dargestellt werden.417
a.
Der Unternehmenswert
In der Theorie der Wertorientierung definiert sich der Unternehmenswert als Gegenwartswert (Barwert) der Free Cashflows (FCF) einer definierten Planungsperiode (t), der durch die Diskontierung mit dem Kapitalkostensatz (k) entsteht. ୬
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415 Vgl. Bierman, H. (1990), S. 140. 416 Vgl. Laux, H. (2003), S. 374. 417 Vgl. Becker, W./Kunz, C. (2008), S. 290.
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Eigenkapitalgeber betrachten den Kauf von Anteilen einer Aktiengesellschaft als Investition, auf die sie eine Rendite erwarteten. Sie messen den Wert einer Investition an den zukünftigen Zahlungsströmen, die diese erwirtschaften soll. Aus der Sicht eines Investors entspricht der Unternehmenswert dem Barwert aller zukünftigen Dividenden abzüglich der Kapitaleinlagen und zuzüglich der Kapitalrückzahlungen.418 Der Wert eines Unternehmens drückt sich somit als Kapitalwert der zukünftigen freien Cashflows aus. Gedankliche Grundlage dabei ist der Residualgewinn.419 Er entspricht dem Gewinn, der um die Kapitalkosten auf den Unternehmenswert reduziert wird:420 ୲ ൌ ୲ െ
Ist der Gewinn bzw. der Cashflow höher als die Gesamtkapitalkosten, spricht man von dieser Differenz als Übergewinn oder Residualgewinn.421 Anders ausgedrückt, wenn ein Investment einen höheren Betrag als die geforderte Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals erwirtschaftet, entsteht residualer Gewinn. Nach dem Konzept des Residual Income (RI), das Solomons 1965 beschrieb, wächst der Wert des Unternehmens in einer Periode um diesen absoluten Betrag in Geldeinheiten an.422 Ein Unternehmen, das die Mindestverzinsung nicht erreicht, vernichtet demnach Wert. Mit residualen Überschüssen können Unternehmen zusätzliche Dividenden und weitere Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit finanzieren.423 Nach der Brutto-Methode errechnet sich der RI als Gewinn abzüglich des durchschnittlichen Kapitalkostensatzes auf den Buchwert des investierten Kapitals: ൌ െ ሺ
Ǥ ൈ ሻ Nach der Netto-Methode wird vom Gewinn das Produkt des Buchwerts des Eigenkapitals (EK) mit der geforderten Verzinsung des Eigenkapitals (i) abgezogen:424 418 419 420 421 422 423 424
Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2000), S. 10. Vgl. Jahnke B./Altenburger A./Högsdal N. (1999), S. 18. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 104. Vgl. Magni, C. (2007), S. 1. Vgl. Solomons, D. (1965), S. 126. Vgl. Hahn, D. (2009), S. 420. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 539.
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ൌ െ כ Der Barwert der Zahlungsüberschüsse entspricht dem Unternehmenswert. Wenn gemäß dem Lücke-Theorem die Barwerte der residualen Gewinne mit denen der Free Cashflows in der gleichen Periode übereinstimmen, kann der Residualgewinn zur Ermittlung des Unternehmenswerts verwendet werden.425 Mit Hilfe von Residualgewinnen ist es somit theoretisch möglich, Unternehmenswertsteigerungen korrekt zu erfassen.426 Doch birgt das Konzept des residualen Gewinns Nachteile, was seinen Nutzen in der Praxis einschränkt:427 (1) Das Ergebnis hängt von der Höhe des eingesetzten Kapitals ab. Beim Vergleich von zwei Unternehmensbereichen würde der mit der größeren Profitabilität (ROI) einen höheren residualen Gewinn erzielen, obwohl der Wertzuwachs des anderen Bereiches stärker sein könnte. Das heißt, die Vergleichbarkeit der Ergebnisse ist nicht gegeben. (2) Das Ergebnis wird entscheidend durch die Höhe der vom Management berechneten Mindestverzinsung bestimmt. Das RIKonzept wurde für die Entwicklung von wertorientierten Kennzahlen wie Economic Value Added und Economic Profit, die beide von der Brutto-Methode des Residual Income abgeleitet wurden, wiederentdeckt.428 Beide Kennzahlen werden im Kapitel C.II.2 besprochen. Bei börsennotierten Unternehmen berechnet sich der Return für die Anleger aus den ausbezahlten Dividenden und der Wertsteigerung der Aktien.429 Diese Determinanten bestimmen den Preis, den ein Aktionär bereit ist, für die Aktie zu zahlen.430 Anleger sind folglich daran interessiert, die Strategien zu kennen und zu verstehen, die ein Unternehmen mit dem Ziel verfolgt, seinen Wert nachhaltig zu erhöhen. Der Erschließung zusätzlicher Potentiale innerhalb des Unternehmens kommt somit für die Unternehmensführung eine hohe Bedeutung zu, um Wertlücken zwischen dem inneren Wert und dem Börsenwert zu schließen.431 Entsprechende Absichten des Vorstands treffen genau den Anspruch der Kapitalgeber, die fordern, erstens nur solche Maßnahmen durchzuführen, die den inneren Wert des Unternehmens erhöhen und zweitens dieses Werterhöhungspotential glaubhaft an den Kapitalmarkt zu kommunizieren, um damit den Börsenwert zu steigern.432 Ein 425 Vgl. Hamilton, J./Rahman, S./Lee, A. (2009), S. 272. 426 Vgl. Römhild, M. (2010), S. 245. 427 Vgl. Balakrishnan, R./Sivaramakrishnan, K./Sprinkle, G. (2009), S. 503; ebenso auch Römhild, M. (2010), S. 245. 428 Vgl. Copeland, T./Koller, T./Murrin, J. (2000), S. 166; ebenso auch Francis, G./Minchington, C. (2000), S. 46. 429 Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 719. 430 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 440. 431 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 156. 432 Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W.(2002), S. 606.
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Unternehmen kann demnach laut diesem Konzept als fair bewertet angesehen werden, wenn sich der Börsenwert und der innere Wert entsprechen.433 Mit der Umsetzung werterhöhender Strategien ist folglich auch beabsichtigt, steigende Aktienkurse zu realisieren, um damit die eigene Attraktivität am Kapitalmarkt zu verbessern und den Anlegern ein wertvolleres Aktienportefeuille zu verschaffen. Denn aus Sicht der Anteilseigner stellt der an der Börse ermittelte Marktwert eines der wichtigsten Entscheidungskriterien dar, wenn es darum geht zu entscheiden, ob man in ein Unternehmen investiert oder nicht. Vorstände haben verschiedene Hebel zur Hand, den Unternehmenswert zu erhöhen: (1) Durch entsprechende Kommunikation an den externen Markt, dass das Unternehmen sich vorgenommen hat, den inneren Wert als Zielwert für den Börsenwert anzusetzen und durch (2) Senkung der Kapitalkosten u.a. durch Abbau der Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensführung und Anlegern, mit dem Ziel, das Risiko für die Kapitalgeber zu verringern. Investoren und Unternehmer wollen demnach zuallererst wissen, ob es wirtschaftlich Sinn macht, vorgeschlagene Investments oder Projekte anzugehen. Die Gegenüberstellung der geplanten Einzahlungen mit den Auszahlungen über die Laufzeit dieses Engagements bildet die Grundlage für ihre Entscheidungen. Im Rahmen der Bewertung von Unternehmen und auch Projekten werden diese Zahlungsflüsse mit einer Diskontierungsrate, die auf dem Kapitalkostensatz basiert, abgezinst, um die Vergleichbarkeit alternativer Anlagemöglichkeiten herbeizuführen. Mit dieser Wirtschaftlichkeitsbetrachtung werden die potentiellen Investitionsprojekte in ein Ranking überführt, wobei ein positives Ergebnis einen ersten Hinweis auf die Vorteilhaftigkeit dieses Investments liefert.434
b.
DCF Methode
Die Ermittlung des Unternehmenswerts, des potentiellen Preises eines Unternehmens, kann aus der Gesamtbewertungsperspektive mit einem Zukunftserfolgsverfahren wie der Discounted Cashflow Methode (DCF) erfolgen.435 Mittels DCF436 lässt sich der Wert eines Unternehmens als Barwert der durch das Unternehmen in Zukunft generierten und den Kapitalgebern zur Verfügung stehenden Zahlungsüberschüsse nach Abzug aller Investitionen (Free Cashflows) ermitteln.437 Damit diese Annahme gültig ist, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt 433 434 435 436 437
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 435. Vgl. Schermbach, M. (2007), S. 872. Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 16–17. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 308; er setzt die Kapitalwertmethode mit dem DCF gleich. Vgl. Ballwieser, W. (1998), S. 81.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
sein: (1) Das Kongruenzprinzip, d.h. die Summe aller Periodenerfolge muss der Summe der Ein- und Auszahlungen dieser Perioden entsprechen und (2) die kalkulatorischen Zinsen auf das gebundene Kapital der Vorperiode sind vom Periodenergebnis abzuziehen.438 DCF wird als dynamisches Verfahren der Investitionsrechnung bezeichnet.439 Diese Methode berücksichtigt die Zahlungsverläufe und die jeweiligen Zeitpunkte der Ein- und Auszahlungen über die gesamte Dauer der Investition. Sie besitzt damit eine höhere Entscheidungsrelevanz als die statische Betrachtungsweise, da diese den Faktor Zeit überhaupt nicht oder nur unvollkommen berücksichtigt. Änderungen der in die Rechnung eingehenden Ertrags-, Aufwands- und Kostengrößen werden im Zeitablauf außer Acht gelassen.440 Es wird vom Autor vorgeschlagen, die Discounted Cashflow Methode in diesem Zusammenhang als elementare Berechnungsmethode der Wertorientierung anzusehen, deren Ergebnis in die Berechnung wertorientierter Kennzahlen einfließt, statt selbst als primäre Ergebniskennzahl zu gelten. Bevor diese wertorientierten Kennzahlen im Kapitel C.II behandelt werden, soll hier zunächst die Discounted Cashflow Methode vorgestellt werden.
i)
Berechnung
Die Discounted Cashflow Methode errechnet den Gegenwartswert aller erwarteten Zahlungen durch Diskontierung mit dem Kapitalkostensatz.441 Man ermittelt somit den gegenwärtigen Zeitwert aller Geldflüsse,442 um daraus den Unternehmenswert abzuleiten.443 Damit wird die Äquivalenz des heutigen Geldwertes mit den zukünftigen Geldflüssen hergestellt. Der Free Cashflow (siehe Kapitel B.II.1.b.iii) stellt die Cashflow-Größe dar, die dem DCF-Verfahren zugrunde liegt.444 Den Gegenwartswert bzw. Barwert der zukünftigen Free Cashflows ermittelt man folgendermaßen:
438 Vgl. Kremer, P. (2008), S. 77; ebenso auch Schaffer, C. (2005), S. 17. 439 Daneben gibt es noch die Annuitäten- und die interne Zinsfußmethode, die wie DCF als dynamische Verfahren der Investitionsrechnung bezeichnet werden. 440 Vgl. Wöhe G. (1978), S. 541; die Verfahren der statischen Investitionsrechnung sind die Kostenvergleichsrechnung, die Gewinnvergleichsrechnung, die Rentabilitätsrechnung (Return on Investment) und die Amortisationsrechnung (Pay-Off-Period). 441 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 141. 442 Vgl. Horváth, P. (2009), S. 54. 443 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 290. 444 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 290.
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Der Unternehmenswert errechnet sich aus der Summe der im betrachteten Zeitraum erwirtschafteten und diskontierten freien Cashflows, also dem Zahlungsüberschuss nach Steuern und Investitionen, die den Eigen- und Fremdkapitalgebern zur Verfügung stehen. Die über den Planungshorizont hinausgehenden Zahlungsrückflüsse werden als Restwert zusammengefasst, dem man diskontiert der Summe der diskontierten freien Cashflows in der Planungsperiode hinzurechnet. ൌ σ ϐ òሺሻ
Ú Der Restwert ergibt sich aus der Summe der erwarteten Zahlungen, die eine Investition über das Ende ihrer geplanten Laufzeit hinaus erwirtschaftet.445 Dessen Schätzung unterliegt üblicherweise beträchtlichen Ungenauigkeiten und kann entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Prognose einer Investition ausüben.446 Dabei entspricht der Diskontierungsfaktor (k) dem gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC), mit dem die Cashflows auf den heutigen Wert diskontiert werden. Weighted Average Cost of Capital (WACC) Die Berechnung der Kapitalkosten ist eines der am häufigsten diskutierten Themen in der Finanzliteratur.447 Insbesondere die korrekte Einschätzung der Eigenkapitalkosten stellt sowohl in der Theorie wie auch in der Praxis eine schwierige Aufgabe dar.448 Für die Ermittlung der Diskontierungsrate ist es notwendig, den Kapitalkostensatz zu errechnen. Mit der im Markt dominierenden WACCMethode lässt sich der Gesamtkapitalkostensatz (in %) als gewichteter Mischzinssatz bestimmen und darstellen.449 Die Gewichtung bezieht sich auf die Zu445 446 447 448 449
Vgl. Wellner, K. (2001), S. 81. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 742. Vgl. Salmi, T./Virtanen, I. (2001), S. 14. Vgl. Hahn, D. (2009), S. 422; ebenso auch Hachmeister, D. (1997b), S. 824. Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2008), S. 13.
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sammensetzung der Kapitalstruktur des Unternehmens in Hinblick auf Eigenund Fremdkapital.450 Aus dem WACC-Ergebnis ergibt sich die Mindestrendite, die aus den Ansprüchen der Kapitalgeber abgeleitet wird, und bildet den Vorgabewert für das Unternehmen, der durch den entsprechenden Einsatz der Vermögenswerte zu erreichen ist, um den Geldgebern die geforderte Verzinsung zu gewährleisten. Der WACC zeigt also die Kosten auf, die einem Unternehmen entstehen, um seine Kapitalbasis aus Eigen- und Fremdkapital zu finanzieren. Diese Renditezahl, bezogen auf das Gesamtkapital, liefert eine wichtige Komponente für die Entscheidung von Vorständen, ob durch geplante Investitionen oder Projekte die Renditevorgaben erreicht werden können.451 Unter dieser Maxime wird die Unternehmensführung immer bestrebt sein, die optimale Zusammensetzung ihres Kapitals für die jeweilige Geschäftssituation zu erreichen, um den Kapitalkostensatz auf vertretbarem Niveau zu halten. Die Erhöhung des Fremdkapitalanteils führt bei niedrigem Zinsniveau zu einer Verminderung der Kapitalkosten (Leverage Effect). Eine solche Entscheidung kann allerdings dazu führen, dass Eigenkapitalgeber eine höhere Verzinsung ihrer Einlagen fordern, da sie die erhöhte Kreditaufnahme als risikoerhöhend ansehen, was wiederum den WACC ansteigen lässt.452 Für die Berechnung dieses gewichteten Kapitalkostensatzes ist es notwendig, 1. 2.
den Marktwert des Fremdkapitals mit dem Tax Shield und damit die Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber sowie den Marktwert des Eigenkapitals mit der Risikoprämie und damit die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber zu ermitteln. ൌ ൬ ൰ ൈ ሺ ሻ ൈ ୈ ሺͳ െ େ ሻ
(WACC = Kapitalkostensatz in %, kE = Verzinsungserwartung der EK-Geber in %, kD = Kosten FK in %, sC = Steuerrate des Unternehmens in %, D = Marktwert der Schulden, E = Marktwert der EK-Anteile, V = Unternehmensgesamtwert (= E+D)) Die verwendete Kapitalstruktur aus Eigen- und Fremdkapital bleibt über die Perioden des Planungshorizonts konstant. Für die Kalkulation des WACC ist daher die realistische Einschätzung des Wertes des Eigenkapitals wie auch die genaue Kenntnis der Kosten des Fremdkapitals eine grundlegende Vorausset450 Vgl. Hahn, D. (2009), S. 423. 451 Vgl. Milgrom P./Roberts J. (1992), S. 453. 452 Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 668.
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zung. Eigen- und Fremdkapitalkosten setzt man zu Marktpreisen an.453 Der Marktpreis des Eigenkapitals eines an der Börse notierten Unternehmens wird durch den aktuellen Aktienkurs beeinflusst. Die Fremdkapitalkosten reduziert man um den absetzbaren Steuervorteil. Daher spricht man vom WACC als Kapitalkostensatz nach Steuern. Es gibt zwei unterschiedliche WACC Ansätze: Tax Shield im Nenner (Free Cashflow Ansatz bzw. Gesamtkapitalverfahren) und Tax Shield im Zähler (Total Cashflow Ansatz). Ersterer ermöglicht in stark diversifizierten Unternehmen, unabhängig von der Finanzierung und der Besteuerung, die Cashflows zu prognostizieren. Deshalb wird dieser Ansatz bei der Bewertung empfohlen.454 Berechnung der Fremdkapitalkosten Für die Ermittlung des Marktwerts des Fremdkapitals wird zuerst festgestellt, ob die Bedingungen, zu denen das Unternehmen das Fremdkapital aufgenommen hat, als marktüblich gelten. Dies lässt sich durch Vergleiche mit anderen Unternehmen herausfinden, die über ein gleiches Rating verfügen. Sofern die Bedingungen als marktüblich zu bezeichnen sind, kann man den Marktwert des Fremdkapitals aus der Bilanz herauslesen. Er entspricht dem nominellen Rückzahlungsbetrag des Fremdkapitals.455 Sind die Bedingungen abweichend vom entsprechenden Marktwert, so kann man zur Annäherung des Marktwerts Renditen von Anleihen zu Rate ziehen. Die Renditeforderungen der Fremdkapitalgeber lassen sich entweder mittels dieser Marktwerte ermitteln oder über die tatsächlichen Bedingungen in den aktuellen Verträgen der vereinbarten Kredite und über die potentiellen Kapitalkosten für Kredite späterer Perioden. Bei Letzterem hat man die Gewissheit, dass die Effektivzinssätze die spezielle Situation des individuellen Unternehmens genauer reflektieren.456 In diesem Fall errechnet man die Kosten für das Fremdkapital als gewichteten Durchschnitt aller Fremdkapitalien und berücksichtigt die Kosten der Kapitalbeschaffung wie auch die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten des Fremdkapitals. Aufgrund dieser Absatzfähigkeit (Tax Shield) und auch aufgrund des üblicherweise kleineren Risikos sind diese üblicherweise geringer als die Eigenkapitalkosten. ൌ ሺͳ െ ሻ ሺൌǡൌሻ 453 454 455 456
Vgl. Copeland, T./Koller, T./Murrin, J. (2000), S. 202. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 94. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 66. Vgl. Hahn, D. (2009), S. 423.
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Berechnung der Eigenkapitalkosten Eigenkapitalkosten bilden eine der wichtigsten Entscheidungsgrundlagen im unternehmerischen Alltag. Sie sind beispielsweise beim Kauf und Verkauf von Unternehmen, bei Investitionsbeurteilungen oder der Ausgestaltung einer optimalen Kapitalstruktur von zentraler Bedeutung. Die Ermittlung der Eigenkapitalkosten erfordert einen höheren Aufwand als bei den Fremdkapitalkosten, da Kapitalgesellschaften mit ihren Anteilseignern üblicherweise keine festgelegte Rendite für die Bereitstellung des Kapitals vereinbaren. Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang nicht, den Buchwert der Anteile für die Bestimmung der Eigenkapitalkosten zu verwenden, da dieser meist nicht den realistischen Wert der Anteile reflektiert. Der Marktwert der Anteile bildet eine relevantere Basis, um die gewünschte Eigenkapitalverzinsung einschätzen zu können.457 Die Rendite sollte so hoch sein, dass Investoren bereit sind, ihr Kapital zur Verfügung zu stellen. Annahmen, die der Ermittlung der Eigenkapitalkosten zugrunde liegen, beschreiben, dass Anleger 1. 2. 3. 4.
risikoscheu sind und die Maximierung der Rückflüsse aus ihrem Einsatz anstreben, identische Rendite-Erwartungen hegen, unbeschränkt Kapital zum risikolosen Zinssatz erhalten und anlegen können und alle notwendigen Informationen zum Kapitalmarkt zur Verfügung haben.458
Die Erwartungshaltung der risiko-aversen Eigenkapitalgeber ist durch die Renditen alternativer Anlageformen (z.B. Bankkonto, festverzinsliche Wertpapiere) beeinflusst. Diese sogenannten Opportunitätskosten fließen in die Höhe der geforderten Mindestverzinsung ein. Dies hat zur Folge, dass risikoreichere Kapitalanlagen von Anlegern nur durch die Vergütung einer entsprechend hohen Risikoprämie verfolgt werden, d.h. die potentiellen Erträge müssen mindestens so hoch sein wie die Renditeforderungen, die die Risikoabdeckung und die Opportunitätskosten berücksichtigen. Die von Investoren erwartete Rendite setzt sich somit aus einer risikofreien Verzinsung, welche die Inflation berücksichtigt, plus einer Prämie, die das Risikopotentials des Investments reflektiert, zusammen.459 Der Eigenkapitalkostensatz stellt die Rendite dar, die Eigenkapitalgeber erzielen könnten, wenn sie ihre Mittel in Alternativanlagen mit gleichem Risiko und gleichartiger Struktur des Zahlungsstroms investieren würden.460 Zu dessen Er457 458 459 460
Vgl. Salmi, T./Virtanen, I. (2001), S. 19. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 52. Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 143. Vgl. Fischer, T. (1999), S. 4.
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mittlung setzt man die Capital Asset Pricing Model (CAPM)-Formel ein, die in den 1960er Jahren in den USA entwickelt wurde und die das am häufigsten verwendete Verfahren zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes darstellt:461 ൌ Ⱦୱ ሺ ୫ െ ሻ (Rf = erwarteter risikofreier Ertrag z.B. Zinssatz festverzinslicher Wertpapiere wie z.B. 10-jährige Bundesanleihen mit erster Bonität und langer Restlaufzeit, s = systematisches Risiko einer Anlageform verglichen mit einem definierten Marktportfolio wie z.B. einem Aktienindex wie dem DAX-30, Rm = historische Durchschnittsrendite dieser Marktportfolios, um das Marktrisiko anzuzeigen) In der wertorientierten Unternehmenssteuerung erfasst man das Risiko üblicherweise über Eigenkapitalkostensätze, die auch geschäftsbereichsspezifisch sein können.462 Die Risikoprämie kann einerseits durch die individuelle Sichtweise eines Investors bestimmt werden oder durch das aus der Kapitalmarkttheorie stammende CAPM. Um im Falle von CAPM die von den Investoren geforderte Risikoprämie rechnerisch zu bestimmen, gilt es zunächst, die durchschnittliche Risikoprämie des Marktes zu ermitteln.463 Diese Marktrisikoprämie ermittelt sich aus der Differenz zwischen der durchschnittlichen Rendite des gesamten Aktienmarktes und dem risikofreien Zinssatz.464 Für die Ermittlung der Rendite des definierten Marktportfolios sollen langfristige Durchschnittswerte verwendet werden, um die Wirkung außerordentlicher Schwankungen auffangen zu können. Mit zunehmendem Berechnungszeitraum verringert sich der auftretende statistische Standardfehler.465 Der risikofreie Zinssatz bestimmt sich aus der Rendite langlaufender staatlicher Schuldverschreibungen (z.B. Bundesanleihen in Deutschland). Es sollte allerdings bedacht werden, dass Staatsanleihen nicht grundsätzlich als risikolos anzusehen sind. Das Risiko, das ein Investor mit einer Anlage in ein Unternehmen eingeht, besitzt direkten Einfluss auf den Gegenwartswert der Zahlungsströme und somit auf die Attraktivität einer zur Entscheidung anstehenden Investition. Der Risikowert hängt auch von der Länge der geplanten Periode und vom Marktportfolio ab. Eine hohe Risikobewertung bedingt eine adäquate Risikoprämie, um das einzugehende Risiko für die Investoren zu kompensieren, was wiederum die geforderte Eigenkapitalrendite erhöht. Dieser lineare Zusammenhang zwischen der Rendite und dem systematischen Risiko eines Wertpapiers wird durch den 461 462 463 464 465
Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 754. Vgl. Kunz, H. (2009), S. 170. Vgl. Tcherveniachki, V. (2007), S. 158. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 89. Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 755.
98
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
CAPM definiert.466 CAPM unterscheidet zwischen dem systematischen und dem unsystematischen Risiko. Das systematische Risiko kann im Gegensatz zum unsystematischen Risiko nicht vermieden werden, da es auf allgemeine Marktschwankungen zurückzuführen ist.467 Dagegen können Anleger das unsystematische Risiko durch Diversifizierung ihrer Anlagen verringern oder sogar ganz ausräumen, wenn sie beispielsweise ihre Anlagenportfolios dem des Marktportfolios nachbilden. Neben diesen Risiken zählen auch länderspezifische politische Risiken, die bei Auslandsinvestitionen auftreten können, wie u.a. Steuer-, Eigentümer-, Transfer- und operative Risiken, sowie Währungs-, Inflations- und Zinsrisiken.468 Dies zeigt, dass eine unternehmensweite Umstellung auf wertorientierte Steuerung, die auch über Ländergrenzen hinweg geht, einiges an zusätzlicher Komplexität mit sich bringt. Mit dem –Faktor drückt man das systematische Risiko des zu bewertenden Unternehmens aus. Er ist als Determinante des Erwartungswerts der Rendite einer Anlageart zu sehen.469 Der –Faktor des zu analysierenden Unternehmens beschreibt die Sensitivität der erwarteten Eigenkapitalrendite im Verhältnis zur Marktrendite.470 Mit anderen Worten, das systematische Risiko einer Anlage beschreibt ihr Verhältnis zum Risiko des Marktportfolios. Bei einem Beta = 1 bewegt sich die Rendite einer Aktie auf Höhe der Marktrendite (neutrales Papier), bei einem –Faktor > 1 schwankt die Rendite der Aktie stärker als die Marktrendite (aggressives Papier) und bei einem Beta <1 schwanken die Renditen der Aktien schwächer als der Markt (defensives Papier).471 Durch eine Regressionsanalyse als Schätzmodell, die einen linearen Zusammenhang zwischen Eigenkapital und Marktportfolio unterstellt, wird die Höhe des Beta-Faktors eines Unternehmens bestimmt. Die Regressionsfunktion sollte auch die Zugehörigkeit zur Branche, das Verhältnis fixer zu variablen Kosten, die Kapitalstruktur des Gesamtkapitals, die Investmentform und die Zeitdauer des Investments berücksichtigen.472 Dabei vergleicht man die in der Vergangenheit erreichten Renditen mit einem Marktindex (z.B. DAX-30) und kann somit über die Regressionsgerade den Beta-Faktor ablesen. Mit diesem Faktor wird dann die Marktrisikoprämie gewichtet, um daraus den unternehmensindividuellen Risikozuschlag zu errechnen. Die Länge der gewählten Zeitperiode und die Festlegung des relevanten Marktportfolios bzw. des Aktienindexes beeinflussen stark die Qualität der Beta-Ergebnisse. In der Praxis misst man den Beta-Faktor meist auf Wo466 467 468 469 470 471 472
Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 745. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 67. Vgl. Kornetzki, T. (2007), S. 681. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 33. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 473; ebenso auch Buchner R. (1985), S. 237. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 458. Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 473.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
99
chenbasis über einen Zeitraum von zwei Jahren, womit für die Regressionsanalyse 104 Datenpunkte zur Verfügung stehen.473 Der –Faktor börsennotierter deutscher Unternehmen wird im Übrigen von Informationsanbietern, wie z.B. Handelsblatt Informationsdienst, Reuters, Thomson und Bloomberg, veröffentlicht.474 Will man statt eines Unternehmens die Wirtschaftlichkeit einer einzelnen Investition beurteilen, empfiehlt es sich, zusätzlich zu dem systematischen Risiko auch das gegenwärtige unternehmerische Risiko zu berücksichtigen und eine zusätzliche Prämie auf die errechneten Eigenkapitalkosten aufzuschlagen.475
ii)
Kritische Würdigung
Mit der DCF Methode lassen sich sowohl der Wert einzelner Investitionen wie auch der Wert ganzer Unternehmen ermitteln. Aufgrund der Fokussierung des DCF auf die zukünftigen Cashflows lässt sich die Wertermittlung des aktuellen Geschäftes durch DCF nur schwer durchführen.476 Die Exaktheit des DCF Verfahrens hängt davon ab, wie präzise die Werte der verschiedenen Elemente der Formel ermittelt werden können. Denn das Kernproblem dieses Verfahrens liegt in der Validität der Schätzungen des Free Cashflows in den betrachteten Perioden und der Bestimmung des WACC insbesondere im Hinblick auf die Marktrisikoprämie und den Betafaktor.477 Die Bedeutung von Investitionsentscheidungen kann für die Zukunftssicherung von Unternehmen nicht hoch genug bewertet werden. Deshalb muss die Prognose dem Anspruch an eine hohe Ergebnisqualität genügen.478 Die Qualität dieser Prognosen über den zukünftigen Geschäftsverlauf hängt von der Stabilität des Markts, von den Entwicklungen im Gesetzesund Technologiebereich, von der Wettbewerbsposition des Unternehmens, von der Qualität der Informationen und von der Länge des betrachteten Zeitraums ab. Weitere Voraussetzungen für die Robustheit der Prognose sind neben den Erfahrungen der Entscheider, die Berücksichtigung der Erkenntnisse aus vorangegangenen Schätzungen wie auch die Höhe des angenommenen Restwerts. Es ist nicht empfehlenswert, den Restwert in einem solchen Ausmaße festzusetzen, dass dessen Höhe eine Entscheidung in die gewünschte Richtung beeinflusst. Setzt man die DCF-Methode zur Unternehmensbewertung ein, so ist dafür eine fundierte Mehrjahresplanung notwendig, die auf der Projektion der Cash473 Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 756. 474 Vgl. Baetge, J./Kirsch, H.-J./Thiele, S. (2004), S. 473; ebenso auch Tcherveniachki, V. (2007), S. 159. 475 Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 756. 476 Vgl. Slater, S./Olson, E. (1996), S. 49. 477 Vgl. Kremer, P. (2008), S. 96. 478 Vgl. Schuh, G./Gottschalk, S./Lösch, F. (2007), S. 528.
100
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
flows in der betrachteten Zeitspanne fußt.479 Der Bestimmung der Planszenarien und der entsprechenden Werttreiber, wie Marktanteile, Umsatzwachstum, Margenentwicklung und Investitionen, kommt in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu und sie müssen daher auf ihre Plausibilität geprüft werden. Grundvoraussetzung dafür ist eine realistische Schätzung des Zeithorizonts wie auch der Rückflüsse, des Kapitalkostensatzes und der Wachstumsrate. Es muss insbesondere beachtet werden, dass sich die oben genannten Werttreiber gegenseitig beeinflussen können, d.h. beispielsweise bedingt die Wachstumsrate entsprechende Investitionen, die wiederum den Free Cashflow reduzieren. Trotz der Tatsache, dass es sich beim DCF um eine Methode handelt, ist ein substantielles Maß an subjektiver Einschätzung der Unternehmensführung erforderlich, um letztendlich den Cashflow und den Einfluss der Kapitalkosten zu bestimmen.480 Für Vettiger/Volkart liegt die größte Herausforderung in der Erstellung realistischer Planungsszenarien, um plausible zukünftige Free Cashflow-Werte zu erhalten.481 Diese Sichtweise bestätigt McSweeney, der davor warnt, diese Projektionen in die Zukunft als vollkommen vorhersagbar zu behandeln und darauf die Zukunft des Unternehmens zu bauen.482 Möller hingegen schreibt, „dass sich das traditionelle Rechnungswesen mit seiner Speicherung der zukünftigen Erträge und Aufwendungen, wie es bereits von Schmalenbach beschrieben wurde, besser zur Prognose der Zukunft eignet als bloße Zahlungsströme.“483 Alle diese Kritikpunkte bringen sowohl eine aufwändige Ermittlung des DCF wie auch eine erschwerte Kommunizierbarkeit dieser Steuerungsgröße mit sich.484 Die Verwendung des CAPM wirft damit eine Reihe von Problemen auf, die sich nachteilig auf die Aussagefähigkeit eines DCF-Ergebnisses auswirken. Diese nachvollziehbaren Schwierigkeiten bei der Prognose der Cashflows und der Kapitalkosten machen den DCF ungeeignet für die periodische Unternehmenssteuerung.485 Der DCF bietet sich zur Unternehmensbewertung an, doch selten zur Steuerung eines Unternehmens, da ein direkter Bezug zu einer Planung im Rechnungswesen mit einer Plan-GuV und einer Plan-Bilanz fehlt.486
479 480 481 482 483 484 485
Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2008), S. 13. Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 142. Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002b), S. 2. Vgl. McSweeney, B. (2009), S. 837. Vgl. Möller, H.P. (2007), S. 416. Vgl. Ballwieser, W. (2000), S. 163. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 99; ebenso auch Speckbacher, G. (2006), S. 20. 486 Vgl. Ballwieser, W. (2000), S. 163; ebenso auch Vettiger, T./Volkart, R. (2002b), S. 2; ebenso auch Meyer C. (2008), S. 167.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
101
Außerdem lässt sich konstatieren, dass die WACC-Methode zahlreiche Fußangeln in der praktischen Anwendung birgt, was die Präzision der Berechnung beeinträchtigt:487
die Schätzung der CAPM-Parameter (risikoloser Zinssatz, Marktrisikoprämie und Beta-Faktor), die Bestimmung des durchschnittlichen Fremdkapitalkostensatzes, die Annahme, dass das Fremdkapital als risikolos unterstellt wird, die Festlegung auf die Kapitalstruktur und die Berücksichtigung des Steuereinflusses auf das Fremdkapital.
Die Festlegung der Marktrisikoprämie und des Beta-Faktors erfolgt auf Basis von Daten aus der Vergangenheit, d.h. sie sind keine Werte, die eigentlich für eine Prognose angewendet werden sollten.488 Mit der Folge, dass bei Änderung der zugrundeliegenden Risikosituation in der Zukunft die Verwendung des abgeleiteten Beta-Faktors nicht mehr aussagekräftig ist. Die Ermittlung geschäftsbereichsspezifischer Betas gestaltet sich problematisch, da Unternehmensbereiche üblicherweise nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden. In der Unternehmenspraxis werden daher häufig Analogien mit ähnlichen Aktiengesellschaften, die vergleichbar mit den Geschäftsbereichen erscheinen, eingesetzt, um Beta-Werte festzulegen.489 Die primäre Voraussetzung, dass robuste Beta-Faktoren für die Unternehmensbereiche abgeleitet werden können, liegt dem zu Folge im Auffinden geeigneter Vergleichsunternehmen. Bei etablierten Kapitalgesellschaften, die in einem reifen Markt mit relativ robusten Gewinnen und Renditen operieren, kann davon ausgegangen werden, dass die Beta-Faktoren eine gewisse Stabilität besitzen, was allerdings nicht bei forschungsintensiven und wachstumsstarken Unternehmen der Fall sein muss, da diese üblicherweise einer wesentlich höheren Dynamik unterliegen.490 Nicht börsennotierte Unternehmen können den Beta-Faktor durch Befragung der Gesellschafter oder Vergleich mit einer ähnlichen Aktiengesellschaft näherungsweise ermitteln.491 Neben dem systematischen Risiko einer Anlageform üben die Größe des Unternehmens wie auch das Buchwert / Marktwert-Verhältnis Einfluss auf die Höhe des einzugehenden Risikos aus. Beide Faktoren werden vom CAPM allerdings nicht berücksichtigt.
487 488 489 490 491
Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 752. Vgl. Hahn, D. (2009), S. 422. Vgl. Kunz, H. (2009), S. 171. Vgl. Schäfer, H./Schässburger, B. (2003), S. 286-287. Vgl. Tcherveniachki, V. (2007), S. 160; ebenso auch Ziegenbein, K. (2006), S. 199.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Die Verwendung der CAPM Methode wird in der Praxis kritisch gesehen, da diese Methode einen vollkommenen Kapitalmarkt unter Prämissen, wie z.B. rationale Investoren und normalverteilte Wertpapierrenditen, voraussetzt. Doch die Regeln der Ableitung der Eigenkapitalsätze basieren auf diesen Annahmen. Deswegen werden die realitätsfernen Prämissen, die Problematik bei der Bestimmung des Risikomaßes auf Geschäftsbereichsebene, die Nicht-Berücksichtigung von Insolvenztatbeständen und insbesondere die eingeschränkte empirische Validierung bemängelt.492 Der CAPM unterstellt einen linearen Zusammenhang zwischen dem Risiko eines Wertpapiers und dessen erwarteter Rendite. Daraus könnte geschlossen werden, dass ein höheres Risiko zu mehr Ertrag führt. Diese Annahme wurde durch eine Analyse widerlegt, die unterschiedliche Aktienquoten unter anderen im DAX längere Zeit untersucht hat und herausfand, dass es keinen linearen Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko gibt.493 Eine weitere Schwäche liegt in der einperiodischen Betrachtungsweise des Modells begründet. Horváth kritisiert zudem, dass das CAPM nur bei börsennotierten Unternehmen eingesetzt werden kann.494 Trotzdem liefert die CAPM-Methode eine akzeptable Aussage über die Höhe der Renditeforderungen der Eigenkapitalgeber unter Berücksichtigung einer Risikobetrachtung.495 Damit ist sichergestellt, dass bei Verwendung des WACC zur Ermittlung einer wertorientierten Kennzahl diese eine Risikobewertung beinhaltet. Der Wertschaffungsprozess im Unternehmen wird damit durch eine risikoorientierte Unternehmenssteuerung unterstützt. Mit der Steuerung der einzugehenden Risiken allokiert das Unternehmen den Einsatz des knappen Kapitals in die Bereiche, in denen die höchste risikoadjustierte Rendite zu erwarten ist.496 Solche Risiken sind im Vorfeld bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen und können in jedem Unternehmensbereich unterschiedlich hoch sein.497 Allerdings sollten neben dem CAPM andere Modelle, wie die ArbitragePricing-Theory (APT), das Consumption-based Capital Asset Pricing Modell (CCAPM) oder das Value at Risk-Modell (VaR), zur Anwendung kommen und auf jeden Fall Plausibilitätstests durchgeführt werden.498 Diese Modelle definieren den –Faktor auf andere Weise als das CAPM. Das CCAPM verwendet als Vergleichswert kein Marktportfolio, sondern unterstellt einen Zusammenhang zwischen unsicherer Rendite und unsicheren Konsummöglichkeiten, während die 492 493 494 495 496 497 498
Vgl. Kunz, H. (2009, S. 170. Vgl. Heinke, V./Hess, H./Rogowski, D. (2010), S. 274. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 461. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 89. Vgl. Nguyen, T. (2008), S. 250. Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 147; ebenso auch Hahn, D. (2009), S. 424. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 748; ebenso auch Kunz, H. (2009), S. 172.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
103
Risikofaktoren des APT die Inflationsrate, den Wechselkurs und das Niveau der industriellen Produktion mit einbeziehen.499 VaR kommt aus der Bankenwelt. Er ist definiert als der geschätzte, maximal erwartete Verlust einer Einzelposition, die in einer Periode eintreten kann, und zeigt als monetäre Größe auf, mit welchem Downside-Risiko zu rechnen ist.500 Der DCF erlaubt eine mehrperiodische Sicht, während wertorientierte Kennzahlen wie der Economic Value Added und der Cash Value Added einperiodische Aussagen liefern.501 Der DCF eignet sich damit gut für die Bewertungen langfristig wertorientierter Strategien, doch als Grundlage für die Vorgabe von Zielwerten sollte der DCF keine Verwendung finden.502 Daher ist die Verbindung zu einer wertorientierten Kennzahl, die sich als Vorgabewerte eignet, wie beispielsweise dem EVA, wichtig. Dies bedingt allerdings, dass zwischen dem EVA und dem DCF das Kongruenzprinzip herrscht, d.h. die Summe der Zahlungsüberschüsse aus den Cashflows muss gleich der Summe der Ertragsüberschüsse (NOPAT) sein. Ist dieses gegeben, stimmen die nach EVA und DCF errechneten Unternehmenswerte überein.503 Mit dem DCF lassen sich Projekte, insbesondere Kosteneinsparungsprojekte, bewerten, da diese ein geplantes Ende haben.504 Mehr Schwierigkeiten bereiten Unternehmensbewertungen mit dem DCF schon aufgrund der Tatsache, dass Unternehmen üblicherweise wesentlich längerfristig angelegt sind und damit die Länge des Planungshorizontes größer ist.505 Kritisch an der DCF-Methode wird auch gesehen, dass die Wertermittlung sich auf die gesamte Lebensdauer eines Projekts oder einer Investition bezieht und eine unterperiodische Kontrolle erschwert wird.506
3.
Wertorientiertes Managementsystem
Das wertorientierte Managementsystem hat zum Ziel, das Unternehmen so zu führen, dass es mit einer hohen Attraktivität für die Kapitalgeber einhergeht. Seine Wirkung entfaltet sich erst, wenn sich die Unternehmensführung und abgeleitet davon das Steuerungskonzept konsequent am Grundsatz der Mehrwertschaffung ausrichtet.507 Die Transformation zur wertorientierten Unternehmens499 500 501 502 503 504 505 506 507
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 462. Vgl. Kunz, H. (2009), S. 172. Vgl. Price Waterhouse Coopers (2006), S. 41. Vgl. Bramsemann, U. (2004a), S. 70. Vgl. Bramsemann, U. (2004a), S. 73. Vgl. Francis, G./Kaye, G./Gadella, J. (1998), S. 111. Vgl. Grant R. (1998), S. 39. Vgl. Fischer, T. (1999), S. 1. Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002b), S. 3.
104
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
führung erfordert von allen Beteiligten eine neue Sicht auf den Unternehmenserfolg und seine wahren Verursacher und Förderer.508 Dies ist nicht ohne Aufwand zu erreichen. Erfolgreiches wertorientiertes Management verlangt vom Top Management, das eigene Führungssystem danach zu formen, dass damit die Unternehmensziele mit einer optimalen Kapitalallokation erreicht werden können, sowie in den strategischen und operativen Zielsetzungen im Unternehmen und auf Bereichsebene entsprechende wertbezogene Vorgaben zu verankern.509 In Unternehmen, die nach diesem Konzept geführt werden, trifft die Unternehmensführung sämtliche Entscheidungen vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf den Unternehmenswert, da sich die Wertschaffung bzw. der Werteverzehr direkt auf das Investitionsverhalten von Anlegern auswirken kann.510 Durch eine wertorientierte Steuerung gelingt es Unternehmen über alle Hierarchieebenen hinweg, den Fokus stärker auf die Mittelbindung zu legen und die Vergleichbarkeit von Kosten aus verschiedenen Fertigungsbereichen durch die in der Kalkulation inkludierten Kapitalkosten zu unterstützen.511 Des Weiteren hilft die Allokation des Kapitals in die jeweiligen Unternehmensbereiche, deren Beiträge zum Konzernunternehmenswert transparent zu machen.512 Durch diese zusätzlichen Erkenntnisse kann neben der Entscheidungsqualität auch die Entscheidungsfähigkeit verbessert werden.513 Auch soll dieses Managementsystem die Unternehmensführung bei der Identifikation und Kontrolle wertsteigernder Projekte durch die Sicherstellung, dass Investitionen nur in solche Projekte getätigt werden (ex ante), sowie bei der Prüfung der Zielerreichung (ex post) und etwaiger korrigierender Maßnahmen unterstützen.514 Die Aufgabe des Controllings besteht darin, entsprechend der vom Vorstand vorgegebenen Intention, Methoden und Kennzahlen für die Steuerung der Werttreiber bereitzustellen.515 Denn eine durchgängige wertorientierte Steuerung bedingt die Generierung der entsprechenden Kennzahlen durch operative Systeme.516 Dies bildet die Grundlage einer effektiven Informationsversorgung des Kapitalmarkts sowie der internen Führungsebenen.517 Die Konsequenzen dieser wertorientierten Unternehmensausrichtung gilt es sowohl nach innen ins Unternehmen als auch nach außen an den Kapitalmarkt zu 508 509 510 511 512 513 514 515 516 517
Vgl. Linner C./Moerler C. (2007), S. 14. Vgl. Hornung, K. (2009), S. 225. Vgl. Reichmann, T. (2008), S. 698. Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 57; ebenso auch Kümmel, G./Watterott, R. (2008), S. 250. Vgl. Nguyen, T. (2008) S. 253. Vgl. Habersetzer, A. /Hilpisch, Y. (2004), S. 1471. Vgl. Kauffmann, H. (2007), S. 209. Vgl. Hornung, K./Reichmann, T. (2005), S. 22. Vgl. Kümmel, G./Watterott, R. (2008), S. 252. Vgl. Kauffmann, H. (2005), S. 604.
I Wertorientierte Unternehmenssteuerung
105
kommunizieren. Zieladressaten sind besonders Investoren, die Unternehmen durch entscheidungsrelevante Informationsversorgung davon zu überzeugen suchen, ihnen bevorzugt Kapital zur Verfügung zu stellen. Ein durchgängiges Managementsystem, mit der Wertorientierung als zentralem Fixpunkt, muss vom Management mit einem klaren Bekenntnis im Unternehmensalltag vorbildhaft vorgelebt werden („Walk the talk“).518 Unternehmensintern gilt es, das eigene Linienmanagement in die Lage zu versetzen, die strategischen Ziele nachzuvollziehen und die vorgegebenen operativen Ziele zur Erhöhung des Unternehmenswerts umzusetzen. Die Führungskräfte müssen die Wichtigkeit des eigenen Handelns für die Wertentwicklung des Unternehmens verstehen, damit sie ihre Mitarbeiter entsprechend anleiten und führen können. Denn es sind die Mitarbeiter, die die wirklich wertorientierten Handlungen beim und für den Kunden erledigen.519 Sie sollen daher verstehen, was das Unternehmen von ihnen erwartet, wie sie die Werttreiber zielgerecht einsetzen können und welche Vorteile die Wertorientierung für alle hat.520 Deshalb sollte das Management sichergestellt haben, dass die Kenntnis über die Werttreiber und deren Einfluss auf den Unternehmenswert im Unternehmen bekannt ist, denn ohne das Wissen über die Werttreiber kann ein wertorientiertes Managementsystem nicht erfolgreich sein.521 Ohne Überzeugungskraft wird die Unternehmensleitung die Manager und Mitarbeiter nicht dazu motivieren können, ihr Verhalten dementsprechend auszurichten.522 Denn wertorientierte Vorgaben verhindern per se weder Bereichsdenken, Kurzfristdenken noch Suboptimierung und Beharren auf gestrigem Verhalten. Die Steuerung nach wertorientierten Konzepten, wie z.B. Economic Value Added (EVA), soll jedoch genau diesem oben beschriebenen Verhalten entgegenwirken.523 Daher ist es notwendig, entsprechende Performancekennzahlen und Zielsetzungen auf allen relevanten Unternehmensebenen zu etablieren. Die Verbindung der wertorientierten Steuerung mit dem innerbetrieblichen Anreizsystem ist Voraussetzung und zentraler Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Implementierung.524 Es gilt demnach, ein Anreizsystem für Manager und Mitarbeiter des Unternehmens zu schaffen, in dessen Zielen die Wertschaffung mit hinreichenden Anreizen für wertsteigerndes Handeln verankert ist, sowie eine adäquate Kommunikation für den Kapitalmarkt zu etablieren.525 Beide Gruppen 518 519 520 521 522 523 524 525
Vgl. Koller, T. (1994), 96. Vgl. Slater, S./Olson, E. (1996), S. 51. Vgl. Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 21. Vgl. Haspeslagh, P./Noda, T./Boulos, F. (2001), S. 70. Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 54. Vgl. Stephens K./Bartunek R. (1997), S. 40. Vgl. Frigo, M. (2002), S. 8. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 2.
106
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
sollen entsprechend incentiviert werden, indem sie ihre Ressourcen in die Entwicklung höherwertigere Produkte bzw. Projekte investieren, um mit ihren Handlungen den Wert des Unternehmens zu erhöhen.526 Aktionen à la „Umsatz, koste es, was es wolle“ soll damit der Boden entzogen werden. Eine entsprechend gesteuerte Vertriebsorganisation versteht die Konsequenzen, die eine Verlängerung von Zahlungszielen und pünktliche Zahlungseingänge auf das Ergebnis bzw. den Unternehmenswert haben können, und richtet ihr Verhalten danach aus. Dies gilt auch für Manager und Mitarbeiter in der Produktion, die die positiven Folgen von rechtzeitigem und gezieltem Investieren in effizientere Produktionsprozesse gegenüber der Weiterproduktion mit veralteten Prozessen und Maschinen erkennen und einfordern. Daraus folgt, dass eine erfolgreiche wertorientierte Unternehmensführung sowohl Änderungen in der Leistungserbringung und deren Steuerung als auch in der Unternehmenskultur voraussetzen.527 Börsennotierte Firmen stehen unter konstantem Druck, ihre an die Analysten und Märkten kommunizierten Gewinnerwartungen zu erfüllen. Mit der Konsequenz, dass in der Regel alles unternommen wird, um das aktuelle Quartalsergebnis zu verbessern. Es wird immer Zwänge für das Management geben, abzuwägen, ob man kurzfristige Gewinne einem langfristigen Erfolg mit etwaigen negativen Auswirkungen auf Folgequartale vorzieht. Zum Beispiel hat die Verlängerung von Wartungszyklen von Produktionsmaschinen direkten Einfluss auf die Höhe des Gewinns. Doch ist es wichtig zu verstehen, welche Risiken das Unternehmen mit der Umsetzung einer solch weitreichenden Entscheidung eingeht und welche Auswirkung dieses Verhalten auf die Verfolgung der beschlossenen Strategie hat.
II
Wertorientierte Kennzahlen
Aufbauend auf einer Strategie, die auf Wertsteigerung ausgerichtet ist, liegt es in der Verantwortung von Managern, geeignete Handlungsalternativen auszuwählen, die zu Unternehmenswertsteigerungen führen. Ein unternehmenswertorientiertes Controlling setzt voraus, dass das Steuerungssystem mit Kennzahlen das Ausmaß an Wertschaffung bzw. Wertvernichtung und damit den Erfolg wertorientierter Strategien messbar darstellen kann und dass sich das Geschäftsgebaren im Unternehmen darauf konzentriert, höhere Werte zu erreichen.528 Wertorientierte Kennzahlen stellen das Hauptmerkmal der wertorientierten Steuerung
526 Vgl. Kesten, R. (2005), S. 12. 527 Vgl. Wetlaufer, S. (2001), S. 10. 528 Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 358; ebenso auch Pidun, U./Wolff, M. (2007), S. 32.
II Wertorientierte Kennzahlen
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dar.529 Sie besitzen gegenüber traditionellen Kennzahlen den Vorteil, dass es mit ihrer Hilfe möglich ist, Zukunftsprognosen zu erstellen und Szenarien zu simulieren, um Planungen und Prognosen durch die Einbeziehung von Wachstumsund Optimierungsaspekten besser zu unterstützen.530 Beratungsgesellschaften haben viele der wertorientierten Konzepte mit ihren jeweiligen Kennzahlen entwickelt und vermarkten diese markenrechtlich geschützt.531 Diese Kennzahlen dienen zur Wertermittlung sowohl auf Unternehmensebene als auch auf Bereichs- bzw. Projekteebene. Mit ihnen soll es ermöglicht werden, die Wertentwicklung innerhalb des Unternehmens als absolute Größe oder als relative Rendite abzubilden.532 Weber/Bramsemann/ Heineke/Hirsch haben folgende Anforderungen an wertorientierte Kennzahlen definiert, damit diese zu Steuerungszwecken einsetzbar sind:533
Zielkongruenz: Mitarbeiter sollen sich am Ziel der Wertsteigerung ausrichten können. Zeitliche Entscheidungsverbundenheit: Damit soll gewährleistet sein, dass die Auswirkungen einer Entscheidung auf das Ziel am Ende der Periode durch die Kennzahlen erfasst werden können. Sachliche Entscheidungsverbundenheit: Manager bzw. Mitarbeiter sollen durch ihre Leistungen die Erreichbarkeit der vorgegebenen Kennzahl erkennen können. Unempfindlichkeit gegenüber Fehleinschätzungen und Manipulationen: Für die Glaubwürdigkeit von Kennzahlen ist es wichtig, dass sie sich möglichst unempfindlich gegenüber Manipulationen zeigen. Verständlichkeit: Eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit Kennzahlen zur Steuerung einsetzbar sind, um Manager bzw. Mitarbeiter zu motivieren, die Zielvorgaben entsprechend umzusetzen. Wirtschaftlichkeit: Die Erkenntnisse einer Kosten-Nutzen-Analyse sollten über den Einsatz von Kennzahlen mitentscheiden.
Diese Kriterien sind zwar so formuliert, dass sie auch für traditionelle Kennzahlen anwendbar sind, doch schmälert dies ihren Nutzen nicht. Zur Untersuchung der wertorientierten Kennzahlen bietet es sich an, diese in eine Systematik einzuteilen, mit dem Ziel, die Übersichtlichkeit und das Verständnis zu fördern. 529 530 531 532 533
Vgl. Lueg, R./Schäffer, U. (2010), S. 11. Vgl. Schwarz, G./Axer D. (2003), S. 12. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 529. Vgl. Becker, W./Kunz, C. (2008), S. 294. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 85.
108 1.
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Systematiken der Einteilung wertorientierter Kennzahlen
Die grundlegende Einteilung wertorientierter Kennzahlen erfolgt erstens nach ihrer Ermittlungsbasis, z.B. Cashflow, Ergebnisgröße oder Mischformen aus beiden, und zweitens danach, ob sie den Wertbeitrag als absolute oder relative Maßzahl aufzeigen. Für die Einteilung der Kennzahlen dieser Untersuchung sind darüber hinaus unterschiedliche Systematiken möglich. Hahn schlägt beispielsweise die Einteilung in ein- und mehrperiodenbezogene Kennzahlen vor, die für die Wertermittlung herangezogen werden können.534 Einperiodische Größen sind:
Wertbeitrag, Economic Value Added (EVA), Economic Profit (EP), Cash Value Added (CVA), Return on Investment (ROI) und Return on Net Assets (RONA).
Mehrperiodische Größen sind:
Discounted Cashflow (DCF), Market Value Added (MVA) und Net Present Value (NPV).
Eine andere Einteilung beschreibt Preißner. Er unterteilt die wertorientierten Konzepte in Renditekennzahlen, planungs- und kontrollorientierte Wertkonzepte:535
Renditekennzahlen: ROI, ROCE, Residual Income, Cash Value Added, Planungsorientierte Wertkonzepte: DCF, Shareholder Value, CFROI und Kontrollorientierte Wertkonzepte: EVA.
Nach Horváth dagegen gibt es drei Verfahren, die sich durchgesetzt haben, um eine wertorientierte Steuerung im Unternehmen zu ermöglichen:536
Das von Rappaport vorgeschlagene Shareholder Value Verfahren, das von Joel Stern und G. Bennett Stewart entwickelte Verfahren des Economic Value Added und
534 Vgl. Hahn, D. (2006), S. 118. 535 Vgl. Preißner, A. (2008), S. 324. 536 Vgl. Horváth, P. (2009), S. 451.
II Wertorientierte Kennzahlen
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das Cashflow Return on Investment (CFROI) Verfahren, das von Holt Value Associates und der Boston Consulting Group entwickelt wurde.
Die oben genannten einperiodischen Kenngrößen, wie z.B. EVA, die grundsätzlich dem deutschen kalkulatorischen Ergebnis nach Steuern entsprechen,537 weisen positive Residualgewinne aus, wenn das Ergebnis die Kosten übersteigen. Maßstab für die Kosten sind die von Eigenkapitalgebern geforderten Mindestrenditen und die Fremdkapitalkosten. Werden diese von der Ergebnisgröße bzw. dem Cashflow überschritten, steigert sich der Wert des Unternehmens während eine Unterschreitung mit einem Werteverzehr einhergeht. Die Höhe der Einnahmeüberschüsse, die durch den Einsatz des Vermögens erwirtschaftet wurden, wird zur Bestimmung des Unternehmenswertes verwendet. Es gilt daher, geeignete Ertragsgrößen zu bestimmen, um diese aufzeigen zu können. Die Dividendenrendite besitzt hierzu wenig Relevanz, da sie nur die ausgeschütteten Erträge betrachtet und sich daraus nicht der Erfolg, d.h. der Wertzuwachs eines Unternehmens ablesen lässt.538 Kennzahlen wie Gewinn pro Aktie (Earnings per Share) oder Kurs-Gewinn-Verhältnis sind zwar populär. Nachteilig jedoch ist, dass sie starken Einflüssen der Bilanz- sowie der Unternehmenspolitik unterliegen. Rappaport empfiehlt nicht, sie zur Ermittlung des Unternehmenswerts einzusetzen, da ein Zuwachs an EPS nicht unbedingt zu einem entsprechenden Zuwachs des Aktienkurses eines Unternehmens führt.539 Die Bedeutung von EPS wird trotzdem von vielen Unternehmen, Analysten und Anlegern als hoch eingeschätzt.540 Diese Aussage wird durch Aktienrückkaufprogramme gestützt, die u.a. zum Ziel haben, die Earnings per Share durch eine verringerte Aktienzahl zu steigern. Aktionäre profitieren davon, denn diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, in einem steigenden Aktienkurs zu resultieren, da die Dividenden auf weniger Aktien zu verteilen sind. Derartige Aktivitäten werden zwar von Rappaport unterstützt,541 doch wird eine andauernde Politik des Aktienrückkaufs langfristig keine Werte schaffen können, weil die eingesetzten finanziellen Mittel nicht im vollen Maße für wertschaffende Investitionen zur Verfügung stehen. Zudem könnte der Eindruck entstehen, dass die Unternehmensführung keine alternativen Aktivitäten sieht, als durch den Aktienrückkauf eine höhere Verzinsung zu erwirtschaften. 537 Vgl. Hahn, D. (2001), S. 82. 538 Siehe dazu Daimler AG, die trotz hoher Verluste im Geschäftsjahr 2008 Dividenden auszahlte. 539 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 148: ”How should the board members of a company that has reported a decade of 15% annual EPS growth and no increase in its stock price respond when asked to approve yet another five-year business plan with projected EPS growth of 15%?“ 540 Vgl. Bierman, H. (1990), S. 142: ”EPS is the most important single number produced by the accounting reports. It is likely to be the most important number 100 years from now.“ 541 Vgl. Rappaport, A. (2006), S. 66.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Traditionelle Kennzahlen wie ROCE, ROI oder RONA sind im Kontext eines Wertemanagementsystems aussagefähig, vorausgesetzt diese Kennzahlen werden mit Kapitalkostensätzen in Beziehung gesetzt und man kann daraus eine Überrendite ableiten.542 Das Gleiche gilt auch für EBIT.543 Die Einbeziehung der Kapitalkosten impliziert, dass auch das zugrundliegende Risiko berücksichtigt wird, was allerdings für die obengenannten Kennzahlen nicht zutrifft.544 Die Befürworter des wertorientierten Konzepts verweisen darauf, dass die herkömmlichen Maßstäbe unternehmerischen Erfolgs (nahezu) bedeutungslos für die Entwicklung der Eigentümerrendite sind.545 Absolute Erfolgsgrößen des externen Rechnungswesens, wie Gewinne oder Jahresüberschüsse bzw. Performancemaße wie EPS, ROI oder ROE fallen in diese Kategorie.546 Sie sind aus mehreren Gründen keine optimalen Maßstäbe, die Werthaltigkeit von Strategien einzuschätzen: (1) Sie unterliegen bilanzpolitischen Beeinflussungsmöglichkeiten, (2) sie berücksichtigen nicht die Risiken sowie die Zusammensetzung des Kapitals und des Working Capital für die Entscheidungsfindung, (3) sie antizipieren nicht potentielle Änderungen der Gesamtkapitalkosten und (4) sie ignorieren den Zeitwert der zukünftigen Erträge. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Steuerung nach diesen Kennzahlen der Kurzfristorientierung im Unternehmen Vorschub leistet und die Vernachlässigung der Eigenkapitalkosten durch die traditionelle Finanzbuchhaltung den Renditeforderungen der Anleger nicht gerecht wird. Die periodenbezogene Gewinnmaximierung eignet sich daher nur bedingt für die Beurteilung der Wertentwicklung eines Unternehmens.547 Auch der ROCE dient im Gegensatz zum EVA oder zum CFROI nicht primär der Wertermittlung, sondern ist mehr als klassische Bilanz- und Finanzkennzahl zu sehen, die die Rendite auf das eingesetzte Kapital aufzeigt. Deshalb sollten diese Kennzahlen nicht als Kriterien für die Entscheidungsfindung über die Werthaltigkeit von Investitionen und Aktivitäten dienen. Sie bieten auch üblicherweise nicht die notwendige Transparenz für den Kapitalmarkt, da in vielen Geschäftsberichten aussagekräftige Informationen fehlen, wie diese Kennzahlen ermittelt wurden.548 Als Maßstab für den geschaffenen Unternehmenswert bieten sich grundsätzlich ertrags- oder zahlungsorientierte Größen an, die im Folgenden vorgestellt
542 Vgl. Fischer, T./Rödl K. (2003), S. 9. 543 Siehe dazu den Geschäftsbericht der BASF SE aus dem Jahre 2008, wo ‚EBIT nach Kapitalkosten‘ als wertorientierte Kennzahl verwendet wird. 544 Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 531. 545 Vgl. Rappaport, A. (2006), S. 68. 546 Vgl. Küting, K./Weber C.-P. (2004), S. 452; ebenso auch Schaffer, C. (2005), S. 15. 547 Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002b), S. 1. 548 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 161.
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II Wertorientierte Kennzahlen
werden.549 Zu den verbreitetsten bzw. bekanntesten wertorientierten Steuerungskennzahlen gehören der Shareholder Value, der Economic Profit (EP) von McKinsey, der Economic Value Added von Stern Stewart und der Cash Value Added mit dem CFROI von der Boston Consulting Group (BCG).550 Daher fokussiert sich diese Arbeit auf diese Kennzahlen, da sie auch den Forderungen nach der Wertmessung durch Gegenüberstellung von Gewinn- bzw. Cashflow-Größen mit den dafür aufgewendeten Kapitalkosten entsprechen. Die Auflistung wird noch durch den Market Value Added (MVA) in der folgenden Tabelle ergänzt: Entwickler des Konzepts
Bewertungsprinzip
periodenübergreifend Erfolgsmaßstab periodenbezogen
Copeland/ Koller/ Murrin
Stern Stewart
Holt/Boston Consulting Group
DCF + Residualgewinn
Residualgewinn
Shareholder-Value
Shareholder Value
-
Economic Profit (EP)
Market Value Added (MVA) Economic Value Added (EVA)
Interner Zinsfuß + Residualgewinn Shareholder Value
LEK /Alcar Consulting Group551/ Rappaport DCF
Cash Value Added (CVA) mit CFROI
Tabelle 1: Auflistung der bekanntesten wertorientierten Steuerungskonzepte552
2. a.
Bedeutsame wertorientierte Kennzahlen Shareholder-Value Verfahren
Bei der Ermittlung des Shareholder Value, also dem Marktwert des Eigenkapitals, ist zuerst der Unternehmensgesamtwert (Marktwert des Gesamtkapitals) mittels Diskontierung der freien Cashflows im betrachteten Zeitraum zu errech549 Vgl. Coenenberg, A. (2001), S. 595. 550 Vgl. Kornetzki, T. (2007), S. 679; ebenso auch Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./ Wiedemann, F. (2003), S. 720. 551 Alfred Rappaport war Prinzipal bei diesem Consulting Unternehmen. 552 Kornetzki, T. (2007), S. 680; ebenso auch Wellner, K.-U. (2001), S. 77.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
nen.553 Hierfür kommt die Discounted Cash Flow-Methode zur Anwendung. Diese Methode ermöglicht den Übergang von der Sicht des Kapitalmarktes in die interne Sicht und damit in die Planung und Steuerung des Unternehmens.554 Der für die Planung zugrunde liegende Zeithorizont richtet sich nach der geschätzten Dauer des Wettbewerbsvorteils, der durch die zu tätigende Investition erreicht werden soll. Mit der WACC-Methode wird der Diskontierungssatz errechnet.
i)
Berechnung des Shareholder-Value
Für die Ermittlung des Shareholder Value kann man den DCF entweder mittels der Eigenkapitalmethode (Nettoansatz bzw. Equity Approach) oder mittels der Gesamtkapitalmethode (Bruttoansatz bzw. Entity Approach) errechnen.555 Mit dem Entity Approach sollen die Ansprüche aller Kapitalgeber aus den diskontierten Zahlungsflüssen befriedigt werden.556 Der Shareholder-Value wird damit durch den Marktwert des Eigenkapitals operationalisiert.557 Er errechnet sich aus der Subtraktion des Marktwerts des Fremdkapitals vom Unternehmensgesamtwert.558 Im ersten Schritt bestimmt man den Wert des Unternehmensvermögens (Total Assets), um dann im zweiten Schritt das Fremdkapital zu bewerten und dieses vom Brutto-Unternehmenswert abzuziehen.559 Dies ergibt den NettoUnternehmenswert und damit den Marktwert des Eigenkapitals:560 ൌ െ Zieht man vom Shareholder Value die Forderungen der Eigenkapitalgeber ab, so verbleibt der residuale Unternehmenskapitalwert, um den der Unternehmenswert steigt. 553 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 290. 554 Vgl. Bramsemann, U. (2004a), S. 70. 555 Vgl. Horváth, P. (2009), S. 54; eine Studie zum Thema Beteiligungscontrolling, die in den Jahren 1999 und 2000 bei deutschen Großunternehmen durchgeführt wurde, kam zum Ergebnis, dass die Brutto Methode des Discounted Cash Flow das am häufigsten angewendete Verfahren (47%) ist. Das Ertragswertverfahren und die Netto Methode des DCF folgten mit jeweils 10% auf den folgenden Plätzen. Ebenso auch Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 721. 556 Vgl. Kremer, P (2008), S. 92. 557 Vgl. Kürsten, W./Meckl, R./Krostewitz, A. (2007), S. 159. 558 Vgl. Kremer, P. (2008), S. 95; ebenso auch Reichmann, T. (2006), S. 742; Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 474. 559 Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 751. 560 Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 742.
II Wertorientierte Kennzahlen
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Um die Wertänderung eines Unternehmens zu berechnen, benötigt man bei der Entity Methode die Mindestrenditeforderungen aller Kapitalgeber, die durch den WACC dargestellt sind, um den Gesamtkapitalwert, aus dem die Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber abgegolten werden, zu errechnen. Beim Equity Approach (Netto Methode) hingegen ermittelt man den Marktwert des Eigenkapitals durch Diskontierung der Cashflows auf den Eigenkapitalwert (Shareholder Value), um die Ansprüche der Eigenkapitalgeber zu decken.561 Dafür errechnet man den Netto-Unternehmenswert unter Zuhilfenahme des Eigenkapitalkostensatzes (Cost of Equity) direkt in einem Schritt.562 Der Eigenkapitalkostensatz findet meist bei Banken und Versicherungen Anwendung.563 Daher wird dieser Ansatz weniger häufig als der Entity-Ansatz verwandt.564 Modigliani/Miller postulieren in ihrer These, dass sich der Unternehmenswert nicht durch stärkere Hinzunahme von billigem Fremdkapital steigern lässt, da im Gegenzug die Eigenkapitalgeber durch dieses wachsende Kapitalstrukturrisiko entsprechend höhere Verzinsungsansprüche stellen würden.565 In der Praxis allerdings stößt diese These wegen ihrer Annahmen, wie z.B. eines vollkommenen Kapitalmarkts und des fehlenden Forderungsausfallrisikos für Fremdkapitalgeber, auf Kritik.566 Der Marktwert des Eigenkapitals, der über die Shareholder-Value-Methode errechnet wurde, kann dann als Wert des Unternehmens bezeichnet werden, wenn die Annahmen des Lücke Theorems erfüllt sind, das besagt, dass der Kapitalwert der Residualgewinne gleich dem Kapitalwert der Zahlungsüberschüsse ist.567 Dieses Theorem stellt die theoretische Grundlage eines jeden Residualgewinnkonzeptes dar, da durch dessen Anwendung identische Kapitalwertberechnungen ermöglicht werden und man auf der Grundlage von Residualgewinnen Unternehmens- bzw. Ertragswerte bestimmen kann.568 Die auf t = 0 diskontierten Übergewinne sind deckungsgleich mit dem Kapitalwert. Zur Berechnung des Ertragswert addiert man zu den diskontierten Free Cash-Flows das in t = 0 investierte Kapital, um so den Unternehmenswert zu bestimmen.
561 562 563 564 565 566 567
Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 451. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 86. Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 721. Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002a), S. 751. Vgl. Modigliani, F./Miller, M. (1958), S. 261. Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 668. Vgl. Lücke, W. (1955), S. 310–324; Gabriel Preinreich und W. Lücke haben zeitlich versetzt und unabhängig voneinander diesen Zusammenhang entwickelt; ebenso auch Preinreich, G.: Valuation and Amortization, in The Accounting Review, 12. Jg. (1937), S. 209–226. 568 Vgl. Kesten, R. (2005), S. 2.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Mit Hilfe des Shareholder Value Added (SVA) können Unternehmenswertänderungen durch die Differenz zweier Unternehmenswerte zu unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt werden.569
ii)
Kritische Würdigung
Investitionen entscheiden über die Zukunft von Unternehmen. Daher sollte im Vorfelde sorgfältig festgestellt werden, welche der Investmentalternativen den höchsten Wert für das Unternehmen erbringen. Der Shareholder-Value Ansatz geht immer davon aus, dass die Steigerung des Unternehmenswertes die relevante Zielsetzung für Unternehmen darstellt. Denn erst durch die Erwirtschaftung der von Investoren geforderten Rendite motiviert man diese dazu, ihre Mittel zur Verfügung zu stellen. Der DCF und der Shareholder Value sind zukunftsorientiert, d.h. sie erlauben keine Aussage über die Wertentwicklung der vergangenen Periode. Dies ist als nachteilig zu bewerten, da die Betrachtung der ex-post Informationen in der externen Berichtserstattung eine hohe Relevanz besitzen. Sie werden u.a. auch für die Bewertung variabler Gehaltsbestandteile gebraucht. Hier bietet beispielsweise die Verwendung der Kennzahl EVA Vorteile gegenüber dem Shareholder Value bzw. dem DCF.570 Die Berechnung des Shareholder Value vertraut auf die Exaktheit der Schätzung von Cashflows der künftigen Perioden. Doch Prognosen zukünftiger Cashflows sind mit großen Unsicherheiten verbunden571 und verlangen aufwändige Berechnungen.572 Mit dem Ziel, die Qualität der Vorhersage zu verbessern, schlägt Rappaport vor, die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Wert der künftigen freien Cashflows in der Berechnung zu berücksichtigen.573 Er bezeichnet diese Faktoren als Werttreiber oder Wertgeneratoren.574 Diese sind einfache und verständliche Größen, die dem Management vertraut und von ihm steuerbar sind.575 Man unterscheidet finanzorientierte- und nicht-finanzorientierte Werttreiber. Finanzorientierte Werttreiber sind:576
569 570 571 572 573 574 575 576
Vgl. Küting, K./Weber, C.P. (2004), S. 475. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 333. Vgl. Baetge, J. (2006), S. 1. Vgl. Grant, R. (1998), S. 38. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 453. Vgl. Rappaport, A. (1999), S. 68. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 752. Vgl. Francis, G./Minchington, C. (2000), S. 46.
