Katja Eddel Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?
VS RESEARCH
Katja Eddel
Die Zeitschrift MUT – ...
51 downloads
1540 Views
4MB Size
Report
This content was uploaded by our users and we assume good faith they have the permission to share this book. If you own the copyright to this book and it is wrongfully on our website, we offer a simple DMCA procedure to remove your content from our site. Start by pressing the button below!
Report copyright / DMCA form
Katja Eddel Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?
VS RESEARCH
Katja Eddel
Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum? Analyse und Einordnung einer politisch gewandelten Zeitschrift Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Eckhard Jesse
VS RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Technische Universität Chemnitz, 2011
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Dorothee Koch | Anita Wilke VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-531-18172-1
Geleitwort
Eine Dissertation soll mit Herzblut geschrieben sein. Deshalb ist es mir ein Anliegen, dass Doktoranden ihr Thema prinzipiell selber auswählen. In diesem Fall war es anders: Ich hatte Katja Eddel, die ein Thema suchte, die Anregung gegeben, die Geschichte des Periodikums MUT zu analysieren – von Anfang an. Als regelmäßiger Mitarbeiter seit 1993 war mir verbreitete Unkenntnis über MUT aufgefallen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Das Periodikum MUT hat eine einzigartige Geschichte hinter sich. Gegründet 1965 von Bernhard C. Wintzek als hektographiertes Jugendorgan, geriet es bald in rechtsextremistisches Fahrwasser und wurde in den Verfassungsschutzberichten des Bundes genannt. Aus dieser Richtung löste es sich nach und nach. Seit zwei Jahrzehnten ist die Zeitschrift ein anerkanntes Periodikum, das sich Liberalität und Pluralismus auf die Fahnen schreibt. Zu den Autoren gehören u.a. der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Heinz Fromm) ebenso wie Politiker (u.a. Egon Bahr, Peter Müller, Guido Westerwelle), Publizisten (u.a. Ralph Giordano, Freya Klier, Marko Martin) und Wissenschaftler (u.a. Ralf Dahrendorf, Hans Maier, Peter Steinbach). Der Herausgeber ist nach wie vor Bernhard C. Wintzek. Kontinuität und Diskontinuität bilden eine merkwürdige Gemengelage. Bisher liegt über dieses Periodikum keine wissenschaftliche Analyse vor. Zum Teil kursieren abenteuerliche Vermutungen über das Organ. Insofern ist es sehr verdienstvoll, dass sich Katja Eddel der Aufgabe unterzogen hat, die ersten 500 Exemplare (von Heft 1/1965 bis Heft 4/2009) einer systematischen Inhaltsanalyse zu unterziehen. Die Leitfrage lautet wie folgt: „Welche Wandlungsprozesse bzw. Kontinuitäten durchlief die Zeitschrift MUT zwischen 1965 und 2009.“ Daraus ergeben sich Unterfragen – etwa nach den Gründen der Veränderung, nach der heutigen Einordnung, nach dem Selbstverständnis der Zeitschrift. Die Studie basiert nicht nur auf der systematischen Auswertung der Beiträge, sondern auch auf Interviews mit dem Herausgeber sowie auf der (insgesamt wenig ergiebigen) Sekundärliteratur. Die Autorin betritt mit ihrer Arbeit Neuland.
5
Das Porträt über den Herausgeber ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei MUT um ein Einmannunternehmen handelt, höchst sinnvoll. Die Autorin spürt den Gründen für seinen radikalen Wandel nach. Eddel analysiert in den Kapiteln 4 (erste Phase: 1965-1979), 5 (zweite Phase: 1980-1983), 6 (dritte Phase: 1984-1990) und 7 (vierte Phase: 1991-2009) jeweils die allgemeine Entwicklung und Gestaltung der Zeitschrift (1. Unterkapitel), die untersuchten Autoren und ihre Beiträge (2. Unterkapitel), nimmt eine Inhaltsanalyse vor, jeweils unterschieden nach Rechtsextremismus und Demokratie (3. Unterkapitel), präsentiert die Fremdwahrnehmung (4. Unterkapitel) und zieht ein Zwischenfazit (5. Unterkapitel). Diese durchgehaltene Systematik verdient hohe Anerkennung. So ist ein fundierter Vergleich möglich. Auch wenn MUT keine genuin rechtsextremistische Gründung ist, sind die Belege, die Eddel für den rechtsextremistischen Charakter der Zeitschrift in den siebziger Jahren anführt, erdrückend. Für die Phase von 1980 bis 1983 ordnet die Autorin die Zeitschrift weiterhin als rechtsextremistisch ein, wenn auch in etwas abgeschwächtem Maße. Die Phase von 1984 bis 1990 charakterisiert Eddel als unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten zwiespältig. In der Tat gibt es in dieser Phase Positionen, die nicht auf eine klare Bejahung des demokratischen Verfassungsstaates hindeuten. Für die nachfolgende Phase kommt Eddel zu dem überzeugenden Ergebnis, MUT sei durch „Weltoffenheit, Liberalität und kulturellen Dialog“ charakterisiert. Damit der Autorin keine Fehleinschätzung unterläuft, hat sie sich jeweils auf die zehn Autoren konzentriert, die in den jeweiligen Phasen am häufigsten als Autoren auftauchen. So gewinnt sie ein repräsentatives Bild. Die Autorenschaft von MUT hat sich mehrfach geändert. Was Eddel über die „Fremdwahrnehmung“ zusammenträgt, wirft kein gutes Licht auf einen beträchtlichen Teil der Öffentlichkeit. Es gilt die folgende Paradoxie: In dem Moment, in dem MUT einen Kurswechsel vollzieht bzw. längst vollzogen hat, gibt es zahlreiche Autoren, die dies nicht wahrhaben wollen. Die Kritik Eddels an Positionen, die die Zeitschrift offenbar kaum kennen (wollen), leuchtet ein. Die Autorin hat eine instruktive Arbeit über MUT geschrieben – frei von Apologie, frei von Anklage. Die Kernaussagen sind durchweg stimmig (eindeutig extremistisch in den siebziger Jahren; eindeutig demokratisch seit Beginn der neunziger Jahre). Die Frage, wann die Hinwendung zu rechtsextremistischen Positionen und die Abwendung von ihnen erfolgte, ist freilich weiterhin diskussionswürdig. Der Übergang dürfte fließend gewesen sein. Der kurze Vergleich am Ende zur einst linksextremistischen Zeitschrift „Kommune“ ist erhellend. Er wirft Licht auf die politische Kultur der Bundesrepublik Deutschland. Etwas vereinfacht formuliert: einmal rechtsextremistisch, 6
immer rechtsextremistisch; einmal linksextremistisch, niemals linksextremistisch. Aber das ist schon ein anderes Thema.
Chemnitz, im Februar 2011
Eckhard Jesse
7
Vorwort
Die vorliegende Arbeit ist die aktualisierte Fassung meiner Dissertation, die im Wintersemester 2010/2011 von der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Chemnitz angenommen wurde. Ich möchte mich bei meinen Gutachtern Prof. Dr. Eckhard Jesse von der Technischen Universität Chemnitz und Prof. Dr. Michael Gehler von der Universität Hildesheim für die Betreuung der Arbeit, ihre konstruktive Kritik sowie die zügige Erstellung der Gutachten herzlich bedanken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Eckhard Jesse für seine langjährige Betreuung, Unterstützung und Förderung. Mit wertvollen Hinweisen und zahlreichen Anregungen stand mir Prof. Dr. Jesse stets zur Seite. Bedanken möchte ich mich zudem bei meiner Prüferin Prof. Dr. Beate Neuss und dem Vorsitzenden des Promotionskolloquiums Prof. Dr. Gerd Strohmeier. Gedankt sei an dieser Stelle auch den Teilnehmern der Doktorandenkreise. Von den zahlreichen anregenden Diskussionsrunden konnte ich im Forschungsprozess sehr profitieren. Der Hanns-Seidel-Stiftung gebührt mein Dank für die Unterstützung meiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Die Graduiertenförderung gab mir die Möglichkeit, mich auf meine Dissertation zu konzentrieren und diese zügig abzuschließen. Bei Bernhard C. Wintzek, dem Herausgeber von MUT, bedanke ich mich für die Unterstützung meiner Forschungsaufenthalte, für die Zurverfügungstellung der kompletten Zeitschrift sowie für die Bereitschaft, mit mir mehrere Interviews zu führen und mir dadurch aufschlussreiche Einblicke in die Entwicklung von MUT zu gewähren. Nicht zuletzt danke ich meinen Eltern, Martina und Günter Eddel, die mir stets die Freiheit gaben, meinen eigenen Weg zu gehen und an mich glaubten. Ohne ihre große Unterstützung während meines Studiums und während der Promotion wäre diese Arbeit nicht entstanden. Ihnen widme ich die vorliegende Untersuchung. Dr. Ute Hofmann und Dr. Andreas Pudlat danke ich dafür, dass sie immer ein offenes Ohr für mich hatten und trotz ihrer knappen Freizeit noch die Möglichkeit fanden, mich beim Korrekturlesen zu unterstützen. Für die Durchsicht der Arbeit danke ich zudem Dr. Sepp Müller, Claudia Fritzsche, Corinna Fritzsche-Schnick (Ass. Jur.) und André Schnick (Ass. Jur.). Neuenhagen b. Berlin, im März 2011
Katja Eddel 9
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis .................................................................................... 13 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ............................................................. 17 1
Einleitung ................................................................................................. 19 1.1 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung .................................. 19 1.2 Forschungsstand und Quellenlage ........................................................ 21 1.3 Aufbau .................................................................................................. 28
2
Theoretischer Rahmen............................................................................ 31 2.1 Methodik .................................................................................................. 31 2.2 Begriffsklärung ........................................................................................ 36 2.3 Untersuchungskriterien ............................................................................ 43 2.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus .......................................................... 43 2.3.2 Kriterien: Demokratie ...................................................................... 56 2.4 Wertewandel in der Bundesrepublik ........................................................ 67
3
Vita des Herausgebers ............................................................................ 77
4
MUT – Erste Phase: 1965 – 1979 ........................................................... 89 4.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1979 .................................. 89 4.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge .................................................. 117 4.3 Inhaltsanalyse ......................................................................................... 155 4.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus ........................................................ 155 4.3.2 Kriterien: Demokratie .................................................................... 197 4.4 Fremdwahrnehmung .............................................................................. 201 4.5 Zwischenfazit ......................................................................................... 206
5
MUT – Zweite Phase: 1980 – 1983 ....................................................... 213 5.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1983 ................................ 213 5.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge .................................................. 220 5.3 Inhaltsanalyse ......................................................................................... 237 11
5.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus ........................................................ 237 5.3.2 Kriterien: Demokratie .................................................................... 249 5.4 Fremdwahrnehmung .............................................................................. 251 5.5 Zwischenfazit ......................................................................................... 257 6
MUT – Dritte Phase: 1984 – 1990 ........................................................ 261 6.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1990 ................................ 261 6.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge .................................................. 265 6.3 Inhaltsanalyse ......................................................................................... 289 6.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus ........................................................ 289 6.3.2 Kriterien: Demokratie .................................................................... 294 6.4 Fremdwahrnehmung .............................................................................. 302 6.5 Zwischenfazit ......................................................................................... 312
7
MUT – Vierte Phase: 1991 – 2009 ........................................................ 317 7.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 2009 ................................ 317 7.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge .................................................. 325 7.3 Inhaltsanalyse ......................................................................................... 375 7.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus ........................................................ 375 7.3.2 Kriterien: Demokratie .................................................................... 376 7.4 Selbstwahrnehmung ............................................................................... 388 7.5 Fremdwahrnehmung .............................................................................. 394 7.6 Zwischenfazit ......................................................................................... 416
8
Schlussbetrachtung ............................................................................... 421 8.1 Fazit ....................................................................................................... 421 8.2 Ausblick ................................................................................................. 433
Quellen- und Literaturverzeichnis ................................................................ 441 Anhang ............................................................................................................. 455
12
Abkürzungsverzeichnis
AFP AJG AKON ANJÖ AKN APO APuZ AStA AVV BdV BfV BHE BHJ BPS BStU BVerSchG bzw. ca. CBS CDU CSU DAK-W DB DDR DGB d.h. DJO DKEG DKG
Arbeitsgemeinschaft für Politik Arbeitsgemeinschaft „Junge Generation“ im Bund der Heimatvertriebenen Aktion Oder/Neiße Arbeitsgemeinschaft nationaler Jugendbünde Österreichs Aktion Neue Rechte Außerparlamentarische Opposition Aus Politik und Zeitgeschichte Allgemeiner Studierendenausschuss Arbeitskreis Volkstreuer Verbände Bund der Vertriebenen Bundesamt für Verfassungsschutz Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten Bund Heimattreuer Jugend Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Bundesverfassungsschutzgesetz beziehungsweise circa Columbia Broadcast System Christlich Demokratische Union Christlich-Soziale Union Deutscher Aufklärungskreis „W“ Deutscher Block Deutsche Demokratische Republik Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Deutsche Jugend des Ostens Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes Deutsche Kulturgemeinschaft 13
DKP DLF DRP DVU DV DWZ ebd. EFB EKD ENP EG EGKS ETA EWG FDGO FDP FPÖ FR GfP GG GRECE Hrsg. Jg. JLO JN KGB KNJ KP KPD KPÖ KZ LTI MdB MfS NATO NDP NE NEC 14
Deutsche Kommunistische Partei Deutschlandfunk Deutsche Reichspartei Deutsche Volksunion Deutsche Volksfront Deutsche Wochen-Zeitung ebenda Europäische Föderalistische Bewegung Evangelische Kirche in Deutschland Einheitsfront der nationalen Publizistik Europäische Gemeinschaft Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Euskadi Ta Askatasuna Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Freiheitlich-demokratische Grundordnung Freie Demokratische Partei Freiheitliche Partei Österreichs Frankfurter Rundschau Gesellschaft für freie Publizistik Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Groupement de recherches et d’études pour la civilisation européenne Herausgeber Jahrgang Junge Landsmannschaft Ostpreußen Junge Nationaldemokraten Komitet Gossudarstwennoi Besopasnosti Kameradschaftsring Nationaler Jugendverbände Kommunistische Partei Kommunistische Partei Deutschlands Kommunistische Partei Österreichs Konzentrationslager Lingua Tertii Imperii Mitglied des Deutschen Bundestages Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik North Atlantic Treaty Organization Nationaldemokratische Partei Nation Europa Nationaleuropäischer Kongress
NHB NLA NPD NS NSDAP NSKOB NVA NZZ o.A. ÖVP PDI RAF S. SBZ SDS SdV-NRAO SED SPD SPÖ SRP SS u.a. UAP UdSSR USA u.U. VDR vgl. WB WDR z.B. ZVD
Nationaldemokratischer Hochschulbund National-Liberale Aktion Nationaldemokratische Partei Deutschlands Nationalsozialismus Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Nationalsozialistischer Kriegsopferbund Nationale Volksarmee Neue Zürcher Zeitung ohne Autor Österreichische Volkspartei Pressedienst Demokratische Initiative Rote Armee Fraktion Seite Sowjetische Besatzungszone Sozialistischer Deutscher Studentenbund Sache des Volkes – Nationalrevolutionäre Aufbauorganisation Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands Sozialdemokratische Partei Österreichs Sozialistische Reichspartei Schutzstaffel unter anderem Unabhängige Arbeiter-Partei Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken United States of Amerika unter Umständen Volksbund Deutscher Ring vergleiche Witikobund Westdeutscher Rundfunk zum Beispiel Zentralverband vertriebener Deutscher
15
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12:
Fotomontage W. Brandt ..................................................... 458 Widerstandsgruß ................................................................ 459 Symbol der Nationaleuropäischen Aktion.......................... 460 Auszug aus dem Artikel ‚Nation im Wartestand‘ .............. 461 Titelblatt MUT 1/1968 ....................................................... 468 Titelblatt MUT 1/1990 ....................................................... 469 Titelblatt MUT 1/2007 ....................................................... 470 Titelblatt MUT 4/2009 ....................................................... 471 Übersicht – Parteizugehörigkeit der MUT-Autoren ........... 472 Kriterien: Rechtsextremismus .................................................. 53 Kriterien: Demokratie ............................................................... 66 Entwicklung des Bezugspreises (1965 – 1979) ...................... 455 Entwicklung des Bezugspreises (1980 – 1983) ...................... 455 Entwicklung des Bezugspreises (1984 – 1990) ...................... 455 Entwicklung des Bezugspreises (1991 – 2009) ...................... 456 Entwicklung des Heftumfanges (1965 – 1979) ...................... 456 Entwicklung des Heftumfanges (1980 – 1983) ...................... 456 Entwicklung des Heftumfanges (1984 – 1990) ...................... 457 Entwicklung des Heftumfanges (1991 – 2009) ...................... 457 Ständige Mitarbeiter ............................................................... 473 Übersicht der analysierten Artikel .......................................... 492
17
1
Einleitung
1.1 Untersuchungsgegenstand und Problemstellung Als sich am 7. Dezember 2010 die Unterzeichnung des Warschauer Vertrages zum 40. Mal jährte, waren die damaligen innenpolitischen Auseinandersetzungen um die Ostpolitik der sozialliberalen Regierung den meisten Deutschen nicht mehr präsent. Im Zentrum der Debatte stand zum einen die Frage, ob die vertragliche Hinnahme der Grenzen zugleich eine endgültige Anerkennung der Oder/Neiße als deutsch-polnische Grenze bedeutet und zum anderen die Angst, durch einen Vertrag mit der DDR diese völkerrechtlich anzuerkennen. Neben den Unionsparteien lehnten insbesondere rechtsextremistische Gruppen und Parteien die Ostverträge als Verrat an den Interessen des deutschen Volkes ab. Einer der aktivsten rechtsextremistischen Personen war Bernhard Christian Wintzek, der mit seiner Zeitschrift MUT die Aktionen gegen eine innerdeutsche Annäherung sowie die Anerkennung der Westgrenze Polens publizistisch begleitete und viele Veranstaltungen mitorganisierte. Zusammen mit anderen Jugendlichen gründete Wintzek, unter dem Eindruck der deutschen Teilung, 1965 die Schüler- und Jugendzeitschrift MUT, die sich schnell zu einer Auflagen starken und gut vernetzten rechtsextremistischen Publikation in der Bundesrepublik Deutschland entwickelte. Von Anbeginn ihres Bestehens war die sozialliberale Koalition unter Willy Brandt und ihre Ostpolitik das Hauptfeindbild von MUT, welche nicht nur publizistisch, sondern auch durch von der Redaktion initiierte oder unterstützte Veranstaltungen angegriffen wurde. Dabei spielten die Rednertätigkeit des Herausgebers bei verschiedenen rechtsextremistischen Veranstaltungen und seine Verbindungen in das nationalistische Lager eine zentrale Rolle. Unter der Mitarbeit verschiedener rechtsextremistischer Autoren radikalisierte sich die Zeitschrift immer stärker, bis die Indizierung des Januar-Heftes 1979 durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zum Beginn des Umdenkens bei Wintzek führte. Ab diesem Zeitpunkt modifizierte er die politische Ausrichtung stetig, wobei in der Beurteilung des Gesamtzeitraumes durch die Sekundärliteratur, die politische Einstellung bis 1983 die Einschätzungen bestimmen. Trotz der wechselvollen Entwicklung der Zeitschrift und ihrer Bedeutung im rechtsextremistischen Spektrum wurde MUT 19 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
nie einer umfassenden Analyse unterzogen. Eine inhaltliche Betrachtung und Auseinandersetzung fand nicht statt. Auch ihrem Wandlungsprozess ist von keiner wissenschaftlichen Studie bisher Bedeutung zugemessen worden. Um diesem Desiderat zu begegnen, wird im Folgenden die Zeitschrift MUT auf der Basis einer umfassenden Inhaltsanalyse mit dem Ziel einer politischen Einordnung untersucht. Hieraus ergibt sich die Leitfrage der Arbeit: Welche Wandlungsprozesse bzw. Kontinuitäten durchlief die Zeitschrift MUT zwischen 1965 und 2009? Daraus resultieren weitere Fragen. Im Zentrum der Arbeit steht die politische Ausrichtung der Publikation und ihre Veränderung: Welchem politischen Spektrum ist MUT in der Vergangenheit und Gegenwart zuzuordnen? Gab es einen politischen Richtungswandel? Wenn ja, warum? Und ist dieser Wechsel glaubhaft? War es berechtigt, die Zeitschrift in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen? Und war es berechtigt, ihre Erwähnung ab 1984 zu streichen? In welcher Beziehung stimmt das Selbstverständnis der Zeitschrift mit den tatsächlichen redaktionellen Inhalten überein? Nahezu von gleichrangiger Bedeutung für die Beantwortung der Leitfrage ist die Betrachtung des Wirkens von Bernhard C. Wintzek und die Mitarbeit von in der Zeitschrift häufig vertretenen Autoren: Welche Wechselbeziehungen bestehen zwischen der politischen Biographie des Herausgebers und der politischen Ausrichtung der Zeitschrift? Waren Autoren in allen Phasen für MUT tätig? Daneben scheint auch die Untersuchung von äußeren Einflussfaktoren von Belang. Gab es wichtige Menschen für MUT außerhalb der Autorenschaft? Gab es Geldgeber und wenn ja, wer waren sie? Wirkten äußere Einflussgrößen (z.B. staatliche Organe oder Parteien) auf MUT ein? Wurde MUT von rechtsextremistischen Parteien/Vereinigungen benutzt bzw. für ihre Zwecke eingespannt? Ist MUT gegenwärtig ein plurales Meinungsforum? Die Entscheidung für eine Einzelfallstudie und gegen eine vergleichende Arbeit vollzog sich auf der Basis von zwei Gründen: Zum einen ist aufgrund der wechselvollen politischen Entwicklung der Zeitschrift nur eine Analyse des gesamten Publikationszeitraumes (1965 – 2009) sinnvoll, was sich wiederum in dem enormen Umfang des Untersuchungsmaterials widerspiegelt. Damit verbietet sich, alleine von der Fülle des Quellenmaterials, ein Vergleich mit anderen Zeitschriften. Zum anderen verhindern die Eckdaten von MUT1, die sich zu einem Alleinstellungsmerkmal auswachsen, eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Veröffentlichungen.
1 45-jähriges Bestehen der Zeitschrift ohne Wechsel des Herausgebers, unabhängige Publikation, politische Entwicklung.
20
Die Studie berücksichtigt alle Jahrgänge von 1965 bis April 2009. Ferner werden die MUT betreffende Sekundärliteratur, Verfassungsschutzberichte und Unterlagen aus dem Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik sowie drei Interviews mit dem Herausgeber Bernhard C. Wintzek hinzugezogen. Die Zitierweise erfolgt streng in Anlehnung an die Originaltexte, d.h. die etwa von der MUT-Redaktion verwendete alte Rechtschreibung findet sich ebenso in den zitierten Textstellen wieder wie die vor allem bis 1979 unzähligen Hervorhebungen in den Artikeln.
1.2 Forschungsstand und Quellenlage Trotz einer zum Teil unübersichtlichen Fülle von Literatur zum Thema Rechtsextremismus sowie des 45-jährigen Bestehens der Zeitschrift MUT ist diese bisher nicht in ihrer Gesamtheit systematisch erforscht worden. Die Basis für eine vergleichende Extremismusforschung legten die Politikwissenschaftler Uwe Backes und Eckhard Jesse bereits Ende der 1980er Jahre mit ihrem dreibändigen Werk ‚Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland‘, in dem sie nicht nur eine Einführung in den politischen Extremismus geben, sondern detailliert den Forschungsstand zum deutschen Links- und Rechtsextremismus herausarbeiten.2 In Zusammenhang mit den Auswirkungen der Wahlniederlage der NPD von 1969 gehen Backes/Jesse auf die militanten Aktivitäten der Aktion Widerstand ein, die u.a. von Wintzek gegründet wurde. Sie konstatieren: Trotz des formalen Bekenntnisses zu einem legalen und aktiven Widerstand, kommt es immer wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen ihrer Mitglieder, die mit Parolen wie ‚Deutsches Land wird nicht verschenkt, eher wird der Brandt gehenkt‘ demonstrieren.3 Besondere Kritik erfahren Backes/Jesse von marxistischer Seite, die die Existenz eines Linksextremismus leugnet.4 Wenngleich die Extremismusforschung seit Anfang der 1990er Jahre an 2
Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. 3 Bde., Köln 1989. 3 Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 77f. 4 Vgl. u.a. Schubarth, Wilfried/Richard Stöss (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000. Stöss, Richard (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945–1980, 2 Bde., Opladen 1983. Butterwegge, Christoph: Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Erklärungsansätze in der Diskussion, Darmstadt 1996. Neugebauer, Gero: Extremismus–Rechtsextremismus–Linksextremismus. Einige Anmerkungen zu Begriffen, Forschungskonzepten, Forschungsfragen und Forschungsergebnissen, in: Schubarth, Wilfried/
21
Bedeutung gewonnen hat5, ist eine Einigung auf einen sowohl den Rechts- als auch den Linksextremismus umfassenden Begriff nicht in Sicht.6 Einen umfassenden und einzigartigen Überblick über die Begriffsgeschichte des politischen Extremismus sowie der Extremismus- und Totalitarismusdiskussion in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichte Backes 2006.7 Zu der mit Abstand besten Gesamtpräsentation des Rechtsextremismus gehört das Werk von Dudek/Jaschke aus dem Jahr 1984, welches zum einen ausführlich die Entstehung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik nach 1945 beschreibt und zum anderen dem Phänomen Rechtsextremismus innerhalb der politischen Kultur nachgeht. Ergänzt wird dieses durch eine umfangreiche Materialsammlung sowie Fallstudien zu bekannten rechtsextremistischen Organisationen.8 MUT ist bei ihnen nur in Verbindung mit der von Wintzek mitinitiierten Aktion Widerstand ein Thema. Sie konstatieren: Programmatische Erneuerungen gehen in den 1970er und 1980er Jahren vor allem aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten hervor, was sich insbesondere an MUT zeigt, in der sich Wintzek für konkrete Aktionen gegen die Ostpolitik einsetzt.9 Wenn von den fehlenden Fallstudien abgesehen wird, zählt auch der Sammelband von Schubarth/Stöss10 zu den besseren Werken, der zudem über eine umfangreiche Auswahlbibliographie verfügt. Kowalsky/Schröder bieten dagegen einen guten einführenden Überblick über verschiedene Forschungsgebiete (z.B. Frauen und Jugend im Rechtsextremismus, Parteien) des Rechtsextremismus sowie deren Richard Stöss (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000, S. 13-37. 5 Gekennzeichnet u.a. durch das Erscheinen des von Backes/Jesse herausgegebenen Jahrbuches Extremismus & Demokratie. Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Bde. 1-22, Bonn 1989-1993, Baden-Baden 1994-2011. 6 Vgl. u.a. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Vergleichende Extremismusforschung. Baden-Baden 2005. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Extremismen im Vergleich – Entwicklung, Problemstellungen, Untersuchungsfelder, Perspektiven. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 16. Jg., Baden-Baden 2004, S. 13-30. Jesse, Eckhard: Die unterschiedliche Wahrnehmung von Rechts- und Linksextremismus. in: Politische Studien (1) 2007, S. 8-17. Kailitz, Steffen: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Wiesbaden 2004. Canu, Isabelle: Der Streit um den Extremismusbegriff. Die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich mit anderen westlichen Demokratien, in: Jesse, Eckhard/Steffen Kailitz (Hrsg.): Prägekräfte des 20. Jahrhunderts. Demokratie, Extremismus, Totalitarismus, München 1997, S. 103-126. 7 Vgl. Backes, Uwe: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart, Göttingen 2006. 8 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, 2 Bde., Opladen 1984. 9 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Bd. 1, Opladen 1984, S. 291 und 304. 10 Vgl. Schubarth, Wilfried/Richard Stöss (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000.
22
Forschungsstand sowohl in Deutschland seit 1945 als auch in Europa.11 Als Möglichkeit der Informationsgewinnung, insbesondere über rechtsextremistische Personen und Organisationen, bieten sich die Handbücher von Mecklenburg, Wagner und Grumke/Wagner an.12 Die qualitative Inhaltsanalyse, in erster Linie in der empirischen Sozialforschung beheimatet, geht ursprünglich auf die von Douglas Waples13 formulierte ‚content analysis‘ zurück. Aus der aktuellen Forschung sind vor allem die detaillierten Arbeiten von Früh14, Mayring15 und Diekmann16 hervorzuheben, die neben einem breiten theoretischen Hintergrund auch die praktische Anwendung erörtern. Umfassende Inhaltsanalysen von Zeitschriften sind in der Bundesrepublik Deutschland nur wenige vorhanden.17 Im Bereich der Extremismusforschung ist insbesondere auf die kurzen Zeitschriftenporträts im Jahrbuch Extremismus & Demokratie zu verweisen, die mit klassischen, qualitativen Inhaltsanalysen allerdings nur wenig gemein haben.18 Die Literatur zu MUT lässt eine auffällige Diskrepanz zwischen der Bedeutung der Publikation im rechtsextremistischen Spektrum und der Anzahl der Veröffentlichungen über sie erkennen. Während MUT bis 1983 als eine der größten rechtsextremistischen Zeitschriften der Bundesrepublik im Bundesverfassungsschutzbericht geführt wird, findet sich erst seit 1984 eine signifikante Steigerung der Beachtung in der Literatur, die ab Anfang der 1990er Jahre noch 11
Vgl. Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994. 12 Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996. Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek b. Hamburg 1996. Grumke, Thomas/Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen – Organisationen – Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, Opladen 2002. 13 Vgl. Waples, Douglas/Bernard Berelson/Franklin R. Bradshaw: What Reading does to People. Chicago 1940. 14 Vgl. Früh, Werner: Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis, unveränderter Nachdruck der 5. Auflage von 2001, Konstanz 2004. 15 Vgl. Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, 8. Auflage, Weinheim 2003. 16 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 18., vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbek b. Hamburg 2007. 17 Vgl. u.a. Holzer, Horst: Illustrierte und Gesellschaft. Zum politischen Gehalt von „Quick“, „Revue“ und „Stern“, Freiburg i. Brsg. 1967. Haseloff, Otto Walter: Stern. Strategie und Krise einer Publikumszeitschrift, Mainz 1977. Wiggershaus-Müller, Ursula: Nationalsozialismus und Geschichtswissenschaft. Die Geschichte der Historischen Zeitschrift und des Historischen Jahrbuchs 1933-1945, Hamburg 1998. 18 Vgl. u.a. Dittrich, Sebastian: Zeitschriftenporträt: Bahamas. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 16. Jg., Baden-Baden 2004, S. 220-235. Weber, Matthias: Zeitschriftenporträt: Junge Freiheit. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 14. Jg., Baden-Baden 2002, S. 203-226.
23
einmal einen Anstieg erfährt. Bis Ende der 1970er Jahre nehmen sowohl Wissenschaft als auch Presse MUT nur beiläufig wahr. Für den Zeitraum zwischen 1965 und 1970 erfährt die Zeitschrift sogar keine Erwähnung in der Literatur. Die Veröffentlichungen der 1970er Jahre legen das Augenmerk auf die Aktion Widerstand sowie den Lebenslauf von Wintzek; die Zeitschrift spielt dagegen lediglich in Bezug auf die Herausgeberschaft Wintzeks sowie als Werbeplattform für Veranstaltungen der Aktion Widerstand eine Rolle.19 Der Mitarbeiter des Pressedienstes Demokratische Initiative Kurt Hirsch20 dient zudem dem Donau Kurier21 als Informationsquelle über MUT, der „Hauspostille“22 der Aktion Widerstand. Konkret mit der Zeitschrift beschäftigen sich lediglich zwei kurze Zeitungsartikel: Die Deutsche Volkszeitung23 berichtet im Juli 1970 über die Mitarbeiterwerbung von Quelle, Horten und Polydor in MUT, während die Böhme Zeitung/Soltauer Kreiszeitung24, die von MUT organisierte Veranstaltung zur Befreiung von Herbert Kappler zum Thema hat. Beide Zeitungen verfügen zudem über eigene über MUT gewonnene Erkenntnisse, z.B. durch die Anwesenheit eines Reporters der Böhme Zeitung/Soltauer Kreiszeitung auf der oben genannten Veranstaltung. Die Literatur zu MUT stellt sich in den 1980er Jahre zweigeteilt dar: Bis 1983 finden sich nur wenige Verweise auf die Zeitschrift. Dagegen steigt sie ab 1984 rasant an. Neben der Darstellung der Publikation in verschiedenen Überblickswerken25 sind Anfang der 1980er Jahre die Aufsätze zur rechtsextremen
19
Vgl. Neumann, Nicolaus/Jochen Maes: Der geplante Putsch. Die Rechte in der BRD – Ihre Hintermänner und ihre Organisationen, Hamburg 1971. Däubler-Gmelin, Hertha/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979. Hirsch, Kurt (Hrsg.): Rechtsradikale Jugendorganisationen. Beiträge und Dokumentation (PDI-Sonderheft), München 1979. 20 Kurt Hirsch arbeitete lange verdeckt für das MfS in der Bundesrepublik Deutschland. 21 Vgl. Henkel, Rolf: Die „Wölfe im Schafspelz“ sind unterwegs. in: Donau Kurier (286) 11. Dezember 1970, 98. Jg., S. 8. 22 Ebd., S. 8. 23 Vgl. O.A.: „Aufstieg nach Maß“ für Rechtsradikale. „Quelle“, „Horten“ und „Polydor“ unterstützen „MUT“, in: Deutsche Volkszeitung (31) 31. Juli 1970, S. 6. 24 Vgl. O.A.: Nach 32 Jahren muß endlich einmal Schluß sein. Das meinte „MUT“-Chefredakteur Bernhard C. Wintzek am Donnerstag im „Neuen Hause“ in Soltau, in: Böhme-Zeitung/Soltauer Kreiszeitung (199) 27. August 1977, 113. Jg., S. 3. 25 Vgl. u.a. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 145-167. Klönne, Arno: „Linke Leute von rechts“ und „rechte Leute von links“ damals und heute. in: Blätter für deutsche und internationale Politik (1) 1983, 28. Jg., S. 115-122. Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980.
24
Jugendpresse von Dudek/Jaschke26 und Jaschke27 von Bedeutung. Die Arbeiten von Jaschke stellen die erste umfassende inhaltliche Beschäftigung mit dem Periodikum dar. Verbindungen zu anderen rechtsextremen Organisationen und Publikationen werden aufgezeigt, jedoch liegt erstmalig der Schwerpunkt auf der inhaltlichen Auseinandersetzung mit MUT und seinen Themen. Wenngleich die Literatur ab 1984 sprunghaft ansteigt, beschränkt sie sich dennoch größtenteils auf Sammelbände28 und Zeitungsartikel, die zudem überwiegend von dem extrem linken Spektrum zuzuordnenden Autoren verfasst werden und sich als wenig objektiv darstellen.29 Ein eigenständiges Kapitel mit Recherchen in MUT findet sich dagegen nur selten. Hervorzuheben sind hier die Arbeiten von Assheuer/ Sarkowicz30 und Jäger31. Jäger befasst sich als erster auf der Basis einer wissenschaftlichen Analyse mit einem MUT-Artikel. Zwischen 1991 und 2009 erscheint die Mehrzahl der MUT betreffenden Literatur. Dabei verfügen die meisten Autoren nicht über eigene Erkenntnisse aus der Zeitschrift, sondern zitieren ausschließlich aus der Sekundärliteratur, wodurch zum einen Fehler immer weiter verbreitet werden und zum anderen eine adäquate Einordnung und Beurteilung der Publikation nicht möglich ist.32 Über mehrere Jahre befassen sich im Speziellen Margret Feit und Franziska Hundseder mit MUT: Charakteristisch ist für beide die mangelnde Kenntnis aktueller 26
Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politische Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Referat „Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S. 69-108. 27 Vgl. Jaschke, Hans-Gerd: Revolte von rechts. Anatomie einer neuen Jugendpresse, Frankfurt a.M. 1981, S. 35-58. 28 Vgl. u.a. Hellfeld, Matthias von: Die Jugendbibliothek des Rechtsextremismus. in: Hellfeld, Matthias von (Hrsg.): Im Schatten der Krise. Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik, Köln 1986, S. 44-106. Gessenharter, Wolfgang: Die „Neue Rechte“ als Scharnier zwischen Neokonservatismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. in: Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M. W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989, S. 424-452. 29 Vgl. u.a. Feit, Margret: „MUT“ – Früher braun, jetzt schwarz? in: Marxistische Blätter (2) 1988, S. 28-32. Jaschke, Hans-Gerd: Wölfe im Schafspelz? Der europäische Rechtsradikalismus bemüht sich um ein intellektuelles Profil, in: Die ZEIT (3) 10. Januar 1986, S. 16. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil I). in: blick nach rechts (5) 27. Februar 1989, 6. Jg., S. 1-2. Hundeseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil II). in: blick nach rechts (6) 13. März 1989, 6. Jg., S. 2-3. 30 Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, München 1990, S. 49-71. 31 Vgl. Jäger, Siegfried: „Ich würde mich nicht schuldig fühlen …“. Mit MUT für Einigkeit und Recht und Freiheit für das ganze Vaterland, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 167-194. 32 Vgl. u.a. Hellfeld, Matthias von: Die Nation erwacht. Zur Trendwende der deutschen politischen Kultur, Köln 1993, S. 20-22. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995, S. 78-81.
25
Ausgaben und das Heranziehen von Sekundärliteratur über MUT. Sie publizieren vornehmlich in Zeitschriften des äußeren linken Spektrums.33 Ebenfalls über kein eigenes Wissen über die Publikation vor 1984 verfügen die meisten MUTAutoren, die sich in den Jahren 2008 und 2009, anlässlich verschiedener Jubiläen, mit der Zeitschrift auseinandersetzen.34 Als Grundlage dienten ihnen dabei die Aussagen des Herausgebers, der sich in einem kurzen Artikel im April 1992 zur Geschichte von MUT geäußert hat.35 Von wissenschaftlicher Bedeutung sind lediglich zwei Magisterarbeiten36, die sowohl die Zeitschrift als Quelle heranzogen als sich auch an wissenschaftlichen Standards orientierten. Kritisch ist aber die zeitliche Begrenzung von Klinker auf den Zeitraum von 1989 bis 1992 sowie die nicht nachvollziehbare Auswahl der untersuchten Autoren und Artikel zu sehen. Dagegen ist die dritte Magisterarbeit von Hendrik Hadlich37 aufgrund ihrer fehlenden Methodik (insbesondere bei der Auswahl und Analyse der Beiträge) und Voreingenommenheit von keiner Relevanz für die Forschung. Die mit Abstand fragwürdigste Darstellung von MUT verfasst der Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya38, der ursprünglich in seiner Untersuchung die Verwicklungen des MUT-Verlages bei Angriffen auf Flüchtlingsheime untersuchen wollte. Da er für diese Behauptung keine Beweise finden konnte, geht er der These nach: Die dem demokratischen Spektrum zugeordneten Autoren werden über die offen rechtsextremistische Vergangenheit der Zeitschrift von Wintzek im Unklaren gelassen. Nachdem deutlich wird, dass dieses auf die Mehrzahl der Autoren nicht zutrifft, müssen sie in Teilen ebenfalls 33
Vgl. u.a. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil I). in: blick nach rechts (5) 27. Februar 1989, 6. Jg., S. 1-2. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil II). in: blick nach rechts (6) 13. März 1989, 6. Jg., S. 2-3. Hundseder, Franziska: Stichwort Rechtsextremismus. München 1993. Hundseder, Franziska: Rechte machen Kasse. Gelder und Finanziers der braunen Szene, München 1995. Feit, Margret: „MUT“ – Früher braun, jetzt schwarz? in: Marxistische Blätter (2) 1988, S. 2832. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie – Strategie, Frankfurt a.M. 1987. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der BRD. in: Kirfel, Martina/Walter Oswalt (Hrsg.): Die Rückkehr der Führer. Modernisierter Rechtsradikalismus in Westeuropa, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wien 1991, S. 31-42. 34 Vgl. u.a. Weigand, Jörg: Gegen Meinungsterror und Zensur. in: MUT (500) April 2009, S. 177179. Zänker, Alfred: Sieg des liberalen Vernunftdenkens. Bernhard Christian Wintzek und das Phänomen MUT, in: MUT (492) August 2008, S. 16-33. 35 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Maß und Mitte. in: MUT (296) April 1992, S. 27-28. 36 Vgl. Hunfeld, Frauke Katrin: Rechtsaußen oder Rechtsdraußen? Die Zeitschrift MUT, Münster 1991. [unveröffentlichte Magisterarbeit] Klinker, Guido: Die Zeitschrift MUT: Ein Periodikum der „Mitte“? Eine Analyse der Jahrgänge des Umbruchs 1989-1992, Marburg 1995. 37 Vgl. Hadlich, Hendrik: Moderner Antisemitismus am Beispiel der Zeitschrift „MUT“. Chemnitz 2006. [unveröffentlichte Magisterarbeit] 38 Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1998.
26
rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Interessant ist die Publikation lediglich unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Verurteilung von MUT – ohne Kenntnisse des Inhaltes – in den 1990er Jahren. Die Grundlage der Inhaltsanalyse bildet die Zeitschrift MUT in dem Zeitraum von Oktober 1965 bis April 200939, welche der Autorin komplett sowie in guter Qualität vorlagen und für die Arbeit herangezogen werden konnten. Zusätzlich beinhalteten die Hefte Flyer, Werbebeilagen oder andere Publikationsbeilagen (z.B. Der Stahlhelm). An dieser Stelle ist anzunehmen, dass die Zugaben nicht mehr vollständig waren. Die Quellen, die in dieser Arbeit zusätzlich Verwendung fanden, stammen aus der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) und waren auf der Basis der Einwilligungserklärung von Bernhard C. Wintzek gut zugänglich. Die Akten, sowohl zum MUT-Verlag als auch zu Wintzek sind vollständig vorhanden und konnten in Gänze eingesehen werden. Sie umfassen einen Zeitraum von zehn Jahren, von 1976 bis 1986, und beinhalten neben dem Eröffnungs40- und Abschlussbericht41, verschiedene Sachstandsberichte42, operative Hinweise43, die strafrechtliche Einschätzung von Wintzek44 sowie einen Maßnahmenplan45. Da sich die Erkenntnisse des MfS ausschließlich auf die Zeitschrift, Flyer, Verfassungsschutzberichte und Veröffentlichungen über MUT stützen, beinhalten die BStU-Akten kaum neue, relevante Informationen für die Arbeit. Anders sieht dieses bei der politischen Einschätzung durch das MfS aus, die von der Sekundärliteratur erheblich abweicht.46 In diesem Zusammenhang sind die Akten der MfS-Kontaktperson Römer47 (Karl-Peter Weinmann) von Bedeutung, in dessen Berichten an die Staatssicherheit die Verbitterung des rechtsextremen Lagers über den Gesinnungswandel Wintzeks zur Sprache kommt. Die enge Verflechtung zwischen MUT und anderen rechtsextremistischen Organisationen geht gut aus dem Bericht des MfS ‚Operativ-bedeutsame rechtsextremistische und neonazistische Organisationen, Vereinigungen und Gruppierungen in der BRD und Berlin (West)‘ hervor.48 Dieser schlüsselt zu den 39
Vgl. MUT (1) Oktober 1965 – MUT (500) April 2009. Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 16540. 41 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 17981/2. 42 Vgl. u.a. BStU MfS-HA XXII Nr. 529/4. 43 Vgl. u.a. BStU MfS-Sekr. Neiber Nr. 1030. BStU MfS-HA XXII Nr. 1323/9. 44 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 16540. 45 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 1609/9. 46 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 17981/2. 47 Vgl. u.a. BStU MfS-HA XXII AP. BStU MfS-HA XXII Nr. 18404. BStU MfS-HA XXII Nr. 5569/13. 48 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 1006/2. 40
27
enthaltenen Organisationen jeweils deren Struktur, Personal, Ziele, Verbindungen und Publikationen auf und belegt speziell unter der Rubrik Personal die vielfältigen Verbindungen von MUT-Autoren zu anderen rechtsextremistischen Vereinigungen. Unter Hinzunahme einer Vielzahl kleinerer Beiträge49 sowie der Verfassungsschutzberichte von 1969/70 bis 1983, deren Erkenntnisgewinn eher gering ist, ist eine umfassende Basis für die Darstellung der Entwicklung von MUT gelegt. Eine wissenschaftliche Analyse der Zeitschrift, die deren gesamten Publikationszeitraum betrachtet, stand – wie bereits erwähnt – bisher aus. Diesem Desiderat Abhilfe zu schaffen, dient die Arbeit.
1.3 Aufbau Der Einleitung schließen sich Ausführungen zum theoretischen Rahmen der Untersuchung an (Kapitel 2). Es folgt die Vita des Herausgebers Bernhard C. Wintzeks (Kapitel 3). Den Hauptteil der Arbeit bilden die Kapitel 4 bis 7: Sie analysieren – in vier chronologischen Phasen – die Zeitschrift, geben einen Überblick über die publizistische und politische Entwicklung von MUT sowie den untersuchten Autoren und ihrer Artikel. Die Rezeption von MUT in anderen Publikationsmedien findet sich am Schluss einer jeden Periode. Die Ergebnisse sind am Ende der Abschnitte in einem Zwischenfazit präsentiert. Kapitel 8 fasst
49 Von Relevanz sind vor allem: Hellfeld, Matthias von: Die Jugendbibliothek des Rechtsextremismus. in: Hellfeld, Matthias von (Hrsg.): Im Schatten der Krise. Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik, Köln 1986, S. 72f. Jäger, Siegfried: „Ich würde mich nicht schuldig fühlen …“. Mit MUT für Einigkeit und Recht und Freiheit für das ganze Vaterland, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 167194. Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, München 1990. Klaus, Thomas: „MUT“ im Wandel? Wintzek läßt Fall “Kaltenbrunner“ unaufgeklärt, in: Der Rechte Rand. Informationen von und für Antifaschisten (23) Juni/Juli 1993, S. 8-9. Klemm, Rudi: Dreißig Jahre „MUT“ in Asendorf. Über die Weißwäsche eines rechtsextremen Magazins, in: Der Rechte Rand (38) Januar/Februar 1996, S. 17-18. Hütz, Friedel: Im neuen Gewand. in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt (33) 13. August 1993, S. 25. Hütz, Friedel: Mit Kohls Sympathie. Magazin „MUT“ verklammert Bürgerliche und Rechtsradikale, in: die tageszeitung, 20. November 1993, S. 33. Lange, Astrid: Was die Rechten lesen. Fünfzig rechtsextreme Zeitschriften, München 1993, S. 112-113. Pfahl-Traughber, Armin: Brücke zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus. Zur Erosion der Abgrenzung auf publizistischer Ebene in den achtziger und neunziger Jahren, in: Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 160-182. Pfahl-Traughber, Armin: Brücken nach rechts. Zum Wandel der Zeitschrift MUT, in: blick nach rechts (25/26) 14. Dezember 1993, 10. Jg., S. 2.
28
die Erkenntnisse der Arbeit zusammen und beantwortet die Leit- sowie die Unterfragen. Einführend wird zunächst der theoretische Rahmen der Untersuchung (Kapitel 2) dargelegt, der methodologisch auf einer qualitativen Inhaltsanalyse aufbaut (Kapitel 2.1). Das Kapitel 2.2 befasst sich mit der Klärung und Entwicklung der Begriffe Extremismus, Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus sowie Brückenspektrum bzw. Scharnierfunktion, über die in der wissenschaftlichen Literatur keineswegs Einhelligkeit herrscht. Die Analysekriterien zur Einordnung der politischen Ausrichtung von MUT finden eine ausführliche Darstellung in Kapitel 2.3. Bei der Erarbeitung der Kriterien zeigte sich: Ein überzeugendes theoretisches Konzept für die Untersuchung rechtsextremistischer und demokratischer Publikationsorgane existiert bisher nicht. Deshalb wurde im Bereich des Rechtsextremismus überwiegend auf die Arbeiten von Rolf Bachem zur Analyse rechtsradikaler Sprechmuster zurückgegriffen. Dem Wertewandel in der Bundesrepublik der 1960er und 1970er Jahre geht der Abschnitt 2.4 nach, da er u.a. als Auslöser für die Gründung der Zeitschrift gilt, als stetiger Widerpart zu den in MUT vertretenen Inhalten steht und in Teilen auch erklärt, warum sich Jugendliche rechtsextremistischen Gruppen zuwenden. Kapitel 3 beleuchtet ausführlich die Vita des Herausgebers, da Bernhard C. Wintzek nicht nur Mitbegründer der Zeitschrift war, sondern auch seit 1965 Herausgeber, Chefredakteur und Inhaber des MUT-Verlages ist und damit die maßgebliche Einflussgröße der Publikation darstellt. Zudem ist die Entwicklung von MUT eng mit dem politischen Leben Wintzeks verknüpft. Der chronologische Aufbau des Hauptteils der Arbeit dient der detaillierten Analyse der politischen Ausrichtung der Zeitschrift (Kapitel 4 bis 7). Grundlage der Untersuchung ist die Aufteilung der Zeitschrift in vier Entwicklungsphasen: 1965 bis 1979 (Kapitel 4), 1980 bis 1983 (Kapitel 5), 1984 bis 1990 (Kapitel 6) und 1991 bis 2009 (Kapitel 7). Jede Periode betrachtet die allgemeine und formale Entwicklung von MUT, um die Zeitschrift nicht nur auf der Basis des Analyserasters darstellen zu können, sondern sie daneben in einem Gesamtkontext zu präsentieren (Kapitel 4.1, 5.1, 6.1, 7,1). Dem schließt sich in den Kapiteln 4.2, 5.2, 6.2 und 7.2 die Vorstellung der zehn untersuchten Autoren50 an sowie die inhaltliche Beschreibung ihrer Artikel. Das dritte Unterkapitel widmet sich der konkreten Analyse der vorgestellten Beiträge auf der Basis, der in Kapitel 2.2 entwickelten Kriterien. Nach dem eigentlichen Hauptteil der Arbeit, der Analyse, gehen die Kapitel 4.4, 5.4, 6.4 und 7.5 auf die Rezeption von MUT in anderen 50
Bei der Auswahl der Artikel war angesichts des Umfanges des Untersuchungszeitraumes zwangsläufig eine Beschränkung des Analysematerials notwendig. Daher wurden die zehn Autoren ausgewählt, die in der jeweiligen Phase die meisten Beiträge publizierten. Eine konkrete Erläuterung zu den Analyseeinheiten findet sich in Kapitel 2.1.
29
Veröffentlichungen ein. Neben dem Inhalt der Publikationen ist ihr Umfang und die Zahl der Publikationen von Belang, die sich insbesondere in der vierten Phase exorbitant steigert und für die Wahrnehmung der Zeitschrift interessant erscheint. Dabei liegt das Augenmerk auf der Beurteilung der politischen Ausrichtung des Untersuchungsobjektes. Das Zwischenfazit am Ende der Phasen dient der Rekapitulation der gewonnenen Ergebnisse (Kapitel 4.5, 5.5, 6.5, 7.6). Das Kapitel 7.4 beschäftigt sich einmalig mit der Selbstwahrnehmung von MUT, da sich ausschließlich in der vierten Untersuchungsphase MUT-Autoren mit der Zeitschrift auseinandersetzen. Die Schlussbetrachtung (8.1) fasst die Erkenntnisse der Arbeit zusammen und beantwortet die in der Einleitung entworfenen Untersuchungsfragen. Abschließend gibt Kapitel 8.2 einen kurzen Ausblick, wie sich MUT nach Beendigung der Analyse und bis zur Veröffentlichung dieser Arbeit (Mai 2009 – März 2011) weiter entwickelte.
30
2
Theoretischer Rahmen
2.1 Methodik Die Untersuchung der Zeitschrift erfolgt auf der Grundlage einer qualitativen Inhaltsanalyse. Die Formulierung des Begriffs der ‚content analysis‘ durch den Sozialpsychologen Douglas Waples geht bereits auf das Jahr 1940 zurück.51 Auf der Chicago-Konferenz von 1941 etabliert sich die Inhaltsanalyse – neben der Befragung und Beobachtung – als ein drittes eigenständiges Erhebungsinstrument in den Sozialwissenschaften.52 Das erste systematische Lehrbuch zur Inhaltsanalyse definiert sie wie folgt: „Content analysis is a research technique for the objective, systematic, and quantitative description of the manifest content of communication.“53 Bereits diese klassische Definition von Berelson enthält die grundlegende Kontroverse, die zwischen Berelson54 und Kracauer55 1952 begann und bis heute anhält, wenn auch in abgeschwächter Form: Quantität versus Qualität. Ebenso zeigt die rein deskriptive Anwendung der Inhaltsanalyse – von Berelson bereits nicht durchgehend verfolgt– dieser Definition ihre Grenzen auf.56 Deshalb orientiert sich diese Untersuchung an der nachfolgenden Definition: „Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen.“57 Kernstück einer heutigen Inhaltsanalyse ist das theoriegeleitete Vorgehen, d.h. die Analyse des zu untersuchenden Materials auf der Grundlage von im Vorfeld festgelegten Fragestellungen bzw. Hypothesen durch51
Vgl. Waples, Douglas/Bernard Berelson/Franklin R. Bradshaw: What Reading does to People. Chicago 1940. Vgl. Merten, Klaus/Brit Großmann: Möglichkeiten und Grenzen der Inhaltsanalyse. in: Rundfunk und Fernsehen (1) 1996, S. 70. 53 Berelson, Bernard: Content Analysis in Communication Research. New York 1952, S. 18. 54 Vgl. Ebd. 55 Vgl. Kracauer, Siegfried: The Challenge of Qualitative Content Analysis. in: Public Opinion Quarterly (16) 1952, S. 631-642. 56 Vgl. Merten, Klaus/Brit Großmann: Möglichkeiten und Grenzen der Inhaltsanalyse. in: Rundfunk und Fernsehen (1) 1996, S. 73f. 57 Früh, Werner: Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis, unveränderter Nachdruck der 5. Auflage von 2001, Konstanz 2004, S. 25. 52
31 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
zuführen. Dementsprechend sollen die Ergebnisse vor diesem theoretischen Hintergrund interpretiert werden.58 Hauptvorteile der Inhaltsanalyse, die für die Anwendung in der Arbeit von Bedeutung sind, beziehen sich erstens auf den Vergangenheitsbezug und zweitens auf den sozialen Wandel. Sie bietet die Möglichkeit der Untersuchung von in der Vergangenheit produziertem Material. Das heißt „Inhaltsanalysen eignen sich besonders gut zur Erforschung sozialer und kultureller Werte und des Wandels von Werten in langfristigen Zeitverlauf“59. Unter dem Stichwort sozialer Wandel ist die Möglichkeit zu verstehen, soziale Veränderungen sowie den Wechsel sozialer Werte mit Hilfe der Inhaltsanalyse zu untersuchen.60 Die Inhaltsanalyse muss sich – gleich welche Methode angewandt wird – an drei Punkten orientieren: der Systematik, der Objektivität sowie der quantifizierbaren Verfahrensweise.61 Sie sollte jedoch nicht, wie Berelson fordert, nur an den ersichtlichen Inhalten des Untersuchungsobjektes festhalten, sondern darüber hinaus „die zu analysierenden Zeitschrifteninhalte als Manifestationen von Sinnzusammenhängen [begreifen], die sich in Text und Bild – nicht zuletzt vermittelt durch soziologisch und sozialpsychologisch zu interpretierende Trends – konkretisieren“.62 Bei der Durchführung einer Zeitschriftenanalyse, die deren kompletten redaktionellen Inhalt zum Thema hat, stößt die Verfasserin zunächst auf ein simples Problem, das Hans Magnus Enzensberger bei seiner Untersuchung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung wie folgt beschreibt: „Die Stoffmengen sind so groß, daß sie durch ihre Quantität bereits verschleiern, worauf es ankommt. Der Betrachter sieht sich einer konturlosen und diffusen Wolke an Informationen gegenüber, deren innere Struktur nicht leicht auszumachen ist.“63 Um diesem Problem entgegenzutreten, orientiert sich die folgende Untersuchung nicht an der für Massenmedien üblichen Themenanalyse, sondern an einer Autorenanalyse, die den Vorteil bietet, die Zeitschrift in ihrer Gesamtheit von 44 Jahren repräsentativ darzustellen. Die Themenanalyse erwies sich dahingehend problematisch, die thematischen Untersuchungskategorien wechselseitig exklusiv anzulegen, welches zu hundert Prozent nicht zu erreichen gewesen wäre. Zudem würde der Umfang der Zeitschrift – von 500 Heften – eine Beschränkung der Arbeit auf 58
Vgl. Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, 8. Auflage, Weinheim 2003, S. 23. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 18., vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbek b. Hamburg 2007, S. 584. 60 Vgl. Ebd., S. 586. 61 Vgl. Holzer, Horst: Illustrierte und Gesellschaft. Zum politischen Gehalt von „Quick“, „Revue“ und „Stern“, Freiburg i. Brsg. 1967, S. 82. 62 Ebd. 63 Enzensberger, Hans Magnus: Einzelheiten I. Frankfurt a.M. 1964, S. 23. 59
32
drei bis vier Themen erfordern, welches wiederum der Publikation nicht gerecht würde. Die Arbeit umfasst 500 Hefte in dem Zeitraum von 1965 bis April 2009.64 Maßgebend für die Wahl dieser Analyseobjekte stellte das Anliegen dar, die Zeitschrift als Gesamtheit abzubilden und sich nicht, auf einzelne temporäre Entwicklungen zu beschränken. Aufgrund der enormen Fülle der zu untersuchenden Hefte erwies es sich als zielführend, MUT in vier Entwicklungsphasen zu unterteilen: 1965 – 1979, 1980 – 1983, 1984 – 1990 und 1991 – 2009. Die Periodisierung ergab sich aus der politischen Genese der Zeitschrift und wurde nicht von außen an diese herangetragen. Der Zeitraum von 1965 bis 1979 ist am Besten mit den Begriffen der Formierung und Konsolidierung beschrieben: 1965 gründete eine Gruppe journalistischer Laien die Zeitschrift MUT; in den folgenden fünf Jahren festigte sich das politische und journalistische Profil; der anfänglich überschaubare Autorenstamm erweiterte und konsolidierte sich bis 1979. Von 1971 bis 1979 erreichte MUT ihren Höhepunkt, von ihrer politischen Bedeutung wie vom Verbreitungsgrad und der Auflagenhöhe. In späteren Jahren gelang es dem Verlag nicht mehr, an jene Auflage anzuknüpfen. Das entscheidende Ereignis dieser Phase lag im Januar-Heft 1979 und der darauf folgenden Indizierung, welche sich bis in die zweite Hälfte des Jahres 1979 hineinzog. Im Gegensatz zu den anderen Phasen erfolgte die zeitliche Einteilung der zweiten Phase (1980 – 1983) auf der Grundlage eines Zitates des Herausgebers: „Die Indizierung jedenfalls wurde für die Zeitschrift und mich zum tiefsten Einschnitt. Sie veränderte mich nach und nach und zugleich von Jahr zu Jahr so ziemlich alles bei MUT.“65 Im Hinblick auf diese Äußerung stellte sich im zweiten Abschnitt die Frage, wie sich diese Modifikationen innerhalb der Zeitschrift bis zur Streichung von MUT aus dem Bundesverfassungsschutzbericht 1984 manifestierten. Die Einteilung der dritten Phase verlief auf der Basis von zwei Ereignissen, die die Eckdaten bilden: Zum einen wurde die Publikation seit 1984 von staatlicher Seite nicht mehr dem extremistischen Spektrum zugeordnet und zum anderen erfüllte sich mit der deutschen Einheit 1989/1990 eines der zentralen Anliegen von MUT, welches bereits 1965 formuliert und beibehalten wurde. Mit der anschließenden vierten Phase fanden die letzten 18 Jahre bis April 2009 des Periodikums Eingang in die Arbeit. Der am 3. Oktober 1990 in Kraft getretene 64
Eine Übersicht über die analysierten Autoren und ihrer Beiträge findet sich in Tabelle 12. Der Herausgeber stellte der Autorin alle Hefte (Oktober 1965 bis April 2009) bereitwillig zur Verfügung: Die Jahrgänge bis 1984 konnte die Verfasserin kopieren, während die Ausgaben ab 1984 ihr vom Verlag zugesandt wurden. Bei einigen Autoren der ersten und zweiten Phase konnte die Verfasserin keine biographischen Angaben ausfindig machen. Nachfragen bei Wintzek deswegen blieben erfolglos. 65 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3.
33
Einigungsvertrag beendet offiziell die deutsche Teilung und hat für die vierte Phase von MUT die Konsequenz: Wegfall des Hauptziels ‚deutsche Einheit‘ und damit verbunden der Wegfall der antikommunistischen Stoßrichtung, eines der wesentlichen Themen der Autoren, womit für die Zeitschrift eine neue Etappe begann. Ausgehend von dieser Periodisierung erfolgte auf der Grundlage der noch zu erläuternden Kriterien die Analyse der Zeitschrift. Hierbei wählte die Verfasserin als Untersuchungseinheiten diejenigen zehn Autoren, die in jeder der vier Phasen die meisten Artikel publiziert haben.66 Anhand dieser Auswahl ist eine ausreichende Repräsentativität gewährleistet. Berücksichtigung fanden alle Artikel unabhängig vom Umfang. Interviews und Autoren mit einem Interviewanteil von über 60 Prozent ihrer publizierten Beiträge erlangten keinen Eingang in die Analyse. Dahingehend ist mit einem Wegfall einiger der Autoren zu rechnen. Jedoch wurden die Interviews der Vollständigkeit halber in der Übersicht der veröffentlichten Beiträge der einzelnen Autoren aufgenommen und bei der jeweiligen Darstellung kurz zusammengefasst. Problematisch für die Arbeit war die hohe Anzahl von Artikeln ohne Angaben von Verfassern oder die nur mit Abkürzungen67 versehenen Beiträge. Da nicht feststellbar war, welchen Autoren welches Kürzel gehörte, wurden Abkürzungen als eigenständige Autorenangaben gezählt.68 Dass eventuell ein Kürzel identisch mit einem Verfasser war und hierbei eine Verzerrung der zehn am häufigsten in MUT publizierenden Autoren stattfand, musste die Verfasserin dabei hinnehmen. Unter Umständen wäre dadurch ein Autor mit den Artikeln, welche lediglich mit Kürzel erschienen, in die Liste der untersuchten zehn Autoren gekommen. Eine Ausnahme stellen die Kürzel ‚BCW‘ oder ‚bcw‘ und ‚G.O.‘ dar, welche für Bernhard C. Wintzek und Gerhard Opitz stehen. Bei gleicher Artikelanzahl wurden jene Artikel mit vollständiger Verfasserangabe gegenüber denjenigen mit Kürzeln bevorzugt. Da sich die Problematik lediglich auf die erste Phase beschränkt, hielt die Verfasserin diese Regelung für vertretbar. Keine Berücksichtigung fanden die Vorworte (‚Lieber Leser‘), Leserbriefe sowie Abdrucke aus anderen Zeitungen oder Zeitschriften sowie Artikel ohne Angaben des Autors. Einige Aspekte finden in der Untersuchung bewusst keinen Eingang: Die Analyse der Zeitschrift nach sprachwissenschaftlichen und linguistischen Zeichen ist nicht Gegenstand der Politikwissenschaft. Dennoch wird die Einordnung bestimmter linguistischer Textpassagen nicht ausgeschlossen.
66
Die Artikelauswahl wurde hierbei zweimal überprüft. Abkürzungen wurden sowohl als Anonymisierung als auch als Mittel des Platz sparens verwendet. 68 Nachfragen beim Herausgeber betreffend dieser Problematik waren ergebnislos. 67
34
Die im Impressum aufgeführten ‚ständigen Mitarbeiter‘69 (angegeben seit November 1971) betrachtet die Arbeit nur insofern, wie sie in das Auswahlraster fallen. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass sie sehr großen Schwankungen unterlegen sind. Teilweise wechseln sie monatlich und in der Regel sind sie bis 1997 einem jährlichen Wechsel unterworfen. Dabei kommt es nie zu einem kompletten Austausch, sondern zum Wegfall bzw. zur Aufnahme einzelner Autoren. Insbesondere die 1980er Jahre sind von einer außerordentlich hohen Fluktuation betroffen. Zum anderen bieten die zum Teil sehr wenigen Beiträge der ständigen Mitarbeiter keine Repräsentativität und würden das Ergebnis der Analyse verzerren. In der ersten Phase publizierten beispielsweise die ständigen Mitarbeiter Volker Reinhard nur zwei und Alfred E. Manke einen Artikel oder in der vierten Phase Prof. Herbert Krejci ebenfalls lediglich einen Beitrag. In der dritten Untersuchungsperiode findet sich sogar der verstorbene Hans Bahrs unter ihnen. Eine redaktionelle Funktion erfüllten die ständigen Mitarbeiter nicht. Für die erste Untersuchungsphase kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige ständige Mitarbeiter Artikel ohne Autorenangaben veröffentlichten. Eine hohe Übereinstimmung zwischen den in der Arbeit analysierten Autoren und den ständigen Mitarbeitern aus dem Impressum gibt es dagegen in der dritten und vierten Phase. Abweichungen sind hier u.a. auf die hohe Anzahl der geführten Interviews, z.B. bei Hermann und Rosemarie Bohle oder Felizitas Gräfin von Schönborn, zurückzuführen. Von Bedeutung sind die ständigen Mitarbeiter aber, weil sie mit ihrem Namen für die Zeitschrift stehen und damit auch für ihre politische Ausrichtung bürgen. Aus diesem Grund sind sie im Anhang mit ihrer Vita kurz aufgelistet. Die empirische Sozialforschung kennt drei Typen von Befragungen, die nach der Art der Kommunikation unterschieden werden: das persönliche ‚Faceto-Face-Interview', das telefonische Interview sowie die schriftliche Befragung (‚questionnaire‘).70 In dieser Untersuchung kommt lediglich die schriftliche postalische Befragung zum Einsatz. Jede einzelne der oben genannten Methoden besitzt Vor- und Nachteile,71 die dem Interviewer im Vorfeld bewusst sein müssen, um die bestmögliche Befragungsmethode für seine Arbeit herauszufiltern, 69
Eine vollständige Übersicht der ständigen Mitarbeiter findet sich in Tabelle 11; Kurzbiographien derselbigen sind in Anhang 2 aufgeführt. 70 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 18., vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbek b. Hamburg 2007. Klammer, Bernd: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung für Kommunikationswissenschaftler und Journalisten, Konstanz 2005. Laatz, Wilfried: Empirische Methoden. Ein Lehrbuch für Sozialwissenschaftler, Frankfurt a.M. 1993. Schnell, Rainer/Paul B. Hill/Elke Esser: Methoden der empirischen Sozialforschung. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1999. 71 Vgl. Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 18., vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbek b. Hamburg 2007, S. 434.
35
und um eine bessere Beurteilung über die Interviewten sowie die Ergebnisse der Befragung erreichen zu können. In diesem Fall traf der Befragte selbst die Wahl der Methodik. Ein ‚Face-to-Face-Interview‘ beziehungsweise die historische Methodik der ‚Oral history‘ konnte nicht angewandt werden, da sich der Herausgeber lediglich zu einer schriftlichen postalischen Befragung bereit erklärte. Diese ist insoweit problematisch, als der Interviewer nicht anwesend ist und dementsprechend auf Nachfragen verzichten muss. Hier wurden dem Herausgeber Rückfragen telefonisch beantwortet. Auch das Auffangen spontaner Äußerungen oder Empfindungen war nicht möglich. Für den Interviewten bildet die schriftliche Methode den Vorteil, sowohl über die Frage als auch die Antwort reflektieren zu können. Die offenen Fragen hatten den Vorteil, den Handlungsraum des Befragten wenig einzuschränken und einer normalen Gesprächssituation am nächsten zu kommen. Zudem ließen sich Einstellungen, Verhaltensweisen u.a. mit dieser Fragestellung bestmöglich erfassen. Da bei der Befragung Wintzeks die Antworten nicht mit denen anderer Interviewter verglichen werden, ist das Problem von mehrdimensionalen Antworten, die bei einer offenen Fragestellung auftreten, hier nicht evident.72 Zunächst befragte die Autorin Wintzek in einem ersten Fragebogen nach seinem privaten und beruflichen Werdegang. Wintzek äußerte sich hierzu auf knapp drei Seiten. Der zweite Fragebogen umfasste 57 offene Fragen, welche Wintzek über einen Zeitraum von drei Monaten (vom 17. September bis 21. Dezember 2007) sehr ausführlich auf 45 Seiten beantwortete. Eine Zeitbegrenzung gab die Interviewerin nicht vor. In einem dritten Fragebogen vom 20. November 2009 nahm er zu verschiedenen offenen Fragen Stellung, die er jedoch – im Vergleich zu den vorangegangenen Interviews – lediglich kurz und inhaltslos beantwortete.
2.2 Begriffsklärung Extremismus als Oberbegriff von Links- und Rechtsextremismus geht auf das lateinische Wort ‚extremus‘, der äußerste, zurück und meint damit die äußerste Abweichung von einem bestimmten Standpunkt.73 Dem liegt die Annahme zugrunde: Das politische Spektrum gruppiert sich entlang einer Achse, die von links über die Mitte bis nach rechts läuft. Die entsprechenden Extremismen be72 Vgl. Laatz, Wilfried: Empirische Methoden. Ein Lehrbuch für Sozialwissenschaftler, Frankfurt a.M. 1993, S. 119ff. 73 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Politischer Extremismus – was ist das überhaupt? Zur Definition von und Kritik an einem Begriff, in: Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Bundesamt für Verfassungsschutz. 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000, S.186.
36
finden sich demnach entweder links- oder rechtsaußen. Beide Varianten lehnen zwar den demokratischen Verfassungsstaat ab, negieren jedoch unterschiedliche Grundprinzipien. Eng mit der Definition des Extremismusbegriffes sind die Namen von Uwe Backes und Eckhard Jesse verbunden. Sie sprechen bei Extremismus und Demokratie von einem „antithetische[n] Begriffspaar“74 und definieren den politischen Extremismus wie folgt: „In diesem Sinne läßt sich politischer Extremismus als Absage an fundamentale Werte, Verfahrensregeln und Institutionen demokratischer Verfassungsstaaten bestimmen. Dazu zählen vor allem die Idee der Menschenrechte als ethische Basis, die daraus abzuleitenden Grund- und Freiheitsrechte, der aus ihnen entspringende Pluralismus von Interessen, Meinungen und Anschauungen sowie dessen Schutz und Entfaltung im Rahmen eines gewaltenkontrollierenden und -balancierenden Institutionengefüges. Politische Gesinnungen und Bestrebungen, die Bestandteile dieses Minimums im Kern negieren, können als ‚extremistisch’ gelten. Extremisten streben nach autokratischer Herrschaft. Gelangen sie an die Macht, etablieren sie Regimes autoritären oder gar totalitären Zuschnitts.“75
Voraussetzung dieser Extremismusdefinition ist die Begriffsbestimmung des demokratischen Verfassungsstaates und genau genommen wird hier nicht definiert was Extremismus ist, sondern was es gerade nicht ist. Backes/Jesse fassen dahingehend alle Ideen und Organisationen unter dem politischen Extremismus, die sich auf der Basis ihrer Ideologie gegen die Minimalbedingungen des demokratischen Verfassungsstaates76 richten. Diese Definition ex negativo, einem Abgrenzungsbegriff, ist umstritten, da bei einer inhaltsleeren Begriffsbestimmung der Eindruck entstehen könnte, Extremismus sei von der Existenz des demokratischen Verfassungsstaates abhängig.77 Um diesem Problem zu begegnen, entwickelte Backes zusätzlich eine Definition ex positivo, in den er die Strukturelemente aufschlüsselte, die allen politischen Extremismen gemein sind: offensive und defensive Absolutheitsansprüche, Dogmatismus, Utopismus und kategorischer Utopieverzicht, Freund-Feind-Stereotype, Verschwörungstheorien sowie Fanatismus und Aktivismus.78 „Extremisten beanspruchen für sich den 74
Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Vergleichende Extremismusforschung. Baden-Baden 2005, S. 57. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Extremismen im Vergleich – Entwicklung, Problemstellungen, Untersuchungsfelder, Perspektiven. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 16. Jg., Baden-Baden 2004, S. 20. 76 Zu den Minimalbedingungen des demokratischen Verfassungsstaates zählen: Pluralismus, Minderheitenschutz, parlamentarisches Repräsentationsprinzip, Konkurrenzdemokratie, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, verfassungsrechtliche Verankerung der Menschen- und Bürgerrechte. 77 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Politischer Extremismus – was ist das überhaupt? Zur Definition von und Kritik an einem Begriff, in: Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Bundesamt für Verfassungsschutz. 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000, S. 187f. 78 Vgl. Backes, Uwe: Politischer Extremismus in demokratischen Verfassungsstaaten. Elemente einer normativen Rahmentheorie, Opladen 1989, S. 298-311. 75
37
Alleinvertretungsanspruch als politische Kraft, reklamieren für ihre Doktrin die einzige politisch-historische Wahrheit, woraus sich Intoleranz und Feindschaft gegenüber Andersdenkenden ergeben, welche mit allen erdenklichen Mitteln und fanatischer Entschlossenheit zur Durchsetzung der eigenen Vorstellungen bekämpft werden.“79 Jesse schlüsselt darüber hinaus den Extremismusbegriff in vier idealtypische Varianten auf: 1) gut organisierter Extremismus, der Gewalt gebraucht; 2) schwach organisierter Extremismus, der Gewalttaten begeht; 3) fest organisierter Extremismus, der Gewalt aus dem Weg geht und 4) der lose organisierte Extremismus, der Gewalt entsagt.80 Bei dieser Extremismusdefinition handelt es sich keineswegs um eine Gleichsetzung der unterschiedlichen politischen Doktrinen, sondern lediglich um „Gemeinsamkeiten hinsichtlich bestimmter Strukturmerkmale und des damit verbundenen Gegensatzes zum demokratischen Verfassungsstaat“81. Im Gegensatz zu Backes/Jesse empfiehlt beispielsweise Geoffrey K. Roberts die Parteien, die normalerweise unter den Begriff Extremismus fallen, in drei Kategorien zu differenzieren, da nach seiner Auffassung Parteien oder Programme durchaus mehr oder weniger extrem sein dürfen. Jedoch bedeutet dies nicht, dass sie verfassungsfeindlich sind. Er unterscheidet zwischen kriminellen, verfassungsfeindlichen und radikalen Parteien. „Kriminelle Parteien wenden antidemokratische Methoden (wie Gewalt) an, verfassungsfeindliche propagieren antidemokratische Ziele. Radikale Parteien hingegen bewegen sich noch im Bereich des demokratisch Zulässigen.“82 Die Verfassungsschutzbehörden berufen sich, auf der Basis des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerSchG) von 1990, ebenfalls auf eine Definition ex negativo. Gemäß dem BVerSchG sind sowohl der Bundesverfassungsschutz als auch die Landesbehörden beauftragt zur „Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über (1) Bestrebungen, die gegen die freiheitlichedemokratische Grundordnung“83 gerichtet sind. Bei der Begriffsbestimmung der 79 Thieme, Tom: Jenseits politischer Richtungsbegriffe? Extremismus zwischen Fundamentalismus, Rechts- und Linksextremismus, in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 17. Jg., Baden-Baden 2005, S. 55. 80 Vgl. Jesse, Eckhard: Die unterschiedliche Wahrnehmung von Rechts- und Linksextremismus. in: Politische Studien (1) 2007, S. 8f. 81 Pfahl-Traughber, Armin: Rechtsextremismus. Eine kritische Bestandsaufnahme nach der Wiedervereinigung, Bonn 1993, S. 16. 82 Roberts, Geoffrey K.: Rechts- und Linksextremismus in der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung. Verschiebt sich das Parteiensystem nach rechts, in: Jesse, Eckhard (Hrsg.): Politischer Extremismus in Deutschland und Europa. München 1993, S. 98. 83 BVerSchG vom 20. Dezember 1990. in: Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2008. Berlin 2009, S. 358.
38
freiheitlich-demokratischen Grundordnung lehnt sich das BVerSchG inhaltlich an die Kriterien des Bundesverfassungsgerichtes an, welche im Rahmen des SRP-Verbotes 1952 aufgestellt wurden. Dieses bildet die Grundlage für Gerichte und Verfassungsschutzbehörden, politische Bestrebungen als extremistisch einzustufen; eine Ablehnung der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung muss demnach nachweisbar sein und einen entsprechenden Bestrebungscharakter (BVerSchG §4 Abs. 1) gegen die FDGO aufzeigen.84 Unter BVerSchG §4 Abs. 2 heißt es: „Zur freiheitlichen-demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen. b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht. c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition. d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihrer Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung. e) die Unabhängigkeit der Gerichte. f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte.“85 Die Verfassungsschutzbehörden sprechen erst dann von politischem Extremismus, wenn sowohl die feindliche Haltung gegenüber der FDGO als auch der Bestrebungscharakter nachweisbar sind. Innerhalb der Politik- und Sozialwissenschaften sieht sich die Extremismustheorie vielfachen Kritikpunkten ausgesetzt. Einer der häufigsten Vorwürfe ist die Gleichstellung unterschiedlicher politischer Doktrinen. „Tatächlich will die Extremismustheorie keine unzweifelhaft vorhandenen ideologischen Differenzen von Extremisten unterschiedlicher Couleur einebnen. Es geht vielmehr um einen strukturellen Vergleich von Gegnern des demokratischen Verfassungsstaates.“86 Der Parteienforscher Richard Stöss schlägt zudem vor, Parteien nicht nach rechts- und linksextremistisch zu unterscheiden, sondern nach antidemokratisch und antikapitalistisch.87 Beide Kriterien befinden sich jedoch auf unterschiedli-
84
Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Politischer Extremismus – was ist das überhaupt? Zur Definition von und Kritik an einem Begriff, in: Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Bundesamt für Verfassungsschutz. 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000, S. 190. 85 BVerSchG vom 20. Dezember 1990. in: Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2008. Berlin 2009, S. 360. 86 Peters, Tim: Der Antifaschismus der PDS aus antiextremistischer Sicht. Wiesbaden 2006, S. 40. 87 Vgl. Stöss, Richard: Struktur und Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik. Eine Theorie, in: Stöss, Richard (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Bd. 1, Opladen 1983, S. 17-309.
39
chen analytischen Ebenen und müssen sich in der Praxis keineswegs ausschließen.88 Rechtsextremismus fungiert grob als eine Sammelbezeichnung für demokratiefeindliche Vorstellungen, deren Ideologie politisch rechts einzuordnen ist. Zu den Ideologieelementen zählt Pfahl-Traughber etwa: Nationalismus, Autoritarismus, Antipluralismus sowie die Ideologie der Ungleichheit.89 Die Verfassungsschutzbehörden verwendeten 1974 erstmalig den Begriff Rechtsextremismus anstelle von Rechtsradikalismus vor dem Hintergrund der streitbaren oder wehrhaften Demokratie, die sich gegen ihre Feinde, seien sie von links oder von rechts, zur Wehr setzen müsse. Für die Arbeit soll im Folgenden ein normatives Begriffsverständnis wie es von Backes/Jesse vertreten wird, grundlegend sein. Für Backes/Jesse ist der Rechtsextremismus „eine antiindividualistische, das demokratische Grundaxiom menschlicher Fundamentalgleichheit negierende Abwehrbewegung gegen die liberalen und demokratischen Kräfte und ihr Entwicklungsprodukt, den demokratischen Verfassungsstaat. An die Stelle eines auf das Prinzip gleicher politischer Rechte aller Mitglieder gegründeten Gemeinwesens soll eine politische Ordnung treten, in der auf die Herkunft, Leistung, nationaler, ethnischer oder rassischer Zugehörigkeit basierende fundamentale Ungleichheit der Menschen institutionalisiert ist.“90 Grundsätzlich sind zwei Strömungen im rechtsextremistischen Spektrum feststellbar: rassistische und nationalistische Gruppierungen. Während rassistische Gruppen die Volksgemeinschaft in das Zentrum ihrer Ideologie stellen, ist es bei den Nationalisten die Nation. Beiden ist das Ziel der ethnisch homogenen Gemeinschaft gemein, welches politische Gewalttaten gegen ethnische Minderheiten mit einschließt.91 Der europäische Rechtsextremismus ist jedoch keineswegs eine einheitliche ideologische Gemeinschaft; vielmehr beruft er sich auf verschiedene politische Traditionen. Eine Reduzierung auf den deutschen Nationalsozialismus wäre zu kurz gegriffen. Rechtsextremistische Gruppen beziehen sich ebenso auf frühere diktatorische Systeme (z.B. Franco-Diktatur, Mussolini-Regime) sowie antidemokratische geistige Bewegungen (z.B. die Konservative Revolution).92 Hinzu kommt ein
88
Vgl. u.a. Lang, Jürgen P.: Die Extremismustheorie zwischen Normativität und Empirie. in: http://www. extremismus.com/texte/extrem/htm. (27.10.2006) Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Rechtsextremismus. Eine kritische Bestandsaufnahme nach der Wiedervereinigung, Bonn 1993, S. 19ff. 90 Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Bonn 1989, S. 43. 91 Vgl. Kailitz, Steffen: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Wiesbaden 2004, S. 23. 92 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Volkes Stimme? Rechtspopulismus in Europa, Bonn 1994, S. 15f. 89
40
moderner „nicht-nationalsozialistischer Rechtsextremismus“93, der sich konkret gegen den demokratischen Verfassungsstaat richtet. In der wissenschaftlichen Diskussion sowie in der öffentlichen Wahrnehmung hat sich der Terminus Rechtsradikalismus zu einer vagen Umschreibung für alle politischen Tendenzen rechts des Konservatismus entwickelt. Bei Jaschke heißt es: „Rechtsradikalismus kann man gewiß als Sammelbegriff für all jene Bestrebungen verwenden, die mit nationalistischen, ethnozentristischen Denkmustern die politische und soziale Demokratie einschränken wollen. Er gilt als eine abgeschwächte, zugleich breiter angelegte Version des Begriffs ‚Rechtsextremismus’.“94 Wie Jaschke streicht auch Gessenharter den „geringeren Grad[en] der Forderungs- und Durchsetzungsschärfe“95 im Vergleich zum Rechtsextremismus heraus. „Während ‚Extremismus’ immer schon auf die Lokalisierung außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung verweise, stehe ‚Rechtsradikalismus’ noch innerhalb dieser Ordnung.“96 Dieser Art der begrifflichen Trennung sehen beispielsweise Butterwegge und Pfahl-Traughber eher kritisch. PfahlTraughber weist auf die Wortbedeutung von Radikalismus hin, unter die ein Verhalten verstanden wird, welches an die Wurzel geht. Der Rechtsradikalismus arbeitet sich jedoch nicht zu den Wurzeln gesellschaftlicher Probleme vor, sondern bemüht sich diese in Freund-Feind-Stereotypen darzustellen, welches der Bedeutung des Terminus eher widerspricht. Den oben aufgeführten Definitionen von Jaschke und Gessenharter steht er nicht grundlegend ablehnend gegenüber, allerdings bezweifelt er die Möglichkeit einer trennscharfen Abgrenzung zwischen Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus.97 An dieser Stelle setzt auch Butterwegges Kritik an: Ohne überprüfbare Kriterien erkennt er keinen Nutzen in einer Hierarchisierung der Verfassungs- und Demokratiefeindlichkeit durch die Begriffe Radikalismus und Extremismus.98 Ein zweiter Kritikpunkt ist für Butterwegge die positive historische Wortbedeutung: „Weil die Bezeichnung ‚radikal’ (von lat. radic, die Wurzel) in der Aufklärung und der bürgerlichdemokratischen Revolution eine positive Bedeutung hatte, nämlich meint, das Übel ‚an der Wurzel zu packen’ und auf diese Weise gesellschaftliche Mißstände
93
Ebd., S. 16. Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen, Praxisfelder, Opladen 1994, S. 28. 95 Gessenharter, Wolfgang: Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland – Gefahren für die Republik? in: Gegenwartskunde (4) 1994, S. 424. 96 Ebd. 97 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Rechtsextremismus. Eine kritische Bestandsaufnahme nach der Wiedervereinigung, Bonn 1993, S. 26. 98 Vgl. Butterwegge, Christoph: Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Erklärungsmodelle in der Diskussion, Darmstadt 1996, S. 26. 94
41
zu beseitigen, sollte man auf den Begriff ‚Rechtsradikalismus’ lieber verzichten.“99 In den 1990er Jahren erschien eine Fülle an Publikationen100, die sich mit den Grenzen zum Rechtsextremismus beschäftigten. Obwohl nie eingehend systematisch untersucht, kommen die Autoren dieser Werke zu dem Schluss: Seit Mitte der 1970er Jahre ist eine Erodierung der Abgrenzung zwischen Teilen der rechtsextremistischen Szene und bestimmten Konservativen zu beobachten, die sich ausschließlich auf intellektueller Ebene vollzieht. Für diesen Prozess finden sich in der Literatur vier verschiedene Begriffe: Brückenspektrum, Grauzone, Vernetzung sowie Scharnierfunktion, deren Bedeutungsinhalte sich jedoch teilweise unterscheiden. Allerdings umschreiben sie alle den Sachverhalt: Die „Grenze zwischen dem demokratischen Konservatismus und dem Rechtsextremismus verwischt [sich] und die extreme Rechte [erfährt] folglich eine Aufwertung“101. Um das Ziel der Modifikation der politischen Kultur sowie der etablierten gesellschaftlichen Grundwerte zu erreichen, müssen rechtsextremistische Kreise ihre Ideologie in das mit Macht ausgestattete bürgerliche Lager importieren, dabei verschwimmen allmählich die bis dahin klaren Grenzen zwischen demokratischen und rechtsextremistischen Spektrum.102 „Ergebnis dieser ‚Unübersichtlichkeit’ ist das Zerfließen der ehemals fest gefügten Grenzen zwischen Rechtem Lager und etablierter Politik und die Ausbreitung einer immer breiter werdenden ‚Grauzone’, in der zwischen den etablierten Diskursen und den bislang ausgegrenzten Außenseiterpositionen ein Austausch an Ideen und Personen stattfindet.“103 Dagegen bezeichnet Gessensharter dieses Phänomen als autonom agierende geistige Strömung, die sich zwischen dem deutschen Konservatismus und dem deutschen Rechtsextremismus gebildet hat und dort als Scharnier wirkt.104 Dem widerspricht jedoch Pfahl-Traughber, der die besagte Eigenständigkeit dieses 99
Ebd. Vgl. u.a. Seeliger, Rolf: Grauzone zwischen Union und der Neuen Rechten. Personen, Institutionen, Identifikationen, München 1990. Siegler, Bernd/Oliver Tolmein/Charlotte Wiedemann: Der Pakt. Die Rechten und der Staat. Göttingen 1993. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995. 101 Jesse, Eckhard: Fließende Grenzen zum Rechtsextremismus? Zur Debatte über Brückenspektren, Grauzonen, Vernetzungen und Scharniere am rechten Rand – Mythos und Realität, in: Politische Vierteljahresschrift (27) 1996, S. 514. 102 Vgl. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994, S. 13. 103 Schönekäs, Klaus: Neue Rechte in der Bundesrepublik. in: Greß, Franz/Hans-Gerd Jaschke/Klaus Schönekäs: Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa. Opladen 1989, S. 280. 104 Vgl. Gessenharter, Wolfgang: Die „Neue Rechte“ als Scharnier zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. in: Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M. W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989, S. 426ff. 100
42
Spektrums vermisst, da die von Gessenharter genannten Merkmale wie antiliberale Grundhaltung und Homogenitätsforderung ebenso typisch für den Rechtsextremismus sind. Pfahl-Traughber negiert dennoch nicht die Existenz eines Bereiches zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus; er spricht hier von Brückenspektrum.105 „Es kennzeichnet das Phänomen der Erosion der Abgrenzung von Konservatismus und Rechtsextremismus und erfaßt begrifflich die Bereiche, wo sich eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit zwischen Vertretern dieser beiden Lager abzeichnet.“106 Im Gegensatz zu Gessenharter geht er dabei nicht von einer eigenständigen politischen Strömung sowie einer einheitlichen Ideologie dieser Sphäre aus.107
2.3 Untersuchungskriterien 2.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus Die Analyse einer Zeitschrift nach ihrer rechtsextremistischen Ausrichtung erfordert im Vorfeld eine klare Benennung der Untersuchungskriterien, womit bereits ein erstes Problem entsteht: Grundsätzlich ist eine klare Trennung zwischen dem Sprachstil der extremistischen und der gemäßigten Rechten schwer zu ziehen, da der Rechtsextremismus einen erheblichen Teil seiner Bestätigung, Sympathien und Argumentationsstrukturen aus dem demokratischen rechten und Grauzonenbereich bezieht.108 „Ähnlich wie der Linksextremismus von den Argumenten und Sympathien der gemäßigten Linken einen erheblichen Teil seiner Kraft gewinnt, kann rechter Extremismus sich nicht behaupten ohne Rückhalt bei den Argumenten und der persönlichen Überzeugungskraft der gemäßigten Rechten.“109 Dennoch ist unter Berücksichtigung dieser Problematik eine sprachliche und inhaltliche Einordnung der Publikation möglich. Natürlich lassen sich Texte auch anhand bestimmter thematischer Eigenschaften, wie etwa Antikapitalismus, Nationalismus, Antiparlamentarismus, Antisemitismus etc., dem rechtsextremis-
105 Vgl. Pfahl-Traughber, Armin: Brücken zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus. in: Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 162f. 106 Ebd., S. 163. 107 Vgl. ebd. 108 Vgl. Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache (93) 1983, S. 60ff. 109 Ebd., S. 60.
43
tischen Spektrum zurechnen,110 aber nicht immer erlauben diese Kategorien eine eindeutige Zuordnung zum Rechtsextremismus. Antikapitalismus oder die Billigung von Gewalttaten beispielsweise würden genauso gut in das Profil manch linksextremistischer Gruppen passen. Nicht minder kann von einer einheitlichen, in sich geschlossenen rechtsextremistischen Sprache gesprochen werden. Dennoch beinhalten Texte dieses Spektrums die gleichen Themen, Ansichten und Schlüsselwörter. Infolgedessen lassen sich Textsorten, unter der Voraussetzung der Erfüllung bestimmter Kriterien, eindeutig dem rechtsextremistischen Spektrum zuordnen.111 Nachstehend wurden daher Analysekriterien erarbeitet, die als Grundlage für die Untersuchung der Zeitschrift MUT dienen. Im Wesentlichen erfolgte dabei der Rückgriff auf die Arbeiten von Victor Klemperer und Rolf Bachem. Klemperer legte mit seinem Werk ‚LTI‘112 (Lingua Tertii Imperii) die erste umfassende Kritik und Analyse der Sprache des Nationalsozialismus vor. Die ‚LTI‘ ist für eine heutige Analyse rechter Medien von großer Bedeutung, wenngleich Klemperer oft hoch emotional schreibt, was auf sein Berufsverbot und die Verfolgung durch die Nationalsozialisten zurückzuführen ist. Er verfasste eine – auch heute noch – einzigartige Studie zu den Merkmalen nationalsozialistischer Sprache. Bachem befasste sich hauptsächlich mit der Sprache des Rechtsextremismus der 1980er und 1990er Jahre, dennoch sind seine Studien rückwirkend sowie für die 2000er Jahre anwendbar. Bachem stellt als Einziger Kriterien für die Analyse rechtsextremistischer Publikationen auf. Er ist somit von unverzichtbarem Wert für diese Arbeit. Für die Zeitschriftenanalyse arbeitete die Autorin fünf Kriterien heraus, auf deren Grundlage die Untersuchung erfolgen soll: Haltung zum Nationalsozialismus, Rechtsextreme Topoi, Rechtsextreme Etikettierungen, Verschwörungstheorien und Verhältnis zu Gewalt. Bis auf die beiden letzten Kriterien wurden alle anderen nochmals untergliedert. Haltung zum Nationalsozialismus: Die rechtsextremistische Haltung zum Nationalsozialismus ist häufig durch dessen Verherrlichung geprägt; dabei beschränkt sich diese Verklärung nicht nur auf die Zeit des frühen Nationalsozialismus sowie des Dritten Reiches und der Person Hitlers, sondern auch auf den frühen Faschismus. Es finden sich die Relativierung, Verharmlosung, Rechtfertigung oder sogar Negierung der NS-Verbrechen. Hitler gilt bei Rechtsextremisten 110
Im Weiteren auch: Antikommunismus, Ausländerfeindlichkeit, Bejahung von Gewalt sowohl gegen Sachen als auch Personen, die Wiederherstellung eines Großdeutschen Reiches, Rassismus, Führerprinzip und Prinzip des blinden Gehorsams, positive Beurteilung Hitlers und des Dritten Reiches, Verharmlosung der Zahl der KZ-Opfer. 111 Vgl. Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache (93) 1983, S. 60ff. 112 Vgl. Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen, 10. Auflage, Leipzig 1990.
44
als Vertreter einer Idee, die im Ursprung gut gewesen ist und nur von einer charakter- und fachlich schwachen Funktionärsclique missbraucht wurde. Die historischen Fakten werden dabei verschwiegen, verfälscht oder beiseite geschoben. Die Frage nach der Kriegsschuld behandeln rechtsextremistische Kreise ausschließlich mit dem Ziel, den Kriegsgegnern die Alleinschuld oder wenigstens eine Mitschuld am Beginn des Zweiten Weltkrieges nachzuweisen.113 Häufig erfährt die Person Rudolf Heß als verhinderter Retter des Abendlandes Eingang in rechtsextremistische Einstellungen. Eine der wichtigsten Thematiken in rechtsextremistischen Positionen zum Nationalsozialismus bilden alle Themen zum Antisemitismus: z.B. die Idee von der internationalen jüdischen Weltverschwörung, der Holocaust als Erfindung, um Wiedergutmachungszahlungen zu erpressen.114 Einen spezifischen nationalsozialistischen Sprachstil, der heute von Rechtsextremisten verwendet werden könnte, gab es nicht. Abgesehen von einer Vielzahl neuer Organisationsbezeichnungen führten die Nationalsozialisten kaum neue Wörter ein, nach Klemperer wahrscheinlich sogar kein einziges.115 Der Großteil der nationalsozialistischen Begriffe stammt noch aus der Wilhelminischen Zeit (z.B. deutsch, Volk, Ehre usw.). Sie stellten jedoch Wörter in einen stark wertenden Kontext, die über einen Assoziationsmechanismus zu Zeichen wurden und bei bloßer Erwähnung zu bestimmten Verhaltensweisen führten. Bei einzelnen Begriffen ist von Bedeutungswechseln zu sprechen: Besonders oft benutzte Wörter sind auch in unideologischen Zusammenhängen so stark mit dem NS-Regime verknüpft, dass sie bewusst keine Verwendung im alltäglichen Sprachgebrauch finden. Die Nationalsozialisten verwendeten vielfach Bezeichnungen aus der Elektronik (z.B. Gleichschaltung, Anschluss), die sie in sachfremde Kontexte übertrugen. Ebenso dienten sachfremde, sachliche und technische Begriffe als Euphemismus für die nationalsozialistischen Aktionen. Ein Merkmal der nationalsozialistischen Sprache – ebenso bei anderen Extremisten – sind die mit stark negativen Affekten besetzten Feindbezeichnungen, die schon fast automatisch Angst und Schrecken auslösten. In aller Regel wurde die Freund-Feind-Beziehung zusätzlich mit dem Schicksal und dem ‚internationalen Judentum‘, in Form der jüdisch-marxistischen Weltverschwörung verbunden. Der Begriff ‚Jude‘ rückte dabei oft in einen biologischen Kontext, insbesondere durch die Verbindung mit Wörtern wie Parasit, Ungeziefer oder sittlicher Kor113
Vgl. Bessel-Lorck, Lorenz/Heinrich Sippel/Wolfgang Götz: National oder Radikal? Der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mainz 1966, S. 50 und 61. 114 Vgl. Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile des 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 52. 115 Vgl, Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen, 10. Auflage, Leipzig 1990, S. 21.
45
ruption.116 Die Sprache des Dritten Reiches ist, wie Klemperer es drastisch ausdrückt, „ganz darauf gerichtet, den einzelnen um sein individuelles Wesen zu bringen, ihn als Persönlichkeit zu betäuben, ihn zum gedanken- und willenlosen Stück einer in bestimmter Richtung getriebenen und gehetzten Herde, ihn zum Atom eines rollenden Steinblocks zu machen. Die LTI ist die Sprache des Massenfanatismus“117. Sprach ein Nationalsozialist von ‚System‘ dann war immer das System der Weimarer Verfassung, in der Zeit von 1918/19 bis 1933, gemeint – die Weimarer Republik in ihrer Rolle als die schlechteste Regierungsform überhaupt; der unmittelbare Feind, gegen den die Nationalsozialisten kämpfen mussten, dessen lähmende Parteienzersplitterung sie ihm vorwarfen und zu dem sie in stärkerem Gegensatz standen als etwa zur Monarchie.118 Nach Klemperer erfüllte dieser Begriff allerdings noch eine zweite Funktion: Ein ‚System‘ ist eine Konstruktion, eine Anordnung des Verstandes – systematisch denken. „Gerade das aber ist es, was der Nationalsozialist aus dem Innersten seines Wesens heraus ablehnen, was er aus dem Trieb der Selbsterhaltung verabscheuen muß. Wer denkt, will nicht überredet, sondern überzeugt sein; wer systematisch denkt, ist doppelt schwer zu überzeugen. (…) ‚System’ gehört auf die Liste des Abscheus neben ‚Intelligenz’ und ‚Objektivität’.“119 Den Kern des nationalsozialistischen Lebens bildet die ‚Bewegung‘, welches Aufbruch und Dynamik symbolisiert. „Man will nicht skeptisch, nicht wägend liberal sein, will nicht willensschwach sein wie die vorangegangene Epoche; will nicht die Dinge auf sich wirken lassen, sondern selber auf die Dinge wirken; man will handeln und ‚das Gesetz des Handelns‘ (…) niemals aus den Händen geben.“120 Rechtsextreme Topoi: Unter Topos versteht sich in diesem Fall ein „häufig wiederkehrendes Motiv, Thema oder eine oft beschworene ‚Geschichte’, Allgemeinplatz als allgemein akzeptierte Wahrheit, auf die man sich beziehen kann“121. Topoi können die ideologische Orientierung des Autors signifikant herausstellen, da sie häufig „gruppeneigentümliche Ausprägungen“122 haben und „weltbildhafte Zusammenhänge assoziieren und konstituieren“123. Dabei ist in politischen Texten der Topos in aller Regel bereits durch die vorangegangene 116
Vgl. Bachem, Rolf: Einführung in die Analyse politischer Texte. München 1979, S. 124ff. Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen, 10. Auflage, Leipzig 1990, S. 29. 118 Vgl. ebd., S. 105ff. 119 Ebd., S. 106. 120 Ebd., S. 239. 121 Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 51. 122 Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 238. 123 Ebd. 117
46
öffentliche Debatte ideologisch tendenziös besetzt (z.B. ‚Bombenholocaust‘ oder ‚Auschwitz-Wahrheit‘).124 Als rechtsextremistische Topoi gelten zunächst das Großdeutsche Reich als gutes Recht, welches andere streitig machen. „Die ‚Reichsidee’ dient dem Rechtsradikalismus als Richtungszeiger für seine gesamte Politik. Sie gehört zu den zentralen Wertbegriffen rechtsextremer Agitation. Sie wird nach innen als die autoritär geführte und rassisch ausgerichtete ‚Volksgemeinschaft’, nach außen als ‚arteigener Rahmen der Gesamtnation’ verstanden.“125 Zweitens, „die Ausländer in Deutschland, insbesondere die Türken, als Ursache aller ökonomischen und kulturellen Probleme (‚Ausländer raus!’); [drittens], das Programm einer multikulturellen Gesellschaft als Verhängnis; [viertens], die Abschaffung der bestehenden Herrschaftsform; [fünftens], Staatsverschuldung, Korruption, Kriminalität, Naturzerstörung (s. Ökologie) als Folge einer verbrecherischen Staatsführung; [sechstens], Rassenkult; [siebentens], Deutsch-Sein als Höchstwert; [achtens], neuerdings auch: Bejahung des Nationalismus aller Völker (…); [neuntens], Freiheit der Meinungsäußerung in Deutschland, Polizeistaat, mangelnder Rechtsschutz für Rechte“126. Rechtsextremistische Etikettierungen: Der Begriff der Etikettierung bezieht sich auf die „Wahl von Bezeichnungen für Sachverhalte und Personen, die in der Regel unterschiedlich benannt werden können“127. Die Bedeutung empfangen sie jedoch erst dann, wenn die verwendeten Begriffe parteiische Bewertungen enthalten und mit starken Konnotationen versehen sind. Als typische rechtsextremistische Etikettierungen128 in der Bundesrepublik gelten bei Bachem: „‚das Bonner System’, ‚die System-Medien’, ‚Judenführer Bubis’, ‚die Vernichtung des deutschen Volkes durch Multikultur’, ‚multikulturell verrotteter Vielvölkerbrei’, ‚Kohl… will uns … in eine negroide Mischrasse verwandeln’, ‚die Lüge von der Judenausrottung in Gaskammern’, ‚Schuldkomplex’, ‚die unschuldigen Jungs von Mölln’, ‚Sie werden in einem kommenden Verfahren vor dem Volksgerichtshof mit der Höchststrafe zu rechnen haben’ (= Todesdrohung gegen
124
Vgl. Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 51. 125 Bessel-Lorck, Lorenz/Heinrich Sippel/Wolfgang Götz: National oder Radikal? Der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mainz 1966, S. 56f. 126 Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 52. 127 Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 238. 128 Ausnahmen stellen die Begrifflichkeiten „Bonner System“ und „System-Medien“ dar, die ebenso bei Linksextremisten häufig Verwendung findet.
47
Richter, die Neonazis verurteilten)“129 u.a. Im weitesten Sinne umfassen Etikettierungen auch Schlüssel- und Schlagwörter, die im Folgenden eine Erläuterung erfahren: Rechtsextremistische Schlüsselwörter sind nie spezifisch rechtes oder faschistisches Wortgut. Sie werden lediglich von Seiten des Rechtsextremisten als Muster mit großer Wirkung manipulativ eingesetzt. Schlüssel- bzw. Schlagwörter lassen sich hierbei in verschiedene Gruppen einteilen: Zunächst wären das Wörter, wie ‚Gott‘ oder ‚Ewigkeit‘, die von den nicht religiös glaubenden Rechtsextremisten manipulativ verwendet werden können. In die zweite Gruppe fallen Begriffe wie ‚Volk‘, ‚deutsch‘ oder ‚anständig‘; gemein ist ihnen die positive Auslegung von konservativer Seite. Die rechtsextremistische Seite definiert die Bedeutung dieser Worte bewusst eng, aber legt sich niemals – aus taktischen Gründen – fest. Nach Dieckmann handelt es sich hierbei um „ideologische Polysemie“130; Ziel ist es, mit deren Hilfe ein möglichst hohes Zustimmungspotential zu erreichen. „Man läßt die gruppenspezifische Einengung hin und wieder spürbar werden, nimmt sie des Öfteren auch wieder zurück, tut bald so, als verbänden alle Menschen fraglos die gleichen Vorstellungen damit, um dann plötzlich wieder Gegner auszuschließen, die angeblich den Begriff missbrauchen, verfälschen usw.“131 Die dritte Gruppe wichtiger Schlüsselwörter verkörpern die so genannten ‚Miranda‘ und ‚Antimiranda‘. Bei ihnen handelt es sich um „persuasiv wichtige Wörter (…), die Kernthesen der politisch-subkulturellen Überzeugungen etikettieren: die Auschwitz-Lüge, die 6-Millionen-Lüge, der Retter des Volkes.“132 In der Regel stellen sie gruppenspezifische, feste Wortgruppen dar; es können jedoch auch nur einzelne, mit einem hohen Symbolwert versehene Namen sein, wie etwa Rudolf Heß, als Pseudonym für die ‚Nürnberger Hassjustiz‘, die Ungerechtigkeit der Siegerjustiz. Miranda und Antimiranda gelten als „zusammenfassende verkürzte Argumentationen (…), als sie oft geäußerte Argumentationsgänge in Erinnerung rufen, ein starkes, die Doktrin zentral betreffendes, oft auch emotiv und ethisch wertendes Assoziationsfeld haben“133. Ihre Aufgabe besteht in der Auslösung verschiedener komplexer Reaktionen und Emotionen, die sich in Abschottung in ihrer Doktrin und der Blockierung von
129
Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 52. 130 Vgl. Dieckmann, Walther: Sprache in der Politik. Einführung in die Pragmatik und Semantik der politischen Sprache, 2. Auflage, Heidelberg 1975. 131 Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache 93 (1983), S. 74. 132 Ebd. [Hervorhebung im Original] 133 Ebd.
48
Verständigung und offenen Gesprächen manifestieren können.134 Die wichtigsten und wahrscheinlich am häufigsten benutzten Schlüsselwörter der Rechten sind ‚Wahrheit‘ und ‚Lüge‘: Der Grund liegt hierbei in der Propagierung eines speziellen zeithistorischen Weltbildes. Sie bieten dem Idealisten eine geeignete Einstiegsmotivation und schweißen die Gruppen in ihrem Kampf zusammen und lassen sie gegenüber kritischen Einwänden immun werden. Um ihre eigene Wahrheit zu belegen, greifen sie auf einzelne Dokumente, die eine Richtigstellung ermöglichen, zurück. Oft sind diese bereits von der Forschung anerkannt. Oder aber die Echtheit historischer Zeugnisse wird in Zweifel gezogen. Hierbei geht es allerdings immer nur um Einzelaspekte, wie z.B. die genaue Zahl der vergasten Juden. „Sie stützen ihre Urteile auf einzelne Vorkommnisse, die sie in grober Weise verabsolutieren. Die Neonazis wollen die Beziehungen zwischen den politischen, soziologischen und psychologischen Ursachen und dem wirklichen geschichtlichen Geschehen bewußt nicht erkennen.“135 Von diesen partiellen Korrekturen versuchen sie die Geschichtswissenschaft der Bundesrepublik der Lüge zu überführen. Als Grund für die Lügen bemühen sie wiederum eine Verschwörungstheorie, nach der dem deutschen Volk Schuldgefühle und Antipathien gegenüber dem Nationalsozialismus eingeredet werden. Die Rolle des Außenseiters fällt dem Rechtsextremisten damit automatisch zu, indem er an einer „Wunschbild-Geschichte der Deutschen“136 festhält. Zeitgeschichte führt somit zu einer Glaubensfrage, unter Umständen auch zu Wut und Empörung.137 In diesem Sinne findet die These von der deutschen Kollektivschuld Eingang in rechtsextremistische Propaganda: „Daß die gesamte wissenschaftliche Literatur bisher in keinem Falle eine Kollektivschuld behauptet hat, schert sie [Rechtsextremisten] wenig. Für sie existiert der Kollektivschuldvorwurf. Sie brauchen ihn als emotionelle Grundlage für ihre neonazistische Agitation.“138 Eine hohe Bedeutung in rechtsextremistischen Kreisen haben zudem die Wörter ‚Umerziehung‘ und ‚System‘. ‚Umerziehung‘ bezieht sich dabei auf die Re-education Politik der Alliierten nach 1945. Um der Masse an Vertretern des bekämpften Weltbildes entgegenzutreten, wird dieses nur als ‚System‘ begriffen, welches sich u.a. auf die ‚Systempresse‘ und die ‚Systemparteien‘ stützt. „Mit dem Wort System als Umbenennung für Regierung lassen sich negative Vorstellungen von 134
Vgl. ebd. Bessel-Lorck, Lorenz/Heinrich Sippel/Wolfgang Götz: National oder Radikal? Der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mainz 1966, S. 51. 136 Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache 93 (1983), S. 76. 137 Vgl. ebd. 138 Bessel-Lorck, Lorenz/Heinrich Sippel/Wolfgang Götz: National oder Radikal? Der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mainz 1966, S. 51. 135
49
Verschwörungen gegen das Volk, Anonymität und Unmenschlichkeit verbinden.“139 Mit dem Schlüsselwort ‚Souveränität‘ beziehen sich Rechtsextremisten – unter Verweis auf das Völkerrecht – auf die Behauptung, ‚das Reich‘, als ‚gesamtdeutscher Souverän‘ bestehe im juristischen Sinne weiterhin. Die Regierungen der Bundesrepublik wie bis 1990 die der DDR werden der Zusammenarbeit mit den so genannten Besatzungsmächten beschuldigt, die parlamentarischen Parteien in diesem Sinne als ‚Lizenzparteien‘ bezeichnet. Eine vollständige ‚Souveränität‘ im rechtsextremistischen Sinne ist erst mit der Wiederzulassung der nationalsozialistischen Partei erreicht, für dieses Ziel alle Rechtsextremisten zu kämpfen haben. Auch die Begriffe ‚Rasse‘ und ‚Völkermord‘ erfahren als rechtsextremistische Schlüsselwörter eine Wiederauferstehung. Der nationalsozialistische Völkermord wird verharmlost oder als antideutsche Lüge entlarvt. Argumente erfolgen auf biologistisch-rassistischer Weise, indem etwa die Bezeichnung ‚Rassenmischung als Völkermord‘ Verwendung findet. Eine Integration von Ausländern dürfe in diesem Sinne nicht stattfinden, da ansonsten die kulturelle Eigenständigkeit nicht gewährleistet ist. Das Hauptargument ist paradoxerweise die Humanität. Hier wird beispielsweise die Adoption von ausländischen Kindern als inhuman bezeichnet, weil sie so ihre Muttersprache verlieren und eine kulturelle Entwurzelung erfahren. Eine andere Argumentationsstruktur geht davon aus: Die Vermischung der Rassen führe zu einem Untergang der Völker. Daher propagieren einige Rechtsextremisten in jüngster Zeit eine europäische Neuordnung auf rassischer Grundlage. Häufig bringen sie die letztgenannte Begründung mit der jüdischen Weltverschwörungstheorie in Verbindung. Nach dieser führt ein Verfall der Rassen zu einer leichteren Regierbarkeit durch die zionistischen Verschwörer.140 Die letzte Gruppe der Schlüsselwörter, unter die die Begriffe ‚Identität‘ und ‚nationale Identität‘/‘Fremdheit‘und ‚Differenz‘ statt ‚Gleichheit‘ fallen141, gelten als zentrale Sprachinstrumente der Neuen Rechten. Die Vielfalt des heilsverkündenden Wortes „Identität“142 ermöglicht den Rechtsextremisten eine Vielzahl an Querverbindungen herzustellen: Zum einen findet das ‚Ich‘ auf der individuellen Ebene sein positives und stabiles Selbstbewusstsein u.a. mit Fragen, wie es sich von den anderen unterscheidet oder dem eigenen Wert. Zum anderen ist die individuelle mit der sozialen Identität eng verbunden. Dabei definiert sich die soziale Identität in Anlehnung an eine 139
Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache 93 (1983), S. 77. [Hervorhebung im Original] 140 Vgl. ebd. 141 Vgl. Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 145. 142 Ebd.
50
Gruppe, so ist der Einzelne beispielsweise ein Mitglied einer Familie oder einer religiösen Gemeinschaft.143 In der Gruppe haben die einzelnen Individuen eine Gemeinsamkeit, in der sie alle gleich sind; bringen zugleich aber eigene Identitätsmerkmale in die Gruppe mit ein.144 Im neurechten Denken werden diese Faktoren auf die Formel komprimiert: „Die Volkszugehörigkeit entscheide letztlich die Identität. (…) [Sie] macht Dich stark, gibt Dir Wert und Gewicht, schließt ein: Kultur, Religion, Ideologie, Ethik für Dich.“145 Vorzugsweise tritt der Begriff in Verbindung mit dem ‚organischen Staat‘, der identitären Demokratie rousseauscher Prägung auf, in welcher der Wille des oder der Führer identisch mit der des Volkes und umgekehrt ist. Der Identitätsbegriff findet häufig Anwendung als Form von Abgrenzung, wobei ‚nationale Identität‘ und ‚Fremdheit‘ gegenübergestellt werden. ‚Identität‘ und ‚Differenz‘ ist dabei als etwas anderes, als besser als die anderen zu definieren; ‚Identität‘ als ‚Differenz‘ heißt hier Abgrenzung von anderen, im Gegensatz zum Egalitarismus der ‚Theorie der Gleichmacherei‘ – der ‚Vermassung‘, ‚Globalisierung der Lebenswelten‘ – , die zum ‚Volksuntergang‘ und einem unglücklichen persönlichen Leben führe.146 Verschwörungstheorien: Sie mögen dem nicht extremistischen Leser147 konfus, irreal und in keiner Weise vorstellbar erscheinen. Vermutlich reagieren weite Kreise des rechten Spektrums ebenso, insbesondere intellektuelle Zirkel, aber dennoch sprechen sie einen bestimmten Leserkreis an und erscheinen ihm plausibel. „Wahrscheinlich hat die Verschwörungstheorie sogar sehr großen Einfluss auf die aktivsten Teile der rechtsextremistischen Täterszene.“148 Verschwörungstheorien forcieren vornehmlich Volksverhetzung und Anstachelung zum Rassenhass, sie bestreiten den Holocaust und rufen mehr oder weniger direkt zur Abschaffung der parlamentarischen Demokratie auf.149 Argumentationstechnisch wird hauptsächlich mit dem ‚Wahrheits-Thema‘ gearbeitet, nach dem alleine die Anhänger der Verschwörungstheorie die Wahrheit ‚verkünden‘ und stetig gegen eine Unmenge von Lügen, Propagandalügen und Verleumdungen anzukämpfen haben. Da sie in ihrer Vorstellung gegen eine ungeheure Welle von Unwahrhei143
Vgl. hierzu insbesondere: Ladmiral, Jean-René/Edmond Marc Lipiansky: Interkulturelle Kommunikation. Zur Dynamik mehrsprachiger Gruppen, Frankfurt a. M. 2000. 144 Grundlegend zu kollektiven Identitäten: Eisenstadt, Shmuel Noah/Bernhard Giesen: The Construction of collective identity. in: Archives Europénnes de sociologie (1) 1995, 36. Jg., S. 72102. 145 Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 145. 146 Vgl. ebd., S. 146. 147 Sowohl im Rechtsextremismus als auch im Linksextremismus sind Verschwörungstheorien weit verbreitet. Hier sollen lediglich jene aus dem rechtsextremistischen Lager betrachtet werden. 148 Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 87. 149 Vgl. ebd., S. 87ff.
51
ten ankämpfen, erlauben sie sich, zu dem Mittel der Übertreibung und Fantasie zu greifen sowie die Herabsetzung des ‚Feindes‘ zu betreiben. Eine der ältesten Theorien ist die – bereits von Hitler propagandistisch verwertete – jüdisch geheime Verschwörung, die auf die Vernichtung des deutschen Volkes zielt.150 Eine der Haupterklärungen hierbei: „Deutsche und Juden seien zwei Völker oder Rassen, die an der Spitze der Völker der Welt stünden und um die Vormacht stritten, die Juden eben als die Bösen, die Deutschen als die Guten, beide mit besonderer ‚Geisteskraft’ beziehungsweise ‚Geistesgnaden’ ausgestattet.“151 Verhältnis zu Gewalt: Wie Verschwörungstheorien ist auch dieses Merkmal kein spezifisch rechtsextremistisches Kriterium; in linksextremistischen Medien beispielsweise findet es weitestgehend ebenfalls Eingang und Unterstützung. In beiden Weltanschauungen bildet es einen integralen Bestandteil der Ideologie. Befürwortung von Gewalt ist die Billigung und Anstachelung von gewalttätigen Handlungen einzelner oder von Gruppen gegenüber Sachen und Personen zur Durchsetzung von politischen Zielen. Im Gegensatz zu demokratisch ausgerichteten Gruppen oder Personen sehen Extremisten (Rechts- und Linksextremisten) – auch hier gibt es Ausnahmen – die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele sowie zur Herrschaftssicherung als legitimes politisches Mittel und positionieren sich damit konträr zum demokratischen Verfassungsstaat.
150 151
Vgl. ebd. Ebd., S. 89.
52
Tabelle 1:
Kriterien: Rechtsextremismus
Kriterien Haltung zum Nationalsozialismus
-
-
Rechtsextreme Topoi
152
Konkretisierungen bzw. Beispiele Verherrlichung des frühen Faschismus, frühen Nationalsozialismus, des Dritten Reiches oder der Person Hitlers Relativierung/Verharmlosung/Rechtfertigung oder Negierung der NS-Verbrechen Rudolf Heß als verhinderter Retter des Abendlandes Relativierung der deutschen Kriegsschuld Themen des Antisemitismus: x ‚Auschwitz-Wahrheit‘ x die Idee von der internationalen jüdischen Weltverschwörung x der Holocaust als Erfindung um Wiedergutmachungszahlungen zu erpressen Sprachstil des Nationalsozialismus: x mit stark negativen Affekten besetzte Feindbezeichnungen x Freund-Feind-Beziehung wird mit der jüdisch-marxistischen Weltverschwörung verbunden x ‚System‘ als 1) Synonym für die Weimarer Demokratie und 2) als Ablehnung von Objektivität x ‚Bewegung‘ als Kern des Nationalsozialismus, in Form von dynamischer Handlungsbereitschaft152 x das Großdeutsche Reich als gutes Recht, das andere streitig machen x Leitfiguren der Juden in Deutschland x die Ausländer in Deutschland, insbesondere die Türken, als Ursache aller ökonomischen und kultureller Probleme (‚Ausländer raus‘)
Vgl. Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Phililogen, 10. Auflage, Leipzig 1990.
53
das Programm einer multikulturellen Gesellschaft als Verhängnis x die Abschaffung der bestehenden Herrschaftsform x Staatsverschuldung, Korruption, Kriminalität, Naturzerstörung (Ökologie) als Folge einer verbrecherischen Staatsführung x Rassenkult x Deutsch-Sein als Höchstwert x Bejahung des Nationalismus aller Völker, z.B. in Frankreich, Belgien, Rußland (Schirinowskij), Österreich (Haider), Algerien, Israel etc. x keine Freiheit der Meinungsäußerung in Deutschland für Rechte, Polizeistaat, mangelnder Rechtsschutz für Rechte153 x Vergangenheitsbewältigung Beispiele: x „das Bonner System“ x „die System-Medien“ x „Judenführer Bubis“ x „die Vernichtung des deutschen Volkes durch Multikultur“ x „multikulturell verrotteter Vielvölkerbrei“ x „Kohl … will uns … in eine negroide Mischrasse verwandeln“ x „die Lüge von der Judenausrottung in Gaskammern“ x „Schuldkomplex“ x „die unschuldigen Jungs von Mölln“ x „Sie werden in einem kommenden Verfahren vor dem Volksgerichtshof mit der Höchststrafe zu rechnen haben.“ (= Todesdrohung gegen Richter, die Neonazis verurteilten)154 x
Rechtsextremistische Etikettierungen
153
Vgl. Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 52. 154 Vgl. ebd.
54
Verschwörungstheorien
Verhältnis zu Gewalt
Schlüsselwörter: x Gott, Ewigkeit, Schicksal x Volk, deutsch, anständig x ‚Miranda‘ (Zeichen, die die Hochwerte der Ideologie tragen, wie ‚Führerprinzip‘ oder ‚artgemäß‘) und ‚Antimiranda‘ (Zeichen, die das zu Bekämpfende, die Bosheit der gegnerischen Seite symbolisieren, wie Sittenverfall in der Plutokraten-Demokratie, Kanakenintegration, Kommunismus im Sinne des Rechtsextremismus) x Wahrheit und Lüge x Umerziehung x System x Souveränität x Rasse und Völkermord155 x Identität und nationale Identität/Fremdheit und Differenz statt Gleichheit156 Vornehmliche Aufgaben: x Forcierung von Volksverhetzung x Anstachelung zum Rassenhass x Leugnung des Holocaust x Abschaffung der parlamentarischen Demokratie157 Billigung von und Anstachelung zu Gewalt gegenüber Personen und Sachen
155
Vgl. Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache 93 (1983), S. 74ff. 156 Vgl. Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999, S. 145ff. 157 Vgl. ebd., S. 87ff.
55
2.3.2 Kriterien: Demokratie Dem politischen Extremismus, unabhängig von seiner weltanschaulichen Richtung, steht als Antithese die freiheitliche Demokratie gegenüber, die mit der Diktatur, als Verwirklichung des Extremismus, untrennbar verbunden ist. „So stellt das Gegensatzpaar von Diktatur und Demokratie die zeitgemäße Inkarnation des ‚ewigen Kampfes’ der ‚offenen’ gegen die ‚geschlossene Gesellschaft’ dar, der Idee der Freiheit und Selbstbestimmung des Individuums gegen die Egozentrik der Fremdherrschaft.“158 Da jedoch die Beurteilung journalistischer Publikationen nach ihrer demokratischen oder extremistischen Ausrichtung differenzierterer Merkmale bedarf, sind für diese Studie vier Kriterien entwickelt worden, auf deren Grundlage die Untersuchung der Zeitschrift erfolgt: Einstellung zur Demokratie (allgemein), Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat, Pluralistische Vielfalt sowie antitotalitärer/antiextremistischer Konsens. Einstellung zur Demokratie (allgemein): Der moderne Demokratiebegriff unterscheidet sich grundsätzlich von seiner antiken Entsprechung; sowohl die Organisation als auch die demokratischen Werte erfuhren eine fundamentale Modifikation, die Giovanni Sartori wie folgt charakterisiert: „Hätten also die Griechen einen Staatsbegriff wie den unseren gehabt, so hätten sie den Begriff eines demokratischen Staates als einen Widerspruch in sich empfunden. Die antike Demokratie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie staatsfrei war.“159 Die moderne Demokratie, wie sie seit Ende des 18. Jahrhunderts allgemein verstanden wird und im 20. Jahrhundert zur verbreitesten Staatsform geworden ist, steht dem diametral entgegen: „Die institutionellen Strukturen der Demokratie konstituieren und regeln Machtverhältnisse und Entscheidungsstrukturen im Staat sowie die Beziehung zwischen Regierenden und Regierten bzw. Repräsentanten und Repräsentierten. Als solche definieren sie die Staatsform.“160 Wenngleich seit Ende des 18. Jahrhunderts eine zunehmende Auffächerung des Demokratiebegriffes stattfindet, so lassen sich die verschiedenen Definitionen dennoch von zwei Theoriesträngen herleiten: die Identitäts- sowie die Konkurrenztheorie.161
158
Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Vergleichende Extremismusforschung. Baden-Baden 2005, S. 58. Sartori, Giovanni: Demokratietheorie. Darmstadt 1997, S. 275. [Hervorhebung im Original] 160 Benz, Arthur: Der moderne Staat. Grundlagen der politologischen Analyse, München 2001, S. 128. 161 Vgl. Kailitz, Steffen: Staatsformen im 20. Jahrhundert II: Demokratische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 283f. 159
56
Die Identitätstheorie der Demokratie geht auf den politischen Theoretiker Jean-Jacques Rousseau zurück. Grundlage ist eine Interessenidentität zwischen Regierenden und Regierten. Rousseau negiert in seiner Theorie das Repräsentationsprinzip, da für ihn ausschließlich eine direkte Demokratie eine wahre Demokratie sein kann; nur hier treffen alle Bürger selbst die politischen Entscheidungen. In modernen Demokratien, die aufgrund ihrer Größe eine absolute direkte Demokratie nicht ermöglichen können, akzeptierte Rousseau das Repräsentationsprinzip als „notwendiges Übel“162. Dementsprechend sind die gewählten Repräsentanten lediglich ausführendes Organ, welches für die Umsetzung des feststehenden Volkswillens verantwortlich ist. Wahlen dienen in der Identitätstheorie zur Umsetzung des homogenen Volkswillens. Unterschiedliche politische Ausrichtungen sind in diesem System nicht vorgesehen, da alle Bürger die gleichen Interessen verfolgen. Im Gegensatz zur liberalen Demokratie positioniert Rousseau das Individuum unter die Gemeinschaft.163 „Gemeinsam stellen wir alle, jeder von uns seine Person und seine ganze Kraft unter die oberste Richtschnur des Gemeinwillens; und wir nehmen als Körper jedes Glied als untrennbaren Teil des Ganzen auf.“164 Sowohl die extreme Linke als auch die extreme Rechte beruft sich auf die Identitätstheorie.165 Für die Konkurrenztheorie der Demokratie gilt John Locke als einer der bedeutendsten Vordenker, der zum ersten Mal die Gewaltenteilung und Repräsentation als fundamentale Grundlagen seiner Theorie verwendet. John Stuart Mill sowie die ‚Federalists‘ gelten ebenso als Wegbereiter der Konkurrenzdemokratie oder auch liberale Demokratie genannt. Grundlage dieser Theorie ist die Annahme: Die „Chancen zum Erreichen der besten politischen Lösung [sind] am größten (…), wenn eine offene und ungehinderte Konkurrenz um die beste politische Lösung stattfindet“166. Die Konkurrenztheorie geht im Gegensatz zur Identitätstheorie nicht von einem homogenen Volkswillen aus, sondern von zahlreichen partikularen Interessen innerhalb der Gesellschaft. Der politische Willensprozess entwickelt sich in der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Gruppeninteressen. Daher nimmt die Wahl zwischen den verschiedenen Parteien 162
Ebd., S. 284. Vgl. Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Opladen 2006, S. 96ff. Pfahl-Traughber, Armin: Staatsformen im 20. Jahrhundert I: Diktatorische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 225f. 164 Rousseau, Jean-Jacques: Der Gesellschaftsvertrag (1762), Frankfurt a.M. 1991, Kapitel I,6. 165 Vgl. Kailitz, Steffen: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Wiesbaden 2004, S. 15. 166 Kailitz, Steffen: Staatsformen im 20. Jahrhundert II: Demokratische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 285. 163
57
mit ihren unterschiedlichen Programmen eine Schlüsselfunktion in der Konkurrenztheorie ein.167 Doch nicht nur auf der Konkurrenztheorie basieren moderne Demokratien, sondern auch auf den Ideen des europäischen Konstitutionalismus, in welchem „die Bürger nicht Spielball der Herrschenden sind, sondern als aktive Mitspieler vor staatlicher Willkür geschützt sind“.168 Der demokratische Verfassungsstaat ist dabei aus den Traditionen der Demokratie und des Konstitutionalismus hervorgegangen: Die Demokratie trifft zum Inhalt der Herrschaftsausübung keinerlei Aussage, während der Rechtsstaat den inhaltlichen Rahmen und die damit verbundene Reichweite der demokratischen Entscheidungen bestimmt. Grundlage des Rechts- und Verfassungsstaates ist die Unabhängigkeit der Justiz von der Politik, die sich gegebenenfalls auch gegen den politischen Willen durchsetzen muss, sowie der Schutz der Freiheitsrechte der Bürger.169 Abgesehen von einigen Differenzen sind die Demokratie und der Konstitutionalismus eng aneinander gebunden. „Die konstitutionelle Komponente des demokratischen Verfassungsstaates ist das Sicherheitsschloss, das den Weg der Demokratie in eine Tyrannei der Mehrheit versperrt. In der Demokratie ist die Mehrheitsregel konstitutiv.“170 Die Mehrheitsregel gewährleistet hierbei das friedliche Austragen von Konflikten, die Entscheidung der Majorität ist dabei durchaus nicht zwangsläufig. Die Mehrheitsregel umfasst zwei grundlegende Punkte: Zum einen muss die Möglichkeit bestehen, politische Minderheiten durch demokratische Wahlen zu Mehrheiten bestimmen zu können und zum anderen den rechtsstaatlichen Minderheitenschutz. Dementsprechend ist es – nach der Konkurrenztheorie – demokratisch, aber nicht rechtsstaatlich, eine Minderheit zu vertreiben oder zu töten. Die Identitätstheorie dagegen empfindet jede Einschränkung der demokratischen Mehrheit als nicht hinnehmbar und lehnt daher das Spannungsverhältnis zwischen Demokratie- und Verfassungsprinzip rigoros ab.171 „Die Problematik der Identitätstheorie der Demokratie liegt jedoch nicht in der Fürsprache für eine plebiszitäre Demokratie begründet, sondern in ihrem Antipluralismus. Plebiszite auf nationaler wie subnationaler Ebene stehen in keinem Gegensatz zu den Grundideen des demokratischen Verfassungsstaates, ‚solange dem Volkswillen
167
Vgl. ebd., S. 285f. Ebd., S. 286. 169 Vgl. ebd., S. 286f. 170 Ebd., S. 288. 171 Vgl. Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Opladen 2006, S. 336ff. 168
58
Grenzen gesetzt sind und solange er an die Wertordnung der Verfassung gebunden bleibt, diese also der Abstimmungsmehrheit nicht ausgeliefert ist’.“172 Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat: Nach dem Zweiten Weltkrieg formten westdeutsche Politiker die Bundesrepublik Deutschland mit Hilfe des Grundgesetzes zu einem Verfassungsstaat, der zum einen die Verfassung als oberste Rechtsnorm festlegt und zum anderen eine „auf Dauer angelegte gerechte Grundordnung intendiert“173. Formaljuristisch regeln Verfassungen die Kompetenzen und die Organisation des Staates und seiner Organe. Daneben besitzen sie aber auch noch eine Integrationsfunktion, die über ihre Werteordnung den Bürgern Rechte und Pflichten überträgt. „Sie strukturiert das Zusammenleben der vielfältigen demokratischen Interessen und Kräfte, das zur Bildung politischer Einheit führt. Verfassungen sind die rechtlichen Grundordnungen der res publica, des Gemeinwesens. Sie dienen also der Legitimierung, d.h. der Rechtfertigung der durch sie konstituierten Ordnung.“174 Unabhängig von diesen allgemeinen Verfassungsaufgaben beruht das Grundgesetz auf vier Staatsstrukturprinzipien, die in dieser Form typisch für die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland sind: Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat und Bundesstaat. Das Staatsstrukturprinzip der Demokratie ist in Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes festgehalten: ‚Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus‘. Dennoch sollte die bundesrepublikanische Demokratie nie so frei sein, um zu einer Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, nachdem ihr zugrunde liegenden Mehrheitsprinzip, zu führen. Dementsprechend fußt die Bundesrepublik auf einer indirekten, repräsentativen und parlamentarischen Demokratie und verfügt auf Bundesebene kaum über direkte, identitäre und plebiszitäre Elemente. Die Herrschaft des Volkes realisiert sich in parlamentarischen Demokratien fast ausschließlich am Wahltag, dessen regelmäßige Wiederkehr den Volksvertretern eine Herrschaft auf Zeit zuspricht.175 „Die in der deutschen Verfassung konstituierte freiheitlich-repräsentative Demokratie bedeutet eine Grundentscheidung gegen jedwede nicht rechtsstaatliche Form der Volksherrschaft.“176 Im Gegensatz zum Demokratieverständnis der Homogenitätstheorie ist das Grundgesetz ein Ergebnis der Konkurrenztheorie 172
Kailitz, Steffen: Staatsformen im 20. Jahrhundert II: Demokratische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 189f. 173 Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 123. 174 Ebd. [Hervorhebung im Original] 175 Vgl. ebd., S. 130f. 176 Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 147.
59
und basiert demnach nicht auf der Idee von einer Identität von Regierenden und Regierten. „Dagegen geht das Demokratieverständnis des Grundgesetzes davon aus, daß in einer pluralistischen Gesellschaft verschiedene Interessen existieren, die gleichermaßen legitim sind. Opposition gilt folglich als ein fundamentaler Bestandteil der Demokratie. Da es kein vorübergehendes Gemeinwohl gibt, kann nur das Mehrheitsprinzip als Grundlage für politische Entscheidungen dienen.“177 Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und der wertneutralen Verfassung der Weimarer Republik versteht sich das Grundgesetz als eine Wertordnung mit einem wertgebundenen Demokratieverständnis und einer streitbaren Demokratie. Den Kern der streitbaren Demokratie bildet der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, der in diesem Sinne nicht im Grundgesetz definiert ist, aber sich weitestgehend mit den Inhalten der Art. 1 und 20 GG decken. Es wird davon ausgegangen, dass jemand bestimmte Grundrechte gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung missbraucht. Dementsprechend leitet sich aus deren Schutz die Rechtfertigung, z.B. für die Beschränkung der Freizügigkeit, für Abhörmaßnahmen oder für ein Parteienverbot ab.178 Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der SRP 1952 gehören zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung mindestens die folgenden Prinzipien, die dementsprechend von niemandem angetastet werden dürfen: „die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht auf Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“179 Das zweite Staatsstrukturprinzip der Bundesrepublik Deutschland ist der Rechtsstaat wie er in den Art. 20 und 28 GG festgeschrieben steht. Demnach garantiert der Rechtsstaat die Grund- und Menschenrechte, einen umfassenden Gerichtsschutz, die Trennung der Judikative von der Exekutive und Legislative, das strafrechtliche Rückwirkungsverbot, die Habeas-Corpus-Garantien, die Gesetzmäßigkeit der Exekutive, den Anspruch auf einen gesetzlichen Richter und auf rechtliches Gehör sowie die Unterordnung staatlicher Organe unter gesetzli-
177
Jesse, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Berlin 1978, S. 24. 178 Vgl. Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 149. 179 Jesse, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Berlin 1978, S. 25.
60
chen Vorgaben.180 „Grundanliegen der Rechtsstaatsidee und des Rechtsstaatsprinzips ist die Humanisierung der Staatsgewalt durch den Vorrang des Rechts gegenüber der Macht.“181 Im Vergleich zum Rechtsstaat der Weimarer Republik wurde dem formellen Rechtsstaatspostulat noch ein materieller hinzugefügt, dessen Aufgabe es ist, den bundesrepublikanischen Rechtsstaat vor Missbrauch zu schützen. „Staatliches Handeln muss nicht nur in formell korrekten Formen erfolgen, sondern auch unter Beachtung elementarer, sich aus der Garantie der Menschenwürde ableitenden Grundwerte.“182 Die Abschaffung der Todesstrafe gehört ebenfalls zum Rechtsstaat im Sinne des Grundgesetzes, da sie sich „mit der humanen Rechtssprechung nur schwer vereinbaren läßt“183. Dabei sollen die Grundrechte, sowohl die Freiheits- und Entfaltungsrechte der Individuen garantieren als auch die staatlichen Organe in ihrem Umgang mit den Bürgern festlegen.184 Die strikte Gesetzesbindung von Regierung und Verwaltung ist ein zentrales Merkmal des Grundgesetzes, welches sich zum einen auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze und zum anderen auf das Gewohnheitsrecht bezieht. Die Exekutive ist ausschließlich auf der Basis einer gesetzlichen Ermächtigung berechtigt in die Rechtssphäre der Bürger einzugreifen. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtswirkungen abzugrenzen und darf dieses nicht der Exekutive überlassen und zwar im Sinne einer Voraussehbarkeit staatlicher Eingriffe für den Bürger.185 Bei der Gewaltenteilung handelt es sich aber nicht um eine absolute Trennung, sondern um ein Zusammenspiel von wechselseitiger Verschränkung, Kontrolle und Mäßigung. „Zugunsten menschlicher Würde und individueller Freiheit soll die vom Grundgesetz konstituierte Gewaltenteilung ein System hoheitlicher Machtverteilung ermöglichen, das den sonst unerträglichen Druck der Staatsgewalt mäßigt und melioriert.“186 Zu den grundlegenden Verfassungsprinzipien ist ebenfalls der Sozialstaat zu rechnen, der lediglich durch die Formulierung des ‚sozialen Rechtsstaates‘ im Grundgesetz (Art. 28 Abs. 1) verankert ist. Das Sozialstaatsprinzip ist „kein 180
Vgl. Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 139ff. Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 154. 181 Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 154. 182 Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 141. 183 Jesse, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Berlin 1978, S. 29. 184 Vgl. Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 141. 185 Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 165f. 186 Ebd., S. 157.
61
bloßes Programm, sondern ein unverbrüchlich geltender Kernbestand der Demokratie der Bundesrepublik Deutschland“187, an dem nicht gerüttelt werden kann, sondern als regulative Idee, welche zu einer Gestaltung aufruft, zu verstehen ist.188 Er legt die sozialen Voraussetzungen „für ein gedeihliches Leben, die wirtschaftliche Basis für die Entfaltung der freien Persönlichkeit und die gesellschaftlichen Bedingungen für die Wahrnehmung der demokratischen Rechte geschaffen werden“189. Darüber hinaus soll er große Wohlstandsunterschiede abbauen, eine materielle Verelendung durch Krankheit, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit verhüten sowie ein Existenzminimum sicherstellen. Das Korrigieren der Marktwirtschaft sowie die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit stellen seine zentralen Anliegen dar.190 Im Unterschied zu sozialistischen Ideologien orientiert sich der soziale Rechtsstaat an der individuellen Freiheit und der persönlichen Selbstentfaltung.191 Das Prinzip des Bundesstaates (Art. 20 GG) gehört ebenfalls zu den verfassungsrechtlich unantastbaren Prinzipien der Bundesrepublik Deutschland. Abgesehen von den bundesstaatlichen Traditionen Deutschlands sollte die Wiedereinführung des Bundesstaates durch das Grundgesetz 1949 eine zusätzliche Stufe der Gewaltenteilung und damit eine Hürde gegen Machtmissbrauch schaffen. Eine uneingeschränkte Regelungsgewalt fällt in einem Bundesstaat weder dem Bund noch den Ländern zu, vielmehr findet eine Aufgabenteilung der verfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen statt. So tritt neben der horizontalen Gewaltenteilung der Gesetzgebungsorgane noch eine vertikale Teilung zwischen dem Bund und seinen Ländern, die sich in der Bundesrepublik Deutschland im Bundesrat manifestiert. Daneben ist der Bundesrat aber auch noch neben den anderen Bundesorganen an der horizontalen Gewaltenteilung beteiligt.192 Die Gefahr eines Machtmissbrauchs nimmt dementsprechend ab, wohingegen die Kontrollmechanismen zunehmen. Die grundlegenden Vorteile des Bundesstaates gegenüber dem Einheitsstaat liegen im Schutz der individuellen Freiheiten sowie der regionalen Vielfalt. Die Bundesländer verfügen zwar über ihre eigene Landesverfassung kraft der verfassungsgebenden Gewalt ihrer Bürger, dennoch schreibt das Grundgesetz ein Minimum an inhaltlicher Übereinstimmung zwi187
Jesse, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Berlin 1978, S. 30. 188 Vgl. ebd., S. 31. 189 Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 136. 190 Vgl. ebd., S. 136f. 191 Vgl. Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 189. 192 Vgl. Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 134f.
62
schen dem Grundgesetz und den Landesverfassungen nach den Prinzipien des demokratischen, republikanischen und sozialen Rechtsstaates vor. Sinn und Zweck ist die innere Harmonie der Bundesrepublik sowie die föderale Funktionsfähigkeit.193 Gegenüber anderen föderalistischen Systemen unterscheidet sich der bundesrepublikanische Bundesstaat doch erheblich, insbesondere die starke bürokratische und gouvernementale Prägung, in der die Parlamente vor allem der Bundesländer nur an zweiter Stelle stehen. „Diese exekutive Gestalt des bundesdeutschen Föderalismus ist der Ausfluss der einschlägigen Detailregelungen im Grundgesetz, mehr noch der auf Kooperation und Konsens angelegten Kultur Deutschlands, in der Dissens und Konflikt nach Möglichkeit vermieden werden.“194 Jener kooperative Föderalismus liegt vor allem in dem Anspruch begründet, nachdem es möglichst geringe Unterschiede in den staatlichen Leistungsangeboten und somit im Lebensstandard der Bundesbürger geben soll, der sich nicht zuletzt in der grundgesetzlichen Formulierung des sozialen Bundesstaates (Art. 20 Abs. 1) widerspiegelt.195 An der Spitze der bundesrepublikanischen Verfassungsprinzipien steht jedoch die Achtung vor der Menschenwürde; sie bildet das Fundament der deutschen Verfassungsordnung. In Anbetracht der nationalsozialistischen Verbrechen setzte der Parlamentarische Rat die ethische Erkenntnis, nach der ein jedes Individuum einen Eigenwert besitzt und darum „Anspruch auf Anerkennung seiner Individualität hat“196. Die Achtung der Menschenwürde ist allen Verfassungsprinzipien übergeordnet, auch dem der Demokratie. Pluralistische Vielfalt: Der Tatsache geschuldet, dass sich heutzutage annähernd jeder Staat als Demokratie bezeichnet, ist eine vergleichende Betrachtung nur unter Hinzunahme eines qualifizierenden Merkmals möglich. Westliche Demokratien beziehen sich hier auf den Begriff des Pluralismus. Im begrifflichen, aber auch unspezifischen Sinn, bedeutet Pluralismus ‚Vielheit‘. In einem spezifischeren Gebrauch ist unter Pluralismus eine Vielheit zu verstehen, deren einzelne Elemente untereinander in Beziehung stehen. Dabei sind diese nach Steffani „im wesentlichen als voneinander unabhängig, gleichberechtigt und autonom [zu sehen]; sie stehen miteinander durchaus im Verhältnis des Wettbewerbs und des Konflikts, nicht jedoch in dem hierarchischer Zuordnung oder dem der Subordination“197. Der Pluralismus ist zwar lediglich ein formales 193
Vgl. Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002, S. 175. 194 Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007, S. 135. 195 Vgl. ebd., S. 136. 196 Ebd., S. 128. 197 Steffani, Winfried: Pluralistische Demokratie. Studien zur Theorie und Praxis, Opladen 1980, S. 15.
63
Strukturprinzip, er hängt dennoch von einer speziellen Werteorientierung ab, deren Werte andererseits im weltanschaulich neutralen Verfassungsstaat auch keine Verwirklichung fänden.198 Nach Oberreuter basiert das Pluralismuskonzept auf vier Grundannahmen: Erstens, der Pluralismus negiert nicht die Interessenvielfalt; die vorhandene gesellschaftliche Heterogenität bejaht und legitimiert er. Zweitens, er steht zwischen Konflikt und Konsens; eine Konfliktregelung wird erst durch einen Konsens möglich, wobei sich dieser auf die Legitimation des Konflikts erstrecken muss. Drittens, als regulative Vorstellung gilt im Pluralismus das Gemeinwohl, welches sich nicht vorschreiben lässt. Dennoch wirkt es in vielen Bereichen als Motivation, wie etwa für Regierungen.199 „D.h., Gemeinwohl ist verhaltensleitendes Prinzip, jedoch auf der Basis der Anerkennung und Legitimierung pluraler Gemeinwohlkonzeptionen. Dazu in diametralem Gegensatz steht die Vorstellung eines vorgegebenen, objektiv erkennbaren und im politischen Prozeß sozusagen exekutierbaren Gemeinwohls.“200 Viertens, die Grundlage des Pluralismuskonzepts findet sich in der Konkurrenztheorie, die im Gegensatz zur Identitätstheorie der Demokratie nicht von einem homogenen Gesellschaftsbild ausgeht und dieses u. U. durch Vernichtung erreichen möchte, sondern auf der Basis gesellschaftlicher Heterogenität basiert. Wenngleich Toleranz das wichtigste Merkmal der Pluralismuskonzeption ist, so gilt dieses nur bis zu jenem Punkt, an dem sie beseitigt werden soll. „Die Verteidigung dieses zu recht schmal gehaltenen Basiskonsensus – das Konzept der wehrhaften Demokratie z.B. – ist also alles andere als pluralitätsfeindlich, weil mit diesem Sektor zugleich immer Pluralität gegen zerstörerische Angriffe verteidigt wird.“201 Antitotalitärer/antiextremistischer Konsens: Der antitotalitäre/antiextremistische Konsens gilt als einer der zentralen Bestandteile des deutschen Verfassungslebens; seinen Ursprung findet er in den Verfassungsberatungen zur Gründung eines provisorischen westdeutschen Staates. Der Gründungskonsens, wie er in den Verhandlungen des Parlamentarischen Rates zum Ausdruck kam, beinhaltete die parteiübergreifende „Ablehnung jeglicher Willkürherrschaft begünstigender Tendenzen“202. Die Frage nach dem Demokratieschutz rückte, unter dem noch frischen Eindruck des Nationalsozialismus sowie der Ereignisse in der sowjetischen Besatzungszone, in den Mittelpunkt der Verhandlungen und führte zur Entstehung eines antitotalitären Konsenses, der von allen Parteien – mit 198
Vgl. Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Opladen 2006, S. 226ff. Oberreuter, Heinrich: Pluralismus und Antipluralismus. in: Oberreuter, Heinrich (Hrsg.): Pluralismus. Grundlegung und Diskussion, Opladen 1980, S. 28. 199 Vgl. Oberreuter, Heinrich: Pluralismus und Antipluralismus. in: Oberreuter, Heinrich (Hrsg.): Pluralismus. Grundlegung und Diskussion, Opladen 1980, S. 28. 200 Ebd. 201 Ebd., S. 25. 202 Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Vergleichende Extremismusforschung. Baden-Baden 2005, S. 185.
64
Ausnahme der KPD – getragen wurde. Als ausschlaggebend erwies sich die Angst vor einem Schicksal, wie es der Weimarer Demokratie widerfuhr.203 Linke wie rechte Demokraten sollen, unabhängig von ihren politischen Divergenzen, gleichermaßen gegen Kommunismus und Nationalsozialismus kämpfen. Da jedoch sowohl der Kommunismus als auch der Nationalsozialismus in seiner Reinform heute nur noch sehr selten in der Bundesrepublik anzutreffen ist, entwickelte sich der antitotalitäre hin zu einem antiextremistischen Konsens. Uwe Backes und Eckhard Jesse plädieren daher für einen antiextremistischen Konsens.204 Jesse begründet dieses aus zwei Motiven: „Zum einen sollte man den Begriff ‚totalitär’ nur für spezifische antidemokratische Richtungen an der Macht gebrauchen; zum anderen suggeriert ‚totalitär’ eine derart aggressive Haltung, die in der heutigen Zeit selbst bei extremistischen Kräften kaum mehr anzutreffen ist.“205 Nach Backes/Jesse206 besteht er aus vier Bedeutungsebenen: Zunächst umfasst er die Negation des politischen Extremismus, dem Pendant des demokratischen Verfassungsstaates. „Als extremistisch gelten all jene Gesinnungen und Bestrebungen, die sich gegen fundamentale Werte (im Zentrum: die Idee der Menschenrechte) und Verfahrensregeln (vor allem Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenkontrolle, politischer Pluralismus) demokratischer Verfassungsstaaten richten.“207 Zweitens, der antitotalitäre/antiextremistische Konsens verlangt von den Befürwortern des demokratischen Verfassungsstaates, unabhängig von ihren politischen Weltanschauungen, den Einsatz gegen jegliche Art „der geistigen und politisch-praktischen Unterminierung“208 der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dabei geht er von einer wertgebundenen Toleranz aus, die dort an ihre Grenzen stößt, wo sie mit dem Ziel der Intoleranz missbraucht wird. Drittens, die wertgebundene Toleranz verpflichtet zu einer Abwehrhaltung gegen jede Form der Aufweichung von Freiheit und Menschenrechten. Wer das eine Extrem verteidigt, kann kein glaubwürdiger Verfechter des demokratischen Verfassungsstaates sein. Viertens, die Verteidigung des demokratischen Verfassungsstaates mit seinen zentralen Bestandteilen Freiheit und Menschenrechte 203
Vgl. Backes, Uwe: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart, Göttingen 2006, S. 189. 204 Vgl. Peters, Tim: Der Antifaschismus der PDS aus antiextremistischer Sicht. Wiesbaden 2006, S. 39. Backes, Uwe: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart, Göttingen 2006, S. 189-193. 205 Jesse, Eckhard: Antiextremistischer Konsens. Von der Weimarer Republik bis zur Gegenwart, in: Kick, Karl G./Stephan Weingarz/Ulrich Bartosch (Hrsg.): Wandel durch Beständigkeit. Studien zur deutschen und internationalen Politik, Berlin 1998, S. 154. 206 Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Antiextremistischer Konsens – Prinzipien und Praxis. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 12. Jg., Baden-Baden 2000, S. 13-30. 207 Ebd., S. 14f. 208 Ebd., S. 15
65
lehnt die besessene Verfolgung von Extremisten rigoros ab, da ein Fanatismus der Freiheit zwangsläufig ihre Vernichtung zur Folge hätte.209
Tabelle 2:
Kriterien: Demokratie
Kriterium Einstellung zur Demokratie (allgemein) Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat
Pluralistische Vielfalt
Antitotalitärer/antiextremistischer Konsens
209
Konkretisierung Identitätstheorie vs. Konkurrenztheorie -
Verfassungsprinzip der Demokratie (indirekte, repräsentative, parlamentarische Demokratie; FDGO) - Rechtsstaat - Sozialstaat - Bundesstaat - An der Spitze der bundesrepublikanischen Verfassungsprinzipien steht die Achtung vor der Menschenwürde; sie bildet das Fundament der deutschen Verfassungsordnung. Grundannahmen des Pluralismuskonzeptes: 1) bejaht und legitimiert die gesellschaftliche Heterogenität 2) steht zwischen Konflikt und Konsens 3) als regulative Vorstellung gilt im Pluralismus das Gemeinwohl, welches sich jedoch nicht vorschreiben lässt 4) Grundlage ist die Konkurrenztheorie210 - Linke wie rechte Demokraten sollen, unabhängig von ihren politischen Divergenzen, gleichermaßen gegen Kommunismus und Nationalsozia-
Ebd., S. 14f. Vgl. Oberreuter, Heinrich: Pluralismus und Antipluralismus. in: Oberreuter, Heinrich (Hrsg.): Pluralismus. Grundlegung und Diskussion, Opladen 1980, S. 28. 210
66
-
lismus kämpfen. 4 Bedeutungsebenen211 1) Negation des politischen Extremismus 2) Einsatz gegen jegliche Art der geistigen und politischpraktischen Unterminierung der FDGO 3) Wertgebundene Toleranz verpflichtet zu einer Abwehrhaltung gegen jede Form der Aufweichung von Freiheit und Menschenrechten 4) Verteidigung des demokratischen Verfassungsstaates mit seinen zentralen Bestandteilen von Freiheit und Menschenrechte lehnt die besessene Verfolgung von Extremisten rigoros ab
2.4 Wertewandel in der Bundesrepublik Seit Mitte der 1970er Jahre stellt der Wertewandel, als ein einschneidendes soziales Phänomen, ein zentrales Anliegen von Wissenschaft und Öffentlichkeit dar. Nachdem sich die ersten Anzeichen bereits in den 1960er Jahren abzeichneten, erlang er schnell Eingang in die empirische Werteforschung, aber auch in Wirtschaft und Politik nahm er seinen festen Platz ein, vornehmlich als Mittel der Analyse und in der Werbung. „In erster Linie dient er aber als neuartiges und zunehmend wichtiges Erklärungs- und Interpretationsmuster für soziale Wandlungsprozesse, die seit geraumer Zeit mit bislang unbekanntem Ausmaß und Tempo ablaufen.“212 Diese Prozesse betreffen nahezu alle Lebensbereiche und kommen sowohl als Individualisierung, Pluralisierung oder auch als Entstrukturierung der Lebensumstände zum Vorschein.213 Bereits Nietzsche erkannte in seiner Wertphilosophie Ende der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts den 211 Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Antiextremistischer Konsens – Prinzipien und Praxis. in: Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 12. Jg., Baden-Baden 2000, S. 14f. 212 Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 1. 213 Vgl. ebd.
67
nicht-göttlichen Charakter von Werten, die somit auch keine Naturgegebenheit darstellen. Vielmehr entwickelten sie sich nach Nietzsche historisch, als Produkt menschlichen Zusammenlebens und insbesondere der gesellschaftlich verfestigten menschlichen Ungleichheit. Dabei führt das Zusammenspiel von Macht, Herrschaft und Emotionen zur Entstehung und zum Wandel von Werten.214 Doch was genau ist unter dem Begriff ‚Wert‘ zu verstehen. Bereits 1969 wurde in einer Untersuchung eine Anzahl von 180 Definitionen zu dem Ausdruck ‚Wert‘ und seinen Synonymen festgestellt.215 „Werte sind verinnerlichte Verhaltensstandards, die von einer Person im Prozeß der Erziehung bzw. Sozialisation, der wiederum in ein bestimmtes kulturelles Umfeld eingebettet ist, erworben werden. Als solche sind sie in einem strengen wissenschaftlichen Sinne weder beweisnoch ableitbar, vielmehr sind sie das Ergebnis historisch-kultureller Entwicklungen. Von ihrer Struktur her gesehen sind sie in den Individuen prinzipiell tiefer verankert und daher weniger veränderbar als Meinungen, Urteile, Einstellungen oder Bedürfnisse.“216
Werte helfen dem Menschen sowohl bei der Bildung von Selbstkonzepten als auch von umweltbezogenen Konzepten und beeinflussen somit den Lebensstil des Individuums. Ihr Fehlen führt häufig zu Sinn- und Identitätsverlusten. „Werte haben so auf der personalen Ebene die wichtige Aufgabe, kognitive Orientierungen und Standards des individuellen Handelns über die Auswahl von Mitteln und Zielen zu steuern und zu regulieren. (…) Analoges gilt für das Wertsystem auf der gesellschaftlichen Ebene. Auch müssen Handlungen und Entscheidungen motiviert, legitimiert werden, und auch hier haben Werte eine sinn- und identitätsstiftende, die Integration und Stabilität des Ganzen begründende Funktion.“217
Sie stellen Konzepte des Wünschenswerten dar, welche situationsübergreifend wirken, was sie wiederum von Normen abgrenzt. Gleichwohl gehören sie einer höheren Abstraktionsebene als Normen an. Werte sind „persönlichkeitsstrukturell relativ stabil und langfristig verankerte Vorstellungen des gesellschaftlich Wünschbaren und ‚dienen als Standards der Bewertung sozialer Tatbestände, wodurch es einzelnen Personen möglich ist, Präferenzen zwischen verschiedenen Wünschbarkeiten zu entwickeln’.“218 214 Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 16. 215 Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 4. 216 Ebd. [Hervorhebung im Original] 217 Ebd. 218 Lutz, Felix Philipp: Geschichtsbewusstsein und individuelle Wertsysteme. in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 275.
68
Ihren Durchbruch erlebte die Wertewandelforschung in den 1970er Jahren hauptsächlich durch Ronald Inglehart und Helmut Klages. Grundsätzlich kann von drei sich widerstreitenden Erklärungsansätzen gesprochen werden219: Der amerikanische Politikwissenschaftler Ronald Inglehart etablierte sich ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts als der herausragende und international bekannte, aber auch kontrovers diskutierte Wertewandelforscher. Er prägte die Wertewandelforschung insbesondere durch seine Studie ‚The Silent Revolution‘220 von 1977, in der er seine Theorie basierend auf einer Kombination der Mangel- und Sozialisationshypothese vorstellte. Die Mangelhypothese besagt: Menschen bevorzugen Dinge, die nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Dagegen geht die Sozialisationshypothese davon aus, dass im Jugendalter erworbene Orientierungen künftig schwierig zu ändern sind. Unabhängig von historischen Umständen oder individuell erlebten Ereignissen, die jeweils Bedeutung haben, lassen sich dennoch allgemein gültige Aussagen aus der Verbindung beider Hypothesen ableiten: Die Zunahme wirtschaftlicher und sozialer Sicherheit seit Ende des Zweiten Weltkrieges führt nach Inglehart dazu, dass neue Generationen mehr Wert auf so genannte postmaterialistische Ziele legen wie etwa Gleichberechtigung, Demokratisierung oder Umweltschutz, weniger auf materialistische Ziele wie wirtschaftliches Wachstum, Gewinn oder Anerkennung von Autoritäten.221 Er kommt zu dem Schluss: Individuelle Wertesysteme entwickeln sich maßgeblich danach, ob das Individuum in einer instabilen Mangelgesellschaft oder in einer stabilen Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen ist: „Die Sozialisation in einer Mangelgesellschaft – die durch Armut, wenig Sicherheit und hohe Gefährdung des individuellen Überlebens gekennzeichnet ist – führt zur Ausprägung materialistischer Wertdominanzen. Dagegen begünstigt eine hochentwickelte Wohlstandsgesellschaft – die einen hohen Lebensstandard, einen hohen Grad der Sicherheit, eine stabile Demokratie 219
Vgl. hierzu auch: Hepp, Gerd F.: Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement – Perspektiven für die politische Bildung. in: APuZ B 29/2001, S. 31f. 220 Inglehart, Ronald: The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles among Western Publics, Princeton/New Jersey 1977. 221 Zur Messung von materialistischen und postmaterialistischen Wertprioritäten verwendet Inglehart eine Liste mit folgenden Zielen. Materialistische Wertprioritäten: Aufrechterhaltung der Ordnung in der Nation; Kampf gegen Verbrechen; Sicherung von starken Verteidigungskräften für dieses Land; eine stabile Wirtschaft; Kampf gegen steigende Preise; Erhaltung eines hohen Grades von wirtschaftlichem Wachstum. Postmaterialistische Wertprioritäten: verstärktes Mitspracherecht der Menschen bei wichtigen Regierungsentscheidungen; verstärktes Mitspracherecht der Menschen an ihrem Arbeitsplatz und in ihren Gemeinden; Schutz der freien Meinungsäußerung; Fortschritt auf eine humanere, weniger unpersönliche Gesellschaft hin; Fortschritt auf eine Gesellschaft hin, in der Ideen mehr zählen als Geld; Versuche, unsere Städte und ländlichen Gebiete zu verschönern. [Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdieckhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 20.]
69
und eine erhebliche Verlängerung der durchschnittlichen Lebenserwartung bietet – bei den nachwachsenden Individuen die Herausbildung postmaterialistischer Wertdominanzen.“222
Der kontinuierliche Verlauf des Generationenwechsels führt unaufhaltsam zu einer Zunahme der Postmaterialisten in einer Gesellschaft, da die älteren, mehrheitlich materialistisch eingestellten Generationen durch die jüngeren, vorwiegend postmaterialistischen Generationen ersetzt werden.223 „Der Wertewandel sorgt auf der Basis hoher individueller Mobilisierung für hohe Engagementbereitschaft und bringt so den Durchbruch in Richtung umfassend partizipativer und freiheitlicher Ziele. Im Zuge emanzipatorischer Werteentwicklungen können dann in der postmaterialistischen Gesellschaft die traditionellen Sekundärtugenden weithin obsolet werden.“224 Es kommt also zu einer nach Inglehart ‚stillen Revolution‘, die zu einem tief greifenden Wertewandel führt. Diese Entwicklung vollzieht sich in allen westlichen Industrienationen gleichermaßen.225 „Allerdings ist der Unterschied zwischen der Vor- und Nachkriegsgeneration in Deutschland natürlich nicht allein in Begriffen von sozialer und wirtschaftlicher Sicherheit zusammenzufassen, da die ‚braunen Halbschatten’ genau hier ihre Auswirkung zeigen.“226 Die Wertewandelforschung wurde zu einem großen Teil durch die kritische Auseinandersetzung mit der Theorie Ingleharts bestimmt. Insbesondere sein eingeengtes Erklärungskonzept sowie sein Messinstrument mussten sich starker Kritik aussetzen. Ein weiterer Vorwurf betraf die wenig trennscharfen Begriffsdefinitionen von Wert und Einstellung. Hinzu kam die allgemeine Infragestellung seiner Postmaterialismustheorie, da infolge wirtschaftlicher Krisenerscheinungen sowie langfristig hoher Arbeitslosenzahlen materialistische Wertprioritäten auch in jungen Generationen wieder Auftrieb erhielten.227 Im Gegensatz zu Inglehart steht Elisabeth Noelle-Neumann für eine kulturpessimistische These, die von einem andauernden Werteverfall seit 1968 spricht. 222 Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 21. 223 Vgl. ebd. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 13ff. Meulemann, Heiner: Werte- und Wertwandel. Zur Identität einer geteilten und wieder vereinten Nation, München 1996, S. 31ff. 224 Hepp, Gerd F.: Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement – Perspektiven für die politische Bildung. in: APuZ B 29/2001, S. 31. 225 Vgl. Deth, Jan W. van: Wertewandel im internationalen Vergleich. Ein deutscher Sonderweg? in: APuZ B 29/2001, S. 24f. 226 Ebd., S. 25. 227 Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 22.
70
Zurückzuführen ist dieser nach Noelle-Neumann anhand der folgenden Tendenzen: Infragestellung von Autoritäten und Hierarchien; Bindungsverluste an Gemeinschaften, an Kirche und Religion; abnehmender Gemeinsinn sowie sinkende Bereitschaft zum politischen Engagement; individuelle Anspruchsinflation sowie die Erosion von Sekundärtugenden und bürgerlicher Leistungs- und Arbeitsethik.228 Als eine der Ursachen für den Wertewandel in der Bundesrepublik sieht Elisabeth Noelle-Neumann die Rolle Theodor Adornos und der Frankfurter Schule innerhalb der Studentenbewegung. Nach Adorno müsse die Weitergabe von Werten von den Eltern an die Kinder unterbrochen werden, da nur so neuerliche Verbrechen, wie unter dem Nationalsozialismus zu verhindern seien. Er sah in der autoritären Erziehung die Basis für das Dritte Reich, die die Kinder zu willenlosen Gehorsam zwang. Daher sollte es zu einer Trennung der Kinder- von der Eltern-Generation kommen. Ob Adorno wirklich als eine Ursache des Wertewandels herangezogen werden kann oder nur Noelle-Neumanns Ablehnung des Marxismus geschuldet ist, bleibt dahingestellt.229 Den dritten Erklärungsansatz vertritt Hellmut Klages; er nimmt eher eine mittlere Position zwischen Inglehart und Noelle-Neumann ein. „Er konstatiert einen generellen Megatrend in Form einer Gewichtsverlagerung von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungswerten, wobei er die Existenz unterschiedlicher Wertdimensionen und Wertkombinationen wie auch die Möglichkeit konstruktiver und destruktiver Wertsynthesen unterstreicht.“230 Klages sieht im Wertewandel nicht einen reinen Werteverlust, sondern betont seine Vielseitigkeit, die neben einem Risiko auch eine Chance darstellt und keineswegs ein reines Verlustgeschäft ist. Im Gegensatz zu Inglehart besticht der Ansatz von Klages durch eine größere ausdifferenzierte, zweidimensionale Betrachtungsweise, die umfangreiche Wertmischungen in Form von spezifischen Wertetypen wahrnimmt.231 Auf der Basis von breiten empirischen Studien, die Klages mit Mitarbeitern der Speyerer Forschungsgruppe durchführte, entwickelte er zwei globale, miteinander divergierende Wertegruppen, die innerhalb der Gesellschaft unterschiedliche Mischverhältnisse aufweisen: Pflicht- und Akzeptanzwerte contra Selbstentfaltungswerten. Unter Pflicht- und Akzeptanzwerte versteht Klages dabei: Disziplin, Gehorsam, Leistung, Ordnung, Pflichterfüllung, Treue, Unterordnung, Selbstbeherrschung, Pünktlichkeit, Anpassungsbereitschaft, Füg228
Vgl. Hepp, Gerd F.: Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement – Perspektiven für die politische Bildung. in: APuZ B 29/2001, S. 31f. 229 Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth/Thomas Petersen: Zeitenwende. Der Wertewandel 30 Jahre später, in: APuZ B 29/2001, S. 17. 230 Hepp, Gerd F.: Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement – Perspektiven für die politische Bildung. in: APuZ B 29/2001, S. 32. 231 Vgl. ebd.
71
samkeit, Enthaltsamkeit sowie Opferbereitschaft. Demgegenüber stehen die Selbstentfaltungswerte: Emanzipation (von Autoritäten), Gleichbehandlung, Gleichheit, Demokratie, Partizipation, Autonomie (des Einzelnen), Genuss, Abenteuer, Spannung, Abwechslung, Ausleben emotionaler Bedürfnisse, Kreativität, Spontaneität, Selbstverwirklichung, Ungebundenheit und Eigenständigkeit. Im Zentrum des Wertewandels sieht Klages eine Entwicklung von abnehmenden Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu zunehmenden Selbstentfaltungswerten. Im Gegensatz zu der stillen Revolution von Inglehart erkennt Klages einen starken Wertewandelschub zu Beginn der 1960er Jahre, der nach etwa 14 Jahren zum Abschluss gekommen ist.232 Zum ersten Mal seit dem Anfang des 18. Jahrhunderts änderten sich nicht nur einzelne Werte, sondern die gesamte bisherige Art von Regeln und das Bewusstsein der Lebensführung wurden in Frage gestellt.233 Als Ergebnis kommt es zu einer Verschiebung von einem nomozentrischen zu einem autozentrischen Selbst- und Weltverständnis.234 Als Ursachen sieht Klages nicht nur den gestiegenen Wohlstand und den Ausbau des Sozialstaates, sondern auch die sogenannte Medien- und Bildungsrevolution. Auf die Bundesrepublik bezogen, spielte ebenso das „nationalgeschichtlich bedingte Demokratiedefizit“235 eine Rolle. Er erkennt in ihm ein nicht umkehrbares zeithistorisches Ereignis, welches zu einer enormen Aushöhlung der Pflicht- und Akzeptanzwerte führte. „Mit der Gewichtsverlagerung zu den Selbstentfaltungswerten sei eine Subjektivierung der Wertentwicklung einhergegangen, in der das originäre Selbst, die eigenen Lebensinteressen, zur Leitinstanz des Denkens und Fühlens und Handelns aufgerückt seien. Dies bedeute für das Individuum aber häufig auch eine Überforderung, zumal seit dem Ende des Wertewandelschubs bei einem Großteil der Bevölkerung situativ bedingt heftige Wertschwankungen und Wertlabilitäten zu beobachten seien.“236
Folglich stehen einem erhöhten Streben nach Selbstentfaltung und gewachsenen Ansprüchen auch negative Resultate gegenüber, die Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung zeigen: Es kommt zu einer größeren „Empfindlichkeit gegenüber faktischen oder vermuteten Widerständen, Einschränkungen, Selbstständigkeitsgefährdungen aus dem Raum der gesellschaftlichen Umwelt. Autoritativen Außenanforderungen, hierarchisch geordneten Sozialzusammenhängen, regulativen Normen, traditionellen Moralprinzipien oder auch sozialen Selbst232
Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 18f. Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth/Thomas Petersen: Zeitenwende. Der Wertewandel 30 Jahre später, in: APuZ B 29/2001, S. 16. 234 Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 18f. 235 Ebd., S. 19. 236 Ebd., S. 20. [Hervorhebung im Original] 233
72
verständlichkeiten begegnet man mit gewachsenen Argwohn.“237 Für die politische Kultur erkennt Klages hierbei hauptsächlich negative Folgen. So ist zwar eine generelle Erhöhung der Demokratiezufriedenheit und deren Akzeptanz mit dem Wertewandel einhergegangen238, allerdings führte er auch zu einer stärkeren Demokratieverdrossenheit und Protestbereitschaft (hierunter fallen ebenso unkonventionelle Beteilungsarten), eine diffuse Systemlegitimität, mangelndes Staatsvertrauen sowie einem utilitaristischen Demokratieverständnis.239 Die These, wonach ein enger Zusammenhang zwischen Demokratieakzeptanz und Wertewandelschub besteht, konnte durch verschiedene Untersuchungen240 nachgewiesen werden. Die Selbstentfaltungswerte, wie etwa der Wunsch nach mehr Selbst- und Mitbestimmung sowie Autoritäten und Hierarchien nicht mehr fraglos hinzunehmen, stehen einer Untertanenkultur konträr entgegen. Daher kann angenommen werden, dass der Wertewandelschub entschieden beim Durchbruch der Demokratieakzeptanz wirkte.241 „Dominierte in der Ära Adenauer weitgehend ein formalistisch-abstraktes, stark gouvernemental ausgerichtetes Bekenntnis zur Demokratie, so hat hier der Wertewandel in der Folgezeit für nicht unerhebliche Modifizierungen gesorgt. Vor allem die antiautoritäre Studentenbewegung stellte hier eine wichtige Zäsur dar, da sie die allzu einseitige Ausrichtung der Elterngeneration auf Pflicht-, Ordnungs- und Kollektivwerte ihrerseits nun ins krasse Gegenteil verkehrte. Dies blieb nicht ohne gesamtgesellschaftliche Folgen. Traditionelle politische Denkmuster, die der Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur bislang im Wege standen, wurden nun auch in weiten Teilen der Bevölkerung zunehmend fragwürdiger, sodaß demokratiekonforme Auffassungen und Verhaltensdispositionen sich nach und nach durchsetzen konnten.“242
Eine Weiterentwicklung der These von den Pflicht- und Akzeptanzwerten sowie den Selbstentfaltungswerten stellt das von Klages entwickelte Konzept der Wertsynthese dar. Danach stehen sich Selbstentfaltungswerte sowie Pflicht- und Akzeptanzwerte nicht mehr unversöhnlich gegenüber, sondern fügen sich im Zustand der Wertsynthese zu einer zwanglosen Verknüpfung zusammen und ergänzen sich gegenseitig. Hieran anlehnend entwarf er für die Bundesrepublik Deutschland fünf Wertetypen, die eine bessere Untersuchung des gegenwärtigen
237
Ebd., S. 21. Zur Entwicklung der Einstellung gegenüber der Demokratie in der Bundesrepublik vgl. auch: Meulemann, Heiner: Werte und Wertewandel. Zur Identität einer geteilten und wieder vereinten Nation, München 1996, S. 94-106. 239 Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 21. 240 Vgl. u.a. Fuchs, Dieter: Die Unterstützung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 1989. 241 Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 112. 242 Ebd. 238
73
Wertewandels erlauben als die Gegenüberstellung von Materialisten und Postmaterialisten. Konventionalisten: Pflicht- und Akzeptanzwerte nehmen bei ihnen einen hohen Stellenwert ein, wohingegen die Selbstentfaltungswerte lediglich gering ausgeprägt sind. Der Wertewandel hat bei ihnen (noch) nicht gegriffen. Sie reagieren eher ablehnend auf Modernisierungen und bevorzugen Situationen, in denen sie sich an „eindeutigen und veränderungsfesten Sinngehalten und Aufgabenstellungen orientieren und Belohnungen für ein erwartungsentsprechendes Verhalten empfangen können“243. Konventionalisten sind mehrheitlich unter älteren Bevölkerungsschichten zu finden und repräsentieren einen eher rückläufigen Bevölkerungsteil (ca. 17 Prozent 1993). Perspektivenlose Resignierte: Sie stellen einen relativ gleich bleibenden Bevölkerungsanteil (ca. 15 Prozent 1993) dar. Alle drei Wertebereiche sind niedrig ausgeprägt. Sie empfinden den Wertewandel als einen Werteverlust, infolge individueller Misserfolge. Sie streben vorwiegend Nischen an, in denen sie möglichst unter wenig riskanter Eigenverantwortung und -aktivität den Wertewandel überstehen möchten. Aktive Realisten: Sie stellen mit 34 Prozent (1993) den größten Anteil an der bundesdeutschen Bevölkerung. Bei ihnen sind alle drei Wertebereiche infolge der Wertesynthese hoch ausgebildet. Sie reagieren auf verschiedene Situationen pragmatisch, verbunden mit einem starken Erfolgsanspruch und einem hohen Niveau an Eigenaktivität und -verantwortung. Dabei sind die aktiven Idealisten auf flexible und kritikfähige Weise an Institutionen orientiert. Hedonistische Materialisten (‚Hedomats‘): Unter ihnen ist die hedonistischmaterialistische Selbstentfaltung hoch, dagegen die anderen Wertbereiche niedrig ausgebildet. ‚Hedomats‘ (ca. 17 Prozent 1993) zeichnen sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit, die durch das Lustprinzip geleitet wird, aus. Sie nehmen schnell Positionen ein, verlassen diese aber auch wieder sogleich, wenn sie woanders mehr erwarten können. In diesem Zusammenhang nehmen ‚Hedomats‘ auch das Überschreiten von gesellschaftlichen Normen und die Verletzung von Interessen anderer Individuen in Kauf. Nonkonforme Idealisten: Im Gegensatz zum Konventionalisten ist bei ihnen der idealistische Selbstentfaltungswert hoch ausgeprägt, während die übrigen Wertebereiche niedrig vertreten sind. Kennzeichnend für diese Gruppe (ca. 17 Prozent 1993) ist der hohe Grad an Modernisierungsbefürwortung, jedoch verbunden mit hoch angesiedelten Idealen individueller Emanzipation und gesellschaftlicher Egalität. Der reellen Modernisierung stehen sie eher kritisch gegen243
Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 25.
74
über, verbunden mit einer niedrigen Frustrationsrate, die sie in berufliche Nischen treibt.244 Für die Zeit nach Ende des Wertewandelschubs stellt Klages eine wertedynamische Entwicklung im Sinne der Wertesynthese fest. Nach Ergebnissen der Speyerer Forschungsgruppe verringert sich die Gruppe der Konventionalisten weiter, was gleichzeitig nicht zu einem Anwachsen der nonkonformen Idealisten führte. Der Trend in Richtung Selbstentfaltungswerte begünstigt eher die Mischformen. Diese Resultate decken sich auch mit den Ergebnissen aus den Forschungen Ingleharts, der für die 1970/1980er Jahre eine deutliche Zunahme der Mischformen von Materialisten und Postmaterialisten verzeichnete.245 Im Gegensatz zu Inglehart und Klages erkennt Noelle-Neumann eine Werteumkehr seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. „Von nun an gewannen die traditionellen Werte der Höflichkeit, der Arbeitsethik und der Sparsamkeit wieder an Bedeutung.“246 Aber auch Noelle-Neumann geht nicht von einer Umkehr des Wertewandels in seiner Gänze aus, sondern lediglich von einer Renaissance einzelner Werte. Das Anknüpfen an zwischenzeitlich in Vergessenheit geratene Normen und Traditionen ist nach ihr keineswegs ein Anzeichen für eine Rückkehr in die 1950er Jahre.247 Zusammengenommen haben sich seit den 1970er Jahren die folgenden politischen Wertorientierungen durchgesetzt: Demokratie, Mitbestimmung, Menschenrechte, Bürgernähe, Reformfähigkeit, militärische Stärke sowie Macht und Herrschaft. Dagegen gelten als negative Werte bzw. Unwerte: Machtmissbrauch, Gewalt, Willkür, Ausbeutung, Nationalismus, Egoismus, Neid, Verschwendung, Naturzerstörung, Ausbeutung, Intoleranz, Rücksichtslosigkeit und Unaufrichtigkeit. Dabei ist Konsens: Ohne die Eindämmung dieser negativen Werte ist es keiner Gesellschaft auf Dauer möglich zu existieren.248 Infolge des Wertewandels kam es zu einer Qualitätsveränderung der Politik; sie wurde komplizierter, komplexer und spannungsreicher. Alte Schemata und Grenzziehungen verloren ihre Gültigkeit; eine neue Unsicherheit ersetzte bis dahin gültige Selbstverständ-
244
Vgl. ebd., S. 25f. Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 22f. 246 Noelle-Neumann, Elisabeth/Thomas Petersen: Zeitenwende. Der Wertewandel 30 Jahre später, in: APuZ B 29/2001, S. 19. 247 Vgl. ebd. Vgl. zu den Perspektiven des Wertewandels auch: Rödder, Andreas: Werte und Wertewandel: Historisch-politische Perspektiven, in: Rödder, Andreas/Wolfgang Elz (Hrsg.): Alte Werte – Neue Werte. Schlaglichter des Wertewandels, Göttingen 2008, S. 9-24. 248 Vgl. Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 34f. 245
75
lichkeiten und Gewissheiten: Hier soll nur kurz auf die Bedeutungsveränderung des Links-Rechts-Schemata verwiesen werden.249 Die Entstehung neuer sozialer Bewegungen, die steigende politische Demokratisierung sowie die Auseinandersetzungen um den Vietnamkrieg führten zu enormen Veränderungen der Wertkultur in den westlichen Industrienationen. In der Bundesrepublik wurde zum ersten Mal die Demokratie – durch die NPD auf der einen und die 68er-Studentenbewegung auf der anderen Seite – herausgefordert.250 „Das Individuum stellte sich mit seinen Wünschen und Vorbehalten gegen die Institutionen und den Gehorsam in einer formierten Gesellschaft. Wenn die Institutionen den Interessen der Individuen nach Befreiung und Selbstverwirklichung nicht nachkamen, schienen sie ihren Bestandsschutz und ihre Legitimation zu verspielen.“251 Der Wertewandel ist für die Untersuchung der Zeitschrift MUT insofern von Bedeutung, als einige Forscher (u.a. Heitmeyer252) ihn als Erklärung für rechtsextremistische Einstellungen heranziehen. Der Wertewandel von Pflicht- und Akzeptanzwerten hin zu Selbstentfaltungswerten ist für moderne Gesellschaften prägend. Die damit einhergehende zunehmende Individualisierung löst Menschen aus alten Strukturen und fordert von ihnen, ihren eigenen Lebensentwurf zu finden. Da viele damit jedoch überfordert sind, bieten rechtsextremistische Ideologien eine scheinbare Sicherheit mit Lösungsmöglichkeiten. Ein Zusammenspiel von individueller Überforderung und gesellschaftlicher Desintegration führt demnach zu einer Hinwendung zu rechtsextremistischem Gedankengut.
249
Vgl. Hepp, Gerd: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994, S. 2f. Vgl. hierzu auch: Schmitt, Hermann/Jürgen Hofrichter: One or Two Ideological Dimensions? On the Relationship of New Politics and Left-Rigt-Orientation in Western Europe, in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 187-207. Meulemann, Heiner: Gleichheit, Leistung und der Wandel oder Nichtwandel von Werten – Warum die Wahrnehmung realisierter Gleichheit in der Bundesrepublik Deutschland sich nicht verändert hat. in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 100. 251 Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka: Einführung. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 8. 252 Vgl. Heitmeyer, Wilhelm u.a.: Gewalt. Schattenseiten der Individualisierung bei Jugendlichen aus unterschiedlichen Milieus, Weinheim 1995. 250
76
3
Vita des Herausgebers
Bernhard Christian Wintzek wurde am 9. August 1943 in Trachenberg/Schlesien als Sohn der Apothekerin Elsa Wintzek und des Gutsverwalters Paul Wintzek geboren. Mit seiner Familie floh er Ende Februar 1945 nach Norddeutschland. Nach verschiedenen Stationen, u.a. in Bremen, fanden sie Anfang 1951 ihren Wohnsitz in Asendorf (bei Bremen), wo er noch heute lebt und arbeitet. In Asendorf gründete seine Mutter 1951 die Rübezahl-Apotheke, die seine Frau Hilke 1976 und seine Tochter Gesa 2007 übernahmen. Wintzek besuchte von April 1954 bis 1958 das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Nienburg/Weser. Über seine Schulzeit schreibt er: „Als schwieriger Schüler – zwar vielseitig interessiert, aber leicht ablenkbar, einfallsreich und verträumt zugleich – gehörte Lernfleiß trotz der stets von meinen Lehrern hervorgehobenen ‚hohen Begabung’ nicht zu meinen Stärken.“253 Aus diesem Grund – so Wintzek – wechselte er 1958 auf ein Bremer Privatgymnasium, von dem er im Frühjahr 1962 auf eigenem Wunsch, ohne Abitur, abging. Es folgten mehrere Monate in einem Schweizer Internat, wo er sich – nach eigenen Angaben – hauptsächlich mit deutscher Literatur beschäftigte. In die Bundesrepublik zurückgekehrt, meldete sich Wintzek zum Bundesgrenzschutz, bei dem er von Oktober 1962 bis März 1964 Dienst tat.254 Der Entschluss, dort seinen Wehrdienst abzuleisten „ging nicht zuletzt auf den 13. August 1961 zurück.“255 Nach Beendigung seines Wehrdienstes studierte Wintzek – ab April 1964 – an der Sozialpädagogischen Fachschule der Stadt Kassel in Fürstenhagen, an der er am 10. März 1966 die staatliche Prüfung mit der Gesamtnote ‚sehr gut‘ bestand und fortan als Sozialpädagoge tätig werden konnte. Im Anschluss arbeitete Wintzek als Lehrer an der privaten Realschule für Jungen auf Schloß Varenholz in der Nähe von Rinteln/Weser. Am 30. September 1967 heiratete er die Apothekerin Hilke Zempel, mit welcher er zwei Kinder bekam und mittlerweile sechs Enkelkinder hat.256 Von April 1967 bis 253
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 9. Januar 2007, S. 1. Vgl. ebd. 255 Ebd. 256 Vgl. Zänker, Alfred: Sieg des liberalen Vernunftdenkens. Bernhard Christian Wintzek und das Phänomen MUT, in: MUT (492) August 2008, S. 18. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 9. Januar 2007, S. 3. 254
77 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Juni 1968 absolvierte Wintzek – als Stipendiat der Akademie Remscheid – eine Weiterbildung an der Akademie für Musische Bildung in Remscheid. Seine Studien umfassten die Fächer Geschichte, Germanistik sowie Medienwissenschaften und beinhalteten Aufenthalte in Paris und Amsterdam. Die Abschlussprüfung legte Wintzek mit der Note „sehr gut“257 im Juni 1968 ab. Der Vorsitzende der Prüfungskommission schrieb in seiner Beurteilung: „Herr Wintzek ist ernsthaft, fleißig, intelligent und begabt. Seine vielfältigen Interessen und gute Formulierungsgabe lassen ihn sowohl auf praktischem als auch auf organisatorischem Gebiet als geeignet erscheinen, in der musischen und politischen außerschulischen Jugendbildung leitend tätig zu werden.“258 Bereits am 6. Juni 1968 war Wintzek Jury-Mitglied im Fach ‚Musische Bildung‘ beim musischen Wettbewerb des Auswahllagers zur Teilnahme an der Olympiafahrt der deutschen Jugend nach Mexiko-Stadt – eine Initiative des damaligen Bundespräsidenten Lübke. Das Stipendium an der Akademie Remscheid verpflichtete ihn – nach Beendigung seines Studiums – zu einer zweijährigen Tätigkeit in der außerschulischen Jugendarbeit. Dabei wurde ihm die publizistische Tätigkeit bei der 1965 von ihm gegründeten Zeitschrift MUT, auf Vorschlag der niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung, angerechnet.259 Auffällig an Wintzeks Bildungsweg ist zum einen, dass er bis auf relativ kurze Aufenthalte im Ausland (Schweiz, Amsterdam, Paris) und beim Bundesgrenzschutz immer in der Nähe seines Elternhauses tätig war und zum anderen einen stringenten Lebensweg, ohne temporäre Lücken verfolgte, wie nach dem Schulwechsel zu vermuten gewesen wäre. Bis 1964 finden sich zudem keine Hinweise auf politische Aktivitäten. Nachdem Wintzek 1965 die Zeitschrift MUT ins Leben gerufen hatte, arbeitete er hauptberuflich als deren Herausgeber. Dass ihn die Zeitschrift für die nächsten Jahrzehnte begleiten würde, konnte sich Wintzek damals nicht vorstellen. „Die Tragweite dieses Entschlusses war mir jedenfalls überhaupt nicht klar. Locker, für den Moment wohl auch begeistert, voller guten Willens und mit jugendlichem Übermut gingen wir diese ‚Hobbyaufgabe’ an. Wir nahmen sie zwar ernst, aber andererseits auch nicht sehr.“260 Die Ursachen, die zur Gründung der Zeitschrift führten, sind heute nicht mehr genau rekonstruierbar. Wintzek selber nennt als Schlüsselereignisse sowohl den Bau der Berliner Mauer 257
Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Maß und Mitte. in: MUT (296) April 1992, S. 27. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 9. Januar 2007, S. 2. 258 Leiter der Prüfungsausschusses der Akademie für Musische Bildung in Remscheid: Zeugnis von Bernhard C. Wintzek. 25. Juni 1968. zitiert nach: Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 9. Januar 2007, S. 2. 259 Vgl. ebd., S. 2f. 260 Ebd., S. 1.
78
als auch das allgegenwärtige Vertriebenenschicksal seiner Familie: „Meine Eltern besuchten zum Beispiel bis in die 60er Jahre die Vertriebenentreffen. Ihre Gespräche mit Verwandten, Freunden und Bekannten, zumeist ebenfalls Vertriebene oder Geflüchtete, drehten sich immer wieder um dieses zentrale Thema. Es wurde zur Meßlatte für die aktuelle Tagespolitik. (…) Das prägt einen jungen Menschen, und zwar mehr, als ihm lieb sein mag.“261 Seine ersten Kontakte in das rechtsextremistische Milieu datiert er etwa auf die Mitte des Jahres 1967, wo er auf ein Flugblatt Konrad Windischs stieß, welches ihm zusagte. Aus diesem ersten Kontakt entstand eine mehrjährige Mitarbeit des Österreichers. Über die politische Gesinnung Windischs war Wintzek nach eigener Aussage zu dieser Zeit wenig bekannt.262 Nur fünf Jahre nach Gründung von MUT organisierte Wintzek eine Veranstaltung von enormem Ausmaß im Vergleich zur eher geringen Größe der Zeitschrift. Für den 1970 anberaumten Besuch des Ministerpräsidenten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) Willi Stoph in Kassel rief Wintzek in MUT zu einer Gegendemonstration auf, die unter dem Namen ‚Gesamtdeutsche Aktion‘ Bekanntheit erlangte und die Wintzek im April 1970 initiierte.263 Den Vorbereitungen schlossen sich vornehmlich der CDU sowie den Flüchtlingsverbänden nahe stehende Personen an. Die NPD dagegen drohte ihren Mitgliedern für den Fall einer Demonstrationsteilnahme mit dem Parteiausschluss. An der Gegendemonstration zum Brandt/Stoph-Treffen am 21. Mai 1970 nahmen etwa 20.000 Menschen teil (nach Wintzeks Angaben)264, andere Quellen265 gehen von einigen tausend Demonstranten aus. Zu den Folgen der Kundgebung erklärt Wintzek: „MUT verzeichnete in der Folgezeit einen enormen Bekanntheitsgrad und Zulauf. Gleichzeitig wurde ich zur Galionsfigur einer ‚außerparlamentarischen Opposition von rechts’.“266 Es folgte die Würzburger Widerstandskundgebung am 31. Oktober 1970. Trotz der Ausgrenzung durch das bürgerliche Lager nach der Veranstaltung in Würzburg fühlte sich Wintzek im rechtsextremistischen Spektrum umschmeichelt: „Beim ‚nationalen Lager’ aber, der NPD und ihrem extremistischen Umfeld, waren MUT und ich vorübergehend ‚Kult’.“267 Neben den steigenden Verkaufszahlen zog es nach der Demonstration 261
Ebd., S. 2. Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 20. November 2009, S. 1. 263 Vgl. Arndt, Ino/Angelika Schardt: Zur Chronologie des Rechtsextremismus. Daten und Zahlen 1946 – 1989, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte und erweiterte Fortschreibung, Frankfurt a. M. 1990, S. 285. 264 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3ff. 265 Vgl. u.a. Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes Hamburg (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980, S. 132f. 266 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3. 267 Ebd., S. 8. 262
79
in Kassel zunehmend rechtsradikale Kräfte zu MUT hin, die auf weitere Aktionen drängten. Eine dieser Aktionen fand ihren Anfang nur wenige Wochen nach der Gegendemonstration: In Hannover kam Wintzek mit etwa 15 Personen268, u.a. mit Vertretern der Vertriebenenverbänden, der CDU, des Freundeskreises der CSU, der Aktion Oder/Neiße (AKON269), des Witikobundes (WB), des Bundes Heimattreuer Jugend (BHJ270), der Aktionsgemeinschaft gegen die Preisgabe Deutscher Interessen, der Nationalliberalen Aktion, der Deutschen Jugend des Ostens (DJO), der Gruppe Nation Europa, des Freiheitlichen Schülerbundes, des Freundeskreises für Jugendarbeit sowie des Republikanischen Studentenbundes zusammen.271 Auf diesen Treffen gründeten die Teilnehmer die ‚Aktion Widerstand‘, die sich in „gewaltfreien, demokratischen Formen“272 gegen die Ostpolitik von Willy Brandt richten sollte. Dennoch zeichnete sie sich besonders durch gewalttätige Aktionen im Anschluss an ihre Veranstaltungen (z.B. in Würzburg) und durch Vandalismus aus. So malten Anhänger u.a. im Dezember 1970 das Zeichen der Aktion Widerstand ‚W‘ an Hauswände in Berlin-Charlottenburg. Die Aktion Widerstand war der größte und aktivste rechtsextremistische Zusammenschluss nach 1945. Sie richtete sich gegen die Ratifizierung der Ostverträge. Darüber hinaus sah sie sich als Widerstandsbewegung gegen die Regierung im Allgemeinen und unterhielt zu diesem Zweck Gruppen im gesamten
268 Um wen es sich dabei konkret handelte, kann Wintzek heute nicht mehr sagen und in der Literatur finden sich nur Angaben, welche Parteien und Organisationen an dem Treffen teilnahmen. 269 Zu den militantesten Gruppen der Aktion W gehörte die 1962 gegründete Aktion Oder/Neiße (später Aktion Deutsche Einheit). Zu ihren Mitbegründern gehörten Gerhard Frey und Jürgen Rieger, der für die AKON langjähriger Presseverantwortlicher war. Die AKON richtete sich gegen die Anerkennung der Oder/Neiße-Grenze als polnische Westgrenze. 1978 wurde die AKON in Aktion Deutsche Einheit umbenannt, die die Annullierung der Ostverträge forderte. Zusammen mit italienischen rechtsextremistischen Gruppen legten Mitglieder der AKON in den 1960er Jahren Waffenlager in Italien an. [Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1972. Bonn 1973, S. 31. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 169f.] 270 Als deutscher Ableger des österreichischen BHJ (Konrad Windisch) wurde der Bund Heimattreuer Jugend 1960 in der Bundesrepublik gegründet. Nach außen präsentiert sich der BHJ bündisch, weltoffen und friedlich, jedoch agiert er seit seiner Gründung äußerst militant, was u.a. zu einem Verbot seiner Zeitschrift ‚Der Trommler‘ führte. In West-Berlin arbeitete der BHJ besonders intensiv mit der NSDAP zusammen. Neben der Wiking-Jugend ist der BHJ die älteste rechtsextremistische Jugendorganisation in Deutschland. Politisch ist er völkisch-nationalistisch eingestellt. Zu seinen Zielen zählt die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 sowie die Pflege von Kameradschaftserlebnissen und Gemeinschaftssinn. [Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 436-480.] 271 Vgl. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 28. 272 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 5.
80
Bundesgebiet.273 Es fiel zunächst der Beschluss, die NPD an der ‚Aktion Widerstand‘ nicht zu beteiligen. Nachdem Wintzek allerdings nur „hinhaltende und ausweichende Informationen von den Hannoveraner Gesprächspartnern erhalten hatte“,274 nahm er ein Gesprächsangebot des NPD-Vorsitzenden Adolf von Thaddens an. Ergebnis dieser Unterredung war die Einbindung der NPD in die ‚Aktion Widerstand‘ sowie die Organisation der ersten Kundgebung durch die Nationaldemokraten am 31. Oktober 1970 in Würzburg. Den Gründungsaufruf unterschrieben neben Wintzek Herbert Böhme, Alfred E. Manke275 (Mitinitiator des Arbeitskreises Volkstreuer Verbände) und Arthur Ehrhardt, der Herausgeber von Nation Europa.276 Es versammelten sich etwa 7000 Personen sowie zahlreiche Gegendemonstranten.277 Wintzek trat als einer der letzten Redner auf. Von Thadden berichtete Wintzek nach dessen Rede über den Eintrag der ‚Aktion Widerstand‘ als Verein – dabei markiert der 5. Oktober 1970 das offizielle Gründungsdatum.278 Innerhalb der 34 Parteien und Vereinigungen, die der ‚Aktion Widerstand‘ angehörten, gab es mehrere militante Gruppierungen, die die NPD als zu defensiv ansahen279, wie z.B. die ‚Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit‘ und ihre zentrale Figur Friedhelm Buss.280 Die – im Anschluß – geplante Demonstration wurde von der Polizei untersagt, darauf wurde immer wieder von der Veranstaltungsleitung hingewiesen, dennoch formierte sie sich und führte zu schweren Ausschreitungen mit Gegendemonstranten. Für die Initiatoren der Kundgebung, u.a. Wintzek, hatte dieses insofern ein rechtliches Nachspiel als er bei Gericht als Zeuge auftrat.281 Die Würzburger Veranstaltung erzeugte einen enormen Medienrummel und führte zum Bruch mit dem bürgerlichen Lager. Zugleich erzielte MUT im rechten Spektrum eine nie da gewesene Auflagenhöhe und einen erneuten Radikalisierungsschub, der bereits im Vorfeld von Würzburg begonnen hatte. Parolen wie ‚Brandt an die Wand‘
273 Vgl. Donau Kurier (286) 11. Dezember 1970, 98. Jg., S. 4. Neumann, Nicolaus/Jochen Maes: Der geplante Putsch. Die Rechte in der BRD – Ihre Hintermänner und ihre Organisation, Hamburg 1971, S. 38ff. 274 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 6. 275 Wie Wintzek wird Manke 1972 NPD-Bundestagskandidat, ohne deren Mitglied zu sein. 276 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 291. 277 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 6. 278 Vgl. Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, 2., aktualisierte Auflage, München 1992, S. 62. 279 Vgl. ebd., S. 57. 280 Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 80. 281 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 7.
81
und ‚Hängt die Verräter‘ sind ebenfalls auf die Kundgebung in Würzburg zurückzuführen. „War im ‚Aufruf’ von einem ‚aktiven und legalen Widerstand’ die Rede, so wurden die Grenzen der Rechtmäßigkeit in der Praxis bald tangiert und von militanten Gruppierungen im Umkreis der Aktionen überschritten. Am Abend der Würzburger Veranstaltung zogen Gruppen von Demonstranten mit Parolen wie ‚Brandt an die Wand’ und ‚Deutsches Land wird nicht verschenkt, eher wird der Brandt gehengt’ durch die Stadt.“282
Wintzek erhielt von nun an zahlreiche Einladungen als Redner aufzutreten, welche er bereitwillig annahm. So sprach er am 9. Januar 1971 auf einer Veranstaltung des Deutschen Kulturwerkes Europäischen Geistes in Nürnberg sowie auf mehreren Veranstaltungen anlässlich der Reichsgründung zu den Themen ‚Das ganze Deutschland soll es sein‘ und ‚Deutschland ist größer als die BRD‘ (am 14. Januar 1977 in Oldenburg, 18. Januar 1977 in Neustadt an der Weinstraße, 19. Januar 1977 in Kaiserslautern, 20. Januar 1977 in Frankfurt a.M.).283 Auf jenen Veranstaltungen konnten die Zeitschrift sowie Bücher aus dem MUTVerlag gut verkauft werden: Damit entwickelte sich Wintzeks Rednertätigkeit – nach eigener Aussage – zu einem entscheidenden „Wirtschafts- und Absatzfaktor für die Hefte“284. Wenngleich Wintzek heute äußerst kritisch auf jene Veranstaltungen zurückblickt, so ist die Betonung der damaligen finanziellen Einnahmen nicht zu übersehen: „Und so ließ ich mich gerne, wann immer ich Zeit hatte, von Gruppen und Grüppchen vor ihren dubiosen Karren spannen. In meinem Schlepptau immer einen MUT- und Büchertisch mit zum Teil unglaublichen Druckerzeugnissen meines Verlages und anderer rechtsaußen Verlage, aber stets mit durchaus respektablen Umsätzen.“285 In Zusammenhang mit seinem Auftritt in Würzburg verweist Wintzek auf seinen Alkoholkonsum: „Vielleicht lag es an den diversen Magenbittern, die ich gegen die Nervosität und die einsetzenden Magenkrämpfe getrunken hatte, daß ich mich plötzlich in Hochstimmung fühlte?“286 Auch bei anderen Redneraktivitäten spielt Alkohol eine Rolle: „Etwa 80 bis 100 Personen waren gekommen. Mit viel Alkohol lief ich wieder mal zur Höchstform auf.“287 Wenngleich diese Aussagen darauf hindeuten, dass Wintzek anders diese Veranstaltungen nicht durchgestanden hätte, so traf er dennoch seine eigenen Entscheidungen, die ihn zu diesen Auftritten führten. 282
Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 78. 283 Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1998, S. 19. 284 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 8. 285 Ebd. 286 Ebd., S. 6. 287 Ebd., S. 8.
82
1971 fand MUT erstmalig Eingang in den Verfassungsschutzbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) für das Jahr 1969/70288, was Wintzek, nach eigener Aussage, beiläufig akzeptierte und paradoxerweise als ‚Bestätigung‘ empfand: „Ich nahm das damals kaum zur Kenntnis und begegnete dieser Erwähnung eher mit Gleichgültigkeit. Ich betrachtete sie mehr als eine Bestätigung meiner vermeintlichen Bedeutsamkeit.“289 Ein Jahr später, am 16. September 1972, war Wintzek Redner auf dem 1. Nationaleuropäischen Kongress in Planegg bei München, den er zusammen mit Peter Dehoust von der rechtsextremen Zeitschrift Nation Europa290 und Alfred E. Manke vom Arbeitskreis Volkstreuer Verbände (AVV) organisiert hatte.291 An jenem Kongress nahmen etwa 1000 Mitglieder292 verschiedener rechtsgerichteter Organisationen aus 14 Staaten teil, darunter der italienischen Faschisten sowie der spanischen Falangisten. Bei seiner Eröffnungsrede sagte er: „Dieser Kongreß muß allen Zweifelnden, Verzagten, allen Unterdrückten und Ausgebeuteten die Hoffnung und die Zuversicht bringen, daß wir, die Nationalisten, Bannerträger und Baumeister einer besseren und gerechten, einer menschlicheren und sozialen, einer neuen europäischen Ordnung sind. (…) Unser Ruf gilt der nationalgesinnten jungen Generation im freien Teil Europas: Europäische Nationalisten – auf ans Werk!“293
288
Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1969/70. Bonn 1971, S. 10. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 5. 290 Nation Europa (NE) wurde 1951 von dem ehemaligen SS-Sturmbannführer Arthur Ehrhardt gegründet. Bei der Waffen-SS war Ehrhardt Experte für Partisanenbekämpfung und Guerillakriegsführung. Schnell entwickelte sich Nation Europa zu einem Sammelbecken verschiedener rechtsextremistischer Strömungen. Ehrhardt, als Anhänger der Europaidee von Oswald Mosley, orientierte die Zeitschrift an den Europa-Vorstellungen gewisser SS-Kreise sowie ausländischen Faschisten. Dennoch spielte der Nationalsozialismus im Kontext relativierender und verharmlosender Beiträge zu Judenvernichtung und Kriegsschuld eine dominierende Rolle in NE. Lange stand die Zeitschrift parteipolitisch der NPD nahe. Peter Dehoust gab NE ab 1971 heraus. Seine Publikationen sind stark deutsch-national, antiamerikanisch und antikommunistisch ausgerichtet. In erster Linie strebt er Korrekturen am Geschichtsbild an. [Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 62-65. Pfahl-Traughber, Armin: Rechte Intelligenzblätter und Theorieorgane. in: Vorgänge (31) 1992, 2, S. 38f. Backes, Uwe/Patrick Moreau: Die extreme Rechte in Deutschland. Geschichte – gegenwärtige Gefahren – Ursachen – Gegenmaßnahmen, 2., erweiterte Auflage, München 1994, S. 227.] 291 Vgl. Jäger, Siegfried: Text- und Diskursanalyse. Eine Anleitung zur Analyse politischer Texte, 5. Auflage, Duisburg 1994, S. 49. 292 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Revolte von rechts. Anatomie einer neuen Jugendpresse, Frankfurt a.M. 1981, S. 35. 293 Zitiert nach: Hundseder, Franziska: Rechte machen Kasse. Gelder und Finanziers der braunen Szene, München 1995, S. 93f. Vgl. auch: Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hsrg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“ – Verlages, Kiel 1998, S. 8 f. 289
83
Fortan reiste Wintzek als Redner durch die Bundesrepublik und Österreich und sprach auf verschiedenen rechtsradikalen Veranstaltungen, wie etwa bei der österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Politik, der Aktion Widerstand oder der NPD. Am 31. Juli 1972 gründete Wintzek zusammen mit Peter Dehoust von Nation Europa, Henning Jäde vom Deutschen Studentenanzeiger, Erich Kern von der Deutschen Wochenzeitung und Alfred E. Manke von der DAK-W sowie vom AVV die Einheitsfront der nationalen Publizistik (ENP), mit dem Ziel, „unter Wahrung der Eigenständigkeit ihrer Organe in Zukunft allen Volksfrontbestrebungen entgegenzuwirken und in ständiger Zusammenarbeit über ihren bisherigen Wirkungskreis hinaus, Aufklärungsarbeit zu leisten [und eine] richtungsweisende Solidarisierung der deutschen Rechten“294 zu erreichen. Bei der Bundestagswahl 1972 kandidierte Wintzek als parteiloser Kandidat in Niedersachsen für die NPD. Heute sieht er sein Engagement für die NPD als Irrweg und ‚Verblendung‘ an. Wintzek beurteilt dabei seine Kandidatur als eine gleichsam unvermeidbare Konsequenz seiner Rednertätigkeit: „Obwohl selbst kein Parteimitglied, wurde ich als ‚erfolgreicher Redner’ quer durch Westdeutschland und Österreich herumgereicht. Das gipfelte 1972 in dem Angebot, auf der Liste der NPD als Parteifreier in Niedersachsen für den Bundestag zu kandidieren. Ich erklärte mich bereit.“295 „Als jeder, der noch halbwegs bei Sinnen war, zusah, von dieser Partei wegzukommen, falls er vor der verlorenen Bundestagswahl 1969 mit ihr geliebäugelt haben sollte, sie vielleicht gewählt hatte oder gar heimlich ihr Mitglied geworden war, ließ ich mich für diese politisch im ungebremsten Fall befindliche NPD unter der Parole ‚Patrioten an einen Tisch’ einspannen. So viel Verblendung muß bestraft werden.“296
Wintzek gibt sich darüber heute tief beschämt. Er geht so weit festzustellen, dass so viel ‚Verblendung bestraft werden muss‘. Was vor allem in den 1990er Jahren von unterschiedlicher Seite und auf vielfältige Weise auch geschah, trotz seines in den achtziger Jahren vollzogenen politischen Gesinnungswandels. Der Wendepunkt bei Wintzeks Rednertätigkeit stellte sich, nach seinen Angaben, auf der Veranstaltung „Gerechtigkeit für KAPPLER“297 in Soltau am 25. August 1977 ein, auf der einige Zuhörer offen mit Hakenkreuz bedruckten Streichholzschachteln spielten.
294
Zitiert nach: Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1972. Bonn 1973, S. 28
f.
295
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 8. Ebd. 297 Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1977. Bonn 1978, S. 47. [Hervorhebung im Original] 296
84
„Doch in Soltau [‚Kappler-Gedenkfeier‘ 1977] zeigten erstmals einige jugendliche Thekensteher offen ihre Gesinnung. Zufällig bemerkte ich nach Abschluß der Versammlung, daß sie sich mit Zündhölzern, die sie sich aus mit einem Hakenkreuz bedruckten Streichholzschachteln fingerten, ihre Glimmstengel anzündeten. Ich stellte sie zur Rede. Sie begegneten mir dümmlichverlegen, aber auch frech-auftrumpfend. Verbittert fuhr ich heim. (…) Ich begann eine Phobie gegen Kundgebungen im allgemeinen und gegenüber dem ‚nationalen Lager’ und seinen Organisationen im besonderen zu entwickeln. Sie war zunächst nicht ausgeprägt, bereitete aber die große Umkehr, beginnend mit dem Januar 1979, vor. Nach dem Heft 137, nach der Indizierung, begann für MUT eine neue Zeitrechnung.“298
Wintzek sagt hierzu heute: „Ich konnte und wollte nicht mehr. Innerlich auf dem Rückzug war ich seit mindestens zwei Jahren. Bei MUT ging es allerdings im alten Trott weiter.“299 Doch nicht nur bei MUT verlief alles wie bisher, auch Wintzeks Engagement als Redner ging, zwar leicht gebremst, weiter. So fand sich angeblich bei Aktenfunden der österreichischen Aktion Neue Rechte (ANR) 1978 eine Liste mit Namen, die im Falle von Verhaftungen verständigt werden sollten. Neben Wintzek beinhaltet diese Liste Gerhard Frey, Manfred Roeder oder den FPÖ-Abgeordnete Dr. Otto Scrinzi.300 Bis zu seinem endgültigen Bruch mit der rechtsextremistischen Szene vergingen noch sechs Jahre, wenn die Streichung aus dem Verfassungsschutzbericht zu Grunde gelegt wird. Rückblickend stellt sich bei ihm jedoch heute eine Enttäuschung über die mangelnde Anerkennung seines sich über Jahre hinziehenden Wandlungsprozesses ein: „Vieles Gedruckte mindestens in den ersten fünfzehn Jahren unter dem Titel MUT bzw. MUT-Verlag beschämt mich. Doch diese Zerknirschung, diese Selbstvorwürfe wichen inzwischen der Genugtuung, Ende 1979 allen Verstrickungen zum Trotz aus eigener Kraft und Besinnung und gegen vielfältige Angriffe von ‚links’ und vor allem auch von rechtsaußen mit einem inhaltlichen Neuanfang begonnen und ihn schließlich nach Jahren auch hinbekommen zu haben. Es war persönlich ein sehr schmerzhafter Lern- und Umkehrprozeß über viele Jahre. Und er wurde öffentlich schrecklich gering ge- und beachtet.“301 Bis einschließlich 1983 stufte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zeitschrift MUT sowie ihren Herausgeber und Chefredakteur Wintzek als rechtsextremistisch ein.302 Ab Mitte der 1980er bis zum Ende der 1990er Jahre sahen sich Wintzek und MUT Medienattacken, Parlamentsdebatten und gesellschaftlicher Ausgrenzung ausgesetzt. Hierbei wurde immer wieder der politische Richtungswandel Wintzeks bezweifelt und ihm sowie der Zeitschrift eine Ca298
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 9. Ebd. 300 Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“ – Verlages, Kiel 1998, S. 10. 301 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 29. 302 Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1983. Bonn 1984, S. 145. 299
85
mouflage unterstellt. Am 30. Januar 1988 kam es in Asendorf vor dem Verlagsgebäude zu einer Demonstration unter dem Titel ‚Antifaschistischer Aktionstag‘, zu dem verschiedene Bürgerinitiativen (z.B. Antifaschistische Jugendgruppe, Bürgerinitiative gegen atomare Bedrohung) und politische Organisationen (z.B. DKP Kreisverband Achim/Verden, Die GRÜNEN Kreisverband Diepholz, Jungsozialisten in der SPD Unterbezirk Diepholz) aufgerufen hatten.303 Neben verschiedenen Sachbeschädigungen, wie z.B. die Zerstörung von Fensterscheiben oder Schmierereien am Verlagsgebäude und seiner Umgebung, hatte die Demonstration auch Auswirkungen auf Wintzeks Privatleben: Sein Sohn wurde in der Schule angepöbelt sowie in Schlägereien verwickelt, und er bekam zwischenzeitlich sogar Polizeischutz. Nachdem dieser bald nicht mehr den Schulbus benutzen konnte, absolvierte er zunächst ein Austauschjahr in den USA und besuchte dann, bis zu seinem Abitur, zusammen mit seiner Schwester ein Internat in Bad Harzburg.304 Wintzek zog sich nach den verschiedenen Aktionen in den 1980/90er Jahren gegen seine Person und die Zeitschrift immer weiter aus der Öffentlichkeit zurück. Sporadisch erscheinen noch Artikel von ihm in MUT, auch einzelne Aufsätze in von ihm herausgegebenen Publikationen verfasst Wintzek, allerdings befinden sich seine Veröffentlichungen seit 1990 im einstelligen Bereich und sind in keiner Weise mit der großen Anzahl in den sechziger und siebziger Jahren vergleichbar. Nennenswerte öffentliche Auftritte nimmt Wintzek bereits seit Ende der achtziger Jahre nicht mehr wahr. „Heute neige ich zu einem ausgeprägten Individualismus. Als beitragszahlendes Mitglied in Vereinen und Organisationen habe ich mich, wie gesagt, nie sonderlich geeignet. Ich war und bin bis heute kein Parteimitglied. Meinen Bedarf an politisch aktiven Betätigungen habe ich – wie bereits geschildert – schmerzhaft abgearbeitet. Das genügt mir – und wohl auch dem Land.“305 Er ist bis zum heutigen Tage als selbstständiger Verleger und Herausgeber tätig. Als Autor306 beschränkt sich Wintzek auf das Editorial, da sich mit der verbesserten Qualität der Zeitschrift die Arbeitsintensität erhöht hat.307 Sein derzeitiges Schaffen charakterisiert er wie folgt: „Ich sehe mich heute als ein Dienstleister im Rahmen demokratischer Medienkultur. Meine Aufgabe möchte ich als die eines Moderators definieren, der unterschiedliche Menschen – zum Beispiel Journalisten, Wissenschaftler, in der Kultur Tätige, 303
Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“ – Verlages, Kiel 1998, S. 33f. und 147ff. 304 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 41f. 305 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 13. 306 Zu seinen Veröffentlichungen zählt u.a. „Protest“ (Esslingen 1967), „Unsere Väter waren keine Verbrecher“ (Asendorf 1975) und „Rote Fahnen über Bonn“ (Asendorf 1976). 307 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 34.
86
Glaubensvertreter, Politiker, Militärs und Diplomaten – zusammenbringt, damit sie in MUT den Dialog unterschiedlicher Meinungen und Richtungen pflegen.“308 Und in der Tat, seine Editorials zeichnen sich heute durch Anmoderation des jeweiligen Heftinhaltes bzw. durch die herausgehobene Thematisierung aktueller Tagesprobleme in der vorgegebenen Kürze von knapp eineinhalb Seiten aus. Das liest sich dann in Auszügen so: „Natürlich kommt der Klimawandel. Und es ist noch keineswegs ausgemacht, ob dieser Wandel ausschließlich negative Seiten haben wird. Eine moderate Klimaerwärmung wirke sich auf die menschliche Gesundheit und vor allem auf die Lebenserwartung günstig aus, stellte jüngst das britische Gesundheitsministerium in einer umfangreichen Studie über die sonnigeren letzten drei Jahrzehnte fest. Was bestimmt den aktuellen Klimastreit? Religion, Politik oder Wissenschaft? Das fragt Alfred Zänker in seinem lesenswerten Essay.“ 309 „In der Erinnerung (…) [von 25 Jahren werden] Ablehnung und ignorierende Arroganz eher zu marginalen Wegbegleitern. Gewiß, noch heute soll es im Internet über 200 Einträge geben, die sich mit mir [Wintzek] und MUT in herabsetzender Weise befassen. Damit kann und will ich mich nicht beschäftigen. Zumal es mich nicht übermäßig wundert: Ein gesellschaftliches Klima, das es gerade noch bis XXXII. Ausgabe des deutschen Who’s Who im Jahr 1994 ertrug, meinen Namen in diesem Nachschlagewerk genannt zu sehen, um die Erwähnung dann ideologischen Scharfrichtern zu opfern, gibt wenig Anlaß, sich darüber oder über andere opportunistische Peinlichkeiten wirklich zu wundern.“310
308
Ebd., S. 13. Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. In: MUT (487) März 2008, S. 3. 310 Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. In: MUT (500) April 2009, S. 2. [Hervorhebung im Original] 309
87
4
MUT – Erste Phase: 1965 – 1979
4.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1979 Am 15. Oktober 1965 erschien – in einer Auflage von 300 Exemplaren311 – die erste Ausgabe der Zeitschrift312; herausgegeben von ca. zehn Personen (etwa acht Männer und zwei Frauen) mit unterschiedlichem schulischem Hintergrund.313 Unter den Herausgebern befanden sich Lehrlinge, Fachschüler, Bürokaufleute sowie Facharbeiter314, die das erste Heft aus eigenen Mitteln finanzierten. Nach Wintzeks Aussage ging die Initiative für die Zeitschriftengründung von ihm aus: Nachdem er mit der Arbeit für MUT begann, suchte er sich in seinem Freundes- und Bekanntenkreis Autoren, die für ihn Artikel verfassten. Aufgrund des eher losen Zusammenhanges, verloren die ‚Gründer‘ jedoch schon bald das Interesse an einer weiteren, kontinuierlichen Mitarbeit, so dass sich die Verbindungen zunehmend mehr lockerten und lediglich Wintzek als eigentlicher Initiator und treibende Kraft der Publikation übrig blieb. Namentlich ist einzig Wintzek als Gründer in der Publikation erwähnt. Daneben wäre noch Heiko Kupke denkbar, da dieser in Heft 4 (April 1966) sowohl als Mitbegründer der ‚Aktion Kennwort: Europa‘ als auch als Mitherausgeber von MUT genannt wird. 311
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 17. In der April-Ausgabe 1974 schreibt Wintzek rückblickend von 500 Exemplaren [vgl. Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (80) April 1974, S. 2.] und im August 1977 berichtet er von lediglich 450 Exemplaren [vgl. Wintzek, Bernhard C.: Warum nicht siegen? in: MUT (120) August 1977, S. 21]. Nach Wintzek lag die Abonnentenzahl in den ersten Jahren unter 500 Personen, jedoch mit einer weit höheren Druckauflage. [vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 17.] 312 MUT ging aus der „Nationaleuropäischen Aktion: Kennwort ‚Europa’“ hervor, welche am 10. April 1964 gegründet wurde und durch verschiedene Broschüren, u.a. ‚Du bist Europa‘, Bekanntheit erlangte. Nach Gründung von MUT existierte die „Nationaleuropäische Aktion: Kennwort ‚Europa’“ parallel weiter. [Vgl. MUT (4) April 1966, S. 3.] 313 Die genaue Anzahl der Gründer ist heute nicht mehr feststellbar. 314 Ein wichtiges Identitätsmerkmal der Zeitschrift ist die Jugendlichkeit ihrer Herausgeber, die in regelmäßigen Abständen hervorgehoben wird. Dabei entschuldigt die Redaktion stets ihre politische Unerfahrenheit, gleichzeitig betont sie aber die große Bedeutung der Jugend für die Zukunft Deutschlands. Vgl. u. a. „Wie wir feststellen, beträgt das Durchschnittsalter des Redaktionsteams von MUT 22 Jahre 6 Monate und 10 Tage! Politische Säuglinge für die einen – Hoffnung für die anderen.“ [MUT (2) Dezember 1965, S. 4.]
89 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Die Herausgeber sahen in dem Projekt mehr ein Hobby als eine regelmäßige Tätigkeit mit kommerziellem Erfolg, wie es Wintzek heute formuliert.315 In der zweiten Ausgabe bezeichneten sie ihre finanzielle Situation als „ernst – aber nicht ‚hoffnungslos’“316. Jedoch bekamen sie auch staatliche Unterstützung: „[I]m Hinblick auf die kritische und demokratisch engagierte Gedankenführung des Magazins“317 erhielt die Zeitschrift in den ersten Jahren finanzielle Förderung durch die Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung318. In MUT verschweigt die Redaktion dieses allerdings. Wahrscheinlich weil es ihrer Behauptung entgegensteht, die Zeitschrift würde von staatlichen Stellen abgelehnt und in ihrer Arbeit behindert. Nach Aussagen des damaligen und heutigen Herausgebers Bernhard C. Wintzek waren die Initiatoren unpolitisch. „Was uns zusammenführte, waren eigentlich ‚das Unrecht in der Welt’ und die Teilung Deutschlands. Mit beidem wollten wir uns nicht abfinden.“319 Diese Aussage belegt: MUT ist konzeptionell nicht als eine unpolitische Unternehmung aufgestellt gewesen. Als entscheidendes Ereignis für die Gründung der Zeitschrift benennt Wintzek zudem den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961. Für die nähere Erläuterung seiner Beweggründe zitiert er den Inhalt eines, vom Verlag herausgegebenen, Flugblattes: „Die Zukunft kann Mauern dieser Art nicht gebrauchen! Es ist daher an der Zeit, nach neuen Wegen und neuen Ansatzpunkten zu suchen! Als Leser unserer Schrift MUT gehören Sie zu einer Gemeinschaft von Staatsbürgern, zu deren dringendsten Bestrebungen die Wiedervereinigung Deutschlands und somit die Voraussetzung zur Befriedung Europas zählen (…).“320 Die innerdeutsche Grenze sollte bis zum Fall der Berliner Mauer 1989 ein zentrales Thema in MUT sein und die Ausrichtung entscheidend mitbestimmen. Der Zeitschriftentitel stellte – nach Angaben des Herausgebers – das Ergebnis zahlreicher Diskussionen der Initiatoren dar, die, ihrer Meinung nach, mit dem Projekt von der bundesrepublikanischen Gesellschaft abgelehnt und als Störfaktor angesehen wurden. Zudem empfanden die Gründer den Start eines solchen Unterfangens als mutig. Dieses Argument findet sich desgleichen in der ersten Ausgabe wieder: „Die Tatsache, daß wir uns Nationaleuropäer nennen, dürfte uns weitere Vorurteile und Hindernisse entgegenschleudern. Wir wußten von Anfang an um diese Dinge und es ist kein Zufall, daß diese Schrift MUT 315
Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 1 und 15. MUT (2) Dezember 1966, S. 3. [o.A.] 317 Zitiert nach: Wintzek, Bernhard C.: Maß und Mitte. in: MUT (296) April 1992, S. 27. 318 Da die Akten der niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung spätestens nach zehn Jahren vernichtet werden, ist heute nicht mehr feststellbar, welche Gründe zu einer finanziellen Förderung führten. 319 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 15. 320 Ebd., S. 14. 316
90
genannt wurde.“321 Bei der Namensfindung spielte nicht zuletzt die schlechte finanzielle Situation der Beteiligten eine Rolle. Ein früher graphischer Entwurf kokettierte mit den Worten: „Mut Und Tat“322, welcher jedoch am Ende verworfen wurde. Letztlich gab ein eher banales mit jugendlichem Größenwahn versetztes Argument den Ausschlag für MUT: „Dieser Titel wirkte ungewöhnlich und toppte zugleich den Zeitungstitel BILD, der immerhin vier Buchstaben benötige, wir dagegen seien kürzer“323 – wie Wintzek 2007 rekapituliert. Zunächst erschien die Zeitschrift als ‚Pressedienst der Nationaleuropäischen Aktion: Kennwort Europa‘. ‚Kennwort Europa‘ ging auf die Verteilung von Flugblättern zurück, dessen Rückmeldungen durch ein Kennwort vom Postamt ausgelöst werden mussten. Zu diesem Zweck fiel die Wahl, nach Wintzek, auf das Wort ‚Europa‘. Warum MUT zunächst als Pressedienst erschien, ist unklar. Wintzek sagt heute: „Wahrscheinlich wollten wir wichtiger scheinen, als wir waren. Verbände, Vereine, Parteien haben ‚Pressedienste’ – und wir täuschten eben auch einen vor.“324 Nach Wintzek wurde unter nationaleuropäisch verstanden: „Dazu zählte vor allem das ‚geeinte Europa freier und selbstbewußter Völker’, also ein ‚Europa der Vaterländer’ im Sinne de Gaulles. Wir hatten uns dafür allerdings von Anbeginn den blödsinnigen Begriff ‚nationaleuropäisch’ ausgedacht, es zählte selbstverständlich die Wiedervereinigung Deutschlands dazu.“325 Ihre Motive, die zur Gründung der Publikation führten, formulierten die Herausgeber u.a. in der ersten Ausgabe: Es sollte zum einen über ein rein tagespolitisch orientiertes Blatt hinausgehen und zum anderen fanden sie – nach eigenen Aussagen – keine Zeitung, die ihren Wünschen und Vorstellungen Rechnung trug.326 Auf der Titelseite des ersten Heftes benannten sie ihre Ziele in einem Zehn-Punkte-Programm: 1. 2. 3.
„Ein ehrliches Bemühen um Frieden, Freiheit und um die Durchsetzung der verbürgten Menschenrechte für alle Völker. Ein verantwortungsvolles, staatspolitisches Denken und Handeln aller demokratischen Bürger. Ein souveränes und freies Europa, das gemeinsam mit allen freien Völkern der Welt gegen Unterdrückung und politischen Terror wirkt.
321
MUT (1) 15. Oktober 1965, S. 2. [o.A.] Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 15. [Hervorhebung im Original] 323 Ebd. 324 Ebd., S. 18. 325 Ebd., S. 2. 326 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. 322
91
4.
Ein geeintes Deutschland in einem vereinigten Europa. Niemals endet für uns Europa an der Oder und Neiße oder gar an der Demarkationslinie. 5. Eine Vereinigung Europas entsprechend der politischen Möglichkeiten in Teilabschnitten. 6. Eine bundesstaatliche Gliederung des Vereinigten Europas im Sinne des Selbstbestimmungsrechtes. 7. Eine moderne, gesamteuropäische Verteidigungsarmee. 8. Eine freie, europäische Gesamtwirtschaft. 9. Ein soziales Empfinden, das nicht nur materielle Werte gerecht verteilt, sondern auch den Menschen zum sozialdenkenden und handelnden Bürger formt. 10. Eine national-europäische Einstellung, die den politisch-geistigen Werdegang und die spezifischen Eigenarten eines jeden europäischen Volkes respektiert.“327
Was wollten die Gründer von MUT erreichen? Wie sahen ihre Vorstellungen über die angestrebte Aufgabe der Zeitschrift aus? Sie strebten an, den Bürgern der Bundesrepublik – denen „mit und ohne eigener Meinung“328 –, die ihrer Ansicht nach, falsche und gefährliche Politik der westlichen Regierungen für Europa darzulegen. „Es steht uns also einiges bevor. Dazu bedarf es, übers nationalfreiheitliche Lager hinaus, der Zusammenarbeit aller positiven Kräfte, denen Deutschland noch etwas bedeutet – unsere Bundesrepublik, die wir nicht verludern und rot unterwandern lassen wollen, und das unabhängige Deutsche Reich der Zukunft, dessen Neubau unser aller Ziel ist.“329 Um diesem Unterfangen mehr Nachdruck zu verleihen, wird ein Zitat von Georges Clémenceau aus dem Kriegsjahr 1918 bemüht: „‚Wenn man mich nach meiner Außenpolitik fragt, antworte ich: ich führe Krieg! Wenn man mich nach meiner Innenpolitik fragt: ich führe Krieg! Wenn man mich nach meiner Sozialpolitik fragt: ich führe Krieg!’ Sinngemäß übertragen gilt das auch für unseren Kampf um den Neubau Deutschlands.“330 Die Forderung nach einer eigenständigen deutschen Außenpolitik wurde erhoben, in dessen Rahmen sich die Bundesrepublik auf gleicher Augenhöhe mit anderen europäischen Staaten einen gemeinsamen politischen Weg aufbauen sollte. „Diesen gewaltigen Schritt aus der politischen Unmündigkeit in eine vollverantwortliche Weltposition unseres Kontinentes und somit auch und gerade unseres Volkes, muß eine neue, von
327
MUT (1) Oktober 1965, S. 1. [o.A.] Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. 329 MUT-Schriftleitung: Lieber Leser. in: MUT (41) Januar 1971, S. 2. 330 Ebd. 328
92
einer politischen Idee erfüllte Generation vollziehen. Sie darf und kann sich die vorgekommenen politischen Fehler innerhalb der Geschichte der letzten sechzig Jahre nicht leisten.“331
Als zentral wird der Wunsch nach dem Treffen von selbstverantwortlichen Entscheidungen angesehen, deren Ergebnisse unabhängig von den Vorstellungen der beiden Weltmächte – USA und Sowjetunion – ausfallen können. Wintzek schreibt hierzu: „Wir wollen die Zeit der eigenen Entscheidungen vorbereiten, wir wollen das trügerische Phlegma durch die Unruhe des ständigen Suchens nach dem rechten Weg und der gerechten Lösung unserer Probleme überwinden.“332 Durch die national-europäische Idee soll „Toleranz, Völkerverständigung und nicht zuletzt die Würde des Menschen“333 verwirklicht werden. Im Laufe der ersten Untersuchungsphase positioniert sich MUT zunehmend in Gegensatz zum vorherrschenden linken Zeitgeist: „Wir jungen progressiven Nationalen wollen unseren Gleichaltrigen und diesem Land beweisen, daß ‚rechts’ das Gegenteil von ‚Brett-vorm-Kopf’ und Rückständigkeit ist. Wir wollen es nicht länger ertragen, daß zottelige Jung-Nihilisten und Penis-Helden repräsentativ für unsere Generation sein sollen. Unser Kampf gilt dem verheerenden ‚status quo’ dieses Landes und unseres Kontinents. Wir fordern endlich an Realitäten ausgerichtete Politik und nicht Tagesschau-Sprüche!“334 In diesem Sinne streicht die Redaktion zunehmend ihren Aktionscharakter heraus, der für die erste Phase kennzeichnend ist: „Gegenwärtig bilden sich um MUT Aktionsgruppen junger Leute, die aktiv zur Verbreitung dieser Zeitschrift und ihrer Zielvorstellung beitragen wollen. Das Ziel ist ein undogmatischer Sozialismus, in dem die Stellung des einzelnen ausschließlich durch seine persönliche Leistung im Rahmen der Gemeinschaft für den Menschen bestimmt wird; es ist das Ringen um Freiheit und nationale Selbstbestimmung der Völker; es ist die ununterbrochene Arbeit an einer gebildeten Volksgemeinschaft, die sich nicht mehr von den tiefenpsychologischen Tricks einiger weniger machtgieriger und profitsüchtiger Verführer fürchten muß, weil sie ihnen auf Gedeih und Verderben ausgeliefert ist; und es ist nicht zuletzt das unablässige Streben nach einem friedlich geeinten Europa mündiger und selbstbewußter Völker, die nicht nur auf ihre kulturellen Eigenarten stolz sind, sondern diese allen Gleichschaltungsversuchen zum Trotz auch erhalten und fördern.“335
Ziel ist es, dieses „Aktionsbündnis zu verbreitern, um zur umfassenden ‚grande destra’, zur ‚großen Rechten’ zu gelangen. Die Roten experimentieren mit der ‚Volksfront’ – wir werden ihnen das breite Aktionsbündnis der gesunden Kräfte
331
Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. Ebd. MUT (1) Oktober 1965, S. 1. [o.A.] 334 MUT (18) Dezember 1968, S. 2. [o.A.] 335 MUT (33) Mai 1970, S. 41. [o.A.] 332 333
93
des deutschen Volkes entgegenstellen!“336 Zwischen 1973 und 1975 schreibt Konrad Windisch ausführlich und detailliert in einer vierundzwanzigteiligen Serie, was „wir unter nationaler Politik verstehen“.337 Er steht damit repräsentativ für die Zielvorstellungen von MUT. Die von Windisch formulierten Ziele unterscheiden sich erheblich von dem Zehn-Punkte-Programm der ersten Ausgabe, jedoch korrespondieren sie mit den tatsächlichen Themen und Inhalten der Zeitschrift, im Gegensatz zu denen des ersten Heftes. Anders als das ZehnPunkte-Programm sind die folgenden Ziele dem Rechtsextremismus zuzuordnen. 1) Der Staat: Der angestrebte Staat ist den Interessen des gesamten Volkes verpflichtet, ihm soll er dienen, „ohne Rücksicht auf Partei, Stand oder Religion“338 zu nehmen. Ihm obliegt die Förderung der wirtschaftlichen, kulturellen und biologischen Kräfte des Volkes. „Es muß ein handlungsfähiger Staat sein, mit einer frei und demokratisch gewählten Spitze – nicht mit einer manipulierten und manipulierbaren Funktionärshierarchie –, mit einer Regierung also, die frei gewählt über eine bestimmte Zeit weitgehende Handlungsfreiheit hat.“339 2) Die Demokratie: Sie treten für die Unterstützung der Demokratie ein, jedoch muss sie erst noch verwirklicht werden. Windisch schreibt: „Demokratie heißt Respekt vor Minderheiten und respektieren von Mehrheiten, Demokratie heißt Beurteilung von Menschen und Gruppen nach ihren Leistungen, ihren Ideen, ihrer Bereitschaft für und in der Gemeinschaft zu leben und nicht Abstempelung nach Farben und Parteibüchern.“340 3) Die Staatsform: Die demokratische Republik stellt für Windisch und MUT die bestmögliche Staatsform dar, deren Regierende „für eine bestimmte Zeit mehr Befugnisse und mehr Verantwortung haben, als die heutigen Regierungsfunktionäre, die meist nur Marionetten in der Hand kleiner Interessengruppen sind“341. 4) Die Religion: Freie Religionsausübung wird bis zu dem Punkt gewährleistet, an dem ein religiöses Oberhaupt Dinge fordert, die sich gegen die Interessen des eigenen Volkes richten.342 5) National: Bekenntnis zum deutschen Volk, seiner Geschichte, Kultur und Sprache.343
336
MUT-Schriftleitung: Lieber Leser, . in: MUT (41) Januar 1971, S. 2. Windisch, Konrad: Die Demokratie. in: MUT (68) April 1973, S. 13. 338 Windisch, Konrad: Der Staat. in: MUT (67) März 1973, S. 10. 339 Ebd. 340 Windisch, Konrad: Die Demokratie. in: MUT (68) April 1973, S. 13. 341 Windisch, Konrad: Die Staatsform. in: MUT (69) Mai 1973, S. 33. 342 Vgl. Windisch, Konrad: Die Religion. in: MUT (70) Juni 1973, S. 32. 343 Vgl. Windisch, Konrad: National. in: MUT (71) Juli 1973, S. 22. 337
94
6) Die Gesellschaftsordnung: Die gesellschaftliche Position des Einzelnen soll sich ausschließlich nach seinen persönlichen Leistungen für die Gesellschaft richten.344 7) Der Soldat: „Wir bekämpfen jeden Militarismus um seiner selbst willen, wir lehnen jede kindische Soldatenspielerei ab, dazu ist die Sache viel zu ernst und wesentlich. Aber wir wollen den Soldaten, den soldatischen Menschen, der bereit ist, für die Gemeinschaft seines Volkes zu leben und wenn es sein muß auch zu sterben.“345 8) Kunst: Kunst sieht Windisch als den „Ausdruck des Gefühls einer Gemeinschaft durch das individuelle Talent“346. 9) Wohlstand: Ziel ist es: Der Einzelne soll seine „echten Bedürfnisse“347 durch eigene Arbeit und Leistung befriedigen können sowie die „Zukunft seiner Kinder und seinen Wohlstand zu sichern“348 in der Lage sein. „Ohne deshalb seine eigene Persönlichkeit, die Substanz seiner Familie und die Zukunft seines Volkes durch eine aufgezwungene Wohlstandsraserei zu zerstören.“349 10) Europa: Windisch strebt ein Europa der freien, eigenständigen und selbstbewussten Völker an, die nach Schweizer Vorbild in einer Eidgenossenschaft „bei vollsten Respekt vor ihren Problemen und Eigenarten zu einer organischen Einheit zusammenwachsen“350 sollen. Als Hauptgrund wird die Befreiung aus dem gegenwärtigen Kolonialstatus gegenüber den Supermächten angegeben.351 11)Wiedervereinigung: Sicher ist: Die Wiedervereinigung wird irgendwann vollzogen. Darüber hinaus hat keine teil- oder gesamtdeutsche Regierung das Recht auf deutsches Territorium zu verzichten.352 12) Ost und West: „Ein Volk ist entweder einem anderen Volk oder Staat – direkt oder indirekt – unterworfen oder es wird von nationalen Grundsätzen geleitet. Eine nationale Politik kann daher niemals ‚östlich’ oder ‚westlich’ sein.“353 13) Die Gastarbeiter: Die Bedrohung der biologischen Substanz des deutschen Volkes sowie der europäischen Völker durch Gastarbeiter erkennen ausschließlich volkstreue Kräfte. Daher fordern sie die Begrenzung des Aufent344
Vgl. Windisch, Konrad: Die Gesellschaftsordnung. in: MUT (72) August 1973, S. 45. Windisch, Konrad: Der Soldat. in: MUT (73) September 1973, S. 43. 346 Windisch, Konrad: Kunst. in: MUT (74) Oktober 1973, S. 43. 347 Windisch, Konrad: Wohlstand. in: MUT (75) November 1973, S. 36. 348 Ebd. 349 Ebd. 350 Windisch, Konrad: Europa. in: MUT (76) Dezember 1973, S. 35. 351 Vgl. ebd. 352 Vgl. Windisch, Konrad: Die Wiedervereinigung. in: MUT (77) Januar 1974, S. 36. 353 Windisch, Konrad: Ost und West. in: MUT (78) Februar 1974, S. 35. 345
95
haltsrechts auf ein Jahr, kein Zuzug der Familien, während der Übergangszeit hat das Herkunftsland für angemessene Schulen und Ausbildungsstätten zu sorgen, keine Einbürgerung und kein Wahlrecht für Gastarbeiter.354 14) ‚Zersplitterung‘: Der von Windisch als ‚Zersplitterung‘ bezeichnete Zustand der nationalen Kräfte ist für ihn keineswegs ein Nachteil, da „viele Kristallisationsfäden im Volk hängen, wenn viele Gruppen ihre Aufgaben haben und diese zu erfüllen trachten, entsprechend ihren Möglichkeiten“355. Einem Nachteil würden sie nur dann unterliegen, wenn sie das gemeinsame Ziel aus den Augen verlieren und sich nicht mehr als Teil der Gesellschaft fühlen würden, „sondern zu Sekten werden, die sich im Besitz der alleinseligmachenden Weisheit glauben“356. 15) Die Ewiggestrigen: Für Windisch und MUT sind die Ewiggestrigen eher ein Phantom als Realität, wie er schreibt: „ich kenne keinen“357. Sollte es sie jedoch widererwarten doch geben: „Wenn ein Anhänger der NSDAP ein Gestriger ist, dann sind die anderen die Vorgestrigen, oder, um beim schlichten Stil unserer Tagespresse zu bleiben, die Ewigvorgestrigen.“358 16) Der Friede: Die Erhaltung des Friedens ist eines der wichtigsten Ziele jeder nationalen Politik. Jedoch muss die Bereitschaft bestehen, sich im Kriegsfall wirkungsvoll zu verteidigen.359 Auch ist der Wunsch nach Frieden nicht mit der „Bereitschaft zur Untertänigkeit, zur Sklaverei oder Hörigkeit“360 zu verwechseln. 17) Kollektiv und Gemeinschaft: An die Stelle des derzeitigen „Konsumtrottels“361 soll die „Gemeinschaft freier, denkender Einzelpersönlichkeiten, die sich nicht aus Zwang der Masse anschließen, sondern sich aus freier Entscheidung einer Gemeinschaft unterordnen“362, treten. 18) Neue ‚Nationen‘: Die Zusammengehörigkeit des deutschen Volkes ändert sich auch nicht durch die „Staats- oder Nationsgründung irgendwelcher volksfeindlicher Kräfte“363. 19) Neutralität: Ein neutraler Staat hält sich von jeder einseitigen Blockbildung fern, kann jedoch aus moralischen Gründen Stellung beziehen.364 354
Vgl. Windisch, Konrad: Die Gastarbeiter. in: MUT (79) März 1974, S. 45. Windisch, Konrad: „Zersplitterung“. in: MUT (80) April 1974, S. 34. 356 Ebd., S. 34. 357 Windisch, Konrad: Die Ewiggestrigen. in: MUT (81) Mai 1974, S. 36. 358 Ebd. 359 Vgl. Windisch, Konrad: Der Friede. in: MUT (85) September 1974, S. 40. 360 Ebd. 361 Windisch, Konrad: Kollektiv und Gemeinschaft. in: MUT (86) Oktober 1974, S. 33. 362 Ebd. 363 Windisch, Konrad: Neue „Nationen“. in: MUT (87) November 1974, S. 16. 364 Vgl. Windisch, Konrad: Neutralität. in: MUT (88) Dezember 1974, S. 17. 355
96
20) Terror: Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland, die durch einen „kalten Meinungs- und Gesinnungsterror“365 herrscht – dem der praktische Terror schon inne wohnt –, wird der von ihnen verwirklichte Staat jedem das Recht zu billigen, seine Meinung frei zu äußern. Jedoch wird er nicht in der Lage sein, „jemand anderem diese Meinung mit Gewalt und Terror aufzuzwingen, weil er mit harter Hand daran gehindert werden würde“366. 21) Terror – 2. Teil: Grundlage seines [Windischs] Denken ist: Gewalt kann ausschließlich durch Gewalt bekämpft werden. Dabei sind Opfer unvermeidlich.367 „Nur wenn ihr [das der Terroristen] Leben bedroht ist, besteht die Chance, daß sie auch auf das Leben anderer Rücksicht nehmen.“368 22) Eine vorausschauende Politik: Jede nationale Politik muss darauf bedacht sein, wie sich ihre Gesetze und Maßnahmen auf die Zukunft des Volkes auswirken. Kurzfristige Vorteile und Interessen stehen daher nicht im Mittelpunkt.369 23) Umweltschutz: Umweltschutz ist ein selbstverständlicher Teil jeder nationalen Politik.370 „Industrielle Entwicklung und wirtschaftlicher Fortschritt haben mit dem Schutz der Umwelt Hand in Hand zu gehen.“371 24) Lebensqualität: Die Lebensqualität der Menschen sollte nicht von finanziellen oder materiellen Dingen abhängen. Ziel der nationalen Politik ist es, z.B. „den Menschen unseres Volkes nicht nur Wohnraum [zu] schaffen, sondern auch dafür [zu] sorgen, dass sich dieser nicht in Seelensilos befindet und von Beton umgeben ist“372. Klarer werden die Absichten der Redaktion an keiner anderen Stelle wiedergegeben. Zugleich drücken sie die rechtsextremistischen Vorstellungen der Zeitschrift in ihrer gesamten Vehemenz aus. Die Herausgeber sehen mit dem Erscheinen ihres Pressedienstes – ab der ersten Ausgabe und trotz der Unterstützung durch die niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung – erhebliche Schwierigkeiten von Seiten der öffentlichen Meinung sowie staatlichen Stellen auf sich zukommen; teilweise sicherlich übertrieben und einem gewissen Verfolgungswahn anhängend. Aber nicht zuletzt auch um ihrer publizistischen Unternehmung mehr Bedeutung zuzumessen:
365
Windisch, Konrad: Der Terror. in: MUT (91) März 1975, S. 41. Ebd. 367 Vgl. Windisch, Konrad: Terror – 2. Teil. in: MUT (92) April 1975, S. 16f. 368 Ebd., S. 17. 369 Vgl. Windisch, Konrad: Eine vorausschauende Politik. in: MUT (93) Mai 1975, S. 38f. 370 Vgl. Windisch, Konrad: Umweltschutz. in: MUT (94) Juni 1975, S. 40f. 371 Ebd., S. 40. 372 Windisch, Konrad: Lebensqualität. in: MUT (95) Juli 1975, S. 13. 366
97
„Es gibt viele, die ein erhöhtes Interesse daran haben, ‚übermütig’ gewordene, junge und zu allen Verdruss auch noch selbstsichere Staatsbürger, die eine neue Idee vertreten, in die Schranken herkömmlicher Geschichtsauffassung zu weisen. Die Tatsache, daß wir uns Nationaleuropäer nennen, dürfte uns weitere Vorurteile und Hindernisse entgegenschleudern.“373
Das publizistische Ziel der deutschen Einheit schränkte die Leserschaft zusätzlich auf die Gruppe der „gesamtdeutsch Denkenden“374 ein, wie Wintzek bemerkte: „Die Mehrheitsmeinung begann sich ja mehr und mehr mit dem Status quo der Teilung Deutschlands und Europas nicht nur abzufinden, sondern gewann ihm sogar positive Seiten ab. Also begann MUT fast zwangsläufig randständige Gruppen in der Gesellschaft anzusprechen. Das waren in diesen Jahren vor allem Vertriebene, Flüchtlinge und alte Soldaten – also Bevölkerungsgruppen, die teilweise nicht nur damals als stock-konservativ galten.“375
Rückblickend schreibt er verklärend über die Reaktionen der Regierenden: „Willy Brandts neue Ostpolitik (‚Es wird auf nichts verzichtet, was nicht längst verspielt wurde.’) im Rahmen der folgenden sozialliberalen Koalition erhob die ‚Entspannungspolitik’ zur ‚alternativlosen’ Friedensgarantie. Wer da nicht mittun konnte oder wollte, geriet unversehens in den Verdacht, Böses zu wollen oder gar einem neuen heißen Krieg das Wort zu reden – zumindest aber den Kalten Krieg billigend in Kauf zu nehmen.“376 Im Zusammenhang mit der deutschen Einheit fällt auch die Verbreitung von Heften in Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes, wie etwa der Sowjetunion, Polen oder der Tschechoslowakei. Wiederholt berichtete die Redaktion – und belegt durch Akten des BStU – stolz von der Verteilung von Exemplaren in diesen Ländern – an Regierungen und Privatpersonen – durch MUT-Leser.377 Die Versendung von MUT-Heften und Plakaten an staatliche Stellen in der DDR erfolgte jedoch erst Ende der 1970er Jahre, womit MUT und Wintzek in das Blickfeld des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR rückten.378 In dem Abschlussbericht des MfS heißt es: „Im Jahre 1978 wurde durch den ‚MUT-Verlag’ an das MfS ein Hetzflugblatt gesandt, in dem die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung herabgewürdigt und das MfS diskriminiert wurden.“379 373
Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 16. 375 Ebd. 376 Ebd., S. 2. 377 „Wie uns ein Leser am 18. Januar 1966 mitteilte, wurden von ihm einige Exemplare der II. Ausgabe MUT vom 15. Dezember 1965, die unter dem Thema ‚Wiedervereinigung‘ stand, an die Staatschefs in Moskau, Prag, Warschau und Belgrad mit entsprechenden Begleitschreiben gesandt.“ [MUT (4) 20. April 1966, S. 3. o.A.] 378 Vgl. BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 015-425. 379 BStU MfS-HA XXII Nr. 17981/2, S. 002. 374
98
Das siebte Heft (Oktober 1966) kennzeichnet das einjährige Bestehen des Blattes und zugleich wird die prekäre finanzielle Lage von MUT herausgestrichen. Geld ist mit MUT nicht zu verdienen, und zudem ist die Zeitschrift auf besonders ‚treue Leser‘ angewiesen.380 Die Geldsorgen des Herausgebers ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. In regelmäßigen Abständen bittet die Redaktion um Spenden für die Erweiterung oder das Überleben der Zeitschrift. Sie verweisen auf die ehrenamtliche Tätigkeit der Herausgeber, einem – angeblichen – Anzeigenboykott381 – ausgelöst durch den Druck seitens staatlicher Stellen – und appellieren an das nationale Verantwortungsbewusstsein ihrer Leser. „MUT ist heute schon – trotz Anzeigenboykott! – die führende Zeitschrift der jungen Nationalen. Das ist nicht genug! Wir wollen zum Wohle unseres Vaterlandes das Versprechen einlösen: Deutschland wir kommen! Stehen Sie nicht abseits – Helfen Sie uns dabei!“382 Eine besondere Hervorhebung findet stets die – vermeintlich – neutrale und unabhängige Berichterstattung, die nur durch finanzielle Unabhängigkeit erreichbar ist. Daher ist sie mehr von Spenden abhängig als andere Publikationen.383 Trotz der finanziellen Schieflage bezieht die Redaktion 1967 eigene Redaktionsräume.384 Drei Jahre später bittet die Redaktion wieder um Spenden, um der „seelischen und politischen Zersetzung“385 des Volkes entgegen wirken zu können: „Verehrter ‚MUT’-Leser! Weil wir Deutschlands Jugend nicht endgültig in Irrsinn und körperliche Selbstzerstörung pressen lassen wollen, kämpfen wir gegen die geheimen und bekannten skrupellosen Jugendverführer und Volksdemagogen. MUT setzt mit jeder Ausgabe der seelischen und politischen Zersetzung unseres Volkes aktiven Widerstand entgegen! MUT ist das Gewissen der jungen Generation! MUT erreicht mit jeder Ausgabe mehr als 40.000 Leser. Darum haßt uns der Gegner, darum hat er beschlossen, MUT durch Prozesse und Schikanen zu zerschlagen. Weil MUT die Wahrheit sagt, soll dieses Magazin jetzt vernichtet werden. Der Kampf beginnt! Helfen Sie darum ‚MUT’: Wir benötigen dringend Geldspenden für unseren Prozess-Fonds zur Selbstverteidigung!“386
Für Wintzek lag Mitte 1969 ein entscheidender Moment387 – als MUT sich von einem alle drei Monate erscheinenden zu einem monatlichen Presseerzeugnis wandelte. Gleichzeitig begannen die Gründer unterschiedliche persönliche und berufliche Wege einzuschlagen und sich aus den Augen zu verlieren, was sich 380
Vgl. MUT (7) Oktober 1966, S. 2. [o.A.] Vgl. MUT (39) November 1970, S. 44. [o.A.] MUT (19/20) März 1969, S. 16f. [o.A.] 383 Vgl. u.a. MUT (30) Februar 1970, S. 6. [o.A.] 384 Vgl. MUT (13) November 1967, S. 10. [o.A.] 385 MUT (34) Juni 1970, S. 40. [o.A.] 386 Ebd. 387 Aufgrund der mangelnden Quellenlage und der Tatsache, dass auf Zeitzeugen nicht zurückgegriffen werden kann, besteht hier lediglich die Möglichkeit Aussagen des Herausgebers zu verwenden. 381 382
99
zunehmend in der sinkenden Zahl ihrer Artikel widerspiegelte.388 „Geblieben waren dagegen die programmatischen Punkte und ich [Wintzek] als Herausgeber.“389 Nachweisbar ist seit den 1970er Jahren die büromäßige Mitarbeit von Barbara Siemers im Verlag.390 Daneben erfährt MUT eine weitere Neuerung: Ab Mai 1969 (Heft 21) enthielt die Zeitschrift eine eigene Österreich-Beilage, die von Konrad Windisch verfasst wurde und sich größtenteils mit der SüdtirolFrage beschäftigte391 sowie die Tür für rechtsradikale Kräfte weiter aufstieß. MUT gestaltete sich fortan als ein Forum rechtsextremistischer Gruppen, wie z.B. der Wiking-Jugend392 oder des BHJ.393 Ebenfalls im Mai 1969 absolvierte Wintzek eine Vortragsreise nach Österreich, die von MUT-Sympathisanten aus Anlass der neuen Rubrik ‚MUT in Österreich‘ organisiert worden war. Unter ihnen fand sich auch Gerlinde Haberl, die sich in der Zeitschrift für die Freilassung von Rudolf Heß einsetzte. Am 5. Mai 1969 sprach er zunächst zum Thema ‚Europa – Illusion oder Wirklichkeit‘ auf Einladung der Europäischen Föderalistischen Bewegung (EFB) vor 300 Oberschülern in Linz. Anschließend trat Wintzek am 7. Mai vor dem Jungen Kreis und dem Ring Freiheitlicher Studenten an der Universität Salzburg auf.394 Der erste bedeutende Einschnitt in der Entwicklung von MUT erfolgte mit der Demonstration gegen das Treffen von Willy Brandt und Willi Stoph in Kassel395 im Mai 1970, zu der MUT aufgerufen hatte396 und an der etwa 3.000 De388
Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 2. Ebd. 390 Vgl. u.a. MUT (51) November 1971, S. 4. 391 Vgl. MUT (21) Mai 1969, S. 26ff. 392 Die Wiking-Jugend – volkstreue nordländische Jugendbewegung Deutschlands (WJ) (benannt nach einer SS-Division) wurde 1952 von Raoul Narath aus der Reichsjugend der SRP, der Vaterländischen Jugend und der Deutschen Unitarischen Jugend gegründet. Schnell entwickelte sich die WJ zu dem militantesten rechtsextremistischen Jugendverband in der Bundesrepublik. In den 1970er Jahren war sie u.a. an der Aktion Widerstand beteiligt. Ziele der WJ waren das Bekenntnis zu Kameradschaft und Soldatentum, die Förderung von Volkstum und Reichsgedanken sowie Erziehung zu Härte und Ausdauer. Charakteristisch für die WJ war die so genannte Nordland-Ideologie sowie eine extreme Ausländerfeindlichkeit. Sie war rassistisch und antisemitisch ausgerichtet. Organisiert war sie nach dem Beispiel der Hitlerjugend. Zu ihren Überzeugungen zählten die Verehrung Heinrich Himmlers und seiner Europa-Vorstellungen, Kampf gegen die Lüge von der deutschen Kriegsschuld und gegen die Ostpolitik sowie Antisemitismus. Dagegen bestimmen paramilitärische Spiele die tägliche Praxis. Bundesinnenminister Manfred Kanther verbot die WJ im November 1994. [Vgl. http://www.spiegel.de/politik/ausland/a-16986.html (26.09.2010). Fromm, Rainer: Am rechten Rand. Lexikon des Rechtsradikalismus, 2., aktualisierte Auflage, Marburg 1994, S. 173.] 393 Vgl. Dietzsch, Martin: Zwischen Konkurrenz und Kooperation. Organisationen und Presse der Rechten in der Bundesrepublik, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 67. 394 Vgl. O.A.: Erfolg in Österreich! in: MUT (22) Juni 1969, S. 25ff. 395 Bereits in der Februar-Ausgabe 1970 (Heft 30) teilt die Redaktion den Lesern mit, wonach diese eine Verfassungsbeschwerde – die später abgewiesen wird – gegen die Bundesregierung eingereicht 389
100
monstranten397 zugegen waren. Im Mai-Heft 1970 heißt es: „MUT hat maßgebend an den Vorgesprächen teilgenommen.“398 Auf jenem Treffen initiierten die Beteiligten die Gesamtdeutsche Aktion (vertreten durch Ulrich W. Wiehagen und Alfred E. Manke), welche die Organisation übernahm.399 2007 kann sich Wintzek daran allerdings nicht mehr genau erinnern: „Vielleicht ist sie auch nur ein Phantasieprodukt wie die ominöse ‚Organisation’ Gesamtdeutsche (Tages-) Aktion.“400 Den Höhepunkt der Kasseler Demonstration stellte das Einholen der DDR-Fahne vor dem Tagungsort dar, u.a. durch zwei MUT-Abonnenten.401 Anders als Wintzek in einer Auswertung behauptet hatte, war die Demonstration alles andere als gewaltlos.402 Im Rahmen einer Spontandemonstration im Anschluss an das Treffen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen. „Die hier zutage getretene Militanz und der wachsende Aktionismus der Teilnehmer prägte schließlich auch die am 5. Oktober 1970 in München offiziell als Verein eingetragene ‚Aktion Widerstand’.“403 Der Erfolg der Aktion Widerstand war der Grund für die Etablierung einer dauerhaften Organisation als Sammelbecken rechtsextremistischer Strömungen: Aktion W. Nachdem die Aktion W. jedoch stark militant agierte, distanzierte sich die NPD wieder von ihr.404 Praktisch über Nacht erlangte die Zeitschrift einen enormen bundesweiten Bekanntheitsgrad. Nach der Demonstration in Kassel und dem Mai-Heft 1970 schnellte die Auflage von 3.000 auf 12.000 Exemplare hoch.405 Neben dem außerordentlichen Zuspruch, den die Zeitschrift erhielt, wurde der Herausgeber zu einer Art „Galionsfigur einer ‚außerparlamentarischen Opposition von rechts’“406. Immer mehr rechtsradikale Kreise fanden nach Kassel ihren Weg zu MUT. Ab 1972 erscheint das Blatt im Bundesverfassungsschutzbericht unter der Rubrik ‚Rechtsextremistische Publikationen‘. Die Redaktion reagiert hierauf 1977 in einem polemischen habe. Die MUT-Redaktion zieht dabei Äußerungen des Bundeskanzlers Willy Brandt heran, in denen er sagt, dass es keine Verwirklichung der deutschen Einheit geben wird. MUT sieht darin eine Verletzung der Präambel des Grundgesetzes sowie der Art. 13 Abs. 5 und Art. 63 GG. [Vgl. MUT (30) Februar 1970, S. 5]. 396 Vgl. MUT (33) Mai 1970, S. 8. [o.A.] 397 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Die Konsequenz von Kassel. in: MUT (34) Juni 1970, S. 8. 398 O.A.: Auf nach Kassel! in: MUT (33) Mai 1970, S. 42. 399 Vgl. ebd. 400 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 33. 401 Vgl. MUT (34) Juni 1970, S. 3. [o.A.] 402 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Die Konsequenz von Kassel. in: MUT (34) Juni 1970, S. 9. 403 Feit, Margret: Die ‚Neue Rechte’ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie – Strategie, Frankfurt a.M. 1987, S. 24. 404 Vgl. Langanke, Heiko: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik. Ideen, Ideologien, Interpretationen, Berlin 1996, S. 51. 405 Vgl. O.A.: Mit allen Mitteln. in: MUT (35) Juli 1970, S. 41. 406 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3.
101
Artikel und führt die Aufnahme in den Bericht auf ihre nonkonforme Berichterstattung gegenüber den Regierenden zurück: „Ganz einfach, MUT macht von dem im Grundgesetz festgeschriebenen Grundrecht Gebrauch, seine Meinung zu schreiben. Das allein reicht aber für die Bonner Gralshüter der Demokratie aus, uns zu ‚Extremisten’ zu machen. Unsere Meinung und die Existenz unserer Zeitschrift paßt ihnen nicht. (…) MUT schlägt daher vor, die Präambel des Grundgesetzes – nachdem das Wiedervereinigungsgebot von Brandt und Genossen ohnehin unterlaufen wurde – folgendermaßen zu ändern: Die Bundesrepublik Deutschland ist eine Demokratur. Die Staatsgewalt geht von den Demokraten aus. Wer Demokrat ist, bestimmen die Demokraten. Amen.“407
Neben MUT waren an der Aktion Widerstand beteiligt: Nation Europa, AKON, NPD, Deutscher Block, Arbeitskreis Volkstreuer Verbände, Bund für deutsche Wiedervereinigung, BHJ, Wiking Jugend, DKEG408, Aktion Deutschland, Deutscher Anzeiger, Reichsbund der Soldaten, Republikanischer Studentenbund, Freiheitlicher Schülerbund. Den Aufruf zur Gründungskundgebung der Aktion Widerstand am 31. Oktober 1970 unterschrieben u.a. Kleist (GfP409), Wintzek und Böhme (DKEG).410 Im Anschluss an die November-Ausgabe und den „Wi-
407
O.A.: „Extremismus“ – amtlich verordnet! in: MUT (122) Oktober 1977, S. 51. Das Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) wurde am 1. Mai 1950 auf Initiative von Herbert Böhme gegründet und entwickelte sich schnell zu einer, unter dem Mantel der Brauchtumspflege agierenden rechtsextremistischen Organisation. 1965 ging aus dem DKEG der Arbeitskreis Volkstreuer Verbände (AVV) hervor, dem sich u.a. die Aktion Oder-Neiße, der Bund der Notgemeinschaft ehemaliger RAD-Angehöriger, Bund Heimattreuer Jugend, Stahlhelm, Deutsche Reichspartei, Deutscher Club, Wiking Jugend, Die Kameradschaft, Deutscher Soldaten- und Kriegerbund und Freunde des guten Films anschlossen. [Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 44ff.] 409 Als Koordinierungsstelle rechtsextremistischer Verlage wurde am 20. September 1960 die Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) gegründet. Mitglied der GfP ist nahezu jeder rechtsextremistische Verlag. Zu den GfP-Preisträgern zählen u.a. Alfred E. Manke, Peter Dehoust und Bernhard C. Wintzek. Die GfP strebt an, die Verbindungen zwischen rechtsextremistischen Publizisten, Journalisten, Verlegern und Juristen zu pflegen. Dabei wollen sie die – angeblich – einseitige Berichterstattung zugunsten von Ausländern durchbrechen. Zu ihren Zielen zählen das Entgegentreten gegen jeglichen Multikulturalismus in der Bundesrepublik, für eine Beendigung der Vergangenheitsbewältigung sowie für die Freiheit rechtsextremistische Ideen und Vorstellungen zu verbreiten. Mit ihrer vierteljährlich erscheinenden Veröffentlichung ‚Das freie Forum‘ erreicht die GfP eine Auflage zwischen 600 und 700 Exemplaren. [Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 48ff. Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek b. Hamburg 1994, S. 164. Backes, Uwe/Patrick Moreau: Die extreme Rechte in Deutschland. Geschichte – gegenwärtige Gefahren – Ursachen – Gegenmaßnahmen, 2. erweiterte Auflage, München 1994, S. 219f.] 410 Vgl. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 77. 408
102
derstandskongress“411 in Würzburg – auf dem Wintzek als einer der Hauptredner agierte – zog die Auflage um 15.000 Hefte an. „Das waren natürlich keine fest abonnierten Exemplare. Wir lieferten an gleichgesinnte ‚Einzelhändler’ kartonweise die Hefte, die diese dann bei Veranstaltungen, manche sogar im Straßenverkauf, gegen eine Provision je verkauften Heft veräußerten.“412 Im Februar 1973 erreicht die Zeitschrift nach Verlagsangaben eine Auflage von 16.000 Exemplaren.413 Die ‚Aktion Widerstand‘ entwickelte sich zu einem zentralen inhaltlichen Thema in MUT.414 So umfassen die Hefte etwa eine Werbung für den Sonderdruck ‚W wie Widerstand‘ über die Veranstaltung in Würzburg415, Werbekarten der Aktion Widerstand (herausgegeben von Alfred E. Manke)416, Ankündigungen z.B. für den Marsch auf Bonn417, den Abdruck des Symbols ‚W‘ der Aktion Widerstand418 sowie vergangene oder zukünftige Aktionen bzw. Veranstaltungen419. Auch berichtet die Redaktion ausführlich mit mehrseitigen Fotoreportagen über Kundgebungen der Aktion Widerstand, beispielsweise über den ‚Freiheitsmarsch in Berlin‘, an dem Wintzek (als Redner) neben Gerhard Frey und Alfred E. Manke als die führenden Persönlichkeiten teilnahm. „Der Freiheitsmarsch gegen Trennung, Terror und Mord am 13. August 1971, dem 10. Jahrestag der kommunistischen Schandmauer, war ein großartiger Erfolg der National-Freiheitlichen. MUT dankt allen Aktivisten, die sich weder von Verbotsgeschwätz noch von der Hetze der gegnerischen Presse schrecken ließen und an diesem verfassungstreuen Freiheitsbekenntnis teilnahmen.“420 Eine Besonderheit stellt die Betonung der Verfassungstreue der Teilnehmer dar.421 Jedoch sind hierbei erhebliche Zweifel angebracht, wenn auf den dazugehörigen Fotografien, die Teilnehmer mit dem so genannten Widerstandsgruß422, als Alternative zum Hitlergruß, abgebildet sind.423 Die Aktion Widerstand forderte in MUT u.a. die Revision der Ostverträge und bezog die Gebiete Posen, 411
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3. Ebd., S. 17. 413 Vgl. MUT (66) Februar 1973, S. 2. [o.A.] 414 Vgl. u.a. MUT (40) Dezember 1970. 415 Vgl. u.a. MUT (39) November 1970, S. 39. 416 Vgl. u.a. MUT (56) April 1972. 417 Vgl. u.a. MUT (40) Dezember 1970, S. 13. MUT (53) Januar 1972, S. 21. MUT (56) April 1972, S. 9f. und 52. 418 Vgl. u.a. MUT 40) Dezember 1970, S. 3ff. MUT (43) März 1970, S. 3ff. MUT (56) April 1972, S. 1. 419 Vgl. u.a. MUT (40) Dezember 1970, S. 29 und 37. MUT (47) Juli 1971, S. 46. MUT (58) Juni 1972, S. 8. MUT (60) August 1972, S. 24. 420 O.A.: Der Freiheitsmarsch in Bonn. in: MUT (49) September 1971, S. 28. 421 Vgl. ebd. O.A.: Solidarisch für die Freiheit. in: MUT (55) März 1972, S. 28. 422 Vgl. Abbildung 2. 423 Vgl. u.a. O.A.: Solidarisch für die Freiheit. in: MUT (55) März 1972, S. 28ff. 412
103
Pommern, Schlesien, Westpreußen, Ostpreußen sowie das Sudetenland in das deutsche Staatsgebiet mit ein.424 Problematisch erscheint eine Fotomontage425 aus dem September-Heft 1970, auf der Bundeskanzler Brandt an einem Galgen hängt. Die Bildunterschrift lautet zwar: „Aufhängen? – Nein. Wir verabscheuen Polit-Terror. Bilden wir jetzt eine gesamtdeutsche Aktionsfront aller Kräfte der nationalen Opposition, um durch legalen, gewaltlosen Widerstand noch das zu retten, was für Deutschland zu retten ist.“426 Angesichts der gewalttätigen Ausschreitungen im Zuge des Brandt/Stoph-Treffens und der Veranstaltung in Würzburg sowie der später von Windisch getroffenen Zielvorstellungen erscheint diese Aussage jedoch fraglich. Die Auflagenhöhe steigerte sich in den nächsten Jahren auf bis zu 25.000 Exemplare monatlich. Der Anstieg der Auflage im Anschluß an von der Redaktion organisierten oder initiierten Veranstaltungen belegt einen Zusammenhang zwischen den politischen Aktivitäten und der Zeitschrift. Zudem wurde ein Großteil der Hefte während politischer Veranstaltungen verkauft und beworben. Zunehmend finden sich in den 1970er Jahren auch Berichte über Vorträge von Wintzek in MUT wieder.427 In dieser zeitlichen Phase finanzierte sich das Heft zu einem Teil aus Spenden auf der Grundlage eben dieser Veranstaltungen.428 Trotz eines permanenten finanziellen Engpasses baute Wintzek 1972 ein Verlagsgebäude in Asendorf, dessen finanzielle Verpflichtungen er u.a. für den erst späten Bruch mit dem rechtsextremistischen Spektrum anführt: „Ich scheute nicht zuletzt auch aus finanziellen Gründen noch immer den großen Bruch.“429 In einem eher kleinen Artikel des Novemberheftes 1973 berichtet die Redaktion über verschiedene – exakt über 16430 – Prozesse gegen den MUT-Verlag. Anlass gibt hierbei die Vernehmung Wintzeks durch die Kriminalpolizei am 23. Oktober 1973 im Gebäude des Verlages. Der Bericht hebt insbesondere hervor, MUT durfte sich in der Vergangenheit bereits mehrmals „besonderer polizeilicher ‚Zuneigung’“431 erfreuen. Die Redaktion betont speziell die Verfassungstreue des Verlages sowie die, in der Vergangenheit gewonnenen 15 Prozesse. „Die verfassungstreuen und nationalen Antimarxisten unterliegen mehr denn je 424
Vgl. Beilage. in: MUT (56) April 1972. Vgl. Abbildung 1. 426 MUT (37) September 1970, S. 3. 427 Vgl. u.a. MUT (32) April 1970, S. 41. [o.A.]; MUT (34) Juni 1970, S. 42. [o.A.]; MUT (35) Juli 1970, S. 40. [o.A.]; MUT (79) März 1974, S. 47. [o.A.]; MUT (99) November 1975, S. 44. [o.A.]; MUT (113) Januar 1977, S. 21. [o.A.]; MUT (114) Februar 1977, S. 13. [o.A.]; MUT (124) Dezember 1977, S. 43. [o.A.] 428 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 17f. 429 Ebd., S. 9. 430 Vgl. MUT (78) Februar 1974, S. 46. [o.A.] 431 O.A.: Kripo im MUT-Verlag. in: MUT (75) November 1973, S. 21. 425
104
der schärfsten staatlichen Beobachtung. (…) Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß hier letztlich aus politischen Gründen mit (staatlichen) Kanonen auf den Zeitungsspatz ‚MUT’ geschossen wird.“432 Der Verfasser schließt seinen Artikel mit einem Spendenaufruf für den ‚Prozess-Fonds‘ der Zeitschrift. Um den Artikel mehr Nachdruck zu verleihen, zeigt ein Foto das Verhör von Wintzek durch einen Kriminalpolizisten. Der ganze Artikel vermittelt dem Leser den Eindruck: Das kleine, verfassungs- und rechtskonforme Blatt MUT sieht sich aus Gründen anderer politischer Gesinnung durch den Staat schikaniert und in seiner Existenz bedroht. Der Verfasser geht in keiner Weise auf die Gründe der polizeilichen Vernehmung oder auf die Anklagepunkte der anderen Prozesse ein und zeigt damit ein zugunsten der Zeitschrift verzerrtes Bild der Situation. Die Redaktion unterrichtet ihre Leser in der ersten Untersuchungsphase mehrmals über laufende und abgeschlossene Verfahren gegen den Verlag.433 Die Ermittlungen wurden u.a. wegen Verletzung des Ehrenschutzes von Politikern434 und Volksverhetzung435 geführt. Einen Schuldspruch gab es in keinem der Prozesse. Über neue Verfahren berichtet die Redaktion nicht. Der Verlag findet sich jedoch nicht ausschließlich auf der Beklagtenseite wieder, sondern klagt 1970 vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Regierung Brandt.436 Am 25. August 1977 organisierte der Verlag, vor dem Hintergrund der Befreiung von Herbert Kappler aus italienischer Haft, die so genannte KapplerEntführungsfeier in Soltau, auf der sich ca. 200 rechte Teilnehmer einfanden. Zu den Rednern gehörten neben Wintzek der MUT-Mitarbeiter Hans Hertel, der NPD-Historiker Udo Walendy sowie der Jura-Student und MUT-Autor Bernd Dröse.437 „‚Wenn wir überhaupt von einem ‚Fall Kappler’ reden, muß man nicht nur die Wirkung, sondern auch die Ursache sehen.’ Und die Ursache für den ‚Fall Kappler’ war nach Hertels Ansicht ‚ein heimtückisches Verbrechen’. Deshalb sei es nicht zulässig, daß über die Reaktion der deutschen Wehrmacht auch nur ein Wort gefällt wird.“438 Von den MUT-Autoren sprach neben Hertel auch Wintzek: „Um 20.15 Uhr eröffnete ich [Wintzek] die Sitzung mit den Worten: ‚Wir wollen uns erheben: wir ehren eine mutige Frau, die der Menschlichkeit zum Recht verhalf, wo deutsche und italie-
432
Ebd. Vgl. u.a. MUT (49) September 1971, S. 45. [o.A.] MUT (56) April 1972, S. 47. [o.A.] Vgl. MUT (36) April 1970, S. 41. [o.A.] 435 Vgl. MUT (56) April 1972, S. 47. [o.A.] 436 Vgl. MUT (32) April 1970, S.15. [o.A.] MUT (33) Mai 1970, S. 39. [o.A.] 437 Vgl. O.A.: Nach 32 Jahren muß endlich einmal Schluß sein. Das meinte „MUT“-Chefredakteur Bernhard C. Wintzek am Donnerstag im „Neuen Hause“ in Soltau, in: Böhme-Zeitung/Soltauer Kreiszeitung (199) 27. August 1977, 113. Jg., S. 3. 438 Ebd. 433 434
105
nische Regierungsstellen dem Haß und der Rachsucht machtlos gegenüberstanden. Wir fordern: Macht dem Haß ein Ende! Zieht endlich einen Schlußstrich unter die Vergangenheit! Darum fordern wir: Freiheit für Rudolf Heß, Freiheit für Walter Reder, Gnade für Ferdinand aus der Fünten, Franz Fischer und Josef Kotalla in Breda. Alte Schuld, die nicht neu diskutiert werden sollte, ist überlang verbüßt. Wir fordern, macht nach 32 Jahren endlich Schluß mit den widerwärtigen NS- und Kriegsverbrecherprozessen in Deutschland. Wir gedenken aller Toten und Ermordeten des letzten Weltkrieges.‘“439
Wie hier bereits angedeutet, tritt der Verlag ebenso für die Freilassung von Rudolf Heß ein, der sich im Gegensatz zu Kappler ab 1968 einer großen Aufmerksamkeit durch MUT erfreut. Mit einem Artikel seines Sohnes Wolf Rüdiger Heß Mitte 1968 erscheint erstmalig die Forderung nach der Freilassung von Heß in der Publikation.440 Für MUT steht fest: „Dieser Mann hat unschuldig genug gelitten.“441 Ähnlich argumentiert Manfred Roeder in einem Flugblatt, welches die Redaktion in Auszügen – innerhalb eines Beitrages – veröffentlicht. Bei Roeder kommt die Relativierung der deutschen Kriegsschuld hinzu: „Am 10. Mai 1941 war Rudolf Hess, der ‚Reichsminister und Stellvertreter des Führers’, nach England geflogen, um einen sinnlosen Krieg zu beenden. Deutschland stand damals auf dem Höhepunkt seiner Macht. Polen war in 18 Tagen besetzt worden, weil es in grausamster Weise 20.000 Volksdeutsche abgeschlachtet und alle Verhandlungen über die Rückgabe Danzigs abgelehnt hatte. Norwegen und Dänemark waren in einem Notwehrakt besetzt worden, weil ein britisches Expeditionskorps unterwegs war und Norwegen schon z.T. erreicht hatte. Die englische Armee in Frankreich war vernichtend bei Dünkirchen geschlagen worden, nachdem England uns den Krieg erklärt hatte. Angeblich geschah dies, um den Polen zu helfen. Es erfolgte aber keine Kriegserklärung an die Sowjetunion, die gleichzeitig in Polen einmarschierte und die Blüte der polnischen Offiziere liquidierte (Katyn)! Heß brachte das großzügige Angebot des Siegers! (…) Warum nahm Churchill die Vorschläge nicht an? (…) Churchill wollte den Krieg gegen Deutschland zu einem Weltkrieg ausweiten und die völlige Vernichtung des Gegners unter Millionen Opfer der eigenen Völker.“442
Bis 1977 tritt der Verlag in regelmäßigen Abständen für seine Freilassung ein, indem die Redaktion etwa über Demonstrationen und Kundgebungen berich-
439
Wintzek, Bernhard C.: Zum Beispiel Soltau. in: MUT (122) Oktober 1977, S. 21. [Hervorhebung im Original] Vgl. Heß, Wolf Rüdiger: Spandauer Unmenschlichkeit. in: MUT (16) Mai/Juni 1968, S. 23. 441 O.A.: Rudolf Heß – Ein halbes Leben lebendig begraben. in: MUT (45) Mai 1971, S. 23. 442 O. A.: RUDOLF HESS, der Märtyrer aus Spandau! in: MUT (69) Mai 1973, 45f. 440
106
tet443, Annoncen druckt444 oder für Bücher über Heß, u.a. von seinem Sohn, wirbt445. In der gesamten ersten Untersuchungsphase erscheinen in MUT Anzeigen rechtsextremistischer Zeitungen und Verlage. So wirbt etwa Nation Europa, die Deutsche Wochen-Zeitung446 sowie der Deutsche Studenten-Anzeiger447 von April 1973 bis 1979 annähernd in jeder Ausgabe.448 Daneben gibt es eine Zusammenarbeit mit rechtsextremistischen Zeitschriften, von denen in MUT u.a. im September 1972 die Rede ist. Unter der Überschrift ‚Einheitsfront der nationalen Publizistik – Wegweisende Besprechung in München‘ wird über ein Treffen von Peter Dehoust (Nation Europa), Henning Jäde (Deutscher StudentenAnzeiger), Erich Kern (Deutsche Wochen-Zeitung), Alfred E. Manke (Deutscher Aufklärungskreis ‚W‘, AVV) und Bernhard C. Wintzek berichtet449 sowie die Ursache und das Ergebnis jener Zusammenkunft bekannt gegeben: „Im Vordergrund der Besprechung stand die gefahrvolle politische Lage. Die nationalen Publizisten beschlossen unter Wahrung der Eigenständigkeit ihrer Organe in Zukunft allen Volksfrontbestrebungen entgegenzuwirken und in ständiger Zusammenarbeit über ihren bisherigen Wirkungskreis hinaus, Aufklärungsarbeit zu leisten. Diese Zusammenkunft steht am Beginn einer richtungsweisenden Solidarisierung der deutschen Rechten.“450 Ebenfalls im September 1972 organisierte MUT und Nation Europa den ersten Nationaleuropäischen Jugendkongress in Planegg bei München, zu dem wiederholt in MUT aufgerufen wurde.451 Ziel des von Wintzek, Dehoust und Manke organisierten ersten Nationaleuropäischen Jugendkongresses am 16. und 17. September 1972 war es, eine Verbindung zu 443
Vgl. u.a. MUT (118) Juni 1977, S. 46. [o.A.] MUT (68) April 1973, S. 16. [o.A.] MUT (93) Mai 1975, S. 45. [o.A.] 444 Vgl. u.a. MUT (29) Januar 1970, S. 17. MUT (105) Mai 1976, S. 44. 445 Vgl. Heß, Wolf Rüdiger (Hrsg.): Heß – Weder Recht noch Menschlichkeit. [MUT (85) September 1974, S. 47.]; Schwarzwäller, Wulf: Rudolf Heß – der Mann in Spandau. [MUT (83) Juli 1974, S. 42.] 446 Die Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) des ehemaligen SS-Mitgliedes Waldemar Schütz war mit 25.000 Exemplaren pro Woche eine der größten rechtsextremistischen Zeitungen der Bundesrepublik. Enge Verbindungen bestehen zwischen der DWZ und der NPD, dem BHJ und dem DKEG. [Vgl. Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980, S. 65f.] 447 Vgl. u.a. MUT (78) Februar 1974, S. 47. MUT (107) Juli 1976, S. 47. MUT (141) Mai 1979, S. 51. 448 Vgl. u.a. MUT (68) April 1973, S. 46. MUT (72) August 1973, S. 47. MUT (74) Oktober 1974, S. 47. MUT (80) April 1974, S. 46. MUT (97) September 1975, S. 47. MUT (108) August 1976, S. 45. MUT (125) Januar 1978, S. 46. MUT (137) Januar 1979, S. 52. MUT (148) Dezember 1979, S. 51. 449 Vgl. O.A.: Einheitsfront der nationalen Publizistik – Wegweisende Besprechung. in: MUT (61) September 1972, S. 31. 450 Ebd. 451 Vgl. u.a. MUT (58) Juni 1972, S. 32. [o.A.] MUT (60) August 1972, S. 46. [o.A.]