II Wertorientierte Kennzahlen
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Umsatzwachstum, denn dieses zieht üblicherweise eine Erhöhung des Anlage- und Umlaufvermögens nach sich, Umsatzrentabilität, denn diese zeigt auf, welcher Teil des Umsatzes für Investitionen, Zinszahlungen und Dividenden zur Verfügung steht, Kapitalkosten, denn der Kapitalkostensatz wird aus heutiger Sicht festgelegt und soll die zukünftige Kapitalstruktur (Eigen- und Fremdkapital) berücksichtigen, Investitionen, denn Wachstumsstrategien bedingen eine Erhöhung des Anlagevermögens, Steuerrate, denn sie wird durch das operative Ergebnis bestimmt und beeinflusst den Unternehmenswert und Dauer des Planungshorizonts, denn sie beeinflusst die Qualität der Vorhersage.
Nicht-finanzorientierte Werttreiber, auch als weiche Werttreiber bezeichnet, sind beispielsweise die Fähigkeiten der Mitarbeiter oder die Qualität der Produkte. Neben den Werttreibern empfiehlt es sich, besonders die zukünftige Marktentwicklung in der Planung zu berücksichtigen. Eine Untersuchung in den USA hat ergeben, dass nur 25% des Börsenwerts eines Unternehmens in der Bilanz ausgewiesen wird. Die fehlenden 75% bestimmen Faktoren (weiche Werttreiber) wie Kundenstamm, Wissen und Fähigkeiten der Mitarbeiter, der Wert der Marke und effizientere Prozesse, die nicht in einer Bilanz aufgeführt sind.577 Das Shareholder Value-Netzwerk von Rappaport hilft, den Zusammenhang zwischen Managemententscheidungen, Wertgeneratoren, freiem Cashflow und Unternehmenswert zu verdeutlichen.578 Der Wert eines Unternehmens lässt sich auf verschiedene Weise ermitteln. Einerseits mit der DCF Methode, indem aus den zukünftigen erwarteten Cashflows die Beträge ermittelt werden, die den Anteilseignern zustehen.579 Andererseits verstehen viele Marktbeobachter den Börsenwert und damit die Marktkapitalisierung, als den eigentlichen Unternehmenswert. Doch wenn ein Unternehmen die Wertsteigerung im Managementsystem verankern möchte, um den Erfolg periodisch messen und Verbesserungen entsprechend darstellen zu können, wird dies weder mit dem DCF noch mit dem Börsenwert gelingen. Denn ein solches effizientes Steuerungssystem bedingt die Möglichkeit der Vergabe sinnvoller Zielvorgaben für das Management und die Mitarbeiter, die diese verstehen und mittragen, weil sie wissen wollen, wie ihre individuellen Leistungen zur Erreichung dieser Ziele beitragen. Dies ist nur mit Kennzahlen möglich, die eine 577 Vgl. Esch, F.-R. (2006), S. 3. 578 Vgl. Horváth, P. (2009), S. 455. 579 Vgl. Coenenberg A./Salfeld, R. (2003), S. 17.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
wertorientierte periodische Leistungsmessung erlauben, um Wertänderungen nachvollziehbar darstellen zu können.580 Die zentrale Aussage wertorientierter Kennzahlen liegt darin festzustellen, inwieweit Unternehmen mit Investitionen und Projekten in einem bestimmten Zeitraum einen höheren Unternehmenswert als zu Beginn der Periode geschaffen haben.581 Im Folgenden werden Kennzahlen, mit denen die periodische Wertmessung durchführbar ist, vorgestellt.
b.
Economic Value Added (EVA)582
Der Economic Value Added ist darauf ausgerichtet, der Unternehmensleitung Informationen über die Vorteilhaftigkeit bzw. Nachteilhaftigkeit, mit anderen Worten das Wertsteigerungs- bzw. Wertvernichtungspotential, von Aktivitäten zu geben. In diesem Sinne stimmen die Zielsetzungen des EVA mit denen des Shareholder Value-Ansatzes überein.583 Der Economic Value Added zeigt die Wertschaffung einer Periode auf.584 Er gilt als populärste Maßzahl für die Messung des Unternehmenswerts585 und baut auf dem Prinzip des Residualgewinns auf.586 Morris spricht von EVA sogar als einem pädagogischen Mittel, das es ermöglicht, Manager dahingehend anzuleiten, ihre Leistungen danach zu bewerten, wie gut sie die Erwartungen von Investoren erfüllen, um damit die Attraktivität des Unternehmens für potentielle Investitionen und Kreditzusagen zu erhöhen.587 Der EVA errechnet sich als periodenbezogene Differenz zwischen dem Gewinn (nach Steuern, vor Kapitalkosten) und den mit dem Kapitaleinsatz verbundenen Kosten eines Unternehmens,588 mit dem Ziel, die Unternehmenswertsteigerung zu operationalisieren.589 Das Ergebnis des EVA zeigt den ökonomischen Unternehmenswert in der Weise auf, dass ein Übergewinn oder Residualgewinn, um den der Wert des Unternehmens wächst, immer dann entsteht, wenn der erwartete Ertrag des Unternehmens oder einer Investition über den Kapitalkosten liegt.590 Das Beratungsunternehmen Stern Stewart sieht das Ergebnis dieser Kennzahl als den 580 581 582 583 584 585 586 587 588 589 590
Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 62. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 157. © Stern Stewart & Company. Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 282. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 55. Vgl. Grant, R. (1998), S. 3. Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 358. Vgl. Morris, V. (2001), S. 106. Vgl. Weber J./Schäffer U. (2008), S. 178. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 55. Vgl. Stewart, G.B. (1992), S. 136.
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wahren wirtschaftlichen Gewinn an, aus dem die Ansprüche der Eigenkapitalgeber bedient werden können, nachdem alle operativen Kosten und finanziellen Aufwendungen gedeckt worden sind.591 Das kann im Umkehrschluss bedeuten, dass ein Unternehmen, das einen Gewinn ausweist, nicht zwangsläufig gleichzeitig einen Wertzuwachs geschaffen haben muss, wenn es beispielsweise einen zu hohen, ineffizienten Kapitaleinsatz zu verantworten hat.
i)
Berechnung des EVA
Mathematisch kann der EVA entweder nach der Capital-Charge- oder der ValueSpread Formel errechnet werden.592 Die Capital-Charge Methode stellt den EVA als betrieblichen Übergewinn dar, ermittelt aus der Differenz zwischen dem operativen Gewinn und den Kapitalkosten: ୲ ൌ ୲ െ ൈ ୲ିଵ Als Gewinngröße wird der NOPAT (Net Operating Profit after Tax) verwendet, der als Gewinn aus betrieblicher Tätigkeit nach Steuern und vor Abzug von Kapitalkosten definiert ist. Das Herausrechnen der Kapitalkosten zur Ermittlung des NOPAT dient dem Zweck, alle Kapitalgeber, egal ob Fremd- und Eigenkapital, gleich zu behandeln.593 Die Größe Capital Employed stellt das betriebsnotwendige Kapital dar, welches unmittelbar für die Produktion und den Absatz der Produkte sowie zur Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit und der Leistungsbereitschaft verwendet wird. Alle nicht betriebsnotwendigen Vermögenswerte und Schulden, die nicht für die Erreichung der Produktions- und Absatzziele sowie die Erhaltung der Liefer- und Leistungsbereitschaft erforderlich sind, werden für dessen Berechnung eliminiert. Higgins fasst diese Beschreibung folgendermaßen zusammen: “All sources of capital to the business on which it must earn a return“.594 Nach der Value-Spread Formel errechnet sich der EVA aus der Multiplikation des eingesetzten Kapitals mit der betrieblichen Überrendite:595 ୲ ൌ ሺ െ ሻ ൈ ୲ିଵ 591 592 593 594 595
Vgl. Stewart, G.B. (1992), S. 136. Vgl. Stewart, G.B. (1991), S. 136. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 457. Vgl. Higgins, R.( 2001), S. 302. Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 283.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Rechnet man mit Renditegrößen, ergibt sich die absolute Wertsteigerung aus der Multiplikation des Spread, der Differenz zwischen erzielter und geforderter Verzinsung, multipliziert mit dem zu verzinsenden Kapital. Die Rendite r steht für das Verhältnis von NOPAT zu Capital Employed und zeigt die interne Rendite auf, die durch die betrieblichen Prozesse erwirtschaftet wurde. Ist die interne Rendite r größer als der Kostensatz WACC wird laut dem EVA-Konzept Wert geschaffen. Die Value-Spread Formel erleichtert die Unterscheidung wertschaffender von wertvernichtenden Unternehmen bzw. Unternehmensteilen.596 Doch kann die Steuerung mittels Renditevorgaben, die über dem WACC liegen, auch dazu führen, dass eine geplante Investition trotz positivem EVA nicht durchgeführt wird, weil der projektierte Wertzuwachs unter den aktuell erwirtschafteten bzw. vorgegebenen Renditeergebnissen liegt. Ist der EVA positiv, dann hat das Unternehmen die Renditeerwartungen sowohl der Anleger wie auch der Fremdkapitalgeber übererfüllt und der Wert des Unternehmens steigt.597 Bei einem negativen EVA-Ergebnis wird Wert vernichtet und bei einem EVA-Ergebnis von 0 wird die geforderte Verzinsung der Kapitalgeber erreicht. Mit dem EVA ist ein Unternehmen besser in der Lage zu erkennen, welche Bereiche zum Wachstum beitragen, und kann Ressourcen dahin verlagern, wo der höchste Wert generiert werden kann.598 Denkbar wäre auch eine Berechnung des EVA-Gewinns nur auf Eigenkapitalbasis. Man müsste dafür den NOPAT durch den Jahresüberschuss nach Steuern und den WACC durch die geforderte Rendite des Eigenkapitals ersetzen sowie als investiertes Kapital den Buchwert des Eigenkapitals verwenden. Aufgrund der Vergleichbarkeit mit anderen wertorientierten Berechnungen, wie z.B. dem DCF, wird jedoch in der Praxis der Gesamtkapitalansatz bevorzugt.599 Zur Steigerung des EVA gibt es eine Vielzahl von Werttreibern, die sich aus den zu seiner Errechnung verwendeten Größen ableiten lassen. Für die vollständige und systematische Erfassung dieser Wertgeneratoren bietet sich die Erstellung eines Werttreiberbaumes an, um die Einflussfaktoren auf den EVA darzustellen (siehe Kapitel B.III.2.e).600 Zum Beispiel können EVA-Ergebnisse durch die Reduzierung der Kapitalkosten oder durch die Erhöhung des Gewinns bei gleichzeitiger geringerer Steigerung der Kapitalkosten oder durch Investitionen in Projekte mit höheren Wertaussichten positiv beeinflusst werden.601 Für eine Verringerung der Kapitalkosten muss die Unternehmensführung in der Lage 596 597 598 599 600 601
Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 463. Vgl. Uebber, B./Horváth, P. (2007), S. 642. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 269. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 120. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 339. Vgl. Hoque, Z. (2003), S. 146.
II Wertorientierte Kennzahlen
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sein, die Investitionsrisiken der Kapitalgeber sichtbar zu senken. Auch die Verminderung des betriebsnotwendigen Kapitals kann sich positiv auf die Höhe der Kapitalkosten auswirken, während sich höhere Vorräte und Forderungen durch die erhöhte Kapitalbasis negativ auf den EVA auswirken. Umgekehrt steigt der EVA durch den Abbau von Vorräten, was allerdings Auswirkungen auf die Lieferbereitschaft haben könnte. Auch übt die Kapitalstruktur großen Einfluss auf die Höhe des EVA aus. Abhängig von der Höhe der Fremdkapitalzinsen kann sich ein hoher Leverage vorteilhaft auf die Gesamtkapitalkosten auswirken und damit einer Verschiebung von Eigen- zu Fremdmitteln Vorschub leisten. Andererseits kann eine hohe Eigenkapitalausstattung dazu beitragen, das Risiko für Anleger zu senken, was sich wiederum positiv auf die Höhe der Risikoprämie auswirken kann. Die optimale Ausbalancierung der Kapitalstruktur eines Unternehmens hängt u.a. von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Wettbewerbsfähigkeit, dem Rating und der verfolgten Strategie ab.
ii)
Kritische Würdigung
Der Unterschied zwischen dem EVA und traditionellen Erfolgskennzahlen ist signifikant, da der EVA die Gesamtkapitalkosten und damit die Erwartungen der Anteilseigner sowie der Fremdkapitalgeber berücksichtigt. Dies ist bei einer Kennzahl wie dem Jahresüberschuss nicht der Fall, da dort nur die Zinsen für das Fremdkapital Berücksichtigung finden. Ein positiver EVA zeigt, wieviel zusätzlicher Wert in Form eines absoluten Übergewinns erzielt wurde, dies können Renditekennzahlen in dem Maße nicht leisten.602 Der EVA kann zur Bewertung von Investitionen und Projekten bzgl. ihres Wertschaffungspotentials herangezogen werden und bietet sich zur Ableitung von Zielvorgaben mit Einfluss auf die leistungsabhängige Vergütung sowie als Basis für die Kommunikation mit Investoren an.603 Mit einem positiven EVA kann ein Unternehmen dokumentieren, dass genügend Mittel erwirtschaftet wurden, um Anteilseignern eine risikoadäquate Verzinsung ihres Kapitals zu bieten.604 Der grundlegende Aufbau der EVA-Formel ist einfach.605 Dies erleichtert die Vermittelbarkeit des Konzepts in der innerbetrieblichen Kommunikation, da der Zusammenhang zwischen der Erhöhung der Profitabilität und der Verringerung des dafür eingesetzten Kapitals eingängig ist.606 602 603 604 605 606
Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 67. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 459. Vgl. Griffith, J. (2004), S. 26. Vgl. Haeseler, H./Hörmann, F. (2006), S. 93. Vgl. Stephens K./Bartunek R. (1997), S. 40.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Ein weiterer Vorteil des EVA ist der relativ geringe Aufwand bei der Ermittlung. Die für den EVA benötigten Informationen, wie Umsatz, operativer Aufwand und betriebliches Vermögen, produziert das Rechnungswesen für den Jahresabschluss. Durch diese Nähe zum Rechnungswesen eignet sich der EVA für Planungs- und Kontrollzwecke, da die rechentechnischen Verknüpfungen Ursache-Wirkungszusammenhänge erkennen lassen.607 Daher kann er auch zur Unternehmenssteuerung eingesetzt werden.608 Die Vorteile des EVA im Vergleich zum DCF liegen in seinem geringeren Ermittlungsaufwand, seiner stärkeren Planungsintegrität und seiner größeren Kommunizierbarkeit.609 Zwar attestieren die Anhänger der DCF-Methode eine Überlegenheit gegenüber anderen Methoden aufgrund der Tatsache, dass der DCF auf der Investitionstheorie beruht und Cashflows gegenüber Gewinngrößen den Vorteil der geringeren Bilanzmanipulierbarkeit besitzen. Doch erfordert diese Methode längere Prognosezeiträume zur Erreichung eines Gleichgewichtszustands und sie bedingt üblicherweise einen anteilig hohen Restwert am Gesamtunternehmenswert.610 Residualgewinnmodelle dagegen erlauben verlässlicherer Prognosen, da der zu planende Zeitraum in der Regel kürzer sein kann. Ihnen kommt daher ein höherer Erklärungsgehalt von Unternehmenswerten am Kapitalmarkt zu, was u.a. auch an einem durchschnittlich geringeren Anteil des Restwerts am Gesamtwert verglichen mit dem DCF liegt.611 Die Unternehmensbewertung mit Hilfe von Residualgewinnen erscheint damit transparenter und nachvollziehbarer. Der EVA und die Shareholder Value-Methode sollten die gleichen Ergebnisse über die Werthaltigkeit von Investitionen ermitteln. In der praktischen Anwendung können sich allerdings unterschiedliche Schlussfolgerungen ergeben. Besonders in Phasen mit hohem Investitionsbedarf kann der Free Cashflow negativ sein, während der EVA durch die anteilige Verrechnung von periodisierten Größen, wie z.B. Abschreibungen, positive Ergebnisse erbringen kann.612 In stark segmentierten Unternehmen reicht die Ermittlung des EVAs auf Konzernebene nicht aus, sondern es macht Sinn, dedizierte EVA für einzelne Segmente zu ermitteln und auszuweisen.613 Der EVA ermöglicht es, den jeweili-
607 Vgl. Meyer, C. (2008), S. 168. 608 Vgl. Castillo, A. (1998), S. 83; „…EVA can be measured within a business unit to make it the centre piece of a measurement, business management and reward program fostering decentralized authority and accountability.“ 609 Vgl. Ballwieser, W. (2000), S. 164. 610 Vgl. Coenenberg A./Schultze, W. (2002), S. 606. 611 Vgl. Coenenberg A./Schultze, W. (2002), S. 607. 612 Vgl. Fischer, T. (1999), S. 11. 613 Vgl. PriceWaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 38; ebenso auch Coenenberg, A. (2001), S. 594.
II Wertorientierte Kennzahlen
121
gen Unternehmensteilen, abhängig davon, in welchen Märkten sie operieren und welchen Marktrisiken sie unterliegen, individuelle Ziele vorzugeben.614 Trotz dieser Stärken sind mit der Anwendung des EVA auch Probleme verbunden. Es ist schwierig, aus dem einperiodischen Ergebnis des EVA Rückschlüsse auf die tatsächliche Veränderung des Marktwerts des Eigenkapitals zu ziehen.615 Der EVA stellt nicht den Barwert von zukünftigen Zahlungsströmen dar, sondern basiert auf Jahresabschlüssen und wird als konventionelles, vergangenheitsorientiertes Einperiodenmaß berechnet.616 „Damit verzichtet dieser Ansatz im Gegensatz zum DCF auf ein konsequentes Denken in Cashflow-Größen.“617 Die EVA-Elemente NOPAT und Capital Employed werden vom Rechnungswesen des Unternehmens ermittelt und unterliegen Ermessensspielräumen bei der Ausübung von Bilanzwahlrechten. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Bewertung der Vermögenswerte zu Buchwerten,618 was keine analytisch begründbare Verbindung zur Wertsteigerung herstellen lässt.619 Dies gilt als nachteilig, da die Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals für die Kapitalgeber als relevanter erachtet werden.620 Zudem beeinflussen die verwendeten Rechnungslegungssysteme die periodenbezogene Aussagekraft des EVA, je nachdem, ob man Vermögen mit Anschaffungswerten oder mit dem Zeitwert (Fair Value) bewertet.621 Bei Anwendung des Anschaffungswertprinzips misst der EVA u.U. nur einen geringen Teil der Wertsteigerung, während Vermögensbewertungen mit dem Fair Value die Wertsteigerung einer Periode komplett abbilden.622 Diese Aussage impliziert, dass trotz aussagekräftig klingenden Ergebnissen von Unternehmen, die ihren Wertzuwachs mit dem EVA ausweisen, nicht ausgeschlossen werden kann, dass über die Bewertungspolitik Einfluss auf das Ergebnis ausgeübt worden ist, um den Wert kapitalmarktgerecht darzustellen.623 Die Bewertung mit dem Fair Value wird zudem zunehmend kritisch gesehen. Denn die Annahme dieses Prinzips 614 615 616 617 618 619 620 621 622 623
Vgl. Kaplan, R./Atkinson, A. (1998), S. 507. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 68. Vgl. Haeseler, H./Hörmann, F. (2006), S. 95. Hirsch, B. (2007), S. 63. Vgl. Weißenberger, B. (2009), S. 10. Vgl. Waal, A. de (2005), S. 32; ebenso auch Ballwieser, W. (2000), S. 164. Vgl. Bramsemann, U. (2004a), S. 68. Vgl. Quick, R./Wolz, M. (2009), S. 222. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 138. McIntyre, E. (1999), S. 66: “But residual income and EVA are numbers derived from the firm’s accounting system, like other numbers they can be affected by the accounting methods used in determining operating income and reported asset values. As a result, a firm can report positive residual income or EVA when firm value is actually decreasing, and negative residual income or EVA when firm value is increasing.” Ebenso auch Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 125.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
geht davon aus, dass ein effizienter Finanzmarkt vorliegt, in dem dieser Wert die Realität widerspiegelt. In Zeiten der Hochkonjunktur und im Glauben an zukünftige gute Geschäfte hat der Markt die Werte meist als zu hoch eingestuft.624 Für Unternehmensführungen kann es aus Steuerungsgründen dennoch Sinn machen, Buchwerte bei der Entscheidungsfindung zu verwenden, da die Buchwerte das Kapital repräsentieren, das von den Kapitalgebern zur Verfügung gestellt wurde.625 Hier unterscheidet sich der EVA nicht von den traditionellen Gewinngrößen und konterkariert das Versprechen einer erhöhten Transparenz über die unternehmerische Leistungsfähigkeit, das dieser Kennzahl von ihren Entwicklern mitgegeben wurde.626 Die Höhe der Kapitalkosten nimmt entscheidenden Einfluss auf den EVA, d.h. er reagiert sehr sensibel auf Änderungen der Kapitalkosten. Mit der Folge, dass geringe Cost of Capital den residualen Gewinn und damit den ausgewiesenen Unternehmenswert nach oben treiben. Dies kann zur Konsequenz haben, dass ein Unternehmen, das sein Wachstum über vermehrte Fremdkapitalaufnahme finanziert, bessere EVA-Ergebnisse erzielt als ein vergleichbares Unternehmen mit stärkerer Eigenfinanzierung.627 Die Hinwendung zu einem immer höheren Leverage gilt im Übrigen als einer der Gründe für die aktuelle Schwäche vieler Unternehmen, die in Zeiten der Kreditklemme Schwierigkeiten haben, ihren laufenden Geschäftsbetrieb zu finanzieren.628 Daraus könnte gefolgert werden, dass der EVA bevorzugter in Hochkonjunkturphasen Verwendung findet, wenn Banken und andere Fremdkapitalgeber Kreditzusagen mit geringeren Risikozuschlägen als in Krisenzeiten versehen, und sich folglich bessere Unternehmenswertergebnisse berichten lassen. Die Berechnungen des NOPAT und des Capital Employed können durch die Anpassungen (Conversions) sehr aufwändig werden,629 die erforderlich sind, um die IFRS-Datenbasis vom accounting in ein economic model, d.h. die Darstellung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, zu überführen.630 Die zugrunde liegende Zielsetzung besteht darin, die Bilanzgröße NOPAT in eine zahlungsstromorientierte Cashflow-Größe zu verwandeln und das Kapital zu Marktwerten anzusetzen.631 Stern Stewart schlagen dafür 164 Anpassungen der Kapitalkosten bzw. des NOPAT vor, um diese zu aussagekräftigeren Größen zu 624 Vgl. McSweeney, B. (2009), S. 837. 625 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 89. 626 Vgl. Hamilton, J./Rahman, S./Lee, A. (2009), S. 273; aufgrund dieser Kritik wurde der REVA (Refined-EVA) entwickelt, der Marktwerte statt Buchwerte verwendet. 627 Vgl. Salmi, T./Virtanen, I. (2001), S. 24. 628 Vgl. McSweeney, B. (2009), S. 841. 629 Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 64. 630 Vgl. Weißenberger, B. (2009), S. 8.; ebenso auch Hauer, G./Ultsch, M.(2010), S. 86. 631 Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 285.
II Wertorientierte Kennzahlen
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machen, was allerdings die Komplexität der Ermittlung erhöht.632 Man sollte sich daher auf wesentliche Anpassungen beschränken, um einerseits den Aufwand zu reduzieren und andererseits die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse nicht zu beeinträchtigen.633 West/Worthington führen aus, dass Unternehmen, die den EVA als Steuerungskennzahl einsetzen, nicht mehr als 15 dieser Anpassungen durchführen.634 Sie merken dazu in ihrem Artikel an, “that most of the proposed adjustments have little or no qualitative impact on profits”.635 Ewert/Wagenhofer beziehen sich auf eine Befragung der DAX100 Unternehmen im Jahr 2003 und bestätigen diese Annahme.636 Die Conversions gruppieren sich um die Bereinigung nicht-betrieblicher Komponenten, die vollständige Erfassung aller Finanzierungsmittel, die Eliminierung von Einflüssen der Kapitalstruktur, die Marktorientierung des investierten Kapitals und Modifikationen bzgl. Steuerbelastungen.637 Hostettler schlägt für die Systematisierung der Conversions vor, diese in vier Typen zu unterteilen:638 1. 2.
3. 4.
Operating Conversions: Sie sollen die Daten des Jahresabschlusses auf die betriebliche Sphäre eingrenzen. Funding Conversions: Sie sollen die Vergleichbarkeit von Kennzahlen des Vermögens verschiedener Unternehmensbereiche durch die Vereinheitlichung von Ansatz- und Bewertungswahlrechten herstellen. Shareholder Conversions: Sie sollen den Erfolg aus Eigenkapitalgebersicht darstellen. Tax Conversions: Sie sollen sicherstellen, dass sich Ertragsteuern nur auf die Ergebnisgröße beziehen.
Die Qualität des ausgewiesenen EVA-Ergebnisses hängt entscheidend von der Anzahl und Auswahl der vorgenommen Anpassungen ab, d.h. er ergeben sich unterschiedliche EVAs, je nach Verwendung von Conversions:639
632 633 634 635 636
Vgl. Horváth, P. (2009), S. 461. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 64. Vgl. West, T./Worthington, A. (1999), S. 6. West, T./Worthington, A. (1999), S. 6. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 555; die Befragung nach den häufigsten Anpassungen der Gewinnermittlung erbrachte die folgenden Ergebnisse, priorisiert nach Häufigkeit der Nennung: Restrukturierungsaufwand, Goodwill, Beteiligungen, Sonderabschreibungen, Leasing, Pensionsrückstellungen, Zinsen auf erhaltene Anzahlungen, latente Steuern und Verkehrswerte bei Immobilien. 637 Vgl. Stewart, G.B. (1994), S. 73. 638 Vgl. Hostettler, S. (1995), S. 308; ebenso auch Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 58. 639 Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 285.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Basic EVA: Dieser ergibt sich durch die Verwendung unangepasster Jahresabschlussdaten, d.h. ohne Conversions. Disclosed EVA: Dieser Wert kommt durch die Anwendung von 12 Standard-Conversions zustande. Tailored EVA: Bei dessen Berechnung fließen die Geschäftsstrategien, die Organisationsstruktur und die Rechnungslegungspolitik des Unternehmens mit ein. True EVA: Dieser EVA-Wert stellt das theoretisch akkurateste Ergebnis dieser Kennzahl dar, da alle relevanten Conversions vorgenommen und die Kapitalkosten präzise ermittelt wurden. Allerdings verlangt diese Berechnung den höchsten Grad an Aufwand.
Aufgrund der Bandbreite der Berechnungsmöglichkeiten ist die Vergleichbarkeit von EVA-Ergebnissen unterschiedlicher Unternehmen nicht gegeben.640 Beispielsweise sind im Rahmen der Operating Conversions außerordentliche Ergebnisbestandteile zu eliminieren. Eine Vergleichbarkeit von Unternehmensbereichen kann somit erst hergestellt werden, wenn sämtliche gemieteten und geleasten Objekte so behandelt werden als wären sie gekauft. Dies hätte zur Folge, dass diese Aufwendungen dem Jahresergebnis hinzuzurechnen sind und als Kompensation fiktive Abschreibungen anzusetzen sind, die sich auf den Wert der „gekauften“ Objekte beziehen.641 Diese ist nur ein Beispiel dafür, wie aufwändig und schwer nachvollziehbar die Berechnungen bzw. das Ergebnis des EVA sein können. Der EVA ist damit kein uniformer Standard, der externe Interessenten in die Lage versetzt, die Leistungsfähigkeit von Unternehmen festzustellen und zu beurteilen, sondern vielmehr ein unternehmensindividuell anzupassendes Performance- bzw. Bewertungsinstrument.642 Die Entwickler des EVA geben berichtenden Unternehmen freie Hand, wie sie das EVA-Ergebnis zu ermitteln und zu berichten gedenken. Dieser Fakt reduziert die Transparenz des EVA für den Kapitalmarkt in beträchtlicher Weise. Denn um sicher zu sein, dass man Gleiches mit Gleichem vergleicht, müsste man eben wissen, welche der 164 möglichen Modifikationen in den Berechnungen enthalten sind.643 Conversions bringen im Übrigen nicht immer eine Verbesserung der Aussagefähigkeit. Es besteht viel mehr die Gefahr, dass sich diese trotz oder gerade wegen des Eingriffs ver-
640 Vgl. Ittner, C./Larcker D. (2001), S. 361: “Stern Stewart’s publicly available database makes an unspecified “handful” of standard adjustments, and excludes firm-specific adjustments made for its clients.” 641 Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 64. 642 Vgl. Vettiger, T./Volkart, R. (2002b), S. 2. 643 Vgl. Römhild, M. (2010), S. 245.
II Wertorientierte Kennzahlen
125
schlechtert.644 Im Übrigen, bietet Stern Stewart Beratungsleistungen an, um das Potential der Conversions heben zu können.645 Des Weiteren hängt die Verwendung der Conversions von den nationalen Gegebenheiten und Möglichkeiten ab, was die internationale Vergleichbarkeit von Ergebnissen einschränkt. Mit der Konsequenz, dass die Aussagekraft eines EVA sowohl für den externen Vergleich wie auch als interne eindeutige Steuerungskennzahl als eingeschränkt zu betrachten ist.646 Der Nutzen des EVA ist daher eher unternehmensintern, er eignet sich weniger für überbetriebliche Vergleiche.647 Diese Argumentation wird dadurch unterstützt, dass durch Abschreibungen von Anschaffungs- und Herstellungskosten der Kapitaleinsatz sinkt, was zur Folge haben kann, dass bei konstantem NOPAT der Wert des EVA steigt, ohne dass die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens gestiegen wäre.648 Werden Kapitalmarktteilnehmer nicht über einen solchen Zusammenhang in Kenntnis gesetzt, ziehen sie unter Umständen die falschen Schlüsse aus der Veröffentlichung des EVA als Indiz für die Wertschaffung im Unternehmen.649 Der EVA lässt wichtige qualitative Werttreiber, wie z.B. Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit, unberücksichtigt.650 Deren eventuelle Unzufriedenheit könnte sich implizit durch sinkenden NOPAT und damit einen geringeren EVA ausdrücken. Es gilt daher als empfehlenswert, die Messung mit dem EVA in Systeme wie die Balanced Scorecard einzubinden.651 Dadurch gelingt es, die wertorientierten Steuerungskennzahlen sowie traditionelle monetäre Größen wie auch nicht-monetäre Größen, die insbesondere die Wertschaffung beeinflussen, in einem Steuerungssystem zu integrieren.652 Mit diesem Hilfsmittel können Kapitalgesellschaften ihre wertorientierte Berichterstattung auch auf die qualitativen Aspekte der Wertgenerierung ausdehnen, was die Darstellung der Zusammenhänge durch die Balanced Scorecard deutlicher und nachvollziehbarer kommunizierbar macht sowie dem Anspruch an eine umfassende Betrachtungsweise entspricht.653 Die Tatsache, dass der EVA die Wertveränderungen einer Periode misst, kann die Wirksamkeit interner Steuerungsmaßnahmen negativ beeinflussen.654 644 645 646 647 648 649 650 651 652 653 654
Vgl. MacIntyre, E. (1999), S. 67. Vgl. Froud, J./Haslam, C./Sukhdev, J./Williams, K. (2000), S. 82. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 64. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 334. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 90. Vgl. Lachnit, L. (2002), S. 2553. Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 282. Vgl. Kaub, M./Schaefer, M. (2002), S. 9. Vgl. Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1630. Vgl. Labhart P./Volkart, R. (2000), S. 29. Vgl. Young, S. (2009), S. 3.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Manager bzw. Mitarbeiter, die das Ergebnis des EVA in ihren Zielvorgaben haben, könnten durch diesen Stichtagsbezug zu kurzfristigen Optimierungen motiviert werden.655 Wie andere Kennzahlen auch verhindert der EVA also nicht die Kurzfristsicht, was im direkten Widerspruch zum Anspruch der langfristigen Wertorientierung steht.656 Beispielsweise wirkt sich die Vermeidung bzw. die Reduzierung von Investitionen kurzfristig positiv auf die Höhe der Kapitalkosten aus, indem Investitionen in Forschung und Entwicklung oder Weiterbildung in spätere Perioden verschoben werden. Doch läuft das Unternehmen damit Gefahr, seine Zukunftsfähigkeit und langfristige Perspektive zu verschlechtern. Ein weitverbreiteter Kritikpunkt am EVA bemängelt, dass deswegen dieses Steuerungskonzept nicht für Unternehmen der High Technology Branche und der Schwerindustrie wegen ihren hohen Investitionen geeignet ist.657 Stewart schlägt deswegen vor, einmalig hohe Aufwendungen, beispielsweise für Marketing sowie Forschung und Entwicklung, die innerhalb einer Periode anfallen, zu aktivieren und über die geplante Nutzungsdauer abzuschreiben, um die Kosten den Perioden zu belasten, in denen sie tatsächlich anfallen.658 Dies entspricht laut Hahn dem Vorgehen in der klassischen Ergebnisrechnung.659 Doch selbst wenn man Stewarts Vorschlag folgt, dürften die investierten Kosten und daraus resultierend die Kapitalkosten trotzdem nach oben gehen.660 Es bietet sich deshalb an, nicht die absoluten EVA-Werte zu incentivieren, sondern die Veränderungen pro Periode als Zielwerte vorzugeben.661 Es verbleibt die Aufgabe der Unternehmensführung sicherzustellen, dass die langfristige Wertsteigerung, wie in der Strategie beschlossen, verfolgt und suboptimales Verhalten durch entsprechende Zielsetzungen unterbunden wird. Damit zeigt sich allerdings, dass die vermeintlichen Vorteile einer Kennzahl, wie dem EVA, gegenüber traditionellen Wertmaßstäben, wie dem EBIT, bzgl. weniger Bewertungsfreiheiten nicht in dem Maße gegeben sind, wie dies beispielsweise in der Literatur propagiert wird. Der EVA ist ein Residualgewinn. Diese Tatsache bedeutet jedoch nicht, dass dieser Wert mit dem Gewinn eines Unternehmens gleichzusetzen ist. Diese Interpretation des EVA in der unternehmerischen Praxis und in der Vermarktung von Stern Stewart, die den EVA als wahren wirtschaftlichen Gewinn darlegen, ist irreführend, weil als Kapitalbasis nicht das gesamte Kapital oder die Summe
655 656 657 658 659 660 661
Vgl. Haeseler, H./Hörmann, F. (2006), S. 95. Vgl. McIntyre, E. (1999), S. 72. Vgl. Ryan, H./Trahan, E. (1999), S. 54. Vgl. Stewart, G.B. (1991), S. 115. Vgl. Hahn, D. (2009), S. 421. Vgl. Kröger F. (2005), S. 14–16. Vgl. McIntyre, E. (1999), S. 72.
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II Wertorientierte Kennzahlen
der Marktwerte des Eigen- und Fremdkapitals verwendet wird, sondern das betriebsnotwendige Vermögen (Capital Employed).662 Ein Unternehmensvergleich mittels EVA macht mehr Sinn, wenn man ihn als Renditekennzahl heranzieht:663 െ ¡ ൌ
െ ൈ ୲ିଵ
Das EVA-Konzept eignet sich demnach zur Bilanzanalyse nur bedingt, denn für den externen Interessenten ist ohne aussagekräftige Herleitung der Berechnung des EVA das Ergebnis nicht nachvollziehbar.664 Daher schlagen Baetge/Kirsch/Thiele vor, eine standardisierte Berechnung des EVA durchzuführen, indem man den NOPAT durch den Betriebserfolg nach Ertragssteuern ersetzt und als Kapitalgröße das durchschnittlich betriebsnotwendige Vermögen ansetzt.665 Diese normalisierte Formel gäbe externen Analytikern bessere Möglichkeiten, Unternehmensvergleiche auf Basis des EVA anzustellen: ¡ െ Ǥ Ǥ Ú ൈ ൌ Ú Allerdings gilt es zu bedenken, dass zumindest auch in diesem Fall die Bestimmung des Kapitalkostensatzes Unternehmensexternen weiterhin sehr schwerfallen wird. Mit der Konsequenz, dass die EVA-Kennzahl für die interne Unternehmensteuerung einen höheren Nutzen als für die Kapitalmarktkommunikation entfaltet. Ein Unternehmen, das den EVA als Zielvorgabe einsetzt, muss in der Lage sein, Managern und Mitarbeitern sowie Eignern und Kunden dieses Konzept und seinen Nutzen für das Unternehmen, verständlich zu erläutern. Diese Anspruchsgruppen müssen die entscheidenden Stellschrauben zum Wohle des Unternehmenswerts und deren Einfluss auf die Zielerreichung kennen. Damit auch unternehmensinterne Anreizsysteme ihre Wirkung entfalten können, muss es Unternehmen gelingen, Management und Mitarbeiter von der Bedeutung dieses Konzepts für den Unternehmenserfolg in der Weise zu überzeugen, dass sie der Er-
662 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 89. 663 Vgl. Langguth, H./Marks, I. (2003), S. 618; ebenso auch Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 464. 664 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 474. 665 Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 475.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
reichung wertorientierter Ziele Vorrang geben.666 All dies ist nicht ohne Aufwand zu erfüllen, da der EVA trotz vorher gemachter Aussage hohe Anforderungen an die Verständlichkeit stellt. Die EVA-Formel enthält neben dem NOPAT und dem Capital Employed Elemente aus dem Rechnungswesen und mit dem gewogenen Kapitalkostensatz eine Größe, die massiv vom bestehenden Kapitalmarkt beeinflusst ist. Diese Zusammenhänge plus die Berechnungsvarianten bei den Wertermittlungen des EVA und des NOPAT durch die Auswahl der Conversions machen deutlich, warum der Aufwand für Wissensvermittlung und Vertrauensbildung beim Einsatz des EVA beträchtlich ist. Dies kann zur Folge haben, dass Eingewöhnungsphasen für Manager und Mitarbeiter länger dauern als von Unternehmensseite gewünscht, was in der täglichen Arbeit zu missverständlichen Entscheidungen führen kann. Auch gilt es zu verhindern, dass gleichzeitig Werttreiber eingesetzt werden, die kurzfristigen Steuerungsaspekten den Vorzug geben, um negative Auswirkungen auf die strategische Zielerreichung zu vermeiden. Es wird daher empfohlen, eine EVA-basierte Zielvorgabe nicht unternehmensweit vorzugeben. Die Zielgruppe sollte zuerst auf das Top Management beschränkt werden. Erst anschließend sollte Schritt für Schritt die Implementierung eines wertorientierten Anreizsystems top-down vorangetrieben werden. Aufgrund dieser ausgeprägten Schwachpunkte empfiehlt es sich nicht, den EVA als Kernkennzahl für den Unternehmenserfolg anzuwenden.667 In diesem Zusammenhang stellt Ballwieser die Frage, „ob der EVA für einen Konzern oder eine Geschäftsbereichsebene als Wertsteigerungsmaß überhaupt herangezogen werden sollte.“668 Mit Hilfe des EVA kann auch der Unternehmenswert ermittelt werden.669 Dies erreicht man zumindest rechnerisch mit einer zukunftsorientierten und mehrperiodischen Sicht auf den EVA durch die Verwendung des Market Value Added (MVA).
c.
Market Value Added (MVA)
Diese Kennzahl stellt den Unternehmenswert (Gesamtkapitalwert) als Summe aller diskontierten EVA im betrachteten Prognosezeitraum dar.670 Der MVA ist
666 667 668 669 670
Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 723. Vgl. Francis, G./Minchington, C. (2000), S. 47. Ballwieser, W. (2009), S. 97. Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 288. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 85; ebenso auch Horváth, P. (2009), S. 457.
129
II Wertorientierte Kennzahlen
damit in der ex-ante Betrachtung der Barwert aller zukünftigen EVA.671 Er gehört zu den marktwertbasierten Residualgewinnen und wird wie der EVA üblicherweise zum Jahresende ermittelt. ୬
ൌ
୲ ሺͳ ሻ୲
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(k = Kapitalkostensatz) Der MVA ist äquivalent zum NPV (Net Present Value) zu sehen, sofern in beiden Methoden der DCF zur Zeitwertberechnung angewandt wird.672 Trifft diese Annahme zu, dann kann der MVA als NPV aller zukünftig betrachteten EVA bezeichnet werden.673 Durch den Market Value Added kann der Marktwert des Unternehmens ermittelt werden.674 Dies gelingt durch die Nutzung des Lücke-Theorems,675 indem man zum MVA das zum Zeitpunkt Null investierte Vermögen (iV) addiert, was den rechnerischen Marktwert des Gesamtkapitals ergibt.676
ൌ ୲
୲ ୲ ൌ ୲ ሺͳ ሻ ሺͳ ሻ୲ ୲
Diesen ex-post bestimmten MVA kann man auch als betrieblichen Goodwill zu einem definierten Zeitpunkt bezeichnen.677 Subtrahiert man den Marktwert des Fremdkapitals vom Marktwert des Gesamtkapitals, so erhält man den für die Eigenkapitalgeber interessanten Wert des Eigenkapitals.678 Ein auf diese Weise errechneter Unternehmenswert ist mit der Summe der diskontierten Cashflows deckungsgleich.679 Wie auch bei anderen 671 672 673 674 675
676 677 678 679
Vgl. Stewart, G.B. (1999), S. 153. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 84. Vgl. Griffith, J. (2004) S. 26. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 85. Vgl. Fischer, T. (1999), S. 2: „Das Lücke Theorem besagt, dass der (wie im DCF-Ansatz) aus Einnahmen und Ausgaben errechnete Kapitalwert, demjenigen aus periodisierten Erträgen und Aufwendungen entspricht, wenn die Ergebnisse der Periode (t) jeweils um die kalkulatorischen Zinsen auf den Kapitalbestand der Vorperiode (t-1) korrigiert werden.“ Vgl. Horváth, P. (2009), S. 457. Vgl. Langguth, H./Marks, I. (2003), S. 617. Vgl. Bramsemann, U. (2004a), S. 72. Vgl. Hirsch, B. (2007), S. 63.
130
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Mehrperiodenbetrachtungen treten bei dieser Kennzahl Schwierigkeiten auf, wie z.B. bei der richtigen Einschätzung der Planungszeitraums oder durch Änderungen zugrundliegender Planungskomponenten.680 Aufgrund der Schwankungen des Börsenwerts bleibt es allerdings schwierig, den MVA als effektives Mittel zur Wertermittlung einzusetzen.681 Dazu kommt, dass auch die verwendeten Conversions bei der Berechnung des EVA auf das Ergebnis des MVA Einfluss nehmen, was seine Nutzbarkeit als relevanten Maßstab nicht unterstützt.682
d.
Economic Profit (EP)
Die Kennzahl Economic Profit wurde geschaffen, um den Wertzuwachs einer Periode zu messen.683 Copeland/Koller/Murrin beschreiben das EP-basierte Konzept als integrativen Prozess, um die strategische und operative Entscheidungsfindung durch die Konzentration auf die Schlüsselwerttreiber ROIC und Wachstumsrate des investierten Kapitals zu stärken.684 Der Wert des Unternehmens errechnet sich nach diesem Modell, indem zum investierten Kapital der Barwert der in Zukunft geschaffenen Werte hinzuaddiert wird.685 Zur Ermittlung der gewichteten Kapitalkosten zieht man den WACC heran. Der Economic Profit ermittelt den Wertzuwachs nach folgender Formel: ൌ ൈ ሺ െ ሻ Das investierte Kapital stellt die Summe aus dem Eigenkapital und verzinslichem Fremdkapital dar. 686 Das Kapital wird zu Buchwerten angesetzt.687 Der EP entspricht damit einem Übergewinn, der sich aus der Differenz zwischen Kapitalrendite und Kapitalkosten multipliziert mit dem investierten Kapital errechnet:688 ൌ െ ሺ ൈ ሻ 680 681 682 683
684 685 686 687 688
Vgl. Hahn, D. (2009), S. 421. Vgl. Castillo, A. (1998), S. 83. Vgl. Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 288. Vgl. Koller, T./Goedhart, M./Wessels, D./Copeland, T. (2005), S. 687: ”You can make good use of an economic profit calculation to understand whether a company is creating or destroying value in any given year.” Vgl. Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (2000), S. 137. Vgl. Hahn, D./Hintze, M. (2006), S. 89. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 533. Vgl. Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (2000), S. 177. Vgl. Hahn, D./Hintze, M. (2006), S. 90.
II Wertorientierte Kennzahlen
131
oder ൌ െ Der Net Operating Profit Less Adjusted Taxes (NOPLAT) entspricht dem Betriebsergebnis vor Zinsen und nach angepassten Steuern. Der Economic Profit stellt im Gegensatz zum DCF-Modell ein aussagefähigeres Maß für die wirtschaftliche Jahresleistung eines Unternehmens dar.689 Denn die Höhe der Free Cashflows, die die Grundlage der Berechnung des Unternehmenswerts durch den DCF bilden, ist stark von den Entscheidungen des Managements über Investitionen in das Anlage- wie auch in das Umlaufvermögen abhängig.690 Diese Sicht teilen nicht alle. Als wertorientierter Maßstab scheint der Cashflow geeigneter zu sein, der sich in der Vergangenheit als aussagefähiger erwiesen hat.691 Das EP-Konzept sticht durch seine konkreten methodischen Hinweise zur Unternehmensbewertung sowie deren spezielle Vertiefung für Mergers & Acquisitions und Joint Ventures hervor.692 Als nachteilig zu bewerten ist, dass auch der EP die Orientierung am kurzfristigen Erfolg nicht verhindert, d.h. die Vermeidung strategischer Aufwendungen wie etwa Forschung und Entwicklung stärkt das Periodenergebnis.693 Das Konzept des EP lehnt sich stark an den EVA an.694 Bei beiden Verfahren werden die Kapitalkosten von einer Gewinngröße abgezogen, um damit den Wertzuwachs bzw. den Wertverzehr einer Periode darzustellen. Beide Kennzahlen verwenden die WACC-Methode, um den gewichteten Gesamtkapitalkostensatz zu ermitteln. Doch sie unterscheiden sich in ihrer Wahl der Gewinn- wie auch Kapitalgröße. Der EP setzt auf die Kennzahl investiertes Kapital, die breiter gefasst ist als das Capital Employed, das der EVA verwendet. Für den Einsatz dieser Kapitalgröße spricht laut den Entwicklern des EP, dass Anteilseigner sich am Gesamtergebnis orientieren und nicht daran interessiert seien, ob die Rendite durch Finanz- oder Sachinvestitionen erwirtschaftet wurde. Üblicherweise steht der Gesamterfolg im Vordergrund, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens darzustellen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es auf jeden Fall von Interesse sein muss festzustellen, wie erfolgreich ein Unternehmen in seiner eigentlichen Geschäftstätigkeit gewirtschaftet hat. Hierfür erscheint das Capital Employed passender. Mit der Verwendung des NOPLAT als 689 690 691 692 693 694
Vgl. Hahn D./Hintze, M. (2006), S. 90. Vgl. Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (2000), S. 143. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 323, vgl. auch Böcking, H.-J./Nowak, K. (1999), S. 288. Vgl. Hahn, D./Hintze, M. (2006), S. 90. Vgl. Surrey, H. (2007), S. 123. Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 19.
132
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Gewinngröße wird der betriebliche Nettogewinn herangezogen. Diesen Fakt könnte man als Inkonsistenz werten, da die Kapitalgröße weiter gefasst ist als der betriebliche Zweck. Die Differenz der Renditegröße ROIC, auch als RONA bezeichnet, mit dem WACC ergibt den Spread, aus dem durch Multiplikation mit dem investierten Kapital der EP resultiert. Der ROIC errechnet sich aus dem Verhältnis von NOPLAT zum investierten Kapital, während der EVA hierfür NOPAT und Capital Employed einsetzt.695 Man ersieht auch hier die enge Verknüpfung des EP mit dem EVA. Damit kann konstatiert werden, dass die Stärken und Schwächen des EVA auch für den EP gelten. Der Cashflow bildet die Basis für die Berechnung der folgenden wertorientierten Kennzahlen.
e.
Cash Value Added (CVA)
Der CVA stellt die Veränderung des Unternehmenswerts auf einer CashflowBasis dar.696 Er eignet sich, um als Spitzenkennzahl zur Steuerung von Geschäfts- und Produktbereichen eingesetzt zu werden.697 Der CFROI stellt das zentrale Element für die Ermittlung des CVA als Übergewinngröße dar.698 Diese Renditekennzahl wird im Anschluss an den CVA vorgestellt.
i)
Berechnung des CVA
Der CVA errechnet sich aus dem Vergleich des CFROI mit den Kosten des eingesetzten Kapitals und multipliziert die Differenz mit der Kapitalbasis699 oder durch die Multiplikation der Rentabilitätsspanne, dem sogenannten Spread,700 mit der Bruttoinvestitionsbasis (BIB):701 ୲ ൌ ሺ ୲ െ ୋ ሻ ൈ ୲ (kGK = gewichteter Gesamtkapitalkostensatz)
695 696 697 698 699 700
Vgl. Copeland T./Koller, T./Murrin, J. (1993), S. 144. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 125. Vgl. Kümmel, G./Watterott, R. (2008), S. 250. Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 24–26. Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 462. Der Spread wird hier als Differenz zwischen CFROI und gewichteten Kapitalkostensatz bezeichnet. 701 Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 125.
133
II Wertorientierte Kennzahlen
Die Bruttoinvestitionsbasis, die die Anschaffungsauszahlungen abbildet, wird durch die in der Vergangenheit getätigten Investitionen bestimmt.702 Diese Basis entspricht der Summe aller abnutzbaren und nicht abnutzbaren Aktiva, wie z.B. Grundstücke, Vorräte, und umfasst das im Unternehmen investierte Kapital zum aktuellen Bewertungszeitpunkt. Das abnutzbare Sachanlagevermögen wird nicht zu Wiederbeschaffungskosten, sondern zu Anschaffungs- und Herstellkosten bewertet und durch die Berücksichtigung der Inflationsrate, damit inflationsbereinigt, dem heutigen Preisniveau angepasst.703 Die nicht abnutzbaren Aktiva setzt man zu den heutigen Preisen an.704 Diese wertorientierte Kennzahl liefert den Betrag, der über die Kapitalkosten einer Periode durch eine Investition verdient wurde und damit Wertzuwachs schafft. Zu beachten ist, dass die Entwickler des CVA die Ermittlung des Eigenkapitalkostensatzes empirisch vom Kapitalmarkt ableiten und für diesen Zweck nicht das CAPM verwenden.705 Nach der Normalformel verläuft die Berechnung des CVA folgendermaßen:706 ୲ ൌ ୲ െ ୲ ൈ ୋ Der CVA stellt somit die zahlungsstromorientierte Differenz aus dem betrieblichen Cashflow und den Zinsen für das betriebsbedingte Kapital dar. Auch mit dieser Kennzahl lässt sich der Marktwert des Eigenkapitals berechnen. Analog zum MVA werden die zukünftigen CVA der betrachteten Perioden mit dem Kapitalkostensatz diskontiert und mit der Anschaffungsauszahlungen des ursprünglich investierten Kapitals sowie den kumulierten aufgezinsten Abschreibungen abzüglich des Marktwerts des Fremdkapitals aufsummiert. Addiert man zu dieser Summe das in Periode 0 investierte Kapital erhält man den Wert des Gesamtkapitals. Den Wert des Eigenkapitals erhält man, wenn man vom Gesamtkapital das Fremdkapital subtrahiert. Die Formel, die diesen Zusammenhang darstellt, lautet wie folgt:707
702 Vgl. Hachmeister, D. (1997), S. 561. 703 Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 53: „Von einem ökonomischen Standpunkt ist es sinnvoll, das historisch tatsächlich investierte und deshalb inflationsangepasst Kapital zu erfassen, um dieses mit den in gleichen Geldwerten erfassten Cashflows zu vergleichen.“ 704 Vgl. Hachmeister, D. (1997), S. 561. 705 Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 126. 706 Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 483. 707 Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 462.
134
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept ஶ
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EKM: Marktwert des Eigenkapitals, FKM: Marktwert des Fremdkapitals, CVAt: Cash Value Added der Periode t, iKtCFROI: Kapitalbasis in t, t: jeweils betrachtete Periode, WACCt: gewichteter Kapitalkostensatz der Periode t708 ii)
Kritische Würdigung
Der CVA kann zu Steuerungszwecken eingesetzt werden, da es mit dieser Kennzahl möglich ist, die Messung der Wertentwicklung eines Unternehmens in einer Periode vorzunehmen. Hirsch verweist auf empirische Belege, die dem CVA bessere Fähigkeiten als dem EVA zubilligen, die wirtschaftliche Realität abzubilden.709 Der CVA eignet sich durch seine Cash-Nähe besser zum Vergleich zwischen Unternehmen und Unternehmensteilen als der EVA.710 Das entscheidende Argument für die Vorteilhaftigkeit des CVA als wertorientierte Spitzenkennzahl gegenüber dem EVA liegt darin, dass das Kapital nicht anhand bilanzieller Werte, sondern anhand historischer Anschaffungskosten und Herstellkosten bestimmt wird – mit der Folge, dass Performanceänderungen, die ausschließlich auf abschreibungsbedingte Schwankungen des Kapitals zurückzuführen sind, nicht vorkommen.711 Diese Kennzahl erleichtert durch ihre Cash-Nähe die Operationalisierung und die Kommunikation sowohl unternehmensintern wie – extern.712 Auf Basis des CVA können Entscheidungen vorteilhaft sein, deren Renditen unter denen des bisherigen CFROI, doch höher als der WACC liegen.713 Diesen Stärken stehen nachfolgend skizzierte Anwendungsprobleme gegenüber. Die Berechnungen der beiden Komponenten CFROI und Kapitalkosten, die zur Ermittlung des CVA notwendig sind, sind aufwändig und können aufgrund dieser Komplexität deren Anwendbarkeit im Steuerungskontext erschweren.714 708 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 84; die Autoren empfehlen die Verwendung des WACC. Dies im Gegensatz zu Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 126. 709 Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 466. 710 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180; ebenso auch Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 16. 711 Vgl. Steinke, K.H./Beißel, J. (2004), S. 119; ebenso auch Hauer, G./Ultsch, M.(2010), S. 88; Surrey, H. (2007), S. 124. 712 Vgl. Surrey, H. (2007), S. 124. 713 Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 185. 714 Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 466.
II Wertorientierte Kennzahlen
135
Auch ist es schwierig, mit dem CVA die Änderungen des Marktwerts des Eigenkapitals innerhalb einer Periode zu messen. Als nachteilig ist die stichtagsbezogene Berechnung mit den Daten der vergangenen Periode zu bewerten, denn durch diese Vergangenheitsorientierung fehlt wie beim EVA der Bezug zur zukünftigen Entwicklung und der daraus resultierenden Unternehmenswertänderungen.715 Bezüglich der fehlenden Bestimmung des Erfüllungsgrads der Renditeforderungen der Kapitalgeber und dem ausschließlichen Bezug auf das betriebsbedingte Kapital leidet der CVA unter den gleichen Schwächen wie der EVA. Ein weiterer Schwachpunkt, den sich der CVA mit anderen wertorientierten Kennzahlen teilt, liegt in der Schwierigkeit, für die Planung exakte Prognosen der zukünftigen Cashflows und Kapitalkosten durchführen zu können.
f.
Cash Flow Return on Investment (CFROI)
Der CFROI entspricht nicht den dieser Untersuchung zugrundliegenden Anforderungen an eine wertorientierte Kennzahl, nachdem Cashflow- bzw. Gewinngrößen den entsprechenden Kapitalkosten gegenüber zu stellen sind. Da der CFROI jedoch das Kernelement für die Berechnung des CVA darstellt, soll er an dieser Stelle ausführlich besprochen werden. Diese Renditekennzahl hat den Zweck, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Unternehmens darzustellen. Sie erlaubt es, wertschaffende und wertvernichtende Unternehmen bzw. Unternehmensteile zu unterscheiden. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag für die Maximierung wertschaffender Ressourcenallokationen.716 Der CFROI ermittelt die Rentabilität des eingesetzten Kapitals bezogen auf den erzielten Cashflow und zeigt damit den Einzahlungsüberschuss auf, der mit Hilfe des eingesetzten Kapitals erzielt werden konnte. Diese Kennzahl wird von vielen Unternehmen als Maßstab für die Leistungsfähigkeit der Unternehmensführung eingesetzt, weil sie die Möglichkeit bietet, sie durch Prognosen der zukünftigen Cashflows in ein Unternehmensbewertungsmodell zu überführen.717 Der CFROI wurde ursprünglich von der Unternehmensberatung Holt Value Associates entwickelt. Aus den Daten des Jahresabschlusses wird ein fiktives Investmentprofil für ein Geschäftsfeld bestimmt und hieraus dessen realer interner Zins abgeleitet, der als CFROI bezeichnet wird.718 Dieser interne Zinsfuß stellt die erzielte Verzinsung der in der Berichtsperiode betrachteten Projekte 715 716 717 718
Vgl. Hahn, D./Hintze, M. (2006), S. 342; ebenso auch Surrey, H. (2007), S. 124. Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 24. Vgl. Baetge J./Kirsch H.-J./Thiele S. (2004), S. 380. Vgl. Küting, K./Weber, C.-P. (2004), S. 482.
136
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
dar.719 Ist die Differenz zwischen CFROI und Gesamtkapitalkosten positiv, kann man daraus schließen, dass im abgelaufenen Geschäftsjahr der Wert des Unternehmens gesteigert wurde.720 Aus diesen Ergebnissen erhält die Unternehmensleitung Anhaltspunkte über die Attraktivität ihrer aktuellen und geplanten Aktivitäten, d.h. der CFROI dient dazu, Portfoliobewertungen und darauf aufbauend eine für das Unternehmen optimale Kapitalallokation zu unterstützen.721
i)
Berechnung des CFROI
Je nachdem, ob eine oder mehrere Perioden betrachtet werden, unterscheidet man den statischen und den dynamischen CFROI. Der statische CFROI, auch Buchwert CFROI genannt, berechnet sich wie folgt:722 ൌ
ϐ ൈ ͳͲͲ Ǥ ÚÚ
Das Nettoumlaufvermögen berechnet sich aus dem Umlaufvermögen abzüglich der liquiden Mittel abzüglich der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Durch den Vergleich des CFROI Ergebnisses mit den Gesamtkapitalkosten wird erkennbar, inwieweit die Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber erfüllt werden konnten. Als nachteilig an dieser Kennzahl wird angesehen, dass Investitionen im Zähler keine Berücksichtigung finden. Man geht davon aus, dass das Vermögen zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht und Einzahlungsüberschüsse generiert.723 Dieser Ansatz entspricht jedoch nicht der Realität, da üblicherweise Ersatzinvestitionen notwendig werden. Der statische CFROI stellt demnach das Unternehmensgeschehen zu positiv dar. Beispielhafte Rentabilitäten auf Basis des statischen CFROI deutscher Unternehmen des Jahres 2007 zeigen deswegen, dass die Branchen höhere Werte ausweisen als beim ROI:724 Elektrotechnik u. Büromaschinen u. Datenverarbeitungs-Unternehmen 5,5%, Chemie-Unternehmen 10,8%, Maschinenbau 12,8%, Fahrzeugbau 13,7%, Großhandel 10,4%, Einzelhandel 12,7%, Baugewerbe
719 720 721 722 723 724
Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 44. Vgl. Hachmeister, D. (1997a), S. 556. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 240. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 338. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 536. Vgl. Deutsche Bundesbank (2010b), S. 1.
137
II Wertorientierte Kennzahlen
11,0%, unternehmensnahe Dienstleistungen 20,1%, Durchschnitt der deutschen Unternehmen 12,4%. Die Boston Consulting Group hat die Kritik an diesem Ansatz zum Anlass genommen und die Ermittlungsmethode des CFROI weiterentwickelt.725 Im Gegensatz zum obigen Modell beschreibt hier der CFROI das Verhältnis des um die ökonomischen Abschreibungen bereinigten Brutto Cashflow zur BIB: ୲ ൌ
୲ െ ÚǤ
Die ökonomischen Abschreibungen stellen den Betrag dar, der über die gesamte Nutzungsdauer pro Periode angespart werden muss, um zukünftige Ersatzinvestitionen tätigen zu können.726 Da diese Investitionen in bestimmten Perioden anfallen, führt dies zu Verzerrungen. Die ökonomischen Abschreibungen dienen dazu, die Auszahlungen über die gesamte Zeitspanne zu glätten. Ihre Berechnung erfolgt nicht auf Basis der Wiederbeschaffungskosten, sondern auf Basis des Anschaffungswerts.727 Die zurückgelegten Beträge der ökonomischen Abschreibung werden mit dem WACC verzinst. Dies hat zur Folge, dass dafür ein geringerer Betrag als bei handel- oder steuerrechtlichen Abschreibungen anzusetzen ist. Die ökonomischen Abschreibungen errechnen sich wie folgt:728 ÚǤ
ൌ
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Ú ሺͳ ሻ୬ െ ͳ
Der dynamische CFROI umfasst mehrere Perioden und gehört zu den Methoden der dynamischen Investitionsrechnung.729 Bei der dynamischen Berechnung entspricht der CFROI dem internen Zinsfuß (IRR, der Internal Rate of Return) der betrachteten Perioden.730 Der CFROI ist also der Zinssatz, bei dem der Kapitalwert gleich Null ist, d.h. die diskontierten Einzahlungsüberschüsse gleich der Höhe der Anschaffungszahlungen sind.731 Diesen Zinssatz bezeichnet man auch als Hurdle Rate, d.h. die Mindestrendite, die ein Investment erwirtschaften sollte, damit die Rückflüsse aus der Investition die Tilgung des eingesetzten Kapitals 725 726 727 728 729 730 731
Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 52. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. Vgl. Meyer, C. (2008), S. 164. Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 358. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 459.
138
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
sowie die dazugehörigen Zinszahlungen decken.732 Liegt der CFROI über dieser Rate, sind die entsprechenden Investitionen als wertschaffend zu bezeichnen.733 Der CFROI hängt von den Einzelkomponenten Brutto-Cashflow, investiertes Kapital, Nutzungsdauer der Investition und dem nicht abschreibbaren Anlagevermögen ab. Für die Berechnung stellt man den Anschaffungskosten der Aktiva (= BIB) den Barwert der konstanten Einzahlungsüberschüssen (= Brutto Cashflow) gegenüber und addiert die diskontierten nicht abschreibbaren Aktiva.734 Das Gesamtkapital sollte inflationsbereinigt sein.735 ୬
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୲ ୬ ሺͳ ሻ୲ ሺͳ ሻ୬
(C0 = Kapitalwert in t=0; BCF = Brutto Cashflow; BIB (Bruttoinvestitionsbasis) = Anschaffungswert Anlagevermögen + Umlaufvermögen + kapitalisierte Mietaufwendungen – nicht verzinsliche Verbindlichkeiten – Goodwill; t = Nutzungsdauer, wird ermittelt als Quotient aus historischen Anschaffungskosten und jährlicher linearer Abschreibung, NAA = nicht abschreibbares Anlagevermögen)736 Die Kennzahl Brutto-Cashflow zeigt die Zahlungsüberschüsse nach Ertragssteuern auf, die am Ende der Rechnungsperiode für die Zahlungen an die Kapitalgeber und für Investitionen zur Verfügung stehen.737 Er wird über die Nutzungsdauer als konstant angesehen, da der CFROI stichtagsbezogen ist und als Planung für zukünftige Cashflows gesehen wird.738 Die Nutzungsdauer der Investition bzw. des investierten Kapitals sagt aus, in welchem Zeitraum ein Rückfluss des Cashflows aus der BIB zu erwarten ist. Da die zugrunde liegenden Projekte in der Regel unterschiedliche Laufzeiten haben, stellt man die angesetzte Nutzungsdauer als Durchschnittswert dar.739 Diese errechnet sich durch Division der historischen Anschaffungs- und Herstellkosten durch den jährlichen linearen Abschreibungsbetrag.740 Das nicht abschreibbare Anlagevermögen (NAA) wird als fiktive Einzahlung behandelt, die am Ende der Nutzungsdauer zu 732 733 734 735 736 737 738 739 740
Vgl. Hirsch, B. (2008), S. 464. Vgl. Hachmeister, D. (1997a), S. 556. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 158. Vgl. Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 13; ebenso auch Jahnke B./Altenburger A./Högsdal N. (1999), S. 33. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 460; ebenso auch Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 74. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 248. Vgl. Horváth, P. (2006), S. 460. Vgl. Hachmeister, D. (1997a), S. 563. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 213.
II Wertorientierte Kennzahlen
139
leisten ist.741 Unter dem NAA subsummiert man u.a. Grundstücke und Vorräte.742 Der CFROI unterstellt analog zur internen Zinsfußmethode, dass die frei werdenden Mittel zum internen Zinsfuß wiederangelegt werden.743 Weber/Schäffer bezeichnen die BIB als das gesamte investierte Kapital.744 Küting/Weber ermitteln die BIB durch korrektive Anpassungen der Bilanzsumme folgendermaßen:745 αȋ
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Ú െ
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ȋǤò
Ȍ Das in der BIB betrachtete Sachanlagevermögen ist zu Anschaffungs- und Herstellkosten bewertet und dem heutigen Preisniveau angepasst.746 In der Literatur wird vorgeschlagen, das arithmetische Mittel des Kapitals am Anfang und am Ende der betrachteten Periode einzusetzen.747 Welche der beiden Methoden, die auf Basis des internen Zinsfußes oder die auf Basis der ökonomischen Abschreibungen, vorteilhafter sind, hängt primär von der Realitätsnähe der Wiederanlageprämissen ab.748
ii)
Kritische Würdigung
Die Stärken des CFROI liegen wie beim EVA in der Steuerung und Kontrolle. Er eignet sich zur Performance Messung und zur Optimierung der Allokation von Ressourcen.749 Vorteilhaft ist zu werten, dass der CFROI weder von der Abschreibungspolitik noch den Bewertungsmaßnahmen beeinflusst ist, vorausge741 742 743 744 745 746 747 748 749
Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 538. Vgl. Hachmeister, D. (1997a), S. 561. Vgl. Hachmeister, D. (1997a), S. 556. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180. Vgl. Küting K./Weber C.-P. (2004), S. 482, siehe auch Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 41. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 43. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 82. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 93. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
setzt bei der Berechnung wird der Brutto Cashflow verwendet. Mit dieser relativen Kennzahl lassen sich Vergleiche mit anderen Unternehmen oder Unternehmensbereichen wie auch einzelner Investitionen anstellen. Strebt man internationale Vergleiche mit dem CFROI an, sollte man sicherstellen, dass einheitlich die IFRS-Bewertungsrichtlinien bei der Ermittlung der Kennzahl zugrunde liegen. Weitere Vorteile der CFROI-Methode bestehen in der Berücksichtigung der Nutzungsdauer der Aktiva und darin, dass es im Gegensatz zur Erfolgsrechnung gleichgültig ist, ob neue oder abgeschriebene Aktiva eingesetzt werden. Das Ergebnis des CFROI wird jedoch stark von der Nutzungsdauer des Anlagevermögens beeinflusst, was je nach Branche stärkere Auswirkungen aufgrund von Technologieschüben und geänderten Marktbedingungen hat. Auf der anderen Seite liegen diverse Schwächen vor. Die Berechnung des CFROI ist komplex und aufwändig.750 Er wird jährlich ermittelt und berechnet sich aus Daten des Jahresabschlusses. Dieser Bezug auf einen Stichtag ist als nachteilig zu bewerten.751 Durch die Vergangenheitsorientierung leidet die Aussagekraft dieser Kennzahl, da ihre fehlende Zukunftsorientierung dazu führt, dass zukünftige Potentiale keine Berücksichtigung finden. Hinzu kommt, dass der Cashflow, die BIB und die Kapitalkosten beträchtlichen Schwankungen innerhalb der Berichtsperiode unterliegen können. Die Notwendigkeit, konstante Cashflows über den geplanten Zeithorizont bei der Berechnung anzunehmen, ist ebenfalls nicht als realitätsnah zu werten.752 Diese Annahme erleichtert nicht die Kommunizierbarkeit des CFROI, worin auch der Grund zu sehen ist, warum sich die BCG anderen Konzepten, siehe CVA, zugewandt hat.753 Der CFROI ist daher besser geeignet, individuelle Investitionen auf ihre Vorteilhaftigkeit zu prüfen als die Wertschaffung auf Unternehmensebene zu messen.754 Eine Sichtweise, die auch Horváth teilt, der konstatiert, dass sich mit dem CFROI der Unternehmenswert nicht ermitteln lässt.755 Da der CFROI eine Rentabilitätskennzahl ist, die eine Überschussgröße ins Verhältnis zum Kapitalwert setzt, werden Manager analog zum ROI durch Unterinvestitionsanreize zu Kurzfristdenken motiviert.756 Der CFROI eignet sich im Gegensatz zum EVA nicht für Vergleiche wertorientierter Strategien, da keine absolute Gewinngröße zu seiner Ermittlung herangezogen wird.757 Allerdings lässt sich mit dem CFROI eine Näherung des 750 751 752 753 754 755 756 757
Vgl. Starovic, D./Cooper, S./Davis, M. (2005), S. 14. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 159. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 338. Vgl. Ballwieser; W. (2000), S. 164. Vgl. Meyer, C. (2008), S. 167. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 461. Vgl. Ewert, R./Wagenhofer, A. (2005), S. 538. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 180.
II Wertorientierte Kennzahlen
141
Wertzuwachses auf Unternehmensebene berechnen. Diese Möglichkeit bietet der CFROI durch den Vergleich des gewogenen durchschnittlichen Zinssatzes aller Projekte einer Periode, deren wirtschaftliche Durchführbarkeit mittels der internen Zinsfußmethode geprüft wurde, mit dem dafür aufgewendeten Gesamtkapitalkostensatz. Es lässt sich somit feststellen, ob sich das Unternehmen mit diesen Projekten auf den vorgegebenen Renditewegen befindet und Wertzuwachs schafft. Doch sollte dieses Ergebnis nicht als entscheidende Größe, sondern vielmehr als Hinweis auf mögliche Entwicklungen verwendet werden. Kritisiert werden auch die Schwierigkeiten und engen Prämissen, die mit der internen Zinsfußmethode verbunden sind.758 Zu beachten gilt, dass die Entwickler der CFROI-Methode die Verwendung des CAPM zur Ermittlung der Eigenkapitalkosten ablehnen und alternative Wege, wie empirisch abgeleitete Kapitalkosten mit Anpassung anhand qualitativer Kriterien,759 zur Ermittlung der Kapitalkosten vorschlagen.760 Sie bemängeln insbesondere die Ermittlungsweise des Beta-Faktors, der dazu führt, dass die verwendete Discount-Rate nicht der Realität entsprechen würde.761 Doch dieser Vorgehensweise konstatieren Kritiker Schwachpunkte. Sie führen an, dass es sich zwar um einen pragmatischen Ansatz handelt, doch es im Einzelfall zu großen Verzerrungen kommen kann, was die Vorgabe von Eigenkapitalkosten als teilweise willkürlich erscheinen lässt.762 3.
Bewertung wertorientierter Kennzahlen
Die Verwendung wertorientierter Kennziffern in der Entscheidungsunterstützung strategischer Planungen kann als etabliert bezeichnet werden.763 Kennzahlen wie EVA, CFROI und CVA finden eine breite Verwendung in der Unternehmenspraxis. 89% der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland haben die Steigerung des Unternehmenswertes als strategische Komponente in ihren Zielen verankert.764 Investoren können aus den Jahresabschlüssen nicht den Wert bzw. den Wertzuwachs eines Unternehmens erkennen. Daher brauchen sie zusätzliche Informationen, um eine fundierte Entscheidung darüber zu fällen, ob es sich lohnt, in dieses Unternehmen zu investieren. Der Barwert der zukünftigen Zah758 759 760 761 762 763 764
Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 179; ebenso auch Ballwieser, W. (2000), S. 164. Vgl. Lewis, T./Stelter, D./Casata, T./Reiter, M. (1995), S. 90. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 460. Vgl. Madden, B. (1999), S. 198. Vgl. Lachnit, L. (2002), S. 2555. Vgl. Kremer, P. (2008), S. 103; ebenso auch Preißner (2008) S. 325. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 450.