107
rechten Organisationen im Ausland zu schaffen. Zur besseren Koordinierung der Gruppen in der Zeit zwischen den Kongressen sowie für die Organisation zukünftiger Veranstaltungen wurde ein elfköpfiges Generalsekretariat gegründet, dem auch Wintzek und Dehoust angehörten.452 Im Anschluss berichtete die Redaktion ausführlich – mit großflächigen Fotos – über den Ablauf des Nationaleuropäischen Kongresses an dem, nach Angaben der Veranstalter, 1200 junge Europäer teilnahmen, welche keine „‚Kongreßteilnehmer’ im landläufigen Sinne“453 waren. „Das war eine in sich geschlossene Kampfgemeinschaft von überzeugungstreuen Männern und Frauen, Burschen und Mädel, die genau wissen, was sie wollen.“454 Auch eine dazugehörige Bilddokumentation sowie eine Langspielplatte vertreibt MUT im Anschluss.455 Der zweite Nationaleuropäische Kongress 1973 in Flandern wird ebenfalls u.a. von MUT und Nation Europa organisiert. Im April 1973 rufen sie die Nationalen aus dem deutschen Sprachraum auf, sich anzumelden.456 Wie MUT im August 1973 berichtet, wurde der zweite Kongress einen Tag vor Beginn von der belgischen Regierung verboten, weswegen sie ins französische Flandern ausweichen mussten: „Nach stundenlanger Busfahrt unter sengender Sonne sind die ersten NEC-Teilnehmer auf französischer Seite eingetroffen und werden über den provisorischen Ablauf des 2. NECs von MUT-Herausgeber Wintzek informiert. Vielen ist die Anstrengung der langen Reise vom Gesicht abzulesen, aber alle teilen stolze Gewißheit, sich einer undemokratischen Terror-Maßnahme der Herrschenden nicht gebeugt zu haben.“457 Zudem druckt MUT deren Resolution ab, dessen umfangreichster Beschluss zum Thema der Fremdarbeiter und Immigration Stellung bezieht: „Die Lösung des Problems der ausländischen Arbeiter hat sich vorrangig an den Lebensinteressen der betroffenen Völker zu orientieren. Privates Gewinnstreben darf bei dieser Frage nicht den Ausschlag geben.“458 Auch zu diesem Nationaleuropäischen Kongreß bietet MUT Zeit- und Tondokumente an.459 Zwischen 1965 und 1979 finden sich in annähernd jeder Ausgabe Bücherwerbungen oder -empfehlungen durch die Redaktion von rechtsextremistischen Verlagen, wie etwa Druffel460, J.F. Lehmanns461, Arndt462 oder dem Alfred E. 452
Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1972. Bonn 1973, S. 19. Körner, Friedrich: NATIONALE SOLIDARITÄT JETZT! München Planegg 1972 – Arbeit, Begegnung und gemeinsamer Aufbruch, in: MUT (62) Oktober 1972, S. 24. 454 Ebd. 455 Vgl. u.a. MUT (63) November 1972, S. 47. [o.A.] 456 Vgl. MUT (68) April 1973, S. 34. [o.A.] 457 O.A.: Der nächste NEC kommt bestimmt. in: MUT (72) August 1973, S. 33. 458 Ebd., S. 35. 459 Vgl. MUT (73) September 1973, S. 45. [o.A.] 460 Vgl. u.a. MUT (16) Mai/Juni 1986, S. 29. MUT (27) November 1969, S. 34. MUT (50) Oktober 1971, S. 50. MUT (75) November 1973, S. 50. MUT (133) September 1978, S. 46. Druffel Verlag: 453
108
Manke Verlag463. Unter ihnen sind z.B. die Publikation ‚Weg und Wagnis‘ von Oswald Mosley, dessen Werk mit den folgenden Worten beschrieben wird: „Als glänzender Organisator und hinreißender Redner gegen Churchills Kriegspolitik zählte Mosley zu den führenden Politikern zwischen den Weltkriegen.“464 Daneben wirbt MUT für rassistische Veröffentlichungen, wie jenes von Heinz Gollner mit dem Titel ‚Ein Ruf an alle Völker – Was ist biologische Weltanschauung?‘465 oder jene, die die deutsche Kriegsschuld relativieren (z.B. B. von Richthofen: ‚Kriegsschuld 1939/1941. Der Schuldanteil der anderen‘466). Ansätze zur Verherrlichung des Nationalsozialismus gehen aus dem Begleittext zum Buch von Rudolf Jordan ‚Erlebt und erlitten‘ hervor: „Es sind Lebenserinnerungen eines katholischen Junglehrers aus dem Hessenland, der, frühzeitig Nationalsozialist, 1931 als Gauleiter nach Halle und Reichsstadthalter nach Dessau gerufen wurde. (…) Es ist ein Erinnerungsbuch, das man gern liest, denn es ist ein ehrliches Buch. Rudolf Jordan schreibt schlicht auf, wie es damals wirklich war, was er sich bei allem gedacht hat. So lernt man vieles von der ‚Innenseite’ der nationalsozialistischen Bewegung und des Dritten Reiches kennen. Und das Bild jener Epoche wird viel deutlicher, viel plastischer, als es allgemeine Darstellungen vermitteln können, vor allem, wenn sie parteiisch gefärbt sind.“467 MUT wirbt ebenso für Veröffentlichungen, in denen der Holocaust bzw. Auschwitz geleugnet werden. ‚Die Auschwitz-Lüge‘ von Thies Christopherson468 preist MUT u.a. 1952 gründeten Helmut (bis 1945 stellvertretener Reichspressechef) und Ursula Sündermann den Druffel-Verlag. Das Verlagsprogramm enthält u.a. Memoiren mehrerer NS-Größen wie z.B. von Joachim von Ribbentrop, Ilse Heß und Hans-Ulrich Rudel. [Vgl. Frederik, Hans: Die Rechtsradikalen. Würzburg 1965, S. 91. Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek b. Hamburg 1994, S. 165.] 461 Vgl. u.a. MUT (19/20) März 1969, S. 30 und 59. MUT (29) Januar 1970, S. 20. 462 Vgl. u.a. MUT (41) Januar 1971, S. 22. MUT (104) April 1976, S. 46. MUT (127) März 1978, S. 42. Arndt-Verlag: Der ARNDT-Verlag gilt als einer der größten und einflussreichsten rechtsextremistischen Verlage in der Bundesrepublik. Gegründet wurde er 1963 von Heinz von Arndt, der der Deutschen Reichspartei nahe stand, 1983 übernahm Dieter Munier den Verlag. Der Schwerpunkt liegt auf revisionistischen Themen sowie auf Werken, die die nationalsozialistische Kriegsschuld und die Verbrechen der Wehrmacht verharmlosen. [Vgl. Grumke, Thomas/Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen – Organisationen – Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, Opladen 2002, S. 446f. Frederik, Hans: Die Rechtsradikalen. Würzburg 1965, S. 90.] 463 Vgl. MUT (74) Oktober 1973, S. 22. 464 MUT (75) November 1973, S. 50. [o.A.] 465 Vgl. MUT (41) Januar 1971, S. 22. 466 Vgl. ebd. 467 MUT (55) März 1972, S. 48. [o.A.] 468 Thies Christopherson, geboren am 27. Januar 1918, war bis 1990 Vorsitzender der Bürger- und Bauerninitiative e.V. und von 1969 bis 1995 Herausgeber der ‚Bauernschaft‘. 1973 veröffentlichte er seine Schrift ‚Die Auschwitz-Lüge‘. Bevor Christopherson 1986 nach Dänemark floh, wurde er in der Bundesrepublik wiederholt wegen Verunglimpfung des Staates und des Andenkens Verstorbener
109
mit dem folgenden Satz an: „Die Lüge von 6 Millionen ermordeten Juden läßt sich nicht länger aufrecht erhalten.“469 Unter der Rubrik Namen – Nachrichten – Termine bzw. Verbandsnachrichten veröffentlicht die Redaktion in der ersten Untersuchungsphase ausschließlich Termine, Veranstaltungsrückblicke und Annoncen rechtsextremistischer Organisationen. Unter ihnen befinden sich: die Volkstreue Jugend470, die Jungen Nationaldemokraten (JN)471, die NPD472, G.R.E.C.E473, die militante Wiking Jugend474, der BHJ475, der Volksbund Deutscher Ring476, der Bund Deutscher Nationalsozialisten477, die Arbeitsgemeinschaft für Politik478, DVU479, Block Junger Deutscher480, Gesellschaft für freie Publizistik481, UAP482, NHB483, AKON484, Hilfskomitee Südliches Afrika485, sowie der Verbreitung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu Bewährungsstrafen verurteilt. „Seit mehr als zwei Jahrzehnten verbreitet er in seinen Schriften und Reden offen neofaschistische Propaganda, wobei er den Schwerpunkt auf die Blut- und Boden-Ideologie und die Leugnung des nationalsozialistischen Massenmordes an den europäischen Juden legt.“ [Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 450 und vgl. 445.] 469 MUT (77) Januar 1974, S. 47. [o.A.] 470 Vgl. u.a. MUT (75) November 1973, S. 42. MUT (87) November 1974, S. 43. MUT (93) Mai 1975, S. 43. MUT (128) April 1978, S. 45. Der Bund Volkstreuer Jugend steht in der Tradition des BHJ, seine führenden Mitglieder (z.B. Gunnar Pahl, Thomas Günter Lange) sind fast alle ebenfalls Mitglieder der NSDAP. [Vgl. Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980, S. 63f.] 471 Vgl. u.a. MUT (83) Juli 1974, S. 44. MUT (92) April 1975, S. 44. MUT (108) August 1976, S 43. MUT (140) April 1979, S. 50. Die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Jugendorganisation der NPD, wurde 1965 gegründet. Sie sehen sich selbst als Elite des Volkes, Speerspitze der Partei und geistigen Motor der Partei. [Vgl. Huhn, Anne/Alwin Meyer: „Einst kommt der Tag der Rache“. Die rechtsextreme Herausforderung 1945 bis heute, Freiburg i. Brsg. 1986, S. 97ff. Dudek, Peter/HansGerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 311ff.] 472 Vgl. u.a. MUT (80) April 1974, S. 47. MUT (111) November 1976, S. 42. MUT (133) September 1978, S. 45. 473 Vgl. u.a. MUT (85) September 1974, S. 46. MUT (138) Februar 1979, S. 45. 474 Vgl. u.a. MUT (80) April 1974, S. 45. MUT (94) Juni 1975, S. 45. MUT (112) Dezember 1976, S 44. MUT (134) Oktober 1978, S. 45. 475 Vgl. u.a. MUT (85) September 1974, S. 43. MUT (95) Juli 1975, S. 41. MUT (107) Juli 1976, S. 45. MUT (141) Mai 1979, S. 50. 476 Vgl. u.a. MUT (16) Mai/Juni 1968, S. 21. MUT (27) November 1969, S. 10. MUT (116) April 1977, S. 44. 477 Vgl. MUT (19/20) März 1969, S. 17. 478 Vgl. u.a. MUT (85) September 1974, S. 45. MUT (100) Dezember 1975, S. 47. MUT (120) August 1977, S. 43. MUT (145) September 1979, S. 46. 479 Vgl. u.a. MUT (51) November 1971, S. 51. MUT (88) Dezember 1974, S. 42. 480 Vgl. MUT (49) September 1971, S. 46. 481 Vgl. u.a. MUT (91) Mai 1975, S. 44. MUT (109) September 1976, S. 44. 482 Vgl. MUT (88) Dezember 1974, S. 44. Die Unabhängige Arbeiterpartei (UAP) ging 1962 als Abspaltung der Deutsch-Sozialen Union (DSU) hervor. Die neutralistisch orientierte UAP fuhr zunächst einen pseudolinken Kurs, bevor sie sich von ihren nationalrevolutionären Anfangstendenzen
110
Aktion Neue Rechte486, Volksbund Deutscher Ring487, NDP488, Deutsche Volksfront489 sowie der Stahlhelm – Kampfbund für Europa490. Daneben erscheint MUT ab 1975 in unregelmäßigen Abständen mit einem Beilagenheft des Stahlhelms.491 Neben der publizistischen Verknüpfung von MUT und dem Stahlhelm besteht mit dem Autor und Stahlhelm-Vorsitzenden Hans Hertel – auf einer Fotographie vor einer Reichkriegsfahne in MUT abgebildet492 – auch eine enge redaktionelle Zusammenarbeit. Hertel, neben Wintzek in der ersten Untersuchungsphase der wichtigste MUT-Autor, bekommt als einziger Verfasser einen Glückwunschartikel zu seinem Geburtstag.493 Die enge Verbindung zu obigen Organisationen drückt sich u.a. auch durch eine finanzielle Förderung in Höhe trennte und sich verstärkt dem Rechtsextremismus zuwandte. [Vgl. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945. München 1989, S. 108.] 483 Vgl. u.a. MUT (101) Januar 1976, S. 43. Der 1966 gegründete Nationaldemokratische Hochschulbund war den Jungen Nationaldemokraten angeschlossen; blieb jedoch weitgehend bedeutungslos. Seine Seminare umfassen die Themengebiete Biologie und Kultur des Menschen, Ideologie und Gesellschaft. [Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 309-311.] 484 Vgl. u.a. MUT (122) Oktober 1977, S. 46. 485 Vgl. u.a. MUT (130) Juni 1978, S. 47. MUT (131) Juli 1978, S. 47. Das Hilskomitee Südliches Afrika (HSA) verbreitete Pro-Apartheid-Propagande und wollte ein Gegengewicht zu der südwestafrikafeindlichen Agitation sein sowie zur Aufklärung der Öffentlichkeit beitragen. [Vgl. Krieg, Monika: Umschlagplatz für rechtes Denken: NATION EUROPA. in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 150.] 486 Vgl. u.a. MUT (112) Dezember 1976, S. 45. MUT (124) Dezember 1977, S. 44. MUT (138) Februar 1979, S. 46f. Die Aktion Neue Rechte (ANR) wurde 1972 als Abspaltung der NPD gegründet (Vgl. Bartsch, Günter: Revolution von rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten, Freiburg i. Brsg. 1975, S. 145ff.) 487 Vgl. u.a. MUT (90) Februar 1975, S. 43. MUT (130) Juni 1978, S. 45. MUT (143) Juli 1979, S. 46. 488 Vgl. u.a. MUT (133) September 1978, S. 45. 489 Vgl. u.a. MUT (118) Juni 1977, S. 46. MUT (138) 1979, S. 45. MUT (148) Dezember 1979, S. 51. 490 Vgl. u.a. MUT (18) Dezember 1968, S. 43. MUT (81) Mai 1974, S. 45. MUT (114) Februar 1977, S. 46. MUT (129) Mai 1978, S. 46. MUT (138) Februar 1979, S. 45. Der Stahlhelm – Kampfbund für Europa wurde 1951 als Nachfolgeorganisation für den in der SA aufgegangenen alten Stahlhelm gegründet. 1951 wurde der Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten neu gegründet, bevor er 1973 in Stahlhelm – Kampfbund für Europa umbenannt wurde. Zu seinen Themen gehören der Kampf gegen den Bolschewismus (einschließlich SPD und Gewerkschaft), Beendigung der Vergangenheitsbewältigung, Revision der Kriegsverbrecherurteile sowie Stärkung des Wehrwillens der Jugend. [Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradiition einer besonderen politischen Kultur, S. Band I, Opladen 1984, S. 115122.] 491 Vgl. u.a. MUT (91) März 1975. MUT (95) Juli 1975. 492 Vgl. MUT (117) Mai 1977, S. 44. 493 Vgl. MUT (128) April 1978, S. 45. [o.A.]
111
von 1000,- DM durch die Gesellschaft für freie Publizistik e.V. im Jahr 1973 aus494 oder durch die vielen Gratulationsschreiben zum zehnjährigen Bestehen von MUT. Unter den Gratulanten befinden sich Peter Dehoust, Martin Mußgnug, Fritz Stüber und Adolf von Thadden. Die Wiking-Jugend überreicht dem gebürtigen Schlesier Wintzek ein Wappen von Niederschlesien. 495 Die Festrede auf dem MUT-Lesertreffen anlässlich dieses Jubiläums hält Hans Hertel, welcher seine Rede mit den folgenden nationalistischen Worten beschließt: „Unsere Ehre heißt Deutschland! Unsere Treue gilt Deutschland! Unser Herz schlägt für Deutschland! Unser Schwur auf dieser Erde sei: Deutschland über alles!“496 Enge Verbindungen unterhält Wintzek zur NPD: In einem Brief an den NPDVorsitzenden Mußgnug bedankt er sich für das Angebot, für die NPD als Bundestagskandidat antreten zu dürfen: „Angesichts der gefahrvollen innen- und außenpolitischen Entwicklung dieses Landes unter der glück- und erfolglosen Brandt-Regierung und angesichts der Zusicherung, daß die NPD bereit ist, für die gesamte deutsche Rechte zu handeln und dieses nach außen sichtbar und überzeugend im Wahlkampf zu vertreten, habe ich mich entschlossen, dieses Angebot anzunehmen.“497 Das Erscheinen des Januar-Heftes 1979 ist das entscheidende Datum in der politischen Entwicklung von MUT. Der Verfassngsschutz schreibt in seinem Bericht von 1979: „Dagegen [im Gegensatz zu neonationalsozialistischen Schriften] haben die selbständigen rechtsextremistischen Verlage die durchschnittliche Wochenauflage ihrer Publikationen gesteigert. Dies beruht vor allem auf der Auflagensteigerung der Monatszeitschrift ‚MUT’ sowie aus einzelnen besonders hohen Sonderauflagen der ‚Deutschen National-Zeitung’ (DNZ).“498 Unter dem Titelthema ‚Holocaust international‘ veröffentlicht die Zeitschrift im Januar 1979 – aus Anlass der Ausstrahlung der Fernsehdokumentation ‚Holocaust‘ – mehrere Artikel zu den Themen ‚Holocaust‘ und ‚Massenmord in der Weltgeschichte‘ sowie einen Briefwechsel zwischen Prof. Egon G. L. Rieder und dem Institut für Zeitgeschichte in München, in welchem Prof. Rieder verschiedene Fragen geklärt haben möchte, u.a: Ob Auschwitz ein industrielles Arbeitslager und kein Vernichtungslager war? Ob die Gaskammern im KZ Dachau von den Besatzungsmächten erbaut wurden?499 Das Jugendamt des Landkreises Hildesheim begründete seinen Antrag auf Indizierung (9. Februar 1979) wie folgt: 494
Vgl. MUT (70) Juni 1973, S. 2. [o.A.] Vgl. MUT (100) Dezember 1975, S. 5ff. [o.A.] 496 Hertel, Hans: Deutschland – unser Auftrag! Festrede von Hans Hertel, gehalten beim MUTLesertreffen am 1. November 1975 in Riede bei Bremen, in: MUT (100) Dezember 1975, S. 13. 497 Wintzek, Bernhard C.: Einen Brief an Martin Mußgnug. in: MUT (61) September 1972, S. 45. 498 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1979. Bonn 1980, S. 180, S. 15. 499 Vgl.: Rieder, Egon G. L.: Ein Briefwechsel. in: MUT (137) Januar 1979, S. 21. 495
112
„Mehrere Artikel der Zeitschrift MUT enthalten rechtsradikale und nationalsozialistische Abschnitte, die nach Auffassung des Kreisjugendamtes Hildesheim verfassungsfeindliche und kriegsverherrlichende Tendenzen enthalten und somit als stark jugendgefährdend zu beurteilen sind.“500 Die mündliche Verhandlung fand am 26. April 1979 unter der Leitung von Regierungsdirektor Stefen statt, welcher in den 1990er Jahren MUT-Autor wurde. In einer Nachreichung vom 20. März 1979 präzisierte das Jugendamt Hildesheim seinen Antrag nochmalig. Begründet wurde die Indizierung mit den Artikeln:
‚Holocaust international‘ von Hans Hertel501 ‚Ein Briefwechsel‘ von Prof. Egon G. L. Rieder502 ‚Halbwissen als Unterrichtsprinzip‘ von Harald Renner503 ‚Zehn Gebote für die Kriegsführung‘ (Abdruck des Innendeckels deutscher Soldbücher auf der Rückseite von MUT).504
„Die Indizierung dieser nach Ausstrahlung der ‚Holocaust’-Serie erschienenen Ausgabe des Monatsmagazins MUT erfolgte, weil die Redaktion einem angeblichen schwedischen Professor in Form eines Leserbriefes Gelegenheit gegeben hatte, die rassenhetzerische Parole, Juden würden die Bundesrepublik Deutschland mit Vergasungslügen zu unberechtigten Wiedergutmachungsleistungen zwingen, zu vertreten.“505 Nachdem sowohl das Oberverwaltungsgericht Münster (7.3.1980) als auch das Verwaltungsgericht Köln (16.4.1980) die Beschwerde sowie die Klage gegen die Indizierung zurückwies, trat die Entscheidung rechtsgültig in Kraft.506 Nachdem sich der MUT-Rechtsanwalt Anfang April 1979 einer stationären Operation unterziehen musste, beantragte er eine Verlegung des Anhörungstermins, die abschlägig beschieden wurde. Daraufhin lehnte er den Vorsitzenden, die Gruppenbeisitzer sowie die Länderbeisitzer wegen Befangenheit ab. In einem Schreiben vom 26. April 1979 teilte die Bundesprüfstelle Wintzek die Verschiebung des Anhörungstermins auf den 7. Juni 1979 mit einer veränderten Zusammensetzung des Gremiums sowie die Unzulässigkeit des Befangenheitsantrages mit. Dem Verhandlungstermin blieb sowohl Wintzek als 500
Zitiert nach: Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 23. Vgl. Hertel, Hans: Holocaust international. in: MUT (137) Januar 1979, S. 9-13. 502 Vgl. Rieder, Egon G. L.: Ein Briefwechsel. in: MUT (137) Januar 1979, S. 20-25. 503 Vgl. Renner, Harald: Halbwissen als Unterichtsprinzip. in: MUT (137) Januar 1979. S. 26-36. 504 Vgl. MUT (137) Januar 1979. 505 Stefen, Rudolf: Die Indizierung NS-verherrlichender Medien durch die Bundesprüfstelle. Apologetische Medien und Einstellung heute, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984, S. 42. 506 Vgl. ebd. 501
113
auch sein Anwalt aus Protest fern.507 Am 7. Juni 1979 wurde die Januarausgabe rechtskräftig indiziert508. Mit fast dreißig Jahren Abstand bemerkt Wintzek zu dem Indizierungsverfahren: „Sie erfolgte nach 14 Jahren Laufzeit MUT. Ich wurde in jenem Jahr immerhin schon 36! Unfaßbar: mit 36 noch so unreif. Beschämend! Allerdings eines muß ich an dieser Stelle hinzufügen: Es ist eher unwahrscheinlich, mit durchgängig durchgeknallten Inhalten 14 Jahre eine Zeitschrift am Leben zu erhalten. Es muß also auch immer wieder mal witzige, originelle, zutreffende und sogar informative Texte im Heft gegeben haben. (…) Für mich kam die Indizierung völlig überraschend. Sie war ein Schock, wurde auch als ungerecht empfunden. Im nachhinein aber bin ich froh, daß es so kam. Es war spät. Was folgte, waren die ganz und gar nicht leichte Wende der Zeitschrift und der persönliche Weg der Läuterung.“509
In Anbetracht der inhaltlichen Ausrichtung sowie der Indizierungsgründe – die schon in den Jahren zuvor in MUT auffindbar waren – hätte die Indizierung für den Herausgeber eigentlich nicht überraschend gewesen sein dürfen. Sie war überfällig. Mit der Trennung von den meisten Autoren, brach – nach Angaben Wintzeks – zugleich das gesamte Vertriebs- und Verteilernetz des Verlages zusammen.510 Formale Struktur: Die erste Ausgabe, die am 15. Oktober 1965 erschien, ist in ihrer formalen Ausgestaltung nur leidlich als Zeitschrift zu bezeichnen. Sie wurde bis einschließlich der Juli-Ausgabe 1967 (Heft 11) mit dem Druckverfahren der Hektografie in DIN A4-Größe hergestellt, auf einfachem gelben Papier gedruckt und am linken oberen Rand zusammengeheftet.511 Die Zeitschrift erschien zunächst in ihrer ersten Ausgabe mit zwölf Seiten. Der Umfang stieg im zweiten Heft auf 26 Seiten an und bewegte sich bis Heft 11 zwischen 16 und 30 Seiten.512 Mit dem zwölften Heft (September 1967) veränderte sich erstmalig das Layout.513 In dieser Ausgabe kam nicht mehr die Hektografie, sondern ein modernes Druckverfahren zur Anwendung. MUT erschien Anfangs in einer leichten Übergröße, dann aber bis heute im klassischen A5-Format. Neben der Heftgröße stellte die neu gestaltete Titelseite die größte Auffälligkeit dar. Der Zeitschriftentitel wurde hier erstmalig an der linken oberen Seite in weißen Versalien vor rotem Hintergrund gedruckt, wie es noch bis Jahresende 1989 der Fall sein sollte. Die zweite Besonderheit war der neue Untertitel: ‚Das Nationaleuropäische Magazin‘, welcher den des ‚Pressedienstes der Nationaleuropäischen Aktion: 507
Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 23ff. Die Streichung aus der Liste indizierter Magazine erfolgte am 29. Mai 2004. 509 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 3 und 4. 510 Vgl. ebd., S. 26. 511 Vgl. MUT (1) Oktober 1965 bis MUT (11) Juli 1967. 512 Vgl. zur Entwicklung des Heftumfanges (1965 – 1979): Tabelle 7. 513 Vgl. Abbildung 5. 508
114
Kennwort Europa’ ablöste. Mit dem neuen Layout stieg der Heftpreis um 0,10 Pfennig auf DM 1,50.514 Jedoch sank er bereits im Mai 1969 wieder auf eine DMark.515 Ab dem Heft 21 (April 1969) findet sich der Untertitel nicht mehr auf dem Deckblatt, sondern im Impressum, zusätzlich tritt im Oktober 1974 (Heft 86) ein zweiter Untertitel: ‚Einigkeit und Recht und Freiheit‘ hinzu, welcher wieder auf dem Titelblatt verzeichnet ist. ‚Das Nationaleuropäische Magazin‘ erscheint weiterhin parallel entweder im Impressum oder oberhalb des Inhaltsverzeichnises. Bei der Entstehung der Zeitschrift gaben ihr die Gründer ein Erkennungssymbol516, das sich ab dem ersten Heft auf der Titelseite befand.517 Mit der Umstellung des Layouts – ab Heft 12 – erschien dieses auf der zweiten bzw. dritten Seite im Inneren der Publikation518 und verblieb dort bis einschließlich Mai 1970 (Heft 33). Im Anschluss verwendet es die Redaktion nur noch sporadisch.519 Das Symbol bestand aus dem Blatt einer Kreissäge, in dessen Inneren ein schwarzer Kreis mit einem schräg gedrucktem ‚E‘ ist. „Der Kreis und das stilisierte ‚E’ sollten das geeinte Europa und die Zacken Ausstrahlung, Dynamik und die Völker symbolisieren.“520 Zunächst erscheint MUT alle drei Monate. Eine Ausnahme stellt die MärzAusgabe 1969 dar, die als Doppel-Heft (MUT 19/20) publiziert wurde. Dieses schlug sich u.a. in der Seitenanzahl (60 Seiten) nieder. Seit Juni 1969 (Heft 22) veröffentlicht der Verlag MUT monatlich, was der Herausgeber im Rückblick als einen bedeutsamen Schritt ansieht.521 Die Zeitschrift ist bis heute lediglich im Abonnement, über Bestellungen einzelner Hefte im Buchhandel oder direkt über den Verlag erhältlich. MUT ist ein Abonnentenblatt, das seine Auflage u.a. dadurch steigert, indem engagierte Leser gezielt im Bekanntenkreis und ihrer Wohngegend neue Abonnenten werben. Monatlich verlost die Redaktion für diese Werber 100 DM. Die Gewinner werden (mit Bild) am Ende des Heftes vorgestellt. Unter ihnen sind auffallend viele Jugendliche.522 514
Vgl. MUT (12) September 1967. In der ersten Untersuchungsphase variieren die Ausgabenpreise noch sehr stark, jedoch steigen sie tendenziell alle 2 Jahre um 0,50 DM. Vgl. hierzu Tabelle 3: Entwicklung der Bezugspreise 1965 – 1979. 516 Vgl. Abbildung 3. 517 Vgl. u.a. MUT (1) Oktober 1965, S. 1. 518 Vgl. u.a. MUT (12) September 1967, S. 2. 519 Vgl. u.a. MUT (52) Dezember 1971, S. 52. MUT (135) November 1978, S. 5. MUT (136) Dezember 1978, S. 5. MUT (144) August 1979, S. 5. MUT (145) September 1979, S. 5. 520 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 17. 521 Vgl. ebd., S. 2. 522 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politische Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Bundesminister des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S.77. 515
115
Während die erste Ausgabe aus der Darstellung der Ziele der Zeitschrift, verschiedenen Artikeln sowie einer Abonnementwerbung bestand, untergliederte sich MUT ab dem zweiten Heft in verschiedene Rubriken.523 Dieser Aufbau zog sich kontinuierlich durch die Jahrgänge bis 1979. Wenngleich einige Rubriken weggefallen bzw. hinzugekommen sind oder umbenannt wurden, so lässt sich dennoch eine Kontinuität im inhaltlichen Aufbau feststellen. Zunächst begann jede Ausgabe mit dem Vorwort, das seit Heft 32 unter dem Titel ‚Lieber Leser…‘524 geführt wird. Dem Vorwort von Bernhard C. Wintzek schlossen sich die Rubriken: ‚Redaktionsmeldungen‘ und ‚Aufsätze/Bericht … Meinungen … Kommentare‘ an. Dem folgte der Abschnitt ‚Das (aktuelle) Thema‘ – bzw. ab August 1974 ‚Der abgeschlossene Leseteil‘ –, der in mehreren Aufsätzen die Titelgeschichte aufbereitete. Unter der Bezeichnung ‚Notiert‘ fanden sich verschiedene kleinere Artikel oder kurze Mitteilungen, die zu einem hohen Grad aus dem Abdruck von Artikeln aus Tageszeitungen bestanden. Die letzte Kategorie eines Heftes stellten die Leserbriefe dar, welche seit dem 14. Heft direkt nach dem Vorwort platziert wurden. Den Abschluss einer jeden Ausgabe bildete eine kurze Vorschau auf die nächste. Allen Heften lag eine Abonnementwerbung sowie eine Bestell- bzw. Zahlkarte bei. Ab 1974 bestand MUT nur noch aus dem Vorwort des Herausgebers bzw. der Schriftleitung, den Leserbriefen, Artikeln, MUT in Österreich (bis Dezember 1972), Verbandsnachrichten sowie Buchempfehlungen. Neben den bereits erwähnten Rubriken gab es in den ersten 15 Jahren des Erscheinens eine Vielzahl von Kategorien, die sporadisch Eingang in die Publikation fanden. Darunter fielen: ‚Südtirol‘, welche der Österreicher Konrad Windisch verfasste; ‚Europa‘, ‚Theater‘, ‚Informationen & Zitate‘, ‚Verbandsnachrichten‘, ‚KE – Meldungen‘525 sowie ‚MUT-intern‘. Regelmäßig präsentierte die Redaktion Bücher und machte Werbung für Publikationen aus dem MUTVerlag bzw. von MUT-Autoren. Seit November 1969 verwendet MUT neben Abbildungen Karikaturen.526 In den ersten Jahren des Erscheinens kam es des Öfteren zum Abdruck von Artikeln anderer Presseerzeugnisse, wie zum Beispiel aus dem Kurier Dienst der Gesamtdeutschen Arbeitsgemeinschaft527, dem AND-Kurier528, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung529, der Wilhelmshavener Zeitung530 oder der Deutschen Volkszeitung.531 523
Vgl. MUT (1) Oktober 1965. Vgl. MUT (32) April 1970, S. 2. 525 Kennwort Europa – Meldungen. 526 Vgl. u.a. MUT (27) November 1969, S. 2. MUT (84) August 1974, S. 26f. MUT (106) Juni 1976, S. 35. 527 Vgl. MUT (1) Oktober 1965, S. 10. 528 Vgl. MUT (4) April 1966, S. 7. 529 Vgl. MUT (12) September 1967, S. 6. 524
116
4.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge Bernhard C. Wintzek: Wintzek lieferte in der Zeit von 1965 bis 1979 mit insgesamt 106 Beiträgen – 102 Artikel, vier Interviews – die größte Anzahl des zu untersuchenden Materials in der ersten Phase.532 Aufgrund seiner Stellung als Gründer und Herausgeber von MUT war dieses nicht anders zu erwarten. Zunächst beschäftigt sich Wintzek in den ersten drei Artikeln – „Wir haben es gewagt!“533, „Die Entscheidung!“534, „Wir Nationaleuropäer und die EuropaIdee“535 – mit den Motiven für die Gründung der Zeitschrift, ihren Zielen sowie einer Erläuterung der nationaleuropäischen Initiative. Auffällig für einen Pressedienst ist dabei die hohe Anzahl jener Artikel mit dieser Themenstellung, die ein Viertel aller Beiträge von Wintzek ausmachen. Aber nicht nur in den ersten Heften nimmt Wintzek zu der Thematik ‚Nationaleuropäer‘ Stellung; sie spielt in der gesamten Zeitspanne bis 1970 eine herausgehobene Rolle. Zurückzuführen ist dies zunächst auf seine Funktion als Herausgeber sowie die Ausrichtung der Zeitschrift; MUT sollte immer mehr sein, als eine rein tagespolitische Publikation. Die auf MUT zukommende Aufgabe, für einen politischen Richtungswechsel zu werben und die Verbindung Wintzeks mit der Nationaleuropäischen Aktion: Kennwort ‚Europa‘ und später der Aktion Widerstand führen zu dieser Art von Beiträgen, die nie bloße Zeitungsberichte darstellen, sondern immer an politische Appelle oder Parteiprogramme erinnern. Die Entstehung der Zeitschrift begründet Wintzek mit dem Fehlen eines Periodikums, welche den Zielen der Initiatoren gerecht geworden wäre. In Heft 6 schreibt Wintzek hierzu: Bestehende Zeitungen würden ihnen „verständlicherweise“536 keinen Platz einräumen. Er bezieht sich wiederkehrend auf die – angeblichen – Probleme, die ihm und der Zeitschrift von staatlicher Seite bereitet werden, ohne allerdings Beispiele zu nennen. Bereits im ersten Heft wendet er sich – mangels Erfahrung unverständlicherweise – dieser Problematik zu. Im Dezember 1968 widmet er diesem Thema sogar einen halbseitigen Artikel („An die MUT-‚Kontrolleure’“). Hierin schreibt er:
530
Vgl. ebd., S. 7. Vgl. MUT (36) August 1970, S. 34. Eine Übersicht (unterteilt in vier Phasen) über die verfassten Artikel und Interviews der untersuchten Autoren befindet sich in Tabelle 12. 533 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. 534 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Die Entscheidung! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 8. 535 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir Nationaleuropäer und die Europa-Idee. in: MUT (2) Dezember 1965, S. 4. 536 Wintzek, Bernhard C.: Die große nationale Presse und wir. in: MUT (6) August 1966, S. 4. 531 532
117
„Wer trotz (…) düsterer Prophezeiungen um seine Überparteilichkeit weiter ringt und dabei unvermindert politisch aktiv bleibt, gerät nach kurzer Zeit in Verruf: Bei den einen als Agent und Helfershelfer der ‚Herrschenden‘, bei den anderen, den ‚Etablierten‘ als unberechenbarer Sektierer auf dem ‚man’ ein verfassungsschützendes Auge haben muß. Schlechte Zeiten für engagierte Demokraten ohne Parteiabzeichen in einer Demokratie der inneren Unsicherheit!“537
Dem Leser fällt bei MUT keine einfache passive Rolle zu. Es wird von ihm erwartet, von „besondere[m] Format“538 zu sein, der die Hefte nach dem Lesen nicht einfach wegwirft, sondern an öffentlichen Orten (z.B. in Wartezimmern, an der Universität) auslegt und sich aktiv um neue Abonnenten bemüht.539 Aber auch die Mitarbeiter sind aufgefordert sich zu engagieren: „Unseren dynamischen Aktionscharakter können wir nur festigen und steigern, wenn der einzelne Mitarbeiter selbst zum Strahlungsfaktor dieser Dynamik wird. Er muß Reaktor sein, in dem die national-europäische Idee aufgenommen, verstanden und in Handlung umgesetzt wird.“540 – wie Wintzek schreibt. Hierunter ist jedoch nicht das einfache Engagement für seine Arbeit gemeint, sondern jenes für das deutsche Volk, welches „aus der imperialistischen Unterdrückung wieder einen Weg in die nationale Freiheit“541 finden muss und welches sich die MUT-Mitarbeiter zur Aufgabe gemacht haben. Ein anderer Schwerpunkt in Wintzeks Beiträgen spielt die Präsentation der ‚Nationaleuropäer‘. Ihnen widmet er in den ersten fünf Jahren fünf Artikel.542 Nationaleuropäer sind nach Wintzek junge Menschen aller politischen Richtungen, die für ein Europa der Toleranz, Menschenwürde, Völkerverständigung und Freiheit stehen. „Wir glauben, daß ein vereintes Europa nur dann die Möglichkeit zu einem vitalen politischen Leben besitzt, wenn in dieser Völkervereinigung die politisch geistige Entwicklung und die spezifischen Eigenarten eines jeden Volkes voll respektiert werden. Diese Auffassung prägt uns Nationaleuropäer.“543 Dabei definiert Wintzek die Grenzen zunächst geographisch mit den Fixpunkten: Uralgebirge, Kaspisches Meer und Kaukasus. Da dieses zur Zeit politisch jedoch nicht möglich erscheint, beschränkt er Europa zunächst auf 537
Wintzek, Bernhard C.: An die MUT-„Kontrolleure“. in: MUT (18) Dezember 1968, S. 44. Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. Vgl. ebd. 540 Wintzek, Bernhard C.: Die Entscheidung! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 8. 541 Wintzek, Bernhard C.: Ein Brief. in: MUT (130) Juni 1978, S. 10. 542 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. Wintzek, Bernhard C.: Wir Nationaleuropäer und die Europa-Idee. in: MUT (2) Dezember 1965, S. 4. Wintzek, Bernhard C.: Europa = Idee – Betrug am deutschen Volk? in: MUT (7) Oktober 1966, S. 11. Wintzek, Bernhard C.: Nicht für Axel Springer – aber gegen die Enteigner. in: MUT (13) November 1967, S. 6. 543 Wintzek, Bernhard C.: Wir Nationaleuropäer und die Europa-Idee. in: MUT (2) Dezember 1965, S. 4. 538 539
118
Westeuropa inklusive der DDR. Als zentrale Themen nennt Wintzek die folgenden Punkte: a.
b.
c.
d. e.
„Die Hauptthemen auf nationaler Ebene sind für uns: Die Wiederbelebung von Verantwortungsgefühl und Pflichtbewußtsein innerhalb der jungen Generation, an welche sich weitgehenst die politischen Fragen unserer Tage richten. Es kommt darauf an, daß unsere Generation ‚in Form’ ist, um nicht an den Problemen unserer Zeit zu versagen und somit Deutschland und Mitteleuropa einem ungewissen Schicksal preiszugeben. Die Entwicklung einer politischen Aktivität und Beweglichkeit auf friedlicher Ebene, die geeignet ist, West-, Mittel- und Ostdeutschland wieder zu vereinen. Uns genügt hierzu nicht politisches Schablonenhandeln, sondern wir glauben nur durch reales Denken, politische Initiative und durch eine zielstrebige Anpassungsfähigkeit politischen Tatsachen gegenüber, diese Aufgabe lösen zu können. Die Erkenntnis, daß man den Anforderungen unserer Zeit nicht nur mit einem politischen Bewußtsein begegnen kann. Dieses Bewußtsein muß in seiner Entwicklung mit dem Drang nach Kultur und Kunst verbunden sein. Nur wenn wir die Begriffe Kultur und Kunst (auch die Staatskunst), die Teile des europäischen Kulturkreises sind, in unser Leben mit einbeziehen, werden wir die Wege finden, die zu hohen Leistungen auf den Gebieten der Forschung, der Wissenschaft und der Technik führen. Das Bemühen um einen sozialen Gedanken, der nicht nur fähig ist, materielle Güter und Werte gerecht zu verteilen, sondern der es auch vermag, die Menschen vom nur materialistischen Denken zu befreien und sie einer wahren sozialen Ordnung näherbringt. Die Tatsache, daß nur Wissen, Aufgeklärtheit und Toleranz den Grundstock bilden können, von dem erfolgreichen Wirken ausgehen kann. Unsere Generation muß über ein großes Wissen verfügen, das sie weitgehendst befreit von Fehlverhalten und Intoleranz. Nur so können wir zu einer realen Politik gelangen. Der Verstand, nicht das Gefühl muß uns leiten.“544
In einem wichtigen Punkt stehen die Nationaleuropäer jedoch konträr zu den ‚etablierten Parteien‘: Für sie ist ein vereintes Europa ohne ein geeintes Deutschland unannehmbar. Auch die Ziele der Heimatvertriebenenverbände nehmen sie in diesem Zusammenhang als ihre eigenen an.545 Den politischen Höhepunkt in Wintzeks Leben – während der ersten Phase – stellte die Gegendemonstration zu dem Brandt/Stoph-Treffen dar, die er selber lediglich in einem einseitigen Artikel würdigt. Wie nicht anders zu erwarten war, beinhaltete dieser wenig konkrete Meldungen als vielmehr einen politischen Aufruf. Daneben finden weitere Aktionen der Gruppe ‚Aktion Widerstand‘ oder des MUT-Verlages Eingang in die Beiträge Wintzeks, wie z.B. eine Demonstration der ‚Aktion Widerstand‘ am 12. Dezember 1970546 oder die Veranstaltung zur Befreiung Herbert Kapplers in Soltau am 25. August 1977.547 Beiden Arti544
Ebd., S. 6. [Hervorhebung im Original] Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir jungen Nationaleuropäer stehen hinter den Heimatvertriebenen! in: MUT (11) Juli 1967, S. 9. 546 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Angriff! in: MUT (41) Januar 1971, S. 17f. 547 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Zum Beispiel Soltau. in: MUT (122) Oktober 1977, S. 20-23. 545
119
keln ist zum einen der Stolz auf die Leistung über die erfolgreiche Veranstaltung („Beeindruckt verließen unsere Freunde die Versammlung“548) gemein und zum anderen die Erwähnung der linken Gegendemonstranten, die Toleranz und Meinungsfreiheit immer für sich fordern, aber nicht den so genannten Nationalen zugestehen.549 Neben diesem großen Schwerpunkt widmet sich Wintzek fünf weiteren Themenkomplexen, die nicht im selben Umfang, wie die der nationaleuropäischen Aktion, publizistisch verarbeitet werden. In vergleichsweise längeren Beiträgen beschäftigt er sich mit der deutschen Einheit sowie der jungen Generation. Für die deutsche Einheit – mit den Gebieten östlich der Oder/Neiße-Grenze – tritt Wintzek uneingeschränkt ein. Allerdings ist bei Wintzek ein Unterschied in der Forderung nach einer Einheit mit der DDR und nach der mit den ehemaligen deutschen Gebieten auf polnischem Boden zu erkennen: Er tritt zwar für beide ein, die Einheit mit der DDR ist ihm dabei aber wichtiger, was sich nicht zuletzt in der Anzahl seiner Artikel zu diesem Thema äußert. Er kritisiert die Bundesregierung, die Parteien und Medien, die nur noch pro forma die Einheit Deutschlands an Gedenktagen propagieren und hält die so genannte Ostpolitik Willy Brandts für nicht zielführend.550 Die junge Generation, ausgenommen die nationalen Jugendlichen, sieht er als apathische, apolitische, nicht an der Zukunft Deutschlands interessierte junge Menschen. Er fordert sie auf, zu handeln und weniger konsumorientiert zu denken. Dabei gibt er die Hauptschuld an der heutigen Situation der jüngeren Generation der ‚Umerziehungspolitik‘ der Alliierten.551 Ab 1975 tritt der Holocaust wie auch die Vergangenheitsbewältigung der Bundesrepublik in den Vordergrund seiner Artikel. Wintzek setzt sich vornehmlich für die von ihm so genannte Verjährung der Vergangenheit ein, „die unablässig in Milliarden-Beträgen einseitig zu Lasten des deutschen Volkes geht!“552 Sollte dieses nicht geschehen, steht die Zukunft eines geeinten Europas auf dem Spiel. In diesem Sinne ist auch die Holocaust-Serie eher hinderlich. „Wer die Vergangenheit nicht verjähren lassen will, verspielt die Zukunft eines geeinten Europas freier Brüdervölker. Mit Machwerken wie ‚Holocaust’ ist jedenfalls keine bessere Zukunft zu gewinnen.“553 Im Februar 1979 thematisiert er die – 548
Ebd., S. 23. Wintzek, Bernhard C.: Angriff! in: MUT (41) Januar 1971, S. 16. 550 Vgl.: Wintzek, Bernhard C.: Wiedervereinigung. in: MUT (2) Dezember 1965, S. 9-11. Wintzek, Bernhard C.: Wir glauben an einen Ausweg! in: MUT (5) Juni 1966, S. 12. Wintzek, Bernhard C.: Du bist Deutschland! in: MUT (40) Dezember 1970, S. 14-18. 551 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Die Junge Generation (I. Teil). in: MUT (3) Dezember 1965, S. 8-13. Wintzek, Bernhard C.: Die Junge Generation – Wissen und Bildung als politischer Neuanfang (II. Teil). in: MUT (4) April 1966, S. 8-15. 552 Wintzek, Bernhard C.: „Shalom“ auch für Deutsche. in: MUT (125) Januar 1978, S. 16. 553 Wintzek, Bernhard C.: Verdammt in alle Ewigkeit? in: MUT (139) März 1979, S. 14. 549
120
angebliche – alliierte Mitschuld am Holocaust, wobei er sich auf den, seiner Meinung nach, über jeden Zweifel erhabenen Israeli Eliahu Ben-Elissar beruft. Nachdem Wintzek verschiedene Punkte erläutert, weshalb die Alliierten ebenfalls schuldig sind, stellt er mehrere vermeintlich ungelöste Fragen, u.a. warum die Alliierten nicht die Schienenverbindungen zu den Konzentrationslagern bombardierten. „Glaubt man denn allen Ernstes durch Schweigen und einseitige Vergangenheitsbewältigung die unterschiedliche weltweite Mitschuld an diesem unseligen Drama des jüdischen Volkes vertuschen zu können?“554 Er argumentiert ebenso an anderer Stelle gegen die Gastarbeiter, die die deutsche Industrie als „‚Menschenmaterial’ aus allen Teilen Europas skrupellos importierte“555. Auf der Basis einer pseudowissenschaftlichen Untersuchung schreibt er vermeintlich zum Wohle der Gastarbeiter, die gemäß der herangezogenen Studie nach Ankunft in der Bundesrepublik schwere seelische Störungen erleiden. „Ständig größer werde die Gefahr, daß die psychischen Leiden mit der Zeit zu Magengeschwüren, Allergien oder Astma führten.“556 Eine andere Thematik, welche erst in den 1970er Jahren bei Wintzek zum Tragen kommt, ist die zunehmende Kriminalität in der Bundesrepublik und hier insbesondere unter Jugendlichen, wofür er in erster Linie die sozialdemokratische Bundesregierung557 und die so genannte „schicke Linke“558 verantwortlich macht. In der „Sucht nach immer stärkeren sexuellen Reizen“559 und der Diffamierung „aller Schamgrenzen als ‚spießig’, ‚sexmuffelig’ und ‚freiheitsfeindlich’ unter dem Applaus einer ‚freiheitlichen Pädagogik’“560 sieht er die Ursache für die „Lawine sexuellen Mißbrauches von Kindern“561 in der Bundesrepublik. Eine besondere Rolle kommt zum einen den Medien zu, die „unserem Volk die geistige und körperliche Selbstzerstörung (…) predigen“562 und zum anderen ist für ihn die derzeitige Kriminalitätslage eine Folge der alliierten Politik, das deutsche Volk „zu einer ‚pluralistischen Politik’ umzuerziehen“563: „Man hat unserem Volk bewußt alle geschichtlichen, kulturellen und ethischen Grundlagen im Zuge 554
Wintzek, Bernhard C.: Wann öffnen die Sieger endlich ihre Archive? in: MUT (138) Februar 1979, S. 44. 555 Wintzek, Bernhard C.: Mensch und Heimat. in: MUT (87) November 1974, S. 19. 556 Ebd., S. 19. 557 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir Deutschen züchten uns unsere Verbrecher selber! in: MUT (49) September 1971, S. 10. 558 Wintzek, Bernhard C.: 100 000 Kinder wurden Opfer von Sexualverbrechen! in: MUT (107) Juli 1976, S. 15. 559 Ebd. 560 Ebd. 561 Ebd. 562 Wintzek, Bernhard C.: Wir Deutschen züchten uns unsere Verbrecher selber! in: MUT (49) September 1971, S. 9. 563 Ebd., S. 12.
121
der großen ‚Charakterwäsche’ zerschlagen, ohne neue bessere Ideale zu setzen“564. Die pluralistische Gesellschaft setzt den jungen Menschen als einzigen Maßstab Wohlstand und Geld, der sie ohne Ideale in ihrer im Übermaß vorhandenen Freizeit zu Verbrechen treibt.565 Als besonders beunruhigend empfindet Wintzek den Umgang mit dem linken Terrorismus, der durch die „schweigende Mehrheit“566 protegiert wird, da diese „unrettbar gewillt [ist] sich zu Tode schweigen zu wollen“567. Von staatlicher Seite wird der Linksterrorismus ohnehin nach Wintzek nur unzureichend bekämpft – ganz im Gegenteil zu dem angeblichen rechten Terrorismus – und wendet die Bundesregierung doch mal die adäquaten Mittel an, so wird diese wegen vermeintlichen antidemokratischen Verhalten in eine Krise gestürzt. Wintzeks Texte sind an dieser Stelle auch im Kontext des Wertewandels zu sehen, in dessen Folge die bis dahin bestehenden Normen, Werte und Grenzen ihre Gültigkeit verloren. Inanbetracht seiner Artikel scheint er mit den Veränderungen und Unsicherheiten nicht zurecht zu kommen. Neue soziale Bewegungen klagt er an, während er zugleich nur seine Wertvorstellungen als die Richtigen präsentiert, wie es etwa in dem folgenden Zitat zum Ausdruck kommt: „Nachdem so ziemlich alle richtungsweisenden, Aufgaben stellenden und inneren Halt verleihenden sittliche Werte – wie zum Beispiel Glaube, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, Liebe, Familie, Gemeinschaft, Volk, Recht, Ordnung, Staat, Autorität – zerstört oder zumindest derart massiv in Frage gestellt wurden, daß sie ihre Faszination verloren haben, bleibt den nunmehr ‚mündig’ gewordenen Bürgern nur noch die entnervende Langeweile.“568
Neben seinen Artikeln führte Wintzek bis 1979 vier Interviews, von denen an dieser Stelle nur auf das mit dem NPD-Bundesjugendreferenten Andreas Rau eingegangen werden soll, weil es sich direkt auf MUT bezieht. Neben dem Wahlergebnis der NPD 1969 war ein anderer wesentlicher Punkt bei diesem Gespräch: die Nichtteilnahme der NPD sowie ihrer Jugendorganisation JN an der Gegendemonstration zum Brandt/Stoph-Treffen in Kassel, welche von MUT organisiert wurde. Wintzek nimmt dabei das Fernbleiben der NPD persönlich und sieht dieses als eine fehlerhafte Entscheidung der Partei an. Rau widerspricht
564
Vgl. ebd. Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Deutschland: Paradies für Verbrecher. in: MUT (61) September 1972, S. 12. 566 Wintzek, Bernhard C.: Feigheit vor dem Feind. in: MUT (87) November 1974, S. 22. 567 Ebd. 568 Wintzek, Bernhard C.: Tödliche Dekadenz. in: MUT (98) Oktober 1975, S. 38. 565
122
dem entschieden und betont die Verfassungstreue der NPD, die auf eine parlamentarische Arbeit hinwirkt.569 Hans Hertel: Hertel, Diplom-Handelslehrer, wurde im April 1908 geboren und war in der Zeit von 1929 bis 1934 NSDAP-Kreisleiter in Schlesien. Nach 1945 arbeitete Hertel als Journalist und engagierte sich in verschiedenen rechtskonservativen und -extremistischen Vereinen und Parteien. Zunächst begann er 1945 als Mitarbeiter im Zentralverband vertriebener Deutscher (ZvD), der später (1951) zusammen mit den Landsmannschaften der Sudetendeutschen und Schlesier den Bund der Vertriebenen (BdV) bildete. Doch bereits 1950 trat Hertel dem, von dem ehemaligen SS-Sturmbannführer Waldemar Kraft gegründeten Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) bei. Ebenfalls ab 1950 ist Hertel dem ‚Naumann Gauleiter Kreis‘570 zuzurechnen571, welcher von Dr. Werner Naumann – den von Hitler bestimmten Nachfolger von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels – gegründet wurde. 1952 tritt Hertel in die Deutsche Reichspartei (DRP) ein, bei der er eine schnelle, steile und zugleich kurze Karriere absolvierte. Bereits 1953 wurde er Mitglied der DRP-Leitung; 1954/55 fungierte er als Vorsitzender der niedersächsischen DRP, mit der er 1955 in den niedersächsischen Landtag einzog und noch im selben Jahr wegen einer Spendenaffäre wieder verließ. Mitglied in der DRP war Hertel bis zu seinem Austritt 1964. Von 1973 bis 1975 fungierte er als Funktionär und Referent des ‚Stahlhelms – Kampfbund für Europa‘572, welcher auch in MUT eine eigene Beilage hatte.573 Im Jahr 1977 gründete er die Deutsche Volksfront (DV), in deren Zielsetzung heißt es: „Solange die nationale Selbstaufgabe zur Voraussetzung einer Zusammenarbeit gemacht wird, beraubt sich der Westen der besten Kräfte, die er zur Abwehr des Bolschewismus braucht (…) Wir brauchen eine ‚Bürgerinitiative für Deutschland’, den Aufstand von unten, der die Funktionäre aller Parteien und
569 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Die junge Rechte sagt ja zum Staat! Ein MUT-Gespräch, geführt von Bernhard C. Wintzek mit dem Bundesjugendreferenten der NPD, Andreas Rau. in: MUT (36) August 1970, S. 24-28. 570 Der Naumann Gauleiter Kreis versuchte in den 1950er Jahren die FDP zu unterwandern und in eine nationalsozialistische Partei umzuwandeln. 571 Vgl. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 384f. 572 Vgl. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus: Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1989, S. 152. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 384f. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDITaschenbuch), München 1979, S. 126. 573 Vgl. hierzu u.a. Hertel, Hans: Stahlhelm – der harte Kern. in: MUT (91) März 1975, Beilage zwischen S. 26 und 27.
123
Organisationen zwingt, Deutschland, das ganze Deutschland, an die Spitze ihrer Tagesordnung zu setzen.“574 Hertel stirbt 1982. Hertel schrieb in der ersten Phase (ab 1973) insgesamt 68 Beiträge, die sich in drei Gruppen einteilen lassen. Den größten Teil seiner publizistischen Arbeit nehmen dabei die beiden ersten Gruppen ein: Ostverträge/Wiedervereinigung sowie der Zustand der Bundesrepublik Deutschland. Die dritte Gruppe firmiert unter den Stichworten Holocaust und Rassenhass. Mit den Ostverträgen, bei Hertel auch „Unterwerfungsverträge“575 oder „Schanddokumente“576 genannt, nimmt er sich eines der wesentlichen Themen in MUT an: „Fackelzüge, vulgäre und stillose Empfänge beim Kanzler und Nobelpreis-Feiern schufen den ‚glanzvollen’ Rahmen für das traurigste Kapitel der deutschen Außenpolitik seit 1945, nämlich die Preisgabe Ostdeutschlands und die Anerkennung der kommunistischen Gewaltherrschaft in Mitteldeutschland.“577 Besonders Herbert Wehner greift er in diesem Zusammenhang an, der jegliche Kritik an den Ostverträgen als antipolnischen Chauvinismus bezeichnet und zugleich die polnischen Verbrechen an deutschen Flüchtlingen und Kriegsgefangenen verschweigt. Zudem fordert er Wiedergutmachungszahlungen durch Polen infolge der jahrelangen widerrechtlichen Nutzung der deutschen Gebiete.578 Des Weiteren prangert er die westdeutsche Bevölkerung an, die sich eher mit Renten, Krankenkassen oder der Situation anderer Völker beschäftigt als mit der deutschen Teilung: „Das Schicksal der Neger in Rhodesien oder Südafrika, das Sicherheitsbedürfnis der Israelis, die Unterdrückung der Basken und Katalanen oder die Unterdrückung der Kommunisten in Chile. Kein Wort über die kommunistische Zwangsherrschaft in Mitteldeutschland, über die Unterdrückung der Deutschen in unseren Ostgebieten und über die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechtes für unser Volk.“579 Hertel selber bezeichnet sich als einen überzeugten Demokraten. Eine wirkliche Demokratie sieht er jedoch in der Bundesrepublik nicht verwirklicht, da eine echte Demokratie „die Entscheidungen unmittelbar in die Hände des Volkes“580 legt, etwa durch Volksabstimmungen. Zudem gestaltet sich der Bundes574
Zitiert nach: Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 384f. 575 Hertel, Hans: Außer Spesen nicht gewesen. In Warschau lächelte Scheel ohne Erfolg, in: MUT (75) November 1973, S. 11. 576 Ebd. 577 Hertel, Hans: Rot ist keine Tarnfarbe. in: MUT (81) Mai 1974, S. 42. 578 Vgl. Hertel, Hans: Außer Spesen nicht gewesen. In Warschau lächelte Scheel ohne Erfolg, in: MUT (75) November 1973, S. 11f. 579 Hertel, Hans: Schafft die deutsche Volksfront! in: MUT (114) Februar 1977, S. 10. [im Original fett gedruckt] 580 Hertel, Hans: Wenn wir eine Demokratie hätten … in: MUT (73) September 1973, S. 31.
124
tag für ihn nicht als repräsentative Volksvertretung: „Der Bundestag müßte ein echtes Forum der Freiheit sein. Die im Westen lebenden Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten und die Flüchtlinge aus Mitteldeutschland hätten ihre Abgeordneten gesondert zu wählen, damit der Bundestag in seiner Zusammensetzung als echte Vertretung des gesamten Volkes auftreten könnte.“581 Hinzu kommt die Fünf-Prozent-Klausel, die er als „total undemokratische Regelung“582 bezeichnet, die einzig dem Ziel dient, CDU und SPD die Macht zu erhalten und die, nach Hertel „damit das Monopol, die wahren Demokraten zu sein“583 beanspruchen. Den Staat an sich beurteilt er insbesondere im Umgang mit linken Terroristen als schwach, die mit „adäquaten Mitteln“584 bekämpft werden müssen. Daneben kritisiert er die Äußerungen, nach denen es neben dem Linksextremismus noch einen Rechtsextremismus gäbe, der in der Bundesrepublik nach Hertel gar nicht existiert. Es sei denn, Kritik an den Regierenden wird darunter verstanden: „Diese Volksverdummung ist nur möglich, weil alle staatstragenden Parteien, die CDU eingeschlossen, seit Jahren vom Radikalismus von links und rechts sprechen, obwohl diese Lautsprecher genau wissen, daß es keinen Rechtsradikalismus gibt, es sei denn, daß radikale Kritik an der Regierung und den Parteien bereits als Verbrechen angesehen wird.“585
Für ihn kann ein Staat nur dann voll funktionsfähig sein, wenn auch die Familien intakt sind, was in Deutschland aber nicht der Fall ist, da sie der Staat statt zu fördern eher behindert, weil etwa neue Scheidungsgesetze von Eheschließungen abschrecken würden. „Daß die gesunde Keimzelle des Volkes, daß auf ihrem Zusammenhalt die Gemeinschaft des Volkes aufbaut und daß ein Staat nur dann gesund ist, wenn im Volk die Familie als selbstverständliche Ordnungszelle lebt und wirkt, das sind Binsenweisheiten, die nur zu oft ausgesprochen werden.“586 Aber auch das neue Rollenverständnis der Frau ist in seiner Vorstellung Schuld.587 In der dritten Themengruppe relativiert er nicht nur den Holocaust, weswegen u.a. ein Heft indiziert wird, sondern tritt zudem für eine Ausweisung aller Gastarbeiter ein, die infolge der gestiegenen Arbeitslosenzahlen den Deutschen die Arbeitsplätze streitig machen, die ihm naturgemäß näher stehen. „Ich habe 581
Ebd., S. 31f. Hertel, Hans: Geschlossene Gesellschaft. in: MUT (105) Mai 1976, S. 11. 583 Ebd. 584 Hertel, Hans: Die Allmächtigen. in: MUT (92) April 1975, S. 12. 585 Hertel, Hans: Starparade der Lügner. Erkennen Sie die Melodie? in: MUT (122) Oktober 1977, S. 10f. 586 Hertel, Hans: JA zum Leben. in: MUT (136) Dezember 1978, S. 11. [im Original fett gedruckt] 587 Ebd., S. 12. 582
125
menschlich gar nichts gegen die Gastarbeiter, aber die deutschen Arbeiter und ihr Schicksal stehen mir näher, weil ich Deutscher bin. Internationale Solidarität ist eine intellektuelle Konstruktion, nationale Solidarität ist ein natürliches Empfinden und in der Anwendung ein Naturrecht.“588 Im Januar-Heft 1979 erscheint sein Artikel ‚Holocaust international‘589, in dem er zunächst die Gewaltanwendungen in der Menschheitsgeschichte, vom Römischen Reich angefangen, über die Kreuzzüge, die Französische Revolution bis zu den beiden Weltkriegen darstellt. Er kommt zu dem Schluss: Gewaltanwendungen zwischen Völkern und Rassen hat es schon immer gegeben. Dementsprechend ist es in seinen Augen ungerecht, mit dem Begriff Holocaust nur die Deutschen anzuklagen, während andere Völker genauso viele oder noch mehr Verbrechen begangen haben.590 „In den USA hat man jetzt den Begriff ‚holocaust’ erfunden, und unter dieser Bezeichnung beginnt das Jahr 1979 mit einer weltweiten Anklage, nicht gegen die Menschheit oder Fehlleistungen in der bisherigen Weltgeschichte, sondern ausschließlich gegen uns Deutsche. (…) Für die offenkundige globale Fehlentwicklung muß ein Schuldiger gefunden werden. Die Methode ist leicht und erfolgreich, weil allzu viele Deutsche in Anerkennung deutscher Schuld nicht einmal den Mut aufbringen, auf die Schuld der anderen hinzuweisen.“591
Für Hertel kann eine Aussöhnung zwischen den Völkern nur über Vergessen funktionieren, aber keineswegs in der permanenten Anklage eines Volkes. In diesem Sinne wäre für ihn der Film ‚Holocaust‘ nur dann akzeptabel, wenn er die Verbrechen aller Völker aufzeigt, vornehmlich die aktuellen Kriege. Den im 19. Jahrhundert aufgekommenen Zionismus begrüßt Hertel ausdrücklich und meint: Wäre er selber Jude, dann wäre er Zionist. Die Zionisten erkannten nämlich: „Alle Assimilationsversuche [führen] zu Antisemitismus und damit zu einem Rassenkampf innerhalb der Gastländer.“592 Und die Vereinigung aller Juden in einem eigenen Staat war ebenso das Ziel der NSDAP: „(…) die entsprechenden Forderungen im Parteiprogramm der NSDAP [waren] genau das deutsche Spiegelbild zum Zionismus“593. Das heutige Problem ist für Hertel die praktische Umsetzung der zionistischen Idee, die statt Frieden zu schaffen, durch die Besetzung palästinensischer Gebiete den Grundstein für einen Dritten Weltkrieg legt. Er möchte hier den Eindruck erwecken, ein Sympathisant des Zionismus zu sein, was ebenso die NSDAP in seinen Augen war. Zugleich kritisiert er 588
Hertel, Hans: Heilige unserer Gesellschaft: Die Gastarbeiter. Die Arbeitslosigkeit erschüttert ein Tabu, in: MUT (87) November 1974, S. 21. [im Original fett gedruckt] 589 Vgl. Hertel, Hans: Holocaust international. in: MUT (137) Januar 1979, S. 9-13. 590 Vgl. ebd., S. 9ff. 591 Ebd., S. 11. [im Original fett gedruckt] 592 Hertel. Hans. Zionismus = Rassismus? Steckt der israelisch-arabische Dauerkonflikt die Welt in Brand, in: MUT (101) Januar 1976, S. 10. 593 Ebd.
126
aber den Zionismus, da er in der Praxis in einen neuen Krieg führe. Damit spricht er dem Judentum zwar das theoretische Recht auf einen eigenen Staat zu, nur praktisch sollte dieser im Sinne des Friedens nicht umgesetzt werden. Hertel ist in den 1970er Jahren der bestimmende Autor in MUT, der sich zugleich in der Vehemenz seiner Radikalität deutlich von den anderen Mitarbeitern abhebt. Er gehört weniger dem deutschnationalen – dem die Zeischrift normalerweise anhängt – als vielmehr dem nationalsozialistischen Spektrum innerhalb des Rechtsextremismus an. Dennoch stellt ihm der Herausgeber neben seinen Artikeln auch Platz für die Beilage des Stahlhelms zur Verfügung und tritt gemeinsam mit ihm auf (MUT-)Veranstaltungen auf. Es ist anzunehmen, dass Hertel gerade wegen dieser ideologischen Diskrepanz neue Lesergruppen erschloss, was wiederum darauf verweist: Der Herausgeber tolerierte – gewollt oder ungewollt – neonationalsozialistische Teile innerhalb des deutschen Rechtsextremismus. Konrad Windisch: Der Österreicher Konrad Windisch, der ab 1966 für MUT Beiträge verfasste, war in verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen und Publikationen tätig: zunächst engagierte er sich 1950 als Funktionär des Bundes Heimattreuer Jugend (BHJ), bevor er 1955 die Arbeitsgemeinschaft nationaler Jugendbünde Österreichs (ANJÖ) gründete. Drei Jahre später (1958) war Windisch der erste Sprecher des Kameradschaftsrings Nationaler Jugendverbände (KNJ), welcher als Dachverband für europäische nationalistische Jugendgruppen diente. Zum KNJ schlossen sich 1954 die Wiking-Jugend, der Bund Heimattreuer Jugend Österreichs sowie der Jugendbund Adler zusammen, mit dem Ziel des Austauschs von Publikationen und Anschriften, der gegenseitigen Einladung zu Veranstaltungen sowie zu gemeinsamen Aktionen.594 Ab 1956 gab Windisch das Blatt ‚Der Trommler‘ heraus. Wegen der Veröffentlichung neonationalsozialistischer Artikel wurde er 1959 verhaftet und zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Ein Jahr später verbüßte er aufgrund desselben Straftatbestandes noch einmal neun Monate hinter Gittern. Von 1963 bis 1978 wirkte Windisch als Autor bei den rechtsextremistischen „Kommentaren zum Zeitgeschehen“ sowie 1977/78 als deren Schriftleiter. Als Mitinitiator organisierte er neben Wintzek und Dehoust 1972 den ersten Nationaleuropäischen Jugendkongress in Planegg. Vier Jahre später erhielt Windisch den Schlesischen Kultur-
594
Vgl. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 142f. und 459. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 152.
127
preis der Jugend.595 Kurzzeitig arbeitete er 1977 für den österreichischen Rundfunk.596 Die Bundesregierung stufte ihn als einen ‚unerwünschten Ausländer‘ ein und verwehrte ihm damit die Einreise.597 Windisch verfasste für MUT von 1966 bis 1979 74 Beiträge, davon führte er vierzehn Interviews. Seine Artikel beinhalten bis 1972 größtenteils Themen der österreichischen Politik, was nicht zuletzt auf seine österreichische Staatsbürgerschaft zurückzuführen ist. Ab Mai 1969 erhält die Zeitschrift zudem eine Rubrik ‚MUT in Österreich‘, die fast ausnahmslos von Windisch gefüllt wird.598 Neben seinem Heimatland Österreich setzt er sich in mehreren Beiträgen mit dem linken politischen Spektrum auseinander, dessen Ziele und Ideen er als nicht realisierbar bezeichnet.599 Den größten Teil seiner publizistischen Tätigkeit in den 1960er Jahren für MUT beansprucht in dieser Zeit eine vierteilige Serie zur Neuen Linken, in der er zu den vier Rubriken: Theorie, Praxis, Kritik, Taktik der Neuen Linken Stellung nimmt und sie mit den eigenen Ansichten bzw. den Zielen der Nationalen vergleicht und kritisiert.600 In den Österreich betreffenden Artikeln601 nimmt er in erster Linie zur Unabhängigkeit und Neutralitätsfrage Stellung. Dabei sieht Windisch eine wahre Neutralität ebenso wenig gegeben wie eine echte Demokratie oder gelebte Unabhängigkeit Österreichs.602
595
Vgl. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 459. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 151. 596 Vgl. BStU MfS – HA XXII – Nr. 1006/2, S. 0111. 597 Vgl. MUT (12) September 1967, S. 10. [o.A.] 598 Vgl. Windisch, Konrad: Guten Tag! in: MUT (21) Mai 1969, S. 27. 599 Vgl. Windisch, Konrad: Warum sie scheitern werden. in: MUT (17) Juli/August 1968, S. 24-25. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „Neuen Linken“ (Teil I: Theorie). in: MUT (26) Oktober 1969, S. 21-24. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „Neuen Linken“ (Teil II: Praxis). in: MUT (27) November 1969, S. 26-27. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „Neuen Linken“ (Teil III: Kritik). in: MUT (28) Dezember 1969, S. 30-32. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „Neuen Linken“ (Teil IV: Taktik). in: MUT (29) Januar 1970, S. 33-34. Windisch, Konrad: Die „Blumenkinder“. in: MUT (40) Dezember 1970, S. 41-42. 600 Vgl. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil I: Theorie). in: MUT (26) Oktober 1969, S. 21-24. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil II: Praxis). in: MUT (27) November 1969, S. 26-27. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil III: Kritik). in: MUT (28) Dezember 1969, S. 30-31. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil IV: Taktik). in: MUT (29) Januar 1970, S. 33-34. 601 Vgl. Windisch, Konrad: Staatsbesuche. in: MUT (8) Dezember 1966, S. 8. Windisch, Konrad: Österreichs Neutralität – verpasste Chance. in: MUT (12) September 1967, S. 23. Windisch, Konrad: Ist Österreichs Presse demokratisch? in: MUT (15) März 1968, S. 33-34. 602 Vgl. Windisch, Konrad: Staatsbesuche. in: MUT (8) Dezember 1966, S. 8. Windisch, Konrad: Österreichs Neutralität – eine verpasste Chance. in: MUT (3) 1966, S. 33. Windisch, Konrad: Ist Österreichs Presse demokratisch? in: MUT (15) März 1968, S. 33.
128
Ab 1971 ändern sich die Inhalte seiner Beiträge. Er verfasst jetzt fast ausschließlich Artikel zur nationalen Rechten603 sowie deren Ziele. In der Rubrik ‚Wie es sein könnte! Wie wir es wollen! Wie es sein wird!‘ geht er in 25 Folgen auf die Vorstellungen von MUT ein, was sie sich unter nationaler Politik vorstellen. Dabei widmet er sich jeweils einer Thematik pro Artikel. Eine Ausnahme stellt das Sujet Terror dar, welches aus Anlass der Freipressung von sechs RAFMitgliedern im Austausch für den entführten CDU-Politiker Peter Lorenz in einem zweiten Beitrag aufgegriffen wird.604 Zunächst befasst sich Windisch aber in drei Artikeln mit der angestrebten Staatsordnung. Das Ziel ist die Verwirklichung der Demokratie, die in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht vollzogen wurde605: „Demokratie ist also fast das Gegenteil von dem, was heute geschieht“606. Windisch begründet seine These der fehlenden Demokratie hauptsächlich mit der angeblichen Diskriminierung der nationalen Rechten, die durch das „brutale[s] und kalte[s] Ausschließen jedes Andersdenkenden von Mitbestimmung und Mitverantwortung“607 sowie deren Ausgrenzung durch die Massenmedien besteht. Diese propagierte, so genannte „demokratische Republik“608 handelt national und ist dementsprechend politisch neutral und keinem Militärbündnis angeschlossen609; sie begreift das Volk „als größte politische Einheit, (…) die größte natürliche und zugleich politisch erfaßbare Einheit“610. In diesem Sinne ist eine freie Religionsausübung nur solange gegeben, wie sie „die Interessen der staatlichen und volklichen Gemeinschaft nicht gefährdet“611. Demnach bestimmt die Volksgemeinschaft die Stellung des Individuums innerhalb der Gesellschaft: „Unser Ziel ist eine Gesellschaftsordnung, in der die gesellschaftliche Stellung des Menschen ausschließlich durch seine persönliche Leistung für die Gemeinschaft bestimmt wird.“612 Die Verwirklichung einer nationalen Politik 603 Vgl. u.a. Windisch, Konrad: Wie nun weiter, nationale Rechte? in: MUT (46) Juni 1971, S. 33f. Windisch, Konrad: Verantwortungslose rote „Spässe“. in: MUT (51) November 1971, S. 15-18. Windisch, Konrad: Wir klagen an! in: MUT (101) Januar 1976, S. 20-23. Windisch, Konrad: Liberal und National – was ist denn das? in: MUT (111) November 1976, S. 31f. Windisch, Konrad: „Small is beautyful“. in: MUT (114) Februar 1977, S. 18f. 604 Vgl. Windisch, Konrad: Terror – 2. Teil. in: MUT (92) April 1975, S. 16f. 605 Vgl. u.a. Windisch, Konrad: Der Staat. in: MUT (67) März 1973, S. 10. Windisch, Konrad: Die Staatsform. in: MUT (68) April 1973, S. 33. 606 Windisch, Konrad: Die Demokratie. in: MUT (68) April 1973, S. 13. 607 Ebd. 608 Windisch, Konrad: Die Staatsform. in: MUT (69) Mai 1973, S. 33. 609 Vgl. Windisch, Konrad: Ost und West. in: MUT (78) Februar 1974, S. 35. Windisch, Konrad: Neutralität. in: MUT (88) Dezember 1974, S. 17. 610 Windisch, Konrad: National. in: MUT (71) Juli 1973, S. 22. [Hervorhebung im Original] 611 Windisch, Konrad: Religion. in: MUT (70) Juni 1973, S. 32. [Hervorhebung im Original] 612 Windisch, Konrad: Die Gesellschaftsordnung. in: MUT (72) August 1973, S. 45. [Hervorhebung im Original]
129
ist eng gekoppelt mit der deutschen Einheit, die er weniger als eine Frage der Zeit als vielmehr der Politik sieht. Für Windisch ist keine deutsche Regierung befugt auf deutsche Gebiete zu verzichten. „Solange nicht das gesamte Volk auf Volksboden und Volksbesitz verzichtet und das über eine jahrhundertelange Spanne Zeit, besteht der Rechtsanspruch eines Volkes auf sein Land und seinen Besitz.“613 Diesen Besitz definiert er für Deutschland in den Grenzen des Deutschen Reiches von 1938 und sieht den deutschen Anspruch auch durch die Gründung neuer Staaten auf diesem Gebiet, wie etwa Österreich oder die DDR, nicht tangiert.614 Innenpolitisch erkennt Windisch die Notwendigkeit eines harten Vorgehens gegen Terroristen: „Opfer müssen einkalkuliert werden. So schrecklich wie es für den Betroffenen und so hart es auch sonst klingt: Terroristen werden durch Nachgeben nur zu weiterem Terror ermuntert. Nur wenn ihr Leben bedroht ist, besteht eine Chance, daß sie auch auf das Leben anderer Rücksicht nehmen.“615 Die Ausübung von Terror ist für ihn auf den „kommunistischen Panzerkolonialismus und den dollarorientierten Plutokratenimperialismus“616 beschränkt. Die zweite große innenpolitische Forderung der nationalen Rechten stellt die zunehmende Umweltzerstörung617 als Folge einer egoistischen und korrupten Staatsführung dar, die zunehmend zu einer Verschlechterung der Lebensqualität der Deutschen beiträgt. Sie streben daher eine Welt an, in der „die Lebensqualität eines Volkes nicht nur von finanziellen oder materiellen Dingen [abhängt], sondern, in der das Leben Freude macht und nicht nur Zwänge verursacht“618. In diesem Zusammenhang steht auch eine andere Vorstellung von Kunst, als „Ausdruck des Gefühls der Gemeinschaft durch das individuelle Talent“619, und von Wohlstand der nationalen Rechten, so Windisch weiter: „Was wir wollen, ist nicht der grenzenlose Profit Weniger und die Bereicherung des Staatsapparates auf Kosten des Einzelnen, sondern die Möglichkeit des Einzelnen, durch Arbeit und Leistung seine echten Bedürfnisse zu befriedigen, die Zukunft seiner Kinder und seinen Lebensabend zu sichern. Ohne deshalb seine eigene Persönlichkeit, die Substanz seiner Familie und die Zukunft seines Volkes durch eine aufgezwungene Wohlstandsraserei zu zerstören.“620 Um diese neue Gesellschaft zu 613
Windisch, Konrad: Die Wiedervereinigung. in: MUT (77) Januar 1974, S. 36. [Hervorhebung im Original] 614 Vgl. Windisch, Konrad: Neue „Nationen“. in: MUT (87) November 1974, S. 16. 615 Windisch, Konrad: Terror – 2. Teil. in: MUT (92) April 1975, S. 17. [Hervorhebung im Original] 616 Windisch, Konrad: Terror. in: MUT (91) März 1975, S. 41. [Hervorhebung im Original] 617 Vgl. Windisch, Konrad: Eine vorausschauende Politik. in: MUT (93) Mai 1975, S. 38f. Windisch, Konrad: Umweltschutz. in: MUT (94) Juni 1975, S. 40f. 618 Windisch, Konrad: Lebensqualität. in: MUT (95) Juli 1975, S. 13. [Hervorhebung im Original] 619 Windisch, Konrad: Kunst. in: MUT (74) Oktober 1973, S. 43. [Hervorhebung im Original] 620 Windisch, Konrad: Wohlstand. in: MUT (75) November 1973, S. 36. [Hervorhebung im Original]
130
erreichen, ist jedoch eine Rückführung der Gastarbeiter in ihre Heimatländer notwendig, da nur so die Zerstörung der europäischen Völker aufzuhalten ist.621 Die Vorstellung von einem ‚Europa der Völker‘ passt hier nur zu gut ins Bild. „Wir wollen ein ‚Europa der Völker’ und zwar eigenständiger, freier, selbstbewußter Völker, die in ihrer natürlichen Art leben und weiterleben. Diese Völker müssen in einem – ohne Zweifel langsamen und behutsamen – Prozeß in eine Art Eidgenossenschaft finden und bei vollstem Respekt vor ihren Problemen und Eigenarten zu einer organischen Einheit zusammenwachsen.“622 Das Ziel der nationalen Gemeinschaft623 ist aber nur dann zu erreichen, wenn sich die Nationalen aus ihrer ‚Zersplitterung‘ lösen und gemeinsam handeln.624 Ein weiteres zentrales Thema bei Windisch kommt der Förderung moderner Kunst zu. Hier sieht er eine falsch angewandte Toleranz gegenüber Experimentierkunst zulasten der „wirklich bedeutenden zeitgenössischen Autoren, Maler, Bildhauer [; eine] „Verpestung der Kulturszene durch Regime-Günstlinge, d.h. Nichtskönner“625. Neben der Förderung ist für ihn insbesondere die Preisvergabe ein Ärgernis, welche nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten, sondern politischen erfolgt.626 In diesem Zusammenhang stellt er einen Test vor, nach dem derzeit erfolgreiche Künstler zu 90 Prozent eines von fünf Merkmalen erfüllen: „Der Mann oder die Frau ist entweder: a) aus dem Irrenhaus oder b) aus Chile emigriert oder c) Jude (allerdings seltener aus Israel) oder d) ehemaliger KZInsasse oder e) ein Kommunist in einem kommunistischen Land, der gerade ein anderer Kommunist sein möchte und also Bürgerrechtler ist.“627 In Windischs Interviews kommt seine Sympathie für die FPÖ zum Ausdruck. Von vierzehn Interviews sind alleine neun mit FPÖ-Mitgliedern. Zunächst führt Windisch im Oktober 1969 mit dem Vizebürgermeister von Graz Dr. Alexander Götz ein Gespräch, welches sich in erster Linie um die politische Zukunft des Interviewten dreht – nach seiner Wahl zum Bürgermeister der Stadt Graz folgt im August 1973 ein zweites Interview628. Auf die Frage, wie er die Entwicklung der deutschen FDP beurteilt, die einmal von der FPÖ als Bruderpartei 621
Vgl. Windisch, Konrad: Die Gastarbeiter. in: MUT (79) März 1974, S. 45. Windisch, Konrad: Europa. in: MUT (76) Dezember 1973, S. 35. [Hervorhebung im Original] 623 Vgl. hierzu u.a. Windisch, Konrad: Kollektiv und Gemeinschaft. in: MUT (86) Oktober 1974, S. 33. 624 Vgl. Windisch, Konrad: „Zersplitterung“. in: MUT (80) April 1974, S. 34. 625 Windisch, Konrad: Regime-Günstlinge und Nichtskönner. in: MUT (129) Mai 1978, S. 22. 626 Vgl. u.a. Windisch, Konrad: Auf den Kopf gep… in: MUT (124) Dezember 1977, S. 37. Windisch, Konrad: Skandal um den Georg-Trakl-Preis. in: MUT (134) Oktober 1978, S. 35. Windisch, Konrad: Hochgejubelt. in: MUT (135) November 1978, S. 39. 627 Windisch, Konrad: Machen Sie einen Test! in: MUT (126) Februar 1978, S. 33. 628 Vgl. Windisch, Konrad: „Entscheidend ist, ob dem Programm Taten folgen“. Ein MUT-Gespräch mit dem Bürgermeister von Graz LAbg. Dipl.-Ing DDr. Alexander Götz, in: MUT (72) August 1973, S. 42ff. 622
131
bezeichnet wurde, antwortet er nur: „Allerdings möchte ich darauf hinweisen, daß die FDP nicht eine Bruderpartei der FPÖ war und daher auch jetzt natürlich ebensowenig ist.“629 In der neu entstandenen NDP sieht Götz keine Konkurrenz für die FPÖ. Auch der zweite Interviewpartner Klaus Mahnert (Landesparteiobmann der FPÖ Tirol) beurteilt die Bezeichnung ‚Bruderpartei FDP‘ als verfehlt.630 Ähnlich äußern sich die anderen Interviewpartner: Dr. Fritz Stüber631 (freier Schriftsteller), Dr. Otto Scrinzi632 (FPÖ-Abgeordneter von Kärnten), Friedrich Peter (Bundesparteiobmann der FPÖ)633, Josef Feldner (Obmann des Kärntner Heimatdienstes KHD)634, Jörg Haider (Mitglied des Bundesparteivorstandes der FPÖ)635 etc. Gemein ist ihnen die gemeinsame Haltung zu einem Europa der Völker, der FDP, der NDP und FPÖ sowie zu Koalitionsmöglichkeiten der FPÖ. Auffällig sind die Parallelen zwischen den Interviewten und MUT: Es finden sich in keinem der Interviews Divergenzen zu den politischen Zielen sowie der politischen Haltung der Zeitschrift. Mit Beginn der Mitarbeit Windischs 1966 – bereits ein Jahr nach Gründung von MUT – tritt eine Radikalisierung ein, die alleine von seiner Vita her erwartbar war und von Wintzek entweder nicht erkannt, in jedem Fall aber widerspruchslos hingenommen wurde. Er formuliert die politischen Ziele der Zeitschrift, die er zugleich auf die nationale Rechte überträgt und die sich klar gegen Demokratie und Rechtsstaat positionieren. Zwischen den von Windisch verfassten Zielvorstellungen und denen aus dem ersten Heft gibt es dabei keine Übereinstimmung. Allerdings entsprechen seine Positionen den Inhalten von MUT, die anderen sind dagegen nicht nachweisbar. Gerhard Opitz: Gerhard Opitz wurde 1929 im sächsischen Vogtland geboren und lebte nach 1945 in Oberfranken, nahe der deutsch-deutschen Grenze636, 629
Windisch, Konrad: „Europa, heraus aus der Satellitenrolle“. Ein MUT-Gespräch mit Dipl.-Ing. DDr. Alexander Götz, in: MUT (26) Oktober 1969, S. 27. 630 Vgl. Windisch, Konrad: „FDP und FPÖ unterscheiden sich wesentlich!“ Ein MUT-Gespräch mit dem Landesparteiobmann der FPÖ Tirol Klaus Mahnert, in: MUT (28) Dezember 1969, S. 33-36. 631 Vgl. Windisch, Konrad: „MUT zur totalen Kampfansage an das System von Proporz, Korruption, Protektion und Betriebsterror.“ Ein MUT-Gespräch mit Dr. Fritz Stüber, in: MUT (30) Februar 1970, S. 36-38. 632 Vgl. Windisch, Konrad: „FPÖ – keine Erfüllungsgehilfen einer Gefälligkeitsdemokratie!“ Ein MUT-Gespräch mit Abg. Prim. Dr. Otto Scrinzi, in: MUT (32) April 1970, S. 34-37. 633 Vgl. Windisch, Konrad: Alles offen. Ein MUT-Gespräch mit dem FPÖ-Abgeordneten und Bundesparteiobmann Peter, in: MUT (41) Januar 1971, S. 44ff. 634 Vgl. Windisch, Konrad: „Für ein freies ungeteiltes Kärnten“. Ein MUT-Gespräch mit Dr. Josef Feldner, in: MUT (64) Dezember 1972, S. 42-45. 635 Vgl. Windisch, Konrad: „FPÖ könnte sich in einer Koalition mit der SPÖ mehr profilieren“. Ein MUT-Gespräch mit dem Mitglied des Bundesparteivorstandes der FPÖ und des RFJ Dr. Jörg Haider, in: MUT (83) Juli 1974, S. 39-42. 636 Vgl. MUT (25) September 1969, S. 3. [o.A.]
132
wo er als Herausgeber des rechtsextremistischen Pressedienstes NPS und der ‚Studien für Zeitfragen – rechts‘ arbeitete.637 Des Weiteren trat er besonders in den 1970er Jahren auf Veranstaltungen der extremen Rechten als Redner auf.638 Er verfasste für MUT von 1965 bis 1979 43 Beiträge, davon fünf Interviews639. Auffallend im Vergleich zu anderen Autoren ist der Abdruck von zwei längeren Beitragsserien. Die erste wurde 1969 in drei Teilen unter dem Titel ‚Bundesdeutsches Wahlpanorama‘ veröffentlicht.640 Anlass dieser Serie stellte die Bundestagswahl 1969 dar. Im ersten Teil präsentiert Opitz verschiedene Wählergruppen: Überzeugungswähler, Traditionswähler, Mitläuferwähler, Krisenwähler und Hoffnungswähler, die jedoch zusammen mit seinen Erläuterungen – aus politikwissenschaftlicher Sicht – mehr als fragwürdig anmuten. Im zweiten Teil641 beschäftigt er sich mit den Volksparteien CDU, CSU und SPD sowie mit der FDP, die er gleichwohl als bedeutungslos bezeichnet. Der dritte Teil642 geht auf die verschiedenen Kleinparteien ein, wie z.B. auf die DKP, welche eine relativ kurze Beschreibung erfahren. Den größten Anteil dieses Artikels erhält die NPD, der augenscheinlich die Sympathie von Opitz gehört: „Tatsächlich haben die Nationaldemokraten durch ihr öffentliches Auftreten und ihre sachliche, undemagogische Arbeit in den Landtagen ihre Seriosität wie ihre demokratische Zuverlässigkeit hinreichend nachgewiesen.“643 Nicht allein seine Präferenz für die NPD deutet sich hier an, sondern auch seine Abneigung gegenüber den Unionsparteien, die lediglich aus wahltaktischen Gründen national denken. „Die Nationaldemokraten operieren von einer national-freiheitlichen Grundeinstellung aus, die in weiten Bevölkerungskreisen vorhanden ist und die sie vom Emotionalen her mobilisieren.
637
Vgl. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 152. 638 Vgl. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 137. 639 Vgl. Opitz, Gerhard/Bernhard C. Wintzek: „Das Wort national ist nicht genug!“ Ein MUTGespräch mit dem NPD-Vorsitzenden Adolf von Thadden, in: MUT (27) November 1969, S. 17-20. Opitz, Gerhard: „Die Frage der Abwehrbereitschaft unseres Volkes ist eine Frage der Einstellung zu unserem demokratischen Staat“. Ein MUT-Gespräch mit dem Wehrexperten Dr. Felix Buck, in: MUT (31) März 1970, S. 31-35. Opitz, Gerhard: „Kultur ist eine prägende Kraft!“ Ein MUTGespräch mit Dr. Herbert Böhme, in: MUT (34) Juni 1970, S. 34f. Opitz, Gerhard/Mario Milanese: Italiener – Deutsche – Europäer. Ein MUT-Gespräch mit Bruno Zoratto vom Comitato Tricolore, in: MUT (51) November 1971, S. 40ff. Opitz, Gerhard: „Zurück zu Hellas“. Ein MUT-Gespräch mit Sir Oswald Mosley, in: MUT (75) November 1973, S. 22ff. 640 Vgl. Opitz, Gerhard: Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil I). in: MUT (22) Juni 1969, S. 14-16. 641 Vgl. Opitz, Gerhard: Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil II). in: MUT (23) Juli 1969, S. 12-16. 642 Vgl. Opitz, Gerhard: Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil III). in: MUT (24) August 1969, S. 17-20. 643 Ebd., S. 18.
133
Im übrigen verzichten sie auf ideologische Fernziele und Maximalprogramme. Sie gehen pragmatisch vor und stellen für die innere Politik der BRD durchführbare konkrete Alternativen heraus.“644
Die zweite Artikelserie befasst sich in vier Teilen mit dem Zweiten Weltkrieg sowie dessen Folgen für Deutschland und Österreich, dabei vollzog Österreich, Opitzs Meinung nach, eindeutig die positivere politische Entwicklung, die in der Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955 gipfelte. Im ersten Teil bezieht er sich auf die Kriegsjahre von 1939 bis 1945.645 Abschließend heißt es im ersten Teil: „Die Geschichte wird, wenn sie sich einst des Mai 1945 entsinnt, ihr eigenes Urteil sprechen. Das sollten bei aller ungeduldigen ‚Vergangenheitsbewältigung’ sowohl die bedenken, die heute damit beschäftigt sind, dem ‚Dritten Reich’ einen Glorienschein zu zimmern, als auch jene ‚offiziellen Kreise’, denen in unseren Tagen bei den Jahren von 1933 bis 1945 als Antwort nur Auschwitz, Krieg und Vernichtung einfallen.“646
In seinem zweiten Artikel zur Zeitgeschichte wendet sich Opitz bereits der Nachkriegsordnung ab den 1950er Jahren zu, die er durch drei Weltmächte bestimmt sieht: USA, Sowjetunion und China.647 Einer allgemeinen Kritik an der Bundesrepublik Deutschland widmet sich Opitz im dritten Teil.648 Die Bundesrepublik ist, trotz eines materiellen Wohlstandes, politisch gesehen „besiegt, zerstört, vielfach geteilt!“649. Die Gründe liegen für ihn in der bundesrepublikanischen Bevölkerung, der eine gewisse „Wohlstandsbehaglichkeit“650 wichtiger sei als die Einheit von DDR und Bundesrepublik. Zudem muss es nach ihm zu einer „Neubelebung des nationalen Gefühls, [der] Neubildung des nationalen Bewußtseins und nationalen Willens“651 kommen. Daneben erkennt er in der Gründung des Deutschen Reiches 1871 ein Vorbild, nachdem die Deutsche Frage gelöst werden sollte. Die Bonner Regierung ist von Opitz angehalten nach der Politik Bismarcks ihre Bemühungen zur deutschen Einheit auszurichten.652
644
Ebd., S. 19. Vgl. Opitz, Gerhard: 1939 – 1945 – Krieg in fünf Dimensionen (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil I). in: MUT (33) Mai 1970, S. 24-27. 646 Ebd., S. 27. 647 Vgl. Opitz, Gerhard: Bitterer Lorbeer – Verblichener Lorbeer (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil II). in: MUT (34) Juni 1970, S. 24-26. 648 Vgl. Opitz, Gerhard: Ruhebedürfnis und neues Erwachen (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil III). in: MUT (36) August 1970, S. 17-19. 649 Ebd., S. 17. 650 Ebd., S. 18. 651 Ebd., S. 19. 652 Opitz, Gerhard: Deutsches Reich – Gestern und Morgen. in: MUT (41) Januar 1971, S. 12ff. 645
134
Ab 1971 sieht Opitz in der amerikanisch-chinesischen Annäherung eine neue Chance, die deutsche Einheit herbeizuführen. Sowohl im Juni 1971653 als auch im April 1972654 nimmt er hierzu Stellung, wobei er die Aufnahme offizieller Beziehungen zwischen den USA und China als einen „bundesdeutschen Silberstreif am Horizont“655 bezeichnet. Gleichwohl wird nur eine nationale bundesdeutsche Regierung in der Lage sein, die deutsche Einheit herbeizuführen.656 Eine Besonderheit stellt, graphisch gesehen, sein erster Artikel ‚Nation im Wartestand‘657 vom Mai 1969 dar, welcher mit Stacheldraht überzogen ist und das Thema der deutschen Teilung drastisch untermalen sollte.658 Ab 1971 verfolgt Opitz das Ziel, die nationale Rechte mit ihrer Politik, ihren Zielen sowie ihrer Weltanschauung vorzustellen. Die Initiative von Wintzek, den ersten nationaleuropäischen Kongress zu organisieren, wird ebenfalls lobend erwähnt.659 Im April-Heft 1974 widmet sich Opitz in einem ausführlichen Artikel der angestrebten neuen Volksordnung der nationalen Rechten, die in erster Linie in einem Kampf gegen den Kapitalismus und dem internationalen Großkapital besteht und durch die Kooperation der europäischen nationalen Rechten überwunden werden soll.660 Grundsätzlich sieht er durch das Ergebnis der Bundestagswahl 1972 die Position der NPD und mit ihr der nationalen Rechten gestärkt. In dem Wahlverlust der Union erkennt Opitz den Beginn ihres Verfalls661. Dennoch muss die nationale Rechte bestrebt sein, sich von ihrem „Wortradikalismus und Phrasendrescherei zu lösen, weil dieses ebenso ungenießbar [ist] wie das, was die Linke bietet“662. Opitz beurteilt zwar die Ostverträge kritisch, die Folgen wie etwa Reiseerleichterungen begrüßt er hingegen, dem sich auch die nationale Rechte anschließen sollte.663 Der politischen Strategie der nationalen Rechten widmet er sich im Jahr 1973 in fünf Kommentaren664 unter dem Titel ‚Die Sache ist näm653
Vgl. Opitz, Gerhard: China – Irrlicht oder Hoffnung? in: MUT (46) Juni 1971, S. 35ff. Vgl. Opitz, Gerhard: Ein Silberstreif am Horizont. Nixons Chinabesuch und seine Auswirkungen auf uns, in: MUT (56) April 1972, S. 35-38. 655 Ebd., S. 38 656 Vgl. ebd. 657 Vgl. Opitz, Gerhard: Nation im Wartestand. in: MUT (21) Mai 1969, S. 3-4. 658 Vgl. Abbildung 4. 659 Vg. Opitz, Gerhard: Nationale Jugend – Auf zum Brückenschlag. in: MUT (53) Januar 1972, S. 41-44. 660 Vgl. Opitz, Gerhard: Die Idee einer neuen Volks- und Völkerordnung. in: MUT (80) April 1974, S. 21-32. 661 Opitz, Gerhard: Wie nun weiter? in: MUT (64) Dezember 1972, S. 20. 662 Opitz, Gerhard: Muss es „Sozialismus“ sein? in: MUT (62) Oktober 1972, S 37. 663 Vgl. Opitz, Gerhard: Deutsche trafen Deutsche wieder. in: MUT (57) Mai 1972, S. 15-18. 664 Vgl. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (68) April 1973, S. 43. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (69) Mai 1973, S. 32. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (70) Juni 1973, S. 37. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT 654
135
lich die…‘, in denen er verschiedene polit-strategische Gesichtspunkte der nationalen Rechten erörtert. So tritt er zum einen für eine gründliche und kritische Sondierung möglicher politischer Freunde ein: „Wir müssen uns also vor primitiven Formeln und vor kurzschlüssigen Denken hüten. Wer – scheinbar oder auch tatsächlich – gegen unsere Feinde ist, muß noch lange nicht unser Freund, Gesinnungsgenosse oder Kamerad sein.“665 Hierzu ist eine klare Unterscheidung des politischen Gegners, die zu einer differenzierten Argumentationsführung führt, unabdingbar.666 Zum anderen sieht er die Aufgabe der nationalen Rechten in der Bereitstellung der „geistigen Marschverpflegung“667, da sowohl die Unionsparteien als auch die SPD, infolge ihrer falschen Politik, die einzig an einer Erhaltung der Konsumgesellschaft interessiert ist, zu „seelenlose[n] Apparate[n] [geworden sind], aus denen der politische Geist längst entfleucht ist (…).“668 Um ihr Ziel einer neuen Gesellschaftsordnung zu erreichen, plädiert er für eine Erweiterung der Zielgruppe der nationalen Rechten.669 Dafür erkennt er die Notwendigkeit einer Beilegung der Grabenkämpfe zwischen der konservativen und der revolutionären Richtung der nationalen Rechten, die im Grunde dasselbe Ziel verfolgen. Opitz spricht sich nicht nur für eine Zusammenarbeit der verschiedenen deutschen Strömungen innerhalb der nationalen Rechten aus670, auch auf europäischer Ebene ist eine Partnerschaft der nationalen Parteien und Strömungen unumgänglich, „die sich nicht mehr im Nebeneinander und Gegeneinander wechselseitig aufheben, sondern die im Miteinander ihre Kräfte ergänzen, ihre traditionellen Werte überhöhen.“671 Seine Sympathie für die NPD und die nationale Rechte tritt ebenso bei seinen Interviews hervor. Neben Adolf von Thadden672 und dem Leiter des wehrpolitischen Ausschusses der NPD Felix Buck interviewte er Bruno Zoratto673 vom Comitato Tricolore674 und Sir Oswald Mos-
(72) August 1973, S. 46. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (73) September 1973, S. 44. 665 Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (68) April 1973, S. 43. 666 Vgl. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (69) Mai 1973, S. 32. 667 Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (70) Juni 1973, S. 37. 668 Ebd. 669 Vgl. ebd. 670 Vgl. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (72) August 1973, S. 46. 671 Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (73) September 1973, S 44. [im Original fett gedruckt] 672 Vgl. Opitz, Gerhard/Bernhard C. Wintzek: „Das Wort national ist nicht genug!“ Ein MUTGespräch mit dem NPD-Vorsitzenden Adolf von Thadden, in: MUT (27) November 1969, S. 17-20. 673 Vgl. Opitz, Gerhard/Mario Milanese: Italiener – Deutsche – Europäer. Ein MUT-Gespräch mit Bruno Zoratto vom Comitato Tricolore, in: MUT (51) November 1971, S. 40ff. 674 Das Comitato Tricolore per gli Italiani nel Mondo (CTIM) ist eine Organisation für im Ausland lebende Italiener. Getragen und finanziert wird sie von nationalen Rechten.
136
ley675. Gemein ist ihnen die ablehnende Haltung gegenüber der Integration von Gastarbeitern. Auffällig ist, die – ab 1971 – zunehmende Darstellung nationalrechter Ziele sowie die Kommentierung deren Politik durch Opitz, die sich im Vorfeld in dieser Form nicht findet. Neben der nationalen Rechten schreibt Opitz in einem zweiten großen Themenblock (sechs Artikel) zu verschiedenen DDR bezogenen Sujets, dabei legte er den Schwerpunkt auf Ereignisse und Angebote von Seiten der DDR, die zu einer Annäherung beider Staaten geführt hätten oder diese verhinderten. Sein erster Artikel676 vom Mai 1969 beinhaltet die Vereinigung von KPD und SPD zur SED, die für ihn keineswegs aus Zwang geschah. Der Gründungsprozess der SED erfolgte zwar nicht auf einer gleichberechtigten Basis von SPD und KPD, aber eine Zwangsvereinigung, wie es die westdeutsche SPD verbreitet, ist es nicht gewesen. Vielmehr sieht Opitz hierin einen teilweise freiwilligen Zusammenschluss: „‚Halb zog sie ihn, halb sank er hin’ …“677 Die Verlautbarungen der westdeutschen SPD rückt er in den Bereich der Märchenerzählungen, da diese es ohnehin nicht besser wissen könnten. Einen Kontakt zwischen den Sozialdemokraten in der SBZ und denen in den westlichen Besatzungszonen zieht er dabei nicht in Betracht: „Dieser Verschmelzung war eine mehrmonatige Kampagne vorangegangen, bei der die sozialdemokratischen Gegner der Verschmelzung kaum bzw. gar nicht die Chance hatten, ihre Vorstellungen, ihre Argumente offen zu verfechten. (…) Die Verschmelzung von KPD und SPD zur SED war also nicht ganz freiwillig vor sich gegangen, aber auch nicht so ganz gezwungen, wie es fürs erste scheinen mag, wie die SPD-amtliche Legende es wissen will.“678
Die Mitgliederstruktur und die Anzahl der SED-Parteimitglieder vergleicht Opitz mit der NSDAP, die in ihrer Hochzeit nie eine derartig hohe Mitgliederzahl aufweisen konnte. Innerhalb der SED entdeckt er verschiedene Mitgliedertypen, die in dieser Weise auch in der NSDAP vertreten waren: überzeugte Kommunisten und Sozialdemokraten, die entweder das DDR-System bereitwillig unterstützen oder sich in innerer Emigration befinden; Mitläufer, welche nicht an das sozialistische System glauben; das System unterstützende Opportunisten; wie auch ehemalige SS-Offiziere, die sich nahtlos in die SED integrierten.679 Dabei erweckt der Text mit dem Vergleich von SED und NSDAP den Eindruck, als ob Opitz
675 Vgl. Opitz, Gerhard: „Zurück zu Hellas“. Ein MUT-Gespräch mit Sir Oswald Mosley, in: MUT (75) November 1973, S. 22ff. 676 Vgl. Opitz, Gerhard: Die SED – Von innen gesehen. in: MUT (21) Mai 1969, S. 9-10. 677 Ebd., S. 9. 678 Ebd. 679 Vgl. ebd., S. 9f.
137
eine Relativierung des NS-Systems sowie der Mitgliedschaft in der NSDAP verfolgt. In den Kontext der entgangenen Gelegenheiten fällt der Beitrag ‚Versäumte Möglichkeiten‘680 vom Juli 1969, in dem Opitz die Absage an einen gesamtdeutschen Wirtschaftsausschuss durch die Westzonen beklagt. Wenngleich er die Beweggründe hinter dem Angebot durchaus als zweifelhaft und bedenklich für die Bundesrepublik ansieht, so vertritt er dennoch die Meinung: Im Sinne einer Annäherung beider deutscher Staaten wäre es besser gewesen, auf das Angebot einzugehen. Zumal Opitz das sowjetische Interesse an Deutschland sowie die Einflussmöglichkeiten der Bundesregierung auf die sowjetische Führung völlig wirklichkeitsfremd einschätzt: „Im Falle unbilliger Forderungen seitens der Ostzonenverwaltung hätte man damals noch das sowjet-russische Interesse an gesamtdeutschen Lösungen gegen die Herrschaften in Ostberlin ausspielen können.“681 Dieser mangelnde Realitätssinn spiegelt sich auch in seinen Schlussfolgerungen wider, die im Falle einer Annahme des besagten Angebotes eingetreten wären. „Bei einer solchen Wiederbelebung des gesamtdeutschen Wirtschaftskreislaufes, getragen von den Energien der vereinigten Westzonen, wäre alles, was dem Wirtschaftsaufbau ‚drüben’ zugute gekommen wäre, auf westdeutsches Konto gegangen. Aller SED-Ideologie und Propaganda vom ‚sozialistischen Aufbau’ hätte man so den Boden unter den Füßen wegziehen können. In einem solchen wieder belebten gesamtdeutschen Wirtschaftskreislauf hätten die noch vorhandenen, wenn auch schon eingeengten, bürgerlich-demokratischen Kräfte der Ostzone ihren Platz und eine neuerliche Entfaltungsmöglichkeit gefunden.“682
Nicht zuletzt die enorme wirtschaftliche Anziehungskraft und die damit verbundene Abwanderung von Facharbeitern und Akademikern stellte einen der Hauptgründe für die Errichtung der innerdeutschen Grenze 1961 dar und steht damit seinen Konklusionen konträr entgegen. Die Einschätzungen von Opitz, wie auch die der MUT-Autorenschaft im Allgemeinen, zu sowjetischen Wiedervereinigungsangeboten reichen von unkritisch bis naiv. Grundsätzlich sehen sie in der sowjetischen Führung positive Einstellungen zur deutschen Einheit vorhanden. Andere – für ihn begrüßenswerte – Erkenntnisse gewinnt er aus einem Bericht des SPIEGEL, welcher über die Besorgnis Erich Honeckers betreffend einer Annäherung zwischen der DDR und der Bundesrepublik durch die neue Ostpolitik der Brandt/Scheel-Regierung Auskunft gibt.683 Honecker ist sich nicht sicher, ob im Falle einer innerdeutschen Annäherung sich die DDR-Bevölkerung 680
Vgl. Opitz, Gerhard: Versäumte Möglichkeiten. in: MUT (23) Juli 1969, S. 19-21. Ebd., S. 20. 682 Ebd. 683 Vgl. Opitz, Gerhard: Er ahnt etwas … in: MUT (28) Dezember 1969, S. 14f. 681
138
„staatsloyal verhalten werde“684. Generell tritt Opitz jedoch gegen eine Annäherung oder sogar Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik ein. Die Bundesregierung würde durch eine Anerkennung Ostdeutschlands als einen souveränen Staat ihr wichtigstes Druckmittel verlieren, ohne die geringste Gegenleistung zu erhalten. Dementsprechend verspricht sich Opitz mehr Erfolg durch eine Politik des Abwartens.685 Auch der vermutete sowjetische Einfluss auf die Ostverträge geht Opitz zu weit.686 Opitz setzt sich neben Windisch auf strategisch-theoretischem Weg mit den Zielen und Strategien sowie der Situation der nationalen Rechten auseinander und gibt in seinen Artikeln den Lesern Handlungsempfehlungen. Friedrich Körner687: In der Zeitspanne von 1965 bis 1979 war Friedrich Körner mit 28 Beiträgen in MUT vertreten. Von September 1969688 veröffentlichte er in annähernd jeder Ausgabe bis Mitte 1973. Er beschränkt sich auf die Innen- und Parteienpolitik der Bundesrepublik sowie auf das Verhältnis zur DDR und die Problematik der deutschen Einheit; Vergleiche zum politischen Status Österreichs kommen, im Gegensatz zu den anderen Autoren, bei Körner nicht vor. Ein immer wiederkehrendes Thema in Körners Artikeln stellt die NPD dar, für die er vornehmlich wirbt und die er gegen Kritik von anderen politischen Parteien verteidigt. Im Vorfeld des NPD-Parteitages in Saarbrücken 1969 befasst er sich mit der veränderten Ausgangslage für die NPD im Hinblick auf die CDU/CSU als neue Oppositionspartei. Da die Unionsparteien in ihrer Oppositionsrolle vermehrt den Rechts-Links-Gegensatz herausstellen werden, verliere die NPD ihre bisherige Rolle als rechte Oppositionspartei im deutschen Parteienspektrum. Wie sich die NPD in dieser Situation positionieren soll, schreibt Körner nicht; er stellt lediglich verschiedene Szenarien auf689 und kommt zu dem Schluss: „Wie gesagt, was die NPD fürderhin tun oder unterlassen wird, geht nicht bloß ihre Kreisverbände an, die alte Anhänger bei der Stange und neue Wähler gewinnen müssen. Es geht, unbeschadet kritischer Vorbehalte im einzelnen, alle an, die sich um neue deutsche Politik bemühen. Auch die Verbände, die in ihrem jeweiligen Sachbereich wirken; auch unabhängige nationale Organe, die sich die freie Meinungsbildung angelegen sein lassen.“690 684
Ebd., S. 15. [im Original fett gedruckt] Vgl. Opitz, Gerhard: Zur Frage der „Anerkennung“. in: MUT (31) März 1970, S. 36f. 686 Vgl. Opitz, Gerhard: Bonner Faliniaden. Ein Kapitel treuherziger Dummheit, in: MUT (58) Juni 1962, S. 12f. 687 Biographische Angaben liegen der Verfasserin nicht vor. Nachfragen bei Wintzek blieben erfolglos. 688 Vgl. Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in: MUT (25) September 1969, S. 9-13. 689 Vgl. Körner, Friedrich: Und was nun? – Wohin geht die Reise? Einige kritische Anfragen zum NPD-Parteitag in Saarbrücken, in: MUT (27) November 1969, S. 14f. 690 Ebd., S. 16. 685
139
Damit ist wohl in erster Linie MUT gemeint, welche sich als ein parteiunabhängiges Periodikum positioniert und einen Großteil der Publikation mit Artikeln zur NPD und Ratschlägen für diese füllt. Zu MUT schreibt Körner: „Politische Falschmünzer verbreiten in jüngster Zeit das Gerücht, MUT sei ein ‚Indirektes NPD-Blatt’. Das ist selbstverständlich eine Lüge. MUT vertritt in Unabhängiger Überparteilichkeit die nationalen Interessen unseres Volkes im Rahmen einer anzustrebenden Einigung Europas auf der Grundlage der respektierten Rechte eines jeden Volkes.“691
Wenngleich MUT fortwährend auf ihre Überparteilichkeit verweist und kein Redaktionsmitglied der NPD angehört, so ist doch eine unverhohlene Sympathie und Unterstützung für die NPD nicht zu leugnen. Zudem fimieren die Nationaldemokraten als eine andere, besondere Partei, die sich nicht in gleicher Weise an dem üblichen ‚Parteiengezänk‘ beteiligt und lediglich zum Wohle Deutschlands agieren würde, wie es u.a. aus einem Artikel Körners aus dem Oktoberheft 1969 hervorgeht. In jenem Beitrag bemängelt er die Besuche von westdeutschen Regierungsmitgliedern und Abgeordneten in Moskau, insbesondere während der Wahlkampfzeit.692 „Denn damit zeigen die betreffenden Parteien doch nur an, daß sie bei der oder jenen fremden Macht ‚besser angeschrieben’ sind als die ‚liebe Konkurrenz’, und bisweilen artet das dann aus zur Anbiederung an die oder jene fremde Macht auf Kosten des innerdeutschen Rivalen. Solches aber widerspricht der nationalen Solidarität, die auch im schärfsten Wahlkampf oberstes Gebot sein sollte.“693 Die NPD beurteilt Körner gänzlich anders, ohne für seine Behauptungen Beweise oder Äußerungen aus Parteikreisen vorlegen zu können. „Die Nationaldemokraten, wird man vermuten dürfen, wären auch bei vorliegender Einladung nicht gefahren, zumindest nicht vor der Wahl. Schätzungsweise hätten sie gewartet, bis ein sowjetischer Emissär zu ihnen gekommen wäre, um anzufragen, ‚wie und was’, um dann mitzuteilen, wozu sie – vielleicht bereit wären und wozu nicht.“694
An anderer Stelle kritisiert Körner zudem die Wahlkampffinanzierung in Form der Rückerstattung von Wahlkampfkosten durch die Bundestagsverwaltung. Für ihn sollten sich die Parteien ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanzieren.695 Da sich aber in diesem Fall die NPD gleichfalls die Wahlkampf691
Ebd., S. 15. Vgl. Körner, Friedrich: Moskaufahrer. in: MUT (26) Oktober 1969, S. 11-13. 693 Ebd., S. 12. 694 Ebd. 695 Vgl. Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in. MUT (25) September 1969, S. 9-13. Körner, Friedrich: Ein Nachwort zum „Fall Geldner“: Zu Bonn am Rhein nichts Neues. in: MUT (40) Dezember 1970, S. 34-38. 692
140
kostenrückerstattung auszahlen ließ, sieht sich Körner gezwungen, die Nationaldemokraten zu verteidigen und ihre Handlungen zu relativieren sowie den Vorgang in den Dienst für die politische bzw. nationale Sache zu stellen; zumal ihr das Geld rechtlich zustehe. „Sie [NPD] hat mittlerweile die ihr zustehende – nicht eben hohe – Summe auch eingestrichen. Prinzipiell hätte sie es vielleicht nicht tun dürfen, doch praktisch wäre es doch übertriebene Ehrpusseligkeit gewesen, das bewusste Geld ihren Gegnern auch noch zukommen zu lassen.“696
Für die Bundestagswahl 1972 spricht sich Körner im Juli 1972 zugunsten der NPD aus, die in seinen Augen zwar nicht der idealen Partei entspricht697, dennoch ist sie die einzige wirkliche Oppositionspartei. Von einem Wahlboykott oder einer Stimmabgabe für die Union rät er dagegen ab, da die CDU/CSU keine nationale Politik verfolgt. Von einer Parteineugründung – wie etwa mit der Deutschen Union oder der DVU geschehen698 – warnt Körner gleichermaßen, die er für eine Verschwendung dringend benötigter Ressourcen hält.699 Doch bereits zwei Monate später – im September-Heft 1972 – relativiert er seine Aussagen wieder und propagiert eine pragmatische Wahlentscheidung: „Der Ausgang einer Bundestagswahl ist weder der ‚Untergang Deutschlands’ noch der Weltuntergang noch – andersrum – das ‚große Wunder’, das alle Probleme löst. In einer Bundestagswahl können höchstens die Weichen für künftige Entwicklungen gestellt werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“700 Nun plädiert er dafür, sich anlehnend an einen Vorschlag der Deutschen Wochen-Zeitung, die Erststimme der CDU/CSU und die Zweitstimme der NPD zu geben. Dieses gilt unter dem Vorbehalt: Der Unionskandidat vertritt eine nationale Politik. Körner verspricht sich damit zum einen die Ablösung der SPD/FDP-Regierung und zum anderen eine dauernde Ermahnung der Union, nationale Politik zu betreiben701: „Sie muß die ‚Faust im Nacken’ spüren. Sie muß einen ‚Gewissenswurm’ bekommen, der sie immerzu und in einem fort zwickt und zwackt und daran hin-
696
Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in: MUT (25) September 1969, S. 12. Vgl. hierzu auch: Körner, Friedrich: Geschlagene NPD – Wie nun weiter? in: MUT (46) Juni 1971, S. 16-22. 698 Vgl. hierzu: Körner, Friedrich: Neugründungen … Neue Neugründungen … in: MUT (42) Februar 1971, S. 34ff. 699 Vgl. Körner, Friedrich: Neuwahlen in Sicht – Wen wählen wir? in: MUT (59) Juli 1972, S. 34-39. 700 Körner, Friedrich: Wählen – aber mit Verstand!!! Notwendige Überlegungen in der Vorwahlzeit, in: MUT (61) September 1972, S. 25. [im Original fett gedruckt] 701 Vgl. Körner, Friedrich: Am 20. geht’s richtig los! in: MUT (63) November 1972, S. 40f. Körner, Friedrich: Wählen – aber mit Verstand!!! Notwendige Überlegungen in der Vorwahlzeit, in: MUT (61) September 1972, S. 24-29. 697
141
dert – nun ja – Dummheiten zu machen.“702 Kein anderer Autor in MUT bezieht so offen Stellung für die NPD wie Körner. Formal liegt er zwar richtig, wenn er schreibt, bei MUT handele es sich nicht um eine NPD-Publikation. Praktisch sind seine Beiträge jedoch kaum von diesen zu unterscheiden. Das Treffen zwischen Willy Brandt und Willi Stoph in Kassel ist für ihn lediglich eine Möglichkeit für die DDR-Regierung, die Anerkennung ihres Staates voranzutreiben, aber für die Einheit Deutschlands wenig zielführend.703 Die Forderungen der DDR und Sowjetunion über den Status von Berlin empfindet Körner als „unzumutbar“704; die politischen Verbindungen zwischen Westberlin und der Bundesrepublik müssen unter allen Umständen erhalten bleiben.705 Für die Bundestagsabstimmung über die Ostverträge fordert Körner ein klares nein von der Union, welches sie mit der Abstinenz an den Debatten und der folgenden Abstimmung vollziehen soll.706 Ab 1971 widmet sich Körner in seinen Beiträgen verstärkt der „roten Gefahr“707, die er allerdings nicht in einem militärischen Angriff der Sowjetunion auf einen NATO-Staat sieht: Vielmehr ist die ‚rote Gefahr‘ für Körner ein Problem der bundesrepublikanischen Innenpolitik. „Doch worin besteht nun die Gefahr? Sie besteht in der politischen Zersetzung, Aufweichung und Aushöhlung unseres Teilstaates BRD. Die meisten der Kräfte, die hierzulande Bazillen der Zerstörung, Aufweichung und Aushöhlung sind, wollen sicher keinen kommunistischen Staat, wie die DDR einer ist. Sie hätten dort nichts zu bestellen; sie dürften dort alles das nicht tun, was sie sich in unserem schlappen und rückgratlosen Staat ungeniert erlauben können. Aber Nutznießer alles dessen wären die Kommunisten, die, wiewohl nur eine Minderheit, genau wissen, was sie wollen, die planmäßig und diszipliniert vorgehen.“708
Das Ziel der nationalen Rechten muss eine Bündelung ihrer Kräfte sein, „um die rote Gefahr im Keime zu ersticken“709. Der „harte[n], unnachsichtige Kampf 702
Körner, Friedrich: Wählen – aber mit Verstand!!! Notwendige Überlegungen in der Vorwahlzeit, in: MUT (61) September 1972, S. 29. Vgl. Körner, Friedrich: Deutschlandpolitik 1955 – 1970: Irrwege, die nach Kassel führten. in: MUT (33) Mai 1970, S. 20ff. Körner, Friedrich: Monologe über Deutschland hinweg. in: MUT (34) Juni 1970, S. 9ff. 704 Körner, Friedrich: Sorgen, die uns alle drücken: Berlin – die gesamtdeutsche Aufgabe. in: MUT (37) September 1970, S. 30. 705 Vgl. ebd., S. 32. Körner, Friedrich: Berlins Zukunft – Unsere Aufgabe. Eine deutliche Warnung: Die Berlinprobleme beginnen erst, in: MUT (47) Juli 1971, S. 18-22. 706 Vgl. Körner, Friedrich: Schlagt Krach, Ihr Herren! in: MUT (53) Januar 1972, S. 14f. 707 Körner, Friedrich: Die rote Gefahr. Eine sicherheitspolitische Untersuchung, in: MUT (69) Mai 1973, S. 21. 708 Körner, Friedrich: Antikommunismus ist Friedenspolitik. in: MUT (41) Januar 1971, S. 38. 709 Körner, Friedrich: Bald Flattern rote Fahnen über Bonn am Rheine … in: MUT (50) Oktober 1971, S. 36. 703
142
gegen jede Form der roten Unterwanderung, Zersetzung und Aufweichung“710 ist das zentrale Anliegen in Körners Beiträgen. Bis zu der Verwirklichung eines vereinigten, souveränen und verteidigungsfähigen Deutschlands ist zudem ein Verbleib im westlichen Verteidigungsbündnis unabdingbar.711 In diesem Sinne muss die Bundeswehr eines der Kernanliegen der nationalen Rechten sein, so Körner weiter: „Wenn es uns nämlich nicht gelingt, die fahrlässige Wehrkraftzersetzung durch die liberale Linke und die bewußte Wehrkraftzersetzung durch die marxistische Linke zu bekämpfen, nachhaltig und wirkungsvoll und mit Brachialgewalt zu bekämpfen – dann können wir uns jetzt und fürderhin jeden Pfennig für die Bundeswehr sparen.“712 In zwei Artikeln berichtet Körner zudem über Veranstaltungen der nationalen Rechten. Zunächst informiert er im Dezember 1971 über die Politische Akademie der Arbeitsgemeinschaft für Politik in Offenhausen, welche unter dem Leitmotiv „Zusammenkunft und Zusammenarbeit aktiver nationaler Kräfte“713 fungiert. Als Referenten zählt Körner u.a. die MUT-Autoren Konrad Windisch, Gerhard Opitz, Heinz Gollner oder Hans-Achim Holtz auf, die mit dem Ziel antraten „gegen die heute Herrschenden vor allem den ideologischen Angriff vorzutragen“714. Im Oktober 1972 tritt Körner als Berichterstatter für den ersten Nationaleuropäischen Jugendkongress in Planegg bei München auf, – initiiert von MUT und Nation Europa – an dem nach eigenen Angaben 1200 europäische Nationalisten teilnahmen.715 Neben Wintzek ist Körner der einzige Autor, der über die politischen Aktionen und Veranstaltungen von MUT berichtet, aber auch aktiv an ihnen teilnimmt. Henning Jäde: Jäde wurde 1948 geboren und lebte zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit für MUT in Erlangen/Bayern, wo er beim Abfassen seines ersten Artikels noch zur Schule ging. Jäde war Vorsitzender der „Nation Europa Freunde e.V.“ sowie Chefredakteur des Deutschen Studenten-Anzeigers und Pressereferent des BHJ.716 Er schrieb bis 1979 16 Artikel für MUT, vor allem zu Themen der bundesrepublikanischen Innenpolitik. Lediglich zwei Beiträge bezogen sich auf andere Staaten. Sein erster Artikel im August 1966 mit dem Titel ‚Rechts 710
Körner, Friedrich: Die rote Gefahr. Eine sicherheitspolitische Untersuchung, in: MUT (69) Mai 1973, S. 31. [im Original fett gedruckt] 711 Vgl. ebd., S. 29ff. 712 Ebd., S. 30. [im Original fett gedruckt] 713 Körner, Friedrich: Kampf den Herrschenden. in: MUT (52) Dezember 1971, S. 42. 714 Ebd. 715 Vgl. Körner, Friedrich: Nationale Solidarität jetzt! in: MUT (62) Oktober 1972, S. 24-28. 716 Vgl. MUT (6) August 1966, S. 14. [o.A.] Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980, S. 74. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Band I, Opladen 1984, S. 447.
143
und Links‘ bewertet den Ausgang der Bundestagswahl 1965 negativ: „Die Demokratie bedarf der Dynamik, ohne deren vielfältiges Wechselspiel die Volksherrschaft zur plebiszitären Diktatur der Parteien-Bürokratie erstarrt.“717 Um diesen Umstand noch abzuwenden, erkennt er in der NPD die „letzte Chance“718. Aber auch in anderen Beiträgen719 beurteilt er die etablierten Parteien und später die Große Koalition als gescheitert. Als Beweis führt Jäde die Diskussion über eine mögliche Wahlrechtsänderung an: „Daß sich mittels einer Wahlrechtsänderung an der Macht halten will, wer politisch versagt hat, ist menschlich verständlich – aber auch nicht mehr.“720 Jegliche Modifikation des Wahlrechts lehnt er, mit Hinweis auf verfassungsrechtliche Gründe sowie der einseitigen Benachteiligung der NPD, ab. Seiner Meinung nach wird diese Diskussion ausschließlich geführt, um die aufstrebende NPD an ihrem bevorstehenden Wahlerfolg zu hindern. Dieses versucht Jäde mit Zitaten von Unions- und SPD-Politikern zu belegen. „Mehr als genug haben Bonner Regierungspolitiker darauf hingewiesen, mit einer Änderung des Wahlrechtes verfolge man in erster Linie das Ziel, die Nationaldemokratische Partei auszuschalten. (…) Erst auf dem letzten Landesparteitag der CSU in München bezeichnete dies Bundeskanzler Kiesinger als einen ‚höchst wünschenswerten Nebenerfolg’, wußte aber plausiblere Gründe nicht zu nennen. Damit wird die Rechtsgleichheit der politischen Parteien verletzt und die geplante Wahlrechtsänderung offen als verfassungswidriges Maßnahmengesetz deklariert.“721
Der sogenannte Extremistenerlaß ist für Jäde das Bestreben der Bundesregierung, lieber eine verfassungstreue Partei wie die NPD verbieten zu lassen, als sich mit dem Totalitarismus der Sowjetunion und DDR auseinanderzusetzen und sich diesem entgegenzustellen. Er argumentiert mit verschiedenen Zitaten aus Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes sowie des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach eine Benachteilung von NPD-Mitgliedern oder Sympathisanten, die als Beamte oder Soldaten tätig sind, verfassungswidrig ist, solange die NPD nicht durch das Bundesverfassungsgericht verboten wurde. „Dem Herrn Bundeskanzler und den Herren Ministerpräsidenten wäre anzuraten, ihren Augenmerk jenen Kräften zuzuwenden, die die Diktatur des Proletariats und damit eine mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbare Staats- und Gesellschaftsordnung propagieren. (…) Eine Fortsetzung der Hexenjagd auf verfassungstreue nationale Demokraten 717
Jäde, Henning: Rechts und Links. in: MUT (6) August 1966, S. 14. Ebd., S. 17. 719 Vgl. Jäde, Henning: Der konzertierte Kompromiß. „Große Koalition“ – die ersten hundert Tage, in: MUT (10) Mai 1967, S. 20-24. Jäde, Henning: Papas Linke paßt sich an. in: MUT (16) Mai/Juni 1968, S. 7-8. 720 Jäde, Henning: Die Notbremse. in: MUT (18) Dezember 1968, S. 36. 721 Ebd., S. 37f. 718
144
kann letztlich und endlich nur den strategischen Zielen Leonid Breschnews zugute kommen, die letzten freiheitlichen Widerstandskräfte gegen die Bolschewisierung auch Resteuropas auszuschalten. Eine Hexenjagd freilich, die nur mit einem enden kann: mit der Totalblamage der Verleumder. Denn das Recht ist auf unserer Seite.“722
Ähnlich reagiert Jäde auf einen Artikel in der Studentenzeitung der Freien Universität Berlin ‚Samisdat‘, die von der Freiheitlichen Hochschulgruppe herausgegeben wird und MUT als eine rechtsradikale Zeitung aufführt: „Das alles ist so bodenlos töricht, daß es nur noch traurig ist. Den ‚Samisdat’-Leuten sei jedoch ins Stammbuch geschrieben: Der Kampf gegen einen mausetoten Totalitarismus von vorgestern ist nur eine sehr unzulängliche Tarnung des Manövers, vom höchst lebendigen roten Totalitarismus von heute abzulenken.“723 Seine Beiträge weisen zusammenfassend starke Sympathien für die NPD auf und sie deuten auf eine Identifizierung Jädes mit den Zielen der Nationaldemokraten hin. Außenpolitisch sieht Jäde die Bundesrepublik in der Pflicht, die „nationale Selbstachtung“724 wiederherzustellen sowie der Bundeswehr einen klaren militärischen Auftrag zu erteilen, welches nicht innerhalb der NATO-Bündnisstrukturen erfolgen kann, da er in ihr lediglich die Abtretung deutscher Souveränität sieht.725 Jäde ist einer der wenigen jungen Autoren in MUT, umso erstaunlicher ist es deswegen, dass er sich inhaltlich und sprachlich nicht von den anderen Verfassern unterscheidet. Eine spezielle Ansprache an oder Ausrichtung auf die Zielgruppe – Schüler und Jugendliche – der Zeitschrift kann auch bei Jäde nicht festgestellt werden. Armin Steinmark726: In der ersten Phase verfasste Steinmark in den Jahren 1978 und 1979 elf Artikel. Seine ersten drei Arbeiten727 – unter der Rubrik ‚Das fiel mir auf‘ – sind keineswegs eigenständige Beiträge, da es sich um eine reine Aneinanderkettung von verschiedenen Zitaten aus unterschiedlichen Quellen handelt. Eine Kommentierung findet dabei kaum statt. Die Zitate bieten einen Querschnitt der Meinungen und Themen von MUT. Dabei reichen sie von der schlechten Situation der Kinder in der Bundesrepublik, die von ihren berufstäti-
722
Jäde, Henning: Der Stammtisch und das Grundgesetz. in: MUT (74) Oktober 1973, S. 20. [im Original fett gedruckt] 723 Jäde, Henning: Alibi-Zwänge. in: MUT (72) August 1973, S. 38. [im Original fett gedruckt] 724 Jäde, Henning: Wiederherstellung der nationalen Selbstachtung. in: MUT (7) Oktober 1966, S. 8. 725 Vgl. Jäde, Henning: Die Wehr-Neurose. in: MUT (14) Januar 1968, S. 8f. 726 Biographische Angaben liegen der Verfasserin nicht vor. Nachfragen beim Herausgeber blieben erfolglos. 727 Vgl. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (135) November 1978, S. 38f. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (136) Dezember 1978, S. 45-47. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (137) Januar 1979, S. 18.
145
gen Eltern vernachlässigt und von den Massenmedien manipuliert werden728, über eine außergewöhnlich hohe Kriminalitätsrate unter ausländischen Minderjährigen in Deutschland729 bei einem zeitgleich stattfindenden Verbrechen an jenen Kindern: Integration in die bundesrepublikanische Gesellschaft730, bis hin zu den immer wiederkehrenden Verschwörungstheorien gegenüber dem deutschen Volk und seiner Geschichte731. Eine erhöhte Gefahr erkennt er in der sozialen Entwurzelung und des zunehmenden Materialismus in dessen Folge sich Jugendliche Sekten zuwenden. Die Lösung liegt für ihn bei den nationalen Deutschen.732 „Die Jugend braucht Ziele, Gefühl, das ‚Wir’ und Begeisterung! Der ärgste Feind der Jugend ist daher der Materialismus und seine schlimmste Ausformung, der Marxismus. Die Salzsäure des Materialismus, die Löcher in die Seelen junger Menschen brennt, ist nicht mit Duftwasser zu bezwingen. Wir nationalen Deutschen bieten der Jugend eine grundlegende Alternative an: Wir wollen den Materialismus überwinden durch die tätige Mitmenschlichkeit. Wir bieten an die Gemeinschaft des Volkes, ohne Klassenhaß, ohne menschenverachtenden Materialismus. Wir kämpfen ohne Sold und begeistert für die Idee ‚Vaterland’.“733
Nach Steinmark ist nicht nur der Materialismus für die schlechte Situation verantwortlich, auch die großen „Schallplattenbosse“734, die die Jugend zu fremdbestimmten und manipulierbaren Wesen erziehen.735 Ein weiteres sich durch seine Artikel ziehendes Thema ist die Integration von Ausländern, die er u.a. als eine Art von Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet. Daneben wartet er mit einer Umfrage auf, nach der sich die Bundesregierung gegen den Willen der Bevölkerung für die Integration entschieden hat und nicht für eine – von Steinmark bevorzugte – Rückführung der Gastarbeiter in ihre Heimatländer.736 Intensiv widmet er sich dem so genannten kriminellen Führungsstil der verschiedenen Bundesregierungen. Zunächst ist im März 1979 von einer Diffamierungskampagne gegen nationale Deutsche die Rede. Ausgelöst wurde sie durch antisemitische Schmierereien, die – wie sich später herausstellte – ein V-Mann 728
Vgl. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (135) November 1978, S. 38. Vgl. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (136) Dezember 1978, S. 46. Vgl. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (137) Januar 1979, S. 18. 731 Vgl. Steinmark, Armin: Das fiel mir auf. in: MUT (135) November 1978, S. 38. 732 Vgl. Steinmark, Armin: Loch in der Seele. Die neuen Jugendsekten und der Materialismus, in: MUT (138) Februar 1979, S. 27-34. 733 Ebd., S. 34. [im Original fett gedruckt] 734 Steinmark, Armin: Für das Selbstbestimmungsrecht der Jugend. in: MUT (140) April 1979, S. 27. 735 Vgl. ebd., S. 27f. Steinmark, Armin: Disco-Musik-Maschinen-„Kultur“. in: MUT (147) November 1979, S. 35-39. 736 Vgl. Steinmark, Armin: Herrschende Ausländerpolitik – Verbrechen gegen die Menschlichkeit. in: MUT (142) Juni 1979, S. 40-42. 729 730
146
des Verfassungsschutzes durchführte oder in einem anderen Fall der KGB. Die Gründe sieht Steinmark in der besseren Durchsetzbarkeit der Ostverträge sowie zur Rechtfertigung von Wiedergutmachungszahlungen.737 Eine besondere Schuld der Bundesregierung erkennt er in den Bereichen Energiepolitik und Umweltschutz. Seiner Meinung nach ist die Bundesrepublik grundlos in die Abhängigkeit von den so genannten Öl-Multis geraten, die sowohl für die Versorgung Deutschlands mit Erdöl als auch mit Uran verantwortlich zeichnen. Wäre aber der deutsche Kohlebergbau nicht sträflich reduziert worden, so könnte die Bundesrepublik immer noch im Energiesektor autark sein und müsste sich nicht von der Atomenergie abhängig machen.738 Im Bereich der Umweltverschmutzung und zunehmenden ‚Betonisierung‘ sieht er im Ausbau des Nahverkehrs sowie in der Reduzierung des CO2-Ausstoßes – wie es von den Nationalen propagiert wird – eine Chance, die drohenden Folgen noch abzuwenden. Jedoch müsste sich dafür eine Änderung des Regierungsstils einstellen, die nur durch die Nationalen zu erreichen wäre, da er der amtierenden Bundesregierung u.a. Korruption unterstellt739: „Fehlen einerseits die selbstregulierenden Mechanismen wie etwa Verantwortungsgefühl gegenüber dem Volksganzen, so mangelt es andererseits auch am Durchsetzungsvermögen des Staates. Nur allzu oft sind die Herrschenden im Staat wegen Verfilzung mit den kapitalistischen Wachstumspredigern und Umweltvernichtern nicht gewillt, Gesetze und Verordnungen zum Umweltschutz zu schaffen, oder auch nur bestehende mit der nötigen Härte durchzusetzen.“740 Kennzeichnend für Steinmarks Beiträge ist die Darstellung der Zielvorstellungen der so genannten nationalen Deutschen mit denen er mehrheitlich seine Artikel beschließt.741 Auffällig ist: Steinmark widmet sich jedem der häufiger in MUT vertretenen Themen. Eine Präferenz für ein spezielles Sujet gibt es für ihn nicht – im Gegensatz zu den anderen Autoren. Christian Erdmann742: Erdmann verfasste neun Artikel im Jahr 1979. Charakteristisch für seine Beiträge ist die hohe Anzahl von Zitaten mit denen er seine Texte füllt. Zum Teil reiht er ein Zitat an das nächste und verbindet diese lediglich mit ein bis zwei eigenen Sätzen, wie zum Beispiel in Heft 138743. Gänzlich ad absurdum wird Erdmanns Tätigkeit als Autor geführt, wenn er ganze Textabschnitte aus seinen Beiträgen kopiert und sie für seinen Text einige Aus737
Vgl. Steinmark, Armin: Hitler darf nicht sterben … in: MUT (139) März 1979, S. 24f. Vgl. Steinmark, Armin: Deutschland braucht seine Kohle. in: MUT (143) Juli 1979, S. 13-19. Vgl. Steinmark, Armin: „Tendenziell unmenschlich“ in: MUT (144) August 1979, S. 20-25. 740 Ebd., S. 25. 741 Vgl. hierzu u.a. Steinmark, Armin: Deutschland braucht seine Kohle. in: MUT (143) Juli 1979, S. 19. Steinmark, Armin: Disco-Musik-Maschinen-„Kultur“. in: MUT (147) November 1979, S. 39. 742 Biographische Angaben liegen der Verfasserin nicht vor. Nachfragen bei Wintzek blieben ergebnislos. 743 Vgl. Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 39-42. 738 739
147
gaben später wieder verwendet, wie z.B. in den Heften 20 und 29 geschehen. Seine Beiträge reichen von der Fernsehdokumentation ‚Holocaust‘744 über die deutsche Frage745 bis zu Artikeln über Umweltzerstörungen und Naturkatastrophen746. Zunächst widmet sich Erdmann in seinen ersten beiden Artikeln747 der Fernsehserie ‚Holocaust‘, die er für unnötig hält, welche nur alte Wunden in der deutschen Bevölkerung, besonders zwischen der älteren und jüngeren Generation, aufreißt. „Nun also ist der Fernseh-‚Holocaust’ zwar überstanden, aber die jetzt folgenden rückwärtsgewandten Diskussionen über die ‚deutschen Verbrechen in der Vergangenheit’ werden den Blick für die mörderischen Verbrechen in der Gegenwart bei uns Deutschen wieder einmal trüben, sie werden auch kaum Raum zum ernsthaften Nachdenken über eine friedvollere, gerechtere und menschenwürdigere Zukunft lassen.“748
Die Holocaust-Serie beurteilt Erdmann als ein Mittel zur Neubelebung der Diskussion um die Verjährungsfrist von NS-Verbrechen. Darin nimmt er die Position der Verjährungsbefürworter ein und argumentiert mit dem Abdruck verschiedener Zitate, die seine Meinung stützen sollen, die jedoch keine Argumente für eine Verjährungsfrist aufführen, sondern lediglich darauf verweisen: Die Sowjetunion z.B. betreibe keine so genannte Vergangenheitsbewältigung und auch keiner ihrer Bürger würde für an der deutschen Bevölkerung begangene Kriegsverbrechen bestraft.749 Ohnehin wird die Aufhebung der Verjährungsfrist lediglich angestrebt, um weitere finanzielle Entschädigungen durch die Bundesrepublik rechtfertigen zu können, so Erdmann weiter. „Nur, den politischen und materiellen Nutzen von jedem weiteren NS-Prozeß haben jene, die mit den tatsächlichen oder angeblichen deutschen Verbrechen der Vergangenheit, das größte Verbrechen der Gegenwart, nämlich die Zerteilung unseres Vaterlandes und die finanziellen Milliarden-Leistungen unseres Volkes bis weit über das Jahr 2000 hinaus, zu rechtfertigen versuchen werden.“750 Auch sein zweiter Artikel vom März 1979 hat die Holocaust-Serie zum Inhalt. Hier handelt es sich um eine Sammlung verschiedener Zitate, die in erster Linie darauf verweisen: Sowohl die USA als auch die Sowjetunion haben unzählige Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen begangen und begehen sie weiter, u.a. an der deutschen Bevölkerung, 744
Vgl. ebd., S. 39-42. Erdmann, Christian: Der „deutsche Disput“. in: MUT (139) März 1979, S. 2738. Vgl. Erdmann, Christian: Deutschland und Europa. in: MUT (142) Juni 1979, S. 15-21. 746 Vgl. Erdmann, Christian: Tanz auf dem Vulkan. in: MUT (145) September 1979, S. 21-38. 747 Vgl. Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 39-42. Erdmann, Christian: Der „deutsche Disput“. in: MUT (139) März 1979, S. 27-38. 748 Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 39. 749 Vgl. ebd., S. 40ff. 750 Ebd., S. 42. 745
148
die hierfür nicht zur Verantwortung gezogen werden. Um diesen Meinungen mehr Gewicht zu verleihen, betont Erdmann häufig die nichtdeutsche Abstammung der Verfasser der von ihm abgedruckten (u.a. aus dem ‚Philadelphia Inquirer‘ oder ‚The Atlantic Monthly‘) Leserbriefe, etwa: „Wir Amerikaner haben hierzulande keine Probleme mit Verjährung von Kriegsverbrechen. Denn Verbrecher sind und können nur Deutsche sein. Aus diesem Grunde zeigt man uns keine Filme über amerikanischen ‚Holocaust’. Als die Massenmorde an Zivilisten in Vietnam bekannt wurden, inszenierte man eine Gerichtskomödie gegen den schwachsinnigen Oberstleutnant William Calley (der nach einigen Monaten wieder auf freien Fuß gesetzt wurde), um der Welt zu zeigen, daß es in Amerika auch ‚Justiz’ gäbe.“751
Die Ökologie – ein anderer Schwerpunkt seiner Beiträge – stellt er infolge der zunehmenden Technisierung der Menschheit in einem dramatischen Bild dar, mit schwerwiegenden Folgen für die Erdbevölkerung. Für Erdmann gibt es zwei Bedrohungen: erstens die zunehmende Überproduktion von Lebensmitteln durch eine verfehlte EU-Agrarpolitik.752 Zweitens die vermehrt auftretenden Naturkatastrophen – von Menschenhand verursacht – werden zu einem Aussterben der menschlichen Rasse führen. Er tritt daher für parteiübergreifende Lösungen ein.753 Daran anlehnend plädiert Erdmann im Mai 1979 für eine Neujustierung westlicher Demokratien, die sich der zunehmenden technisierten Welt anpassen. Er spricht sich für die Anwendung von Plebisziten in der Bundesrepublik aus. „Unabhängig von den demokratischen Verfassungen der ‚westlichen Welt’, die zum Teil eine lange und ehrenvolle Tradition aufzuweisen haben, muß an der Schwelle zum dritten Jahrtausend unserer Zeitrechnung angesichts der atemberaubenden technischen und ökologischen Entwicklung unseres Raumschiffes Erde über die Möglichkeit des Fortbestandes und des Ausbaus lebendiger, demokratischer Staatsordnungen nachgedacht werden.“754 Ein Großteil dieses Beitrages – zur Unterstützung seiner Argumentationsführung – besteht aus Auszügen des Werkes ‚Der Untergang des Abendlandes‘ von Oswald Spengler.755 Im Juni 1979 erkennt er Anzeichen für eine mögliche deutsche Einheit, die er in erster Linie auf die Aussage der chinesischen Regierung, die Vereinigung beider deutscher Staaten zu befürworten, zurückführt. Aber ebenso in verschiedenen europäischen Zeitungskommentaren will Erdmann Belege für eine baldige
751
Erdmann, Christian: Der „deutsche Disput“. in: MUT (139) März 1979, S. 29. [Hervorhebung im Original] 752 Vgl. Erdmann, Christian: Getreide: Urkraft des Lebens. in MUT (144) August 1979, S. 8-14. 753 Vgl. Erdmann, Christian: Tanz auf dem Vulkan. in: MUT (145) September 1979, S. 21- 38. 754 Erdmann, Christian: Demokratie in der Krise? in: MUT (141) Mai 1979, S. 34. [im Original fett gedruckt] 755 Vgl. Ebd., S. 30-42.
149
deutsche Einheit konstatieren.756 Andere Beiträge enthalten seine Meinung zur zunehmenden Verwahrlosung der deutschen Jugend757 oder seine Thesen zu den Ursachen der zweiten Ölkrise, die er in einem Komplott der Mineralölkonzerne sieht, um einerseits die Bevölkerungen durch hohe Ölpreise – nach dem Störfall in der Atomanlage in Harrisburg – wieder an die Vorzüge der Atomenergie zu erinnern. Andererseits würden sie durch eine Erhöhung des Erdölpreises höhere Renditen erwirtschaften, die sie für den Ausbau der Schwerölförderung dringend benötigten, um hierdurch wiederum die Menschheit länger ans Erdöl binden zu können.758 Erdmanns umfangreiche Beiträge sehen die Menschheit wie auch die Erde dem Untergang geweiht, sofern nicht ein Mentalitätswandel bei allen Parteien eintritt. Ihm ist in MUT das Ökologie-Thema vorbehalten. Seine Artikel verweisen daneben auch immer wieder auf Verschwörungen hin. Kurt-Peter Rhein759: Rhein schrieb in der ersten Phase neun Artikel (von 1974 bis 1978), die selten mehr als eine Seite umfassten. Er beschäftigt sich überwiegend mit der SPD auf Bundes- wie auf Landesebene. Lediglich der Beitrag aus dem März-Heft 1978760 zu Chile fällt inhaltlich aus dem Rahmen. Grundsätzlicher Tenor seiner Texte ist die ablehnende Haltung der sozialliberalen Koalition bzw. Politik sowie des Marxismus bzw. Kommunismus, den er fortwährend den deutschen Sozialdemokraten unterstellt. So attackiert Rhein Willy Brandt und Herbert Wehner: Im Januar-Heft 1977761 greift er Brandt für seine Wahl zum Vorsitzenden der Sozialistischen Internationalen an. Da Helmut Schmidt erklärte, die Beschlüsse der Sozialistischen Internationalen abzulehnen, sieht Rhein hierin einen Beweis für eine „von Marxisten häufig praktizierten Doppelstrategie: Während SPD-Schmidt sich durchweg den stark verbürgerlichten Arbeitermassen der westdeutschen Republik als Symbolfigur eines marktwirtschaftlich orientierten Wirtschafts- und Staatssystems offeriert, bietet sich SPD-Brandt gleichzeitig der Internationalen als Wegbereiter eines nach den Prinzipien des Kollektivismus und des marxistischen Funktionärssystems aufgebauten Europas der Zukunft an.“762 Für besonders heuchlerisch empfindet er die Diskussion um die NS-Vergangenheit des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Filbinger, die nach Rhein nur deswegen geführt wird, weil Filbinger nicht der SPD angehört. Als Beweise für seine Behauptung erwähnt er die Le-
756
Vgl. Erdmann, Christian: Deutschland und Europa. in: MUT (142) Juni 1979, S. 15-21. Vgl. Erdmann, Christian: Zügellosigkeit statt Freiheit. in: MUT (140) April 1979, S. 18-21. 758 Vgl. Erdmann, Christian: Die letzte Ölung? in: MUT (143) Juli 1979, S. 8-12. 759 Biographische Angaben liegen der Verfasserin über Rhein nicht vor. Nachfragen beim Herausgeber blieben ergebnislos. 760 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: Chile in der Zange der Insider. in: MUT (127) März 1978, S. 35f. 761 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: Wenn Sozis sich die Arbeit teilen. in: MUT (113) Januar 1977, S. 23. 762 Ebd., S. 23. 757
150
bensläufe von Brandt und Wehner und bemerkt: „Was ist gegen sie alle der Herr Dr. Filbinger? Ein kleines Licht.“763. In der nordrhein-westfälischen SPD-Schulreform und der damit verbundenen Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems sieht er eine verfehlte Politik, die einzig und allein der „Kasernierung“764 und Indoktrination der Jugendlichen gilt.765 Sowohl im Oktober- als auch im November-Heft 1978 widmet er sich den Forderungen der Gewerkschaften; zunächst beschreibt er in ironischer und wenig realitätsnaher Weise die Folgen einer Abschaffung von Schichtarbeit.766 Im November-Heft geht er dann auf verschiedene Preissteigerungen und Gebührenerhöhungen für 1979 ein, die jedoch durch den Abschluss von neuen Tarifverträgen wieder aufgehoben würden. Er wirft den Gewerkschaften vor, den Bürgern die regelmäßigen Preiserhöhungen für Konsumgüter infolge von Lohnerhöhungen zu verheimlichen. Für ihn ist die von Brandt versprochene höhere Lebensqualität nicht verwirklicht.767 Im März 1978 wendet er sich einem in Chile durchgeführten Referendum zu, welche westdeutsche Medien als Farce betiteln. Nach Rhein – unter Bezugnahme auf das Buch ‚Die Insider‘ von Gary Allen – werden national regierte Staaten bewusst in der internationalen Presse diffamiert und von politischer Seite boykottiert, weil sie sich in den meisten Fällen aus dem ‚amerikanischen Hochfinanzsystem‘ gelöst haben und mit den sogenannten ‚Insidern‘ – Allen versteht unter ihnen u.a. Rothschild, Rockefeller, Goldmann – keine wirtschaftlichen Verbindungen unterhalten. Als Beispiele nennt er die Staaten Südafrika, Rhodesien, Spanien unter Franco oder das Dritte Reich. Auf Menschenrechtsverletzungen, gewaltsamer Unterdrückung der Bevölkerung oder andere Gründe, die zu den Boykottmaßnahmen der genannten Nationen führten, geht Rhein nicht ein.768 Die im Stil von Kommentaren verfassten Artikel weisen eine starke antikommunistische und anti-sozialdemokratische Richtung auf. Rhein sympathisiert mit rechten Diktaturen, die durch internationale Verschwörungen diffamiert werden. Bei der Thematik der Verschwörungstheorien fungieren in MUT die Beiträge von Erdmann als Ergänzungen und Vertiefungen zu denen von Rhein. Jürgen Hahn-Butry: Der Dichter und Publizist Hahn-Butry wurde am 7. Juli 1899 als Sohn des konservativen Reichstagsabgeordneten und Direktors des 763
Rhein, Kurt-Peter: Das richtige Parteibuch macht’s! in: MUT (131) Juli 1978, S. 36. Rhein, Kurt-Peter: Marxistische Totgeburt: die „Ko-op-Schule“. in: MUT (116) April 1977, S. 15. 765 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: Marxistische Totgeburt: die „Ko-op-Schule“. in: MUT (116) April 1977, S. 15. 766 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: Na dann, gute Nacht! in: MUT (134) Oktober 1978, S. 34. 767 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: „Lebensqualität“. in: MUT (135) November 1978, S. 40. 768 Vgl. Rhein, Kurt-Peter: Chile in der Zange der Insider. in: MUT (127) März 1978, S. 35. 764
151
Bundes der Landwirte Dr. Diederich Hahn geboren. Er nahm sowohl am Ersten als auch am Zweiten Weltkrieg teil. Seine erste Publikation erschien bereits 1917.769 Hahn-Butry war Gründer der Autorenvereinigung ‚Mannschaft‘, die sich Anfang der 1930er Jahre konstituierte und ein Sammelbecken bildete, in dem Autoren über ihre Fronterlebnisse zwischen 1914 und 1918 schrieben. „Das rapide Wachstum der Gruppe war auf die publizistischen und politischen Aktivitäten vor allem des Gründers [Hahn-Butry] zurückzuführen. 1936 gab er die erste Anthologie heraus. ‚Die Mannschaft. Frontsoldaten erzählen vom Frontalltag’ wurde, so Hahn-Butry, von Partei, Wehrmacht und Staat prämiert, der Reichsarbeitsdienst ließ eine Sonderausgabe drucken. Noch im selben Jahr folgte der zweite, 1937 der dritte und 1938 der vierte Band. (…) Die Ereignisse werden heroisch mythisiert. Der Soldat ficht einen einsamen Kampf in oft aussichtsloser Lage, an der weniger der Feind als die verräterische, den ‚Dolchstoß’ gebende Heimat – so das zentrale Ideologem – schuld ist.“770
Auf Initiative Hahn-Butrys gliederte sich die ‚Mannschaft‘ an den Nationalsozialistischen Kriegsopferbund (NSKOB) an und öffnete sich jüngeren Frontdichtern. Daraufhin wurde SA-Standartenführer Otto Paust zum Führer der ‚Mannschaft‘ ernannt und Hahn-Butry zu seinem Stellvertreter. Die Autorenvereinigung sah sich als die zentrale Vertretung aller Frontdichter; dieser Anspruch wurde von Adolf Hitler geduldet. Im Rahmen des Reichs-Frontdichter-Treffens vom 13./14. Juni 1938 wurde der ‚Mannschaft‘ das Schloss Buderose als Frontdichterheim übergeben. Ein „singulärer Vorgang im NS-Literaturbetrieb. Keine andere Autorenvereinigung wurde derart ausgezeichnet.“771 Die Schirmherrschaft über Schloss Buderose übernahm Alfred Rosenberg. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gründete Hahn-Butry die Publikationen ‚Das AfrikaBulletin‘, den ‚Afrika-Schnellbrief‘ sowie ‚Die europäische Sicht‘, in dessen Rahmen er Ost- und Westafrika bereiste. Bereits 1966 verkaufte er die Afrika betreffenden Publikationen an den Berto-Verlag.772 Den Informationsdienst ‚Die Europäische Sicht‘ betreute er bis zu seinem Tod als Herausgeber. Hahn-Butry starb am 15. Februar 1977, nachdem ihn ein Auto auf dem Bürgersteig vor seinem Haus in Hersel bei Bonn überfahren hatte.773 In der ersten Phase veröffentlicht Hahn-Butry acht Beiträge zu verschiedenen Thematiken, die zum einen außenpolitisch und zum anderen staatskritisch 769
Vgl. MUT (18) Dezember 1968, S. 11. Plath, Jörg: Das „Haus der deutschen Frontdichter“ in Buderose bei Guben. in: Walther, Peter (Hrsg.): Die Dritte Front. Literatur in Brandenburg 1930 – 1950, Berlin 2004, S. 34f. 771 Ebd., S. 37. 772 Vgl. MUT (18) Dezember 1968, S. 11. [o.A.] 773 Vgl. Badendieck, Friedrich Carl: Zum Tode Jürgen Hahn-Butrys. Er gründete den beachtlichen Informationsdienst „Europäische Sicht“, in: Akademische Blätter: Zeitschrift des Verbandes der Vereine Deutscher Studenten (Kyffhäuserverband) (79) 1977, S. 27. 770
152
orientiert sind. Die Bundesrepublik Deutschland sieht er 1969 in einem vorrevolutionärem Stadium: Die APO konnte unter den Augen des Bundesinnenministers Benda ungestört Medien, Staat und Justiz unterwandern und auf den Straßen revolutionäre Zustände herstellen. Gefährdet wird die bundesrepublikanische Demokratie nach Hahn-Butry nicht durch den „linken Terror“774, sondern durch die Unfähigkeit der Staatstragenden.775 Dieses erkennt er nicht zuletzt in den Zuständen innerhalb der Bundeswehr. Nicht nur das die Bundeswehr unfähig wäre, die Bundesrepublik gegen die Armeen des Warschauer Paktes zu verteidigen, ihre Soldaten sind zusätzlich von einer Einstellung der Staatsverdrossenheit geprägt. Daran ist nach Hahn-Butrys Analyse wiederum die bundesrepublikanische Wehrpolitik verantwortlich, welches u.a. durch die Instanz des Wehrbeauftragten zum Ausdruck kommt. Er schreibt: „Anschließend wurde dann das Amt des ‚Wehrbeauftragten des Bundestages’ geschaffen, das in der Theorie Mißstände in der Truppe durch unmittelbare Beschwerde an den Parlamentsbeauftragten abschaffen sollte, in der Praxis jedoch sehr oft zu einem Instrument der Disziplinlosigkeit in der Truppe wurde.“776 In dieses Schema passt für ihn das „unwürdige Gedenken“777 anlässlich des Volkstrauertages an die toten deutschen Soldaten als „‚sinnlos Geopferte’“778 und nicht als Helden. Hahn-Butry würde sich darüber hinaus eine größere Opferbereitschaft der Deutschen bezüglich der deutschen Einheit wünschen. Ein Vorbild hierfür meint er im nordirischen Nationalismus zu erkennen: „Erstmals in der blutigen Geschichte der irischen Insel ist jetzt die reale Chance für eine Wiedervereinigung gekommen. Das ist für irische Patrioten wichtiger als alle Blutverluste, die von ihnen als selbstverständliche Opfer für das Land betrachtet werden. Für uns Bundesdeutsche, für die in diesen Tagen die Wiedervereinigungschance in immer fernere Zukunft rückt, wenn nicht sogar unmöglich wird, sollte die Entwicklung der irischen Situation von beschämender Beispielhaftigkeit sein.“779
Unter dem Titel ‚Das wahre Gesicht Schwarz-Afrikas‘ versucht sich Hahn-Butry im Juni 1969 an einem Überblick der derzeitigen politischen Situation Afrikas. Er versteht in der Entkolonialisierungspolitik eine Maßnahme, die zu früh voll-
774
Hahn-Butry, Jürgen: Hat die Revolution in Deutschland schon begonnen? in: MUT (24) August 1969, S. 25. Vgl. ebd., S. 23ff. 776 Hahn-Butry, Jürgen: Staatsverdrossenheit in der Bundeswehr? in: MUT (18) Dezember 1968, S. 6. 777 Hahn-Butry, Jürgen: Unwürdiges Gedenken unserer Gefallenen. in: MUT (28) Dezember 1969, S. 18. 778 Ebd. 779 Hahn-Butry, Jürgen: Die irische Wiedervereinigung im Rampenlicht. in: MUT (55) März 1972, S. 8. 775
153
zogen wurde und damit die Lebenssituation für die Mehrzahl der Afrikaner lediglich verschlechterte. „Mit dem Ende der Kolonialverwaltung setzte in Schwarzafrika erneut eine Entwicklung ein, die in seiner Geschichte eigentlich nur durch die Kolonialherrschaft unterbrochen war: Der fanatische Kampf der einzelnen Stämme untereinander.“780
In diesem Sinne bewertet er die Apartheid positiv, die den „schwarzen Südafrikanern in eigenen geschlossenen Siedlungs-Großgebieten ein besseres und gesicherteres Leben bietet, als irgendeiner der neuen Staaten des Kontinents.“781 Trotz der vielfachen Erwähnung seiner guten persönlichen Beziehungen zu afrikanischen Diplomaten tritt in seinen Texten ein unterschwelliger Rassismus zu Tage, insbesondere hinsichtlich der Entkolonialisierung, die für die afrikanischen Staaten keineswegs von Vorteil war. Wenngleich seine Reisen nach Afrika vordergründig kulturelle Offenheit suggerieren, so ist er dennoch eurozentristisch orientiert. Innerhalb der MUT-Autorenschaft gehört Hahn-Butry zu den älteren Autoren, die der Zeitschrift einen höheren Grad an Seriosität und Reputation verleihen sollen. Mit Blick auf die Zielgruppe und die Ausrichtung als Jugendmagazin erscheint das hohe Alter – immerhin ist er bei seinem ersten Beitrag für MUT bereits 69 Jahre alt – kurios, zumal er nicht der einzige Autor über 50 Jahre ist. Vielfach verweist er auf seine Weltläufigkeit – mehrere Reisen nach Afrika, Freunde im diplomatischen Korps –, mit dem Ziel, seinen Artikeln mehr Gewicht und Bedeutung zu geben. Die MUT-Redaktion stellt Hahn-Butry ihren Lesern als eine der „bekanntesten Persönlichkeiten auf dem ‚Bonner Parket’“782 mit guten Beziehungen zu ausländischen Diplomaten vor. Diese bewundernde bis stolze Einführung Hahn-Butrys ist insofern erstaunlich, da sich MUT ansonsten um Distanz und bisweilen starke Abgrenzung zum Bonner Establishment bemüht. Dennoch repräsentieren seine Beiträge keineswegs die bundesrepublikanische Gesellschaft, sie stehen dieser eher kritisch bis ablehnend gegenüber. Speziell seine Artikel zur Bundeswehr und Opferbereitschaft zeigen seine Verhaftung in den Werten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
780
Hahn-Butry, Jürgen: Das wahre Gesicht Schwarz-Afrikas. in: MUT (22) Juni 1969, S. 21. Ebd., S. 20. 782 Hahn-Butry, Jürgen: Staatsverdrossenheit in der Bundeswehr? in: MUT (18) Dezember 1968, S. 11. 781
154
4.3 Inhaltsanalyse 4.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus Haltung zum Nationalsozialismus: Die Haltung von MUT zum Nationalsozialismus stellt sich überwiegend positiv dar. Es wird zwar nicht offen für eine Erneuerung des Dritten Reiches plädiert, aber eine Verurteilung oder negative Bewertung der Zeit ab der Machtergreifung Hitlers 1933 findet ebenfalls nicht statt. Hertel vertritt sogar die Auffassung, wonach auch die Alliierten mittlerweile verstanden haben, dass es besser gewesen wäre, Stalin zu bekämpfen als Hitler: „Zu spät, seine [Churchills] Fähigkeit vorauszuschauen, war 1918 genauso unterentwickelt wie 1945, als er – wieder einmal zu spät – erkannte, daß man das ‚falsche Schwein geschlachtet’ hatte.“783 Aber nicht nur hier kommt es zu einer Verherrlichung der Person Hitlers und des Dritten Reiches. Insbesondere die nationalsozialistischen Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise werden lobend erwähnt und als Vorbilder für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Bundesrepublik gepriesen. Denn anders als die Bundesrepublik heute, hatte es Hitler wesentlich schwieriger, da er auf sich alleine gestellt war und nicht auf ausländische Hilfe zählen konnte, wie Hertel ausführt. „Im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit konnte Hitler nicht, wie die Lenker der Bundesrepublik, mit Unterstützung von draußen rechnen. Er konnte sich nur auf die Kraft des eigenen Volkes verlassen.“784 Für Hertel stehen die Erfolge der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik außer Frage; Kritik lässt er nicht gelten. Denn diese ist ohnehin nur von Unkenntnis und unsinnigen Vorurteilen geprägt, wie er im August 1977 schreibt: „Auch die fanatischsten Gegner Hitlers bestreiten nicht, daß er die Arbeitslosigkeit besiegt hat. Sie bemühen sich nur, diesen Erfolg herabzusetzen und verbreiten die dümmsten Vorurteile. An der Spitze steht die Behauptung, daß damals die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Rüstung allein ausschlaggebend waren und daß auch der Bau der Reichsautobahn nur der Kriegsvorbereitung gedient habe. (…) Arbeitsplätze zu schaffen, kostet Geld. Man muß es an der richtigen Stelle investieren, aber auch hier kann man von der Hitler-Zeit lernen.“785
Neben der Verherrlichung des Nationalsozialismus kommt es in MUT zur Relativierung, Verharmlosung oder auch der Negierung von NS-Verbrechen. Erdmann arbeitet beispielsweise mit dem Abdruck verschiedener Zitate, die er nur 783
Hertel, Hans: Zweige Wege – EIN Ziel. in: MUT (135) November 1978, S. 14. Hertel, Hans: So machte es Hitler. Arbeit für 7 Millionen Erwerbslose, in: MUT (120) August 1977, S. 10. [im Original fett gedruckt] 785 Ebd., S. 10 und 14. 784
155
sporadisch kommentiert und ansonsten selbstständig wirken lässt. Um einer ganzen Generation einen Persilschein auszustellen, zitiert Erdmann einen Angeklagten bei den Nürnberger Prozessen: „SS-Brigadeführer Otto Ohlendorf: ‚Und so ist meine Bitte, daß das Gericht in seinen Erwägungen bei der Urteilsfindung unterstellen möchte, daß die hier Angeklagten in geschichtliche Entwicklungen einbezogen waren, die sie nicht primär verursachten und die sich unabhängig von ihrem Willen vollzogen.’“786 Das Prinzip der Verantwortung des Individuums, welches für seine Entscheidungen selber schuldhaft ist, wird hier ad absurdum geführt. Des Öfteren verwendet Erdmann Zitate aus Leserbriefen. Den Grundtenor bilden Aussagen, nach denen Verbrechen an Deutschen, insbesondere durch polnische oder russische Soldaten, mit dem Ziel der Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen und einer – vermeintlichen – Verschwörung gegen das deutsche Volk verheimlicht werden, um dieses weiterhin erpressbar zu halten. Ein Beispiel: „Interessant wäre es nur, die unterschiedlichen Reaktionen der einzelnen Regierungen oder Machthaber zu testen, wenn im Jahre 1979 zum Beispiel ein Deutscher aus der Bundesrepublik Mordtaten aus der Zeit der Kapitulation oder kurz danach zur Anzeige bringen würde. Mordtaten, die fremde Staatsbürger an deutschen Menschen begangen haben. Ich zum Beispiel habe am 11. Mai 1945 einen Mord miterlebt, der mit Sicherheit ungesühnt geblieben ist und bleiben wird.“787
Insbesondere die Fernsehserie ‚Holocaust‘ gilt in den Augen von MUT als propagandistisches Mittel zur Erpressung der Bundesrepublik, deren Inhalt ohnehin auf Unwahrheiten beruht und leider nur von wenigen Ausländern und Deutschen durchschaut wird. „Ihre kritische Stellungnahme zu diesem schmutzigen Betrug, dem ‚Holocaust’-Film, ist begrüßenswert. Er ist ein niederträchtiges und heimtückisches Machwerk, um das deutsche Volk zu diffamieren und im Schuldturm erpreßbar zu halten. Ich bewundere jene naiven und stupiden Deutschen, die diese plumpen Machenschaften noch nicht begriffen haben.“788
Zudem erkennt MUT keinen Sinn in Dokumentationen wie ‚Holocaust‘, da „mit Machwerken wie ‚Holocaust’, (…) jedenfalls keine bessere Zukunft zu gewinnen“789 ist. Hertel geht noch einen Schritt weiter und behauptet, die Erfindung des Begriffs ‚Holocaust‘ erfolgte lediglich mit dem Ziel, das deutsche Volk
786
Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 40. Ebd., S. 41. Erdmann, Christian: Der „deutsche Disput“. in: MUT (139) März 1979, S. 28. 789 Wintzek, Bernhard C.: Verdammt in alle Ewigkeit? in: MUT (139) März 1979, S. 14. [im Original fett gedruckt] 787 788
156
fortwährend anklagen zu können und von eigenen Verbrechen gegen die Menschheit abzulenken. „In den USA hat man jetzt den Begriff ‚holocaust’ erfunden, und unter diese Bezeichnung beginnt das Jahr 1979 mit einer weltweiten Anklage, nicht gegen die Menschheit oder die Fehlleistungen in der bisherigen Weltgeschichte, sondern ausschließlich gegen uns Deutsche. Diese Eingrenzung geht nicht nur am eigentlichen Problem vorbei, sie berechtigt auch den mißtrauischen Verdacht, daß durch diese Aktion keine Abkehr von den bisher üblichen Methoden der Gewalt und eine Hinwendung zur Humanisierung der Welt geplant ist, sondern ausschließlich eine Verteufelung der Deutschen im Ansehen der Welt. Im Namen Deutschlands begangenes Unrecht soll offenbar bis zum Weltuntergang immer wieder aus der Vergessenheit gezogen werden, um eigene Schuld vergessen zu machen.“790
Hauptsächlich argumentieren die MUT-Autoren, vor allem Hertel zu diesem Thema: Mit der andauernden Rückbesinnung auf den Holocaust soll lediglich das deutsche Volk angeklagt werden, aber für eine bessere Welt tun sie nichts: „Ein Film ‚Holocaust’ wäre ein gutes Werk, wenn er alle unmoralische Gewaltanwendung in der ganzen Welt darstellen würde. Dann wäre es ein Aufruf, die Welt zu verbessern. Eine einseitige Anklage reißt die Narben wieder auf, die über alle Wunden gewachsen sind.“791 Oder: „‚Holocaust’ geht weiter, auch nach Hitler und ohne die Deutschen. Und nun werden wir einen Film erleben, der an Einseitigkeit nicht zu überbieten ist. (…) Was ist nun wichtiger, Schuld der Vergangenheit immer wieder aufzurollen oder gegenwärtig angewandte Gewalt anzuprangern? Wer gegenüber den Gewaltverbrechern von heute feige ist, wird nicht mutig, wenn er den toten Hitler anklagt.“792
Das ‚Eintreten‘ für eine humanere Welt ohne Gewaltanwendung klingt besonders zynisch, wenn es mit Hertels Aussagen zur Anwendung von Gewalt verglichen wird: „Gewalt an sich ist also weder gut noch schlecht, auf die Anwendung kommt es an.“793 Die wiederholten Verweise auf die Verbrechen anderer Staaten sind einzig zur Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen gedacht und stellen in keiner Weise eine ehrliche Absicht zur Befriedung der Menschheit dar. Der Richtigstellung konkreter Kriegsverbrechen widmet sich Wintzek in zwei Artikeln, mit dem Ziel der Relativierung und Verharmlosung der NSVerbrechen. Im Oktoberheft 1969 berichtet er als ein Beispiel der „‚Vergangenheitsbewältigung’ [über den] ‚Fall Defregger’“794, einem ‚Kriegsverbrecher’. In 790
Hertel, Hans: Holocaust international. in: MUT (137) Januar 1979, S. 11. [im Original fett gedruckt] 791 Ebd. [im Original fett gedruckt] 792 Ebd., S. 12f. 793 Ebd., S. 9. [im Original fett gedruckt] 794 Wintzek, Bernhard C.: Sabotage an der Zukunft. in: MUT (26) Oktober 1969, S. 24.
157
diesem Zusammenhang schürt er Zweifel an der Richtigkeit der Geschichte. Bei dem Münchner Weihbischof Defregger handelt es sich um einen Wehrmachtshauptmann, der nach einem italienischen Partisanenangriff – bei dem vier deutsche Soldaten umkamen – den Befehl gab, 17 Zivilisten zu erschießen. Zunächst greift Wintzek die bundesdeutschen Medien an: „Als dieser Tatbestand im Sommer diesen Jahres bekannt wurde, stürzte sich ein Teil der westdeutschen Presse mit wahrer Wonne auf diesen ‚Kriegsverbrecher’.“795 Das Bestreben Wintzeks war nicht der Bericht über das Massaker an 17 Italienern, sondern die niederträchtige Arbeitsweise des Journalismus anzuprangern. „Wir können und werden uns jedoch erst recht nicht an den erbärmlichen und schändlichen journalistischen Stil gewöhnen, der – bewußt oder unbewußt – den Eindruck erweckt, allein wir Deutschen seien ein Verbrechervolk inmitten einer ehrbaren und gesitteten Umwelt!“796
Das eigentlich Drastische an diesem Artikel ist Wintzeks Ansicht zum Tod der italienischen Zivilisten. „Obwohl jeder logisch denkende Mensch weiß, daß es gegen einen Heckenschützen, der aus dem Hinterhalt schießt, um sich dann hinter Frauen und Kinder zu verstecken, keinen anderen Schutz als die Vergeltung gibt. Eine Vergeltung (so furchtbar und grausam sie im einzelnen auch sein mag) wie sie von allen Armeen vor, im und nach dem Zweiten Weltkrieg geübt wurde.“797
Diesem Zitat folgen Beispiele von ähnlichen Befehlen der Franzosen, Briten und Amerikaner. Bezeichnenderweise benennt von den vier Beispielen lediglich eines eine Vergeltungsaktion, ansonsten werden nur Androhungen oder Anordnungen referiert. Damit wird klar, dass es sich hierbei keineswegs um eine gängige Praxis handelt, wie es Wintzek dem Leser glauben machen mag. Unabhängig von der Begründung spiegelt sich in dieser Meinung Menschenverachtung und das Ignorieren der Genfer Konventionen wider. Ähnlich gelagert sind die Beiträge zur deutschen Kriegsschuld: Eine deutsche Alleinschuld wird kategorisch ausgeschlossen und vehement bestritten: „Wir verfassungstreuen Deutschen wenden uns gegen die Aufrechterhaltung der heute schon durch die Geschichtsforschung widerlegte Lüge, die unserem Volk die Alleinschuld an zwei Weltkriegen auferlegt. Wir wenden uns gegen die damit verbundene moralische Verurteilung unseres Volkes als ein Mittel der Erpressung zur Anerkennung der Ergebnisse der Politik der Siegermächte seit 1945.“798 795
Ebd. Ebd. Ebd. 798 Wintzek, Bernhard C.: Eine Zeit des Verzichtes und des Verrates. in: MUT (107) Juli 1976, S. 20f. [im Original fett gedruckt] 796 797
158
Zusätzlich kommt hier die – angebliche – deutsche Kriegsschuld – durch eine vermeintlich seriöse Geschichtsforschung ohnehin schon widerlegt – zum Tragen, die zur Erpressung von Reparationszahlungen dient. Für die Autoren ist insbesondere die deutsche Kriegsschuld an der Ostfront nicht gegeben. Hier sehen sie Polen und die Sowjetunion in der Verantwortung. Den deutschen Überfall auf Polen 1939 beispielsweise versteht Opitz als einen gerechten Krieg zur Wiederherstellung des Friedens: „Der Polenfeldzug im September 1939 war, militärisch gesehen, natürlich schon ein ‚richtiger’ Krieg. Seinen politischen Charakter nach konnte er noch – aus Sicht der damaligen Reichsregierung – als eine Art Strafexpedition gegen einen provokanten Nachbarn gelten, als bewaffnete Aktion zur Wiederherstellung des Friedens, den der polnische Chauvinismus nachhaltig gestört hatte.“799
Etwaige Hinweise, auf welche polnischen Aggressionen sich Opitz bezieht, tauchen in den Artikeln nicht auf. Wahrscheinlich beruft er sich auf von Nationalsozialisten fingierte Zwischenfälle, wie etwa den Überfall auf den Sender Gleiwitz. Diese Argumentationsweise dürfte auf die wenigsten Leser – ausgenommen überzeugte Nationalsozialisten und Rechtsextremisten – Wirkung gezeigt haben. Ungeachtet dieser Tatsache stellt der Begriff ‚Polenfeldzug‘ bereits ein in rechten Kreisen häufig verwendetes Schlagwort dar, mit dem Ziel, den deutschen Angriff auf Polen propagandistisch zu verharmlosen. Seine Artikel zum Thema des alliierten Sieges lesen sich ähnlich wie zeitgenössische Beiträge zur Dolchstoßlegende. Opitz legt wehmütig dar: Ohne die Unterstützung der Amerikaner und einigen deutschen Fehlern hätten die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich nicht gegen das Dritte Reich gewonnen. So ist denn auch die „USA [der] eigentliche Sieger“800: „(…) war der Sieg der Sowjets vergleichsweise bescheiden, errungen ohnehin nur ‚dank’ deutscher Fehler und dank USamerikanischer Waffenhilfe. Frankreich hatte sich schon 1917/18 militärisch und biologisch zu Tode gesiegt gehabt (…)“801 Auch in diesem Fall findet sich in Form des Wortes ‚biologisch‘ ein Schlüsselwort der nationalsozialistischen Sprache wieder, welches Opitz nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung von natürlich oder organisch verwendet, sondern auf Personen bzw. auf einen Staat bezieht und sich somit klar in die nationalsozialistische Sprachpolitik einordnet. Nicht nur provozierte Polen den Zweiten Weltkrieg, für MUT war Hitler zudem
799 Opitz, Gerhard: 1939-1945 – Krieg in fünf Dimensionen (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil I). in: MUT (33) Mai 1970, S. 24f. 800 Opitz, Gerhard: Bitterer Lorbeer – Verblichener Lorbeer (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil II). in: MUT (34) Juni 1970, S. 24. 801 Ebd.
159
ein aufrechter Friedenspolitiker, der lediglich an der aufgeheizten polnischen Stimmung scheiterte: „Die maßvollen Vorschläge Hitlers, durch einen Korridor im Korridor Ostpreußen mit dem Reich und Danzig auch formal wieder zu einer deutschen Stadt zu machen, blieben unbeantwortet. In der bis zur Siedehitze gesteigerten Kriegsstimmung wagte kein polnischer Staatsmann einen Schritt auf den Frieden hin zu tun. (…) Ich würde nie lapidar hinsagen, dieser Krieg sei uns aufgezwungen worden. Es ist aber zu beweisen, daß die Polen diesen Krieg wollten und daß Josef Stalin durch ein Geheimabkommen mit Hitler diesen Krieg geradezu auslöste. Für Stalin ging es um Ostpolen, aber für uns um die Befreiung von mehr als einer Million unterdrückter Deutscher und um die Herstellung einer der Vernunft entsprechenden Ostgrenze.“802
Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941 ist in den Augen von MUT als ein klassischer Präventivkrieg zu sehen, welcher nicht von allen Deutschen verstanden wurde. „Für die Welt – und leider auch für die meisten Deutschen – gilt es als selbstverständlich, daß die Deutschen 1941 die Sowjetunion ‚überfallen’ haben. Auf dieser Geglaubtheit bauen viele Fehlschlüsse auf, die bis in die Gegenwart hinein wirken und vom Kreml sogar benutzt werden, um unter Schlagwörtern wie ‚Koexistenz’ oder ‚Entspannung’ in Europa die Pax Sovietica, d.h. die kommunistische Vorherrschaft, zu begründen.“803 Um diese These zu beweisen, zitiert Hertel aus dem Buch von Erich Helmdach, der alles andere als ein seriöser Historiker ist. Helmdachs persönliche Erinnerungen stellt MUT als historische Wahrheiten dar und zieht sie in keiner Weise in Zweifel. „Helmdach804 bestreitet nicht, daß die deutsche Wehrmacht in Rußland einmarschiert ist. Aber er beweist, vor allem aus sowjetischen Dokumenten, daß dieser Einmarsch der typische Fall eines Präventivkrieges war, durch den das Reich dem sowjetischen Angriff zuvorkommen mußte, der für August 1941 zu erwarten war. Der Präventivschlag der deutschen Wehrmacht war notwendig, aber unter dem Eindruck der sensationellen Tagesmeldungen bildete sich das Urteil der Weltöffentlichkeit nur anhand der vordergründigen Ereignisse, nicht aber an deren Ursache.“805
Ein wesentliches Thema in MUT dreht sich um die Freilassung von Rudolf Heß. Für ihn setzt sich die Zeitschrift ab Juli 1967 regelmäßig durch verschiedene Aktionen ein. Für Wintzek ist die Haft von Heß „völlig unverständlich. (…) Wie 802 Hertel, Hans: Noch ist Europa nicht verloren! in: MUT (107) Juli 1976, S. 28. [im Original fett gedruckt] 803 Hertel, Hans: Überfall? Der deutsch-sowjetische Aufmarsch 1941, in: MUT (96) August 1975, S. 18. 804 Erich Helmdach war Generalstabsoffizier bei der 4. Armee zu Beginn des Ostfeldzugs und ist Autor des Buches ‚Überfall? Der sowjetisch-deutsche Aufmarsch 1941‘, Neckargemünd 1975. 805 Hertel, Hans: Überfall? Der deutsch-sowjetische Aufmarsch 1941, in: MUT (96) August 1975, S. 18ff.
160
die Dinge auch liegen mögen, es gibt keinen zwingenden Grund mehr, Rudolf Hess die letzten Jahre einer kleinen Freiheit vorzuenthalten.“806 Auf die Verbrechen und den Verurteilungsgrund geht Wintzek dabei nicht ein. Allerdings bezeichnet er das „Nürnberger Gerichtsunternehmen in Aufbau und Durchführung [als] ein Wagnis“807. Offensichtlich ist seine Meinung über das Nürnberger Kriegsverbrechertribunal nicht hoch. Hertel dagegen sieht in Heß einen deutschen Helden mit untadeligem Charakter und Gewissen, der sich ehrlich um den Frieden bemühte und unrechtmäßig in Nürnberg verurteilt wurde. Den Geburtstag von Heß 1974 nimmt er zum Anlass, um ihm in einem Glückwunschschreiben seine Hochachtung zu überbringen: „Lieber Rudolf Hess! (…) Ich folgte damit einem ehrlichen Gefühl für einen Mann, der durch die Größe seines Charakters die ganze Generation überragt, in die er hineingeboren wurde. (…) Als sie vor nunmehr fast 33 Jahren nach England flogen, gaben sie unserem Volk und der Welt das Beispiel eines Mannes für den das eigene Gewissen die höchste Richtschnur seines Handelns ist. Als dieser Versuch, Frieden zu stiften, vor dem Nürnberger Gericht endete, haben sie nicht einen Augenblick geschwankt. Das Bewußtsein, recht getan zu haben, gab Ihnen die Kraft, der Gewalt eines Tribunals zu widerstehen, indem sich die Ankläger selbst zu Richtern gemacht hatten. Sie dienten damit der Wahrheit, die sich eines Tages, weltweit durchsetzen wird. (…) Ein solcher Mann kann auch nicht um Gnaden bitten. Jeder Gnadenerweis setzt vorangegangenes Unrecht voraus. (…)“808
Aber Hertel geht noch weiter und bezeichnet Heß als Märtyrer, der sich für seine Friedensinitiative verantworten muss, ohne Schuld auf sich geladen zu haben, nicht wie die RAF-Terroristen, die wirkliche Verbrechen verübten und nun wegen einer rechtmäßigen Verurteilung jammern. „In Spandau unterliegt Rudolf Heß als einziger Gefangener einer totalen Isolierungshaft. Ein Achtzigjähriger, der auf eigene Faust den Frieden herstellen wollte, wird weiter psychisch gequält. Aber er jammert nicht wie unsere roten Terroristen, die kaltblütig gemordet haben, die sich bewußt außerhalb der Gesetze stellen und dann heulen und Mitleid erheischen, wenn sie streng nach Gesetz für ihre Untaten einstehen sollen. Zum Märtyrer gehört, daß man zu seiner Sache steht, die möglichen Folgen vorher überdenkt und bewußt auf sich nimmt.“809
Nicht nur mit der unverhohlenen Bewunderung der Person Rudolf Heß erfüllt MUT das Kriterium, sondern auch mit der Darstellung des Antisemitismus. Eine besondere Position nehmen Artikel zum Holocaust und zum Antisemitismus ein, insbesondere ab Januar 1979 finden sie schwerpunktmäßig Eingang in die Zeitschrift, zurückzuführen auf die Ausstrahlung der Fernsehsendung ‚Holocaust‘. 806
Wintzek, Bernhard C.: R.H., Der letzte „Spandauer“. in: MUT (11) Juli 1967, S. 21. Ebd. 808 Hertel, Hans: Lieber Rudolf Hess! in: MUT (80) April 1974, S. 49. 809 Hertel, Hans: Deutsche Bewußtseinsbildung. in: MUT (88) Dezember 1974, S. 10f. 807
161
Die Darstellung des Holocaust fällt dabei in die typische Argumentationsweise rechtsextremer Positionen. Den Holocaust und mit ihm die Vergangenheitsbewältigung präsentiert MUT als eine Methode, um Wiedergutmachungszahlungen von der Bundesrepublik zu erpressen: Dabei sehen die Autoren den Holocaust keineswegs als eine wissenschaftlich gesicherte Tatsache an, sondern ziehen ihn bei jeder Gelegenheit in Zweifel, wie z.B. Erdmann: „Nun, den politischen und materiellen Nutzen von jedem weiteren NS-Prozeß haben jene, die mit den tatsächlichen oder angeblichen deutschen Verbrechen der Vergangenheit, das große Verbrechen der Gegenwart, nämlich die Zerteilung unseres Vaterlandes und die finanziellen Milliardenleistungen unseres Volkes bis weit über das Jahr 2000 hinaus, zu rechtfertigen versuchen.“810 Den Sinn von deutscher Vergangenheitsbewältigung sowie die Dokumentation des Holocaust erschließt sich MUT nicht, da dieser bereits „älter als dreißig oder vierzig Jahre ist“811 und sich die Zahlungen von „Milliarden-Beträgen einseitig zu Lasten des deutschen Volkes“812 richten. Den Hauptnutznießer für die erpressten Zahlungen erkennt Opitz im Staat Israel, der ohne die Bundesrepublik sich nie in dem Maße hätte entwickeln und gegen seine arabischen Nachbarstaaten bestehen können. „Es ist wahr, daß ohne die Milliardenzahlungen Westdeutschlands der Staat Israel nicht das geworden wäre, was er geworden ist. Vielleicht hätte sich Israel ohne die vielfältige bundesdeutsche Hilfe nie zu der respektablen Militärmacht entwickeln können, die es nun mal ist. Dazu kommt, daß die bundesdeutsche ‚Verpflichtung’ zur Israelhilfe auf der unbewiesenen und unbeweisbaren Sechs-Millionen-Legende beruht, daß sie weiterhin auf einer nach wie vor anhaltenden Greuelpropaganda, der jeder Anschein der Wahrheit fehlt. Daß dies so ist, geht nicht zuletzt darauf zurück, daß unsere Regierenden in den letzten 25 Jahren und da waren CDU/CSU samt Anhang auch nicht besser als die SPD samt ihren Mitläufern, darauf verzichteten, zu klären, was geschehen war, und was nicht, inwiefern wir also ‚verpflichtet’ seien, Israel zu unterstützen oder auch nicht. Nein – sie machten in ‚Vergangenheitsbewältigung’.“813
Hier wird klar die Opferzahl von sechs Millionen angezweifelt, was Jahre später zu der Indizierung des Januar-Heftes 1979 führte – es bleibt die Frage, warum es 1973 nicht geschah. Die Union wie die SPD werden gleichermaßen als Schuldige gesehen, ohne die diese behauptete Diffamierung des deutschen Volkes nicht hätte vollzogen werden können. Dem gegenüber stehen die Nationalen, zu denen sich ebenfalls MUT zählt: „Wir verfassungstreuen Deutschen wenden uns gegen die Aufrechterhaltung der heute schon durch die Geschichtsforschung widerlegte Lüge, die unserem Volk die Alleinschuld an zwei Weltkriegen auferlegt. Wir 810
Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 42. Wintzek, Bernhard C.: „Shalom“ auch für Deutsche. in: MUT (125) Januar 1978, S. 16. [im Original fett gedruckt] 812 Ebd. [im Original fett gedruckt] 813 Opitz, Gerhard: Energiekrise und Wohlstandsbehaglichkeit. in: MUT (76) Dezember 1973, S. 19. 811
162
wenden uns gegen die damit verbundene moralische Verurteilung unseres Volkes als ein Mittel der Erpressung zur Anerkennung der Ergebnisse der Politik der Siegermächte seit 1945.“814 Eine andere Möglichkeit, um Deutschland mit der vermeintlichen Judenvernichtung erpressbar zu halten, erkennen die Autoren in der Existenz von antisemitischem Gedankengut innerhalb der Bundesrepublik. MUT ist davon überzeugt: Antisemitismus gibt es nicht in der Bundesrepublik, sondern dieser wird von außen konstruiert, um weiterhin finanzielle Leistungen erpressen zu können. Darum führen ausländische Geheimdienste – als Beispiel fungiert der KGB – Aktionen in der Bundesrepublik durch, mit dem Ziel, antisemitische Symbole gezielt zu platzieren.815 Jene Darstellung, die bereits Ansätze von Verschwörungstheorien aufweisen, ist typisch für die Zeitschrift in jener Zeitphase und das rechtsextremistische Lager. Dabei wird auch immer der Vorwurf an den deutschen Staat verbunden, nationale Gruppierungen grundlos zu verfolgen. Neben der Behauptung, der Holocaust fungiere als Grund für Erpressungen finanzieller Zahlungen von der Bundesrepublik, zweifeln ihn die Autoren häufig prinzipiell an, speziell nach der Ausstrahlung der ‚Holocaust‘-Serie im Jahr 1979. Die Verfasser arbeiten mit der Behauptung von zweifelhaften wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Holocaust. Zumal: „Wer nach Hintergründen, nach wissenschaftlich fundierten und damit nach hieb- und stichfesten Beweisen für diese uns tagtäglich vorgebeteten deutschen Verbrechen fragt, oder wer gar andeutet, daß doch auch die Sieger schreckliche Verbrechen auf das Gewissen ihrer Völker geladen haben, der ist in den Augen der Bonner Parteien und in der veröffentlichten Meinung entweder ein ‚unbelehrbarer (Neo-)Nazi’ oder schlicht ein ‚Irrer’!“816 – so Wintzek 1977. Besondere Kritik erfährt die ‚Holocaust‘Serie, die „in der Sache nichts Neues bringt, [da sie] allen Behauptungen, Tatsachenrang einräumt“817. Die Geschichtsforschung sollte sich durch den Film eher motiviert fühlen „Unrichtigkeiten, Lügen und Übertreibungen aufzudecken“818. Auch darf sie sich nicht nur mit der Darstellung des „Endpunkt[s] einer langen Entwicklung, noch dazu äußerst schludrig zu schildern“819, begnügen. Hertel schreibt weiter: Sie „muss auch erforschen und zeigen, wie es zu diesem Punkt gekommen ist. Jede Wirkung ist für sich allein unbegreiflich, wenn darauf verzichtet wird, die Ursachen zu schildern, aus denen sie entstanden ist. Sie sind 814
Wintzek, Bernhard C.: Eine Zeit des Verzichtes und des Verrates. in: MUT (107) Juli 1976, S. 20f. [im Original fett gedruckt] 815 Vgl. Steinmark, Armin: Hitler darf nicht sterben … in: MUT (139) März 1979, S. 25. 816 Wintzek, Bernhard C.: Hintergründe der Hitler-Welle. in: MUT (121) September 1977, S. 8. 817 Hertel, Hans: Verschwiegene Wahrheiten. in: MUT (139) März 1979, S. 10. [im Original fett gedruckt] 818 Ebd. [im Original fett gedruckt] 819 Ebd. [im Original fett gedruckt]
163
unfaßbar, wenn – wie hier geschehen – die ‚Endlösung’ zum Gegenstand des Filmes gemacht wird. Jedes normale Hirn weigert sich, daran zu glauben, daß es ein Verbrechen dieses Ausmaßes gegeben hat oder überhaupt gegeben haben kann.“820 Für MUT ist die Darstellung des Holocaust nur zweitrangig, auch wenn dieser im Sinne der Zeitschrift richtig wiedergegeben wird, da eine Dokumentation über den Holocaust nur vollständig ist und der Wahrheit entspricht, wenn er auch die Verbrechen der anderen Nationen enthält. „Solange es keinen Holocaust-Film über die Stalin-Ära, über die kommunistische Gegenwart, über die Verbrechen von Dresden, Hiroshima und Nagasaki und die millionenfachen Morde an Deutschen in den Ostgauen, in der Tschechoslowakei und in den Balkanländern gibt, ist der Film des Herrn Silverman kein Geschichtsbeitrag, sondern ein Tendenzwerk, das die Wahrheit eher verschleiert als erhellt.“821
Um ihren Beiträgen mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, verwenden die Autoren in MUT gerne Zitate und Aussagen von jüdischen Wissenschaftlern oder Politikern, die ihren Ansichten den Anschein von Wahrheit verleihen sollen. Insbesondere der französische Professor Paul Rassinier ist hierfür geeignet, da er einerseits als ehemaliger KZ-Häftling über jeden Zweifel erhaben scheint und zum anderen den Leser mit dem Titel des Professors Seriosität assoziieren lässt – charakteristische Merkmale rechtsextremistischer Beweisführung. „Der inzwischen verstorbene Pariser Professor Paul Rassinier, selbst Insasse des KZs Buchenwald, unterbreitete 1960 öffentlich den Vorschlag, eine internationale Gesellschaft ins Leben zu rufen, in der wirklich unabhängige Persönlichkeiten die deutsche KZ-Geschehnisse und insbesondere die ‚Judenvergasung’ objektiv, d.h. mit aller nur denkbaren wissenschaftlichen Genauigkeit untersuchen sollten. Einer solchen Gesellschaft dürften aber, wie Prof. Rassinier vor nunmehr 19 Jahren richtig betonte, weder Franzosen, Engländer oder Russen angehören, da sie alle auch Konzentrationslager hatten bzw. Rußland heute noch hat, sondern nur Angehörige solcher neutraler Länder, in denen es niemals solche Lager gegeben hat. Dann bestünde die Hoffnung, so Rassinier damals, daß eines Tages doch noch ‚die historische Wahrheit über die politische Wahrheit siegt!’“822
Doch auch Mitglieder der israelischen Administration fungieren für MUT als ‚Überbringer der Wahrheit‘, erst recht, wenn sie wie im folgenden Eliahu BenElissar dem Dritten Reich die Alleinschuld am Holocaust absprechen und den Alliierten eine erhebliche Mitschuld bescheinigen:
820
Ebd. [im Original fett gedruckt] Ebd., S. 11. 822 Wintzek, Bernhard C.: Wann öffnen die Sieger endlich die Archive? in: MUT (138) Februar 1979, S. 43. [im Original fett gedruckt] 821
164
„Vor diesem Hintergrund ist die Beschuldigung des Generaldirektors von Premier Begins Staatskanzlei, Eliahu Ben-Elissar, vor allem die West-Alliierten seien für Hitlers ‚Endlösung der Judenfrage’ mitverantwortlich, für informierte Kreise zwar nicht neu, aber für die breite Öffentlichkeit nicht nur in Israel ein Schock. In seiner zuerst in Genf auf französisch vorgelegten und jetzt auf hebräisch in Jerusalem erschienenen Dissertation ‚Verschwörung des Schweigens’ weist Ben-Elissar nach, daß England, Frankreich, die USA, aber auch zahlreiche andere Länder, den Gang der Geschichte für die Juden im Dritten Reich hätten verhindern können, ,doch sie wollten nicht.’ (…) ‚Nach Ben-Elissar hat Hitler die Juden ursprünglich nicht umbringen, sondern nur aus Deutschland vertreiben wollen. Ausländischen Diplomaten versicherte er mehrmals, er wünsche eine wirtschaftliche Lösung der Judenfrage: Die Juden sollten auswandern, sie müßten lediglich ihr Vermögen zurücklassen. Diese wirtschaftliche Lösung ist laut Ben-Elissar gescheitert, weil sich die Alliierten weigerten, die Juden aufzunehmen. (…) Dennoch habe Hitler auch zu diesem Zeitpunkt noch die Auswanderung, nicht die Ausrottung der Juden gewollt, schreibt Ben-Elissar und sieht in dem Nazi-Slogan ‚Deutschland den Deutschen, die Juden nach Palästina’ sogar prozionistische Züge. Hitler hat demnach die antisemitischen Ausschreitungen gebremst und Ende 1938 ein Programm gebilligt, das die Emigration von 400 000 Juden vorsah. Selbst die ‚Reichskristallnacht’ sollte nach Ben-Elissar nur die Vertreibung und Enteignung von Juden beschleunigen.’“823
Die „einseitige Vergangenheitsbewältigung“824 stellt sich für MUT im Sinne einer internationalen Verschwörung gegen das deutsche Volk dar, welche das Ziel hat, „die unterschiedliche weltweite Mitschuld an diesem unseligen Drama des jüdischen Volkes [Holocaust] vertuschen zu können“825. MUT thematisiert jedoch nicht alleine die Mitschuld der Alliierten an der ohnehin angezweifelten Judenvernichtung826. Insbesondere bei Hertel tritt dieser Widerspruch auf. Zum einen leugnet er den Holocaust und zum anderen sind die Alliierten mitschuldig an diesem. Auch die Juden selbst tragen einen Teil der Schuld, welches aufgrund der Schwerpunktsetzung auf die ‚Endlösung der Judenfrage‘ in den Medien nicht herausgestellt wird. „Man sprach über den Film [Holocaust] und verzichtete rund herum darauf, den geschichtlichen und politischen Zusammenhang zu klären, als ob die Hitlers und Himmlers vom Himmel gefallen und urplötzlich ohne erkennbaren Grund einen Völkermord organisiert hätten.“827 Ursächlich für die Judenverfolgung ist für Hertel die Überrepräsentativität der jüdischen Bevölkerungsgruppe in öffentlichen Ämtern sowie besonders im Kulturbetrieb der Weimarer Republik – ein bereits im Dritten Reich weit verbreitetes und von den Nationalsozialisten propagandistisch verarbeitetes Stereotyp.
823
Ebd., S. 43f. Ebd., S. 44. [im Original fett gedruckt] Ebd., S. 44. [im Original fett gedruckt] 826 Vgl. u.a. Hertel, Hans: Verschwiegene Wahrheiten. in: MUT (139) März 1979, S. 10. 827 Ebd. 824 825
165
„Vielmehr entstand in den Gastländern ein Antisemitismus, weil die Juden in politischen Ämtern, in Presse und Rundfunk und im Film, in den Parlamenten und der Justiz weit überrepräsentiert waren. Schier unerträglich wurde die Beherrschung der ‚Kunst’, die sich in der Weimarer Republik genauso am Volk vorbei entwickelte wie heute. (…) Wer heute durch einseitige ‚Bewältigung’ der Vergangenheit die Ursachen des Antisemitismus verschweigt, schafft den Boden für neue Feindschaft.“828
Sprachliche Zeichen, welche auf nationalsozialistische Sprechmuster zurückzuführen sind, finden sich an verschiedenen Stellen. Zum einem benutzt Wintzek das Stilmittel der Bewegung, welches Aufbruch im positiven Sinne, zu etwas Gutem, Neuen bedeutet. Deutlich kommt dieses in dem folgenden Zitat zum Ausdruck: „Unseren [von MUT] dynamischen Aktionscharakter können wir nur festigen und steigern, wenn der einzelne Mitarbeiter selbst zum Strahlungsfaktor dieser Dynamik wird. Er muß Reaktor sein in dem die nationaleuropäische Idee aufgenommen, verstanden und in Handlung umgesetzt wird.“829
Hier ist neben dem Merkmal der Bewegung noch die Gruppe hinzugetreten, die die Aktion verstärken soll und zusätzliche Kraft, Dynamik und Erfolg verkündet. Typische nationalsozialistische Begrifflichkeiten finden gelegentlich in den Beiträgen Verwendung. Jäde beispielsweise gebraucht an verschiedenen Stellen Wörter, die er aus dem eigentlichen biologischen und medizinischen Kontext herausnimmt und in den politisch-gesellschaftlichen Bereich überträgt. „Die NPD nimmt mit Recht heute für sich in Anspruch, gewissermaßen Deutschlands letzte Chance zu sein, eine Chance, die nicht mehr abgewürgt werden darf, es sei denn, wir ersehnten uns ein Europa atlantisch-kolonialer Sterilität.“830
Dabei assoziiert er dem Leser, die NPD sei die letzte Möglichkeit, um diese Krankheit zu verhindern. Ebenso auf Personen wendet Jäde nationalsozialistische Sprache an, um diese zu verunglimpfen und sie mit einer gefährlichen Krankheit zu vergleichen, die es zu bekämpfen gilt: beispielsweise „CohnBendit-Bazillus“831 in Anlehnung an den schädlichen Einfluss von Daniel CohnBendit. Ebenso greift Körner, mit derselben Intention, auf den Begriff ‚Bazillus‘ zurück: „Die meisten der Kräfte, die hierzulande Bazillen der Zersetzung, Aufweichung und Aushöhlung sind, wollen sicher keinen kommunistischen Staat, wie die DDR einer ist.“832 In den gleichen Kontext ist das von Windisch verwen828
Ebd., S. 11f. Wintzek, Bernhard C.: Die Entscheidung! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 8. Jäde, Henning: Nahost – Ein kritischer Rückblick. in: MUT (6) August 1966, S. 17. 831 Jäde, Henning: Gewaltkultur – für wen? in: MUT (19/20) März 1969, S. 14. 832 Körner, Friedrich: Antikommunismus ist Friedenspolitik. in: MUT (41) Januar 1971, S. 38. 829 830
166
dete „parasitär“833 einzuordnen – eines der zentralen Wörter des Nationalsozialismus und im Speziellen des Antisemitismus. Er benutzt dieses zwar nicht in einem antisemitischen Kontext, aber immer noch auf eine Personengruppe bezogen: Beamte. Jedoch ist der Begriff ‚parasitär‘ durch den Nationalsozialismus derartig belastet, dass er außerhalb der Biologie und dem rechten Spektrum keine Verwendung mehr findet. Zudem gebraucht Windisch ‚parasitär‘ mit dem gleichen Ziel wie die Nationalsozialisten. Er beschuldigt eine Gruppe der Gesellschaft, auf Kosten der Gemeinschaft zu leben. Daneben wird der NS-Slogan ‚Kraft durch Freude‘ von MUT – hier Wintzek – positiv bewertet und als vorbildhaft gepriesen: „Und es ist noch gar nicht so lange her, da setzte sich bei den Deutschen die Erkenntnis durch, daß Kraft durch Freude entsteht. Heute ist das anders: Das kraftvolle Schaffen gilt nicht mehr in allen Schichten unseres Volkes als beflügelndes Lebenselixier, und die fröhliche Freude ist rar geworden.“834
In Bezug auf die abnehmende deutsche Bevölkerung beruft sich MUT auf Aussagen der rechtsextremen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V., deren Vorsitzender von 1972 an Jürgen Rieger war, und die klar in der Tradition nationalsozialistischer Rassenpolitik steht: „Bezieht man in die Rechnung noch ein, daß von den jährlich geborenen Kindern etwa 60.000 körperlich oder geistig geschädigt zur Welt kommen, 1) und deswegen keine Kinder bekommen können oder sollten, ist sogar die Zahl von 3,4 Kindern pro Familie zur Bestandserhaltung erforderlich.“835
Ein weiteres Merkmal in Windischs Artikeln besteht in der Verherrlichung des Faschismus, im Speziellen des spanischen Faschismus. Das Franco-Regime ist in seinen Augen keineswegs ein diktatorisches Regime, wie er im März 1969 schreibt: „Spanien heute ist sowenig Diktatur in der Bedeutung des Wortes als Franco beliebt ist. Zu vieles wirft man ihm vor, von allen Seiten. Und trotzdem weiß man eines: 25 Jahre und mehr Frieden und nie gekannte Ordnung verdankt man ihm.“836
833
„Sicher, Beamte können parasitär sein, sehr oft auch unproduktiv, gerade in den Verwaltungs- und Bürokratenstaaten, in denen wir leben.“ (Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“. in: MUT (28) Dezember 1969, S. 30.) 834 Wintzek, Bernhard C.: SPD: Skandal-Politiker Deutschlands. in: MUT (127) März 1978, S. 20. [im Original fett gedruckt] 835 Wintzek, Bernhard C.: 1975: „Das Jahr der Frau“ … aber nicht der Babys! in: MUT (90) Februar 1975, S. 12. 836 Windisch, Konrad: Warten auf morgen. in: MUT (19/20) März 1969, S. 45.
167
Auch die franquistische Falange stellt Windisch in einem positiven – teilweise sogar bewundernden – Licht dar und verteidigt sie gegen anders lautende Behauptungen: „Aber diese Strömung ist in Gärung begriffen, ihre Konzeptionen sind kühn und faszinierend und keineswegs rechts oder extrem-rechts wie die abgegriffenen Vokabeln lauten. Sie ist revolutionär.“837 Rechtsextreme Topoi: In den Beiträgen, etwa bei Jäde, findet häufig das klassische rechtsextreme Topos des Deutschen Reiches Verwendung, welches die Bundesrepublik ersetzt. In dem folgenden Zitat stellt er die de facto- mit der de-jure-Situation gegenüber und erzeugt beim Leser den Eindruck, das Deutsche Reich wurde unrechtmäßig beseitigt. Zugleich sieht Jäde diesen Zustand nur als temporär an; bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich die politische Lage ändert und das Deutsche Reich wieder seinen gerechten Platz einnimmt. „(…) muss die Bundesrepublik Deutschland bis auf weiteres die politische Funktion des defacto nicht mehr existierenden Reiches stellvertretend übernehmen. (de-jure-Situation liegt anders; demnach hat das Deutsche Reich nicht zu bestehen aufgehört.)“838
Für MUT umfasst zur der Zeit ein gesamtdeutscher Staat grundsätzlich die Grenzen des Deutschen Reiches von 1937, bei manchen Autoren aber durchaus auch von 1938 und in seltenen Fällen noch die Schweiz. Unterlegt werden diese Forderungen häufig mit einer Karte des Deutschen Reiches, meistens in den Grenzen von 1937; seltener in denen von 1938.839 „Zu Deutschland gehört auch das kommunistisch regierte Mitteldeutschland, (…) zu Deutschland gehören auch die unter polnischer, russischer oder tschechischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete. (…) Zu Deutschland gehört auch Österreich, denn die Österreicher gehören zum deutschen Volk (…).“840 „Ein geborener Deutscher gehört dem deutschen Volk an – ob er will oder nicht. (Und es gibt Leute – nicht nur in Österreich, in Mitteldeutschland, in der Schweiz etc., die wollen es nicht. Sie erfinden sogar eigene Nationen!)“841
In dem oben aufgeführten Zitat kommt zudem die Unnatürlichkeit der Staaten zum Ausdruck. Für MUT sind die beiden deutschen Staaten, Österreich, Schweiz und auch Polen widerrechtliche Kunstprodukte, die es gilt zu überwinden. Dabei
837
Ebd., S. 45f. Jäde, Henning: Wiederherstellung der nationalen Selbstachtung. in: MUT (7) Oktober 1977, S. 8. 839 Vgl. u.a. Windisch, Konrad: Neue „Nationen“. in: MUT (87) November 1974, S. 16. 840 Hertel, Hans: „Modell Deutschland“. Die freche Wahlparole der SPD, in: MUT (106) Juni 1976, S. 9f. 841 Windisch, Konrad: National. in: MUT (71) Juli 1973, S. 22. 838
168
sollten sich die Bundesbürger nach Opitz ein Beispiel an Bismarcks Politik nehmen, die zur Gründung des Deutschen Reiches von 1871 führte: „Hätte jemand 1861, als der Deutsche Bund noch behäbig und träge existierte und das Manövrierfeld fremder Politik war, vorausgesagt, zehn Jahre später gebe es einen gemeinsamen nationalen Willen von Flensburg bis Passau, von Aachen bis Memel, er wäre für verrückt erklärt worden. Zehn Jahre später gab es das Deutsche Reich. Und vor solcher Aufgabe stehen wir auch heute.“842
Die Ostpolitik von Brandt spielt bei der Wiederherstellung des Deutschen Reiches eine besondere Rolle, da im Warschauer Vertrag von 1972 die Oder/NeißeGrenze als deutsche Ostgrenze auch von der Bundesregierung anerkannt wird. MUT empfindet dieses als einen Akt „irgendwelcher volksfeindlicher Kräfte“843, der jedoch keine Konsequenzen auf die „geschichtliche[n] und nationale[n] Zusammengehörigkeit unseres Volkes“844 hat. „Keine teildeutsche, nicht einmal eine gesamtdeutsche Regierung hat das Recht, auf Volksboden und Volksbesitz zu verzichten. Solange nicht das gesamte Volk auf Volksboden und Volksbesitz verzichtet und das über eine jahrhundertelange Spanne Zeit, besteht der Rechtsanspruch eines Volkes auf sein Land und seinen Besitz. Die Abmachungen eines Systems oder einer Regierung haben daher bestenfalls solange Gültigkeit, als dieses System oder diese Regierung die Macht hat, ihre Abmachungen durchzusetzen. Moralisch und de-facto sind solche Abmachungen, die sich auf den Verzicht von Volkseigentum beziehen, wertlos und ungültig.“845
Um den Forderungen nach einem neuen Deutschen Reich mehr Nachdruck zu verleihen, und ihnen einen Anschein von juristischer Rechtmäßigkeit zu geben, zitiert Wintzek aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juni 1973: „‚Das Grundgesetz geht davon aus, daß das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist.’“846 Auch Opitz stellt das rechtliche Fortbestehen sowie die praktische Wiederherstellung des Deutschen Reiches nicht in Frage. Dabei setzt er die deutsche Einheit mit der Wiedereinrichtung des Deutschen Reiches gleich: „Wiedervereinigung (Wiederherstellung des deutschen Reiches)“847 und benutzt
842
Opitz, Gerhard: Deutsches Reich – Gestern und Morgen. in: MUT (41) Januar 1971, S. 14. Windisch, Konrad: Neue „Nationen“. in: MUT (87) November 1974, S. 16. 844 Ebd. 845 Windisch, Konrad: Die Wiedervereinigung. in: MUT (77) Januar 1974, S. 36. [Hervorhebung im Original] 846 Wintzek, Bernhard C.: Eine Zeit des Verzichtes und des Verrates. in: MUT (107) Juli 1976, S. 19f. [im Original fett und kursiv] 847 Opitz, Gerhard: Deutschlandpolitik in der Sackgasse. in: MUT (30) Februar 1970, S. 12. 843
169
eindeutig eine rechtsextremistische Argumentation, indem er weiterhin dem Ziel der Errichtung des Deutschen Reiches anhängt. 1970 schreibt Opitz hierzu: „Das Deutsche Reich hat zwar 1945 militärisch kapitulieren müssen, und durch die Verhaftung der Regierung Dönitz in Flensburg ist es auch politisch de facto handlungsunfähig geworden. Als Völkerrechtssubjekt jedoch ist es nicht untergegangen. Quasi treuhänderisch für das Reich als Gesamtstaat haben die vier Oberbefehlshaber im Juni 1945 die oberste Gewalt in Deutschland übernommen. (…) Jedoch – bezogen auf Deutschland als Ganzes, bezogen auf das rechtlich fortbestehende Deutsche Reich waren und sind BRD und DDR nur Teilstaaten, genauer Zentralverwaltungen für bestimmte deutsche Länder.(…) Bis zur Wiederherstellung des Deutschen Reiches sind beide, räumlich gesehen, Teilstaaten, zeitlich gesehen Übergangsstaaten.“848
An anderer Stelle kritisiert er die Parteien für ihre Mitglieder, welche während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten der Alliierten gegen das Hitler-Regime gekämpft haben und heute in der Bundesrepublik im Staatsdienst tätig sind. Opitz identifiziert sich dabei stark mit dem Dritten Reich und der deutschen Wehrmacht. Insbesondere die SPD sieht er in der Schuld, da es in den Unionsparteien lediglich Einzelfälle gibt. Wenngleich er Willy Brandt nicht konkret benennt, so kommt doch der Eindruck auf, das folgende Zitat sei auf ihn bezogen, zumal Brandt im Jahre 1969 der Spitzenkandidat der SPD für die Bundestagswahl war. Zudem ist seine Tätigkeit im Zweiten Weltkrieg eine der Hauptangriffsziele der Rechtsextremisten jener Zeit gewesen. „Einer der politischen Stars der CDU/CSU ist der Baron Guttenberg, derzeit ‚rechte Hand’ des Bundeskanzlers. Als Adjutant des Oberbefehlshabers der 15. Armee an der Westfront lief er im Herbst 1944 zum Feind über und wirkte dann am ‚Soldatensender Calais‘ bei der britischen Propaganda gegen das Reich mit. Doch dieser ‚Fall Guttenberg’ stellt bei der CDU/CSU gleichsam eine (unrühmliche) Ausnahme dar. Bei der SPD findet man häufiger Leute, die im Krieg auf der Feindseite gegen uns gekämpft haben und nach dem Zusammenbruch in feindlicher Uniform zurückgekommen sind. Das ist, scheint uns, nicht eben eine Empfehlung für die SPD …“849
Speziell der SPD wirft MUT wegen ihrer Ostpolitik immer wieder Verrat am deutschen Volk vor, die im Zuge ihrer Vergangenheitsbewältigung die Verbrechen der polnischen und russischen Bevölkerung an den Deutschen verheimlicht: „Gegen alles Völkerrecht mußten rund 12 Millionen Deutsche ihre Heimat verlassen, mindestens 1 ½ bis 2 Millionen wurden bei der Vertreibung ermordet oder sind auf den Treks verhungert oder erfroren. (…) Zu dieser Blutschuld
848 849
Ebd., S. 11. Opitz, Gerhard: Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil II). in: MUT (23) Juli 1969, S. 13.
170
kommt der Raub deutschen Landes und Eigentums, das von den Polen seit nunmehr über 30 Jahren ohne jede Entschädigung genutzt wird.“850 MUT betrachtet die Wiederherstellung des Deutschen Reiches als das oberste Ziel einer jeden Deutschlandpolitik: „mit der Zielansprache eines neuen Reiches eben“851. Opitz versteht das wieder gewonnene Deutsche Reich als Teil einer „neuen europäischen Völkerordnung“852, welches er darüber hinaus in die Tradition einer tausendjährigen Geschichte stellt. Diese Ausführungen weisen erhebliche Überschneidungen mit den Vorstellungen der Nationalsozialisten und ihrem Tausendjährigen Reich auf. „Und das wird auch so bleiben, bis nicht die heutigen Teilstaaten wieder zu einem Gesamtstaat – gewiß mit konföderativen Zwischenstadien – zusammengefasst sein werden. Daß dieser nationale Gesamtstaat, er wird Glied einer neuen europäischen Völkerordnung sein, einmal wieder Deutsches Reich heißen soll, ist unser aller Wunsch und Wille – um das neue Deutschland, das wir ebenso heißen Herzens wie kühlen Mutes anstreben, hineinzustellen in den großen Zusammenhang einer tausendjährigen Geschichte.“853
Eine Abschaffung der Regierungsform fordert MUT nicht direkt und offen, allerdings streben die Autoren eine neue Gesellschaftsordnung an, die dem bundesrepublikanischen System diametral gegenübersteht. Das Ziel der angestrebten Gesellschaft ist eine Neuordnung der gesellschaftlichen Rangordnung. Das Individuum soll „ausschließlich durch seine persönliche Leistung für die Gemeinschaft bestimmt [werden]. (…) Nicht die Stellung des Vaters, die Verdienste des Urgroßvaters, die Besitzverhältnisse oder die Innehabung der Macht, nicht der Besitz eines Parteibuches oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse oder eines Standes entscheiden über die Stellung des Individuums in der Gemeinschaft des Volkes, die wir anstreben. Aber auch nicht die Leistung für sich selbst oder für einen bestimmten Personenkreis – etwa die Familie oder den eigenen Betrieb –, sondern persönliche Leistung für die Gemeinschaft.“854 Die Notwendigkeit für eine neue Gesellschaftsordnung wird hauptsächlich mit der nicht verwirklichten Demokratie in westlichen Staaten begründet und ist neben der Bundesrepublik auch für Österreich angestrebt, für das Windisch Stellung bezieht: Österreich ist für ihn ebenfalls keine wahre Demokratie. Deutschlands südlicher Nachbar bezeichnet sich zwar als Demokratie, handelt dennoch gegenüber Andersdenkenden undemokratisch. So schreibt er beispielsweise 1968: 850
Hertel, Hans: Unter Genossen. Die Ostpolitik macht Herbert Wehner, in: MUT (102) Februar 1976, S. 11. 851 Opitz, Gerhard: Zur Frage der „Anerkennung“. in: MUT (31) März 1970, S. 36. 852 Ebd. 853 Ebd. 854 Windisch, Konrad: Die Gesellschaftsordnung. in: MUT (72) August 1973, S. 45.
171
„So gesehen, ist die österreichische Presse bedingt demokratisch, wie die Demokratie ‚bedingt’ demokratisch ist. Sie ist im Grunde konformistisch oder jeder nonkonformistische Regung als ‚feindlich’ oder verleumdet sie als undemokratisch. Eine Demokratie aber, die nach dem Grundsatz handelt, ‚Demokratie nur für Demokraten und wer Demokrat ist entscheiden wir’, ist keine wirkliche Demokratie.“855
Er verfällt hier in die charakteristische Haltung von Rechtsextremisten, wonach der Staat lediglich gegen sie vorgeht, da sie eine andere Meinung vertreten, womit wiederum das demokratische Recht der freien Meinungsäußerung verletzt ist, welches ihrer Ansicht nach aber nur für politisch konforme Meinungen gilt. An anderer Stelle schreibt Windisch in diesem Sinne: „Wir leben in keiner wirklichen, sondern in einer manipulierten Demokratie.“856 Die Staatsverschuldung als Folge einer verbrecherischen Staatsführung findet ebenfalls Eingang in MUT und firmiert unter dem Begriff der „Filzokratie“857, die sie den etablierten Parteien, insbesondere der SPD vorwerfen. „Ein Grund für diese Verschuldung ist die Aufblähung des öffentlichen Dienstes im Bund und in den sozialdemokratisch regierten Ländern. Die Zahl der höheren und höchsten Beamtenstellung hat im Zuge der Genossenversorgung im GaloppTempo zugenommen, und zwar ohne Leistungssteigerung. Der Staat als Versorgungsinstitut für verdiente Genossen als Verbindungsleute zu sozialdemokratisch geführten Wirtschaftsunternehmen, das ist die Filzokratie, die ebenfalls zum Modell gehört.“858 Dabei wird ‚Filzokratie‘ und Interessenvertretung häufig mit Korruption und Vetternwirtschaft gleichgesetzt und dem Leser ein kriminelles Parteiensystem präsentiert. Im Generellen stellen die Autoren eine steigende bundesrepublikanische Staatsverschuldung in Verbindung mit Korruption und Kriminalität, ebenso mit anderen rechtsextremistischen Topoi, wie etwa dem mangelnden Rechtsschutz sowie fehlender Meinungsfreiheit für rechte Gruppen, die von den ‚Systemparteien‘ aus politischen Gründen, und um ihre Macht zu erhalten, diffamiert und benachteiligt werden. Eine wirkliche Demokratie sieht MUT in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht verwirklicht, was das nachfolgende Zitat von Windisch stellvertretend verdeutlicht: „1.) Eine echte Demokratie wurde nie verwirklicht. (…) Diese Cliquen sichern durch ein undemokratisches Wahlrecht, Speerklauseln, Parteienfinanzierung durch Steuergelder, durch die Auswahl willfähriger Kandidaten, durch die absolute Beherrschung aller Massenmedien, durch die Diffamierung und Verleumdung demokratischer und damit systemkritischer Initiativen vor einer Veränderung dieses Drei-Parteien-Systems ab. (…) 5.) Der derzeitige Wohlstand ist 855
Windisch, Konrad: Ist Österreichs Presse demokratisch? in: MUT (15) März 1968, S. 34. Windisch, Konrad: Die „Lehren“ der „neuen Linken“. in: MUT (28) Dezember 1969, S. 31. Hertel, Hans: „Modell Deutschland“. Die freche Wahlparole der SPD, in: MUT (106) Juni 1976, S. 11. [im Original fett gedruckt] 858 Ebd. 856 857
172
fragwürdig und vor allem nicht von diesem System geschaffen. Ein fleißiges, arbeitsames, intelligentes und sparsames Volk schafft die Werte, welche das System für sich verwendet, ihre Apparate und Wahlkämpfe finanziert und ihre Propagandawalzen schmiert. Aber selbst bei der Vergabe dieser Arbeiten herrschen Korruption und Systeminteressen vor. (…) 10.) Durch eine pausenlose Berieselung durch die Systempropaganda und die Ablenkung gelegentlich ausbrechender Empörung über nebensächliche Dinge wurde eine weitverbreitete Einstellung des ‚Es nützt sowieso nichts’ erzeugt. Diese Propaganda wird notfalls durch brutale und kalte Unterdrückung, durch Drohungen, Diffamierungen und Verleumdungen unterstützt. (…)“859
Eng mit der bundesrepublikanischen Staatsverschuldung sowie der so genannten Filzokratie ist die Korruption verbunden, die in MUT ausschließlich auf den Bereich der Politik und hier hauptsächlich auf die SPD beschränkt ist: „Der Bonner Betrieb der letzten 25 Jahre beweist es zur Genüge. Parteienkauf und Abgeordnetenbestechung sind bei den Bonnern systemimmanent!“860 Sowohl dem Topos der Kriminalität als auch der Korruption widmen sich in erster Linie Wintzek und Körner. Für Körner ist Korruption von Parlamentarien das Hauptangriffsziel in seinen Beiträgen. Dabei stellt er das bundesrepublikanische Parteiensystem in seiner Gänze als korrupt dar; keine der im Bundestag vertretenen Parteien nimmt er aus. „Halten wir also fest, daß die SPD en bloc vom DGB-Konzern, daß die CDU/CSU und FDP en bloc von den Fördergesellschaften ausgehalten werden. Wenn die eine oder andere Partei außerdem noch ‚Hausfinanziers’ hat, ergänzt das nur das allgemeine Schmiergeldersystem.“861 Aus Körners Sicht sind hierbei nicht nur einige Abgeordnete – als Ausnahme – betroffen, sondern das ganze politische System862. Außerhalb dieses bestechlichen Systems stehen lediglich die NPD sowie die DKP, die vermutlich von der DDR finanzielle Unterstützung erfährt und für den MUT-Leser ohnehin nicht zur Wahl steht.863 „Freilich seit eh und je werden unsere Bonner Parteien – die einen so, die anderen anders – durch kapitalkräftige Interessentengruppen en bloc aufgekauft. Solches ist, genau genommen, die organisierte Korruption. Und wenn dieses System des Parteienkaufes en gros üblich ist, braucht man sich über die individuelle Käuflichkeit en detail nicht mehr zu wundern.“864
859
Windisch, Konrad: Wir klagen an! in: MUT (101) Januar 1976, S. 21f. Wintzek, Bernhard C.: Es ist etwas faul im Staate. in: MUT (71) Juli 1973, S. 11. 861 Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in: MUT (25) September 1969, S. 11. 862 Vgl. Körner, Friedrich: Ein Nachwort zum „Fall Geldner“: Zu Bonn am Rhein nichts Neues. in: MUT (40) Dezember 1970, S. 38. 863 Vgl. Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in: MUT (25) September 1969, S. 9-13. 864 Körner, Friedrich: Ein Nachwort zum „Fall Geldner“: Zu Bonn am Rhein nichts Neues. in: MUT (40) Dezember 1970, S. 36f. 860
173
Aber nicht die Spenden durch heimische Mittelständler sind nach Körner das eigentlich Verwerfliche an der Parteienfinanzierung, sondern die Spenden von internationalen Unternehmen. „Aber völlig indiskutabel und schädlich wird die Sache, wenn über die Förderergesellschaften auch das internationale Leihkapital – ‚Hochfinanz’ – politischen Einfluß nimmt. Grundsätzlich gilt, daß diese Förderergesellschaften von Übel sind, denn sie verkörpern das organisierte System des Parteienkaufes. Unsere bundesdeutsche Politik ist auf den entsprechenden Gebieten auch danach, weshalb dieses Schmiergeldsystem eigentlich abgeschafft gehörte.“865
Um sich gegen diese internationale Hochfinanz zu schützen, ist es nur legitim, wenn der deutsche Mittelstand für seine Interessen Geld an Parteien spendet, insbesondere für die NPD: „Sicher dürfte sein, daß unter den individuellen Spendern der NPD auch zahlreiche mittelständische Unternehmer sind. Das ist verständlich, denn die Nationaldemokraten versprechen nicht nur Frontstellung gegen die Anmaßungen des DGB-Funktionariats, sondern ebenso Schutz gegen die Übermacht des – teilweise international verfilzten – Großkapitals.“866 Für Wintzek dagegen sind die Ursachen für die steigende Kriminalitätsrate der Bundesrepublik ebenfalls in der sozialliberalen Regierung zu suchen, die durch ihre antiautoritären Erziehungsmethoden die Grundlage für Jugendkriminalität legt: „Kein Wunder, daß bei dieser Art geistiger Bereitschaft zur ‚Kindesbefreiung’ von elterlicher ‚Fremdbestimmung’ die Jugendkriminalität unablässig steigt.“867 Daneben scheint für ihn sowohl Justiz als auch Polizei unter einer sozialdemokratisch regierten Regierung nicht gewillt zu sein, wirksam gegen Verbrechen vorzugehen: „Seit der Machtübernahme durch die Regierung Brandt/Scheel sind hierzulande Banküberfälle unsensationelle Tagesereignisse geworden. (…) Seitdem sich das Bundesjustizministerium in sozialdemokratischen Händen befindet, steigt die Kurve der Verbrechen von Jahr zu Jahr, während die Quote der aufgeklärten Fälle unter die Hälfte geraten ist.“868
Von Anbeginn der Zeitschrift nimmt das Thema der Ökologie und ihrer Zerstörung durch den Menschen einen gewichtigen Platz ein. Die Darstellung der verschiedenen Umweltprobleme – vom Klimawandel bis zur Überbevölkerung der Erde – verläuft stets als Anklage der Regierenden und ihrer Parteien, die für die vernichtende Bilanz der Naturzerstörung verantwortlich zeichnen. Konträr dazu stellt MUT sich selber und die nationalen Kräfte als einzige Alternative dar: 865
Körner, Friedrich: Geld oder Parteipolitik. in: MUT (25) September 1969, S. 10f. Ebd., S. 11. Wintzek, Bernhard C.: Jugend im geteilten Deutschland. in: MUT (103) März 1976, S. 11. 868 Wintzek, Bernhard C.: Wir Deutschen züchten uns unsere Verbrecher selber! in: MUT (49) September 1971, S. 10f. [im Original fett gedruckt] 866 867
174
„Präzise gesagt: nationale und volkstreue Kräfte waren es, die bereits vor Jahrzehnten den Schutz der Umwelt vor der Zerstörung durch die heute herrschenden wirtschaftlichen und politischen Kräfte gefordert haben.“869 MUT verwendet die Thematik Ökologie im Sinne des rechtsextremistischen Topos ‚Naturzerstörung als Folge einer verbrecherischen Staatsführung‘. Dabei werfen sie der Bundesregierung in harmloseren Fällen Untätigkeit vor, wie etwa beim ungebremsten Bevölkerungswachstum.870 In den meisten Fällen sieht MUT jedoch die ausufernde ‚Verfilzung‘ der Bundesparteien als Ursache für die zunehmende Naturzerstörung und unterstellt Politikern und Regierungsmitgliedern Korruption und Vetternwirtschaft. Dabei geht die Naturzerstörung auch immer mit dem Vorwurf eines Vergehens am deutschen Volk einher: „Fehlen einerseits die selbstregulierenden Mechanismen wie etwa Verantwortungsgefühl gegenüber dem Volksganzen, so mangelt es andererseits auch am Durchsetzungsvermögen des Staates. Nur allzuoft sind die Herrschenden im Staat wegen Verfilzung mit den kapitalistischen Wachstumspredigern und Umweltvernichtern nicht gewillt, Gesetze und Verordnungen zum Umweltschutz zu schaffen oder auch nur bestehende mit der nötigen Härte durchzusetzen. Neben der nicht zu leugnenden internationalen Zusammenarbeit im Umweltschutzbereich muß ein Gemeinschaftsgeist im Inneren treten und – unvermeidbar – ein starker Staat, der die grundgesetzlich verbriefte Norm nach körperlicher Unversehrtheit auch gegenüber mächtigen Volksraumvergiftern durchzusetzen im Stande ist.“871
Das Hauptproblem ist hierbei das fehlende Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem eigenen Volk, welches von skrupellosen Politikern aus egoistischen Gründen, wie etwa dem Gewinnen der nächsten Wahl, um seine Zukunft betrogen wird. Windisch: „Es ist vor allem die Folge einer Politik, die nicht auf die Interessen des Volkes und der Nation gerichtet ist, sondern auf den Tag, die nächste Wahl, den Vorteil der eigenen Partei und die Zahl an Stimmen und Mandaten bei den nächsten Wahlen. Es ist die Folge und das Werk von Politikern, die sich nicht der Volksgemeinschaft und seiner Zukunft verpflichtet fühlen, sondern die als Nutznießer dieser Volksgemeinschaft nie weiter als bis zur nächsten Wahl denken und sich bis dahin möglichst viele persönliche Vorteile zu ergattern versuchen.“872
Für MUT sind beide ideologische Lager gleichermaßen schuldig am Niedergang der Menschheit. „Während die Ideologen aller Schattierungen weltweit an ihren politischen Beglückungsprogrammen basteln und die Menschheit immer tiefer in 869
Windisch, Konrad: Eine vorausschauende Politik. in: MUT (93) Mai 1975, S. 40. [Hervorhebung im Original] 870 Vgl. Erdmann, Christian: Tanz auf dem Vulkan. in: MUT (145) September 1979, S. 22. 871 Steinmark, Armin: „Tendenziell unmenschlich“. in: MUT (144) August 1979, S. 25. 872 Windisch, Konrad: Eine vorausschauende Politik. in: MUT (93) Mai 1975, S. 39. [Hervorhebung im Original]
175
chaotische Zustände verstricken, während die Parteipolitiker sich von einem Wahlkampf zum nächsten durchregieren müssen, ohne auch nur im Ansatz den geistig großen Wurf eines neuen Weges aufzeigen zu können, reihen die Naturgewalten ein Symptom an das andere.“873 Die einzige Lösung ist demnach die Wahl nationaler Parteien, die in erster Linie an das deutsche Volk denken. Der Topos des ‚Rassenkultes‘ tritt in MUT in einem Artikel über den ägyptischen Präsidenten Sadat in Erscheinung. Windisch wünscht sich darin einen Sadat für Deutschland, der allerdings deutsch sein müsste. Sollte Deutschland über einen Politiker wie Sadat verfügen, so könnte dieser ‚deutsche Sadat‘ auch noch mehr erreichen als sein ägyptisches Original, da Windisch das deutsche Volk augenscheinlich als höherwertig betrachtet, welches zu größeren Leistungen fähig ist: „Lieber Gott, schick uns einen Sadat! (…) Einen Deutschen natürlich. Der hätte auch noch mehr Chancen als der Mann vom Nil. An Stelle von Ägyptern hätte er Deutsche“874. Aber auch Hahn-Butry weist eine rassistische Haltung gegenüber dem afrikanischen Kontinent auf. In dem Apardheitsregime Südafrikas erkennt er durchweg positive Eigenschaften, die zu den höchsten Lebensstandards Afrikas führten: „Die südliche Republik [Südafrika] hat auch für ihre schwarze Bevölkerung den mit Abstand höchsten Lebensstandard des Kontinents und auch im Vergleich zu Europa durchaus gesunde soziale Verhältnisse.“875 Nach Hahn-Butry hat die europäische Kolonialherrschaft den Afrikanern, im Gegensatz zu heute, friedliche Lebensverhältnisse gesichert und kriegerische Stammesrivalitäten verhindert. „Einziger Unterschied zur Kolonialzeit besteht in dieser Richtung darin, daß einst ein paar hundert Belgier, Franzosen oder Engländer genügten, mit relativ friedlichen Mitteln schon durch ihre Existenz Bürgerkriege zu verhindern.“876 Der rechtsextremistische Topos ‚Deutschsein als Höchstwert‘ erfüllt MUT, indem sich die Autoren sowie die Redaktion als „deutsche und europäische Nationalisten“877 bezeichnen. Dabei ist ihnen der Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus eindeutig bewusst, da sie an anderer Stelle betonen, keine einfachen Patrioten zu sein, was anscheinend für sie eine abwertende Bedeutung hat: „Wir sind Nationalisten (und nicht nur brave Patrioten!)“878. Mit der Selbstbezeichnung als Nationalisten sehen sie Deutschland und das deutsche Volk, im
873
Erdmann, Christian: Tanz auf dem Vulkan. in: MUT (145) September 1979, S. 23f. Windisch, Konrad: Lieber Gott, schick uns einen Sadat! in: MUT (105) Mai 1976, S. 37. 875 Hahn-Butry, Jürgen: Das wahre Gesicht Schwarz-Afrikas. in: MUT (22) Juni 1969, S. 20. 876 Ebd., S. 21. 877 Körner, Friedrich: Die rote Gefahr. Eine sicherheitspolitische Untersuchung, in: MUT (69) Mai 1973, S. 21. 878 Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (79) September 1973, S. 44. 874
176
Vergleich mit anderen Staaten und Völkern, als höherwertig an. Tendeziell gilt diese Haltung für die Zeitschrift insgesamt. MUT, als Initiator der nationaleuropäischen Aktion tritt für ein Europa der Völker ein „und zwar eigenständiger, freier, selbstbewußter Völker, die in ihrer natürlichen Art leben und weiterleben.“879 Hierfür bejahen sie den Nationalismus aller Völker und unterstützen ausländische nationale Gruppen, die eine ähnliche Zielsetzung – insbesondere im Umgang mit Gastarbeitern – vertreten. „Wir bekennen uns bewußt und vorbehaltlos zu unserem Volk. Darum verstehen und achten wir jeden Ausländer, der ebenfalls zu seinem Volk steht.“880 Die Nationalen Europas müssen sich gegen das „rote Europa“881 verbünden und „im Miteinander ihre Kräfte ergänzen, ihre traditionellen Werte überhöhen“882, bevor sich die kommunistische Diktatur auch über Westeuropa erstreckt. Als gemeinsames Ziel gilt: „Es wird vor allem aber ein Europa der Völker sein, nicht nur mit Sicherheit, sondern mit Verbesserung der kulturellen Eigenständigkeit, des kulturellen Eigenlebens aller Völker und Stämme.“883 Als Ausdruck eines grenzübergreifenden europäischen Nationalismus steht der von MUT organisierte erste Nationaleuropäische Jugendkongress in Planegg, der nach seinen Initiatoren ein großer Erfolg war: „Die politische Aussage des Kongresses war vielgestaltig und doch in sich geschlossen: (…) Brüderlichkeit der europäischen Völker im Geiste abendländischer Rechtstradition, im Geiste der Achtung von Volk zu Volk, im Bewußtsein der kulturellen Vielfalt unseres Kontinents, die beispielsweise durch ein allgemeines Volksgruppenrecht zu sichern ist.“884
Gemeinsam ist ihnen nicht nur die strikte Trennung der europäischen Völker, sondern zudem die Ablehnung der herrschenden Regierungen, die das Überleben der europäischen Völker durch „die Integration – zu deutsch: Vermanschung“885 sowie die „liberalistische Aufweichung“886 in Frage stellen. Opitz:
879
Windisch, Konrad: Europa. in: MUT (76) Dezember 1973, S. 35. [Hervorhebung im Original] Wintzek, Bernhard C.: Der Fortschritt sind wir. in: MUT (65) Januar 1973, S. 11. [im Original fett gedruckt] 881 Körner, Friedrich: Rote Gefahr – Nationaler Gegenangriff. in: MUT (58) Juni 1972, S. 33. [im Original fett gedruckt] 882 Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (73) September 1973, S. 44. 883 Opitz, Gerhard: Das Europa der Völker. in: MUT (79) März 1974, S. 44. [im Original fett gedruckt] 884 Körner, Friedrich: Nationale Solidarität Jetzt! in: MUT (62) Oktober 1972, S. 25. 885 Opitz, Gerhard: Italiener – Deutsche – Europäer. Ein MUT-Gespräch mit Bruno Zoratto vom Comitato Tricolore, in: MUT (51) November 1971, S. 40. 886 Körner, Friedrich: Rote Gefahr – Nationaler Gegenangriff. in: MUT (58) Juni 1972, S. 33. [im Original fett gedruckt] 880
177
„Zwei Dinge haben sie nämlich alle gemeinsam, der junge MSI-Aktivist in Mailand und Meran, der deutsch-südtiroler Standschütze in Bruneck, der Jungfreiheitliche in Kufstein und der junge westdeutsche Nationalist in Konstanz und Flensburg: (…) den Willen das Europa der Völker zu bauen, nachdem staatliche Machtpolitik und Ideologien genug angerichtet haben.“887
Häufig – wie im folgenden Zitat von Wintzek – suggeriert MUT dabei, Frieden und Freiheit sei nur durch eine nationale Politik und die Rückbesinnung auf nationale Werte erreichbar. Die Integration von Ausländern führe zu Chaos, Unfreiheit und möglicherweise Krieg. „Diese Untersuchungsergebnisse bestätigen einen wichtigen Grundsatz nationalen Denkens: Heimat, Sprache und spezifischen Kulturraum prägen und erhalten den Menschen. Wer nationale Eigenarten überwinden oder gar die europäischen Völker und ihre Menschen zu einem ‚Einheitsbrei’ durch totale Integration ‚weiterentwickeln’ will, handelt und denkt letztlich unmenschlich. Die Vielfalt und die Eigenarten der europäischen Völker müssen erhalten bleiben, wenn unser Kontinent eine menschenwürdige Zukunft in Frieden, Freiheit und politischer Einheit haben soll.“888
Immer wieder werfen Rechtsextremisten dem deutschen Staat einen Mangel an Demokratie gegenüber Andersdenkenden von rechts vor. Dieses – angebliche – Demokratiedefizit äußert sich in Form eines Polizeistaates, mangelnden Rechtsschutz gegenüber Rechten sowie einer freien Meinungsäußerung, auf die sich Rechte bzw. Nationale nicht berufen können – MUT argumentiert ebenfalls in diesem Sinne. „Wer unbequeme Dinge beim Namen nennt, wird politisch, beruflich und moralisch vernichtet. (…) Dieses ‚Mehr an Demokratie’ vollzieht sich heute auf allen Ebenen. Wer nicht in geistigen Schablonen denken will, wer für absolute politische Chancengleichheit für alle Parteien und Gruppen in diesem Land eintritt, wer warnend darauf hinweist, daß wir einer totalen linkslastigen Meinungsdiktatur ausgeliefert sind, wer dagegen ist, daß die jeweils Herrschenden in unserem Staat, die Beamten und die Institutionen als ihr Privateigentum betrachten, wer fordert, daß das Volk in einem viel größeren Maße bei entscheidenden politischen Fragen unmittelbar mitbestimmen müßte, der wird nach allen Regeln der Kunst diktatorischer Staaten erledigt. Im Osten mit Gefängnis- und Justizterror, im Westen mit der ‚demokratischen’ Methode der Verteufelung und des Rufmordes.“889
Sie werfen der Bundesrepublik diktatorische Methoden vor, die sich im Gegensatz zu kommunistischen Regimen nicht auf gewalttätige Aktionen beziehen, sondern auf ein linkes Meinungsmonopol. Dabei setzen sie die Bundesrepublik mit der DDR auf eine Stufe. Windisch formuliert es so: „Zum Unterschied von 887
Opitz, Gerhard: Nationale Jugend – Auf zum Brückenschlag! in: MUT (53) Januar 1972, S. 43. Wintzek, Bernhard C.: Mensch und Heimat. in: MUT (87) November 1974, S. 19. [im Original fett gedruckt] 889 Wintzek, Bernhard C.: Alle Macht dem Volke. in: MUT (43) März 1971, S. 10. 888
178
den heute herrschenden Praktiken des kalten Meinungs- und Gesinnungsterrors, die ja den Keim für offenen Terror schon in sich tragen, wird in einem von uns geprägten Staat jedermann das wirkliche Recht besitzen, nicht nur eine Meinung zu haben, sondern diese auch zu äußern.“890 Mit dieser Darstellung beschreibt MUT häufig ihre – angebliche – publizistische Benachteilung in der Bundesrepublik. Jedoch widersprechen sich die Autoren, sowohl untereinander als auch in ihrer eigenen Argumentationsführung. In dem nachstehenden Zitat wird klar erkennbar: MUT ist nicht gewillt demokratische Prinzipien einzuhalten, die sie für sich fordern und vermeintlich nicht bekommen. „Wir lehnen den Terror als Mittel der Politik entschieden und absolut ab. Jedoch nicht nur den offenen und blutigen Terror, sondern auch den geheimen und unblutigen, den geistigen Terror durch Macht- und Medienapparate, wie er in den westlichen Demokraturen praktiziert wird. (…) Gewalt kann nur durch Gewalt bekämpft werden. Das ist keine simple Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe. (…) Das ist die Forderung, jenen Teil des Volkes, der in Freiheit und Ordnung zu leben wünscht, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen. Dies geschieht nicht in dem man Forderungen von Terroristen erfüllt, Ermittlungsverfahren einleitet oder Parlamentsdebatten abhält, sondern nur durch harte und schonungslose Anwendung von Gewalt im Kampf gegen die Terroristen. Wer schießt, muß damit rechnen, erschossen zu werden. Wer tötet, muß damit rechnen, erschossen zu werden.“891
Doch nicht nur die durch die Verfassung ihnen gegebene Freiheit der Meinungsäußerung wird den MUT-Autoren versagt, auch „Polizeiterror, (…) Diffamierungen und gemeinste[n] Lügen“892 finden gegen sie Verwendung, nur weil „wir [national-freiheitliche Deutsche] zukunftsträchtige Alternativen erarbeiten und anbieten, weil wir nicht bereit sind, den Verrat an Freiheit, Fortschritt und Demokratie in diesem Lande mitzumachen“893. „Ja, sie [die Großparteien] fürchten nichts mehr als neue Ideen, neue revolutionäre Konzepte. Sie wissen genau, daß sie auf diesem Gebiet nichts zu bieten haben und verlassen sich lieber auf Rundfunk, Fernsehen, Presse und, wenn es sein muß, auf die Polizei.“894
Zudem beklagen die Autoren im Stil klassischer rechtsextremistischer Argumentation eine Zwei-Klassen-Justiz, die sich ausschließlich gegen rechte, nationale Kräfte richtet und „politische Gewalttaten als Kavaliersdelikte behandelt[en],
890
Windisch, Konrad: Der Terror. in: MUT (91) März 1975, S. 41. Windisch, Konrad: Der Terror – 2. Teil. in: MUT (92) April 1975, S. 16. [Hervorhebung im Original] 892 Wintzek, Bernhard C.: Alle Macht dem Volke. in: MUT (43) März 1971, S. 9. 893 Ebd. 894 Windisch, Konrad: „Zersplitterung“. in: MUT (80) April 1974, S. 34. 891
179
sofern sie gegen die deutsche Rechte verübt wurden“895. Eine Rolle spielt hier die ‚Umerziehungspolitik‘ der Alliierten, die „im Zuge der großen ‚Charakterwäsche’“896 das deutsche Volk „zu einer ‚pluralistischen Gesellschaft’ umzuerziehen versucht[e]“897 und nun die nationalen Kräfte mit diktatorischen Mitteln bekämpft, da sie sich erfolgreich gegen die Umerziehungskampagnen wehren. „Demokratie ist also fast das Gegenteil von dem, was heute geschieht: Posten und Funktionen nicht für den Tüchtigen, sondern für den Parteifreund, Wohnungen nur für Parteibuchbesitzer, Hetze und Hass gegen alles, was nicht der eigenen Auffassung entspricht, diskriminierende Wahlgesetze gegen jede Gruppe, die nicht der geheiligten Dreifaltigkeit angehört, Ausschluß jeder nonkonformen Stimme aus den Massenmedien, brutales und kaltes Ausschließen jedes Andersdenkenden von Mitbestimmung und Mitverantwortung. ‚Demokratie’ heute – das ist das Zurechtbiegen und Zurechtlügen von Wahrheiten, ohne die Fakten zu prüfen, das ist verleumden und bedrohen, unterdrücken und diskriminieren.“898
Diese Argumentationsweise der Zeitschrift fällt eindeutig in das rechtsextremistische Topos der fehlenden Meinungsfreiheit sowie des mangelnden Rechtsschutzes für Rechte, da sie sich für die eigentliche Wahrheit und die wahre Demokratie einsetzen. Eine andere wichtige Thematik in MUT ist die Vergangenheitsbewältigung zu der sich Wintzek u.a. mehrfach äußert: „Wer angesichts dieser Weltsituation nur in Selbstanklage zurückblickt (und das seit 25 Jahren), damit ‚so etwas nie wieder geschieht’, statt den um ihn herum geschehenden politischen Morden, Terroraktionen und jener bis zur Perfektion gesteigerten Völkervernichtungsmaschinerei in unserer Zeit mit allen Mitteln zu wehren, der macht aus dem ‚mahnenden Rückblick’ nur eine einseitige und darum unglaubwürdige Show, der hat aus der Geschichte nichts, aber auch gar nichts gelernt!“899
Der Hauptkritikpunkt – neben der deutschen Alleinschuld – ist die „rückwärtsgewandte[n] Diskussion[en] über die ‚deutschen Verbrechen in der Vergangenheit’“900, die den „Blick für die mörderischen Verbrechen in der Gegenwart nicht nur bei uns Deutschen wieder einmal trüben“901. Ohnehin kennen „die unersättlichen ‚Vergangenheitsbewältiger’“902 kein Ende, sondern schüren „das Mißtrauen zwischen den Generationen und vertiefen damit nicht nur die parteipolitischen
895 Wintzek, Bernhard C.: Wir Deutschen züchten uns unsere Verbrecher selber! in: MUT (49) September 1971, S. 12. [im Original fett gedruckt] 896 Ebd. 897 Ebd. 898 Windisch, Konrad: Die Demokratie. in: MUT (68) April 1973, S. 13. 899 Wintzek, Bernhard C.: Handeln ist wichtiger als Gedenken. in: MUT (33) Mai 1970, S. 28. 900 Erdmann, Christian: Verjährte Vergangenheit. in: MUT (138) Februar 1979, S. 39. 901 Ebd. 902 Ebd.
180
Risse in unserem Land“903. Fortwährend kommt in den Äußerungen die Ansicht zum Vorschein, nach der den Opfern nicht ihrer selbst wegen gedacht wird, sondern lediglich um dem ‚Tätervolk – aus durchsichtigen politischen Motiven – Schuldgefühle ‚einzuimpfen‘. In diesem Sinne äußert sich Wintzek bereits in der ersten Ausgabe: „Es gibt viele, die ein erhöhtes Interesse daran haben, übermütig gewordene und zu allem Verdruß auch noch selbstsichere Staatsbürger, die eine neue Idee vertreten, in die Schranken herkömmlicher Geschichtsauffassung zu verweisen.“904 Hiernach entsteht der Eindruck, als ob mehrere legitime Geschichtsauffassungen existieren würden, aber nur die eine staatliche für den roboterartigen Bürger (‚zu allem Verdruß auch noch selbstsichere Staatsbürger‘) geeignet ist. Für MUT steht der Sinn der Vergangenheitsbewältigung außer Frage: „Dem deutschen Volk soll durch die andauernde ‚Vergangenheitsbewältigung’ der Blick für die Probleme der Gegenwart und Zukunft versperrt werden. Die Etablierten wollen ablenken von ihrem Versagen, ihrer Mißwirtschaft. Sie wollen ablenken von Arbeitslosigkeit, Mauermord und Mienen.“905Dem entspricht auch die Umerziehung, die den Rückgriff auf Hitler benötigt, da es nämlich Antisemiten oder Nationalsozialisten in der Bundesrepublik nicht gäbe. Um dennoch den gegenteiligen Anschein zu erwecken, inszenieren Deutschland feindlich gesinnte Kräfte rechtsextremistische Aktionen: „Kaum ist der antideutsche Fernseh-‚Holocaust’ über die bundesdeutschen Bildschirme geflimmert, wird ‚zufällig’ ein ‚Waffenlager rechtsextremistischer Kreise’ entdeckt. Wieder spucken die internationalen Meinungsmacher Gift und Galle, wieder unglaubliche Anwürfe gegen alles, was national denkt. Wie sich die Bilder gleichen. Offen bleibt nur, wann diesmal die Hintermänner entlarvt werden. (…) Hitler darf nicht sterben, das ist das Motto der vereinigten Umerzieher.“
Die Vergangenheitsbewältigung, sprich das Gedenken an die nationalsozialistischen Opfer sowie die Aufarbeitung der NS-Verbrechen, ist für die MUTAutoren hauptsächlich eine Folge der Politik der etablierten Parteien. Die SPD ist bei weitem stärker involviert als die Union, die teilweise in Schutz genommen, aber gleichzeitig wegen ihres Opportunismus stark angeprangert wird. So heißt es bei Erdmann: „Der Fernseh-‚Holocaust’ hat also die gewünschte politische Wirkung gezeigt. Die Geschwindigkeit mit der diese 26 CDU-MdBs ihre Volksvertreterpflichten in der Vergangenheitsbewältigungs-Frage begriffen, dürfte nicht nur Herbert Wehner überrascht haben. (…) Wer jetzt allerdings meint, damit ebbe die Sturmflut der jüngsten ‚Vergangenheitsbewältigung’ ab, irrt. Holocaust bleibt garantiert das Thema dieses Jahres. Natürlich in den verschiedenen Darbie903
Ebd. Wintzek, Bernhard C.: Wir haben es gewagt! in: MUT (1) Oktober 1965, S. 2. 905 Steinmark, Armin: Hitler darf nicht sterben … in: MUT (139) März 1979, S. 25. 904
181
tungsformen offizieller internationaler Aburteilung und Verdammung der ‚jüngsten deutschen Vergangenheit’. Und das nach 34 Jahren.“906
Opitz dagegen nimmt die Union in Schutz und klagt die SPD wegen ihrer ‚Vergangenheitsbewältigung‘ an. Gleichzeitig kritisiert er die SPD wegen ihrer „unfeinen“907 Angriffe auf die nationale Rechte – also genau das, was er selbst in seinen Beiträgen praktiziert. Daneben muss er immer wieder die CDU/CSU verteidigen, die im Grunde nichts anderes exerziert als die SPD, allerdings nach Opitz „nur teilweise“908. Sinnvoll erscheint diese Argumentation nur, wenn die Union als natürlicher Bündnispartner der nationalen Rechten gilt. „Allgemein kann gesagt werden, daß die SPD durchgängig noch in ‚Vergangenheitsbewältigung’ macht, und die Ausfälle von SPD-Politikern und -Versammlungsrednern gegen die neu aufstrebende national-freiheitliche Rechte sind sehr unfein und gehässig. Die CDU/CSU tut solches nur teilweise.“909
Rechtsextremistische Etikettierungen: Die deutsche Teilung als Folge verhängnisvoller historischer Abläufe wird in MUT häufig mit der rechtsextremistischen Etikettierung des ‚Schicksals‘ beschrieben, dem sich das deutsche Volk stellen muss und welches keineswegs bereits entschieden ist. Jene „Schicksalsfrage unserer Nation, die letztlich über die politische Einheit Europas entscheidet, [wird] in den vor uns liegenden 80ziger Jahren erheblich an politischen Gewicht zunehmen.“910 Dennoch ist es die Aufgabe der Nationalen, sich diesem Schicksal zu stellen und das deutsche Volk in die Zukunft zu führen: „Bekennen wir uns bewußt zu unserem Volk und seinem Schicksal, seiner Geschichte, seiner Kultur und seiner Sprache, dann handeln wir national! Der Völkische bewahrt sein Volkstum, gleichgültig unter welchen politischen Vorzeichen. Der Nationale sieht darüber hinaus das Volk als die größte natürliche Einheit.“911 In ihren Artikeln verwenden die Autoren verschiedene Schlüsselwörter des Rechtsextremismus, die bei Begriffen wie etwa „national“912, „Bekenntnis zur Nation“913 oder auch „nationale Leitidee“914 – ebenfalls typisch für das konservative Spektrum – anfangen. Daneben benutzen sie eindeutig der rechtsextremistischen Szene zuzurechnende Formulierungen wie „selbstverständlich der Volks906
Erdmann, Christian: Der „deutsche Disput“. in: MUT (39) März 1979, S. 27. Opitz, Gerhard: Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil II). in: MUT (23) Juli 1969, S. 12. Ebd. 909 Ebd., S. 13. 910 Erdmann, Christian: Deutschland und Europa. in: MUT (142) Juni 1979, S. 19. 911 Windisch, Konrad: National. in: MUT (71) Juli 1973, S. 22. [Hervorhebung im Original] 912 Opitz, Gerhard: Zur Frage der „Anerkennung“. in: MUT (31) März 1970, S. 36. 913 Jäde, Henning: Die Wehr-Neurose. in: MUT (14) Januar 1968, S. 9. 914 Jäde, Henning: Politik der Schwäche. in: MUT (13) November 1967, S. 22. 907 908
182
gemeinschaft dienen“915 oder: „So aber geht es uns – oder vielen – zwar wirtschaftlich gut, während die Kraft und Substanz eines ganzen Volkes abgenützt, vertan und verschleudert wird.“916. Mehrheitlich handelt es sich um die Volksgemeinschaft, die im Zuge der Umerziehung und des zunehmenden Sittenverfalls in ihrer Existenz gefährdet ist und durch nationale Kräfte eine Rettung erfahren soll. Die Nationalen „suchen eine bessere Volksordnung als die heutige, eine Ordnung, die – genau genommen – menschlicher, kultivierter, sinnvoller ist (…)“917. Hierfür werben sie bei der deutschen Jugend für eine „grundlegende Alternative“918, die auf der „Gemeinschaft des Volkes, ohne Klassenhaß, ohne menschenverachtenden Materialismus“919 basiert und für die sie sich idealistisch einsetzen: „Wir kämpfen ohne Sold und begeistert für die Idee ‚Vaterland’.“920 Sowohl Miranda als auch Antimiranda treten in MUT in verschiedener Weise auf. Da ist zum einen Rudolf Heß, der als Pseudonym für die so genannte Nürnberger Hassjustiz und die Ungerechtigkeit der Siegerjustiz steht: „Das Bewußtsein, recht getan zu haben, gab Ihnen [Rudolf Heß] die Kraft, der Gewalt eines Tribunals zu widerstehen, indem sich die Ankläger selbst zu Richtern gemacht hatten.“921 Zum anderen erscheint ab Ende 1978 – in Verbindung mit der Ausstrahlung der ‚Holocaust‘-Serie – vermehrt das Antimiranda ‚die 6Millionen-Lüge‘: „Dazu, kommt, daß die bundesdeutsche ‚Verpflichtung’ zur Israelhilfe auf der unbewiesenen und unbeweisbaren Sechs-Millionen-Legende beruht (…)“922. Aber auch das Antimiranda vom Sittenverfall in der pluralistischen Gesellschaft, insbesondere unter Jugendlichen, nimmt in MUT einen großen Raum ein und wird hauptsächlich an Alkohol- und Rauschgiftkonsum sowie an modernen Musik- und Kunststilen festgemacht. „Bekanntlich gibt es nicht nur eine Notstandskriminalität, sondern auch eine Wohlstandskriminalität. Deren misslichste Form ist in unserer Zeit die geistige Wohlstandskriminalität. Sie kommen ja alle aus ‚guten Häusern’, wo es ihnen – Folge der Wirtschaftswunderbehaglichkeit – allzu lange allzu wohl ging. Je nun – ‚wenn es dem Esel zu wohl wird, geht er aufs Eis tan-
915
Opitz, Gerhard: Die SED – Von innen gesehen. in: MUT (21) Mai 1969, S. 10. Windisch, Konrad: Ist die Wirtschaft alles? in: MUT (45) Mai 1971, S. 42. Opitz, Gerhard: Die Sache ist nämlich die … in: MUT (70) Juni 1973, S. 37. 918 Steinmark, Armin: Loch in der Seele. Die neuen Jugendsekten und der Materialismus, in: MUT (138) Februar 1979, S. 33. 919 Ebd. 920 Ebd. 921 Hertel, Hans: Lieber Rudolf Hess! in: MUT (80) April 1974, S. 49. 922 Opitz, Gerhard: Energiekrise und Wohlstandsbehaglichkeit. in: MUT (76) Dezember 1973, S 19. 916 917
183
zen’ – und solche Intellektual-Esel sind sie schließlich alle. Die Rauschgifttheologie ist dann folgerichtig die Endstation dieses Expreßzuges der Luxusverwahrlosung.“923
Die zeitgenössische Pop-Musik kritisiert MUT hauptsächlich in rassistischer Weise, aufgrund des afroamerikanischen Einflusses auf diesen Musikstil, der als Gefahr für die europäische Kultur gesehen wird, wie Steinmark beispielsweise schreibt: „Parallel zum Niedergang überlieferter abendländischer Wertvorstellungen wächst das stilbildende Vorbild der farbigen Welt. Die ‚Pop-Musik’ ist durchsetzt von afro-amerikanischen Kulturäußerungen. So gesehen ist der Vormarsch der heutigen ‚Pop-Musik’ zugleich Ausdruck der farbigen Expansion hinein in die europäische Welt.“924 Dabei hält sich die Verwendung von Miranda und Antimiranda annähernd die Waage. Ihre klassischen Aufgaben, das Auslösen komplexer Reaktionen und Emotionen, die zu einer Abschottung der Doktrin führt, erfüllen sie in MUT. Die am häufigsten verwendete rechtsextremistische Etikettierung ‚Wahrheit und Lüge‘ erfährt ebenfalls mehrmals Eingang und bezieht sich größtenteils auf die Thematik des Holocaust. Dabei wird zum einen die Opferzahl von sechs Millionen als Lüge oder unbeweisbar bezeichnet und zum anderen kann von einer deutschen Alleinschuld nicht die Rede sein, da die Alliierten früh von Konzentrationslagern unterrichtet waren und sich zudem einer Aufnahme der jüdischen Bevölkerung verweigerten. Insbesondere die Lüge von der Alleinschuld verwenden die Autoren vielfältig und belegen sie des Öfteren durch – angebliche – wissenschaftliche Zeugnisse oder jüdische Zeitzeugen. Als Beispiel firmiert Wintzeks Artikel ‚Beihilfe zum Mord?‘ aus dem November-Heft 1967, der die Veröffentlichung eines Buches eines ehemaligen Mitarbeiters des Columbia Broadcasting System (CBS) zum Inhalt hat. Jener Mitarbeiter wirft „der Regierung Roosevelt vor, Rettungsaktionen von europäischen Juden verhindert oder verzögert zu haben.“925 Wintzek legt dabei großen Wert auf die Behauptung: Die amerikanische Regierung war frühzeitig – bereits 1942 – über die geplante Ermordung der jüdischen Bevölkerung unterrichtet. Ziel dieser Aussage ist unbestritten die Relativierung und Verteilung der deutschen Schuld am Mord von sechs Millionen Juden. Dem Leser vermittelt er die Meinung, das Dritte Reich hat zwar die Ermordung durchgeführt, aber die Alliierten haben wissentlich dabei zugesehen und unter Umständen diese sogar indirekt gebilligt. Das deutsche Volk ist dementsprechend nicht der Alleinschuldige.
923
Opitz, Gerhard: Haschisch, Heroin und LSD – Amen. in: MUT (52) Dezember 1971, S. 32f. [im Original fett gedruckt] 924 Steinmark, Armin: Disco – Musik – Maschinen – „Kultur“. in: MUT (147) November 1979, S. 38. 925 Wintzek, Bernhard C.: Beihilfe zum Mord? in: MUT (13) November 1967, S. 25.