142
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
lungsströme nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, da er den Zukunftserfolg des Unternehmens als absoluten Wert darstellt. In der Berichtserstattung an den Kapitalmarkt sollten daher die wichtigsten geplanten Zahlungsströme zusammen mit den Annahmen der Prognose aufgeführt werden.765 Durch den Einsatz wertorientierter Konzepte gelingt es besser, Geschäftsstrategien aus Finanzsicht zu bewerten. Doch die Kurzfristorientierung und die Schwierigkeiten bei der Voraussage der Zahlungsströme bleiben konzeptionelle Probleme.766 Des Weiteren erschwert die Vielzahl der eingesetzten Konzepte Investoren, wertorientierte Kennzahlen bei unternehmensübergreifenden Vergleichen als primäre Entscheidungsgrundlage einzusetzen.767 Wertorientierte Kennzahlen leiden unter Nachteilen wie den Schwierigkeiten bei der Prognose zukünftiger Cashflows, möglichen Veränderungen von Kapitalkosten und -struktur sowie der eindeutigen Zuordnung von Cashflows zu eine Periode bzw. zu einem Geschäftsbereich, wenn dieser als Basis der Bewertung dienen soll.768 Mit Sicherheit liegt die größte Herausforderung darin, den zu erwartenden Cash Flow über eine längere Zeitspanne zu schätzen, was nicht nur voraussetzt, dass das Management den Markt sowie die eigene Wettbewerbsposition sehr gut kennt, sondern darüber hinaus über entsprechende Erfahrungswerte mit diesem Konzept verfügt, um Werte valide einschätzen zu können und Veränderungen schnell zu erkennen.769 Beim Shareholder Value-Verfahren kommt die Bewertung des Restwertes als zusätzliche Komplexität hinzu, dessen Höhe die gesamte Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Investition beträchtlich beeinflussen kann. Realistische Werte, die noch nach Ende der Planungsperiode Bestand haben, sind über eine längere Zeit nur sehr schwer abzuschätzen. In den meisten Branchen sind langfristige Planungshorizonte aufgrund der sich schnell verändernden und wettbewerbsintensiven Märkte kritisch zu sehen. Daher empfiehlt es sich, die notwendige Länge des betrachteten Planungshorizonts zu prüfen. Denn je kürzer diese ist, desto höhere Relevanz besitzt die Prognose für den Entscheidungsgehalt der ermittelten Ergebnisse. Studien, die den Zusammenhang zwischen EVA und besseren Geschäftsergebnissen bzw. Börsenkursen untersuchten, kamen zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Von verschiedener Seite wird darauf hingewiesen, dass Unternehmen, die das wertorientierte Paradigma in den Mittelpunkt ihrer Geschäftstätigkeit gestellt haben, nicht erfolgreicher sind als andere.770 Diese Erkenntnis bestä765 766 767 768 769 770
Vgl. Baetge, J. (2006), S. 1. Vgl. Grant, R. (1998), S. 39. Vgl. Bielski, F. (2007), S. 58. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 185. Vgl. Higgins, R. (2001), S. 232. Vgl. Haeseler H./Hörmann, F. (2006) S. 91; ebenso auch Buderath, H./Langer, A. (2007), S. 130.
II Wertorientierte Kennzahlen
143
tigt auch eine Studie aus dem Jahr 2000, wonach Unternehmen, die wertorientierte Maßstäbe einsetzten, keine besseren Ergebnisse als die Unternehmen mit traditionellen gewinnorientierten Ansätzen erzielen.771 Kröger untersucht in seiner Studie 68 weltweit tätige Unternehmen, die den EVA als Steuerungskennzahl einsetzen. Er kommt darin zum Ergebnis, dass diese Konzerne über einen Zeitraum von 1998 – 2005 10% schlechter abschnitten als der Morgan Stanley Capital International Index.772 Der Autor vermutet die Gründe in der Berechnungsweise des EVA, die Manager beeinflusst, kurzfristige Optimierungen durchzuführen, um das EVA-Ergebnis zu steigern. Ferguson/Rentzler/Yu haben für ihre Analyse 65 US-Unternehmen betrachtet, die den EVA einsetzen.773 Sie fanden keine signifikanten Hinweise für einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von EVA und einem höheren Börsenkurs. Allerdings konnten die Autoren feststellen, dass die sogenannten EVA-Adopters eine überdurchschnittliche Profitabilität nach Etablierung des Steuerungssystems im Vergleich zur Peergruppe erzielten.774 Griffith zeigt in seiner Studie von USUnternehmen, die den EVA eingesetzt hatten, dass sie die Earnings per Share Projektionen nicht mit höherer Wahrscheinlichkeit erreichten als Vergleichsfirmen in den jeweiligen Branchen, die keine wertorientierten Ansätze verfolgten.775 Auch Sparling/Turvey konnten mit ihrer Arbeit keinen Zusammenhang zwischen EVA-Ergebnissen und Börsenwert ermitteln.776 Dagegen zeigt eine Studie aus den USA auf, dass Unternehmen, die über Perioden hinweg positive EVA erzielen, mit höheren Börsenwerten rechnen können.777 Hamilton/Rahman/Lee haben mit ihrer Arbeit herausgefunden, dass über die gesamte untersuchte Periode Unternehmen (67 US-Unternehmen), die nach EVA steuern, im Gegensatz zur Peergruppe ein höheres Gewinn- und Umsatzwachstum auswiesen.778 Chong/Fountaine/Her/Phillips analysierten, ob ein Zusammenhang zwischen dem Informationsgehalt, der aus EVA gewonnen werden kann, und der Entwicklung langfristiger Aktienportfolios mit sogenannten Blue Chip Aktien besteht.779 Sie verglichen dazu die Top-100 und die Bottom100 Unternehmen, die EVA einsetzen,780 mit dem S&P500 Index und fanden 771 772 773 774 775 776 777 778 779 780
Vgl. Horváth, P. (2009), S. 461. Vgl. Kröger, F. (2005), S. 14–16. Vgl. Ferguson, R./Rentzler, J./Yu, S. (2005), S. 101–113. Vgl. Ferguson, R./Rentzler, J./Yu, S. (2005), S. 102. Vgl. Griffith, J. (2004), S. 25–29. Vgl. Sparling, D./Turvey, C. (2003), S. 255–267. Vgl. Stephens K./Bartunek R. (1997), S. 39. Vgl. Hamilton, J./Rahman, S./Lee, A. (2009), S. 267–287. Vgl. Chong, J./Fountaine, D./Her, M./Phillips, M. (2009), S. 181–191. Vgl. Chong, J./Fountaine, D./Her, M./Phillips, M. (2009), S. 182; die Daten über die EVA Anwender erhielten sie aus der Stern Stewart Annual Ranking Database
144
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
heraus, dass beide Gruppierungen während des beobachteten Zeitraums bessere Ergebnisse als der Aktienindex erzielten.781 Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Lander/Reinstein in ihrer Analyse des Economic Value Alignment von 60 internationalen Unternehmen.782 Sie stellen fest, dass die Konzerne, die wertorientiert geführt werden, über einen Zeitraum von fünf Jahren einen um 20% höheren Shareholder Return erwirtschafteten als Unternehmen, die dieses Konzept nicht einsetzen.783 Zu beachten ist, dass sie ihre Untersuchung auf Ergebnissen einer Stern Stewart Studie aufbauen. Balachandran stellt sich in seiner Studie die Frage, ob sich das Investmentverhalten von 181 untersuchten US-Unternehmen ändert, wenn sie gewinnorientierte bzw. ROI-orientierte Entscheidungskriterien durch solche ersetzen, die auf residualen Gewinnmodellen basieren.784 Er berichtet davon, dass sich das Investmentverhalten geändert hat und dass sich das geänderte Verhalten auch dahingehend unterscheidet, ob die Unternehmen vorher gewinn– bzw. ROI-basierte Methoden angewendet haben.785 Bei beiden Subgruppen wächst im Übrigen der Wertzuwachs nach Implementierung des neuen Steuerungskonzepts, was als nicht überraschend zu werten ist. Er beschreibt dies mit den Worten „you get what you pay for.“786 Lueg analysiert in seiner Untersuchung den Stand der wertorientierten Implementierung der HDAX-Unternehmen.787 Er kam zum Ergebnis, dass sich der finanzielle Erfolg von Anwendern wertorientierte Kennzahlen nicht signifikant von den Anwendern traditioneller Steuerungskonzepte unterscheidet.788 Daraus schließt er, dass erfolgreiche Unternehmen nicht um jeden Preis eine wertorientierte Steuerung einführen müssen. Wertorientierte Kennzahlen wie CVA und CFROI stellen die Betrachtung zukünftiger Cashflows zur Ermittlung des Unternehmenswerts in den Mittelpunkt.789 Dies weist auf eine enge Wechselbeziehung zwischen Wertsteigerungsund Liquiditätsmanagement hin.790 Wertsteigerung kann somit nur erreicht werden, wenn die entsprechend notwendige Liquidität des Unternehmens gesichert ist. Deshalb nimmt eine sorgfältige Kapitalflussrechnung der zukünftigen Cashflows eine hohe Bedeutung ein. Wertorientierte Kennzahlen berücksichtigen nicht den Wert der Aktivitäten und Prozesse, die direkt und indirekt zur Leis781 782 783 784 785 786 787 788 789 790
Vgl. Chong, J./Fountaine, D./Her, M./Phillips, M. (2009), S. 190. Vgl. Lander, G./Reinstein, A. (2005), S. 433–447. Vgl. Lander, G./Reinstein, A. (2005), S. 440. Vgl. Balachandran, S. (2006), S. 383–394. Vgl. Balachandran, S. (2006), S. 383. Vgl. Balachandran, S. (2006), S. 392. Vgl. Lueg, R. (2010), S. 337–344. Vgl. Lueg, R. (2010), S. 344. Vgl. Horváth, P. (2009), S. 122. Vgl. Hahn, D. (2001), S. 97.
III Wertorientierte Berichterstattung
145
tungserstellung beitragen, was als Schwachpunkt zu werten ist.791 Wertorientierte Ansätze gewinnen daher an Nutzen, wenn man sie in Verbindung mit einer Balanced Scorecard einsetzt, um nicht-finanzielle Werttreiber, die die Wertsteigerung eines Unternehmens auch beeinflussen, mit einzubeziehen. 792 Insgesamt muss konstatiert werden, dass wertorientierte Kennzahlen nicht in der Lage sind, die beschriebenen Schwächen der oben genannten traditionellen Kennzahlen zu vermeiden.793 Will man sich einen Überblick über die Forschung zur Wertorientierung verschaffen, empfiehlt es sich, die Arbeiten von Ittner/Larcker aus dem Jahre 2001794 und Lueg/Schäffer aus dem Jahr 2010795 zu studieren. Beide Forscherteams analysieren empirische Untersuchungen zu Value-Based Management, die den jeweiligen Stand der Forschung zu diesem Thema aufzeigen. Unternehmen, die vor der Entscheidung stehen, ein Value-Based Management einzuführen, haben die Wahl zwischen den verschiedenen Konzepten. Diese Aufgabe ist nicht trivial. Sie verlangt wegen der Komplexität und der Länge, die eine solche Entscheidungsfindung bedarf, einen nicht zu unterschätzenden Aufwand.796 Cooper/Crowther/Davis/Davies bezeichnen unabhängig von dem tatsächlich gewählten Konzept allerdings die Etablierung der auf Wertgenerierung fokussierten Unternehmenskultur als Voraussetzung für die erfolgreiche Implementierung des wertorientierten Managementsystems.797
III Wertorientierte Berichterstattung 1.
Prinzipal / Agenten-Theorie als theoretischer Hintergrund
Bei Kapitalgesellschaften besteht üblicherweise eine Trennung zwischen Eigentum und Verfügungsgewalt, was die Gefahr birgt, dass die angestellten Vorstände und Führungskräfte eigene, unter Umständen von denen der Eigentümer divergierende Ziele verfolgen.798 Diesen Umstand untersucht die Prinzipal / Agenten-Theorie. Sie liefert die theoretische Grundlage, um das Auftragsverhältnis zwischen Auftraggebern (Prinzipalen) und Auftragnehmern (Agenten) unter der Annahme einer asymmetrischen Informationsverteilung in einem risikobehafte791 792 793 794 795 796 797
Vgl. Kaplan, R./Norton, D (2005), S. 178. Vgl. Preißner, A. (2008), S. 340. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 43. Vgl. Ittner, C./Larcker, D. (2001), S. 349–410. Vgl. Lueg, R./Schäffer, U. (2010), S. 1–47. Vgl. Koller, T. (1994), S. 100. Vgl. Cooper, S./Crowther, D./Davis, T./Davies, M. (2000), S. 39; ebenso auch Haspeslagh, P./Noda, T./Boulos, F. (2001), S. 66. 798 Vgl. Grant, R. (1998), S. 370, S. 7.; ebenso auch Schaffer, C. (2005), S. 7.
146
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
ten Umfeld zu beschreiben.799 Agenten agieren zwar im Auftrag der Prinzipale, doch diese tragen die Folgen von deren Handlungen.800 Laut Jensen/Meckling ist anzunehmen, da beide Parteien stets die Maximierung ihrer Bedürfnisse im Auge haben, dass die Agenten nicht immer zum Wohle der Prinzipale handeln.801 Trotzdem ist es für die Eigentümer zweckmäßig, die Entscheidungsgewalt an die Vorstände zu delegieren, da die Anzahl der Aktionäre einer Kapitalgesellschaft einfach zu hoch ist, als dass sie diese Führungsaufgaben selbst wahrnehmen könnten, und es ist anzunehmen, dass ihnen auch das notwendige Expertenwissen, das die Vorstände mitbringen, fehlt.802 Interessenkonflikte sowie unterschiedlich verteilte Informationen und Risikobereitschaft stellen die Kernpunkte dieser Theorie dar.803 Eine vollkommene Übereinstimmung der Zielsetzungen von Managern (Agenten) und Eigenkapitalgebern (Prinzipal) ist üblicherweise nicht zu erwarten, da zwischen den beiden Personengruppen zumeist eine Informationslücke besteht.804 Denn weder aus dem Jahresabschluss nach HGB noch nach IFRS können sich Investoren ein hinreichend genaues Bild über den Wert des betrachteten Unternehmens machen.805 Dies trifft auch auf die Prognosen eines Unternehmens zu, da hier aufgrund der subjektiven Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten durch das Management eine Informationsasymmetrie mit den Anlegern besteht.806 Agenten besitzen daher immer einen Informationsvorsprung gegenüber den Prinzipalen. Diesen Zustand der ungleichen Informationsversorgung bezeichnet man als Informationsasymmetrie. Für die Prinzipale besteht die Herausforderung, wie sie steuernd in die Tätigkeiten der Agenten eingreifen können, um damit das Ausmaß der Informationsasymmetrie zu verringern.807 Daher verlangen sie die Implementierung eines Steuerungssystems, das sie darüber informiert, ob das Management Werte gene-
799 800 801 802 803 804 805 806
Vgl. Repke, H. (2007), S. 29. Vgl. Anderson, C. (1997), S. 30. Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976), S. 309. Vgl. Schaffer, C. (2005), S. 8. Vgl. Scholz, C. (1997), S. 179. Vgl. Milgrom, P./Roberts, J. (1992), S. 214; ebenso auch Bramsemann, U. (2004a), S. 60. Vgl. Baetge, J. (2006), S. 1. Vgl. Quick, R./Reus, M. (2009), S. 18; Prognosegegenstände umfassen Zahlungsströme, Angaben über Dividenden, Vermögens- und Ertragslage, Produktions- und Absatzmengen, technische Kapazitäten, die Stellung am Markt und die Belegschaftsentwicklung, das Unternehmenspotential als Anhaltspunkt für die Beurteilung der Zukunftschancen und Risiken der Berichtsgesellschaft sowie Aussagen über die zukünftigen Erfolge als auch die künftige Liquidität des Unternehmens. 807 Vgl. Ittner, C./Larcker (2001), S. 368.
III Wertorientierte Berichterstattung
147
riert oder vernichtet.808 In diesem Zusammenhang geht es für sie um die Beantwortung von drei zentralen Fragen:809 1. 2. 3.
Wie führt der Agent die ihm übertragene Aufgabe aus? Wie stellen die Prinzipale sicher, dass der Agent in ihrem Sinne arbeitet? Wie sollen die Erträge zwischen beiden Parteien geteilt werden?
Die Prinzipale suchen die Möglichkeit, Einfluss auf die Entscheidungen der Agenten, die üblicherweise Investitionen und Desinvestitionen betreffen, zu nehmen.810 Dies ist nicht ganz trivial. Denn üblicherweise besteht diesbezüglich kein Vertrag zwischen dem Management einer börsennotierten Gesellschaft und den Aktionären. Daher gilt es für die Prinzipale sicherzustellen, dass ein entsprechendes Anreizsystem vorhanden ist, das die Agenten motiviert, ihre Interessen möglichst konform zu den Zielen der Prinzipale zu verfolgen.811 Der Anspruch der Prinzipale gegenüber den Agenten umfasst auch, dass die Unternehmensführer aktiv neue Geschäftschancen identifizieren und nutzen, um damit die Sicherung des Unternehmens und die Steigerung des Unternehmenswerts zu gewährleisten.812 Diese indirekte Vertragsverbindung zwischen beiden Parteien ist im optimalen Fall so ausgelegt, dass eine Nutzenmaximierung zu Lasten einer Partei nicht stattfindet. Es gibt verschiedene Ausprägungen der Informationsasymmetrie:813
Hidden Information: Der Agent gewinnt bei der Durchführung seiner Aufgaben Informationen, die durch den Prinzipal nicht erkennbar sind. Er kann somit die Leistung des Agenten nicht abschließend beurteilen. Hidden Action: Dies bezeichnet das für den Prinzipal nicht beobachtbare Verhalten des Agenten. Hidden Characteristics: Diese Form beschreibt den Fall, dass dem Prinzipal bestimmte Eigenschaften des Agenten nicht bekannt sind, d.h. dem Prinzipal stehen begrenzte Informationen über die Qualifikation des Agenten zur Verfügung.
Sowohl Hidden Information wie auch Hidden Action führen zu einem Verhalten auf Seiten des Agenten, dass dieser seine Arbeitsleistung so erbringen wird, um für sich, nicht aber den Prinzipal, Nutzenmaximierung zu erreichen, was jedoch 808 809 810 811
Vgl. Heumann, R. (2006), S. 263; ebenso auch Ballwieser, W. (2000), S. 160. Vgl. Repke, H. (2007), S. 29. Vgl. Magni, C. (2007), S. 1. Vgl. Milgrom, P./Roberts, J. (1992), S. 214; ebenso auch Amit, R./Shoemaker, P. (1998), S. 212. 812 Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976), S. 316. 813 Vgl. Repke, H. (2007), S. 31.
148
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
der Prinzipal weder erkennen noch beurteilen kann. Dieses Problem bezeichnet man als Moral Hazard. Deswegen macht es für die Prinzipale Sinn, Anreizsysteme zur Anwendung zu bringen.814 Moral Hazard soll vermieden werden, indem das Vergütungssystem des Unternehmens die Unternehmensleitung davon abhält, Entscheidungen zu ihrem eigenen Vorteil und zum Nachteil der Kapitalgeber zu treffen.815 Doch die Implementierung eines Kontrollsystems durch den Prinzipal, um die Aktivitäten des Agenten zu überwachen, kostet Geld. Diese werden als Agency Cost bezeichnet.816 Darunter fallen u.a. Prüfungskosten wie auch die Kosten für das Incentive-Modell für das Management. Grant betrachtet in diesem Zusammenhang die Rolle des Top-Managements großer Konzerne mit verschiedenen Unternehmensbereichen in den USA und bringt einen interessanten Aspekt in diese Diskussionen.817 Einerseits sieht er bei diesen Unternehmen Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten von Aktionären, da Vorstände auch in den Boards of Directors vertreten sind. Auf der anderen Seite konzediert er mit dieser Konstruktion Vorteile für die Anteilseigner und damit zumindest eine Milderung des Prinzipal / Agenten-Konflikts. Denn diese Unternehmen führen ihre Unternehmensbereiche als Profit Center, was der Unternehmensführung schnell erlaubt festzustellen, wie sich die Bereiche entwickeln, um entsprechende Investitionen bzw. Desinvestitionen zu beschließen. Damit schafft diese Unternehmensform einen eigenen Kapitalmarkt im Konzern und die Unternehmensführung agiert somit im Sinne der Anteilseigner.818 Der Abbau der Informationsasymmetrie ist nicht nur für die Prinzipale sondern auch für die Agenten ein wünschenswertes Ziel. Anleger reagieren nach diesem Modell auf das Fehlen ausreichend konkreter Information, indem sie die gewünschte Verzinsung für ihr Investment mit einem Risikofaktor versehen, was wiederum das Kapital für Unternehmen verteuert.819 Gelingt es einem Unternehmen, auch durch das Wirken von Analysten, mit Hilfe seiner Finanzkommunikation das Vertrauen der Anleger zu gewinnen und damit die Informationsasymmetrie so klein wie möglich zu halten, resultiert dies im optimalen Fall in geringeren Risikozuschlägen als bei Unternehmen, die der Informationsversorgung der Kapitalgeber nicht diese Bedeutung beimessen. Im wertorientierten Konzept zielen Unternehmen darauf ab, ihre Interessen mit denen der Kapitalgeber in Einklang zu bringen. Dem Management kommt die Aufgabe zu, Investo814 Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976), S. 309. 815 Vgl. Möller, H. P. (2007), S. 415. 816 Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976), S. 312; Agency Costs fallen nicht nur bei der Beziehung Manager / Anteilseigner, sondern auch bei der Vertragsbeziehungen des Unternehmens mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten usw. an. 817 Vgl. Grant, R. (1998), S. 390. 818 Vgl. Grant, R. (1998), S. 391. 819 Vgl. Jensen, M./Meckling, W. (1976), S. 312.
III Wertorientierte Berichterstattung
149
ren dafür adäquate Information bereitzustellen. Ziel dieser Kommunikation ist es, durch Transparenz und Glaubwürdigkeit das Vertrauen von Anlegern und Fremdkapitalgebergebern zu gewinnen und sie davon zu überzeugen, dem Unternehmen ihr Kapital zur Verfügung zu stellen.820 Dies gelingt umso besser, wenn Investoren das Geschäftsmodell des Unternehmens und dessen Steuerung verstehen sowie der Unternehmensführung vertrauen.821 Über ein adäquates Vergütungsmodell des Managements kann die Kongruenz zwischen den Zielen der Prinzipale und Agenten verbessert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Manager im Sinne der Kapitalgeber arbeiten. Dies ist einer der Kernpunkte des wertorientierten Konzepts. Anreizsystemen kommt deshalb eine hohe Bedeutung zu, da aufgrund des Auseinanderfallens von Eigentum und Führung in börsennotierten Gesellschaften die originären Zielsetzungen der Aktionäre und des Managements nicht unbedingt übereinstimmen müssen.822 Die wertorientierte Berichterstattung zielt darauf ab, Informationsasymmetrien abzubauen, Agency-Probleme zu reduzieren und letztendlich Kapitalkosten zu senken.823
2.
Zweck und Nutzen
Die Anforderungen an eine gute Corporate Governance der Unternehmen sind beträchtlich gestiegen. Daher wird die Art der Kommunikation der Unternehmensführung mit Investoren und anderen Kapitalmarktteilnehmern immer wichtiger.824 Aufgrund der enormen Markttransparenz und den damit verbundenen globalen Anlagemöglichkeiten für Investoren sind Unternehmen gezwungen, den Kapitalmarkt von ihrer Leitungsfähigkeit zu überzeugen. Börsennotierte Unternehmen sollten daher neben der wertorientierten Steuerung gleichzeitig eine zielgerichtete Kommunikation etablieren, um die Preisbildung am Kapitalmarkt zu unterstützen.825 „Mit einer glaubwürdigen Berichterstattung lässt sich entscheidend Terrain gewinnen, wenn es um den Aufbau, den Erhalt und die Verbesserung des Vertrauens und der Reputation geht.“826 Die Unternehmen beab820 821 822 823 824
Vgl. Coenenberg, A./Salfeld, R. (2003), S. 280. Vgl. Weber, J./Schäffer, U. (2008), S. 127. Vgl. Becker, W./Kunz, C. (2008), S. 290. Vgl. Labbé, M. (2005), S. 2089. Vgl. Repke, H. (2007), S. 4; diese umfassen Emittenten, Investoren, Institutionen wie Börsen und Nationalbanken, Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfer, Finanzanalysten, Forschungsinstitute, Finanzintermediäre wie Banken, Journalisten und Informationsdienste. 825 Vgl. Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1623. 826 Volkart, R./Lamprecht, S. (2005), S. 1.
150
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
sichtigen, das Risiko der Anleger durch verbesserten Einblick in ihre Leistungspotenziale zu vermindern.827 Erfolgreiche Unternehmen kommunizieren verifizierbare Informationen schon aus Eigeninteresse, um sich einerseits von ihren Wettbewerbern zu unterscheiden und andererseits höhere Kapitalkosten zu vermeiden.828 Eine wertorientierte Unternehmensberichterstattung ist folglich für Anlageentscheidungen von zentraler Bedeutung.829 Labhart/Volkart bezeichnen das Value Reporting als zentralen Stein im Shareholder Value-Mosaik.830 Es ist somit empfehlenswert, folgende Faktoren für ein erfolgreiches Value Reporting im Auge zu behalten:831
Werttreiber herausheben, die das Businessmodell des Unternehmens am deutlichsten repräsentieren, Methoden für die Bewertung des wertorientierten Erfolgs wählen, mit der sich die Wertschaffung nachvollziehbar und möglichst exakt messen lässt und Integration der wertorientierten Berichterstattung in das Zielsystem des Unternehmens berücksichtigen.
Die Voraussetzung für die Transparenz eines Unternehmens besteht in der konzeptionellen Übereinstimmung von externer Finanzpublizität und internen Steuerungsgrößen, denn nur so kann eine Konsistenz der Kommunikation sichergestellt werden.832 Die Bereitstellung dieser Informationen hat zum Ziel, einerseits Informationsasymmetrien abzubauen und andererseits dem Kapitalmarkt die Bewertung des Unternehmens zu erleichtern und Investoren die Möglichkeit zu geben, Anlageentscheidungen („economic decisions“) zu treffen.833 Sie wollen verstehen, welche Einflussgrößen auf den Unternehmenswert bestehen, um diesen besser einschätzen zu können.834 Dabei hängt die Nutzbarkeit der bereitgestellten Informationen durch die Kapitalgesellschaften ganz wesentlich davon ab, wie zuverlässig und glaubwürdig sie sind.835 Es ist daher als vertrauensfördernde Maßnahme zu empfehlen, die wertorientierte Informationsversorgung im prü-
827 828 829 830 831 832 833 834 835
Vgl. Fischer, T./Wenzel, J./Kühn, C. (2001), S. 1209. Vgl. Knaup, T. (2010), S. 208. Vgl. Schultze, W./Steeger, L./Schabert, B. (2009), S. 13. Vgl. Labhart P./Volkart, R. (2000), S. 29 Vgl. Abt, R./Liebmann, N./Lottenbach, D. (2000), S. 29. Vgl. Gebhard, B. (2001), S. 888. Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 605; ebenso auch Heumann, R. (2006), S. 259. Vgl. Heumann, R. (2006), S. 259. Vgl. Bischof, S. / Molzahn, S. (2006), S. 86.
III Wertorientierte Berichterstattung
151
fungspflichtigen Berichtsteil des Geschäftsberichts zu veröffentlichen.836 Die Kommunikation der auf den Unternehmenswert fokussierten Inhalte, die auch durch die Internationalisierung der Rechnungslegung forciert wurde, wird im Deutschen als wertorientierte Berichterstattung und international als Value Reporting (VR).837 VR umfasst alle zusätzlichen, über die Publizitätspflicht hinausgehenden wertrelevanten Angaben aus den strategischen und operativen Unternehmensbereichen838 und ist nicht als Ersatz für den Jahresabschluss gedacht, sondern eine wichtige Ergänzung für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens.839 Die wertorientierte Berichterstattung fällt unter die freiwillige Berichterstattung.840 Mit Hilfe des wertorientierten Berichtswesens kommuniziert man dem Kapitalmarkt die Entwicklung der geschaffenen Wertbeiträge basierend auf wertorientierten Kenngrößen sowie Hinweise zu Erfolgspotentialen und kritischen Erfolgsfaktoren.841 Diese Informationen sollten Angaben und Erläuterungen zum verwendeten Steuerungskonzepts sowie der Komponenten der wertorientierten Spitzenkennzahl beinhalten, um die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen.842 Diese regelmäßige, strukturierte Unternehmensberichterstattung ist dazu gedacht, Kapitalmarktteilnehmer über die Entwicklung des Unternehmenswerts und über die verwendeten wertorientierten Steuerungsinstrumente informiert zu halten.843 Borchers bezeichnet das Value Reporting als ein „Kontinuum zwischen der reinen Berichterstattung über die im Unternehmen eingesetzten wertorientierten Steuerungsinstrumente (z.B. EVA, CVA) bis hin zu einem neuen philosophischen Gesamtkonzept der Unternehmenspublizistik“.844 Weil viele Anleger keinen unmittelbaren Einblick in die generierte Wertschaffung bzw. die Wertvernichtung eines Unternehmens haben, leiten sie für sich den Unternehmenswert aus dem an der Börse ermittelten Marktwert des 836 Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 157; ebenso auch Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1627. 837 Vgl. Steinhauer, L. (2007), S. 289. 838 Vgl. Schultze, W./Steeger, L./Schabert, B. (2009), S. 14, ebenso auch Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 609. 839 Vgl. Baetge, J. (2006), S. 2: „Genauso verhält es sich mit den Zielen und den Visionen eines Unternehmens, auf denen die Schätzungen der zukünftigen Cashflows beruhen. Sie sind die notwendige Basis für den wirtschaftlichen Erfolg und geben die Richtung künftigen Handelns vor. Für die Beurteilung der Überlebenschancen reichen sie allerdings nicht aus. Das Value Reporting sollte den Jahresabschluss ergänzen – aber keinesfalls ersetzen.“ Ebenso auch Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002) S. 34. 840 Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 231. 841 Vgl. Labhart, P. (1999), S. 30. 842 Vgl. Pellens, B./Hillebrandt, F./Tomaszewski, C. (2000), S. 184; ebenso auch Bielski, F. (2007), S. 12. 843 Vgl. Steinhauer, L. (2007), S. 289; ebenso auch Heumann, R. (2006), S. 259. 844 Borchers, S. (2006), S. 282.
152
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Eigenkapitals ab. Doch dessen Höhe hängt auch von Faktoren abhängt, die nicht vom Management beeinflussbar sind.845 Um die Wertentwicklung der Unternehmen für den Kapitalmarkt transparent zu machen, stellt dessen ausreichende Informationsversorgung ein wesentliches Element der Wertorientierung dar, denn die Indikatoren einer wertorientierten Unternehmensführung lassen sich für die Leserschaft nicht aus den Zahlen der konventionellen Geschäftsberichte erkennen.846 Durch zielgerichtete Kommunikationsaktivitäten soll das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer gewonnen werden, um dadurch die Verfügbarkeit von Eigenkapital und Fremdkapital mit möglichst geringen Risikozuschlägen zumindest positiv zu beeinflussen, da niedrigere Kapitalkosten entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und die Unternehmenswertentwicklung sind.847 Diese Argumentation wird von Knauer unterstützt, der darauf hinweist, dass Studien den positiven Einfluss einer gehaltvollen Berichterstattung auf die Kapitalkosten nachgewiesen haben.848 Der Jahresabschluss stellt neben dem VR diesbezüglich eine wichtige Datenquelle für die Kapitalmarktteilnehmer dar. Dessen vergangenheitsbezogene Angaben in Verbindung mit wertorientierten Informationen erlauben es, Prognosen über die zukünftige Entwicklung des inneren Wertes des Unternehmens abzuleiten. Erfolgs- und Liquiditätskennzahlen bilden dafür die Grundlagen. Investoren suchen nach Ansatzpunkten wie stille Reserven oder stille Lasten, um künftige Wertentwicklungspotentiale zu identifizieren, was ihnen ermöglicht, angekündigte Wertsteigerungsaktivitäten besser einschätzen zu können.849 Zudem nutzen sie Schätzungen zukünftiger Cashflows, Residualgewinne und Kapitalkosten, um ihre Prognosen besser abzusichern. Investoren erwarten darüber hinaus konkrete Informationen darüber, wie viel Wert ein Unternehmen in der Vergangenheit geschaffen hat und welche Ziele vorgegeben wurden, um auch in Zukunft weiter Werte zu generieren. Anleger und andere Kapitalmarktteilnehmer werden durch die Veröffentlichung wertorientierter Ergebnisse in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie erfolgreich aktienbasierte Gesellschaften ihre wertsteigernden Maßnahmen umgesetzt haben. Das Value Reporting umfasst auch zukunftsorientierte Bestandteile und ist damit auf langfristige Wertschaffung und nicht primär auf kurzfristige Aktienkurssteigerung ausgerichtet.850 Dies gelingt allerdings nur, wenn Investoren zur 845 846 847 848 849
Vgl. Sorg, M. (2004), S. 285. Vgl. Möller, H. P. (2007), S. 416. Vgl. Sorg, M. (2004), S. 285. Vgl. Knauer, T. (2010), S. 208. Stille Reserven ergeben sich aus zu niedrig angesetzten Vermögenswerten bzw. zu hoch angesetzten Schulden. Stille Lasten beschreiben den umgekehrten Fall von zu hoch angesetzten Vermögenswerten bzw. zu niedrig angesetzten Schulden. 850 Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 609.
153
III Wertorientierte Berichterstattung
Überzeugung gelangen, dass sich die genannten Wertsteigerungsmaßnahmen eignen, die bestehende Wertlücke zwischen dem inneren Unternehmenswert und dem Börsenwert zu verringern.851 Ruhwedel/Schultze beschreiben diesen Zusammenhang in der folgenden Abbildung:852
Wertlücke
0
AktuellerBörsenwert
AktuellerinnererWert PotenziellerinnererWert
Wertmanagement
ValueReporting
Abbildung 5:
Wertlücke als Ansatzpunkt des Value Reporting
Dem Aktienkurs kommt somit eine zentrale Bedeutung zu, denn damit ist es möglich, der Überführung der internen Wertgenerierung auf den extern wahrgenommenen Wert der Aktien, einerseits ein Ziel zu geben und andererseits die darauf abzielenden Maßnahmen zu bewerten.853 Eine wertorientierte Kommunikation und eine ebensolche Berichterstattung können einen wertvollen Beitrag dazu leisten, die Effizienz des Kapitalmarkts durch den Abbau von Informationsasymmetrien zu steigern.854 Die Finanzmarktkommunikation börsennotierter Unternehmen zielt darauf ab, mögliche Interessenkonflikte zwischen Unternehmensführungen und Anlegern (Prinzipal / Agent Problem) abzumildern, indem sie aussagekräftige, verlässliche und nachvollziehbare Informationen zur Verfügung stellen, die die Transparenz für den Kapitalmarkt erhöht. Ein gewichtiger Nutzen der wertorientierten Berichterstattung könnte darin liegen, durch eine hohe Intensität der freiwilligen Berichterstattung positiven Einfluss auf den Bör851 852 853 854
Vgl. Knauer, T. (2010), S. 208. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 606. Vgl. Labhart P./Volkart, R. (2000), S. 29. Vgl. PricewaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 4.
154
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
senkurs und die Kapitalkostensätze auszuüben.855 Mögliche Zusammenhänge hierzu werden im Kapitel D.II.6 untersucht. Allerdings kann man nicht von einem Automatismus ausgehen, dass ein aktives Kommunikationsverhalten mit einem steigenden Börsenkurs einhergeht, denn die Preisbildung am Kapitalmarkt hängt zu einem großen Teil von psychologischen, markttechnischen und gesamtwirtschaftlichen Einflüssen ab.856 Allerdings richtig eingesetzt, besitzt die wertorientierte Berichterstattung das Potential selbst ein Werttreiber für eine Kapitalgesellschaft zu sein.857
3.
Relevante Normen
a.
Gesetzliche Regelungen
Voraussetzung für die Beurteilung der Wertentwicklung eines Unternehmens und dessen Fähigkeit zur zukünftigen Wertgenerierung mit Hilfe des Value Reporting ist die Angabe und Beschreibung des Steuerungskonzepts und der verwendeten Spitzenkennzahl durch das Unternehmen. Traditionelle Erfolgskennzahlen wie EBIT, ROI oder Umsatz geben Investoren nur bedingt bzw. keinen Aufschluss über die Entwicklung des Unternehmenswerts. Dafür benötigen sie Informationen aus der unternehmensinternen Steuerung, die ihnen durch die wertorientierte Berichterstattung zur Verfügung gestellt werden soll. Mit dem § 315 HGB zielt der Gesetzgeber darauf ab, Investoren in diesem Bereich zu unterstützen, indem Konzerne ihre geschäftliche Lage im Konzernlagebericht nicht nur darstellen, sondern auch analysieren und neben den Geschäftschancen auch die Risiken zu erörtern haben.858 Des Weiteren hat der Konzernlagebericht die für den Geschäftsverlauf bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen und diese unter Bezugnahme auf die im Konzernabschluss ausgewiesenen Beträge und Angaben zu erläutern. Diese Regelungen gelten nach § 289 HGB analog für den Lagebericht von Kapitalgesellschaften (Einzelabschlüsse). Die Verpflichtung, die Geschäftslage und Steuerungsmechanismen darzustellen und zu erörtern, hilft externen Interessenten bei der Bewertung des Unternehmens. Folglich sind damit Unternehmen, die über ihre wertorientierte Steuerung berichten, angehalten, diese auch zu erläutern. Der Gesetzgeber hat basierend auf dem § 342 HGB mit dem Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) ein privatrechtlich organisiertes Gremium gebildet, welches vom Bun855 856 857 858
Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2002), S. 328. Vgl. Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1624. Vgl. Abt, R./Liebmann, N./Lottenbach, D. (2000), S. 29. Vgl. Baetge, J./Solmecke, H. (2006), S. 25.
III Wertorientierte Berichterstattung
155
desjustizministerium als privater, unabhängiger und nicht weisungsgebundener Standardsetter anerkannt ist.859
b.
Deutsche Rechnungslegungsstandards DRS 15 und DRS 5
Das DRSC wiederum hat den Deutschen Standardisierungsrat geschaffen, der den Auftrag hat, Grundsätze für eine ordnungsmäßige Konzernrechnungslegung zu entwickeln, den Gesetzgeber bei der Fortentwicklung der Rechnungslegung zu beraten und die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Rechnungslegungsgremien zu vertreten. Seine Rechnungslegungsstandards DRS 15 und DRS 5 wurden dafür geschaffen, die Anforderungen des § 315 HGB zu konkretisieren.860 Beide Standards besitzen zwar keine Gesetzeswirkung, doch sie erhalten eine faktische Bindungswirkung durch die Veröffentlichung durch das Bundesjustizministerium (BMJ) im Bundesanzeiger gem. § 342 Abs. 2 HGB. Ihre Einhaltung wird jedoch nicht überwacht. Der DRS 5 regelt speziell die Berichterstattung über die Risiken der künftigen Geschäftsentwicklung des Konzerns im Konzernlagebericht. Dagegen behandelt der DRS 15 allgemein die Lageberichterstattung im Geschäftsbericht für Mutterunternehmen, die einen Konzernlagebericht gemäß § 315 HBG verpflichtend oder freiwillig aufstellen. Durch diesen Standard soll eine Angleichung der Konzernlageberichte der deutschen Kapitalgesellschaften mit Hilfe von Vorgaben wie auch Empfehlungen bezüglich Umfang, Inhalt und Struktur (Gliederung) erreicht werden, so dass den Adressaten des Lageberichts die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden, um sich ein zutreffendes Bild vom Geschäftsverlauf und der Geschäftslage des Konzerns machen zu können. Dafür postuliert dieser Standard fünf Grundsätze, die für die Erstellung des Lageberichts zu berücksichtigen sind:
Vollständigkeit – Bereitstellung sämtlicher Informationen, die verständige Adressaten in die Lage versetzen, den Geschäftsverlauf des vergangenen Jahres sowie die Chancen und Risiken zu bewerten. Dies gilt sowohl auf Konzern- als auch auf Segmentebene (DRS 15 Ziffern 9–13). Verlässlichkeit – vorliegende Informationen sollen zutreffend, schlüssig und nachvollziehbar sein sowie Chancen und Risiken ausgewogen darstellen.
859 Vgl. Standardsetter.de (2010), S. 1; zu beachten ist, dass das DRSC seinen Vertrag mit dem BMJ zum 31.12.2010 gekündigt hat. Damit gehen ab dem 1. Januar 2011 die Aufgaben des DRSC wieder auf das BMJ über: www.standardsetter.de/drsc/docs/press_releases/2010/ 100628_neuordnungDRSC.pdf vom 16.09.2010. 860 Vgl. Beyer, G. (2005), S. 2.
156
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Meinungen und Tatsachenangaben sind getrennt darzustellen. Prognosen sollen durch die Offenlegung der zugrundliegenden Prämissen und der angewandten Methodik nachvollziehbar werden (DRS 15 Ziffern 14–19). Klarheit und Übersichtlichkeit – der Konzernlagebericht soll als eigenständiger Teil des Jahresabschlusses mit der vorgeschlagenen Gliederung dargestellt werden. Berichtsinhalte sind zu erläutern und wenn möglich zu quantifizieren (DRS 15 Ziffern 20 – 27). Vermittlung der Sicht der Unternehmensleitung – im Konzernlagebericht ist den Adressaten die Lage des Geschäfts sowie dessen Umfang und Komplexität umfassend zu beschreiben. Die Einschätzungen der Unternehmensleitung und deren Sicht auf die Stärken und Schwächen des Unternehmens sowie dessen Chancen und Risiken stehen hier im Vordergrund (DRS 15 Ziffern 28–29). Konzentration auf nachhaltige Wertschaffung – die zum Berichtszeitpunkt bekannten Ereignisse, Entscheidungen und Faktoren wie auch einmalige Effekte, die Einfluss auf die Wertentwicklung des Unternehmens haben können, sind anzugeben und zu erläutern. Informationen umfassen sowohl finanzielle wie auch nicht-finanzielle Leitungsindikatoren (DRS 15 Ziffern 30–35).
Die Regelungen des DRS 15 bilden damit auch das Fundament für die wertorientierte Berichterstattung im Geschäftsbericht.861 Daher ist es notwendig, auf einige der Ziffern dieses Standards im Besonderen hinzuweisen, da sie für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung sind:
DRS 15 Ziffer 3 befasst sich mit der Verantwortung der Unternehmensleitung, alle Sachverhalte zu analysieren und im Lagebericht darzustellen, die aus Unternehmenssicht einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe des Unternehmenswerts nehmen können, um so Informationsasymmetrien zwischen den Adressaten der Rechnungslegung und der Unternehmensleitung zu reduzieren.862 In DRS 15 Ziffer 19 wird am Beispiel einer Rendite-Kennzahl deren Berechnung aus den Angaben der Bilanz und der GuV nachvollziehbar dargestellt und die Ermittlung der einzelnen Komponenten beschrieben. DRS 15 Ziffer 26 sagt aus, dass quantifizierte Informationen im Konzernlagebericht mindestens für die im Konzernabschluss ausgewiesenen Vergleichsperioden aufzuzeigen sind.
861 Vgl. Fink, C./Keck, B. (2005), S. 140. 862 Vgl. Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (2005), S. 15.
III Wertorientierte Berichterstattung
157
DRS 15 Ziffer 27 empfiehlt Mehrperiodenübersichten für wesentliche Kennzahlen. DRS 15 Ziffer 30 bestimmt, dass alle Informationen, die aus Unternehmenssicht einen wesentlichen Einfluss auf den Unternehmenswert haben, aufzuführen und zu erläutern sind. DRS 15 Ziffer 38 beschreibt die Anforderung an aktienbasierte Mutterunternehmen, dass diese ihr unternehmensintern eingesetztes Steuerungssystem anhand quantitativer Maßstäbe darzustellen und zu erläutern haben. DRS 15 Ziffer 94 empfiehlt, sowohl die Quantifizierung der im Unternehmen verwendeten Kennzahlen wie auch die Planwerte für das nächste Geschäftsjahr anzugeben. DRS 15 Ziffer 95 sagt aus, dass die Kennzahlen, die das Unternehmen in der unternehmensinternen Steuerung verwendet, als Maßgröße und in ihren Komponenten darzustellen und zu erläutern sind. DRS 15 Ziffer 96 bezieht sich auf unternehmenswertorientierte Steuerungsgrößen, bei denen die Höhe der Kapitalkostensätze anzugeben und die Ermittlung zu erläutern ist.
DRS 15 verlangt also unter anderem, dass Konzerne ihre internen Steuerungssysteme anhand quantitativer Maßstäbe darstellen und erläutern, die verwendeten Kennzahlen quantifizieren sowie deren Komponenten und Berechnung nachvollziehbar aus dem Abschluss ableiten und die Kapitalkostensätze für Eigen- und Fremdkapital darlegen.863 Setzen deutsche Kapitalgesellschaften wertorientierte Steuerungskonzepte ein und veröffentlichen entsprechende Ergebnisse im Lagebericht, so sind diese Rechnungslegungsstandards auch anzuwenden.864 Sie haben die verwendeten wertorientierten Kennzahlen zu erläutern, Angaben zum Ergebnis (z.B. EVA oder CVA) und zu den Planwerten zu machen sowie die Ergebnisbestandteile, wie z.B. die Höhe der Kapitalkostensätze und des Betafaktors, detailliert zu beschreiben. Die Nachhaltigkeit des Ergebnisses soll dokumentiert werden, indem die erzielten Wertbeiträge im Zeitverlauf anzugeben sind.865 Dies alles bildet die Voraussetzung dafür, dass Unternehmensexterne die Wertentwicklung des Unternehmens nachvollziehen können. Allerdings besteht für die Unternehmen keine Pflicht, wertorientierte Kennzahlen zu veröffentlichen.866 Systematisch betriebene wertorientierte Kommunikation bietet börsennotierten Unternehmen Nutzen in zweierlei Hinsicht.867 Erstens wird Kapitalmarkt863 864 865 866 867
Vgl. Fleing, J. (2005), S. 19 u. 20. Vgl. Marten, K.-U./Quick, R./Ruhnke, K. (2006), S. 508. Vgl. Fischer, T./Klöpfer, E. (2006), S. 9. Vgl. Fink, C./Keck, B. (2005), S. 142. Vgl. Gamper, P./Volkart, R./Wilde, M. (2006), S. 644.
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C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
teilnehmern eine fundierte Informationsgrundlage über die wertorientierte Entwicklung des Unternehmens zur Verfügung gestellt. Zweitens beeinflusst die Externalisierung dieser Informationselemente die unternehmensinterne Ernsthaftigkeit, mit der dieses Steuerungskonzept angewandt wird, positiv. Die gesamte fortlaufende Berichterstattung eines Unternehmens, die den Jahresabschluss, die Quartalsberichte, Ad-hoc Meldungen, Presseberichte und andere Mitteilungen umfasst, soll den Grundsätzen der Wesentlichkeit, der Klarheit und der Vergleichbarkeit entsprechen und bildet somit die Grundlage für eine gesteigerte Transparenz des Unternehmens sowie eine Verringerung der Informationsdefizite am Kapitalmarkt. In diesem Zusammenhang ist auch die Veröffentlichung der Vergütungssysteme für Vorstände zu sehen. Die Kenntnis, nach welchen Kriterien Vorstände insbesondere in ihren variablen Vergütungsbestandteilen entlohnt werden, gibt Anlegern Hinweise über die Ziele, die Unternehmen als besonders wichtig erachten. Der § 314 HGB regelt dazu, dass die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds anzugeben sind, unterteilt nach erfolgsunabhängigen, also fixen, und erfolgsbezogenen, also variablen Vergütungsbestandteilen, sowie Komponenten mit langfristiger Anreizwirkung. In diesem Zusammenhang kann es für Kapitalmarktteilnehmer von Interesse sein festzustellen, ob im Vergütungssystem der Vorstände wertorientierte Zielvorgaben enthalten sind. Durch diese Regelungen gestärkt, stellt der Konzernlagebericht in der Finanzberichterstattung das wichtigste Kommunikationsinstrument des Value Reporting in Deutschland dar.868
4.
Investor-Relations
Als Investor-Relations bezeichnet man sowohl die Organisationseinheit im Unternehmen, die die Kapitalmarktkommunikation verantwortet, als auch die Aufgabe der Kommunikation bzw. Beziehungspflege zwischen Unternehmen und Kapitalmarktteilnehmern. Investor-Relations umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Kommunikation eines am Kapitalmarkt notierten Unternehmens mit Investoren, Fremdkapitalgebern und Meinungsbildnern im Sinne der angemessenen Bewertung des Unternehmens und damit der Steigerung des Unternehmenswertes sicherzustellen. Der Deutsche Investor-Relations Kreis e.V. (DIRK) bezeichnet Investor-Relations als eine Managementaufgabe mit dem strategischen Ziel, in der Öffentlichkeit und insbesondere am Finanzmarkt eine möglichst realistische Wahrnehmung des Unternehmens zu erreichen.869 Eine weitere Definition beschreibt Investor-Relations als systematische und kontinuierliche zwei868 Vgl. Bischof, S./Molzahn, S. (2006), S. 87. 869 Vgl. DIRK (2010), S. 1.
III Wertorientierte Berichterstattung
159
seitige Kommunikation zwischen Unternehmen sowie aktuellen und potenziellen Eigenkapital- bzw. Fremdkapitalgebern.870 Eine effektive Investor-RelationsArbeit gilt heute als unverzichtbare Voraussetzung für die angemessene Bewertung eines Unternehmens am Kapitalmarkt.871 Die hohe strategische Bedeutung von Investor-Relations für Unternehmen wird u.a. auch dadurch belegt, dass diese Funktion zumeist direkt dem Vorstandsvorsitzenden oder dem Finanzvorstand unterstellt ist. Für Unternehmen ist eine angemessene Bewertung am Kapitalmarkt von höchster Wichtigkeit.872 Durch zielgerichtete Kommunikation versuchen Unternehmen, Wahrnehmungslücken zwischen der Unternehmensführung und dem Kapitalmarkt, die sich in der Differenz zwischen dem inneren Wert und der Marktkapitalisierung ausdrücken, zu verringern, um die Attraktivität der eigenen Aktien und damit deren Wert zu steigern.873 Dies ist als die primäre Motivation anzusehen, warum Investor-Relations etabliert wurde, und stellt immer noch die oberste Zielsetzung dieser Funktion dar.874 In der Literatur wird dazu postuliert, dass sich durch die Reduktion der Informationsasymmetrie das Anlagerisiko von Investoren verringert, was implizit zu einer besseren und zugleich stabileren Beurteilung des Unternehmens am Kapitalmarkt führt, die sich wiederum in einer geringeren Aktienkursvolatilität, einer günstigeren Gesamtrisikobetrachtung, geringeren Kapitalkosten und einer höheren Unternehmensbewertung niederschlägt.875 Investor-Relations stellt dafür den Markteilnehmern alle Informationen, die den Aktienkurs beeinflussen können, in einer vollständigen, konsistenten und fairen Weise zur Verfügung.876 Damit leistet Investor-Relations einen Beitrag zur wertorientierten Steuerung des Unternehmens.877 Adressaten der kapitalmarktorientierten Kommunikation sind private Anleger, institutionelle Anleger, wie Fondsmanager, sowie Fremdkapitalgeber, Rating Agenturen als auch Meinungsbildner, wie Analysten, Journalisten und Stimmrechtsberater. Diese Gruppen gilt es zielgruppengerecht mit entscheidungsnützlichen Informationen zu versorgen, um dadurch die Transparenz des Unternehmens gegenüber dem Kapitalmarkt zu verbessern. Auf die wichtigsten Adressaten der Kapitalmarktkommunikation durch Investor-Relations wird näher im folgenden Kapitel C.III.5 eingegangen.
870 871 872 873 874 875 876 877
Vgl. Deutsche Bank (2009), S. 68. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 43. Vgl. Gamper, P./Volkart, R./Wilde, M. (2006), S. 643. Vgl. Häcker, M./Unser, M./Veeser, A./Wagner, W. (2001), S. 665. Vgl. Häcker, M./Unser, M./Veeser, A./Wagner, W. (2001), S. 667. Vgl. Gamper, P./Volkart, R./Wilde, M. (2006), S. 643. Vgl. Gruber, S. (2009), S. 2; ebenso auch Eder, S. (2002), S. 22. Vgl. Bibert, S. (2010), S. 2.
160
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Im Modell des vollkommenen Finanzmarkts stehen Marktteilnehmern alle benötigten und relevanten Informationen über ein Unternehmen zur Verfügung. Dessen Aktienkurse passen sich unmittelbar an eine veränderte Informationslage an. Börsenkurse spiegeln also in diesem theoretischen Modell den wahren Wert eines Unternehmens wider. Dies hat zur Folge, dass in diesem Idealfall weder die Aufgabe Investor-Relations noch die Funktion gebraucht würden. In der wirtschaftlichen Realität muss man allerdings davon ausgehen, dass Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Anlegern bestehen, die je nach Unternehmen größer oder kleiner sein können. Je kleiner diese sind, desto weniger Risikozuschläge verlangen Kapitalgeber – die Kapitalkosten sinken, was eine direkte und positive Auswirkung auf die Erhöhung des Unternehmenswerts zur Folge haben kann. Eder stellt vereinfacht mit folgender Abbildung die wichtigsten Zielsetzungen von Investor-Relations dar:878
Abbildung 6:
Ziele Investor-Relations
878 Vgl. Eder, S. (2002), S. 30.
III Wertorientierte Berichterstattung
161
Für den Abbau der Asymmetrien entwickelt Investor-Relations im Auftrag des Vorstands Grundsätze, Strategien und Konzepte, welche Elemente die kapitalmarktorientierte Kommunikation beinhalten soll und wie diese auszuführen sind.879 Diese Aufgabenstellung erfordert zunächst die konkrete Bestimmung der Adressaten und eine detaillierte Analyse ihrer spezifischen Informationsbedürfnisse, um darauf aufbauend strategische und taktische Maßnahmen zur Schärfung des Unternehmensprofils und zur Schaffung stabiler, langfristig orientierter Aktionärsstrukturen zu entwickeln. Konzerne unternehmen große Anstrengungen, die mittel- bis langfristige Bindung von Investoren an das Unternehmen zu erreichen, um die Volatilität der Aktionärsstruktur gering zu halten. Durch die strukturierte und kontinuierliche Kontaktpflege zielen Unternehmen daher darauf ab, die Erwartungen der Anleger kennenzulernen und mit der Bereitstellung von entsprechenden Informationen deren Vertrauen zu gewinnen.880 Gerade deswegen kommt dieser Kontaktpflege eine immer größer werdende Bedeutung für die Unternehmen zu.881 Die Schärfung des Erscheinungsbilds von Publikumsgesellschaften (Equity Story) ist eine Grundvoraussetzung dafür, die Aufmerksamkeit der Kapitalanleger zu gewinnen und den Wettbewerb nach optimaler Kapitalversorgung erfolgreich zu bestehen.882 Mit der Beziehungspflege zu Investoren und Analysten durch Investor-Relations wird die Unternehmensführung in die Lage versetzt, zielgerichtet die jeweiligen Interessengruppen über die Entwicklungen im Unternehmen zu unterrichten. Diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Glaubwürdigkeit des Top Managements zu steigern, um damit das Vertrauen der Investoren zu gewinnen.883 Das Unternehmen stellt dafür dem Kapitalmarkt nachvollziehbare, verständliche, vergleichbare und glaubwürdige Informationen über den Wert des Unternehmens zur Verfügung, um dadurch Investoren positiv in ihrer Entscheidungsfindung zu beeinflussen.884 Diese wertorientierte Kommunikation ist auf die jeweiligen Stakeholder ausgerichtet.885 Denn für die Transformation des inneren Wertes in die externe Kursbildung muss die Kapitalmarktkommunikation aussagekräftige Informationen zur Wertschaffung beinhalten.886 Im Gegensatz dazu kann eine ungenügende Kapitalmarktkommunikation zu einer Unterbewertung der Aktien führen, da Informationen, die dem Kapitalmarkt nicht zur Verfügung stehen, bei der Preisbildung nicht einfließen können. 879 880 881 882 883 884 885 886
Vgl. Posner, E. (2005), S. 161. Vgl. Heldt, C. (2009), S. 1. Vgl. Rodewald, J. (2001), S. 2155. Vgl. Larisch, M. (2003), S. 41. Vgl. Sorg, M. (2004), S. 285. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 35. Vgl. Gamper, P./Volkart, R./Wilde, M. (2006), S. 644. Vgl. Bibert, S. (2010), S. 4.
162
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Maßnahmen, denen sich Investor-Relations für die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt bedient, unterscheiden sich danach, ob sie pflichtgemäß oder freiwillig ausgeführt werden und ob Adressaten persönlich oder über indirekte Kommunikationskanäle, d.h. unpersönlich, kontaktiert werden:
Persönliche Pflichtmaßnahmen: z.B. Hauptversammlung, persönliche freiwillige Maßnahmen: z.B. Roadshows, Pressegespräche, Investoren- bzw. Analystenveranstaltungen, unpersönliche Pflichtmaßnahmen: z.B. Jahresabschluss, Quartalsberichte, Ad-hoc Meldungen und unpersönliche freiwillige Maßnahmen: z.B. Pressemitteilungen, Aktionärsbriefe.
Die regelmäßige und strukturierte Berichterstattung des Unternehmens (unpersönliche Pflicht- wie auch freiwillige Maßnahmen) bezeichnet man auch als Business Reporting.887 Der Sammelbegriff Business Reporting setzt sich aus der gesetzlich vorgeschriebenen Finanzberichterstattung mit Jahresabschluss, Lagebericht und der darüberhinausgehenden freiwilligen Informationen an den Kapitalmarkt zusammen. Es wird in diesem Zusammenhang Vorständen empfohlen, dem wachsenden Informationsbedürfnis des Kapitalmarkts Rechnung zu tragen und diesen zusätzlich mit Planungs- und Steuerungsinformationen zu versorgen.888 Zuverlässige, aussagekräftige und kontinuierliche Informationen über die Entwicklung des Unternehmens und dessen Wert bilden die Basis für effektive Investor-Relations-Arbeit. Diese Informationen können sowohl vergangenheitswie auch zukunftsorientiert sein. Insbesondere die bewiesene Prognosefähigkeit eines Unternehmens stellt ein wichtiges Beurteilungskriterium für Investoren wie auch Marktbeobachter dar. Die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) hat Grundsätze für die effektive Finanzkommunikation erstellt, die sich zum Standard für zielgruppengerechte Kommunikation in Deutschland entwickelt haben.889 Diese Grundsätze befassen sich mit der Glaubwürdigkeit der Kommunikation des Managements mit dem Kapitalmarkt. Diese gliedern sich in drei Dimensionen und sechs Verhaltensmaximen:890
887 888 889 890
Vgl. Bischof, S./Molzahn, S. (2006), S. 87. Vgl. Siebel, U./Gebauer, S. (2001),S.193. Vgl. DVFA (2008), S.1. Vgl. DVFA (2008), S.4–20.
III Wertorientierte Berichterstattung
1. a. b. 2. a. b. 3. a. b.
163
Zielgruppenorientierung Kapitalmarktorientierte Kommunikation für die jeweiligen Zielgruppen und Gleichbehandlung aller Adressaten und Versorgung mit inhaltlich gleichwertigen Informationen. Transparenz Wesentlichkeit und Verständlichkeit der Informationen und Nachvollziehbarkeit und Konsistenz der Unternehmenskommunikation. Kontinuität Aktualität und Vergleichbarkeit der Informationen und Erwartungsmanagement der einzelnen Adressaten.
Neben der externen Ausrichtung zeichnet sich Investor-Relations dafür verantwortlich, die eigene Unternehmensführung über die Entwicklung und Erwartungen des Kapitalmarktes sowie über die Kapitalmarktaktivitäten der Konkurrenz informiert zu halten. Diese Informationen fließen im optimalen Fall direkt in die Unternehmensplanung und –steuerung ein. Weitere Instrumente für die Verbesserung der Beziehungen mit Anlegern umfassen im Übrigen Kurspflege via Aktienrückkauf sowie Dividenden- und Emissionspolitik. 5. a.
Adressaten der Kapitalmarktkommunikation Anleger am Kapitalmarkt
Anleger am Kapitalmarkt, das sind sowohl Käufer von Eigenkapital- als auch Fremdkapitaltiteln, unterteilen sich in private und institutionelle Investoren. Private Investoren, die auch als freie Investoren, Kleinanleger oder Retailanleger bezeichnet werden, sind Einzelpersonen, die in der Regel nicht über ein fundiertes Finanzwissen verfügen und nur geringere Summen anlegen. Als institutionelle Investoren bezeichnet man Anlagegesellschaften wie Investmentgesellschaften, Pensionsfonds, Hedgefonds, Family Offices, Stiftungen, Venture Capital-Gesellschaften sowie Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen und Körperschaften des öffentlichen Rechts (Bund, Länder oder Gemeinden). Laut Deutscher Bundesbank sind institutionelle Anleger Versicherungsunternehmen, Fonds von Kapitalanlagegesellschaften sowie sonstige Unternehmen, die über große Vermögensgegenstände disponieren und dafür professionelle Techniken nutzen.891 Ihnen steht für ihre Entscheidungsfindung im Gegensatz zu privaten Investoren eine wesentlich fundiertere Informationsbasis zur 891 Vgl. Deutsche Bundesbank (2006), S. 35.
164
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Verfügung. Investments von institutionellen Investoren spielen aufgrund ihrer großen Finanzmittel auf den Finanzmärkten eine herausragende Rolle892 und werden weiterhin stark an Bedeutung gewinnen.893 Die Ziele institutioneller Anleger leiten sich aus einem ausgewogenen Risiko-Rendite-Verhältnis bei möglichst geringen Transaktionskosten ab.894 Voraussetzung dafür ist eine hohe Effizienz der Kapitalmärkte, die sich u.a. in der Verfügbarkeit von Informationen und Bewertungen ausdrückt.895 Die Interessen institutioneller Investoren sind nicht deckungsgleich, da sie unterschiedliche Profile aufweisen und daraus abgeleitet differierende Verhaltensweisen bzw. Motivationen an den Tag legen:896
Banken verwalten neben ihren eigenen Anteilen die Depots ihrer Kunden und verfügen über Depotstimmrechte. Versicherungen haben den Geschäftszweck, Risiken abzusichern. Sie legen unter Berücksichtigung der zeitlichen Differenz zwischen den Ein- und Auszahlungsterminen die eingezahlten Versicherungsprämien an. Venture Capital-Gesellschaften halten in der Regel vorbörsliche Anteile an Unternehmen mit dem Ziel, diese nach einem erfolgreichen Börsengang gewinnbringend zu veräußern. Investmentgesellschaften investieren am Kapitalmarkt mit Mitteln von Kleinanlegern (Publikumsfonds) oder institutionellen Anlegern (Spezialfonds). Pensionsfonds dienen dem Zweck der Altersvorsorge. Sie legen dafür im Auftrag von Arbeitgebern und/oder Arbeitnehmern die eingezahlten Beträge an. In Deutschland werden Pensionskassen, berufsständische Versor897 gungswerke und Unterstützungskassen zu den Pensionsfonds gezählt.
Börsennotierte Unternehmen stehen mit anderen Kapitalgesellschaften im Wettbewerb um Kapitalanleger, die zwischen einer Vielzahl von Anlagemöglichkeiten wählen können. Es gilt die Annahme, dass sich Investoren bei gegebenem Risiko für das Investment entscheiden, das die höchste Rendite verspricht. Für Anleger sind die Informationsbeschaffung und deren Auswertung mit Kosten 892 893 894 895
Vgl. Segler, G./Wald, A./Weibler, J. (2007), S. 402. Vgl. Bassen, A. (2002), S. 18. Vgl. Segler, G./Wald, A./Weibler, J.(2007), S. 402. Weitere Anforderungen umfassen Liquidität des Kapitalmarkts, Transaktionskosten, Transaktionsgeschwindigkeit, Transaktionssicherheit und technische Zuverlässigkeit. 896 Vgl. Bassen, A. (2002), S. 16. 897 Vgl. Fraune, C. (1996), S. 96–98; Pensionskassen und Unterstützungskassen sind Versorgungseinrichtungen der betrieblichen Altersversorgung. Im Gegensatz zu den Pensionskassen gewähren Unterstützungskassen keinen Anspruch auf ihre Leistungen. Als berufsständische Versorgungswerke bezeichnet man die Pflichtversorgung der Angehörigen freier Berufe.
III Wertorientierte Berichterstattung
165
(Transaktionskosten) verbunden. Sie erwarten daher von Aktiengesellschaften, dass sie von ihnen die Informationen erhalten, die ihre Entscheidungsfindung optimal unterstützt.
b.
Analysten
Finanzanalysten stellen für börsennotierte Gesellschaften eine der primären Adressaten für deren Kapitalmarktkommunikation dar. Analysten sind als sogenannte Intermediäre durch regelmäßige Analysen und Bewertungen börsennotierter Unternehmen mit anschließender Weitergabe ihrer Empfehlungen an institutionelle Investoren dafür verantwortlich, verwertbare Informationen über ein Unternehmen zu ermitteln und bereitzustellen, um deren Investitionsentscheidungen zu unterstützen.898 Mit Hilfe der Analystenreports versuchen diese Anleger einen Informationsvorsprung zu erhalten, um schneller in bestimmte Aktienwerte investieren bzw. desinvestieren zu können. Unternehmen tragen der besonderen Rolle von Analysten als Meinungsbilder Rechnung, da sie um deren Wichtigkeit als Meinungsmultiplikatoren wissen. Denn deren Empfehlungen hinsichtlich Herauf- bzw. Herabstufungen von Aktienwerten können zu direkten Kursausschlägen bei den betroffenen Unternehmen führen.899 Die Spezies Finanzanalyst teilt man in Sell- bzw. Buy-Side Analysten ein. Sie unterscheiden sich in ihrer zugrundeliegenden Zielsetzung und in der Art, wie sie sich Informationen verschaffen und verarbeiten, sowie in den Abnehmern ihrer Analysen. Sell-Side Analysten arbeiten üblicherweise für (Investment)Banken, Brokeragehäuser oder unabhängige Researchinstitute. Ihre Analysen stellen sie vorrangig institutionellen Investoren zur Verfügung. Dadurch spielen sie eine gewichtige Rolle bei der Meinungsbildung dieser Anleger und sie beeinflussen deren Entscheidungen, die oft beträchtliche Investitionen nach sich ziehen können. Empfehlungen der Sell-Side Analysten wie „strong buy“, „outperform“, „neutral“, oder „sell“ sind dazu gedacht, auf diese plakative Weise Anleger dabei zu unterstützen, sich ein Bild über die potentielle Aktienentwicklung eines Unternehmens zu machen.900 Sell-Side Analysten haben das primäre Ziel, sich mit ihrer Meinung gegen Konkurrenten bei den Investoren durchzusetzen. Ihr Erfolg hängt in erster Linie davon ab, dass sich Anleger aufgrund ihres Urteils entschließen, Kauf- bzw. Verkaufsorders über die Bank des Analysten abzuwickeln. Ihnen kommt in diesem Zusammenhang auch eine Art Vertriebsorientierung zu, da ihre Researchberichte die eigentliche Geschäftsgrundlage von 898 Vgl. Achleitner, A.-K./Groth, T./Pietzsch, L. (2005), S. 261. 899 Vgl. Wolf, B. (2007), S. B5. 900 Vgl. Investopedia (2010), S. 1.
166
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
Investmentbanken bilden.901 Mit zeitlicher Verzögerung finden die Empfehlungen, je nach Prominenz des Analysten, den Weg zur Veröffentlichung in den Massenmedien. Buy-Side Analysten dagegen sind üblicherweise bei institutionellen Anlegern wie Fondsgesellschaften oder Pensionsfonds angestellt. Sie verfolgen das Ziel, mit ihren Analyseergebnissen die eigenen Fondsmanager dabei zu unterstützen, um ihren Anlagestrategien zu besseren Ergebnissen als vergleichbare Benchmarks zu verhelfen (outperform).902 Solche Erfolge, vorausgesetzt sie finden nicht einmalig statt, führen dazu, dass dem Fondsanbieter durch Investoren mehr Mittel zur Anlage zur Verfügung gestellt werden. Die Analysen der Buy-Side findet nur unternehmensintern Verwendung und werden nicht veröffentlicht. Zwar ziehen deren Arbeitgeber das eigene Research dem der Sell-Side Analysten vor, doch nutzen sie häufig deren sogenanntes Primärresearch. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Buy-Side Analysten im Allgemeinen mehr Unternehmen und Branchen abdecken als die Sell-Side und daher nicht die Ressourcen für umfangreiches Primärresearch haben. Der Einfluss von Buy-Side Analysten auf den Kapitalmarkt liegt darin, dass ihre Arbeitgeber aufgrund ihrer beträchtlichen finanziellen Mittel für Aktiengesellschaften von hohem Interesse sind. Für beide Analystengruppen ist es elementar, dass sie durch die InvestorRelations Funktionen mit aktuellen und relevanten Informationen versorgt werden, die sie als Grundlage für die Erarbeitung qualitativ hochwertiger Analysen nutzen können.903 Diese Dienstleistung durch die Unternehmen erleichtert den Analysten die Datenbeschaffung für die Erstellung ihrer Reports. Aktiengesellschaften sind sehr daran interessiert, breites Interesse bei den Analysten zu wecken und scheuen daher diesen Aufwand nicht. Denn es besteht ein Zusammenhang zwischen der Liquidität einer Aktie, d.h. dem Volumen der gehandelten Aktien, und der Anzahl der Analysten, die das Unternehmen abdecken.904 Börsennotierte Gesellschaften bringen die Abdeckung durch Analysten mit positiven Auswirkungen auf den Bekanntheitsgrad am Kapitalmarkt, die Investorennachfrage und die Aktienkursentwicklung in Verbindung.905 Diese Unternehmen versprechen sich dadurch auch einen Abbau der Informationsasymmetrien. Im Gegensatz dazu kann eine Vernachlässigung durch Analysten dazu führen, dass unzureichende Informationen über das Unternehmen am Kapitalmarkt vorhanden sind und dies zur Illiquidität der Aktie führen kann.906 Daraus folgt die Notwen901 902 903 904 905 906
Vgl. Frank, R. (2004), S. 305. Vgl. Baches, Z. (2008), S. 2. Vgl. Frank, R. (2004a), S. 306. Vgl. Frank, R. (2004b), S. B4. Vgl. Achleitner, A.-K./Groth, T./Pietzsch, L. (2005), S. 261. Vgl. Achleitner, A.-K./Groth, T./Pietzsch, L. (2005), S. 261.