184
„Außerdem wird in dem Buch ein bisher streng geheimgehaltener Brief des damaligen Finanzministers der USA, Henry Morgenthau, an Roosevelt vom 16. Januar 1944 zitiert, in dem Morgenthau dem Außenministerium vorwirft, eine Rettungsaktion für französische und rumänische Juden durch langsames bürokratisches Gebaren verhindert zu haben. Ob das Buch auch die Frage behandelt, wann amerikanische Personen und Instanzen, die durch Verschleppungstaktik jüdische Menschen Hitler ans Messer geliefert haben, wegen Beihilfe zum Mord angeklagt werden, ist nicht bekannt.“926
Zudem zieht Wintzek die wissenschaftlich anerkannte Zahl von sechs Millionen NS-Opfern in Zweifel. „Abgesehen von der umstrittenen Zahl der 6 Millionen ist heute schon zu erkennen, daß das Buch einige harte Fakten aufdecken wird.“927 Womit er indirekt auf ein Bestreben bzw. eine Verschwörung der Alliierten und dem deutschen Staat hinweist, dem deutschen Volk aufgrund einer höheren Opferzahl eine größere Schuld zu geben. Einen großen Raum in MUT und insbesondere in Wintzeks Argumentationskette nimmt die rechtsextremistische Vorstellung von der ‚Umerziehung‘ des deutschen Volkes durch die Alliierten ein. Für sie sind die vorwiegend linken, kommunistischen Einstellungen, das Konsumdenken, der Egoismus, die Abwendung von Volk und Nation sowie der deutschen Einheit konkret erwünschte Folgen der Umerziehung. „Die für manchen erschreckenden Bilder sind gesetzmäßige Folgeerscheinungen jener Gehirnwäsche, die man mancherorts auch verniedlichend ‚Umerziehung’ nannte.“928 Mit dem Begriff ‚Gehirnwäsche‘ weckt Wintzek zwangsläufig beim Leser negative, ablehnende Assoziationen und versucht ihn somit für seine Ziele einzuspannen. „Der Begriff des Dienens jedoch, das Ethos des Dienstes – das wurde im Zuge der ‚Umerziehung’ und ihrer Folgen madig gemacht, veralbert, ins Lächerliche gezogen, als überholt hingestellt.“929 Zusammen mit dem Schlüsselwort ‚Umerziehung‘ verwendet Opitz den ‚Sittenverfall‘ in der Bundesrepublik – ein klassisches rechtsextremistisches Antimiranda. An anderer Stelle verbindet Wintzek drei wesentliche Schlüsselwörter der Rechtsextremen: den Sittenverfall, die Umerziehungskampagne sowie die Zerstückelung Deutschlands, womit beim Leser eine verstärkende Wirkung erzielt und die Ablehnung der deutschen Regierung sowie der Parteien angestrebt wird. „Und dieses alles in einer Zeit, in der Werte, Weltbilder und Traditionen zusammenbrachen oder mit der Gewalt der Meinungsmache zusammengeschlagen wurden wie Kartenhäuser, in 926
Ebd. Ebd. 928 Wintzek, Bernhard C.: Eine Herausforderung an die „nationalen Jugendbünde“. in: MUT (19/20) März 1969, S. 25. 929 Opitz, Gerhard: Haschisch, Heroin und LSD – Amen. in: MUT (52) Dezember 1971, S. 33. [im Original fett gedruckt] 927
185
der die jungen Generationen zwar aus dem erlebten Gefühl der inneren Leere revoltieren, aber man ihnen längst durch psychologische Methoden der Umerziehung die Bewusstseinslage geraubt hat, mitverantwortliche Persönlichkeit eines Volkes und einer Nation zu sein, die wiederum im Herzen Europas trotz Teilung und Zerstückelung eine entscheidende geschichtliche Aufgabe hat (…).“930
Wieder stehen die Alliierten und die deutschen Parteien und Regierungen als bösartig dar, die dem deutschen Volk und den zukünftigen Generationen die eigene Geschichte, ihre eigene Meinung sowie ihr Land gestohlen haben. In diesem Beitrag bietet Wintzek auch eine Lösung an, die in Form der Jugendbünde daherkommt und die Bewahrer der deutschen Werte verkörpern. Er sieht einen Mentalitätswechsel in der jungen Generation, welche die „bewusste Negierung von Volk und Nation als ethische Werte“931 nicht länger hinnehmen möchte. Es sollte allerdings nicht der schicksalhafte Zeitpunkt verpasst werden, an dem ein Wandel möglich ist. In dem er die Aufgabe als Schicksal beschreibt, hebt Wintzek diese auf eine höhere Ebene. Schicksal, das unausweichliche, von einer höheren Macht vorher bestimmte Ereignis, welches in diesem Fall Deutschland als Nation und Volk erreicht. Wintzek erzeugt, konträr der eigentlichen Bedeutung von Schicksal, die Vorstellung, nach der das deutsche ‚Schicksal‘ noch nicht entschieden ist. „Es kommt darauf an, daß unsere Generation ‚in Form’ ist, um nicht an den Problemen unserer Zeit zu versagen und somit Deutschland und Mitteleuropa einem ungewissen Schicksal preiszugeben.“932 In Anlehnung an die ‚Umerziehungs‘-Politik der Alliierten ist es nach Wintzek unerlässlich, zu neuem „nationalem Selbstbewußtsein zurückzufinden“933, mit dem die „kulturelle und politische Überfremdung unserer Völker“934 durch die USA Einhalt geboten werden soll, da diese – wie bereits im Titel des Beitrages – als Gefahr wahrgenommen wird. Diese Gefahr ist nicht nur auf einer mehr oder weniger abstrakten Ebene vorhanden, sondern sie beschädigt schon die Grundlagen des deutschen Volkes, wonach es demnach um dessen Überleben geht. „Kein Deutscher, dem die persönliche Zukunft in Deutschland noch etwas bedeutet, darf übersehen, daß nach der kulturellen und geistigen Überfremdung unseres Volkes, nach den im Zuge der Umerziehung geschürten Generationskonflikten, (…) nunmehr der Punkt für uns erreicht
930 Wintzek, Bernhard C.: Eine Herausforderung an die „nationalen Jugendbünde“. in: MUT (19/20) März 1969, S. 26. 931 Ebd. 932 Wintzek, Bernhard C.: Wir Nationaleuropäer und die Europa-Idee. in: MUT (2) Dezember 1965, S. 6. 933 Wintzek, Bernhard C.: Die Junge Generation (I. Teil). in: MUT (3) Februar 1966, S. 13. 934 Wintzek, Bernhard C.: Der gefährliche Antiamerikanismus. in: MUT (17) Juli/August 1968, S. 17.
186
ist, an dem es um die Substanz an sich geht, nämlich um den Menschen deutscher Sprache, deutscher Kultur und deutscher Abstammung.“935
Das deutsche Volk soll in Hertels Augen zu einer international austauschbaren kapitalistischen Gesellschaft formiert werden. „Die Gesellschaft ist nicht an ein Volk und seine Eigenart gebunden, sondern ist das Modell der kapitalistischen Systeme im gesamten freien Westen. Es ist international übertragbar, wie das Ergebnis der Umerziehung zeigt.“936 Daneben erkennt MUT in der alliierten Umerziehung auch die Ursache für einen – angeblichen – Landesverrat, der vor 1945 in diesem Umfang nicht gegeben war: „Es gab viele Gegner des Kaisers und der Monarchie, aber Deutschland verrieten sie nie. Auch die Masse der Hitler-Gegner lehnte den Landesverrat ab. Das blieb einem kleinen Kreis von Wirrköpfen überlassen.“937 Mit der Umerziehungspolitik änderte sich dieses jedoch: „Sie demontierten auch das deutsche Gewissen, indem sie unsere heiligsten Begriffe Volk, Vaterland und Nation zerredeten und der Lächerlichkeit preisgaben. (…) Mit dem Verzicht auf die Werte Volk, Vaterland und Nation wird nämlich auch die Schamschwelle abgebaut, die früher den Landesverrat verhinderte.“938 Häufig wird die Thematik der Umerziehung mit anderen rechtsextremistischen Topoi verbunden, insbesondere der ‚Vergangenheitsbewältigung‘: „Es kann keinen Zweifel daran geben, daß alle jene sich fundamental täuschten, die da im Mai 1945 meinten, die nach der Kapitulation eingeleitete Umerziehung (Reeducation) der Deutschen würde nur eine vom damaligen Deutschenhaß der Sieger diktierte vorübergehende Erscheinung von zehn oder zwanzig Jahren bleiben. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Je weiter wir uns zeitlich von den politischen und militärischen Ereignissen der Jahre zwischen 1914 bis 1945 entfernen, um so rasanter schrumpft das an der historischen Wahrheit orientierte geschichtliche Wissen über die ‚jüngste deutsche Vergangenheit’ im Bewußtsein der nachwachsenden Generationen, und um so dreister kann darum das, was bei uns ‚Vergangenheitsbewältigung’ genannt wird, die entstellenden Züge der überwunden geglaubten Greuelpropaganda annehmen.“939
An dieser Stelle tritt nicht nur die Vergangenheitsbewältigung in die Argumentationsstruktur, sondern auch die Zweifel an der ‚historischen Wahrheit‘, der damit unterstellt wird, das deutsche Volk mit Blick auf seine geschichtliche Rolle zu belügen. Ebenso kommt beim Thema Umerziehung die Relativierung der deutschen Verbrechen fortwährend zum Tragen: „Die Erkenntnis freilich, daß die 935
Wintzek, Bernhard C.: Wie blöd ist der Westen? in: MUT (97) September 1975, S. 8. [im Original fett gedruckt] 936 Hertel, Hans: Der Dritte Weg. in: MUT (77) Januar 1974, S. 10. 937 Hertel, Hans: Das demontierte Gewissen. in: MUT (107) Juli 1976, S. 35. 938 Ebd., S. 36. 939 Wintzek, Bernhard C.: Die Umerziehung und ihre Folgen. in: MUT (129) Mai 1978, S. 8. [im Original fett gedruckt]
187
Deutschen zu den Nationen zählen, welche die wenigsten Kriege führten, ist weder neu noch schützt sie uns vor der umerzieherischen Gehirnwäsche in diesen Tagen.“940 Den völkerrechtlichen Status der Bundesrepublik beurteilt MUT als abhängig. Für MUT ist die Bundesrepublik alles andere als ein selbstständiger Staat, was die Mehrzahl der Bevölkerung nur noch nicht erkannt hat: „Es gibt ungezählte Bundesbürger, die immer noch glauben, die Bundesrepublik Deutschland sei ein souveräner Staat, in dem der größte Teil des deutschen Volkes lebt.“941 Die Bundesrepublik ist in dem gleichen Maße souverän wie die DDR, nur dass der materielle Wohlstand der Bundesrepublik den Mangel an Souveränität verdeckt und so die Bürger täuscht. Wintzek deutet zudem in dem folgenden Zitat an: Ziel der Alliierten war nicht die Bekämpfung des Nationalsozialismus, sondern die Unterdrückung Deutschlands, womit er ein eher zweifelhaftes Geschichtsbewusstsein – nicht ungewöhnlich für die rechtsextremistische Ideologie – offenbart. „Natürlich sind wir viel, viel weniger unfrei als unsere Brüder und Schwestern drüben – aber sind wir deshalb frei, als Volk und Staat wirklich frei? Natürlich sind wir es nicht, denn sonst hätten die Sieger von gestern und ‚freundschaftlichen’ Kontrolleure von heute den Krieg gegen Deutschland umsonst geführt. (…) Wir sind ebensowenig souverän wie die ‚souveräne DDR’, nur daß wir diese politische, wirtschaftliche und kulturelle Unfreiheit weniger spüren, weil man sie uns nicht mit Panzern aufzwingt, sondern mit den goldenen Ketten der Wallstreet.“942
Um die Souveränität wiederzuerlangen, ist es notwendig, „das Ja zur nationalen Identität [als] das Rückgrat des Volkes“943 wieder neu zu etablieren, was – im rechtsextremistischen Sinn – jedoch erst wieder mit der Wiederherstellung des Deutschen Reiches erlangt ist. Bis dahin wird das deutsche Volk durch das „internationale Großkapital manipuliert (…), wobei man mit sardonischem Lächeln den alten Staaten gestattet, noch ein wenig ‚Souveränität’ zu spielen“944. Völkermord erfährt in MUT eine neue, für rechtsextremistische Medien charakteristische Bedeutung: Zum einen wird der nationalsozialistische Völkermord an den Juden relativiert bzw. abgestritten, und zum anderen ist Völkermord bei der Integration von Ausländern gegeben. MUT stellt sich „von Anfang an gegen den modernen Menschenhandel, der sich unter dem Schlagwort ‚Gastarbeiter’ verbirgt“945 – wie es Wintzek formuliert – und begründet dies sowohl mit 940
Ebd., S. 9. [im Original fett gedruckt] Wintzek, Bernhard C.: Die „Amerikaner“ in Bonn. in: MUT (108) August 1976, S. 3. 942 Wintzek, Bernhard C.: Wem gehören die Deutschen? in: MUT (67) März 1973, S. 12. 943 Steinmark, Armin: Nationale Demokratie statt Fremdherrschaft. in: MUT (141) Mai 1979, S. 19. 944 Opitz, Gerhard: Die Idee einer neuen Volks- und Völkerordnung. in: MUT (80) April 1974, S. 32. 945 Wintzek, Bernhard C.: Mensch und Heimat. in: MUT (87) November 1974, S. 19. [Hervorhebung im Original] 941
188
angewandter Humanität gegenüber Ausländern als auch mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches die nationalen Deutschen durch die „Zerstörung der nationalen und kulturellen Identität (…) durch sogenannte ‚Integration’“946 gefährdet sehen. Daher argumentieren die Autoren wie etwa Steinmark mit der Zukunft der Gastarbeiter-Kinder: „Die Ausländerkinder haben ebenso das Recht auf Selbstbestimmung in ihrer Kultur wie die deutsche Jugend im deutschen Volk.“947 Als Ursache für den entstandenen „großen Schmelztiegel“948 sieht beispielsweise Steinmark den internationalen Kapitalismus, der die „Einheitsmenschen, bar jeder nationalen oder kulturellen Tradition“949 als „beliebig austauschbare Objekte einiger multinational ausgerichteter Kräfte“950 benötigt, den sich lediglich die nationalen, demokratischen Deutschen entgegenstellen: „Die volkszerstörenden Kräfte des Kapitalismus und des Marxismus haben ohne Rücksicht auf Zukunft und Bestand der Völker Millionen von Menschen in Bewegung gesetzt und sehen sich nun dem wachsenden Widerstand großer Volksteile gegenüber. (…) Wir stellen fest, daß nur volkstreue, nicht aber marxistische, kapitalistische oder liberale Kräfte diese Bedrohung der biologischen Substanz nicht nur unseres eigenen Volkes, sondern auch der anderen europäischen Völker abwehren können oder wehren.“951
Sollten sich die europäischen Völker nicht den Vorstellungen der Nationalen anschließen, so würde dieses direkt zu der „endgültige[n] Ausrottung des Geistes Europas [führen – einem] gigantische[n] Verbrechen gegen die Menschlichkeit. (…) Wir nationalen Deutschen wissen, daß alles in der Natur auf Unterschiedlichkeit, auf Variation, auf Differenzierung hinausläuft. Die Wahnidee vom Einheitsbrei der Völker ist naturwidrig. Wir wissen auch, daß der Quell europäischer Kraft und Kultur immer die Verschiedenartigkeit der Völker war.“952 Besonders deutlich kommt das Argument ‚Rassenmischung als Völkermord‘ in dem folgenden Zitat von Steinmark zur Geltung: „In seinem Kommentar zum Völkerrecht unterscheidet Georg Dahm fünf Erscheinungsformen des Gruppen bzw. Völkermordes: 1. Der physische Völkermord. Er geschieht durch Massentötungen in einer Gruppe. 2. Der biologische Völkermord. Er geschieht durch Geburtenverhinderung in einer Gruppe und Kinderverschleppung. 946
Steinmark, Armin: Für das Selbstbestimmungsrecht der Jugend. in: MUT (140) April 1979, S. 28. Ebd. Steinmark, Armin: Herrschende Ausländerpolitik – Verbrechen gegen die Menschlichkeit. in: MUT (142) Juni 1979, S. 42. [im Original fett gedruckt] 949 Ebd. [im Original fett gedruckt] 950 Ebd. [im Original fett gedruckt] 951 Windisch, Konrad: Die Gastarbeiter. in: MUT (79) März 1974, S. 45. 952 Steinmark, Armin: Herrschende Ausländerpolitik – Verbrechen gegen die Menschlichkeit. in: MUT (142) Juni 1979, S. 42. 947 948
189
3. Der kulturelle Völkermord. Er geschieht durch Zerstörung der in einer Gruppe überlieferten Werte wie Sprache, Kultur und Religion. 4. Der Vertreibungs-Völkermord. Er geschieht durch Auseinanderreißen der Mitglieder einer Gruppe oder Vertreibung derselben aus ihrer Heimat. 5. Der Unterwanderungsvölkermord. Er geschieht durch Veranlassung der Unterwanderung einer Gruppe. Durch diese Völkermordkonvention wurde international anerkannt, daß nicht nur soziale und religiöse, sondern auch ethnische und rassische Gruppen ein zu schützendes Gut sind. Wer will bestreiten, daß eine Ausländerpolitik, die Millionen Menschen ihrer angestammten Heimat entwurzelt und in die Ballungszentren Westdeutschlands verfrachtet, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt? Zu den unveräußerlichen Menschenrechten gehört auch das Recht auf eigene Kultur und eigenes Volkstum. Wer dies mißachtet, ja bewußt verletzt, begeht Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Wir nationalen Deutschen haben Hochachtung vor den Kulturen anderer Völker. Deshalb bekämpfen wir aufs schärfste eine Politik, die die nationale und kulturelle Identität der Ausländer vernichten will. Die herrschende Ausländerpolitik will Millionen ausländischer Menschen in das deutsche Volk einschmelzen, ‚integrieren’. Woher nehmen die Integrations-Extremisten eigentlich das Recht, die jungen Türken, Griechen, Spanier, Italiener usw. von ihrem angestammten Volkstum zu amputieren? Welche Verachtung anderer Völker liegt in dem Bestreben, die Ausländerkinder zu ‚germanisieren’!“953
Allerdings begründet MUT die Ausweisung der Gastarbeiter aus der Bundesrepublik nicht ausschließlich mit den hehren Zielen der Humanität und Selbstbestimmung der Völker, sondern auch mit der profanen Aussage: Ausländer nehmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg. Speziell die Ansprüche der Gastarbeiter auf Sozialleistungen in Deutschland werden als große Ungerechtigkeit empfunden, da diese den hohen deutschen Lebensstandard in ihren Heimatländern gar nicht kennen und in der Bundesrepublik auch, wenn sie arbeitslos sind, noch bei weitem besser leben. Auf die entrichteten Sozialabgaben und die damit einhergehenden nicht nur juristischen Ansprüche der Gastarbeiter geht Hertel nicht ein – es würde ohnehin nur die Behauptung von einer humanitären Lösung ad absurdum führen. „Dem Arbeitslosen Müller kann man schlecht einreden, daß es richtig ist, wenn er arbeitslos bleibt, während Achmed, Stefan, Mario und José weiterhin gut verdienen, besser leben als zuhause, gute Wohnungen verlangen, in der gesundheitlichen Betreuung gleichberechtigt sind, für ihre Kinder schulische Einrichtungen verlangen, die sie zuhause kaum kennen, viel Geld nach Hause schicken und obendrein gegen Arbeitslosigkeit genauso versichert sind wie die deutschen Kollegen und für den Schluß ihres Arbeitslebens auch noch die gleiche Rente erwarten, wie jeder deutsche Arbeiter.“954 (…) „Da inzwischen aber eine völlig neue Wirtschaftlage entstanden ist, die sich nach aller Voraussicht noch beträchtlich verschlechtern wird, ist es nicht nur unser gutes Recht gegenüber den Achmeds, sondern auch unsere Pflicht gegenüber den Müllers und Meiers, auf dem Arbeitsmarkt eine ganz neue Politik einzuleiten. Wir müssen die Fremdarbeiter in großer Zahl nach Hause schicken.“955 953
Ebd., S. 40f. Hertel, Hans: Heilige unserer Gesellschaft: Die Gastarbeiter. in: MUT (87) November 1974, S. 18. 955 Ebd., S. 20f. 954
190
In Anlehnung an die ‚Umerziehungs‘-Politik der Alliierten ist es nach Wintzek unerlässlich, zu neuem „nationalem Selbstbewusstsein zurückzufinden“956, mit dem die „kulturelle und politische Überfremdung unserer Völker“957 durch die USA Einhalt geboten werden soll, da diese – wie bereits im Titel des Beitrages (‚Der gefährliche Antiamerikanismus‘) – als Gefahr wahrgenommen wird. Zusammen mit der Überfremdung der europäischen Völker durch den amerikanischen Lebensstil und seinen Wertvorstellungen propagiert er die „nationale Differenziertheit der Völker“958: „Kein mit Verstand begabter Mensch wird die Differenziertheit der Völker des großen Kulturkreises Europa abstreiten wollen.“959 Dieser Argumentation folgend sind Anhänger von Integration, Globalisierung und Gleichheit ohne Verstand und damit nicht Herr ihrer Sinne, also auch nicht regierungsfähig. Verschwörungstheorien: Dieses Kriterium findet in einer Vielzahl verschiedener Thematiken Verwendung, vor allem in außenpolitisch orientierten Artikeln. Es ist nicht auf einen bestimmten Autor begrenzt. Während sich die Verschwörungstheorien von Opitz und Rhein um die deutsche Kriegsschuld an den beiden Weltkriegen drehen, sehen Erdmann und Steinmark im Bereich der Energierversorgung internationale Verschwörungen: Die diplomatische Annäherung der Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China wird von Opitz auf die maritimen Flottenambitionen der Sowjetunion zurückgeführt, die die USA herausfordern und von ihnen nun bekämpft werden. Andere Gründe für eine Modifikation der amerikanischen Außenpolitik wie etwa den Ausbau des US-amerikanischen Exporthandels benennt Opitz nicht oder verschweigt sie bewusst. Um seiner These mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, bemüht er zwei historische Vergleiche: Sowohl das Deutsche Reich 1914 als auch das Kaiserreich Japan 1941 wurde nach Opitz lediglich aufgrund ihrer Flottenpolitik in die beiden Weltkriege gezogen. Demnach sah zum einen Großbritannien das Deutsche Reich und zum anderen die USA Japan als Konkurrenz für ihre eigene Flotte, was zum Krieg gegen beide Staaten führte. Pearl Harbor, der Auslöser für die amerikanische Kriegserklärung an Japan, verschweigt Opitz dabei gezielt, würde es seiner Theorie doch die Grundlage entziehen und Japan – sowie das Deutsche Reich 1914 – nicht mehr als kleine, unschuldig in einen Krieg gezogene Nation darstellen.
956
Wintzek, Bernhard C.: Die Junge Generation (I. Teil). in: MUT (3) Februar 1966, S. 13. Wintzek, Bernhard C.: Der gefährliche Antiamerikanismus. in: MUT (17) Juli/August 1968, S. 17. Wintzek, Bernhard C.: Europa = Idee – Betrug am deutschen Volk? in: MUT (7) Oktober 1966, S. 12. 959 Ebd., S. 11. 957 958
191
„Man kann nur vermuten, was die Amerikaner veranlaßt hat, nicht mehr auf Ausgleich mit den Sowjets zu setzen, sondern die chinesische Trumpfkarte ins Spiel zu bringen. Vermutlich war es die Tatsache, daß die Sowjets, bisher reine Kontinentalmacht, plötzlich vom Ehrgeiz gepackt wurden, auch weltumspannende Seemacht zu werden. Und da pflegen die ‚alten’ Seemächte stets besonders empfindlich zu sein. Das hat das Deutsche Reich mit seinen (vergleichsweise harmlosen) Flottenpolitik vor 1914 im Verhältnis zu Großbritannien erfahren müssen, später Japan im Verhältnis zu den USA. Jetzt lernen das die Russen, daß es nicht gut bekommt, die Seemächte auf deren eigenen Feld herauszufordern.“960
Wenngleich die Einlassungen Opitzs historische Unwahrheiten darstellen, so fügen sie sich dennoch optimal in rechtsextreme Verschwörungstheorien ein, die häufig mittels des ‚Wahrheits-Themas‘ die Kriegsschuld im Ersten und hauptsächlich im Zweiten Weltkrieg thematisieren und konträr zur Geschichtswissenschaft beurteilen. Ebenfalls in die Thematik der Kriegsschuld-Frage reiht sich ein Beitrag von Kurt-Peter Rhein vom März 1978 ein. Rhein bezieht sich in seinem Artikel auf das Buch ‚Die Insider‘ von Gary Allen, welcher behauptet, so genannte nationale Regierungen würden lediglich aus einem Grund als Diktaturen politisch und publizistisch diffamiert: ihrer Herauslösung aus dem Dollarsystem. Für Rhein stellt sich beispielsweise die Berichterstattung über das PinochetRegime in Chile als eine Art internationaler Verschwörung dar: „Daß in aller Welt von einer gewissen Journaille gegen Pinochet gehetzt wird, kann kein Zufall sein. Soviel Übereinstimmung kann nur das Ergebnis von Absprache sein.“961 Die Hintermänner bezeichnet er – wie Gary Allen – als Insider, denen es um den reibungslosen Ablauf ihrer Geschäfte geht. Kommunistische Staaten sind im Gegensatz zu Nationalen von den Hetzkampagnen der Insider nicht betroffen, da sie sich in das amerikanische Finanzsystem integriert haben – ein stets wiederkehrendes Thema in MUT. Neben Chile nennt Rhein Rhodesien, FrancoSpanien und Südafrika als Beispiele, aber ebenso das Dritte Reich ist nur aufgrund seiner Herauslösung aus dem US-amerikanischen Finanzsystem isoliert, diffamiert und später angegriffen worden. Wie jeder andere Verschwörungstheoretiker versucht Rhein Licht ins Dunkle zu bringen und die wahren Sachverhalte zu erläutern. „Ganz anders nun liegen die Dinge bei nationalen nichtmarxistischen Regierungssystemen. Nationale Regierungen bemühen sich bei der Planung ihrer wirtschaftspolitischen Konzepte weitgehend um autarke Verhältnisse, und sie lösen sich üblicherweise aus dem von der amerikanischen Hochfinanz manipulierten und beherrschten Dollarsystem (Hitler hatte sich seinerzeit auch aus der Verflechtung mit der Weltwirtschaft gelöst). Das ist der ‚Fehler’ der Nationalen. Denn nun bekommen sie die Macht der Insider zu spüren. Wirtschaftliche Boykottmaßnahmen und internationale Pressekampagnen sorgen für den nötigen Druck: Beispiele für das Gesagte: 960
Opitz, Gerhard: Ein Silberstreif am Horizont. Nixons Chinabesuch und seine Auswirkungen auf uns, in: MUT (56) April 1972, S. 36. 961 Rhein, Kurt-Peter: Chile in der Zange der Insider. in: MUT (127) März 1978, S. 35.
192
seinerzeit Spanien und jetzt neben Chile vor allem Südafrika und Rhodesien. An den nationalen Staaten können die Insider nichts verdienen. Die Führer der Nationalstaaten denken nämlich in erster Linie an das Wohl ihrer eigenen Bürger. Dadurch kommt für die Insider so manches gute Geschäft, das in marxistischen Staaten glatt über die Bühne geht, nicht zustande. Die Rache der Insider sind, wie gesagt, wirtschaftliche Boykottmaßnahmen und (mit Hilfe der Nachrichtenagenturen) international gesteuerte Pressekampagnen, die in gewaltigen Hetz- und Verleumdungsparolen und nicht selten in bewaffneten Auseinandersetzungen gipfeln. Wenn man die internationale Agitation gegen Chile einmal vor diesem Hintergrund sieht, wird manches klarer!“962
In den Bereich einer anderen weit verbreiteten Verschwörungstheorie fallen die Berichte von Christian Erdmann und Armin Steinmark zur energiepolitischen Abhängigkeit der Bundesrepublik. Kritisch beurteilen sie in erster Linie die Preisbildung durch die so genannten internationalen Öl-Multis, die „nicht nur für die einzelnen Industrienationen absolut unterschiedlich, sondern für die jeweiligen Regierungen auch ein unergründbares Geheimnis zu sein scheint.“963 Das eigentliche Problem scheint eher in der mangelnden Einflussnahme nationaler Regierungen auf den Ölpreis zu liegen: „In jedem Fall entzieht er sich jeglicher Einflußnahme seitens nationaler Regierungen. Die Öl-Multis können, von niemanden kontrolliert, an der Preisschraube wann und wie immer sie wollen, drehen.“964 Steinmark und Erdmann gehen davon aus: Die Öl-Krise 1979 ist nicht zufällig zu diesem Zeitpunkt aufgetreten. Vielmehr behaupten sie, der Grund liegt in der Verunsicherung der Weltbevölkerung nach dem Unfall im Atomreaktor von Harrisburg: „Mit dem vorübergehenden Ausfall des persischen Öls im Zuge der Umwälzung im Iran war und ist zum einen der für jedermann ersichtliche ‚Aufhänger’ der Verknappung gegeben, und zum anderen ist die derzeitige Ölkrisen-Kampagne die Antwort der Multis auf die weltweiten negativen psychologischen Folgen des Atomreaktor-Unfalls von Harrisburg. Denn Harrisburg gab nicht nur den Atomkraft-Gegnern ein unwiderlegbares Argument in die Hand, sondern verunsicherte auch weite Teile der Befürworter der Kernenergie. (…) Um eben diese politische Durchsetzbarkeit der Kernenergie im großen Maßstab aber geht es – und zwar ohne Bürgerkriegsähnliche Zustände in den entsprechenden Regionen. Den aufmüpfigen Bürgern der westlichen Industrienationen, die der vermehrten Kernenergie keine rechte Lebensfreude abgewinnen können, soll mit der Preisexplosion der fallweisen Öl-Verknappung und dem Gerede von drohenden Kriegen um das Öl (…) das Ja zu Atomkraftwerken als scheinbar einzigen Ausweg aus der sonst als ‚unabwendbar’ dargestellten Energiekrise der nächsten Jahrzehnten abgerungen werden.“965
962
Ebd., S. 35f. Erdmann, Christian: Die letzte Ölung? in: MUT (143) Juli 1979, S. 9f. [im Original fett gedruckt] 964 Ebd. [im Original fett gedruckt] 965 Ebd. 963
193
Die Begründung für seine These liefert erstaunlicherweise nicht Erdmann persönlich, sondern Steinmark in demselben Heft. Denn fast alle Öl-Multis „wurden in den letzten Jahren zu wichtigen Uranproduzenten“966 und „stecken sämtlich im dicken Atomgeschäft“.967 Die Bundesrepublik ist aber nicht nur von der Atomenergie ausländischer Konzerne abhängig, diese werden ebenso von jüdischen Familien beherrscht, wie im folgenden Satz zum Vorschein kommt: „Auch die Familie Rothschild sei an beinahe jeder großen Urangesellschaft beteiligt, berichtet ein US-Finanzmagazin.“968 An dieser Stelle des Artikels erhält der Satz nur dann einen Sinn, wenn er auf die jüdische Herkunft der Familie verweisen soll. Damit wäre der Bogen zu der im rechtsextremen Spektrum weit verbreiteten Theorie einer internationalen jüdischen Weltverschwörung – auf die sich Hitler schon bezog – gespannt. Auch bei der Kommentierung von Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg kommt diese Argumentation zum Tragen: „Die zahlreichen Hetzfilme, in denen das Kriegsgeschehen stets einseitig abgehandelt wird, verdanken ihre Entstehung oft den Ideen oder wenigstens der Mitwirkung deutscher ‚Künstler’ wie Atze Braun [sic!] und anderer Gesinnungsgenossen bis hin zu Curd Jürgens.“969 Unter das Kriterium der Verschwörungstheorie fällt ebenso eine Bildunterschrift innerhalb von Körners Artikel ‚Neue Landtage in Hessen und Bayern‘ vom November 1970.970 Auf dem abgedruckten Foto sind zwei Jugendliche in Zusammenhang mit einer Kundgebung zu sehen, die jeweils eine kleine Hakenkreuzfahne halten bzw. an der Kleidung tragen. Untertitelt ist es mit dem folgenden Satz: „Verführte Kinder, denen der Gegner Hakenkreuz-Fähnchen in die Hände drückt, damit die gegen alles, was sich national nennt, ‚demonstrieren’ können.“971
Auf dem Foto ist jedoch weder jemand abgebildet, der den Jugendlichen die Fahnen in die Hand drückt, noch Jugendliche, die sich in irgendeiner Weise unwohl fühlen würden. Im Gegensatz zu der Behauptung, kann nicht angenommen werden, dass jemand, dessen Gesinnung nicht innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums liegt, sich mit einer Hakenkreuzfahne öffentlich zeigt oder in 966
Steinmark, Armin: Deutschland braucht seine Kohle. in: MUT (143) Juli 1979, S. 16. Ebd. Ebd. 969 Hertel, Hans: Die „häßlichen“ Deutschen? in: MUT (123) November 1977, S. 10. 970 Es ist anzunehmen, dass die Bildunterschrift nicht von Körner selbst verfasst wurde, sondern wahrscheinlich von einem Redaktionsmitglied des MUT-Verlages. Da dieses Foto jedoch als optische Unterstützung für Körners Artikel gedacht ist, findet es in die Analyse Eingang. 971 Körner, Friedrich: Neue Landtage in Hessen und Bayern: Wichtige Wahlen stehen vor der Tür. in: MUT (39) November 1979, S. 34. 967 968
194
die ‚Hände drücken lässt‘. Allerdings passt diese Position in das allgemeine Muster rechtsextremistischer Verschwörungstheorien, die häufig davon ausgehen, ihnen werden nationalsozialistische Symbole von linken Gegnern ‚untergeschoben‘. Verhältnis zu Gewalt: Das Verhältnis von MUT zur Anwendung von Gewalt stellt sich positiv dar; allerdings ist es jeweils abhängig von der politischen Richtung, welche diese anwendet – konkrete Aussagen treffen hierbei drei Autoren: Wintzek, Körner und Hertel, die seinerzeit repräsentativ für die Zeitschrift waren. Ein stets wiederkehrendes Thema in MUT bildet die Südtirolfrage, die Wintzeks Verhältnis zu Gewalt präsentiert. Selbstverständlich nimmt MUT hierbei die Position der Südtiroler ein und vergleicht ihre Lage mit der DDR. Nach Wintzek ist Südtirol genauso unbestreitbar ein Teil von Österreich wie die DDR ein Teil Deutschlands. Allerdings steht Wintzek nicht nur den Forderungen der Südtiroler positiv gegenüber, er befürwortet ebenfalls die terroristischen972 Anschläge einiger Südtiroler Separatisten. In der Oktoberausgabe 1966 schreibt er: „Natürlich wird mit Bomben und Sabotageakten bei diesem Problem mehr zerschlagen als gewonnen, aber welcher Weg bleibt eigentlich einer Völkergruppe noch, der man annähernd fünfzig Jahre geraten hat, besonnen zu sein, auf Gewaltakte zu verzichten und alles andere dem guten Willen Roms zu überlassen? Hätte Rom wenigstens in den letzten zwanzig Jahren den guten Willen gezeigt, das durch die Annexion geschaffene Unrecht zu korrigieren, vieles wäre – gerade was die Bomben betrifft – ungeschehen geblieben.“973
Diese Aussage verdeutlicht: Wintzek hebt zwar die negativen Auswirkungen des Terrorismus auf die Verhandlungen zwischen Südtirol und Italien hervor, aber zugleich zeigt er auch Verständnis für die südtiroler Gewalttaten. Aufgrund der mangelnden Bereitschaft der italienischen Regierung, die Südtirolfrage in Form eines Ausgleichs zu entscheiden, ist in Wintzeks Augen vor allem Rom für die Anschläge verantwortlich. Indirekt liegt damit die Verantwortung an eventuellen menschlichen Opfern beim italienischen Staat. Eine Argumentation, die sich nicht zuletzt bei heutigen Terroristen wiederfindet. Anders sieht es bei Terroristen oder Anhängern aus dem linken politischen Spektrum aus: Hier wird am Beispiel einer – angeblichen – „fahrlässige[n] 972
Der Terrorismusbegriff ist in den späten 60er und 70er Jahren innerhalb eines revolutionären Bezugsrahmens zu sehen. Im Gegensatz zum Terrorismus der 40er und 50er Jahre umfasst er, neben kolonialen und neokolonialen Gruppen, auch ethnisch separatistische, nationalistische sowie ideologisch motivierte Gruppen. Nationalistische Minderheiten und politische Entrechtete strebten durch den Terrorismus, Aufmerksamkeit auf sich und ihre Sache an, um damit internationale Unterstützung und Sympathie zu erlangen. [Vgl. Hoffmann, Bruce: Terrorismus – der unerklärte Krieg. Neue Gefahren politischer Gewalt, aktualisierte Neuausgabe, Frankfurt a. M. 2006, S. 44.] 973 Wintzek, Bernhard C.: Südtirol gehört zu Österreich wie Mitteldeutschland zu Deutschland! in: MUT (7) Oktober 1966, S. 5.
195
Wehrkraftzersetzung durch die liberale Linke und die bewußte Wehrkraftzersetzung durch die marxistische Linke“974 durch Körner gefordert, diese „nachhaltig und wirkungsvoll und mit Brachialgewalt zu bekämpfen“975. Ist diese Aufforderung noch teilweise auf die nationale Rechte bezogen, so sieht Hertel im Bereich des Terrorismus den Staat gefragt, die Demokratie und die mit ihr verbundene Freiheit wirkungsvoll zu schützen und zwar dauerhaft und nicht noch durch ein – angeblich – lasches Rechtssystem zu gefährden. Dabei gilt die Todesstrafe als einziges probates Mittel, um den politischen Terrorismus zu bekämpfen. „Zwar gibt es kein Allheilmittel um den Terror weltweit total auszuschalten. Aber die Wiedereinführung der Todesstrafe für politische Gewalttaten in allen zivilisierten Ländern würde den Terror bestimmt einschränken und seine Bekämpfung erleichtern. (…) Wer von der Freiheit in der Demokratie redet, macht sich selbst zum Lügner, wenn er in der Verteidigung dieser Freiheit genau an der falschen Stelle von Humanität redet. Die Humanität des Staates besteht nämlich darin, die Masse der friedlich arbeitenden Bürger vor Verbrechen zu schützen.“976
Doch öffnet gerade die Einführung der Todesstrafe auf politische Verbrechen der Diktatur Tür und Tor. Auch die Begrenzung des staatlichen Gewaltmonopols durch eine – angeblich – falsch verstandene Humanität und eine damit einhergehende mangelhafte Terrorismusbekämpfung erscheint nicht schlüssig. Zumal der Schutz der demokratischen Freiheit und eine humanitäre Justiz sich nicht ausschließen. Hertel sieht gleichwohl den linken Terrorismus in der Bundesrepublik als Folge einer schon länger andauernden Erosion des staatlichen Gewaltmonopols, welches als Folge dem Individuum mehr Rechte zubilligt als der Gemeinschaft des Volkes. „Das alles ist geschehen, weil wir nicht mehr die Wertordnung haben, die ein Volk zusammenhält und den Staat zur Ausübung von Gewalt berechtigt. In Gesetzgebung, Rechtsprechung und Strafvollzug müssen klare Wertvorstellungen herrschen. Selbstverständlich ist das Leben des einzelnen ein schützenwürdiges und unter den heutigen Umständen besonders schutzbedürftiges Rechtsgut. Aber daneben gibt es auch andere Rechtsgüter, die höher zu bewerten sind. Das Leben des ganzen Volkes, seine innere Sicherheit und Ordnung, die Funktionsfähigkeit des Staates stehen über dem Recht des einzelnen.“977
Genau hier liegt das Entscheidende in Hertels Denken: In einer Demokratie steht nichts und niemand über dem Leben des Einzelnen. Der Schutz des Individuums ist durch kein anderes Rechtsgut aufzuwiegen. Ihm geht es jedoch nicht nur um 974
Körner, Friedrich: Die rote Gefahr. Eine sicherheitspolitische Untersuchung, in: MUT (69) Mai 1973, S. 30. 975 Ebd. 976 Hertel, Hans: Lob der Gewalt. in: MUT (108) August 1976, S. 26. 977 Hertel, Hans: Starparade der Lügner. Erkennen Sie die Melodie? in: MUT ( 122) Oktober 1977, S. 12.
196
die Einführung der Todesstrafe und das Durchsetzen staatlicher Gewalt in Bezug auf Terroristen, sondern auch auf deren intellektuelle Anhänger und Unterstützer, womit er fundamentale Grundpfeiler der Demokratie – in Form der Meinungs- und Pressefreiheit – angreift: „Die Frage des Strafmaßes für Terrorakte, etwa die Wiedereinführung der Todesstrafe, ist zweitrangig. Es wäre doch widersinnig, Terroristen zum Tode zu verurteilen, wenn ihre Sympathisanten in den Massenmedien und an den Universitäten, weiter ungestraft ihr Unwesen treiben dürfen. Wer nicht bereit ist, diesen Sympathisantensumpf mit Strunk und Stiehl auszurotten, soll nicht mit einer Diskussion über die Todesstrafe vom eigentlichen Thema ablenken.“978
Das Verhältnis von MUT zur Anwendung von Gewalt ist mit dem folgenden Zitat von Hertel gut auf einen Nenner zu bringen: „Gewalt an sich ist also weder gut noch schlecht, auf die Anwendung kommt es an.“979
4.3.2 Kriterien: Demokratie Einstellung zur Demokratie: Die wenigen Aussagen – im Speziellen die Erörterung der Zielvorstellungen durch Windisch – zu der von MUT angestrebten neuen Staats- und Gesellschaftsordnung gelten eher dem Anspruch einer identitären Demokratie als einer Konkurrenzdemokratie. Insbesondere der permanente Verweis auf die Volksgemeinschaft, die über den einzelnen gesellschaftlichen Gruppen steht, ist dabei hervorzuheben: „Er [der Staat] soll den Interessen des gesamten Volkes, ohne Rücksicht auf Partei, Stand oder Religion dienen und nützen. (…) Er [der Staat] hat die Aufgabe, die Kräfte des gesamten Volkes auf wirtschaftlichen, biologischen und kulturellen Gebieten zu fördern. (…) Es muss ein handlungsfähiger Staat sein mit einer frei und demokratisch gewählten Spitze – nicht mit einer manipulierten und manipulierbaren Funktionärshierarchie –, mit einer Regierung also, die frei gewählt über eine bestimmte Zeit weitgehende Handlungsfreiheit hat. (…) Die Staatsform wird eine echte Demokratie sein, die den Einzelnen und seine Fähigkeiten und Leistungen für die Gemeinschaft des Volkes fördert und nützt.“980
In diesem Zitat kommt bereits der abstrakte Volkswillen zum Ausdruck, dem jedoch durch die ‚weitgehende Handlungsfreiheit‘ der Regierenden keine Grenzen, wie in der Konkurrenzdemokratie, gesetzt sind und demnach Ähnlichkeiten 978
Ebd., S. 13. [im Original fett gedruckt] Hertel, Hans: Holocaust international. in: MUT (137) Januar 1979, S. 9. [im Original fett gedruckt] 980 Windisch, Konrad: Der Staat. in: MUT (67) März 1973, S. 10. 979
197
mit diktatorischen Regimen aufweist. Wenngleich MUT immer wieder betont, niemanden zwangsweise der Volksgemeinschaft unterstellen zu wollen, so bleibt dennoch gerade hier ein Widerspruch bestehen, da für die Autoren „die größte politische Gemeinschaft (…) das Volk [ist]“981 und „ein geborener Deutscher gehört dem deutschen Volk an – ob er will oder nicht“982. Daher stellt sich die folgende Aussage von Windisch als höchst zweifelhaft dar: „Das Einordnen in diese Gemeinschaft kann aber nicht unter diktatorischen Zwang erfolgen.“983 Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat: Die Einstellung der Autoren zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat ist überwiegend negativ, da die Verwirklichung einer wahren Demokratie sowie eines Rechtsstaates erst noch durch sie erfolgen muss: „Wir sind nicht der Meinung, in einem funktionierenden Rechtsstaat und einer gesunden Demokratie zu leben, sondern wir sind der Überzeugung, daß Rechtsstaat und Demokratie erst noch zu verwirklichen sind. Von uns.“984 Jedoch unterscheiden sich ihre Ansichten von den Verfassungsprinzipien – Rechtsstaat und Demokratie – der Bundesrepublik grundlegend. Insbesondere der Achtung der Menschenwürde, die das Grundgesetz über die Demokratie setzt, steht MUT negativ gegenüber, welche immer wieder in Stellungnahmen zur Wiedereinführung der Todesstrafe (z.B. bei Hertel) zum Vorschein kommt: „Aber die Wiedereinführung der Todesstrafe für politische Gewalttaten in allen zivilisierten Ländern würde den Terror bestimmt einschränken und seine Bekämpfung erleichtern. (…) Wer von der Freiheit in der Demokratie redet, macht sich selbst zum Lügner, wenn er in der Verteidigung dieser Freiheit genau an der falschen Stelle von Humanität redet.“985
Dagegen stellt das Verfassungsprinzip des Rechtsstaates ganz eindeutig fest: Die Todesstrafe lässt sich nicht mit der humanen Rechtssprechung, wie sie das Grundgesetz fordert, vereinbaren. Ähnlich steht MUT dem Schutz des Individuums gegenüber, welches sich – anders als vom Grundgesetz vorgesehen – bei der von MUT angestrebten Gesellschaftsordnung dem Staat unterordnen müsste und daher nicht den Verfassungsprinzipien übergeordnet wäre: „Selbstverständlich ist das Leben des einzelnen ein schutzwürdiges und unter den heutigen Umständen besonders schutzbedürftiges Rechtsgut. Aber daneben gibt es auch andere Rechts-
981
Windisch, Konrad: Kollektiv und Gemeinschaft. in: MUT (86) Oktober 1974, S. 33. Windisch, Konrad: National. in: MUT (71) Juli 1973, S. 22. Windisch, Konrad: Kollektiv und Gemeinschaft. in: MUT (86) Oktober 1974, S. 33. 984 Windisch, Konrad: Terror – 2. Teil. in: MUT (92) April 1975, S. 16. [Hervorhebung im Original] 985 Hertel, Hans: Lob der Gewalt. in: MUT (108) August 1976, S. 26. 982 983
198
güter, die höher zu bewerten sind. Das Leben des ganzen Volkes, seine innere Sicherheit und Ordnung, die Funktionsfähigkeit des Staates stehen über dem Recht des einzelnen.“986
Die Höherbewertung der Volksgemeinschaft sowie des Staates gegenüber dem Individuum öffnet der Diktatur Tür und Tor und ist mit dem bundesrepublikanischen Verfassungsstaat nicht vereinbar. Antitotalitärer/antiextremistischer Konsens: Der antitotalitäre/antiextremistische Konsens wird von MUT und seinen Autoren nicht mitgetragen. Vielmehr steht MUT seinen zentralen Merkmalen diametral entgegen: Richtet sich der antitotalitäre/antiextremistische Konsens sowohl gegen den Kommunismus als auch gegen den Nationalsozialismus gleichermaßen, so tritt die Zeitschrift ausschließlich für die Bekämpfung des Kommunismus ein, da hier allein die Gefahr für die Demokratie der Bundesrepublik liegt. Sollte es jemals eine Gefahr von rechter Seite gegeben haben, so ist diese bereits vor Jahrzehnten ausgestorben und würde jetzt nur noch – von Kommunisten – auf eine abstrakte Art und Weise konstruiert, wie insbesondere Wintzek des Öfteren betont: „Die Planer des Kommunismus bauen sich einen ‚germanischen Gegner’ auf, damit sie ihre eigenen, tagtäglichen Verbrechen vor jenen tatsächlichen oder propagandistisch erfundenen von gestern verstecken können. Den ‚braunen Gegner’ gibt es nicht mehr.“987 Der Fingerzeig auf den – angeblichen – Rechtsextremismus ist für MUT lediglich eine Verschleierungstaktik, um kommunistische Gewalttaten zu verheimlichen: „Der Kampf gegen einen mausetoten Totalitarismus von vorgestern ist nur eine sehr unzulängliche Tarnung des Manövers, vom höchst lebendigen roten Totalitarismus von heute abzulenken.“988 Daneben sieht MUT den Kampf gegen den Kommunismus als Notwendigkeit, um die deutsche Einheit wiederzuerlangen. Die behauptete Hauptaufgabe dabei ist die Verteidigung des Grundgesetzes, „weil dies allein einen staatlichen Zustand der Bundesrepublik gewährleistet, der diese instand setzt, der totalitären Bedrohung durch den Kommunismus zu widerstehen und ihre verfassungsmäßig aufgegebenen nationalen Einheits- und Freiheits-Verpflichtungen zu erfüllen.“989 Wenngleich die Autoren in MUT fortwährend ihre Verfassungstreue betonen990, so treten sie – durch ihre Negierung eines Totalitarismus bzw. Extremismus von rechts – dennoch nicht für den antitotalitären/antiextremistischen Konsens ein:
986 Hertel, Hans: Starparade der Lügner. Erkennen Sie die Melodie? in: MUT (122) Oktober 1977, S. 12. 987 Wintzek, Bernhard C.: Anpassung ist Angst. in: MUT (133) September 1978, S. 37. 988 Jäde, Henning: Alibi-Zwänge. in: MUT (72) August 1973, S. 38. 989 Jäde, Henning: Der Stammtisch und das Grundgesetz. in: MUT (74) Oktober 1973, S. 19. 990 Vgl. ebd.
199
„Aktiven Radikalismus und Terrorismus gibt es nur von links. Wer als gewohnheitsmäßige Pflichtübung von rechts und links spricht, ist ein Lügner, der unser Volk hindern will, die Wahrheit zu erkennen. (…) Terrorismus gibt es nur links, nur von links her ist der Rechtsstaat bedroht.“991
Pluralistische Vielfalt: Die Pluralismuskonzeption – Wesensmerkmal westlicher Demokratien – findet in MUT ausschließlich in negativen Kontexten Verwendung. Dabei steht die pluralistische Gesellschaft konträr zum Weltbild der Nationalen, die dem Pluralismus die Hauptschuld am Werteverfall sowie der Zerstörung der Volksgemeinschaft geben. „Im schwammigen bürgerlich-liberalen Mittelfeld unserer Politik loben sie sich ob der ‚pluralistischen Gesellschaft’, die die Volksgemeinschaft zerfallen läßt. (…) Wir, die Bewegung der sozialen Rechten, verfechten gegenüber diesen alten Theorien und Praktiken das Prinzip der Volksgemeinschaft. Das bedeutet: solidarisches Zusammenwirken aller Sozialgruppen zum gemeinen Wohle, weil solches allein Freiheit und Gerechtigkeit für den einzelnen wie für die Sozialgruppen verbürgt.“992
Als Folge der pluralistischen Gesellschaft ist die Volksgemeinschaft „nicht einfach kulturell und moralisch heruntergekommen, sie ist tödlich degeneriert. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“993 Wintzek gebraucht einen Sprachduktus, der häufig im Nationalsozialismus Anwendung fand. Die „halt- und wertelos konzipierten und darum dem moralischem Siechtum preisgegebenen pluralistischen Gesellschaften“994 zeichnen für den Verfall des deutschen Volkes verantwortlich und insbesondere „labile[n] Jugendliche[n], die nicht durch eine intakte Familie und klare Ordnungsprinzipien gefestigt sind“995, laufen Gefahr, „die auf Pflichten beruhende Freiheit als chaotische Narrenfreiheit mißzuverstehen, in der nur der Brutale, der Gerissene und Skrupellose zu etwas kommt.“996 Im Pluralismus gilt das Gemeinwohl als regulatives Element, welches jedoch nicht vorgeschrieben werden kann. Dagegen strebt MUT die Volksgemeinschaft an, deren Interessen über dem Individuum stehen und den sich der Einzelne unterzuordnen hat, wie etwa im Bereich der Kunst: „Kunst ist der Ausdruck des Gefühls einer Gemeinschaft durch das individuelle Talent.“997 Aber auch 991
Hertel, Hans: Starparade der Lügner. Erkennen Sie die Melodie? in: MUT (122) Oktober 1977, S. 11. 992 Opitz, Gerhard: Die Idee einer neuen Volks- und Völkerordnung. in: MUT (80) April 1974, S. 28. 993 Wintzek, Bernhard C.: Tödliche Dekadenz. in: MUT (98) Oktober 1975, S. 38. [im Original fett gedruckt] 994 Wintzek, Bernhard C.: Jugend im geteilten Deutschland. in: MUT (103) März 1976, S. 10. [im Original fett gedruckt] 995 Ebd. [im Original fett gedruckt] 996 Ebd. [im Original fett gedruckt] 997 Windisch, Konrad: Kunst. in: MUT (74) Oktober 1973, S. 43.
200
Religionsfreiheit ist nur so lange gegeben, wie sie nicht gegen die Interessen einer abstrakten Volksgemeinschaft verstößt: „Die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft wird in jenem Augenblick problematisch, wo das Oberhaupt dieser Gemeinschaft vom einzelnen Dinge fordert, die den Interessen des eigenen Volkes zuwiderlaufen. (…) Daraus ergibt sich aber auch das Bekenntnis zu der absoluten persönlichen Freiheit jedes einzelnen in religiösen Dingen und religiösen Handlungen – solange eben damit die Interessen der staatlichen und volklichen Gemeinschaft nicht gefährdet werden oder diese religiösen Handlungen den Strafgesetzen des Staates nicht zuwiderlaufen. (…) ‚Jeder soll nach seiner Facon selig werden’ – aber nicht auf Kosten der Volksgemeinschaft.“998
Im Gegensatz zum Pluralismus bejaht MUT keineswegs die gesellschaftliche Heterogenität, sondern vertritt die Vorstellung eines objektiv erkennbaren und exekutierbaren Gemeinwohls in Form der Volksgemeinschaft.999
4.4 Fremdwahrnehmung Die Publikationsliste zu MUT für die Zeit bis 1979 erweist sich als außerordentlich spärlich. Lediglich in drei Sammelbänden, den Verfassungsschutzberichten, drei Zeitungsartikeln sowie einer Fernsehsendung finden sich Einträge zu MUT. Hierbei handelt es sich jedoch um Texte über die Aktion Widerstand sowie über die politischen Aktivitäten des Herausgebers. Die Zeitschrift wird nur in Nebensätzen erwähnt, wie beispielsweise bei Neumann/Maes: „Bernhard C. Wintzek, jugendlicher Nationalaktivist aus dem finstersten Winkel der Lüneburger Heide, Herausgeber der Zeitschrift ‚MUT’ und Vorsitzender des gleichnamigen Aktionskreises, hatte mit Erfolg das Jahr 1970 zum ‚Jahr des Widerstandes’ gegen alles, was sich links von der CDU tummelt, erklärt.“1000
In der kurzen Darstellung der beteiligten Organisationen an der Aktion Widerstand porträtieren Neumann/Maes MUT nach formalen Gesichtspunkten, mit dem Hauptaugenmerk auf Wintzek. „Wintzek diente mit seinem Organ als Koordinator und Werbeträger für die Kassler [sic!] Demonstration und schlug die Brücke zu gleichgesinnten Gruppen in Österreich, wobei er mit dem Kulturwerk Europäischen Geistes kooperierte. Heute gilt Wintzek innerhalb der rechten 998
Windisch, Konrad: Die Religion. in: MUT (70) Juni 1973, S. 32. [Hervorhebung im Original] Vgl. u.a. Windisch, Konrad: Die Gesellschaftsordnung. in: MUT (72) August 1973, S. 45. Windisch, Konrad: Kollektiv und Gemeinschaft. in MUT (86) Oktober 1974, S. 33. 1000 Neumann, Nicolaus/Jochen Maes: Der geplante Putsch. Die Rechte in der BRD – Ihre Hintermänner und ihre Organisation, Hamburg 1971, S. 29. 999
201
Sammlung als Chefagitator. Nicht umsonst ist er es gewesen, der aus der ‚Aktion Widerstand’ die ‚Aktion Angriff’ formuliert hat.“1001 Mit Ausnahme der Auflagenhöhe, von 5.000 – 15.000 Exemplaren, ist die Zeitschrift selbst bei Neumann/Maes nicht von Bedeutung. Eine ähnliche Schwerpunktsetzung auf die Aktion Widerstand erfolgt in den Publikationen des ‚Pressedienstes Demokratische Initiative‘ (PDI). Beide Veröffentlichungen enthalten einen identischen Text zur Vita des Herausgebers. Abgesehen von der Erwähnung, nach der Wintzek als „Herausgeber der neonazistischen Zeitschrift ‚MUT’“1002 bzw. der „neofaschistischen Zeitschrift“1003 fungiert, ist sie für den PDI nicht mehr von Bedeutung. Die wahllose Verwendung der Begriffe ‚neofaschistisch‘ und ‚neonazistisch‘ als Synonyme füreinander ist typisch für die Publikationen über MUT in dieser Zeit. Die Konzentration des Textes liegt auf der Gründung der Aktion Widerstand sowie der Veranstaltung in Würzburg, die Organisation des ersten Nationaleuropäischen Jugendkongresses, die „Kappler-Entführungsfeier in Soltau“1004 sowie die NPD-Bundestagskandidatur.1005 Dennoch finden sich auch Zitate aus MUT im PDI, die auf eine Kenntnis der Zeitschrift schließen lassen. „1978 bezeichnete er [Wintzek] den Kriegsverbrecher Rudolf Heß als ‚unschuldig’ und polemisierte gegen die ‚Umerziehung’ nach 1945, weil dadurch ‚das, was bei uns >Vergangenheitsbewältigung< genannt wird, die entstellenden Züge der überwunden geglaubten Greuelpropaganda annehmen’ kann.“1006 Derselben Darstellung unterliegt MUT auch in der Presse, wie z.B. im Donau Kurier aus dem Jahr 1970: Wintzek gilt hier als aktives Mitglied der rechten APO und MUT als „Hauspostille“1007 der Aktion Widerstand. „Wintzek und Alfred E. Manke vom ‚Arbeitskreis volkstreuer Verbände’ sind die Schlüsselfiguren der ‚Aktion Widerstand’: Sie sorgten mit dem Magazin ‚MUT’ (Durchschnittsalter der Redaktion: 26 Jahre) für publizistische Betreuung jener, die, so Hirsch, ‚die Sprache der alten Nazis nicht ver1001
Ebd., S. 48. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 152. 1003 Hirsch, Kurt (Hrsg.): Rechtsradikale Jugendorganisationen. Beiträge und Dokumentation (PDISonderheft), München 1979, S. 76. 1004 Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 152. 1005 Vgl. Hirsch, Kurt (Hrsg.): Rechtsradikale Jugendorganisationen. Beiträge und Dokumentation (PDI-Sonderheft), München 1979, S. 76. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 152. 1006 Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979, S. 152. 1007 Henkel, Rolf: Die „Wölfe im Schafspelz“ sind unterwegs. in: Donau Kurier (286) 11. Dezember 1970, 98. Jg., S. 8. 1002
202
stehen’.“1008 Auch wird der Widerspruch zwischen harmloser Publizistik und gewalttätigen Aktionen angesprochen, der nur aus taktischen Erwägungen erklärbar ist. Als Quelle wird ausschließlich Kurt Hirsch vom Pressedienst der Demokratischen Initiative in München herangezogen. Hirsch bestimmte in der ersten Phase nahezu im Alleingang die öffentliche Meinung über MUT: Er gehörte zu den Gründern des PDI und nahm damit höchstwahrscheinlich auch auf die inhaltliche Ausrichtung der zweiten PDI-Publikation Einfluss. Gegen Ende der ersten Untersuchungsphase findet die von MUT organisierte Veranstaltung anlässlich der Kappler Befreiung größere Resonanz in der Presse, wie etwa in der Böhme-Zeitung/Soltauer Kreiszeitung, die im Gegensatz zu anderen Beiträgen über dieses Ereignis mit einem Reporter vor Ort war.1009 Die Deutsche Volkszeitung1010 schreibt im Juli 1970 über die „rechtsextreme Hetzschrift ‚MUT’ [:] Die Zeitschrift versteht sich als Sammelbecken nationalistischer Jugendlicher, die sich – rechts von der NPD – mit vollem Einsatz am Kampf gegen die bestehenden politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik beteiligen.“1011 Dabei berichtet der Verfasser von Anzeigen von Quelle, Horten und Polydor in MUT.1012 Er bezieht sich beispielsweise auf eine ganzseitige Quelle-Werbung im Oktober-Heft 1970: Der Quelle-Konzern sucht darin Nachwuchskräfte für Führungspositionen.1013 Ab dem Berichtszeitraum 1969/70 findet sich MUT zudem im Verfassungsschutzbericht des Bundes wieder. Die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht 1969/70 ist auf den „‚Widerstand’ gegen die Ost- und Deutschlandpolitik der SPD-FDP-Koalition“1014 sowie die damit verbundene, von Wintzek organisierte Gegendemonstration zum Brandt/Stoph-Treffen zurückzuführen. Die Zeitschrift wird hier zwar bereits als „rechtsradikal“1015 bezeichnet, für die Aufnahme ist sie jedoch nicht ursächlich. 1970 firmieren MUT und Wintzek unter der Rubrik ‚Die ideologischen und agitatorischen Wegbereiter der Neuen Rechten‘, 1008
Ebd. Vgl. O.A.: Nach 32 Jahren muß endlich einmal Schluß sein. Das meinte „MUT“-Chefredakteur Bernhard C. Wintzek am Donnerstag im „Neuen Hause“ in Soltau, in: Böhme-Zeitung/Soltauer Kreiszeitung (199) 27. August 1977, 113. Jg., S. 3. 1010 Die 1953 gegründete Deutsche Volkszeitung wurde von der DDR finanziert und von der KPD und SED strategisch gelenkt, mit dem Ziel, Bündnispartner für die Politik der DDR in der Bundesrepublik zu gewinnen. Sie war das Sprachrohr der Proteste gegen die westdeutsche Wiederbewaffnung und gegen die Notstandsgesetze. Zu ihren Autoren gehörten u.a. Renate Riemeck, Günter Wallraff und Beate Klarsfeld. 1011 O.A.: „Aufstieg nach Maß“ für Rechtsradikale. „Quelle“, „Horten“ und „Polydor“ unterstützen „MUT“, in: Deutsche Volkszeitung (31) 31. Juli 1970, S. 6. 1012 Vgl. ebd. 1013 Vgl. MUT (38) Oktober 1970, S. 25. 1014 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1969/70. Bonn 1971, S. 10. 1015 Ebd. 1009
203
in der der Verfassungsschutz mittels Zitaten aus MUT die rechtsextremistische Ausrichtung der Zeitschrift belegt und treffend feststellt: „Mit einer Auflage von mehreren tausend Exemplaren seiner Zeitschrift setzte er [Wintzek] sich für einen ‚undogmatischen Sozialismus’ ein, ‚in dem die Stellung des einzelnen ausschließlich durch seine persönliche Leistung im Rahmen der Gemeinschaft für den Menschen bestimmt wird! (42/71, S. 44)“1016 Zwischen 1972 und 1975 begründet das Bundesamt für Verfassungsschutz die Aufnahme lediglich mit einem maximal drei Zeilen langen Satz, der überwiegend aus Belegstellen besteht und die Meinung von MUT zur deutschen Ostpolitik sowie zur Sowjetunion. Im Bericht von 1972 heißt es unter der Rubrik ‚Andere rechtsradikale Blätter‘: „Das Nationaleuropäische Monatsmagazin ‚MUT’ verkündet: ‚Ostpolitik ist die Sowjetpolitik im Zeichen der bolschewistischen Weltrevolution’ (54/72, S. 16).“1017 Ein Jahr später führt eine Flugblattbeilage mit der Warnung vor Breschnew „als einem ‚vom Blut unzählig Gemordeter gebrandmarkten KremlTyrannen’ und ‚gewissenlosen, machtbesessenen Imperialisten’“1018 zur Aufnahme. Als rechtsradikale Publikation erscheint MUT 1975 nicht im Bericht, jedoch unter dem Punkt ‚agitatorische Schwerpunkte der rechtsextremistischen Publizistik‘, genauer unter Ostpolitik, findet die Zeitschrift durch ein kurzes Zitat Eingang. „Mit den KSZE-Dokumenten scheine ‚Stalins Endsieg in Europa … nun gesichert’ (‚MUT’ 96/75, S. 16)“1019. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Berichten erfährt MUT 1976 eine umfangreiche Erwähnung: Neben ‚Nation Europa‘ zählt das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zeitschrift zu den größten rechtsextremistischen Monatszeitschriften der Bundesrepublik, die „‚für die jungen Nationalen weit über Westdeutschlands Grenzen hinaus der publizistische Motor und Ideenspender’ sein“1020 möchte. Auch Wintzeks Rednertätigkeit bei rechtsextremistischen Veranstaltungen sowie seine Bundestagskandidatur für die NPD 1972 gibt der Verfassungsschutz hier abermals an.1021 Die Berichte von 1977 und 1978 führen die enge Verbundenheit von Wintzek und der NPD, die positive Bewertung Hitlers sowie das Eintreten für die Abschaffung des bundesrepublikanischen Parteienstaates auf.1022 Hinzu kommt 1977 die Organisation der Kappler-Veranstaltung in Soltau, mit der die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht begründet wird.1023 1979 stellen die rechtsextremistischen Zeitun1016
Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1971. Bonn 1972, S. 27. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1972. Bonn 1973, S. 19. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1973. Bonn 1974, S. 18. 1019 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1975. Bonn 1976, S. 18. 1020 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1976. Bonn 1977, S. 42. 1021 Vgl. ebd., S. 42. 1022 Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1977. Bonn 1978, S. 47. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1978. Bonn 1979, S. 48. 1023 Vgl. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1977. Bonn 1978, S. 47. 1017 1018
204
gen und Zeitschriften wiederum kurze eigenständige Kapitel, in denen der Verfassungsschutz aus der indizierten Januar-Ausgabe 1979 zitiert, aber auch darüber hinaus die Gründung der MUT-Solidargemeinschaft als verfassungsfeindlich angibt: „Wintzek hat einen Förderkreis geschaffen, der sich als ‚MUTSolidargemeinschaft zur geistigen Erneuerung Deutschlands’ empfindet.“1024 Auffallend ist: In der Regel gibt der Verfassungsschutz nur eine Fundstelle an, deren Auswahl darüber hinaus eher zufällig wirkt. Eine umfassende Beobachtung oder Analyse der Zeitschrift ist daher wenig wahrscheinlich. Bis 1977 ist zudem hauptsächlich die Gegnerschaft zur Ostpolitik für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht verantwortlich, obwohl eine eindeutige Zugehörigkeit zum rechtsextremistischen Lager und relativierende Aussagen zum Nationalsozialismus nachweisbar sind. Der Grund hierfür könnte in der sozialliberalen Regierung liegen, die damit auf rechtsextremistische Angriffe auf die Ostpolitik reagierte. Als Teil der Aktion Widerstand findet MUT ebenfalls Eingang in die MONITOR-Sendung1025 vom 4. Januar 1971, die „über das Würzburger Treffen der so genannten Aktion Widerstand als Ausdruck gefährlicher politischer Großmannssucht berichtet“1026 und in deren Verlauf, neben unzähligen Ausschnitten von Veranstaltungen der Aktion Widerstand, auch ein Interview mit Bernhard C. Wintzek geführt wird, in dem er sich zu dem Umgang mit radikalen Kräften der Aktion Widerstand äußert: „Nach Würzburg und Bonn müssen wir jungen Nationalfreiheitlichen uns die Frage stellen, wie soll es weitergehen. Ich glaube, die wichtigste Antwort, die wir uns heute geben müssen, gezwungen sind zu geben, ist die, dass wir verstärkt darauf achten, dass keine politischen Provokateure und keine Politspinner, die den Widerstand umfunktionieren zu einem gemeingefährlichen Happening und Gewaltparolen, vertreten von einzelnen in die Öffentlichkeit tragen und somit das falsche Bild entsteht, als sei das das Erkennungszeichen der Gesamtaktion. Wir müssen uns außerdem die Frage stellen, wie wir den Widerstand verdeutlichen können, der Bevölkerung verdeutlichen können. Ich glaube, dass wir uns hier, jeder an seinem Platze, immer wieder bemühen müssen, festzustellen, dass es uns um den demokratischen, legalen Widerstand einer Gruppe von Menschen geht, die nicht unmittelbar im Parlament vertreten ist, die aber keine andere Chance hat im vorparlamentarischen Raum anders zur Geltung zu kommen. (…) Bei einer Zusammensetzung des Widerstandes wie wir ihn heute finden, ist es natürlich sehr schwer jede einzelne kleine Gruppe im Griff zu haben. Wichtig ist es für mich, dass nicht das aus der Kiepe hupfen einzelner Weniger von der Öffentlichkeit oder von jenen, die öffentliche Meinung machen, so verstanden wird und so ausgelegt wird, als sei das eben das wesentliche Anliegen der Aktion Widerstand. Unser Anliegen ist im Rahmen mit der Opposition im
1024
Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1979. Bonn 1980, S. 40. [Hervorhebung im Original] 1025 Vgl. zum vollständigen Transkript: Anhang 1. 1026 MONITOR vom 4. Januar 1971.
205
Bundestag, mit den Vertriebenen, mit Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, gemeinsam den Willen zum legalen demokratischen Widerstand zu formulieren.“1027
Dagegen stellt MONITOR jedoch die radikaleren Äußerungen Wintzeks auf dem Würzburger Treffen, die vermuten lassen, dass er keineswegs so harmlos ist, wie er sich in dem Interview gibt. „Wenn wir jungen Deutschen vor uns und unserem Volke nicht die Achtung verlieren wollen, gibt es nur eine einzige Forderung und die heißt: diese Regierung muss weg, so schnell wie es geht. [tosender Applaus] Willy Brandt alias Frahm alias Flamme alias Martin muss weg. [tosender Applaus] Wir werden nichts zu lachen haben, aber wir versprechen an dieser Stelle, dass auch der Gegner von diesem Tage an nichts mehr zu lachen haben wird. [tosender Applaus] Es liegt an uns allen, an dem unermüdlichen Einsatz jedes einzelnen von uns, ob Würzburg zum Fanal des Widerstands wird. [tosender Applaus]“1028
In diesem Kontext kommen zwangsläufig Zweifel an dem Ziel eines demokratischen Widerstandes auf, den Wintzek propagiert. Es scheint vielmehr, als ob die Bekundungen zum gewaltfreien Widerstand nur Camouflage seien, um in der Öffentlichkeit mehr Anhänger zu gewinnen. MONITOR arbeitet am deutlichsten die Diskrepanz zwischen der offiziellen, pazifistischen Rhetorik und der von Gewalt gekennzeichneten Realität heraus.
4.5 Zwischenfazit Bis 1979 entwickelte sich MUT von einem anfangs relativ kleinen, unprofessionellen, hektographierten mit 300 Exemplaren erscheinenden Jugendmagazin zu einem professionell gestalteten und einem der größten rechtsextremistischen Monatsmagazine in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war keineswegs mehr eine reine Jugendzeitschrift, als die sie konzipiert war. Die Redaktion fühlt sich paradoxerweise ab der Zeitschriftengründung – unabhängig von der finanziellen Unterstützung durch die niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung – von staatlichen Stellen unter Druck gesetzt, diffamiert und vom Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit ausgeschlossen. Bereits 1967 (Heft 13) spricht Wintzek von ungesicherten sechs Millionen Opfern des Holocausts und gibt damit einen ersten Hinweis auf seine rechtsextremistische Haltung, die er selber für die 1960er Jahre abstreitet. Mit Beginn der Mitarbeit von Konrad Windisch (1966) und der engen Verbindung zur Aktion Widerstand und anderen rechtsextremistischen – z.T. auch militanten – Publikationen und Organisationen radikali1027 1028
Ebd. Ebd.
206
sierte sich MUT zusehends und konnte die Auflage kontinuierlich steigern. Während sich MUT zu einer der größten rechtsextremistischen Zeitschriften der Bundesrepublik entwickelte, wurde ihr Herausgeber zu einer Galionsfigur der außerparlamentarischen Rechten. Mit der Indizierung des Januar-Heftes 1979 erreichte die Zeitschrift den Höhepunkt ihres rechtsextremistischen Schaffens. Als Windisch begann, in MUT zu publizieren, stieß er die Tür ins rechtsextremistische Spektrum weit auf. Wintzek bezeichnet ihn als seinen ersten Kontakt in die rechtsextremistische Szene – was bezweifelt werden darf – und datiert dieses auf Mitte 1967, obwohl von Windisch bereits 1966 ein Artikel in MUT erschien. Kann diese zeitliche Diskrepanz noch auf eine lückenhafte Erinnerung zurückgeführt werden, so kann Wintzeks Aussage, nach der er über Windischs rechtsextremistische Gesinnung nichts Ausführliches und Detailliertes wusste, als falsch bezeichnet werden: Bei Windischs Vorstellung für die MUT-Leser weist die Redaktion jedenfalls auf sein Einreiseverbot in die Bundesrepublik hin. Wenngleich die Deutsche Einheit das wichtigste Anliegen von MUT war, so vertreten die Autoren dennoch kein einheitliches Konzept zu diesem Thema. Mehrheitlich wird nur die Forderung nach der Wiedervereinigung erhoben, ohne Angabe, ob diese unter den Bedingungen der Westbindung oder einer nationalneutralistischen Position erfolgen soll. Lediglich Opitz bezeichnet sich 1969 als nationalen Neutralisten. Zugleich sieht er aber auch keine realistische Chance für seine Position. Hinsichtlich einer Neutralisierung Deutschlands äußert sich Wintzek nur einmal: Der so genannten Stalin-Note hätte er zumindest eine Chance gegeben. Körner dagegen tritt in MUT für einen Verbleib Deutschlands in der NATO ein, bis zu dem Zeitpunkt, wo das vereinigte Deutschland in der Lage ist, sich selbstständig zu verteidigen. Damit strebt er in der Konsequenz eine bewaffnete Neutralisierung an. Unter welchen Voraussetzungen die deutsche Einheit erfolgen soll, ist für die Autoren nicht wichtig. Ohnehin finden sich in MUT kaum Aussagen zu den Nationalneutralisten bzw. einer Westintegration. Trotz der engen Beziehungen zwischen MUT und der NPD in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre entwickelten sich diese nur langsam und sind, ähnlich wie die Haltung zur deutschen Einheit, nicht von einer einheitlichen Position der Autoren geprägt. Erstmals erwähnt Jäde die NPD im August-Heft 1966: Für ihn sind die Nationaldemokraten die letzte Chance für Deutschland. Generell gibt es in den Jahren 1966 und 1967 nur wenige Artikel zur NPD in MUT. Diese sind zum einen von Sympathie und zum anderen von Unischerheit geprägt, da die Autoren noch nicht sicher sind, in welche Richtung sich die Partei entwickelt. Grundsätzlich begrüßen sie aber eine neue nationale Partei. Zudem weist MUT stetig daraufhin, dass die NPD von den etablierten Parteien und Medien diffamiert und diskriminiert wird. Wenngleich 1968 die Artikel und Interviews zur NPD ansteigen, verweist die Redaktion fortwährend auf ihre parteipolitische 207
Unabhängigkeit. Die meisten Artikel zu diesem Thema stammen von Friedrich Körner, der sowohl 1969 als auch 1972 eine Wahlempfehlung für die Nationaldemokraten ausspricht. Trotz Wintzeks Bundestagskandidatur für die NPD 1972 macht MUT paradoxerweise keinen Wahlkampf für die NPD. Der Partei wird in der Zeitschrift nicht mehr Raum eingeräumt als schon in den Jahren zuvor. Vielmehr betont MUT weiterhin seine Unabhängigkeit und Wintzeks Überparteilichkeit. Charakteristisch für die Haltung von MUT zur NPD ist die Reaktion auf die Wahlniederlage 1972, die nicht der NPD angelastet wird, sondern den etablierten Parteien. Ab Mitte der 1970er Jahre nehmen Anzeigen und Veranstaltungankündigungen der NPD und JN in MUT zu und die Verbindungen werden enger. Die Analyse der Artikel bis 1979 ergab eine überaus positive Darstellung des Nationalsozialismus. Eine Verurteilung oder negative Bewertung des Dritten Reiches findet in MUT nicht statt. Hertel vertritt sogar die Meinung, es wäre besser gewesen, Stalin zu besiegen als Hitler. Besonders die Relativierung und ebenso Negierung der NS-Verbrechen nehmen in MUT einen breiten Raum ein: Zum einen werden etwa bei Wintzek deutsche Kriegsverbrechen als legitim gerechtfertigt, und zum anderen bestreiten die Autoren (z.B. Opitz, Wintzek) vehement die deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg, die bereits durch die Geschichtsforschung widerlegt sei. Die Fernsehserie ‚Holocaust‘ gilt in den Augen von MUT als propagandistisches Mittel zur Erpressung der Bundesrepublik. Ihr Inhalt beruhe auf Unwahrheiten und werde leider nur von wenigen Ausländern und Deutschen durchschaut. Die Darstellung der deutschen Verbrechen unabhängig von den Verbrechen anderer Nationen habe keinen Sinn. Für MUT (beispielsweise bei Erdmann) gestaltet sich der Holocaust als eine Methode, Wiedergutmachungszahlungen von Deutschland zu erpressen. Es sei keine gesicherte wissenschaftliche Tatsache. Aber auch die Opferanzahl von sechs Millionen wird angezweifelt (Hertel, Opitz) und zwar bereits 1973, was die Frage aufwirft, warum die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften MUT nicht bereits zu diesem Zeitpunkt indizierte, wenn der gleiche Anlass 1979 für eine Indizierung ausreichend war. Wintzek und Hertel gehen in ihren Beiträgen noch einen Schritt weiter und geben den Juden die Schuld am Holocaust. Mannigfaltige Belege für das Kriterium der rechtsextremistischen Topoi ergab die Analyse der Artikel. Zunächst sollte die Basis jeder Deutschlandpolitik das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 – in einigen Beiträgen von 1938, manchmal sogar in Ergänzung der Schweiz – sein. Die Anerkennung der Oder/Neiße-Grenze durch die sozialliberale Regierung sieht MUT als einen Akt volksfeindlicher Kräfte, der jedoch keine Konsequenzen auf die nationale Zusammengehörigkeit des Volkes habe. Was die außenpolitische Orientierung betrifft, verfolgt die Zeitschrift keine einheitliche Linie. Während Körner für 208
einen Verbleib in der NATO plädiert, tritt Jäde für eine bewaffnete Neutralisierung ein. Eine Abschaffung der Regierungsform fordert MUT nicht direkt und offen, allerdings streben die Autoren eine neue Gesellschaftsordnung an, die dem bundesrepublikanischen System diametral gegenübersteht. Das Ziel der angestrebten Gesellschaft ist eine Neugestaltung der gesellschaftlichen Rangordnung. Bis 1979 werden in MUT rassistische Meinungen vertreten: So steht z.B. Körner für das Topos ‚Deutschsein als Höchstwert‘. Beispielhaft für diesen Topos ist zudem die Aussage Erdmanns, wonach es sich bei Ägyptern im Vergleich zu Deutschen um ein minderwertigeres Volk handelt. Die klassische rechtsextremistische Argumentation, wonach sich die Etablierten in der Bundesrepublik diktatorischer Mittel bedienen, um die Rechte mundtot zu machen, findet sich ebenfalls in der ersten Untersuchungsphase wieder. Die Autoren beklagen den gegen sie angewandten Polizei- und Meinungsterror; von freier Meinungsäußerung könne nicht die Rede sein. Zudem würden sie in der bundesrepublikanischen Zwei-Klassen-Justiz systematisch benachteiligt, während sich die Linke des Wohlwollens des Rechtssystems sicher sei. Sowohl Miranda als auch Antimiranda treten in MUT in verschiedener Weise und häufig auch als rechtsextremistische Topoi auf. Da ist zum einen Rudolf Heß, der als Synonym für die ‚Nürnberger Hassjustiz‘ und die Ungerechtigkeit der Siegerjustiz steht. Zum anderen erscheint ab Ende 1978 – in Verbindung mit der Ausstrahlung der ‚Holocaust‘-Serie – vermehrt das Antimiranda ‚die 6-Millionen-Lüge‘, wie z.B. bei Hertel oder Opitz. Ebenso könne Deutschland für den Holocaust nicht die Alleinschuld gegeben werden, da die Alliierten frühzeitig über die Existenz von Konzentrationslagern informiert worden waren. Auch das Antimiranda vom Sittenverfall in der pluralistischen Gesellschaft, insbesondere unter Jugendlichen, nimmt in MUT einen großen Raum ein und wird hauptsächlich an Alkohol- und Rauschgiftkonsum sowie an modernen Musik- und Kunststilen festgemacht. Den Rassegedanken in MUT verkörpern die Ansichten der Autoren zu Gastarbeitern: Die Integration von Ausländern bezeichnet MUT als Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Anspielung an die Nürnberger Prozesse. Bis 1979 erscheinen in der Zeitschrift rechtsextremistische Verschwörungstheorien, angefangen bei internationalen jüdischen Verschwörungen im Energiesektor über Diffamierungen nationaler Regime, verursacht durch die internationale Hochfinanz, die in den nationalen Regierungen eine Gefahr für ihr Finanzsystem sehen, bis hin zu der Behauptung, sowohl das Deutsche Kaiserreich 1914 als auch das Kaiserreich Japan 1941 wurden lediglich auf der Basis ihrer ambitionierten Flottenpolitik in den jeweiligen Weltkrieg gezogen. Das Verhältnis zu Gewalt stellt sich zweigeteilt dar: Während Wintzek für terroristische Anschläge durch Südtiroler ein gewisses Verständnis zeigt, fordert 209
Hertel ein hartes staatliches Durchgreifen gegen Linksextremisten, welches nach ihm einzig und allein durch die Einführung der Todesstrafe bekämpft werden könne. Hier sei entscheidend, aus welcher politischen Richtung die Gewaltaktivitäten kommen. Jedoch beschränkt er die Todesstrafe nicht nur auf verurteilte Terroristen, sondern sieht sie ebenso für ihre intellektuellen Unterstützer als erforderlich. Humanitäre Bedenken bei der Etablierung der Todesstrafe in das deutsche Strafmaß hat Hertel nicht, da im Gegensatz zu dem Leben des Einzelnen das Leben des Volkes, die Sicherheit und Ordnung des Staates höher zu bewerten seien. Dagegen beurteilt ein demokratischer Rechtsstaat kein Rechtsgut höher als das Leben des Einzelnen. Gerade im Verhältnis zur Gewalt kommen die rechtsextremistischen Überzeugungen der Zeitschrift zum Vorschein. Bis 1979 entspricht das Demokratieverständnis von MUT eher einer identitären Demokratie als einer Konkurrenzdemokratie. Für MUT sollten die Interessen der Volksgemeinschaft über denen des Einzelnen stehen, dem Regierenden ist weitgehende Handlungsfreiheit zuzugestehen. Wenngleich die in MUT propagierte Regierungsform als Demokratie bezeichnet wird, so weisen die Inhalte der Artikel dennoch auf einen angestrebten diktatorischen Staat hin. Demokratie und Rechtsstaat müssen nach den Autoren erst noch Verwirklichung finden. Insbesondere die wiederholte Forderung nach Wiedereinführung der Todesstrafe widerspricht grundlegend dem humanitären Verständnis des Grundgesetzes. Generell vertritt die Zeitschrift in der ersten Untersuchungsphase und im Speziellen die Autoren Hertel und Windisch ein verfassungsfeindliches Menschenbild, im Sinne totalitärer, diktatorischer Ideologien. Der Schutz des Individuums kann für sie zwar durchaus als schützenswert gelten, jedoch müssen sowohl die Interessen des Staates als auch die der Gemeinschaft Vorrang vor den Rechten des Einzelnen genießen. Eine Unterstützung des antitotalitären Gründungskonsenses findet sich zwischen 1965 und 1979 nicht, da sich die Autoren (u.a. Jäde, Wintzek) ausschließlich für den Kampf gegen den Kommunismus engagieren und darüber hinaus ausdrücklich das Vorhandensein rechtsextremistischer Strömungen in der Bundesrepublik für ein Märchen halten. Dem vierten demokratischen Kriterium steht die Zeitschrift ebenfalls feindselig gegenüber. Das Pluralismuskonzept gilt als Ursache für den Verfall der so genannten Volksgemeinschaft. In diesem Sinne erkennt MUT die Religionsfreiheit nur solange an, wie sie nicht in Gegnerschaft zu den abstrakten Interessen der Volksgemeinschaft steht. Heterogenität befürworten die Autoren in der ersten Untersuchungsphase lediglich in einer hierarchischen Gliederung unterhalb der Volksgemeinschaft. Die Analyse der Artikel bis 1979 ergab eine rechtsextremistische Ausrichtung der Publikation, deren Ziele auf eine rechtsgerichtete Diktatur und einer Legitimierung von Gewaltaktionen hinauslaufen. 210
Die Gründe für Wintzeks rechtsextremistische Einstellungen sind mehrdimensional und nicht vollständig eruierbar. Die Frage, warum sich Jugendliche in parlamentarischen Demokratien rechtsextremistischen Ideologien zuwenden, ist entscheidend für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen und dennoch nicht durch allgemein gültige gesellschaftliche Faktoren zu erklären. Backes/Jesse schreiben 1989: „Bei der Analyse politischer Klein- und Kleinstgruppen kommt der Untersuchung biographischer Entwicklungen eine besondere Bedeutung zu, da sich der Faktor Zufall wie auch in hohem Maße individuelle Faktoren hier weit stärker auswirken, als dies für mitgliederstarke politische Vereinigungen gilt. So sind Bekanntschaften und Freundeskreise häufig wichtiger als der Einfluß des Elternhauses. Rechtsextreme Politikinhalte werden heute nicht selten von der Großvater- auf die Enkelgeneration weitergegeben. (…) Wichtig für die politische Entwicklung rechtsextremer Jugendlicher sind nicht selten sogenannte ‚Durchlauferhitzer’: Der Einstieg in die rechtsextreme ‚Szene’ erfolgt über vergleichsweise ‚gemäßigte’ Organisationen.“1029
Auf Wintzeks Biographie angewendet, bedeutet dies: Die Vertreibung und Flucht seiner Familie, die er bewusst miterlebt hat, aus Schlesien und die Teilnahme an Treffen der Vertriebenen führten bei ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Einstieg in rechtsextremistisches Gedankengut. Das auslösende Moment, sich aktiv zu engagieren war, wie er selber sagt, der Bau der Berliner Mauer, den er in West-Berlin miterlebte. Nach Gründung der Zeitschrift kam er mehr und mehr in Kontakt mit rechtsextremistischen Organisationen und Personen, hervorzuheben sind die Jungen Nationaldemokraten und die Wiking Jugend sowie die Autoren Hertel, Windisch und Opitz. Die öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen der Aktion Widerstand erhöhten den Bekanntheitsgrad Wintzeks erheblich, dem eine Ausgrenzung und Stigmatisierung durch die „Mehrheitskultur“1030 folgte, was wiederum zu einer verstärkten Identifikation mit der rechtsextremen Subkultur führte. Die große Bedeutung der Zeitschrift für das rechtsextremistische Lager spiegelt sich in der ersten Untersuchungsphase nicht in einer vermehrten Außenwahrnehmung wider. Vielmehr verläuft diese entgegen der Einflusszunahme im äußeren rechten Rand. Die wenigen Publikationen, in denen MUT Erwähnung findet, widmen sich nur kurz der Zeitschrift. Der Schwerpunkt liegt auf der Rolle Wintzeks innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums, seiner NPDKandidatur sowie der von ihm organisierten Würzburger Veranstaltung der Aktion Widerstand. Für den Verfassungsschutz ist das Blatt dagegen von größerer 1029
Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Köln 1989, S. 79. 1030 Ebd.
211
Bedeutung: Als eines der größten rechtsradikalen – später rechtsextremistischen – Monatsmagazine erscheint das Heft erstmals 1969/70 im Verfassungsschutzbericht, der sich schwerpunktmäßig den Äußerungen zur Neuen Ostpolitik annimmt. Daneben sind die von MUT organisierten Veranstaltungen ursächlich für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht. Eine umfangreiche Erwähnung erfahren MUT und Wintzek in einer Folge der Sendung MONITOR, die sich ausführlich mit den Hintermännern und Zielen der Aktion Widerstand und ihrem Würzburger Treffen beschäftigt. Auch hier fällt wiederum auf: Die Zeitschrift spielt neben Wintzek und seinen außerredaktionellem Engagement nur eine marginale Rolle, sie wird allenfalls als Werbeplattform benannt. Die Untersuchung der Zeitschrift zwischen 1965 und 1979 ergab: Bei MUT handelt es sich bei der Gründung im Selbstverständnis ihrer Initiatoren um ein gewolltes demokratisches Projekt, das sich jedoch nach kurzer Zeit zu einer rechtsextremistischen Veröffentlichung entwickelte, die aufgrund ihrer vielfältigen Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppen und Verlagen innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums fest etabliert ist und sich durch das Engagement ihres Herausgebers zu einer führenden und meinungsbildenden Zeitschrift in der ‚Szene‘ entwickelte. Besonders die Rednertätigkeit sowie die organisierten Aktionen (z.B. die Demonstration beim Brandt/Stoph-Treffen in Kassel) erhöhten sowohl die Auflage als auch den Einflussbereich. Anders als von den Autoren propagiert, steht die Publikation keineswegs für Menschenrechte und Demokratie ein, vielmehr strebt sie eine identitäre Demokratie mit weitreichenden Befugnissen der Herrschenden an. Grund- und Menschenrechte gelten nur bis zu dem Punkt, wo sich das Individuum gegen die Volksgemeinschaft richtet. Im Gegensatz zur Sicht Wintzeks ist kein langsam einsetzender Meinungswechsel ab der Kappler-Entführungsfeier 1977 feststellbar, auch nicht in den Artikeln des Herausgebers. Seine Aussage, nach der sich in Soltau erstmalig eine neonationalsozialistische Gesinnung offen bei MUT-Anhängern zeigte, muss widersprochen werden. Eines der offensichtlichsten Zeichen war die Verwendung des so genannten Widerstandsgrusses als legale Alternative zum Hitlergruß innerhalb und außerhalb der Aktion Widerstand. Unzähligen Fotografien dazu können Wintzek unmöglich entgangen sein. Innerhalb der Zeitschrift vertraten besonders Windisch und Hertel offen rechtsextremistische Ansichten. MUT ist bis 1979 dem Deutschnationalismus zuzuordnen. Allerdings gehört Hertel – einer der wichtigsten Autoren in der ersten Phase – dem Neonationalsozialismus an. Auch die Texte von Windisch und Opitz weisen in Teilen neonationalsozialistische Belege auf. Bewiesen ist dieses u.a. dadurch, dass Hertel vorwiegend das Kriterium ‚Haltung zum Nationalsozialismus‘ und Wintzek jenes der ‚Rechtsextremistischen Etikettierungen‘ erfüllt. 212
5
MUT – Zweite Phase: 1980 – 1983
5.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1983 MUT stellt mit einer Auflagenhöhe von ca. 32.000 Exemplaren1031 im Monat eine der größten rechtsextremistischen Publikationen in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1980 und 1983 dar.1032 Die schon für 1977 behauptete innere Entfremdung von der rechtsextremistischen Szene (Wintzek) ist auch in der zweiten Phase nur marginal nachweisbar, vielmehr zeichnet sich bis Ende 1983 die rechtsextremistische Gesinnung des Blattes ab. Der überschaubare Autorenkreis dieser Phase ist nach Wintzek damit zu erklären, „weil es keine anderen Textangebote gab“1033, was sich erst in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ändern sollte. Bis zum Verfassungsschutzbericht 1983 führt das Bundesamt für Verfassungsschutz MUT in der Rubrik ‚Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste‘. Mit Bezug auf die Indizierung des Januar-Heftes 1979 schreibt der Verfassungsschutz in seinem Bericht von 1980: „Etwa halb so hoch wie bei der DWZ [Deutsche Wochen-Zeitung] ist die Auflage der sich besonders an junge Leute wendenden Zeitschrift ‚MUT’, deren Ausgabe vom Januar 1979 wegen der Stellungnahmen zum ‚Holocaust’ als jugendgefährdend indiziert worden war. 1980 war die Diktion der Schrift daraufhin bedeutend vorsichtiger. Angeblich hat eine Werbeaktion 1980
1031
Nach Angaben des Verlages. in: MUT (177) Mai 1982, S. 1. Andere Angaben aus der Sekundärliteratur beziehen sich zum einen ebenfalls auf Angaben in MUT oder sie schwanken als Vermutungen zwischen 6.000 und 35.000 Exemplaren im Monat für die 1980er Jahre. [vgl. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994, S. 98. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politsche Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Referat „Öffentlichkeitarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S. 77.] 1032 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politsche Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Referat „Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S. 77. 1033 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 9.
213 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_5, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
wieder viele ‚deutsche Patrioten’ bewogen, ‚unsere politisch-publizistische Arbeit mit einem monatlichen Förderbetrag tatkräftig zu unterstützen’ (Beilage ‚Als Dank’ zu 152/80, S. 1).“1034
Im Bericht von 1982 geht der Verfassungsschutz näher auf den Inhalt der Zeitschrift sowie auf die Werbeanzeigen der Deutschen Wochen-Zeitung und Nation Europa ein. „Die etwa auflagengleiche Zeitschrift ‚MUT’ [im Vergleich zu Nation Europa] hält ihre Leser permanent zu Spenden an. Sie schlug vor, die KZGedenkstätten als ‚Schandmale … spurlos zu schleifen, bevor sich eines Tages der Volkszorn an ihnen vergreift’ (‚MUT’ 2/81, S. 32). ‚MUT’ wirbt fortwährend für die DWZ sowie für NE [Nation Europa] und bietet in dem angegliederten Buchdienst rechtsextremistische Bücher an.“1035 Die angegebene Zitatstelle im Bericht 1982 weist dagegen Ähnlichkeiten mit der indizierten Ausgabe von 1979 auf – der Relativierung des Holocaust. „In einem Bericht ‚Holocaust oder: die Wahrheit täuscht’ wird auf die viel größeren Menschenopfer durch Stalin und zu anderen Zeiten der Geschichte hingewiesen, um die NS-Verbrechen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. (Fundstellen: MUT 175/82, S. 17; 179/82, (Beilage); 183/82, S. 38).1036“ Der oben genannte Beitrag unter dem Titel „‚Holocaust’ oder: Die Wahrheit täuscht. Historische und psychologische Lehren“ von Winfried Martini vergleicht den Holocaust mit anderen historischen Ereignissen, um auf diesem Weg die Shoa zu relativieren und sie als normales, wenn auch schreckliches, Ereignis der Weltgeschichte zu präsentieren1037: „Der Film – und ich wiederhole es – gab die grausige Wirklichkeit im wesentlichen wahrheitsgetreu wieder. Dennoch führt er gründlich in die Irre. Denn wie die unzähligen Reaktionen bewiesen, traf er auf ein Publikum, das zum größten Teil über die ‚Endlösung’ gar nicht oder nur oberflächlich und erst recht nicht über die Qualitäten unseres Jahrhunderts informiert ist. Dem Publikum nahm also der Film die Möglichkeit, das furchtbare Geschehen in unsere Zeit einzuordnen, statt dessen mußte es die ‚Endlösung’ für etwas Einmaliges, Beispielloses halten. Doch genau das war die ‚Endlösung’ nicht. Wir brauchen gar nicht auf die mörderische Christenverfolgungen der ersten Jahrhunderte zurückgehen, in denen zahllose Menschen auf die grausamste Weise ums Leben kamen. Eine Betrachtung unserer Zeit genügt. Beispielsweise brachten die Türken 1914/15 rund 1 ½ Millionen Armenier um (also prozentual mehr als Juden durch Hitler getötet wurden); (…) Wirklichen Nutzen hätte ‚Holocaust’ also nur vor einem Publikum, das mit der Geschichte einigermaßen vertraut ist, also vor einer recht kleinen Minorität. Aber gerade das ist nicht der Fall. So nahm der Film den Zuschauern besonders nachhaltig die Möglichkeit, den Gegenstand im Zusammenhang mit unserer Zeit zu sehen. Und er verführte sie zu dem Glauben, dergleichen hätten nur Deutsche getan, nur ein bestimmter, und zwar deutscher 1034
Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1980. Bonn 1981, S. 39. [Hervorhebung im Original] 1035 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1981. Bonn 1982, S. 46. 1036 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1982. Bonn 1983, S. 147. [Hervorhebung im Original] 1037 Vgl. Martini, Winfried: „Holocaust“ oder: die Wahrheit täuscht. Historische und psychologische Lehren, in: MUT (183) November 1982, S. 37ff.
214
Menschentypus sei zu solchen Barbareien fähig, die jede Phantasie übersteigen. In Wirklichkeit finden sich in jeder Nation genügend Leute, die unter bestimmten Umständen auf Befehl bereit sind, andere Menschen zu quälen und zu ermorden.“1038
In dem Berichtszeitraum 1983 erscheint MUT letztmalig im Verfassungsschutzbericht, der die Äußerungen Wintzeks zu den Ostverträgen beinhaltet: „Der Brief zur Deutschen Einheit sei die ‚Verpackung einer schmutzigen Ware … die schamlose Aufgabe der Souveränitätsrechte über das ostdeutsche Reichsgebiet unter Bruch des Selbstbestimmungsrechts der betroffenden – meist Vertriebenen – Ostdeutschen.’ Das Verhalten des Bundestages belege ‚die Skrupellosigkeit unserer Volksvertreter’.“1039 Neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz interessiert sich ab 1982 auch das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) für die Zeitschrift und ihren Herausgeber. In dem Eröffnungsbericht zum MUTVerlag vom 25. Januar 1982 gibt das MfS als Grund hierfür an: „Bei der operativen Suche und Aufklärung von Schaltzentralen, Aktivisten und Hintermänner des neonazistischen Untergrundes des Operationsgebietes, besonders solcher Feindkräfte, die haßerfüllt mit terroristischen Mitteln und Methoden gegen die DDR vorgehen, wurde der rechtsextremistisch-neonazistische ‚MUT-Verlag’ 3093 Asendorf, Postfach 20 bekannt.“1040
Des Weiteren bestand gegen Wintzek bereits von 1977 an eine Einreisesperre, die bis zum Ende der DDR aufrechterhalten wurde.1041 Der Eröffnungsbericht beinhaltet darüber hinaus den Hinweis auf die anonyme Zusendung eines MUT„Hetzplakates“1042 an das Ministerium für Staatssicherheit in Berlin (Normannenstraße) im Januar 1978.1043 „Auf Grund der Tatsache, daß sich auf der Rückseite des Flugblattes unter einem Aufruf das Faksimilie der Unterschrift des Wintzek befindet, ist eindeutig ersichtlich, daß es sich bei dem Verfasser und Herausgeber dieses Hetzflugblattes um den Belasteten handelt.“1044 Noch bis April 1982 enthält MUT Werbeanzeigen der rechtsextremistischen Zeitschriften Nation Europa und Deutsche Wochen-Zeitung1045, auch kommt die konservative Zeitschrift Criticon neu hinzu.1046 In dem gleichen Zeitraum (bis Mitte 1982) erscheinen vermehrt Buchempfehlungen verschiedener rechtsextre1038
Ebd., S. 38f. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1983. Bonn 1984, S. 145. 1040 BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 015. 1041 Vgl. BStU MfS ZAIG ZMA Nr. 4063, S. 005. 1042 BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 016. 1043 Vgl. Ebd. BStU MfS-Sekr. Neiber Nr. 1030, S. 006. 1044 BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 035. 1045 Vgl. u.a. MUT (149) Januar 1980, S. 52. MUT (163) März 1981, S. 52. MUT (176)April 1982, S. 48. 1046 Vgl. MUT (153) Mai 1980, S. 52. 1039
215
mer Verlage. Dazu zählen z.B. Arndt1047, der Werner Maser-Verlag1048 oder der Lebenskunde-Verlag1049. Ebenso wirbt MUT für Bücher aus dem THULESeminar wie etwa ‚Das unvergängliche Erbe – Alternativen zum Prinzip der Gleichheit‘ von Pierre Krebs.1050 Ab Mitte 1982 nimmt die Redaktion zunehmend Verlage aus dem demokratischen Spektrum auf: Fischer Taschenbuch Verlag1051, Piper1052, Herder1053, Ullstein1054 und Lübbe1055. Gegen Ende der zweiten Untersuchungsphase sind keine extremistischen Publikationsannoncen mehr in MUT feststellbar. Zugleich verzichtet die Redaktion generell auf Buchempfehlungen, während Verlagsanzeigen lediglich noch sporadisch erscheinen.1056 Ebenso fallen 1981 Berichte über Veranstaltungen, Vorankündigungen und Werbung rechtsextremistischer Organisationen weg. Zuvor sind in jeder Ausgabe zumindest ein Hinweis auf eine jener Gruppen, wie z.B. die NPD oder ihre Jugendorganisation JN. Überwiegend beinhaltet die Rubrik ‚Namen – Nachrichten – Termine‘ Veranstaltungsankündigungen oder Zusammenfassungen vergangener Ereignisse. So berichtet die Redaktion u.a. über Termine der Deutschen Kulturgemeinschaft1057, der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP)1058, der Arbeitsgemeinschaft für Politik (AFP)1059, des Bundes Heimattreuer Jugend1060, der Gesellschaft für Menschenrechte1061, des Nationaldemokratischen Hochschulbundes1062 oder des Ostpolitischen Deutschen Studentenverbandes1063. Im November-Heft 1980 informiert die Redaktion z.B. über die Verleihung der Medaille der GfP an Arno Breker, Hitlers favorisierten Bildhauer.1064 Die Gründung der revisionistisch orientierten Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Ingolstadt ist ebenfalls Bestandteil dieser Rubrik, dessen Leiter Alfred Schickel sich zu einem
1047
Vgl. u.a. MUT (151) März 1980, S. 50. Vgl. u.a. MUT (154) Juni 1980, S. 48. 1049 Vgl. MUT (158) Oktober 1980, S. 49. 1050 Vgl. MUT (159) November 1980, S. 50. [o.A.] 1051 Vgl. u.a. MUT (165) Mai 1981, S. 48. [o.A.] 1052 Vgl. u.a. MUT (179) Juli 1982, S. 52. [o.A.] 1053 Vgl. u.a. MUT (186) Februar 1983, S. 53. [o.A.] 1054 Vgl. u.a. MUT (165) Mai 1981, S. 48. [o.A.] 1055 Vgl. u.a. MUT (187) März 1983, S. 38. [o.A.] 1056 Vgl. u.a. MUT (186) Februar 1983, S. 52. [o.A.] 1057 Vgl. u.a. MUT (153) Mai 1980, S. 51. [o.A.] 1058 Vgl. u.a. MUT (163) März 1981, S. 52. [o.A.] 1059 Vgl. u.a. MUT (160) Dezember 1980, S. 51f. [o.A.] 1060 Vgl. u.a. MUT (150) Februar 1980, S. 51. [o.A.] 1061 Vgl. u.a. MUT (167) Juli 1981, S. 52. [o.A.] 1062 Vgl. u.a. MUT (161) Januar 1981, S. 52. [o.A.] 1063 Vgl. u.a. MUT (162) Februar 1981, S. 52. [o.A.] 1064 Vgl. MUT (159) November 1980, S. 51. [o.A.] 1048
216
der wichtigsten Autoren für die Zeitschrift der 1980er Jahre entwickelt.1065 Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst wird lobend erwähnt.1066 Einmalig wirbt MUT im August 1980 in einem kurzen Artikel für die Musikgruppe ‚RAGNARÖCK‘ mit dem Titel „Rock von rechts“: „Jeder der kann und mag, sollte diese ‚RAGNARÖCK’-Scheibe gerade jungen Menschen auf den Platten-Teller legen. Die Nachdenklichkeit über den Zustand Deutschlands findet dann im modernen Rock-Rhythmus, also ‚jugendgemäß’ wie der Pädagoge sagen würde, seinen Anfang und, da darf man überzeugt sein, auch seinen Anklang.“1067 Bemerkenswert ist hier der Bruch zur ersten Phase, in der moderne Musik noch verdammt wurde. RAGNARÖCK – gegründet von Dietmar Lohrmann, dem Sohn des NPD-Vorsitzenden in Markgröningen – gilt als eine der ersten rechtsextremistischen Musikgruppen der Bundesrepublik. MUT vertreibt ebenfalls die LPs ‚Die Mauer muß weg!‘ sowie ‚Der alte Mann‘ von RAGNARÖCK über den MUT-Buchdienst.1068 Für die gute Werbung bedankt sich RAGNARÖCK in einem Leserbrief vom November 1980: „Wir wollen es nicht versäumen, ein ehrliches und kräftiges Dankeschön für Ihren – ohne Abstriche – sehr guten Bericht über unsere Gruppe auszusprechen. Umfang und Aussage lagen weit über unseren Erwartungen. Der Werbeeffekt war unübersehbar gut – eine große Anzahl von Zuschriften interessierter Jugendlicher war eine sehr erfreuliche Reaktion. Nochmals herzlichen Dank, in der Hoffnung auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.“1069
Charakteristisch für MUT ist die permanente Bitte an die Leser, für den Erhalt der Zeitschrift zu spenden. Hierzu rief Wintzek bereits 1977 die Aktion 5000 ins Leben, mit der monatlich 5000 DM an Spenden generiert werden sollten. Wie Wintzek in einem Rückblick auf die ersten 170 Ausgaben schreibt, konnte die Zeitschrift dieses Ziel nicht annähernd erreichen.1070 Zugleich sieht sich MUT weiterhin nicht einfach als reines Publikationsorgan, sondern eher als politische Bewegung, die mit Plakaten und Aufklebern für ihre Ziele wirbt.1071 In dem Nachruf auf den langjährigen und für die erste Untersuchungsphase bestimmenden Mitarbeiter Hans Hertel bedankt sich die Redaktion für die erfolgreiche Zusammenarbeit und bestärkt damit Zweifel an dem politischen Wandlungsprozess des Magazins, wie er eingangs von Wintzek beschrieben wurde: „Sein Wappenspruch ‚Gegen den Strom’ war für ihn selbstgewählte Auf1065
Vgl. MUT (158) Oktober 1980, S. 51. [o.A.] Vgl. MUT (169) November 1981, S. 51. [o.A.] 1067 MUT (156) August 1980, S. 50. [o.A.] 1068 Vgl. ebd., S. 51. [o.A.] 1069 MUT (159) November 1980, S. 6 1070 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (170) Oktober 1981, S 2. 1071 Vgl. u.a. MUT (158) Oktober 1980, S. 6. [o.A.] 1066
217
gabe und Pflicht zugleich. Vielleicht lag hier der Schlüssel zu seinem Erfolg als Publizist. Seine Bücher, seine Reden, Aufsätze und ungezählten Artikel, auch über viele Jahre in MUT erschienen, die Summe seiner unermüdlichen journalistischen Arbeit also, wird als Vermächtnis eines ungewöhnlichen deutschen Patrioten erhalten bleiben. Abschied von Hans Hertel – das ist Dank für ein Stück gemeinsamen Weges. MUT – Das Nationaleuropäische Magazin“1072. Hertel verlies die Zeitschrift Ende 1979, nachdem Wintzek – infolge der Indizierung des Januar-Heftes – einen Richtungswechsel ankündigte. Formale Struktur: Zwischen 1980 und 1983 gestaltet sich die formale Struktur annähernd gleich, wie auch das Layout der Publikation mit der ersten Untersuchungsphase identisch bleibt. Mit nur wenigen Ausnahmen1073 verfügen alle Ausgaben über einen Umfang von 56 Seiten1074, die zu einem monatlichen Preis von zunächst 3 DM, der sich bis Ende 1983 auf 4,20 DM erhöht, verkauft werden.1075 MUT konstruiert sich weiter als ein Abonnentenblatt, welches seine Auflage durch den Aufruf an ihre Leser steigert, im Bekanntenkreis sowie in der Nachbarschaft neue Leser zu gewinnen. Monatlich verlost die Redaktion bis Februar 1982 unter diesen Werbern 100 DM.1076 Einige Gewinner stellen ihre Preise für die Öffentlichkeitsarbeit oder für Jahresabonnements bedürftiger Leser zur Verfügung.1077 Während der gesamten Phase verwendet die Redaktion weiterhin den ersten Untertitel ‚Das Nationaleuropäische Magazin‘, welches sich im Impressum wiederfindet. Noch bis Juni 1981 (Heft 166) ist das MUT-Symbol – die Kreissäge – oberhalb des Inhaltsverzeichnisses platziert. Strukturell bestehen die Ausgaben zunächst aus dem Vorwort ‚Lieber Leser …‘ und den Leserbriefen, welchen sich die Artikel anschließen. Dem folgt die Kategorie ‚Namen – Nachrichten – Termine‘, die verschiedene kommende oder vergangene Veranstaltungen, Kleinanzeigen (z.B. Heiratsannoncen1078, Vermietungen von Ferienwohnungen1079) und Buchempfehlungen beinhaltet. Die vorletzte Seite jedes Heftes besteht aus einer Bestellkarte. Seit Mai 1982 weisen die Hefte keinerlei Anzeigen mehr auf, nur noch sporadisch erscheinende Buchempfehlungen. Die Leserbriefe bestehen in der zweiten Untersuchungsphase fast ausschließlich aus
1072
MUT (179) Juli 1982, S. 52. [o.A., Hervorhebung im Original] Vgl. u. a. MUT (164) April 1981. MUT (175) März 1982. MUT (183) November 1982. 1074 Vgl. zur Entwicklung des Heftumfanges (1980 – 1983): Tabelle 8. 1075 Vgl. zur Entwicklung des Bezugspreises (1980 – 1983): Tabelle 4. 1076 Vgl. u.a. MUT (149) Januar 1980, S. 51. MUT (154) Juni 1980, S. 50. MUT (165) Mai 1981, S. 51. MUT (174) Februar 1982, S. 53. 1077 Vgl. u.a. MUT (151) März 1980, S. 49. MUT (163) März 1981, S. 51. MUT (164) April 1981, S. 55. 1078 Vgl. u.a. MUT (158) Oktober 1980, S. 53. 1079 Vgl. u.a. MUT (161) Januar 1981, S. 52. 1073
218
Lob und Durchhalteparolen für die Redaktion. Vielfach werden Spendenbriefe abgedruckt, mit dem Ziel neue Spender zu generieren. „Erschüttert habe ich Ihren Hilferuf vernommen. Ist es wirklich wahr, daß MUT bald aufgeben muß? Ist es wahr, daß viele, viele Leser, die sich gern ‚national’ und ‚volkstreu’ nennen, einen großen Kameraden nicht zur Seite springen, ihn einfach hängen lassen? Da ich mich voll für MUT einsetze, bin ich selbstverständlich bereit zu opfern. Seit 1 Jahr bin ich verheiratet, und mir fehlt es immer noch an so manchen Dingen im Haushalt. Aber jetzt hat MUT Vorrang vor den nächsten neuen Handtüchern, den weiteren Gläsern. Ulrike Christ, Glückstadt“1080
Für den Beitrag zum Begräbnis von Karl Dönitz bedankt sich Ilse Heß, Ehefrau des Reichsministers Rudolf Heß und bis zu ihrem Tod 1995 überzeugte Nationalsozialistin, im März 1981: „Lieber Herr Wintzek, im MUT vom Februar 1981 haben Sie einen der besten Beiträge zum Tode von Dönitz geschrieben.“1081 Das gute Verhältnis zwischen ihr und MUT besteht bereits seit den Anfängen der Zeitschrift und wird auch in der zweiten Untersuchungsperiode fortgesetzt. Im Mai 1980 gratuliert ihr die Redaktion zu ihrem 80. Geburtstag1082. Zudem setzt sich MUT weiterhin für die Freilassung von Rudolf Heß ein und unterstützt hierfür die Hilfsgemeinschaft ‚Freiheit für Rudolf Hess‘.1083 Nur selten finden sich unter den Leserbriefen kritische Stimmen zu MUT. So schreibt die Leserin Monika Boll 1980: „Ob Ihrer schlechten finanziellen Lage habe ich mich entschlossen, auf die restlichen Freiexemplare Ihres grüngetarnten Braunblattes selbstlos zu verzichten.“1084 Dagegen bestellt ein Hamburger Leser die Zeitschrift mit der Begründung ab: Ich „empfehle Ihnen, sich als Hauspostille der sogen. ‚Grünen’ zu bezeichnen. Für alle national denkenden Menschen kann man ihr Blatt nur ablehnen“1085. Im Allgemeinen richten sich die abwertenden Leserbriefe gegen die rechtslastige politische Gesinnung. Da wird die Zeitschrift als „Ihr widerliches Magazin MUT“1086 und als „hetzerische Volksverdummung“1087 bezeichnet oder: „Wenn ich spende, spende ich für die Menschheit, nicht für Menschheitsvernichter!“1088 Auf konkrete Artikel bezogene Briefe nehmen erst ab Mitte 1982 einen breiten Raum in MUT ein.
1080
MUT (180) August 1982, S. 8 MUT (163) März 1981, S. 6 Vgl. MUT (153) Mai 1980, S. 51. [o.A.] 1083 Vgl. MUT (165) Mai 1981, S. 52. 1084 MUT (151) März 1980, S. 5. 1085 MUT (184) Dezember 1982, S. 6. 1086 MUT (170) Oktober 1981, S. 5. 1087 MUT (159) November 1980, S. 5. 1088 MUT (154) Juni 1980, S. 5. 1081 1082
219
5.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge Hans Bahrs: Der Schriftsteller und Lehrer Hans Bahrs, geboren am 25. Mai 1917 in Hamburg, absolvierte das Abitur sowie das Studium der Erziehungswissenschaften in seiner Heimatstadt. Für MUT ist sein Leben „geprägt durch Jugendbewegung, Kriegserlebnis und seinen Einsatz für die sozial Schwachen“1089, auch durch seine frühzeitige Betätigung in der Bündischen Jugendbewegung. Zusammen mit seinen beiden Brüdern musste er in jungen Jahren der verwitweten Mutter beim Erwerb des Lebensunterhaltes helfen. Im Anschluss an den freiwilligen Arbeitsdienst meldete er sich bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges freiwillig zur Wehrmacht. Im Mai 1940 wurde Bahrs an der Front schwer verletzt; er erleidet eine Hirnverletzung mit spastischer Lähmung, einen Wirbelsäulenbruch sowie Fuß- und Oberschenkelverletzungen. Nach seiner Lazarettentlassung war er bis Kriegsende im Versehrteneinsatz bei der Evakuierung Hamburger Schulkinder tätig. Bei Kriegsende kam Bahrs zunächst in britische Kriegsgefangenschaft, bevor er 1947 nach Hamburg zu seiner Frau und den beiden Töchtern zurückkehrte. Bis zu seiner Anstellung als Volks- und Realschullehrer – als Lehrer war er bis 1975 in Hamburg-Wandsbek tätig – musste er seine Familie mit verschiedenen Botendiensten ernähren.1090 Sein schriftstellerisches Schaffen verstand er als „Ehrung und Mahnung der eigenen Generation, vor allem auch Ruf an die Jugend, auf daß sie verstehen lerne, was sie selbst nicht erlebt hat! Das Gespräch mit der Jugend ist dem Verfasser – nicht minder als Vater und Lehrer – immer wichtig gewesen mit dem Hauptanliegen: Ehrfurcht vor dem Leben und Verständnis für Andersdenkende!“1091 Hans Bahrs wurde mehrmals mit Literaturpreisen ausgezeichnet, u.a. am 26. Oktober 1980 mit dem Friedlandpreis des Verbandes der Heimkehrer für sein „darstellendes Schaffens des Schicksals der Kriegsgeneration“1092. Er verstarb am 18. Juli 1983 in Hamburg.1093 Zwischen 1980 und 1983 veröffentlichte Bahrs 53 kurze Artikel in MUT, davon die letzten sechs Artikel posthum. Er selber bezeichnet seine schriftstellerische Tätigkeit als „Unzeitgemäße Bekenntnisse“1094, die in den Redaktionen der Massenmedien den Weg in den Papierkorb fänden. „Ich bekenne mich dazu, 1089
Windisch, Konrad: „Jenseits der großen Gebärden“. in: MUT (152) April 1980, S. 49. Vgl. Schriefer, Werner: Ein deutsches Schicksal. Hans Bahrs erhielt den „Friedlandpreis 1980“, in: MUT (159) November 1980, S. 43f. Liptow, Werner: Hans Bahrs zur Ehrung. in: MUT (196) Dezember 1983, S. 41. 1091 Schriefer, Werner: Ein deutsches Schicksal. Hans Bahrs erhielt den „Friedlandpreis 1980“, in: MUT (159) November 1980, S. 44f. 1092 Ebd., S. 43. 1093 Vgl. Liptow, Werner: Hans Bahrs zur Ehrung. in: MUT (196) Dezember 1983, S. 41. 1094 Bahrs, Hans: Unzeitgemäße Bekenntnisse. in: MUT (154) Juni 1980, S. 44. 1090
220
daß sich ein deutscher Schriftsteller in seiner eigenen Muttersprache ausdrücken sollte. (…) Wir sollten den Mut haben, auch öffentlich festzustellen, daß unsere Massenmedien den sogenannten Randgruppen unserer Gesellschaft einen viel zu breiten Raum in ihren Sendungen einräumen und die Darstellung der Lebensund Verhaltensweise der großen Mehrheit vernachlässigen.“1095 Häufig finden Anekdoten des eigenen Familienlebens Eingang in die Artikel, die stets der Verständigung zwischen den Generationen dienen. So schreibt Bahrs beispielsweise: „Ich glaube, das Verhältnis vieler Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt erlebte nicht so häufig einen schmerzlichen Bruch, wenn die Kinder den Eltern dieses Anteilnehmen [an ihrem Leben] nicht verwehren und ihren Standort im Leben als einen von mehreren Möglichkeiten anerkennen und nicht von vornherein den Stab über sie brechen.“1096 In all seinen Artikeln ist ihm die Verständigung zwischen jüngerer und älterer Generation ein großes Anliegen, was wahrscheinlich auf seine Tätigkeit als Lehrer zurückzuführen ist. Die „Familie als Keimzelle des Volkes“1097 hat in der Wahrnehmung nicht zuletzt durch die Studentenbewegung „Schaden erlitten, aber es ist nicht gelungen, sie im Bewußtsein der Menschen zu zerstören“1098. Die Jungen sollten nicht nur Ansprüche an die Gemeinschaft stellen, sondern mithelfen, ihren Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.1099 Nicht ausschließlich das Verhältnis zwischen den Generationen ist ihm wichtig; ebenso sollte der Umgang zwischen den Menschen von Nächstenliebe, Bescheidenheit und Freude geprägt sein.1100 Zudem ist die Dankbarkeit über das Vorfinden von Lebensmitteln, speziell des Brotes, verloren gegangen und muss wiedergefunden werden. „Sie [unsere Vorfahren] haben keine Äcker verkommen lassen wie ihre Nachfahren, die, vom Hochmut einer Überflussgesellschaft verblendet, nicht das Menetekel einer weltweiten Gefahr erkennen wollen, die vom Hunger der Abermillionen ausgeht, die jenseits des Überflusses im Elend leben.“1101 Des Weiteren beinhalten viele seiner Artikel Geburtstagswünsche oder Nachrufe an Dichter, Schriftsteller oder Maler, die sich dem deutschen Volkstum widmeten.1102
1095
Ebd. Bahrs, Hans: Kinder sind ein Geschenk auf Zeit. in: MUT (155) Juli 1980, S. 7. 1097 Bahrs, Hans: Das große Nachdenken. in: MUT (157) September 1980, S. 7. 1098 Ebd. 1099 Bahrs, Hans: Schafft Euch ein Nebenamt! in: MUT (164) April 1981, S. 7. 1100 Vgl. u.a. Bahrs, Hans: „Schön ist mein Leben, ich kann nur geben“. in: MUT (177) Mai 1982, S. 6f. Bahrs, Hans: Immer noch im Dienst. Begegnung im Alltag, in: MUT (186) Februar 1983, S. 6f. 1101 Bahrs, Hans: Wer seinen Acker baut, wird Brot genug haben. in: MUT (181) September 1982, S. 7. [im Original fett gedruckt] 1102 Vgl. u.a. Bahrs, Hans: Wilhelm Petersen. Zum 80. Geburtstag des großen Malers am 10.8.1980, in: MUT (156) August 1980, S. 44. Bahrs, Hans: „Wenn ich nicht mehr bin“. in: MUT (158) Oktober 1980, S. 47. Bahrs, Hans: Abschied von Karl Springenschmid. in: MUT (164) April 1981, S. 54. Bahrs, Hans: Der Weg war voller Wunder. in: MUT (165) Mai 1981, S. 47. Bahrs, Hans: Reinhard 1096
221
Seine Beiträge sieht Bahrs als Möglichkeit, unbekannte deutsche Dichter sowie ihre Arbeiten und ebenfalls Mahnmale bzw. Denkmäler, wie etwa das Mahnmal der Heimkehrer in Friedland1103 oder die Dichtersteinanlage in Offenhausen1104, vorzustellen. Seine Artikel sind jeweils am Anfang eines jeden Heftes platziert und nehmen eine Einleitungsfunktion wahr. Sie sind in einem seichten, zum Nachdenken anregenden Stil gehalten, ohne den Leser mit konfliktreicher Kost zu belasten. Bahrs vertritt durchgängig traditionelle, konservative Werte. Er entspricht dem Wertetyp des Konventionalisten. Wolfgang Strauss: Strauss, am 8. März 1931 in Limbau/Lettland geboren, besuchte zwischen 1939 und 1941 eine lettische Volksschule, bevor er 1941 mit seiner Familie nach Mecklenburg umgesiedelt wurde, wo er sich mit 18 Jahren zunächst der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und später einer jugendlichen Widerstandgruppe anschloss. Wegen politischer Spionage, antisowjetischer Propaganda und illegaler Gruppenbildung verurteilte ihn ein sowjetisches Militärtribunal zum Tode; später wurde das Urteil in 50 Jahre Zwangsarbeit umgewandelt, die er zunächst in Workuta – wo er sich 1953 dem Bergarbeiteraufstand anschloss – und nach seiner Abschiebung in die DDR (1955) bis 1956 in Bautzen ableistete. Nach seiner Flucht in die Bundesrepublik Deutschland – zwei Monate später – absolvierte er eine journalistische Ausbildung. Strauss arbeitete zunächst in einem Bildarchiv eines Münchner Verlages sowie als Redakteur einer katholischen Wochenzeitung. Politisch sah er seine Heimat anfangs in der SPD.1105 „Diese Partei enttäuschte ihn. Als Jungsozialist wollte er den Geist Lasalles wieder beleben, was ihm jedoch mißlang.“1106 Im Anschluss trat er 1966 der NPD bei, deren Mitglied er bis 1969 blieb. Im selben Jahr schloss er sich der Blauen Adler-Jugend (BAJ), der Jugendorganisation der UAP sowie der UAP1107 an. Bereits 1970 wurde er stellvertretender Bundesvorsitzender – später Vorsitzender – der BAJ sowie Mitglied des UAP-Zentralbüros, als dessen stellvertretender Vorsitzender er im Jahr 1974 agierte. Neben seinem Pozorny, ein 75jähriger. Dem Dichter und Volkstumskämpfer als Gruß, in: MUT (187) März 1983, S. 51. 1103 Vgl. Bahrs, Hans: Völker, entsaget dem Haß! Ein Mahnruf zum Frieden, in: MUT (195) November 1983, S. 6. 1104 Vgl. Bahrs, Hans: Dichtersteinanlage Offenhause. in: MUT (189) Mai 1983, S. 6. 1105 Vgl. Bartsch, Günter: Revolution von rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten, Freiburg i. Brsg. 1975, S. 28f. MUT (151) März 1980, S. 28. MUT (261) Mai 1989, S. 53. 1106 Bartsch, Günter: Revolution von rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten, Freiburg i. Brsg. 1975, S. 29. 1107 Die Unabhängige Arbeiterpartei (gegründet 1961) „betrachtet sich als linksnationale Arbeiterpartei im sozialrevolutionären Geist Lasalles und im nationalrevolutionären Geist Strassers, der leider mit den Kapitalisten paktierte“. Ideologisch ist die UAP sozial-, national- sowie weltrevolutionär und setzt sich gegen die Vermischung von Rassen ein. [Ebd., S. 94f.]
222
politischen Engagement arbeitete Strauss 1969 zunächst als Redaktionsmitglied der Reichsarbeiter-Zeitung, bis er 1970 als Redakteur zur ostbayerischen Tagespresse wechselte. 1973 begann Strauss als Redakteur und Mitarbeiter bei der von der Aktion Neue Rechte herausgegebenen Neuen Zeit zu arbeiten. 1977 trat er der Gruppierung Sache des Volkes – Nationalrevolutionäre Aufbauorganisation (SdV-NRAO) bei.1108 Für MUT verfasste er ab November 1979 regelmäßig Beiträge.1109 Die Redaktion stellt Strauss den Lesern als „fraglos der beste und umfassendst orientierte Kenner aller jener Widerstandsbewegungen vor, die sich zunehmend im Machtbereich der Sowjetunion rühren“1110. In dem Untersuchungszeitraum von 1980 bis 1983 veröffentlichte Strauss 45 Artikel in MUT, die sich ohne Ausnahme mit den revolutionären Bewegungen und oppositionellen Gruppen in Osteuropa und der Sowjetunion beschäftigen, was auf die eigenen Erlebnisse zurückzuführen ist. Sein erster Artikel im Januar 1980 stellt den dritten Teil einer dreiteiligen Serie1111 über ‚Indianer‘ dar, in dem er sich im eigentlichen Sinn nicht mit Ureinwohnern, sondern mit dem Volk der Kurden beschäftigt, die er unter diese Bezeichnung fasst. Die Kurden fungieren als ein Beispiel für zunehmende nationale Bewegungen innerhalb des Sowjetimperiums, was nach Strauss über kurz oder lang zu einem Zerfall der Sowjetunion führt und in dessen Sogwirkung die deutsche Einheit Verwirklichung findet. Neben den Kurden widmet sich Strauss intensiv dem afghanischen Widerstand1112 sowie den ukrainischen1113 und jugoslawischen Oppositionsbewegungen1114. Als Fundament dieses neuen Nationalismus verweist er auf die sich verbreitende Neo-Slawophilie, die „aus einer Synthese von Bauerntum,
1108
Vgl. ebd., S. 29. Werth, Mathias: Braune Wissenschaft: Die neue Gefahr. in: frontal (6) 1986, Bd. 26, S. 38. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 451. 1109 Vgl. MUT (151) März 1980, S. 28. 1110 Strauss, Wolfgang: „Indianer“. Eigenständigkeit und Identität sind die Losungsworte eines neuen Völkerfrühlings in Ost und West. Beispiel: Indianer, Mescheten, Krimtataren, Kurden (Teil II), in: MUT (148) Dezember 1979, S. 29. 1111 Der erste und zweite Teil dieser MUT-Serie fallen zeitlich in die Untersuchungsphase von 1965 bis 1979. (Vgl. Strauss, Wolfgang: „Indianer“. Eigenständigkeit und Identität sind die Losungsworte eines neuen Völkerfrühlings in Ost und West. Beispiel: Indianer, Mescheten, Krimtataren, Kurden (Teil I), in: MUT (147) November 1979, S. 39-44. Strauss, Wolfgang: „Indianer“. Eigenständigkeit und Identität sind die Losungsworte eines neuen Völkerfrühlings in Ost und West. Beispiel: Indianer, Mescheten, Krimtataren, Kurden (Teil II), in: MUT (148) Dezember 1979, S. 28-36.) 1112 Vgl. Strauss, Wolfgang: Marx oder Mohammed? Der Krieg in Afghanistan und Moskaus Kolonialismus in Zentralasien, in: MUT (150) Februar 1980, S. 31-35. 1113 Vgl. Strauss, Wolfgang: 1984 rückt näher. Tiefes Grollen im Sowjetimperium/Der Fall Ukraine, in: MUT (154) Juni 1980, S. 27-35. 1114 Vgl. Strauss, Wolfgang: Pulverfaß Titoslawien. in: MUT (155) Juli 1980, S. 40-47.