III Wertorientierte Berichterstattung
167
digkeit für börsennotierte Unternehmen, diese Berufsgruppe systematisch in ihrer Aufgabe zu unterstützen und ihnen eine möglichst transparente Sicht auf das Geschäft zu ermöglichen. Analysten wiederum sind bestrebt, neben einer hochqualitativen Empfehlung, Investoren die Informationen in der optimalen Art und Weise zukommen zu lassen, um deren Entscheidungsfindung effektiv zu unterstützen. Achleitner/Groth/Pietzsch zeigen in ihrer Untersuchung auf, dass sowohl die Marktkapitalisierung wie auch das Handelsvolumen, die Aktivitäten von institutionellen Investoren und die Indexzugehörigkeit einen signifikant positiven Einfluss auf die Analystenabdeckung ausüben.907 Zwischen börsennotierten Gesellschaften und Analysten besteht eine intensive Kommunikation mit mehrmaligem wöchentlichem Kontakt – besonders intensiv bei DAX-30 Unternehmen.908 Analysten erfragen während ihrer Gespräche mit den zu analysierenden Unternehmen diejenigen Information, die es Ihnen erlauben, ihre eigenen Bewertungsmodelle so zu rechnen, dass sie daraus den höchsten Mehrwert für die Abnehmer ihrer Analysen generieren können. Da jeder Leiter Investor-Relations diese Motivation kennt, ist davon auszugehen, dass sie keine Angaben zurückhalten, die Analysten für ihre Bewertungen benötigen. Zudem kann die Bewertung eines Analysten, je nach Prominenz, beträchtlichen Einfluss auf Aktienkurse nehmen. Dies gilt besonders dann, wenn diese Empfehlungen in Massenmedien veröffentlicht werden.
c.
Rating Agenturen
Durch Bonitätseinstufungen informiert sich der Kapitalmarkt über eventuelle Bonitätsrisiken von Unternehmen. Damit lässt sich das Risiko einschätzen, inwieweit Unternehmen ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können. Ein Kreditausfallrisiko wird umso höher angesehen, je schlechter die Bonität eines Schuldners bewertet wird. In einem solchen Fall verlangen Fremdkapitalgeber eine Art Gefahrenzulage, die das Unternehmen als Risikoprämie in die Zinskosten einplanen muss, was die Kapitalkosten verteuert.909 Man unterscheidet zwischen externen und internen Bonitätseinstufungen. Letztere führen Banken durch, um die Kreditwürdigkeit von Unternehmen festzustellen. Sie nutzen das Ergebnis für ihre eigenen Entscheidungsprozesse. Will sich dagegen ein Unternehmen durch die Ausgabe börsennotierter Anleihen Fremdkapital verschaffen, 907 Vgl. Achleitner, A.-K./Groth, T./Pietzsch, L. (2005), S. 271. 908 Vgl. Wolf, B. (2007), S. B5; 60% der Unternehmen berichten von täglichem Kontakt zwischen Unternehmen und Analysten. 909 Vgl. Wöhe, G. (2008), S. 668.
168
C Wertorientierte Unternehmenssteuerung und Shareholder Value-Konzept
benötigt es für die Börsenzulassung die Einstufung der Bonität durch eine Rating Agentur, die diese im Auftrag des zu testierenden Unternehmens ausführt und die Resultate anschließend veröffentlicht. In diesem Fall spricht man von externen Bonitätsprüfungen, die Rating Agenturen anhand qualitativer und quantitativer Messkriterien durchführen.910 Ein solches Rating, das mittels standardisierter Methoden erstellt wird, stellt deren Sichtweise auf ein Unternehmen dar. Das Ergebnis soll die zukünftige Fähigkeit und Bereitschaft eines Unternehmens aufzeigen, alle Verpflichtungen aus Fremdkapitalaufnahmen termingerecht und vollständig zu erfüllen. Rating Agenturen sprechen demnach keine Kaufempfehlungen (wie Analysten) aus, sondern informieren den Kapitalmarkt über ihren gewonnenen Einblick in die Kreditwürdigkeit des Schuldners und somit ihr wahrgenommenes Ausfallsrisiko der gewährten Krediten.911 Wie schon oben beschrieben, übt ein Ratingergebnis einen positiven wie auch negativen Einfluss auf die Höhe der Fremdkapitalkosten aus. Die Ratings kommunizieren Agenturen mit Hilfe von Buchstaben- und Zahlencodes, über die der Kapitalmarkt über die Bonität von Unternehmen (Staaten werden auch geratet) in Kenntnis gesetzt wird.912 Beispielsweise sagt eine Beurteilung von AAA (Triple A) aus, dass der Schuldner einer Anleihe eine extrem starke Zins- und Tilgungskraft besitzt, während bei Unternehmen mit einem CCC Rating eine starke Tendenz zu Zahlungsschwierigkeiten vorherrscht. Daraus folgt, dass ein Unternehmen mit einem besseren Rating eine Anleihe mit niedrigerem Zins oder einem geringeren Disagio am Markt platzieren kann als ein Unternehmen mit einer schlechteren Bewertung. Bewertungen werden in Investment Grade und Speculative Grade unterschieden. Alle Bewertungen kleiner BBB gelten als spekulative Anlage, während höhere Noten als sicherere Anlage geführt werden. Diese Unterscheidung spielt eine große Rolle für Investoren. Ratings sind Grundlage nationaler Gesetzgebungen geworden, mit der Konsequenz, dass beispielsweise Pensionsfonds nicht in Speculative Grade bewertete Unternehmen investieren dürfen.913 Herabstufungen (Downgrade) können durch nachfolgende Verschlechterungen der Kreditkonditionen Unternehmen in existenzielle Probleme führen. Im positiven Fall geht die Entwicklung des sogenannten Credit Spread in die andere Richtung. Standard & Poor‘s berichtete im Jahre 2004 von einem Unternehmen, dessen Aufwertung von BB nach BBB (Upgrade) nahezu die Halbierung der
910 Quantitative Messkriterien sind finanzwirtschaftliche Kennziffern wie zu erwartende Liquidität, Cashflow, Profitabilität, Verschuldungsgrad, Eigenkapitalquote, Bilanzentwicklung. Stärke des Managements, das wirtschaftliche Umfeld, die Wettbewerbsposition und die Strategie werden als qualitative Kriterien bezeichnet. 911 Vgl. Blaurock, U. (2007a), S. 604. 912 Die Benotungsskala geht von AAA (Ausfallrisiko geht gegen Null) bis D (Insolvenz). 913 Vgl. Blaurock, U. (2007b), S. 9.
III Wertorientierte Berichterstattung
169
Kreditkosten nach sich zog.914 Änderungen des Ratings wirken sich auch auf den Aktienkurs des jeweiligen Unternehmens aus. Durch die wachsende Komplexität und Internationalisierung der Kapitalmärkte stellen Investoren immer umfangreichere Informationsanforderungen, um Investitionsrisiken besser einschätzen zu können, bevor sie investieren.915 Von Rating Agenturen versprechen sich Anleger verlässliche und unabhängige Einschätzungen zur Kreditwürdigkeit von Unternehmen. Genauso brauchen Unternehmen selbst diese Bewertungen, um überhaupt in der Lage zu sein, Fremdkapitalgeber über die eigene Bonität zu informieren. Das heißt im Umkehrschluss, dass Unternehmen ohne Rating für Investoren als uninteressanter gelten. Mit ihren Bewertungen helfen also Rating Agenturen als unabhängige Intermediäre Informationsasymmetrien zwischen Kapitalmarkt und börsennotierten Gesellschaften abzubauen. Habersetzer/Hilpisch berichten in ihrer Studie, dass die Unternehmen, die wertorientiert berichten, durchschnittlich über ein besseres Rating verfügen als solche, die dieses Konzept nicht verfolgen.916 Aus all diesen Faktoren resultiert eine große Machtposition der Rating Agenturen. Deren Renommee wurde jedoch durch die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 stark in Mitleidenschaft gezogen. Doch Rating Agenturen sind und bleiben wichtige Gesprächspartner für Investor-Relations der DAX-30 Unternehmen.
914 Vgl. Blaurock, U. (2007a), S. 609; zu beachten ist, dass der kostentreibende Effekt einer auch nur geringfügigen Herabstufung sich noch viel stärker auswirkt. 915 Vgl. Meister, E. (2006), S. 12. 916 Vgl. Habersetzer, A./Hilpisch, Y. (2004), S. 1471.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
171
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung der DAX-30 Konzerne
I
Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
1.
Zielsetzung und Untersuchungsplan
Die Zielsetzung dieser Untersuchung liegt darin, die Relevanz der wertorientierten Kommunikation in der Geschäftsberichterstattung von DAX-30 Unternehmen zu bewerten. Dafür wurden die Leiter und einige Mitarbeiter der InvestorRelations Abteilungen dieser Konzerne befragt. Als Forschungsmethode wurde das Experteninterview gewählt, eine Methode der qualitativen Sozialforschung. Theoretische Erkenntnisse zur wertorientierten Unternehmenssteuerung, die sich auf eine intensive Literaturanalyse stützen, bilden die Basis, um dedizierte und spezifische Fragen mit Fokus auf die Sammlung der entsprechenden Fakteninformationen zu formulieren.917 Diese konzentrierte Vorgehensweise impliziert eine Interviewform, die das Wissen und die knappe Verfügbarkeit der Experten respektiert. Die Reaktionsfähigkeit der Befragten innerhalb eines Experteninterviews ist für die Erarbeitung des Themas von großem Vorteil, denn dadurch können die heterogenen betrieblichen Umfelder der Gesprächsteilnehmer in angemessener Form Berücksichtigung finden. Zwar besitzen alle Befragten mit ‚Investor-Relations‘ die gleiche Funktionsbeschreibung, doch unterscheiden sich die Unternehmen im Hinblick auf Branchenzugehörigkeit, spezifische wirtschaftliche Herausforderungen und Zielsetzungen aber auch in Bezug auf die Zusammensetzung der Investoren und dem Einsatz der wertorientierten Unternehmenssteuerung erheblich. Die Forschungsfragen sind wegen dieser Mehrdimensionalität offen formuliert, um ein möglichst breites Spektrum an Antworten zuzulassen. Mit der Konsequenz, dass in diesen Gesprächen unter Umständen auch Themen aufgegriffen werden, die im Vorfeld als weniger oder als gar nicht relevant unterstellt worden sind. Die Verwendung der gleichen Fragen bei allen Interviews unterstützt die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Die Fragen sind primär auf das Themenumfeld 917 Vgl. Mayring, P. (2002), S. 71.
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2_, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
der wertorientierten Kommunikation der Unternehmen ausgerichtet. Sie wurden einem Pre-Test unterzogen und anschließend modifiziert. Dieser Test bestand in einem zweistufigen Vorgehen. Eine hinsichtlich der Untersuchung unabhängige Person, die jedoch Erfahrungen mit Experteninterviews aufweist, prüfte die Fragen im Hinblick auf ihre Zielsetzungen, Logik und Verständlichkeit. In der darauf folgenden zweiten Stufe begutachtete ein fachlich kompetenter Hochschullehrer, ob mit Hilfe des vorgesehenen Frageleitfadens das Ziel dieses Untersuchungsteils erreicht werden kann. Die Interviewpartner erhielten den Gesprächsleitfaden vorab zur Verfügung gestellt. Dies sollte ihnen eine zielgerichtete und intensive Gesprächsvorbereitung ermöglichen, um effiziente und erkenntnisreiche Interviews zu gewährleisten. Die Gespräche wurden als Einzelgespräche konzipiert und waren auf die Dauer von 60 Minuten veranschlagt. Es war vorgesehen, dass die Interviews in den Räumen der Interviewten stattfinden. Telefoninterviews bzw. schriftliche Interviews sollten nur im Ausnahmenfall durchgeführt werden, da der direkte persönliche Kontakt als vorteilhaft angesehen wurde. Denn die Nähe zum alltäglichen Umfeld der Befragten hilft, Verzerrungen und Unschärfen zu verringern.918 Die Dokumentation der Interviews erfolgte per Tonaufzeichnung, da diese Technik eine ausführliche und genaue Protokollierung der Interviews erlaubt, vorausgesetzt die Interviewpartner stimmen dem zu.919 Lehnten die Befragten eine Tonaufzeichnung ab, blieb während des Gesprächs nur die Möglichkeit der Erstellung eines Stichwortprotokolls, um die Gesprächsabläufe nicht zu stören, was u. U. direkten Einfluss auf die Qualität des Interviews hätte nehmen können. Die Ergebnisse der Interviews wurden sowohl auf persönlicher als auch auf unternehmerischer Ebene anonymisiert dargestellt. Die Aufbereitung der Gespräche konzentrierte sich darauf, ein zusammenfassendes Protokoll jedes Gesprächs anzufertigen. Als Technik für die Aufbereitung bot sich die qualitative Inhaltsanalyse an. Sie erleichtert die konkreten und detaillierten Beschreibungen der Reaktionen der Befragten und erlaubt somit, das vorliegende Material nach den erfragten inhaltlichen Themen zu kategorisieren.920
2.
Untersuchungsteilnehmer
Ziel dieser Untersuchung ist es, die Relevanz zu bestimmen, die die wertorientierte Berichterstattung für die DAX-30 Konzerne besitzt. Als Untersuchungsteilnehmer wurden die Leiter Investor-Relations der DAX-30 Konzerne, in der 918 Vgl. Mayring, P. (2002), S. 23. 919 Vgl. Hopf, C. (1993), S. 237. 920 Vgl. Merton, R./Kendall, P. (1993), S. 172.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
173
Zusammensetzung zum 1.7. 2009, ausgewählt. Diese verantworten im Auftrag ihrer Unternehmen die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt. Gerade wegen dieser Verantwortung eignen sie sich optimal als Gesprächspartner. Sie erfüllen mit ihrer Aufgabe eine Art Intermediärfunktion zwischen ihren börsennotierten Arbeitgebern und dem Kapitalmarkt mit dem Ziel, die Aktien des eigenen Unternehmens als profitable Investition darzustellen. Mit ihrer Kommunikationsarbeit zielen sie darauf ab, die Attraktivität der eigenen Aktie zu erhöhen. Dazu stehen sie in engem Kontakt mit Investoren, Analysten und anderen Teilnehmern des Kapitalmarkts, um mit maßgeschneiderten Kommunikationsstrategien ihre Ziele zu erreichen. Voraussetzungen dafür sind profunde Kenntnis der Value Proposition ihres Unternehmens für den Kapitalmarkt wie auch der Erwartungen der Kapitalmarktteilnehmer im Hinblick auf die Qualität der Informationsversorgung, um deren Entscheidungsfindung in positiver Weise effizient und effektiv zu beeinflussen. Die Leiter Investor-Relations bilden somit die idealen Gesprächspartner, um herauszufinden, was sich die Konzerne mit ihrer wertorientierten Kommunikation versprechen und welche Reaktionen bzw. Anforderungen sie darauf aus dem Kapitalmarkt erhalten. Der DAX-30 Aktienindex umfasst die größten 30 Unternehmen am deutschen Aktienmarkt, gemessen an der Marktkapitalisierung und dem Börsenumsatz, und repräsentiert rund 80% des in Deutschland zugelassenen Börsenkapitals.921 Dieser Status birgt eine hohe Attraktivität für Investoren sowohl aus dem In- und Ausland. Es ist daher anzunehmen, dass das Kommunikationsverhalten der DAX-30 Konzerne vom Kapitalmarkt mit hoher Aufmerksamkeit verfolgt wird und zudem auf andere börsennotierte Gesellschaften abstrahlt. Daraus kann gefolgert werden, dass die Relevanz einer wertorientierten Berichterstattung bei den DAX-30 Unternehmen größer ist als bei den Kapitalgesellschaften anderer deutscher Börsenindizes.922 Genau aus diesem Grund sind Vertreter dieser Unternehmen gesuchte Ansprechpartner, wenn es darum geht, Entwicklungen am Kapitalmarkt zu hinterfragen und zu verstehen.
3.
Untersuchungsmethode
a.
Qualitative Sozialforschung
Die qualitative Sozialforschung bildet die methodische Grundlage für diese Untersuchung. Ihr Forschungsauftrag ist Verstehen und nicht Messen.923 Die quali921 Vgl. Deutsche Börse (2010), S. 1. 922 Vgl. PricewaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 6. 923 Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 21.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
tative Vorgehensweise bietet gegenüber der quantitativen Forschung den Vorteil, dass sich die angewandte Methodik an den zu untersuchenden Gegenstand anpassen lässt. Diese Flexibilität erlaubt es den Forschenden, sich während der Untersuchung in neue Richtungen zu bewegen oder sogar Thesen zu modifizieren, sofern sich dies als notwendig erweisen würde. Ergebnisse qualitativer Methoden besitzen im Vergleich zu quantitativen Methoden eine höhere Validität, weil das zu erforschende Objekt authentischer erfasst werden kann. Dieser Gültigkeitsanspruch und die beschriebene Anpassungsfähigkeit bieten für die oben genannte Forschungsaufgabe die geeignete Grundlage, um die Vielfalt und Heterogenität der wertorientierten Kommunikation der untersuchten Unternehmen erfassen zu können. Dies verlangt vom Forscher die Fähigkeit, sich der jeweiligen Situation im Interview bewusst zu sein und je nach Gesprächsverlauf flexibel zu reagieren. Lamnek begründet dies folgendermaßen: „In der qualitativen Sozialforschung scheint es viel mehr auf die intelligible Handhabung des vorhandenen Instrumentariums anzukommen als auf die Ausgereiftheit der Erhebungs- und Untersuchungstechniken selbst.“924 Gerade wegen dieser Flexibilität gilt in der Dokumentation der Vorgehensweise ein hoher Anspruch an die Nachvollziehbarkeit und die Interpretation der Daten, um Willkür und Beliebigkeit zu vermeiden. Außenstehende müssen in die Lage versetzt werden, aus den Resultaten die gleichen Schlüsse zu ziehen wie der Forscher. Dies hat zur Folge, dass der Forschungsprozess gerade wegen seiner Offenheit methodisch kontrolliert ablaufen muss. Die einzelnen Prozessschritte werden dokumentiert und laufen nach vorgegebenen Regeln ab. Im Gegensatz zu den quantitativen Methoden ist bei den qualitativen Methoden die Wiederholbarkeit unter den gleichen Bedingungen davon abhängig, wie stark die Ergebnisse situativen Einflüssen des untersuchten Umfelds unterliegen. Auch bei der Auswahl der zu untersuchenden Fälle (Populationsauswahl) unterscheidet sich die qualitative von der quantitativen Methode. Für Erstere geht es nicht darum, eine Vielzahl von Fällen zu untersuchen, sondern vorrangig darum, typische Fälle zu finden, die repräsentativ für das zu untersuchende Thema sind.925
b.
Interview
Die gewählte Interviewtechnik muss sich eignen, angemessene Daten für den Forschungsgegenstand zu erzeugen. Die Kompatibilität des Verfahrens mit dem zu erforschenden Gegenstand ist Voraussetzung für eine aussagekräftige und 924 Lamnek, S. (1990), S. 102. 925 Vgl. Lamnek, S. (1990), S. 195.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
175
valide qualitative Forschung.926 Das Interview ist ein zielgerichtetes Gespräch oder genauer das „planmäßiges Vorgehen mit wissenschaftlicher Zielsetzung, bei dem die Versuchsperson durch eine Reihe gezielter Fragen zu verbalen Reaktionen veranlasst werden soll“.927 Kern/Schumann fassen den Nutzen von Interviews für die wissenschaftliche Arbeit so zusammen: „Der Blick allein vom Schreibtisch aus mag als besonders ungetrübt erscheinen, neue Sichtweisen und Einblicke garantiert er aber nicht unbedingt. Lebendige Erfahrungen bleiben als Rohstoff soziologischer Analysen unerlässlich“.928 Interviews können sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Man legt sie je nach Zielsetzung strukturiert (Fragethemen und Frageanordnung im Vorfeld festgelegt) und standardisiert (Frageformulierung mit Antwortalternativen im Vorfeld festgelegt) an.929 Qualitative Interviews, wie die offenen, explorativen und problemzentrierten Interviews, sind zu einem gewissen Maße strukturiert, doch nicht standardisiert konstruiert. Im qualitativen Interview lässt man Befragte frei zu Wort kommen. Dadurch ist es möglich, individuelle Bedeutungen zu eruieren und die Aussageintention in einem Verstehensprozess zu klären.930 Die Befragten erhalten eine Erweiterung ihres Antwortspielraums und die Interviewer die Möglichkeit nachzufassen, um Missverständnisse zu vermeiden und durch unerwartete Aussagen der Interviewten neue Aspekte aufzugreifen. Das qualitative Interview besitzt den Vorteil, den Interviewten im Gespräch praktisch alle Reaktionschancen zu lassen und dadurch deren individuelle Erfahrungen, Einstellungen und Meinungen zu erfahren wie auch Problemfelder anzusprechen und zu vertiefen, die unter Umständen außerhalb des ursprünglich geplanten Rahmens liegen.931 Es empfiehlt sich, Untersuchungen dieser Art daher nicht in einem zu engen Schema anzulegen, sondern viel mehr die Erhebung der Daten sogar ein stückweit als open-end Prozess anzusehen.932 Dies ist durch eine standardisierte Befragung, in der die Befragten teilweise eine von mehreren vorgegebenen Antwortalternativen ankreuzen können, nicht möglich.933 Die Vorgehensweise mittels eines klar definierten Ablaufs mit vorformulierten Fragen und teilweise anzukreuzenden Antwortvorgaben läuft immer Gefahr, dass das Ergebnis die Bestätigung einer selbsterfüllenden Prophezeiung liefert. „Wer in der Empirie nur sucht, was er ohnehin schon weiß, kann sich die Kosten und
926 927 928 929 930 931 932 933
Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 26. Friedrichs, J. (1980), S. 207. Kern, H./Schumann M. (1986), S. 30. Vgl. Friedrichs, J. (1980), S. 208. Vgl. Laier, A. (1997), S. 110. Vgl. Hopf, C. (1978), S. 97; ebenso auch Hopf, C. (1993), S. 15. Vgl. Kern, H./Schumann M. (1986), S. 31. Vgl. Lamnek, S. (1990), S. 99.
176
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Mühen praktischer Recherchearbeit eigentlich sparen“.934 Die Vorteile der standardisierten Methoden liegen in der hohen Vergleichbarkeit der Ergebnisse sowie in der effizienten Durchführung der Befragungen und ihren Auswertungen. Qualitative Interviews sind wegen der Sorgfalt, die bei der schriftlichen Erfassung der Daten angewendet werden muss, aufwändig.935 Daher können im Gegensatz zur standardisierten Form im Rahmen einer qualitativen Untersuchung weniger Interviews durchgeführt werden. Der Erfolg dieser Interviewtechnik hängt zudem stark von der Kooperationsbereitschaft der Befragten ab. Nachteile dieser Interviewform liegen vor allem im Einfluss des Interviewers während der Befragung, in der längeren Dauer des Interviews und in der geringeren Vergleichbarkeit der Ergebnisse.936 Gerade letzterer Punkt zeigt, dass es durch die kleinen Fallzahlen in der qualitativen Forschung schwierig ist, die Ergebnisse zu verallgemeinern. Eine Verallgemeinerung kann erst, wenn überhaupt, durch die Beschreibung spezieller untersuchter Fälle herbeigeführt werden.937 Interviews ohne Standardisierung, d.h. offene und halbstrukturierte Interviews, bezeichnet man als problemzentriert.938 Das problemzentrierte Interview ist charakterisiert durch am Problem orientierte Fragen.939 Diese werden in dialogischer Form zwischen Interviewer und Interviewten mit einem Gesprächsleitfaden als Hintergrundkontrolle, in den die Befrager ihr Vorwissen einbringen, beantwortet. Experteninterviews, eine Form des problemzentrierten Interviews, sind darauf ausgerichtet, Wissen von Experten zu erlangen. Diese Interviewform verträgt eine stärkere Strukturierung als ein rein offenes Interview, da sie auf die Gewinnung von Informationen anstatt auf Deutungen abzielt.940 In Experteninterviews lässt man zwar die Befragten frei zu Wort kommen, trotzdem bleibt das Interview immer fokussiert auf eine bestimmte Problemstellung. Daher ist es wichtig, Fragen an die Experten so zu formulieren, dass die optimale Nutzung der Interviewzeit sichergestellt ist. Bezogen auf die gegebene Aufgabenstellung bietet sich das Experteninterview aufgrund seiner beschriebenen Charakteristika als die am besten geeignete Befragungsmethode an. Erstens kann der Interviewer darin spontan auf unternehmensbedingte Spezifika und die Individualität der Gesprächsteilnehmer eingehen, zweitens können die Interviewten ihr Fachwissen und ihre Meinungen 934 935 936 937 938
Kern, H./Schumann, M. (1986), S. 31. Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 175. Vgl. Friedrichs, J. (1980), S. 226. Vgl. Mayring, P. (2002), S. 23. Vgl. Mayring, P. (2002), S. 6; andere Begriffe dafür sind exploratives Interview, qualitatives I., offenes I.; ebenso auch Friedrichs, J. (1980), S. 208. 939 Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 45; andere Interviewformen sind das narrative Interview, das episodische I., das semi-strukturierte I. und das ero-epische bzw. ethnographische I. 940 Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 164.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
177
einbringen und drittens liefert der Gesprächsleitfaden die notwendige Struktur, um die Produktivität und Aussagekraft der Interviews sicherzustellen.941
c.
Ausgestaltung von Fragen
Bei der Formulierung der Fragen gilt es vorrangig, den Bezugsrahmen und den Informationsstand der Befragten zu berücksichtigen. Der Interviewer muss sich im Klaren darüber sein, warum eine Frage gestellt wird, ob sie angemessen und wie sie zu formulieren ist. Besonderer Wert muss auf die Verständlichkeit der Fragen gelegt werden. Fragen sollten daher kurz, einfach und auf den Bezugsrahmen des Befragten bezogen sein.942 Fragen unterscheiden sich grundlegend danach, ob sie offen oder geschlossen formuliert sind. Die offene Fragetechnik bietet sich an, wenn das Wissen, die Erfahrung und die Einstellungen der Befragten ermittelt werden sollen. Dies geschieht üblicherweise in einem persönlichen Gespräch, um Interviewern die Möglichkeit zu geben, die jeweiligen Hintergründe zu beleuchten und zu verstehen. Geschlossene Fragen, die auch Antwortvorgaben enthalten können, sind Fragen, auf die man mit Ja oder Nein antworten kann. Damit erfährt man auf effektive Weise die Meinungen der Interviewten. Die Vergleichbarkeit der Antworten einer geschlossenen Frage ist leichter herzustellen als mit Antworten der offenen Fragetechnik. Die Herausforderung bei wissenschaftlichen Befragungen besteht darin, mit ein und derselben Frage alle zu interviewenden Personen zu erreichen. Deshalb ist während der Vorbereitung festzulegen, welche Fragen Schlüsselfragen sind, d.h. auf jedem Fall gestellt werden, und welche Fragen Eventualfragen sind. Die Reliabilität der Antworten kann durch Kontrollfragen oder durch Wiederholung der Fragen zu einem späteren Zeitpunkt erhöht werden, während die Validität, d.h. die Wirksamkeit der Fragen, sich erst durch die Auswertung der Antworten ermitteln lässt. Fragen sind teilweise eng miteinander verwoben, um diesen Effekt zu erzielen. Alle Fragen des Forschungsprojekts beziehen sich auf die wertorientierte Kommunikation der DAX-30 Unternehmen im Rahmen der Geschäftsberichte des Jahres 2008. Die Bedeutung der Geschäftsberichterstattung für Anleger in Deutschland ist beträchtlich.943 Institutionelle Anleger bevorzugen zwar den direkten persönlichen Kontakt mit den Unternehmen, doch schätzen sie den Geschäftsbericht (wie auch die Quartalsberichte) mit steigender Tendenz als hochrangige Informationsquelle ein. Private Anleger beziehen ihre Informatio941 Vgl. Eder, S. (2002), S. 245. 942 Vgl. Friedrichs, J. (1980), S. 227. 943 Vgl. von Rosen, R. (2009), S. 11; ebenso auch Wollweber, S.(2004), S. 27.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
nen primär aus Zeitungen und Wirtschaftssendungen. Doch wie bei institutionellen Investoren nimmt der Geschäftsbericht auch für die Informationsversorgung der Privatanleger eine herausragende Rolle ein.944 Das Ziel dieser Befragung liegt, wie schon oben beschrieben, darin, mit Hilfe der Interviews mit den Leitern Investor-Relations die Bedeutung der Kommunikation zur wertorientierten Steuerung der DAX-30 Unternehmen zu ermitteln. Die 15 Fragen des Gesprächsleitfadens sind als offene Fragestellungen konzipiert, um den Gesprächsteilnehmern die Möglichkeit zu bieten, ihr Wissen und ihre Erfahrung uneingeschränkt in die Beantwortung einbringen zu können. Die Experteninterviews dienen dazu, Meinungen ungefiltert zu erfassen, um sich ein möglichst umfassendes Bild über den Einsatz der wertorientierten Kommunikation zu machen. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
Welches Ziel verfolgt Ihr Unternehmen mit der wertorientierten Kommunikation? Seit wann kommuniziert Ihr Unternehmen diese wertorientierten Inhalte? Welche Auslöser bewegten Ihr Unternehmen, die Wertorientierung in Ihre Kommunikation zu integrieren? Wer sind die zentralen Adressaten Ihrer wertorientierten Berichterstattung und wie gewichten Sie deren Bedeutung? Auf welche Weise kommuniziert Ihr Unternehmen wertorientierte Themen im Geschäftsbericht? Welche Bedeutung messen Sie der wertorientierten Berichterstattung besonders in Zeiten der Finanzkrise bei? Welche Informationen halten Sie im Kontext der Finanzkrise für besonders relevant? An welchen Kriterien machen Sie den Erfolg dieser Kommunikation fest? Wie hat sich das Anlegerverhalten seit der Einführung Ihrer wertorientierten Kommunikation verändert? Welches Feedback zu dieser Kommunikation haben Sie von aktuellen und potentiellen Anlegern (institutionelle, private, inländische, ausländische) erhalten? Welchen Stellenwert besitzt die Unternehmenswertorientierung bei Ihrer Kommunikation mit Analysten und institutionellen Anlegern? Welches Feedback erhalten Sie von Analysten zur Kommunikation und Ermittlungsweise Ihres wertorientierten Erfolgs? Welchen Nutzen der Wertorientierung sehen Sie für private Anleger? Welche Konsequenzen von Anlegerseite würden Sie erwarten, falls es diese Kommunikation im nächsten Geschäftsbericht nicht mehr geben würde? Welche Medien setzt Ihr Unternehmen neben dem Geschäftsbericht ein, um den wertorientierten Ansatz Ihres Unternehmens nach außen zu kommunizieren?
Tabelle 2: Gesprächsleitfaden mit den 15 Fragen
944 Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 36; ebenso auch von Rosen, R. (2009), S. 11.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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Die Schlüsselfragen, d.h. die Fragen, die unbedingt gestellt werden sollten, sind die Fragen 1, 4, 5, 8, 10, 11, 12, 13 und 14. Einige Fragen sind bewusst auf ähnliche Themenkreise fokussiert, z.B. die Fragen 4 und 10, um einerseits die Antworten auf diese Schlüsselfragen in Beziehung zu setzen und andererseits den Befragten verschiedene Blickwinkel anbieten zu können. Mit der ersten Frage werden die Investor-Relations-Verantwortlichen nach dem Ziel der wertorientierten Berichterstattung ihres Unternehmens befragt. Anhand dieser Schlüsselfrage soll ermittelt werden, ob die Konzerne eine aktive wertorientierte Berichterstattung betreiben und was sie mit dieser Art der Kommunikation erreichen möchten. Die Veröffentlichung wertorientierter Ergebnisse gehört nicht zu den Pflichten einer börsennotierten Gesellschaft, die ihr aus IFRS oder HGB erwachsen. Vielmehr liegt es im Ermessen der Unternehmen zu entscheiden, ob sie darüber berichten. Daher ist es von besonderem Interesse, die Motivation für diese freiwillige Berichterstattung zu erfahren. Frage 2 zielt auf die Ermittlung des Zeitpunkts ab, zu dem der jeweilige DAX-Konzern erstmals dem Kapitalmarkt Einblick in seine wertorientierte Steuerung gegeben hat. Die Änderungen in der Unternehmenssteuerung hin zur Wertorientierung sind nicht ohne Aufwand im Controlling und in der Kommunikation zu bewerkstelligen. Wertorientierte Ergebnisse zu berichten bedingt, erstens ein öffentliches Bekenntnis zur Wertorientierung nach innen und außen sowie zweitens ein entsprechend ausgerichtetes Managementsystem, um überhaupt in der Lage zu sein, den Kapitalmarkt über die erreichten Resultate und Fortschritte zu unterrichten. Diese neue Art der Berichterstattung bietet Investoren und Analysten in erhöhtem Maße Einblick in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, was wiederum von ihrer Seite zu gezielten Nachfragen führen kann, um in der Lage zu sein, wertorientierte Angaben dahingehend zu prüfen, inwieweit diese hilfreich für ihre Entscheidungsfindungen bzgl. Investitionen oder Empfehlungen sein können. Allerdings bringt die Erhöhung der Transparenz mehr Aufwand für die berichtenden Unternehmen mit sich. Durch Frage 3 soll herausgefunden werden, was den Vorstand veranlasste, diese Innovation der Unternehmensberichterstattung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist es von Interesse zu erfahren, ob beispielsweise die Diskussionen um den Shareholder Value in den 90er Jahren oder eher interne Beweggründe dazu beigetragen haben, dass Unternehmen mit der wertorientierten Berichterstattung begonnen haben. Der Inhalt der wertorientierten Berichterstattung richtet sich in allererster Linie danach, welche Zielgruppen die Unternehmen damit im Blick haben. Dies ist Thema von Frage 4. Durch sie soll eruiert werden, wen die DAX-30 Konzerne mit den wertorientierten Informationen ihrer Geschäftsberichte erreichen möchten und wie sie die Bedeutung der einzelnen Adressatengruppen gewichten.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Die Festlegung von Adressaten und Zielsetzung der wertorientierten Informationsversorgung sind wichtige Voraussetzungen, damit die Kommunikation zielgerichtet konzipiert und zielsicherer ausgesendet werden kann. Es gibt unterschiedliche Adressaten für Finanznachrichten: (1) Teilnehmer des Kapitalmarkts wie institutionelle Anleger, private Anleger, Fremdkapitalgeber, Analysten, Rating Agenturen und Presse, (2) Mitarbeiter, Führungskräfte, Kunden, Lieferanten und Fremdkapitalgeber des Unternehmens und (3) andere Stakeholder wie Öffentlichkeit, Gemeinden, Arbeitsämter, Kranken- bzw. Rentenversicherungen. Mit der Frage 5 sind die Befragten aufgefordert zu beschreiben, auf welche Weise sie die wertorientierten Inhalte des Geschäftsberichts veröffentlichen. Die Darstellung dieses Themas, u.a. wie es zur Unternehmensstrategie passt, sowie der zur Verfügung stehende Umfang, die Art der Informationsvermittlung und die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse stehen im Fokus dieser Frage. Frage 6 zielt darauf ab, die Bedeutung der Wertorientierung in Krisenzeiten aus Sicht der interviewten Investor-Relations-Manager zu evaluieren. Die einschlägige Literatur weist darauf hin, dass Anleger ihre Mittel bevorzugt in Unternehmen investieren, die langfristig und nachhaltig über den Kapitalkosten liegende Renditen erwirtschaften, um dadurch den Unternehmenswert auch zum Wohle der Aktionäre zu steigern. Daher erscheint es von Interesse herauszufinden, ob Investoren wegen der zum Zeitpunkt der Datenerhebung herrschenden Finanzkrise ihre Beurteilungsweise änderten und ihre Mittel gezielt solchen Unternehmen zur Verfügung stellten, die das wertorientierte Konzept nachgewiesenermaßen erfolgreich verfolgt haben. Frage 7 untersucht die Informationen, die Investor-Relations-Manager in Zeiten der Finanzkrise für wichtig halten. Unternehmen zielen im Kampf um Kapital, der in Krisenzeiten noch stärker über das Überleben am Markt entscheidet, darauf ab, Investoren und Analysten Informationen zur Verfügung stellen, die für Investments in die Aktien ihres Unternehmens als förderlich erscheinen. In Präsentationen für Investoren, Analysten und Presse würden folglich die Informationen hervorgehoben sein, die Unternehmen für geeignet erachten, den Kapitalmarkt von der eigenen Zukunftsfähigkeit zu überzeugen. Frage 8 hinterfragt, mit welchen Kriterien die DAX-30 Konzerne den Erfolg dieser Kommunikation messen. Die Erfolgsmessung an sich ist die notwendige Voraussetzung, feststellen zu können, in welchem Umfang Zielsetzungen und damit angestrebte Entwicklungen erreicht wurden. Anhand einer Erfolgskontrolle durch das Unternehmen lässt sich u.a. die Bedeutung von Aktivitäten einschätzen. Sich Ziele zu setzen und in der Lage zu sein, deren Erreichung zu messen, stellt ein Fundament für effiziente Unternehmensführung dar und bildet die Grundlage um festzustellen, wie gut man wirklich war (auch im Vergleich mit Wettbewerbern), ob die dafür notwendigen Ressourcen richtig eingesetzt
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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wurden und welche Schlüsse man aus dem Ergebnis für die eigene weitere Entwicklung ziehen kann. Daraus folgt, dass Aktivitäten ohne Erfolgsmessung nicht im Sinne eines effizienzgesteuerten Unternehmens zu sehen sind. Inwieweit der Regelkreis – Zielsetzung, Mittelauswahl, Erfolgsmessung – klar aus den Antworten der Interviewpartner herauskommt, ergibt eine eindeutige Indikation auf die Bedeutung dieser Kommunikation für die einzelnen Unternehmen. Mittels der Antworten zu den Fragen 1, 5 und 8 werden somit die Themen Ziel, Umsetzung und Erfolgsmessung des jeweiligen Unternehmens dargelegt. Die Anordnung im Leitfaden ist bewusst so gewählt, um den Gesprächspartnern die Möglichkeit zu geben, jede Frage als Ganzes abschließend zu beantworten. Damit soll vermieden werden, dass die drei Fragen, wären sie hintereinander gruppiert, von der Befragten zu einer Antwort zusammengefasst werden, was Auswirkungen auf Inhalt und Qualität der Antworten haben könnte. Frage 9 sucht herauszufinden, inwieweit die befragten Investor-RelationsManager seit Einführung der wertorientierten Kommunikation ein verändertes Anlegerverhalten beobachten konnten. Neben der eher traditionellen Unternehmenskommunikation, die auf der Berichterstattung von Unternehmenskennzahlen wie Umsatz oder EBIT aufbaut, liefert die wertorientierte Berichterstattung Transparenz über weitere Aspekte der unternehmerischen Leistungsfähigkeit. Voraussetzung ist allerdings, dass das betrachtete Unternehmen zumindest das Ergebnis der wertorientierten Kennzahl und deren Ermittlungsweise sowie die Einzelelemente wie Kapitalkosten, Gewinngröße bzw. Cashflow, die Entwicklung zum Vorjahr und die Zielerreichung veröffentlicht. Leser des Geschäftsberichts können sich dadurch einen fundierten Einblick über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens verschaffen, mit der Konsequenz, dass der Informationsbedarf der Interessenten entsprechend steigt. Kommuniziert beispielsweise ein Unternehmen nur das Ergebnis von EVA, so könnten Anleger nähere Informationen über seine Berechnungsweise anfordern oder sie stellen Nachfragen zur Allokation des zur Verfügung stehenden Kapitals aufgrund der Bekanntgabe der Kapitalkosten. Die Fragen 10 und 12 beleuchten, inwieweit das Value Reporting in den Geschäftsberichten der DAX-30 Konzerne Anleger und Analysten zu Feedback veranlasst. Die Unternehmen erfahren dadurch, ob ihre Kommunikation vom Kapitalmarkt in der beabsichtigten Weise wahrgenommen bzw. interpretiert wird. Dieses Feedback kann als weiterer Gradmesser für den Erfolg der Kommunikationsbemühungen in Zusammenhang mit der Regel- oder der Ad HocKommunikation herangezogen werden. Bei Frage 11 steht die Bedeutung der Wertorientierung im Zentrum, die diese in der direkten Kommunikation von Unternehmen mit institutionellen Anlegern bzw. Analysten einnimmt. Die Fragen 10 – 12 hängen thematisch eng zusammen. Institutionelle Anleger und Ana-
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
lysten zählen für die Investor-Relations-Manager zu den wichtigsten Adressaten der Kapitalmarktkommunikation. Daher ist es von zentraler Bedeutung zu ermitteln, in welchem Ausmaß die wertorientierte Berichterstattung Teil der Kommunikation mit diesem Adressatenkreis ist. Für diese Adressaten stellt der Geschäftsbericht neben dem direkten bzw. persönlichen Kontakt mit dem obersten Management die wichtigste und glaubwürdigste Quelle von Unternehmensinformationen dar.945 Es ist also davon auszugehen, dass Anleger wie auch Analysten den direkten Kontakt mit den Konzernen nutzen, um ihre Belange vorzubringen, und dass sich Unternehmensvertreter entsprechend vorbereiten. Unternehmen richten ihre Kapitalmarktkommunikation stark danach aus, einerseits die Entwicklung des Wertes ihrer Aktie positiv zu beeinflussen und andererseits, die Informationsbedürfnisse der Adressaten so zu erfüllen, dass diese in ihrer Entscheidungsfindung die erwünschte Unterstützung finden. In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf die Informationsasymmetrie als Problematik hinzuweisen, die ausführlicher im Kapitel C.III.1 behandelt wird. Um wahrgenommene Defizite zu verringern, stellen Unternehmen den Kapitalmarktteilnehmern gezielt Informationen zur Verfügung. Im Vorfeld sollten sie deswegen so genau wie möglich eruiert haben, mit welchen Inhalten eine positive Hebelwirkung auf den Kurs ihrer Aktie denkbar wäre. Für Investor-Relations ist es folglich unerlässlich zu wissen, welche Informationsbedürfnisse Investoren und Analysten haben, damit sich diese gewünschte Wirkung entfalten kann.946 Ist also der Stellenwert eines Themas bei den zu adressierenden Kapitalmarkteilnehmern hoch, wird es auf der Agenda der Unternehmensgespräche stehen. Erhalten die DAX-30 Konzerne in ihren Gesprächen mit Anlegern oder Analysten regelmäßig Nachfragen zu ihrer wertorientierten Steuerung oder wissen sie um das bestehende Interesse an diesem Steuerungskonzept, so kann man davon ausgehen, dass Vorstände mit ihren Präsentationen durch die Investor-Relations-Funktion entsprechend vorbereitet werden und dieses Feedback auch Einfluss auf die Gestaltung des nächsten Geschäftsberichts haben wird. Frage 13 befasst sich mit dem Nutzen der Wertorientierung für private Anleger. Diese Anlegergruppe ist zahlenmäßig sehr groß, gleichzeitig aber auch heterogen, denn unter dem Begriff ‚private Anleger‘ fasst man das gesamte Spektrum der sogenannten Kleinaktionäre mit ihrer Vielfalt an Meinungen, Kapitalmarktwissen, Erwartungen und Motivationen zusammen. Die wertorientierte 945 Vgl. Nix, P. (2004), S. 15. 946 Vgl. Coleman, I./Eccles, R. (1997), S. 4; die Autoren dieser Studie mit mehr als 200 Analysten und institutionellen Investoren, in diesem Falle nur Fondsmanager, haben festgestellt, dass sich die Informationsbedürfnisse beider Kapitalmarktakteure unterscheiden. Beispielsweise bewerten die befragten Analysten Informationen zu Kosten und Segmentdaten als am wichtigsten, während die Fondsmanager Daten zu Gewinn und Cashflow höchste Priorität beimessen.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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Kommunikation trägt auch für diese Zielgruppe zur erhöhten Transparenz über die Leistungsfähigkeit des Unternehmens bei. Leser des Geschäftsberichts erhalten dadurch eine umfassendere Sicht auf Unternehmenskennzahlen, was Ihnen helfen soll, die Leistung des Unternehmens besser einschätzen zu können. Man kann daher annehmen, dass die wertorientierte Berichterstattung als vorteilhaft für alle Anleger, und damit auch für die privaten Anleger, einzuschätzen ist. Die Einschätzungen der Investor-Relations-Manager, ob sie die wertorientierte Berichterstattung als nutzenstiftend für diese Anlegergruppe empfinden, ergänzen die Antworten von Frage 4 (primäre Adressaten). Frage 14 behandelt die hypothetischen Konsequenzen, die Investor-RelationsVerantwortliche von Kapitalmarktseite erwarten würden, sollten ihre Unternehmen die wertorientierte Berichterstattung mit dem nächsten Geschäftsbericht beenden. Gehen sie davon aus, dass das Fehlen dieser Informationen sowohl als informative wie auch als qualitative Schwächung von Aktionärsseite wahrgenommen würde und entsprechende Reaktionen wie Nachfragen und Beschwerden folgen würden? Wenn Adressaten des Geschäftsberichts die wertorientierte Berichterstattung als wichtige Informationsquelle schätzen gelernt haben, ist davon auszugehen, dass die Investor-Relations-Funktionen das Weglassen dieses Themas nicht empfehlen würden. Gleichzeitig könnte auch vermutet werden, dass institutionelle Investoren und Analysten aufgrund der bevorzugten Informationsversorgung durch die Unternehmen weniger Bedarf an einer wertorientierten Berichterstattung sehen und einer Streichung dieses Teils des Geschäftsberichts u.U. weniger kritisch gegenüberstehen würden als unter Umständen private Anleger und die Presse (siehe dazu auch Auswertung der Frage 4). Mit der Frage 15 soll ermittelt werden, welche weiteren Informationskanäle die DAX-30 Konzerne neben dem Geschäftsbericht für ihr Value Reporting nutzen. In der Untersuchung des Deutschen Aktieninstitutes über Verhalten und Präferenzen deutscher Aktionäre wird deutlich, dass der Geschäftsbericht zwar eine hohe Bedeutung hat, doch weder bei privaten noch bei institutionellen Anlegern die primäre Informationsquelle darstellt.947 Demnach gilt es für Unternehmen auch andere Kommunikationswege zu nutzen, wenn es darum geht, aktienkursrelevante wertorientierte Nachrichten am Kapitalmarkt zu platzieren. Insbesondere, da der Geschäftsbericht nur einmal pro Jahr erscheint. Am Ende jeden Interviews wurden vom Interviewer noch zwei Fragen außerhalb des Leitfadens gestellt. Mit der ersten Frage möchte der Forscher herausfinden, ob die wertorientierte Kommunikation ein Thema innerhalb der Investor947 Vgl. von Rosen, R. (2009), S. 29; private Anleger nutzen für ihre Informationsversorgung Presse und Wirtschaftssendungen im Fernsehen weit mehr als den Geschäftsbericht; ebenso auch von Rosen, R. (2009), S. 48; institutionelle Anleger bevorzugen den direkten Unternehmenskontakt und Quartalsberichte gegenüber dem Geschäftsbericht.
184
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Relations-Community darstellt. Die zweite Frage hat die persönliche Einschätzung der Investor-Relations-Manager bezüglich der empfundenen Qualität der gestellten Fragen im Fokus. Hätten sie andere bzw. weitere darauf aufbauende Fragen erwartet? Empfanden sie die gestellten Fragen als geeignet, um dieses Themenfeld zu bearbeiten? Durch ihre Antworten versprach sich der Forscher Hinweise darauf, ob es notwendig wäre, über den Gesprächsleitfaden hinaus ergänzende Fragen zu stellen.
d.
Kontaktaufnahme mit den Leitern Investor-Relations der DAX-30 Konzerne
Für die Kontaktierung der Leiter Investor-Relations wurde eine dreistufige Vorgehensweise gewählt: 1.
Schreiben vom 4. Dezember 2009 an die Leiter Investor-Relations der Dax30 Konzerne: Die erste Anfrage nach einem Interviewtermin wurde am 4. Dezember 2009 vom Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungswesen, Controlling und Wirtschaftsprüfung der Technischen Universität Darmstadt an die Leiter Investor-Relations der DAX-30 Konzerne mit der Absicht versandt, möglichst viele der Interviews bereits im Januar 2010 durchführen zu können. Mit Rücksicht darauf, dass für die meisten der Unternehmen im 1. Quartal die Aufstellung des Jahresabschlusses bevorstand, wurde den InvestorRelations-Managern, die sich zum Interview bereiterklärten, der Gesprächsleitfaden sofort nach Vereinbarung eines Termins zugeschickt. Mit dieser Maßnahme sollte einerseits sichergestellt werden, dass den InvestorRelations-Verantwortlichen genügend Zeit zur Vorbereitung der Gespräche zur Verfügung stand, und andererseits war mit dieser Vorgehensweise beabsichtigt, die Effizienz der Gespräche (maximal eine Stunde in den Kalendern der Gesprächspartner) sowie eine hohe Qualität mit für die Untersuchung brauchbarem Output sicherzustellen. Die Kontaktaufnahme mit den 30 Leitern Investor-Relations geschah per Email. Im Anschreiben (siehe Anhang 1) wurde auf die Relevanz des Themas für Unternehmen hingewiesen, die Zielsetzung des Forschungsprojekts beschrieben und die hohe Bedeutung der Investor-Relations-Funktion als Gesprächspartner betont. Im weiteren Verlauf des Schreibens wurden die Investor-Relations-Manager gebeten, das Forschungsprojekt mit der Gewährung eines Gesprächstermins zur Beantwortung der Fragen des Leitfadens zu unterstützen. Diese Bitte war verbunden mit dem Hinweis auf den Nutzen, den die Ergebnisse für die weitere Ausrichtung der Kapitalmarktkommunikation der Unternehmen ha-
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2.
3.
185
ben können. Diese erste Kontaktaufnahme führte zu einer Reihe von Zuund Absagen, während einige Unternehmen nicht auf das Anschreiben reagierten. Insgesamt gaben während der geplanten 14-tägigen Antwortfrist 11 DAX-30 Konzerne dem Wunsch nach einem Interview statt. Sechs Unternehmen sagten ab. Als Gründe dafür nannten die Adressaten die beschränkte zeitliche Verfügbarkeit sowie zu viele Anfragen aus dem universitären Umfeld. 13 Unternehmen insgesamt reagierten nicht auf das Schreiben. Schreiben vom 18. Dezember 2009 an die Leiter Investor-Relations, die nicht reagiert hatten: Die Zusage von mehr als einem Drittel der Adressaten wurde als ermutigend bewertet. Allerdings liegt der Anspruch der Untersuchung darin, ein umfassendes Bild der Meinungen der DAX-30 Konzerne zu zeichnen, wofür die Anzahl der Zusagen als zu gering erschien. Daraufhin wurde am 18.12.2009 vom Inhaber des Lehrstuhls eine weitere E-Mail an die InvestorRelations-Manager, die auf das erste Schreiben nicht reagiert hatten, geschickt. Dieses Schreiben (siehe Anhang 1) war dazu gedacht, die Adressaten an die Bitte nach einem Interviewtermin zu erinnern. Von Seiten des Lehrstuhls wurde ein weiteres Mal betont, als wie wichtig der Beitrag der Investor-Relations-Manager für dieses Forschungsprojekt erachtet wird. Als Folge dieses Erinnerungsschreibens stimmten vier weitere DAX-30 Konzerne dem Wunsch nach einem Interview zu, was die Anzahl der Zusagen auf 15 erhöhte. Von zwei Unternehmen ergaben sich Absagen. Von sieben DAX-30 Unternehmen lagen zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Reaktion vor. Telefonische Kontaktaufnahme mit den Investor-Relations-Managern, die auch auf das zweite Anschreiben nicht reagiert hatten: Am 4.Januar 2010 fand das erste Interview in einer Reihe von mehreren Terminen im Januar statt. Parallel dazu gingen die Bemühungen um weitere Zusagen weiter. Es bestand weiterhin der Anspruch, eine höhere Anzahl von Interviewpartner zu gewinnen, um die Validität der Ergebnisse zu stärken. Aus diesem Grunde wurde entschieden, die Unternehmen, die noch nicht reagierten hatten, anzurufen. Sechs weitere Unternehmen gaben ihr Einverständnis für einen Interviewtermin, während ein Konzern absagte. Damit waren 21 Zusagen erreicht. Ein Interviewtermin entfiel trotz der Zusage des Konzerns, was die Zahl der durchführbaren Interviews auf 20 reduzierte. Ermutigt durch den Erfolg einer gewissen Hartnäckigkeit wurden alle Unternehmen telefonisch kontaktiert, die bis dato eine Teilnahme abgelehnt hatten. Bei positiven Signalen wurde der Interviewwunsch erneut per E-Mail an die Unternehmen gesendet (siehe Anhang 1). Sechs weitere DAX-30 Konzerne waren nach dieser Aktion zu einem Interview bereit,
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
was die Anzahl der Zusagen auf insgesamt 26 erhöhte. Die Zusagerate von jetzt 87% kann als äußerst zufriedenstellend bezeichnet werden, denn sie erlaubt eine aussagekräftige und relevante Beurteilung der Ergebnisse aus den Interviews. Nachfolgende Tabelle fasst die Ergebnisse der Interviewanfragen zusammen: Art der Antworten Zusagen
n 26
in % 87
Absagen
4
13
Unternehmen Bayer, Daimler, Deutsche Post, E.ON, Henkel, Lufthansa, Münchener Rück, SAP, Thyssen-Krupp, VW, Allianz, BASF, Deutsche Bank, Salzgitter, Adidas, Beiersdorf, BMW, Commerzbank, Hannover-Rück, Fresenius Medical Care, K+S, Linde, MAN, RWE, Siemens, Metro Deutsche Börse, Deutsche Telekom, Fresenius, Merck
Tabelle 3: Gesamtergebnis der Kontaktaufnahme mit den DAX-30 Konzernen
4.
Datenerhebung
Die Datenerhebung fand im Zeitraum Januar – April 2010 statt. Dabei wurde der Großteil der Interviews im Januar durchgeführt, wie die folgende Tabelle aufzeigt: Monat Januar Februar März April
Anzahl der Gespräche 18 3 4 1
Tabelle 4: zeitliche Verteilung der Gesprächstermine Die Gespräche wurden durch den im Vorfeld versandten Gesprächsleitfaden in ihrem Ablauf strukturiert. In den meisten Fällen wurde die Reihenfolge der Fragen entsprechend des jeweiligen Gesprächsverlaufs variabel gehandhabt. Insgesamt wurden 24 der 26 Interviews persönlich geführt, was der Qualität der Ergebnisse zuträglich war. Der große Vorteil des persönlichen Interviews liegt darin, auf individuelle Gegebenheiten direkter und besser eingehen zu können und somit eine hohe Antwortqualität zu erzielen. Dies ist u.a. darin erkennbar, dass das Antwortverhalten im Vergleich zu den schriftlichen Interviews vielfältiger und
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ungezwungener war. Die Möglichkeit, interessante Aspekte zu vertiefen und aufgrund spontaner Meinungsäußerung neue Sichtweisen aufzugreifen wie auch Verständnisfragen und Rückfragen stellen zu können, lieferte die Grundlagen für produktive und aussagekräftige Interviews. 20 dieser persönlichen Interviews fanden in den Räumen der Investor-Relations-Verantwortlichen statt, während vier Termine aus Verfügbarkeitsgründen der Investor-Relations-Manager nur per Telefon möglich waren. Zwei DAX-Konzerne stellten ihre Antworten schriftlich zur Verfügung, wobei bei einem dieser beiden Unternehmen telefonische Nachfragen möglich waren, was für die Verständlichkeit und die Nutzbarkeit der Inputs von Vorteil war. Interview Persönliches Interview
n 20
% 77
Telefon interview Schriftliches Interview
4
15
Unternehmen Adidas, Allianz, Bayer, BMW, Commerzbank, Daimler, Deutsche Bank, Deutsche Post, E.ON, HannoverRück, Henkel, K+S, Linde, Lufthansa, MAN, Münchner-Rück, Salzgitter, SAP, Thyssen-Krupp, Siemens Beiersdorf, Fresenius Medical Care, VW, Metro
2
8
BASF, RWE
Tabelle 5: Art der Interviews Die Gesprächsteilnehmer setzen sich ausschließlich aus Vertretern der Investor Relations-Funktionen zusammen. 18 Interviews konnten mit dem Leiter bzw. zwei Interviews mit dem stellvertretenden Leiter Investor-Relations und sechs Interviews mit erfahrenen Investor-Relations-Mitarbeitern geführt werden. Diese eng fokussierte Expertengruppe hat sich als sehr aufschlussreich und ergiebig erwiesen, da diese Fachleute einen umfassenden Blick auf die Kommunikationsaktivitäten am Kapitalmarkt, die Reaktionen von Anlegern und Analysten sowie die Strategien ihrer Unternehmen besitzen. Auch die sechs Investor-Relations Mitarbeiter brachten ebenfalls alle ihre umfangreiche Erfahrung im IR-Umfeld in die Gespräche mit ein. Konnten sie in wenigen Fällen Nachfragen nicht direkt beantworten, so wurden die Antworten per E-Mail nachgereicht.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Gesprächspartner Leiter Investor-Relations
Stv. Leiter InvestorRelations Mitarbeiter InvestorRelations
n
%
Unternehmen
18
69
2
8
Adidas, BASF, Bayer, Beiersdorf, BMW, Commerzbank, E.ON, Fresenius Medical Care, HannoverRück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, MünchnerRück, Salzgitter, SAP, Thyssen-Krupp, Metro Deutsche Bank, Deutsche Post
6
23
Allianz, Daimler, Linde, RWE, Siemens, VW
Tabelle 6: Gesprächspartner Interviews Bis auf wenige Ausnahmen fanden die Interviews als Einzelgespräche statt. Bei insgesamt sechs Gesprächen nahmen unter anderem der Leiter Treasury, der Leiter Controlling sowie weitere Investor-Relations-Mitarbeiter teil. Die Interviews fanden allesamt in angenehmer und offener Gesprächsatmosphäre statt und wurden, wenn überhaupt, in ihrem Verlauf nur vereinzelt durch Termindruck des Interviewpartners beeinflusst. Die Beantwortung der Fragen dauerte je nach Unternehmen zwischen 40 und 90 Minuten, wobei die Mehrzahl der Interviews innerhalb einer Stunde abgeschlossen war. Die Interviews wurden per Tonaufnahme festgehalten. Drei Befragte stimmten dieser Vorgehensweise nicht zu, so dass in diesen Fällen Stichwortprotokolle erstellt wurden. Im Anschluss an die Interviews wurde von sämtlichen Gesprächen Wortprotokolle angefertigt.
5.
Auswertung der Interviews
Daten für die qualitative Sozialforschung liegen in Textform vor.948 Dies ist auch bei vorliegender Untersuchung der Fall. Grundsätzlich bieten sich für die Auswertung qualitativer Experteninterviews drei verschiedene Verfahren an: Die Explikation, die objektive Hermeneutik und die inhaltsanalytische Auswertung.949 Die Explikation wird bei der Analyse von Einzelbeobachtungen angewandt, während die objektive Hermeneutik darauf abzielt, die Bedeutungsmöglichkeiten von Texten herauszuarbeiten. Beide Vorgehensweisen wurden für den zu untersuchenden Forschungsgegenstand als nicht bgeeignet erachtet. Als opti948 Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 24. 949 Vgl. Lamnek, S. (1990), S. 202.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
189
males Werkzeug erschien die inhaltsanalytische Auswertung, denn hier steht die Identifikation von Themenfeldern im Vordergrund, die für die Kategorisierung der Antworten wichtig ist. Diese erfolgt anhand der in den Fragen angesprochenen Aspekten und ermöglicht dadurch eine eindeutige Zuordnung des Textmaterials.950
a.
Qualitative Inhaltsanalyse
Der Zweck der qualitativen Inhaltsanalyse liegt darin, systematisch und intersubjektiv überprüfbare Textanalysen durchführen zu können. Dieses Verfahren hat Mayring in den 1980er Jahren entwickelt. Mit dieser wissenschaftlichen Methode sucht man, auf methodisch kontrollierte Weise Erkenntnisse über Texte und Kommunikation zu erlangen.951 Im Gegensatz zur quantitativen Inhaltsanalyse, die dazu eingesetzt wird, zahlenmäßige Zusammenhänge zu entdecken, setzt man sie zur inhaltlichen Auswertung von Kommunikation ein. Mayring definiert die qualitative Inhaltsanalyse als „Analyse von Material, das aus irgendeiner Art von Kommunikation stammt“.952 Teil einer solchen Analyse können neben Textinhalten auch Musik, Bilder, Syntax und Semantik sein, wie beispielsweise Wortwiederholungen oder die Anzahl unvollständiger Sätze. Für die vorliegende Untersuchung ist allerdings nur die Analyse der Textinhalten von Interesse. Eine analytische Auswertung des konkreten Sprachkontextes sowie des Interviewverhaltens der Befragten werden in der vorliegenden Untersuchung nicht vorgenommen. Inhaltsanalytische Verfahren haben den Vorteil, sowohl Theorie- bzw. Hypothesen- als auch Plausibilitätsprüfungen vornehmen zu können.953 Im kommunikationswissenschaftlichen Kontext spricht man von ihnen als „Content Analysis“, mit deren Hilfe in Protokollen manifestierte Textinhalte objektiv und systematisch analysiert werden.954 Die Auswertung der Textinhalte erfolgt anhand der Systematik eines mehrstufigen Vorgehens, aufbauend auf dem Wortprotokoll der Interviews, d.h. man markiert die relevanten Textstellen im vorliegenden Material, teilt diese in Kategorien ein, arbeitet prägnante Passagen heraus, beschreibt den Prozess der Verarbeitung, erstellt die Auswertung und berichtet das Ergebnis.955
950 951 952 953 954 955
Vgl. Mayring, P. (2002), S. 118. Vgl. Knapp, W. (2008), S. 20. Mayring, P. (2008a), S. 11. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 20. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 24. Vgl. Lamnek, S. (1990), S. 206.
190
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Die Anwendung des Verfahrens der qualitativen Inhaltsanalyse ermöglicht es, die Aussagenbreite und -komplexität des vorliegenden Textmaterials zu verringern und trotzdem die Qualität der Aussagen zu erhalten.956 Eine weitere Stärke der qualitativen Inhaltsanalyse liegt darin, dass sie an das vorliegende Material individuell anpassbar ist.957 Denn durch ihre regelgeleiteten, interpretativen und quantifizierenden Auswertungsschritte bietet sie eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Analyse von Textmaterial.958 Bei dieser Auswertungstechnik geht es weniger darum, jedes einzelne Interview so exakt und ausführlich wie möglich wiederzugeben und zu interpretieren. Man untersucht demnach nicht jeden einzelnen Satz, wie dies die objektive Hermeneutik verlangt. „Materialkonvolute und Beleghuberei“959 sollten vermieden werden, da sie den Leser erschlagen und Aussagen nicht unbedingt glaubwürdiger machen – empirisches Material wird dort dargebracht, wo es argumentativ unterstützt.
b.
Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse
Die Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse verlangt, wie oben erwähnt, eine systematische Vorgehensweise, sozusagen ein methodisches Gerüst.960 Dieses inkludiert die Festlegung des Ziels der Untersuchung und die Entstehungssituation des Textmaterials, den Theoriebezug, die Definition der Auswertungsregeln, die Bildung der Auswertungskategorien und die Definition von Gütekriterien, um das Vorgehen intersubjektiv nachvollziehbar zu machen.961 Denn die Interpretation des Textmaterials sollte nicht im „Freistil“ erfolgen, sondern hat bestimmte Regeln zu befolgen.962 Mit der von Mayring beschriebenen Vorgehensweise werden die einzelnen Analyseschritte dieser Methode mit ihrem theoretischen Hintergrund und dann am Beispiel der Auswertung der Interviewergebnisse dargestellt:963
956 957 958 959 960 961 962 963
Vgl. Lange, B. (2008), S. 51. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 43. Vgl. Gläser-Zikuda, M. (2008), S. 81. Kern H./Schumann, M. (1986), S. 39. Vgl. Mayring, P. (2008b), S. 10–11. Vgl. Lange, B. (2008), S. 51; ebenso auch Szczyrba, B. (2008), S. 121. Vgl. Lamnek, S. (1995), S. 205. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 46–92.
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1. a.
b.
c.
2.
3.
964 965 966 967
191
Bestimmung des Ausgangsmaterials – Zunächst muss klar bestimmt werden, welches Material der Analyse zugrunde liegt. Daher gilt es, das Textmaterial festzulegen: Die Antworten der Investor-RelationsManager aus den 26 Interviews stellen die Grundgesamtheit der Textinhalte für die Analyse dar. die Entstehungssituation zu analysieren: Die Textinhalte entstanden während der Interviews mit den Investor-Relations-Managern. Als Interviewform wurde das Experteninterview, d.h. ein strukturiertes qualitatives Interview gewählt. Die Interviews wurden zumeist in den Räumen der Interviewten geführt. die formalen Charakteristika des Materials zu beschreiben: Die Interviews wurden mit Tonband aufgezeichnet und anschließend in eine Word-Datei transkribiert. Unter der Transkription versteht man die schriftliche Wiedergabe von gesprochenen Texten, um z.B. Interviewinhalte für die weitere Auswertung zu protokollieren.964 Fragestellung der Analyse – Hier definiert man das Ziel, das man mit der Analyse des Textmaterials verfolgt und legt den Interpretationsradius fest.965 Die Befragten im Interview sollen anhand des Gesprächsleitfadens ihre Meinungen zur wertorientierten Berichterstattung aus der Sicht ihres Unternehmens äußern. Ablaufmodell der Analyse – Für die Durchführung der Inhaltsanalyse ist es notwendig, sogenannte Analyseeinheiten festzulegen. Dazu ist zunächst eine präzise Definition dieser Einheiten vorzunehmen.966 Die Auswertung wird dafür in einzelne Schritte zerlegt. Mit dieser Maßnahme erhöht man die Präzision wie auch die Nachvollziehbarkeit der Analyse und verringert subjektive Einflüsse. Dazu werden Kategorien gebildet, anhand derer die Untersuchung durchgeführt wird. Diese Kategorien stellen das zentrale Instrumentarium für die Auswertung dar, da durch sie sowohl die Nachvollziehbarkeit wie auch die Verringerung der Subjektivität gewährleistet werden soll.967 Die Voraussetzung einer erfolgreichen Kategorienbildung liegen erstens darin, dass die Kategorien so konzipiert sind, dass sie alle Aspekte der Forschungsarbeit umfassen, und zweitens, dass sie eindeutig sind, d.h. das untersuchte Material darf nur einer Kategorie zweifelsfrei zugeordnet werden. Mittels Kodierregeln bestimmt man konkrete Vorgehensweisen bzw. Interpretationsregeln, wie die jeweiligen Inhalte zu bewerten sind. Es empfiehlt sich, einen Pre-Test durchzuführen, um das Kategoriensystem im Vgl. Lange, B. (2008), S. 48. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 50. Vgl. Friedrichs, J. (1990), S. 324. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 43.
192
4.
968 969 970 971 972
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Hinblick auf seine Eignung und Zuverlässigkeit zu überprüfen.968 Im Zentrum dieses Ablaufschrittes steht die Bestimmung der Kriterien. Im Übrigen können hier auch quantitative Analyseschritte eingebaut werden.969 Zur Kategorienbildung werden sowohl die deduktive wie auch die induktive Vorgehensweise vorgeschlagen. Bei Ersterer bestimmt man die Kategorien aufgrund theoretischer Überlegungen im Vorfeld der Untersuchung, während bei der induktiven Definition die jeweiligen Kategorien direkt aus dem zu analysierenden Material abgeleitet werden. Die Analyse der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Experteninterviews erfolgte mittels deduktiver Kategorienbildung, d.h. die Kategorien wurden aus den Forschungsfragen abgeleitet.970 Verschiedene Aspekte wurden zudem qualitativ aufbereitet, denn es ist beispielsweise für die Interpretation der Ergebnisse von Belang, wie viele der Interviewpartner bei einer bestimmten Frage die gleiche Meinung vertreten. Vorgehensweise des Interpretierens – In diesem Analyseschritt soll das Vorgehen beim Interpretieren des Materials geregelt werden. Man unterscheidet drei Formen des Interpretierens: (1) Die Zusammenfassung, (2) die Explikation und (3) die Strukturierung.971 Mit der Technik der Zusammenfassung reduziert man das vorliegende Textmaterial, um die wesentlichen Inhalte herauszuarbeiten, die zudem das Abbild des Grundmaterials darstellen müssen. Die Explikation hingegen zielt darauf ab, das Verständnis durch zusätzliches Material zu erweitern, um damit die jeweiligen Textstellen zu erläutern und verständlicher zu machen. Die dritte Technik, die Strukturierung, hat zum Zweck, bestimmte Aspekte mittels festgelegter Ordnungskriterien herauszufiltern, um dadurch das vorliegende Textmaterial anhand der definierten Kriterien einschätzen zu können. Dazu ist es notwendig, Ankerbeispiele aufzuführen, das sind Textstellen, die als prägnant für diese Kategorie gelten, sowie Kodierregeln festzulegen, um eine eindeutige Zuordnung zu gewährleisten. Das heißt, mit anderen Worten, die entsprechenden Textstellen werden im vorliegenden Material gesucht und markiert. Im zweiten Schritt schreibt man diese heraus und fasst sie zusammen. Die Strukturierung gilt als die zentralste inhaltsanalytische Technik.972 Sie wird für die Auswertung der Experteninterviews verwandt. Die Fragen geben die auszuwertenden inhaltlichen Faktoren vor. Nach der Zusammenfassung können auch quantitative Methoden (Häufigkeitsanalyse) zur Anwendung kommen. Vgl. Gläser-Zikuda, M. (2008), S. 67. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 53. Vgl. Szczyrba, B. (2008), S. 112. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 58. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 82.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
193
5.
Gütekriterien – Mit der Anwendung von Gütekriterien prüft man eine Analyse auf ihre Tauglichkeit.973 Man unterteilt diese Kriterien in ein Maß der Zuverlässigkeit (Reliabilität, d.h. Stabilität, Genauigkeit der Messung und Konstanz der Meßbedingungen) und in ein Maß der Gültigkeit (Validität, d.h. ob das gemessen wurde, was gemessen werden sollte).974 Die Reliabilität kann mittels verschiedener Verfahren geprüft werden: (1) Re-Test: d.h. zweiter Durchlauf mit dem gleichen Material und den gleichen Instrumenten, (2) Parallel-Test, d.h. zweiter Durchlauf mit dem gleiche Material und anderen Instrumenten und (3) Konsistenz (Split-Half), d.h. man teilt entweder das Material oder das Instrument in zwei gleiche Teile und prüft, ob sie zu gleichen Ergebnissen führen. Für die Prüfung der Validität stehen folgende Verfahren zur Verfügung: (1) ähnliche Untersuchungen als Vergleichsmaßstab, (2) Prüfung der Vorhersagequalität, d.h. man erstellt Prognosen und prüft, inwieweit diese mit den Ergebnissen übereinstimmen, (3) Bildung von Extremgruppen, d.h. man verwendet Teile des Materials, bei denen man extreme Ergebnisse vermutet, und man prüft die Ergebnisse anhand der zugrunde liegenden Theorien auf ihre Plausibilität. Die Reliabilität bildet die Voraussetzung für die Validität, d.h. Maßnahmen, welche die Reliabilität steigern, verbessern auch die Validität.975 Diese Aussage gilt allerdings nicht reziprok. Es erscheint daher sinnvoll, einige Maßnahmen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit kurz zu betrachten: (1) Die Analyse durch andere Personen durchführen lassen. Diese Technik, die sich besonders für einfach strukturierte Analysen eignet, nennt man Intercoder-Reliabilität , (2) die gleichen Fragen mehreren Personen stellen und die Konsistenz der Antworten prüfen, (3) Prüfungsfragen im späteren Verlauf des Interviews nochmals zu stellen und Antworten auf mögliche Widersprüche überprüfen, (4) Experten danach fragen, ob sie Verbesserungsvorschläge bzgl. der gestellten Fragen haben, (5) Aufführen der Textstellen, die bewertet wurden und (6) Stabilität und Reproduzierbarkeit durch Festlegen der Auswertungseinheiten, Intercoderreliabilität und die Eindeutigkeit von Kategorien sichern. Speziell für die qualitative Forschung bieten sich eigene Gütekriterien wie Verfahrensdokumentation, argumentative Interpretationsabsicherungen, Nähe zum untersuchten Gegenstand, Regelgeleitetheit, kommunikative Validierung und Triangulation an.976 Die Gütekriterien bzgl. der Reliabilität für Interviews beziehen sich darauf, dass eine Analyse unabhängig vom
973 974 975 976
Vgl. Gläser-Zikuda, M. (2008), S. 78. Vgl. Friedrichs, J. (1990), S. 100–102. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 110. Vgl. Mayring, P. (2008a), S. 111.
194
a. b. c. d.
e.
a. b. c. d.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Kontext und von den Interviewern bei denselben zu befragenden Personen identische Ergebnisse erbringt.977 Die Reliabilitätskriterien für die Interviews mit den Investor-RelationsManagern sind die Folgenden: die Punkte 2, 3, und 4, die zur Verbesserung der Reliabilität im vorherigen Absatz aufgeführt wurden. ein Pre-test des Gesprächsleitfadens wurde durchgeführt. die Antworten der Interviewten wurden dokumentiert, um die Interpretationen nachvollziehbar zu machen. die Interpretation des Textmaterials aus den Interviews erfolgte nach dem Verfahren der Strukturierung, d.h. es wurde nur das aus den Interviews erzeugte Material ausgewertet („Nähe zum Gegenstand“) und nach den vorgegebenen Kriterien zusammengefasst. das gesamte Verfahren wurde dokumentiert, um die Stabilität und die Reproduzierbarkeit zu gewährleisten. Die Validität der Auswertung der Investor-Relations-Interviews wurde dadurch sichergestellt, dass: Immer der gleiche Interviewer die Interviews führte (damit wurde auch die Konsistenz der Antworten gewahrt). die Auswertungskriterien durch die Fragestellungen sichtbar vorgegeben waren. die dahinterliegende Theorie reflektiert wurde.978 Der Einfluss des Interviewers auf die Interviewten, beispielsweise durch Nachfragen oder Kommentieren der Antworten während des Interviews, birgt die Gefahr, dass die Objektivität und damit die Nachvollziehbarkeit verloren gehen. Die Verwendung von offenen Fragen und die Vermeidung von Suggestivfragen soll dem entgegen wirken wie auch die Dokumentation der Antworten im Wortlaut, da dadurch die Interpretation der Ergebnisse wesentlich besser nachvollzogen werden kann. Durch den Abgleich der vorgegebenen Fragen mit den Antworten der 26 Interviews darf mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die inhaltsanalytische Auswertung des Textmaterials den angestrengten Untersuchungsgegenstand optimal erfasst.
977 Vgl. Helfferich, C. (2009), S. 154. 978 Vgl. Lange, B. (2008), S. 51; Lange bezeichnet den Theoriebezug als wichtigsten Validitätsnachweis.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
6.
Ergebnisse
a.
Detailergebnisse zu den einzelnen Fragen
195
Die Antworten der Interviewpartner wurden anhand der Gesprächsprotokolle sukzessive unter die jeweiligen Fragen transkribiert. Da es sich bei der Transkription um eine Transformation von gesprochener in schriftlich erfasste Sprache handelt, gilt es, durch mehrmaliges Hören der Aufzeichnung die Reliabilität zu steigern.979 Diese Vorgehensweise erleichtert die Auswertung und erhöht die Vergleichsmöglichkeiten. In diesem Kapitel erfolgt die sachliche Darstellung der Antworten aus den Interviews, während im anschließenden Teil die Analyse, Interpretation und Kommentierung vorgenommen wird. Die Meinungsäußerungen der interviewten Investor-Relations-Verantwortlichen wurden sowohl nach qualitativen wie auch quantitativen Gesichtspunkten ausgewertet, d.h. es werden sowohl einzelne Antworten dargestellt wie auch Aussageverhältnisse beschrieben. Dieses gilt als ein gängiges Vorgehen in der Auswertung von Material, denn auch qualitativ erzeugtes Material kann unter aufgrund quantitativen Aspekten ausgewertet werden.980 Die Auswertung der Antworten der Investor-Relations-Manager erfolgt in der Reihenfolge der Fragen im Leitfaden. Die wortgetreue Wiedergabe individueller Zitate soll eine möglichst authentische Darstellung gewährleisten und das inhaltliche Spektrum der Aussagen anschaulich aufzeigen. Die Bewahrung eines hohen Grads an Originalität und Authentizität der Interviews bildet eine der Voraussetzungen, um das umfangreiche Material zum Nutzen der Untersuchung auszuwerten. Zitate werden in Kursivschrift gezeigt. Textteile in Klammern innerhalb der Zitate stammen vom Autor mit der Absicht, diese verständlicher zu machen und gleichzeitig nicht in der Aussage zu verändern. Frage 1: Welches Ziel verfolgt Ihr Unternehmen mit der wertorientierten Kommunikation? Hinterfragt wurde die Zielsetzung, welche die DAX-30 Konzerne mit ihrer wertorientierten Kommunikation im Geschäftsbericht verfolgen. Die Antworten nahmen im Hinblick auf die Zeitdauer als auch die inhaltliche Vielfalt der Aussagen bei allen Interviews den größten Raum ein. Die Investor-RelationsVerantwortlichen erläuterten, was ihr Unternehmen mit der wertorientierten Berichterstattung zu erreichen sucht bzw. warum ihr Arbeitgeber diese Art der Kommunikation für nicht geeignet hält.
979 Vgl. Lange, B. (2008), S. 49. 980 Vgl. Hopf, C. (1993), S. 13; ebenso auch Mayring, P. (2008a), S. 17.
196
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
16 der interviewten Investor-Relations-Manager bestätigten, dass sie wertorientiert berichten. Sie verfolgen damit vorrangig die Zielsetzung, durch die Veröffentlichung der eigenen Wertschaffung eine höhere Transparenz für den Kapitalmarkt sicherzustellen und dadurch etwaige Informationsasymmetrien zu verringern. Sie zeigen damit auf, dass ihr Unternehmen mittels wertorientierter Vorgaben, in denen sowohl die Kapitalkosten als auch die eingegangenen Risiken Berücksichtigung finden, geführt wird. Wertorientierte Renditevorgaben dienen der Unternehmensleitung und dem Management als Entscheidungsgrundlage für Investitionen und Projekte, um Kapitalmarktteilnehmer glaubhaft, transparent und nachvollziehbar davon zu überzeugen, dass das Unternehmen in ihrem Sinne gesteuert wird. Die Konzerne wollen mit dieser zusätzlichen Informationsversorgung über die eigene wirtschaftliche Situation den Kapitalmarkt in die Lage versetzen, sich selbst ein umfassendes Bild über das Unternehmen machen zu können. Durch die damit einhergehende Reduzierung der Informationsasymmetrien versprechen sich die Aktiengesellschaften, das Vertrauen der Anleger zu gewinnen. Die Investor-Relations-Manager beschreiben dies folgendermaßen:981
Wahrhaftigkeit, Transparenz und ökonomische Steuerung über IFRS hinaus aufzeigen und danach messen. Wir wollen den Aktionären und sonstigen Stakeholdern aufzeigen, dass Wertorientierung und die ökonomische Steuerung die Basis allen Handelns ist. Profitabilität ist für uns keine absolute Zahl, sondern wird immer mit dem dafür eingegangenen Risiko in Bezug gesetzt. Nur dann können wir messen, welchen Wert wir schaffen. Wir wollen damit aufzeigen, dass wir wertorientiert steuern. Die IFRS zeigen die ökonomische Situation nicht vollständig. Die Wertorientierung liefert die Zusatzinformationen, um damit die Transparenz zu erhöhen. Wir wollen in diesem Zusammenhang dem Kapitalmarkt ein Messinstrument zur Hand geben. Wir möchten mit der wertorientierten Geschäftssteuerung möglichst nah an dem sein, was Investoren interessiert. Die Steuerung sollte reflektieren, was ein Aktionär denkt. Wir wollen damit demonstrieren, wie wir intern steuern, um Vertrauen auf der Anlegerseite zu gewinnen. Wir möchten den ökonomischen Erfolg des Unternehmens deutlich machen. Traditionelle Ergebnisse zeigen nicht, mit welcher Kapitalintensität diese erzielt wurden.
981 Um den ordnungsgemäßen Umgang mit der deutschen Sprache zu gewährleisten, wurden wenige Aussagen der Interviewteilnehmer ohne inhaltliche Eingriffe überarbeitet.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
197
Durch die Information über die Wertschaffung im Geschäftsbericht wollen diese DAX-Konzerne deutlich machen, dass für sie die Wertschaffung wie auch die Steigerung des Unternehmenswerts wichtige Ziele darstellen. Die Aktionäre sollen darüber in Kenntnis gesetzt werden, in welchem Umfang es dem Unternehmen gelungen ist, Wert zu schaffen. Denn die Konzerne haben die Erfahrung gemacht, dass der Kapitalmarkt Wertsteigerungen als positive Nachricht aufnimmt und dies der Angleichung des Marktwerts an den inneren Wert förderlich ist. In den Gesprächen äußerten sich die Interviewpartner dazu wie folgt:
Die Steigerung des Unternehmenswerts ist Mittelpunkt der Firmenpolitik. Ultimatives Ziel ist die Transformation des inneren Werts an den Marktwert. Dies ist Ziel aller unserer Kommunikationsaktivitäten. Wir messen und kommunizieren Wertveränderung, um damit auch mit positiver Unternehmenswertentwicklung werben zu können. Wir wollen mit effizientem Kapitaleinsatz das Evaluation Gap schließen, um die Price-Earnings-Ratio nach oben zu bringen. (wertorientierte) Kommunikation in guten und in schlechten Zeiten soll aufzeigen, ob am Ende des Tages Wert für die Aktionäre geschaffen worden ist oder nicht.
Einige der Interviewpartner weisen darauf hin, dass sie die wertorientierte Kommunikation einsetzen, um unternehmensintern die hohe Bedeutung der Wertschaffung deutlich zu machen. Die primären Adressaten sind hier Mitarbeiter und Management. Mit den kommunizierten Aussagen und Ergebnissen der wertorientierten Unternehmensteuerung ist beabsichtigt, sie einerseits über den Status Quo zu informieren und andererseits dieses Konzept nachhaltig in ihrem Handeln zu verankern, was einige Unternehmen mit der Berücksichtigung im Vergütungssystem eindrücklich verstärken. Die folgenden Zitate aus den Gesprächen unterstreichen diesen Anspruch:
Implementierung des Wertschaffungsgedankens im Unternehmen ist wichtig, damit Manager wissen, wie langfristige Investitionsentscheidungen gefällt werden. Das jetzige Produktportfolio wird durchleuchtet, um festzustellen, was weitergeführt und was eingestellt wird. Wir wollen Bewusstsein für alle Hierarchieebenen schaffen, dass Wertschaffung eine primäre Kenngröße für uns alle darstellt. Da wir nach außen tragen, dass Kapitalgeber ihr Kapital verzinst bekommen sollen, muss das auch entsprechend intern kommuniziert werden. Unsere Return Erwartungen an Projekte und Investitionen im Unternehmen weltweit deutlich machen.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Erste Priorität (für den Einsatz der wertorientierten Steuerung) ist Incentivierung und Investitionssteuerung.
Drei Interviewpartner betonen, dass ihre Unternehmen den internen Nutzen der Wertorientierung im Vergleich zu der externen Kommunikation höher einschätzen.
Die interne wertorientierte Steuerung besitzt eine höhere Bedeutung als die wertorientierte externe Kommunikation.
Zehn Investor-Relations-Manager betonen, dass ihre Unternehmen der wertorientierten Berichterstattung im Geschäftsbericht keine oder nur eine untergeordnete Bedeutung beimessen. Fünf dieser 10 Konzerne heben explizit die Nutzbarkeit dieses Konzepts für die unternehmensinterne Steuerung und Entscheidungsfindung hervor. Doch sehen sie keine Notwendigkeit, Informationen darüber extern zu veröffentlichen, sondern bezeichnen diesen Themenkomplex als rein interne Angelegenheit. Sie fassen dies folgendermaßen so zusammen:
Wir führen intern wertorientiert mit dem Value Added als Kennzahl, kommunizieren dazu keine Details. Dies ist nicht etwas, was ich extern kommunizieren möchte. Erstens halte ich es für zu kompliziert, zweitens sind unsere Geschäftseinheiten viel zu unterschiedlich. Es macht für mich keinen Sinn, wenn wir Unternehmensexternen unsere jeweiligen Kapitalkostensätze nennen. Es macht Sinn für uns als Firma, wie wir in die verschiedenen Unternehmensteile investieren.
Diese zehn Konzerne führen Gründe für ihre Ablehnung der wertorientierten Berichterstattung ins Feld. Einerseits beurteilen sie die wertorientierte Unternehmenssteuerung und die damit verbundene Kommunikation als nicht geeignet für Wachstumsunternehmen oder dezentrale Geschäftsmodelle, was sie folgendermaßen darlegen:
EVA ist für reifere Unternehmen geeignet. Umsatzwachstum und Profitmarge passen besser zu Wachstumsunternehmen. Wir sind sehr dezentral organisiert. In Asien ist Wachstum das Thema, in einem saturierten Markt wie den USA zählen Cashflow, Profitabilität und ROE. Daher hätte eine wertorientierte Kennzahl keine globale Richtigkeit.
Andererseits bemängeln sie, dass wertorientierte Kennzahlen nur unzureichend in der Lage sind, die Leistungsfähigkeit von Unternehmen darzustellen. Dies liegt ihrer Meinung nach an der Komplexität des wertorientierten Konzepts und seiner Umsetzung sowie an der fehlenden Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit der Ergebnisse.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
199
Sie kritisieren, dass die Verwendung wertorientierter Kennzahlen bei billigem Kapital Anreize für einen hohen Leverage, d.h. den Ersatz von Eigenkapital durch billigeres Fremdkapital, bietet, weil sich dies rechnerisch positiv auf den Wertausweis mit einer Kennzahl wie EVA auswirkt. Die Value Added-Konzepte beinhalten durch den fehlenden direkten Umsatzbezug zudem keine Wachstumskomponenten. Dies sei als nachteilig zu bewerten, da Wachstumsszenarien üblicherweise wichtig für die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt sind. Auch weisen sie auf die Nähe dieses Konzepts zum Shareholder Value-Modell hin, das im Markt keine Akzeptanz mehr fände. Sie betrachten daher die Wertorientierung für ihre Unternehmen als nicht zielführend hinsichtlich der Reduzierung der Informationsasymmetrie, wie sie wie folgt darlegen:
Wenn ein Unternehmen auf den positiven Wertbeitrag abhebt, dann heißt das nicht, dass die Firma die bestmögliche Performance erzielt und dass dies die Investoren zufriedenstellt. Die Wettbewerbsperformance ist ein viel, viel wichtigerer Punkt als die Wertorientierung. Der Wertbeitrag hat keinerlei Bedeutung in der Kommunikation. Value Reporting macht Sinn und zeigt bestimmte Kompetenzen auf, doch es macht die Geschichte nicht einfach. Value Reporting ist bei Weitem zu kompliziert. Das EVA-Konzept ist zu schwer nachvollziehbar, um damit Vertrauen (am Kapitalmarkt) zu gewinnen. EVA verlangt viele Anpassungen, was die Ermittelbarkeit aus externer Sicht erschwert. Wertorientierte Kennzahlen sind sehr unternehmensspezifisch und reflektieren das aktuelle Geschäftsmodell (des Unternehmens). Sie sind daher nicht vergleichbar. Der Wertbeitrag enthält keine Wachstumskomponente und bietet bei billigem Kapital Incentive zu hohem Leverage. Shareholder Value ist ein Unwort in Deutschland geworden.
Diese Konzernvertreter betonen in weiteren Argumenten, dass wertorientierte Informationen für ihre Investoren nicht relevant sind. Sie hinterfragen auch, welchen grundsätzlichen Nutzen dieses Konzept in der Kommunikation heutzutage besitzt. Ihre Sichtweisen sollen die folgenden Zitate aus den Gesprächen aufzeigen:
Wir haben bedeutenden Ankeraktionär, für den diese Steuerung und Ausweisung dieser Werte nicht notwendig ist. Mündiger Aktionär kann heute auch selbst ablesen, ob eine Firma einen positiven Wertbeitrag liefert oder nicht. Wenn sie heute auf einen ROCE
200
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Zielwert gehen, der keinen positiven Wertbeitrag impliziert, werden sie dafür keinen Beifall ernten. Für wen hat es (Wertorientierung) eigentlich Relevanz. Der Privatanleger ist es nicht. Für den institutionellen Anleger nur bedingt, der ähnlich (wie Investor-Relations) gebildet und geprägt ist und der Analyst braucht es eigentlich fast gar nicht, weil er eigene Modelle verwendet, um das Unternehmen zu bewerten. Insofern hat sich dieses Thema verselbständigt. Ob es ein Unternehmen wirklich braucht, ist eine interessante Frage.
Frage 2: Seit wann kommuniziert Ihr Unternehmen diese wertorientierten Inhalte? Von den 26 interviewten Konzernen etablierten sieben das Value Reporting vor und 13 ab dem Jahr 2000. Sechs Unternehmen berichten im Geschäftsbericht nicht wertorientiert. Im Jahr 2000 führten fünf Konzerne diese neue Art der Berichterstattung ein. Dies war die höchste Zahl innerhalb eines Jahres. Betrachtet man den Zeitraum 2000 bis 2002 begannen insgesamt neun der DAX-Konzerne mit dieser Kommunikation. Vier Unternehmen sind in den Jahren 2006 bzw. 2007 zum Value Reporting übergegangen. Jahr 1993 1995 1996 1998 1999 2000 2001 2002 2006 2007
Anzahl Unternehmen 1 1 1 2 2 5 2 2 1 3
Tabelle 7: Einführungsjahr der wertorientierten Berichterstattung Auf den relativ späten Zeitpunkt angesprochen, beantworteten drei dieser vier Konzerne, dass ausschließlich interne Gründe dafür den Ausschlag gaben. Ein Konzern nannte die Einführung von IFRS als vorrangige Motivation. Es ist festzuhalten, dass die DAX-30 Konzerne mehrheitlich die wertorientierte Berichterstattung, verglichen mit dem Aufkommen der Shareholder Value-Diskussion zu Beginn der 90er Jahre, um einiges später aufnahmen.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
201
Frage 3: Welche Auslöser bewegten Ihr Unternehmen, die Wertorientierung in Ihre Kommunikation zu integrieren? Im Gesamten berichten 20 Unternehmen über die jeweiligen Auslöser, die sie zur Aufnahme der wertorientierten Berichterstattung veranlasst haben. Acht Investor-Relations-Manager geben externe und sechs Interviewpartner interne Gründe an, während bei sechs Konzernen externe sowie interne Gründe vorlagen. Die externen Auslöser sind geprägt von der Shareholder Value-Diskussion in den 90er-Jahren und dem daraus entstehenden Zeitgeist. Für zehn Konzerne stellt dies den Hauptgrund für den Beginn ihres Value Reporting dar, davon haben sieben mit der wertorientierten Berichterstattung vor dem Jahr 2000 begonnen. Die Investor-Relations-Manager beschreiben dies wie folgt:
Shareholder Value war damals en vogue. Sicherlich beeinflusst durch den Shareholder Value-Hype Ende der 90er Jahre. Dies war damals der Zeitgeist. Ist die Steuerung mit EBIT und ROI noch zeitgemäß, haben wir uns damals gefragt. Die Anforderungen unserer Eigen- und Fremdkapitalgeber fanden wir durch EVA schön abgebildet. EVA sollte externe Beobachter in die Lage versetzen, unsere wertorientierte Entwicklung zu verfolgen. Wenn der Kapitalmarkt über Shareholder Value spricht, müssen Sie in der Lage sein, etwas dazu zu sagen. Stern Stewart hat dieses Thema gehypt und (damit) die Kapitalkultur in Deutschland nach vorne gebracht.
Zwei der befragten Investor-Relations-Manager nannten den Wunsch nach einer guten Platzierung im Wettbewerb um den besten Geschäftsbericht als ausschlaggebend, wertorientiert zu berichten. Einer der Interviewpartner weist darauf im Folgenden hin:
Auch ein qualitativer Punkt war wichtig: Das Rennen um den besten Geschäftsbericht. Die externe Perzeption war Treiber, diese Info im Geschäftsbericht zu platzieren. Diese Motivation kann ich mir heute nicht mehr vorstellen. Uns ist das Ranking heute nicht mehr wichtig.
Für einen der DAX-30 Konzerne stellte die Notierung an der New York Stock Exchange (NYSE) die primäre Motivation dar. Dieser Interviewpartner beschreibt, dass die US-GAAP damals von Unternehmensseite aktionärsfreundlicher als HGB empfunden wurden und man diese Aktionärsorientierung im Geschäftsbericht reflektiert sehen wollte. Eine der Aktiengesellschaften nahm die IFRS-Einführung zum Anlass, die wertorientierte Berichterstattung aufzunehmen.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Wir haben in dieser Hinsicht einen Bewusstseinswandel durch US-GAAP und SEC erfahren. US-GAAP sind stärker aktionärsorientiert. Wir wollten uns dem amerikanischen Anlegermarkt präsentieren. Dort sind die Ansprüche anders. Wir wollten damit zu den führenden Unternehmen in der Unternehmenskommunikation gehören.
Sechs Konzerne gaben an, dass ausschließlich unternehmensinterne Gründe Auslöser dafür waren, wertorientiert zu berichten. Davon nahmen fünf Unternehmen die wertorientierte Berichterstattung ab dem Jahr 2000 auf. Keiner dieser Interviewpartner berichtete über Druck aus dem Kapitalmarkt, der das Unternehmen in Zugzwang gebracht hätte. Betrachtet man die Branchenzugehörigkeit, so unterscheiden sich diese Unternehmen nur minimal von denen, die externe Impulse als Ursache angegeben haben. Bis auf zwei Konzerne, bei denen ein neuer Vorstand das wertorientierte Berichtskonzept „mitbrachte“ bzw. die Harmonisierung von Steuerungsgrößen vorgenommen wurde, bildeten Strategieüberlegungen den primären Anstoß, dass Value Reporting in die Kommunikation mit aufgenommen wurde. Die jeweiligen Argumentationen sind folgendermaßen:
Wir wollen damit die Führungskräfte stärker in die Entwicklung des Unternehmenswerts einbinden und sie am Erfolg beteiligen. Der Value Added ist Teil der variablen Vergütung des Vorstandes und des Managements. Es war immer schon unser Wunsch, die Langfristigkeit des Geschäfts mit den dafür einzugehenden Risiken in Einklang zu bringen.
Bei den sechs Konzernen, die externe wie auch interne Auslöser für die Etablierung der wertorientierten Berichterstattung nannten, lassen sich weder durch die Branchenzugehörigkeit noch durch den Starttermin Zusammenhänge erkennen. Auf Nachfrage bestätigten diese Unternehmensvertreter, dass sie die unternehmensinternen und jene vom Kapitalmarkt kommenden Auslöser als absolut gleichwertig betrachten. Strategiethemen und Steuerungsaspekte sowie die Berücksichtigung von Interessen ihrer Investoren bzw. Analysten herrschen als Beweggründe vor. Die jeweiligen Interviewpartner beschreiben dies so:
(Einerseits) durch gesteigerte Anforderungen im Zuge der Corporate Governance im Unternehmen an eine transparente Unternehmensführung, (andererseits) durch die Verschärfung des Wettbewerbs um Kapital. Wir brauchten eine Steuerungsgröße, die deutlich macht, dass wir das Unternehmen an einer nachhaltigen Entwicklung ausrichten. Kapitalgeber haben Anrecht darauf, dass man sich nach ihren Interessen verhält. Darum müssen wir auch nachweisen, dass wir Wert schaffen. Wir wollen Aktionäre mittel- bis langfristig binden.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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Interne Auslöser, damit wir bessere Vergleichs- und Messmöglichkeiten haben, um festzustellen, ob die Produkte und die Geschäftsbereiche Werte schaffen und wie sie im Vergleich zum Wettbewerb stehen. Externe Auslöser, um Aktionären zu zeigen, dass wir Werte schaffen. Intern: Antritt von neuem Finanzvorstand. Extern: Analysten fragten Vorstand: „Interessiert Sie der Kurs Ihrer Aktie?“
Frage 4: Wer sind die zentralen Adressaten Ihrer wertorientierten Berichterstattung und wie gewichten Sie deren Bedeutung? Die folgende Tabelle listet die Antworten der interviewten Investor-RelationsVerantwortlichen hinsichtlich der Adressaten und deren Bedeutung für die wertorientierte Kommunikation auf. Zum großen Teil nannten die Gesprächspartner auch Kapitalmarktteilnehmer, die sie als Zielgruppen für ihre wertorientierte Kapitalmarktkommunikation nicht in Betracht ziehen. Adressaten Institutionelle Investoren Analysten Management und Mitarbeiter Banken Rating Agenturen
Private Anleger Kunden Presse
Positionierung 1 – 3 (1 entspricht höchster Position) x 1. Position: 18 x 2. Position: 3 x 1. Position: 6 x 2. Position: 2 x 1. Position: 4 x 2. Position: 1 x 1. Position: 1 x x x x x x x x x x
1. Position: keine 2. Position: 2 3. Position: 1 1. Position: keine 2. Position: 2 1. Position: keine 2. Position: 1 1. Position: keine 2. Position: keine 3. Position: 2
Keine Adressaten
2
18
7
Tabelle 8: Adressaten der wertorientierten Berichterstattung nach Priorität Es werden die ersten drei genannten Positionen aufgeführt, da sich fast alle Befragten auf die Nennung von drei bis vier Adressaten beschränkten, wie das folgende Zitat exemplarisch aufzeigt:
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Primär Investoren und Analysten, die würde ich am höchsten gewichten, danach die Rating Agenturen, dann die gehobene, professionelle Fachpresse wie Handelsblatt, Börsenzeitung.
18 Investor-Relations-Manager bezeichneten institutionelle Anleger als wichtigste Adressaten ihrer wertorientierten Berichterstattung im Geschäftsbericht. Dreimal wurde diese Zielgruppe als zweitwichtigste Zielgruppe aufgeführt. Analysten werden sechsmal als Nummer 1 und zweimal an zweiter Stelle genannt, allerdings auch zweimal als explizit nicht zu adressierend. Vier InvestorRelations-Manager nannten unternehmensinterne Adressaten als ihre primäre Kommunikationszielgruppe. Einmal wird diese Gruppe an zweiter Position genannt. Für diese Interviewpartner stellen Management und Mitarbeiter wie auch Vorstand und Aufsichtsrat also wichtige Adressaten einer wertorientierten Kommunikation dar:
(Zielgruppe sind) Verantwortliche der Unternehmensbereiche, die Rechenschaft darüber abgegeben müssen, ob sie Werte schaffen oder vernichten. Die Führungskräfte insgesamt, da sich ein Teil der variablen Vergütung am erreichten Value Added orientiert. Adressaten sind die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.
Banken als Fremdkapitalgeber werden einmal an erster Stelle platziert. Dies stellt ihre einzige Nennung dar. Rating Agenturen finden sich zweimal an der zweiten Position und einmal an der dritten Position. Obwohl die beiden Letztgenannten für börsennotierte Unternehmen herausragende Rollen einnehmen, stimmt der Großteil der befragten Investor-Relations-Manager darin überein, dass Rating Agenturen keine zentralen Adressaten für die wertorientierte Kommunikation darstellen. Dies trifft auch für Kunden zu, die insgesamt nur zweimal genannt wurden. Andere Stakeholder, wie beispielsweise die Öffentlichkeit und Gemeinden, fanden überhaupt keine Erwähnung. Zweimal führten die befragten Investor-Relations-Manager private Anleger als mögliche Adressaten der wertorientierten Berichterstattung als zweitwichtigste Adressaten auf, doch insgesamt 18-mal bezeichnen sie die Kleinaktionäre als nicht relevante Zielgruppe für ihre wertorientierte Berichterstattung. Sie begründen ihre Meinungen folgendermaßen:
Private können null Komma null damit anfangen. Nachteil der wertorientierten Konzepte ist deren Komplexität. EBIT ist einfacher zu vermitteln. Privatanleger sind damit intellektuell komplett überfordert, das meine ich ganz wertfrei.
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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Private Anleger weniger, die sind auf Dividende und Kursperformance konzentriert. Privatanleger setzen sich nicht so sehr mit der Wertorientierung auseinander. Dazu gibt es auch kein Feedback von dieser Anlegergruppe an uns.
Ein Investor-Relations-Verantwortlicher reflektiert die Rolle der privaten Anleger und sieht dabei auch die Unternehmen in der Pflicht:
Privataktionäre werden von Investor-Relations in der Regel etwas unterschätzt. Kommunikation zu diesen Aktionären könnte verbessert werden. Privatanleger könnten Stabilitätsfaktor in der Aktionärsstruktur sein. Sie haben bodenständige Ansichten im Vergleich zu institutionellen Anlegern.
Diese Aussage bezieht sich allerdings nicht auf die Wertorientierung, sondern auf die grundsätzliche Behandlung dieser Investorengruppe durch InvestorRelations. In die gleiche Richtung gehen Äußerungen über die Presse, die insgesamt neunmal genannt wurde, davon sechsmal als nicht zu adressierend. Die entsprechenden Wortbeiträge der Investor-Relations-Manager sollen dazu beitragen, dieses Ergebnis zu verdeutlichen:
Presse ist an diesem Thema nicht interessiert. Presse versteht dieses Thema auch nicht. Keine Wünsche aus der Presse, über Wertorientierung zu sprechen.
Die Meinungsäußerungen der Investor-Relations-Verantwortlichen sind eindeutig. Beide Zielgruppen, private Anleger wie auch die Presse, stellen keine relevanten Kommunikationspartner für die wertorientierte Berichterstattung dar. Zieht man das gesamte Ergebnis der Auswertung dieser Frage in Betracht, so wird deutlich, dass institutionelle Anleger und Analysten die primären Ansprechpartner darstellen. Alle anderen Stakeholder werden als nicht wesentlich für die wertorientierte Kommunikation der 26 interviewten Dax-30 Konzerne eingeordnet. Frage 5: Auf welche Weise kommuniziert Ihr Unternehmen wertorientierte Themen im Geschäftsbericht? Die jeweiligen wertorientierten Inhalte in den Geschäftsberichten unterscheiden sich nach Umfang und inwieweit Ergebniskennzahlen sowie Ermittlungsmethoden veröffentlicht werden. Warum die DAX-30 Konzerne ihre wertorientierte Informationsvermittlung gerade so konzipieren und nicht anders, wird durch die
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Antworten auf Frage 5 aufgezeigt. 16 der 26 interviewten DAX-30 Konzerne erläutern in ihren Geschäftsberichten ausführlich ihre wertorientierten Zielsetzungen und die Darstellung der wertorientierten Ergebnisse, einige auch auf Geschäftsbereichsebene. Sie wollen der Leserschaft verständlich machen, warum und wie das wertorientierte Konzept in ihrem Unternehmen Anwendung gefunden hat:
Verständlichkeit ist das Ziel. Wir wollen damit zeigen, dass das Modell nicht im Elfenbeinturm entwickelt wurde, sondern dass wir wertorientierte Steuerung ernst nehmen und dieses Konzept in der operativen Steuerung integriert und gelebt wird. Wir wollen zeigen, dass Wertorientierung kein Lippenbekenntnis ist.
Einige Konzerne nehmen sich sogar vor, diesen Inhalt in einer Weise sprachlich aufzubereiten, damit alle Leser verstehen und nachvollziehen können, was mittels der wertorientierten Steuerung erreicht werden soll. Sie sprechen in diesem Fall ausdrücklich von der „Schulung der Leserschaft“, die sie mit dieser Art der Informationsvermittlung beabsichtigen:
Verständlichkeit und Erläuterung, damit interessierte Privatanleger das Konzept verstehen, damit Anleger sehen, wie dieses Konzept angewandt wird. Sprachstil wurde bewusst so gewählt. Professionelle Anleger kann man anders ansprechen. Erläuternde verbale Darstellung als auch unterstützende Schaubilder. Wir wollen eine kompakte Darstellung dieser Themen. Schulungsaspekt: Anlegern soll durch Lesen des Artikels sowohl die aktuelle Entwicklung als auch das dahinterliegende Prinzip verständlich dargelegt werden. In einer für den Privataktionär verständlichen Sprache, frei von Anglizismen. Wir wollen die Methodik verständlich machen, wie dies inhaltlich funktioniert.
Unter anderem veröffentlichen diese Unternehmen die Ermittlungsweise der Kapitalkosten sowie der verwendeten Ergebnisgrößen und die Ermittlungsweise des wertorientierten Ergebnisses aus den verschiedenen Einzelelementen. Manche geben Einblick in quantitative Zielsetzungen, die sie sich für das abgelaufene Jahr vorgenommen hatten:
Grundsätzliche Logik wird erläutert, in dem Kapitalkosten und Gewinngrößen für den Konzern und alle Geschäftsbereiche abgeleitet werden.
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Teilweise erläutern sie, wie die wertorientierte Steuerung in ihre Strategie passt:
Darstellung des integrierten Controlling Konzepts. Ausführliche Erläuterung des Value Added für Privatanleger, damit diese Value Added verstehen. Aufzeigen der Berechnung des Value Added und der Treiber wie auch Aussagen zum Portfolio Management sind uns in dieser Hinsicht wichtig.
Einige der Investor-Relations-Verantwortlichen betonen, dass die Art der Darstellung im Geschäftsbericht dazu dienen soll, bei ihren Aktionären Vertrauen zu schaffen:
Wir wollen durch die Darstellung Transparenz und Nachhaltigkeit beweisen, dass das Thema Unternehmenswert wichtig für uns ist und damit Glaubwürdigkeit erreichen. Anleger soll Informationen nachvollziehen können. Transparenz und Glaubwürdigkeit erlangen, um damit die Investitionsbereitschaft in unsere Aktie zu erhöhen. Aktionärsfokussiert, um mit dieser Transparenz deren Vertrauen zu gewinnen. Transparenz darstellen bis runter auf Spartenebene. Verbindung herstellen, wie sich die Performance des Konzerns in der Vorstandsvergütung niederschlägt. Leser des Geschäftsberichts sollen erkennen, was jeder investierte Euro erwirtschaftet hat.
Frage 6: Welche Bedeutung messen Sie der wertorientierten Berichterstattung besonders in Zeiten der Finanzkrise bei? Auf die Frage nach der Bedeutung der wertorientierten Berichterstattung in Krisenzeiten antworteten 20 der 26 interviewten DAX-30 Gesprächspartner, dass sie dieses Thema für nicht entscheidend halten. Sechs Interviewpartner erachten die wertorientierte Informationsversorgung des Kapitalmarkts als wichtig für ihren Konzern, vier davon als sehr wichtig, wie sie im Folgenden darlegen:
Eine umso höhere Bedeutung. Die wertorientierte Steuerung hat uns vor der Krise vor Fehlern bewahrt. Wir machen das nicht aus Pflichtbewusstsein, sondern legen in der Krise noch mehr Wert auf wertorientierte Steuerung. Wir haben unseren residualen Gewinn auch in der Krise berechnet, obwohl dieser Wert negativ ist Sehr hohe Bedeutung, weil in der Finanzkrise die Zinsen wackeln. Trotz Krise halten wir an langfristiger Ausrichtung und an der wertorientierten Kommunikation fest. Wir haben kommuniziert, dass wir 2009 negative Wertgenerierung liefern werden.
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Die deutliche Mehrheit der Investor-Relations-Manager sieht in der wertorientierten Berichterstattung kein hilfreiches Instrument, das den Kapitalmarkt in Krisenzeiten beeindrucken würde. Allerdings betonen einige die Wichtigkeit dieses Steuerungskonzepts für die interne Unternehmensführung. Die Interviewpartner, die der wertorientierten Berichterstattung in der Krise keine Bedeutung beimessen, argumentieren so:
Keine Bedeutung. Wertorientierung ist ein Thema für Boom- und stabile Zeiten. Wenn es um das nackte Überleben geht, fragt sie keiner nach der Wertorientierung. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich Investoren in einer Krise wie in den letzten zwei Jahren an wertorientierten Maßstäben orientiert haben. Value Reporting hat keine Bedeutung für Krisenzeiten. Wertorientierte Steuerung ist wichtiger für den internen Gebrauch als für die externe Berichterstattung. Es sind andere Erfordernisse da. Anleger wollen wissen, welches Portfolio wir haben und welche Risiken wir damit eingehen. Wertorientierte Steuerung ist mittel- bis langfristig orientiert. Krisenzeiten verlangen kurzfristige Steuerung. Daher sind wertorientierte Kennzahlen nicht wichtig in der Krise. Doch wer seit Jahren wertorientiert steuert, war besser aufgestellt, als die Finanzkrise begann. Bedeutung (der Wertorientierung) hat nachgelassen.982 Nicht, dass irgendwelche Investoren jetzt kommen und sagen, wir investieren nicht, weil ihr einen negativen EVA habt. Bei der Fremdkapitalfinanzierung hatten wir letztes Jahr eine Anleihe, die sechsfach überzeichnet war. Wir müssen nur ganz kleine Aufschläge zahlen. Bedeutung wertorientierter Berichterstattung sinkt. Risikobericht ist wichtiger.
Frage 7: Welche Informationen halten Sie im Kontext der Finanzkrise für besonders relevant? Diese Fragestellung bezieht sich darauf herauszufinden, welche Informationen die Vertreter von Investor-Relations für relevant halten, um den Kapitalmarkt von der Leistungsfähigkeit der DAX-30 Konzerne in Krisenzeiten zu überzeugen. Alle Antworten zeigen auf traditionelle Maßstäbe der Leistungsmessung wie Wachstum und Marge. Die folgenden Zitate aus den Gesprächen bestätigen diese Einschätzung: 982 Vgl. Waal, A. de (2005), S. 31: “All companies who were interested in these techniques (Value-Based Management and EVA) have by now looked at them and either implemented them or not.”
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ROCE, Cashflow, EPS. Markt bleibt bei traditionellen Kennzahlen. Gewinnmarge, denn sie ist der größte Ausweis von Wert, die Entwicklung dieser Marge in den nächsten drei Jahren, dann Cashflow und Marktanteil. Informationen, die Anlegern helfen zu verstehen, was maximales Downside sein kann. Liquiditätssicherung Restrukturierungsmaßnahmen, Kostenspar- und Portfoliomaßnahmen. Kapitalausstattung, mehr Fokus auf Eigenkapital. Liquidität ist besonders wichtig geworden. Kommunikation ist deutlich operativer ausgerichtet. Value Added hat sich als Begriff in der Sprache und auch in der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt nicht durchgesetzt. ROS und EBIT sind die Hauptkommunikationsgrößen. Perspektive nach vorne liefern. Dividenden und Ergebniskontinuität sowie Ergebnisverlässlichkeit. ROE sowie die Steuerung des Kapitals, der Schulden und der Liquidität. Wie hoch ist die Notwendigkeit, am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen? (Aufzeigen des) Risikomanagements und der Wettbewerbsfähigkeit, d.h. die Fähigkeit des Outperformens des Wettbewerbs. Die Folgen des Leverage darstellen und Refinanzierung zu jeder Zeit sicherstellen. Das Rating im Auge haben.
Frage 8: An welchen Kriterien machen Sie den Erfolg dieser Kommunikation fest? Die Auswertung der Antworten zeigt auf, dass keiner der 26 interviewten Investor-Relations-Manager über explizite Erfolgsmessungen der Wirksamkeit des Value Reporting seines Unternehmens berichtet. Dieses Ergebnis überrascht. Insbesondere, wenn man die Zielsetzungen in Betracht zieht, könnte man davon ausgehen, dass es im Interesse der Unternehmen liegen sollte festzustellen, wie und ob ihre Aussagen zur Wertorientierung bei den Zielgruppen ankommen, um, falls es nötig wäre, gezielt Änderungen vornehmen zu können. 18 Interviewpartner gaben an, dass sie weder eine explizite noch eine implizite Evaluation durchführen, ob die Berichterstattung der Erreichung der gesetzten Ziele zuträglich ist. Der Aktienkurs stellt für einige der Investor-Relations-Verantwortlichen den eigentlichen Maßstab für den Erfolg am Kapitalmarkt dar. Sie sehen deshalb eine Erfolgsmessung der wertorientierten Kommunikation als nicht notwendig an. Sie begründen dies folgendermaßen:
Direkte Messung des Erfolgs dieser drei Seiten (im Geschäftsbericht) ist weder gewollt noch gefragt. Messen das nicht. Sehen diesen Teil als Informationspflicht.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Wir haben dies seit 10 Jahren in der Regelberichterstattung. Wir können keine Aussage machen, wie erfolgreich das denn ist. Unmittelbarer Maßstab ist der Aktienkurs. Aktienkurs ist nicht Funktion von EVA, d.h. EVA Ergebnis nicht aktienkursrelevant. Aktienkurs wird permanent neu gemessen, EVA 1 x pro Jahr. EVA ist kein allgemein bekannter Wertmaßstab.
Diese Zitate machen deutlich, dass die Befragten einer Erfolgsmessung der wertorientierten Berichterstattung keine Bedeutung beimessen. Sie messen den Erfolg ihrer Finanzmarktkommunikation implizit am Aktienkurs und an der Verringerung seiner Volatilität. Die Ansprechpartner sehen keinen Bedarf für eine direkte Erfolgsmessung. Auf die Nachfrage hin, inwieweit sie wegen dieser Kommunikation direkte Rückmeldungen vom Kapitalmarkt erhalten, die als Kriterium für die Wirkung am Kapitalmarkt bewertet werden könnten, antworteten alle, dass sie zu diesem Thema kein oder sehr eingeschränktes Feedback aus dem Adressatenkreis erhalten, wie das folgende Zitat beispielhaft aufzeigt:
Wir messen dies nicht und erhalten zu diesem Thema sehr wenig Feedback.
Acht Investor-Relations-Manager hingegen nehmen implizite Messungen des Erfolgs ihrer gesamten Kapitalmarktkommunikation vor. Ihre Antworten zeigen jedoch, dass auch sie diesem Thema keine hohe Bedeutung beimessen. Sie beschreiben dies so:
Wir machen dies am Vertrauen fest, festgestellt durch Perzeptionsstudien. Wir messen damit die gesamte Kommunikation, nicht Wertorientierung speziell. Wir nehmen Infos aus Gesprächen mit Investoren und Analysten hinzu. Kann ich nicht messen. (Stattdessen) Ohr am Markt haben, was dieser denkt. Wir schließen aus Feedback, ob Thema angenommen wird oder nicht. Wir versuchen, mehr ein Gefühl zu entwickeln und die Diskussion zu suchen, wie es ankommt. Wir haben den Eindruck, dass es ankommt. Feedback von Analysten und Anlegern, darauf achten wir. Einmal im Jahr fragen wir via Online Fragebogen, wie zufrieden Interessenten mit der Arbeit von Investor-Relations sind. Doch darin ist keine Frage zur Wertorientierung enthalten. (messbar durch) positives bzw. negatives Feedback vom Kapitalmarkt, das wir bekommen würden. Ich will nicht sagen, dass wir kein Feedback erhalten, sondern sehr wenig Feedback zu diesem Thema. Nur ein Investor aus UK, der dieses Thema anspricht.
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Frage 9: Wie hat sich das Anlegerverhalten seit der Einführung Ihrer wertorientierten Kommunikation verändert? Diese Frage haben alle 26 Unternehmen beantwortet, obwohl sechs von ihnen keine wertorientierte Berichterstattung in ihren Geschäftsberichten anbieten. Daraus ist zu schließen, dass sie sich trotzdem in der Lage sehen, das Verhalten der Anleger in dieser Hinsicht beurteilen zu können. Insgesamt nehmen 16 Investor-Relations-Manager der DAX-30 Konzerne keine Änderung wahr, während neun Unternehmensvertreter von verändertem Verhalten der Investoren berichten. Von diesen veröffentlichen fünf Unternehmen keine wertorientierten Informationen in ihren Geschäftsberichten. Eine Antwort, die schriftlich eingereicht wurde, war wegen der fehlenden Bezugnahme auf die Fragestellung nicht verwertbar. Die berichteten Veränderungen beziehen sich zumeist auf die verbesserte Transparenz aufgrund der wertorientierten Kommunikation, die dadurch mehr Ansatzpunkte für gezielte Nachfragen sowie Diskussionen bietet, was Anleger nutzen können, um ihre Entscheidungsfindung zu optimieren. Darauf weisen die Interviewpartner im Folgenden hin:
Die gleiche Intensität der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt wie zuvor, doch eine Verschiebung der Wichtigkeit von Themen. Anleger wollen stärker verstehen, welche zusätzlichen Potentiale die Firma noch nutzen kann und wie die beschlossenen Maßnahmen greifen. Durch erhöhte Transparenz, wie z.B. die Veröffentlichung von Schwachstellen, erhalten Aktionäre sehr viel mehr Informationen als früher und daher wird von dieser Seite gezielt nachgefragt. Dies wäre früher so nicht möglich gewesen. Sie lesen in Brokerreports nichts über Wertorientierung. Wertorientierte Welt wird herangezogen, wenn es um Investitionsentscheidungen geht. Anleger hat gelernt, dass es neben der simplen Welt der GuV eine Welt gibt, die zumindest als Nebenbedingung in Betracht gezogen werden sollte. Trotzdem misst der Markt nach den üblichen Kennziffern wie ROE. Anleger verlangen größere Offenheit und Transparenz. Anleger sind unersättlich, wenn es um Informationsversorgung geht. Das (Anleger-)Verhalten ist wesentlich stärker Kapital-aware als dies vorher war.
Andere Investor-Relations-Manager bestätigen, dass sich zwar das Verhalten der Investoren geändert hat, doch bezweifeln sie, dass diese Änderungen mit der Einführung der wertorientierten Berichterstattung korreliert, wie die folgenden Aussagen beweisen:
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Das Verhalten (der Anleger) ist kurzfristiger, aggressiver, professioneller. Aktionäre haben klare Ansprüche, die sie auch vertreten und diese sind da noch angestiegen. Doch sehe ich keine kausalen Zusammenhänge zwischen Aufkommen der wertorientierten Steuerung und diesem geänderten Verhalten. Ob es da eine starke Korrelation gegeben hätte zwischen Wertorientierung und geändertem Anlegerverhalten? Nein, in 1% der Gespräche, wenn überhaupt, maximal 5 bis 10 x im Jahr, in denen Investoren dieses Thema ansprechen. Unternehmen müssen Investoren Nachvollziehbarkeit und mittelfristige Projektion zwei bis drei Jahre in die Zukunft gewährleisten.
Einige der interviewten Investor-Relations-Manager sehen das Anlegerverhalten Zyklen und Moden unterworfen. Sie sagen auch, dass Value Reporting das Verhalten der Anleger nicht geändert hat. Die Wertorientierung wird mehrfach sogar als ein Thema für wirtschaftlich prosperierende Zeiten bezeichnet. Die folgenden Zitate zeigen diese Sichtweisen auf:
Anlegerverhalten ist Moden unterworfen. Im Anlegerverhalten hat sich durch die Einführung der wertorientierten Steuerung keine Änderung ergeben. Das Verhalten von Investoren ändert sich, weil sich das wirtschaftliche Umfeld ändert und nicht wegen Value Reporting. Anlegerverhalten hat sich nicht geändert. Wollen Kurssteigerung und Dividende, und erst dann mehr Transparenz und ähnliche Themen. In Marktphasen, wenn es gut läuft, werden bestimmte Themen wie Wertorientierung verfolgt. Das hat nichts mit langfristig orientierten Themen zu tun, sondern der Markt sucht wegen Nichtvorhandensein von Ideen nach Alternativen. In den letzten 10 Jahren hat sich Verhalten nicht grundsätzlich geändert: Es macht für Investoren wenig Sinn, nach wertorientierten Themen zu fragen. Sehe dies mehr als theoretisches Konzept an. Wert unseres Unternehmens definiert sich durch den Wert unserer Brands.
Weitere Interviewpartner konzedieren, dass sich das Anlegerverhalten geändert hat, doch wird nicht über wertorientierte Steuerung und die entsprechenden Kennzahlen wie EVA oder CVA gesprochen, wie folgendes Zitat aufzeigt:
Institutionelle Investoren möchten tiefer einsteigen. Sie wollen z.B. verstehen wie sich Kapitalkosten der Bereiche zusammensetzen oder wollen erwartete Rendite von Projekten wissen und verfolgen diese nach. Renditeerwartungen der Anleger sind wichtiger geworden. Diese Diskussionen sind
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Mainstream geworden. Doch Wertorientierung als Kennzahl ist nicht Teil dieser Diskussion. Frage 10: Welches Feedback zu dieser Kommunikation haben Sie von aktuellen und potentiellen Anlegern (institutionelle, private, inländische, ausländische) erhalten? Nach dem Anlegerfeedback zum Value Reporting gefragt, antworteten 19 der Interviewpartner, dass die Wertorientierung keine oder eine nur untergeordnete Rolle in den Anlegergesprächen spielt, die ausschließlich mit institutionellen Investoren geführt werden. Investoren stellten keine oder sehr selten Nachfragen zu diesem Thema, dementsprechend ist das Feedback bestenfalls als gering zu bezeichnen. Einige Investor-Relations-Manager erwähnten in diesem Zusammenhang Treffen mit sogenannten Aktienklubs, in denen sich Privataktionäre zusammengeschlossen haben. Dieses Thema besaß keinerlei Relevanz in diesen Gesprächen. Für Anleger einiger DAX-30 Konzerne ist es wichtig zu wissen, dass diese Unternehmen wertorientiert steuern. Sie sehen die Wertorientierung als eine Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften an, die nicht mehr explizit thematisiert zu werden braucht. Dies belegen folgende Zitate:
Investoren sind zufrieden, dass wir wertorientiert steuern, und das ist ihnen wichtig. Doch besteht für sie kein Grund, in den Meetings darüber zu sprechen. Es wird mehr als Pflichtaufgabe gesehen. Für institutionelle Anleger in den USA ist es nur wichtig, dass wir wertorientiert steuern. Mehr nicht. Wertorientierte Themen sind (in den Investorengesprächen) nur von Bedeutung, wenn sie als Unternehmen ihre Kapitalkosten nicht verdienen.
Wiederum andere Investor-Relations Mitarbeiter vertreten die Meinung, dass nicht-wertorientierte Maßstäbe höhere Bedeutung haben und erklären dies wie folgt:
In der Mehrzahl der Gespräche ist EVA kein Thema oder bestenfalls ein Seitenthema. Andere Maßstäbe wie Umsatz, Profit und Liquidität sind wichtiger. Keine Zeit und kein Bedarf, EVA zu vertiefen. Große institutionelle Anleger haben ihre eigenen Modelle und Buy-Cycle Research im Haus, da sind keine wertorientierten Kennziffern enthalten. Private Anleger geben dazu kein Feedback. Bin jetzt seit 12 Jahren im Job. Anleger haben noch nie auf wertorientierte Kennzahlen abgehoben. Cashflow ist das wichtige Thema. EVA ist kein ernsthafter Gegenstand der Diskussionen.
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Einer unserer wichtigsten Investoren, der selbst wertorientiert steuert, fordert dies nicht von uns, sondern konzentriert sich auf unseren Cashflow. Würde meinem Vorstand auch nicht empfehlen, wertorientierte Ergebnisse zu kommunizieren. EBITDA ist da griffiger und steht auch stärker im Fokus. Wertorientierte Themen stehen nicht im Vordergrund, stärker dagegen die Bewertungsmodelle der Investoren und Free Cashflow-Simulationen. Wir reden über klassische Kennziffern. Die Wertbetrachtung ist kein Thema, das man unterjährig verfolgt.
Andere Interviewte berichten, dass ihre Investoren in keiner Weise auf dieses Thema abheben und auch nicht von den Unternehmen erwarten, wertorientiert zu berichten. Die folgenden Zitate aus den Interviews gehen darauf ein:
Kein Feedback dazu von unseren Anlegern. Weder von inländischen noch ausländischen Aktionären, insbesondere USA, wo wir mehr Aktionäre als in Europa haben, werden wir weder unter Druck gesetzt noch wird der Wunsch geäußert, dass wir wertorientiert berichten. Wir erhalten dazu kein Feedback. Es besteht kein akuter Handlungsbedarf, denn unsere großen Investoren sind mit der jetzigen Berichterstattung zufrieden. Es kam noch nie eine Frage dazu, auch nicht in der Hauptversammlung. Ich kann mich an kein Meeting mit einem Investor erinnern, der mich aufgefordert hätte, ihm zu erläutern, in welcher Weise wir über unsere Wertorientierung berichten.
Sieben Konzerne bestätigen, dass sie mit ihren Investoren über ihre wertorientierte Steuerung sprechen und positives Feedback darüber erhalten. Sie setzen die Wertorientierung durchgängig in der indirekten und persönlichen Kommunikation mit den Anlegern ein, um etwaige Informationsasymmetrien zu verringern. Die Interviewpartner beschreiben dies in diesen Worten:
Das Feedback ist generell positiv. Wenn ein Bereich seine Kapitalkosten nicht deckt, wird dies von Investoren kritisch hinterfragt bzw. nach einem Lösungsansatz gefragt. Das Feedback ist über jeden Zweifel erhaben. Kein Investor würde uns vorhalten, dass die wertorientierte Steuerung für uns falsch ist. Der Vorstand berichtet in seinen Präsentationen darüber. Die Vorstände kennen das (wertorientierte) Konzept in- und auswendig. Trotzdem führen wir die Diskussion darüber nicht häufig.
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Wenn, dann erhalten wir Feedback von ausländischen Investoren, die fragen, wie genau nehmt ihr eure (wertorientierten) Ziele, ansonsten sehr, sehr wenig Feedback dazu. Wir erhalten positives Feedback unserer institutionellen Anleger. Mit privaten Anlegern führen wir dazu keine Gespräche und Diskussionen. Die Anleger schätzen unsere wertorientierte Kommunikation, da sie dadurch ein transparentes Bild der Geschäftsentwicklung und somit eine bessere Grundlage für ihre Investmententscheidungen erhalten.
Frage 11: Welchen Stellenwert besitzt die Unternehmenswertorientierung bei Ihrer Kommunikation mit Analysten und institutionellen Anlegern? Diese Frage hat zum Ziel, den Stellenwert der Unternehmenswertorientierung in der Kommunikation mit Analysten und institutionellen Anlegern herauszuarbeiten. Für 20 der 26 befragten Investor-Relations-Manager besitzt die Diskussion über das Value Reporting keinen oder nur einen geringen Stellenwert. Das heißt, sowohl Investor-Relations dieser Unternehmen als auch institutionelle Investoren bzw. Analysten sehen laut der Interviewpartner dieses Thema nicht als wichtig genug an, um ein Agendapunkt ihrer bilateralen Meetings zu sein, wie dies nach der Literaturrecherche zu erwarten gewesen wäre. Sie legen dies wie folgt dar:
Dieses Thema besitzt keinen Stellenwert. Wir sprechen nicht darüber. Wertorientierung ist kein Thema bei Meetings des CEO mit Fondsmanagern. Kein Stellenwert. Wir verhalten uns, wie dies der Kapitalmarkt von uns verlangt. Auch Großinvestoren fordern dies nicht von uns. Von uns wird dieses Thema nicht aktiv angesprochen und gefördert. Andere Themen sind wichtiger wie z.B. Wachstum im Vergleich zum Markt, Steigerung der operativen Marge und Earnings per Share. Die EBIT-Marge und das organische Wachstum sind leichter vergleichbar. Je mehr man mit EVA arbeitet, erkennt man, dass er durch die vielen Anpassungen wesentlich komplizierter ist als gedacht. Das hat dazu beigetragen, dass nach dem starken Aufschwung 2000 die Wertorientierung an Bedeutung verloren hat. Dieses Thema ist auch intern nicht mehr auf der Agenda wie vor 10 Jahren. Zielvorgaben werden auch nicht mehr mit EVA vorgegeben. Wertorientierung ist nicht Teil der Regelkommunikation und der (Unternehmens-) Präsentationen. Damit kann man ablesen, welche geringe Rolle dieses Thema im Gespräch mit Investoren und Analysten einnimmt. Kein Stellenwert. Sie sind der Erste, mit dem ich seit fünf Jahren über dieses Thema spreche.
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Dagegen betonen sechs Unternehmen, dass diesem Thema in ihrer Kommunikation ein Stellenwert zukommt. Ihre Investoren wie auch Analysten wollen wissen, in welchen Geschäftsbereichen die Unternehmen ihr zur Verfügung stehendes Kapital allokieren. Dies ist als klarer Hinweis zu werten, dass diese Kapitalmarktteilnehmer Interesse an den Ergebnissen einer wertorientierten Steuerung haben und diese Informationen bei ihrer eigenen Entscheidungsfindung Verwendung finden, was folgende Zitate aufzeigen:
Analysten wollen wissen, in welchen Geschäftsfeldern wir das Kapital allokieren. Hoher Stellenwert bei Investorentreffen. Analysten wollen wissen, ob wir die Kapitalkosten verdienen. Finanzvorstand präsentiert dieses Thema fast in jeder Roadshow und bei Analystenmeetings.
Frage 12: Welches Feedback erhalten Sie von Analysten zur Kommunikation und Ermittlungsweise Ihres wertorientierten Erfolgs? Auf die Frage nach dem Feedback der Analysten zur wertorientierten Kommunikation in den DAX-30 Unternehmen antworteten 21 der 26 befragten InvestorRelations-Verantwortlichen, dass sie darüber kein oder nur vereinzelt Feedback erhalten. Die aufgeführten Zitate sollen dies belegen:
Wir erhalten kein Feedback von den Analysten. Wertorientierung ist kein aktuelles Thema für sie. Wenig Feedback. Analysten haben eigene Modelle. Wenn sie eine vergleichbare Aussage machen wollen, fällt ihnen dies mit EBIT und ROCE leichter als mit einem wertorientiertem Ergebnis. Kein Feedback. In den letzten Jahren gab es kein One-on-one mit Analysten, in dem wertorientierte Steuerung besprochen wurde. Wir haben 30 Sell-Side Analysten. Bisher gab es in keinem Meeting Forderung von Analystenseite, über residuales Gewinnkonzept zu kommunizieren. Kein explizites Feedback zur wertorientierten Steuerung. Analysten wollen wissen, wie stressresistent unser Geschäftsmodell ist. Kein Feedback zu Value Added. Thema ist auch nicht Teil der Analystenpräsentation. Es gibt kritische Nachfragen zu den Kapitalkosten, deren Höhe und dem Betafaktor. Wenn ich jetzt ein Seminar zu diesem Thema mache und Analysten einlade, glaube ich nicht, dass viel Interesse bestünde.
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Fünf der DAX-30 Konzerne erhalten Feedback von Analysten zu ihrem Value Reporting. Alle diese Unternehmen gehören zur Gruppe, die dieses Thema in einer gewissen Ausführlichkeit in ihrem Geschäftsbericht präsentiert. Die interviewten Investor-Relations-Verantwortlichen berichten darüber wie folgt:
Positives Feedback. Analysten loben hohe Informationsqualität und Transparenz. Wir erhalten Lob dafür, da wir ausführlich erläutern und damit Analysten helfen, den WACC festzustellen. Tolles Feedback, da wir ihnen die gewünschten Infos liefern. Positives Feedback. Analysten fragen nach detaillierten Informationen zur Ermittlung der wertorientierten Kennzahl sowie deren Entwicklung über einen Zeitraum von fünf Jahren.
Frage 13: Welchen Nutzen der Wertorientierung sehen Sie für private Anleger? 22 Teilnehmer des Interviews sehen keinen Nutzen der Wertorientierung und damit der wertorientierten Berichterstattung für private Anleger, während vier der 26 Investor-Relations-Manager diesem Thema einen Mehrwert zuweisen. In den Antworten zur Frage 4 finden sich auch Hinweise, die die hohe Zahl derer, die keinen Nutzen sehen, unterstützt. Es wird die höhere Komplexität der Konzepte angeführt wie auch das primäre Interesse der Kleinaktionäre an Dividenden und Aktienkursen. Zieht man die Umfrageergebnisse des Deutschen Aktieninstitutes hinzu, das die Präferenzen privater Anleger untersuchte, wird deutlich, dass diese Aktionärsgruppe ihre Unternehmensinformationen zu allererst aus der Presse und entsprechenden Fernsehsendungen bezieht und erst an dritter Stelle aus dem Geschäftsbericht.983 Die Investor-Relations-Manager bezeichnen Journalisten als untergeordnete Adressaten für ihre wertorientierte Kommunikation. Daraus folgt, dass sich private Anleger ihre Meinungen aus den Informationen bilden, die ihnen ihre bevorzugten Informationskanäle zur Verfügung stellen und diese liefern laut Investor-Relations-Manager keine wertorientierten Nachrichten. Die Antworten der Investor-Relations-Verantwortlichen weisen ein breites Spektrum an Einschätzungen auf:
Die haben nur eine Frage. Wieso läuft der Kurs nicht? Durchschnittlicher Privatanleger ist mit einem derart betriebswirtschaftlich angelegten Modell überfordert. Andererseits wird er die generelle Aussage, ob das Unternehmen Wert geschaffen oder Werte vernichtet hat, sicherlich registrieren.
983 Vgl. von Rosen, R. (2009), S. 29.
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Sie schauen nicht darauf. Schauen Sie, wie hoch der Aufwand ist, diese (wertorientieren) Ergebnisse zu analysieren. Es ist fast ein full-time Job. Diejenigen, die sich hobbymäßig durch Geschäftsberichte durcharbeiten, sind relativ selten. Dies ist kein Thema für Privatanleger. Privatanleger haben keinen Nutzen. (Um dies zu ändern, müsste) wertorientiertes Ergebnis stärker mit Dividende verknüpft werden. Auch Schutzvereinigungen der Anleger fragen zu den (üblichen) Kennziffern und nicht zu den wertorientierten Kennzahlen.
Im Gegensatz dazu sehen vier der befragten Investor-Relations-Manager durchaus einen Nutzen für die privaten Anleger. Sie betonen den impliziten Nutzen für die Kleinaktionäre durch Investitionsentscheidungen, bei denen Unternehmen wertorientierte Kriterien zugrunde legen:
Nutzen hoch. Private Anleger profitieren vom Fokus des Unternehmens auf die Steigerung des Unternehmenswerts durch Portfolio- und Investitionsentscheidungen, um eine Verzinsung über den Kapitalkosten zu erzielen. Wichtig für Anleger: Kann ich nachvollziehen, was das Unternehmen macht und vorhat?
Frage 14: Welche Konsequenzen von Anlegerseite würden Sie erwarten, falls es diese Kommunikation im nächsten Geschäftsbericht nicht mehr geben würde? 15 der interviewten Gesprächspartner erwarten für diesen angenommenen Fall keine Konsequenzen von Anlegerseite. Allerdings würden elf DAX-30 Konzerne mit Folgen rechnen und wollen daher von einer möglichen Streichung wertorientierter Inhalte nichts wissen. Sie befürchten in diesem Fall negative Reaktionen am Kapitalmarkt, die sich u.a. im Aktienkurs bemerkbar machen würden. Die zuständigen Investor-Relations-Verantwortlichen argumentieren wie folgt:
Es würde kritisch hinterfragt werden und man würde sich dem Verdacht aussetzen, dass man die Transparenz reduzieren möchte. Das Einstellen der wertorientierten Kommunikation würde zu erhöhter Verunsicherung und somit höherem Risiko für die Anleger führen. Dadurch könnte letztlich die Performance der Aktie beeinträchtigt werden. Aktionär hat doch Anrecht, vollständig über die Kenngrößen des Unternehmens informiert zu sein. Eine Streichung wäre nicht zeitgemäß. Es würde Nachfragen geben, warum wir das nicht mehr liefern. Machen wir das nur nicht, weil wir 2009 negativen Wert zu berichten haben? Wollen wir etwas unter den Teppich kehren? Haben wir uns von der (wertorientierten) Steuerung verabschiedet?
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Könnte uns negativ angekreidet werden, dass wir die Schotten dichtmachen und intransparent werden. Vorher Transparenz zu zeigen und dies dann zurückziehen, würde Misstrauen säen. Es würden viele aufschreien, gewisse Kleinaktionäre während der Hauptversammlung, die jede Änderung zum Vorjahr im Bericht bemängeln.
Einige der Antworten beziehen sich darauf, dass Änderungen im Geschäftsbericht grundsätzlich bemängelt werden und nicht, dass die Streichung eines bestimmten Inhalts zu ungewünschten Folgen auf Kapitalmarktseite führen würde. Unternehmensvertreter erwarten Konsequenzen, da sie davon ausgehen, dass Aktionäre und Analysten diese Aktion mit einer vom Unternehmen beabsichtigten Verminderung der Transparenz gleichsetzen würden. Trotz dieser Argumente vermuten 15 Investor-Relations-Manager, dass für ihre Unternehmen in einem solchen Fall mit keinen ernstzunehmenden Konsequenzen zu rechnen sei. Sie weisen folgendermaßen darauf hin:
Es würde kein großer Schaden entstehen. Durchdringung des Geschäftsberichts findet durch die Leserschaft nur begrenzt statt und fokussiert sich nur auf bestimmte Kennzahlen. Wenn es Nachfragen dazu gäbe, dann kämen die eher von Wissenschaftsseite. Keine großen Folgen, wenn diese drei Seiten nicht mehr im Geschäftsbericht wären. Es käme nichts von privaten Anlegern. Bei institutionellen Anlegern würde dies auffallen. Doch wäre dies kein Problem, wenn diese Infos via (Unternehmens-) Präsentationen geliefert würden. Sie müssen nicht im Geschäftsbericht sein. Wir würden es überleben, weil wir viel Kredibilität und viel Bewusstsein nach außen aufgebaut haben. Wir hätten in diesem Fall nichts zu befürchten. Es würde nicht viel passieren. Wenige Anfragen von Spezialisten. Es würde keine Reaktion kommen, da jetzt auch kein Druck herrscht, diese Werte zu veröffentlichen. Niemand würde kommen. Vielleicht die Wirtschaftsprüfer, um zu verstehen, warum wir dies herausgenommen haben. Analysten und Fondsmanager nutzen den Geschäftsbericht nicht als primäre Informationsquelle, sondern den direkten Kontakt mit Vorständen. Daher wäre in diesem Fall negatives Feedback gering. Besonders nicht von privaten Anlegern, nur wenn die Presse dies aufnehmen würde, käme Feedback von privaten Anlegern.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Frage 15: Welche Medien setzt Ihr Unternehmen neben dem Geschäftsbericht ein, um den wertorientierten Ansatz Ihres Unternehmens nach außen zu kommunizieren? Auf diese Frage antworten neun der 26 befragten Unternehmen, dass sie auch andere Medien für diese Kommunikation nutzen. Unternehmenspräsentationen wie auch Präsentationen für Analysten und Investoren werden in diesem Zusammenhang bevorzugt eingesetzt. Zudem nennen jeweils zwei Konzerne Quartals- bzw. Zwischenberichte sowie Presseveröffentlichungen als Instrumente ihrer unternehmenswertorientierten Berichterstattung. Dagegen geben 17 der Befragten an, dass sie, wenn überhaupt, ausschließlich den Geschäftsbericht nutzen, um den Kapitalmarkt mit wertorientierten Informationen zu versorgen. Die folgenden Zitate aus den Interviews führen einige Sichtweisen der Interviewpartner auf:
Die Wertorientierung ist nicht Teil der Regelkommunikation außerhalb des Geschäftsberichts. (Wir veröffentlichen diese Angaben) nirgendwo sonst. Wir haben früher wertorientiert in der Presseinformation kommuniziert. Jetzt nicht mehr.
Die beiden Fragen außerhalb des Leitfadens wurden den Gesprächspartnern nach Abarbeitung der 15 Fragen zusätzlich gestellt. Die erste der beiden Fragen möchte von den Investor-Relations-Verantwortlichen wissen, ob die wertorientierte Berichterstattung in den Besprechungen und Gesprächen mit ihren Kollegen der anderen DAX-Konzerne eine Rolle spielt. Die Leiter der DAX-30 InvestorRelationsfunktionen treffen sich üblicherweise zweimal im Jahr. Sämtliche Interviewpartner antworteten unisono, dass dieses Thema nicht auf der Agenda steht und wenig in bilateralen Gesprächen angesprochen wird. Auch berichtet keiner dieser Manager von Anfragen wertorientierten Bezugs von anderen Investor-Relations-Funktionen außerhalb des DAX-30. Diese Sichtweisen bestätigen die Ergebnisse der vorangegangenen Fragen. Denn auch hier ist davon auszugehen, dass Themen, die von Interesse für die Investor-Relations-Manager sind, dort behandelt werden. Themenpunkte, die an solchen Besprechungen auf der Tagesordnung standen, umfassen u.a. aktive Investoren, Hedgefonds, externe Dienstleister für Investorenkonferenzen bzw. Analystenmeetings oder auch Einkommensthemen. Mit der zweiten Frage eruierte der Interviewer die Meinung der Gesprächspartner über die Fragen des Leitfadens und ob der Untersuchungsgegenstand aus ihrer Sicht damit zufriedenstellend untersucht werden konnte. Der überwiegende Teil der Investor-Relations-Verantwortlichen bezeichnete sowohl den Umfang als auch die Fragen als passend und relevant, was sie folgendermaßen ausdrückten:
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Fand es sehr umfassend, alle Fragen relevant. Mir hat nichts gefehlt. Ich bin froh, wie dieses Gespräch verlaufen ist.
Obwohl sie konstatierten, dass ihnen nichts fehlte, wiesen einige der Interviewten auf hilfreiche Aspekte hin, die den Kreis der Interviewten betrifft. Sie empfanden die Fokussierung auf die wertorientierte Berichterstattung im Geschäftsbericht als zu eng gefasst. Ein Gesprächspartner schlug vor, neben den InvestorRelations-Funktionen auch andere Kapitalmarktteilnehmer wie z.B. institutionelle Anleger zu befragen, um einen weiteren Blickwinkel und damit eine breitere Sichtweise zu erlangen. Sie drückten sich wie folgt dazu aus:
Fragenkatalog ist zu eng auf Geschäftsberichtskommunikation begrenzt. Man könnte einen weiteren Kreis der Beteiligten wählen, z.B. Originalton institutioneller Anleger einholen (damit ist gemeint, institutionelle Investoren zu interviewen).
Weitere dieser Investor-Relations-Manager sehen statt der Wertorientierung die Diskussion um Corporate Sustainability im Vordergrund. Sie halten dieses Themenumfeld für interessanter und aktueller, wie sie im folgendem aussagen:
Thema Nachhaltigkeit ist ein interessanter Aspekt. Shareholder Value ist ein 90er-Thema. Fragen zur nachhaltigen Unternehmensführung kommen stärker in den Fokus und haben stärkere Bedeutung als die Wertorientierung.
Zwei Investor-Relations-Manager, die den Leitfaden für nicht ausreichend hielten, hätten sich eine breitere Definition des Begriffs Wertorientierung gewünscht („alles, was den Aktienkurs nach vorne bringt“) und hätten Fragen zum Wettbewerb um Kapital sowie andere Möglichkeiten Wert zu messen erwartet. Ihre Vorschläge sind:
Welches ist ihrer Meinung nach die beste Methode, Wert zu messen? Was triggert den Wettbewerb um das Kapital?
b.