223
Kirche und Natur, von Kosmos und Volk, Vaterlandsliebe und Religion“1115 besteht und die Basis für die osteuropäischen Ökologiebewegungen bildet. „Die Ideologie der westlichen Grünen dagegen weist weder religiöse noch nationale Motive auf. (…) Die deutsche Frage – die nationale Frage überhaupt – taucht in den Zukunftsperspektiven der Grünen nicht auf. Sie streben eine ‚gesellschaftliche’ Lösung an, losgelöst von Transzendenz, Volk, Staat. Die künstlich geschaffene ‚Kommune’ ist für sie Heimat, Kirche, Vaterland. Identifikation mit dem Schicksal der eigenen Nation lehnen sie ab. (…) All dies steht in diametralem Gegensatz zu den Intentionen, Motivationen, Perspektiven der russischen ÖkoBewegung“1116, der Strauss bei weitem näher steht. Auch die SolidarnoczBewegung in Polen sieht er als Folge der Neo-Slawophilie.1117 Der 17. Juni 1953 ist als ein stets wiederkehrendes Schlüsselereignis in seinen Beiträgen von besonderer Bedeutung, aus dessen ‚unvollendeter Revolution‘ Strauss die Lehre zog: „Nur wer kämpft, wird Mensch bleiben. Nur wer siegt, wird frei bleiben. Wer im Freiheitskampf gefallen ist, ist schon frei. Wer sich opfert, lebt. Die Toten sind nicht tot. Die Freiheit kann nicht exekutiert werden. Der Geist des 17. Juni stirbt niemals.“1118 Die Themen Ostblock und osteuropäische nationale Bewegungen werden in MUT von Strauss abgedeckt, den die Redaktion aufgrund seines Lebenslaufes den Lesern als seriös und gut informiert präsentiert. Die erstarkende Neoslawophilie und die dadurch entstehenden nationalen Bewegungen führen nach Strauss in absehbarer Zeit zu einem Zerfall der Sowjetunion, äußere Einflüsse spielen dagegen keine Rolle. Besonders die osteuropäischen Ökologiebewegungen begrüßt er, da sie sich auf nationale Werte berufen und so hoffentlich einen Einfluss auf die westlichen Umweltbewegungen ausüben mögen. Wie Wintzek setzt Strauss mehr Hoffnungen auf eine deutsche Einheit und die Erneuerung nationaler Werte von Seiten der Linken. Christian Erdmann: Zwischen 1980 und 1983 publizierte Erdmann 30 Artikel, die überwiegend als Titelgeschichten Verwendung finden und damit zu den umfangreichsten Beiträgen gehören. Wie bereits in der ersten Phase bestehen Erdmanns Artikel in dem zweiten Untersuchungszeitraum fast ausschließlich aus der Aneinanderreihung von ausladenden Zitaten, Zeitungs- oder Buchauszügen;
1115 Strauss, Wolfgang: Die Grünen im Osten. Die Öko-Bewegung in Rußland/Unterschiede, Differenzen, Gemeinsamkeiten, in: MUT (152) April 1980, S. 31. 1116 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1117 Vgl. u.a. Strauss, Wolfgang: Das Danziger Wunder. in: MUT (158) Oktober 1980, S. 40-44. 1118 Strauss, Wolfgang: 17. Juni 1953. Die unvollendete Revolution (III. Teil), in: MUT (191) Juli 1983, S. 28. [im Original fett gedruckt]
224
teilweise handelt es sich dabei um bis zu drei Seiten umfassende Zitate.1119 Auch die wiederholte Verwendung identischer Textauszüge in verschiedenen Beiträgen kennzeichnet seine Artikel.1120 Er beschränkt sich auf zwei Themen: weltweite Umweltzerstörung, die sich zu einer ernsthaften Gefährdung der Menschheit entwickelt sowie die Bedrohung eines atomar geführten Dritten Weltkrieges und dessen Folgen. Dabei sieht Erdmann die 1980er Jahre als einen historischen Wendepunkt, an dem die Menschheit an einem Scheideweg steht und sich wieder der Heimat und Familie zuwenden muss.1121 Der entscheidende Punkt ist für ihn, ob die Menschheit sowohl aus ihren Umweltsünden als auch aus ihren historischen Katastrophen lernen kann. Anzeichen für eine Bejahung der Frage ergibt sich bei der Umweltproblematik, denn nicht nur der große Zulauf, den westliche Umweltgruppen zu verzeichnen haben, gilt hierbei als Indiz, sondern ebenso die zunehmende offizielle Thematisierung der Umweltproblematik in der Sowjetunion.1122 Wenngleich sich die westlichen und östlichen Gesellschaftssysteme diametral entgegenstehen, so haben sie doch eines gemeinsam: „Es ist bemerkenswert, wie die staatskapitalistische Mangelgesellschaft des Ostens und die westliche Überflussgesellschaft in gleicher Weise den Bestand des Wildes und damit des ökologischen Gleichgewichts bedrohen: Die einen allerdings aus Hunger, die anderen aus Konsumgenuß.“1123 Auch wenn die Gefahren eines Atomkrieges bekannt sind, so nehmen dennoch die Strategen in beiden militärischen Lagern an, dass sie als Sieger daraus hervor gehen werden, sofern er auf Europa begrenzt bleibt: „‚Wir möchten den Atomkrieg bis zu dem Punkt kontrollieren, an dem er zu gewinnen ist, oder ihn, wenn möglich, auf Europa oder anderswo begrenzen. Wir haben im Ersten und Zweiten Weltkrieg in Europa gekämpft. Wir würden auch den Dritten lieber in Europa führen; selbst mit Atomwaffen.“1124 so ein US-Senator. Die Deutschen laufen wie kein anderes Volk in die Gefahr, durch einen Atomkrieg vernichtet zu werden. Deswegen ist es unabdingbar, so Erdmann weiter, für den Frieden zwi-
1119
Vgl. u.a. Erdmann, Christian: Frieden in Bedrängnis. in: MUT (169) September 1981, S. 10-29. Erdmann, Christian: Weitblick und Rückblick. in: MUT (183) November 1982, S. 23-36. Erdmann, Christian: Friede. Das Gebot der Stunde, in: MUT (186) Februar 1983, S. 10-25. 1120 Vgl. Erdmann, Christian: Es könnten tausend Sabas blühen. in: MUT (180) August 1982, S. 44ff. Erdmann, Christian: Die Katastrophe. in: MUT (194) Oktober 1983, S. 46ff. 1121 Vgl. Erdmann, Christian: 1980 – 1990. Das „Jahrtausendjahrzehnt“, in: MUT (149) Januar 1980, S. 8-23. 1122 Vgl. Erdmann, Christian: „Irreparabler Schund“. Umweltprobleme in der sowjetischen Mangelgesellschaft, in: MUT (182) Oktober 1982, S. 10-16. 1123 Ebd., S. 16. [im Original fett gedruckt] 1124 Erdmann, Christian: Ist der Atomkrieg unvermeidbar? in: MUT (178) Juni 1982, S. 40. [Hervorhebung im Original]
225
schen den Nationen einzutreten, der zunächst in den Köpfen der Menschen verwirklicht werden muss.1125 Die Berichterstattung über ökologische Themen obliegt in MUT Erdmann. Dabei sind die Artikel stets von Katastrophenszenarios und einer gewissen Panikstimmung geprägt. Als Lösung präsentiert er die Rückbesinnung auf traditionelle nationale Werte, u.a. auf die Heimat und die Familie. Bernhard C. Wintzek: Wintzek schrieb zwischen 1980 und 1983 zwölf Artikel, in denen er sich hauptsächlich gesellschaftskritisch und vergangenheitsbezogen äußert. Das größte Übel der heutigen Zeit stellt für Wintzek der „moralische Verlust an Souveränität der deutschen Nation“1126 dar, welcher mit einer Rückbesinnung auf Preußen und einer Denkwende wieder gewonnen werden könnte. „Ohne ein lebendiges Geschichtsbewußtsein wird es freilich nicht gehen, denn keine Zukunft kann sich von einem geschichtlichen Nullpunkt her entwickeln, weil die allgemein gültigen Wertbegriffe geistiger und sittlicher Natur in der kulturgeschichtlichen Entwicklung eines Volkes fest verwurzelt sind. Diese Erkenntnis, würde sie anerkanntes Allgemeingut, wäre nach langen Jahren der Orientierungslosigkeit die Denkwende in Deutschland.“1127
Wenngleich derzeit die politischen Verhältnisse nicht für eine Wiederherstellung der deutschen Einheit sprechen, so dürfen die Deutschen auf die Einheit der deutschen Nation nicht leichtfertig verzichten.1128 Es gilt „MUT zur Umkehr“1129 zu haben, „aus Liebe zum Leben, aus Liebe zu uns selbst, damit wir sie unserem Nächsten teilhaftig werden lassen“1130. Erste Anzeichen für eine Rückbesinnung auf das deutsche Vaterland erkennt er bereits an verschiedener Stelle, wie etwa in Politikerreden oder im Singen der Nationalhymne durch Jugendliche. Eine Renaissance des Nationalen vernimmt er speziell in linken Kreisen, die sich zu einem „neuen deutschen Patriotismus“1131 hinwenden, ganz im Gegensatz zu den bürgerlichen Parteien. „Der bundesdeutschen Bürgerlichkeit scheint dieses alles noch unfaßbar zu sein. Zumindest hat es ihr mehr oder weniger bis heute die Sprache verschlagen – oder sollte sie etwa noch gar nicht begriffen haben, daß
1125
Vgl. Erdmann, Christian: „Ein anderer Geist muß entstehen“. in: MUT (191) Juli 1983, S. 52. Wintzek, Bernhard C.: Denkwende in Deutschland? in: MUT (161) Januar 1981, S. 36. [im Original fett gedruckt] 1127 Ebd., S. 49. [im Original fett gedruckt] 1128 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Rat den Ratlosen. Eine Jugend zwischen Neutralismus, Nation und Neutronenbombe, in: MUT (171) November 1981, S. 27. 1129 Wintzek, Bernhard C.: Mut zur Umkehr. in: MUT (166) Juni 1981, S. 23. [im Original fett gedruckt] 1130 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1131 Wintzek, Bernhard C.: Von der Resignation zur Nation? in: MUT (175) März 1982, S. 28. 1126
226
eine nonkonforme Linke hüben wie drüben mit großen Tempo dabei ist, sie ‚rechts’ zu überholen?“1132 Mit Beginn der 1980er Jahre tritt bei Wintzek eine merkliche Reduzierung seiner Beiträge ein. Auch wenn er eine baldige deutsche Einheit noch immer nicht im Bereich des Möglichen sieht, so finden sich dennoch Anzeichen leichter Hoffnung bei ihm, dass sich langsam wieder ein Nationalbewusstsein in Deutschland etabliert, das jedoch eher auf Seiten der Linken, was Wintzek positiv bewertet. Bemerkenswert ist die Abkehr von bürgerlichen und (rechts-) konservativen Parteien, in denen er keinen Willen zur deutschen Einheit mehr erkennt. Dieses trifft ausschließlich auf die Thematik der deutschen Einheit zu. Britta Meltzer1133: Für MUT verfasste Meltzer zwischen 1980 und 1983 neun Artikel zu unterschiedlichen Themen. Sie ist die einzige Frau, die über einen längeren Zeitraum eine nennenswerte Anzahl von Artikeln in MUT publiziert. Ihre Beiträge reichen von fiktiven Briefen an DDR-Genossen1134 über die Südtirolfrage1135 bis zu einer Anklage der Weltgemeinschaft, nach der der hemmungslose Raubzug nach Rohstoffen das Aussterben unschuldiger Indianerstämme zur Folge hat.1136 Meltzers erster Artikel vom Mai 1981 befasst sich mit der Gleichberechtigung der Frau, die zunehmend nicht mehr über die Berufstätigkeit empfunden wird. „Längst hat sich nämlich herausgestellt, wie unsinnig die Behauptung ist, nur die berufstätige Frau gelange zur ‚Selbstfindung’.“1137 Immer mehr Frauen sehnen sich danach, einfach nur Mutter und Hausfrau sein zu können, nur passt eine selbstbewusste Hausfrau nicht in das feministische Weltbild, so Meltzer. Zudem erkennt sie in den zunehmenden sozialpsychologischen Schäden in der deutschen Jugend eine direkte Folge der gestörten Mutter-Kind-Beziehung. „Die ‚Deprivation’, die nachhaltige seelische Beschädigung des Menschen durch Enttäuschung seines ‚Urvertrauens’ in der frühkindlichen Entwicklungsphase, gehört zu den schlimmsten sozialpsychologischen Fehlentwicklungen unserer modernen Zeit.“1138 Die berufstätige Mutter könnte diesem entgegenwirken, wenn sie sich wieder ganz ihren Kindern und dem Haushalt widmet. „Die Devianz unserer jungen Generation ist bedrohlich 1132
Ebd., S. 29. [im Original fett gedruckt] Über den biographischen Hintergrund von Meltzer konnte die Verfasserin nichts in Erfahrung bringen. Nachfragen beim Herausgeber blieben ergebnislos. Zudem bleibt fraglich, warum in der ersten Untersuchungsphase ihr Name durchgängig anders geschrieben wird, Britta Melzer. 1134 Vgl. Meltzer, Britta: Sehr geehrter Genosse Irgendwer! in: MUT (166) Juni 1981, S. 55. 1135 Meltzer, Britta: Südtirolproblem wieder im öffentlichen Bewußtsein. in: MUT (173) Januar 1982, S. 34-37. 1136 Vgl. Meltzer, Britta: Hat niemand ein schlechtes Gewissen? in: MUT (176) April 1982, S. 10-14. 1137 Meltzer, Britta: Mutter als emanzipatorischer Beruf. in: MUT (165) Mai 1981, S. 31. [im Original fett gedruckt] 1138 Ebd., S. 33. [Hervorhebung im Original] 1133
227
hoch. Die Zahl der Straffälligen, Selbstmörder und Neurotiker wächst ständig. Vielleicht ist es übertrieben zu sagen, daß wir in einigen Jahrzehnten ein Volk von Neurotikern sein werden, aber ein Volk mit einem hohen Prozentsatz von sozial Abwegigen werden wir sicher sein, wenn nichts geschieht. (…) Wir müssen alles vermeiden, was der Natur widerspricht.“1139 Denn die Menschheit ist nicht im geringsten auf die fundamentalen Modifikationen, die mit der technischen Erneuerung einhergehen, vorbereitet. Meltzer konstatiert, je höher der Bildungsgrad unter Jugendlichen ist, desto mehr streben sie nach Unabhängigkeit, Freiheit, Muße und Lebensgenuss. Sie rebellieren, wissen aber nicht wogegen, wodurch Frustration und Pessimismus noch steigen.1140 Der Zukunft der Bundesrepublik steht sie dementsprechend eher pessimistisch gegenüber; sie vergleicht sie sogar mit zehn Problemkreisen, die zum Untergang des römischen Reiches führten und die Meltzer ebenfalls in der Bundesrepublik wieder zuerkennen glaubt: Verfall der Armee, Moral und Elite, Geburtenrückgang, Aussteiger, Inflation, Terrorismus, Bürokratie, Bildung, Kultur und Allianz. Wie die Römer unternehmen auch die Bundesbürger nichts um diese Entwicklung aufzuhalten.1141 Meltzers Beiträge können zusammenfassend als stark rückwärtsgewandt – besonders im Hinblick auf die Rolle der Frau – und modernitätsfeindlich charakterisiert werden. Völlig realitätsfern erkennt sie in der zunehmenden Zahl berufstätiger Mütter die Ursache für kriminelles und sozialgestörtes Verhalten. Der technischen Modernisierung steht sie ablehnend gegenüber. Zusammen mit dem psychisch-labilen Verhalten großer Bevölkerungsteile wird diese zu einem Untergang – ähnlich wie das Römische Reich – der Bundesrepublik Deutschland führen. Als Wertetyp entspricht sie dem Konventionalisten. Wolfdietrich Kopelke: Der Schriftsteller Wolfdietrich Kopelke, geboren 1914 in Neuwied, einst Unterabteilungsleiter im Zentralbüro der Deutschen Arbeitsfront1142, schrieb von 1980 bis 1983 sieben Artikel für MUT, die überwiegend in einem nachdenklichen Stil gehalten sind. Wenngleich seine Beiträge inhaltlich differieren, so weisen sie dennoch eine Gemeinsamkeit auf: „Wir reden von der Liebe zum Menschen, aber wir lieben nicht einmal einen einzelnen, den Nächsten. (…) Es täte also not, daß wir, wenn wir den Frieden wollen, bei uns selbst beginnen.“1143 In diesem Sinne beurteilt er die Möglichkeit, aus Fehlern der Geschichte zu lernen, als äußerst zweifelhaft, da die Weltgeschichte 1139
Ebd., S. 34. [im Original fett gedruckt] Vgl. Meltzer, Britta: „Ratschläge sind auch Schläge“. in: MUT (175) März 1982, S. 10-14. 1141 Vgl. Meltzer, Britta: Rom war nicht zu retten: Und wir? in: MUT (179) Juli 1982, S. 12ff. 1142 Vgl. http://www.ostdeutsche-biographie.de/pers_k (25.03.2009). O.A.: Helden im Spint. in: http://www. spiegel.de/spiegel/print/d-46164835.html. (13. 02.2010) 1143 Kopelke, Wolfdietrich: Unsere Schwierigkeiten mit dem Frieden. in: MUT (180) August 1982, S. 10. [im Original fett gedruckt] 1140
228
überwiegend von Katastrophen geprägt ist.1144 Er stellt sich damit, wie andere MUT-Autoren, gegen die Vergangenheitsbewältigung und die Aufarbeitung der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. An der nichtvollzogenden Vergangenheitsbewältigung in Japan ist beispielsweise zu beobachten, welche Konsequenzen es haben kann, auf die Aufarbeitung der Geschichte zu verzichten. Japans Beziehungen zu seinen ostasiatischen Nachbarstaaten werden immer noch durch die Okkupationspolitik des Kaiserreiches im Zweiten Weltkrieg negativ bestimmt. An diesem Beispiel ist nachvollziehbar: Es reicht nicht – wie Kopelke folgend fordert – einen individuellen Einstellungswandel zu erreichen. Das Streben nach einer friedlichen Welt sehe er nur im Falle eines Umdenkens der Individuen verwirklicht: „Eine heile Welt: sie ist keine Illusion, wenn wir uns darauf besinnen, daß sie in uns selbst liegt.“1145 Hierzu ist es aber erforderlich in seiner unmittelbaren Umgebung zu beginnen und seinen Nachbarn zu achten, das gilt insbesondere für die jüngere Generation, die aufhören sollte „die Alten (…) anzuklagen“1146. Neben diesem Thema beschäftigt sich Kopelke fortwährend mit der Vergänglichkeit des Lebens, die er häufig mit dem Leben und Sterben in der Natur vergleicht1147. Sein Ziel ist es, den Menschen wieder vergessene Werte zu vermitteln: Zunächst erkennt er die Notwendigkeit demütig und ehrfürchtig zu werden, da der Mensch zwar immer wieder Grenzen überschreitet, von diesen aber auch stetig zurückgeworfen wird und sich nicht gegen die Natur stellen kann.1148 Demzufolge sollte auf eine gewisse demütige Haltung nicht verzichtet werden. Die Menschen müssen sich verstärkt – und hier besonders die Deutschen – auf ihre traditionellen Werte und historischen Erfahrungen berufen, da sie nur hierdurch die Zukunft beschreiten können.1149 „Wir kommen zu Maßstäben, die sich aus dem Erbe verstehen und Marken unseres weiteren Weges sind. (…) In der Phase der Entbehrung erweist sich der Wert dessen, was unser ideelles Eigentum, das überkommende Eigentum, verschmolzen mit eigenen, noch kaum verbrauchten Energien, ist.“1150 Seine Artikel sind im Stil von Kommentaren verfasst und nehmen nur wenig Raum ein. Er ist allerdings der einzige Autor mit einer beruflichen Vergangenheit in einer NS-Organisation, der nach der Indizierung des Januar-Heftes 1979 neu zur Zeitschrift stieß, wenngleich er nur bis 1984 in MUT schrieb. 1144
Vgl. Kopelke, Wolfdietrich: Unheile, heile Welt. in: MUT (190) Juni 1983, S. 51f. Ebd., S. 52. [im Original fett gedruckt] 1146 Kopelke, Wolfdietrich: Die Alten und die Jungen. in: MUT (193) September 1983, S. 28. 1147 Vgl. u.a. Kopelke, Wolfdietrich: Ende und Anfang. in: MUT (184) Dezember 1982, S. 8f. 1148 Vgl. Kopelke, Wolfdietrich: Demut als Freiheit. in: MUT (176) April 1982, S. 8f. 1149 Vgl. Kopelke, Wolfdietrich: Unter der Oberfläche. in: MUT (196) Dezember 1983, S. 50f. 1150 Kopelke, Wolfdietrich: Ererbt und erfahren. in: MUT (188) April 1983, S. 3. [im Original fett gedruckt] 1145
229
Armin Steinmark: Von 1980 bis 1983 publizierte Steinmark vier Artikel in MUT, die sich sowohl mit außenpolitischen als auch innenpolitischen Themen beschäftigen. Gemeinsam ist ihnen der extrem gesellschaftskritische Grundtenor sowie die Ablehnung eines – angeblich – ausufernden Materialismus. Zunächst widmet sich Steinmark im Januar-Heft 1980 dem Drogenkonsum unter westdeutschen Jugendlichen, den er als „Antwort [eines] seelenlosen Materialismus“1151 interpretiert. Drogensucht, Selbstmorde und die Flucht in so genannte Jugendsekten sind für ihn das Resultat eines jugendlichen Aufbegehrens gegen die ausufernde Konsumgesellschaft. Die eigentliche Ursache erblickt er jedoch in dem nicht vorhandenen „Bekenntnis zur nationalen Identität“1152, ohne die den Jugendlichen die Orientierung im Leben fehlt. „Diese Verdrängung des Vaterlandsbegriffes aber ist die eigentliche und tiefste Ursache für alle jene beunruhigenden Erscheinungen, die besonders am Verhalten der jüngeren Generation beobachtet werden können. Keine noch so menschenfreundliche sogenannte Gesprächstherapie, keine – vom wissenschaftlichen Ansatz bereits falsche – Psychoanalyse kann an dem eigentlichen Zustand etwas ändern, nämlich an der Kernneurose unserer Zeit, daß sie den Menschen keine Bindung und kein allgemeines Lebensziel vermittelt.“1153
Steinmark sieht daher die Aufgabe von MUT, den Jugendlichen die Augen zu öffnen und sie wieder für ihr Vaterland zu begeistern. In diesem Sinne ist es für die deutsche Jugend notwendig, sich als „Glied in dieser Kette von Generationen zu empfinden und daraus das Lebensziel zu gewinnen“1154 und seine eigenen Leistungen in den Dienst zukünftiger Generationen zu stellen. Auch der zweite Beitrag von Steinmark beginnt zunächst mit einer Kapitalismuskritik: Die im Vorfeld der Olympischen Spiele von Moskau aufkommenden Diskussionen über einen eventuellen Olympiaboykott empfindet Steinmark als heuchlerisch, da Moskau ohne die Unterstützung westlicher Unternehmen nie „in der Lage gewesen wäre, ein entsprechendes Propaganda-Spektakel, zu dem Olympia degeneriert ist, durchzuführen“1155. Boykottmaßnahmen hält er für nicht geboten, da die modernen Olympischen Spiele seit ihrer Gründung politisch missbraucht werden, wofür er verschiedene Beispiele aus dem 19. und 20. Jahrhundert aufführt. Als Lösung empfiehlt er die Abkehr der Olympischen Spiele vom Materialismus:
1151
Steinmark, Armin: Gestohlener Lebenssinn. in: MUT (149) Januar 1980, S. 38. Ebd., S. 41. Ebd., S. 41f. [im Original fett gedruckt] 1154 Ebd., S. 42. 1155 Steinmark, Armin: „Friedenspiele“. in: MUT (151) März 1980, S. 11. 1152 1153
230
„Die Olympischen Spiele müssen heruntergeholt werden von dinosaurierartiger Gigantomanie und heraufgezogen werden aus den Niederungen von Macht und Kommerz. Worauf es der Jugend ankommt ist die Befreiung aus unserer einseitig materialistischen Sicht aller Dinge.“1156
Auch hier kommt wieder das angebliche Wissen über die Wünsche und Ziele der jungen Generation, für die MUT spricht, zum Vorschein. In seinem dritten und vierten Beitrag geht Steinmark auf zwei Themen ein, bei denen die Bonner Regierung bewusst entgegen der Meinung und den Bedürfnissen des deutschen Volkes handelt. Im Juli 1980 widmet er sich zunächst den Gastarbeitern in der Bundesrepublik Deutschland, die entgegen dem Wunsch der deutschen Bevölkerung angeworben und nun integriert werden. Seine Ansicht beweist Steinmark mit einer Auflistung verschiedener Meinungsumfragen seit den 1950er Jahren, die ihn zu dem Schluss kommen lassen: „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich die Mehrheit der Bundesbürger je für die Ausländerpolitik in Vergangenheit und Gegenwart und schon gar nicht für die offiziellen Integrationsbemühungen ausgesprochen hat. Es liegen vielmehr reihenweise Fakten vor, die das Gegenteil belegen.“1157 Ebenfalls entgegen des westdeutschen Interesses agiert die Bundesregierung bei der deutschen Stahlproduktion, die durch die Beschlüsse der EGKS benachteiligt wird und die Bundesrepublik in ihrer Souveränität einschränkt. Ohnehin ist die „aktuelle, unbestreitbare westeuropäische Stahlkrise (…) nur ein Vorwand für die Gängelung Westdeutschlands“1158, da die deutschen Stahlwerke zu den produktivsten Westeuropas zählen. Steinmark vertritt in seinen Beiträgen die Meinung, dass die Regierenden, die Meinungsbildner wie auch die Wirtschaft gegen die Interessen des deutschen Volkes im Allgemeinen und denen der Jugendlichen im Speziellen handeln, festgemacht am ausufernden Materialismus. Diesem Trend versucht sich MUT entgegen zustellen. Alfred Schickel: Geboren am 18. Juni 1933 in Usti nad Labem, zog er mit seiner Familie nach der Aussiedlung aus dem Sudetenland 1945 in den Schwarzwald, wo Schickel am Jesuitenkolleg in St. Blasien im Jahr 1954 sein Abitur machte. Im Anschluss studierte er bis 1960 Geschichte und Philosophie an der Universität München. Bis 1967 arbeitete er als Studienpräfekt am Studienseminar St. Canisius in Ingolstadt, wo er 1966 über die römische Rechtsgeschichte promovierte. Im Jahr 1974 wurde Schickel zum Leiter des Katholischen Stadtbildungswerkes in Ingolstadt berufen.1159 Dieses Amt übte er bis Anfang 1995 aus. Seit 1981 leitet er die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt 1156
Ebd., S. 18. [im Original fett gedruckt] Steinmark, Armin: Das Ausländerproblem im Spiegel der öffentlichen Meinung. in: MUT (155) Juli 1980, S. 39f. [im Original fett gedruckt] 1158 Steinmark, Armin: Stählernes Zwangskartell. in: MUT (160) Dezember 1980, S 45. [im Original fett gedruckt] 1159 Vgl. MUT (186) Februar 1983, S. 43. [o.A.] 1157
231
e.V.1160 und war daneben als freier Mitarbeiter für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die WELT, den Bayerischen sowie den Hessischen Rundfunk tätig. 1991 und 1992 arbeitete er als Autor für Zeitgeschichte für die Junge Freiheit. Ebenfalls im Jahr 1992 erhielt Schickel auf Vorschlag des bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl das Bundesverdienstkreuz am Bande.1161 In der zweiten Untersuchungsphase verfasste Schickel vier Artikel zum Thema der deutschen Zeitgeschichte. Die westdeutsche Zeitgeschichte ist für ihn durchzogen von einer „Reihe von Problemen und Mängel[n]“1162, die die „gesicherte Endgültigkeit ihrer Aussagen geradezu folgerichtig in Frage stellen müsse“1163. Dabei wird für ihn insbesondere die deutsche Kriegsschuld am Zweiten Weltkrieg nicht hinreichend beleuchtet und gerecht dargestellt, welches ohne die völlige Freigabe alliierter ‚Geheimakten‘ auch nicht möglich ist. Um diesem – angeblichen – Desiderat zu begegnen, beruft er sich in seinen Beiträgen auf bereits freigegebene Dokumente der Alliierten, die die deutsche Kriegsschuld in ein neues Licht rücken. Besondere Unzulänglichkeiten erkennt Schickel in der Darstellung des deutschen Angriffs auf Polen, der keineswegs so überraschend für die polnische Regierung kam, wie die polnische und westdeutsche Seite behauptet. Denn nach ‚Geheimakten‘, die Schickel vorliegen, ging die polnische 1160
Die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) wurde 1981 u.a. von Hellmut Diwald als Konkurrenz zum Münchner Institut für Zeitgeschichte gegründet. Unterstützt wird die ZFI von ca. 750 Fördermitgliedern, aber auch die Stadt Ingolstadt förderte sie in den 1990er Jahre mit 2000DM jährlich. [Vgl. Junge, Barbara/Julia Naumann/Holger Stark: Rechtsschreiber. Wie ein Netzwerk in Medien und Politik an der Restauration des Nationalen arbeitet, Berlin 1997, S. 185.] Ziel ihrer Publikationen ist es die deutsche Wehrmacht sowie das Dritte Reich von jedwegiger Schuld freizusprechen. Über den ZFI-Leiter Schickel schreibt Wolfgang Wippermann: „Schickels Geschichtsrevisionismus geht in einen politischen, auf die Veränderung des status quo abzielenden Revisionismus über. Dazu hat er sich 1991 klar und eindeutig bekannt, als er in einem Artikel für die rechtsextreme Zeitschrift ‚Deutschland in Geschichte und Gegenwart’ erklärte, daß ‚Regelungen - zumal Grenzregelungen –, die nicht ausgewogen und auf der Zustimmung der Betroffenen getroffen worden sind, (…) selten lange Bestand’ hätten.“ [Wippermann, Wolfgang: Verdiente Revisionisten. Alfred Schickel und die „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI)“, in: Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbtsbewußte Nation und ihr Geschichtsbild. Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997, S. 87. Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek b. Hamburg 1994, S. 104.] 1161 Vgl. Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, 2., aktualisierte Auflage, München 1992, S. 79. Junge, Barbara/Julia Naumann/Holger Stark: Rechtsschreiber. Wie ein Netzwerk in Medien und Politik an der Restauration des Nationalen arbeitet, Berlin 1997, S. 186. Wippermann, Wolfgang: Verdiente Revisionisten. Alfred Schickel und die „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI)“, in: Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbtsbewußte Nation und ihr Geschichtsbild. Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997, S. 78ff. MUT (183) November 1982, S. 45. 1162 Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 45 1163 Ebd.
232
Regierung seit 1938 von einem bevorstehenden deutschen Angriff aus, dem mit Unterstützung der USA begegnet werden sollte. „Dieser Bericht britischer Diplomaten läßt lange nach polnischer Ahnungslosigkeit gegenüber deutscher Angriffslust suchen und stellt somit die bisherige Schuldverteilung erneut zur Diskussion.“1164 Warum ein – angebliches – polnisches Wissen um einen deutschen Angriff die Kriegsschuld neu verteilen sollte, geht aus seiner Argumentation allerdings nicht hervor. Auch die Zahlenangaben der Opfer der Konzentrationslager müssten nach Schickel einer Überprüfung unterzogen und der veränderten Dokumentenlage angepasst werden.1165 Nicht nur bei der Vorgeschichte für den deutschen Angriff auf Polen ergeben die so genannten ‚Geheimakten‘ der Alliierten ein verändertes Bild, ebenso bei der Sudetenkrise, die keineswegs Hitler als Gewinner sah, sondern die Tschechoslowakei und die alliierten Mächte.1166 Zudem erkennt Schickel noch einen positiven Bestandteil des Münchner Abkommens: „Sie [Chamberlain und Daladier] haben damit Hitler ein mögliches Ausgreifen über die Volkstumsgrenzen hinaus verwehrt und die Tschechei in ihrem eigentlichen ethnischen Kern bewahrt.“1167 Grundsätzlich sieht Schickel die Gefahr: „Dieses Ignorieren freigegebener Geheimdokumente und Stehenbleiben bei den Erkenntnissen und Deutungen von gestern, bringt die westdeutsche Zeitgeschichte in die Gefahr, zu einer besonderen Gattung, ‚EwigGestriger’ zu werden und allmählich ihre wissenschaftliche Reputation einzubüßen.“1168 Nicht nur aus Gründen der wissenschaftlichen Objektivität ist es notwendig diese Mängel zu beheben, sondern um „unserem Volk und seiner Geschichte einen Dienst zu erweisen“1169, so Schickel weiter. Darüber hinaus muss das oberste Ziel deutscher Politik die deutsche Einheit in den Grenzen von 1937 sein. Ein Verzicht darauf wäre „unverantwortlich vor der Geschichte und unverständlich für jedes gesunde Volksempfinden“1170. Demonstrationen und Bürgerinitiativen gegen Bebauungen und wirtschaftliche Nutzbarmachungen westdeutscher Landstriche sind für ihn ebenfalls ein überzeugender Grund für die Einheit in den Grenzen von 1937: „Um so weniger dürfte man daher im Osten Tausende 1164
Ebd., S. 46. Vgl. ebd., S. 50ff. Schickel, Alfred: Vergessene Zeitgeschichte. Beispiele historischer Erinnerungslücken, in: MUT (186) Februar 1983, S. 49f. 1166 Vgl. Schickel, Alfred: Vergessene Zeitgeschichte. Beispiele historischer Erinnerungslücken, in: MUT (186) Februar 1983, S. 45f. 1167 Schickel, Alfred: Das Münchner Abkommen im Lichte amerikanischer Geheimdokumente. in: MUT (193) September 1983, S. 36. [im Original fett gedruckt] 1168 Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 46. [im Original fett gedruckt] 1169 Ebd., S. 56. [im Original fett gedruckt] 1170 Schickel, Alfred: Deutschland – Was ist das? Versuch einer Analyse, in: MUT (189) Mai 1983, S. 38. [im Original fett gedruckt] 1165
233
von Quadratkilometern besten Landes hergeben und auf diese Weise sein eigenes Deutsches Reich ohne Not verkleinern.“1171 Schickel fällt in MUT die Aufgabe zu, die deutsche Kriegsschuld mit scheinbar wissenschaftlichen Belegen zu relativieren. Dazu verweist er in erster Linie auf – angebliche – ‚Geheimdokumente‘ der Alliierten, die von der deutschen Wissenschaft entweder bewusst oder fahrlässig nicht als Quellen hinzugezogen werden und damit die Geschichte des Zweiten Weltkrieges teilweise verfälschen. Er behauptet als einziger deutscher Historiker, diese eingesehen zu haben und er empfiehlt das auch seinen Kollegen, bevor sie seiner Meinung nach, wissenschaftlich ins Abseits geraten. Dem Leser stellt sich Schickel als ein Historiker dar, der an der Wahrheit interessiert ist, was ihn von der deutschen Historikerzunft unterscheidet. Hellmut Diwald: Der Historiker Hellmut Diwald wurde am 13. August 1924 in Šatov/Südmähren geboren und ist in Prag aufgewachsen. Im November 1938 siedelte er mit seinen Eltern und den beiden Geschwistern nach Nürnberg über, wo sich die Eltern 1939 scheiden ließen. Im selben Jahr tat Diwald einige Monate Dienst auf der Gorch Fock, bevor er im Juli 1939 seine Arbeit in der MAN-Maschinenfabrik in Nürnberg aufnahm. Aufgrund eines Stipendiums der MAN studierte Diwald zwei Semester Maschinenbau an der höheren technischen Staatslehranstalt-Nürnberg. Sein Studium schloss er 1947 als Ingenieur ab.1172 Im gleichen Jahr begann er an der Universität Erlangen Neuere Geschichte, Mittlere Geschichte, Philosophie, Deutsche Literaturgeschichte sowie Religions- und Geistesgeschichte zu studieren. Von 1948 bis 1966 arbeitete Diwald in der Redaktion der Zeitschrift Religions- und Geistesgeschichte. Der Studienstiftung des deutschen Volkes gehörte er als Stipendiat von 1949 bis 1952 an. Im Jahr 1952 beendete er seine Promotion zum Thema ‚Untersuchungen zum Geschichtsrealismus im 15. Jahrhundert‘ an der Universität Erlangen, dem schloss sich ein Forschungsauftrag sowie ein Assistenzstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft an. 1958 habilitierte Diwald, ebenfalls in Erlangen, über ‚Leben und Geschichte bei Wilhelm Dilthey‘. Ein Jahr später heiratete er die Professorin für Orientalistik (Universität Würzburg) Susanna Margarethe Wilzer, mit der er einen Sohn bekam und zwei Mädchen adoptierte. 1965 wird Diwald zum außerplanmäßigen Professor für Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität Erlangen ernannt, wo er bis zu seinem Ruhestand 1989 lehrte. Am 26. Mai 1993 verstarb Hellmut Diwald.1173
1171
Ebd. [im Original fett gedruckt] MUT nennt das Jahr 1950 als Datum für den Abschluss des Ingenieurstudiums. 1173 Vgl. http://www.hellmutdiwald.de/html/lebenslauf.html. (20.04.2009) MUT (185) Januar 1983, S. 33. [o.A.] 1172
234
Zwischen 1980 und 1983 verfasste Diwald vier Artikel: Sie behandeln, mit einer Ausnahme, den Verlust der deutschen Identität und Einheit. Er sieht die Deutschen in einer Neurose verhaftet, ausgelöst durch die Beschädigung der deutschen Identität.1174 Nicht in der Vertreibung der deutschen Volksgruppe aus den Ostgebieten nach 1945 oder der deutschen Teilung erkennt er die größte Gefahr, sondern darin, „das Anomale schließlich für normal zu halten“1175. Ohnehin muss das deutsche Volk bereits seit der Gründung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation mit diesem Schicksal fertig werden. „Ebenso wissen wir aus der Geschichte, daß in solchen Phasen der Beengung nichts dringlicher ist als eine unermüdliche Aktivität, die sich allerdings davor zu hüten hat, gegen undurchdringliche Wände anzurennen.“1176 Die Lösung sieht Diwald in der Abkehr von der alliierten Umerziehungspolitik und der Hinwendung zum UNPrinzip des Selbstbestimmungsrecht der Völker, welches jedem „einzelnen Menschen genauso (…) wie jedem Volk des Erdballs; also auch uns Deutschen“1177 zusteht. Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Völker resultiert für Diwald die allgemeine Wehrpflicht; aufgrund der deutschen Teilung sieht er jedoch die Legitimität hierfür nicht mehr gegeben und fordert für die Bundesrepublik eine Freiwilligenarmee.1178 Die deutsche Einheit ist für ihn nicht nur eine „Existenzfrage der Deutschen“1179, sondern die Basis für ein vereintes Europa: „Die Zertrümmerung und Aufspaltung Deutschlands ist zugleich eine Zertrümmerung und Aufspaltung Europas. Von der deutschen Einheit hängt die Souveränität Europas ab.“1180 Auf den ersten Blick unterscheidet sich Diwalds Beitrag aus dem Januar-Heft 1983, in dem er den Weg Martin Luthers von Wittenberg zum Reichstag nach Worms beschreibt, grundlegend von seinen anderen Artikeln. Allerdings steht auch hier die Spaltung der deutschen Nation im Vordergrund – von Luther auf dem Gebiet der Religion ausgelöst.1181 Diwald ist – neben Willms – einer der ersten Professoren, die in MUT publizieren, was zu einer Steigerung des inhaltlichen Niveaus der Zeitschrift beiträgt und zugleich weitere Wissenschaftler aus dem konservativen Spektrum an MUT 1174
Vgl. Diwald, Hellmut: Mut zur Selbstbewahrung. in: MUT (194) Oktober 1983, S. 23. Ebd., S. 41. [im Original fett gedruckt] Ebd. [im Original fett gedruckt] 1177 Diwald, Hellmut: Deutschland – aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität, in: MUT (177) Mai 1982, S. 13. 1178 Vgl. Diwald, Hellmut: Von der Pflicht, auf Deutsche zu schießen. in: MUT (178) Juni 1982, S. 24-27. 1179 Diwald, Hellmut: Deutschland – aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität, in: MUT (177) Mai 1982, S. 14. [im Original fett gedruckt] 1180 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1181 Vgl. Diwald, Hellmut: Luther – Vor dem Reichstag zu Worms. Ein deutscher Revolutionär, in: MUT (185) Januar 1983, S. 32-39. 1175 1176
235
heranführen soll. Das bestimmende Thema ist bei ihm die deutsche Identität in Verbindung mit der deutschen Einheit, die nicht nur für Deutschland, sondern auch für Europa essentiell ist. Kennzeichnend für ihn sind die Bezüge zur deutschen Geschichte. Bernard Willms: Willms wurde 1931 in Mönchengladbach geboren und studierte in Köln und Münster. Im Jahr 1964 promovierte er zum Dr. phil. bei Joachim Ritter, dem schloss sich von 1965 bis 1969 eine Tätigkeit als Assistent bei Helmut Schelsky an der Sozialforschungsstelle der Universität Münster in Dortmund an. Von 1970 bis zu seinem Tod 1991 war Willms Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt ‚Politische Theorie‘ an der RuhrUniversität Bochum.1182 Nach Assheuer/Sarkowicz stand Willms für einen „schneidenden deutschnationalen Patriotismus, [dieser] verachtete seine alten freiheitlichen Impulse und war darüber hinaus offen für einen Anschluß, sowohl an einen neuen völkischen Mythos als auch an die Sozio-Biologie eines Konrad Lorenz: ‚Die Nation (ist) zum Ausgangs- und Endpunkt allen politischen Denkens zu machen – und nicht etwa ‚die Gesellschaft’, gar eine ausgedachte ‚Weltgesellschaft’ oder die ‚Menschheit’ oder ‚der Frieden’.“1183 Für MUT schrieb Willms in der zweiten Untersuchungsphase drei Artikel (1982), zur deutschen Einheit sowie zur nationalen Identität. Für die Verwirklichung der deutschen Einheit hält Willms die Herausbildung einer Politik der „Nationalen Koexistenz“1184 für unabdingbar. Hierunter versteht er die Herstellung einer nationalen Identität, in der Bundesrepublik wie auch in der DDR. Die Bundesrepublik setzt durch ihre „Nationvergessenheit“1185 ihre nationale Freiheit aufs Spiel, die gleichwohl für eine Politik der „Nationalen Koexistenz“1186 unerlässlich ist. Die DDR dagegen hat bereits durch den Bau der Mauer ihr „Defizit an nationaler Identität“1187 bewiesen. Eine Politik der „Nationalen Koexistenz“1188 muss trotz der Systemunterschiede die Gemeinsamkeiten beider deutscher Staaten hervorheben – die vornehmlich in der gemeinsamen Sprache und Geschichte liegen –, um somit den Bevölkerungen den Mangel an Souveränität vor Augen zu führen.1189 „Sobald Denken überhaupt ermöglicht ist, wird es freies Denken geben, und sobald die Wirklichkeit der Fremdherrschaft – auch wenn sie 1182
Vgl. MUT (179) Juli 1982, S. 39. [o.A.] Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, 2., aktualisierte Neuauflage, München 1992, S. 61. 1183 Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, 2., aktualisierte Neuauflage, München 1992, S. 176. 1184 Willms, Bernard: Politik der „Nationalen Koexistenz“. in: MUT (179) Juli 1982, S. 38. 1185 Ebd., S. 39. 1186 Ebd., S. 38. 1187 Ebd., S. 39. 1188 Ebd., S. 38. 1189 Ebd., S. 38ff.
236
noch so vermittelt erscheint – bedacht wird, wird die Wahrheit der Idee der Nation unvermeidlich“1190, und als Konsequenz die deutsche Einheit. Dieses Ziel kann jedoch nur dann verwirklicht werden, wenn deutsche Politiker aufhören, das nationale Argument – nationales Interesse, nationaler Standpunkt, Nationale Identität – zu verdrängen.1191 Das größte Hindernis für die Etablierung einer nationalen Argumentation stellt für Willms das „schlechte[s] Gewissen (…) durch die Auswirkungen der ‚reeducation’“1192 dar, welches zunächst abgebaut werden muss. Ist allerdings erst die Frage der politischen Identität gelöst, gilt das Gleiche für die Frage der Nation.1193 Die Nation ist das zentrale Thema bei Willms. Nur wenn die deutsche Gesellschaft die Existenz der deutschen Nation und seiner Identität akzeptiert und sich ihrer annimmt, kann die Deutsche Frage gelöst werden. Gemein ist den Autoren die Ansicht, das Fehlen der nationalen Identität der Deutschen sei die Ursache für fast alle Probleme.
5.3 Inhaltsanalyse 5.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus Für die Kriterien Verschwörungstheorien sowie Verhältnis zu Gewalt finden sich in der zweiten Untersuchungsphase keine Hinweise. Haltung zum Nationalsozialismus: Wie im ersten Untersuchungszeitraum gestaltet sich die Einstellung von MUT gegenüber dem Nationalsozialismus von 1980 bis 1983 als positiv im Sinne der Verharmlosung der begangenen Verbrechen, jedoch beschränkt sie sich auf die Punkte Relativierung der Kriegsschuld sowie Relativierung des Holocaust. Ein verbreitetes stilistisches Merkmal ist die Verwendung von Zitaten und Leserbriefen – häufig von Angehörigen der alliierten Regierungen oder der Streitkräfte –, die herangezogen werden, um den Aussagen einen neutralen Anschein zu geben. Eine besondere Rolle spielt die Ursache für den deutschen Angriff auf Polen 1939, der nach Diwald eine direkte Folge des Versailler Vertrages war und in den Deutschland geradezu getrieben wurde, denn eine friedliche Alternative besaß Hitler nicht. Um seine Behauptun1190
Ebd., S. 49. [im Original fett gedruckt] Vgl. Willms, Bernard: Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments (Erster Teil), in: MUT (181) September 1982, S. 44. 1192 Willms, Bernard: Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments. (Zweiter Teil), in: MUT (182) Oktober 1982, S. 55. 1193 Vgl. Willms, Bernard: Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments (Erster Teil), in: MUT (181) September 1982, S. 52. 1191
237
gen zu untermauern, verwendet Diwald u.a. Aussagen des britischen Außenminister Lord Halifax: „Die gängige Ineinsetzung von Deutschland mit dem Nationalsozialismus, die prinzipiell vielfach genauso richtig wie falsch war, macht jeden der nach wie vor unbedingt notwendigen Versuche einer klärenden Abgrenzung außerordentlich schwer. Aber auch in diesem Gewirr bleibt dem Versailler Diktat die tragende Rolle erhalten. Der französische Marshall Foch stellte noch zehn Jahre später kurz vor seinem Tode, fest: ‚Der polnische Korridor ist die Wurzel des nächsten Krieges’ – fast wörtlich wie Lloyd George noch während den Verhandlungen, lange vor der Unterzeichnung: ‚Danzig und der Korridor – das ist die Ursache des kommenden Krieges !’ Und genau zwanzig Jahre später, am 3. September 1939, dem Tag der englischfranzösischen Kriegserklärung an das in Polen eingefallene Deutschland, konstatierte der britische Außenminister Lord Halifax: ‚Jetzt haben wir Hitler zum Krieg gezwungen, so daß er nicht mehr auf friedlichem Wege ein Stück des Versailler Vertrages aufheben kann!’ Die Frage, ob der Zweite Weltkrieg dann primär ein Krieg gegen den Nationalsozialismus oder gegen Deutschland war, blieb ein Problem der Kriegspropaganda und war für die Deutschen am Ende des Krieges vergleichsweise unerheblich geworden.“1194
Doch nicht nur im Versailler Vertrag liegt die Ursache am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, auch der polnischen Regierung fällt, nach der Freigabe so genannter alliierter ‚Geheimakten‘, ein erheblicher Teil der Kriegsschuld zu, was insbesondere Schickel im Großteil seiner Beiträge hervorhebt: „Das eine besteht in einem Reisebericht zweier britischer Diplomaten aus dem Frühsommer 1939, die im Auftrag des Londoner Foreign Office eine Informationstour durch Polen unternommen haben. (…) Danach rechneten die Polen im Mai 1939 fest mit einem Krieg gegen Deutschland und schlossen eine friedlich-schiedliche Lösung der deutsch-polnischen Konflikte weitgehend aus. (…) Bekanntlich sagte der Roosevelt-Vertraute bei diesen Gelegenheiten dem polnischen Missionschef, daß die Vereinigten Staaten zwar nicht sofort nach Kriegsausbruch in die Auseinandersetzung eingreifen würden, sie aber später zu entscheiden gedächten – wie es dann 1941 bis 1945 gekommen ist. Im Schutze der britischen Garantie und unter dem Dache der amerikanischen Zusicherung glaubten sich die Polen – nach Ausweis dieses Diplomatenberichts – so siegessicher, daß sie bereits vor Ausbruch der Kampfhandlungen Pläne für das besiegte Deutschland entwarfen. Danach sollte Ostpreußen an Polen fallen und die dort ansässige deutsche Bevölkerung ‚umgesiedelt’ werden, schlesisches Agrarland von polnischen Bauern eingenommen und das verbleibende Deutschland in zwei oder drei Stücke zerschlagen werden. (…) Dieser Bericht der britischen Diplomaten läßt lange nach polnischer Ahnungslosigkeit gegenüber deutscher Angriffslust suchen und stellt somit die bisherige Schuldverteilung erneut zur Diskussion.“1195
Nach Schickel zeigte sich die polnische Regierung an einer friedlichen Lösung mit Hitler nicht interessiert, da sie aufgrund der amerikanischen Unterstützungs1194
Diwald, Hellmut: Deutschland aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität, in: MUT (177) Mai 1982, S. 11. [im Original fett und kursiv gedruckt] 1195 Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 45f.
238
zusicherung von einem alliierten Sieg überzeugt war. Hinzu kam der polnische Wunsch nach einer Zerschlagung des Deutschen Reiches, wie es 1945 auch passierte. All diese – angeblich – neuen Fakten verwendet Schickel, um die Schuldfrage neu zu diskutieren, mit dem Ziel Deutschland zu rehabilitieren und die alliierten Mächte als die wahren Schuldigen zu entlarven. Allerdings erscheint es absurd wie Schickel aufgrund der oben angenommenen polnischen Politik zu behaupten, Hitler wäre zu einem Krieg genötigt worden, um die polnischen Ziele zu verwirklichen. Die einseitige Darstellung der deutschen Geschichte, so Schickel, „verfestigte (…) im Laufe der Jahre die Vorstellung von der schier einzigartigen Verbrecherhaftigkeit der deutschen Akteure und schob die Frage nach alliierter Verantwortlichkeit weitgehend aus dem Gesichtsfeld“1196 der Deutschen. Mit der Veröffentlichung der so genannten alliierten ‚Geheimdokumente‘ sei jetzt eine Neubewertung der deutschen Kriegsschuld möglich, jedoch ignoriere die westdeutsche Geschichtswissenschaft diese neuen Erkenntnisse sträflich, ganz im Gegenzug zu ausländischen Historikern, „von Timothy Mulligan über David Irving bis Alfred Zayas“1197. Bezeichnend ist hier der Verweis auf den Holocaust-Leugner David Irving, auch wenn dieser zu dieser Zeit den Holocaust noch nicht in Zweifel zog, so galt er dennoch seit den 1960er Jahren nicht mehr als seriöser Wissenschaftler, wie ihn MUT präsentiert. Zudem spricht MUT westdeutschen Historikern an diversen Stellen das Bemühen um Objektivität ab: „Das ständige Bemühen um ein objektives Urteil schult den Gerechtigkeitssinn und erzieht zu Redlichkeit und Bescheidenheit. Pauschale Verdammungen, Urteile auf die Schnelle, Kritik um der Kritik willen – so etwas ist dem historisch Gebildeten unmöglich. Er hat auch verstanden, daß und warum die Vergangenheit nicht mit der Elle der Gegenwart gemessen werden darf. Jede Epoche will ihr eigenes Recht haben.“1198
Nach Erdmann kann die Vergangenheit nicht mit den Maßstäben der Gegenwart gemessen werden. Es ist jedoch festzuhalten: Der Mord an sechs Millionen Menschen war in jeder Epoche ein Verbrechen und dessen strafrechtliche Verfolgung stellt keineswegs eine Folge modifizierter Wertvorstellungen dar. Auch suggeriert er dem Leser hier, Personen mit fundierten also wahren historischen Kenntnissen würden sich der westdeutschen Geschichtsschreibung nicht anschließen. Ebenso in den Beiträgen Wintzeks finden die Nürnberger Prozesse als Rachejustiz der Sieger Eingang. Wintzek verwendet Zitate britischer Militärangehöriger, um seiner Meinung einen objektiven und glaubhaften Charakter zu geben: 1196
Ebd., S. 50. Ebd. 1198 Erdmann, Christian: Weitblick durch Rückblick. in: MUT (183) November 1982, S. 36. [im Original fett gedruckt] 1197
239
„Nur zwei Jahre nach seiner Entlassung aus Spandau wurde Karl Dönitz eine in blaues Leder gekleidete Kassette von drei Amerikanern in Aumühle überreicht. (…) Darin waren über hundert Originalbriefe gesammelt, die hohe und höchste Offiziere der Westmächte nach der Entlassung des Großadmirals aus Spandau zu dessen Würdigung geschrieben hatten. (…) ‚Es war immer meine Meinung, daß die Nürnberger Kriegsprozeße ein Racheakt gewesen sind. Krieg ist Sache der Politik und nicht der Rechtsprechung. Irgendeinen Führer des Gegners … nach einem postfestum-Gesetz anzuklagen und zu verurteilen, ist ein Stück widerlicher Heuchelei und dummer Schwindelei.’(…) Generalmajor Fuller, British Military Historian ‚Ich sehe nicht ein, warum Großadmiral Dönitz mit besseren Grund angeklagt wurde, als sagen wir die Befehlshaber britischer und amerikanischer Bomberstreitkräfte. Es sind aus dem letzten Krieg kaum schlimmere Verbrechen gegen die Menschlichkeit denkbar als die Ermordung der polnischen Offiziere von Katyn durch Russen und die Bombardierung von Hiroshima, Nagasaki und Dresden.’ Leonhard Young, Colonel der Royal Air Force“1199
Der Vergleich von deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges mit den alliierten Bombardements deutscher Städte stellt eine charakteristische Argumentation rechtsextremer Kreise zur Relativierung der deutschen Kriegsverbrechen dar. Die Behauptung, nach der es kaum größere Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben hat als die Bombardierung, beispielsweise Dresdens und die damit implizierte These, der Holocaust wäre qualitativ weniger schlimm, kann nur als zynisch und menschenverachtend bezeichnet werden. Dieselbe Argumentation verwendet ebenso Erdmann in dem folgenden Zitat: „Erich Heimeshoff im ‚Heimkehrer’, dem Organ des ‚Verbandes des Heimkehrer, Kriegsgefangenen und vermißten Angehörigen Deutschlands e.V.’, in der Nummer 9 vom 15. September 1980 (…): ‚Durch die bisher bei uns vorwiegend einseitig betriebene ‚Bewältigung’ der Vergangenheit ist, insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung, von der Kriegsgeneration ein Bild entstanden, das mit der geschichtlichen Wahrheit nicht übereinstimmt. (…) So bedrückend und beschämend der Tod der kleinen Anne Frank und der übrigen jüdischen Kinder ist, bei einem einzigen Bombenangriff im Juli 1943 auf Hamburg verbrannten im Feuersturm der Phosphorbomben 5586 Kinder. (…) Es ist das historische Verdienst der Deutschen Wehrmacht, den frei gebliebenen Teil Europas vor der bolschewistischen Überflutung bewahrt zu haben. All das mag für viele heute nicht zählen, aber es fragt sich sehr wohl, ob ihre Meinung die gültige Auffassung der Geschichte sein wird.’“1200
Neben der Relativierung der deutschen Kriegsverbrechen findet sich die absurde These, nach der die westliche Welt Deutschland dankbar sein sollte, durch den Zweiten Weltkrieg den Kommunismus in Schach gehalten zu haben. Die Geschichte urteile hierüber in Zukunft ohnehin anders. Nicht nur der Relativierung der deutschen Kriegsschuld räumt MUT zwischen 1980 und 1983 Platz ein, sondern ebenso der Verharmlosung des Holocaust. Hierbei spielen ebenfalls die 1199
Wintzek, Bernhard C.: Karl Dönitz. Ein Soldat der deutschen Geschichte, in: MUT (162) Februar 1981, S. 40f. [Hervorhebung im Original] 1200 Erdmann, Christian: Leid und Leistung der Kriegsgeneration. in: MUT (159) November 1980, S. 37ff.
240
so genannten ‚Geheimdokumente‘ der Alliierten die Hauptrolle. Sie sollen belegen, dass die tatsächliche Höhe der Opferzahlen keineswegs mit den öffentlichen Zahlen übereinstimmt, vielmehr liegt sie weit darunter – ein klassisches Merkmal rechtsextremer Rhetorik. „Dennoch bleiben bestimmte Aktenbestände unter der Obhut der Sieger-Archivare. So etwa die Zugangsbücher des Konzentrationslagers Dachau in den Washingtoner National Archives. (…) Die Einsichtnahme in die angeführten Zugangsbücher des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau stellt im übrigen auch verbreitete Zahlenangaben in Frage. So die von der Gedenkstätten-Leiterin verantwortete Zahl von ‚über 200 000 registrierten Gefangenen, die insgesamt durch das Konzentrationslager Dachau’ gegangen sein sollen. Im letzten Band der Zugangsbücher ist der im Jahre 1945 zuletzt registrierte Häftling mit der Nummer 147 536 vermerkt, so daß eine Differenz von immerhin über fünfzigtausend Menschen auftritt; eine Zahl, die nicht leichtfertig als anonyme Größe gebraucht werden sollte.“1201
Zudem spielen die rechtsextremistischen Schlüsselwörter ‚Wahrheit‘ und ‚Lüge‘ mit hinein. Die – angebliche – Widerlegung einzelner historischer Ereignisse propagiert das eigene, spezielle zeithistorische Weltbild, wonach ausschließlich sie selber die Wahrheit verkünden. In die gleiche Argumentationsweise fällt das folgende Zitat: „Ebenso unbestritten ist aber auch, daß die Judenheit der Welt vor der sogenannten Machtergreifung Hitlers weder Anlaß hatte noch Gelegenheit nahm, Deutschland einen ‚finanziellen’ oder ‚wirtschaftlichen Krieg’ anzudrohen oder zu erklären, geschweige zum weltweiten Boykott deutscher Waren aufzurufen, wie dies auf jüdischen Kongressen in New York, London, Amsterdam und Warschau geschehen ist, da sich die deutsche politische Führung der Weimarer Republik antisemitischen Handlungen und Aktionen enthalten hat. Die nationalsozialistische Partei und ihre Führer ließen hingegen keinen Zweifel an ihrer antisemitischen Programmatik und Politik, so daß mit der Berufung Hitlers zum Reichskanzler entsprechende Diskriminierungen und Verfolgungen der Juden zu erwarten waren und die militanten Forderungen der ausländischen Juden geradezu provozierten.“1202
Hier wird den Juden selbst eine Schuld am Holocaust gegeben, den sie aufgrund ungerechtfertigter Provokationen gegenüber dem Dritten Reich heraufbeschworen haben, obwohl der Antisemitismus der NSDAP hinlänglich bekannt war. Warum angebliche verbale Provokationen einer religiösen Minderheit den Mord an sechs Millionen Menschen zur Folge hatten, erklärt Schickel nicht. Allerdings reiht es sich nahtlos in die gesamte Haltung von MUT zum Nationalsozialismus ein, nach der ausländische Aktivitäten Hitler in einen Krieg und in den Holocaust 1201
Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 50f. [Hervorhebung im Original] 1202 Schickel, Alfred: Vergessene Zeitgeschichte. Beispiele historischer Erinnerungslücken, in: MUT (186) Februar 1983, S. 50. [Hervorhebung im Original]
241
förmlich zwangen. Ohnehin betonen die MUT-Autoren fortwährend: Konzentrationslager stellen keine Erfindung der Deutschen dar: „Wir pflegen unser Jahrhundert als das der Verluste, Vertreibungen, Fluchten, Gewaltsamkeiten zu charakterisieren. Aber das ist nicht nur eine Wahrheit der Gegenwart, die uns freilich nahe genug ist. Der Blick zurück zeigt, daß die Wahrheit nur eine halbe ist – andere Jahrhunderte sind von großen Beschwernissen, die Entsetzliches einschließen, ebenso erfüllt. Da ist die Babylonische Gefangenschaft, die Zerstörung des Tempels und damit die Zerstreuung der Juden im Jahre 70. (…) Und heute verzeichnen wir die Vertreibungen aus den deutschen Ostgebieten, die in Vietnam und Kambodscha. Die Briten richteten die ersten Konzentrationslager für die Buren ein, die Russen zernierten und zernieren politisch Unliebsame, sie verstreuten die Wolgadeutschen und kaukasischen Stämme.“1203
Damit unterliegt der Holocaust auch keiner historischen Einzigartigkeit, wie fortwährend behauptet wird, womit der immer noch andauernden deutschen Bestrafung die Legitimität fehlt. Durch die fast schon inflationäre Verwendung der Begriffe ‚atomarer Holocaust‘ etc. für Ereignisse nach 1945, u.a. durch Wolfgang Strauss, soll ebenfalls eine Relativierung des Holocaust erreicht werden. Ziel dieser charakteristischen rechtsextremistischen Sprachpolitik ist es, die Einzigartigkeit der Gräueltaten zu widerlegen und die Judenvernichtung durch die Nationalsozialisten als ein ‚normales‘ Ereignis der Weltgeschichte zu platzieren. In MUT findet der Begriff Holocaust, neben der Verwendung für die Shoa, hauptsächlich mit Blick auf Verbrechen an den Deutschen oder auf einen Atomkrieg Verwendung: „in den kollektiven Selbstmord im nuklearen Holocaust zu treiben“1204, „der Holocaust an den Ost- und Sudetendeutschen“1205, „und unser Volk in den Kollektivmord durch nuklearen Holocaust zu treiben,“1206,„Siegreich’ wollen beide Seiten aus dem atomaren Holocaust herausgehen.“1207, „System des ideologischen Holocaust opfernd widerstehen und dabei als sittliche Persönlichkeit überleben“1208 oder auch: „Die Zentren des Holocaust auf deutschem Boden sind längst bekannt. Pershing-II-Raketen erhält nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung die 56. US-Artilleriebrigade in Heilbronn, Neu-Ulm und Schwäbisch-
1203
Kopelke, Wolfdietrich: Unheile, heile Welt. in: MUT (190) Juni 1983, S. 52. Strauss, Wolfgang: Schwerter zu Flugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage, in: MUT (179) Juli 1982, S. 32. 1205 Strauss, Wolfgang: Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (2. Teil), in: MUT (185) Januar 1983, S. 48. 1206 Strauss, Wolfgang: 17. Juni 1953. Die unvollendete Revolution, in: MUT (191) Juli 1983, S. 27. 1207 Strauss, Wolfgang: Gomorrha II. Droht Deutschland der große Tod? in: MUT (193) September 1983, S. 13. [im Original fett gedruckt] 1208 Strauss, Wolfgang: Lieber lebendig als rot. Von der religiösen und patriotischen Gesinnung östlicher Pazifisten, in: MUT (195) November 1983, S. 42. 1204
242
Gmünd.“1209. Generell ist die Gleichstellung historischer Verbrechen mit dem Holocaust eine beliebte Methode in MUT und wird durch das Abdrucken von Zitaten aus der Zeitung DIE WELT – einer etablierten Publikation – als gesellschaftlich akzeptiert dargestellt: „‚eines Verbrechens, das sich würdig neben die nationalsozialistischen Konzentrationslagerund Holocaustverbrechen stellt.’“1210 In diesem Zusammenhang von würdig zu sprechen, kann an Menschenverachtung schwer überboten werden und ist nicht mit der demokratischen Ausrichtung der WELT zu rechtfertigen. Rechtsextreme Topoi: Das erste von MUT häufig verwendete rechtsextreme Topos stellt das Großdeutsche Reich dar, welches die alliierten Mächte den Deutschen widerrechtlich streitig machen und 1945 auf grausame Weise zerschlugen. Da die deutsche Teilung anscheinend noch nicht genug ist, soll Deutschland im Falle eines Nuklearkrieges der Großmächte an vorderster Front stehen und seiner kompletten Zerstörung entgegen sehen: „Sie [USA und Sowjetunion] zertrümmern auf jeden Fall ein Land, das Deutschland heißt – mit Dresden, Rostock, Breslau, Danzig, Königsberg, Magdeburg, Frankfurt an der Oder, Stettin, Posen, Halle, Jena, Görlitz.“1211 Um diesem Szenario zu entgehen, propagiert MUT die bewaffnete Neutralisierung Deutschlands, die mit einem „vereinte[n] Territorium (ohne die geraubten Ostgebiete)“1212 einhergeht. Auch hier kommt wieder die Behauptung zum Tragen, die deutschen Ostgebiete wären von der polnischen und sowjetischen Regierung in krimineller Art und Weise ihren Territorien einverleibt worden. Die Autoren und im Speziellen Wolfgang Strauss verwenden noch eine andere rechtsextremistische Thematik: Vergangenheitsbewältigung als rückwärtsgewandte Diskussion, die den Deutschen den Blick in die Zukunft verstellt. Die persönlichen Erlebnisse sind mit dem ausschließlich politischen Mittel der Vergangenheitsbewältigung nicht messbar und daher nicht sinnvoll. „Erbe ist dann, was vor uns gewesen ist, und zwar alles. Hier tritt sowohl die allgemeine Geschichte, in die wir immer eingefügt bleiben, in Erscheinung wie die persönliche Erfahrung: das, was wir erlebt haben. Das übersteigt den Pferch politischer Verstrickung, der man mit dem
1209
Strauss, Wolfgang: Gomorrha II. Droht Deutschland der große Tod? in: MUT (193) September 1983, S. 15. 1210 Strauss, Wolfgang: Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (2. Teil), in: MUT (185) Januar 1983, S. 46. [Hervorhebung im Original] 1211 Strauss, Wolfgang: Gomorrha II. Droht Deutschland der Große Tod? in: MUT (193) September 1983, S. 17. [im Original fett gedruckt] 1212 Strauss, Wolfgang: Deutsche Wiedervereinigung … durch Neutralisierung Deutschlands? Legenden und Realitäten (2. Teil), in: MUT (160) Dezember 1980, S. 34. [im Original fett gedruckt]
243
Mittel der Vergangenheitsbewältigung begegnen möchte, die – man muß es zugeben – manche Verschleierung mit sich bringt.“1213
Für die historische Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges kann die Vergangenheitsbewältigung nach MUT ebenfalls nicht herangezogen werden, da sie immer nur einen Teil der Wahrheit darstellt: „In diesen Leerraum, den die westdeutschen Zeithistoriker auf dem Feld der Vergangenheitsbewältigung hinterlassen, stoßen dann nicht selten mehr oder weniger berufene Geschichtsinterpreten und verstreuen ihr historisches Halbwissen, (…) zu Lasten (…) der Pflicht zur Unvoreingenommenheit und Wissenschaftlichkeit“1214, wie es paradoxerweise Schickel formuliert, der in seinen Publikationen nicht anders arbeitet. Bezeichnend ist zudem die ablehnende Haltung gegenüber der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und der Vergangenheitspolitik, die der sozialliberalen Regierung angelastet und als reines Unrecht und zum Zwecke politischer Diffamierung angeprangert wird: „(…) gehört ohne Zweifel auch zu jenen heilsamen Rückblicken, die uns möglicherweise doch noch in die Lage versetzen, zukünftig politischen Weitblick zu entwickeln. ‚Die geistigen Verluste dieser eineinhalb Jahrzehnte sozialliberaler Herrschaft’ (…) Im Rahmen des alliierten Reeducations-Programms der Nachkriegszeit war, teils in Unkenntnis, teils aus einem Konglomerat von Ressentiments heraus, eine pauschalierte NS-Schuldzuweisung über jene Künstler, Schriftsteller und Denker hereingebrochen, deren Werk um Begriffe wie Nation, Heimat, Tradition, Autorität, Führung, Elite herum aufgebaut war. Temporäre oder auch nur vermeintliche Beziehungen zum Nationalsozialismus genügten meist, regelrechte Diskriminierungskampagnen auszulösen. (…) Die Soziologie à la ‚Frankfurter Schule’ übernahm die philosophische Führung, ließ jedermann wissen, daß der Mensch durch die Allmacht des Sozialen konstituiert sei und durch sonst nichts. Eine Enthüllungsliteratur ohne Beispiel fuhr unter unsere Bettdecken und brachte zum Vorschein, was uns befleckte. Vom Papst bis zum Weihbischof Defregger. Von Churchill bis zum Schah von Persien – im Westen war keiner, der nicht an den Pranger gehörte.“1215
Bereits in dem ersten Untersuchungszeitraum wurden die Kriegsverbrechen des Weihbischof Defregger relativiert. In der zweiten Untersuchungsphase treten zunehmend die osteuropäischen Oppositionellen und Unabhängigkeitsbewegungen in den Vordergrund. Sie gelten für die Autoren Strauss, Diwald und Willms als der Beleg für eine Renaissance des Nationalismus – „einen neuen deutschen
1213
Kopelke, Wolfdietrich: Ererbt und Erfahren. in: MUT (188) April 1983, S. 2. [im Original fett gedruckt] 1214 Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 55f. 1215 Erdmann, Christian: Weitblick durch Rückblick. in: MUT (183) November 1982, S. 30ff. [Hervorhebung im Original]
244
Nationalismus“1216 – den sie schon seit langen fordern und nun intensiv publizistisch unterstützen.1217 „Die vielzitierten Phänomene des Regionalismus und eines alternativen Lebensstils – vor 28 Jahren in den Zwangsarbeiterkommunen des Ostens unter Blut und Tränen aus der Taufe gehoben, kämpften doch die Partisanen der internationalen Stacheldrahtarmee für nationale Identität, für die Renaissance von Heimat, Heimatkultur, Heimatbewußtsein und Heimatliebe. Unter der schwarzen Rebellenfahne wurde 1953, vor einem Vierteljahrhundert, das andere Europa geboren, das Europa der Freiheit und Selbstbestimmung, das Europa der Völker und Vaterländer, ein Europa der Geborgenheit, Selbstachtung und Solidarität.“1218
Dabei ist die Bejahung des Nationalismus aller Völker eine unabdingbare Voraussetzung für den Kampf gegen den Kommunismus sowie der Wiedergewinnung der deutschen Einheit. Rechtsextreme Etikettierungen: Die Präsentation der deutschen Geschichte nach 1945 erfolgt in MUT überwiegend über die begriffliche Wendung ‚Schicksal‘, welches vom deutschen Volk gemeinsam getragen und überwunden werden muss. Dabei bezeichnet ‚Schicksal‘ im Sinne eines rechtsextremen Schlüsselwortes immer etwas Böses, was dem deutschen Volk angetan wurde. Die Feststellung, die Deutschen hätten „unter Deutschlands Nachkriegsschicksal gelitten“1219, versteht sich in MUT als Aufforderung im Sinne einer „Schicksalsgemeinschaft zu überleben und die nationale Selbstentfremdung als die tödlichste aller Gefahren zu erkennen.“1220 In diesem Sinne steht das Bekenntnis zum Glauben an der Überwindung des deutschen Schicksals im Kern rechtsextremer Rhetorik: „Ich bekenne mich zu der geschichtlichen Entwicklung und der Not der Spaltung des deutschen Volkes, dem ich mich verbunden fühle und an dessen Kraft zur seelischen und geistigen Überwindung seines heutigen Schicksals in der Zukunft ich glaube.“1221
Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, das linke Spektrum für die nationale Frage zu gewinnen und „die deutsche Schicksalsfrage – Wiedergewinnung 1216 Strauss, Wolfgang: Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage, in: MUT (178) Juni 1982, S. 34. [Hervorhebung im Original] 1217 Vgl. hierzu insbesondere die Artikel von Wolfgang Strauss. 1218 Strauss, Wolfgang: Völkerfrühling contra Jalta-Joch. IV. Teil, in: MUT (168) August 1981, S. 43f. [im Original fett gedruckt] 1219 Bahrs, Hans: Vom Winde gesungen ein Lied. Zum Tode des Malerpoeten Werner Schriefer, in: MUT (166) Juni 1981, S. 52. 1220 Strauss, Wolfgang: Das Geschäft mit der Angst. in: MUT (175) März 1982, S. 17. [im Original fett gedruckt] 1221 Bahrs, Hans: Unzeitgemäße Bekenntnisse. in: MUT (154) Juni 1980, S. 45. [im Original fett gedruckt]
245
nationaler Identität – neu [zu]formulieren und die Wiedererlangung der staatlichen Einheit als eine sozialistische Notwendigkeit [zu]postulieren“1222, was in Teilen linker Kreise bereits erreicht ist. In der zweiten Untersuchungsphase treten vermehrt die rechtsextremen Schlüsselwörter ‚Wahrheit‘ und ‚Lüge‘ auf und nehmen einen Großteil der Artikel ein, mit dem Ziel der Propagierung eines speziellen Weltbildes. Hierzu finden zwei argumentative Methoden Anwendung: Zum einen werden Historiker und geschichtswissenschaftliche Institute herabgesetzt und zum anderen neue, geheime Quellen präsentiert, die ihre Behauptungen stützen sollen. Alfred Schickel beispielsweise unterstellt der westdeutschen Zeitgeschichte mangelnde Objektivität sowie fehlerhaftes Arbeiten, welches er durch die sprachliche Formulierung das „einschlägige Institut“1223 oder „Gutachter des einschlägigen Instituts“1224 zu erreichen versucht. Dabei nennt er nicht einmal dieses ominöse Institut mit seiner offiziellen Bezeichnung. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei um ein in rechtsextremen Kreisen verbreitetes Mittel, die Ergebnisse der offiziellen Zeitgeschichte in Zweifel zu ziehen. Die zweite verwendete Methode stellt die Hinzunahme – angeblich – neu veröffentlichter Geheimakten der Alliierten, wie etwa in dem Artikel von Schickel „Das Münchner Abkommen im Lichte amerikanischer Geheimdokumente“1225 aus dem September-Heft 1983 dar, die von der westdeutschen Geschichtswissenschaft bewusst ignoriert werden. Genaue Quellenangaben macht Schickel nicht, so dass eine Überprüfung der Angaben nicht möglich ist. Zwischen 1980 und 1983 ist hierfür insbesondere die Richtigstellung der deutschen Kriegsschuld für MUT von Bedeutung, die jetzt – aufgrund der neuen Aktenlage – historisch richtig und objektiv dargestellt werden kann: „Obwohl schon über vier Jahrzehnte ins Land gegangen sind, erscheinen manche Umstände und Ereignisse der sogenannten Sudetenkrise immer noch nicht ganz aufgehellt. Das liegt zum einen an der verbreiteten Vorabqualifikation der deutschen Tschechenpolitik des Jahres 1938, zum anderen am Geheimschutz alliierter Dokumente. Mit der Freigabe der vertraulichen Akten öffnet sich jetzt der Weg zur objektiven Würdigung der seinerzeitigen Ereignisse. Dies um so mehr, als die gängigen parteiischen Darstellungen der Tschechen nunmehr durch die Berichte neutraler Zeitzeugen ergänzt werden.“1226
1222 Strauss, Wolfgang: Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage, in: MUT (178) Juni 1982, S. 23. 1223 Schickel, Alfred: Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte, in: MUT (183) November 1982, S. 52. 1224 Ebd. 1225 Schickel, Alfred: Das Münchner Abkommen im Lichte amerikanischer Geheimdokumente. in: MUT (193) September 1983, S. 26. 1226 Ebd. [im Original fett gedruckt]
246
In diese klassische rechtsextreme Argumentationsweise fällt die Relativierung der Ergebnisse des Münchner Abkommens, welches nach Schickels Erkenntnissen keineswegs zu Ungunsten der Tschechoslowakei ausfiel wie bisher angenommen: „Das schließlich zwischen Chamberlain, Daladier, Hitler und Mussolini in der Nacht vom 29. auf den 30. September 1938 vereinbarte ‚Münchner Abkommen’ erwies sich auch nicht als ein Sieg Hitlers, sondern als ein respektabler Kompromiß, auf den auch die beiden Westmächte stolz sein konnten. (…) Sie haben damit Hitler ein mögliches Ausgreifen über die Volkstumsgrenzen hinaus verwehrt und die Tschechei in ihrem eigentlichen ethnischen Kern bewahrt.“1227
Die Ursache für die fehlende Objektivität der deutschen Geschichtswissenschaft ist in der alliierten Politik der ‚Umerziehung‘ zu sehen: „Volkspädagogische Zielsetzungen im Dienst eines politischen Bezugssystems laufen auf Täuschung hinaus, wenn das oberste Gebot der Geschichtsforschung ignoriert wird: Sachlichkeit und Wahrheit. Die Jahrzehnte moralpädagogischen Behandlungen der Geschichte sind vorbei. Weder unsere eigene Geschichte und das Verhältnis der Deutschen zu den Nachbarvölkern noch die Ereignisse und Kriege des 20. Jahrhunderts und die Botmäßigkeit der Deutschen gegenüber den Mächten, in deren Abhängigkeit sie sich befinden, sind heute noch ein Thema, das unter den Vorzeichen der sogenannten Umerziehung stehen muß.“1228
Die Umerziehungspolitik führte zu einer Verschiebung der deutschen Werte. Folglich muss die deutsche Geschichtswissenschaft „noch einmal untersuchen und wägen müssen, was in den Strudel der demagogischen Verhetzung unseres Volkes geraten ist und die Wertskala wiederherstellen, wie sie einem der Zukunft zugewandten und dem kulturellen Erbe verpflichteten Volke zukommt“1229. In diesem Sinne ist die zukünftige Generation zu erziehen und ihr nicht die historische Wahrheit vorzuenthalten. „Dazu ist es notwendig, ihr die geschichtliche Wahrheit über die deutsche Vergangenheit zu sagen und ihr nicht eine einseitige Darstellung zu geben, die noch der Nachklang der ‚reeducation’ durch die Besatzungsmächte ist.“1230 Als unerreichbar gilt für MUT dieses Ziel nicht, denn die Oppositionsbewegung in der DDR hat „die Sehnsucht nach dem geeinten Vaterland, frei von Besatzern, Umerziehern, Schreibtischtätern, Lakaien fremder
1227
Ebd., S. 36. [im Original fett gedruckt] Diwald, Hellmut: Deutschland – aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität, in: MUT (177) Mai 1982, S. 12. 1229 Bahrs, Hans: Das große Nachdenken. in: MUT (157) September 1980, S. 7. [im Original fett gedruckt] 1230 Wintzek, Bernhard C.: Karl Dönitz. Ein Soldat der deutschen Geschichte, in: MUT (162) Februar 1982, S. 49. 1228
247
Mächte.“1231 Sie treten für ein wiedervereintes neutrales Deutschland ein, welches nicht durch so genannte Umerzieher in seiner Zukunft belastet ist: „Patrioten und Demokraten, Antifaschisten wie Antikommunisten, Propheten des anderen Deutschland, unbelastet vom Umerziehungswahn und nationalen Selbsthaß, deren Credo lautet: Freies Deutschland.“1232 Aber auch der ‚Sittenverfall‘ als Folge einer umerzogenen, liberalen Gesellschaft nimmt in MUT einen breiten Raum ein. „Deutschland war einmal berühmt für seine Sauberkeit. Für aufgeräumte Straßen, gefegte Bahnsteige, blanke Fenster, frische Fassaden, vor denen sich adrett gekleidete Menschen bewegten. (…) Leute, die sich täglich rasieren und ihre Fingernägel reinigen, die sich kämmen und regelmäßig den Friseur aufsuchen, abgesprungene Knöpfe annähen und verschwitzte Hemden wechseln, werden als ‚Saubermänner’ verhöhnt. Noch immer kostümieren sich viele, auch gut verdienende Deutsche wie Wermutbrüder und Clochards. Auf den Promenaden des Wirtschaftswunderlandes wimmelt es von Gestalten, die oft aus reichem Hause, mit dem Elend kokettieren.“1233
Als ursächlich für den Sittenverfall gelten die „die sogenannten staatstragenden Gruppen selbst (…) (Parteien, Gewerkschaften, Massenmedien), die das Gemeinwesen Staat zu einer ‚Dienstleistungszentrale’ mit materiell-individualistischen Zielsetzungen degradiert haben, zu einem Superwarenhaus ohne Ethos und Solidarität.“1234 Folglich ist „das verpflichtende Bewußtsein der Zugehörigkeit zum Volk als Schicksalsgemeinschaft (…) schwächer geworden“1235 und führt nun zu einem unaufhörlichen Niedergang des deutschen Volkes bis hin zu seiner Vernichtung: „Brezinka [deutscher Pädagoge] zeigt die Ursachen dessen auf, was man früher als Sittenverfall zu bezeichnen pflegte und was heute im Soziologenchinesisch, ‚sozialethische Desorientierung’ heißt: ‚Es fehlt einem Teil unserer Mitmenschen an Eigenschaften, die unentbehrlich sind für die Lebenstüchtigkeit des einzelnen wie für den Fortbestand der Gemeinschaften, denen er angehört: erstens Lebensmut, Lebensfreude, Vertrauen in den Sinn des Lebens und Bereitschaft für die aktive Gestaltung des eigenen Lebens; zweitens Dienstbereitschaft, Gemeinschaftssinn und Traditionsbewusstsein, d.h. Verbundenheit mit den Herkunftsgemeinschaften Familie, Volk und Kirche, Anerkennung ihrer Leistungen, Treue zu ihrer Lebensordnung, Teilnahme an der Erfüllung ihrer Aufgaben.’“1236
1231 Strauss, Wolfgang: Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage, in: MUT (178) Juni 1982, S. 28. [im Original fett gedruckt] 1232 Ebd., S. 32. [im Original fett gedruckt] 1233 Erdmann, Christian: Am Krankenbett der Deutschen Nation. in: MUT (187) März 1983, S. 37. [Hervorhebung im Original] 1234 Strauss, Wolfgang: Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (2. Teil), in: MUT (185) Januar 1983, S. 44. [Hervorhebung im Original] 1235 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1236 Ebd. [Hervorhebung im Original]
248
An dieser Stelle erscheint wieder die Ablehnung des infolge des Wertewandelschubes erhöhten Wunsch nach mehr Selbst- und Mitbestimmung zu Lasten von Autorität und Hierarchie. Der Niedergang der deutschen Volksgemeinschaft als Folge eines Werte- und angeblichen Sittenverfall reiht sich in eine charakteristische rechtsextreme Denkweise ein.
5.3.2 Kriterien: Demokratie Der zweite Untersuchungszeitraum weist, wie der erste, kein Bekenntnis zur Demokratie auf. Dennoch finden sich in MUT Aussagen zur Haltung der Autoren zum „bundesrepublikanischen Verfassungsstaat“ wie auch zur ‚Pluralistischen Vielfalt‘. Dagegen werden die Punkte ‚Einstellung zur Demokratie‘ und ‚antitotalitärer/antiextremistischer Konsens‘ zwischen 1980 und 1983 in keiner Weise angesprochen. Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat: Das oberste Verfassungsprinzip des Grundgesetzes liegt in dem Grundsatz der Demokratie, welcher durch die so genannte Ewigkeitsklausel besonderen Schutz erfährt. Doch genau hier ist für MUT und speziell für Bernard Willms das Problem. Nach Willms ist der höchste Wert die Einheit der Nation, sollte diese durch die bestehende Herrschaftsordnung – in diesem Fall die Demokratie – gefährdet sein, so ist sie zur Disposition zu stellen: „Die Verewigung einer bestimmten Gesellschaftsordnung bedeutet die Abdankung der Nation schlechthin. Sie ist im Sinne einer Politik der nationalen Koexistenz kontraproduktiv und entspricht einer Auffassung in der Bundesrepublik Deutschland, die deren Form von Demokratie prinzipiell nicht instrumentell, sondern als Ewigkeitswert im Sinne von endgültiger Wahrheit auffaßt. In einer Politik der nationalen Koexistenz muß aber beides zugunsten von wirklicher Selbstbestimmung der Nation zur Disposition stehen.“1237
Doch hier irrt Willms. Denn unabhängig von Defiziten westlicher Demokratien gilt sie als die beste aller Staatsformen und kann nicht zur Disposition stehen – es sei denn, ihr Gegenstück wird angestrebt: die Diktatur. Zudem richtet sich die Möglichkeit einer Modifikation der Regierungsform gegen das Grundgesetz und ist demnach als verfassungsfeindlich anzusehen. Neben der Infragestellung der demokratischen Regierungsform erkennt Willms in der freiheitlich-demokratischen Grundordnung eine zweifelhafte Grundlage des bundesrepublikanischen
1237
Willms, Bernard: Politik der „Nationalen Koexistenz“. in: MUT (179) Juli 1982, S. 40. [im Original fett gedruckt]
249
Verfassungsstaates, von der sich ohnehin ein Teil der jungen Generation losgesagt hat: „Als Grundkonsens im Sinne der politischen Grundlage dieser Struktur wird in der Bundesrepublik Deutschland die ‚freiheitlich-demokratische Grundordnung’ angesehen, aber zu Unrecht glaubt man, damit Grundlagen wirklicher Gemeinsamkeit zu haben. Auch ohne den Auszug von Teilen der heranwachsenden Generation aus diesem Grundkonsens ist dessen Grundlagencharakter im Sinne einer letzten Gemeinsamkeit notwendigerweise generell fragwürdig. Die Verweigerung unserer Aussteigergeneration zeigt, daß er als Grundkonsens schlicht umgehbar und ignorierbar ist.“1238
Die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Argumentation von MUT ist nur folgerichtig. Denn wer die Regierungsform der Demokratie für die Bundesrepublik Deutschland infrage stellt, muss zwangsläufig die streitbare Demokratie als Schutz u.a. der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität, der Menschenrechte, der Chancengleichheit oder die Unabhängigkeit der Gerichte, ablehnen. Mit den Gedanken für eine Modifikation der bundesrepublikanischen Regierungsform als Voraussetzung für eine vereinte deutsche Nation rüttelt Willms an den Grundfesten der westdeutschen Verfassung und legt damit das argumentative Fundament einer Diktatur. Pluralistische Vielfalt: Eine konkrete Negierung der pluralistischen Vielfalt findet sich in MUT nicht. Jedoch kommen Zweifel auf, wenn es um eine konkrete Bejahung des Pluralismuskonzeptes geht. Denn die Vorstellungen der Autoren, wie etwa die von Bahrs, beziehen sich ausschließlich auf die Arbeit für die Gemeinschaft, für das deutsche Volk. Eventuelle Minderheiten erfahren keinen Eingang in ihre Argumentationsweise. Auch ist die Ansicht, nach der sich anständige Menschen in die Gemeinschaft einzuordnen haben, für das Weltbild von MUT bezeichnend. Dementsprechend stehen ‚unanständige‘ Personen außerhalb der Gemeinschaft ihr konträr gegenüber. „Der Mensch, der durch Überwindung seines Egoismus zu der Einsicht gekommen ist, daß er wie wir alle nur ein winziges Teilchen eines großen lebendigen Organismus darstellt, in dem alle nur bestehen können, wenn jeder bereit ist, Rechte und Pflichten in wohlabgemessener Weise für sich in Anspruch zu nehmen und zu erfüllen, begreift, daß seine Einordnung in dieses Ganze, eine Gemeinschaft, nicht der Verlust der Freiheit, sondern erst eigentlich richtig das Bewußtsein ihrer lebendigen Wechselwirkung vom Einzelnen über den Nebenmann zum Ganzen hin bildet. Darin aber liegt das Gesetz, das ein anständiger Mensch hat.“1239
1238
Willms, Bernard: Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments (Teil I), in: MUT (181) September 1982, S. 52. [Hervorhebung im Original] 1239 Bahrs, Hans: Ein anständiger Mensch hat sein Gesetz. in: MUT (158) Oktober 1980, S. 7 [im Original fett gedruckt]
250
Grundsätzlich weist MUT zwischen 1980 und 1983 keine befürwortenden Beiträge für Heterogenität auf, dafür eine umso größere Propagierung für den Dienst an der Gemeinschaft1240 und die negative Darstellung individueller Freiheit, was wiederum Zweifel an der Unterstützung des Pluralismuskonzeptes aufkommen lässt.
5.4 Fremdwahrnehmung Bis einschließlich des Berichtszeitraumes 1983 fasst das Bundesamt für Verfassungsschutz MUT unter die Kategorie ‚rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste‘. Dabei handelt es sich um eine lediglich wenige Zeilen umfassende Darstellung der Zeitschrift mit aus ihr entnommenen Zitaten, die die Zugehörigkeit zum rechtsextremistischen Spektrum belegt. Auffällig ist der Verfassungsschutzbericht des Berichtsjahres 1980, der die Indizierung des Januar-Heftes 1979 nennt, jedoch keinerlei Hinweise enthält, welche Gründe zu der Einschätzung der Verfassungsfeindlichkeit für das Jahr 1980 führten. Die Indizierung aus dem vorangegangenen Jahr kann dafür nicht herangezogen werden. Es kommen Zweifel auf, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zeitschrift für die Einschätzung überhaupt herangezogen hat. „Etwa halb so hoch wie bei der DWZ [Deutsche Wochen-Zeitung] ist die Auflage der sich besonders an junge Leute wendenden Zeitschrift ‚MUT’, deren Ausgabe vom Januar 1979 wegen der Stellungnahmen zu ‚Holocaust’ als jugendgefährdend indiziert worden war. 1980 war die Diktion der Schrift daraufhin bedeutend vorsichtiger. Angeblich hat eine Werbeaktion 1980 wieder viele ‚deutsche Patrioten’ bewogen, ‚unsere politisch-publizistische Arbeit mit einem monatlichen Fördererbetrag tatkräftig zu unterstützen’ (Beilage ‚Als Dank’ zu 152//80, S. 1).“1241
Die drei folgenden Jahre weisen dagegen konkrete Beispiele für die rechtsextremistische Ausrichtung von MUT auf. Neben der Werbung für die Deutsche Wochen-Zeitung und Nation Europa sowie dem Vertrieb nicht näher spezifizierter rechtsextremistischer Bücher findet die Zeitschrift wegen des Vorschlags „die KZ-Gedenkstätten als ‚Schandmale … spurlos zu schleifen, bevor sich eines Tages der Volkszorn an ihnen vergreift’ (‚MUT’ 2/81, S. 32)“1242, Eingang in 1240
Vgl. u.a. Bahrs, Hans: Immer noch im Dienst. Begegnung im Alltag, in: MUT (186) Februar 1983, S. 6-7. Diwald, Hellmut: Deutschland – aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität, in: MUT (177) Mai 1982, S. 8-14. 1241 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1980. Bonn 1981, S. 39. [Hervorhebung im Original] 1242 Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1981. Bonn 1982, S. 46.
251
den Verfassungsschutzbericht von 1981. Sowohl 1982 als auch 1983 gibt der Verfassungsschutz die Höhe der Auflage mit 10.000 Exemplaren an. Im Gegensatz zu anderen Jahren beruft sich das BfV im Jahr 1982 auf drei so genannte Fundstellen, während ansonsten eine für die Aufnahme in den Verfassungsschutzbericht ausreichend war. Eine der Zitatstellen entstammt aus einem Artikel zu der Fernseh-Wiederholung der ‚Holocaust-Serie‘, was jedoch vom BfV nicht angegeben wird, obwohl die Indizierung des Januar-Heftes 1979 ebenfalls wegen eines Beitrages zu dieser Serie erfolgte. Auch wenn der Text von 1982 im Vergleich zu dem aus dem Jahr 1979 erhebliche Unterschiede aufweist, so ist der Grundtenor dennoch gleich. „Die etwa auflagengleiche Monatsschrift ‚MUT’ beklagte den ‚Verlust der nationalen Identität’ des deutschen Volkes, der ‚dem Selbstmord eines Volkes’ gleichkomme. In einem Beitrag ‚’Holocaust’ oder die Wahrheit täuscht’ wird auf die viel größeren Menschenopfer durch Stalin und zu anderen Zeiten der Geschichte hingewiesen, um die NS-Verbrechen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. (Fundstellen: MUT 175/82, S. 17; 179/82, (Beilage); 183/82, S. 38).“1243
Die letztmalige Aufnahme als rechtsextremistische Zeitschrift ist auf die Verwendung von nationalistischen Themen zurückzuführen. Als Beispiel fungiert ein Zitat aus einem Wintzek-Beitrag: „Der Brief zur Deutschen Einheit sei die ‚Verpackung einer schmutzigen Ware …, die schamlose Aufgabe der Souveränitätsrechte über das ostdeutsche Reichsgebiet unter Bruch des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen – meist Vertriebenen – Ostdeutschen.’ Das Verhalten des Bundestages belege ‚die Skrupellosigkeit unserer Volksvertreter’.“1244 Die Literatur über MUT ist zwischen 1980 und 1983 ebenfalls sehr übersichtlich. Publikationen, die sich ausschließlich mit MUT beschäftigen, finden sich nicht. Jedoch widmen sich zwei Veröffentlichungen jeweils mit einem eigenen Kapitel der Zeitschrift. Sie stammen von Hans-Gerd Jaschke (einmal in Zusammenarbeit mit Peter Dudek1245). Unter der Überschrift ‚MUT – Ein nationaleuropäisches Magazin von Erwachsenen für Jugendliche‘ geht Jaschke in seinem Buch „Revolte von rechts“1246 zunächst auf die Geschichte und Formalstruktur ein, bevor er sich mit einer ausführlichen ‚ideologiekritischen Inhalts1243
Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1982. Bonn 1983, S. 147. [Hervorhebung im Original] Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1983. Bonn 1984, S. 145. 1245 Vgl. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politische Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Referat „Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S. 69-108. 1246 Vgl. Jaschke, Hans-Gerd: Revolte von rechts. Anatomie einer neuen Jugendpresse, Frankfurt a.M. 1981, S. 35-58. 1244
252
analyse‘ zum Schwerpunkt ‚Kinder und Jugendliche‘ – in dem Zeitraum von Juni 1979 bis Juni 19801247 – beschäftigt, und zu folgender Einschätzung gelangt, die gerade hinsichtlich der fehlenden positiven Darstellungen des Nationalsozialismus nicht geteilt werden kann: „In MUT fehlen jegliche positive Bezugnahmen zur Ideologie des Nationalsozialismus, zur politischen Praxis der NSDAP oder zur Person Hitlers. Auch finden sich keine offen antisemitischen Passagen. Dennoch ist MUT ein rechtsradikales Blatt, was auch durch teilweise argumentationsgleiche Raster mit rechtskonservativen Positionen nicht verdeckt werden kann. Der erste Eindruck, der eine verblüffende Ähnlichkeit in politischen Aussagen und Gesellschaftskritik zwischen linken und rechten Denkfiguren registriert, muß nach genauerer Analyse revidiert werden. In sozialer wie ideologischer Hinsicht vertritt MUT Kernbestände traditionellen rechtsradikalen Denkens. In sozialer Hinsicht durch die Deklassierung gesellschaftlicher Minoritätengruppen (Homosexuelle, Rauschgiftsüchtige etc.) als Sündenböcke und ‚kranke Elemente’, die durch ihre Bindungslosigkeit und subjektive Schwäche den ‚Zersetzungsprozeß der Gesellschaft’ forcieren. In ideologischer Hinsicht kann exemplarisch am Themenbereich ‚Kinder und Jugendliche’ nachgewiesen werden, daß MUT zentrale Bestandteile traditioneller rechtsradikaler Weltauffassung vertritt: so in der Darstellung der Gesellschaftsentwicklung als Zerfallsprozeß, der als widernatürlich gedeutet wird; so in der Kompromisslosigkeit und Ausschließlichkeit der Argumentation, im Sendungs- und Elitebewußtsein ihrer Ideologie, die sich in der Ablehnung des Individualismus, in monistischen Denkformen und in der Idealisierung einer fast religiös anmutenden, asketischen und mystischen Anthropologie äußert; so in völkischen und ethnozentrischen Argumentationsrastern, etwa in der Betonung eines ausgeprägten Nationalismus, der, in ein Konzept europäischer Neuordnung eingebettet, auf die Restaurierung eines deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 abzielt.“1248
Zum ersten Mal knüpft hier ein Autor Verbindungen zwischen konservativer und rechtsextremistischer Ideologie, bei dessen Überschneidung MUT angesiedelt ist und sich politische Legitimierung holt. „Biologistische und naturalistische Legitimationsmuster von Herrschaftsstrukturen, wie sie in MUT vorgetragen werden, sind nicht der relativ kleinen Gruppe organisierter Rechtsradikaler eigen. Sie bilden auch den Boden unseres Alltagshandelns. Sie bestimmen die Programmatik und politische Praxis konservativer Politik in der Bundesrepublik mit und verhelfen so rechtsradikalen Organisationen wie MUT zu politischer Legitimation.“1249
Der Artikel in Zusammenarbeit mit Peter Dudek ist in weiten Teilen eine Zusammenfassung des obigen Textes. Die Arbeiten von Jaschke stellen die erste umfassende inhaltliche Beschäftigung mit der Zeitschrift dar. Verbindungen zu anderen rechtsextremen Organisationen und Publikationen werden ebenso aufgezeigt, jedoch liegt erstmalig der Schwerpunkt auf der inhaltlichen Auseinandersetzung mit MUT und seinen Themen. 1247
Vgl. ebd., S. 41ff. Ebd., S. 56. [Hervorhebung im Original] 1249 Ebd., S. 57. 1248
253
In Überblickswerken zum Rechtsextremismus sowie zur NPD wird die „Neonazi-Zeitschrift“1250 MUT überwiegend in Zusammenhang mit anderen rechtsextremistischen Publikationen oder Organisationen präsentiert. Besondere Aufmerksamkeit erfahren in dieser Phase die Verbindungen zwischen Wintzek, den MUT-Autoren und anderen rechtsextremistischen Organisationen, wie z.B. die Rednertätigkeit Wintzeks und Windischs bei der AfP1251 oder die gegenseitige Unterstützung durch Anzeigen in jeweils anderen rechtsextremen Publikationen1252: „‚MUT’ inseriert in ‚Nation Europa’ und umgekehrt“1253. Den gleichen Schwerpunkt legt ebenso die handbuchähnliche Publikation ‚Wie kriminell ist die NPD?‘ der Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes. MUT gilt ihnen als „die einflussreichste Nazi-Jugendzeitschrift mit einer weit größeren Verbreitung als alle NPD-offiziellen Jugendzeitschriften“1254 sowie als ein „neofaschistisches Jugendmagazin“1255. Im Gegensatz zu Benz beziehen sich die Mitglieder des Kommunistischen Bundes nicht auf Zitatstellen, so dass sie zwar die Indizierung des Heftes 137 korrekt angeben, jedoch den Grund mit der vagen Formulierung „Kriegs- und Faschismusverherrlichung“1256 fehlerhaft benennen. Der größte Teil des Textes zur Zeitschrift wie zur Vita des Herausgebers bezieht sich auf die Verbindungen zu Nation Europa, denen zum AVV, zur DKEG, zum Stahlhelm, zur NPD bzw. JN sowie zur Aktion Widerstand, mit dem Ziel die feste Verankerung von MUT im rechtsextremen Spektrum hervorzuheben.1257 Diese Publikationen sind mit Vorsicht zu betrachten: Da MUT bzw. Wintzek Anfang der 1980er Jahre keine Verbindungen mehr zur Aktion Widerstand und zum Stahlhelm hatte, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich hierbei um Bewertungen handelt, die auf Hörensagen und älteren Informationen basieren. Eine
1250
Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 152. 1251 Vgl. ebd. 1252 Vgl. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 154. Benz, Wolfgang: Die „Blockadebrecher“. Rechtsextreme Schüler- und Jugendzeitschriften, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 211 und 215. 1253 Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen im rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus. Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 154. 1254 Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980, S. 65. 1255 Ebd. 1256 Ebd. 1257 Vgl. ebd., S. 65 und 132.
254
andere Beurteilung der Zeitschrift ist vom Kommunistischen Bund möglicherweise auch nicht erwünscht. In dem Artikel „‚Linke Leute von Rechts’ und ‚rechte Leute von links’ damals und heute“ von Arno Klönne wird MUT zudem erstmalig als ein Beispiel für die „rechte Öffnung zum ‚Linksnationalismus’“1258 genannt: „Das Monatsmagazin ‚MUT’ zum Beispiel, viele Jahre hindurch von einem NPD-Organ kaum zu unterscheiden, nimmt sich inzwischen wie das Hausblatt eines ‚nationalen Flügels’ der Ökologie- und Friedensbewegung aus.“1259 Die Parallelen zur Weimarer Republik und zum Nationalsozialismus sind für Klönne dabei unverkennbar. „‚Die westdeutschen Nationalisten stehen vor dem Problem, daß vielleicht einmal eine Situation eintreten kann, in der deutschlandpolitische Prioritäten den Verzicht auf gesellschaftspolitische Rechts-Links-Einordnung fordern’. Mit anderen Worten: Um des ‚Befreiungsnationalismus’ willen ist notfalls von ‚bürgerlichen’ Herkünften Abschied zu nehmen … Exakt dies war auch das Grundmotiv der ‚Nationalrevolutionäre’ und der ‚linken’ Nationalsozialisten in der Weimarer Republik.“1260 Für die Artikel von Wolfgang Strauss ist Klönnes Einschätzung zutreffend, allerdings handelt es sich nur um eine Einzelmeinung in MUT. Die rechtsextremistischen Inhalte der übrigen MUT-Autoren, die die Ökologie- und Friedensbewegungen keineswegs teilen würden, übersieht er dabei. Der Vergleich zur Weimarer Republik ist zudem übertrieben, da es sich bei den Ansichten von Strauss nicht um eine Strategie handelt, sondern einer geänderten Realität geschuldet ist: Strauss erkennt in den linken Friedensbewegungen ein größeres Interesse an der Verwirklung der deutschen Einheit als es in konservativen Kreisen der Fall ist. Die Hinwendung zu den Friedens- und Ökologiebewegungen folgte eher einer Verzweiflung und Enttäuschung vom bürgerlichen Lager als einer gezielten Unterwanderungsstrategie des linken Lagers. Wie die Sekundärliteratur bewertet das MfS MUT als eine rechtsextremistische Publikation. Der Eröffnungsbericht beurteilt den MUT-Verlag als „ein Sammelbecken neonazistischer Kräfte des Operationsgebietes, die sich maßgeblich mit ihren Publikationen an jugendliche Leser wenden“1261. Basis ist hierbei die Zeitschrift, die mit einigen Tausend Exemplaren zu den größten rechtsextremistischen Publikationen der Bundesrepublik gehört. Bedeutsam für das MfS ist die Verbreitung von „Flugblätter[n], Plakate[n] und Aufkleber[n] in neonazistischen Kreisen der Bundesrepublik und Österreich“1262, die sich gegen „die beste1258
Klönne, Arno: „Linke Leute von rechts“ und „rechte Leute von links“ damals und heute. in: Blätter für deutsche und internationale Politik (1) 1983, 28. Jg., S. 119. 1259 Ebd., S. 118. 1260 Ebd., S. 119. 1261 BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 015. 1262 BStU MfS-HA XXII Nr. 16549, S. 015.
255
henden gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR u.a. sozialistischen Ländern richten“1263. Der Verlag zielt – gemäß diesem Bericht – auf die Beseitigung der sozialistischen Staatenordnung und die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937. Um dieses zu erreichen, verwendet die Redaktion hauptsächlich Verleumdungen sowie Diffamierungen gegen die west- wie ostdeutsche Entspannungspolitik, die Ostverträge, die DDR und ihren Sicherheitskräften sowie gegen die Sowjetunion. Des Weiteren werden die Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Organisationen (JN, Wiking-Jugend, BHJ) und Publikationen (Nation Europa, Deutsche Wochen-Zeitung) aufgeführt.1264 Unter anderem aufgrund der umfassenden Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Gruppen stuft das MfS den MUT-Verlag als Gefahr ein, zu terroristischen Aktivitäten gegen die DDR aufzurufen: „Insgesamt kann eingeschätzt werden, daß es sich bei dem ‚MUT-Verlag’ um eine Einrichtung neonazistischer Feindkräfte der BRD handelt, mit deren Hilfe entspannungsfeindliche jugendliche Elemente im nazistischen Ungeist erzogen und vor allem zum Kampf gegen die DDR aktiviert werden sollen. Bei der Vielfalt der Verbindungen zu neonazistischen Jugendorganisationen ist nicht auszuschließen, daß die Aktivitäten des W. [Wintzek] und seiner unmittelbaren Vertrauten derartige Feindkräfte zu terroristischen Aktionen gegen die DDR ermuntern. Zielstellung der weiteren operativen Bearbeitung ist die Rolle dieses rechtsextremistischneonazistischen ‚MUT-Verlages’ in der rechtsextremistischen Szene der BRD aufzuklären und Aktivitäten bzw. Aktionen gegen die DDR rechtzeitig zu erkennen, um Maßnahmen zu deren Verhinderung einzuleiten.“1265
Im weiteren Verlauf des operativen Vorgangs ergibt sich zudem die strafrechtliche Einschätzung Wintzeks, die im Wesentlichen auf der Zeitschrift selbst, Verfassungsschutzberichten und zwei Artikeln aus der Zeitschrift ‚Die Tat‘ basierten.1266 Vorgeworfen wird ihm konkret die „umfangreiche[n] Herstellung und Verbreitung dieser Schriften in objektiver und subjektiver Hinsicht [, aus der sich] der dringende Verdacht der staatsfeindlichen Hetze im schweren Fall gemäß §106 Abs. 1 Ziff. 1,2,3,4 Abs. 2 StGB i.V.m. §108 StGB ergibt“1267. Da sich Wintzek auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland aufhält, besteht für die DDR die Möglichkeit „ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, Haftbefehl zu erwirken und ihn in Festnahmefahndung zu stellen“1268. Dieses wird jedoch aus den folgenden Gründen verworfen:
1263
BStU MfS-HA XXII Nr. 16540, S. 015. Vgl. ebd., S. 016f. 1265 Ebd., S. 018. 1266 Vgl. ebd., S. 032ff. 1267 Ebd., S. 036. 1268 Vgl. ebd. 1264
256
„Unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden rechtspolitischen Konsequenzen und der Tatsache, daß in diesem Fall gegen eine Vielzahl von Bürgern der BRD, die in der BRD antisozialistische Schriften verfassen und verbreiten, analog mit strafrechtlichen Maßnahmen vorgegangen werden müßte, erscheint die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Wintzek aus politischen Gründen nicht zweckmäßig. Es wird deshalb vorgeschlagen, Wintzek weiterhin operativ zu bearbeiten mit dem Ziel, eine gezielte und organisierte Einschleusung und Verbreitung von Hetzschriften in der DDR sowie einen eventuell zu diesem Zweck erfolgten Mißbrauch der Transitwege der DDR nachzuweisen, und auf der Grundlage dieser Nachweisführung, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erneut zu prüfen.“1269
5.5 Zwischenfazit Zwischen 1980 und 1983 fungiert MUT weiterhin als eine der größten rechtsextremistischen Zeitschriften der Bundesrepublik Deutschland mit einer Gesamtauflage von 32.000 Exemplaren monatlich. Die Indizierung des Januar-Heftes 1979, die erst Mitte des Jahres rechtskräftig wurde, führte zu einer fühlbaren inhaltlichen Neuausrichtung. Wenngleich die Zeitschrift weiterhin rechtsextremistische Inhalte verbreitet, so ist dennoch eine Veränderung mit Blick auf eine weniger plakativen Darstellung rechtsextremistischer Inhalte sowie einer zunehmenden Intellektualisierung der Artikel, hauptsächlich durch die neuen Autoren Alfred Schickel, Hellmut Diwald und Bernhard Willms, feststellbar. Auch ist ein Bruch mit der NPD wahrnehmbar: Während in der ersten Phase vielfach die Positionen der NPD propagiert, Interviews mit NPD-Funktionären geführt und zur Wahl der NPD aufgerufen wurde, findet die Partei ab 1980 keinen Eingang mehr in MUT. Zu einem offenen Bruch mit der NPD kommt es nicht; sie verschwindet abrupt aus der Zeitschrift. Werbeannoncen der NPD und JN druckt die Redaktion aber noch bis 1981. Auf formalem Gebiet finden sich, im Vergleich zur ersten Untersuchungsphase, keine nennenswerten Unterschiede. Die eindeutigsten Kennzeichen für die weiterhin feste Verankerungen im rechtsextremistischen Spektrum stellen die Werbeanzeigen oder Veranstaltungshinweise für andere rechtsextremistische Zeitschriften bzw. Zeitungen und Organisationen dar. Noch bis Mitte 1982 werben die rechtsextremistischen Publikationen Nation Europa sowie die Deutsche Wochen-Zeitung in nahezu jeder Ausgabe von MUT. Daneben erscheinen in demselben Zeitraum regelmäßig Buchempfehlungen sowie Annoncen der Verlage Arndt und Werner-Maser, und des THULE-Seminars, dem deutschen Ableger des französischen G.R.E.C.E – der Wiege der Nouvelle Droite. 1269
Ebd.
257
Erst ab Mitte 1982 treten auch demokratisch ausgerichtete Verlage, wie beispielsweise Lübbe, Ullstein, Herder, Piper und Fischer hinzu, die am Ende der zweiten Untersuchungsphase rechte Verlagserzeugnisse verdrängt haben. Zugleich beginnt der langsame Wegfall von Werbeanzeigen und Publikationsempfehlungen. Des Weiteren wirbt MUT bis 1981 für Veranstaltungen rechtsextremer Organisationen; den Hauptteil nehmen dabei Ereignisse der JN und NPD sowie der Wiking-Jugend ein, aber auch die GfP, der BHJ, die AFP, die Deutsche Kulturgemeinschaft sowie RAGNARÖCK – die erste rechtsextremistische Musikgruppe der Bundesrepublik – sind zahlreich vertreten. Eine besondere Erwähnung erfährt die Gründung der revisionistisch orientierten Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt (1980), die mit dem Eintritt ihres Leiters Alfred Schickels in die MUT-Autorenschaft ab 1982 ebenso personell in der Zeitschrift vertreten ist. Diese enge Verknüpfung zu anderen rechtsextremistischen Organisationen war für das MfS ausschlaggebend, das ‚neonazistische‘ Blatt zu beobachten. Auch der wohlwollende Nachruf auf den ehemaligen MUT-Autor Hans Hertel im Juli 1982 wirft ein eigentümliches Licht auf die Wandlungsbestrebungen Wintzeks, wie sie von ihm für die Zeit nach 1979 schrittweise gesehen werden. Vielmehr belegen verschiedene Beiträge nach wie vor eine tiefe Verankerung der Zeitschrift im rechtsextremistischen Lager über das Jahr 1979 hinaus. Die Analyse hat gezeigt: Die Artikel in MUT zwischen 1980 und 1983 weisen weiterhin eine positive Grundhaltung zum Nationalsozialismus auf, welche sich in erster Linie durch die Relativierung der Kriegsschuld sowie des Holocausts äußert und hauptsächlich von den Autoren Diwald, Schickel, Erdmann, Kopelke und Strauss zum Ausdruck kommt. Schickel stellt insbesondere die deutsche Schuld beim Überfall auf Polen in Frage. Den westdeutschen Historikern spricht dagegen Erdmann jegliche wissenschaftliche Objektivität ab. MUT relativiert nicht nur den Holocaust, sondern schiebt die Schuld an ihm den amerikanischen Juden zu, die durch einen Aufruf zu einem Handelsboykott Hitler provoziert hätten, obwohl dessen antisemitische Reaktionen absehbar waren. Für MUT ist die Vergangenheitsbewältigung nichts weiter als ein Mittel der Diffamierung des politischen Gegners, die im Zuge der Reeducation-Politik der Alliierten zu pauschalen Schuldzuweisungen führte, wie es etwa bei Erdmann zum Vorschein kommt. Für die in dieser Untersuchungsperiode vorherrschende rechtsextremistische Denkart der Zeitschrift spricht zudem die Gleichsetzung des Papstes mit dem Weihbischof Defregger, denn bereits in der ersten Phase sah MUT Defregger als ein Opfer der Vergangenheitspolitik. Die Einstellung zu der Personalie Defregger beweist daher an dieser Stelle die Kontinuität der politischen Ausrichtung. Das Kriterium der rechtsextremistischen Etikettierung wird in erster Linie durch Schickel erfüllt, der unter Verwendung des sprachlichen 258
Mittels ‚Wahrheit und Lüge‘ bundesdeutsche Historiker und geschichtswissenschaftliche Institute herabsetzt sowie ihr – angebliches – fehlerhaftes wissenschaftliches Arbeiten nachweist und zum anderen neue, geheime Quellen präsentiert, die seine Behauptungen stützen sollen. Die Verteilung der Schuld am Zweiten Weltkrieg sowie am Holocaust fungiert hier als Ziel von Schickel, welches er durch die von ihm entdeckten so genannten ‚Geheimdokumente‘ zu erreichen hofft. Die rechtsextremistische Grundhaltung geht in MUT einher mit der Ablehnung der Demokratie im Allgemeinen und des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates im Speziellen. In diesem Sinne stellt Willms die demokratische Staatsform zur Disposition und beurteilt die freiheitlich-demokratische Grundordnung als eine fragwürdige verfassungsrechtliche Grundlage, von der sich ohnehin ein Teil der Jugend bereits losgesagt hat. Nachdem die Autoren bereits die Grundlagen der deutschen Demokratie ablehnen, ist die Abwesenheit von befürwortenden Beiträgen des Pluralismuskonzeptes bzw. einer pluralistischen Gesellschaftsform wenig überraschend. Besonders in den Artikeln von Bahrs wird vielfach der Dienst des Einzelnen für die Gemeinschaft beschworen. Die Untersuchung der Literatur über MUT ergab eine relativ übersichtliche Bandbreite von Veröffentlichungen, die in der Zeitschrift überwiegend eine gelungene Verknüpfung von Rechtsextremismus und Konservatismus sehen und hauptsächlich auf die Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Organisationen und Verlagen hinweisen. Zum ersten Mal findet in dieser Untersuchungsperiode mit den Arbeiten von Jaschke eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Zeitschrift statt.
259
6
MUT – Dritte Phase: 1984 – 1990
6.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 1990 Den Januar 1984 beginnt Wintzek mit einem Dankesschreiben an die „zehntausenden Leser für ihr Vertrauen“1270 und ihre finanzielle Unterstützung, ohne die MUT 1984 nicht mehr existieren würde. „Den auf unser Land zukommenden Aufgaben und Herausforderungen werden wir uns auch im Jahre 1984 mit ganzer Tatkraft, ungebrochenem Optimismus und mit einem von Toleranz, Weltoffenheit und geistiger Freiheit geprägten Patriotismus stellen.“1271 Der ‚geistigmoralischen Wende‘, die von der Union versprochen wird, sieht sich MUT zwischen 1984 und 1990 verpflichtet. Ein Großteil der Artikel ist in diesem Sinne zu verstehen. Wintzek schreibt 1987 hierzu: „Fünf Jahre braucht die Natur, um eine Straße zurückzuerobern, wiederzubeleben. Und wir? Wie lange werden noch zur geistigen Umkehr und damit zu einem neuen Anfang brauchen?“1272 Zu einem anderen Neubeginn kommt es mit der Deutschen Einheit: Die Redaktion erlebt mit der Deutschen Einheit die Erfüllung ihres publizistischen Hauptzieles und äußerst sich dennoch nur recht spärlich und verhalten. Ein Heft, welches sich ausschließlich mit der Deutschen Einheit beschäftigt, gibt es erstaunlicherweise nicht, auch Titelgeschichten zu dem Ereignis fehlen. Lediglich kurze Aussagen des Herausgebers in den Dezember- und Januar-Vorworten nehmen die Deutsche Einheit auf und sehen sie als einen ersten Schritt zu einem geeinten Europa: „Eine Vielvölker-Föderation freier Europäer als ‚Schweiz der Welt’ ohne Mauern, Stacheldraht und trennende Grenzen – für diese Vision ist MUT vom ersten Tag seines Bestehens eingetreten. Der 9. November 1989 hat Europa dem großen Ziel einen wichtigen Schritt nähergebracht.“1273 Oder: „Der Weg durch die Mauer ist frei. Nun wollen wir in gemeinsamer und gegenseitiger Verantwortung zusammenstehen, damit er nicht nur bis zum nächsten Kaufhaus reicht, sondern 1270
Wintzek, Bernhard C.: Danke. in: MUT (197) Januar 1984, S. 9. Ebd. Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (235) März 1987, S. 3. 1273 Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (268) Dezember 1989, S. 3. [Hervorhebung im Original] 1271 1272
261 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_6, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
weiterführt bis zum Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“1274 Der Staatssicherheitsdienst des sich 1990 auflösenden ostdeutschen Staates beobachtete auch Mitte der 1980er Jahre den Verlag weiterhin wegen „direkte[r] Aufforderung zur gewaltsamen Beseitigung der DDR [sowie der] Wiedererrichtung eines ‚Großdeutschen Reiches’ in den Grenzen von 1937“1275. Die Überwachung zielte in dieser Zeit insbesondere auf die Kontakte innerhalb der DDR. Nachdem jedoch keinerlei DDR-Verbindungen nachgewiesen werden konnten und sich dem MfS ein politischer Gesinnungswandel ankündigt, stellt es den operativen Vorgang 1986 ein. Wie in den ersten beiden Untersuchungsphasen bestehen auch in der dritten die Leserbriefe überwiegend aus Lobpreisungen, Danksagungen und Spendenbriefen, die MUT als „hervorragende Publikation bereits nicht mehr missen“1276 wollen oder: „Noch niemals zuvor habe ich eine so beeindruckende Zeitschrift kennengelernt.“1277 Auffällig ist der häufige Abdruck der Leserbriefe von Politikern, mit dem der Stellenwert und die Bedeutung von MUT gehoben werden sollen. Neben den positiven Briefen und Danksagungen für MUT-Bücher u.a. von Bundespräsident a.D. Karl Carstens1278, Verteidigungsminister Manfred Wörner1279, Ulrich de Maizière1280, Richard von Weizsäcker1281, dem Schwedischen Generalkonsul Hans-Georg Paffrath1282. Ministerpräsident a.D. Hans Filbinger1283, Ministerpräsident a.D. Alfons Goppel1284 oder dem ungarischen Ministerpräsidenten Dr. József Antall1285, ist der bedeutendste der von Helmut Kohl, der sich im Februar 1988 „als ständiger Leser von ‚MUT’“1286 lobend über den Beitrag von Gerd-Klaus Kaltenbrunner ‚Auf dem Wege zum Mafia-Staat? – Über einige Beziehungen zwischen Politik und Verbrechen‘ äußert. Bereits 1985 bedankte er sich bei der Ehefrau von Hans Bahrs für das Buch ihres Mannes.1287 Leserbriefe, die MUT ablehnend gegenüberstehen, finden sich anders als in den beiden vorangegangenen Phasen nicht. Nicht nur Politiker und Autoren erscheinen unter den veröffentlichten Leserbriefen, auch der ehemalige NS-Bildhauer 1274
Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (269) Januar 1990, S. 3. BStU MfS-HA XXII Nr. 529/4, S. 001. 1276 MUT (237) Mai 1987, S. 3. 1277 MUT (255) November 1988, S. 3. 1278 Vgl. MUT (221) Januar 1986, S. 5. 1279 Vgl. MUT (217) September 1985, S. 6. 1280 Vgl. MUT (226) Juni 1986, S. 3. 1281 Vgl. MUT (225) Mai 1986, S. 6. 1282 Vgl. MUT (229) September 1986, S. 5. 1283 Vgl. MUT (233) Januar 1987, S. 5. MUT (239) Juli 1987, S. 3. 1284 Vgl. MUT (245) Januar 1988, S. 5. 1285 Vgl. MUT (279) November 1990, S. 3. 1286 Vgl. MUT (246) Februar 1988, S. 5. 1287 Vgl. MUT (209) Januar 1985, S. 6. 1275
262
Arno Breker abonniert MUT ab November 1985.1288 Zuvor wurde er bereits im August-Heft 1985 als „große[r] Bildhauer unseres Jahrhunderts“1289 bezeichnet. Formale Struktur: Der strukturelle Aufbau besteht ähnlich wie in der zweiten Untersuchungsperiode aus dem Vorwort ‚Lieber Leser‘1290, Leserbriefen, Artikeln sowie der Bestellkarte. Seit August 1985 gibt es zudem – in der Regel auf die Leserbriefe folgend – eine Karikatur Horst Haitzingers.1291 Die Auflagenhöhe führt ein Pressehandbuch mit 25.000 Exemplaren (monatlich) für das Ende der 1980er Jahre an.1292 Erscheinen in den Jahren 1984 und 1985 noch verschiedene Buchanzeigen unterschiedlicher Verlage, wie etwa Lübbe1293, Sinus1294, Herbig1295, Droemer/Knaur1296 oder Seewald1297, gibt es in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre ausschließlich Empfehlungen für Bücher aus dem MUTVerlag von Kaltenbrunner1298, Evertz1299 und Heuschele1300, die auf der Rückseite der Bestellkarte beworben werden. Das Nationaleuropäische Magazin1301 entwickelt sich bis Ende 1990 zu einem 72 Seiten umfassenden Heft1302 und spricht mit einem Ausgabenpreis von 10 DM zum Ende der dritten Untersuchungsphase eher gut verdienende Leser an.1303 Hierzu passt auch die kontinuierlich steigende Qualität, welches im November 19841304 mit dem ersten vielfarbigen Foto beginnt und ab da an stetig verstärkt wird, bis gegen Ende der dritten Untersuchungsperiode fast jeder Artikel mit mehreren Gemälden oder Fotos bebildert ist. Der Herausgeber versteht den Einsatz von Gemälden als inhaltliche Unterstützung der Artikel sowie als Kontrapunkt zum in den 1960er Jahren einsetzenden Wertewandel:
1288
Vgl. MUT (219) November 1985, S. 5. [o.A.] MUT (216) August 1985, S. 2. [o.A.] 1290 Seit August 1986 findet sich der Name Bernhard C. Wintzek unter dem Vorwort, zuvor wurde stets die MUT-Schriftleitung als Verfasser angegeben. Es kann jedoch angenommen werden, dass Wintzek seit Bestehen von MUT die Vorworte formulierte. 1291 Vgl. u.a. MUT (216) August 1985, S. 7. 1292 Vgl. Stamm, Willy: STAMM 1989. Presse- und Medienhandbuch, 42. Ausgabe, Essen 1989, S. 289. 1293 Vgl. u.a. MUT (197) Januar 1984, S. 52. 1294 Vgl. u.a. MUT (204) August 1984, S 38. 1295 Vgl. u.a. MUT (205) September 1984, S. 39. 1296 Vgl. u.a. MUT (213) Mai 1985, S. 21. 1297 Vgl. u.a. MUT (212) April 1985, S. 41. 1298 Vgl. u.a. MUT (229) September 1986, S. 58. MUT (255) November 1988, S. 70. 1299 Vgl. u.a. MUT (217) September 1985, S. 58. 1300 Vgl. u.a. MUT (236) April 1987, S. 49. MUT (254) Oktober 1988, S. 70. 1301 Der Untertitel befindet sich noch bis Dezember 1984 im Impressum. 1302 Vgl. zur Entwicklung des Heftumfanges (1984 – 1990): Tabelle 9. 1303 Vgl. zur Entwicklung des Bezugspreises (1984 – 1990): Tabelle 5. 1304 Vgl. MUT (207) November 1984, S. 30f. 1289
263
„Im April 1984 wagte ich den Sprung zur Farbe. Das wurde die Voraussetzung für die bis zum heutigen Tag MUT charakterisierende Hinwendung zu Farbreproduktionen von Gemälden. Dieses kulturelle Anliegen wollte ich eigentlich seit meinen Studien an der Musischen Bildungsstätte Remscheid realisieren. Wir begannen uns also damit 1984 umbruchstechnisch vertraut zu machen, auch in der Gesamtgestaltung. Heute wird MUT durchgehend vielfarbig gedruckt und bietet eine opulente Ausstattung mit Gemälden der unterschiedlichen Stilrichtungen und Zeiten. In den späten 1980er Jahren und danach war das Zeigen alter Meister auch ein gewollter künstlerischer Kontrapunkt zum zeitgeistigen Getue der damaligen Jahre. Heute sehe ich die gezeigten Meisterwerke der verschiedensten Epochen, auch der Moderne des 20. Jahrhunderts, mehr als ästhetische Bereicherung der Texte, als optische Belebung des Geschriebenen und als einen kunstgeschichtlichen Zusatzgewinn für die Leser.“1305
1987 wechselt der Verlag von einfachem Papier zu hochwertigem Glanzpapier. Mit dem Januar-Heft 1990 bekommt MUT ein neues Layout1306: Das Titelblatt erscheint in einem gediegenen dunkelblau, während der Zeitschriftenname sich in rot und veränderter Schriftart darstellt. Mit der Layout-Veränderung erhält die Zeitschrift zudem einen neuen Untertitel: ‚Forum für Kultur, Politik und Geschichte‘, der sich fortan auf dem Titelblatt befindet. Der alte Untertitel ‚Einigkeit und Recht und Freiheit‘ wird zugleich oberhalb des Inhaltsverzeichnisses platziert. Charakteristisch für die Zeitschrift ist die Veröffentlichung einer Liste der Autoren, die bisher in MUT publizierten. Jene Liste befindet sich ab dem Juni-Heft 1987 zusammen mit der Bestellkarte auf der vorletzten Seite eines jeden Heftes.1307 Wintzek sieht die dritte Untersuchungsphase – nicht ohne Stolz – mit ihrem Wandlungsprozess zusammenfassend wie folgt: „Allein die Tatsache, daß wir das Januar-Heft 1985 mit dem Nachdruck eines Textes von Herbert Gruhl beginnen konnten, zeigt, daß es zwar noch sehr langsam, aber immerhin gelang, bekannte Namen in MUT zu bringen. Der Wandel der Zeitschrift nahm Gestalt an. In jedem Fall war er unumkehrbar geworden. Es dauerte dann nochmals gut zwei Jahre, bis wir anfangen konnten, grundsätzlich jedem Beitrag ein Autorenfoto mit Kurzvita voranzustellen. Am HeftEnde, dort, wo jeweils die Bestellkarte gedruckt ist, veröffentlichten wir erstmals im Juni 1987 eine Namensliste mit etwa 60 Persönlichkeiten, die in den 1980er Jahren in MUT publiziert hatten. War diese Form der Autorenpräsentation zuerst als Antwort auf die nicht enden wollenden Angriffe gedacht – einer lautete: Die Autoren wüßten gar nicht, daß sie in MUT publizieren, oder sie seien ‚reingelegt’ worden –, so entwickelte sich diese Präsentation zu einem MUT-typischen Stilmerkmal bis zum heutigen Tag.“1308
1305
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 10. [Hervorhebung im Original] Vgl. Abbildung 6. 1307 Vgl. u.a. MUT (238) Juni 1987, S. 61. 1308 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 29. 1306
264
6.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge Gerd-Klaus Kaltenbrunner: Der bestimmende Autor in MUT während der dritten Untersuchungsphase ist Gerd-Klaus Kaltenbrunner, welcher mit 95 Artikeln nicht nur die meisten Beiträge verfasste, sondern auch, mit Ausnahme von zwei Heften, in jeder Ausgabe vertreten ist. Kaltenbrunner, geboren am 23. Februar 1939 in Wien, studierte in der österreichischen Hauptstadt Rechts- und Staatswissenschaften. Er selber sah seine Vorlieben jedoch eher im Bereich der Geisteswissenschaften: der Geschichte, Philosophie und Politischen Wissenschaft. Seit 1962 lebt Kaltenbrunner in der Bundesrepublik Deutschland, zunächst in München, wo er als Lektor u.a. beim Luchterhand-Verlag tätig war, und später im Schwarzwald als freier Schriftsteller, und ab 1974 als Herausgeber des Taschenbuchmagazins ‚Initiative‘ des Herder-Verlages.1309 „Als sein ‚Lebenswerk’ betrachtet Kaltenbrunner seine ideengeschichtliche Porträtsammlung ‚Europa: Seine geistigen Quellen’, (…) in der er Philosophen, Staatsmänner, Naturwissenschaftler, Dichter und Heilige aus fast drei Jahrtausenden behandelt.“1310 Im Jahr 1985 erhielt er den Anton Wildgans-Preis der Vereinigung Österreichischer Industrieller, der jährlich an österreichische Schriftsteller vergeben wird.1311 In MUT, die für ihn immer mehr darstellte als eine reine Möglichkeit zur Publikation, schreibt er im Oktober-Heft 1984: „[Die] Möglichkeit, daß wir immer wieder auch Irrtümer und Täuschungen als solche erkennen und an ihre Stelle etwas setzen, das, wenn schon nicht absolut wahr, so doch weniger falsch ist. Dadurch läßt sich das Böse zwar niemals beseitigen, wohl aber Böseres vermeiden. Ich halte die Zeitschrift MUT für eine solche Tribüne kritischer Vernunft in einer Welt, die voll von Gerüchten, Verdächtigungen und Geschwätz ist. Und ich hoffe, daß MUT mehr und mehr in diesem Sinne verstanden und anerkannt wird.“1312 Eine besondere Beziehung unterhält Kaltenbrunner zu dem MUTAutor Wolfgang Strauss, der ihn bereits bei den Lesern der Zeitschrift einführte. Im Februar-Heft 1984 bedankt sich Kaltenbrunner mittels eines Leserbriefes für eine wohlwollende Rezension seines Buches ‚Europa II‘ bei Wolfgang Strauss: „Den Autor der Rezension, Wolfgang Strauss, bewundere ich seit vielen Jahren. Ich halte ihn für einen der historisch gebildetsten Osteuropaexperten und einen der integersten Publizisten der Bundesrepublik. Und was mich an ihm besonders fasziniert ist der Umstand, daß er sich in 1309 Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 478f. MUT (200) April 1984, S. 46. [o.A.] MUT (175) März 1982, S. 19. [o.A.] MUT (223) März 1986, S. 58. [o.A.] 1310 MUT (200) April 1984, S. 46. [o.A., Hervorhebung im Original] 1311 Vgl. MUT (223) März 1986, S. 58. [o.A.] MUT (226) Juni 1986, S. 56. [o.A.] 1312 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Propaganda als Kampf um die Seelen. Zur Psychologie des indirekten Krieges, in: MUT (206) Oktober 1984, S. 41.
265
keines der üblichen ideologischen Kästchen einordnen läßt: er ist ein Konservativer, er ist ein Revolutionär, er ist ein Regionalist, er ist ein Pluralist, er ist Nationalist und zugleich ein leidenschaftlicher Anwalt der Lebens- und Freiheitsrechte aller unterdrückten Völker, er ist ein ‚Grüner’ und vor allem ein sehr vielseitiger und trotz mancher Enttäuschungen nicht verbittert und zynisch gewordener politischer Schriftsteller von Rang.“1313
Kaltenbrunner gilt als der ideologische Wegbereiter eines neuen Konservatismus – einer Trendwende. „Von vielen sogenannten Konservativen unterscheide ich [Kaltenbrunner] mich darin, daß ich persönlich zwar der Marktwirtschaft, so weit wie möglich den Vorzug gebe, jedoch allgemein den wirtschaftlichen Faktor in der Geschichte für nicht entscheidend halte.“1314 Entscheidend ist hingegen: „‚Konservativ’ ist heute ein ähnlich inhaltloses Wort wie ‚sozial’, ‚demokratisch’ oder ‚progressiv’.“1315 Dabei verfügt der Konservatismus über „viele Wohnungen“1316, so Kaltenbrunner weiter. Seine Denkweisen umfassen die skeptische Anthropologie, düstere Geschichtsphilosophien, metaphysische Traditionalisten und konservative Propheten der ewigen Wiederkehr.1317 „Ein Konservatismus, der sich dieses großen Erbes bewußt ist, kann jeder geistigen Auseinandersetzung gelassen entgegensehen.“1318 Konkret versteht Kaltenbrunner unter Konservatismus: „Konservativ ist die Einsicht, daß Menschen, solange sie nicht dem Todestrieb erliegen, in Situationen, in denen Ordnung und Fortschritt oder Ordnung und Emanzipation in Widerspruch zu geraten drohen, sich für die Erhaltung der Ordnung, die Konservierung der Institutionen entscheiden werden – und dies nicht, weil sie reaktionär, autoritär oder faschistisch, sondern weil sie Menschen sind. (…) Der Konservative hält die emanzipatorische Formel ‚zunehmende Herrschaft des Menschen über die Natur, abnehmende Herrschaft des Menschen über den Menschen’ für uneinsichtig. Denn der Mensch ist Teil der Natur, und die gesamte Geschichte der Neuzeit beweist, daß er in dem Maße, in dem er die Natur zunehmend ausbeutete, auch sich selbst in unkontrollierte Herrschaft verstrickte, ja in pure Naturwüchsigkeit zurückfiel, die seinem Pathos der Autonomie Hohn sprach. Nicht Beherrschung der Natur, sondern Beherrschung des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur: Das ist eine eminent konservative Forderung. Sie impliziert, daß menschliche Freiheit sich zu ihren Naturbedingungen in ein sie respektierendes und kontrollierendes Verhältnis setzt.“1319
1313
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Leserbrief. in: MUT (198) Februar 1984, S. 7. Strauss, Wolfgang: Europäischer Eidgenosse. Ein MUT-Gespräch mit Gerd-Klaus Kaltenbrunner, in: MUT (200) April 1984, S. 45. [im Original fett gedruckt] 1315 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Ketzereien zum Thema „Neuer Konservatismus“. in: MUT (221) Januar 1986, S. 42. [Hervorhebung im Original] 1316 Ebd. 1317 Vgl. ebd., S. 46. 1318 Ebd. 1319 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Gegen die babylonische Verirrung. in: MUT (212) April 1985, S. 46. [Hervorhebung im Original] 1314
266
Die Beiträge Kaltenbrunners in MUT befassen sich fast ausschließlich mit Themen der Kunst, Ästhetik, Literatur, Metaphysik und Transzendenz. Lediglich sporadisch greift er aktuelle Ereignisse auf. Sein Hauptanliegen bei aktuellen Sujets bezieht sich auf einen sich in der Bundesrepublik etablierten EuroMasochismus sowie den damit verbundenen Exotismus, der sich im Speziellen bei jungen Intellektuellen immer größerer Beliebtheit erfreut: „Sie akzeptieren mit masochistischer Ergebenheit die Äußerungen unaufgeklärten Hasses und bodenloser Demagogie, mit denen manche Politiker der Dritten Welt alles Europäische überziehen. Kolonialismus, Kapitalismus, Imperialismus, Rassismus, Technisierung, Industrialisierung und ökologische Krise – dies seien die grauenvollen und unmenschlichen Folgen europäischer Geschichte, unter denen insbesondere die außereuropäische Menschheit leide. (…) Die aberwitzigsten Anwürfe entzücken sie. Je schlimmer, desto besser. Erst in der Verdammung fühlen sie sich anerkannt. Wie in den Schauprozessen unter Stalin überbieten die Angeklagten tunlichst auch noch die wüstesten Bezichtigungen. Wer Europa neue Schuld aufbürdet, bezaubert und erquickt diese Generation europamüder Aussteiger. Der Blick auf abendländische Kultur, Politik und Wissenschaft kann nicht böse genug sein. Sie wollen verdächtigt, desillusioniert, zurechtgewiesen werden.“1320
Sie verkennen: Rassismus, Gewalt und Expansion sind keine typisch europäischen Phänomene. Jedoch etwas anderes ist nach Kaltenbrunner charakteristisch für Europa: „Und dieses Neue bleibt für immer mit der Geistesgeschichte Europas verbunden: die grundsätzliche, entschiedene und totale Absage an Kolonialismus und Ausbeutung anderer Rassen, Völker und Erdteile.“1321 Eng verbunden mit dem Euro-Masochismus ist bei ihm der Exotismus, der sich in der Unterstützung afrikanischer und lateinamerikanischer Staaten ausdrückt, aber zum Beispiel zu dem relativ nahen Estland schweigt. „Sind Unwissenheit, Heuchelei oder ideologische Verblendung die Ursachen dieses auffälligen politischen Exotismus? Haben nur außereuropäische Völker ein Recht auf Unabhängigkeit?“1322 Wer für die nationale Eigenart kämpft, für seine Selbstbestimmung wird von ihnen nicht wahrgenommen, so Kaltenbrunner. Plakativ ausgedrückt: „Es lohnt nicht die Mühe, denn die Leiden und Kämpfe dieser Völker kann man ja nicht gut mit dem amerikanischen ‚Imperialismus’, dem CIA oder den Profitinteressen der ‚Multis’ in Verbindung bringen.“1323 Der häufigste in der Literatur zitierte Artikel von Kaltenbrunner ist aus dem Februar-Heft 1987, in dem er der Frage „Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer 1320
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Vom Genius des Abendlandes. Wider die dekadente Sumpfblüte des Euro-Masochismus, in: MUT (213) Mai 1985, S. 27. 1321 Ebd., S. 40. [im Original fett gedruckt] 1322 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Estland zum Beispiel … Estland? in: MUT (202) Juni 1984, S. 9. [im Original fett gedruckt] 1323 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Vergessene Völker. Revolutionäre von denen niemand spricht, in: MUT (199) März 1984, S. 9.