Analyse, Interpretation und Kommentierung
Die Meinungen der 26 interviewten Investor-Relations-Manager liefern ein aufschlussreiches Bild über die Relevanz der wertorientierten Berichterstattung für ihre Unternehmen. Zwar weisen die Antworten auf die einzelnen Fragen ein
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breites Spektrum auf, doch insbesondere bei der Beantwortung der Schlüsselfragen stimmten die Experten in ihren Einschätzungen weitgehend überein. Die Interviewaussagen lassen sich zu folgenden Kernaussagen verdichten: 1.
Der überwiegende Teil der Dax-30 Unternehmen setzt wertorientierte Konzepte und Kennzahlen in der internen Unternehmenssteuerung ein. Sie nehmen den Nutzen der Wertorientierung für die interne Unternehmenssteuerung als höher wahr verglichen mit der wertorientierten Berichterstattung. 2. Der stärkste Impulsgeber für die Einführung der wertorientierten Berichterstattung der DAX-30 Konzerne war die Shareholder Value-Diskussion der 1990er Jahre. 3. Die primäre Intention der Veröffentlichung wertorientierter Informationen liegt in der Erhöhung der Transparenz für den Kapitalmarkt, um dadurch deutlich zu machen, dass die Steigerung des Unternehmenswerts durch effizienten Kapitaleinsatz eine strategische Zielsetzung darstellt. 4. Das hauptsächliche Kommunikationsmedium für die wertorientierte Berichterstattung ist der Geschäftsbericht. 5. Institutionelle Anleger und Analysten sind für die DAX-30 Konzerne die primären Adressaten der wertorientierten Berichterstattung im Geschäftsbericht. 6. Privatanleger, Fremdkapitalgeber und die Presse bzw. Medien gelten als Adressaten von untergeordneter Relevanz. 7. Die Investor-Relations-Manager sehen keinen direkten Nutzen durch die wertorientierte Berichterstattung für Privatanleger. 8. In der persönlichen Kommunikation zwischen DAX-30 Konzernen und institutionellen Anlegern bzw. Analysten nimmt die wertorientierte Berichterstattung im besten Fall eine untergeordnete Rolle ein. Beiden Adressatengruppen legen Wert darauf zu wissen, dass die DAX-30 Konzerne wertorientierte Konzepte in ihrer Steuerung einsetzen. Doch verlangen sie keine detaillierten Informationen dazu. 9. DAX-30 Konzerne erhalten von ihren institutionellen Anlegern bzw. Analysten keine oder nur sehr spärlich Rückmeldung zu ihrer wertorientierten Berichterstattung. 10. Die Investor-Relations-Manager haben kein verändertes Anlegerverhalten aufgrund der Einführung der wertorientierten Berichterstattung wahrgenommen. 11. Die Bedeutung der wertorientierten Berichterstattung wird insgesamt als nicht relevant genug eingeschätzt, um ihre Wirksamkeit explizit zu messen. 12. Die wertorientierte Berichterstattung liefert in Krisenzeiten keine entscheidungsrelevanten Informationen für den Kapitalmarkt.
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13. In Krisenzeiten werden traditionelle Maßstäbe wie EBIT, ROCE, Marge, Cashflow, Leverage und Liquidität weiterhin als wichtigste Gradmesser des Erfolges angesehen. 14. Die wertorientierte Berichterstattung gilt als ein Thema für Boomzeiten. 15. Die Beendigung der wertorientierten Berichterstattung im Geschäftsbericht würde keine nachhaltig negativen Folgen von Anlegerseite nach sich ziehen. 16. Die Bedeutung der wertorientierten Berichterstattung hat zwar insgesamt nachgelassen. Trotzdem stellt die wertorientierte Berichterstattung für einige der DAX-30 Konzerne weiterhin ein wichtiger Nachweis für ihre unternehmerische Leistungsfähigkeit dar. Für die Mehrzahl der Investor-Relations-Manager liegt die Zielsetzung der wertorientierten Berichterstattung in der Erhöhung der Transparenz für den Kapitalmarkt, was nicht sonderlich überrascht, sondern zu erwarten war. In ihren Meinungsäußerungen stimmen die Investor-Relations-Manager einhellig darin überein, dass institutionelle Anleger und Analysten als Hauptadressaten für ihr Value Reporting angesehen werden, während private Anleger wie auch die Presse hierfür keine spezifischen Zielgruppen darstellen. Die Interviewpartner weisen dazu in ihren Antworten darauf hin, dass sie einerseits das wertorientierte Konzept als zu komplex für beide Gruppen ansehen und dass anderseits diese auch nicht an wertorientierten Informationen interessiert seien, was sie u.a. am nicht existierenden Feedback bzw. an fehlenden Nachfragen festmachen. Im Gegensatz dazu kann man davon ausgehen, dass professionelle Investoren und Analysten die Informationen aus der wertorientierten Berichterstattung nicht nur verstehen, sondern auch für ihre Entscheidungsfindung einsetzen, falls sie diese für entscheidungsrelevant halten. Doch bemerkenswerterweise spielt das Thema Wertorientierung in der persönlichen Kommunikation der Unternehmen mit diesen beiden Adressatengruppen bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Daraus könnte man entweder folgern, dass die wertorientierte Berichterstattung der Unternehmen in ihrer Darstellung im Geschäftsbericht eine ausreichende Informationstiefe besitzt und den Informationsbedarf vollständig deckt oder dass beide Gruppen diese Informationen für ihre Entscheidungsfindung nicht benötigen. Erstere Annahme erscheint nicht stichhaltig, da die Informationsversorgung zu diesem Thema in den Geschäftsberichten der DAX-30 Konzerne in höchst unterschiedlicher Qualität und unterschiedlichem Umfang von statten geht (siehe Kapitel D.II.5.a). Anleger und Analysten müssten also teilweise in den regelmäßigen Besprechungen mit Unternehmen Nachfragen stellen, um sich ein umfassendes Bild über die Leistungsfähigkeit aus wertorientierter Sicht zu verschaffen. Doch dem ist laut der interviewten Investor-Relations-Manager nicht so. Dieses Ergebnis ist umso bemerkenswerter, wenn man in Betracht zieht, dass der Ge-
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schäftszweck institutioneller Anleger und Analysten darin besteht, Marktchancen und Werte von Unternehmen zu analysieren, um daraus Handlungsanweisungen für sich und ihre Kunden ableiten zu können. Denn ihr Hauptziel besteht darin, die Unternehmen im Hinblick auf attraktive Anlagemöglichkeiten zu bewerten. Sie analysieren das Potential von Investments und leiten daraus einen zu erwartenden Return ab bzw. geben Kauf- bzw. Verkaufsempfehlungen an ihre Auftraggeber oder an den Kapitalmarkt. Institutionelle Anleger und Analysten üben durch ihre Marktmacht einen beträchtlichen Einfluss auf die weitere Wertentwicklung der Aktien aus. Für Unternehmen und deren Investor-RelationsFunktionen stellen sie logischerweise die Hauptgesprächspartner dar, die (je nach Wichtigkeit) zumindest quartalsweise über die aktuellen Entwicklungen zu informieren sind. Man kann davon ausgehen, dass die Agenden dieser Besprechungen die Punkte enthalten, die sowohl dem Unternehmen wie auch den beiden Adressatengruppen als wichtig erscheinen. Ein Unternehmen wird also bestrebt sein, Argumente, die die eigene Attraktivität erhöhen, zu präsentieren, während institutionelle Anleger und Analysten Informationen einfordern, die ihnen erlauben, das Potential des Unternehmens realistisch einschätzen zu können. Bezieht man sich auf die Literatur, ist die Wertorientierung darauf ausgerichtet, dass Unternehmen der Forderung von Anlegern nach adäquater Verzinsung ihres Investments höchste Priorität einräumen (siehe Kapitel C.I.1). Der Kapitalmarkt wird demnach nur Unternehmen, die Wert schaffen und sich daran messen lassen, Geldmittel ohne große Risikoaufschläge zur Verfügung stellen. Damit erhalten diese Unternehmen entscheidende Vorteile gegenüber Wettbewerbern, die diese Informationen nicht bereitstellen. Die Theorie zum Nutzen wertorientierter Kommunikation gibt Anlass zur Vermutung, dass gerade institutionelle Anleger und Analysten (Sell und Buy) daran interessiert sein müssten, diese Informationen für ihre Entscheidungsfindung zur Verfügung zu haben. Doch laut den Ergebnissen aus den Interviews misst der überwiegende Teil der Befragten diesem Thema in der direkten Kommunikation keine oder nur geringe Bedeutung bei. Diese Schlussfolgerung wird durch die Aussagen der Interviewpartner dahingehend gestützt, dass der Geschäftsbericht zumeist das einzige Kommunikationsmedium für die wertorientierte Berichterstattung der Unternehmen darstellt – und dieser wird nur einmal im Jahr erstellt und veröffentlicht. Aufgrund dieser niedrigen Veröffentlichungsfrequenz wird deutlich, dass Analysten bzw. Investoren entweder unterjährig wertorientierte Informationen anfordern müssten oder sie nicht für ihre Entscheidungsfindung heranziehen. Aus den Interviews geht hervor, dass Letzteres der Fall ist. Woraus nicht geschlossen werden sollte, dass institutionelle Anleger und Analysten dem wertorientierten Konzept ablehnend gegenüberstehen. Denn laut Aussagen der Investor-Relations-Manager schätzen
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es beide Gruppen, wenn die Unternehmen für ihre interne Steuerung wertorientierte Ansätze hinzuziehen. Interessant erscheinen auch die Aussagen der interviewten InvestorRelations-Manager, dass sie für private Anleger wenig bis keinen Nutzen durch die wertorientierte Berichterstattung sehen. Sie argumentieren, dass diese Aktionärsgruppe primär auf die Dividende und die Kursentwicklung fokussiert sei. Die Gründe dafür sehen sie in einer für die Mehrzahl der Privatanleger nicht eingängigen Verständlichkeit der wertorientierten Konzepte und im beträchtlichen Aufwand, die veröffentlichten Ergebnisse so analysieren zu können, dass die Privatanleger die Leistungsfähigkeit des jeweiligen DAX-30 Konzerns daraus ableiten können. Da viele Kleinaktionäre nicht die entsprechenden betriebswirtschaftlichen Kenntnisse besitzen, sind sie darauf angewiesen, durch Presse oder Wirtschaftssendungen im Fernsehen bzw. Radio die notwendigen Hintergründe erklärt zu bekommen und sich aufgrund der Einschätzungen der Journalisten ein Bild über die wertorientierten Ergebnisse machen zu können. Doch dieses Thema findet in den Medien in der Regel keinen Raum, wie die Investor-Relations-Manager betonen. Den DAX-30 Konzernen ist diese Tatsache bewusst. Daher nutzen einige ihre Jahresberichterstattung auch dafür, die Leserschaft in einer verständlichen Weise („keine Anglizismen“) ausführlich über ihre Steuerungskonzepte zu informieren. Jedoch zeigt die Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts, dass der Geschäftsbericht bei Privatanlegern nach Presse und Wirtschaftssendung im Fernsehen erst an dritter Stelle kommt, wenn es darum geht, sich über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens zu informieren. Zudem konstatieren die Investor-Relations-Manager, dass die Durchdringung des Geschäftsberichts durch die Privatanleger nur begrenzt stattfindet. Da die Unternehmen nur sehr selten Feedback bzw. Nachfragen zur wertorientierten Berichterstattung erhalten, können sie nicht einschätzen, wie gut die Berichterstattung den Wissenserwerb der Privatanleger unterstützt. Die Beantwortung der Frage zum Nutzen der wertorientierten Berichterstattung in wirtschaftlichen Krisenzeiten liefert ein weitgehend übereinstimmendes Ergebnis aus den Interviews. Die meisten Interviewpartner berichten, dass der Kapitalmarkt der eher traditionellen Ergebnisdarstellung mit EBIT, Umsatzwachstum, Cashflow, Liquidität etc. den klaren Vorzug vor wertorientierten Ergebnissen gibt, um sich ein Bild machen zu können, in welcher wirtschaftliche Situation sich ein Unternehmen befindet und welches Zukunftspotential es besitzt. Die Vergleichbarkeit traditioneller Kennzahlen sowohl innerhalb einer Branche als auch national wie international wird gegenüber den wertorientierten Ergebnissen als höher eingeschätzt. Dies ist insbesondere wichtig, da professionelle Anleger wie auch Analysten eigene Bewertungsmodelle einsetzen, in die diese Kennzahlen einfließen.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Auch die Antworten auf die Frage nach Konsequenzen von Anlegerseite auf eine etwaige Beendigung der wertorientierten Berichterstattung bieten aufschlussreiche Einblicke. Da die Mehrzahl der Interviewpartner aussagt, dass sie von Anlegerseite kein oder fast kein Feedback dazu erhält, könnte man annehmen, dass die Folgen einer solchen Entscheidung zu vernachlässigen seien. Diese Schlussfolgerung teilen die meisten der Gesprächspartner. Sie erwarten einerseits von Seiten der Privatanleger wenig bis keine Reaktion und betonen, dass sie dies auch so von institutioneller Seite annehmen würden, vorausgesetzt diese Anleger würden von ihnen entsprechend informiert und bekämen die Bestätigung, dass weiterhin die Effizienz des Kapitaleinsatzes die Grundlage der Unternehmenssteuerung bliebe. Einige sehen sich jedoch trotz der „Freiwilligkeit“ dieser Berichterstattung in der Pflicht, die wertorientierte Berichterstattung aufgrund der Kontinuität zum Wohle der Transparenz aufrechtzuerhalten. Einige andere DAX-30 Konzerne haben wertorientierte Kennzahlen wie z.B. den CVA in die Riege ihrer Spitzenkennzahlen aufgenommen, anhand derer Unternehmensexterne auf einen Blick viel über die Leistungsfähigkeit erfahren können. Diese Aktiengesellschaften legen sehr großen Wert darauf, dies entsprechend in ihrem Geschäftsbericht darzustellen und sehen daher in einer Beendigung ihrer wertorientierten Berichterstattung keinen Sinn. Insgesamt lässt sich aufgrund der Ergebnisse aus den Interviews feststellen, dass die Investor-Relations-Manager die Wertorientierung in der Berichterstattung als nicht mehr so bedeutend wie vor 10 Jahren erachten, sondern wertorientierte Informationen zumeist als Zusatzinformation einsetzen, um die Transparenz auf das Unternehmen zu verbessern.
7.
Aussagegrenzen
Diese Untersuchung unterliegt Aussagegrenzen, die es zu beachten gilt, um die Ergebnisse besser einordnen zu können. Im Folgenden werden diese aufgeführt:
DAX-30: Im Fokus dieser Untersuchung steht die wertorientierte Berichterstattung der DAX-30 Unternehmen. Unternehmen außerhalb dieses Aktienindexes sind weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene betrachtet worden. Stichprobe: Die Stichprobe umfasst 26 Investor-Relations-Manager. Dies erscheint absolut gesehen als eine geringe Anzahl, doch sie repräsentiert 86% aller DAX-30 Unternehmen. Investor-Relations: Die im Interview erfassten Meinungen stammen ausschließlich von Vertretern der Investor-Relations Funktionen, in der Regel
I Explorative Experteninterviews zur Evaluation der Relevanz wertorientierter Kommunikation
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von den Leitern Investor-Relations. Diese zeichnen sich verantwortlich für die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt und arbeiten sowohl mit der Unternehmensführung als auch mit den Anlegern bzw. mit den Analysten zusammen. Andere Funktionen innerhalb des Unternehmens wurden nicht an dieser Untersuchung beteiligt. Empfänger: Anleger und Investoren wurden in diese Befragung nicht eingebunden. Antworten aus diesem Adressatenkreis können damit nicht als zusätzliche Information bzw. Korrektiv oder Relativierung in Betracht gezogen werden. Die Meinungen der Sender, also der Informationsanbieter, stellen die alleinige Grundlage für diese Untersuchung dar. Geschäftsbericht: Der Befragung lag die Geschäftsberichterstattung des Jahres 2008 zugrunde. Jahresvergleich: Es wurde kein Zeitvergleich vorgenommen. Benchmark: Es wurde kein Benchmark bestimmt, das als Richtmaß ideale bzw. optimale Antworten als Vergleich anböte. Sichtweise: Die Sichtweisen der Interviewpartner sind durch die damalige Finanz- und Wirtschaftskrise sowie das Wissen um die Geschäftsergebnisse des Jahres 2009 geprägt. Bis auf wenige Ausnahmen kämpften die DAX-30 Unternehmen in der damaligen Wirtschaftskrise mit Umsatzrückgängen und Gewinneinbrüchen, was den Unternehmensalltag signifikant beeinflusst. Ehrlichkeit: Es besteht zwar keine absolute Sicherheit, dass die Interviewpartner ihre tatsächlichen Meinungen geäußert haben. Doch durch die Zusicherung der Anonymität in der Auswertung und das Fehlen eines wirklichen Vorteils durch eine „Falschaussage“ kann man davon ausgehen, dass die interviewten Investor-Relations-Manager die jeweilige Sachlage ehrlich wiedergegeben haben. Zudem war den Untersuchungsteilnehmern bewusst, dass auch mit ihren Kollegen anderer DAX-30 Konzerne entsprechende Interviews geführt wurden. „Ausreißer“ wären für den Interviewer durch den Vergleich mit den Ergebnissen der anderen Interviews einfach zu identifizieren. Es besteht keine absolute Sicherheit, dass sämtliche Fragen gestellt wurden, die notwendig gewesen wären, um diese Untersuchung umfassend durchzuführen. Um die Vollständigkeit der Fragen zu evaluieren, befragte der Interviewer die Interviewpartner im Anschluss an das Interview, ob ihnen Fragen zur umfassenden Darstellung des zu untersuchenden Gegenstandes gefehlt haben. Sie unterbreiteten nur wenige Vorschläge und bestätigten, dass sowohl vom Inhalt wie auch vom Umfang her die passenden Fragen für dieses Themenumfeld gestellt wurden.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
II
Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation in den Geschäftsberichten der DAX-30 Konzerne II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation Dieser Untersuchungsteil zielt darauf ab herauszuarbeiten und zu bewerten, in welcher Qualität, mit welcher Intensität und mit welchen Kennzahlen die DAX30 Konzerne das Thema Unternehmenswertorientierung in ihren Geschäftsberichten aufgreifen und kommunizieren. Die Bewertung erfolgt anhand vorab definierter Kriterien, deren Erfüllungsgrad, d.h. deren Qualität, mittels einer Punktebewertung gemessen wird. Auf diese Weise lässt sich feststellen, welche der Kriterien die Unternehmen als bedeutsam erachten, wo sie Lücken aufweisen und wie sie sich untereinander in den verschiedenen Merkmalsausprägungen unterscheiden. Die Gesamtpunktzahl pro Unternehmen repräsentiert den Stellenwert, den die wertorientierte Kommunikation in den Geschäftsberichten der DAX-30 Konzerne einnimmt. Die folgende Auswertung basiert auf den Geschäftsberichten des Jahres 2008 der DAX-30 Unternehmen. Geschäftsberichte gelten in Deutschland als wichtiges Kommunikationsmedium zwischen Publikumsgesellschaften und Anlegern. Daher kann man davon ausgehen, dass Unternehmen alles, was sie als hilfreich für ihre Positionierung am Kapitalmarkt erachten, darin aufnehmen.
1.
Bisheriger Forschungsstand
Die wertorientierte Berichterstattung im Geschäftsbericht ist Thema vieler empirischer Untersuchungen. Fischer/Wenzel haben dazu in ihrer Untersuchung über das Value Reporting Studien bis zum Erscheinungsjahr 2003 aufgeführt.984 Sie referenzieren Arbeiten aus der Literatur, die sich mit Einflussfaktoren auf die Berichterstattung auseinandersetzen, wie z.B. Ahmed/Courtis, Wagenhofer/Ewert und Fischer.985 Des Weiteren nennen die beiden Autoren Studien von Armeloh, Häger, Holdhof, Krumbholz und Rolvering, die die verpflichtende Berichterstattung zum Thema haben,986 sowie Untersuchungen, die sich auf das freiwillige Publizitätsverhalten987 beziehen. Fischer/Wenzel konstatieren, dass zum Zeitpunkt ihrer Betrachtung neben der oben erwähnten Arbeit von Fischer
984 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 83. 985 Vgl. Ahmed K./Courtis, J. (1999), S. 45; Wagenhofer, A./Ewert, R. (2003), S. 364; Fischer, A. (2003), S. 393. 986 Vgl. Armeloh, K. (1998), S. 231; Häger, R. (1993), S. 133; Holdhof, G. (1988), S. 118; Krumbholz, M. (1994), S. 245; Rolvering, A. (2002), S. 178. 987 Vgl. Chow, C./Wong-Boren, A. (1987); Hail, L. (2003); Meek, G./Roberts, C./Gray, S. (1995); Raffournier, B. (1995); Wasser, G. (1976), S. 62.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
229
(2003) keine andere Studie zu den Einflussfaktoren auf die wertorientierte Berichterstattung bekannt war.988 Die folgende Auflistung gibt einen Überblick über die Forschung zur wertorientierten Berichterstattung. Sie konzentriert sich aus Aktualitätsgründen auf Arbeiten, die nach dem Jahr 2000 veröffentlicht wurden:
988 989 990 991 992 993 994
Das kennzahlengestützte Value Reporting in der Geschäftsberichtspublizität der Eurostoxx-50-Unternehmen erforschen Quick/Kayadelen/FlashaarBloedorn im Jahre 2008.989 Sie kommen zu der Erkenntnis, dass zwar viele der untersuchten Kapitalgesellschaften wertorientierte Kennzahlen veröffentlichen, doch weniger als die Hälfte dieser Unternehmen über deren Berechnung informiert. Insgesamt konstatieren Quick/Kayadelen/FlashaarBloedorn, dass die beobachtete Qualität nicht ausreicht, um die Aufgaben des Value Reportings zu erfüllen.990 Die Autoren empfehlen daher die Überprüfung der veröffentlichten Kennzahlen des Value Reportings im Rahmen der externen Abschlussprüfung, um das Vertrauen der Kapitalmarktteilnehmer in das Value Reporting zu stärken. Fischer/Wenzel untersuchen mit ihrer Arbeit aus dem Jahr 2005 sowohl den damaligen Stand der wertorientierten Berichterstattung mehrerer Geschäftsjahre aus Sicht der Adressaten wie auch mögliche Wirkungszusammenhänge zwischen bestimmten finanzwirtschaftlichen Kennzahlen und dem Value Reporting.991 Die Qualität der DAX100 Berichterstattung wird mittels eines Scoring-Modells beurteilt, während die Wirkungszusammenhänge mittels statistischer Verfahren geprüft werden. Die Resultate dieser Forschungsarbeit zeigen auf, dass sich die Qualität der wertorientierten Berichterstattung aus Adressatensicht zwischen den verschiedenen Geschäftsjahren signifikant unterscheidet.992 Des Weiteren wurde kein Zusammenhang zwischen einer höheren Qualität des Value Reportings und entsprechenden Auswirkungen auf dem Kapitalmarkt festgestellt.993 Die theoretische Konzeption und die Umsetzung des Value Reportings bei den DAX100 Unternehmen analysieren Ruhwedel/Schultze in ihrer Studie aus dem Jahr 2002.994 Die Datengrundlage dieser empirischen Untersuchung bestand aus der Auswertung der Geschäftsberichte dieser Unternehmen. Die Autoren kommen zum Ergebnis, dass zum damaligen Zeitpunkt Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 83. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 156–164. Vgl. Quick, R./Kayadelen, E./Flashaar-Bloedorn, M. (2008), S. 163. Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 1–144. Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 79–81. Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 115. Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 602–632.
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995 996 997 998 999 1000
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
viele DAX100 Unternehmen zwar wertorientierte Informationen vermittelten, diese jedoch untergeordnet und unvollständig kommunizieren.995 Insgesamt konstatieren sie ein niedriges Gesamtniveau der wertorientierten Informationsbereitstellung. Die Untersuchung von Baetge/Solmecke zu den Grundsätzen und der Konzeption des Value Reportings führen in eine ähnliche Richtung wie bei Ruhwedel/Schultze.996 Sie stellen die Anforderungen an das Value Reporting aus Sicht des Kapitalmarkts den normativen Anforderungen gegenüber, mit dem Ergebnis, dass zwar der Stellenwert des Value Reportings in der Lageberichterstattung zugenommen hat, Investoren jedoch trotzdem nicht sicher sein können, die zur Unternehmensbewertung erforderlichen Informationen in diesem Teil des Geschäftsberichtes zur Verfügung gestellt zu bekommen.997 Eine Analyse der Shareholder Value-Konzepte in ihrer Umsetzung bei den DAX100-Unternehmen führen Aders/Herbertinger/Schaffer/Wiedemann durch.998 Die Untersuchung erfolgte mittels einer Befragung durch einen zehnseitigen Fragebogen mit insgesamt 42 Fragen. Die Forscher analysieren die bei diesen Kapitalgesellschaften zur Anwendung kommenden wertorientierten Konzepte, die Verankerung der Wertorientierung in der Unternehmensstrategie sowie die Operationalisierung dieses Konzepts und die Vergabe wertorientierter vergütungsbasierter Zielvorgaben. In ihrem Urteil befinden sie insgesamt, dass die wertorientierte Publizität der DAX100Unternehmen stellenweise noch verbesserungswürdig ist und daher Informationslücken auf dem Kapitalmarkt bestehen.999 In ihrer Arbeit zur effizienten Kapitalmarktkommunikation von Wachstumsunternehmen mit Finanzanalysten stehen bei Achleitner/Bassen/Pietzsch/ Wichels die Anforderungen an die wertorientierte Berichterstattung im Blickpunkt.1000 Die Wissenschaftler konstatieren, dass Analysten einen hohen Informationsbedarf für ihre Unternehmensbewertungen haben, was sich wiederum direkt auf die Anforderungen der Investor-Relations Arbeit der Kapitalgesellschaften auswirkt. Analysten bevorzugen demnach die persönliche Kommunikation mit dem Top-Management bzw. dem Leiter InvestorRelations der betrachteten Unternehmen, wie die Ergebnisse dieser empirischen Untersuchung belegen. Die Autoren geben Wachstumsunternehmen die
Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 629. Vgl. Baetge, J./Solmecke, H. (2006), S. 16–30. Vgl. Baetge, J./Solmecke, H. (2006), S. 30. Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 719–725. Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 723. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 29–44.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
1001 1002 1003 1004 1005 1006 1007 1008 1009
231
Empfehlung, der externen Kapitalmarktkommunikation in der Unternehmensentwicklung schon frühzeitig hohe Aufmerksamkeit zu schenken.1001 Knauer betrachtet in seiner 2010 veröffentlichten Studie die externe Unternehmenspublizität zum Humankapital und die wertorientierte Berichterstattung.1002 Grundlage für diese empirische Arbeit bilden die Geschäftsberichte dieser Kapitalgesellschaften und die darin enthaltene freiwillige Berichterstattung. Mit seinen Ergebnissen, die er mittels eines Scoring-Modells ermittelt, befindet Knauer, dass die freiwillige Publizität in den Geschäftsberichten als verbesserungswürdig einzustufen ist.1003 Habersetzer/Hilpisch analysieren 2004 u.a. die wertorientierte Berichterstattung der 20 größten Erstversicherer in Deutschland.1004 Die Autoren haben eine schriftliche Befragung dieser Unternehmen durchgeführt, um die Datenbasis für ihre Analyse zu erhalten. Sie kommen zum Ergebnis, dass Versicherungsunternehmen, die wertorientiert führen, zwar bessere Ratings erzielen, sich die Wertorientierung jedoch nicht auf die Börsenperformance der Unternehmen auswirkt.1005 Des Weiteren finden beide Forscher heraus, dass sich die Aktiengesellschaften unter den untersuchten Versicherern stärker zur Wertorientierung bekennen als Versicherungsvereine. Eine weitere Studie berichtet über die Analyse der Geschäftsberichte der 25 Unternehmen des SMI1006 unter anderem auch zur wertorientierten Berichterstattung.1007 Die Forscherin wertet für diese Arbeit die Jahresberichte der SMI-Konzerne aus. Sie kommt zum Ergebnis, dass einige Unternehmen dieses Kommunikationsmedium zur Informationsversorgung umfassend nutzen, während die meisten der SMI-Kapitalgesellschaften Schwächen in Bezug auf die Qualität der Berichterstattung aufweisen. Unter anderem fällt die mangelnde Konkretisierung der wertorientierten Implementierung auf, obwohl der Großteil der Unternehmen dieses Thema im Geschäftsbericht immerhin erwähnt.1008 Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch betrachten in ihrer Arbeit die wertorientierte Unternehmenssteuerung und untersuchen beispielhaft das Value Reporting einiger ausgewählter Unternehmen.1009 Die Autoren stellen zwei Muster der wertorientierten Kapitalmarktkommunikation vor und unterlegen diese mit Praxisbeispielen. Vgl. Achleitner, A./Bassen, A./Pietzsch, L./Wichels, D. (2002), S. 41. Vgl. Knauer, T. (2010), S. 205–230. Vgl. Knauer, T. (2010), S. 225. Vgl. Habersetzer, A./Hilpisch, Y. (2004). S. 1469–1472. Vgl. Habersetzer, A./Hilpisch, Y. (2004). S. 1470–1472. SMI steht hier für Swiss Market Index, wichtigster Börsenindex der Schweiz. Vgl. Nix, P. (2004), S. 15. Vgl. Nix, P. (2004), S. 15. Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B., S. 12.
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Beer/Deffner/Fink und Dietsche/Fink führen empirische Untersuchungen über die Qualität der Segmentberichterstattung bzw. der Lageberichterstattung der Unternehmen des HDAX und SDAX durch, von der auch die wertorientierte Berichterstattung Teil ist.1010 Beer/Deffner/Fink untersuchen sowohl die verpflichtende wie auch die freiwillige Publizität in den Geschäftsberichten der Gesellschaften im HDAX und SDAX. Sie teilen die Berichterstattung anhand ihrer Kriterien in Qualitätsklassen ein. In ihrer Gesamtbeurteilung erzielen die Unternehmen des DAX-30 und des MDAX die besten Ergebnisse.1011 Dietsche/Fink analysieren, inwieweit diese Kapitalgesellschaften in ihrer Geschäftsberichterstattung die Anforderungen der §§ 289 bzw. 315 HGB und des DRS 15 erfüllen. In ihrer Beurteilung kommen sie zum Ergebnis, dass die Lageberichterstattung bei vielen der HDAXUnternehmen eine bedeutende Stellung einnimmt, wohingegen sich bei der Qualität und der Ausgestaltung der offen gelegten Daten deutliche Unterschiede zeigen.1012 Die DAX-30 Konzerne erreichen in dieser Analyse die höchsten Bewertungen. Beide Forschungsprojekte kommen zum Schluss, dass die Unternehmensgröße die Qualität der Berichterstattung beeinflusst. Einen empirischen Vergleich internetbasierter Geschäftsberichte der DAX30 und Nemax 50-Unternehmen haben Fischer/Becker/Wenzel angestellt, in dem sie u.a. auch deren wertorientierte Berichterstattung analysieren.1013 Die Grundlage bildeten die im Internet verfügbaren Geschäftsberichte, die anhand eines Kriterienkatalogs ausgewertet wurden. In ihrer Studie zeigen die Autoren erhebliche Defizite der Unternehmen des Neuen Markts hinsichtlich der Berichterstattung über wertorientierte Steuerungskonzepte auf.1014 Fischer/Rödl wiederum zeigen in ihrer Studie auf, inwieweit und in welcher Qualität die Kapitalgesellschaften des DAX-30 wertorientierte Informationen zur Verfügung stellen und ob eine Vergleichbarkeit der erzielten Ergebnisse möglich ist.1015 Die Untersuchung von Fischer/Wenzel/Kühn hat zum Ziel, die Geschäftsberichterstattung der Nemax-50 Unternehmen auf ihre wertorientierten Inhalte zu analysieren.1016 Die Datenbasis besteht aus von den Unternehmen publizierten Quellen. Sie kommen u.a. zum Ergebnis, dass das Value Reporting der Nemax-50 Unternehmen, die nach internationalen Standards bilanzie-
1010 Vgl. Beer, M./Deffner, M./Fink, C. (2007), S. 218–232; ebenso auch Dietsche, M./Fink, C. (2008), S. 250–261. 1011 Vgl. Beer, M./Deffner, M./Fink, C. (2007), S. 231. 1012 Vgl. Dietsche, M./Fink, C. (2008), S. 260. 1013 Vgl. Fischer, T./Becker, S./Wenzel, J. (2002), S. 14–25. 1014 Vgl. Fischer, T./Becker, S./Wenzel, J. (2002), S. 25. 1015 Vgl. Fischer, T./Rödl, K. (2005), S. 23–32. 1016 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J./Kühn, C. (2001), S. 1209–1216.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
1017 1018 1019 1020 1021 1022 1023 1024 1025
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ren, eine wesentlich höhere Informationsdichte aufweist als das der nach HGB bilanzierenden Unternehmen.1017 Heumann analysiert die Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung eines Value Reportings in Geschäftsberichten.1018 In seiner Studie aus dem Jahr 2006 untersucht er, was ein Value Reporting umfassen und wie es gestaltet sein sollte. Als Ergebnis identifiziert er vier Säulen des Value Reportings, die in sich hierarchisch strukturiert sind. Er konstatiert, dass zwar die deutschen Kapitalgesellschaften bereits einige Elemente des Value Reporting gut umgesetzt hätten, doch weiteres Verbesserungspotential existiert.1019 Des Weiteren publiziert er in seiner Arbeit aus dem Jahr 2005 die Entwicklung einer Checkliste zur Beurteilung der Qualität des Value Reportings.1020 Deren Objektivierung und die entsprechende Gewichtung der Kriterien basiert auf dem Ergebnis einer Befragung von Kapitalmarktexperten. Die Umsetzung der Anforderungen an die Lageberichterstattung und damit auch an die wertorientierte Berichterstattung steht im Fokus der Arbeit von Schmidt/Wulbrand.1021 Die Datengrundlage basiert auf der Auswertung der Geschäftsberichte der DAX-30 Unternehmen anhand der Kriterien der oben genannten Regelungen. Die Forscher stellen bzgl. der wertorientierten Berichterstattung eine allgemeine Verbesserung des Informationsgehalts und der Vergleichbarkeit der Lageberichterstattung fest, doch reklamieren sie weiteren Verbesserungsbedarf in der Informationsversorgung der Investoren.1022 Lueg untersucht in seiner Analyse den Implementierungsstand des wertorientieren Steuerungskonzepts der HDAX-Unternehmen.1023 Er konstatiert, dass einige der analysierten HDAX-Unternehmen eher zurückhaltend wertorientierte Informationen veröffentlichen, während andere Unternehmen diese Möglichkeit der Berichterstattung stärker nutzen. Die Gründe sieht er u.a. darin, dass Investoren und Analysten traditionelle Kennzahlen wegen der aus ihrer Sicht objektiveren Nachvollziehbarkeit bevorzugen.1024 Günther/Beyer berichten über ihre Studie, in der sie die Berichtsqualität der DAX-30 Konzerne und 25 Unternehmen aus dem Dow Jones ermitteln.1025 Gemessen am Anforderungsprofil der Verfasser schneiden die deutschen
Vgl. Fischer, T./Wenzel, J./Kühn, C. (2001), S. 1215. Vgl. Heumann, R. (2006), S. 259–266. Vgl. Heumann, R. (2006), S. 266. Vgl. Heumann, R. (2005), S. 141–178. Vgl. Schmidt, A./Wulbrand, H. (2007), S. 417–426. Vgl. Schmidt, A./Wulbrand, H. (2007), S. 426. Vgl. Lueg, R. (2010), S. 337–344. Vgl. Lueg, R. (2010), S. 340. Vgl. Günther, T./Beyer, D. (2001), S. 1626.
234
1026 1027 1028 1029 1030 1031 1032
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Unternehmen teilweise deutlich schlechter ab als die amerikanischen Vergleichsunternehmen. Wenzel hat mit ihrer Untersuchung die Ausgestaltung und die Qualität der wertorientierten Berichterstattung deutscher Kapitalgesellschaften analysiert.1026 Ihre Arbeit unterteilt sich in drei Teile. Im ersten Teil ermittelt sie die Relevanz des Value Reportings und befragt dafür sowohl Adressaten als auch Ersteller dieser Information mit Hilfe von Fragebogen. Sie kommt zum Ergebnis, dass zwar beide Gruppen der wertorientierten Berichterstattung eine hohe Bedeutung beimessen, doch kein „common sense“ bzgl. deren Ausgestaltung und Qualitätsanforderungen besteht.1027 Im zweiten Teil steht die Umsetzung der wertorientierten Berichterstattung in den Geschäftsberichten im Zentrum. Zugrunde liegen die Geschäftsberichte aus den Jahren 1999 – 2002 der DAX100 Unternehmen, die anhand von zehn Kategorien ausgewertet werden. Die Autorin stellt fest, dass diesen Unternehmen insgesamt noch keine umfangreiche wertorientierte Berichterstattung attestiert werden kann.1028 Der dritte Teil befasst sich mit der Bewertung der Qualität wertorientierter Informationsversorgung durch die Geschäftsberichte, die die Forscherin mittels eines Scoring-Modells und einer Gap-Analyse konkretisiert.1029 Auch Beratungshäuser untersuchen in Studien, inwieweit deutsche Kapitalgesellschaften Value Reporting betreiben: Deloitte & Touche befragen in ihrer Praxis-Studie zum Thema „Kostenmanagement & Controlling“ 1000 deutsche Unternehmen u.a. über die Informationsqualität von wertorientierten Kennzahlen.1030 Ein Ergebnis der Studie belegt, dass klassischen Kennzahlen bei der Unternehmenssteuerung und Kostensenkungsprojekten der Vorzug vor wertorientierten Kennzahlen gegeben wird.1031 Kirchhoff Consult untersuchen die Best Practices der InvestorRelations, die auch die wertorientierte Berichterstattung umfasst, von 20 internationalen Konzernen anhand der Geschäftsberichte und der Internetauftritte.1032 Die Verfasser verwenden die Kriterien Decision Usefulness, d.h. Informationen, die ein Investor für die Entscheidungsfindung braucht, und Equity Story, d.h. die schlüssige Profilierung des Unternehmens am Kapitalmarkt. Die Studie zeigt, dass zwei UnterVgl. Wenzel, J. (2005), S. 244–436. Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 265. Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 363. Vgl. Wenzel, J. (2005), S. 364–436. Vgl. Schwarz, G./Axer, D. (2003), S. 1–19. Vgl. Schwarz, G./Axer, D. (2003), S. 4. Vgl. Kirchhoff Consult (2002), S. 1–18.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
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nehmen eine sehr gute Bewertung für die Informationsversorgung über das Internet erhalten, während keines der Unternehmen eine sehr gute Bewertung für den Geschäftsbericht zugesprochen bekommt.1033 Die Analyse der Geschäftsberichterstattung der 26 Unternehmen des Schweizer SMI Index steht im Zentrum der Arbeit von Kirchhoff Consult.1034 Sie messen deren Qualität anhand von Kriterien zu den Bereichen Financial Disclosure und Corporate Information, in die auch das Themengebiet der Wertorientierung fällt. Insgesamt schneiden nur zwei Unternehmen mit einer guten Beurteilung ab. Die Autoren bemängeln, dass das Kriterium der wertorientierten Berichterstattung das schlechteste Qualitätsergebnis erzielt.1035 Bearing Point analysiert in Zusammenarbeit mit der Universität Köln in einer empirischen Untersuchung das Value-Based Management der DAX-, MDAX- und TecDAX-Unternehmen.1036 Die Autoren sehen diese Studie als Fortführung ähnlich gelagerter empirischer Studien, um somit u.a. die Entwicklung der wertorientierten Unternehmensführung und der entsprechenden Berichterstattung bewerten zu können. Im Rahmen dieser Untersuchung befragen sie Vertreter dieser Unternehmen mittels eines Fragebogens. Ihre Ergebnisse zeigen, dass, obwohl in Deutschland nach wie vor eine Stakeholder Perspektive dominiert, ein Großteil der Unternehmen das wertorientierte Konzept in die Steuerung integriert hat und zumindest nach einer wertorientierten Kennzahl steuert.1037 Die wertorientierte Berichterstattung im DAX steht im Fokus der Analyse von PriceWaterhouseCoopers gemeinsam mit Kirchhoff Consult.1038 Sie untersuchen, inwieweit die externe Berichterstattung der DAX-30 Unternehmen dem Ziel einer wertorientierten Berichterstattung entspricht. Bezogen auf das Kriterium „Managing for Value“ bemängeln die Autoren die niedrige Durchschnittsbewertung, die durch wenig aussagefähige Berichterstattung über KPI und deren Verknüpfung mit der Strategie verursacht ist.1039 Die Darstellung der Performancemessung durch wertorientierte Steuerungsgrößen bewerten die Autoren der Steuerungsmodelle hingegen als zufriedenstellend.
Vgl. Kirchhoff Consult (2002), S. 6. Vgl. Kirchhoff Consult (2005), S. 2–19. Vgl. Kirchhoff Consult (2005), S. 8. Vgl. Homburg, C./Toksal, A./Gödde, D. (2004), S. 1–12. Vgl. Homburg, C./Toksal, A./Gödde, D. (2004), S. 11. Vgl. PriceWaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 1–43. Vgl. PriceWaterhouseCoopers/Kirchhoff (2006), S. 29.
236
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
2.
Die Boston Consulting Group hat die Wertschaffung von 5000 internationalen Unternehmen im Zeitraum von 2003 – 2007 auf Basis veröffentlichter Unternehmensdaten untersucht.1040 Anhand eines ScoringModells mit sechs Kriterien bewerten die Autoren diese Unternehmen und stellen die Ergebnisse in Ranglisten branchenspezifisch dar. Den Unternehmen der Branche Mining & Materials misst diese Studie die höchste Wertschaffung zu.1041
Inhaltsanalyse
Die Auswertung der Geschäftsberichte erfolgte mittels der qualitativen Inhaltsanalyse, die bereits im Kapitel D.I.5.a vorgestellt wurde und die nachfolgend fünf Analyseschritte umfasst: 1. a. b.
c. 2.
3.
4.
5.
Bestimmung des Ausgangsmaterials Zugrunde liegendes Material: Die Geschäftsberichte des Jahres 2008 der DAX-30 Konzerne in der Zusammensetzung zum 01.07.2009. Entstehungssituation: Trotz der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernlageberichts gemäß § 315 HGB und den Regelungen des DRS 15 und DRS 5 handelt es sich bei der wertorientierten Berichterstattung um eine freiwillige Kommunikation. Formale Charakteristika: Geschäftsberichte liegen in Printform vor. Fragestellung der Analyse – Feststellen der Qualität der wertorientierten Berichterstattung durch Zusammenstellung der wertorientierten Kommunikation in den Geschäftsberichten, die dann mittels einer Scoring-Methode zu einem messbaren Ergebnis transformiert wurden. Ablaufmodell der Analyse – Die Kategorien, d.h. die Qualitätsmerkmale der wertorientierten Berichterstattung, sind nach dem deduktiven Verfahren festgelegt worden. Eine ausführliche Dokumentation des Bewertungsmodells findet sich im Kapitel D.II.4. Vorgehensweise des Interpretierens – Die identifizierten Textinhalte teilt man den vorgegebenen Kategorien zu und führt sogenannte Ankerbeispiele auf. Beispielsweise würde ein Textteil ‚wertorientierte Steuerung‘ in den Geschäftsbericht einer DAX-30 Gesellschaft der Kategorie ‚wertorientiertes Managementsystem‘ zugewiesen. Gütekriterien – Die Reliabilität der die Auswertung der Geschäftsberichte wurde durch die folgenden Maßnahmen unterstützt:
1040 Vgl. Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 34–69. 1041 Vgl. Olsen, E./Plaschke, F./Stelter, D. (2008), S. 35.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
a. b. c.
d.
a. b. c.
237
Die Analyse wurde durch eine zweite Person durchgeführt (IntercoderReliabilität). Die entsprechenden Textstellen pro Kategorie wurden aufgelistet. Die Interpretation der Ergebnisse erfolgte nach dem Verfahren der Strukturierung, d.h. es wurde nur das durch die Auswertungen der Geschäftsberichte erzeugte Material verwendet („Nähe zum Gegenstand“) und unter die vorgegeben Kriterien zusammengefasst. Das gesamte Verfahren wurde im Sinne der Stabilität und der Reproduzierbarkeit dokumentiert. Die Sicherstellung der Validität der Auswertung erfolgte durch: die Eindeutigkeit der Kriterien zur Beurteilung der Berichterstattungsqualität, den Rückgriff auf die entsprechenden Textstellen und die deduktive Ableitung der Kriterien.
Die Zusammenstellung der Kriterien unterliegt zweifellos der Gefahr von subjektiven Einflüssen, daher soll der Rückgriff auf die Regelungen des DRS15 solche weitgehend ausräumen. Allerdings besteht durch den Einfluss des Auswerters bei der Beurteilung der Kriterien ‚Bekenntnis zur Wertorientierung‘ und ‚Beschreibung des wertorientierten Managementsystems‘ die Gefahr der Subjektivität. Zwei Maßnahmen sollen dem entgegenwirken. Zum einen führte eine zweite Person die Bewertung nochmals durch und zum anderen wurden alle vorgefundenen Textstellen aufgelistet, um die Interpretationsergebnisse nachvollziehbar zu machen. Eine unabhängige Bewerterin mit entsprechendem akademischem Hintergrund wurde gebeten, die Bewertung eigenständig durchzuführen, um die Objektivität der Ergebnisfindung zu verbessern. Die von ihr identifizierten Abweichungen bei den beiden obengenannten Zielkriterien überraschen nicht, da beide im Gegensatz zu den anderen Kriterien stark qualitativ geprägt sind und damit einem hohen Maß an Subjektivität bei der Punktevergabe unterliegen. Insgesamt stimmten 75% der Bewertungen dieser beiden Kriterien durch die beiden Bewerter überein. Die darauf folgende Diskussion über die Diskrepanzen erbrachte wichtige Erkenntnisse, die in die Definition der Kriterien eingeflossen sind.
3.
Scoring
Die Bewertung der Berichterstattungsqualität erfolgte mit Hilfe eines ScoringModells. Im Folgenden wird diese Methode zunächst grundsätzlich beschrieben. Die konkrete Umsetzung für das hier untersuchte Thema der Qualität der wert-
238
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
orientierten Berichterstattung ist im Kapitel D.II.4 dokumentiert. ScoringModelle werden insbesondere für Bewertungen herangezogen, bei denen die Untersuchungsobjekte nicht oder nur teilweise monetär bewertbar sind. Für die Bewertung von Objekten reichen oft die harten Kriterien nicht aus, so dass auch weiche, qualitative Einflussgrößen Berücksichtigung finden müssen.1042 Mit einem Scoring-Modell stellt man fest, inwieweit unterschiedliche Objekte vorgegebene Zielkriterien erfüllen.1043 Es ist als Punktwertverfahren prädestiniert, Untersuchungsobjekte auch unter qualitativen Gesichtspunkten mit ScoringPunkten zu bewerten und entsprechend ihrer erreichten Punktwerte in eine Reihenfolge zu bringen, um die Ermittlung des am besten bewerteten Objektes zu ermöglichen.1044 Diese Scoring-Modelle verkörpern einfach strukturierte, jedoch differenzierte und anpassungsfähige Bewertungsverfahren, die die Wertschätzung einer Alternative durch Punktwerte zum Ausdruck bringt.1045 Sie werden in der Literatur häufig mit der Nutzwertanalyse gleichgesetzt.1046 Zangemeister beschreibt die Nutzwertanalyse wie folgt: „Sie ist die Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit dem Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems zu ordnen. Die Abbildung dieser Ordnung erfolgt durch die Angabe der Nutzwerte (Gesamtwerte) der Alternativen.“ 1047 Die Nutzwertanalyse gehört zu den populärsten Methoden, um nicht-monetäre qualitative Kriterien bei der Auswahl von Alternativen zu bewerten.1048 Die Durchführung einer Scoring-basierten Analyse umfasst in der Regel die folgenden fünf Schritte:1049 1.
Bestimmung der Zielkriterien – Auswahl der Beurteilungskriterien Zielkriterien sind solche Kriterien, nach denen die zur Beurteilung anstehenden Untersuchungsobjekte bewertet werden. Bei der Festlegung des Kriterienkatalogs ist zu beachten, dass die Kriterien überschneidungsfrei und unabhängig voneinander definiert werden sowie durch die präzise und vollständige Beschreibung eine nachvollziehbare Messung der Zielerreichung ermöglichen.
1042 1043 1044 1045 1046 1047 1048 1049
Vgl. Fiedler, R. (2003), S. 43. Vgl. Scholz, C. (1007), S. 103. Vgl. Schulte, G. (2007), S. 123. Vgl. Link, J./Weiser, C. (2006), S. 165. Vgl. Rürup, B./Wübbenhorst, K.(2010), S. 1. Zangemeister, C.(1976), S. 45. Vgl. Rehkugler, H. (2007), S. 99. Vgl. Die Akademie (2010), S. 1; ebenso auch Blohm, H./Lüder, K./Schäfer, C. (2006), S. 153; Wirtschaftslexikon24 (2010b), S. 2; beschreibt lediglich vier Schritte und führt den fünften Schritt ‚Rangliste erstellen‘ nicht auf.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
2.
239
Für jedes Zielkriterium gilt es, eine entsprechende Skala für die Messung der Zielerreichung zu definieren. Abhängig von der Art der Kriterien verwendet man dazu nominale, ordinale oder kardinale (intervallskalierte) Skalen. Nominalskalen zeigen Ergebnisse gleichberechtigt ohne Rangfolge in Werteklassen auf, wie beispielsweise Fahrräder, die in die Ausprägungen Rennräder oder Mountainbikes passen. Ordinalskalen ermöglichen einen Einblick, inwieweit ein Kriterium das vorgegebene Ziel besser als ein anderes erfüllt, was beispielsweise durch größer-kleiner Beziehungen darstellbar ist. Das Ausmaß, wie stark sich diese Kriterien unterscheiden, wird nicht metrisch, sondern durch qualitative Aussagen wie üppige oder dürftige Ausstattung der vorher erwähnten Fahrräder sichtbar gemacht. Im Gegensatz dazu erlauben Kardinalskalen (Intervall – oder Verhältnisskalen) besonders gut messbare Unterschiede zwischen den Erfüllungsgraden der einzelnen Kriterien aufzuzeigen.1050 Dadurch können Rangordnungen erstellt und die Abstände zwischen den einzelnen Merkmalsausprägungen sichtbar gemacht werden. Gewichtung der Zielkriterien Die definierten Einzelkriterien können unter Umständen unterschiedliche Bedeutung für die Entscheider innehaben. Dies soll mit Gewichtungsfaktoren, die die Präferenzen der Entscheider widerspiegeln, dargestellt werden. Es gibt verschiedene Methoden, eine Gewichtung vorzunehmen:1051 Methode des singulären Vergleichs: Die Kriterien werden anhand ihrer Wichtigkeit angeordnet. Das am höchsten bewertete Kriterium erhält die 1, die anderen Kriterien werden damit verglichen und erhalten den für sie bestimmten niedrigeren Faktor. Methode des sukzessiven Vergleichs: Den einzelnen Kriterien werden durch sukzessive Vergleiche Gewichte zugeteilt und ihre Bedeutung wird mit einer sogenannten Relevanzzahl dargestellt. Zum Beispiel soll das wichtigste Kriterium 50% des gesamten Gewichts erhalten. Matrixverfahren: Sollen viele Kriterien beurteilt werden, bietet sich dieses Verfahren an, um die Entscheidungskriterien über Spalten und Zeilen der Matrix paarweise miteinander zu vergleichen. Das wichtigere der beiden Kriterien erhält einen Punkt. Am Ende werden die Punkte addiert und es wird daraus die Gewichtung abgeleitet. Deltaverfahren: Diese Methode besteht darin festzulegen, um wieviel der Nutzen eines Kriteriums gesteigert werden muss, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Je geringer die dafür notwendige Steigerung ausfällt, desto höher wird ein Kriterium gewichtet.
1050 Vgl. Schulte, G. (2007), S. 131. 1051 Vgl. Rehkugler, H. (2007), S. 99.
240
3.
4.
5.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Im Hinblick auf die spätere Interpretation des erzeugten Punktwerts erscheint die Normierung der zugeordneten Gewichte auf die Summe 1 bzw. 100% sinnvoll.1052 Bestimmung der Teilergebnisse – Erfüllungsgrad der Kriterien ermitteln und Punktwert bestimmen Das Teilergebnis des betrachteten Untersuchungsobjektes misst sich am Erfüllungsgrad des einzelnen Kriteriums dargestellt anhand des abstrakten Punktwerts des verwendeten Scoring-Modells. Der Punktwert repräsentiert den Erfüllungsgrad der Einzelkriterien. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse setzt voraus, dass allen Messungen eine einheitliche Skala zugrunde liegt. Somit können sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien Berücksichtigung finden und die Vergleichbarkeit der Zielerfüllungsgrade sichergestellt werden. Das gewichtete Teilergebnis erhält man durch die Multiplikation des Punktwertes mit dem entsprechenden Gewicht des bewerteten Kriteriums. Gesamtpunktwert für jedes Objekt ermitteln – Summe der Punktwerte aller Kriterien Nach der Ermittlung der gewichteten Punktwerte kann der Gesamt-Score der einzelnen Objekte bestimmt werden. Dies erfolgt durch die Addition der Teilergebnisse, die sich aus der Bewertung der Einzelkriterien ergeben. Das Ergebnis stellt damit den Zielerfüllungsgrad des bewerteten Objektes dar. Rangliste der Untersuchungsobjekte anhand der erreichten Gesamtpunktwerte erstellen. Der Gesamtnutzwert erlaubt es, eine Rangfolge aller bewerteten Objekte zu bilden. Das Objekt mit den meisten Punkten erfüllt die vorgegebenen Kriterien am besten. Nun können die bewerteten Objekte auch gegenüber einem definierten Anspruchsniveau (Benchmark) verglichen werden, um die Ergebnisse in einer Gesamtperspektive darzustellen. Ein Objekt bezeichnet man als absolut besser, wenn sein Gesamtpunktwert größer als ein vorgegebener Grenzwert ist, und als relativ besser, wenn sein Gesamtpunktwert größer als der eines Vergleichsobjektes ist.1053
Die Vorteile des Scoring-Modells liegen in seiner Einfachheit und seiner Nachvollziehbarkeit sowie in seinem überprüfbaren Ablauf.1054 Das Modell ist universell einsetzbar, berücksichtigt komplexe und multi-dimensionale Zielsysteme und besitzt die Fähigkeit, quantitative wie auch qualitative Daten zu verarbei-
1052 Vgl. Götze, U. (2006), S. 182. 1053 Vgl. Götze, U. (2006), S. 184; ebenso auch Blohm, H./Lüder, K./Schäfer, C. (2006), S. 167. 1054 Vgl. Rehkugler, H. (2007), S. 104.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
241
ten.1055 Des Weiteren zwingt das Modell durch seine strukturierte Vorgehensweise die Nutzer zur Festlegung der wichtigsten Aspekte sowie zur konkreten Zieldefinition und Zielformulierung. Das Modell fördert damit die Transparenz der Ergebnisfindung durch die Offenlegung der Präferenzstruktur. Mit dieser Analyse kann man Entscheidungen belegen und transparent machen, doch man gelangt mit ihr nicht zu objektiven Ergebnissen.1056 Als nachteilig muss demnach vor allem das hohe Maß an Subjektivität bei der Definition der Zielwerte, deren Gewichtung und der Bewertung des Erfüllungsgrads der Einzelkriterien angesehen werden. Des Weiteren kann es bei Mehrpersonenentscheidungen zu Konflikten kommen.1057 Die zentrale Herausforderung besteht für die Entscheider darin, bei der Beurteilung des Ergebnisses zu berücksichtigen, dass sich dieses aus einzelnen Punktwerten für mit unterschiedlichen Maßstäben bewertete Einzelkriterien zusammensetzt.1058 Denn eine weitere Schwachstelle des Scoring-Modells liegt darin, dass ein linearer Zusammenhang zwischen den Teilergebnissen und dem Gesamtpunktwert unterstellt wird.1059 Des Weiteren suggeriert die gute Vergleichbarkeit der Gesamtpunktwerte der einzelnen Objekte eine Scheingenauigkeit, die leicht vergessen lässt, dass es sich hier nicht um objektiv ermittelte Ergebnisse handelt. Es besteht die latente Gefahr, dass die in die Gesamtbewertung fließenden Einzelbewertungen untergehen und den Betrachtern nicht transparent sind.1060 Trotz all dem führt das Scoring-Modell zu einem gesicherteren Urteil als eine intuitiv-subjektive Bewertung.1061
4.
Bewertungsmodell
Die Auswahl der Zielkriterien für diese Untersuchung orientiert sich an den Forderungen des DRS15 und berücksichtigt auch die von Fischer/Wenzel aufgeführten Berichtselemente des Value Reporting wie Nennung der Spitzenkennzahl (z.B. EVA, CVA), die Spitzenkennzahlwerte für Gesamtunternehmen und Geschäftsbereiche sowie das wertorientierte Vergütungssystem der Vorstände.1062
1055 1056 1057 1058 1059 1060 1061
Vgl. Link, J./Weiser, C. (2006), S. 168. Vgl. Schulte, G. (2007), S. 132. Vgl. Reichmann, T. (2006), S. 331. Vgl. Schulte-Zurhausen, M. (2005), S. 571. Vgl. Benkenstein, M. (2002), S. 202. Vgl. Benkenstein, M. (2002), S. 86. Vgl. Blohm, H./Lüder, K./Schäfer, C. (2006), S. 154; ebenso auch Rehkugler, H. (2007), S. 103. 1062 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 59.
242
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Die für diesen Untersuchungsteil angewandten Zielkriterien sind ausschließlich qualitativ definiert. Sie lauten: 1. Bekenntnis zur Wertorientierung, 2. Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels, 3. Beschreibung des wertorientierten Managementsystems, 4. Nennung einer wertorientierten Kennzahl, 5. Wertangabe und Ermittlungsweise der Kapitalkosten, 6. Erläuterung der Berechnungsweise der wertorientierten Kennzahl, 7. Darstellung des Berechnungsschemas der wertorientierten Kennzahl, 8. Angabe des wertorientierten Ergebnisses, 9. Quantifizierung der wertorientierter Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereiche und 10. Kommunikation der wertorientierter Zielvorgaben für die Vergütung des Vorstands. Die obige Liste unterscheidet sich im Wesentlichen von Fischer/Wenzel dadurch, dass diese Untersuchung neben der Analyse der Kennzahlen, der Zielvorgaben, der Ergebnisse und der Vorstandsvergütung zusätzlich besonderen Wert darauf legt, auch qualitative Aussagen im Geschäftsbericht zur wertorientierten Steuerung zu bewerten, um festzustellen, inwieweit die DAX-30 Konzerne dem Kapitalmarkt die Unternehmenswertorientierung als durchgängiges Steuerungskonzept kommunizieren. Es wurde darauf verzichtet, ein Zielkriterium mit Gateway-Funktion zu definieren. Beispielsweise könnte das Kriterium „Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels“ diese Aufgabe übernehmen. Sieht ein DAXUnternehmen für die Inhalte der wertorientierten Unternehmenssteuerung kein explizites Kapitel im Geschäftsbericht vor, hätte dies zur Folge, dass die Beurteilung an diesem Punkt zu Ende wäre. Die anderen Zielkriterien flössen dann nicht mehr in die Bewertung ein und die Gesamtbewertung ergäbe null Punkte. In der vorliegenden Arbeit wurde auf ein solches Gateway-Kriterium verzichtet, um die Einflüsse der Subjektivität nicht zu verstärken. Vielmehr kamen alle definierten Kriterien zum Einsatz, um damit die Breite und einen möglichst hohen Informationsgehalt der Untersuchung sicherzustellen. Es wurden auch alle Zielkriterien gleich gewichtet.1063 Die Gründe liegen zum einen darin, dass für die Qualitätsbeurteilung der wertorientierten Berichterstattung die Durchgängigkeit der Implementierung, also die Gesamtheit der Kriterien, betrachtet wird. Zum anderen sollen dadurch weitere subjektive Einflüsse vermieden werden. Die Kriterien werden durchgehend anhand einer dreistufigen Skala bewertet, d.h. es werden je 1063 Andere Autoren gewichten die Zielkriterien in ihren Geschäftsberichtsrankings unterschiedlich vgl. Fritsch, H. (2009), S. 72; ebenso auch Baetge, J. (2010), S. 2.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
243
nach wahrgenommenen Erfüllungsgrad der Zielkriterien null, ein oder zwei Punkte vergeben: 0 Punkte stehen für nein, keine, nicht feststellbar 1 Punkt steht für ja bzw. teilweise erfüllt 2 Punkte stehen für ja, stark, ausführlich, umfassend. Das Ziel der Anwendung dieses Punktesystems besteht darin, nicht nur das Vorhandensein, sondern auch den Umfang und die Güte von Bestandteilen des Value Reporting zu bewerten. Für die einzelnen Zielkriterien kommen folgende Bewertungsschemata zum Einsatz: 1. Bekenntnis zur Wertorientierung 0 = kein schriftliches Bekenntnis erkennbar. 1 = teilweise, wenn unternehmenswertorientierte Steuerung erwähnt und zumindest erläutert wird. 2 = durch Aussagen über Ziele und Nutzen der Wertorientierung, die auch durch konkrete Ziele (u.a. im Strategieteil), entsprechende Schulungen und Kommunikation für Manager und Mitarbeiter unterstützt werden. 2. Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels 0 = kein explizites wertorientiertes Kapitel. 1 = teilweise, z.B. weist die Überschrift auf Unternehmenswertorientierung hin, doch der Inhalt befasst sich nicht damit. 2 = ja, das Unternehmen weist deutlich auf die Wichtigkeit der wertorientierten Kommunikation hin und unterstützt den Leser beim schnellen Auffinden der entsprechenden Informationen.1064 3.
Beschreibung des wertorientierten Managementsystems 0 = kein wertorientiertes Managementsystem erkennbar. 1 = teilweise, z.B. Steuerung mittels gewichteter Kapitalkosten wird angezeigt. 2 = ja, deutliche Aussage im Text, dass anhand wertorientierter Kriterien auf Konzern- bzw. Geschäftsbereichsebene gesteuert wird und Residualgewinnkonzepte, wie EVA oder EVA-verwandte Konzepte, d.h. Vergleich einer Gewinngröße, wie EBIT, NOPAT, ROCE, mit gewichteten Kapitalkosten (relativ, absolut) oder Cashflow-orientierten Messgrößen, wie CVA oder CFROI, zur Anwendung kommen. ROCE
1064 Vgl. Pellens, B./Hillebrandt, F./Tomaszewski, C. (2000), S. 201.
244
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
als isolierte Kennzahl ist wegen fehlender Berücksichtigung von Kapitalkosten und damit fehlendem Bezug zum Unternehmenswert nicht als wertorientierte Kennzahl zu bezeichnen.1065 Dies gilt auch für Renditekennziffern wie ROA, ROE, ROI, RONA, die zur Unternehmenssteuerung eingesetzt nur als Vorstufe zur Ermittlung wertorientierter Kennzahlen anzusehen sind.1066 Erst aus dem Vergleich dieser Kapitalrenditen mit den als Zielrendite vorgegebenen Kapitalkostensätzen werden Aussagen über erzielte Wertbeiträge von Unternehmen möglich.1067 4. 0 1 2
Nennung einer wertorientierten Kennzahl = keine wertorientierte Kennzahl genannt. = ja, Kennzahlen wie EVA, EVA-verwandte Konzepte, CVA, CFROI. = an exponierter Stelle genannt, z.B. in der Übersicht der wichtigsten Kennzahlen (im Umschlag) oder stark hervorgehoben.
5. 0 1 2
Wertangabe und Ermittlungsweise der Kapitalkosten = Keine. = teilweise, z.B. nur Ermittlungsweise erläutert. = Ermittlungsweise erläutert und Wert der Kapitalkosten angegeben. Kapitalkosten sind von zentraler Wichtigkeit und Voraussetzung für die wertorientierte Steuerung. Die risikobewerteten Eigen- und Fremdkapitalkostensätze sollten aus diesem Grund bekanntgegeben werden. Dies gilt auch für die Methode, mit der die Eigenkapitalkostensätze errechnet wurden, und für deren Erläuterung. Kommt hierfür zum Beispiel die CAPM-Methode zur Anwendung, so wäre es als optimal zu bezeichnen, wenn Unternehmen sowohl den risikolosen Zinssatz, den Risikozuschlag als auch den unternehmensspezifischen Beta-Faktor nennen würden, um dem Kapitalmarkt umfassende Einblicke in die Einzelelemente der Errechnung des Eigenkapitalkostensatzes zu gewähren.
6. Erläuterung der Berechnungsweise der wertorientierten Kennzahl 0 = keine Erläuterung. 1 =
ja, kurze Erläuterung der Kennzahl und Zielsetzung.
1065 Vgl. Homburg, C./Toksal, A./Gödde, D. (2004), S. 8. 1066 Vgl. Aders, C./Herbertinger, M./Schaffer, C./Wiedemann, F. (2003), S. 720. 1067 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 50.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
2 =
245
ausführliche Erläuterung mit zusätzlicher Erläuterung des Nutzens und der Ermittlung der einzelnen Elemente der Kennzahl, z.B. Gewinngröße NOPAT, gewichtete Kapitalkosten. Der Economic Value Added (EVA) oder der Cash Value Added (CVA) gehören zwar zu den am weitesten verbreiteten Kennzahlen der wertorientierten Unternehmenssteuerung. Die Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit dieser Kennzahlen ist allerdings nur gegeben, wenn die Einzelelemente und ihre Berechnung aus den Angaben des Jahresabschlusses verständlich dargestellt sind. Im optimalen Fall würden Unternehmen die jeweiligen Anpassungen veröffentlichen, die zum Beispiel bei der Errechnung des EVA verwandt wurden.
7. Darstellung des Berechnungsschemas der wertorientierten Kennzahl 0 = keine Darstellung. 1 = ja, Berechnungsschema in Worten beschrieben, alle Elemente der Formel sind im Zusammenhang erkennbar. 2 = ja, Berechnungsschema explizit als mathematische Formel dargestellt, damit hohes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit. 8. 0 1 2
9.
Angabe des wertorientierten Ergebnisses = kein wertorientiertes Ergebnis aufgeführt. = ja, Ergebnis genannt. = ja, Ergebnis genannt mit Vergleich zu(m) Vorjahr(en). Die Zurverfügungstellung des erwirtschafteten wertorientierten Ergebnisses sowie eines Zeitreihenvergleichs ist die Voraussetzung dafür, dass Kapitalmarktteilnehmer die Wertentwicklung des Unternehmens beurteilen können.
Quantifizierung der wertorientierter Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereiche 0 = keine wertorientierte Zielvorgabe. 1 = teilweise, wenn z.B. nur die gewichteten Kapitalkosten vorgegeben sind, oder wertorientierte Vorgaben nur für Konzern bzw. Divisionen zur Verfügung gestellt werden. 2 = ja, d.h. sowohl auf Konzern- wie auch auf Bereichsebene. Nur mit der Angabe der vorgegebenen Zielwerte werden die Leser des Geschäftsberichts in die Lage versetzt, das erzielte Ergebnis in Gänze zu bewerten. Bei Konzernen, und um solche handelt es sich bei den DAX-30 Gesell-
246
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
schaften, sollten die Informationen auch auf Segmentebene vorliegen. Denn damit wird erkennbar, welche Unternehmensteile zur Wertsteigerung beigetragen und welche Wert vernichtet haben. In diesem Zusammenhang besitzen Konzernangaben wenig Aussagekraft und sie sind für Anleger weniger relevant als Angaben auf Segmentebene. 10. Kommunikation der wertorientierter Zielvorgaben in der Vergütung des Vorstands 0 = keine wertorientierte Zielvorgabe. 1 = teilweise, Vorgabe von Einzelelementen wie gewichtete Kapitalkosten. Gewinngröße muss im Text des Geschäftsberichts als Teil der Ermittlung des wertorientierten Ergebnisses aufgezeigt werden. Das heißt, wenn z.B. ROCE zur Ermittlung von EVA verwendet wird, gilt eine entsprechende ROCE Zielvorgabe, die Einfluss auf die Vergütung hat, als teilweise erfüllt. 2 = ja, die Sicherstellung, dass der Vorstand wertorientierte Ziele verfolgt, wird durch die Vergabe entsprechender vergütungsrelevanter Vorgaben gefördert. Mit Hilfe des beschriebenen Scoring-Modells werden die Erfüllungsgrade der Kriterien bewertet und für jedes DAX-30 Unternehmen in eine Gesamtpunktzahl transformiert. Sie zeigt den Gesamtnutzwert und damit die Qualität der wertorientierten Berichterstattung an. Es sind maximal 20 Punkte pro Unternehmen und maximal 600 Punkte für alle DAX-30 Unternehmen zu vergeben. Die Maximalpunktzahl dient als Vergleichsmaßstab. Zur besseren Übersichtlichkeit wird das beschriebene Bewertungsmodell mit den entsprechenden Punktwerten als Ablaufschema dargestellt.1068
1068 Angelehnt an Quick, R. (2009), S. 14.
247
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation Nein
Bekenntnis zur Wertorientierung? Ja
stark 2
1
Nein
Explizites wertorientiertes Kapitel? Ja
teilweise 1
2
Wertorientiertes Managementsystem?
Nein
Ja
ausführlich
teilweise 1
2
Nein
Wertorientierte Kennzahl genannt? Ja
an exponierter Stelle 2
1 Nein
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten? Ja
Wertangabe + Ermittlungsweise 2
nur Ermittlungsweise 1
Nein
Erläuterung Berechnungsweise wertorientierte Kennzahl? Ja
ausführliche Definition 2
1
248
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung Berechnungsschema wertorientierte Kennzahl dargestellt?
Nein
0
Ja
mathematisch 2
in Worten 1
Wertorientiertes Ergebnis aufgeführt?
Nein
0
Ja
mehrjährig 2
einjährig 1
Quantifizierung wertorientierte Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereich?
Nein
0
Ja
Konzern + U.-bereich 2
Teilweise bzw. Konzern oder U.-bereich 1
Nein
Wertorientierte Vorgaben Vergütung Vorstand?
0
Ja
teilweise 1
2
Abbildung 7:
Ablaufschema Bewertungsmodell
In Abhängigkeit von der erreichten Gesamtpunktzahl lassen sich die DAX-30 Unternehmen in drei Kategorien unterscheiden:
0 – 10 Punkte: Wertorientierte Kommunikation mittels des Geschäftsberichts spielt bei diesen Unternehmen keine Rolle oder der Geschäftsbericht wird nur schwach als Kommunikationsmedium dafür genutzt. Teilweise wird die Wertorientierung in den Geschäftsberichten als Konzept im Unternehmen dargestellt, doch fehlen „harte“ Belege, wie beispielsweise die Erläuterung des wertorientiertes Zielsystems und die Kommunikation der erreichten Ergebnisse. Stellenwert der wertorientierten Kommunikation: Keine Relevanz bis hin zum Lippenbekenntnis
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
249
11 – 15 Punkte: Wertorientierung wird im Geschäftsbericht als wichtiges Konzept dargestellt und durch Beschreiben des Managementsystems und der genutzten wertorientierten Kennzahl(en) und Ergebnisse dokumentiert. Doch fehlen konkrete wertorientierte Zielvorgaben auf Konzern-, Divisionsebene bzw. Vorstandsebene, um damit die Verankerung als durchgängiges Steuerungskonzept im Unternehmen dokumentieren zu können. Stellenwert der wertorientierten Kommunikation: Durchschnittlich, man redet darüber, doch eine konsequente Implementierung liegt nicht vor, weil beispielsweise wertorientierte Zielvorgaben nicht kommuniziert werden. 16 – 20 Punkte: Wertorientierung wird als durchgängiges Konzept im Geschäftsbericht ausführlich bis herausragend kommuniziert. Dies wird durch die Implementierung im Managementsystem, im Rahmen der Ergebnisveröffentlichung und durch kommunizierte Zielvorgaben auf Konzern-, Unternehmensbereichs- bzw. Vorstandsebene untermauert. Die wertorientierte Steuerung erscheint als integraler Teil des Unternehmens. Stellenwert der wertorientierten Kommunikation: Gute bis vorbildliche wertorientierte Kommunikation anhand der Regelungen des DRS 15.