267
Politik?“1324 nachgeht, der zuvor bereits in der Illustrierten BUNTE erschienen ist. Nachdem er zunächst darlegt, wie er – der Österreicher – sich als Deutscher verhalten würde, kommt er zu dem Ergebnis: „Adolf Hitler bestimmt offenbar, egal wer in Bonn regiert, immer noch die Richtlinien der Politik der Bundesrepublik Deutschland.“1325 Dieser Kaltenbrunner-Text ist einer der wenigen mit problematischen Äußerungen von ihm, wie es etwa in dem folgenden Auszug zum Vorschein kommt: „Ich würde mich nicht jederzeit durch den Hinweis auf Hitler moralisch erpressen lassen. Ich wäre genauso normal wie die Franzosen, Italiener, Russen und Mongolen, die ja auch nicht die Verbrechen Neros und Mussolinis, Robespierres und Napoleons, Iwans des Schrecklichen und Stalins, Attilas und Dschingiskhans durch kollektive Selbstzerknirschung zu sühnen versuchen.“1326
Den größten Teil seiner Arbeit für die Zeitschrift füllen Dichter-, Maler- und Philosophenporträts aus, die er ohne Ausnahme jeweils mit einer Literaturempfehlung versieht. Den Dichtern fällt die Aufgabe zu, den Menschen mit der Schönheit und den Geheimnissen des Lebens sowie der Erde vertraut zu machen.1327 Dichtung dient heute leider nur noch „bestenfalls [als] sozialgeschichtliche[r] Dokumentarwert (…) oder als Objekt ideologiekritischer Entlarvung“1328. Dabei liegt in der deutschen Dichtung auch der Schlüssel zur deutschen Identität.1329 In diesem Sinn versteht es Kaltenbrunner als seine Aufgabe, dem Leser das Werk und die Persönlichkeit der Dichter und Philosophen näher zubringen und zum Lesen anzuregen. Daher nimmt er sich in seinen Beiträgen vermehrt jenen Persönlichkeiten an, die – wie er sagt – in Vergessenheit geraten sind, oder einer politisch falschen Lesart unterliegen, wie z.B. Novalis1330 und Friedrich Wilhelm von Schelling1331. Sie werden in der heutigen Zeit als Vorläufer des Faschismus bezeichnet. Dieser Art von Klarstellung sind auch seine Beiträge über Oswald Spengler1332 und Othmar Spann1333 unterworfen. „Spann war 1324
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer Politik? in: MUT (234) Februar 1987, S. 16 – 17. 1325 Ebd., S. 17. 1326 Ebd., S. 16. 1327 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Weil Hölderlin recht hat … Mutmaßungen über das Dichterische. in: MUT (211) März 1985, S. 30ff. 1328 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Literatur als geistiger Raum der Nation. in: MUT (227) Juli 1986, S. 43. 1329 Vgl. ebd. 1330 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Novalis. „Jahrhunderte waren wie Momente“, in: MUT (235) März 1987, S. 48-59. 1331 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Schelling und die Aufgabe des deutschen Geistes. in: MUT (236) April 1987, S. 52-59. 1332 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Oswald Spengler. in: MUT (205) September 1984, S. 18-22.
268
kein totalitärer, sondern ein Polaritäts-Denker. (…) Eine solche anspruchsvolle Philosophie mit universalistisch-ganzheitlicher Perspektive und ausgesprochen föderalistisch-genossenschaftlichen politischen Konsequenzen mußte fast unvermeidlich mit dem Nationalsozialismus zusammenstoßen.“1334 Aber auch die für Kaltenbrunner so wichtige Frage nach Kunst und Ästhetik kommt zum Tragen: „Kunst ist für Spann mehr als bloßer Schmuck, Zierat oder entbehrlicher Luxus. Er erblickt in ihr eine Lebensmacht, ja die Mitte des Lebens. Sie ist ‚eine Urgabe des Menschen’, weil Eingebung (Inspiration), Form und Gestaltung weit über den Bereich der Künste im engeren Sinn des Wortes zu den Grundanlagen humaner Existenz gehören.“1335
Eine grundlegende Gemeinsamkeit der Porträts ist nicht zu erkennen. Die Auswahl erfolgte wohl eher nach den Vorlieben des Autors. Jedoch ist der Mehrzahl der vorgestellten Dichter, Philosophen oder Maler eine gewisse Heimatverbundenheit und Liebe zu Deutschland eigen. Über Otto Heuschele schreibt er beispielsweise: „Heimatverbundenheit und Weltoffenheit, Deutschtum und Europäertum, Verwurzelung in schwäbischer Landschaft und Weitblick über die Grenzen hinaus sind bei ihm keine Gegensätze.“1336 Weitere von Kaltenbrunner verfasste Porträts seien nur exemplarisch benannt: Immanuel Kant1337, Joseph Görres1338, Adalbert Stifter1339, Johann Gottfried Herder1340, Henriette Hardenberg1341, Meister Eckhart1342, Karl Wolfskehl1343, Clemens Brentano1344, Schota
1333
Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Othmar Spann. Ein deutscher Universalphilosoph aus Österreich: Das ganze im Blick haben. in: MUT (225) Mai 1986, S. 46-59. 1334 Ebd., S. 47f. 1335 Ebd., S. 54f. [Hervorhebung im Original] 1336 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Otto Heuschele. Ein deutscher Dichter, so alt wie unser Jahrhundert, in: MUT (216) August 1985, S. 19. 1337 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Immanuel Kant. Ein Leben in Königsberg, in: MUT (208) Dezember 1984, S. 18-25. 1338 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Joseph Görres (1776-1848). Magier der Sprache und Feuergeist des Deutschen Idealismus, in: MUT (227) Juli 1986, S. 54-59. 1339 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Der heilige Abend oder Das Weihnachtswunder. Adalbert Stifter als Dichter des Friedens und der Natur, in: MUT (232) Dezember 1986, S. 49-59. 1340 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Johann Gottfried Herder. Ostpreuße, Weimarer und deutscher Vordenker, in: MUT (234) Februar 1987, S. 52-59. 1341 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Henriette Hardenberg – die letzte überlebende Expressionistin: „Wir werden herrlich aus Wunsch und Freiheit“. in: MUT (258) Februar 1989, S. 43-45. 1342 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Friede, Gelassenheit und Entgötzung Gottes. Meister Eckhart in neuer Sicht, in: MUT (259) März 1989, S. 36-39. 1343 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Erinnerung an den jüdisch-deutschen Dichter Karl Wolfskehl (1869-1948): „Ich habe den Rhein in mir, so wie das Mittelmeer“. in: MUT (260) April 1989, S. 6171.
269
Rustaweli1345, Friedrich Schlegel1346, Achim von Arnim1347, Carl Blechen1348, Lucian Blaga1349, Moritz von Schwind1350, Gottfried Wilhelm Leibniz1351 oder Armin Mohler1352. Doch nicht nur in seinen Dichterporträts spielen Schönheit und Ästhetik eine gewichtige Rolle, er widmet ihnen auch eigenständige Beiträge. Für Kaltenbrunner stellt sich die Schönheit als eine Offenbarung dar, die gewissermaßen die Sicht in eine höhere Welt freigibt.1353 Wenngleich die Welt in einem „moralischen Sinne [nicht] gut und gerecht“1354 ist, so enthüllt sie uns, „wenn wir nur die Augen wie Gott am siebenten Tage öffnen, ihre tiefe, überreiche, verschwenderische Schönheit“1355. Doch genau hier erkennt er das Problem moderner Demokratien. Er stellt die Fragen: „Krankt die Demokratie nicht geradezu an einem ästhetischen Defizit, das die Bürger – vor allem aber auch sensible junge Menschen – auf die Dauer abstößt, traurig stimmt, unter Umständen sogar zu verzweifelten Schritten verleitet? (…) Ist die Demokratie dazu verurteilt, häßlich sein zu müssen?“1356 Die Mehrzahl der Monarchen und Diktatoren im Gegensatz zu den Demokraten hat „ihren Völkern immerhin bewiesen, daß Macht und Schönheit, Politik und Kultur einander nicht ausschließen müssen. 1344
Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Drei Begegnungen mit Clemens Brentano. in: MUT (253) September 1988, S. 66-71. Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Zwischen Abendland und Orient. Schota Rustaweli – Poet der Goldenen Epoche Georgiens, in: MUT ( 263) Juli 1989, S. 58-71. 1346 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Friedrich Schlegel und die Kunst des vollkommenen Verstehens: „Einer der Erstlinge des neuen Zeitalters“. in: MUT (264) August 1989, S. 41-50. 1347 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Achim von Arnims Roman „Die Kronenwächter“. Apokalypse des deutschen Geistes, in: MUT (265) September 1989, S. 13-18. 1348 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Kühne Meisterschaft der Farbe. Carl Blechen – Wanderer zwischen Romantik und Realismus, in: MUT (267) November 1989, S. 62-71. 1349 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: „O taufe mit Erde mich …“. Die Seele Rumäniens im Spiegel der Poesie Lucian Blagas, in: MUT (270) Februar 1990, S. 62-71. 1350 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Unendliche Melodie des Märchens. Die wunderbare Traumwelt des Malers Moritz von Schwind, in: MUT (274) Juni 1990, S. 51-71. 1351 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Leibniz und die bedachte Natur. Die Denkbarkeit angesichts des Weltverlusts, in: MUT (276) August 1990, S. 47-49. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil I), in: MUT (271) März 1990, S. 52-71. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil II), in: MUT (272) April 1990, S. 52-71. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil III), in: MUT (273) Mai 1990, S. 55-71. 1352 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Armin Mohler. Ein Rechtsintellektueller gegen den Wirklichkeitsverlust, in: MUT (215) Juli 1985, S. 54-56. 1353 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Schönheit ohne Konkurrenz. in: MUT (204) August 1984, S. 27. 1354 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1355 Ebd., S. 29. [im Original fett gedruckt] 1356 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Müssen Demokratien häßlich sein? in: MUT (207) November 1984, S. 55f. [im Original fett gedruckt] 1345
270
Der Staat hatte nicht bloß mit Sozialpolitik, Verteidigung, Steuern und Polizei zu tun, sondern war auch ein ästhetischer Faktor.“1357 Welches sich für ihn als ein Manko moderner Demokratien erweist. Dabei vergisst er, dass in Demokratien Kunst und Kultur in erster Linie in der individuellen Verantwortung der Bürger liegen und nicht von einer autoritären bzw. totalitären Ideologie vorgegeben wird. Neben der Schönheit/Ästhetik sowie den Dichter- und Philosophenporträts ist die Mystik der dritte Schwerpunkt in Kaltenbrunners Artikeln. Mit der Ausbreitung der Naturwissenschaften und der zunehmenden Krise des Forschrittsglaubens dehnen sich in den westlichen Demokratien asiatische Weisheitslehren aus; es kommt zu einer „Wiederkehr irrationalistischer Geistesströmungen und anderes mehr“1358. Das führt ihn zu dem Schluss: Das Ende der Moderne ist möglicherweise schon erreicht und die Ära der Postmoderne hat begonnen. Themen wie Esoterik, Geheimwissenschaften, Astrologie, außereuropäische Mystik, spirituelle Selbsterfahrung oder Parapsychologie gewinnen mehr und mehr Anhänger.1359 „Auffällig ist in diesem Zusammenhang, daß die ‚Klassiker’ der christlich-abendländischen Mystik oder deren Interpreten und Nachfolger so gut wie vollständig fehlen“1360 – im Gegensatz zu Kaltenbrunner, der sich der christlich-abendländischen und germanischen Mystik fast ausschließlich zuwendet und ihr in MUT mehrere Artikel widmet.1361 Wie die Dichter- und Philosophenporträts zielen seine Beiträge zur christlich-abendländischen Mystik auf eine Erinnerung vergessener europäischer Kulturgüter. Dementsprechend widmet er sich intensiv den Urspüngen des Mystizismus, den er bereits im antiken Griechenland erkennt, sowie der Darstellung christlich-abendländischer Vertreter der Mystik, wie etwa Wilhelm Hense1362. Charakteristisch für Kaltenbrunners Beiträge sind die Verhaftung im abendländischen Denken und dessen kulturellen Traditionen und Werten sowie eine Vorliebe für die Ästhetik, die für ihn einen der höchsten Werte schlechthin darstellt. Er spricht in seinen Beiträgen die konservative Leserschaft an. Seine Texte umfassen dabei typische konservative Themen und Werte sowie den Wunsch nach Rückbesinnung auf die christlichabendländischen Wurzeln, was ihn mit den Texten von Heuschele verbindet. Angriffe auf die Gesellschaft, die politische Klasse oder auf die Nachlässe der 1357
Ebd., S. 56. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Alle Macht den Rosenkreuzern? Ein Blick hinter die Kulissen des modernen Okkultismus, in: MUT (230) Oktober 1986, S. 43. [im Original fett gedruckt] 1359 Vgl. ebd., S. 43ff. 1360 Ebd., S. 44. [Hervorhebung im Original] 1361 Vgl. u.a. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Sonnenkreuz und Götterschiffe. Die rätselhafte Botschaft der Insel Gotland, in: MUT (239) Juli 1987, S. 46-67. 1362 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Die Nackten und die Schönen. Wilhelm Henses erotische Philosophie, Naturmystik und Renaissance-Begeisterung, in: MUT (252) August 1988, S. 50-71. 1358
271
68er finden sich dagegen bei ihm selten, im Unterschied zu anderen MUTAutoren. Alfred Schickel: Zwischen 1984 und 1990 verfasste Schickel insgesamt 37 Beiträge zu überwiegend zeitgenössischen Themen. Den Schwerpunkt seiner Arbeit nehmen Texte ein, die sich mit der Lösung – angeblicher – historischer Streitfragen oder mit der Freigabe von bisher als geheim eingestufter Dokumente beschäftigen. Bei der Aufdeckung historischer Fälschungen, wie etwa der HitlerTagebücher möchte er verstärkt das Bundesarchiv sowie das Bundeskriminalamt mit einbeziehen, wie es schon vereinzelt geschehen ist. Besonders bei dem Zusatzabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt sieht er erhöhten Klärungsbedarf. Nicht zuletzt um – angebliche – historische Unwahrheiten aus Schulbüchern endlich zu tilgen.1363 Beispielsweise hätte die geläufige Darstellung der so genannten ‚Atlantik-Charta‘ bereits revidiert werden können, sofern sich jemand die Mühe gemacht hätte, das Original in den National Archives einzusehen, wie es der Autor von sich behauptet.1364 In diesem Zusammenhang gewinnt die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI) zunehmend mehr an Bedeutung, so Schickel weiter.1365 Im September-Heft 19841366 erscheint zudem eine Gegendarstellung zu einem Brief des Instituts für Zeitgeschichte, welches Schickel und dem ZFI Revisionismus vorwirft. Fraglich bleibt, warum Herausgeber Wintzek Schickel dafür Platz in MUT einräumt. Besondere Beachtung erfährt bei ihm das Zusatzabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt, welches nach seinen neuesten Erkenntnissen nur wenige Stunden nach Unterzeichnung den USA bekannt war. Gleich in zwei Artikeln widmet sich Schickel dieser Thematik, was nur dann Sinn ergibt, wenn er darauf zielt, einen Teil der Schuld an der polnischen Teilung an die USA abzugeben.1367 In diesem Sinne sind seine Darstellungen zu neuen Dokumenten zum Münchner Abkommen zu sehen sowie zu – angeblichen – prophetischen Äußerungen alliierter und polnischer Militärs und Diplomaten
1363
Vgl. Schickel, Alfred: Noch weitere umstrittene Papiere und Fotos der Zeitgeschichte auf den Prüfstand! Die Untersuchungen und Klarstellungen von Koblenz und Ingolstadt mögen Schule machen, in: MUT (198) Februar 1984, S. 20ff. 1364 Vgl. Schickel, Alfred: „Die Atlantik-Charta“. Das am meisten überschätzte Dokument der Geschichte, in: MUT (202) Juni 1984, S. 10ff. Schickel, Alfred: Die „National Archives“. Eine Fundgrube für Historiker in Washington, in: MUT (245) Januar 1988, S. 43-47. 1365 Vgl. Schickel, Alfred: „Lenin mit Hitler beim Schachspiel“. in: MUT (229) September 1986, S. 37f. 1366 Vgl. Schickel, Alfred: Anmerkungen zur Verlautbarung des „Instituts für Zeitgeschichte“ über Vertreibungsverbrechen. in: MUT (205) September 1984, S. 42-45. 1367 Vgl. Schickel, Alfred: Roosevelt wußte Becheid. Geheimabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt war den USA schon wenige Stunden nach der Unterzeichnung bekannt, in: MUT (229) September 1986, S. 34ff. Schickel, Alfred: Die USA wußten Bescheid. in: MUT (263) Juli 1989, S. 22-25.
272
vor 1939 zum Kriegsverlauf sowie der Nachkriegsordnung, die erstaunliche Überschneidungen mit den tatsächlich eingetretenen Ereignissen aufweisen.1368 Einen breiten Raum nehmen die Vertreibungen der Deutschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten sowie dem Sudetenland bei Schickel ein, denen durch das Ignorieren des bundesrepublikanischen Establishments der an ihnen verübten Verbrechen fortwährendes Unrecht angetan wird. Hinzu kommt: „Das mangelndes Wissen um die zeitgeschichtlichen Hintergründe der Vertreibung markiert ein weiteres Charakteristikum.“1369 Nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges soll „nicht eine neue geschichtliche Lüge zwischen das deutsche Volk und seine slawischen Nachbarn gesetzt“1370 und die deutschen Heimatvertriebenen „als selbstverschuldete Opfer des verlorenen Krieges diskreditiert werden“.1371 Teilweise argumentiert Schickel, wie etwa bei der Oder/Neiße-Grenze, mit völlig absonderlichen und unsinnigen Vergleichen: „Ein fürwahr verwunderliches Geschichts- und Gegenwartsverständnis; es wird nur von jenen Gruppen und Kräften übertroffen, die hierzulande gegen jeden Quadratmeter neuer Straße oder Autobahn demonstrieren, aber gleichzeitig bereit sind, mit der Anerkennung der Oder-NeißeLinie viele tausend Quadratkilometer völkerrechtlich deutschen Landes ohne Wenn und Aber abzugeben; die hier alle gerichtlichen Instanzen ausnützen, um einen Bauplan oder ein Raumordnungsverfahren zu Fall zu bringen, bzw. zumindest in die Länge zu ziehen, die aber andererseits höchstrichterliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts über die völkerrechtliche Gültigkeit der Grenzen des Jahres 1937 schlankweg ignorieren – und die in der Auseinandersetzung um die Deutung des 8. Mai 1945 von der Befreiung des deutschen Volkes sprechen, gleichzeitig aber eben dieses Volk und seine nachgeborene Generationen in Kollektivhaftung für die Untaten des Nationalsozialismus nehmen wollen, obgleich man schwerlich für etwas verantwortlich gemacht werden kann, als dessen Opfer man betrachtet wird.“1372
Zusammenfassend weisen Schickels Beiträge häufig revisionistische Tendenzen auf, wohingegen deutsche Verbrechen kaum Beachtung finden. Auch erkennt er lediglich im Linksextremismus eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland, wohingegen Rechtsextremismus seit 1945 nicht mehr existieren würde. Schickel nutzt MUT zudem als Werbeplattform für die ZFI, um deren herausragende Arbeit auf dem Gebiet der deutschen Geschichte vorzustellen. Dabei werden ihm 1368
Vgl. u.a. Schickel, Alfred: Münchner Abkommen. Korrekturen bisheriger Bewertungen unerlässlich: Neue Erkenntnisse, in: MUT (251) Juli 1988, S. 30f. Schickel, Alfred: „Report No. 6993“. in: MUT (267) November 1989, S. 8f. Schickel, Alfred: Eingetroffene Prophezeiungen. Zeugnisse aus zeitgeschichtlichen Akten, in: MUT (280) Dezember 1990, S. 20f. 1369 Schickel, Alfred: Die Vertreibung. Ein offenes Kapitel der Zeitgeschichte, in: MUT (214) Juni 1985, S. 36. 1370 Schickel, Alfred: Der 4. März 1919. Ein sudetendeutscher Gedenktag mit aktueller Bedeutung, in: MUT (223) März 1986, S. 44. 1371 Ebd. 1372 Schickel, Alfred: Die Vertreibung. Ein offenes Kapitel der Zeitgeschichte, in: MUT (214) Juni 1985, S. 43.
273
von Seiten der Redaktion keine Grenzen gesetzt, seinen Privatkontroversen mit dem angesehenen Münchner Institut für Zeitgeschichte auszutragen: Nicht nur der Abdruck einer Gegendarstellung von Schickel ist dafür Beleg, sondern auch die vielfachen Verweise auf die fehlerhafte Arbeitsweise des Instituts für Zeitgeschichte in seinen Texten. Wolfgang Strauss: Während des dritten Untersuchungszeitraumes publizierte Strauss 32 Beiträge, davon zwei Artikel als Interviews, zum einen mit GerdKlaus Kaltenbrunner1373, zum anderen mit dem ukrainischen Schriftsteller Valentin Moros1374. Kennzeichnend für Strauss, und sich wie ein roter Faden durch seine Beiträge ziehend, ist die Renaissance nationaler Identitäten in den Republiken der Sowjetunion, die sich auf der Grundlage von Gott, Nation, Familie sowie Tradition zu nationalen Befreiungsbewegungen entwickeln und den Zerfall der Sowjetunion sowie des gesamten Ostblocks herbeiführen.1375 Der auslösende Moment in seinen Beiträgen für diese Entwicklung war und ist der Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan. „Je länger das Massaker in Afghanistan andauert, desto explosiver wird die gewaltlose Gewalt der FreiheitsFriedensbewegung, bis sie eines Tages in revolutionäre Gegengewalt umschlägt. Die Tendenz kann nicht übersehen werden. Der östliche Völkerpazifismus drängt zu einer revolutionären Lösung.“1376 In der Haltung zur Nation liegen zudem die wesentlichen Unterschiede zwischen westlicher und östlicher Friedensbewegung, die vor allem innerhalb der westdeutschen Grünen zum Vorschein kommen: Während DDR-Flüchtlinge ein starkes deutsches Nationalbewusstsein verkörpern und auf eine schnelle Lösung der Deutschen Frage drängen, lehnen die bundesrepublikanischen Grünen eine Lösung rundweg ab.1377 Strauss – selber aus der DDR geflohen – empfindet bei diesem Thema womöglich eine persönliche Enttäuschung über das seiner Meinung nach mangelnde Interesse in der Bundesrepublik an der deutschen Einheit. Ähnlich gelagert ist das „Unvermögen [der Sozialdemokraten] das wahre Wesen des osteuropäischen Völkerfrühlings
1373
Vgl. Strauss, Wolfgang: Europäischer Eidgenosse. Ein MUT-Gespräch mit Gerd-Klaus Kaltenbrunner, in: MUT (200) April 1984, S. 39-47. 1374 Vgl. Strauss, Wolfgang: „Was gestern in Afrika und Asien geschah, springt jetzt auf die Sowjetunion über“. Ein MUT-Interview mit dem ukrainischen Schriftsteller Valentin Moros, in: MUT (211) März 1985, S. 49-56. 1375 Vgl. Strauss, Wolfgang: Grollen im Imperium. Glasnost und das Zeitalter des Dritten Völkerfrühlings, in: MUT (255) November 1988, S. 62-71. 1376 Strauss, Wolfgang: „Wir wollen Gott und die Freiheit!“ In Osteuropa ist der Pazifismus anders. in: MUT (203) Juli 1984, S. 17. 1377 Vgl. Strauss, Wolfgang: Die Grünen und die Deutsche Frage. in: MUT (202) Juni 1984, S. 25-34. Strauss, Wolfgang: Rettet die Linke die Nation? Die Deutsche Frage ist ungelöst, aber nicht jeder „Antiimperialist“ ist für Deutschlands Einheit (I. Teil), in: MUT (209) Januar 1985, S. 45-55. Strauss, Wolfgang: Rettet die Linke die Nation (II. Teil). in: MUT (210) Februar 1985, S. 42-49.
274
zu erkennen oder auch nur zu erahnen“1378. Die Gründe hierfür liegen nach Strauss u.a. in den unterschiedlichen Definitionen des Friedensbegriffes: „Bahr und Brandt vertreten den rein formalen, wertneutralen Friedensbegriff. Die Friedenskämpfer der östlichen Anti-Jalta-Bewegung hingegen repräsentieren die Alternative: einen inhaltlichen, also moralisch und philosophisch aufgefüllten Friedensbegriff.“1379 Wie die UdSSR ist auch der SED-Führung an der Erhaltung des Friedens aus „nacktem Machtinteresse“1380 gelegen, so Strauss. Denn ein Atomkrieg würde ebenso die kommunistische Herrschaft beenden. Deshalb wolle Honecker „politische Erschütterung in der DDR verhindern“1381. Anders als westdeutsche Medien verlauten, propagiert die SED Friedenserhaltung nicht „aus moralischem Friedensinteresse, sondern aus materiellem Machtinteresse“1382. In diesem Sinne experimentiert die DDR-Führung mit einem gewissen Patriotismus, den sie durch die Vereinnahmung der deutschen Geschichte auf der Grundlage eines gesamtdeutschen Nationalstolzes für ihre Zwecke erreicht.1383 Einen großen Teil seiner Arbeiten widmet Strauss der Darstellung der Lebensverhältnisse ostdeutscher und sowjetischer Dissidenten. So beschreibt er eindringlich die Zustände in dem DDR-Frauengefängnis Hoheneck1384 oder die Selbstverbrennung Oskar Brüsewitz1385. Den gemeinsamen Nenner seiner Beiträge bildet die Überzeugung: „Die Dämme des Imperialismus brechen, die Flut der nationalen Emanzipation ist nicht aufzuhalten, der Völkerfrühling nicht mehr zu ersticken.“1386 Damit knüpft er nahtlos an seine Beiträge aus der zweiten Phase an. Strauss stellt in der dritten Phase Gerd-Klaus Kaltenbrunner der MUTLeserschaft vor. Wahrscheinlich ist auch, dass er den Kontakt zwischen Kaltenbrunner und Wintzek hergestellt hat. Heinz-Dietrich Ortlieb: Der Wirtschaftswissenschaftler und Hochschullehrer Heinz-Dietrich Ortlieb wurde am 19. Januar 1910 als Sohn eines evangelischlutherischen Pastors in Neuwarp/Vorpommern geboren. Nach dem Besuch des 1378
Strauss, Wolfgang: Moderner Revisionismus. Schlagwort, Friedensbedrohung – oder Hoffnung der unfreien Völker? in: MUT (216) August 1985, S. 49. 1379 Ebd. 1380 Strauss, Wolfgang: Honecker trommelt für den „Frieden“. in: MUT (207) November 1984, S. 51. 1381 Ebd. 1382 Ebd., S. 52. [im Original fett gedruckt] 1383 Vgl. Strauss, Wolfgang: Arminius im Blauhemd. Jüngste Nationalerbe-Errungenschaft der FDJHoneckers, in: MUT (206) Oktober 1984, S. 45-53. 1384 Vgl. Strauss, Wolfgang: Honeckers Hoheneck. Eine Schande für ganz Deutschland, in: MUT (234) Februar 1987, S. 10ff. 1385 Vgl. Strauss, Wolfgang: Die Fackel von Zeitz. Zum Gedenken an Pfarrer Oskar Brüsewitz, in: MUT (229) September 1986, S. 10-16. 1386 Strauss, Wolfgang: Land und Freiheit. Scheitert Gorbatschows Perestrojka an der Agrarmisere? in: MUT (261) Mai 1989, S. 53.
275
Realgymnasiums in Angermünde begann er zunächst in Berlin und Rostock Medizin zu studieren, wechselte jedoch 1931 zum Studium der Volkswirtschaftslehre sowie der Soziologie, welches er in Hamburg und Berlin absolvierte. Im gleichen Jahr trat er der SPD bei, deren Mitglied er bis zu seinem Tode blieb. Bereits 1934 konnte Ortlieb sein Studium mit dem Titel des Diplom-Volkswirtes abschließen. Von 1935 bis 1936 leistete er seinen Militärdienst ab, bevor er 1936 in Hamburg zum Doktor der Staatswissenschaften promovierte. Mit einem Forschungsstipendium des Kolonialinstituts der Hamburger Universität ausgestattet, begann er 1937 seine Habilitation zum Thema ‚Eingeborenenernährung und Ernährungspolitik im tropischen Afrika‘, die er 1940 abschloss, um fortan als Privatdozent an der Universität Hamburg im Fachbereich Rechts- und Sozialwissenschaften zu arbeiten. Doch bereits 1941 nahm Ortlieb als Soldat am Russlandfeldzug teil, bis er 1945 in Ostpreußen verwundet wurde und nach Hamburg zurückkehrte, wo er – nach Kriegsende – zunächst als Dozent und ab 1948 als außerordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg lehrte. Bereits 1949 wechselte er an die gewerkschaftsnahe ‚Akademie für Gemeinwirtschaf‘ in Hamburg, die später in ‚Hochschule für Wirtschaft und Politik‘ umbenannt wurde. 1964 kehrte Ortlieb an die Universität Hamburg zurück, an der er bis zu seiner Emeritierung 1978 als ordentlicher Professor lehrte und als Direktor des Hamburger Welt-Wirtschaftsarchivs fungierte.1387 Daneben gehörte er über 20 Jahre dem Fernsehrat des ZDF an.1388 Am 30. August 2001 verstarb Ortlieb in Hamburg. In der dritten Untersuchungsphase publizierte er 20 Artikel zum Zustand der bundesrepublikanischen Wohlstandsdemokratie in MUT. Bestimmend für seine Beiträge ist die kritische Sicht auf die bundesdeutsche Gesellschaft, die er als eine „Playboy-Gesellschaft“1389 bezeichnet. Ursächlich ist für ihn die Programmierung des Menschen auf Not und Überlebenskampf. „Zunehmende Sicherheit und scheinbare Selbstverständlichkeit des Wohlergehens setzen jedoch Kräfte frei, welche Menschen gemeinsamen Aufgaben immer mehr entfremden und mehr von ihrem Gemeinwesen verlangen, als dieses gerade wegen des sozialen Zerfalls noch zu leisten vermag.“1390 So entsteht eine neue Zweiklassengesellschaft, „in der die noch Leistungsfähigen und -willigen durch die wachsende Zahl Leistungsunfähiger und -unwilliger ausgebeutet werden“1391. Ein „perver1387
Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Heinz+Dietrich+Ortlieb/0/14414.html. (16.5.2009) Vgl. MUT (269) Januar 1990, S. 8. [o.A.] 1389 Ortlieb, Heinz-Dietrich: Die Playboy-Demokratie und ihre Überwindung. in: MUT (218) Oktober 1985, S. 14. 1390 Ebd. 1391 Ortlieb, Heinz-Dietrich: Weshalb müssen Realisten heute konservativ wirken? in: MUT (252) August 1988, S. 43. 1388
276
tierter Leistungsmaßstab“1392 hat sich nach Ortlieb schon jetzt etabliert: Macht ist nur dann gut, wenn sie für kurzfristige Interessen von Minderheiten eingesetzt wird.1393 Als Lösung sieht er einzig die Rückkehr zum Leitbild der Leistungsgesellschaft und die Loslösung von anarchistischen Utopien.1394 In diesem Sinne beurteilt er die Vorstellungen von Lech Walesa als utopistisch: „Walesa verfällt wieder in den alten Irrtum von Karl Marx zurück. Schon dieser glaubte, mit der Entwicklung der kommenden Maschinen-Gesellschaft wäre gleichzeitig das Problem menschlicher Unzulänglichkeit gelöst.“1395 Die Forderung nach einer Leistungsgesellschaft ist zwar für einen Sozialdemokraten ungewöhnlich, in MUT ist sie jedoch weit verbreitet, besonders unter den sozialdemokratischen Autoren. Klaus Hornung: Der Politikwissenschaftler Klaus Hornung, geboren am 26. Juni 1927 in Heilbronn, studierte nach Arbeitsdienst (1944) und Kriegsteilnahme (1945) von 1947 bis 1952 Geschichte, Politikwissenschaft, Germanstik und Anglistik in München und Tübingen. Als Dozent und Professor lehrte er sowohl an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen (1962 – 1987) als auch an der Universität Freiburg im Breisgau. Ab 1987 bis zu seiner Emiritierung 1992 war Hornung Professor für Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim. Seine Forschungsschwerpunkte lagen in der politischen Theorie, der Regierungslehre, in der Didaktik, der politischen Bildung sowie auf zeitgeschichtlichem Gebiet.1396 In MUT publizierte Hornung zwischen 1984 und 1990 achtzehn Artikel, wobei der Beitrag ‚Welche Freiheit meinen wir?‘ sowohl im Dezember-Heft 19841397 als auch im August 19861398 erschien. Bestimmend für seine Texte ist die bundesrepublikanische Innenpolitik: zum einen die Deutschlandpolitik der Bundesregierung und zum anderen die Abkehr vom antitotalitären Konsens der Gründergeneration, die er seit dem Ende der Ära Adenauer zugunsten eines Antifaschismus-Begriffes feststellt. Die Sorge um den und die Rückbesinnung auf den antitotalitären Konsens stellt ein wesentliches Anliegen Hornungs dar.1399 1392
Ortlieb, Heinz-Dietrich: Ohne Mitverantwortung geht es nicht. Wie die Idee der Mitbestimmung an Grenzen stößt und zerfällt, in: MUT (261) Mai 1989, S. 15. Vgl. ebd., S. 10ff. 1394 Vgl. Ortlieb, Heinz-Dietrich: Abschied vom Irrweg. in: MUT (274) Juni 1990, S. 8f. 1395 Ortlieb, Heinz-Dietrich. Hier irrt Herr Walesa. in: MUT ( 275) Juli 1990, S. 24f. 1396 Vgl. MUT (204) August 1984, S. 37. [o.A.] http://www.profdrhornung.de/html/personalie.html. (11.09.2010) 1397 Vgl. Hornung, Klaus: Welche Freiheit meinen wir? in: MUT (208) Dezember 1984, S. 36-40. 1398 Vgl. Hornung, Klaus: Welche Freiheit meinen wir? in. MUT (228) August 1986, S. 16-20. 1399 Vgl. u.a. Hornung, Klaus: Totalitarismus. Renaissance eines Begriffes, in: MUT (224) April 1986, S. 55-59. Hornung, Klaus: Geschichtsbewußtsein und Politikverständnis. Zur Wiederbesinnung auf den historisch-politischen Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, in: MUT (235) März 1987, 1393
277
Auch für die Deutschlandpolitik sieht er eine Rückkehr zum politischen Willen der Väter des Grundgesetzes für unerlässlich an, nach der sich die Bundesrepublik als „Kern- und Treuhänderstaats Gesamtdeutschlands in Frieden und Freiheit“1400 versteht und nicht „im Zeichen eines falschen Realismus und eines problematischen Verständnisses von ‚Entspannung’ (…) vieles als normal (…) deklarieren, was nun einmal nicht als normal betrachtet werden darf, wenn wir unsere Politik nicht von ihren sittlichen Grundlagen und ihrer historischen Verpflichtung abtrennen wollen“1401. Grundlage der operativen Deutschlandpolitik muss weiterhin der Grundkonsens einer gesamtdeutschen Perspektive sein, der zugleich die Voraussetzung bildet, nach der sich die Bundesrepublik „nicht in einer bequemen geschichts- und nationsvergessenen Konsumgesellschaft erschöpft, sondern eine nationale und patriotische Perspektive behält“1402. Hierzu ist nach Hornung jedoch eine Änderung der Bonner Deutschlandpolitik von Nöten, die es nicht mehr hinnimmt, dass „die Politik der SED-Führung eine Art Geiselnahme im Großen darstellt“1403. Für ihn wie auch für andere MUTAutoren ist die Akzeptanz der deutschen Teilung als Normalität unerträglich. Den Reformbemühungen Gorbatschows und einer vom Westen angenommenen historischen Wende steht er skeptisch gegenüber, da trotz der Annäherung von Gorbatschow und Reagan die Kernwaffenbedrohung für Westeuropa unvermindert anhält.1404 Konstant ist zudem die sowjetische Haltung zur Deutschen Frage, die weiterhin der Auseinandersetzung mit den USA und dem damit verbundenen Ziel einer sowjetischen Vorherrschaft in Europa unterliegt. „Das Fazit kann nur sein, daß wir uns vor weiteren Vorleistungen der Bundesrepublik hüten, solange der Sieg des Kommunismus über den Kapitalismus noch immer Glaubenssatz der sowjetischen Ideologie ist und Einschränkungen der sowjetischen militärischen Rüstung bis heute nicht zu erkennen sind. Hier ist nun erst einmal die Moskauer Führung am Zuge.“1405 Hornung schrieb bereits ein Jahr nach der letztmaligen Erwähnung der Zeitschrift im Bundesverfassungsschutzbericht in MUT und kann daher als einer der S. 11-16. Hornung, Klaus: Die Deutschen und das Erbe ihrer Geschichte. Das Verhältnis der beiden Staaten in Deutschland zur Vergangenheit, in: MUT (251) Juli 1988, S. 11-21. 1400 Hornung, Klaus: Die Zeit der Tabus ist vorüber. Langfristige Perspektiven in der Deutschlandpolitik, in: MUT (204) August 1984, S. 36. [im Original fett gedruckt] 1401 Ebd., S. 34. [im Original fett gedruckt] 1402 Hornung, Klaus: Perspektiven der Deutschen Frage. Befinden wir uns auf dem richtigen Weg, die Teilung unseres Landes zu überwinden? in: MUT (221) Januar 1986, S. 13. 1403 Hornung, Klaus: Die Anpassung an einen Unrechtsstaat hat in Deutschland Geschichte. Bemerkungen zur Bilanz des Honecker-Besuches, in: MUT (242) Oktober 1987, S. 17. 1404 Vgl. Hornung, Klaus: Morgenröte des Friedens oder Formwandel des Konflikts? Zur Lage nach dem Vertrag von Washington, in: MUT (246) Februar 1988, S. 48 1405 Hornung, Klaus: Gorbatschow auf Lenin-Kurs. Moskau, die Deutsche Frage und der „neue Stil“, in: MUT (260) April 1989, S. 48.
278
wesentlichen Autoren angesehen werden, der durch seine Mitarbeit den Wandel aus dem rechtsextremistischen zum demokratischen Spektrum forcierte und zum allmählichen Wechsel der Leserschaft beitrug. Zudem tritt Hornung als erster Autor für die Verteidigung des antitotalitären/antiextremistischen Konsenses ein, was ein Anzeichen für die verfassungsbejahende Ausrichtung der Zeitschrift darstellt. Zumal in MUT in früheren Heften noch die Existenz eines Rechtsextremismus geleugnet wurde. Otto Heuschele: Prof. Otto Heuschele wurde am 8. Mai 1900 in Schramberg im Schwarzwald geboren. Er wuchs in Waiblingen bei Stuttgart auf, wo er bis zu seinem Tod 1996 lebte. Die Realschule besuchte Heuschele zunächst in Waiblingen und später in Stuttgart-Bad Cannstatt. Am Ende des Ersten Weltkrieges arbeitete er im Lazarettdienst in der Garnison Mergentheim.1406 Anlässlich seines 90. Geburtstages schrieb er über diese Zeit: „Ich kann den Ernst nicht vergessen, der über diesen Herbstwochen lag, in denen ich zum ersten Mal Geschichte als Wirklichkeit erfuhr. In diesen Monaten begleitete mich zugleich eine Ausgabe von Friedrich Hölderlins Werken. (…) Ich betrachte diese Begegnung mit Hölderlin als eine Weisung für meine weiteren Wege.“1407 Von 1919 bis 1924 studierte Heuschele in Tübingen und Berlin deutsche, französische und englische Literatur sowie Philosophie und Kunstgeschichte. „Entscheidend waren aber vor allem die Begegnungen mit den zeitgenössischen Dichtern und ihren Werken: Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Rainer Maria Rilke, Rudolf Borchardt, Stefan Zweig und Hermann Hesse sowie Albert Schweitzer (…). Durch sie alle fand ich [Heuschele] den Weg zur Gegenwart und zu mir selbst.“1408 Nach seinem Studium betätigte sich Heuschele als Lektor bei verschiedenen Verlagen und begann nebenher sein literarisches Schaffen. Sein erstes Buch ‚Briefe aus Einsamkeiten‘ erschien bereits 1924. Ab 1926 lebte er als freier Schriftsteller in Waiblingen und unterrichtete auf der Basis eines Lehrauftrages für Deutsch und Geschichte von 1943 bis 1970 am Staufer-Gymnasium in Waiblingen.1409 Zwischen 1933 und 1945 versuchte Heuschele – nach eigenen Angaben – durch „die Errichtung von Gegenbildern, die den Zerrbildern des Regimes gegenübergestellt wurden, (…) das Bild des Menschen schlechthin zu retten“1410. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges erschienen seine Texte zunächst in der ‚Tat‘ (Zürich) sowie der ‚Zürcher Zeitung‘.1411 Rückblickend beurteilt er seine Arbeit wie folgt:
1406
Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Otto+Heuschele/0/4272.html. (08.05.2009) Heuschele, Otto: Gedanken zu einem Lebenslauf. in: MUT (273) Mai 1990, S. 51. 1408 Ebd. 1409 Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Otto+Heuschele/0/4272.html. (08.05.2009) 1410 Heuschele, Otto: Gedanken zu einem Lebenslauf. in: MUT (273) Mai 1990, S. 54. 1411 Vgl. ebd. 1407
279
„Bedingt durch meine Anlage, fühlte ich mich gleichzeitig berufen, das geistige Erbe zu bewahren und zu pflegen. So hat das, was ich hervorbringen durfte, ein doppeltes Gesicht: auf der einen Seite stehen die selbstschöpferischen Arbeiten – Lyrik, Erzählungen, Romane, Essays – und auf der anderen Seite die Sammlungen und Anthologien. Leiten ließ ich mich lebenslang durch die Ehrfurcht vor der Sprache, in der wir das höchste Gut des Menschen zu betrachten haben. Außerdem war ich mir stets bewußt, daß der Schriftsteller eine große Verantwortung für all das zu tragen hat, was er in seiner Arbeit vorlegt.“1412
Die baden-württembergische Staatsregierung verlieh Heuschele im Jahr 1970 den Titel eines Professors und zeichnete ihn 1978 mit der Landesverdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg aus. Bereits 1966 erhielt er das Bundesverdienstkreuz I. Klasse. Daneben ehrten ihn die Humboldt-Gesellschaft mit der Humboldt-Plakette sowie die Stadt Waiblingen mit der Goldenen VerdienstMedaille.1413 Heuschele war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik sowie des Akademischen Rates der Humboldt-Gesellschaft.1414 In der dritten Untersuchungsphase verfasste Heuschele 18 Artikel, deren gemeinsames Anliegen die Erhaltung der abendländischen Kultur sowie ihre schöpferische Erneuerung darstellt. Die Gefahr sieht Heuschele dabei nicht nur in der Atombombe, die wie ein Damoklesschwert über der Menschheit schwebt, sondern in der Tatsache, nach der der Mensch zum ersten Mal in der Geschichte die Möglichkeit besitzt, die Erde zu vernichten. Der technische Fortschritt erleichterte zwar dem Menschen das Leben, so Heuschele, aber jeder Fortschritt fordert auch seinen Preis. „Als Opfer, als Preis für den Fortschritt mußte der Mensch seine Freiheit oder doch einen Teil von ihr hingeben.“1415 Dieses Geschehen sollte nicht selbstverständlich akzeptiert werden, denn: „Für den abendländischen Menschen heißt aber Mensch sein: Frei bleiben von den Gewalten, die das technische Zeitalter auslöste, wie von denen des totalitären Machtanspruchs im Politischen. Frei sein heißt jedoch auch gebunden sein an die Transzendenz, gibt es doch für uns keine Freiheit ohne Bindung an Gott und das Ewige, es ist keine wahrhafte Ordnung des menschlichen Lebens denkbar ohne diese Bindung. Das mit allen Konsequenzen zu durchdenken und zu erkennen, ist unsere täglich neu gestellte Aufgabe.“1416
Den gegenwärtigen Menschen fehlen allerdings die geistigen und moralischen Kräfte zur Bewältigung dieser Bedrohungen. Einen Ausweg bietet hier die Beschäftigung mit der deutschen Klassik, die der Jugend lebendige, zeitlose Werte
1412
Ebd., S. 51. Vgl. MUT (223) März 1986, S. 24. [o.A.] Vgl. ebd. 1415 Heuschele, Otto: Tradition als Quelle des Lebens. in: MUT (220) Dezember 1985, S. 22. 1416 Heuschele, Otto: Als gäbe es nicht auch das Gute. in: MUT (215) Juli 1985, S. 52. 1413 1414
280
übermitteln könnte.1417 Einen anderen Ansatz sieht er in dem neuerlichen Erlernen der Ehrfurcht vor der Natur, die zwangsläufig zu einer Wissenschaftsethik führen würde.1418 Charakteristisch für ihn ist der Glaube an die heilende Wirkung der Klassiker sowie der abendländischen Kultur, denen sich die Gesellschaft mit der Modernisierung stellen sollte. Die Beschäftigung mit Platon, Dante oder Goethe würde zu einer Wiederentdeckung verlorener moralischer und ethischer Werte führen, die für die heutige technisierte Welt unerlässlich sind – diese Gedanken ziehen sich durch all seine Artikel.1419 Die Bewahrung der abendlichen Kultur und der schöpferischen Erneuerung – das zentrale Thema seiner Beiträge – mag zwar dem allgemeinen gesellschaftlichen Zeitgeist nicht entsprechen, aber sehr wohl den Forderungen von MUT und den Ansprüchen ihrer Leserschaft. Seine Texte können zudem als eine Art Anklage der Kohl-Regierung gewertet werden, die mit dem Ansinnen einer geistig-moralischen Wende angetreten war und diesen nun versäumt, was in der Zeitschrift vielfach zur Sprache kommt. Hellmut Diwald: Zwischen 1984 und 1990 widmet sich Diwald in insgesamt fünfzehn Artikeln überwiegend historischen Themen, die sowohl Ereignisse in längeren Beitragsserien betrachten1420 als auch den Zustand heutiger Geschichtsvermittlung. Dem Vorschlag Helmut Kohls, eine Sammlung zur deutschen Geschichte seit 1945 in Form eines Hauses der Geschichte der Bundesrepublik aufzubauen, steht er ablehnend gegenüber, da er in ihm ein „Monument der Billigung und Absegnung der Zerteilung Deutschlands“1421 sieht, was für Diwald wiederum nicht zu rechtfertigen ist. „Selten ist in sich so zusammenhängend und mit vollem Wissen um das, was unternommen wird, aus der historischen Not eine Tugend der Gegenwart gemacht worden, aus der deutschen Katastrophe des Jahres 1945 die Erfolgsgeschichte eines Separatstaates.“1422 Damit 1417
Vgl. Heuschele, Otto: Kultur und Klassik. Jugend ohne Klassiker bedeutet Verzicht auf Maß und Norm, in: MUT (223) März 1986, S. 24-37. 1418 Vgl. Heuschele, Otto: Der Mensch und die Natur. in: MUT (230) Oktober 1986, S. 38ff. 1419 Vgl. Heuschele, Otto: Manchmal an stillen Abenden. in: MUT (219) November 1985, S. 21f. Heuschele, Otto: Quellen des Geistes. in: MUT (238) Juni 1987, S. 10ff. 1420 Vgl. Diwald, Hellmut: Weltmacht ist Seemacht. Teil I: „Imperialism of idealism“, in: MUT (206) Oktober 1984, S. 8-27. Diwald, Hellmut: Weltmacht ist Seemacht. Teil II: Versailles und die Neuordnung der Welt, in: MUT (207) November 1984, S. 10-26. Diwald, Hellmut: „Prinz Eugen, der edle Ritter …“. in: MUT (224) April 1986, S. 30-43. Diwald, Hellmut: Die größte Seeschlacht der Weltgeschichte. Skagerrak: Der Mythos, die Wirklichkeit, das Vergessen, in: MUT (231) November 1986, S. 16-26. Diwald, Hellmut: Die Entscheidung von Tauroggen (I. Teil). in: MUT (244) Dezember 1987, S. 10-24. Diwald, Hellmut: Die Entscheidung von Tauroggen (II. Teil). in: MUT (245) Januar 1988, S. 34-42. 1421 Diwald, Hellmut: Liegt bald das deutsche Vaterland verzichtend zwischen Rhein und Elbe? Zur Diskussion um das „Haus der Geschichte der Bundesrepublik“. in: MUT (202) Juni 1984, S. 21f. [im Original fett gedruckt] 1422 Ebd., S. 22. [im Original fett gedruckt]
281
stellt sich das Vorhaben ganz entschieden gegen die Präambel des Grundgesetzes, die „den Imperativ zur Wiederherstellung Deutschlands verankert“1423. Doch nur unter Auslassung der gesamtdeutschen Situation lässt sich die Geschichte der Bundesrepublik als Erfolgsgeschichte umdeuten, so Diwald weiter. In der Darstellung der Bundesrepublik im Stil eines selbstständigen Staates, erkennt er konsequenterweise den Verzicht auf ein geeintes Deutschland.1424 Eine Regierung, die angetreten ist, eine Wende, eine Erneuerung zu bringen, wird sich einer derartigen Darstellung der deutschen Geschichte wohl verweigern.1425 Hier kommt bei ihm bereits die erste unterschwellige Enttäuschung über die KohlRegierung zum Ausdruck, die mit dem Anspruch gestartet war, eine geistigmoralische Wende zu vollziehen. Ganz anders gestaltet sich das ostdeutsche Geschichtsbewusstsein: Nach dem sich lange Zeit die DDR-Führung lediglich auf sozialistische Traditionen berief, erkennt Diwald seit einiger Zeit ein Umdenken in Richtung der Vereinnahmung der „ganzen deutschen Geschichte“1426 mit ihrem zentralen „Begriffs-Dreieck ‚Gesellschaft, Nation und Geschichte’“1427. Am deutlichsten ist die geänderte Haltung an der Würdigung Friedrich des Großen und Otto von Bismarcks als herausragende Persönlichkeiten durch die SED-Führung erkennbar. Wenngleich Diwald die Vereinnahmung der deutschen Geschichte durch die DDR kritisch beurteilt, so begrüßt er dennoch die Ausrichtung auf die deutsche Nationalgeschichte.1428 Der Hauptkritikpunkt Diwalds an der bundesrepublikanischen Geschichtsschreibung bezieht sich auf die Ausklammerung wesentlicher Teile der deutschen Geschichte, womit die Bundesregierung der DDR zwangsläufig die Interpretationshoheit überlässt, wenngleich die deutsche Vergangenheit allen Deutschen gehöre. Hinzu kommt die Differenziertheit der westdeutschen Geschichtsforschung, die „auf ein Geschichtsbild, das wenigstens in den Grundelementen eine Gemeinsamkeit aufweist“1429, verzichtet. Darüber hinaus sieht Diwald die deutsche Historiographie als direktes Ergebnis der Konferenz von Jalta, auf der beschlossen wurde, den deutschen Militarismus und Faschismus für alle Zeit zu vernichten.1430 Folglich war es den Deutschen nicht möglich, ein politisches Selbstbewusstsein zu entwickeln, welches auf den Prinzipien: Freiheit, Selbstbestimmung und Volksherr1423
Ebd., S. 23. Vgl. ebd., S. 24. 1425 Vgl. ebd. 1426 Diwald, Hellmut: Vom nationalen Horizont der Schrebergarten-Pluralisten. in: MUT (211) März 1985, S. 11. [im Original fett gedruckt] 1427 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1428 Vgl. ebd., S. 12. 1429 Ebd., S. 13. 1430 Vgl. Diwald, Hellmut: Immer noch schlechte Zeiten für den aufrechten Gang. in: MUT (233) Januar 1987, S. 47. 1424
282
schaft beruht, wie es bei anderen Demokratien der Fall ist. Für Diwald steht fest: „Uns aber bleibt in dieser Lage seit mehr als vierzig Jahren nur ein einziger Ausweg, um ein normales Leben zu führen: die Schizophrenie, das Doppelleben im Politischen, Kulturellen, Historischen.“1431 In diesem Zusammenhang steht für ihn auch das mangelnde Bekenntnis der deutschen Jugend zu ihrer Fahne, denn: „Das Symbol setzt einen festen Daseinsbezug voraus.“1432 Das ist zum einen auf die emanzipatorische Erziehung zurückzuführen, die die jungen Menschen „zum Abklatsch seiner Umgebung (…), zu einer Marionette wechselnder Meinungen“1433 werden lässt. Und zum anderen eine Folge einer schlechten Geschichtsvermittlung, die an zwei Kardinalverbrechen festhält: Erstens, den Geschichtsunterricht in den Dienst politischer Erziehung zu stellen und zweitens, den Verlauf der Geschichte zusammenhanglos, d.h. nicht chronologisch den Schülern zu präsentieren.1434 Diwald tritt für ein – die gesamte deutsche Geschichte umfassendes – patriotisches Bekenntnis ein, mit dem Ziel ein politisches Selbstbewusstsein zu entwickeln. Hans Bahrs: Auch wenn Hans Bahrs bereits 1983 verstarb, veröffentlichte MUT zwischen 1984 und 1990 vierzehn Beiträge von ihm (zehn kurze Artikel sowie vier Gedichte).1435 Einen großen Raum nimmt bei Bahrs die Überlieferung traditioneller Werte, Lebensweisen sowie Arbeitstechniken ein, wie das Schnitzen traditioneller Fastnachtsmasken, welches der Verwalter des Heimatmuseums ‚Hüsli‘ in Grafenhausen im Schwarzwald, Heiner Stoll, noch praktiziert. Über eine Begegnung mit Stoll schreibt Bahrs: „‚Alles braucht seine Zeit’, meint der Künstler beim Abschied sinngemäß, und wir Besucher glauben ihm das gern. Denn ob einer aus Freude einmal etwas ausprobieren will oder glaubt, daraus eine Kunst entwickeln zu können, sei eben doch zweierlei“1436. Besonderen Wert legt Bahrs auf die Erhaltung traditioneller Lebensformen, die er in einem ländlichen Brauchtumsfest erkennt: „Da erfährt die Jugend anschaulich, wie hart sich die Bergbauern vor gar nicht langer Zeit noch haben plagen müssen. Die jungen Leute stehen nicht herum und kräuseln auch nicht verächtlich die Lippen. Nein sie machen begeistert mit. So ist dieser Erntedank zu einer echten Begegnung der
1431
Ebd. Diwald, Hellmut: Kein Ende der Symbole. in: MUT (247) März 1988, S. 43. Diwald, Hellmut: Riskanter Kurs heutiger Erziehung. in: MUT (217) September 1985, S. 14. 1434 Vgl. Diwald, Hellmut: Gelebtes Wissen. Geschichte gibt dem Charakter Profil, in: MUT (251) Juli 1988, S. 32-37. 1435 Vgl. Bahrs, Hans: Ludwigstern. in: MUT (197) Januar 1984, S. 21. Bahrs, Hans: Osterbote. in: MUT (200) April 1984, S. 4. Bahrs, Hans: Erntezeit. in: MUT (205) September 1984, S. 4. Bahrs, Hans: Das Leben. in: MUT (207) November 1984, S. 4. 1436 Bahrs, Hans: Besuch bei einem Maskenschnitzer. in: MUT (199) März 1984, S. 7. 1432 1433
283
Generationen geworden.“1437 Hierin erkennt er eine gelungene „Synthese aus Altvätersitte und moderner Landwirtschaft“1438. Leider bezieht er sich in seinem Artikel in keiner Weise auf moderne Landwirtschaft, sondern idealisiert stattdessen jahrhundertealte Arbeitstechniken. Das andere bestimmende Thema seiner Texte ist die allgemeine Sinnentleerung des menschlichen Lebens, welcher er in seinen Weihnachts-, Silvester- und Osterbeiträgen nachgeht.1439 Charakteristisch für Bahrs Artikel ist die rückwärtsgewandte Sichtweise auf aktuelle Thematiken. Seine Beiträge sind stets vergangenheitsbezogen mit teilweise beschönigenden, folkloristischen Tendenzen zurückliegender Lebensumstände. Zuweilen vertritt er eine stark romantische Vorstellung vom Leben im Einklang mit der Natur. Wie bereits in der zweiten Untersuchungsphase nehmen seine Artikel eine zum Nachdenken anregende Einleitungsfunktion für MUT wahr, die nach den letzten Texten von Bahrs nicht durch einen anderen Autor ersetzt wird. Helmut Schoeck: Nachdem Helmut Schoeck am 3. Juli 1922 in Graz geboren wurde und dort seine Kindheit verbrachte, siedelte er nach Württemberg über, wo er das Gymnasium in Ludwigsburg besuchte und 1941 sein Abitur machte. Im Anschluss studierte Schoeck Medizin, Philosophie und Psychologie in München und Tübingen. Mit einer Arbeit über ‚Die Wissenssoziologie Karl Mannheims‘ promovierte er 1948 bei Eduard Spranger. 1950 verließ Schoeck die Bundesrepublik und lehrte bis 1964 an verschiedenen US-amerikanischen Universitäten: Bis 1953 wirkte er als Direktor der Abteilung Philosophie und Psychologie am Fairmont State College in West Virginia, dem schloss sich 1953/54 eine Gastprofessur an der Yale University an, bevor er 1954 an die Emory Universität in Atlanta als Professor für Soziologie wechselte. Nach einer Gastprofessur in Erlangen (1964) lehrte er von 1965 bis zu seiner Emeritierung 1990 als ordentlicher Professor und Direktor des Instituts für Soziologie an der JohannesGutenberg-Universität in Mainz.1440 Er gab u.a. das Standardwerk ‚Soziologisches Wörterbuch‘1441 heraus und verfasste ‚Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft‘ (1966)1442, womit er über seine Fachgrenzen hinaus Bekanntheit erlangte.1443 Am 2. Februar 1993 starb Schoeck in Niedernhausen.1444 1437
Bahrs, Hans: Moderner Erntedank nach Altvätersitte. in: MUT (205) September 1984, S. 8. [im Original fett gedruckt] 1438 Ebd. [im Original fett gedruckt] 1439 Vgl. Bahrs, Hans: Fünf Minuten vor Mitternacht. Eine Silvesterbetrachtung, in: MUT (197) Januar 1984, S. 6f. Bahrs, Hans: Ostergedanken. in: MUT (200) April 1984, S. 50ff. Bahrs, Hans: Der Weihnachtsengel im Schnee. in: MUT (208) Dezember 1984, S. 6f. 1440 Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Helmut+Schoeck/0/9101.html. (30.04.2009) 1441 Vgl. Schoeck, Helmut: Kleines Soziologisches Wörterbuch. Freiburg i. Brsg. 1969. 1442 Vgl. Schoeck, Helmut: Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft, Freiburg i. Brsg. 1966. 1443 Vgl. MUT (227) Juli 1986, S. 44. [o.A.]
284
Für MUT schrieb Schoeck zwischen 1984 und 1990 14 Artikel – mit vehementer Kritik am vorhandenen linken Zeitgeist und dessen Auswirkungen auf den Gebieten der Pädagogik und Medizin. Das Grundübel des heutigen Bildungssystems sieht Schoeck in der linken Emanzipationspädagogik, die ihr Fundament aus den gesellschaftlichen Widersprüchen zieht, mit denen sie auch den Schaden, den sie Kindern zufügt, rechtfertigt. „Die Kinder sollen es als Widerspruch, als Ungerechtigkeit erleben, wenn jemand, der ein paar Leute für eine Arbeit angestellt hat, am Ende mehr Erlös hat als jeder Einzelne an Lohn. Gerade das ist aber kein Widerspruch und auch kein Ärgernis, das nach Entrüstung ruft (…).“1445 Es ist vielmehr ein Charakteristikum der gesellschaftlichen Vielgliedrigkeit, so Schoeck. Aber auch „Heimat(Revier)losigkeit, Verunsicherung, Neurosen“1446 sind Folgen der Emanzipationspädagogik, die dem Kind „keinen sicheren Ort, wo es Kind sein kann, kein eigenes Revier, kein Territorium, keine Privatsphäre mit Burggefühl“1447 bietet. Denn ein Laufstall kann für Kinder nicht in Frage kommen: „Wer im Laufstall das Laufen lernt, werde zum Duckmäuser, passe sich an und habe am Ende eine präfaschistische Charakterstruktur.“1448 Hinzu kommen die emanzipatorischen Schulreformen seit den 1960er Jahren, die jeglichen Leistungswillen im Keim erstickten und zu nichts weiterem als jugendlichen Dauerfrust führten.1449 Eine Trendwende ist nicht zu erwarten, obwohl die „Produktion einer Unzahl von studierunfähigen Abiturienten“1450 Anlass genug sein sollte. In diesem Sinne beurteilt er auch ein anderes Thema: Dank besserer medizinischer Versorgung und gestiegener Lebensqualität erreichen immer mehr Bundesbürger ihren hundertsten Geburtstag. Zudem ist der gesundheitliche Zustand älterer Menschen besser als Jüngere annehmen, so Schoeck. „Die Kluft zwischen der Wirklichkeit und dem Bild in den Köpfen heutiger Studenten stammt aus dem Zerrbild vom alten Menschen, das Massenmedien und Schulbüchern seit Jahrzehnten verbreiten.“1451 Aber nicht nur hier vermitteln Medien ein falsches Bild von der Wirklichkeit. Besonders an die Heilberufe stellen sie unre1444 1445
Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Helmut+Schoeck/0/9101.html. (30.04.2009) Schoeck, Helmut: Die „Widersprüchlichkeit“ unserer Gesellschaft. in: MUT (237) Mai 1987, S.
12.
1446
Schoeck, Helmut: Das falsche Bewußtsein im Laufstall? in: MUT (254) Oktober 1988, S. 31. Ebd. Ebd. 1449 Vgl. Schoeck, Helmut: Deutsche Schüler – ein Leben im Dauerfrust. in: MUT (249) Mai 1988, S. 34f. 1450 Schoeck, Helmut: Das Defizit an Doktorhüten. Warum gibt es immer mehr „Ewige Doktoranden“? in: MUT (230) Oktober 1986, S. 14. 1451 Schoeck, Helmut: Langes Leben. Immer mehr Hundertjährige: Beweis für gestiegene Umweltqualität? in: MUT (238) Juni 1987, S. 15. 1447 1448
285
alistische Ansprüche, die zu „anschwellende[n] Klage[n] über einen Rückgang in der Zuwendungsintensität und Zuwendungszeit im Verhältnis zwischen Patient und den verschiedenen Leistungserbringern in den heilkundlichen Berufen“1452 führt. Jedoch ist der Rückgang von Menschlichkeit in der Medizin nicht ausschließlich in diesem Bereich zu finden. „Der Verlust an Freundlichkeit, Geborgenheit, Wärme und Rücksichtnahme entsteht vielmehr manchmal als Folge einer Mode, die auch außerhalb der Heilkunde zu ähnlichen Verlusten führt.“1453 Als international renommierter Soziologe trägt Schoeck ab 1986 zur langsamen Etablierung der Zeitschrift im demokratisch-bürgerlichen Spektrum bei. Seine Beiträge reihen sich nahtlos in die in MUT vertretene Kritik am linken Zeitgeist ein, die bei Schoeck in erster Linie auf dem Gebiet der Soziologie und Pädagogik erfolgt. Trotz den allgemein sichtbaren Missständen infolge der Emanzipationspädagogik sieht er nicht den für ihn dringend notwendigen gesellschaftlichen Wandel kommen. Ulrich Lohmar: Prof. Dr. Ulrich Lohmar wurde am 30. April 1928 in Engelskirchen geboren. Bis zu seiner Einberufung in den Kriegsdienst als Luftwaffenhelfer 1944/45 besuchte er das staatliche Gymnasium in Bergneustadt. Nach dem Abitur 1948 studierte Lohmar Rechts- und Sozialwissenschaften an den Universitäten Köln, München, Hamburg und Münster, wo er 1963 über das Thema ‚Soziologische Probleme der innerparteilichen Demokratie‘ promoviert wurde und fünf Jahre später habilitierte. Während seines Studiums in Hamburg arbeitete Lohmar von 1951 bis 1954 als Assistent bei Helmut Schelsky sowie von 1954 bis 1967 als Chefredakteur der sozialdemokratischen ZweiMonatszeitschrift ‚Die Neue Gesellschaft‘ in Bielefeld. 1967 trat er die Stelle des Chefredakteurs der Tageszeitung ‚Neue Westfälische‘ an. Daneben unterrichtete er zwischen 1964 und 1968 als Lehrbeauftragter für politische Soziologie an der Universität Münster. Von 1971 bis 1984 fungierte er als Ordinarius für Politische Wissenschaft an der Gesamthochschule Paderborn. In dieser Zeit (1973) gründete Lohmar das Institut für Mediensoziologie beim Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektive Lehr- und Lernverfahren, welches er bis 1975 leitete. Ab 1975 betätigte sich Lohmar als Vorsitzender der Stiftung für Kommunikationsforschung. Sowohl neben seinem Studium als auch neben seiner Lehrtätigkeit war er politisch aktiv, u.a. beim Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS, 1952 – 1955 Bundesvorsitzender). Für die SPD zog Lohmar 1955 in den Bundestag ein. Er gehörte ihm bis 1976 an, u.a. als Vorsitzender des Ausschusses für
1452
Schoeck, Helmut: „Zuwendungsintensive Medizin“. Wie groß sind die Chancen für ihre Wiederkehr? in: MUT (228) August 1986, S. 50. 1453 Ebd.
286
Bildung und Wissenschaft bzw. für Forschung und Technologie. Ulrich Lohmar verstarb am 28. November 1991 in Bonn.1454 Zwischen 1984 und 1990 schrieb Lohmar 13 Beiträge zu den Themen westliche Demokratien sowie bundesdeutsche Parteiendemokratie. Der Sozialdemokrat Lohmar wendet sich neben einer allgemeinen Kritik am bundesdeutschen Parteiensystem, vor allem der SPD kritisch zu. Ihre Politik sieht er durch einen „neuen Grundton der Angst“1455 dominiert, der zu „kurzatmiger und kurzlebiger“1456 sozialdemokratischer Politik führt und der SPD keineswegs mehr Überzeugungskraft verleiht, sondern lediglich reaktiv wirkt und sie näher an die Gewerkschaften treibt.1457 Auf gesellschaftliche Wandlungsprozesse reagiert sie stets mit neuen gefälligen Etiketten: „Die ‚Klebemarken’ wurden für die SPD wichtiger als die eigentlich neuen Fakten in unserer Gesellschaft, denen sie damit dennoch beizukommen versuchte.“1458 Diese Einstellung änderte, so Lohmar, auch die Haltung der Sozialdemokraten zur deutschen Vergangenheitsbewältigung. Wo Kurt Schumacher noch wusste, „daß es eine Kollektivschuld nicht gibt, sondern nur eine Schuld von einzelnen Menschen und eine Verantwortung aller für das politische Schicksal ihres Landes“1459, verfolgt die heutige SPD eine „pharisäerhafte Selbstgerechtigkeit“1460, die durch eine „Übertreibung der Bußfertigkeit das genaue Gegenteil bewirkt“1461. Es handelt sich „um selbsternannte Scharfrichter, die ihre moralische Autorität dadurch zu erringen hoffen, daß sie andere für ‚schuldig’ erklären“1462. Die Sozialdemokraten haben als erste den Gedanken eingebracht, Freiheit bedarf „der sozialen Absicherung und der Chancengleichheit für jedermann“1463. Allerdings bedeutet dies eben nur Gleichheit beim Start und nicht im Ergebnis.1464 Dieser Grundsatz scheint insbesondere bei der SPD verloren gegangen zu sein. Dagegen spielen bei vielen Bundesbürgern in der Freizeit Werte wie Einsatzbereitschaft, Ordnung und Disziplin eine große Rolle, im Arbeitsbereich jedoch längst nicht mehr. Dennoch ist es richtig, so 1454
Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Ulrich+Lohmar/0/10303.html. (29.04.2009). MUT (249) Mai 1988, S. 22. Lohmar, Ulrich: Die neue Angst der SPD. in: MUT (230) Oktober 1986, S. 9. 1456 Ebd. 1457 Ebd. 1458 Lohmar, Ulrich: Menschenrechte und Menschenpflichten. in: MUT (269) Januar 1990, S. 24. [Hervorhebung im Original] 1459 Lohmar, Ulrich: Scharfrichter im Büßergewand. in: MUT (225) Mai 1986, S. 8. [im Original fett gedruckt] 1460 Ebd., S. 9. 1461 Ebd., S. 9. 1462 Ebd., S. 10. [Hervorhebung im Original] 1463 Lohmar, Ulrich: Einigkeit und Recht und Freiheit. in: MUT (273) Mai 1990, S. 9. 1464 Vgl. Lohmar, Ulrich: Menschenrechte und Menschenpflichten. in: MUT (269) Januar 1990, S. 26. 1455
287
Lohmar weiter, „die Freiheitsrechte in einem neu vereinigten Deutschland mit einer Sozialordnung zu verbinden, die dem Spannungsverhältnis zwischen individueller Freiheit und Sozialstaatlichkeit gerecht wird“1465. Demgegenüber erkennt er in der Mehrzahl der ehemaligen DDR-Bürger eine Schmarotzermentalität, die aus „Gründen des sozialen schlechten Gewissens“1466 Akzeptanz findet. „Das Problem wird verschärft durch die Tatsache, daß in der DDR die Mentalität der meisten Beschäftigten nach wie vor von dem Modell des Zuteilungsstaates geprägt ist. Ein wenig Bewegung unter den Unternehmen und Beschäftigten ist bisher lediglich im Handel zu bemerken, während im Dienstleistungsgewerbe weiter überwiegend gebummelt wird und in der Produktion ein ausgesprochener Schlendrian herrscht. Die meisten unserer zukünftigen Mitbürger in der DDR halten die Bundesrepublik Deutschland offenbar für ein Schlaraffenland, in dem man sich ohne sonderliche Anstrengungen bedienen kann. ‚Die Wessies sollen mal mit dem Moos rüberkommen, denn sie haben ja genug davon’, hört man zunehmend deutlich und unverfroren. Was hier bei uns im Lande erarbeitet wurde – über vier Jahrzehnte – , wollen viele in der DDR als gebratene Tauben auf den Teller haben und denken dann auch noch, dies sei schließlich nicht mehr als ausgleichende Gerechtigkeit.“1467
Generell hält er die Notwendigkeit eines Mentalitätswandels innerhalb der westdeutschen Demokratie für unausweichlich. Demokratie sollte sich nicht in Quantität erschöpfen, sondern „Freiräume für kreatives Denken und Handeln“1468 schaffen und sichern. „Das erfordert Zurückhaltung bei der Anwendung der quantitativen demokratischen Spielregeln, einen Verzicht auf den durchgängigen Regelungsanspruch von Leben, den Abschied von Einheitsfassaden der Meinungen und Möglichkeiten.“1469 In der Beseitigung jeder Kreativität, Selbstverantwortung sowie Spontaneität liegt auch der entscheidende Grund für das Scheitern des Kommunismus.1470 Zugleich sollten die Politiker daran arbeiten, den Bürger zu mehr politischer Verantwortung zu bewegen1471 und sich selber mehr für die geistige Führung als an der finanziellen Ausstattung ihrer Parteien zu interessieren.1472 Ferner machen es sich die etablierten Parteien einfach, wenn sie die Stimmenzuwächse für rechte Parteien einem diffusen Wiederaufleben des Faschismus zuschreiben; er liegt vielmehr in der Abkopplung der politischen 1465
Lohmar, Ulrich: Einigkeit und Recht und Freiheit. in: MUT (273) Mai 1990, S. 9. Lohmar, Ulrich: Das Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit. in: MUT (277) September 1990, S. 19. 1467 Ebd. [Hervorhebung im Original] 1468 Lohmar, Ulrich: Ist Demokratie kreativ? in: MUT (238) Juni 1987, S. 9. 1469 Ebd. 1470 Vgl. Lohmar, Ulrich: Der Sozialismus und das Gute. in: MUT (270) Februar 1990, S. 8f. 1471 Vgl. Lohmar, Ulrich: Politik und Sachverstand. Zur Freiheit parlamentarischer Entscheidung in der wissenschaftlichen Zivilisation, in: MUT (249) Mai 1988, S. 32f. 1472 Vgl. Lohmar, Ulrich: Geistige Führung und politische Verantwortung. in: MUT (257) Januar 1989, S. 24. 1466
288
Elite von den so genannten einfachen Bürgern begründet, so Lohmar.1473 Eine ähnlich negative und absurde Einschätzung erfahren die deutschen Medien: „Die Wirkung der hämischen Medienkaste richtet sich darauf, den anderen, also der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung, die Zuversicht und die Kraft für die Gestaltung des eigenen Alltags zu nehmen. Diese Kaste will nicht helfen, sondern demontieren.“1474 Lohmar ist – neben Ortlieb – einer der ersten Sozialdemokraten in MUT und damit für die Reputation des Blattes von großer Bedeutung. Als ehemaliger sozialdemokratischer Bundestagsabgeordneter soll er schon alleine von seiner Biographie her den politischen Wandel der Zeitschrift belegen und damit zur weiteren Erschließung neuer Leserschichten beitragen. Inhaltlich unterscheidet er sich in seiner Parteienkritik nicht wesentlich von anderen Autoren. Auch wenn eine derartige negative Kritik an der politischen Klasse und insbesondere an seiner eigenen Partei sowie an den Medien für einen ehemaligen Parlamentarier schon erstaunt. Zuweilen vermitteln seine Beiträge dem Leser eine starke Politikverdrossenheit.
6.3 Inhaltsanalyse 6.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus Haltung zum Nationalsozialismus: Während des dritten Untersuchungszeitraumes präsentiert die Zeitschrift eine ambivalente Haltung zum Nationalsozialismus, die einerseits durch die Relativierung des Holocausts und andererseits durch die Verurteilung der inhumanen und menschenverachtenden Verbrechen der Nationalsozialisten gekennzeichnet ist. Den Holocaust relativieren die Autoren durch die Negierung seiner singulären Stellung in der Weltgeschichte, was in der Konsequenz zu einer Verharmlosung der NS-Verbrechen führt und dem Leser suggeriert: Wenn andere Völker in ihrer Historie schon einmal an einem Holocaust beteiligt waren, kann der deutsche Holocaust an den Juden nicht so dramatisch gewesen sein wie immer dargestellt. Wenngleich MUT den nationalsozialistischen Holocaust als eine verabscheuungswürdige und menschenverachtende Tat ansieht, so reiht er sich dennoch in eine Weltgeschichte ein, die an dergleichem nicht arm ist. Der Leser bekommt den Eindruck, dass der Holocaust zwar ein schreckliches Ereignis war, jedoch als keine Besonderheit in der Ge1473
Vgl. Lohmar, Ulrich: Die neue Rechte. Unmut gegen „die da oben“, in: MUT (263) Juli 1989, S.
39.
1474
Lohmar, Ulrich: Die hämische Kaste. in: MUT (261) Mai 1989, S. 17.
289
schichte der Menschheit gelten kann. Speziell die Verwendung der Begriffe „Atomraketen-Holocaust“1475 oder „atomarer Holocaust“1476 impliziert eine Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen, da ein Atomkrieg unweigerlich eine höhere Opferzahl zur Folge hätte und dementsprechend zu einer Abschwächung der Schuld am Holocaust des Dritten Reiches führt. Daneben findet der Begriff häufig Verwendung für ermordete Freiheitskämpfer in den Sowjetrepubliken. So spricht Strauss etwa in Bezug auf ermordete katholische Kroaten „von den Opfern des Mai-Holocaust.“1477 Ebenso in der Geschichte der Ukraine kam es zu einem Holocaust: „Der offizielle Ukrainische Schriftstellerverband plant die Herausgabe eines Weißbuches über den 33er-Bauernholocaust.“1478 Ferner spricht Strauss von einem „Dorfholocaust“1479. Schon alleine das Wort beweist, dass es sich keineswegs um einen Völkermord handelt. Weiterhin erfährt der Begriff Anwendung auf die amerikanischen Bomberangriffe auf japanische Städte: „Bei aller Grauenhaftigkeit dieser beiden AtombombenAbwürfe vergisst der Autor auch nicht die verlustreicheren Fliegerangriffe der Amerikaner auf andere japanische Städte wie Tokio, Yokohama, Osaka, Kobe und Nagoya, denen rund anderthalb Millionen Menschen zum Opfer fielen. Dahms über diesen ‚Holocaust’: (…)“1480 Allerdings verwenden auch grüne Bewegungen die Bezeichnung ‚atomarer Holocaust‘, wo eine Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen nicht angestrebt wird. Der Unterschied zu MUT liegt in der Häufigkeit der Verwendung des Begriffs, der nicht nur bei Umweltthemen benutzt wird, sondern auch bei historischen Ereignissen. Neben dem inflationären Gebrauch des Terminus ‚Holocaust‘ für annähernd jedes Verbrechen der jüngeren Geschichte relativieren die Autoren die nationalsozialistischen Verbrechen durch den Einsatz unsinniger und unangemessener Vergleiche. So vergleicht Hornung den Massenmord an den Juden mit den Toten an der innerdeutschen Grenze: „Demgegenüber verdrängen einflussreiche Kräfte und eine unpolitische Mitläuferschaft im Lande heute die Mauer ebenso wie einst das Unrecht an den Juden.“1481 Trotz dieses unpassenden Vergleiches ist 1475
Strauss, Wolfgang: „Enthauptung“. Warum Diktatoren um „den Frieden zittern“, in: MUT (198) Februar 1984, S. 32. Ebd., S. 39. [im Original fett und kursiv gedruckt] 1477 Strauss, Wolfgang: Apis und Este. Die Schüsse von Sarajevo – Vor 70 Jahren Weltkriegsausbruch Jugoslawien, der Libanon Europas (Teil II), in: MUT (205) September 1984, S. 54. 1478 Strauss, Wolfgang: Land und Freiheit. Scheitert Gorbatschows Perestrojka an der Agrarmisere? in: MUT (261) Mai 1989, S. 46. 1479 Ebd., S. 45. 1480 Schickel, Alfred. Ein Geschichtswerk von Format. Hellmuth Dahms: ‚Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs’, in: MUT (205) September 1984, S. 41. 1481 Hornung, Klaus: Die Anpassung an einen Unrechtsstaat hat in Deutschland Geschichte. Bemerkungen zur Bilanz des Honecker-Besuchs, in: MUT (242) Oktober 1987, S. 18. 1476
290
Hornung im Gesamtkontext kein Rechtsextremist, sondern durch und durch Demokrat. An anderer Stelle findet sich das bereits häufiger in MUT verwendete Argument, ausländische Juden hätten durch Boykottmaßnahmen deutscher Produkte die Verfolgung der deutschen Juden durch die Nationalsozialisten noch begünstigt: „(…), die im Frühjahr 1933 davor warnten, durch gezielte Boykott-Aktionen deutscher Waren auf dem Weltmarkt den Nationalsozialisten einen Vorwand für Ausschreitungen gegen jüdische Geschäfte im Reich zu liefern und damit die Lage der vom NS-Regime bedrängten Juden noch weiter zu verschlechtern.“1482
Die Relativierung des Holocaust stellt jedoch nur eine Seite von MUT dar. Daneben verurteilt die Mehrzahl der Autoren eindeutig die nationalsozialistischen Verbrechen, indem sie überwiegend den „verbrecherische[n] Charakter“1483 des Regimes hervorheben. „Woraus eine Gesellschaft lebt (…), [hatte] (…) das Hitlerregime (…) nur zu genau erfaßt und für seine unmenschlichen Zwecke mißbraucht“1484. Die nationalsozialistischen Verbrechen werden klar benannt: „angesichts der Toten von Annaberg und Auschwitz, Bromberg und Majdanek“1485. Besonders Heuschele verweist in seinen Artikeln über Trostbriefe auf die Unmenschlichkeit und den menschenverachtenden Zynismus des Hitler-Regimes, die nicht nur den Opfern des Nationalsozialisten widerfuhr, sondern mit zunehmender Ausdehnung des Krieges sich auch auf die deutsche Bevölkerung niederschlug: „(…) habe ich 1941 aus der deutschen Briefliteratur eine Auswahl getroffen, die unter dem Titel ‚Trostbriefe aus fünf Jahrhunderten’ erschien. Sie lag vor, als der Russlandfeldzug begann und war, da ja viele Menschen des Trostes bedurften, rasch vergriffen. Der Verleger wollte eine Neuauflage herausbringen und suchte um Papiergenehmigung nach. Das Gesuch wurde mit der Begründung abgelehnt: ‚Das deutsche Volk hat keinen Trost nötig.’ Ich glaube, in diesen Satz ist Entscheidendes über die unmenschliche Haltung der damaligen Führenden angesprochen.“1486
Heuschele relativiert keineswegs die Kriegsschuld oder die NS-Verbrechen. Auch die deutsche Widerstandsbewegung erfährt bei ihm eine neutrale bis positive Bewertung: „Ich möchte hier und gerade in unserer Gegenwart an die 1482
Schickel, Alfred: Die „National Archives“. Eine Fundgrube für Historiker in Washington, in: MUT (245) Januar 1988, S. 47. 1483 Ortlieb, Heinz-Dietrich: Der braune Knüppel. in: MUT (226) Juni 1986, S. 10. 1484 Ebd., S. 10. 1485 Hornung, Klaus: Tausende Jahr deutsch-polnische Geschichte, in: MUT (203) Juli 1984, S. 36. [im Original fett gedruckt] 1486 Heuschele, Otto: Menschlicher Trost. in: MUT (213) Mai 1985, S. 54. [Hervorhebung im Original]
291
Sammlung erinnern, die von Hellmut Gollwitzer, Käthe Kuhn und Reinhold Schneider unter dem Titel ‚Du hast mich heimgesucht bei Nacht’ herausgegeben wurde und Abschiedsbriefe und Aufzeichnungen des Widerstands von 1933 bis 1945 enthält. Hier finden sich die erschütterndsten Dokumente des Trostes, der aus eigenem Leid und Leiden geboren wurde.“1487 Rechtsextreme Topoi: Das Topos der ‚Vergangenheitsbewältigung‘ findet zwischen 1984 und 1990 vermehrt Eingang in die Zeitschrift und wird häufig in Verbindung mit dem Schlüsselwort ‚Umerziehung‘ gebraucht. Dabei fungiert ‚Vergangenheitsbewältigung‘ nicht in ihrem Sinn als kritische Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die politische und kulturelle Gegenwart, sondern in einem häufig von Rechtsextremisten verwendeten Sinne: Deutsche Vergangenheitsbewältigung nützt nicht dem Zweck, weitere Verbrechen gegen die Menschheit zu verhüten, vielmehr ist sie dafür gedacht, Deutschland politisch und wirtschaftlich einzuschränken und auszunutzen. Diesem Anliegen dient der – angebliche – Vorwurf der Kollektivschuld. Obwohl der Vorwurf der Kollektivschuld von den Alliierten nach Ende des Zweiten Weltkrieges nie erhoben wurde, spielt er in der rechtsextremistischen Propaganda eine große Rolle und wird in MUT 1986 sogar von dem Sozialdemokraten Lohmar vertreten. Da bei Lohmar nicht unbedingt von einer rechtsextremistischen Gesinnung ausgegangen werden kann, ist diese Äußerung eher auf historische Unkenntnis zurückzuführen. „Seither wiederholt sich dennoch in jedem Jahrzehnt der Anspruch an die Deutschen, sich doch ihrer Kollektivschuld endlich bewußt zu werden und ihre Vergangenheit zu bewältigen. (…) Sie werden dadurch nicht überzeugender, sondern haben meistens handfeste politische und ökonomische Antriebskräfte.“1488 Darüber hinaus wirft MUT den so genannten Vergangenheitsbewältigern vor, weniger an der historischen Wahrheit interessiert zu sein, als vielmehr eine permanente Unterdrückung Deutschlands anzustreben. „Da es in der sogenannten Vergangenheitsbewältigung gar nicht um die historische Wahrheit geht (jetzt, da die alliierten Archive geöffnet werden, wird manches über den 2. Weltkrieg umgeschrieben werden müssen), sondern vor allem um den Nutzen im politischen Tageskampf, um die dauerhafte geistige Niederhaltung der Deutschen (…).“1489
Eng verknüpft mit der Frage nach der historischen Wahrheit ist für MUT die Forderung nach Gerechtigkeit für die deutsche Nation, die sich seit dem Versailler Vertrag und im Speziellen durch die Nürnberger Prozesse einer ungerechten 1487
Ebd., S. 55. [Hervorhebung im Original] Lohmar, Ulrich: Scharfrichter im Büßergewand. in: MUT (225) Mai 1986, S. 9. 1489 Hornung, Klaus: Perspektiven der Deutschen Frage. Befinden wir uns auf dem richtigen Weg, die Teilung unseres Landes zu überwinden? in: MUT (221) Januar 1986, S. 10. 1488
292
und parteiischen Siegerjustiz gegenübersah. „So blieb die Problematik einer Siegerjustiz über den Verlierer von 1919/20 bis in die Gegenwart aktuell und die Forderung nach einer allseitigen Erfüllung der Gerechtigkeit bis zur Stunde bestehen.“1490 Denn für Schickel kann Vergangenheitsbewältigung erst dann erfolgreich und zielführend sein, wenn auch die Verbrechen der Alliierten aufgearbeitet und verfolgt werden. Eine weitere Konsequenz der Vergangenheitsbewältigung liegt in dem für MUT völlig unverständlichen politischen Engagement der Bundesbürger für die Freiheit und Probleme anderer Völker und die parallele Ignoranz der Deutschen Frage sowie des auch für Deutsche geltende Selbstbestimmungsrechts. „Was geht hier eigentlich vor? Wie kommt ein Teil der Träger der veröffentlichten Meinung eines mittleren Landes dazu, der jungen Generation ständig eine neue Vergangenheitsbewältigung anzusinnen und alle mit der Forderung zu konfrontieren, sich der Probleme der ganzen Welt anzunehmen?“1491 Rechtsextreme Etikettierungen: Das Kriterium der rechtsextremen Etikettierungen ist zwischen 1984 und 1990 durch die Verwendung des Schlüsselwortes ‚Umerziehung‘ bei Strauss vorhanden. Er erkennt in der Reeducation-Politik der Alliierten, die er mit der abwertenden Bezeichnung Umerziehung (auch „amerikanischen Umerzieher“1492) versieht, die Ursache für alle von ihm wahrgenommenen Probleme in der Bundesrepublik: „Die Krankheit der bundesrepublikanischen Gesellschaft äußert sich in einem Amalgam aus Konsumgesellschaft, egoistischem Ruhebedürfnis, weltpolitischer Abstinenz, Geschichtsausstieg, Unterwerfungsreflexen und anerzogenen Minderwertigkeitsgefühlen. Weder die den wirtschaftlichen Wiederaufbau bewältigende Kriegsgeneration noch die Klasse der Umerzieher und Umerzogenen hat sich in einer erneuten Nation wiedergefunden.“1493 Besonders der mangelnde bundesrepublikanische Nationalstolz der parteipolitischen Linken stellt sich für Strauss als eine Folge der ‚Umerziehungspolitik‘ dar und ist ursächlich für die Diffamierung nationaler Werte als faschistisch. „Die Nationsvergessenheit der Parteigrünen (und eines großen Teils der reetablierten Neuen Linken) kommt nicht von ungefähr. Sie ist das Produkt einer bald vierzigjährigen Umerziehungsstrategie, in der nationale Interessen, Prinzipien, Werte als zweitrangig deklariert, wenn
1490
Schickel, Alfred: Wenn der Sieger den Besiegten richten will. Ein zeitgeschichtlicher Bericht, in: MUT (217) September 1985, S. 45. 1491 Lohmar, Ulrich: Scharfrichter im Büßergewand. in: MUT (225) Mai 1986, S. 9. 1492 Strauss, Wolfgang: … ein Teil des deutschen Volkes. Österreichs 30. Jahrestag der staatlichen Unabhängigkeit (II. Teil), in: MUT (214) Juni 1985, S. 25. 1493 Strauss, Wolfgang: Leiden an einem Leben ohne Sinn. Von der Krise des Selbstwertgefühls und der Frage nach den Verantwortlichen, in: MUT (201) Mai 1984, S. 12.
293
nicht gar als antidemokratisch, ja neofaschistisch denunziert wurden. Durch die Umerziehungsmaschinerie sind auch die Großkopfeten der Parteigrünen gegangen.“1494
Nur durch die Rückbesinnung auf die deutsche Nation können die gesellschaftlichen Probleme in der Bundesrepublik erfolgreich bekämpft werden, so Strauss. Verhältnis zu Gewalt: Zwischen 1984 und 1990 positioniert sich MUT eindeutig gegen eine Anwendung von Gewalt. Gewaltlosigkeit findet jedoch dort ihr Ende, wo es zu einer Bedrohung von Demokratie und Humanität kommt, die es zu verteidigen gilt, wie es beispielhaft Heuschele formuliert: „Unsere Aufgabe bleibt es, die unveräußerlichen und unzerstörbaren humanen Werte in unserer und für unsere sich wandelnde Welt neu zu erringen und zu festigen, so daß wir sie in jedem Augenblick der Bedrohung zu schützen und zu verteidigen bereit sind. Das scheint die Aufgabe des Menschen im 20. Jahrhundert, in dem jede Form der Gewaltanwendung ausgeschlossen ist, in dem aber eben darum auch die Bereitschaft zu seelisch-geistigem Einsatz notwendiger und lebendiger sein muß als jemals früher.“1495
In diesem Sinn ordnet sich die Zeitschrift unmissverständlich der freiheitlichdemokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unter, und legitimiert ausschließlich das staatliche Gewaltmonopol zur Erfüllung des „rechtsfreiheits- und friedenssichernden Auftrag[es]“1496, welchem jeder demokratische Staat unterliegt.
6.3.2 Kriterien: Demokratie Einstellung zur Demokratie: In der dritten Untersuchungsphase bekennen sich die Autoren eindeutig zur Demokratie, wobei diese Haltung bereits zu Beginn der Phase nachweisbar ist. Wenngleich sie in der demokratischen Regierungsform offensichtliche Mängel erkennen, steht sie dennoch nicht zur Disposition. Nicht nur Kaltenbrunner sieht die Demokratie als die bestmögliche Staatsform, wenngleich sie im Bereich der Wahlwerbung bzw. der politischen Auseinandersetzung – er verwendet hier den Begriff der ‚Propaganda‘ – keine Idealform verkörpert und womöglich auf politische Idealisten eher abschreckend wirkt: „Doch ohne diese Formen psychopolitischer Massenbeeinflussung wäre die Wählerschaft nicht einmal in der Lage, ihr ‚souveränes’ Recht zwischen mehreren Parteien zu wählen, überhaupt
1494
Strauss, Wolfgang: Rettet die Linke die Nation? (II. Teil), in: MUT (210) Februar 1985, S. 42. [im Original fett gedruckt] 1495 Heuschele, Otto: Als gäbe es nicht auch das Gute. in: MUT (215) Juli 1985, S. 54. 1496 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Über die Gewalt. in: MUT (231) November 1986, S. 34.
294
wahrzunehmen. Daß im Streit der Parteien um die Gunst der Wähler jede Propaganda auf Gegenpropaganda stößt, mag ebenfalls kein erhebendes Schauspiel für politische Romantiker sein. Doch die einzige Alternative dazu wäre das Propagandamonopol einer einzigen Partei, somit die Abschaffung der Demokratie.“1497
Kaltenbrunner zieht das Fazit, „daß es insgesamt vorteilhafter sei, mit einer noch so mangelhaften Demokratie zu leben als den Träumen von einer sehr vollkommenen Diktatur eines begnadeten Genies ausgeliefert zu sein.“1498 Neben der prinzipiellen Befürwortung demokratischer Regierungsformen tritt in MUT vermehrt die Mahnung vor einer Aushöhlung der Demokratie durch linke bzw. kommunistische Gesellschaftskreise, wie etwa bei Ortlieb, in den Vordergrund: „So wird sich über kurz oder lang das Chaos, das unsere Demokratie durch ihre Pseudohumanität und Unregierbarkeit droht, nur noch von einem autoritären Staat eigener oder fremder Nationalität durch inhumane Maßnahmen abwenden lassen. Wir wollen hoffen, daß dies nicht das Ziel ist, auf welches das kollektive Unbewusste unserer Gesellschaft selbst heimlich zustrebt.“1499 In diesen Zusammenhang verstehen sich auch die Äußerungen zum staatlichen Gewaltmonopol, welches sie durch links-alternative Gruppen auf der einen und nachgiebige bzw. verständnisvolle Justiz- und Politikkreise auf der anderen Seite bereits aufgeweicht sehen. Zum Schutz der Demokratie proklamiert Kaltenbrunner: „Staaten können sehr viele Dinge zulassen, doch in keinem Falle können sie von ihm unabhängige Gewaltausübung – sei es durch Individuen, sei es durch Gruppen und Organisationen – auf ihrem Hoheitsgebiet dulden. Die Wahrung der Sicherheit nach außen und des Friedens im Innern ist nur möglich, wenn der Staat über das Gewaltmonopol verfügt.“1500 Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat: Die tragenden Säulen des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates: Demokratie, Rechtsstaat sowie Sozial- und Bundesstaat bejaht MUT zwischen 1984 und 1990 uneingeschränkt, wobei das Hauptaugenmerk auf den beiden zuerst genannten liegt. Grundlegend für MUT ist zudem die Bereitschaft zur Verteidigung der deutschen Demokratie und ihrer Werte, die keinesfalls als Selbstverständlichkeiten aufgefasst werden dürfen. Das tägliche Bemühen um die freiheitlichen und humanen Werte ist für eine funktionierende Demokratie unabdingbar: „Sind doch Freiheit und Menschenwürde keine Werte, die wir wie einen materiellen Besitz 1497
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Propaganda als Kampf um die Seelen. Zur Psychologie des indirekten Krieges, in: MUT (206) Oktober 1984, S. 40. 1498 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: „Das eherne Gesetz der Oligarchie“. in: MUT (248) April 1988, S. S. 35. 1499 Ortlieb, Heinz-Dietrich: Die Reichsten hatten immer die meisten Selbstmörder. in: MUT (232) Dezember 1986, S. 46. 1500 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Über die Gewalt. in: MUT (231) November 1986, S. 33.
295
erwerben, die vielmehr, wie alle hohen Werte, täglich neu errungen werden müssen.“1501 Als zentrale Aufgabe jedes Bundesbürgers definiert Schickel das „Lebensrecht und [die] Menschenwürde jedes Einzelnen fürderhin als unantastbar zu respektieren und die Rechtsordnung unseres Staates nicht ‚durch noch so ideal klingende Ziele offen oder heimlich aushöhlen’ zu lassen.“1502 Schickel erfüllt in der dritten Phase sowohl Kriterien des Rechtsextremismus als auch der Demokratie. Das scheint auf den ersten Blick paradox, ist an dieser Stelle aber möglich. Da er sich hauptsächlich revisionistisch und relativierend zur deutschen Kriegsschuld äußert, kann er zugleich die Menschenwürde befürworten und für den antitotalitären/antiextremistischen Konsens eintreten. Anzeichen, die den freiheitlichen und demokratischen Werten widersprechen, erkennt Lohmar in einem überbordenden Harmoniebedürfnis seiner Mitbürger, welches er nicht näher spezifiziert: „Manche Vorgänge in der Bundesrepublik und in der DDR deuten darauf hin, daß viele unserer Landsleute immer noch einem übertriebenen Harmoniebedürfnis anhängen und sich nicht recht mit der Tatsache befreunden können, daß Demokratie nicht auf einheitlichen Meinungen, sondern auf unterschiedlichen Überzeugungen, Interessen und Zielen beruht. Der offene und freimütige Streit um den besseren Weg macht das Wesen der Demokratie aus, nicht das gemeinsame Absingen von Liedern.“1503
Das bundesdeutsche Verfassungsprinzip des Rechtsstaates, wie es vom Grundgesetz geregelt und vom Bundesverfassungsgericht interpretiert ist, unterstützt MUT während des dritten Untersuchungszeitraumes zu hundert Prozent: „Damit ist gemeint, daß wir in einer rechtsstaatlich geordneten Gesellschaft leben wollen, deren Kernsatz darin besteht, daß Richter unabhängig sind und daß dem Angeklagten seine Schuld bewiesen werden muß. Solange das nicht geschehen ist, gilt er als unschuldig.“1504 Ein demokratischer Rechtsstaat kann sich dennoch nicht alleine auf den guten Willen seiner Bürger verlassen, er muss auch gewillt sein, seine errungenen Prinzipien – im Rahmen der Gesetze – zu verteidigen. In diesem Sinne ist ein jeder Staat auf sein Gewaltmonopol angewiesen: „Doch selbst ein noch so perfekter Rechtsstaat, in dem ‚vollziehende Gewalt und die Rechtssprechung an Recht und Gewalt gebunden sind’ (…), kann seinem rechtsfreiheits- und friedenssichernden Auftrag nur dann erfüllen, wenn er ein starker
1501
Heuschele, Otto: Als gäbe es nicht auch das Gute. in: MUT (215) Juli 1985, S. 54. Schickel, Alfred: Die Vergangenheitsbewältigung entläßt ihre Kinder. Kritische Anmerkungen zum publizistischen Umgang mit der deutschen Zeitgeschichte in den Medien, in: MUT (203) Juli 1984, S. 43. [Hervorhebung im Original] 1503 Lohmar, Ulrich: Einigkeit und Recht und Freiheit. in: MUT (273) Mai 1990, S. 8. 1504 Ebd., S. 9. 1502
296
Staat ist und sein Gewaltmonopol streng bewahrt.“1505 Die damit verbundene freiheitlich-demokratische Grundordnung ist nach den MUT-Autoren durch die 68er-Bewegung entscheidend geschwächt und diffamiert worden. „Im Zeichen der Vietnam-Debatte, unter dem Druck der Studentenbewegung und später im Interesse der ‚Entspannungspolitik’ vollzog sich unter unseren Augen und vor unseren Ohren ein kulturrevolutionärer Prozeß, (…) der nicht wenig zur Denunzierung des freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaates und zur Relativierung seiner Abwehrbereitschaft beitrug.“1506 Die Wertewandelforschung unterstützt diese Haltung. Wenngleich eine allgemeine Erhöhung der Demokratiezufriedenheit feststellbar ist, stieg zugleich die Protestbereitschaft und Demokratieverdrossenheit. Jedoch finden sich in den Beiträgen von Strauss ebenso verfassungsfeindliche Ansätze, die sich eindeutig gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten und in seiner Haltung zum Deutschlandlied zum Ausdruck kommt. Anders als ein Briefwechsel zwischen Heuss und Adenauer zum Deutschlandlied festlegt, möchte sich Strauss nicht auf die dritte Strophe des Deutschlandliedes, also die bundesrepublikanische Nationalhymne, beschränken und tritt für die Verwendung des kompletten Liedtextes ein, dessen Reduzierung auf die dritte Strophe für ihn lediglich ein Ausfluss mangelnden Geschichtsbewusstseins ist und keineswegs in eine Reihe mit Rechtsextremisten gestellt werden sollte. „Als bei der Beerdigung des Luftwaffenobersten Hans-Ulrich Rudel im fränkischen Dornhausen, Dezember 1982, die drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen wurden, kam es in der Partei des Patrioten Kurt Schumacher zu einem Spektakel des Metternichismus. Die SPDParlamentarier Hermann Scheer, Klaus Immer, Alfred Emmerlich denunzierten das ganze Deutschlandlied … ‚Symbol des Rechtsradikalismus’. Daß sie damit die Deutsche Arbeiterrevolution von 1953 denunzierten, wird ihnen vielleicht nicht bewußt gewesen sein, da Geschichtswissenschaft sozialdemokratischer Abgeordneter der Brandt-Ära vergleichsweise niedrig eingeschätzt werden muß. Das sich selbst befreiende Proletariat von Berlin, Leuna, Bitterfeld, Halle, Görlitz, Jena sang am 17. Juni 1953 das Deutschlandlied von der ersten bis zur letzten Strophe. (…) Diese Arbeiter besaßen einen deutschen Stolz, ein deutsches Geschichtsbewußtsein, ein deutsches Freiheitsbild. Für sie existierten das Vaterland und die Nation durchaus noch, was von den politischen Kindern Kurt Schumachers nicht gesagt werden kann.“1507
Anders als in der geschichts- und nationsvergessenen Bundesrepublik besticht die DDR-Bevölkerung durch ein gesundes Nationalgefühl, welches sich im Deutschlandlied äußert und von den Arbeitern im Juni 1953 verwendet wurde, 1505 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Über die Gewalt. in: MUT (231) November 1986, S. 34. [Hervorhebung im Original] 1506 Hornung, Klaus: Totalitarismus. Renaissance eines Begriffes, in: MUT (224) April 1986, S. 55f. [Hervorhebung im Original] 1507 Strauss, Wolfgang: Leiden an einem Leben ohne Sinn. Von der Krise des Selbstwertgefühls und der Frage nach den Verantwortlichen, in: MUT (201) Mai 1984, S. 11f. [Hervorhebung im Original]
297
wie Strauss mit einem gewissen Stolz berichtet: „Die Leuna-Proletarier sangen das Deutschlandlied, das ganze.“1508 Mit der Unterstützung der nationalistischen Teile des Deutschlandliedes positioniert sich Strauss konträr der freiheitlichdemokratischen Grundordnung sowie des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates. Zusammenfassend gibt es kein völlig einheitliches Bild, aber eine überwiegend positive Haltung zum Verfassungsstaat. In der folgenden Aussage von Gerd-Klaus Kaltenbrunner wird sie auf einen Punkt gebracht: „Es stünde besser um diesen trotz aller Ärgernisse und Mängel bejahenswerten Staat, wenn mehr Menschen als bisher den Mut aufbrächten, ihm offen und deutlich ihre Zustimmung zu widmen. Diese Zustimmung kann und soll nicht fanatisch sein. Es genügt ein nüchternes JA.“1509
Pluralistische Vielfalt: Die Bejahung und Legitimation der gesellschaftlichen Heterogenität, die Stellung des Pluralismus zwischen Konflikt und Konsens, ein frei wählbares Gemeinwohl sowie die Konkurrenztheorie der Demokratie bilden die konzeptionelle Basis der pluralistischen Vielfalt. Die dritte Untersuchungsphase weist keine ausdrückliche Ablehnung des oben beschriebenen Pluralismuskonzeptes auf, jedoch finden sich pluralismuskritische Aussagen in MUT. Eine bejahende und unterstützende Einstellung gegenüber dem Pluralismus ist nicht nachweisbar. Das Hauptproblem stellt für die Autoren die von ihnen wahrgenommene Möglichkeit dar, auf für alle verbindliche grundlegende Werte und Normen zu verzichten. Für sie ist damit das Fundament eines gesellschaftlichen Miteinanders nicht mehr gegeben. „Zwar kann sich auch in diesen politischen Gebilden der Bürger an seinen persönlichen gesellschaftspolitischen Überzeugungen oder Moralvorstellungen orientieren, aber durch die pluralistische Vielfalt unserer heutigen Gesellschaft kann keine dieser Glaubensvorgaben mehr den Anspruch erheben, gegenüber anderen privilegiert oder gar dominierend zu sein. Wir haben an die Stelle der geglaubten Wahrheit die nachzählbare Mehrheit gesetzt. Diese Mehrheit entscheidet nicht darüber, was wahr oder unwahr, was richtig oder falsch ist, sondern einfach darüber, was geschehen soll. Die Stimmen bei uns werden nicht gewogen, sondern gezählt. Der Grund dafür ist einfach: In einer Gesellschaft mit vielfältigen Grundüberzeugungen ist es nicht möglich, die Vorzugswürdigkeit der einen Überzeugung gegenüber allen anderen zu beweisen, man kann sie allenfalls für sich und für Meinungsgenossen behaupten. Die Mehrheitsentscheidung mit dem gleichen Gewicht für jede Stimme ist also nichts anderes als die Spielregel eben dieser pluralistischen Gesellschaft, die uns die Möglichkeit genommen hat, verbindliche Normen prinzipieller Art für alle zu setzen. Dafür haben wir die Freiheit der eigenen Überzeugung gewonnen. Sie ist durch die Grundrechte unserer Verfassung verbrieft und kann uns auch durch eine Änderung des Grundgesetzes nicht genommen werden. Aber der Wandel ist deutlich: An die Stelle für grundlegende Normen für alle oder wenigstens der Orientierung politischen Han1508
Strauss, Wolfgang: Deutschlandlied in Cottbus. Vor 33 Jahren 17. Juni: Das „ewige germanische Brodeln“, in: MUT (226), S. 26. 1509 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: JA zur Wirklichkeit. in: MUT (233) Januar 1987, S. 38.
298
delns an solchen Überzeugungen ist die politische Majorität als Legitimationsbasis für politisches Tun und Lassen getreten: Mehrheit statt Wahrheit. Die Wahrheiten verbergen sich in den Mehrheiten und Minderheiten, sie sind sozusagen zum Schlick der modernen Demokraten geworden, nicht mehr ihr allgemein verbindlicher Anker.“1510
Der Pluralismus fungiert als ein Katalysator für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Stimmungen und Richtungen, als die Verbindung zwischen emotionaler und rationaler Aufsicht. Er stellt die Niederlage vor der Forderung nach geistigen Leitbildern für Lohmar dar: „Man kann nicht beweisen, welche politische Meinung gegenüber einer anderen zutreffender oder falscher ist. Das ist das Dilemma, zugleich auch das Kernproblem der modernen Demokratie. Da in unseren Gemeinwesen die Vorgaben der wissenschaftlichen Zivilisation mit unterschiedlichen geistigen Konzepten in Wechselwirkung leben, aber kein inhaltliches Konzept die Oberhand über alle anderen gewonnen hat, bleibt es bei dem, was wir uns angewöhnt haben ‚Pluralismus’ zu nennen. Die Einführung des Mehrheitsprinzips als Grundmaß der Demokratie ist die Kapitulation davor, den Anspruch inhaltlicher geistiger Führungskonzepte im Sinne einer wissenschaftlichen Beweisführung zu objektivieren. Politische Mehrheiten sind sozusagen die verbindenden Filter zwischen rationaler und emotionaler Führung geworden. Geglaubte Wahrheiten, gemeinte Meinungen und gelebte Stimmungen leben gegen und zugleich innerhalb politischer Mehrheiten –, auch wenn man daran festhalten muß, daß Demokratie dieser Art Kompetenz nicht ersetzen kann.“1511
Diese nicht existente fundamentale Gemeinsamkeit an politischen und geistigen Werten wird sich in der Zukunft unweigerlich problematisch gestalten. Ohne eine Einschränkung des Pluralismuskonzeptes zu fordern, vertreten Autoren von MUT dennoch die Meinung, die bundesrepublikanische Gesellschaft verfüge über zu viele unterschiedliche Ansichten, die einer Gemeinschaft nicht fortwährend zuträglich sind. Ortlieb hierzu: „Ist sie [unsere Gesellschaft] in einer Marktwirtschaft und einem parlamentarischen Bundesstaat dezentralistisch geordnet und wird sie ohne genau erkennbare, geschweige denn allgemein anerkannte Eingrenzung als ‚pluralistische Gesellschaft’ verkündet, so läßt sie widersprüchlichen Wünschen von Gruppen und Individuen zu viel Raum, als daß eine abgestimmte und die Zukunft bedenkende Führung noch möglich bleibt, wenn der Gemeinsinn, unter einem diffusen Realitätsbewußtsein ungepflegt, keine Selbstverständlichkeit mehr ist.“1512 Insbesondere die zeitgenössische Geschichtswissenschaft ist von einem maßlosen Pluralismus betroffen und ihm 1510
Lohmar, Ulrich: Politik und Sachverstand. Zur Freiheit parlamentarischer Entscheidung in der wissenschaftlichen Zivilisation, in: MUT (249) Mai 1988, S. 23f. 1511 Lohmar, Ulrich: Geistige Führung und politische Verantwortung. in: MUT (257) Januar 1989, S. 18f. 1512 Ortlieb, Heinz-Dietrich: Weshalb müssen Realisten heute konservativ wirken? in: MUT (252) August 1988, S. 42. [Hervorhebung im Original]
299
willkürlich ausgeliefert. „Gibt es für unsere jüngste Geschichte keinen andern Bezugspunkt für eine gemeinsame Basis als die Meinungsvielfalt, jenen Pluralismus also, mit dem sich so vieles gut rechtfertigen läßt und ebensoviel entschuldigen, was letztlich unentschuldbar ist?“1513, fragt Hellmut Diwald. Weiter schreibt er: „Die Bundesrepublik dagegen sieht im Pluralismus unbegrenzt vieler Gruppen das tragende Element ihrer demokratischen Ordnung. Diese Gruppenautonomie, die fast alle denkbaren Gegensätze einschließt, wirkt sich in der Geschichtsforschung als ein Kaleidoskop der Perspektiven aus, das auf jede Art von Einheitlichkeit verzichtet – insbesondere auf ein Geschichtsbild, das wenigstens in den Grundelementen eine Gemeinsamkeit aufweist. Dadurch entstand eine Geschichtsforschung des farbenprächtigsten Riesengartens, mit zahllosen wohlgepflegten Beeten, betreut von hervorragenden Spezialisten – und überall nistet der Verdacht, daß sich dabei die Perspektive der deutschen Geschichte auf den Horizont der Gartenzwerge reduziert, die in den 50er Jahren an den Rabatten ihrem fröhlichen Geschäft nachgingen und zu den erfolgreichsten Exportartikeln der Bundesrepublik gehörten.“1514
Gibt es diese fatale Pluralität in den historischen Grundelementen wirklich, oder konstruiert sie Diwald lediglich, um seine Minderheitenmeinung aufzuwerten? Des Weiteren gilt in der Geschichtswissenschaft: Unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze können zu besseren Erkenntnissen führen und sind nicht durch monolithische Forschungsansichten und Denkweisen einzugrenzen. Aber es gibt ebenso die von Hornung vertretene Meinung, nach der ein wahrer Pluralismus mit seiner Vielzahl an Meinungen, Vorstellungen und Konzepten eine Chance bietet, die eine uniformierte Gesellschaft nicht hat. Die Kreativität einer pluralistischen Bürgerschaft birgt in sich Möglichkeiten, die antipluralistische Gesellschaften nicht hervorzubringen vermögen, und daher sollte der Pluralismus nicht von Anbeginn kritisch beurteilt werden. „Nicht öde Uniformität, sondern bewußte Pluralität und damit Reichtum und Fülle lautet hier der konservative Ratschlag.“1515 Antitotalitärer/antiextremistischer Konsens: In erster Linie wird der antitotalitäre/antiextremistische Konsens in MUT auf der Basis einer Abschwächung des Gründungskonsenses zugunsten des Linksextremismus thematisiert. „Durch diese Tabuisierung des Totalitarismus-Begriffs und Sanktionierung der Faschismus-Rede wurde das vorherige antitotalitäre Demokratie-Verständnis durch ein antifaschistisches ersetzt und damit übrigens suggeriert, die Gefahren für die 1513
Diwald, Hellmut: Liegt bald der Deutschen Vaterland verzichtend zwischen Rhein und Elbe? Zur Diskussion um das „Haus der Geschichte der Bunderepublik“, in: MUT (202) Juni 1984, S. 21. 1514 Diwald, Hellmut: Vom nationalen Horizont der Schrebergarten-Pluralisten. in: MUT (211) März 1985, S. 13. 1515 Hornung, Klaus: Die Krise des Fortschritts und das konservative Denken. in: MUT (277) September 1990, S. 47.
300
Demokratie gingen nur noch von einer politischen Richtung aus.“1516 Die Einführung des Antifaschismus-Begriffes führte zu einer Abkehr vom antitotalitären Konsens hin zu einer Art antifaschistischen Konsens, der die Gefahr von Seiten eines linken Totalitarismus für die Demokratie negierte und ausschließlich gegen rechtsextremistische Bedrohungen vorging: „Die Widersprüchlichkeit setzt sich fort, wenn die Grünen zwar den nationalsozialistischen Totalitarismus auf das entschiedenste verurteilen, den Herrschaftsanspruch der anderen totalitären Diktatur der Epoche hingegen verharmlosen und nicht zur Kenntnis nehmen, wie man es sie durch die Umbiegung des Totalitarismus-Problems in den marxistisch-leninistischen ‚Faschismus’-Begriff erfolgreich gelehrt hat.“1517 Darüber hinaus war die so genannte Ostpolitik Willy Brandts nur auf der Basis des etablierten antifaschistischen Geschichtsbewusstseins möglich, so Hornung weiter: „Und unzweifelhaft ist wohl auch, daß ohne das antifaschistische Geschichtsbild die neue sozialliberale Entspannung- und Ostpolitik bei den Deutschen nicht ein zeitweilig so leichtes Spiel gehabt hätte, unzweifelhaft ferner, daß das antifaschistische Geschichtsbewußtsein den antitotalitären und in der geschichtlichen deutschen Kontinuität stehenden Gründungskonsens unserer Republik vor allem in der nachwachsenden Generation nachhaltig zu erschüttern vermochte.“1518
MUT bekennt sich in der dritten Untersuchungsphase uneingeschränkt zum antitotalitären/antiextremistischen Konsens, einem wesentlichen Grundstein der bundesrepublikanischen Demokratie. Dieses gilt auch dann noch, wenn MUT vorwiegend „das zunehmende Abbröckeln des ursprünglichen Grundkonsensus aller Demokraten in Westdeutschland verdeutlicht“1519 und jenes auf „eine bewußt kultivierte Blindheit vor den Gefahren des national wie international ungleich mächtigeren Linksradikalismus“1520 zurückführt, was nicht zuletzt dem Ost-West-Gegensatz geschuldet sei. Die Bejahung des antitotalitären/antiextremistischen Konsenses ist hierdurch nicht beeinträchtigt: „[F]reilich eine Besinnung auf den Gründungskonsens unserer Gesellschaft [ist] unerlässlich: Zum einen auf ihre freiheitlich-demokratischen Grundlagen im Widerstand gegen die
1516
Hornung, Klaus: Totalitarismus. Renaissance eines Begriffes, in: MUT (224) April 1986, S. 55. Hornung, Klaus: Heilsglauben und Selbsthaß. in: MUT (213) Mai 1985, S. 7. [im Original fett gedruckt] 1518 Hornung, Klaus: Geschichtsbewußtsein und Politikverständnis. Zur Wiederbesinnung auf den historisch-politischen Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, in: MUT (235) März 1987, S. 14f. 1519 Schickel, Alfred: Lückenhafte Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Kritische Anmerkungen zu einem Gutachten, in: MUT (211) März 1985, S. 18. [im Original fett gedruckt] 1520 Ebd. 1517
301
individualistischen, wohlfahrtsstaatlichen und bürokratischen Selbstgefährdungen im Innern wie gegen ihre fortdauernde totalitäre Bedrohung.“1521
6.4 Fremdwahrnehmung Mit der Streichung der Zeitschrift aus dem Verfassungsschutzbericht steigt die Literatur zu MUT rasant an; dieses trifft sowohl auf Zeitungsartikel als auch auf Sammelbände zu. Thematisch gliedern sich die Veröffentlichungen in drei Kategorien: Die erste stuft MUT als eindeutige rechtsextremistische Zeitschrift ein, unter Berufung auf die Aktion Widerstand; der zweiten zufolge schafft MUT als ein neurechtes Publikationsorgan die Brücke zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus unter Verschleierung seiner faschistischen Gesinnung; die dritte und zugleich kleinste Kategorie bescheinigt eine Wandlung zu einer demokratisch ausgerichteten Zeitschrift. Von der rechtsextremistischen Gesinnung des Blattes ist insbesondere Kurt Hirsch überzeugt, welches er in zwei Publikationen aus dem Jahr 1989 zum Ausdruck bringt. Als Fehler erkennt er die Streichung aus dem Verfassungsschutzbericht: „Es gelingt ihm [Wintzek] und seinen Freunden, das Monatsblatt, das bis 1984 in den Verfassungsschutzberichten als rechtsextremistisches Druckerzeugnis genannt ist, zu ‚entnazifizieren’, ohne grundsätzlich seine politische Linie zu verändern, und konservative Politiker wie Hans Maier sowie Schriftsteller wie Gerd-Klaus Kaltenbrunner als Mitarbeiter zu gewinnen.“1522 Blauäugigkeit wirft er anderen Autoren vor, die sich von MUT blenden lassen1523; stichhaltige Belege für die rechtsextremistische Gesinnung liefert Hirsch nicht – sind diese bei den von ihm genannten Autoren auch nicht vorhanden. „Die Zeiten für MUT haben sich geändert, das auflagenstärkste Blatt des Rechtskartells wird mittlerweile im Feuilleton der FAZ beworben, Wintzek versucht, sich vom braunen Ruch zu lösen, ohne die Substanz preiszugeben. Geholfen haben jene, die aus Profession an der ‚semantischen Bürgerkriegsfront’ kämpfen, wie etwa Hans Maier, ehemaliger bayerischer Kultusminister und ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken. (…) Pseudoseriosität als Mimikry. Blauäugig, wer wie Wolfgang Gessenharter meint (FR vom 29.3.1989),
1521
Hornung, Klaus: Geschichtsbewußtsein und Politikverständnis. Zur Wiederbesinnung auf den historisch-politischen Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, in: MUT (235) März 1987, S. 15. 1522 Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 460. 1523 In diesem Sinne vgl. auch: Rosen, Klaus-Henning: Nicht statthafter Umgang mit Schumacher. Zum Versuch von Ulrich Lohmar den SPD-Nachkriegsvorsitzenden für seine Argumentation gegen die Kollektivschuld einzuspannen, in: Sozialdemokratischer Pressedienst (96) 23. Mai 1986, 41. Jg., S. 4.
302
MUT nicht mehr als rechtsextrem bezeichnen zu müssen. Gegenbeweise liefert er selber, zum Beispiel die rassenbiologische Argumentation in Artikeln zur ‚Ausländerfrage’.“1524
Hirsch beruft sich kaum auf den Inhalt der Zeitschrift. Auch für den Zeitraum von 1984 bis 1990 zieht er als Belege für die rechtsextreme Ausrichtung aus der Zeit vor 1979, wie etwa die Beteiligung Wintzeks bei der Aktion Widerstand oder seine Bundestagskandidatur für die NPD heran. Eine ähnliche Darstellungsweise findet sich ebenfalls in einem Band bei Benz1525 sowie bei Dudek/Jaschke1526. Matthias Werth beruft sich auf die Aktion Widerstand, aber daneben verweist er auf die Mitarbeit einiger bekannter Rechtsradikaler bei MUT. Dass der angegebene Konrad Windisch bei Erscheinen des Artikels nicht mehr für MUT tätig war, interessiert dabei nicht. „‚MUT’ ist mit angeblich 32 000 Druckexemplaren das größte rechtsradikale Jugendblatt. Mitarbeiter sind unter anderem die bereits bekannten Wolfgang Strauss, Professor Gerd-Klaus Kaltenbrunner sowie der rechtsradikale Österreicher Konrad Windisch.“1527 Auf den Artikel von Werth bezieht sich Jäger in einem Aufsatz: Dabei stellt er den Beitrag ‚Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer Politik?‘ von Kaltenbrunner aus dem Februar-Heft 1987 zum einen als charakteristisch für Kaltenbrunner und MUT dar, obwohl er deutlich anders ausgerichtet ist als die übrigen Beiträge Kaltenbrunners. Zum Zweiten zieht Jäger den Text als Beleg für die neurechte Ausrichtung der Zeitschrift heran: „Hier geht es um ein ganz zentrales Bemühen der Neuen Rechten: Hitler aus der original faschistischen Ideologie wegzureden.“1528 Ein Verweis, wonach der Artikel zunächst in der Illustrierten ‚Die BUNTE‘ erschien, fehlt, würde es doch auch für diese Zeitschrift – ungerechtfertigter Weise – eine neurechte Ausrichtung suggerieren.1529 Wie für Hirsch ist für Hellfeld die so genannte ‚Ausländerfrage‘ Beweis für den Rechtsextremismus von MUT. Da Hellfeld ebenso wenig wie Hirsch Belege für seine Argumentation angibt, kann der Leser nicht nachvollziehen, ob dieses auf MUT zutrifft. „Vor allem die Verknüpfung der Problemkreise ‚nationale Identität’ und ‚Ökologie’ zeigen die politische Grundhaltung von MUT. Unter der Prämisse, Ökologie sei in erster Linie Lebensund damit auch Völkerschutz, wird das von ihnen so bezeichnete ‚Überfremdungsproblem’ in 1524
Hirsch, Kurt/Hans Sarkowicz: Schönhuber. Der Politiker und seine Kreise, Frankfurt a.M. 1989, S. 96f. 1525 Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte Neuausgabe, Frankfurt a.M. 1990. 1526 Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, Bd. 1, Opladen 1984, S. 291. 1527 Werth, Mathias: Braune Wissenschaft: Die neue Gefahr. in: frontal (6) 1986, Bd. 26, S. 39. 1528 Jäger, Siegfried: Rechtsextreme Propaganda heute. in: Ehlich, Konrad (Hrsg.): Sprache im Faschismus. Frankfurt a.M. 1989, S. 314. 1529 Vgl. ebd., S. 312-315.
303
der Bundesrepublik Deutschland nicht ökonomisch (‚Entlastung des Arbeitsmarktes’), sondern zuerst unter kulturellen und ‚völkischen’ Gesichtspunkten angegangen. Damit offenbart sich ihre rechtsextremistische Einstellung, denn unter kulturellen und ‚völkischen’ Gesichtspunkten ist die Anwesenheit von Fremden und Asylsuchenden nur als Angriff auf die ‚völkische Substanz’ interpretierbar. Mit dem Argument, jedem Volk das Recht auf Heimat und nationale Identität zu gewähren, wird die ‚Ausländer-Raus’-Kampagne rechtsradikaler Gruppen in ethnopluralistischer Sichtweise verpackt und weitergegeben.“1530
Der weitaus umfangreichste Teil der Publikationen bezieht sich auf MUT „als Musterbeispiel für die behauptete Scharnierfunktion der Neuen Rechten“1531. Unterschiede zwischen den Autoren ergeben sich allenfalls bei der Bezeichnung dieser neuen Ausrichtung, auch wenn diese in der Theorie durchaus vorhanden sind: Während Wolfgang Gessenharter von einer „Scharnierfunktion“1532 spricht, bezeichnet sie Dietzsch als „Braunzone“1533, Mast als „Brückenkopforgane“1534 und Bajohr als „Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsradikalismus“1535. Gemeinsam ist den Autoren die Einordnung von MUT zur Neuen Rechten. „In weiten Teilen dürfte sie [MUT] heute als stark nationalkonservativ erscheinen, wobei jedoch bei einer ganzen Reihe von Artikeln typische Argumentationsmuster der Neuen Rechten unübersehbar sind und diese sich von früheren Artikeln wenn überhaupt, dann nur durch weniger radikale Formulierungen unterscheiden.“1536
1530
Hellfeld, Matthias von: Die Jugendbibliothek des Rechtsextremismus. in: Hellfeld, Matthias von (Hrsg.): Im Schatten der Krise. Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik, Köln 1986, S. 72f. 1531 Gessenharter, Wolfgang: Die „Neue Rechte“ als Scharnier zwischen Neokonservatismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. in: Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M.W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989, S. 434. 1532 Vgl. ebd. 1533 Vgl. Dietzsch, Martin: Zwischen Konkurrenz und Kooperation. Organisationen und Presse der Rechten in der Bundesrepublik, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 70f. 1534 Mast, Peter: Mit MUT zum Rechts-Staat. Die „Neue Rechte“ auf dem Weg zur Seriosität, Mit einem Beitrag aus der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup, in: Maulwurf. Grün-alternative Zeitung (5) Mai 1989, S. 6. 1535 Bajohr, Frank: Von Remer zu Schönhuber. Geschichte und Aktualität des Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945, in: Peukert, Detlev J.K./Frank Bajohr: Rechtsradikalismus in Deutschland. Zwei historische Beiträge, Hamburg 1990, S. 54ff. 1536 Gessenharter, Wolfgang: Die „Neue Rechte“ als Scharnier zwischen Neokonservatismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. in: Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M.W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989, S. 435.
304
In diesem Sinne fallen die Veröffentlichungen von Franziska Hundseder1537 und Margret Feit aus. Feit reklamiert, dass der „neofaschistische Charakter“1538 des Blattes bis Anfang der 1980er Jahre „unbestritten“1539 war, er seitdem jedoch eine Neubewertung erfährt. Legitimiert wird die neue Beurteilung der Zeitschrift nach Feit mit der Zunahme von konservativen Autoren, insbesondere seit der Mitarbeit von Gerd-Klaus Kaltenbrunner. Feit dagegen sieht MUT im Kontext einer Neujustierung der neofaschistischen Strategie, deren Anfänge bereits in den 1970er Jahren auszumachen sind, und in dessen Zusammenhang eine Neuausrichtung der faschistischen Ideologie, mit dem Ziel faschistische Inhalte nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar zu machen, erfolgte, um so eine geistige Rechtsverschiebung zu erreichen.1540 „Das konnte nur gelingen, wenn bei bedeutenden Teilen des nicht-faschistischen Lagers bei (Rechts-)Konservativen eine Akzeptanz zu erringen war. In dieser Strategie spielt MUT eine entscheidende und – so scheint es – erfolgreiche Rolle.“1541 Der Erfolg dieses Taktikwechsels ist u.a. an der Einschätzung des Verfassungsschutzes zu erkennen: „Hinsichtlich des Verfassungsschutzes hat das Konzept der Zeitschrift jedoch gewirkt: In dem Bericht 1985 über Rechtsextremismus im Jahre 1984 wird ‚MUT’ nicht mehr erwähnt.“1542 Für sie ist ein Wandel lediglich in der äußeren Gestaltung, nicht aber in den Inhalten erkennbar. Hinzu kommt für Feit die enge organisatorische Verknüpfung mit anderen rechtsextremistischen Publikationen, wie etwa Nation Europa1543, die aber seit Mitte 1982 nicht mehr gegeben waren und damit für diese Zeit nur konstruiert ist. „Die Geschichte von ‚MUT’ ist zugleich die Geschichte eines Wandlungsprozesses. Dieser betrifft jedoch nicht die über die Zeitschrift vermittelten Werte und Orientierungsmuster sondern die Frage, welches äußere Gewand man diesen Inhalten gibt. Die im Verfassungsschutz 1979 vermerkte extreme Auflagensteigerung der Zeitschrift kam nicht zuletzt dadurch zustande, daß Wintzek durch einen Wechsel der Themen, der Argumente, des begrifflichen Apparates und durch ein zum neokonservativen Spektrum hin verbreitertes Autorenangebot die Zeitschrift aus dem Ruch des ‚Ewiggestrigen’ zu befreien versuchte, der sie noch umgab, als sie in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens ‚von einem NPD-Organ kaum zu unterscheiden’ war. Dieser Wandlungsprozess vom ‚Sprachrohr des Revanchismus mit Autoren aus der rechtsextremen Ecke’ zu einem – beim ersten Hinsehen – ‚eher national-konservative(n)’ Blatt, das sich ‚wie 1537
Vgl. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil I). in: blick nach rechts (5) 27. Februar 1989, 6. Jg., S. 1-2. Hundeseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil II). in: blick nach rechts (6) 13. März 1989, 6. Jg., S. 2-3. 1538 Feit, Margret: „MUT“ – Früher braun, jetzt schwarz? in: Marxistische Blätter (2) 1988, S. 28. 1539 Ebd. 1540 Vgl. ebd., S. 29. 1541 Ebd. 1542 Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie –Strategie, Frankfurt a.M. 1987, S. 27. 1543 Vgl. ebd., S. 28.
305
das Hausblatt eines >nationalen Flügels< der Ökologie- und Friedensbewegung’ ausnimmt, muß bereits als ein Beispiel für die Anpassungsfähigkeit des Rechtsextremismus an neue Themen und Fragestellungen gewertet werden, die allein ihren zukünftigen Erfolg bestimmen wird.“1544
Die Beurteilung von Margret Feit ist grundlegend falsch. Auch in den 1970er Jahren war MUT nie neofaschistisch ausgerichtet. Einen ehrlichen Richtungswandel der Zeitschrift möchte sie nicht wahrnehmen. Feit verwendet in ihren Texten zudem mehrfach zur Stützung ihrer Theorie Auszüge aus Büchern des MUT-Verlages1545, die keine Rückschlüsse auf die politische Ausrichtung der Zeitschrift zulassen. Auch sind die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und nicht mit einer genauen Literaturangabe versehen.1546 Jaschke kommt in seinem ZEIT-Artikel ‚Wölfe im Schafspelz?‘ ebenso zu dem Urteil, dass sich der europäische Rechtsradikalismus in einer „historischen Umbruchphase“1547 befindet. „Die Fixiertheit auf den Nationalsozialismus, den Faschismus Mussolinischer Prägung und andere europäische Spielarten des Faschismus, die noch Jahrzehnte nach Kriegsende die Szenerie rechtsaußen beherrscht haben, läßt allmählich nach und macht Platz für andere Inhalte und jüngere Leute.“1548 Der Einschätzung des Verfassungsschutzes zur Neuen Rechten, nach der es diese nicht gibt, sondern lediglich vermehrte Bemühungen, das offen rechtsextreme Lager zu durchbrechen, schließt er sich an. Der Neuen Rechten ist es gelungen, ihre Herkunft zu verschleiern, ihre rechtsaußen Publizistik wird als solche nur noch selten wahrgenommen.1549 Für diese „diffuse Grauzone“1550 steht beispielhaft die Zeitschrift, so Jaschke weiter, der es gelungen sei, neue Autoren zu rekrutieren, die für ein „konservatives Image und relative gesellschaftliche Akzeptanz“1551 bürgen. „Einst Sprachrohr des Revanchismus mit Autoren aus der rechtsextremen Ecke versteht sich MUT heute als moderater, um seriöse Erscheinung bemühter Verfechter geistig-seelischer Neubesinnung auf die Nation.“1552 Die Charakterisierung von MUT als dem erfolgreichsten und einflussreichsten Presseorgan in der Grauzone zwischen Rechtskonservatismus und Rechtsradikalismus/Rechtsextremismus – beide Begriffe werden von den Autoren ohne 1544
Ebd., S. 26. Vgl. u.a. Feit, Margret: „MUT“ – Früher braun, jetzt schwarz? in: Marxistische Blätter (2) 1988, S. 32. 1546 Vgl. ebd., S. 28-32. 1547 Jaschke, Hans-Gerd: Wölfe im Schafspelz? Der europäische Rechtsradikalismus bemüht sich um ein intellektuelles Profil, in: Die ZEIT (3) 10. Januar 1986, S. 16. 1548 Ebd. 1549 Vgl. ebd. 1550 Ebd. 1551 Ebd. 1552 Ebd. [Hervorhebung im Original] 1545
306
erkennbare Systematik verwendet – geht mit der hervorgehobenen Bedeutung der Mitarbeit „von rechtsradikalen Autoren wie Armin Mohler, Bernard Willms, Alfred Schickel und Gerd-Klaus Kaltenbrunner“1553 bei der Zeitschrift einher, wie es Assheuer/Sarkowicz und die bereits oben erwähnten Autoren formulieren. Häufig verweisen sie auf die Bedeutung von Wolfgang Strauss für MUT. Jäger schreibt über ihn: „Strauss ist ein Meister der Täuschung. Er jongliert nicht nur mit Namen, sondern auch mit den Lesern seiner Artikel selbst. Je nach Zielgruppe findet er einen anderen Ton, andere Argumente, andere Gegenstände.“1554 Hinzu kommen die folgenden vier Entwicklungsschritte, die in keinem Artikel zu MUT fehlen: Mitorganisation der Aktion Widerstand durch den Herausgeber, Wintzeks Bundestagskandidatur für die NPD, die Indizierung des Januar-Heftes 1979 (häufig ohne konkrete Nennung, um welche Ausgabe es sich handelt), Herausnahme aus dem Verfassungsschutzbericht, nachdem ein Artikel des Bundesinnenministers Zimmermann in MUT nachgedruckt wurde. Die Mehrzahl der Autoren gibt darüber hinaus keinerlei Literaturverweise oder MUT-Hefte an; für den Leser ist daher nicht nachvollziehbar, wo die betreffenden Informationen entnommen wurden.1555 Eine im Vergleich zu anderen Texten über MUT umfangreiche Analyse führt Jäger 1988 durch. Dabei geht er neben der Darstellung der Entwicklung und Formalien ebenso auf die Inhalte einzelner Artikel ein, mit der Schwerpunktsetzung auf Wolfgang Strauss. Im Ergebnis unterscheidet sich Jäger nicht von anderen Publikationen; lediglich die methodische Grundlage ist anders. „MUT ist insgesamt zur ‚gemeinsamen Plattform rechter und neofaschistischer Publizisten’ geworden, darum bemüht, ihre nationalrevolutionäre Ideologie weit in eine konservative bildungsbürgerliche Leserschaft hineinzutragen. Jedes Mittel ist ihr dabei recht. MUT stellt einen weiteren Beitrag der Neuen Rechten dar, die ‚Kulturelle Hegemonie’ in diesem Lande zu erobern.“1556
In dem zweiten Teil seiner Analyse untersucht Jäger den Artikel von Gerd-Klaus Kaltenbrunner ‚Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer Politik?‘ ausführlich auf der Basis einer qualitativen Inhaltsanalyse. Sein Beitrag stehe eindeutig für die 1553
Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, München 1990, S. 62. 1554 Jäger, Siegfried: „Ich würde mich nicht schuldig fühlen …“. Mit MUT für Einigkeit und Recht und Freiheit für das ganze Vaterland, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 172. 1555 Vgl. u.a. Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, München 1990, S. 62f. 1556 Jäger, Siegfried: „Ich würde mich nicht schuldig fühlen …“. Mit MUT für Einigkeit und Recht und Freiheit für das ganze Vaterland, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 173.