250 5.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Ergebnisse
Die folgende Tabelle zeigt die kompletten Bewertungen der DAX-30 Konzerne hinsichtlich ihrer Veröffentlichung wertorientierter Angaben in den Geschäftsberichten 2008. Die Konzerne werden sowohl mit ihren Gesamtergebnissen als auch mit den jeweiligen Einzelkriterien dargestellt. Die Auflistung der Unternehmen erfolgt in alphabetischer Reihenfolge. Im Anhang unter Anhang 2 befinden sich die ausführlichen Informationen zu den Bewertungen.
Konzern
Bekenntnis zur imGesch.bericht Wertorien explizitesw.o. w.o.Mgmt. genanntew.o. tierung Kapitel System Kennzahl
Adidas Allianz
2 2
0 2
1 2
BASF Bayer Beiersdorf BMW Commerzbank Daimler DeutscheBank
2 2 0 1 0 2 0
2 2 0 2 0 2 0
2 2 1 1 0 2 0
DeutscheBörse DeutschePost DeutscheTelekom EON Fresenius FreseniusMed.Care
0 2 2 2 0 0
0 2 0 2 0 0
1 2 2 2 0 0
HannoverRück Henkel K+S Linde Lufthansa
2 2 2 0 2
2 2 2 1 2
2 2 2 0 2
MAN Merck Metro MunichRe RWE Salzgitter SAP Siemens ThyssenKrupp Volkswagen
2 0 2 2 2 1 1 1 2 2
2 0 2 2 2 0 1 0 2 2
2 0 2 2 2 0 0 1 2 2
keine EVA EBITnach Kapitalkosten CVA,CFROI EVA keine keine ValueAdded keine Wertbeitrag (absolut,relativ) EAC EVA ValueAdded keine keine IVC,xRoCA(Excess ReturnonCap. Allocated) EVA ValueAdded(VA) keine CVA,CFROI MVA(MANValue Added) keine EVA,DeltaEVA Wertbeitrag Wertbeitrag keine keine GWB TKVA EVA
Wertangabe, Erläuterung Berechn. Ermittlungs Berechn. schemaw.o. w.o. w.o. TotalScore w.o. weise weisew.o. Kennzahl Ergebnis w.o. Vergütungs (max20 Kennzahl Kapitalkosten Kennzahl dargestellt aufgeführt Zielvorgabe bestandteilPunkte) 0 1
2 0
0 2
0 2
0 2
0 2
0 2
5 17
2 1 1 0 0 2 0
2 2 0 1 0 2 0
2 2 0 0 0 2 0
2 1 0 0 0 2 0
2 2 0 0 0 2 0
2 2 0 1 0 2 0
0 0 2 0 0 2 0
18 16 4 6 0 20 0
1 1 1 2 0 0
2 2 0 2 0 0
1 2 0 2 0 0
1 2 0 2 0 0
2 2 0 2 0 0
0 1 1 2 0 0
0 2 0 1 0 0
8 18 6 19 0 0
1 1 1 0 2
2 2 2 0 2
2 2 2 0 2
2 2 2 0 2
2 2 2 0 2
2 2 1 0 2
0 0 0 0 0
17 17 16 1 18
2 0 2 1 2 0 0 1 2 1
2 0 2 0 2 0 0 0 2 2
2 0 2 1 2 0 0 1 2 2
2 0 1 2 2 0 0 0 2 2
2 0 2 0 2 0 0 0 2 2
2 0 2 0 2 0 0 0 1 1
2 0 2 1 2 0 0 2 2 0
20 0 19 11 20 1 2 6 19 16
Tabelle 9: Bewertung der wertorientierten Inhalte in den 2008erGeschäftsberichten der DAX-30 Konzerne
251
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
a.
Gesamtergebnis
Die folgende Darstellung zeigt die Gesamtergebnisse der DAX-30 Konzerne geordnet nach den erreichten Punktwerten (P) auf: P 0
1
2
Unternehmen Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius, Fresenius Medical Care, Merck Linde, Salzgitter
P 6
SAP
8
3 4
Beiersdorf
5
Adidas
Unternehmen BMW, Deutsche Telekom, Siemens
P 16
Unternehmen Bayer, K+S, VW
12
17
13
18
9
14
19
10
15
20
Allianz, Hannover-Rück, Henkel BASF, Deutsche Post, Lufthansa E.ON, Metro, Thyssen-Krupp Daimler, MAN, RWE
7
Deutsche Börse
P 11
Unternehmen Münchener Rück
Tabelle 10: Ranking der DAX-30 Konzerne anhand ihrer erreichten Punktwerte Das Gesamtresultat zeigt ein fast mittig geteiltes Bild. 15 Unternehmen liegen bei 16 Punkten und darüber, während 14 Unternehmen weniger als neun Punkte erreichen. Dieses zweigeteilte Ergebnis wird auch durch die elf Punkte, die die 30 DAX-Konzerne durchschnittlich erzielen, unterstützt. 50% der Unternehmen des DAX-30 weisen somit der wertorientierten Kommunikation im Geschäftsbericht einen hohen Stellenwert zu und erfüllen damit zum großen Teil die herangezogenen Beurteilungskriterien, die sich an den Regelungen des DRS 15 orientieren. Drei Konzerne erreichen sogar die maximale Punktzahl von 20: Daimler, MAN und RWE. Fünf Unternehmen sehen für die unternehmenswertorientierte Berichterstattung keinerlei Raum vor. Die drei Unternehmen mit 1 bzw. 2 Punkten – Linde, SAP und Salzgitter sind ebenfalls zu dieser Gruppe zu zählen. Sie geben ein allgemein gehaltenes Bekenntnis zur Wertorientierung ab, doch mehr erfährt man über ihre wertorientierte Steuerung nicht. Zusammengefasst sind es somit acht Unternehmen (27%), die in ihrem Geschäftsbericht den Kapitalmarkt nicht über möglicherweise vorhandene wertorientierte Steuerungen informieren.
252 b.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Ergebnisse der einzelnen Kriterien
Die nachfolgende Darstellung zeigt die Ergebnisse zu den Einzelkriterien auf. 1.
Bekenntnis zur Wertorientierung Mit dem Bekenntnis zur Wertorientierung soll eruiert werden, inwieweit die DAX-30 Konzerne in ihren Geschäftsberichten verbale Aussagen über die Ziele und den Nutzen der wertorientierten Steuerung machen. Es ergibt sich folgendes Bild: n
%
Unternehmen
0
8
27
1
4
13
Beiersdorf, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Fresenius, Fresenius Med. Care, Merck, Linde BMW, Salzgitter, SAP, Siemens
2
18
60
Adidas, Allianz, BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Post, Deutsche Telekom, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, Münchener-Rück, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 11: Bekenntnis zur Wertorientierung
2.
73% der DAX-30 Unternehmen geben ein Bekenntnis zur Wertorientierung ab und betonen, dass sie den Einsatz des Wertmanagementkonzepts als wichtig erachten. 60% bekennen sich stark zu diesem Konzept und demonstrieren ihr erhöhtes Commitment u.a. durch Erläuterungen zu dessen Nutzen und durch Maßnahmen wie die Etablierung eines wertorientierten Managementsystems sowie entsprechende Schulungen für Mitarbeiter oder auch die Platzierung wertorientierter Ergebnisse an hervorgehobener Stelle im Geschäftsbericht. Acht Konzerne kommunizieren kein Bekenntnis zur Wertorientierung. Vier dieser Unternehmen, Beiersdorf, Fresenius, Fresenius Medical Care und Merck, haben starke Familienaktionäre, während drei Konzerne der Finanzbranche und ein Unternehmen der Chemiebranche angehören. Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels Mit dem zweiten Einzelkriterium soll herausgefunden werden, ob in den Geschäftsberichten ein eigenes Kapitel für wertorientierte Inhalte vorgesehen ist. Dies spräche für eine entsprechende Relevanz dieses Themas, wie auch für Transparenz und für Übersichtlichkeit zum Vorteil der Berichtsadressaten. Nachfolgende Tabelle informiert über die Ergebnisse zu diesem Einzelkriterium:
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
n
%
Unternehmen
0
11
37
1
2
6
Adidas, Beiersdorf, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Merck, Salzgitter, Siemens Linde, SAP
2
17
57
253
Allianz, BASF, Bayer, BMW, Daimler, Deutsche Post, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, Münchener-Rück, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 12: Vorhandensein eines expliziten wertorientierten Kapitels
3.
57% der DAX-30 Unternehmen veröffentlichen wertorientierte Informationen in einem explizit dafür vorgesehenen Kapitel. Dies zeigt den Stellenwert auf, den diese Unternehmen der Wertorientierung einräumen. Sie erleichtern Adressaten des Geschäftsberichts das schnelle Auffinden und ermöglichen dadurch eine konzentrierte Darstellung der wertorientierten Unternehmensführung. Zwei Konzerne – Linde und SAP – führen dedizierte Kapitel auf. Doch deren Inhalt verfolgt nicht das untersuchte Prinzip der Unternehmenswertorientierung. In den Geschäftsberichten von elf Unternehmen finden sich keine eigenen Kapitel. Sieben davon haben kein Bekenntnis zu Wertorientierung abgegeben. Konzerne, die bei dem vorherigen Kriterium mit einem starken Commitment bewertet wurden, fassen diese Informationen mit Ausnahme der Deutschen Telekom in einem eigens dafür vorgesehenen Kapitel zusammen. Beschreibung des wertorientierten Managementsystems Das dritte Einzelkriterium untersucht, inwieweit die Unternehmen den Lesern ihrer Geschäftsberichte Einblick in die Steuerungs- bzw. Managementsysteme gewähren, damit diese erkennen, ob tatsächlich nach dem wertorientierten Konzept gesteuert wird. Eine entsprechende Information ist somit als Kernbestandteil der Berichterstattung zu bezeichnen.1069 Die nachfolgende Tabelle zeigt das Ergebnis auf:
1069 Vgl. Ruhwedel, F./Schultze, W. (2002), S. 620; ebenso auch Pellens, B./Hillebrandt, F./Tomaszewski, C. (2000), S. 184.
254
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
0
n
%
Unternehmen
8
26
Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Salzgitter, SAP
1
5
17
Adidas, Beiersdorf, BMW, Deutsche Börse, Siemens
2
17
57
Allianz, BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Post, Deutsche Telekom, E.ON, Hannover Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, Münchener Rück, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 13: Beschreibung des wertorientierten Managementsystems
4.
57% der DAX-30 Konzerne gehen ausführlich auf die Art und Weise ein, wie sie das wertorientierte Konzept zur Steuerung im Unternehmen umgesetzt haben, und nennen die Kennzahlen, die zur Messung des Erfolges herangezogen werden. Fünf Konzerne bieten in diesem Zusammenhang den Lesern nur oberflächliche Einblicke. Acht aus der Gruppe des DAX-30 kommunizieren nicht über das wertorientierte Managementsystem. Drei dieser Unternehmen – Linde, Salzgitter und SAP – haben ein Bekenntnis zur Wertorientierung abgegeben. Fünf Unternehmen – Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius, Fresenius Medical Care und Merck – machen hierzu im Geschäftsbericht keine Aussage. Konzerne, die ein starkes Bekenntnis zur unternehmenswertorientierten Steuerung abgeben, veröffentlichen aufschlussreiche Informationen über ihr wertorientiertes Steuerungssystem.1070 Die Auswertung zeigt, dass Unternehmen, die in den ersten drei Kriterien mit jeweils zwei Punkten bewertet wurden, mit Ausnahme der Münchener-Rück im Gesamtergebnis hohe Gesamtpunktzahlen erreicht haben. Nennung einer wertorientierten Kennzahl Durch das vierte Kriterium soll herausgefunden werden, ob die Unternehmen die Kennzahl der wertorientierten Steuerung nennen, denn dies stellt eine der Grundvoraussetzungen für die Nachvollziehbarkeit von Geschäftsergebnissen dar. Wird diese Kenngröße noch an exponierter Stelle im Geschäftsbericht aufgezeigt, kann man von ihrer hohen Bedeutung für das Managementsystem des Unternehmens ausgehen. Die folgende Tabelle zeigt die diesbezüglichen Ergebnisse auf:
1070 Vgl. Weber, J./Bramsemann, U./Heineke, C./Hirsch, B. (2004), S. 12.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
255
n
%
Unternehmen
0
10
33
1
12
40
2
8
27
Adidas, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Salzgitter, SAP Allianz, Bayer, Beiersdorf, Deutsche Börse, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Münchener-Rück, Siemens, VW BASF, Daimler, E.ON, Lufthansa, MAN, Metro, RWE, ThyssenKrupp
Tabelle 14: Nennung einer wertorientierten Kennzahl Aufgrund der Heterogenität der verwendeten Steuerungssysteme ist es für Kapitalmarktteilnehmer wichtig zu erfahren, welche Steuerungskennzahlen eingesetzt werden.1071 In 67% der Geschäftsberichte werden die eingesetzten wertorientierten Kennzahlen genannt. Acht Konzerne führen diese an exponierter Stelle auf, etwa durch Hervorhebung im Text oder sogar auf der Übersichtsseite im Umschlag des Geschäftsberichts. Zehn Unternehmen nennen keine wertorientierte Kennzahl. Jeweils fünf davon haben kein bzw. kein starkes Bekenntnis zur Wertorientierung abgegeben. Durch diese Auswertung wird deutlich, dass Konzerne, die ihr wertorientiertes Managementsystem erläutern, auch die eingesetzte Kennzahl nennen. Adidas und BMW bilden hier die Ausnahme. Alle Unternehmen, die ein starkes Bekenntnis zur diesem Steuerungskonzept kommunizieren, publizieren die verwendete wertorientierte Kennzahl. Von grundsätzlichem Interesse sind die wertorientierten Kennzahlen, die die Konzerne veröffentlichen. Sechs Unternehmen setzen zur Messung der unternehmenswertorientierten Steuerung den Economic Value Added (EVA) ein, während 13 andere Konzerne EVA-ähnliche Konzepte verwenden. Bayer und Lufthansa nutzen zur Steuerung mit dem Cash-Value-Added (CVA) und dem Cashflow-Return on Investment (CFROI) Cashflowbasierte Kennzahlen. Damit dominieren EVA und seine verwandten Konzepte die Besetzung der wertorientierten Kennzahl in den DAX-30 Konzernen. Wie schon vorher beschrieben, werden in genau einem Drittel der Geschäftsberichte der Dax-30 Unternehmen keine Informationen zur Verwendung wertorientierter Kennzahlen veröffentlicht. Die folgende Auflistung gibt hierzu Aufschluss:
1071 Vgl. Heumann, R. (2006), S. 263.
256
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Wertorientierte Kennzahl EVA
n
Unternehmen
6
Value Added Delta-EVA Earnings after Capital Cost EBIT nach Kapitalkosten GWB1072 Wertbeitrag IVC xRoCA1073 CVA CFROI keine
5 1 1
Allianz, Beiersdorf, Deutsche Telekom, Henkel, Metro, VW Daimler, E.ON, K+S, MAN, Thyssen-Krupp Metro Deutsche Post
1
BASF
1 3 1 1 2 2 10
Siemens Deutsche Börse, Münchener Rück, RWE Hannover Rück Hannover Rück Bayer, Lufthansa Bayer, Lufthansa Adidas, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Salzgitter, SAP
Tabelle 15: In den Geschäftsberichten genannte wertorientierte Kennzahlen1074 5.
Wertangabe und Ermittlungsweise der Kapitalkosten Das wertorientierte Konzept fußt darauf, Gewinn-, Rendite- bzw. CashflowGrößen den dafür aufgewendeten Kapitalkosten gegenüberzustellen. Daher stellt die Veröffentlichung sowohl der Ermittlungsweise wie auch der Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes für den Kapitalmarkt eine notwendige Information für die Einschätzung des wertorientierten Ergebnisses des Unternehmens dar. Die folgende Tabelle gibt über die Erfüllung des fünften Einzelkriteriums Aufschluss:
1072 GWB steht für Geschäftswertbeitrag. Mit dieser Kennzahl vergleicht Siemens die erwarteten Ergebnisse einer Investition mit den Kosten des dafür eingesetzten Kapitals. Der GWB basiert auf dem EVA, lediglich die Kapitalkosten werden anders berechnet. 1073 xROCA ist das Wertmaß, das die Hannover Rück einsetzt, und steht für Excess Return on Capital Allocated. Diese Kapitalrendite errechnet sich folgendermaßen: xROCA = IVC / allokiertes Kapital. IVC steht für Intrinsic Value Creation. Diese absolute Kennzahl errechnet sich wie folgt: IVC = bereinigtes operatives Ergebnis – (allokiertes Kapital Capital x gewichtete Kapitalkosten). 1074 Bayer, Hannover-Rück, Lufthansa, Metro kommunizieren die Nutzung von jeweils zwei wertorientierten Kennzahlen, daher ergibt die Anzahl der Nennungen 34 statt 30.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
257
n
%
Unternehmen
0
13
43
1
1
4
Allianz, Beiersdorf, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Münchener Rück, SAP, Salzgitter, Siemens BMW
2
16
53
Adidas, BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Börse, Deutsche Post, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 16: Wertangabe und Ermittlungsweise der Kapitalkosten
6.
53% der Unternehmen erläutern die Ermittlungsweise des gewichteten Kapitalkostensatzes und dessen Wert. Fast die Hälfte der DAX-Konzerne weist diese Information nicht aus. Davon kommunizieren sechs bzw. vier Unternehmen keine oder keine starke Hinwendung zum wertorientierten Konzept. Die Allianz, die Deutsche Telekom und die Münchener-Rück kommunizieren, starke Anhänger der Unternehmenswertorientierung zu sein. Sie beschreiben sowohl ihr eingesetztes Steuerungssystem wie auch die Kennzahlen. Doch sie geben weder Auskunft über die Ermittlungsweise ihrer Kapitalkosten noch über deren Werte. Daraus folgt, dass ein Einblick in die Höhe der Kapitalkosten, trotz ihres großen Einflusses auf den Unternehmenswert, nicht bei allen DAX-30 Unternehmen zum Standardrepertoire gehört. Erläuterung der Berechnungsweise der wertorientierten Kennzahl Eine weitere Voraussetzung der Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen besteht in der Veröffentlichung der Berechnungsweise der verwendeten Steuerungskennzahl und deren Komponenten. Das sechste Einzelkriterium untersucht, inwieweit die Berechnung der wertorientierten Kennzahl erläutert ist. Dieses Wissen ermöglicht den Lesern das Verständnis, wie das wertorientierte Ergebnis zustande gekommen ist und welchen Einfluss die einzelnen Ergebniskomponenten darauf nehmen. Ohne diese Informationen können Kapitalmarkteilnehmer die Ergebnisse zwar zur Kenntnis nehmen, jedoch nicht fundiert beurteilen. Diese Auswertung ergab folgendes Ergebnis:
258
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
n
%
Unternehmen
0
12
40
1
3
10
Adidas, Beiersdorf, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Salzgitter, SAP Deutsche Börse, Münchener-Rück, Siemens
2
15
50
Allianz, BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Post, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 17: Erläuterung der Berechnungsweise der wertorientierten Kennzahl
7.
Die Hälfte der DAX-30 Konzerne erläutert ausführlich die Berechnungsweise der verwendeten Kennzahlen. Sie stellen sowohl deren Ermittlung wie auch Einzelelemente dar. Drei Unternehmen gewähren den Kapitalmarktteilnehmern hierzu nur eingeschränkt Einblick. Insgesamt 12 Konzerne veröffentlichen keine derartige Erläuterung. Sechs davon haben kein Bekenntnis zur Wertorientierung abgegeben. Zwei Unternehmen – Beiersdorf und die Deutsche Telekom – nennen die verwendete Kennzahl. Doch sie kommunizieren nicht, welchen Ermittlungsweg sie dafür gewählt haben. 17 Konzerne beschreiben zwar ausführlich ihr unternehmenswertorientiertes Managementsystem, doch nur 15 veröffentlichen, wie die dafür verwendete Kennzahl ermittelt wird. Darstellung des Berechnungsschemas der wertorientierten Kennzahl Mit der Veröffentlichung der verwendeten Formel zur Ermittlung des wertorientierten Ergebnisses gewähren Unternehmern den Lesern des Geschäftsberichts einen Einblick in ihr Steuerungssystem. Das siebte Kriterium prüft, inwieweit die DAX-30 Konzerne diesem Erfordernis nachkommen. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse auf: n
%
Unternehmen
0
13
43
1
3
10
Adidas, Beiersdorf, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Salzgitter, SAP, Siemens Bayer, Deutsche Börse, Metro
2
14
47
Allianz, BASF, Daimler, Deutsche Post, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Münchener Rück, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 18: Darstellung des Berechnungsschemas der wertorientierten Kennzahl
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
8.
259
Mit der Darstellung der mathematischen Formel, mit der die Kennzahl ermittelt wird, gewähren Unternehmen den Adressaten ein höheres Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit als dies mit einer verbalen Beschreibung möglich ist. 47% der Unternehmen bieten den Lesern ihres Geschäftsberichts diesen Vorzug. Insgesamt 17 Konzerne beschreiben das Berechnungsschema entweder verbal oder mathematisch oder auf beide Weisen. Aus den bisherigen Auswertungen ist erkennbar, dass die Unternehmen, die die Definition ihrer wertorientierten Kennzahl veröffentlichen, diese auch verbal oder mathematisch darstellen, die einzige Ausnahme bildet Siemens. Angabe des wertorientierten Ergebnisses Mit dem achten Kriterium soll aufgezeigt werden, ob die Unternehmen ihre wertorientierten Ergebnisse kommunizieren. Die Veröffentlichung des Ergebnisses bildet die notwendige Voraussetzung für Kapitalmarktteilnehmer, um feststellen zu können, ob es dem Unternehmen gelungen ist, den Unternehmenswert zu steigern.1075 Mit den zusätzlichen Angaben der Vorjahreswerte können Leser das wertorientierte Resultat im zeitlichen Vergleich beurteilen. Die Bewertung dieses Kriterium hat zu folgendem Resultat geführt: n
%
Unternehmen
0
14
47
Adidas, Beiersdorf, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Münchener Rück, Salzgitter, SAP, Siemens
1
0
0
2
16
53
Allianz, BASF, Bayer, Daimler, Deutsche Börse, Deutsche Post, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Lufthansa, MAN, Metro, RWE, Thyssen-Krupp, VW
Tabelle 19: Wertorientiertes Ergebnis aufgeführt Mehr als die Hälfte der DAX-Konzerne veröffentlicht diese Ergebnisse zusammen mit dem Vorjahreswert. Insgesamt vier Unternehmen – Beiersdorf, die Deutsche Telekom, die Münchener-Rück und Siemens – geben diese Informationen nicht preis, obwohl sie die zugrunde liegende Kennzahl nennen. Die Münchener-Rück und Siemens geben die Definition ihrer jeweiligen Kennzahl zwar bekannt, die Münchener-Rück sogar die Formel. Doch beide Konzerne veröffentlichen ihre wertorientierten Ergebnisse nicht.
1075 Vgl. Coenenberg, A.(2001), S. 594.
260 9.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Quantifizierung der wertorientierter Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereiche Das neunte Kriterium untersucht das Vorhandensein von Zielwerten. Nur durch den Vergleich des Ergebnisses mit einem Zielwert kann man einschätzen, wie er erzielte Erfolg zu bewerten ist. Mit dieser Angabe kann der Kapitalmarkt feststellen, ob man in dieser Beziehung mit dem Unternehmen zufrieden sein kann. Wie das die DAX-30 Konzerne handhaben, ist in nachfolgender Tabelle erkennbar: n
%
Unternehmen
0
13
43
1
6
20
Adidas, Beiersdorf, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Fresenius, Fresenius Med. Care, Linde, Merck, Münchener Rück, Salzgitter, SAP, Siemens BMW, Deutsche Post, Deutsche Telekom, K+S, ThyssenKrupp, VW
2
11
37
Allianz, BASF, Bayer, Daimler, E.ON, Hannover-Rück, Henkel, Lufthansa, MAN, Metro, RWE
Tabelle 20: Quantifizierung der wertorientierter Zielvorgaben für Konzern und Unternehmensbereiche Elf der 30 DAX-Konzerne veröffentlichen ihre wertorientierten Zielvorgaben. Sechs Unternehmen zeigen Einzelelemente wie Renditevorgaben, allerdings ohne die Werte der Kapitalkosten zu erwähnen, oder kommunizieren keine Vorgaben für ihre Unternehmensbereiche. Unternehmen, die ihr wertorientiertes Ergebnis bekanntgeben, nennen zumindest teilweise die dazugehörigen Zielvorgaben. Die Deutsche Börse bleibt die Ausnahme. Sie berichtet das Ergebnis ihres Wertbeitrags, doch das Unternehmen verzichtet auf die Veröffentlichung der dazugehörigen Zielvorgabe. 10. Kommunikation der wertorientierten Zielvorgaben für die Vergütung des Vorstands. Das zehnte Einzelkriterium prüft, inwieweit Vorstände nach wertorientierten Vorgaben entlohnt werden. Dies gibt u.a. Aufschluss darüber, welche Ziele Unternehmen als wirklich wichtig erachten. Die Verankerung im Vergütungssystem der Vorstände verstärkt die Ernsthaftigkeit, mit der diese Ziele im Unternehmen verfolgt werden, was sich auch positiv auf die unternehmensinterne Durchsetzbarkeit und die Glaubwürdigkeit am Kapitalmarkt auswirkt. Man kann davon ausgehen, dass Unternehmen, die ein starkes Bekenntnis zur Wertorientierung abgeben und ein entsprechendes Ma-
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
261
nagementsystem etabliert haben, ihre Vorstände anhand der Erreichung wertorientierter Vorgaben entlohnen. Ob dies so ist, ist aus folgender Tabelle zu erfahren: n
%
Unternehmen
0
19
63
1
2
7
Adidas, BASF, Bayer, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Telekom, Fresenius, Fresenius Med. Care, Hannover-Rück, Henkel, K+S, Linde, Lufthansa, Merck, Salzgitter, SAP, VW E.ON, Münchener Rück
2
9
30
Allianz, Beiersdorf, Daimler, Deutsche Post, MAN, Metro, RWE, Siemens, Thyssen-Krupp
Tabelle 21: Kommunikation der wertorientierter Zielvorgaben in der Vergütung des Vorstands 23 Konzerne geben ein Bekenntnis zur Wertorientierung ab. 22 Unternehmen kommunizieren, dass sie ein wertorientiertes Managementsystem einsetzen. Doch bei der überwiegenden Zahl der DAX-30 Konzerne, insgesamt 19, enthält das variable Vergütungsmodell der Vorstände keine wertorientierten Zielvorgaben, während neun Unternehmen (30%) diese im Vergütungssystem verankert haben. Dieses Ergebnis reflektiert damit nicht die Notwendigkeit von Investoren zu wissen, ob das Management an der Wertgenerierung in Form von Vergütungsanreizen beteiligt ist.1076 Eine zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse zu den Einzelkriterien liefert weitere Einblicke in die Ergebnisse:
73% der DAX-30-Konzerne geben ein Bekenntnis zur Wertorientierung ab. 57% veröffentlichen Informationen dazu in einem extra dafür vorgesehenen Kapitel. 74% der DAX-30-Konzerne kommunizieren, dass sie ein wertorientiertes Managementsystem einsetzen. 67% benennen die verwendete Kennzahl, 60% stellen deren Definition vor und 57% veröffentlichen wertorientierte Zielvorgaben bzw. 53% die dazugehörigen Ergebnisse. Elf der DAX-30-Konzerne kommunizieren ein aussagefähiges wertorientiertes Managementsystem, indem sie die Kennzahl ausführlich darstellen sowie die Zielvorgaben auf Konzern- bzw. Geschäftsbereichsebene und das
1076 Vgl. Heumann, R. (2006), S. 263.
262
c.
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Ergebnis aufführen. Sie erfüllen damit die Grundvoraussetzungen, um dem Kapitalmarkt die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisfindung und auch der Bewertung zu ermöglichen. Fünf dieser elf Unternehmen – Allianz, Daimler, MAN, Metro und RWE – geben ihren Vorständen entsprechende vergütungsrelevante wertorientierte Ziele vor. Sie setzen damit sowohl für den Kapitalmarkt als auch unternehmensintern ein deutliches Zeichen, dass sie die wertorientierte Steuerung als durchgängiges Managementsystem einsetzen und bereit sind, sich daran messen zu lassen.
Unternehmensbezogene Ergebnisse
Die beiden Extrempositionen, dass acht der DAX-30-Konzerne (27%) dem Value Reporting in ihren Geschäftsberichten keine Bedeutung beimessen, während 15 Unternehmen diese Berichterstattung ausführlich darstellen, zeugen von Konsequenz. Diese Unternehmen berichten entweder wertorientiert und dies mit einer beträchtlichen Aussagekraft oder sie veröffentlichen dazu gar nichts oder wenig. Beide Haltungen sind absolut verständlich und nachvollziehbar. Adidas, Beiersdorf, BMW, Deutsche Börse, Deutsche Telekom und Siemens, deren Punktwerte zwischen 4 und 8 liegen, kann man diese konsequente Handlungsweise nicht zugestehen. Sie verhalten sich eher ambivalent, was weder dem Unternehmen noch dem Kapitalmarkt und anderen Stakeholdern in Bezug auf wertorientierte Informationsversorgung weiterhilft. Beiersdorf, die Deutsche Telekom und Siemens nennen in ihren Geschäftsberichten zwar wertorientierte Kennzahlen, doch veröffentlichen sie nicht deren Ergebnisse. Beiersdorf und die Deutsche Telekom zeigen weder die Definitionen der Kennzahlen auf noch wie sie errechnet werden. Trotzdem berichten Beiersdorf und Siemens, dass die Ergebnisse ihrer wertorientierten Unternehmensführung Einfluss auf die Vergütung ihrer Vorstände haben. Womit sie eigentlich dokumentieren, dass diese Art der Steuerung 2008 eine gewisse Bedeutung inne hatte, doch sprechen sie nicht darüber. Man kann sich fragen, warum der Kapitalmarkt nicht mehr über die wertorientierte Steuerung in diesen Unternehmen erfährt oder warum diese Konzerne überhaupt darüber berichten, wenn sie doch keine konkreten Informationen dazu mitliefern. Wäre es nicht empfehlenswerter, die unternehmensintern vorhandenen Informationen entweder in der Weise zu veröffentlichen, dass die Adressaten des Geschäftsberichts etwas davon haben, oder erst gar nicht darüber zu berichten? Dem Kapitalmarkt eine Steuerungskennzahl zu nennen, doch deren Zustandekommen zu verschweigen, könnte dahingehend interpretiert werden, dass die Wertorientierung nur als Marketinginstrument Verwendung findet oder als rein
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
263
unternehmensinterne Angelegenheit betrachtet wird. Entscheidet sich ein Unternehmen allerdings dafür, wertorientierte Inhalte zu publizieren, so sollte man beachten, dass sich die Aktionärsstruktur schnell verändert. Der hohe Umschlag von Aktien, Diekmann spricht beispielsweise davon, dass die Allianz-Aktie durchschnittlich 2,5 Mal im Jahr verkauft wird,1077 macht es nötig, das eingesetzte Steuerungssystem immer wieder auf das Neue zu erläutern. Man sollte infolgedessen nicht davon ausgehen, dass das Wissen darüber bei den Anlegern vorhanden ist. Die Deutsche Börse veröffentlicht mit der Nennung der wertorientierten Kennzahl sowie deren Definition und Ergebnis eine nachvollziehbare Information und bietet somit eine gewisse Transparenz für den Kapitalmarkt, die allerdings unscheinbar im Konzernlagebericht dargeboten wird. Eine explizite Kapitelüberschrift wie auch die Veröffentlichung der Zielvorgaben wären sicher hilfreich für die Leser, die mehr über dieses Thema wissen wollen. Die Deutsche Telekom sagt in ihrem Geschäftsbericht aus, dass sie sich zum Ziel gesetzt hat, Superior Shareholder Return zu liefern. Sie nennt auch die dazugehörige Maßzahl, mit der sie ihre Anstrengungen misst. Doch stellt die Deutsche Telekom weder die Definition von EVA noch die Zielvorgaben und Ergebnisse zur Verfügung, was als nicht hilfreich betrachtet werden muss. Man könnte in Fällen wie diesem den Eindruck gewinnen, dass die wertorientierte Steuerung ohne Nennung von konkreten Daten nicht mehr als ein Lippenbekenntnis darstellt. Die BMW Group veröffentlicht in einem dafür vorgesehenen Kapitel die Renditekennzahl (ROCE), die sie verwendet, und die Errechnungsmethode der Kapitalkosten (WACC). Doch vermeidet es BMW, beide Informationen zusammenzuführen und das konkrete wertorientierte Ergebnis aufzuzeigen, um somit dem Kapitalmarkt Einblicke in seine Wertgenerierung zu geben. All diesen Unternehmen kann in diesem Zusammenhang keine konsequente Haltung zur wertorientierten Kommunikation zugestanden werden. Sie sprechen dieses Thema zwar in ihren Geschäftsberichten an und zeigen in einigen Fällen, wie z.B. Beiersdorf, wie tief dieses Thema unternehmensintern verankert sein müsste. Gleichzeitig unterlassen sie es jedoch, den Adressaten des Geschäftsberichts konkrete Informationen zukommen zu lassen. Gründe für diese Unterlassungen können vielfältiger Natur sein. Einerseits, wie schon oben erwähnt, setzen Unternehmen dieses Konzept ein, doch sie sehen keine Notwendigkeit, darüber extern zu kommunizieren. Andererseits könnte diese Ambivalenz aufzeigen, dass die Konzerne nicht sicher sind, wie oder ob sie über dieses Thema sprechen sollen. Ein weiteres Denkmuster könnte sein, dass man schon seit einiger Zeit über einzelne wertorientierte Inhalte berichtet, doch sich über deren Nutzen für 1077 Vgl. Diekmann, M. (2009), S. 25.
264
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
den Kapitalmarkt nicht sicher ist oder gar Änderungen, d.h. auch Streichung dieser Informationen, scheut. Die Münchener-Rück kann mit ihrem starken Bekenntnis zur wertorientierten Steuerung zu den Unternehmen gezählt werden, die diesem Thema im Geschäftsbericht einen großen Stellenwert einräumen. Was durch Aussagen wie „Wertorientierte Unternehmensführung – die Steuerungsphilosophie der Münchener-Rück“ unterstützt wird. Bis auf dieses Unternehmen sind alle DAXKonzerne, die in den ersten drei Spalten sechs Punkte erzielten, in den Top-15 wiederzufinden. Die Münchener-Rück steht mit elf erzielten Punkten zu Buche und ist mit diesem Ergebnis nicht unter den am besten bewerteten Unternehmen platziert. Die Gründe liegen darin, dass mit dem RoRaC (Return on Riskadjusted Capital) als Spitzenkennzahl eine Kenngröße zur Steuerung eingesetzt wird, die die Rendite des risikobewerteten Kapitals ermittelt und somit der Charakteristik des ROCE gleicht. Doch entspricht dies nicht den Vorstellungen einer wertorientierten Kennzahl, die das Ergebnis des Vergleichs einer Gewinn- bzw. Renditegröße mit den dafür aufgewendeten gewichteten Kapitalkosten darstellt. Mit Daimler, MAN und RWE verfolgen drei Konzerne die wertorientierte Kommunikation in ihrem Geschäftsbericht in einer konsequenten Durchgängigkeit und erzielen das optimale Ergebnis von 20 Punkten. Sie bieten den Interessenten die Informationen in einer transparenten und nachvollziehbaren Weise dar. Zwar gehören diese Konzerne unterschiedlichen Branchen an (Automobil, Industrial, Versorger), doch handelt es sich bei ihnen ausschließlich um produzierende Unternehmen. Von der Aktionärsstruktur gibt es eine Übereinstimmung bzgl. des hohen Anteils an institutionellen Aktionären, doch dies ist durchgängig im DAX-30 Index so. Die Höhe des Streubesitzes (Daimler >90%, MAN 44%, RWE 78%) oder, dass alle drei Konzerne starke Investoren (Daimler: Kuwait Investment Authority, MAN: VW, RWE: RW Energie Beteiligungsgesellschaft) besitzen, ergeben keine Hinweise, warum gerade diese Unternehmen der wertorientierten Kommunikation einen hohen Stellenwert im Geschäftsbericht einräumen. Diese Frage soll mittels einer Korrelationsanalyse (siehe Kapitel D.II.6) weiter untersucht werden.
d.
Branchenbezogene Ergebnisse
Die Top-15 Konzerne bieten ihren Aktionären und den anderen Stakeholdern umfassende Transparenz über ihre wertorientierte Steuerung. Deren Einzelplatzierung unterscheidet sich insbesondere darin, ob sie über wertorientierte Bestandteile in der Vergütung der Vorstände berichten. In neun der Top-15 Unternehmen werden Vorstände nicht nach der Erreichung wertorientierter Ziele
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
265
incentiviert. Hätten sie entsprechende Zielvorgaben vergeben, wären vier weitere Unternehmen – BASF, Deutsche Post, E.ON und Lufthansa – mit der Maximalzahl von 20 Punkten bewertet worden. Die folgende Tabelle listet die DAX-30 Konzerne nach Branchenzugehörigkeit mit dem Ziel auf, mögliche Zusammenhänge bzgl. der wertorientierten Nutzung sichtbar zu machen: Branche Pharma / Healthcare Banking Insurance
n 3 2 3
Consumer Chemical Automobil Financial Services Transport / Logistics Telekommunikation Versorger Industrial Software Basic Resources Retail
3 4 3 1 2 1 2 3 1 1 1
Unternehmen mit Punktwerten Fresenius (0), Fresenius Medical Care (0), Merck (0) Commerzbank (0), Deutsche Bank (0) Allianz (17), Hannover-Rück (17), Münchener-Rück (11) Adidas (5), Beiersdorf (4), Henkel (17) BASF (18), Bayer (16), K+S (16), Linde (1) BMW (6), Daimler (20), VW (16) Deutsche Börse (8) Deutsche Post (18), Lufthansa (18) Deutsche Telekom (6) E.ON (19), RWE (20) MAN (20), Siemens (6), Thyssen-Krupp (19) SAP (2) Salzgitter (1) Metro (19)
Tabelle 22: Unternehmen mit ihren Punktwerten nach Branchen Betrachtet man die Branchenzugehörigkeit stechen die fünf Unternehmen hervor, die null Punkte erzielten. Drei davon, Fresenius, Fresenius Medical Care und Merck, gehören der Branche Pharma / Healthcare an. Die beiden anderen Unternehmen, Commerzbank und Deutsche Bank, sind der Banken-Branche zugehörig. Im Gegensatz dazu liegen die drei Versicherungsunternehmen des DAX-30 in den Punktwerten wesentlich höher und stellen mit der Allianz und der Hannover-Rück zwei Unternehmen der Top 15, der auch die Unternehmen der ChemieBranche (BASF, Bayer, K+S) bis auf Linde angehören. Vergleicht man die Autokonzerne, so fällt auf, dass Daimler und VW hohe Punktwerte erzielen während BMW dem Thema Value Reporting wesentlich weniger Priorität in der Kommunikation beimisst. Beide Versorgungsunternehmen, E.ON und RWE, schneiden in dieser Untersuchung mit 19 bzw. 20 Punkten hervorragend ab, was auch für die beiden Unternehmen der Transport und Logistik-Branche – Deutsche Post und Lufthansa-, mit je 18 Punkten zutrifft. In der Industrial-Branche
266
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
liefern Thyssen-Krupp und MAN mit 19 bzw. 20 Punkten sehr hohe Ergebnisse ab. Siemens hinkt beiden in diesem Zusammenhang hinterher. Die Herausarbeitung weiterer branchenbezogener Aussagen ist mit dieser Auswertung nicht beabsichtigt. Auffallend ist jedoch, dass die Unternehmen der Pharma / Healthcare- und der Banken-Branchen keinerlei wertorientierte Kommunikation im Geschäftsbericht betreiben, während Unternehmen der Branchen Chemie, Versorger, Transport / Logistics und Versicherung dem Value Reporting eine wesentlich höhere Bedeutung zugestehen.
6.
Korrelationsanalyse zur Identifikation von Qualitätsdeterminanten
Die Qualität der wertorientierten Berichterstattung der DAX-30 Unternehmen in ihren Geschäftsberichten des Jahres 2008 wurde mit einem Scoring Modell bewertet. Nun soll der Frage nachgegangen werden, ob Zusammenhänge zwischen ausgewählten Unternehmensvariablen und den Ergebnissen des Scoring existieren. Dazu sind zunächst Hypothesen zu vermuteten Wirkungszusammenhängen aufzustellen, die anschließend anhand einer Korrelationsanalyse auf ihre Gültigkeit geprüft werden. Folgende Unternehmensvariablen fanden Berücksichtigung:
Umsatzerlöse Marktwert des Eigenkapitals Leverage Liquidität 2. Grads Operativer Cashflow Wachstum Umsatzerlöse
a.
Aufstellung von Hypothesen
Bilanzsumme Beta-Faktor Liquidität 1. Grads Liquidität 3. Grads Wachstum Bilanzsumme Gesamtkapitalrentabilität
Die Unternehmensgröße gilt als wichtigster Einflussfaktor auf das Publizitätsverhalten, da Konzerne üblicherweise mehr Ressourcen einsetzen können. Zur Bestimmung der Unternehmensgröße gibt es keine einheitliche Vorgehensweise.1078 Es sind verschiedene Maßgrößen im Einsatz, wie z.B. die Umsatzhöhe, die Marktkapitalsierung oder auch eine Kombination aus mehreren Kennzahlen.1079 Der deutsche Gesetzgeber unterteilt im § 267 HGB Kapitalgesellschaften 1078 Vgl. Vollmuth, H. (2009), S. 57. 1079 Vgl. Fortune Global 500 (2010), S. 1; Fortune verwendet Umsatz als Kriterium; die Rangliste der FT Global 500 (2010), S. 1, wird nach der Höhe der Marktkapitalisierung erstellt; Forbes Global 2000 (2010), S. 1, wählt eine Kombination aus Umsatz, Nettogewinn, Aktiva und
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
267
in Größenklassen anhand der Kriterien Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Anzahl der Mitarbeiter. Diese Kriterien finden auch in dieser Untersuchung Verwendung. Da die Beschäftigtenzahl eine untergeordnete Rolle für die Bewertung der wertorientierten Berichterstattung spielt, repräsentieren Umsatzerlöse und Bilanzsumme die Variable Unternehmensgröße für diese Untersuchung. Lueg postuliert, je größer ein Unternehmen ist, desto wertorientierter muss es geführt werden, um marktübliche Renditen zu erzielen.1080 Für Wagenhofer/Ewert beispielsweise übt die Größe des Unternehmens Einfluss auf die Qualität der wertorientierten Berichterstattung aus, da große Unternehmen im Vergleich zu kleineren Unternehmen
leistungsfähigere Managementsysteme unterhalten, aufgrund des höheren Kapitalbedarfs abhängiger von der Bewertung des Kapitalmarkts sind und öfter von Finanzanalysten beurteilt werden.1081
Daher sind Korrelationskoeffizienten mit positiven Vorzeichen zu erwarten, und es lässt sich folgende Hypothese formulieren: H1: Je größer das Unternehmen, desto höher die Berichterstattungsqualität1082 Je höher das Risiko eines Investments, desto höher sind die sogenannten Agency-Kosten. Insofern ist zu vermuten, dass mit einem hohen risikobehafteten Unternehmen im besonderen Maße bestrebt sind, Informationsasymmetrien über eine qualitativ hochwertige Berichterstattung abzubauen, um damit u.a. auch Kapitalkosten zu senken. Aus dieser Überlegung leitet sich die nächste Hypothese ab: H2: Je höher das Investmentrisiko, desto höher die Berichterstattungsqualität Als Maßstab für das Investmentrisiko wird hier der sogenannte Beta-Faktor1083 herangezogen. Der Beta-Faktor verkörpert den Risikozuschlag auf den risikofreien Zins, den Investoren für die Bereitstellung von Kapital verlangen. Er misst, wie stark die Rendite im betrachteten Unternehmen im Vergleich zu einem Marktportfolio schwankt. Ein > 1 bringt zum Ausdruck, dass die Rendite im
1080 1081 1082 1083
Marktwert als Größenkriterium; die Süddeutsche Zeitung (2010), S. 26 verwendet die Umsatzhöhe, um die Top 100 deutschen Unternehmen nach Größe zu ordnen. Vgl. Lueg, R. (2010), S. 343. Vgl. Wagenhofer, A./Ewert, R. (2003), S. 361; ebenso auch Hamilton, J./Rahman, S./Lee, A. (2009), S. 276. Vgl. Dietsche, M./Fink, C. (2998), S. 259; ebenso auch Beer, M./Deffner, M./Fink, C. (2007), S. 232. Ausführlich beschrieben im Kapitel C.I.2.b.i
268
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Unternehmen stärker streut als der relevante Markt. Investmentberater raten deshalb risikoarmen Investoren, nur in Unternehmen mit einem < 1 zu investieren.1084 Da die wertorientierte Berichterstattung dem Kapitalmarkt zusätzliche Leistungsdaten des Unternehmens liefert, könnte man daraus schließen, dass aufgrund der Ausführlichkeit des Value Reporting diese Unternehmen geringere Eigenkapitalkosten zu tragen haben. In diesem Fall ist eine Korrelation mit negativem Vorzeichen als Ergebnis der Korrelationsanalyse zu erwarten. Ein hoher Leverage (Verschuldungsgrad) hat einen geringeren Eigenkapitalanteil zur Folge, d.h. die Bedeutung der Fremdkapitalgeber nimmt zu. Da die wertorientierte Berichterstattung primär an Eigenkapitalgeber adressiert ist, ist davon auszugehen, dass höher verschuldete Unternehmen eher weniger wertorientiert berichten. Insofern ergibt sich folgende Hypothese: H3: Je höher die Verschuldung, desto niedriger die Berichterstattungsqualität Man könnte allerdings auch vermuten, dass hochverschuldete Unternehmen an einer künftigen Aufnahme von Eigenkapital interessiert sind, und versuchen werden, durch eine qualitativ hochwertige Berichterstattung potentielle Eigenkapitalgeber zu überzeugen. Die Liquiditätsausstattung eines Unternehmens kann ebenfalls Einfluss auf seine Berichterstattung nehmen.1085 Unternehmen, die nicht über ausreichend Liquidität verfügen, laufen Gefahr, ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen zu können. Eine gute Liquiditätslage erleichtert es, Investitionen zu tätigen sowie Fremdkapital abzulösen, um damit die Kapitalstruktur zu optimieren. Für die wertorientierte Berichterstattung kann dies zur Folge haben, dass Unternehmen mit einer schlechten Liquidität dieser freiwilligen Berichterstattung mehr Aufmerksamkeit schenken müssen bzw. Unternehmen mit einer sehr guten Liquidität diese Art des Reporting nicht brauchen. Es ist daher von einem negativen Zusammenhang auszugehen, was sich in folgender Hypothese niederschlägt: H4: Je besser die Liquiditätslage, desto niedriger die Berichterstattungsqualität Auf der anderen Seite ist jedoch auch denkbar, dass es bei Unternehmen mit schlechter Liquiditätslage an den für eine hohe Berichterstattungsqualität notwendigen finanziellen Ressourcen mangelt. Als Indikatoren für die Liquiditätslage kommen die Liquidität 1., 2. und 3. Grades sowie der operative Cashflow zum Einsatz. Wachsende Unternehmen müssen zur Finanzierung des Wachstumes zusätzliches Kapital aufnehmen. Insofern müssen solche Kapitalgesellschaften sich 1084 Vgl. Schwanfelder, W. (2007), S. 115. 1085 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 96.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
269
verstärkt darum bemühen, potentielle Kapitalgeber von sich zu überzeugen. Die freiwillige Berichterstattung könnte hierzu beitragen. Daraus resultiert die Hypothese H5: Je stärker das Wachstum, desto höher die Berichterstattungsqualität In diesem Kontext wird zur Abbildung des Wachstums sowohl die Veränderung der Höhe der Umsatzerlöse, als auch die Veränderung der Höhe der Bilanzsumme herangezogen. Eine schlechte Erfolgslage eines Unternehmens könnte auf sich auf der einen Seite in einer höheren Berichterstattungsqualität niederschlagen. Unternehmen könnten versuchen, die durch die schlechte Erfolgslage verursachten negativen Wahrnehmungen der Investoren durch entsprechend positive Wahrnehmungen aus einer hochwertigen wertorientierten Berichterstattung zu kompensieren. Auf der anderen Seite fehlen Unternehmen mit schlechter Erfolgslage möglicherweise die für eine hohe Berichterstattungsqualität notwendigen finanziellen Mittel. Zudem ist berücksichtigen, dass solche Unternehmen vermutlich nur einen geringen bzw. sogar einen negativen Wertbeitrag kommunizieren können. Auch dies hemmt eine freiwillige Berichterstattung. Daher lässt sich keine eindeutige Wirkungsrichtung vermuten und die entsprechende Hypothese ist in einer neutralen Form zu aufzustellen: H6: Die Erfolgslage beeinflusst die Berichterstattungsqualität Die Gesamtkapitalrentabilität wird als Indikator für die Erfolgslage verwendet. Es bietet sich an, die Untersuchung um die Branchenzugehörigkeit der DAX-30 Unternehmen zu ergänzen, denn die Konkurrenzsituation innerhalb einer Branche kann sich auch auf das Berichtswesen der Unternehmen auswirken.1086 Wenn der Kapitalmarkt ein Unternehmen aufgrund seiner wertorientierten Berichterstattung positiv wahrnimmt, werden andere Unternehmen dieser Branche diesem erfolgversprechenden Beispiel vermutlich folgen. Zudem ist zu vermuten, dass auch der Kapitalmarkt die verbleibenden Unternehmen dieser Branche auffordern würde, ihr Reporting anzupassen. Entsprechend ergibt sich die Hypothese: H7: Die Branchenzugehörigkeit beeinflusst die Berichterstattungsqualität b.
Verfahren der Korrelationsanalyse
Die Ergebnisse der Geschäftsberichtsauswertung liegen in Form der Punktwerte des Scoring-Modells vor und bilden zusammen mit den Unternehmensvariablen 1086 Vgl. Fischer, T./Wenzel, J. (2005), S. 90.
270
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
die Datengrundlage, um die Wirkungszusammenhänge zu ermitteln. Deren Werte wurden im Wesentlichen Datastream und Worldscope entnommen. Die Qualitätspunktwerte stellen die abhängige Variable dar, während die Unternehmenskennzahlen als Einflussfaktoren für die Qualität der Berichterstattung gelten. Für die Durchführung der Korrelationsanalyse bieten sich die Verfahren nach Pearson und nach Spearman an. Beide werden im Folgenden kurz vorgestellt. Die Korrelationsanalyse ist ein mathematisch-statistisches Verfahren. Ausgangspunkt dieser Analyse ist die Beobachtung zweier oder mehrerer statistischer Größen (Merkmale), verbunden mit der Frage, inwieweit die Veränderung einer Größe die Veränderung einer zweiten Größe nach sich zieht.1087 Besteht zwischen den beobachteten Variablen ein Zusammenhang, schließt sich die Frage an, wie genau aufgrund der Merkmalsausprägung der einen Variablen die Merkmalsausprägung der zweiten Variablen vorausgesagt werden kann. Mit der Korrelationsanalyse kann man diese Zusammenhänge darstellen, wobei der Korrelationskoeffizient (r) die Stärke eines statistischen Zusammenhangs beschreibt, indem er die Korrelation zwischen zwei oder mehreren Variablen in einer einzigen Zahl angibt. In Form einer sogenannten Korrelationsmatrix zeigt man die Korrelationskoeffizienten auf. Korrelationskoeffizienten können nach verschiedenen Verfahren berechnet werden: Der Korrelationskoeffizient nach Pearson Die Art der Berechnung des Korrelationskoeffizienten nach Pearson, der auch als Produkt-Moment-Korrelation bekannt ist, bedingt metrisch skalierte Merkmale, deren Zusammenhang linear (normalverteilt) sein sollte.1088 Nicht-lineare Zusammenhänge können demnach mit dieser Methode nicht berechnet werden.1089 Die Abweichung eines jeden Punktepaars vom Schwerpunkt des Streudiagramms bemisst die Kovarianz, das Maß des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen im Pearson’schen Modell.1090 Ist dieser Zusammenhang linear und positiv (gleichsinnig), liegen die Beobachtungswerte in einem zweidimensionalen Koordinatensystem auf einer ansteigenden Geraden und der Korrelationskoeffizient nimmt den Wert r = + 1 an.1091 Bei einem linear negativen Zusammenhang (gegensinnig) beträgt sein Wert r = -1. In diesem Fall sinkt die Gerade. Ein Korrelationskoeffizient von 0 besagt, dass beide Merkmale nicht voneinander abhängen, d.h. im Umkehrschluss, je weiter der Wert von 0 entfernt liegt, desto stärker ist der Zusammenhang. 1087 1088 1089 1090 1091
Vgl. Buchner, R. (1985), S. 224. Vgl. Nagel, H./Hatzinger, R.(2009), S. 221. Vgl. Schmitz-Valckenberg, C. (2003), S. 144. Vgl. Ringel, J. (2008), S. 88. Vgl. Cleff, T. (2008), S. 106.
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
271
Der Korrelationskoeffizient nach Spearman Dieser Korrelationskoeffizient bietet sich als parameterfreies Maß für die Messung der Stärke eines monotonen Zusammenhangs an. Die Variablen brauchen nicht normal verteilt intervallskaliert oder zumindest ordinalskaliert sein.1092 Da dieser Korrelationskoeffizient auf den Rangzahlen der Beobachtungswerte ((xi, yi)) beruht, bezeichnet man ihn auch als Rangkorrelation. Für die Berechnung nach Spearman sortiert man alle x-Werte und versieht sie mit Rangzahlen, wobei der Kleinste den Rang 1 besetzt und der Größte den Rang n. Die gleiche Vorgehensweise führt man mit den y-Werten durch. Jeder Beobachtungseinheit wird somit eine Rangzahl für das x- und das y-Merkmal zugeordnet, d.h. man verwendet nicht die ermittelten Messwerte, sondern transformiert sie in die ihnen zugeteilten Rangplätze.1093 Die Differenz der Ränge beider Variablen wird als d bezeichnet. Aus den Differenzen der Rangzahlen berechnet sich der Spearman’sche Korrelationseffizient (rs) wie folgt: ݎ௦ ൌ ͳ െ
σୀଵ ݀ଶ ଶ ݊ሺ݊ െ ͳሻ
Wie bei Pearson kann der der Korrelationskoeffizient nach Spearman Werte zwischen -1 und +1 annehmen. Seine Interpretation erfolgt analog zu Pearson. Die folgenden Entscheidungskriterien neben der Unterscheidung nach dem linearen bzw. nicht-linearen Zusammenhang oder der metrischen bzw. intervallskalierten Merkmalsausprägung helfen bei der Frage, welches Verfahren für den konkreten Untersuchungsgegenstand das am besten Geeignete ist. Wird gleichzeitig eine Regressionsgleichung ermittelt, so wird empfohlen, den Korrelationskoeffizienten nach Pearson zu berechnen.1094 Ist die Berechnung des Korrelationskoeffizienten von großen Standardabweichungen beeinflusst, so ist die Rangkorrelation nach Spearman vorzuziehen.1095 Es existieren weitere Verfahren zur Berechnung der Korrelationskoeffizienten, wie z.B. das von Kendall. Doch Spearman und Pearson sind die am häufigsten eingesetzten Modelle.1096 Da man nie sicher sein kann, dass Ergebnisse auf Zufallsbasis beruhen, ist es erforderlich, eine Signifikanzmessung durchzuführen. Die Signifikanz ist ein Maß der Irrtumswahrscheinlichkeit. Beispielsweise bedeutet ein Ergebnis von 1092 1093 1094 1095 1096
Vgl. Bühl, A. (2008), S. 348. Vgl. Weiß, C. (2010), S. 94. Vgl. Buchner, R. (1985), S. 226. Vgl. Zöfel, P. (2001), S. 126. Vgl. Weiß, C. (2010), S. 95.
272
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
0,05, dass die maximal zulässige Wahrscheinlichkeit für einen Irrtum bei 5% liegt. Bei einem Wert von 5% spricht man von Signifikanz, die in der Korrelationsmatrix mit einem * versehen wird. Als sehr signifikant (**) gilt ein Wert von =1%. Liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit bei 0,1%, ist das Ergebnis als hoch signifikant (***) zu bezeichnen. Die folgende Analyse wird, wie in der empirischen Forschung üblich, sowohl nach dem Spearman’schen-Verfahren als auch nach dem Verfahren nach Pearson durchgeführt, da nicht alle Variablen intervallskaliert und normalverteilt vorliegen.
c.
Deskriptive Daten zu den Unternehmen der Stichprobe
Die folgende Tabelle informiert über Mittelwerte, Mediane, Standardabweichungen, 25%- und 75 %-Quantile zu den Untersuchungsvariablen bei den DAX-30 Unternehmen für das Jahr 2008.
Mittelwert
Median
Standardabweichung
25%Quantil
75%Quantil
Umsatzerlöse (in Mio. €)
39194,49
28894,00
32252,33
11373,50
61825,50
Bilanzsumme (in Mio. €)
186202,57
45705,00
426960,23
15617,90
148053,33
Marktwert des Eigenkapitals (in Mio. €)
19212,29
10417,80
17962,83
5323,02
30933,34
1,06
1,10
0,45
0,65
1,36
182,68
79,67
338,75
36,06
156,23
Liquidität 1. Grades
0,13
0,14
0,09
0,07
0,17
Liquidität 2. Grades
2,36
2,38
1,47
1,56
3,18
Liquidität 3. Grades
2,66
2,53
1,72
1,64
3,51
Cashflow/ Bilanzsumme
0,08
0,07
0,06
0,04
0,11
Wachstum Bilanzsumme
2,11
2,08
0,17
2,02
2,15
Wachstum Umsatzerlöse Gesamtkapitalrentabilität
2,04
2,05
0,14
1,97
2,09
0,07
0,06
0,08
0,02
0,11
Beta-Faktor Leverage
Tabelle 23: Deskriptive Unternehmensdaten
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
273
Die Umsatzerlöse betrugen im Mittel € 39 Mrd und die Bilanzsumme € 186 Mrd, wobei auffällt, dass die Bilanzsumme wesentlich stärker streut als die Umsatzerlöse. Banken und Versicherungen, die weit überdurchschnittliche Bilanzsummen publizieren, tragen zu der starken Streuung am meisten bei. Die Ergebnisse der Quantile unterstützen diese Aussage dadurch, dass die Unternehmen im 75%Quantil eine fast 10-mal so große Bilanzsumme verglichen mit dem 25%-Quantil ausweisen. Bei der Variablen Umsatzerlöse beläuft sich das Größenverhältnis beider Quantile auf 1 : 5, wobei sich das umsatzstärkste Unternehmen 40 mal so groß wie das umsatzschwächste Unternehmen zeigt. er Mittelwert des Marktwerts des Eigenkapitals beträgt mehr als € 19 Mrd. Der DAX-30 Wert mit der höchsten Kapitalisierung betrug zu diesem Zeitpunkt das 100 fache des billigsten Unternehmens, worin zum Ausdruck kommt, dass die Kapitalmarktbewertung von Unternehmen stark von künftigen Erfolgspotentialen beeinflusst wird, die offensichtlich bei DAX-30 unterschiedlich sind. Mittelwert und Median des Beta-Faktors betragen 1,06 bzw. 1,1. Dies zeigt, dass das systematische Risiko der betrachteten Unternehmen im Durchschnitt über dem des Index liegt. Für 50% der DAX-Konzerne liegt der Beta-Faktor zwischen 0,65 und 1,36, was eine erhebliche Streuung anzeigt. Viele (=11) der DAX-30 Konzerne sind als defensive Anlagen zu bezeichnen, da ihre Aktien teilweise weit unter dem Wert von 1 liegen. Allerdings zeigt die starke Streuung auch, dass einige DAX-30 Unternehmen durch ihren hohen Beta-Faktor als sehr aggressive Anlage zu gelten haben. Hinsichtlich des Verschuldungsgrades (Leverage) ist zu konstatieren, dass dieser im Mittel 182% beträgt, so dass auf eine im Durchschnitt zufriedenstellende Eigenkapitalausstattung der DAX-30 Unternehmen zu schließen ist. Bei den Liquiditätsgraden fällt auf, dass die Liquidität 1. Grades im Durchschnitt recht niedrig ist und den in der Literatur häufig genannten Sollwert von 20% deutlich unterschreitet. Selbst das 75%-Quantil liegt mit 16,7% noch deutlich unter dieser Empfehlung. Dagegen sind die Werte für die Liquidität 2. Grades erstaunlich hoch und sie überschreiten die in der Literatur genannte Benchmark von 100% in erheblichem Maße. Auch bei der Liquidität 3. Grades weisen die DAX-30 Konzerne im Mittel Werte über der Sollvorgabe von 200% aus, wenngleich dieser Wert nicht in dem Maße überschritten wird wie dies bei der Liquidität 2. Grades der Fall ist. Die Werte im 75%-Quantil fallen mit mehr als 300% komfortabel aus und zeigen, dass diese Unternehmen eine weitaus höhere Liquidität vorhalten, als dies die Literatur empfiehlt, während die Unternehmen des 25%-Quantils eine ausreichende Liquidität 2. Grades besitzen, doch bei der Liquidität 3. Grades stark unter den dafür notwendig gehaltenen Werten liegen. Der Mittelwert des Verhältnisses von Operativem Cashflow zu Bilanzsumme beläuft sich auf 7,5%, d.h. blieben diese Summen über den Zeitverlauf
274
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
gleich, benötigten die DAX-30 Unternehmen mehr als 13 Jahre, um mit dem erzielten Cashflow die Bilanzsumme zu decken. Die Unternehmen im 75%Quantil müssten für die beschriebene Annahme immer noch mehr als 10 Jahre aufwenden. Man kann also davon ausgehen, dass ein großer Teil der Unternehmen dieses Index niedrige Cashflows generiert haben, was sich auch in den Ergebnissen der Liquidität 1. Grades reflektiert. Das Wachstum der Bilanzsumme und das Wachstum der Umsatzerlöse zeigen im Mittelwert mit etwas mehr als 2% ein fast gleichlautendes Ergebnis an. Die Standardabweichungen bewegen sich auf niedrigem Niveau und die Resultate beider Quantile liegen dazu nicht weit auseinander, was bestätigt, dass 2008 insgesamt für die DAX-30 Konzerne als kein starkes Wachstumsjahr zu werten ist. Für die Gesamtkapitalrentabilität ergibt sich ein Mittelwert von 7,4% und ein Median von 5,7%. Im Durchschnitt ist somit die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals nicht sonderlich hoch. Vermutlich reflektieren diese Werte die Mitte 2008 einsetzende Finanz- und Wirtschaftskrise. Betrachtet man die Standardabweichung so erkennt man, dass diese größer ist als der Mittelwert und damit eine starke Streuung aufweist. Dies bestätigen auch die Resultate der beiden Quantile, die fast 10 Prozentpunkte auseinanderliegen. Daraus lässt sich schließen, dass sich der überwiegende Teil der DAX-30 Konzerne mit einer unterdurchschnittlichen Gesamtkapitalrendite begnügen musste. d.
Überprüfung der aufgestellten Hypothesen
Die erste Hypothese lautet: H1: Je größer das Unternehmen, desto höher die Berichterstattungsqualität. Wie Tabelle 24 zeigt, weisen die Korrelationskoeffizienten, von einer Ausnahme abgesehen, in die vermutete Richtung. Ein signifikant positiver Einfluss der Unternehmensgröße auf die Qualität der wertorientierten Berichterstattung lässt sich jedoch nur feststellen, sofern die Unternehmensgröße über die Umsatzerlöse abgebildet wird. Nur für diesen Fall ist Hypothese 1 bestätigt.
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
Umsatzerlöse
Bilanzsumme
,443* ,014 ,476** ,008 30
-,192 ,310 ,205 ,278 30
Tabelle 24: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 1
Marktwert des EK ,240 ,202 ,276 ,140 30
275
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
Ein positiver Zusammenhang Unternehmensgröße und Berichterstattungsqualität ist nicht als überraschend zu werten. Der Aufwand ein entsprechendes Managementsystem zu etablieren und zu betreiben wie auch eine adäquate Kommunikation sicherzustellen, ist beträchtlich und daher üblicherweise nur von großen Unternehmen mit der entsprechenden Kapital- und Personalausstattung zu bewältigen. Vermutlich bedarf es vor allem hoher Umsatzerlöse, um den für eine adäquate Berichterstattung notwendigen Aufwand aufrechterhalten zu können. Die zweite Hypothese betrifft den vermuteten Zusammenhang zwischen Beta-Faktor und Berichtsqualität: H2: Je höher das Investmentrisiko, desto höher die Berichterstattungsqualität Aus Tabelle 25 ist ersichtlich, dass die Korrelationsergebnisse zwar die Richtung des vermuteten Wirkungszusammenhangs bestätigen, die Ergebnisse jedoch nicht signifikant sind. Hypothese 2 wird also nicht bestätigt.
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
Beta-Faktor ,142 ,455 ,266 ,156 30
Tabelle 25: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 2 Der Beta-Faktor übt keinen signifikanten Einfluss auf die Qualität der wertorientierten Berichterstattung aus. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass diese unabhängig vom Risiko des berichterstattenden Unternehmens ist. Der BetaFaktor ist hier das einzige herangezogene Risikosurrogat. Es lässt sich nicht ausschließen, dass sich bei Verwendung anderer Risikomaßstäbe, wie z.B. Ratings, signifikante Zusammenhänge ergeben würden. Die dritte Hypothese bezieht sich auf den Einfluss der Verschuldung: H3: Je höher die Verschuldung, desto niedriger die Berichterstattungsqualität Tabelle 26 dokumentiert den vermuteten negativen Zusammenhang, der bei dem Verfahren nach Pearson auch schwach signifikant ist, so dass bei dessen Verwendung die Hypothese 3 bestätigt wird. Daraus lässt sich schließen, dass die wertorientierte Berichterstattung sich primär an Aktionäre und weniger an Fremdkapitalgeber richtet.
276
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Leverage -,359 ,051 -,045 ,814 30
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
Tabelle 26: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 3 Gegenstand der Hypothese 4 ist der Zusammenhang zwischen der Liquidität und der Berichterstattungsqualität: H4: Je besser die Liquiditätslage, desto niedriger die Berichterstattungsqualität Aus der Tabelle 27 lässt sich erkennen, dass ein negativer Zusammenhang zwischen den Liquiditätsgraden und der Berichtsqualität besteht. Eine solche negative Korrelation war zu erwarten, denn Unternehmen mit schwacher Liquidität müssen sich verstärkt um Kapitalzuflüsse bemühen und dies mit einer hohen Berichterstattungsqualität unterstützen. Allerdings sind die Ergebnisse nicht signifikant. Hinsichtlich des operativen Cashflows ist die Wirkungsrichtung entgegen der Erwartung positiv, aber ebenfalls insignifikant. Hypothese 4 wird daher nicht bestätigt.
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
Liquidität 1. Grades -,317
Liquidität 2. Grades -,323
Liquidität 3. Grades -,314
Operativer Cashflow ,126
,115 -,213
,100 -,359
,111 -,307
,507 ,272
,296 26
,0,66 27
,119 27
,146 30
Tabelle 27: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 4 Die Hypothese 5 ist dem Thema Wachstum gewidmet. H5: Je stärker das Wachstum, desto höher die Berichterstattungsqualität Wie Tabelle 28 belegt, sind die Korrelationskoeffizienten beim Wachstum der Umsatzerlöse positiv und weisen damit in die durch Hypothese 5 vermutete Richtung. Sie sind allerdings insignifikant. Dies gilt auch für die Korrelationsko-
277
II Qualitätsbewertung der wertorientierten Kommunikation
effizienten zum Wachstum der Bilanzsumme, die zudem entgegen der Erwartung ein negatives Kennzeichen aufweisen. Somit ist Hypothese 5 nicht bestätigt.
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
Wachstum Bilanzsumme -,183 ,332 -,180 ,341 30
Wachstum Umsatzerlöse ,148 ,434 ,048 ,803 30
Tabelle 28: Korrelationsanalyse zu Hypothese 5 Die Hypothese 6 setzt sich mit dem Einfluss der Erfolgslage auseinander: H6: Die Erfolgslage beeinflusst die Berichterstattungsqualität Schon bei der Aufstellung der Hypothese konnte kein eindeutiger Wirkungszusammenhang prognostiziert werden, da sowohl Argumente für eine positive wie auch für eine negative Korrelation anführbar waren. Die in Tabelle 29 aufgelisteten Korrelationsergebnisse bestätigen diese diffusen Erwartungen, denn die Korrelationskoeffizienten liegen nahe Null und sind eindeutig nicht signifikant. Insofern kann auch Hypothese 6 keine Bestätigung erfahren.
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig) N
GK-Rentabilität -,042 ,824 -,060 ,754 30
Tabelle 29: Pearson Prüfung Hypothese 6 Die Hypothese 7 hinterfragt den Brancheneinfluss. H7: Die Branchenzugehörigkeit beeinflusst die Berichterstattungsqualität Tabelle 30 zeigt, dass die Korrelationsanalysen für die beiden Branchen Banken und Pharma signifikant negative Korrelationen liefern. Konzerne, die diesen beiden Branchen angehören, berichten nicht bzw. in schwacher Qualität. Für diese Branchen ist die Hypothese 6 bestätigt.
278
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Korrelation nach Pearson Signifikanz (2-seitig) Korrelation n. Spearman Signifikanz (2-seitig)
Banken -,367* ,046 -,388* ,034
Pharma ,-458* ,011 -,484** ,007
Tabelle 30: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 7 für die Branchen Banken und Pharma Für alle anderen Branchen ergeben sich, wie in Tabelle 31 dokumentiert, keine signifikanten Ergebnisse, so dass für diese die Hypothese 7 keine Bestätigung erfährt. Branchen Insurance Chemie Auto Telco Utilities Industrial Retail Consumer Logistics Basic Res. Software Fin. Service
Korrelation nach Pearson ,186 ,257 ,143 ,175 ,080 ,186 ,199 -,343 -,012 -,231 -,231 -,200
Signifikanz (2-seitig) ,325 ,170 ,451 ,354 ,673 ,325 ,291 ,063 ,950 ,219 ,219 ,290
Korrelation nach Spearman ,110 ,135 ,148 ,162 ,155 ,265 ,226 -,316 ,008 -,205 -,205 -,234
Signifikanz (2-seitig) ,564 ,475 ,434 ,393 ,413 ,158 ,229 ,089 ,996 ,277 ,277 ,214
Tabelle 31: Korrelationsergebnisse zu Hypothese 7 ohne die Branchen Banken und Pharma
7.
Aussagegrenzen
Die vorgestellte Studie zur Qualität der wertorientierten Berichterstattung unterliegt mehreren Aussagegrenzen, die es bei der Würdigung der Ergebnisse zu beachten gilt:
Der Untersuchungsgegenstand war auf die Berichterstattung der DAX-30 Konzerne begrenzt. Rückschlüsse auf das Berichtsverhalten anderer Publikumsgesellschaften oder gar nicht börsennotierter Unternehmen sind nicht
III Resümee aus den Ergebnissen beider Untersuchungsteile
279
zulässig. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die DAX-30 Konzerne im Fokus des öffentlichen Interesses stehen, so dass für diese im Vergleich zu anderen Unternehmen eine höhere Berichtsqualität zu vermuten ist. Analysiert wurde ausschließlich die Berichterstattung über das Kommunikationsmedium „Geschäftsbericht“. Andere Kommunikationskanäle, wie z.B. das Internet oder Analystenkonferenzen, blieben außerhalb der Betrachtung. Die Untersuchung fokussierte sich auf die Geschäftsberichte 2008. Insofern lassen sich aus ihr keine Entwicklungen im Zeitverlauf ableiten und nicht belegen, dass die Untersuchungsergebnisse im Zeitablauf stabil sind, wenngleich sich dieses aus den Interviewaussagen der Leiter Investor Relations vermuten lässt. Das Scoring-Modell wurde unter Rückgriff auf die Regelungen des DRS 15 aufgestellt. Damit ist jedoch nicht gewährleistet, dass sämtliche für die Berichtsempfänger relevanten Aspekte einer wertorientierten Berichterstattung in das Bewertungsmodell Eingang gefunden haben. Auf eine Gewichtung der angewandten Bewertungskriterien wurde verzichtet. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anleger den einzelnen Elementen des Bewertungsmodells eine unterschiedliche Bedeutung beimessen. Scoring kann per se nie frei von subjektiven Einflüssen des Bewerters sein. Allerdings wurde eine zweite unabhängige Bewertung durchgeführt, um subjektive Einflüsse möglichst gering zu halten. Für statistische Auswertungen ist die Datenmenge von 30 Unternehmen vergleichsweise gering. Dies könnte erklären, warum die Korrelationsanalysen nur wenige Signifikanzen aufzeigten. Im Vergleich zur Korrelationsanalyse erscheint die multiple Regressionsanalyse als geeigneter, da sie Wechselwirkungen zwischen den unabhängigen Variablen berücksichtigt. Da Regressionsanalysen nur bei einer hinreichend großen Anzahl von Beobachtungen Sinn machen, wurde auf ihre Durchführung dennoch verzichtet.
III Resümee aus den Ergebnissen beider Untersuchungsteile In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Geschäftsberichtsauswertung mit den Erkenntnissen aus den Einzelinterviews in Zusammenhang gebracht, um festzustellen, inwieweit sich für beide Untersuchungsteile Gemeinsamkeiten und Unterschiede ergeben.
280
D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
Zusammenfassend lässt sich eine hohe Übereinstimmung der Ergebnisse beider Erhebungen konstatieren. Dies ist nicht als überraschend zu werten. Die interviewten Experten rekrutierten sich aus den Leitern der Investor-RelationsFunktionen der DAX-30 Konzerne. In ihren Verantwortungsbereich fällt die Erstellung der Geschäftsberichte oder es besteht zumindest eine enge Zusammenarbeit mit den dafür zuständigen Stellen im Unternehmen. Deshalb ist zu erwarten, dass sich ihre Einschätzungen über die wertorientierte Berichterstattung im Geschäftsbericht den Ergebnissen der Geschäftsberichtsauswertung in weiten Teilen widerspiegeln. Die vier DAX-30 Konzerne, die einem Interview nicht zugestimmt haben, gehören allesamt zur Gruppe der Unternehmen, die in der Auswertung der Geschäftsberichte keine hohen Punktzahlen erzielten. Insofern dürften sich in den nicht stattgefundenen Interviews keine stark abweichenden Meinungsäußerungen im Vergleich zu den Konzernen ergeben, die der wertorientierten Berichterstattung keine hohe Bedeutung beimessen. 16 Investor-Relations-Manager sprachen über die Zielsetzungen der wertorientierten Berichterstattung ihrer Unternehmen, während die anderen zehn interviewten Konzernvertreter (plus die vier nicht teilnehmenden Konzerne) dazu keine Angaben machen konnten, da ihre Konzerne keine Informationen dazu im Geschäftsbericht vorgesehen haben. Dieses Ergebnis entspricht fast genau dem Gesamtergebnis aus der Auswertung der Geschäftsberichte. Dort erreichen insgesamt 15 Konzerne einen hohen Score, d.h. sie berichten ausführlich über ihre wertorientierte Unternehmenssteuerung. Zählt man noch die Münchner Rück dazu, die ja über ihre wertorientierte Implementierung in aller Ausführlichkeit berichtet, doch nicht die 15 Punkte erzielte, so stimmt die Anzahl in beiden Auswertungen überein, was als Hinweis auf die hohe Kongruenz der Ergebnisse beider Untersuchungen zu werten ist. Die Erhöhung der Transparenz durch die Veröffentlichung von Informationen über die wertorientierte Steuerung stellt die in den Interviews am häufigsten genannte Zielsetzung dar. Durch die Bekanntgabe der wertorientierten Ergebnisse und der Renditevorgaben wollen die Unternehmen dem Kapitalmarkt Messinstrumente zur Hand geben, um zu demonstrieren, dass sich ihre Unternehmenssteuerung an der Steigerung des Unternehmenswerts und damit an den Erwartungen der Anleger ausrichtet. Diese Antworten passen zu den Ergebnissen der Geschäftsberichtsauswertungen, die besagen, dass im Geschäftsbericht 18 DAX30 Konzerne ein Bekenntnis zur Wertorientierung abgeben, 17 ihr wertorientiertes Management-System erläutern und jeweils 16 die Höhe ihres Kapitalkostensatzes und ihre wertorientierten Ergebnisse veröffentlichen. Die Diskussionen am Kapitalmarkt um den Shareholder Value wurden in den Interviews als wichtigster Auslöser für die Einführung einer wertorientierten
III Resümee aus den Ergebnissen beider Untersuchungsteile
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Berichterstattung genannt. Diese Entscheidung hatte für die Unternehmen die Etablierung einer wertorientierten Steuerung und die Sicherstellung der entsprechenden Versorgung des Kapitalmarkts mit adäquaten Informationen zur Folge, um diesen von der neuen Ausrichtung des Managementsystems in Kenntnis zu setzen. Dafür haben die meisten dieser Unternehmen den Geschäftsbericht als primären Kommunikationskanal vorgesehen. 16 Interviewpartner antworteten, dass sie der wertorientierten Berichterstattung ausreichend Raum im Geschäftsbericht gewähren, weil sie die Verständlichkeit für die Leserschaft, sogar der Begriff Schulung wurde verwendet, über diese Art der Inhaltsvermittlung stärken möchten, um somit das Vertrauen des Kapitalmarkts zu gewinnen. Diese Aussagen finden sich im Einklang mit den Auswertungen der Geschäftsberichte, da die Konzerne mit den hohen Scores der wertorientierten Informationsversorgung im Geschäftsbericht ein eigenes Kapitel zugestehen, darin die Bedeutung der wertorientierten Steuerung für sich hervorheben, das Managementsystem erläutern und sowohl Ergebnisse wie auch Zielvorgaben veröffentlichen. Als Adressaten für die wertorientierte Kommunikation im Geschäftsbericht werden überwiegend die institutionellen Anleger und die Analysten genannt. Privatanleger wie auch die Presse wurden von den Investor-RelationsVerantwortlichen hierfür nicht als relevante Adressatengruppen genannt. Man kann davon ausgehen, dass sowohl institutionelle Anleger wie auch Analysten das Konzept der wertorientierten Steuerung verstehen. Es ist daher zu hinterfragen, warum die 16 Kapitalgesellschaften diesem Thema einen solch umfassenden Raum im Geschäftsbericht zugestehen. Da dieses Thema laut Aussagen fast aller Interviewpartner auch in der persönlichen Kommunikation zwischen den Konzernen und den institutionellen Anlegern bzw. Analysten eine zu vernachlässigende Rolle spielt, könnte man zur Auffassung kommen, dass die Nennung der wertorientierten Ergebnisse, die Zielsetzungen und der Vergleich mit den vorangegangenen Perioden im Geschäftsbericht ausreichen würde, statt in Ausführlichkeit die wertorientierte Unternehmenssteuerung vorzustellen. Trotzdem lässt sich eine konsequente Haltung der DAX-30 Konzerne zur wertorientierten Berichterstattung aus beiden Auswertungen herauslesen. Sie zeigt sich in der Zweiteilung dieser Unternehmen in Bezug auf ihren Einsatz der wertorientierten Berichterstattung: Entweder man kommuniziert wertorientiert, dann mit Qualitätsanspruch, oder man räumt dieser Art der Berichterstattung wenig bis keinen Raum im Geschäftsbericht ein. Verglichen mit den Veröffentlichungen im Geschäftsbericht lassen allerdings die Antworten aus den Interviews wesentlich deutlicher erkennen, falls Unternehmen für sich keinen Nutzen der wertorientierten Berichterstattung sehen. Fünf Konzerne handeln dagegen in „Worten und Taten“ stringent in Bezug auf ihre Ablehnung dieses Konzepts, während sieben Konzernvertreter in den Interviews zwar ähnlich deutliche Aus-
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D Empirische Analyse von Relevanz und Qualität wertorientierter Berichterstattung
sagen tätigten, doch ihre Unternehmen in ihren Geschäftsberichten weiterhin Informationen über ihre wertorientierte Steuerung veröffentlichen. Diese wird in aller Kürze und nicht herausgehoben dargebracht. Doch wenn diese Unternehmen der wertorientierten Berichterstattung keinen Nutzen beimessen, dann sei die Frage erlaubt, warum sie ihre Haltung nicht auch so in den Geschäftsberichten reflektieren, bzw. warum die Investor-Relations-Funktion hierzu ggfs. eine andere Meinung als ihre Kollegen aus den dafür zuständigen Finanz- und Kommunikationsfunktionen vertritt. Einige der Dax-30 Vertreter haben in den Interviews vehement die hohe Bedeutung der wertorientierten Steuerung und der entsprechenden Berichterstattung für ihr Unternehmen betont. Doch vergleicht man diese Anzahl mit den 15 Konzernen, die einen hohen Score für ihre wertorientierte Berichterstattung erhielten, so relativiert ein großer Teil dieser 15 die Relevanz der wertorientierten Berichterstattung für ihr Unternehmen nach unten. Man könnte diese Haltung so interpretieren, dass diese Konzerne die umfassende Berichterstattung aufrechterhalten, weil sie Änderungen und dadurch ausgelöste Diskussionen mit Kapitalmarkteilnehmern zu vermeiden suchen. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass zur wertorientierten Berichterstattung keine einheitliche Meinung innerhalb der Unternehmen des wichtigsten deutschen Aktienindex vorherrscht. In den Interviews mit einigen der InvestorRelations-Vertreter zeigte sich deutlich, dass sie die Bedeutung der Wertorientierung als geringer wie noch vor zehn Jahren einschätzen. Es ist also zu vermuten, dass die Zweiteilung so bestehen bleiben wird, d.h. die Unternehmen, die ausführlich kommunizieren, werden dies auch weiterhin tun, während die andere Gruppe keine Notwendigkeit verspürt, eine zusätzliche Berichterstattung zu wertorientierten Inhalten aufzunehmen. Dies hängt natürlich davon ab, inwiefern sich künftig Teilnehmer des Kapitalmarkts einschalten und diese Kommunikation einfordern. Doch dies ist laut der Investor-Relations-Vertretern nicht zu erwarten. Denn sonst hätten einflussreiche institutionelle Anleger wie auch Analysten ihre Ansprüche dahingehend schon längst geltend gemacht.
E Schlussteil
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E Schlussteil
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die wertorientierte Berichterstattung aus theoretischer sowie aus empirischer Sicht. Dabei bildet die wertorientierte Unternehmensführung mit den dazugehörigen wertorientierten Kennzahlen die Grundlage für die theoretische Auseinandersetzung mit der wertorientierten Berichterstattung. Ausgehend von einer bestehenden Informationsasymmetrie zwischen Unternehmen und Anlegern begründet sich die Notwendigkeit einer solchen Berichterstattung als Ausdruck einer wertorientierten Unternehmensführung gegenüber dem Kapitalmarkt, denn Kapitalgesellschaften zielen durch einen angestrebten Abbau von Informationslücken darauf ab, den eigenen Börsenwert auf das höhere Niveau des inneren Werts zu steigern. Damit jedoch die wertorientierte Berichterstattung inhaltlichen Nutzen liefern kann, der Anlegern einen transparenten Einblick in die Wertschaffung ermöglicht, ist die Veröffentlichung des rechnerischen Ergebnisses des Unternehmenswerts sowie des dahinterliegenden Steuerungssystems wie auch der Berechnungsschemata notwendig. Grundsätzlich stehen mehrere Konzepte zur Verfügung, mit denen die Wertentwicklung auf Investitions- bzw. Unternehmensebene messbar dargestellt werden kann. Damit ist die Basis für die wertorientierte Informationsversorgung des Kapitalmarkts gelegt, vorausgesetzt, die Kapitalgesellschaften entscheiden sich, die Informationen so darzulegen, dass externe Betrachter daraus nachvollziehbar die Entwicklung des Unternehmenswerts ablesen können. Zwar unterliegen wertorientierte Kennzahlen genauso wie traditionelle Kennzahlen dem Einfluss von Bewertungswahlrechten und sie sind aufgrund ihres Stichtagsbezugs Optimierungsmaßnahmen der Unternehmensführung ausgesetzt. Veröffentlicht jedoch ein Unternehmen diese unternehmensindividuellen Maßnahmen auf nachvollziehbare Weise, wäre es dem Kapitalmarkt trotz allem möglich, daraus Hinweise auf die wertorientierte Leistungsfähigkeit zu erhalten und abzuleiten, insbesondere im Hinblick darauf, ob sich die propagierte Wertentwicklung positiv in Dividenden und Börsenkursen niederschlägt. Viele nationale und internationale Forschungsarbeiten haben genau diesen Zusammenhang untersucht und sind zu keinen eindeutigen Ergebnissen gekommen, ob Unternehmen, die wertorientiert steuern und berichten, dadurch am Kapitalmarkt eine besserer Bewertung erfahren oder nicht. Dies kann u.a. damit begründet werden, dass der Börsenkurs neben der Qualität des Value Reportings vielen Entwicklungen ausge-
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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setzt ist, die nicht im Einflussbereich der jeweiligen Kapitalgesellschaft liegen. Ähnlich uneindeutige Ergebnisse haben andere Untersuchungen erzielt, die analysiert haben, ob sich eine umfassende wertorientierte Berichterstattung positiv auf die Höhe der Kapitalkosten auswirkt. Der wertorientierte Ansatz ist nicht neu. Er wurde durch Konzepte wie RI bzw. IRR und andere Methoden der dynamischen Investitionsrechnung schon lange in den Unternehmen eingesetzt. Beratungshäusern, wie Stern Stewart oder der BCG, kommt allerdings aufgrund der Vermarktung ihrer Konzepte der Verdienst zu, die Diskussion um den Shareholder Value mit wertorientierten Managementsystemen in den Unternehmen konkretisiert zu haben. Die Sicherstellung eines optimalen Kapitaleinsatzes ist daraufhin stärker in den Vordergrund gerückt. Dies hat sich wiederum auf die Bewertung anstehender Investitionen ausgewirkt, denn Investitionsanträge müssen folglich zumindest den rechnerisch ermittelten Wertzuwachs als Entscheidungskriterium erfüllen. Auf der gleichen Ebene sehen sich Unternehmensbereiche Forderungen gegenüber, durch ihre Aktivitäten den Unternehmenswert des Konzerns zu steigern oder alternativ Gefahr zu laufen, verkauft bzw. restrukturiert zu werden. In vielen Kapitalgesellschaften hat sich somit ein interner Kapitalmarkt etabliert, den Unternehmensführungen dazu nutzen, Investitions- bzw. Desinvestitionsentscheidungen auf eine breitere Entscheidungsgrundlage zu stellen. Wertorientierte Konzepte unterscheiden sich danach, ob sie zukunftsgerichtet oder vergangenheitsorientiert ausgelegt sind bzw. ob sie sich auf Gewinnoder auf Cashflow-Größen gründen. Bei vergangenheitsorientierten Kennzahlen ist der Nutzwert für Investoren davon abhängig, ob sich aus dem Ergebnis eine nachvollziehbare und konsistente Entwicklung des Unternehmens ablesen lässt, da auch eine wertorientierte Kennzahl der Schwäche unterliegt, isoliert betrachtet wenig Aussagekraft zu besitzen. Gewinnorientierte Kennzahlen sind auf jeden Fall stärker von Bewertungsspielräumen abhängig als ihre Cashflow-orientierten Pendants. Dies hat zur Folge, dass der Informationsgehalt sehr stark davon abhängt, inwieweit die durchgeführten Anpassungen transparent dargelegt werden. Setzt dagegen eine Kapitalgesellschaft Cashflow-basierte Größen ein, so steigt deren Aussagekraft dadurch, dass die zukünftig zu erwartenden Zahlungsflüsse, die deren Berechnung zugrundeliegen, aufgezeigt werden. Allerdings muss konstatiert werden, dass die exakte Prognose der zu erwartenden Cashflows keine leichte Aufgabe darstellt und daher ein kurzer Prognosezeitraum als vorteilhafter zu sehen ist als ein längerer Planungszeitraum. Die externe Vergleichbarkeit wertorientierter Kennzahlen hängt stark davon ab, ob Unternehmen das Instrument der individuellen Anpassungen eingesetzt haben und inwieweit sie diese Maßnahmen offenlegen. Ist das nicht der Fall, besitzt die Veröffentlichung des wertorientierten Ergebnisses wenig Aussagekraft, was dazu führen kann, dass
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Anleger diese Information nicht für ihre Entscheidungsfindung heranziehen und der angestrebte Effekt ausbleibt. Da die primäre Motivation einer wertorientierte Berichterstattung laut Literatur darin liegt, den Erwartungen der Anleger in der Weise zu entsprechen, damit diese in die Lage versetzt werden, ihre Anlageentscheidungen auf eine breitere Informationsbasis zu stellen, könnte eine solche Reaktion als Widerspruch zu dieser These gewertet werden. Trotz der Vorzüge wertorientierter Kennzahlen sollten diese nicht als alleinige Entscheidungskriterien dienen, sondern eher die Aussagen traditioneller Kennzahlen wie EBIT oder ROCE ergänzen. Denn jene erfahren im Markt als Kenngrößen für die Leistungsfähigkeit von Unternehmen wesentlich stärkere Akzeptanz, da sie quasi ohne Ausnahme von allen Kapitalgesellschaften berichtet werden, was sich wiederum positiv auf die externe Vergleichbarkeit auswirkt. Wertorientierte Kennzahlen zählen zur freiwilligen Berichterstattung und daher ist nicht sichergestellt, dass alle Kapitalgesellschaften entsprechende Ergebnisse überhaupt veröffentlichen. Die Einführung eines wertorientierten Managementsystems ist aufwändig und verlangt umfangreiche Änderungen des bestehenden Systems. Aufgrund dessen bedingt eine erfolgreiche Einführung, dass es gelingt, diese Denkweise in der Kultur des Unternehmens zu verankern. Dies impliziert entsprechende Zielvorgaben und deren Etablierung im Vergütungssystem. Da diese Änderungen im Unternehmen folglich alle Bereiche erfasst, macht es Sinn, das wertorientierte Konzept nicht solitär einzusetzen, sondern im Rahmen eines breiteren Managementkonzepts, wie beispielsweise der Balanced Scorecard, um die notwendigen Ursache-Wirkungszusammenhänge besser zu verstehen und kommunizierbar zu machen sowie entsprechende Steuerungsmaßnahmen aufsetzen zu können. Die Entscheidung für eine wertorientierte Steuerung hat erhebliche Auswirkungen auf die internen Entscheidungsprozesse eines Unternehmens. Da der Aufwand beträchtlich ist, empfiehlt es sich eine solche Entscheidung als binär betrachten, d.h. entweder man steuert wertorientiert oder man ignoriert dieses Konzept. Ein bisschen Wertorientierung hier und da macht wenig Sinn, bindet unnötig Ressourcen und bringt außer Alibieffekten keinen Nutzen für die Bewertung am Kapitalmarkt. Das heißt, die Voraussetzung für eine wertorientierte Berichterstattung ist auf jeden Fall die Implementierung eines entsprechenden Managementsystems und die Bereitschaft der Unternehmensführung, diese internen Informationen an den externen Kapitalmarkt zu veröffentlichen. Das Ziel des ersten Teils der empirischen Untersuchung bestand darin, die Relevanz der wertorientierten Berichterstattung für die DAX-30 Unternehmen zu ermitteln. Dazu wurden die Leiter IR dieser Unternehmen in persönlichen Interviews befragt. Im zweiten Teil der Untersuchung erfolgte die Bewertung der Qualität der wertorientierten Berichterstattung durch die Auswertung die Ge-
286
E Schlussteil
schäftsberichte anhand von aus dem DRS 15 abgeleiteten Kriterien sowie durch die anschließende Bewertung mittels eines Scoring-Modells. Die Interviews mit den 26 IR-Managern erbrachten interessante und nachdenkenswerte Einsichten zur wertorientierten Berichterstattung. Zwar setzt der überwiegende Teil der DAX-30 Konzerne wertorientierte Steuerungskonzepte ein, jedoch berichten bei Weitem nicht alle Unternehmen darüber in ihren Geschäftsberichten. Die Gründe dafür liegen darin, dass sie aus dem Kapitalmarkt keine Nachfrage nach diesen Inhalten erfahren. Daraus kann geschlossen werden, dass es institutionellen Anlegern und Analysten einerseits wichtig ist zu wissen, dass das Unternehmen wertorientiert steuert. Sie erwarten andererseits allerdings keine zusätzlichen Details, da sie den wertorientierten Input aus den Unternehmen nicht für ihre Analysen bzw. Entscheidungsfindung verwenden. Dies ist sicher die markanteste Erkenntnis aus der Auswertung der Interviews. Alle IR-Manager bezeichnen institutionelle Anleger und Analysten als die wichtigsten Adressaten ihrer Kapitalmarktkommunikation, doch diese scheinen wenig bis gar nicht an konkreten wertorientierten Ergebnissen interessiert zu sein. Bis auf einige Ausnahmen beurteilen die Interviewpartner die wertorientierte Berichterstattung als nicht geeignet für Privatanleger, da diese dieses Steuerungskonzept nicht durchdringen würden. Wenn also die wichtigsten Adressatengruppen entweder kein Interesse zeigen oder nicht das Verständnis dafür haben, muss man sich die Frage stellen, ob die Zielsetzung der Wertorientierung, nämlich die Orientierung an den Interessen der Anleger und der daraufhin verbesserten Kapitalversorgung durch den Kapitalmarkt gerechtfertigt ist oder ob nicht der eigentliche Nutzen der Wertorientierung in der optimierten Kapitalallokation und daher mehr unternehmensintern zu sehen ist. Als weiteres Indiz für die These können die Antworten auf die Fragen nach den wichtigen Steuergrößen und deren Berichterstattung in Krisenzeiten weiterhelfen. Fast keiner der interviewten IR-Manager nannte hierfür wertorientierte Kennzahlen, sondern sie betonten die Wichtigkeit traditioneller Größen, wie EBIT, ROCE, Marge, etc., die für den Kapitalmarkt eine höhere Bedeutung einnähmen. Diese Denkweise konterkariert die Argumentation der Entwickler der wertorientierten Konzepte, dass diese durch die Vermeidung der Schwächen der traditionellen Kennzahlen besser geeignet seien, die Leistungsfähigkeit von Kapitalgesellschaften dazustellen. Die potentiellen Folgen von Anlegerseite für den Fall einer Beendigung der wertorientierten Berichterstattung in den Geschäftsberichten der DAX-30 Unternehmen sehen viele der Interviewpartner als nicht kritisch an. Diese Aussagen über die niedrige Relevanz der wertorientierten Berichterstattung erlauben zumindest die Frage, ob die vielfach propagierte Sicht der Nutzbarkeit der wertorientierten Berichterstattung in der Literatur noch aufrechterhalten werden kann. Auf den Punkt gebracht: Wenn die primären Adres-
E Schlussteil
287
saten keine Forderungen nach durchgängiger wertorientierter Berichterstattung stellen, wenn die traditionellen Kennzahlen weiterhin ihre Dominanz in der Darstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aufrechterhalten und wenn eine Beendigung der wertorientierten Berichterstattung keine abstrafenden Konsequenzen auf dem Kapitalmarkt nach sich zieht, drängt sich die Frage auf, wem diese wertorientierte Berichterstattung überhaupt nutzt. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig sinnvoll, Forderungen nachzukommen, das Value Reporting in die Pflichtberichterstattung zu integrieren. Sie sollte weiterhin im Rahmen der freiwilligen Berichterstattung belassen werden. Kapitalgesellschaften können somit selbst entscheiden, inwieweit sie ihren Anlegern wertorientierte Informationen zur Verfügung stellen oder nicht. Bedenkt man dazu noch, dass der Geschäftsbericht als wichtigstes Medium für die wertorientierte Berichterstattung in Deutschland diese Informationen nur einmal pro Jahr veröffentlicht, so passt die Aussage vieler Interviewpartner dazu, die der wertorientierten Berichterstattung eine nachlassende bzw. untergeordnete Bedeutung konzedieren. Verstärkend auf diesen Eindruck wirkt die fehlende unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit aufgrund der Freiwilligkeit der wertorientierten Berichterstattung. Beide Aspekte unterstützen weder den Anspruch der Investoren noch den der Analysten, für ihre Entscheidungsfindung bzw. Bewertungen ausreichend aktuelle Informationen zur Verfügung zu haben. Diese Sichtweise findet ihre Entsprechung in den Ergebnissen der Auswertung der wertorientierten Berichterstattung in den Geschäftsberichten der DAX-30 Unternehmen. Die Hälfte dieser Konzerne legt Wert auf eine überdurchschnittliche wertorientierte Informationsversorgung. Acht Unternehmen hingegen berichten überhaupt nicht wertorientiert, während sieben Unternehmen wertorientierte Informationen veröffentlichen, die jedoch nicht dem Anspruch einer umfassenden Informationsversorgung genügen. Dies hat zur Folge, dass sich Kapitalmarktteilnehmer bei diesen Unternehmen kein ausreichend aussagefähiges Bild über die wertorientierte Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen machen können. Man kann daher die DAX-30 Konzerne bzgl. der Anwendung der wertorientierten Berichterstattung anhand der Ergebnisse aus den Interviews und der Auswertung der Geschäftsberichte in folgende Gruppen einteilen: 1. 2. 3. 4.
Überzeugte Anwender der wertorientierten Unternehmensführung, die umfassend berichten, „Alibi-Anwender“, die maximal Einzelinformationen veröffentlichen, Unternehmen, die zwar nicht wertorientiert berichten, jedoch intern wertorientierte Steuerungselemente einsetzen und Konzerne, die keine der wertorientierten Konzepte in ihrem Managementsystem einsetzen und deswegen auch nicht wertorientiert berichten.
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E Schlussteil
Mit den anschließend aufgestellten Hypothesen sollte herausgefunden werden, ob Wirkungszusammenhänge zwischen der Bewertung der Qualität der wertorientierten Berichterstattung und ausgewählten wirtschaftlichen Kennzahlen bestehen. Abgesehen von der Unternehmensgröße, repräsentiert durch die Variablen Umsatzerlöse und Bilanzsumme, sowie der Branchenzugehörigkeit konnten keine weiteren Signifikanzen festgestellt werden. Diese Ergebnisse fügen sich nahtlos in die Ergebnisse aus den Interviews und der Geschäftsberichtsauswertung. Obwohl die wertorientierte Berichterstattung unter die freiwillige Berichterstattung fällt, wird dieser Teil, wenn er im Lagebericht erscheint, von den Abschlussprüfern geprüft. Doch steht es den Unternehmen frei zu entscheiden, ob oder wo sie das Value Reporting im Geschäftsbericht veröffentlichen. Das heißt, würde der Gesetzgeber durch Unterstützung des DRSC die Informationen aus der wertorientierten Berichterstattung für entscheidungskritisch und risikosenkend erachten, wäre es notwendig, diesen freiwilligen Teil zum Pflichtteil zu machen. Durch eine adäquate Normierung und die daraus folgende Notwendigkeit einer materiellen Prüfung ließe sich die Varianz in der wertorientierten Berichterstattung verringern und damit die Qualität erhöhen. Für Anleger hätte eine solche Entscheidung den Vorteil, dass sich durch einen damit verbundenen Abbau der Informationsasymmetrien die Risikolage verbessern würde. Denn ohne Normierung und Mindestqualitätsstandards der wertorientierten Berichterstattung bleibt der Nutzen dieser Informationsversorgung eher gering. Zieht man jedoch die Ergebnisse aus den Interviews in Betracht, wäre bedenkenswert, ob es aufgrund der von den IR-Managern geäußerten Meinungen Sinn machen würde, eine Entscheidung des Gesetzgebers in diese Richtung zu fördern. Wenn sowohl die institutionellen Anleger wie auch die Analysten keine ausgeprägten Forderungen nach ausführlicher Informationsversorgung stellen und die IR-Manager die wertorientierte Berichterstattung nicht für private Anleger geeignet halten, ist es empfehlenswert, diesen Teil weiterhin als freiwilligen und nicht als Pflichtteil zu belassen. Diese Untersuchung hatte zum Ziel, die Relevanz und die Qualität der wertorientierten Berichterstattung der DAX-30 Konzerne zu ermitteln. Die wichtigsten Inputs dafür kamen von den Konzernen in Form der Geschäftsberichte oder durch die Interviewaussagen ihrer Investor-Relations-Manager. Meinungen von Anlegern, Analysten und der Presse, d.h. der Informationsempfänger waren nicht Bestandteil dieser Untersuchung. Daher könnte es Sinn machen, die Ergebnisse dieser Untersuchung um entsprechende Inputs von einflussreichen Kapitalmarktteilnehmern zu ergänzen, um dadurch den DAX-30 Konzernen validen Aufschluss darüber zu geben, ob sie mit ihrer wertorientierten bzw. fehlenden wertorientierten Berichterstattung die Erwartungen des Markts erfüllen bzw. welche Änderungen aus Sicht des Kapitalmarkts notwendig wären.
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Ein weiterer Aspekt für zukünftige Forschungsvorhaben zur wertorientierten Berichterstattung könnte sein, experimentelle Szenarien zu entwickeln, die helfen sollen zu erfahren, ob wertorientierte Informationen tatsächlich validere Erkenntnisse für die Entscheidungsfindung zur Folge haben. Das Prinzip eines solchen Experiments könnte sein, dass ein Teil der Teilnehmer eine Anlagestrategie aufgrund mehr traditionell geprägter Informationen bildet, während eine zweite Gruppe die gleiche Aufgabe mit zusätzlichen wertorientierten Daten angeht. Der Ergebnisvergleich könnte Hinweise geben, inwieweit zusätzliche Angaben helfen, bessere Grundlagen für Anlageentscheidungen zu schaffen.
Anhang
291
Anhang
Anhang 1: Anschreiben an Interviewteilnehmer Schreiben vom 4. Dezember 2009 an die Leiter Investor-Relations der Dax-30 Konzerne Sehr geehrte(r), in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftslage entscheiden Anleger risikobewusster denn je. Sie wollen neben einer adäquaten Rendite auch die Sicherheit ihres Investments im Rahmen einer zukunftsfähigen, langfristigen Unternehmensentwicklung gewährleistet sehen. Gerade vor diesem Hintergrund ist eine effiziente und aussagekräftige unternehmenswertorientierte Kommunikation ein wichtiger Hebel, um Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Anlegern zu verringern. „Value Reporting“ ist eines der Forschungsgebiete, mit denen sich mein Lehrstuhl „Rechnungswesen, Controlling und Wirtschaftsprüfung“ an der Technischen Universität Darmstadt beschäftigt. In diesem Zusammenhang untersuchen wir u.a. die Zielsetzungen und Umsetzungen wertorientierter Kommunikation der führenden deutschen Publikumsgesellschaften. Wir sind davon überzeugt, dass die Ergebnisse unserer Studie nicht nur dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt dienen, sondern auch für die Bericht erstattenden Unternehmen und die Investoren als Informationsadressaten im Sinne eines „Added Value“ von Nutzen sein werden. Investor-Relations Funktionen verfügen zu diesem Themenbereich über einen umfassenden Einblick. Ich bitte Sie daher um Ihre persönliche Unterstützung und würde mich sehr über Ihre Bereitschaft freuen, meinen Doktoranden, Herrn Rainer Laier, zu einem maximal einstündigen Interview in Ihrem Hause zu empfangen. Sofern Sie damit einverstanden sind, wird Herr Laier auf Ihr Sekretariat zukommen, um einen Termin zu vereinbaren. Den Gesprächsleitfaden des Interviews würden wir Ihnen im Vorfeld zur Verfügung stellen. Ich sichere Ihnen die absolute Vertraulichkeit Ihrer Antworten zu. Wir werden in der Auswertung ausschließlich über anonymisierte Ergebnisse
R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Anhang
berichten. Selbstverständlich erhalten Sie im Anschluss einen Bericht über die Untersuchungsergebnisse. Mit freundlichem Grüßen
Schreiben vom 18. Dezember 2009 an die Leiter Investor-Relations, die noch nicht reagiert hatten Sehr geehrte(r), mit meiner E-Mail vom 4.12. hatte ich Sie in Ihrer Funktion als Leiter InvestorRelations angefragt, ob es im Zusammenhang mit einem Forschungsprojekt zur wertorientierten Berichterstattung möglich wäre, mit Ihnen ein Interview durchzuführen. Es ist sicherlich der vorweihnachtlichen Hektik und der großen Flut an E-Mails, mit der Sie alltäglich konfrontiert sind, zuzuschreiben, dass ich noch keine Antwort auf diese Anfrage erhalten habe. Ich erlaube mir daher, Sie hiermit an meine Anfrage zu erinnern, und wäre dankbar, wenn Sie mir eine Antwort zukommen lassen könnten. Ihre Teilnahme würde dazu beitragen, ein umfassendes Bild von der unternehmenswertorientierten Kommunikation zu erlangen, und einen maßgeblichen Beitrag für den Erfolg des Projektes darstellen. Über Ihre Zusage würde ich mich sehr freuen. Für Ihre Bemühungen danke ich Ihnen im Voraus. Mit freundlichem Grüßen
Beispiel eines individualisierten Schreibens, um aus dem Kreis der Absagen, noch weitere Teilnehmer zu gewinnen Sehr geehrte(r), meinen herzlichen Dank für Ihren Rückruf und dass Sie meine Terminanfrage mit Ihrem Chef besprechen wollen. Ihr Haus hatte unsere erste Anfrage im Dezember aufgrund seines vollen Terminkalenders abschlägig beschieden. In der Hoffnung, dass sich die Terminnot bei ihm etwas gelindert hat, möchte ich jetzt die Gelegenheit nutzen, nochmals um einen Termin zu bitten.
Anhang
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Ich forsche zur unternehmenswertorientierten Kommunikation an der Technischen Universität Darmstadt bei Herrn Professor Quick. Im Rahmen dieser Aufgabe habe ich mir zum Ziel gesetzt, mit den Leitern der Investor-RelationsAbteilungen der DAX-30 Unternehmen zu sprechen, da diese Gruppe durch die tägliche Praxis einen herausragenden und speziellen Blick auf dieses Thema hat. Dafür habe ich einen Fragebogen entworfen, der 15 Fragen enthält, die sich ausschließlich auf die wertorientierte Kommunikation in Ihrem 2008er Geschäftsbericht beziehen. Stand heute habe ich schon mit 23 Ihrer Kollegen sprechen können. Es hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass die Leiter Investor-Relations die idealen Ansprechpartner für diese Untersuchung sind. Ihre Investor-RelationsKollegen bestätigten mir auch die Relevanz meiner Fragen. Gerade deshalb suche ich nun ein zweites Mal, die Zustimmung für ein Interview zu erhalten. Denn seine Meinung als Investor-Relations-Chef eines Konzerns mit einem starken Ankeraktionär ist für mich sehr wichtig. Die Dauer des Interviews wird unter keinen Umständen 1 Stunde überschreiten, sondern eher darunterliegen. Mit freundlichen Grüßen
Anhang 2: Detaillierte Ergebnisse der Geschäftsberichtsauswertung (ab der folgenden Seite)
2
2
0
2
„Das zentrale Planungs- und Steuerungssystem des adidas Konzerns ist auf die stetige Wertsteigerung ausgelegt und stellt die Maximierung des Shareholder Values in den Mittelpunkt.“ (S. 58) Bei M&A: „Schlüsselrolle im Entscheidungsprozess spielt dabei die Maximierung der Überschussrendite (d.h. Kapitalrendite abzgl. Kapitalkosten).“ (S. 60) „Ferner verwenden wir u.a. einen wertorient. Ansatz (EVA) zur Steuerung und zur Messung unserer Gesch.tätigkeiten sowie zur Verbesserung u. Kap.zuteilung in der gesamten Allianz Gruppe. Das interne Risikokapital ist einer d. wichtigsten Parameter unseres EVA Ansatzes. (S. 95) EVA ist ein umfassendes Steuerungs- und KoordinationsInstrument, das unsere interne Steuerung mit Kap.marktorientierung verknüpft.“ (S. 113)
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2
keine
Economic Value Added (EVA)
0
1
Erläuterung Ermittlungsweise (S. 60), Kapitalkostensatz 8,3% (S. 160)
keine Nennung
2
keine
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„Die Grundidee hinter dem EVA sieht vor, den Gewinn den Kapitalkosten gegenüberzustellen. Zur Ermittlung des EVA ziehen wir vom normalisierten Gewinn die entstandenen Kapitalkosten ab.“ EVA = normalisierter Gewinn Kapitalkosten (S. 113)
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0
2
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keine
2
„Alle Untern. der Allianz sind gefordert, auf ihr Risikokapital Rendite zu erwirtsch., die mindest. Kap. kosten deckt.“ (S. 113), „… steuern wir gruppenweise nach dem MehrwertKonzept EVA.“ Rendite des eingesetzten Kapitals von mindestens 15% (S. 114, S. 100)
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Allianz
„Ziel unseres w.o. Mgmts. ist es, die Renditeerwartungen u. Aktionäre langfristig u. nachhaltig zu erfüllen.Darüberhinaus sollen Anteilseigner, Mitarbeiter und unser gesellschaftliches Umfeld von unserer Wertschaffung profitieren.Um Wert zu generieren, muss das Kapital, das im Unternehmen eingesetzt wird, eine höhere Rendite erwirtschaften als jenes bei einer vergleichbaren Investition“ (S. 113)
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
Adidas
„Im Mittelpunkt unseres untern. Entscheidungsprozesses steht das Schaffen von Wertzuwächsen für Aktionäre durch das Erzielen eines starken Free Cashflows.“ (S. 47); „Unsere Konzernstrategie ist auf die Schaffung von Shareholder Value ausgerichtet, der durch die Erzielung von Überschussrenditen erreicht wird. .... haben deshalb die Verpflichtung, eine den Ansprüchen unserer Kapitalgeber entsprechende Kapitalverzinsung zu erzielen.“ (S. 60)
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
Bekenntnis zur Wertorientierung,
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Konzern
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
0
keine
0
5
2
„da der EVA eine zentrale Kennziffer z. Gesch.steuer.ist, verbanden wir ihn mit wesentlichen Teil der Top Mgmt. Vergütung.“ S. 114), EVA Vorgabe im variablen Teil (S. 17, S. 44 im Geschäftsbericht)
2
17
Konzern
BASF
Bayer
„Kapitalverzinsung ist die höchste der Untern. Geschichte. Wir haben damit Wert für unsere Aktionäre geschaffen“ (Bericht des CEO, S. 5), „Ein vorrangiges Ziel des Bayer Konzern ist die nachhaltige Steigerung des Untern.werts“ (S. 77)
2
2
2
„Die zentrale Ziel- und steuerungskennzahl für unsere U.bereiche u. Geschäftseinheiten ist das Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) nach Kapitalkosten.“ (S. 27,15), „Ein wichtiger Bestandteil ist der Zielvereinb.prozess, bei dem es darauf ankommt die Ziele der BASF mit d. pers. Ziele der Mitarb. zu verknüpfen.Als oberste Zielebene für operative Einheiten: EBIT nach Kapitalkosten, für Funktionen der Wertbeitrag.“ (S. 27)
2
„Unsere primäre w.o. Steuerungsgröße ist der CVA. Er gibt an, inwieweit Eigen- u. Fremdkapitalkosten als auch der Wertverzehr, d.h. die Abnutzung der Anlagen verdient werden konnte. Ist er positiv, so hat das Untern. bzw. jeweilige GE zusätzl. Untern.wert geschaffen. Rentabilität des Konzerns bzw. der GE wird anhand des CFROI gemessen.“ (S. 77)
2
2
EBIT nach Kapitalkosten
CVA, CFROI
2
1
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 10% , abs. €3,9Mrd (S. 27)
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 7,5%, indiv. Kap.kostensätze für Segmente von 7% - 8% (S. 77)
2
„Das EBIT nach Kapitalkosten wird ermittelt, indem die Kapitalkosten vom EBIT, das U.bereiche erwirtschaften, abge-zogen werden. Ist EBIT nach Kapitalkosten positiv, hat die BASF eine Prämie auf die Renditeerwartungen der Fremdkapital- u. Eigenkapitalgeber verdient.“ (S. 231), EBIT nach kapitalkosten = EBIT Kapitalkosten (S. 27)
2
„Der CVA ergibt sich aus der Differenz von Brutto Cashflow und Brutto CashflowHurdle. (S. 255) Der CFROI berechnet sich als Verhältnis des Brutto-Cashflow zum eingesetzten Kapital, dem sog. Investitionswert.“ (S. 77)
2
2
2
1
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung, „Wertmgmt. ist nur dann erfolgreich, wenn es fest im U. verankert ist u. konseq. umgesetzt wird.“ (S. 27) Wir haben eine Prämie auf unsere Kapitalkosten verdient“ (S. 15 im Strategieteil); „Wir steigern Wert der BASF, indem wir Prämie auf Kapitalkosten verdienen. Mit unserem Wertmgmt. Konzept verfolgen wir umfassenden Ansatz: Sämtliche Funktionen des U. werden eingebunden und alle Mitarbeiter in ihrem untern. Handeln gefördert u. gefordert.“ (S. 27) Mitarbeiter werden zu Wertmgmt. geschult und Workshops veranstaltet. (S. 27)
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
Abs. Ziel: EBIT> Kapitalkosten von €3,9Mrd (S. 27, S. 16); rel. Ziel: >10% (S. 27), „EBIT nach Kapitalkosten: oberste Zielebene operat. Einheiten>10%“ (S.27)
2
keine
0
18
2
CFROI > 10,1%, CVA >€4.049m (S. 77); gilt f. Konzern und Divisions
2
keine
0
16
Konzern
Beiersdorf
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
0
„Die unternehmensbez. Zielvorgaben orientieren sich Umsatzwachstum und EVA.“ (S. 25)
1
keine
0
Erläuterung Ermittlungsweise (S. 47)
1
keine
0
0
keine
0
keine Nennung
0
keine
0
BMW
„Die Ausrichtung erfolgt noch stärker an Profitabilität und Wertsteigerung.“ (S. 47)
1
2
Grundlage der w.o. Konzernsteuerung bildet der untern.spezifische Mindestverzinsungsan-spruch, der auf Basis des WACC ermittelt wird. „Durch die konsequente Steuerung d. Kapitaleinsatzes steht Kapitaleffizienz sowohl bei Projektentscheid. als auch in allen Segmenten sowie der Konzernebene im Vordergrund.“ S. 47
Commerzbank
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
0
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
1
EVA
1
keine Nennung
0
keine
0
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
0
keine
0
untern.bez. Zielvorgaben richten sich nach Umsatz und EVA (S. 25)
0
0
„abgeleitet aus Kapitalkosten als Mindestverzinsungsanspruch sowie im Vergleich mit Wettbewerb liegt Zielwert für den ROCE für Automotive bei 26% .“ (S. 48)
1
keine
0
6
0
0
keine
0
keine
0
0
0
2
4
Konzern
Daimler
„Die im Konzern eingesetzten finanziellen Steuerungsgrößen orientieren sich an den Interessen u. Ansprüchen der Kapitalgeber u. stellen die Basis für eine wertorientierte Unternehmensführung dar.“ (S. 55)
2
2
„Zu Steuerungszwecken unterscheidet Daimler zwischen der Konzern- und Gesch.feldebene. Der Value Added (VA) ist dabei ein Element des Steuerungssystems auf beiden Ebenen. Er ermittelt sich als Differenz aus der operativen Ergebnisgröße und den auf das durchschnittlich gebundene Kapital (Net Assets) anfallenden Kapitalkosten.“ S. 55
Deutsche Bank
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
0
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
Deutsche Börse
„Die Gruppe Deutsche Börse hat in den letzten Jahren ihren Unternehmenswert deutlich gesteigert.“ (S. 84)
0
0
Erläuterung, dass ROCE und Kapitalkosten zur Errechnung des Wertbeitrag herangezogen werden. (S. 96)
2
Value Added
0
keine
1
Wertbeitrag (absolut, relativ)
2
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 8% (S. 55, 56)
2
0
keine Nennung
0
2
1
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 7,2% (S. 95)
„Der Value Added ermittelt sich als Differenz aus operat. Ergebnisgröße und auf das durchschnittlich gebundene Kapital anfallenden Kapital-kosten.Als operative Ergebnisgröße der Gesch.felder wird der EBIT herangezogen, auf Konzernebene der Net Operating Profit.“ VA = Ergebnisgröße - Net Assets x Kapitalkostensatz (S. 55)
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
2
2
„positive Entwicklung des Value Added“ (S. 55)
2
Share Plan abhängig von erzielter Kapitalrendite unter Berück-sichtigung der Kapitalkosten (S. 123)
keine
0
0
0
keine
0
keine
0
0
Die Differenz zwischen ROCE und Kapitalkosten ergibt relativen Wertbeitrag. Der absolute Wertbeitrag ergibt sich durch Multiplikation mit im Geschäft gebundenen Kapital (Capital Employed). (S. 96)
1
1
2
keine
0
keine
0
8
2
20
Konzern
Deutsche Post
„Mehrwert für unsere Investoren schaffen: Mit dem Kapitalmarktprogramm „Roadmap to Value“ wollen wir die Voraussetzungen schaffen, künftig erste Wahl für Investoren zu sein, die sich in der Logistikindustrie engagieren wollen.“ (S. 34), Mit Roadmap to Value haben wir ein umfangreiches Kapitalmarktprogramm angestoßen, mit dem der Unternehmenswert nachhaltig gesteigert werden soll. (S. 39)
Deutsche Telekom
„Ziel der Dt. Telekom ist es, die aus dem Kapitalmarkt abgeleiteten Renditevorgaben der FK- und EK-geber zu übertreffen (Superior Shareholder Return).Den EVA nutzt die Deutsche Telekom zum einen als zentrale wertorientierte Steuerungsgröße, um die absoluten Wertbeiträge der operativen Einheiten zu messen. Zum anderen ist diese Kennzahl grundsätzlich der wesentliche Maßstab für die Ausrichtung aller operativer Maßnahmen auf die Steigerung des Konzernwerts.“ (S. 61)
2
2
2
„EBIT after Asset Charge (EAC, Gewinn nach Kapitalkosten) dient Führungskräften aller Ebenen u. Tätigkeits-bereiche als zusätzliche Leitlinie für Entscheidungen, mit denen sie ihr Geschäft nachhaltig auf Wertsteigerungen ausrichten.“ (S. 35)
0
„Um die Rentabilität der Geschäftsentw. zu messen, nutzt der Konzern Kapitalrendite als relative Kenngröße und EVA als w.o. Kennzahl. Damit setzt die w.o. Steuerung Anspruch des Konzerns auf Wachstum in wertschaffende Geschäftsfelder bis in die operativen Einheiten um.“ (S. 61)
2
2
EAC
EVA
1
1
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 8,5% (S. 35, S. 154)
keine Nennung
2
0
„EAC berücksichtigt auch die Kosten, die sich aus dem gebundenen Kapital ergeben. So spiegelt er den Gewinn wider, der über die Kapitalkosten hinaus erwirtschaftet wird.“ (S. 35), EAC = EBIT -Kapitalkosten. (S. 36), Ergebnisse Divisions (S. 154, 155)
keine
2
0
2
0
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
Divisions: Diskont.satz zwischen 10,6 - 11,4% (S. 154)
1
Ergebnis EAC bestimmt Jahresbonus (S. 117)
2
18
0
Renditevorgaben der Fremd- und Eigenkapitalgeber zu übertreffen (S. 61)
1
keine
0
6
Konzern
EON
Fresenius
Fresenius Med. Care
„Im Mittelpunkt unserer Untern.politik steht die nachhaltige Steigerung des Untern.werts“ (S. 28), „Unsere Integrations- u. Wachstumsstrategie spiegelt sich in einer anhaltend positiven Wertentwicklung des Konzern wider.“ (S. 30) Hinweis im Corporate Governance Bericht S. 22: „Die nachhaltige Wertsteigerung sowie der überw. Teil der im Kodex enthaltenen Vorgaben, Empfehlungen und Anregungen für eine verantw. Unternehm.führung sind bei uns seit Jahren gelebter Bestandteil des U.- alltags.“ „Unsere langfristige Strategie ist auf die kontinuierliche Steigerung des U.werts ausgerichtet.“ (S. 44)
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
2
„Zur w.o. Steuerung des Gesamtuntern. sowie der Geschäftsfelder setzen wir ein konzernweit einheitliches Planungs- und Controllingssystem ein, das die effiziente Verwendung unserer Finanzmittel gewährleistet. Zentrale Kriterien zu Beurteilung Wertentw. des operativen Geschäfts von E.ON sind ROCE und Value Added.“ (S. 28), „Value Added: Zentraler Indikator für den absoluten Wertbeitrag einer Periode.“ (S. 171)
0
0
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
keine
0
keine Nennung
0
keine
0
0
0
keine
0
keine
0
0
0
0
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
keine
0
keine Nennung
0
keine
0
0
0
keine
0
keine
0
0
2
Value Added
2
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 9,1% (S28,30, 170)
2
„Value Added spiegelt den operativen Erfolg wider, der über die Kosten des einges. Kapitals hinaus erwirtschaftet wird. Als Residualgewinn drückt er den Erfolgsüberschuss aus, der über Kosten des EK und FK hinausgeht.“ VA = (ROCEKapitalkosten) x Capital Employed (S. 29, S. 171)
2
2
2
ROCE > Kapitalkosten (S. 30), Divisions: „Renditeforderungen variieren zw. 8,7% 10,4%, je nach Segment“ (S. 28)
2
ROCE in der Vorgabe (S. 150)
1
19
Konzern
Hannover Rück
Henkel
2
2
2
„Mit Hilfe des zentralen Steuerungsinstruments IVC (Spitzenkennzahl) werden die Wertbeiträge des Konzerns, der beiden Gesch.felder und der einzelnen operativen Einheiten vergleichbar.“ (S. 52)
2
„Als wichtige interne Steuergröße und zur Beurteilung des bereits realisierten u. zukünft. Wachstumsschritte verwenden wir die Kennzahl EVA.“ (S. 32), eingesetzt auf Konzern- wie auf GEEbene. „Um unterschiedl. große GB besser miteinander vergleichen zu können, ziehen wir den ROCE heran. Wir schaffen Wert, wenn ROCE die Rendite des eingesetzten Kapitals übertrifft.“ (S. 33)
2
2
IVC, xRoCA (Excess Return on Cap. Allocated)
EVA
1
Erläuterung Ermittlungsweise (S. 52, 53),Kapitalkostensatz 6,6% für 2007 (S. 53)
1
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 7,5% für Konzern (S. 32), „Wir verwenden differenzierte Kapitalkostensätze nach Untern. bereichen zw. 10,5 - 12%.“ (S. 33)
2
IVC = ber. operatives Ergebnis - ( alloziertes Kapital x gew. Kapitalkosten (S. 52); xRoCA = IVC / alloz. Kapital (S. 53)
2
„Dieses Maß gibt den wirtschaftl. Mehrwert an, den ein Untern. in einem best. Zeitraum erwirtschaftet. Ein Unternehmen erzielt einen positiven EVA, wenn das betriebl. Ergebnis (= EBIT) die Kapitalkosten übersteigt.“ (S. 32) EVA = EBIT - (Cap. Employed x WACC). (S. 33)
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung, „Unser oberstes strat. Ziel ist es, einer der drei profitabelsten Rückvers. weltweit zu sein und unseren Gewinn und d. Untern. wert jährlich um einen 2-stelligen Prozentsatz zu steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir Instrumente entwickelt mit denen wir zum einen wertorientiert messen, wie weit wir uns dem Ziel genähert haben, und die es uns zum anderen erlaubt, bis auf die jeweils ergebnisverantwortl. Einheiten herunterzubrechen.“ (S. 50) „Mit der EVAKennzahl werden wertschaffende Entscheidungen und profitables Wachstum in sämtlichen Untern.bereichen gefördert. Aus Geschäften mit negativen Wertbeiträgen ziehen wir uns zurück.“ (S. 33). „Um messen zu können, inwieweit wir unsere Wachstumsziele erreicht haben, setzen wir ein modernes Kennzahlensystem ein, mit dem wir Wertzuwächse und Renditen kapitalmarktorientiert berechnen.“ (S. 32)
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
Konzern: U.wertsteiger. > 2%, „750 Basispunkte über risikofreiem Zinssatz (CAPM)“ (S. 52), „Ihren Wertbeitrag verbessern“ (S. 52). „Die gewichteten Kapitalkosten gelten als Vorgabe für alle ergebnisverantw. Einheiten.“ (S. 53) 2
2
2
2
2
2
ROCE > WACC (S. 33), Divisions: ROCE > Kapitalkosten von 8,5% - 12% (S. 33)
2
keine
0
17
2
keine
0
17
Konzern
K+S
Linde
„K+S verfolgt eine w.o. Berichterstattung, .., die den Kapitalgebern eine adäquate U.wertermittlung erleichtert. Zielsetzung liegt in der nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts. Dauerhafte Schaffung eines Mehrwerts, d.h. dauerhafte Prämie auf die Kapitalkosten verdienen.“ (S. 58)
„Unsere Unternehmensstrategie zielt auf nachhaltiges, ertragsorientiertes Wachstum und eine stetige Steigerung des Unternehmenswerts.“ (S. 39)
2
0
2
„Zur Überprüfung der Zielsetzung nutzen wir die Kennzahlen ROCE, Value Added und ROI.“ (S. 58). Wir streben an, einen ROCE über den Kapitalkosten von 10,4% zu erreichen. (S. 59)
1
„Um den mittel- und langfristigen finanziellen Erfolg dieser Strategie der w.o. Usteuerung zu messen, verwenden wir als zentrale Steuerungsgröße die Rendite auf das eingesetzte Kapital (ROCE).“ (S. 39)
2
Value Added (VA)
1
Erläuterung Ermittlungsweise (S. 91),Kapitalkostensatz 10,4% (S. 59)
0
keine
0
keine Nennung
2
VA = (ROCE - gew. durchschn. Kap.kostensatz vor Steuern) x durchschn. Op. Anlagevermögen + Working Capital) (S. 59); „Kennzahl basiert auf dem Ansatz, dass ein Untern. dann Mehrwert schafft, wenn Rendite auf durchschn. gebundenes Kapital die zugrunde liegenden Kapitalkosten übersteigt.“ (S. XVIII,XiX im Glossar);
0
keine
2
2
0
0
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
Konzern: ROCE von 12-15% soll größer Kapitalkosten sein (S. 59)
1
keine
0
16
0
keine
0
keine
0
1
Konzern
Lufthansa
„Auch zukünftig werden wir unsere Entscheidungen mit der notwendigen Um- und Weitsicht treffen und kontinuierliche und langfristige Wertschaffung im Fokus haben“ (S. 16); „Damit verfolgen wir das Ziel, den Wert des Unternehmens dauerhaft zu erhöhen.“ (S. 41), CVA eine der 5 Konzern Highlight Kennzahlen
2
2
„Seit 1999 steuern wir den LufthansaKonzern nach den Grundsätzen des w.o. Mgmts. Dieser Ansatz wird in allen Prozessen der Planung, Steuerung und Kontrolle angewendet. Entscheid. Parameter für Erfolgsmessung ist CVA.“ (S. 41), „Um die Wertschaffung und dadurch den CVA gezielt positiv beeinflussen zu können, wurde ein Kennzahlensystem mit den zentralen Werthebeln entwickelt.“ (S. 42)
2
MVA (MAN Value Added)
0
keine
MAN
Im Strategieteil: „Das unternehmerische Ziel der MAN Gruppe ist , durch wettbewerbsfähige Produkte und Leistungen profitabel zu wachsen und den U.-wert zu steigern.“ (S. 74); „Profitables Wachstum in attraktiven Märkten ist eine der wesentl. Voraussetzungen f. weiterhin kontinuierliche Steigerung des Untern.werts.“ (S. 75)
2
2
„Der Wertbeitrag ist die finanzielle Größe, die aufzeigt, ob die MAN Gruppe ihre Kapitalkosten verdient und darüber hinaus Wert geschaffen hat“ (S. 88). „Gemessen dieser anhand eines renditebasierten Steuerungsystems, das auf dem Operativen Ergebnis, der Umsatzrendite (ROS) und der Kapitalrendite (ROCE) beruht. Ein weiterere Faktor in der Steigerung des Untern. wertsg ist eine gute Cash Conversion.“ (S. 75)
Merck
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
0
0
aus Geschäftsbericht nicht erkennbar
2
CVA, CFROI
2
„Der CVA ist die Kennzahl zur Erfolgsmessung der Wertschaffung.“ (S. 214) „Der CVA ist eine absolute Überschussgröße. Zur Ermittlung des in einer Periode geschaffenen Wert+K24s werden von dem erwirtschafteten Cashflow als Mindest- Cashflow die Kosten für das gebundene Kapital abgezogen.“ CVA = Cashflow - Mindest Cashflow (S. 41),
2
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 11% (S. 32, S. 88)
2
„Der Wertbeitrag errechnet sich aus der Differenz zwischen dem operat. Ergebnis u. den Kapitalkosten.“ , Wertbeitrag = (ROCE-WACC)x Cap. Employed (S. 223), MVA Ermittlung im Vergütungsbericht (S. 32)
2
2
2
Konzern und Divisions: Kapitalkosten von 11% (S. 88), ROCE > 22% (S. 86)
0
keine Nennung
0
keine
0
0
0
keine
2
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 7,9% (S. 41)
2
2
2
Mindest- Cashflow von €2,6 Mrd, WACC von 7,9% (S. 42), Divisions: „Aus dem CVA leiten sich operativen Kennzahlen u. Werttreiber ab , mit denen in den jeweiligen G.-feldern die operative Entwicklung gesteuert wird.“ (S. 41), WACC zwischen 7,6 - 8,2% (S. 42)
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
Wertorient. Mgmt. System
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Total Score (max. 20 Punkte)
2
Führungskr. haben CVA Vorgaben (S. 43), Vorstände operative Ergebnisvorgaben (S. 195)
0
18
2
„Tantieme hängt vom erreichten Wertbeitrag der MAN Value Added ab. Erst wenn ein die Kapitalkosten überschreit. Ergebnis erreicht wird, setzt Anspruch des Vorstands auf Tantieme ein.“ (S. 32)
2
20
0
keine
0
0
Konzern
Metro
„Wertorientierte Unternehmensführung bildet die Grundlage für nachhaltig profitables Wachstum. Die Leistungsstärke der Metro Group zeigt sich in ihrer Fähigkeit, den Untern.wert durch Wachstum und effizienten Zinssatz des Geschäftsvermögens kontinuierlich zu steigern.“ (S. 81)
Munich Re
„Ziel der MünchenerRück-Gruppe ist es, Risiken in all ihren Facetten zu erfassen zu bewerten, zu diversifizieren und so nachhaltig Wert für ihre Aktionäre, Kunden und Mitarbeiter zu schaffen. Den ShareholderValue-Gedanken leben wir dadurch, dass wir konsequent w.o. Steuerungssysteme in der Unternehmensgruppe einsetzen. Geschäftl. Aktivitäten werden nicht einseitig nach Ertragspotenzial beurteilt, sondern nach Ausmaß der eingeg. Risiken, das für Höhe Wertschaffung maßgeblich ist.“ (S. 54)
2
2
2
„Wir nutzen seit vielen Jahren das international bewährte Steuerungs- und Mgmt.system EVA.“ (S. 16), „berechnet wird die Wertschaffung durch den EVA (S. 81), ...entscheidende konzernweit gültige Messgröße für den Untern.erfolg ist der EVA.Der Grad der Risikobereitschaft orientiert sich ebenfalls an dieser Kennziffer und folgt damit Grundsatz der der nachhaltigen Steigerung des U.werts.“ (S. 113)
2
„Wertorientierte Unternehmensführung – die Steuerungsphilosophie der Münchner Rück“ (S. 54), Steuerungs instrument: Wertbeitrag für kurzfrist. Geschäft (S. 54); „Maßgeblich ist ökon. Wertschaffung .... Diese verfolgen wir durch die aussagekräftigere Steuerungsgröße Wert-beitrag.“ (S. 58) European Embedded Value (EEV) für w.o. Bewertung langlauf. Geschäftsportfolios bildet Fundament für w.o. Steuerung für Lebenserst- und Rückversicherungssowie Krankenerstvers. geschäft (S. 59)
2
2
EVA, Delta EVA
Wertbeitrag
2
1
Erläuterung Ermittlungsweise Kapitalkostensatz 6,5% (S. 81)
keine Nennung
2
0
„Ein positiver EVA wird erreicht, wenn das Geschäftsergebnis über den für die Finanzierung des Geschäftsvermögens notwendigen Kapitalkosten liegt“ (S. 81), Beschreibung Errechnung EVA, Delta EVA (S. 81,101)
Wertbeitrag = angepasstes Erg. EK-Kosten(S. 59)
1
1
2
2
0
keine
Total Score (max. 20 Punkte)
2
„Die erfolgsbez. Vergütung d. Mitglieder d. Vorstands wird im Wesentlichen durch die Entwicklung des EVA bestimmt.“, „..basiert auf einem Vergleich des Delta-EVA, also der Differenz des aktuellen EVA zu dem des Vorjahres“ (S. 101)
2
19
0
Mid-Term Incentive Plan, um mittel- bis langfristige Untern.wertsteigerung zu fördern, wird an interner Wertschaffung (w.o. Erfolgs-größen) ge-messen (S. 135)
1
11
Konzern und Divisions: >Kap.kostensatz 6,5% (S. 81) 2
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
Wertorient. Mgmt. System
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
Konzern
RWE
Salzgitter
Im Strategieteil: „Unser zentrales Steuerungsinstrument ist der Wertbeitrag. Damit verankern wir unser Ziel der langfristigen Wertsteigerung in den Managementprozessen des Konzerns.“ (S. 38) „Im Zentrum unserer Strategie steht die Steigerung des Unternehmenswerts. Auch 2008 konnten wir den Wert des Unternehmens deutlich steigern“ (S. 74) Das Schaffen zusätzl. Werte erfordert das Anlegen strenger Kriterien an potenzielle Projekte. (S. 62); Der Vorstand ist an das Unternehmensinteresse gebunden und der nachhaltigen Steigerung des Untern.werts verpflichtet. (S. 19); „...müssen sämtliche Einzelprojekte im Sinne einer nachhaltigen Unternehmenswertssteigerung der spezifischen ROCEZielsetzung des Konzerns entsprechen.“ (S. 62); „Unsere Konzernstrategie ... soll eine kontinuierl. Wertsteigerung des Unternehmens gewährleisten.“ (S. 153)
2
2
„Der absolute Wertbeitrag ist die zentrale Steuerungsgröße für alle Konzernaktivitäten. Er ist wesentliches Kriterium für die Beurteilung von Investitionen und Bestimmungsgröße für die Bonuszahlungen an unsere Führungskräfte.“ (S. 74), „Wert wird dann geschaffen, wenn die Rendite auf eingesetztes Vermögen Kapitalkosten übersteigt.“ (S. 221)
1
0
Verzinsung eingesetztes Kapital gemessen mit ROCE (S. 61)
2
Wertbeitrag
0
keine
2
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 8,5% (Überblickseite, S. 74, S. 222)
2
Relativer Wertbeitrag = ROCE - Kapitalkostensatz; absoluter Wertbeitrag = relativer Wertbeitrag x Betriebsvermögen (S. 74, S. 221), ausführl. Herleitung Wertbeitrag (S. 222)
0
keine Nennung
0
keine
2
2
0
0
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
Wertorient. Mgmt. System
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
2
ROCE > Kapitalkosten von 8,5% (S. 74, 221), Divisions: ROCE > Kapitalkosten von 8,5% - 12% (S. 74)
2
Jahresbonus hängt ab von Erreichung Ziele des Wertbeitrags (=kurzfristig Anreiz) und Total Shareholder Return (= langfr. Anreiz) ab (S. 128, 129)
0
keine
0
keine
Total Score (max. 20 Punkte)
2
20
0
1
Konzern
SAP
Siemens
„Das im SAP Konzern eingesetzte Steuerungsinstrumentarium unterstützt das oberste Unternehmensziel, den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern und das hieraus angeleitete Ziel eines profitablen Umsatzwachstums“ (S. 78) Projekt FIT42010 um langfristig Werte für Aktionäre und Kunden zu schaffen. (Buch 1, S. 74); „Wir sind überzeugt, dass unsere finanziellen Kenngrößen eine wichtige Rolle bei der Steigerung unseres U.-werts und unserer Wettbewerbsfähigkeit spielen werden.“ (S. 78)
1
1
1
„Neben dem operativen Geschäft steuern wir auch das nicht operative Geschäft mit wertorientierten Kennziffern.Dazu stützen wir uns in erster Linie auf das Finanzergebnis und die Konzernsteuerquote“ (S. 78)
0
„…um abzuschätzen, ob eine best. Investition Wertschaffung für Siemens generieren wird, betrachten wir ROCE oder GWB (Geschäftswertbeitrag) dieser Investition.“ (S. 80)
0
1
keine
GWB
0
1
keine Nennung
keine Nennung
0
keine
0
„GWB vergleicht die erwarteten Ergebnisse aus der Investition mit den Kosten des dabei eingesetzten Kapitals.“ (S. 80)
0
1
0
0
0
0
keine
keine
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
Wertorient. Mgmt. System
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
Total Score (max. 20 Punkte)
0
keine
0
2
0
Ergebnis var. Anteil abh. von Ergebnis GWB (S. 32)
2
6
2
2
„Um den Konzern zu führen, setzen wir ein w.o. Mgmt.system ein. Alle Mgmt-prozesse orientieren sich an den Steuerungskennzahlen des w.o. Mgmts, die als Messgrößen für den wirtschaftlichen Erfolg auch Bestandteil der variablen Vergütungskomponenten für die verantw. Führungskräfte sind.“ (S. 63); „die zentrale Steuerungskennzahl für unser w.o. Mgmt. ist der Thyssen Krupp Value Added (TKVA), der den in einer Periode geschaffenen Wert auf allen Ebenen des Konzerns misst.“ (S. 64)
2
TKVA
2
Erläuterung Ermittlungsweise Kapitalkostensatz 8,5% (S. 64)
2
TKVA errechnet sich aus der Differenz zwischen ROCE und dem WACC multipliziert mit Capital Employed. TKVA = TKVA Spread x Capital Employed. TVKA Spread = ROCE - WACC. Oder TKVA = EBIT - Kapitalkosten. (S. 64)
2
2
2
Kapitalkosten von 8,5% (S. 64, Divisions: Kapitalkosten zwischen 8,0 und 9,0% (S. 65)
1
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
Wertorient. Mgmt. System
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
Thyssen-Krupp
„Unser Ziel ist es den Unternehmenswert systematisch und kontinuierlich zu steigern - durch profitables Wachstum und Konzentration auf die Geschäftsfelder, die hinsichtlich ihrer Wettbewerbsposition und Leistungsfähigkeit die besten Erfolgschancen bieten.“ (S. 63); „An das Ergebnis der Analyse der Steuerungsgrößen knüpft unmittelbar unser Portfolio-Mgmt. an. Wir entscheiden, welche Geschäftsfelder ausgebaut werden sollen, um die angestrebten Thyssen Krupp Value Added (TKVA)Ziele zu realisieren.Seit 2006 unterstützt eine umfassende Kommunikations- und Trainingsinitiative die nachhaltige Verankerung des Wertmgmts. im Konzern.“ (S. 66)
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
Bekenntnis zur Wertorientierung,
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Konzern
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
Tantieme abh. von Erreichen TKVA (S. 31)
2
Total Score (max. 20 Punkte)
19
Konzern
Volkswagen
„Im Mittelpunkt des finanziellen Zielsystems des VW-Konzerns steht die kontinuierliche und nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts.“ (S. 142); „ausführliche Erläuterung des wertorient. Konzepts bei VW AG: www. volkswagenag.com/ir.“ (S. 143)
2
2
„Mit dem Wertbeitrag (EVA) nutzen wir zur effizienten Allokation unserer finanziellen Resourcen im Konzernbereich Automobil seit vielen Jahren eine an den Kapitalkosten ausgerichtete Steuerungsgröße. Weiterhin kann damit die Ertragskraft einzelner Geschäftseinheiten und Projekte, wie der neuen Werke in Indien, Russland und NA, gemessen werden.“ (S. 142)
2
EVA
1
Erläuterung Ermittlungsweise, Kapitalkostensatz 7,2% (S. 142)
Auswertung der Geschäftsberichte der DAX-30 Unternehmen des Jahres 2008 (Stichtag 1.7.2009) nach deren Commitment zur wertorientierten Unternehmenssteuerung
2
„Die Höhe des Wertbeitrags wird durch das operative Ergebnis nach Steuern und durch die Kapitalkosten des investierten Vermögens bestimmt.“ (S. 142); EVA = Op. Erg. nach Steuern Kapitalkosten. (S. 143)
2
2
2
Mindestverzins. anspruch des Konzerns von 9%. (S. 143)
1
0 = keine, 1 = teilw., 2 = ja
Quantifizierung wertorient. Zielvorgabe für Konzern bzw. Divisions
0 = keine, 1 = teilw. bzw. nur Konzern,od. U.-Bereich 2 = Konzern u. U.-Bereich
wertorient. Ergebnis aufgeführt 0 = nein, 1 = ja, einjährig, 2 = ja, mehrjäh.
Berechnungs- Schema der Kennzahl dargestellt 0 = nein, 1 = in Worten, 2 = mathemat.
Erläuterung der Berechnungsweise
0 = keine, 1 = Definition, 2 = ausführl. Definition
Wertangabe und Ermittlungsweise Kapitalkosten
0 = keine, 1 = Ermittlung, 2 = Ermittl.+ Wert
Wertorient. Mgmt. System
0 = keine, 1 = ja, 2 = an expon. Stelle
0 = nein, 1 = teilw., 2 = ja
explizites wertorient. Kapitel 0 = nein, 1 = Überschrift kein w.o. Inhalt, 2 = ja
0 = nein, 1 = ja, 2 = stark
Bekenntnis zur Wertorientierung,
im Geschäftsbericht genannte wertorient. Kennzahl
wertorient. Zielvorgaben Vergütung Vorstand
keine
0
Total Score (max. 20 Punkte)
16
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R. Laier, Value Reporting, DOI 10.1007/978-3-8349-6801-2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011