307
Strategie der Neuen Rechten: „Die Absicht Kaltenbrunners, die beschriebene Leserschaft nach rechts zu ziehen, und nicht (nur) in ihrer erlernten Ideologie zu bestätigen, wird gerade darin deutlich, daß er auch deren innere Vorbehalte gegen und Kritik an Hitler aufnimmt und die damit assoziierte rechte Ideologie davon abzukoppeln trachtet. Zugleich werden dabei bestimmte nationalrevolutionäre Ideologeme ‚nachgeschoben’.“1557 Der Artikel fungiert als ein – angebliches – typisches Beispiel für die Ausrichtung der Zeitschrift1558, obwohl er einzigartig unter Kaltenbrunners MUT-Beiträgen ist. „Es kann daher abschließend gesagt werden, daß die Zeitschrift MUT – und in ihr der Text Kaltenbrunners – die Funktion hat, die allgemein zu beobachtende Offensive der Neuen Rechten gegenüber konservativer Ideologie zu forcieren. (…) Eine Zeitschrift wie MUT kann dabei eine wesentlich größere Wirksamkeit entfalten als beispielsweise ELEMENTE, die von der Ansprache her auf ein wesentlich kleineres soziales Spektrum zielt: den jungen ‚Gegenintellektuellen’ (Brunkhorst). MUT ist dagegen rechte Kost für die ganze konservative Bildungsbürgerschicht. Ihr will MUT Mut machen!“1559
MUT wird in der Literatur im Zeitraum der dritten Untersuchungsperiode immer wieder als das Paradebeispiel für die neurechte Publizistik genannt, die als zentrales Problem der bundesrepublikanischen Gesellschaft nationale Identität und Ökologie verknüpft, wie etwa Dudek/Jaschke es formulieren. „Unter der Prämisse, Ökologie sei vor allem auch Lebensschutz und damit Völkerschutz, wird das von Rechtsextremisten so bezeichnete ‚Überfremdungsproblem’ nicht nur als ökonomisches, sondern in erster Linie als kulturelles und völkisches Problem wahrgenommen.“1560 Es handelt sich jedoch nicht um den Rassismus des Nationalsozialismus, sondern um einen ethnopluralistischen Eurozentrismus. Zusätzlich lässt sich nach Dudek/Jaschke der von Klaus von Beyme beschriebene Umorientierungsprozess der extremen Rechten nach 1945 studieren. Dieser besagt: Nach dem Zweiten Weltkrieg ist ein offener Faschismus für die Bundesrepublik weniger charakteristisch „als ein als ‚Konservatismus’ getarnter Wiederaufstieg der ‚Rechten’“1561. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Kategorien stellt sich der Umfang der dritten eher spärlich dar. Lediglich in drei Zeitungsartikel finden sich Hinweise auf einen politischen Gesinnungswechsel der Zeitschrift sowie des Herausgebers. 1986 antwortet der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesin1557
Ebd., S. 189. Vgl. ebd., S. 177. 1559 Ebd., S. 190f. [Hervorhebung im Original] 1560 Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Rechtsextreme Medien in der Bundesrepublik. in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984, S. 25. 1561 Ebd. 1558
308
nenministerium auf die Anfrage des SPD-Abgeordneten Lambinus nach der Übereinstimmung der u.a. in MUT vertretenen Meinungen mit der freiheitlichendemokratischen Grundordnung wie folgt: „Die Zeitschriften ‚Wir selbst’ und ‚MUT’ lassen in ihren maßgeblichen Themenfeldern keine rechtsextremistischen Tendenzen erkennen.“1562 Wippermann ordnet MUT nicht dem rechtsextremistischen Spektrum zu, sondern dem Konservatismus, so stellt er 1987 treffenderweise eine positive Wandlung fest: „Es gibt einen Konservatismus, der in seiner schablonenhaften Rückwärtsgewandtheit im wesentlichen nur noch reaktionär wirken kann, wie auch einen nationalen Konservatismus mit ähnlich eingeengter Perspektive. Beide nahe beieinander liegenden Versuchungen hat die Zeitschrift ‚MUT’ mittlerweile hinter sich gelassen. Herausgekommen ist bei diesem sicherlich nicht einfachen und reibungslosen Entwicklungsprozeß eine anregende und nachdenkliche kulturpolitische Zeitschrift.“1563
Zu dem bereits oben erwähnten Buch Feits „Die ‚Neue Rechte’ in der Bundesrepublik“ verfasst Knoll 1988 eine überwiegend negative Rezension, die in der Beurteilung von MUT den Ansichten Feits widerspricht: „In der Zeitschrift MUT, auch in Criticon, ist die Neuformierung oder Sammlungsbewegung vonstatten gegangen, wobei man die Negativ-Einschätzung von Frau Feit heute nicht mehr folgen wird, die MUT noch ganz aus dem Selbstverständnis früherer Jahre ableitet. (…) Und in der Tat lassen sich die heutigen Autoren nicht in das Schema ‚rechtsaußen’ einordnen, das man auf Hans Maier, Klaus Hornung, Helmut Schoeck und Ulrich Lohmar nicht bedenkenlos anwenden könnte.“1564
Einzig Knoll benennt die obigen Autoren, die für den demokratischen Wandel sprechen und keineswegs zum Rechtsextremismus zu zählen sind. Darüber hinaus erkennt er erhebliche Mängel bei der Autorin: „Man kann darüber wegsehen, daß die in Bonn lebende Politologin nicht eben historischen Sachverstand erkennen läßt – ihre Beziehungen zum Schrifttum der ‚konservativen Revolution’ am Ende der Weimarer Republik könnte man ‚gestört’ nennen.“1565 Aus dem üblichen Rahmen fällt ein WELT-Beitrag von Schrenck-Notzing, der sich ausschließlich dem Thema MUT als Kulturzeitschrift widmet und die mangelnde Wahrnehmung der Zeitschrift durch den Kulturbetrieb moniert: „‚MUT’ spricht zu Lesern, die stärkende Kost wünschen, nicht zu den abgebrüh1562
Innere Sicherheit. Informationen des Bundesministeriums des Innern (4) 11. September 1987, S.
17.
1563
Wippermann, K. W.: Zeitschrift „MUT“: Kreativer Konservatismus. in: Das Parlament (43) 24. Oktober 1987, S. 12. Knoll, Joachim H.: Die „Neue Rechte“. Sei stolz, Deutscher zu sein, in: Die ZEIT (12) 18. März 1988, S. 49. [Hervorhebung im Original] 1565 Ebd. 1564
309
ten Auguren des Kulturmarktes. Doch gerade diese Art der Leserschaft ist verbreitet. Ein internationales Erfolgsbeispiel ist ‚Reader’s Digest’ (deutsche Auflage 1,4 Millionen), ohne daß die Kritik davon Kenntnis nimmt.“1566 Kennzeichnend für die dritte Untersuchungsphase sind zudem die inhaltlichen Fehler bei der Mehrheit der Literatur zu MUT. Hirsch/Sarkowicz beziehen sich beispielsweise auf die rechtsextremistische Einstufung durch den Verfassungsschutz, die sie bis ins Jahr 1984 angeben. Fälschlicherweise verwenden sie und einige weitere Publikationen das Erscheinungsjahr und nicht das Berichtsjahr. Da der Verfassungsschutzbericht immer im Folgejahr des Berichtszeitraumes erscheint, ist die letzte Eintragung von MUT das Jahr 1983, nicht wie etwa bei Hirsch/Sarkowicz angegeben 1984.1567 Mit Blick auf die Aktion Widerstand schreiben einige Autoren wie z.B. Hirsch den Spruch ‚Brandt an die Wand‘ Wintzek zu. „Damals kombinierte Wintzek seine Agitation gegen die Ostverträge mit dem Standrecht: ‚Brandt an die Wand’.“1568 Der Aktion Widerstand ist er nachweislich zuzuordnen, dass ihn Wintzek geprägt oder auch nur verwendet hat, ist auszuschließen. Anders als von Feit in ihrem Buch „Die ‚Neue Rechte’ in der Bundesrepublik“ aus dem Jahr 1987 behauptet, finden sich ab Mitte 1982 keine Anhaltspunkte mehr auf eine Zusammenarbeit zwischen Nation Europa und MUT. Auch benennt sie das Gründungsdatum bereits auf 1964.1569 Eine andere häufig vorkommende falsche Behauptung ist die nach der NPDMitgliedschaft von Wintzek, die auf seine Kandidatur für die Partei 1972 zurückzuführen ist. Dudek/Jaschke nennen ihn beispielsweise einen „NPDFunktionär“1570. Wenngleich Wintzeks Bundestagskandidatur für die NPD eine Parteimitgliedschaft vermuten lässt, ist er dennoch als parteiloser Kandidat aufgestellt worden. Ebenso impliziert Jaschke in seinem ZEIT-Artikel ‚Wölfe im Schafspelz‘ von 1986 die Weiterführung von MUT unter der Rubrik ‚rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste‘ durch den Verfassungsschutz: „Ein beredtes Beispiel für die Wandlungen des Rechtsradikalismus ist die Geschichte des Monatsmagazins MUT (Auflage: 10 000), das die Verfassungsschutzberichte 1566
Schrenck-Notzing, Caspar von: Vom Sinn der Identität. in: Die WELT (206) 5. September 1985, S. 25. Vgl. Hirsch, Kurt/Hans Sarkowicz: Schönhuber. Der Politiker und seine Kreise, Frankfurt a.M. 1989, S. 96. Vgl. auch: Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 460. 1568 Hirsch, Kurt/Hans Sarkowicz: Schönhuber. Der Politiker und seine Kreise, Frankfurt a.M. 1989, S. 96. 1569 Vgl. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie – Strategie, Frankfurt a.M. 1987, S. 28. 1570 Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Rechtsextreme Medien in der Bundesrepublik. in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984, S. 24. 1567
310
seit Jahren unter der Rubrik ‚Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienst’ führen.“1571 Ein weiteres Charakteristikum der Literatur ist der Mangel an Zitatbeispielen aus der Zeitschrift selbst. Anstatt sich an der Publikation zu orientieren, bevorzugen es die Autoren, von anderen Verfassern zu zitieren und ihre Informationen zu requirieren. Folglich werden dabei auch die Fehler unentdeckt übernommen. Ein eventueller politischer Richtungswandel kann mit dieser Arbeitsweise nur schwerlich ausgemacht werden. Stellvertretend hierfür steht die Publikation „Die ‚Neue Rechte’ in der Bundesrepublik“ von Margret Feit, in der sie zwar ausführlich auf MUT eingeht, jedoch nicht einen Literaturverweis aus der Zeitschrift angibt.1572 Bis 1986 beobachtet das MfS den Verlag weiterhin wegen der „direkten Aufforderung zur gewaltsamen Beseitigung der DDR [sowie der] Wiedererrichtung eines ‚Großdeutschen Reiches’ in den Grenzen von 1937“1573. In dem Sachstandsbericht vom 11. Januar 1985 wird ferner auf die Verbindungen von MUT zu deutschen und internationalen rechtsextremistischen Organisationen sowie Vertriebsdiensten (z.B. Nationale Basis Schweiz, Jung-Nationale Aktion/Schweiz, Intereuropäische Nationale, Sturmwind-Buchladen-Buchdienst/ Kiel, Junges Forum/Hamburg, Nationale Europa-Monatszeitschrift für europäische Neuordnung/Coburg ) hingewiesen und eine weitere Beobachtung des Verlages angeordnet.1574 Die Überwachung zielte in dieser Zeit insbesondere auf die Kontakte innerhalb der DDR. „Zielstellung der weiteren operativen Bearbeitung ist die Aufdeckung und Verhinderung von Aktivitäten dieses Verlages, die sich gegen die sozialistischen Staaten und insbesondere gegen die DDR richten, sowie die Personifizierung der Mitarbeiter, Förderer, Sympathisanten und Verbindungspersonen zur Herausarbeitung eventueller DDR-Verbindungen, Feststellung von Verbindungen zu anderen rechtsgerichteten Potentialen zur Verhinderung ihres gemeinsamen feindlichen Tätigwerdens gegen die DDR.“1575
Nachdem keinerlei DDR-Verbindungen nachgewiesen werden konnten und sich ein politischer Gesinnungswandel ankündigt – an dieser Stelle unterscheidet sich die Einschätzung des MfS erheblich von der der Sekundärliteratur –, stellt das
1571
Jaschke, Hans-Gerd: Wölfe im Schafspelz? Der europäische Rechtsradikalismus bemüht sich um ein intellektuelles Profil, in: Die ZEIT (3) 10. Januar 1986, S. 3. [Hervorhebung im Original] 1572 Vgl. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie – Strategie, Frankfurt a.M. 1987, S. 25ff. 1573 BStU MfS-HA XXII Nr. 529/4, S. 001. 1574 Vgl. ebd., S. 002. 1575 Ebd., S. 004.
311
MfS den operativen Vorgang ein. In dem Abschlussbericht vom 1. Dezember 1986 heißt es hierzu: „Im Prozeß der operativen Bearbeitung wurden keine DDR-Verbindungen festgestellt. Durch Analyse vorhandener Publikationen des ‚MUT-Verlages’ in den Jahren 1982 bis 1986 kann eingeschätzt werden, daß sich das in den 70er Jahren offen als neonazistisches Jugendmagazin agierende Organ zu einem ‚neurechten Theorieheft’ der Großbourgeoisie in der BRD entwickelt hat. Die inhaltlichen Schwerpunkte tendieren zunehmend zum Neokonservatismus in der BRD und unterstützen in den Artikeln die derzeitige Regierungspolitik der BRD. Daraus resultiert ein Wechsel im Leser- und Abonnentenkreis von jugendlichen neonazistischen militanten Kreisen zu großbürgerlich-intellektuellen Kreisen. Zusammenfassend ist einzuschätzen, daß die feindliche Zielstellung der offenen neonazistischen Beeinflussung rechtsextremistischer Jugendlicher zu feindlichen Aktivitäten und provokativen Aktionen gegen die DDR nicht wirksam wurde und der ‚MUT-Verlag’ innerhalb der neonazistisch-militanten Szene des Operationsgebietes keinen massenwirksamen Einfluß mehr besitzt. Es wird vorgeschlagen, die vorgangsmäßige Bearbeitung des Feindobjektes ‚MUT-Verlag’ einzustellen und das vorhandene Material in der Abteilung XII nicht gesperrt mit Ersatzverfilmung zu archivieren.“1576
Paradox ist die unterschiedliche Einschätzung der Zeitschrift durch das MfS und den MfS-Mitarbeiter Kurt Hirsch. Während Hirsch keinen politischen Richtungswandel erkennt bzw. inhaltliche Änderungen als rechtsextremistische Strategie zur Unterwanderung des konservativen Lagers erklärt, kann das MfS keine rechtsextremistischen Inhalte mehr erkennen. Nach dem MfS tendiert MUT zum Neokonservatismus. Der ostdeutsche Geheimdienst liegt bei seiner Einschätzung des vollzogenen Wandlungsprozesses erstaunlich konform mit dem Bundsamt für Verfassungsschutz.
6.5 Zwischenfazit Die dritte Untersuchungsperiode ist durch eine rasante Qualitätssteigerung gekennzeichnet, die sich u.a. in der steigenden Verwendung von Mehrfarbfotografien und -gemälden sowie einem hochwertigen Papier manifestiert. Damit geht eine Modifikation der Zielgruppe einher, die sich bereits in den Jahren zuvor ankündigte: MUT richtet sich ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre an konservative Besserverdienende der oberen Bildungsschichten. Die bisherige Zielgruppe der Schüler und Jugendlichen dürfte bereits alleine durch die hohen Bezugsgebühren abgeschreckt sein. Die Öffnung ins konservative Lager verdeutlicht besonders die Vielzahl der Leserbriefe unionsnaher Politiker und Professoren. Auch der geistigen Umkehr, die von der Union versprochen wird, fühlt sich 1576
BStU MfS-HA XXII Nr. 17981/2, S. 002f. [Hervorhebung im Original]
312
MUT verpflichtet, wie es Wintzek in seinem Vorwort vom März 1987 formuliert. Der Abdruck der Karikaturen von Horst Haitzinger ist hierfür ein Indikator; neben der Veröffentlichung in MUT finden sich seine Arbeiten hauptsächlich in der Illustrierten ‚Die BUNTE‘. Bei den Autoren ist ein gravierendes Übergewicht zugunsten von GerdKlaus Kaltenbrunner mit 95 Artikeln festzustellen, wohingegen Alfred Schickel – mit den zweithäufigsten Veröffentlichungen – nur 37 Beiträge aufweist. Kaltenbrunner fungiert für die 1980er Jahre als der bestimmende Autor in MUT. Zugleich belegt er die Öffnung zu konservativen Kreisen. Aber ebenso SPDMitglieder wie etwa Lohmar und Ortlieb publizieren bereits in MUT, können allerdings im Gegensatz zu Kaltenbrunner keinen nennenswerten Einfluss entfalten, denn Kaltenbrunners Beiträge erscheinen in annähernd jeder Ausgabe. Mit durchschnittlich 20 Seiten sind sie zugleich die umfangreichsten Texte. Eine äußerst widersprüchliche Haltung nimmt MUT in der dritten Untersuchungsphase zum Nationalsozialismus ein: Da ist zum einen die Relativierung und Verharmlosung des Holocaust, die hauptsächlich von den Autoren Schickel und Strauss betrieben wird, und zum anderen die Verurteilung der nationalsozialistischen Verbrechen, insbesondere von Heuschele und Ortlieb. Die Relativierung des Holocaust findet durch die geradezu inflationäre Verwendung des Begriffes ‚Holocaust‘ statt, die damit der Singularität der NS-Verbrechen eine Absage erteilt und sie so zwangsläufig verharmlost. Mit dem Gebrauch des Terminus ‚Holocaust‘ für annähernd jedes Verbrechen der jüngeren Geschichte relativiert insbesondere Strauss die Verbrechen der Nationalsozialisten. Hornung dagegen verharmlost die Vernichtung der europäischen Juden durch den Vergleich mit den so genannten Mauertoten an der innerdeutschen Grenze. Dieses verschärft Schickel durch die Behauptung, die Juden hätten durch den Boykottaufruf deutscher Waren den Holocaust mit heraufbeschworen, obwohl sie wussten, wie Hitler reagieren würde. Auf der anderen Seite heben zwischen 1984 und 1990 u.a. die Autoren Heuschele und Ortlieb durchaus den verbrecherischen Charakter des Regimes hervor. Ebenso findet sich das Kriterium ‚Rechtsextremistische Topoi‘ in dieser Phase erfüllt: Im Sinne rechtsextremistischer Vorstellungen stellt MUT die Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik als Mittel vor, um Deutschland dauerhaft klein zu halten. Die historisch wahrheitsgemäße Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges spielt keine Rolle, sondern handfeste politische und ökonomische Interessen, wie es beispielsweise Schickel des Öfteren formuliert. Daneben ergab die Analyse eine Vielzahl von revisionistischen Ansätzen bei den Autoren Schickel, Diwald und Strauss. Eine Änderung erfährt das Verhältnis zu Gewalt in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre bei MUT, welche von Heuschele kategorisch ausgeschlossen wird und sich damit innerhalb des demokratischen Rechtsstaates bewegt. Wenn313
gleich sich die Autoren in MUT häufig zu den Mängeln der demokratischen Staatsform äußern, so steht sie nie zur Disposition. Für die Verteidigung der Demokratie ist jedoch das Festhalten an ihren freiheitlichen und humanen Werten erforderlich, für die es sich täglich einzusetzen gilt. Als zentrale Aufgabe jedes Bundesbürgers definiert MUT die Menschenwürde der Individuen zu respektieren und sich der Aushöhlung des Rechtsstaates von links entgegen zustellen. Zum ersten Mal bekennt sich die Zeitschrift zum bundesrepublikanischen Rechtsstaat, den die Autoren zwar durch die ‚68er‘ bedroht sehen, dennoch nicht in Frage stellen. Allerdings zeigen sich auch bei Strauss mit der Befürwortung des kompletten Deutschlandliedes verfassungsfeindliche Tendenzen. Die Meinung, nach der die ‚68er‘ und andere linke Kreise die bundesrepublikanische Demokratie unterminieren, erstreckt sich auf die Haltung der Autoren zum ‚Pluralismus‘ sowie zum ‚antitotalitären/antiextremistischen Konsens‘. Die Zeitschrift weist zwar keine ablehnenden Äußerungen des Pluralismuskonzeptes auf, allerdings dominiert eine außerordentlich skeptische Grundhaltung, die den allgemein anzutreffenden Werte- und Normenverlust beklagt und diesen auf einen angeblichen maßlosen Pluralismus zurückführt. Ähnlich argumentieren die MUT-Autoren (u.a. Hornung) zum ‚antitotalitären/antiextremistischen Konsens‘, dessen uneingeschränkte Bejahung ausschließlich in der gleichzeitigen Kritik an dessen Aufweichung durch das Konzept des Antifaschismus auftritt. Die Untersuchung der Sekundärliteratur ergab einen starken Anstieg der Publikationen über MUT mit dem Rausfall derselbigen aus dem Verfassungsschutzbericht. Grundsätzlich finden sich drei mögliche Sichtweisen zwischen 1984 und 1990. Die umfangreichste Gruppe beurteilt die Zeitschrift als ein neurechtes Theorieorgan, welches als Brücke oder Scharnier zwischen Rechtsextremisten und Konservativen wirkt und so rechtsextremistisches Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft trägt. Diese Ansicht vertreten insbesondere Feit, Gessenharter, Jäger und Assheuer/Sarkowisz, aber auch Jaschke, der jedoch ebenso der zweiten Möglichkeit anhängt. Die zweite Einschätzung ist noch ganz im Sinne der ersten Untersuchungsphase veranschlagt. Diese Veröffentlichungen – vor allem Hirsch, Hellfeld und Dudek/Jaschke – sehen in der Zeitschrift, mit Verweis auf die Aktion Widerstand in den 1970er Jahren, eine rechtsextremistische Publikation. In der dritten Wahrnehmung, die am geringsten ist, wandelte sich MUT – u.a. bei Knoll und Wippermann – zu einem demokratisch ausgerichteten Blatt. Wie der Verfassungsschutz stellt das MfS in den 1980er Jahren, aufgrund eines spürbaren Gesinnungswandels, seine Beobachtung von MUT ein. Da sich die Publikation in der dritten Untersuchungsphase eher an intellektuelle, konservative Leser richtet, geht das MfS nicht mehr von einem Gefahrenpotential aus. Anders als viele Publizisten in der Bundesrepublik beurteilt das MfS MUT nicht 314
mehr als rechtsextremistisch und stimmt dahingehend mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz überein. MUT vertritt zwischen 1984 und 1990 in weiten Teilen rechtsextremistische Ansichten, die sich in erster Linie in der Haltung zum Nationalsozialismus äußern. Daneben finden sich eindeutige Stellungnahmen zur Staatsform der Demokratie (z.B. Kaltenbrunner) sowie zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat, speziell der Rechtsstaat wird als schützenswert erachtet. Die dritte Untersuchungsperiode kann in der Entwicklung der Zeitschrift als eine Zwischenphase gelten, die zwar bereits eine Öffnung zu demokratischen Kreisen vollzogen hat, aber immer noch mit einem Teil dem rechtsextremistischen Spektrum verbunden ist. Dabei ist die Mehrzahl der Autoren nicht mehr dem Rechtsextremismus zuzurechnen, auch finden sich bereits Sozialdemokraten (z.B. Ortlieb, Lohmar) unter ihnen.
315
7
MUT – Vierte Phase: 1991 – 2009
7.1 Allgemeine Entwicklung und Gestaltung bis 2009 Mit Beginn der vierten Untersuchungsphase ist das größte Ziel der Zeitschrift erreicht: die deutsche Einheit. Paradoxerweise erscheinen erstaunlich wenige Artikel zu diesem Thema. Offensichtlich stellte dieser weltgeschichtliche Vorgang keine besondere Überraschung für die Zeitschrift dar. Für sie stand das ‚Ob‘ nie in Frage, sondern lediglich das ‚Wann‘. Aufgrund einer erhöhten Abonnentenwerbung in den neuen Bundesländern konnte die Druckauflage gesteigert werden, wie deutlich an den Leserbriefen zu erkennen ist.1577 „Das Interesse flaute jedoch nach wenigen Monaten der Einheit wieder ab.“1578 Auf den Autorenstamm wirkte sich die Deutsche Einheit allerdings nachhaltiger aus: Nachdem der Antikommunismus keine vorherrschende Rolle mehr spielte, trennten sich einige Autoren von MUT, anderen war die „inhaltliche Öffnung des Heftes“1579 schon seit längerem suspekt. Mit der deutschen Einheit beginnt für MUT auch die Zeit der verstärkten Angriffe von so genannten Antifaschisten, die sich hauptsächlich auf publizistischem Weg äußerten.1580 Grundtenor ist dabei, die Zeitschrift hätte sich in Wahrheit nicht gewandelt, sondern lediglich getarnt und stellt heute eine Brücke ins rechte Lager dar.1581 Am 11. Mai 1995 findet beispielsweise eine Informationsveranstaltung des Arbeitskreises Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya zum Thema ‚Was verbindet den MUT-Verlag in Asendorf mit der Nationalzeitung?‘ in Bruchhausen-Vilsen (Nachbarort von Asendorf) statt.1582 Wintzek urteilt über diese Zeit: „Es ging darum, möglichst 1577
Mitte der 1990er Jahre liegt die Auflagenhöhe zwischen 20.000 und 25.000 Exemplaren. (vgl. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995, S. 78.) 1578 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 32. 1579 Ebd. 1580 Vgl. u.a. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994, S. 97f. 1581 Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 32ff. 1582 Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1998, S. 22.
317 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_7, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
viele unbescholtene, demokratische Meinungsträger von MUT fernzuhalten bzw. sie von einer nochmaligen Mitarbeit abzuschrecken.“1583 Von Erfolg gekrönt waren diese Veranstaltungen nicht: Die Autoren der vierten Phase umfassen alle parteipolitischen Lager.1584 Von den 645 Autoren, die zwischen 1991 und 2009 für MUT schrieben, sind 159 einer Partei zuzuordnen. Mit Abstand am stärksten vertreten ist die CDU (64 Autoren), gefolgt von der SPD (37), der FDP (33) und der CSU (16). Dem Bündnis 90/Die Grünen gehören nur vier MUT-Verfasser an, der PDS bzw. der LINKEN drei. Hinzu kommen aus dem österreichischen Parteiensystem jeweils ein Mitglied der ÖVP und der FPÖ.1585 Wenngleich auf der parteipolitischen Ebene ein konservativ-liberales Übergewicht besteht, so kann sich das auf die gesamte Autorenschaft gesehen, relativieren, da nur ein Bruchteil der Verfasser einer Partei angehört. Dagegen findet sich in der Autobiographie von Peter Schütt (im MUT-Verlag erschienen) ein Satz, der eher auf eine konservative MUT-Leserschaft verweist. Er schreibt: „Dank der tatkräftigen Unterstützung meines mutigen Verlegers und seines ganzen Verlagsteams fand mein Buch seinen Weg und brachte mir neue Leser, vor allem unter wertkonservativen Humanisten und Christen, jedoch kaum unter meinen muslimischen Geschwistern oder unter meinen linken Exgenossen.“1586 Es ist jedoch zu beachten: Die Abonnenten der Zeitschrift sind wahrscheinlich keineswegs identisch mit den Lesern der Bücher aus dem MUT-Verlag. Dennoch wird es hier große Überschneidungen geben, da der Verlag in den Heften für die Bücher wirbt. Die Diversität innerhalb der Autorenschaft, die bereits durch die Parteimitgliedschaft sichtbar wird, strebt Wintzek in der vierten Phase auch im Austausch von verschiedenen Professionen an: „Ich sehe mich heute als ein Dienstleister im Rahmen demokratischer Medienkultur. Meine Aufgabe möchte ich als die eines Moderators definieren, der unterschiedliche Menschen – zum Beispiel Journalisten, Wissenschaftler, in der Kultur Tätige, Glaubensvertreter, Politiker, Militärs und Diplomaten – zusammenbringt, damit sie in MUT den Dialog unterschiedlicher Meinungen und Richtungen pflegen.“1587 Bleibt die Frage, ob seine Selbsteinschätzung für die vierte Untersuchungsphase zutreffend ist. Da die zehn am häufigsten in MUT vertretenen Autoren in der Analyse noch ausführlich betrach1583
Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 35. In die Darstellung der Parteimitgliedschaft wurden alle deutschen und österreichischen Parteien miteinbezogen. Es kann davon ausgegangen werden, dass noch mehr Autoren einer Partei angehören, dieses aber nicht öffentlich erklären. Die Autoren wurden jeweils der Partei zugeordnet, der sie zum Zeitpunkt ihrer MUT-Beiträge angehörten. So ist beispielsweise Oskar Lafontaine in der Übersicht Mitglied der SPD und nicht der LINKEN. 1585 Vgl. Abbildung 9: Grafik – Verteilung der Parteizugehörigkeit 1586 Schütt, Peter Von Basbeck am Moor über Moskau nach Mekka. Stationen einer Lebensreise, Asendorf 2009, S. 393f. 1587 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 13. 1584
318
tet werden, kann an dieser Stelle durch die Betrachtung der darauffolgenden zehn Autoren1588 Wintzeks Behauptung bestätigt werden: Diese Gruppe – bestehend aus der ehemaligen österreichischen Diplomatin Karin Kneissl, dem Politiker und Politikwissenschaftler Hans Maier, den Theologen Udo Hahn und Pinchas Lapide, dem Historiker Peter Steinbach, dem Schriftsteller Theodor Weißenborn sowie den Publizisten Lutz Rathenow, Heinrich Peuckmann (Lehrer), Udo Scheer (Dipl. Ing.) und Karl-Heinz Hense (ehemaliger Leiter der TheodorHeuss-Akademie) – erfüllt Wintzeks Einschätzung von MUT als ein plurales Meinungsforum. Ein weiterer Beleg hierfür – und zudem der vorherrschenden Meinung über MUT, nach der es keinen politischen Richtungswandel gegeben hat, entgegenstehend – ist die Mitarbeit in der vierten Untersuchungsphase des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Heinz Fromm1589 sowie die von Rudolf Stefen1590, dem ehemaligen Vorsitzenden der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, der seinerzeits MUT indizierte. Die Philosophie von MUT ist heute: „Es geht also jetzt darum, trotz zahlreicher Defizite, Versäumnisse und auch handwerklicher Fehler der Politik Lösungsansätze herauszuarbeiten, MUT zum Morgen zu machen. Wir wollen das Bewußtsein schärfen, daß es an unserer Gesellschaft und ihrem Verhalten liegt, wie wir morgen leben werden.“1591 Seit 1991 bestimmen die Stichworte Weltoffenheit, Liberalität sowie kultureller Dialog, sowohl die Aussagen des Herausgebers als auch der Autoren, wie es Wintzek beispielsweise in seinem Vorwort des März-Heftes 1995 formuliert: „Man kann nicht oft genug wiederholen: Maß und Mitte und der Mut eines aktiven, weltoffenen und fortschrittlichen Liberalismus selbstbewußter Bürger einer von Konflikt und Vielfalt bestimmten Gesellschaft sind das geistige Fundament, von dem ein Aufbruch zu neuen Formen eines sinnvollen, mitmenschlichen und damit erfüllten Daseins möglich wird. – Wo es allerdings kein Fundament gibt, da brechen die Fassaden eines Tages weg. Das gilt für das gesellschaftliche Leben in bezug auf Recht und Gesetz. Das gilt im persönlichen Leben in bezug auf Menschlichkeit, Zuwendung und den Einsatz für andere. Und es gilt für den Glauben an Gott.“1592
1588
11.-20. Autoren: Karl Heinz Hense (38 Artikel), Udo Scheer (29), Hans Maier (28), Peter Steinbach (26), Pinchas Lapide (25), Lutz Rathenow (23), Heinrich Peuckmann (22), Theodor Weißenborn (21), Udo Hahn (20) und Karin Kneissl (20). 1589 Vgl. u.a. Fromm, Heinz: Kampf der Ideologie. Islamismus ist nicht nur ein Problem der Sicherheitsbehörden. In: MUT (454) Juni 2005, S. 6-10. Fromm, Heinz: Extremistische Bestrebungen im Wandel der Zeit. In: MUT (497) Januar 2009, S. 18-26. 1590 Vgl. Stefen, Rudolf: Jugendmedienschutz. Ein wichtiges Gemeinschaftsanliegen. in: MUT (338) Oktober 1995, S. 6-17. 1591 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 12. 1592 Wintzek, Bernhard C.: Lieber Leser. in: MUT (331) März 1995, S. 3.
319
Daneben ist diese Phase von verschiedenen Jubiläen gekennzeichnet, namentlich dem 40-jährigen Bestehen sowie der 300.1593 400.1594 und 500. Ausgabe1595, wobei die letztere am umfangreichsten zelebriert und mit dem 65. Geburtstag des Herausgebers im August 2008 eingeleitet wird. Gemein ist den Jubiläums-Heften der Verweis auf das Wunder ihres Erscheinens: „Selbstverständlich war das ganz und gar nicht!“1596 – wie es Wintzek formuliert. Vielmehr zeichnen dafür die vielen Leser, die MUT finanziell und mit ihrem Engagement unterstützten, verantwortlich, wofür sich der Herausgeber bedankt. Den größten Erfolg erkennt Wintzek darin, dass „die Zeitschrift überhaupt noch da ist“1597. Und dieses, so schreibt er weiter, ist allein den Lesern zu verdanken, die MUT mit Spenden und kleinen Erbschaften bedenken, Adressen von Interessenten und neue Abonnements vermitteln.1598 „Vom Feuilleton nicht gerade verwöhnt und vom offiziellen Kulturbetrieb eher unbeachtet, hat jede Ausgabe dennoch ‚Laufzeiten’ wie ein gutes Taschenbuch.“1599 Mit dem Ziel auch noch das 50-jährige Bestehen von MUT begehen zu können, verweist er in der 500. Ausgabe auf die Gründung des Vereins „KulturKontor MUT e.V.“. „Seine Ziele sind die ‚Förderung literarischer, gesellschaftspolitischer und kulturpolitischer Bildung sowie des literarisch-kulturellen Lebens durch Herausgabe zweckgerichteter Publikationen, insbesondere der Zeitschrift MUT …’.“1600 Die enge Verbundenheit, auch die finanzielle, mit der Leserschaft besteht seit der ersten Ausgabe und begreift sich noch in Heft 500 als die Basis der Zeitschrift. Ebenso das Selbstverständnis, das Blatt nicht nur als eine reine Zeitschrift zur Unterhaltung zu gelten, spiegelt sich hier wider: „Diese Jubiläumsausgabe [500] versteht sich auch als ein Beleg für unsere politischpublizistische Leistungsbereitschaft und Fähigkeit! Wir geben sie allen Freunden, die guten Willens sind, in herzlicher Verbundenheit für das zurückliegende Vierteljahrhundert an die Hand. Mögen sie diese Ausgabe für sich, für unser Land und für Europa zum Guten nutzen!“1601
1593
Vgl. MUT (300) August 1992. Vgl. MUT (400) Dezember 2000. Vgl. MUT (500) April 2009. 1596 Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. in: MUT (449) Januar 2005, S. 3. 1597 Ebd. 1598 Vgl. ebd. 1599 Ebd., S. 2. 1600 Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. in: MUT (500) April 2009, S. 3. 1601 Ebd. 1594 1595
320
2004 gibt Wintzek die Anthologie „Denkfalle Zeitgeist“1602 heraus, die aus 40 überarbeiteten MUT-Beiträgen verschiedener Autoren1603 besteht und mit dem Ziel antritt, die Gesellschaft zu mehr selbstständigem Denken zu bewegen, zu mehr ‚Maß und Mitte‘ und zu mehr Mut. Der Appell der Rückkehr zu geistiger und politischer Mündigkeit steht im Mittelpunkt der Publikation. Wintzek veröffentlicht in der vierten Untersuchungsphase nur sporadisch, wobei sich kein gemeinsames Thema feststellen lässt. Unter ihnen befinden sich der häufig zitierte ‚Maß und Mitte‘-Beitrag, Interviews mit der Buchautorin Ellen Thiemann1604 sowie dem Währungsexperten Wilhelm Nölling1605, kurze Artikel zu George W. Bush1606, zum hundertjährigen Briefkasten der Stadt Rottweil1607, zur fehlenden Äquidistanz zum Rechts- wie Linksextremismus der JUSO-Vorsitzenden Franziska Drohsel1608 sowie eine Buchrezension zu Christel und Isabell Zacherts Buch ‚Wir treffen uns wieder in meinem Paradies‘1609. Auffällig ist, dass alle Artikel lediglich mit der Abkürzung ‚bcw‘ auf den Autor hinweisen. Erstmalig über die rechtsextremistische Vergangenheit spricht Wintzek in seinem ‚Maß und Mitte‘-Artikel (1992), in dem er von seinem „Irrweg in die rechte Ecke“1610 schreibt. Die Reaktionen auf den ‚Maß und Mitte‘Artikel fallen, anders als erwartet, sehr spärlich aus. Von insgesamt 13 Briefen beziehen sich nur zwei auf den Text von Wintzek: „Hochachtung für Ihren Text ‚Maß und Mitte’, lieber Herr Wintzek! Der war zwar lange überfällig, aber vielleicht kommt er auch gerade jetzt recht, wo doch so viele andere ihre Irrtümer von einst überhaupt nicht wahrhaben wollen. Ihr Text ist nicht nur selbstkritisch, sondern auch richtungsweisend. Sie warnen aus eigener Erfahrung vor politischen Tendenzen, die andere noch nicht sehen wollen. (…) Uwe Gerig, Königstein.“1611 „Im April-Heft von MUT fand ich Ihren Beitrag ‚Maß und Mitte’ mit Ihrem Bild. Darüber freute ich mich ganz besonders. Heute, am Tag nach der Wahl in unserem Land Baden1602
Vgl. Wintzek, Bernhard C. (Hrsg.): Denkfalle Zeitgeist. Eine Ermutigung zu Maß und Mitte in 40 Essays, Asendorf 2004. 1603 U.a. Arnulf Baring, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Ralf Dahrendorf, Ralph Giordano, Freya Klier, Hans Maier, Chaim Noll, Michael von Poser, Richard Schröder, Joachim Walther und Franz Josef Wetz. 1604 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Feindliche Nähe. Ein MUT-Interview mit dem Stasi-Opfer und der Buchautorin Ellen Thiemann, in: MUT (469) September 2006, S. 56-58. 1605 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Großes Abenteuer. Ein MUT-Interview mit dem Währungsexperten Wilhelm Nölling, in: MUT (413) Januar 2002, S. 18-21. 1606 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Triumph eines Präsidenten. in: MUT (424) Dezember 2002, S. 46f. 1607 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Post für die Nachwelt. in: MUT (386) Oktober 1999, S. 5. 1608 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Fehlende Distanz. in: MUT (485) Januar 2008, S. 43. 1609 Vgl. Wintzek, Bernhard C.: Wir treffen uns wieder in meinem Paradies. in: MUT (339) November 1995, S. 48f. 1610 Wintzek, Bernhard C.: Maß und Mitte. in: MUT (296) April 1992, S. 27. 1611 MUT (297) Mai 1992, S. 3.
321
Württemberg, ist Ihr Aufsatz und Bekenntnis noch aktueller geworden. Ich darf wieder einmal sagen, wie wichtig Ihre Zeitschrift ist, und ich hoffe, sie findet immer neue Leser. Professor Otto Heuschele, Waiblingen.“1612
Beiden Lesern ist die Autorentätigkeit für MUT gemein, weshalb sie wahrscheinlich ohnehin über die Vergangenheit unterrichtet waren. Deshalb überrascht das Fehlen weiterer Reaktionen umso mehr. Die Layoutumstellung 2007 nutzt Wintzek ebenfalls als Gelegenheit, um noch einmal auf die rechtsextremistische Vergangenheit der Zeitschrift und die eigene hinzuweisen. Jedoch nennt er diese nicht beim Namen, sondern spricht leicht verniedlichend von „in die Irre“1613 gegangen. Auch sieht Wintzek diesen Irrweg eher als positiven Quell für „den heutigen intellektuellen Reiz“1614 der Zeitschrift: „Das MUT-Magazin wurde im Oktober 1965 gegründet. Es gibt nur ganz wenige unabhängige kulturpolitische Zeitschriften, die über eine so lange Epoche die Geschicke unseres Landes begleitet haben. Dabei ist die Entwicklung von MUT keinesfalls geradlinig verlaufen. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts gingen diese Zeitschrift und ich politisch in die Irre. Aber vielleicht machen ja diese mangelnde Unfehlbarkeit und recht späte Reifung den heutigen intellektuellen Reiz von MUT aus.“1615
Als Rudolf Stefen, der langjährige Vorsitzende der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften am 19. Januar 2003 verstirbt, erscheint in MUT ein Nachruf, der ihn als „Markstein der vergangenen Bonner Republik“1616 und „unerschrockener Freund dieser Zeitschrift“1617 beschreibt. Ein Verweis auf die von Stefen durchgeführte Indizierung findet sich nicht. Im Januar 2008 holt Wintzek seine rechtsextremistische Vergangenheit noch einmal ein. Gegen den illegalen Nachdruck seines Buches ‚Wie es damals wirklich war! Unsere Großeltern waren keine Verbrecher‘ durch den FaktumVerlag (Inhaber Tim Schatowitz1618) musste er juristisch vorgehen. Die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung – vom Faktum-Verlag fristgerecht unterzeichnet – wird neben dem urheberrechtswidrigen Verhalten auch mit dem politischen Gesinnungswandel Wintzeks begründet: „Hinzu kommt, dass sich unser Mandant Ende der 70er Jahre mehrfach ausdrücklich und öffentlich von dem Inhalt seines Buches ‚Unsere Väter waren keine Verbrecher’ distanziert, den Vertrieb des Buches eingestellt hat, nachdem bei ihm eine einschneidende Ände1612
Ebd. Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. in: MUT (473) Januar 2007, S. 2. 1614 Ebd. 1615 Ebd. 1616 MUT (427) März 2003, S. 5. [o.A.] 1617 Ebd. 1618 Schatzowitz ist wegen Verbeitung volksverhetzender Schriften bereits rechtskräftig verurteilt. 1613
322
rung seiner politischen Überzeugung eingetreten war und dieser gravierende Überzeugungswandel dazu geführt hatte, dass er den Inhalt und den weiteren Vertrieb des vorgenannten Buches mit seiner politischen und religiösen Überzeugung nicht mehr in Einklang bringen konnte.“1619 Interessant ist der Verweis auf sein Glaubensbekenntnis, welches sich zuvor weder in seinen Artikeln noch in den Interviews mit ihm zeigte. Es könnte sich daher um ein juristisches Argument handeln, das nicht unbedingt ein wirklichkeitsgetreues Abbild seiner Religiösität gibt. Schatowitz verpflichtet sich, über die Herkunft, Vertriebswege, Abnehmer, Liefermengen, erzielten Gewinn, Angebotszeiten etc. des Buches Auskunft zu geben sowie noch vorhandene Exemplare zu vernichten und den Vertrieb einzustellen.1620 Die Leserbriefe der vierten Phase bestehen, wie die in der dritten, größtenteils aus Lob für die Zeitschrift oder aus Dankesbriefen. Anders als in der vorangegangenen Untersuchungsperiode ist mindestens die Hälfte der Zuschriften auf einen konkreten Artikel bezogen. Kritische Leserbriefe finden sich selten. Ein Beispiel ist die Diskussion um die Verwendung der alten Rechtschreibung: „Wann endlich werden Sie den MUT haben, nach den neuen Regeln der Rechtschreibung zu schreiben, dann kann man vor allen Dingen der Jugend ihre Zeitschrift mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Hans Jürgen Krumpelt, Helmstedt.“1621 Wippermann dagegen unterstützt die Haltung der Redaktion und bezieht sich im Februar 2007 konkret auf den Brief von Krumpelt: „Im Unterschied zur Auffassung des Leserbriefschreibers H.-J. K. (MUT/473, S. 5) ist es nach meiner Meinung ein besonderes Zeichen von Mut und Verantwortung gegenüber der deutschen Sprache, wenn sich MUT weiterhin an der bewährten Rechtschreibung orientiert und damit auf ein Mitläufertum mit dem gegenwärtigen, wenn auch ‚politisch korrekten’ Ungeist der Zeit verzichtet.“1622 Positiv überrascht von der Ausrichtung der Publikation zeigt sich der Politikwissenschaftler Jürgen W. Falter: „Mit Interesse habe ich in den MUT-Exemplaren herumgeschmökert und möchte Ihnen spontan mitteilen, wie sehr ich von Ihrer Zeitschrift, die ich aus früheren Jahren ganz anders – negativer, nämlich sehr weit ‚rechts’ – im Gedächtnis hatte, beeindruckt bin.“1623 Formale Struktur: Die vierte Untersuchungsphase beginnt in formaler Hinsicht mit drei kräftigen Preiserhöhungen auf zunächst 11 DM und 14 DM, bis 1619
Schreiben der Patent- und Rechtsanwaltssozietät Gramm, Lins & Partner an den Faktum-Verlag vom 10. Januar 2008, S. 2. 1620 Vgl. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Patent- und Rechtsanwaltssozietät Gramm, Lins & Partner an den Faktum-Verlag vom 10. Januar 2008. 1621 Krumpelt, Hans-Jürgen: Leserbrief. in: MUT (473) Januar 2007, S. 5. 1622 Wippermann, Klaus: Leserbrief. in: MUT (474) Februar 2007, S. 5. 1623 Falter, Jürgen: Leserbrief. in: MUT (300) August 1992, S. 3.
323
sich der Bezugspreis im April 1992 bei 18 DM einpendelt. Mit der Einführung des Euros steigt er noch einmal leicht auf €9,25 und im September 2005 auf €10.1624 Eine Ausnahme stellt die 500. Ausgabe mit €20 dar, die jedoch den normalen Heftumfang von 88 bzw. 96 Seiten mit einem Umfang von 296 Seiten bei weitem übersteigt.1625 Nach Angaben des Herausgebers liegt die Abonnentenzahl bei etwa 8.000 zahlenden Lesern und die Auflage bei rund 14.000 Exemplaren.1626 Dagegen spricht das Kundenmagazin der Messedruck Leipzig GmbH, wo MUT gedruckt wird, von bis zu 10.000 Stück monatlich im Jahr 2007.1627 Die Redaktion verwendet weiterhin die alte Rechtschreibung. Bis 1995 finden sich in MUT abwechselnd Werbeanzeigen des Rheinischen Merkurs1628 und des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes1629 sowie sporadisch Hinweise auf Bücher des MUT-Verlages, insbesondere auf Publikationen von Gerd-Klaus Kaltenbrunner1630 und Herbert Huber1631. Seit 1996 erscheinen keine verlagsexternen Inserate mehr. Anstelle des Rheinischen Merkurs und des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblattes tritt der MUT-Buchdienst sowie die MUT-Schatztruhe, welche für Schmuck1632, Holzkunst1633, Statuetten1634 und Uhren1635 bis Dezember 2006 wirbt. Mit dem Januar-Heft 2007 erfährt MUT die größte Layout-Umstellung seit dem Wechsel vom hektographierten zum gedruckten Blatt.1636 Bereits einen Monat zuvor kam es zu einer kleinen Veränderung im Inneren der Zeitschrift: Die Schrift wurde verkleinert und die Autorennamen mit roten Linien untermalt. Wahrscheinlich handelt es sich hier um einen Test für die nächste Ausgabe.1637 Im Januar folgt daraufhin eine vollständige Modifikation, sowohl am äußeren als
1624
Vgl. zur Entwicklung des Bezugspreises (1991 – 2009): Tabelle 6. Vgl. zur Entwicklung des Heftumfanges (1991 – 2009): Tabelle 10. Vgl. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 32. 1627 Vgl. Punktgenau. Kundenmagazin der Messedruck Leipzig GmbH (2) Dezember 2007, S. 4. 1628 Vgl. u.a. MUT (295) März 1992, S. 86. MUT (305) Januar 1993, S. 86. MUT (313) September 1993, S. 86. MUT (333) Mai 1995, S. 86. MUT (339) November 1995, S. 86. 1629 Vgl. u.a. MUT (288) August 1991, S. 70. MUT (300) August 1992, S. 86. MUT (325) September 1994, S. 86. 1630 Vgl. u.a. MUT (301) September 1992, S. 86. MUT (308) April 1993, S. 86. MUT (322) Juni 1994, S. 86. MUT (337) September 1995, S. 86. 1631 Vgl. u.a. MUT (321) Mai 1994, S. 86. MUT (329) Januar 1995, S. 94. MUT (332) April 1995, S. 86. 1632 Vgl. u.a. MUT 370) Juni 1998, S. 92. MUT (377) Januar 1999, S. 92. MUT (385) September 1999, S. 84. MUT (434) Oktober 2003, S. 84. MUT (470) Oktober 2006, S. 84. 1633 Vgl. MUT (369) Mai 1998, S. 71. 1634 Vgl. u.a. MUT (353) Januar 1997, S. 92. MUT (373) September 1998, S. 92. 1635 Vgl. u.a. MUT (372) August 1998, S. 78f. MUT (376) Dezember 1998, S. 14f. 1636 Vgl. Abbildung 7. 1637 Vgl. MUT (472) Dezember 2006. 1625 1626
324
auch am inneren Layout1638, und wird von Wintzek im Januar 2007 mit folgenden Worten begründet: „MUT erscheint im neuen Kleid. Wir haben uns damit viel Mühe gegeben. Vor allem das Schriftbild sollte gefälliger und noch lesbarer werden. Die zusätzliche Aufgabenstellung war, das Heft bei gleich bleibendem Format optisch größer erscheinen zu lassen. Das haben die Designer, wie ich meine, vorzüglich gelöst. (…) Als die Einheit Deutschlands, für die MUT vom Tag seiner Gründung an gestritten hatte, endlich wahr wurde, stand mit Heft 269 vom Januar 1990 eine erste gravierende graphische Veränderung ins Haus: Die Zeitschrift erhielt für die folgenden 17 Jahre ihr bis zum Dezember-Heft 2006 gewohntes Erscheinungsbild. Damals wechselte der programmatische Untertitel ‚Einigkeit und Recht und Freiheit’ von Seite 1 auf Seite 4. Dort ist er auch in dieser neuen Heftkomposition wiederzufinden. Jetzt allerdings unter Hinzufügung der bundesdeutschen Trikolore Schwarz-Rot-Gold: Unsere Reverenz an den fröhlichen Fahnensommer des Jahres 2006 und stete Erinnerung an einen weltoffenen Patriotismus.“1639
Im Vergleich zur ersten Phase verstehen sich die Autoren nicht mehr als Nationalisten, sondern als Patrioten einer weltoffenen Bundesrepublik und stehen damit in Einklang mit dem Grundgesetz. Daneben sollte „dem veränderten Leseverhalten“1640 entsprochen werden, „also weniger Text bei großzügiger Aufmachung“1641: „So haben wir heute nicht nur größere Gemäldereproduktionen, sondern auch über 20 Prozent weniger Text in jedem Heft.“1642 Die Leserschaft, soweit sie im Heft zu Worte kommt, reagiert überwiegend positiv auf den Gestaltungswechsel: Die Bandbreite reicht von „Gratulation zum neuen ‚Gesicht’!“1643 über „Kompliment zur neuen MUT-Aufmachung!“1644 bis hin: „Ich habe mir nicht vorstellen können, daß eine ästhetisch so ansprechende Zeitschrift noch verschönert werden kann. Sie haben mir das Gegenteil bewiesen. Es ist großartig gelungen!“1645
7.2 Untersuchte Autoren und ihre Beiträge Alfred Zänker: Am 15. Mai 1923 wurde Alfred Zänker in Dinslaken am Niederrhein geboren. Nachdem er wegen eines Leistenbruchs seine Entlassung aus dem 1638
Vgl. Abbildung 8. Wintzek, Bernhard C.: Liebe Leserin, lieber Leser. in: MUT (473) Januar 2007, S. 2f. 1640 Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 44. 1641 Ebd. 1642 Ebd. 1643 MUT (474) Februar 2007, S. 5. 1644 Ebd. 1645 Ebd., S. 3. 1639
325
Wehrdienst erhielt, begann er im Winter 1941/42 ein Studium der Auslandswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin. Über die verbliebene Kriegszeit schreibt er im Mai 2008 in MUT: „1943 werde ich wegen kritischer Äußerungen relegiert und zum manuellen Kriegseinsatz gemeldet. Dem kann ich mit Hilfe eines heimlichen England-Sympathisanten entgehen. Er holt mich in seine Dienststelle mit Zugang zur ‚Feindpresse’. Mein Geopolitiklehrer Albrecht Haushofer – nach dem 20. Juli 1944 verhaftet und Ende April 1945 erschossen – läßt keinen Zweifel daran, daß der Krieg verloren ist. Ich werde wieder Soldat, lande in US-Gefangenschaft, erkranke an der Ruhr und werde im Sommer 1945 nach Hause geschickt.“1646 Nach dem Zweiten Weltkrieg widmet sich Zänker dem Studium der Wirtschaft und Statistik in Marburg, wo er 1946 seine Diplomarbeit zum Thema ‚Problem der ökonomischen Gesetzmäßigkeit‘ einreichte und sein Studium abschloss. Bereits 1948 promoviert er zu konstanten und variablen Elementen in der Wirtschaftstheorie, zur US-Konjunktur und Weltwirtschaft. Nach seiner Dissertation erhält er zunächst vom schwedischen Konjunkturinstitut den Auftrag für eine Studie zu den Wirtschaftsperspektiven der Bundesrepublik. Ab 1950 arbeitet Zänker für die Neue Zürcher Zeitung, zunächst als „Mitarbeiter im Norden“1647 [Skandinavien], später in Ottawa und New York. Nach Skandinavien kehrte er 1956 zurück: „Es geht nun vor allem um solide Analysen des schwedischen Sozialstaats mit seinen hohen Steuern, chronischen Staatsdefiziten, steigender Inflation und Währungsschwäche. Schweden wird zum warnenden Beispiel für Europa.“1648 Fünf Jahre später wechselt er von der NZZ zu US News & World Report in Genf, wo er fortan als Europakorrespondent tätig war. Rückblickend schreibt Zänker über diese Zeit: „Die Hilfsbereitschaft und Freundschaft leitender Redakteure in Washington, die menschliche Atmosphäre in der ‚US-News-Familie’ unter einem wohlwollenden Patriarchen sind eindrucksvoll. Es wird die ‚beste Zeit’ meines Lebens.“1649 Von US News & World Report wechselt er 1986 zur Tageszeitung DIE WELT, wo er als Genfer Korrespondent auch für die ‚WELT am Sonntag‘ zuständig ist. Für MUT schreibt Zänker seit November 19901650 – abseits der Zeitschrift veröffentlicht er ebenfalls Bücher im MUT-Verlag.1651 Über seine Arbeit für MUT und das Verhältnis zum Herausgeber sagt er: „Ich schreibe gern für die gut redigierte, mit Gemälden 1646
Zänker, Alfred: Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen. in: MUT (489) Mai 2008, S. 37. Ebd., S. 38. Ebd. 1649 Ebd., S. 39. [Hervorhebung im Original] 1650 Vgl. zum Leben Alfred Zänkers: Zänker, Alfred: Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen. in: MUT (489) Mai 2008, S. 34-52. 1651 Vgl. Zänker, Alfred: Der lange Weg nach Utopie. Vom Vormarsch des politisch Vernünftigen, Asendorf 2003. Zänker, Alfred: Die vielen Gesichter der Dummheit. Torheit – eine Triebfeder des Lebens, Asendorf 2000. 1647 1648
326
bebilderte kleinformatige Zeitschrift aus Asendorf. Um mehr Mut zur Kritik, um eine weltumspannende Sicht, um eine freiheitliche Gesellschaft, in der Pro und Kontra zu Wort kommen und wo Maß und Mitte zur Richtschnur werden, ging es uns beiden [Zänker und Wintzek].“1652 Zänker verfasste zwischen 1991 und April 2009 101 Beiträge, darunter zwei Interviews1653, die sich in zwei große thematische Blöcke gliedern: Wirtschafts- und Finanzpolitik/Sozialstaat sowie Geopolitik. Den deutschen Sozialstaat sieht Zänker an sein Ende gekommen; seit Jahren bildet die Bundesrepublik das „Schlußlicht der EU mit dem derzeit geringsten Wachstum“1654. Von einem einstigen Vorbild ist Deutschland auf dem Weg, sein weltweites Renommee zu verspielen, so Zänker weiter.1655 „Früher war Deutschland für viele Amerikaner die ‚erfolgreichste Gesellschaft der Welt’ gewesen, wie ‚Time’-Magazin geschrieben hatte. Das hat sich in den neunziger Jahren geändert. Aus der bewunderten Bundesrepublik ist ein mit Skepsis betrachtetes größeres Deutschland geworden, das sich in der ‚sozialen Hängematte’ wohl fühlt und leistungs- und risikoscheu wird und sich dem härteren Klima der Weltwirtschaft nicht anpassen will.“1656
Ging Ludwig Erhard ursprünglich davon aus, „daß mit steigendem Wohlstand die Soziallasten sinken würden“1657, so sind sie tatsächlich „ins Uferlose gestiegen“1658. Für Zänker steht fest: Die hohen Steuer- und Soziallasten drücken den Lebensstand, den Menschen bleiben nach Steuern und Abgaben weniger als den Arbeitnehmern anderer Staaten, wie z.B. denen in den USA. Dieses drückt wiederum auf den Konsum. Hinzu kommt die mangelnde Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit der Deutschen.1659 Das Rentensystem muss endlich reformiert werden, hin zu einer teilweisen privaten Vorsorge; die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes erfordert ebenso wenig Aufschub.1660 „Der Versorgungsstaat ist zudem zum Macht- und Herrschaftsinstrument geworden, das die Massen in Abhängigkeit hält. Politiker, Bürokraten, Verbände sind deshalb am Status quo 1652
Zänker, Alfred: Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen. in: MUT (489) Mai 2008, S. 40f. Vgl. Zänker, Alfred: Liberale Publizistik. Basis der Zivilgesellschaft, Ein MUT-Interview mit Robert Nef, in: MUT (410) Oktober 2001, S. 56-58. Zänker, Alfred: Starke Impulse durch utopisches Denken. Ein MUT-Interview mit Professor Barbara Goodwin, in: MUT (419) Juli 2002, S. 63-65. 1654 Zänker, Alfred: Der Versorgungsstaat ist am Ende. in: MUT (427) März 2003, S. 35. 1655 Zänker, Alfred: Deutschland und Amerika. in: MUT (362) Oktober 1997, S. 12. 1656 Ebd. [Hervorhebung im Original] 1657 Zänker, Alfred: Das Elend der sozialen Marktwirtschaft. Wie man eine gute Idee ruiniert, in: MUT (379) März 1999, S. 25. 1658 Ebd. 1659 Vgl. Zänker, Alfred: Der Versorgungsstaat ist am Ende. in: MUT (427) März 2003, S. 36. 1660 Vgl. u.a. Zänker, Alfred: Problem Kinder. Rentensysteme in der Krise, in: MUT (328) Dezember 1994, S. 24ff. Zänker, Alfred: Massenarbeitslosigkeit – warum? in: MUT (307) März 1993, S. 58f. Zänker, Alfred: Wohin geht die Reise? Das Gespenst der Überalterung, in: MUT (447) November 2004, S. 22-26. 1653
327
interessiert.“1661 Die Begrifflichkeit von der sozialen Gerechtigkeit führt, nach Zänker, nur in die Irre und verstellt den Blick auf die Wirklichkeit. Die Deutschen müssen endlich den Weg aus der Anspruchsspirale finden.1662 Besonders die Politik nimmt er dabei in die Verantwortung, da die in erster Linie für die Misere der sozialen Marktwirtschaft verantwortlich zeichnet.1663 Häufig beruft er sich auf den Ökonom Friedrich von Hayek: „Schon 1975 hatte der liberale Ökonom und Nobelpreisträger Friedrich A. von Hayek vor der ‚inhärenten Korruption der modernen Demokratie’ gewarnt, in der Mehrheiten mit Sondervorteilen für Interessengruppen erkauft werden. Auf die Dauer führen solche ‚Kuhhändel’ dazu, daß die Marktwirtschaft funktionsuntauglich wird. Hayek stellt nicht die Demokratie in Frage wohl aber die Art und Weise, wie sie in den Sozialstaaten gehandhabt wird.“1664 Jedoch gibt es auch positive Beispiele für Staaten, die es schafften, ihren ausufernden Sozialstaat zu reformieren und an neue Gegebenheiten anzupassen. Zänker nennt Schweden, Neuseeland1665 und Irland1666. Besonders Schweden sollte die Bundesrepublik sich zum Vorbild nehmen, da hier – angeblich – die meisten Parallelen vorhanden sind: „Heute führt uns Schweden vor Augen, daß der Weg zum Sozialstaat keine Einbahnstraße ist. Dieses Signal aus Stockholm sollte auch in Bonn nicht übersehen werden. Ein System, daß den Leistungswillen erlahmen läßt, führt sich selbst ad absurdum. Auch in Deutschland werden überzogene Sozialleistungen zum Bremsklotz der Entwicklung. Drastische Einsparungen sind nötig, um das Vertrauen in die Finanz- und Wirtschaftspolitik und DM als Ankerwährung Europas zu befestigen.“1667
Nach Ende des Kalten Krieges sieht Zänker für die Bundesrepublik die Notwendigkeit gekommen, sich wieder der bis dahin tabuisierten Geopolitik zuzuwenden. Nur so wird es ihr möglich sein, ihre eigenen Interessen durchzusetzen und ihre neue Position in einer veränderten Welt zu finden.1668 „Wir müssen global denken – das eigene Land, die eigene Region, die Welt als Ganzes sehen. Dazu
1661
Zänker, Alfred: Der Versorgungsstaat ist am Ende. in: MUT (427) März 2003, S. 39. Vgl. Zänker, Alfred: Das Irrlicht der „sozialen Gerechtigkeit“. Auf dem Schleichweg zum Sozialismus? in: MUT (495) November 2008, S. 58. 1663 Vgl. u.a. Zänker, Alfred: Die kurze und die lange Sicht. in: MUT (321) Mai 1994, S. 32f. 1664 Zänker, Alfred: Das Elend der Sozialen Marktwirtschaft. Wie man eine gute Idee ruiniert, in: MUT (379) März 1999, S. 26ff. 1665 Vgl. Zänker, Alfred: Neuseeland als Vorbild. in: MUT (347) Juli 1996, S. 24-27. 1666 Vgl. Zänker, Alfred: Wirtschaftswunder Irland. in: MUT (351) November 1996, S. 10f. 1667 Zänker, Alfred: Signal aus Schweden. in: MUT (304) Dezember 1992, S. 35. 1668 Vgl. u.a. Zänker, Alfred: Die Welt als Ganzes. Renaissance der Geopolitik: Amerika als Weltpolizist – oder das Chaos? (I. Teil), in: MUT (283) März 1991, S. 40-49. Zänker, Alfred: Die Welt als Ganzes. Renaissance der Geopolitik: Amerika als Weltpolizist – oder das Chaos? (II. Teil), in: MUT (284) April 1991, S. 34-46. 1662
328
verhilft uns die Geopolitik.“1669 Ausführlich beschreibt er die Entwicklung sowie die verschiedenen Strömungen der Geopolitik. Den größten Teil seiner geopolitischen Beiträge nehmen allerdings Gegenwartsdarstellungen oder perspektivische Analysen entweder von Zänker selbst oder von Zusammenfassungen supranationaler Organisationen (z.B. OECD) oder Publikationsorganen (z. B. Economist) ein. Resümierend beurteilt er die globale Zukunft wie folgt: „Die Welt als Ganzes befindet sich seit mindestens 200 Jahren im kräftigen, seit 1945/50 beschleunigten wirtschaftlichen Aufstieg, der immer weitere Teile der Erde erfaßt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird er auch im 21. Jahrhundert, jedenfalls in den nächsten Jahrzehnten, andauern. Dabei breitet sich die moderne Zivilisation bei fast ‚grenzenloser’ Kommunikation in allen Teilen der Erde aus. Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen der Völker und Kulturen gleichen sich an. Die Menschheit wächst zusammen, auch wenn es immer wieder Konflikte und Rückschläge geben dürfte.“1670
Besonders im Zusammenwachsen der Menschen sieht er die Möglichkeit auf eine bessere Welt. Wenngleich Korruption oder Machtstreben nicht zu existieren aufhören, so werden dennoch in einer offenen Weltgemeinschaft „immer mehr Menschen Einsicht in die Zusammenhänge gewinnen und freier handeln können, wird man sich leichter über Spielregeln einigen, um die staatliche wie die private Macht zu zähmen“1671. Perspektivisch erkennt Zänker die USA und China als etwa gleich große Weltmächte „auf oberster Ebene“1672, eine Ebene darunter folgen die Europäische Union und Russland, die mit China und Amerika nur dann gleichziehen könnten, wenn sie eine „Interessengemeinschaft, der ganz Europa, [Russland], die Türkei, die Ukraine und Zentralasien angehörten, und mit engen Banden zum Mittleren Osten und Nordafrika“1673 bilden. Kleinstaaten werden sich nach Zänker an die beiden Großmächte anlehnen und lediglich in Einzelfragen ihre Interessen laut vertreten. Dagegen werden die Regionalmächte Indien, Brasilien, Japan, Indonesien, Australien, Mexiko und Nigeria in ihren Einflusssphären stark mitreden, ihr Einfluss ist jedoch in den nächsten Jahrzehnten begrenzt.1674
1669
Zänker, Alfred: Die Welt als Ganzes. Renaissance der Geopolitik: Amerika als Weltpolizist – oder das Chaos? (II. Teil), in: MUT (284) April 1991, S. 46. 1670 Zänker, Alfred: Weltbild 2006. Zwischen Zweifel und Zuversicht, in: MUT (468) August 2006, S. 26. 1671 Zänker, Alfred: Die Entmachtung. Abschied vom „Vater Staat“? in: MUT (406) Juni 2001, S. 31. 1672 Zänker, Alfred: Die Welt von morgen in geopolitischer Sicht. in: MUT (438) Februar 2004, S. 73. 1673 Ebd. 1674 Vgl. zu den geopolitischen Analysen u.a. Zänker, Alfred: Die Welt von morgen in geopolitischer Sicht. in: MUT (438) Februar 2004, S. 62-74. Zänker, Alfred: Amerikas Jahrhundert. in: MUT (353) Januar 1997, S. 26-34. Zänker, Alfred: Vision Eurasien. Europa im neuen Kräftefeld der Weltpolitik,
329
In einigen wenigen Fällen beschäftigt er sich mit der 2001 neu ins Amt gekommenen US-Administration, die er durchweg positiv beurteilt: „Doch der neue Präsident besitzt die Fähigkeit zu vermitteln, auszugleichen und zu führen. ‚Ein Konservativer mit Herz’, ein ‚Einiger und kein Spalter’ will er sein. Als Gouverneur von Texas hatte er sich erfolgreich geschlagen und war mit großer Mehrheit wiedergewählt worden.“1675 Für Deutschland sieht er unter Bush die Möglichkeit, die „Vermittlerrolle im Osten“1676 zu spielen und so zum „bevorzugte[n] Gesprächspartner Washingtons“1677 aufzusteigen. Den größten Unterschied zwischen Europa und Amerika erkennt er in der Mentalität, die nach ihm stark die jeweilige Außen- und Wirtschaftspolitik bestimmt: „Europa mag stolz sein auf das, was es einmal war. Amerika will erst etwas werden. Es glaubt, anders als Europa, noch an seine Zukunft.“1678 Wenngleich sich die USA in einer wirtschaftlichen, politischen und sogar militärischen Krise befindet, so sieht er sie keineswegs im Niedergang begriffen oder ihre Position als alleinige Großmacht gefährdet: „Stets hat sich das vitale Land im Auf und Ab bewegt. Es hat manche Übertreibungen und Rückschläge erlebt und dennoch eine erstaunliche Kontinuität bewahrt. Im Blick auf die letzten hundert und zweihundert Jahre sind die Vereinigten Staaten über Krisen und Kriege, Fehlentwicklungen und Selbstzweifel hinweg rasch vorangekommen. Das Land ist ökonomisch, politisch und militärisch immer stärker, ethnisch und kulturell immer vielfältiger geworden. Im 20. Jahrhundert hat es Europa in den Schatten gestellt. Heute stößt die Weltmacht USA zwar an die Grenzen ‚imperialer Überdehnung’ und wird sich dieser Grenzen bewußt. Ihr Platz als Führungsmacht ist aber noch keineswegs gefährdet.“1679
Die Artikel vom August 2008 und April 2009 stehen ganz im Zeichen von MUT. Zunächst porträtiert Zänker im August-Heft 2008 Bernhard C. Wintzek anlässlich dessen 65. Geburtstages. Er stellt zudem die Entwicklungsgeschichte der Zeitschrift seit ihrer Gründung 1965 dar.1680 In der Jubiläumsausgabe – das 500. Heft – bietet er dem Leser eine Zusammenfassung der Artikel der letzten 25 Jahre, mit dem Fazit:
in: MUT (297) Mai 1992, S. 10-16. Zänker, Alfred: Das Zeitalter Asiens. China auf dem Weg zur Weltmacht, in: MUT (433) September 2003, S. 68-79. 1675 Zänker, Alfred: Neue Köpfe in Washington. in: MUT (402) Februar 2001, S. 30. 1676 Ebd., S. 31. 1677 Ebd. 1678 Zänker, Alfred: Amerikas Übermacht und ihre Grenzen. in: MUT (423) November 2002, S. 20. 1679 Zänker, Alfred: Wohin steuert Amerika? Zwischen Dollardebakel und neuer Realpolitik, in: MUT (452) April 2005, S. 23. 1680 Vgl. Zänker, Alfred: Der Sieg des liberalen Vernunftdenkens. Bernhard Christian Wintzek und das Phänomen MUT, in: MUT (492) August 2008, S. 16-33.
330
„MUT ist lernfähig und verbesserungswillig geblieben. Das wissen seine Leser zu schätzen, wie es in Hunderten von Zuschriften zum Ausdruck kommt. Hinter allem spüren sie die Hand eines Verlegers, der um ein ausgewogenes Weltbild bemüht ist, das uns helfen kann, das Geschehen besser zu begreifen.“1681
Im Mai-Heft 2008 blickt Zänker zudem auf seinen Lebensweg zurück und gibt eine Zusammenfassung seiner Arbeit, die sich wie folgt auf einen Nenner bringen läßt: „Aus dem kleinstädtischen Dinslaken am Rande des Ruhrgebiets war ich 1941 ausgezogen, um die ‚große Welt’ kennen- und verstehen zu lernen. Der Weg hat zur planetaren Sicht des Geschehens geführt, in der das Menschheitskollektiv zum Dreh- und Angelpunkt wird und die Welt von morgen in günstigem Licht erscheint. Ich höre die Einwände. Das alles sei zu spekulativ, zu optimistisch. Spekulativ? Vielleicht. So, wie bei jeder Zukunftsbetrachtung Hypothesen im Spiel sind. Zu optimistisch? Kaum – denn dieses eher positive Bild fußt auf Fakten und nüchternen Analysen der Wirklichkeit, nicht auf Stimmungen und Hoffnungen. Mögen wir auch nie wissen, ‚was die Welt im Innersten zusammenhält’, unsere Horizonte erweitern sich unablässig. Am Ende bleibt nur das Staunen über ein unendlich vielfältiges, widersprüchliches und doch geordnetes und anscheinend zielstrebiges Weltgeschehen, in dem sich Chaos und Kosmos vereinen.“1682
Zänker ist in MUT für die Wirtschaftpolitik sowie für strategische Überlegungen im Bereich der Geopolitik zuständig. Dabei sind seine Beiträge bestimmend für die wirtschaftspolitische Ausrichtung der Zeitschrift. Nur wenige andere Autoren äußern sich überhaupt zu wirtschaftlichen Themen. Gemein ist seinen Artikeln die Warnung vor einem politischen und wirtschaftlichen Abstieg Europas und Deutschlands, den er infolge einer mangelnden Flexibilität und zu hohen Sozialausgaben kommen sieht. Zänker ist durch und durch im Liberalismus verhaftet und steht damit in der Tradition des von ihm viel zitierten Friedrich A. von Hayek. Chaim (Hans) Noll1683: Noll, geboren am 13. Juli 1954 als Hans Noll in OstBerlin, entstammt einer deutsch-jüdischen Familie – wurde atheistisch erzogen – und wuchs als Sohn des Schriftstellers Dieter Noll im Milieu der DDRNomenklatura auf.1684 Da Noll die NVA „für unmenschlich hielt“1685, strebte er 1980 eine Wehrdienstverweigerung an, die jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Zuchthausstrafe zur Folge gehabt hätte. Um dieses zu umgehen, fing Noll – 1681
Zänker, Alfred: Unsere Zeit im Spiegel von MUT. in: MUT (500) April 2009, S. 188. Zänker, Alfred: Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen. in: MUT (489) Mai 2008, S. 52. 1683 Den Vornamen Chaim benutzt Noll in MUT erstmalig im August-Heft 1991 (Nr. 288). Da die Bezeichnung Hans Noll lediglich in wenigen Artikeln Verwendung findet, wird im Folgenden ausschließlich von Chaim Noll gesprochen. 1684 Vgl. u.a. MUT (311) Juli 1993, S. 42. [o.A.] Noll, Chaim: Zurück zu den Büchern. Neuzeitliches Überleben und Altes Testament – Teil I, in: MUT (288) August 1991, S. 32. 1685 Noll, Chaim: Gewinn durch Verlust. in: MUT (333) Mai 1995, S. 51. 1682
331
nach eigener Aussage – an zu hungern, mit dem Ziel aus körperlichen Gründen nicht den Militärdienst ableisten zu müssen. Nach der Einweisung in die Psychiatrie hungerte er noch sechs Wochen weiter bis er 17 Kilo verlor.1686 „Inzwischen hatte ich heimliche Sympathisanten gefunden, auch einige Ärzte, die nicht viel mit jenem Staat im Sinn hatten. Sie überzeugten die zuständigen Stellen beim Militär, daß ich tatsächlich krank sei, psychisch krank, und für die Armee nicht geeignet.“1687 Im Jahr 1984 konnte Noll mit seiner Frau Sabine und den beiden Kindern nach West-Berlin ausreisen, wo er als Forschungsbeauftragter an der Freien Universität sowie als Schriftsteller arbeitete.1688 Seit 1989 widmet er sich dem intensiven Studium von Thora und Talmud und kehrte zum Judentum zurück. Unter dem Eindruck des zweiten Golfkrieges änderte er seinen Vornamen von Hans in Chaim.1689 Zwischen 1991 und 1995 lebte Noll als freier Schriftsteller in Rom, bevor er 1995 nach Jerusalem und später nach Beer Sheva in die Wüste Negev übersiedelte, wo er bis heute – zusammen mit seiner Frau, der Malerin Binah (Sabine) Kahana1690 – lebt und arbeitet. Der vierte Untersuchungszeitraum weist 55 Artikel von Noll auf, überwiegend zu den Themen Israel, den drei Buchreligionen sowie zu deren Verhältnis zueinander.1691 Inhaltlich sind seine Beiträge stark von seinem Wohnort geprägt. So enthalten seine ersten zehn Artikel vor allem deutschlandbezogene Themen. Ab 1995 finden sich ausschließlich Artikel, die sich mit Ereignissen in Israel oder dem Judentum beschäftigen. Unabhängig von seiner Freude über die deutsche Einheit sieht Noll das schnelle Vergessen der ostdeutschen Diktatur kritisch. „Darin liegt neues Versagen, daher ist es schnell vergessen, der Todesstreifen kaum noch zu erkennen, man hat sich mit dem Abräumen der Befestigungen beeilt.“1692 Insbesondere die „westdeutsche Mitschuld“1693 an der DDR und hier1686
Vgl. ebd., S. 53. Ebd. 1688 Vgl. MUT (282) Februar 1991, S. 33. [o.A.] 1689 Vgl. MUT (288) August 1991, S. 32. [o.A.] 1690 Über das Leben und Werk Binah Kahanas vgl. auch: Rieber, Gretel: Engel in der Wüste. Ein Besuch bei der Malerin Binah Kahana, in: MUT (447) November 2004, S. 78-87. 1691 Vgl. u.a. Noll, Chaim: Papst Benedikt XVI. und die Juden. in: MUT (454) Juni 2005, S. 48-55. Noll, Chaim: Kains Verrat an der Erde. in: MUT (456) August 2005, S. 76-87. Noll, Chaim: Kirche und Juden. Die vatikanische Konzilserklärung „Nostra Aetate“, in: MUT (459) November 2005, S. 60-72. Noll, Chaim: Jenseits der Katastrophen. Die Erforschung der Wüste als existentielles Konzept, in: MUT (461) Januar 2006, S. 74-87. Noll, Chaim: Noah und die Wasser der Korruption. Die biblische Sintflut-Parabel, in: MUT (464) April 2006, S. 58-73. Noll, Chaim: Die Freiheit zu fragen. Ein Plädoyer für den Papst, in: MUT (471) November 2006, S. 6-9. Noll, Chaim: Bibel und Koran. Nähe und Unvereinbarkeit zweier Konzepte, in: MUT (478) Juni 2007, S. 38-56. 1692 Noll, Chaim: Tägliche Übung in Toleranz. Berlin: Kein Ort für die Wahrheiten von gestern, in: MUT (282) Februar 1991, S. 34. 1693 Noll, Chaim: Tiefe Wurzeln des Versagens. Über westdeutsche Mitschuld am Staat DDR, in: MUT (308) April 1993, S. 32. 1687
332
bei speziell die Rolle bundesdeutscher Intellektueller wünscht er sich näher untersucht. „Die Mittäterschaft westdeutscher Intellektueller am SED-Staat ist eins der traurigsten Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte. Die Lösung aus der gestrigen Verstrickung führt nur über das Eingeständnis der Mitschuld, ist nicht zu haben, ohne grundsätzliches Nachdenken und Erforschen der tiefen Wurzeln des Versagens.“1694
Darüber hinaus beurteilt er die zunehmende Ausländerfeindlichkeit kritisch, etwa in Hoyerswerda. Dabei verdankt Berlin seine Blütezeit dem Miteinander der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. „Für die einstige Blüte der Stadt gibt es keinen anderen Grund als das Nebeneinander der Fremden, der Juden, Hugenotten, Zugewanderten aus jeder Richtung eine tägliche Übung in Toleranz.“1695 Für die deutsche Nation stellte, nach Noll, der Blick von Fremden auf Deutschland häufig den letzten Halt dar: „In sich selbst befangen, in ihrem uralten Gezänk verloren war diese Nation schon oft bis zum Untergang, und immer wieder hat die Notwendigkeit, vor Außenstehenden ihr Gesicht zu wahren, ihren letzten Halt bedeutet.“1696 Während seiner Zeit in Italien von 1992 bis 1995 verfasste Noll u.a. Artikel über die römische Stadtplanung1697, Süditalien1698, den Einfluss des Christenund Judentums auf die römische Republik sowie auf das Prinzipat1699 oder seine Erlebnisse und Gedanken in einem Italienischkurs1700. Daneben finden sich ab 1994 zunehmend Artikel, in denen er sich mit Israel und dem Judentum auseinandersetzt sowie über persönliche Erfahrungen in Israel berichtet. Ohnehin bestimmen persönliche Erlebnisberichte Nolls Veröffentlichungen in MUT, wie z.B. über den Terroranschlag in seinem Wohnort Beer Sheva1701, Ausflüge nach Hebron1702, Jerusalem1703, in die Wüste1704 oder auch einen Krankenhausaufent1694
Ebd., S. 42. Noll, Chaim: Tägliche Übung in Toleranz. Berlin: Kein Ort für die Wahrheiten von gestern, in: MUT (282) Februar 1991, S. 39. 1696 Noll, Chaim: Dämonen im Abgrund. in: MUT (292) Dezember 1991, S. 37. 1697 Vgl. Noll, Chaim: Schrecken deiner Steine. in: MUT (314) Oktober 1993, S. 39-47. 1698 Vgl. Noll, Chaim: Piccolo è bello. Wege in Süditalien, in: MUT (324) August 1994, S. 70-75. 1699 Vgl. Noll, Chaim: Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil I), in: MUT (301) September 1992, S. 20-25. Noll, Chaim: Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil II), in: MUT (302) Oktober 1992, S. 3642. Noll, Chaim: Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil III), in: MUT (303) November 1992, S. 3440. 1700 Vgl. Noll, Chaim: Ich lerne eine neue Sprache. in: MUT (311) Juli 1993, S. 42-52. 1701 Vgl. Noll, Chaim: Auch der Terror nicht. Erinnerung an das Attentat in Beer Sheva, in: MUT (378) Februar 1999, S. 74-81. 1702 Vgl. Noll, Chaim: Hebron. Annäherungen an einen Ort, in: MUT (356) April 1997, S. 60-68. 1703 Vgl. Noll, Chaim: Jerusalem. Zauber des Friedens, in: MUT (342) Februar 1996, S. 78-87. 1704 Vgl. Noll, Chaim: Morgen in der Wüste. in: MUT (360) August 1997, S. 88-95. 1695
333
halt1705, immer verbunden mit der politischen Situation Israels im Nahen Osten. So berichtet er etwa über die Sicherheitskontrollen auf seinem Weg in die Wüste: „Meine Papiere sind in Ordnung. Mein Gesicht wirkt vertrauenswürdig – es gibt Orte auf der Welt, wo es darauf ankommt. (…) Ein Paß kann gefälscht sein, aber nicht der Ausdruck in einem Auge vier Uhr früh. Der Soldat sieht sofort, ob ich heute Nacht geschlafen habe, ob ich etwas zu verbergen habe, ob ich lüge.“1706 Die ersten Begegnungen mit dem „Vielvölkerstaat“1707 Israel gestalten sich für Noll dagegen anders als erwartet. Sein Wissen über das Land erweist sich als nicht annähernd ausreichend. Noll: „Für zentraleuropäische Maßstäbe hat es genügt, für Israel nicht. Dieses Land, in dem fast ausschließlich Juden leben, ist mir in vielem rätselhaft.“1708 Für einen ehemaligen DDR-Oppositionellen stellen seine Erlebnisse über das israelische Selbstverständnis teilweise erschreckende Erfahrungen dar. „Von jüdischer Lebensart, jüdischem Wesen, jüdischem Geist hatte ich meine Begriffe, jetzt muß ich das damit Unvereinbare, Unmögliche ertragen lernen; jüdische Soldaten, Wehrkunde patriotische Erziehung, ein positives Verständnis zum Staat.“1709 Ähnlich verläuft sein Verhältnis zum Sabbat. Zunächst erscheint er ihm „eher als eine Bürde“1710, als ein verlorener Tag. Später ändert sich diese Einstellung: „Eines Tages habe ich das Bedürfnis verspürt, Pausen einzulegen, um all das Angebrochene, Halbe, Schnelle, Nicht-zu-EndeGedachte in meinem Kopf zu klären.“1711 Neben den alltäglichen Auseinandersetzungen mit jüdischem bzw. israelischem Leben, berichtet er in seinen Beiträgen zunehmend von seinem intensiven Studium des Judentums. Als besondere eindringliche Erfahrung empfindet er das Lesen der Bibel in „ihrer eigentlichen Sprache“1712, dem hebräischen. „Ich bin noch immer im allerersten Abschnitt des Tanach, und schon nimmt mir, was da ungeschrieben steht, den Atem.“1713 In einer zweiteiligen Serie1714 beantwortet Noll die Frage eines Studenten, warum er
1705 Vgl. Noll, Chaim: Familie. Der Ruf, ins Leben zurückzukehren, in: MUT (416) April 2002, S. 18-22. 1706 Noll, Chaim: Morgen in der Wüste. in: MUT (360) August 1997, S. 88. 1707 Noll, Chaim: Klarer Himmel über Jerusalem. in: MUT (318) Februar 1994, S. 56. Vgl. auch Noll, Chaim: Israel – der kleinste Vielvölkerstaat der Welt. in: MUT (368) April 1998, S. 54-57. 1708 Noll, Chaim: Klarer Himmel über Jerusalem. in: MUT (318) Februar 1994, S. 58. 1709 Ebd., S. 58f. 1710 Noll, Chaim: Der siebte Tag. in: MUT (338) Oktober 1995, S. 88. 1711 Ebd., S. 90. 1712 Noll, Chaim: Die Sprache der Bibel. in: MUT (351) November 1996, S. 86. 1713 Ebd., S. 95. [Hervorhebung im Original] 1714 Vgl. Noll, Chaim: Warum ich glaube. Antwort an einen deutschen Studenten (I. Teil), in: MUT (436) Dezember 2003, S. 42-56. Noll, Chaim: Warum ich glaube. Antwort an einen deutschen Studenten (II. Teil), in: MUT (437) Januar 2004, S. 69-77.
334
glaubt. Die Grundlagen jedes Glaubens sollten Liebe und Vertrauen sein, so Noll. „Nur ein Gottesleugner kann sich einsam fühlen. Ein gläubiger Mensch ist in ständigem Gespräch mit seinem Schöpfer, mit seinen Mitgeschöpfen, mit anderen Menschen, mit sich selbst. Ich halte Glauben für eine unerläßliche Komponente des Menschlichen, sein Fehlen für ein beunruhigendes Zeichen sich ausbreitender Unmenschlichkeit. (…) Ich glaube, weil ich liebe. Ich liebe mein Land und mein Volk, das ohne seinen Gott längst nicht mehr bestehen würde, ich liebe meine Frau und meine Kinder, ich liebe andere Menschen, nahe und ferne, ich liebe Pflanzen und Tiere, Steine und Gewässer, den Abendwind und den Morgentau. (…) Manche meinen, jene, die an Gott glaubten, hätten sich festgelegt und seien gefangen. Doch ich antworte: Sie sind die freiesten Menschen der Welt.“1715
In dem zunehmenden islamischen Judenhass sieht Noll ein europäisches Versagen, insbesondere durch ein Nichttätig werden. „Der heutige islamische Terrorismus blickt auf eine lange, erfolgreiche Tradition zurück, vor allem, was das lähmende Entsetzen betrifft, das er jahrhundertelang unter Europas Völkern verbreiten konnte.“1716 Nach Noll wirkt sich diese indirekte Duldung auf das Christentum aus, dessen Anhänger in muslimischen Staaten einer zunehmenden Verfolgung und Vertreibung ausgesetzt sind: „Das Dulden des islamischen Judenhasses ermutigt Christenverfolgungen. Nicht anders als vor einigen Jahrzehnten, als das Schweigen zur Judenverfolgung der Nazis das christliche Europa an den Rand der Katastrophe brachte.“1717 Hinzu kommt ein zunehmender Abwendungsprozess zwischen Israel und Europa, der bereits zu einem beiderseitigen Entfremden führte, u.a. bedingt durch europäische Belehrungsversuche und einem falschen Israel-Bild.1718 Das anfängliche Fremdeln mit dem israelischen Staat und seiner Gesellschaft, wie er es in seinen Beiträgen darstellt, verschwindet zunehmend, je länger Noll in Israel lebt. Auch seine Skepsis gegenüber einem positiven Bekenntnis zum Staat oder die Wehrkunde lösen sich in eine Bejahung auf. Innerhalb der MUT-Autorenschaft nimmt er den Gegenpart zu Schütt ein: Während Noll je länger er in Israel lebt kritischer zum Islam steht und den zunehmenden islamischen Judenhass anprangert, hebt Schütt ausschließlich die positiven Seiten des Islams sowie des interreligiösen Dialoges hervor. Gemein ist ihnen jedoch die Hervorhebung der Toleranzpolitik in der deutschen Geschichte. 1715
Noll, Chaim: Warum ich glaube. Antwort an einen deutschen Studenten (II. Teil), in: MUT (437) Januar 2004, S. 77. 1716 Noll, Chaim: Aura der Angst. Kommunismus, Islam und ihre Wirkung auf Europa, in: MUT (484) Dezember 2007, S. 67. 1717 Noll, Chaim: „Gegen die zehn Gebote kämpfen wir“. Judenhaß als Vorbote von Christenverfolgungen, in: MUT (500) April 2009, S. 152. 1718 Vgl. Noll, Chaim: Nur noch Worte von gestern. Brief aus Israel, in: MUT (424) Dezember 2002, S. 30ff.
335
Bemerkenswert gestaltet sich Nolls Entwicklung von einem Atheisten mit jüdischen Wurzeln zu einem gläubigen Israeli, die anhand seiner Artikel gut nachvollzogen werden kann. Peter Schütt1719: Schütt wurde am 10. Dezember 1939 in Basbeck an der Niederelbe geboren; in Warstade besuchte Schütt eine private Oberschule bis er nach Stade wechselte, um dort sein Abitur zu machen. Im Anschluss studierte er in Hamburg, Göttingen und Bonn Deutsch und Geschichte. Dem folgte eine Promotion über Andreas Gryphius. Im Alter von 20 Jahren konvertierte Schütt vom Luthertum zum Katholizismus, um, wie er sagt „mich von seinem [Schütts Vater] Luthertum abzugrenzen“1720. Mit seinem Vater, einem bis zu seinem Lebensende überzeugten Nationalsozialisten, lag Schütt jahrzehntelang im Streit.1721 In politischer Hinsicht gehörte er 1968 zu den Aktivisten der Studentenbewegung. Schütt war von 1971 bis 1988 Vorstandsmitglied der DKP.1722 Zunächst schloss er sich ab 1968 der Hamburger Kulturzelle der verbotenen KPD an, zu der er von seinem Zimmernachbarn im Europakolleg der Hamburger Universität – Walter Grab – 1963 eingeladen wurde. Die ersten Jahre war er lediglich Kandidat für die Kulturzelle der KPD, bis er 1968 Aufnahme fand. Im gleichen Jahr änderte jedoch die DDR-Führung ihre Taktik1723 und „forderte die Genossen auf, aus der illegalen KPD geräuschlos überzuwechseln in die neu konstituierte DKP“1724. Schütt, bereits „früh linksextremistisch infiltriert“1725, beteiligte sich im Sommer 1967 an dem Versuch, das Kolonialdenkmal vor der Hamburger Universität umzustürzen. Als Folge verlor er seine Assistentenstelle am Literaturwissenschaftlichen Seminar und wurde aus dem Germanistenverband ausgeschlossen.1726 Warum er sich der DKP und nicht etwa der SPD oder der RAF anschloss, beschreibt er im Februar 1998 in MUT: „Meine Hamburger Mitstreiter [aus dem SDS], unter ihnen der AStA-Vorsitzende Detlef Albers, versuchten mich mit vereinter Überzeugungskraft für die SPD zu gewinnen. Umsonst,
1719
Seine Autobiographie veröffentlichte Schütt 2009 im MUT-Verlag. Vgl. Schütt, Peter: Von Basbeck am Moor über Moskau nach Mekka. Stationen einer Lebensreise, Asendorf 2009. 1720 Schütt, Peter: 1968 – dreißig Jahre später. Ein persönlicher Rückblick, in: MUT (366) Februar 1998, S. 58. 1721 Vgl. ebd. 1722 Vgl. Schütt, Peter: Die Kulturzelle der Hamburger KPD. in: MUT (430) Juni 2003, S. 50. Schütt, Peter: Mein Schulweg. in: MUT (346) Juni 1996, S. 31. www.waschhauslesungen.beep.de. (18.08.2009) 1723 Vgl. Schütt, Peter: Die Kulturzelle der Hamburger KPD. in: MUT (430) Juni 2003, S. 50ff. 1724 Ebd., S. 55. 1725 Schütt, Peter: 1968 – dreißig Jahre später. Ein persönlicher Rückblick, in: MUT (366) Februar 1998, S. 59. 1726 Vgl. Schütt, Peter: Allahs Sonne lacht über der Alster. Einhundertelf Geschichten aus der 1002. Nacht, Asendorf 2002, S. 316f.
336
denn eine solche Entscheidung wäre für mich blanker Opportunismus gewesen. Die Lebenswege der Genossen, die auf dem Ticket der SPD den Marsch durch die Institutionen angetreten haben, konnten mich auch im nachhinein nicht überzeugen, weil bei ihnen Wort und Tat, Bewußtsein und politisches Handeln in den seltensten Fällen übereinstimmten. Die Grünen gab es 1968 noch nicht; sonst hätte ich mich vermutlich bei ihnen engagiert. So blieb mir nur die Wahl zwischen den ‚Militanten’, die im Spätsommer 1968 mit rasanter Geschwindigkeit auf die schiefe Bahn des RAF-Revoluzzertums gerieten, und den ‚Legalisten’, die ihre Hoffnung auf eine neugegründete, legale, im Rahmen der Verfassung agierende Kommunistische Partei in den Farben der Bundesrepublik setzten. Nicht wenige Terroristen der ersten Generation habe ich persönlich gut gekannt, neben Ulrike Meinhof vor allem Peter Paul Zahl, der meine ersten Gedichte druckte, Jürgen Boock und Karl-Heinz Roth. Aber als einer von ihnen, den ich bisher für meinen Freund gehalten hatte, plötzlich vor meiner Tür stand, mich mit seiner Pistole bedrohte und mich auf diese drastische Weise zwingen wollte, ihn in meiner Wohnung zu verstecken, hatte ich die Nase so gestrichen voll, daß ich fortan jeden Kontakt mit dieser Bande gemieden und mich ganz in die Arme der DKP geworfen habe. Der angeblich von der Polizei gesuchte Genosse hat mich drei Tage lang von früh bis spät wie ein Gefängniswärter herumkommandiert, mich mehrfach mit seiner Waffe bedroht und mich dabei noch unentwegt als feigen Pazifisten beschimpft. Im Vergleich zu diesem Verhalten erschien mir die DKP weiß Gott als das kleinere Übel und als Hort der Humanität.“1727
Die ersten Kontakte zum Islam bekam Schütt bereits während seiner Studienzeit in Hamburg im Europakolleg. Für ihn stellte die islamische Revolution im Iran den Traum von „einer Synthese von revolutionärer Religion und Politik“1728 dar. Alle idealistischen Vorstellungen über das Khomeini-Regime verflüchtigten sich jedoch, als er seine aus dem Iran geflohene zweite Frau Fariba kennen lernte: „Meine persische Frau hat mir alle leichtfertigen und falschen Vorstellungen über die Umsetzbarkeit der koranischen Botschaft in praktische Politik gründlich ausgetrieben, aber sie hat mir nichtsdestotrotz die Augen für die spirituelle und mystische Dimension des Islam geöffnet.“1729 Im Spätsommer 1988 wurde Schütt wegen seines Engagements für den Reformkurs von Michail Gorbatschow aus dem Vorstand der DKP ausgeschlossen. Über seine Motivation schreibt er im Oktober-Heft 1995: „Ich wollte endlich etwas zum Komplex Stalin sagen, zu seiner Rolle in der Geschichte des Kommunismus und mehr noch zu unserem schändlichen Schweigen und Schönreden gegenüber den Verbrechen des Stalinismus. Ich wußte, es würde schwer werden, es würde mir die Stimme abschnüren, denn bei aller Schärfe des Richtungsstreits zwischen Erneuerern und Bewahrern gab es doch eine stillschweigende Übereinkunft darüber, daß die Leichen im Keller unangetastet bleiben sollten.“1730
1727
Schütt, Peter: 1968 – dreißig Jahre später. Ein persönlicher Rückblick, in: MUT (366) Februar 1998, S. 62. Ebd., S. 65. 1729 Ebd. 1730 Schütt, Peter: Der Engel der Ermutigung. in: MUT (338) Oktober 1995, S. 39. 1728
337
Im Anschluss an diese Rede vor dem Zentralkomitee der DKP verlor er seine Position im Parteivorstand. Schütt: „Fortan bin ich nicht mehr der Parteilinie gefolgt. Ich habe mir meinen eigenen Weg gesucht – heraus aus den Fängen und Zwängen der Partei, hin und zurück zu dem, der mich geschaffen und zu sich gerufen hat.“1731 Aktuell ist Schütt Mitglied der Hamburger ‚Patriotischen Gesellschaft von 1765‘, wo er als Sprecher des ‚Interreligiösen Dialoges‘ fungiert.1732 Heute lebt er zusammen mit seiner vierten Ehefrau Morassah und den beiden Kindern aus dritter Ehe in Hamburg und arbeitet dort als freier Schriftsteller. Schütt veröffentlichte in der vierten Untersuchungsphase 64 Beiträge, davon neun Interviews. Seine Tätigkeit für MUT begann im Mai 1995; fortan publizierte er regelmäßig mehrere Artikel im Jahr. In diversen Beiträgen finden sich vermehrt Verweise und Berichte auf seine eigene DKP-Vergangenheit1733. So stellt er etwa in der Rezension zu Bettina Röhls Buch über ihre Eltern und ‚konkret‘ seine persönlichen Erinnerungen an Ulrike Meinhof den Ergebnissen ihrer Tochter gegenüber: „Ich habe Ulrike Meinhof zwischen 1963 und 1968, als ich in Hamburg studierte, Sympathisant der verbotenen KPD war und mit dem konkret-Kreis in regelmäßigen Kontakt stand, immer wieder als politische Aktivistin erlebt. Sie war eine attraktive Frau mit bemerkenswerter Ausstrahlung und zog schon darum rasch alle Aufmerksamkeit auf sich, weil es an den Universitäten und in ihrem Umfeld sehr viel weniger Frauen gab als heute. In politischen Versammlungen war sie oft die einzige Frau, und sie wußte diesen Umstand zu nutzen. Ich habe sie selten als den freundlichen, zuvorkommenden und hilfsbereiten Gutmenschen wahrgenommen, als der sie bei ihrer Tochter wie in vielen anderen Büchern erscheint. Sie war in meinen Augen von Anfang an Machtmensch und trat oft arrogant, rechthaberisch und unnötig aggressiv auf und ähnelte darin durchaus ihrer Ziehmutter, der Pädagogikprofessorin Renate Riemeck, die ich zur selben Zeit auf Veranstaltungen gegen die Atombewaffnung kennengelernt habe.“1734
Über Hamburg – Schütts Wahlheimat, in der er seit seinem Studium lebt – schreibt er in mehreren Artikeln, insbesondere als Vorbild für andere Städte im Bereich eines interreligiösen Dialogs. Speziell die geplante ‚Akademie der Weltreligionen‘ an der Hamburger Universität liegt ihm erkennbar am Herzen. Im Zentrum der Akademie sollen drei Lehrstühle stehen, die sich jeweils mit der
1731
Ebd., S. 40. Vgl. u.a. Schütt, Peter: Die Kulturzelle der Hamburger KPD. in: MUT (430) Juni 2003, S. 50. 1733 Vgl. u.a. Schütt, Peter: Seiner Sache treu. in: MUT (358) Juni 1997, S. 70f. Schütt, Peter: „Die Bombe ist böse“. Eine Erinnerung an den Ostermarsch 1960, in: MUT (344) April 1996, S. 56f. Schütt, Peter: Der Engel der Ermutigung. in: MUT (338) Oktober 1995, S. 39f. Schütt, Peter: Die Kulturzelle der Hamburger KPD. in: MUT (430) Juni 2003, S. 50-55. 1734 Schütt, Peter: Good-bye, Ulrike Meinhof. in: MUT (467) Juli 2006, S. 65f. [Hervorhebung im Original] 1732
338
islamischen, buddhistischen und jüdischen Theologie befassen.1735 Sie könnte die „richtigen Signale aussenden, könnte zu einer Lotsenstation im intellektuellen und spirituellen Sinn werden, die weit über den Tag und das aktuelle Tagesgeschäft hinausweist, eine Ideenwerft, die uns helfen könnte, jene neue Arche Noah zu bauen, mit der wir uns und alle Kreaturen hinüberretten in eine Zukunft des globalen Friedens und Gerechtigkeit“1736. Nicht zuletzt die Diskussion um eine wirksame Terrorismusbekämpfung treibt nach Schütt das Projekt voran, das für die muslimische Gemeinde die Möglichkeit eröffnen würde, „Seelsorger, Erzieher und Lehrer“1737 auszubilden, „die zum Dialog, zur Demokratie und zur Auseinandersetzung mit der modernen Lebenswelt befähigt sind“1738. Der interreligiöse Dialog macht in Hamburg auch auf konfessioneller Ebene Fortschritte, wie er im Juni 1999 betont, indem er die Entwicklung und Probleme in der Zusammenarbeit der Religionen nachzeichnet.1739 Neben dem interreligiösen Zusammenleben stellt er zwei Bürgerinitiativen vor, die sich um die Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität in ihren jeweiligen Stadtteilen kümmern: zum einen die Parkreinigung und Instandhaltung der Parkanlagen im Haynpark in Hamburg-Eppendorf1740, zum anderen die Renovierung und Sanierung des ehemaligen sozialen Brennpunktes Wesselyring sowie des dazugehörigen Waschhauses als neuen Anwohnertreff mit verschiedenen sozialen und kulturellen Veranstaltungen1741. Ab dem Jahr 2001 finden sich vermehrt Buchrezensionen unter seinen Beiträgen. In dreien dieser Artikel widmet er sich den aktuellen Neuerscheinungen zum besseren Verständnis des Islam.1742 Auch ausführliche Einzelrezensionen1743 1735
Vgl. Schütt, Peter: Theologie im Plural. Hamburg plant eine Akademie der Weltreligionen, in: MUT (418) Juni 2002, S. 26f. 1736 Schütt, Peter: Ein „Haus der Weltreligionen“ für Hamburgs HafenCity. in: MUT (428) April 2003, S. 75. 1737 Schütt, Peter: Theologie im Plural. Hamburg plant eine Akademie der Weltreligionen, in: MUT (418) Juni 2002, S. 32. 1738 Ebd. 1739 Vgl. Schütt, Peter: Mühsame Anfänge. Der Ratschlag der Religionen bekommt Konturen, in: MUT (382) Juni 1999, S. 66-71. 1740 Vgl. Schütt, Peter: Die Heinzelmännchen vom Haynpark. in: MUT (356) April 1997, S. 23-25. 1741 Vgl. Schütt, Peter: Das Waschhaus am Wesselyring. in: MUT (460) Dezember 2005, S. 33-38. 1742 Vgl. Schütt, Peter: Unbekannte Vielfalt. Neue Bücher zum besseren Verständnis des Orients, in: MUT (387) November 1999, S. 58-61. Schütt, Peter: Rückkehr der Religionen. Eine kritische Bücherlese nach der Jahrtausendwende, in: MUT (403) März 2001, S. 70-77. Schütt, Peter: Von Abraham zu Mohammed. Aktuelle Buch-Neuerscheinungen, in: MUT (493) September 2008, S. 67-71. 1743 Vgl. u.a. die Rezensionen zu Friedbert Pflüger: Ein neuer Weltkrieg? Die islamische Herausforderung des Westens, München 2004. (in: Schütt, Peter: Der neue Weltkrieg findet nicht statt, wenn … in: MUT (440) April 2004, S. 26-30.), Mehdi Bazargan: Und Jesus ist sein Prophet. Der Koran und die Christen, München 2006. (in: Schütt, Peter: Und Jesus ist sein Prophet. Zum Verhältnis von Muslimen und Christen, in: MUT (469) September 2006, S. 68f.), Jan Philipp Reemtsma: „Wie hätte
339
schreibt er in MUT, so etwa die Lebenserinnerungen der Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel1744: „Annemarie Schimmel ist eine Jahrhundertgestalt. Nur wenige Deutsche haben seit Brecht ihren Rang erreicht. Sie trauert keiner ‚untergegangenen Heilen Welt’ nach. Als Visionärin öffnet sie den Blick auf ein neues Jahrhundert, das, wenn es kein zweites Jahrhundert der Barbarei werden soll, ein Jahrhundert der Rückkehr zu den Religionen sein wird.“1745 Eine andere Rezension betrifft das iranische Epos ‚Kelidar‘ – das Hauptwerk – von Mahmud Doulatabadi1746, mit dem er im Anschluss an seine Besprechung ebenfalls ein Interview führt.1747 ‚Kelidar‘ bezeichnet Schütt als „ein großartiges, einzigartiges Buch. Es ist eines der Meisterwerke der zeitgenössischen Weltliteratur“1748. Neben den Büchern mit islamischem Kontext bespricht Schütt, mit außerordentlicher Sympathie zu den Werken wie zu den Autoren, zwei lyrische Publikationen: zum einen ‚Fortsetzung folgt. Prosa zum Tage‘ von Lutz Rathenow1749, zum anderen von Matthias Buth ‚Zwischen mir und vorbei. Gedichte‘1750 – wie Schütt sind beide ebenfalls MUT-Autoren. Das bestimmende Thema seiner Beiträge stellt der interreligiöse Dialog und das friedliche Zusammenleben der drei abrahamitischen Religionen dar. „Ich persönlich bin der Überzeugung, daß Gott allen drei Geschwisterreligionen das für sie beste Buch in die Hand gelegt hat und daß es nicht ratsam ist, das eine gegen das andere auszuspielen“1751, so Schütt. Als vorbildhaft gilt für ihn dabei die Toleranzpolitik Preußens, dessen Verhältnis zum Islam er in zwei Artikeln erörtert1752. Den pragmatischen Umgang mit den muslimischen Gemeinden in Spanien sieht Schütt ebenso als möglichen Weg für eine Grundlage des interreligiösen Zusammenlebens in Deutschland.1753 Denn anders als vielfach angenommen, haben Christentum und Islam viele Gemeinsamkeiten, wenngleich das ich mich verhalten?“ und andere, nicht nur Deutsche Fragen. München 2001. (in: Schütt, Peter: Jan Philipp Reemtsma antwortet auf Deutsche Fragen. in: MUT (406) Juni 2001, S. 46-51.). 1744 Vgl. Schütt, Peter: Eine west-östliche Reise. Annemarie Schimmels Lebenserinnerungen, in: MUT (422) Oktober 2002, S. 52-55. 1745 Ebd., S. 55. 1746 Vgl. Schütt, Peter: Ein Jahrhundertbuch. in: MUT (368) April 1998, S. 26-28. 1747 Vgl. Schütt, Peter: Schriftsteller leben im Iran gefährlich. Ein MUT-Interview mit dem Erfolgsautor Mahmud Doulatabadi, in: MUT (368) April 1998, S. 29-33. 1748 Schütt, Peter: Ein Jahrhundertbuch. in: MUT (368) April 1998, S. 28. 1749 Vgl. Schütt, Peter: Fortsetzung folgt. Neue Prosa von Lutz Rathenow, in: MUT (445) September 2004, S. 56f. 1750 Vgl. Schütt, Peter: Lyrische Landvermessung. in: MUT (488) April 2008, S. 26f. 1751 Schütt, Peter: Lieber Chaim Noll. in: Mut (478) Juni 2007, S. 57. 1752 Vgl. Schütt, Peter: Preußens Gloria und die Grüne Fahne des Propheten. in: MUT (362) Oktober 1997, S. 40-51. Schütt, Peter: Preußen und Islam. in: MUT (405) Mai 2001, S. 56-62. 1753 Vgl. Schütt, Peter: Im Zeichen des Granatapfelbaums. Spaniens Wiederannäherung an den Islam, in: MUT (373) September 1998, S. 67ff.
340
verschiedenartige Christusbild auf theologischer Ebene nicht unterschätzt werden sollte. „Aber das unterschiedliche Christusbild kann kein Grund sein, [z.B.] Weihnachten als Fest zu feiern, das die Christenheit von den anderen Weltreligionen trennt, sondern sie mit allen Menschen verbindet, die mit ihnen zusammen an den einen Gott glauben.“1754 In Deutschland sieht er den Islam immer mehr „heimisch“1755 werden und sich in das bundesrepublikanische Gemeindeleben integrieren.1756 Für das vereinte Europa ist die Rückbesinnung der Traditionen von Judentum, Christentum und Islam erstrebenswert, denn das „Europa der Zukunft sollte mehr sein als ein florierendes Wirtschaftsunternehmen, mehr als eine ‚Euro-Zone’“1757. Dabei würde es nach Schütt Europa gut tun, „sich auf das gemeinsame Erbe der drei abrahamitischen Religionen zu besinnen und diese Gemeinsamkeit auch äußerlich sichtbar zu machen“1758. MUT stellt er in der 500. Ausgabe ein besonders gutes Zeugnis für das Bemühen um den interreligiösen Dialog aus, besonders deshalb, weil die Zeitschrift „losgelöst von den Fronten des tagespolitischen Streits“1759 agiert. „Die nationale, kulturelle und religiöse Vielfalt der Autoren, die sich am interkulturellen und interreligiösen Dialog beteiligt haben, ist bemerkenswert und spiegelt, auch wenn MUT mit den Multikulti-Ideologien wenig im Sinn hat, die reale Multikulturalität Deutschlands spätestens seit der Wiedervereinigung. (…) MUT hat vermutlich mehr Autoren mit Migrationshintergrund ein Forum geboten als die meisten anderen Kulturzeitschriften des Landes, die ‚Integration’ zwar gern zum Thema, aber nicht zur redaktionellen Praxis gemacht haben.“1760
Die Verständigung zwischen Islam und westlicher Welt ist nicht nur auf dem Gebiet des interreligiösen Dialogs anzutreffen, sondern ebenso auf dem Gebiet der Malerei. Zum einen geht Schütt näher auf die Werke von Davood Roostaei, dem Pionier des Kryptorealismus, ein und zum anderen auf jene des türkischstämmigen Malers Iljas Özdemir1761, der „eine subjektive Symbiose zwischen der islamischen und der abendländischen Kunst“1762 anstrebt. Geradezu euphorisch heißt es: „Davood Roostaei ist nicht nur ein genialer Künstler. Er ist eine 1754
Schütt, Peter: Das Weihnachtsevangelium nach dem Koran. in: MUT (376) Dezember 1998, S.
76.
1755
Schütt, Peter: Auf dem Weg zu einem deutschen Islam. in: MUT (397) September 2000, S. 12. Vgl. ebd., S. 12ff. 1757 Schütt, Peter: Das Europa der Zukunft. Kirchen, Moscheen und Synagogen: Orientierungspunkte für eine europäische Leittradition, in: MUT (414) Februar 2002, S. 43. 1758 Ebd., S. 39. 1759 Schütt, Peter: Spagat zwischen Himmel und Erde. MUT und der Interreligiöse Dialog, in: MUT (500) April 2009, S. 164. 1760 Ebd., S. 168. 1761 Vgl. Schütt, Peter: Ein Maler auf mystischen Pfaden. in: MUT (385) September 1999, S. 72-76. Schütt, Peter: Das Erdbebenbild des Ilyas Özdemir. in: MUT (392) April 2000, S. 62f. 1762 Schütt, Peter: Ein Maler auf mystischen Pfaden. in: MUT (385) September 1999, S. 74. 1756
341
Persönlichkeit von einer außerordentlichen Ausstrahlung. (…) Seine Werke sind Weltkunst im Zeitalter der Globalisierung. Sie schlagen Brücken zwischen den Kulturen und Religionen, zwischen Abend- und Morgenland, zwischen dieser und der anderen Welt, die hinter den Erscheinungen aufleuchtet.“1763 Ein anderer Schwerpunkt der Kategorie Kunst/Kultur befindet sich in der Darstellung von Künstlern aus seiner Heimat, dem „Zweistromland zwischen Elbe und Weser, mein nördliches Mesopotamien“1764 und hier im Speziellen in der Künstlerkolonie Worpswede, die er ausführlich dem Leser im Zusammenspiel mit seinen eigenen Erinnerungen und Erlebnissen vorstellt.1765 „Doch die größte geistig-kulturelle Anziehungskraft ging für mich von Worpswede aus, jener Künstlerkolonie am Rande des Teufelsmoores, die von meinem Heimatort rund fünfzig Kilometer weiter südlich liegt. (…) Aufgrund der Erzählungen meiner Eltern und der Briefe meines Onkels wurde Worpswede für mich bald zum Sehnsuchtsort.“1766 Neben dieser allgemeinen Betrachtung seiner Heimatregion präsentiert er in mehreren Artikeln verschiedene Künstler der Region, die sich wie Walter Kempowski dort niederließen1767, wie Hoffmann von Fallersleben lediglich auf der Durchreise nach Helgoland waren – und der einen Teil des Deutschlandliedes auf dem Weg schrieb1768 – oder den Bildweber Raimund Adametz, der sein Handwerk bei Bettina Müller-Vogeler in Worpswede lernte1769. Die Auswahl eines Großteils seiner Interviewpartner erfolgte in Anlehnung an sein Hauptthema des interreligiösen Dialogs sowie des Islams. Passend zu seinem Beitrag über ‚Islamic Banking‘ sprach er mit dem ‚Asri-Card‘-Chef Mustafa Gögüs über die soziale und ökonomische Verantwortung eines jeden einzelnen, die aus dem islamischen Glauben erwächst.1770 Die meisten seiner muslimischen Gesprächspartner stammen aus dem Iran: Ein ausführliches Interview führt er mit dem 42. geistlichen Führer der Oveyssi-Schule des islamischen Sufismus
1763
Schütt, Peter: Kryptorealismus. Ein Maler aus dem Iran schockiert die Kunstszene, in: MUT (370) Juni 1998, S. 83. 1764 Schütt, Peter: Sehnsuchtsort Worpswede. in: MUT (462) Februar 2006, S. 34. 1765 Vgl. ebd., S. 34-42. 1766 Ebd., S. 37. 1767 Vgl. Schütt, Peter: Auf der Wasserscheide. in: MUT (470) Oktober 2006, S. 65f. Schütt, Peter: Eine Bernsteinkette für einen Band Kempowski. Ein Nachruf, in: MUT (483) November 2007, S. 2325. 1768 Vgl. Schütt, Peter: Hoffmann von Fallersleben überquert die Oste bei Oberdorf. in: MUT (494) Oktober 2008, S. 60f. 1769 Vgl. Schütt, Peter: Raimund Adametz – der Bildweber am Ostedeich. in: MUT (499) März 2009, S. 72-77. 1770 Vgl. Schütt, Peter: Eigentum verpflichtet. Ein MUT-Interview mit „Asri-Card“-Chef Mustafa Gögüs, in: MUT (394) Juni 2000, S. 20f.
342
Pir Oveyssi über den Sufismus1771 sowie dem Schriftsteller Mahmud Doulatabadi über seinen Epos ‚Kelidar‘1772. Wie Doulatabadi setzte auch die Professorin für Zeichentrickfilm und Computeranimation der Teheraner Hochschule für Bildende Künste Nahid Schamsdost große Hoffnungen in den Reformer Chatami.1773 Die türkische Dichterin Aysel Özakin befragte er zu ihrem literarischen Werk sowie ihrem Verhältnis zum Islam und der Türkei.1774 Daneben interviewte Schütt Asmi Wood, einem Anwalt der australischen Ureinwohner1775, den russischen Schriftsteller Rady Fish1776, den Dichter Muharem Serbezovski1777 und die deutsche Schriftstellerin Svende Merian1778. Das Einsetzen für den interreligiösen Dialog und das friedliche Zusammenleben von Gläubigen verschiedener Konfessionen steht einer Nichtthematisierung religiöser Konflikte gegenüber, die lediglich sporadisch in Halbsätzen angeschnitten werden. Angesichts der annähernd vollständigen Hinwendung zum interreligiösen Dialog wäre wenigstens eine Äußerung zu den Anschlägen des 11. September 2001 zu erwarten gewesen. Als Gegenpol zu Schütt kann Chaim Noll gelten, der in Israel täglich mit dem islamistischen Terrorismus konfrontiert ist und das interreligiöse Zusammenleben daher keineswegs so unproblematisch darstellt, wie es Schütt in seinen Beiträgen macht. Positiv hervorzuheben ist dagegen Schütts großes interreligiöses Verständnis, seine Toleranz Andersdenkenden gegenüber, seine vielfältige Interessiertheit und Weltläufigkeit, die bestimmend für seine Artikel sind. Gerd-Klaus Kaltenbrunner: In der vierten Untersuchungsphase verfasste Kaltenbrunner 49 Beiträge, die überwiegend zwei Kategorien angehören: Zum einen widmet er sich, wie bereits in der dritten Phase, Porträts verschiedener Dichter, Philosophen, Heiligen oder Literaten, zum anderen den einzelnen Monaten eines Jahres. Zum ersten: Ebenfalls wie in der vorherigen Phase sind 1771
Vgl. Schütt, Peter: Ebenbild des Universums. Ein MUT-Interview mit dem Sufi-Meister Pir Oveyssi, in: MUT (392) April 2000, S. 54-63. 1772 Vgl. Schütt, Peter: Schriftsteller leben im Iran gefährlich. Ein MUT-Interview mit dm Erfolgsautor Mahmud Doulatabadi, in: MUT (368) April 1998, S. 29-33. 1773 Vgl. Schütt, Peter: Die Zeit der Propaganda ist vorüber. in: Ein MUT-Interview mit Nahid Schamsdost, der Pionierin des iranischen Zeichentrickfilms, in: MUT (439) März 2004, S. 24-27. 1774 Vgl. Schütt, Peter: Was soll das Gerede von den Wurzeln? Ein MUT-Interview mit der türkischen Dichterin Aysel Özakin, in: MUT (438) Februar 2004, S. 74-79. 1775 Vgl. Schütt, Peter: Keine Menschenrechte ohne Menschenpflichten. Ein MUT-Interview mit dem Anwalt der australischen Ureinwohner Asmi Wood, in: MUT (426) Februar 2003, S. 23-27. 1776 Vgl. Schütt, Peter: Letztes koloniales Imperium. Ein MUT-Interview mit dem russischen Schriftsteller Rady Fish, in: MUT (354) Februar 1997, S. 60-69. 1777 Vgl. Schütt, Peter: Wir Roma und Sinti sind Überlebenskünstler. Ein MUT-Interview mit dem Zigeuner-Dichter Muharem Serbezovski, in: MUT (364) Dezember 1997, S. 70-74. 1778 Vgl. Schütt, Peter: Um bei sich selber anzukommen. Ein MUT-Interview mit der Bestsellerautorin Svende Merian, in: MUT (380) April 1999, S. 38-43.
343
Kaltenbrunners Porträts keiner bestimmten Personengruppe zuzuordnen. Vielmehr wendet er sich antiken Dichtern wie Ovid1779 oder Plinius dem Jüngeren1780, Märtyrern wie Johannes von Nepomuk1781, dem Heiligen Sankt Jakobus1782 und der Heiligen Hedwig1783, Esoterikern wie Leopold Ziegler1784, Ärzten und Naturphilosophen wie Paracelsus1785, dem Dichter und Priester Zacharias Werner1786 und ebenso den Literaten Jean Paul1787, Peter Tschaadajew1788 und Fritz Usinger1789 zu. Häufig finden sich in seinen Porträts Literaturhinweise entweder auf neue Werkausgaben1790 oder aktuelle Biographien – welches eine der beiden Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Artikeln darstellt. Die zweite ist die Vergessenheit, in die die Porträtierten, nach Kaltenbrunners Angaben, gekommen sind.1791 Sein zweites – etwas ungewöhnliches – Schwerpunktthema beschäftigt sich mit den Monaten eines Jahres, denn: „Nicht nur bestimmte Menschen, Landschaften und Kunstwerke haben ihr eigentümliches Charisma und Fluidum, sondern auch Jahreszeiten, Monate, Wochen und Tage. Wenn ich das Wort August 1779
Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Sogar Götter entstehen durch Gedichte. Der römische ExilDichter Ovid und sein großes Welttheater, in: MUT (284) April 1991, S. 58-71. 1780 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Die Gärten der Humanitas. Römisches Landleben im Zeichen Dianas und Minervas, in: MUT (326) Oktober 1994, S. 78-87. 1781 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Johannes von Nepomuk. Erinnerung zum 600. Todestag des deutsch-tschechischen Märtyrers und Brückenheiligen, in: MUT (307) März 1993, S. 78. 1782 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Sankt Jakobus und die Deutschen. in: MUT (311) Juli 1993, S. 76-87. 1783 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Erinnerung an die Heilige Hedwig. Zum 750. Todestag der deutsch-polnischen Friedensfürstin, in: MUT (314) Oktober 1993, S. 76-87. 1784 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Der Weise vom Bodensee. Erinnerung an den deutschen Esoteriker Leopold Ziegler, in: MUT (292) Dezember 1991, S. 69-72. 1785 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: „Seliger ist es zu beschreiben die Nymphen“. Eine Erinnerung an Paracelsus, in. MUT (293) Januar 1992, S. 68-71. 1786 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Der 24. Februar. Ein Unglückstag und seine bühnenwirksamen Folgen, in: MUT (306) Februar 1993, S. 79-87. 1787 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Zwischen Traumwelt und Welthumor. Jean Paul als Dichter des Wunderbaren, in: MUT (315) November 1993, S. 78-87. 1788 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Umstrittener Selbstdenker. Peter Tschaadajews katholisches Westlertum in Moskau, in: MUT (322) Juni 1994, S. 74-87. 1789 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Ein Meistersinger der Dinge zwischen den Dingen. Erinnerung an den Lyriker und Essayisten Fritz Usinger, in: MUT (331) März 1995, S. 76-78. 1790 Vgl. u.a. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Sehnsucht, sich selbst zum Sinnbild werdend … Herzendwunde und Gräbernacht einer kleinen Schwester Hölderlins, in: MUT (320) April 1994, S. 81. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: „Wie etliche eurer Dichter sagen …“ Ein reformierter Pfarrer, der Thomas von Aquin verehrt, in: MUT (327) November 1994, S. 70. 1791 Vgl. u.a. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: „Der Mensch ist das Antlitz des Universums“. Zum 150. Todestag des Philosophen Franz von Baader, in: MUT (285) Mai 1991, S. 54-71. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Der Weise vom Bodensee. Erinnerung an den deutschen Esoteriker Leopold Ziegler, in: MUT (292) Dezember 1991, S. 69-72.
344
lese oder höre, dann fällt mir ganz von selbst der Ausspruch ein: ‚Du bist das Pochen in meinem Herzen’.“1792 Neben der Darstellung und Bedeutung eines jeweiligen Monats, mitsamt einiger literarischer Beispiele, geht Kaltenbrunner auf berühmte Geborene und Verstorbene des jeweiligen Monats ein. Seine Reihe beginnt im Juni-Heft 19911793 mit einigen Gedanken zum Juni. Nach viel Zuspruch für seinen Beitrag entschließt er sich dazu, ebenso die übrigen elf Monate zu porträtieren.1794 „Als im vorigen Jahr meine kleine Juni-Plauderei über die Siebenschläfer-Heiligen in dieser Zeitschrift erschienen war, ermunterte mich der Herausgeber, ich möge solcherweise weitermachen. Sein Zuspruch hat mich damals genauso erfreut wie Dein Brief, den ich in den ruhigen Tagen zwischen Weihnachten und Neujahrsfest erhalten habe. Besonders ein Satz beschwingte mich: die Frage, ob ich wohl demnächst auch dem Monat März ein Kalenderblättchen widmen werde. Schreibende bekommen allzuoft belanglose Leserbriefe, voll von wichtigtuerischen Verdrießlichkeiten, beckmessernden Kritteleien oder auch taktlosen Unterstellungen. Manchmal jedoch kann ein fernher zugeflogenes Wort, ja sogar eine nur frageweise bekundete Anteilnahme den Empfänger ungeahnt beflügeln. So erging es mir, nachdem ich Deinen Brief gelesen hatte.“1795
Aufgrund des Umfanges sowie der großen Anzahl seiner Beiträge soll lediglich ein Textauszug den Charakter seiner Artikel herausstreichen: „Nicht nur Völker, auch die zwölf Monate des Jahres werden von jeher mit feststehenden Vorstellungsbildern und Redensarten abgestempelt. Der April gilt als unberechenbar und launenhaft, sozusagen als enfant terrible des Zwölferkreises, der Mai genießt seit alters den Ruhm des ‚Wonnemonats’, in dem junge Liebe zwischen Veilchen, Flieder und ausschlagenden Bäumen erblüht; Juli und August stehen für Kaiserwetter, Hundstage und Urlaubsfreuden; der Oktober kann noch so verregnet und grau sein, ohne daß dies seinen goldenen Nimbus schmälern könnte. (…) Wenn ich aber den Denker nennen sollte, der für mich nicht bloß aufgrund seines Todestages, sondern vor allem kraft seiner Grundstimmung und Geisteshaltung der
1792
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: August-Dreiflügelbild. Von himmlischen Irrwischen, irdischen Engeln und den Wonnen hingerissener Schlaflosigkeit, in: MUT (300) August 1992, S. 72. [Hervorhebung im Original] 1793 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: An der Schwelle des Sommers. Gedanken über den Juni, Ernst Jünger und die Siebenschläfer, in: MUT (286) Juni 1991, S. 60-71. 1794 Vgl. u.a. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Reif sein ist alles. Oktober-Gedankengänge im Azur des Altweibersommers, in: MUT (302) Oktober 1992, S. 76-87. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Apfelbaum im Septembermond. in: MUT (301) September 1992, S. 78-87. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: AprilVerzauberungen. Über Ostermond und die Transzendenz des Grüngeflunkers, in: MUT (296) April 1992, S. 70-87. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Februar-Rhapsodie. Esoterik und Folklore des Lichtmess-Monats, in: MUT (294) Februar 1992, S. 68-87. 1795 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: März-Gedanken. Wundersame Vorzüge des Gralsmonats, in: MUT (295) März 1992, S. 72. [Hervorhebung im Original]
345
novemberlichste ist, sozusagen der November-Philosoph schlechthin, dann würde ich ohne zu zögern auf den Dänen Kierkegaard zeigen.“1796
Kaltenbrunner zieht den Schluss: Die menschliche Vorstellung von Jahreszeiten, Monaten oder Landschaften beruht keineswegs auf eigenen Erfahrungen oder Anschauungen, sondern einzig und alleine auf von Dichtern oder Malern geweckten bzw. vorgegebenen Imaginationen, die die Fähigkeit besaßen, bestimmte charakteristische Naturerscheinungen für die Nachwelt zu beschreiben: „Entgegen der klassischen Ansicht, daß die Kunst der Natur folge, gehe die Kunst in gewisser Weise der Natur voraus. Dieser Gedanke verliert seine aufreizend paradoxe Form, wenn wir ihn etwa so fassen: Bewußt oder unbewußt sehen wir viele Naturerscheinungen mit den Augen jener, die diese erstmals dargestellt haben. Was heute allen offenbar ist, haben einst schaubegabte Dichter, Maler und andere Künstler durch ihre Werke zutage gefördert. Sie haben unser Wahrnehmungsvermögen für bestimmte Dinge geschärft oder überhaupt erst geweckt. Dies gilt nicht nur für den Londoner Nebel, sondern auch den deutschen Wald, die ungarische Grassteppe (…).“1797
Nachdem er die Darstellung der einzelnen Monate beendet, geht er auf die literarische sowie kulturgeschichtliche Bedeutung verschiedener Pflanzen, Gemüseund Obstsorten, wie etwa Tulpen1798, Flieder1799, Holunder1800, Linde1801, Tomaten1802 – dieser Artikel ist Bernhard C. Wintzek zum Geburtstag gewidmet – und Birnen1803 ein, die für einige Monate typisch sind. „Der Monat Mai ist unerschöpflich an duftenden, blühenden und leuchtenden Reizen. Tag für Tag reiht er in morgenländischer Verschwendungslust Wunder an Wunder der Schöpfung, eines immer noch lieblicher überraschend als das vorangegangene (…). Am berauschendsten von allen Maigerüchen ist für mich der Hauch frischerblühten Flieders. Dieses als Strauch wie als Baum vorkommende Blütengehölz ist ebenfalls aus dem Reiche des Halbmonds zu uns ge-
1796
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Zwischen Allerseelen und Ewigkeitssonntag. in: MUT (291) November 1991, S. 66 und 72. [Hervorhebung im Original] 1797 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Schneeleidenschaft und Wintermärchen. in: MUT (305) Januar 1993, S. 72. 1798 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Osterspaziergang zwischen Tulpen. Eine Aprilblume als Bild, Sinnbild und Aktie, in: MUT (308) April 1993, S. 78-87. 1799 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Liebeswege im Fliedermond. „… daß blau zu blühen jedes Herz vermag“, in: MUT (309) Mai 1993, S. 78-87. 1800 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Holundergeflüster. Ein blühender Strauch an der Schwelle des Sommers, in: MUT (310) Juni 1993, S. 80-87. 1801 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Juni vielleicht … Mitsommertagtraum und Lindenminne, in: MUT (298) Juni 1992, S. 74-87. 1802 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Paradiesäpfel im August. in: MUT (312) August 1993, S. 7687. 1803 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Birnenmost im September. Eine nostalgische Nachsommerplauderei, in: MUT (313) September 1993, S. 78-87.
346
langt. (…) Obwohl der Strauch von Wien aus fast unverzüglich beinahe den ganzen Kontinent erobert und schließlich sogar in anspruchslose bäuerliche Gärten Einlaß gefunden hat, ist die österreichische Hauptstadt bis auf den heutigen Tag eine Fliedermetropole geblieben. (…) Besonders fliederfreudig ist die Poesie des Jugendstils um 1900, allen voran Rainer Maria Rilke (…).“1804
Neben den drei großen thematischen Schwerpunkten widmet sich Kaltenbrunner in jeweils zwei Artikeln Sagen und Legenden1805 sowie der Weihnachtszeit1806. Dabei betrachtet er ausschließlich die regionalen Sagen, wie etwa die aus Kärnten, und streicht deren Besonderheiten hervor: „Die Grenzlage zu Italien und Slowenien sowie das keltische Erbe scheinen zu dem Reichtum an sonst wo kaum antreffbaren Gestalten und Motiven besonders beigetragen zu haben.“1807 In regional-spezifischen literarischen Geschichten sieht er die Möglichkeit, eine neue Heimatliebe zu entwickeln, mit deren Hilfe diese geschützt und erhalten werden kann und dem ungezügelten Wirtschaften Einhalt gebietet: „Sagen, Legenden, Balladen und Volkslieder dieser Art gemahnen uns daran, daß Heimat kostbar und geheimnisvoll, aber immer auch gefährdet ist. Es gibt Augenblicke, in denen sie bereits unrettbar zu sein scheint angesichts unserer mörderischen Gleichgültigkeit.“1808 Verbunden mit Märchen, Sagen und Legenden sind für Kaltenbrunner auch Kerzenwunder, -legenden und -sprichwörter, denen er in seiner „vorweihnachtliche[n] Plauderei“1809 nachgeht. Seine weihnachtlichen Gedanken schließt er mit der Feststellung: „Es ist wohl so, daß, mehr als alle anderen Lichter, die Kerze unser Herz zu erhellen vermag.“1810 Bis zu seinem Ausscheiden aus der Zeitschrift im Frühjahr 1995 war Kaltenbrunner mit seinen Texten in fast jeder Ausgabe vertreten. Seine umfangreichen Artikel sind dem Bereich der Kulturgeschichte zuzuordnen, mit dem Ziel der Rückbesinnung auf die abendländische Kultur und ihrer Tradition. Seine Beiträge liegen eher im Bereich der leichten Literatur; wahrscheinlich können 1804
Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Liebeswege im Fliedermond. „… daß blau zu blühen jedes Herz vermag“, in: MUT (309) Mai 1993, S. 80ff. Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Kärntens Grenzlandzauber im Spiegel der Sage. in: MUT (323) Juli 1994, S. 72-75. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Landschaften als Spuren Gottes. in: MUT (325) September 1994, S. 74f. 1806 Vgl. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Lichtmystik und Kerzenzauber. Eine vorweihnachtliche Plauderei, in: MUT (316) Dezember 1993, S. 76-87. Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Kindermund im Advent. Eine Dezember-Miniatur, in: MUT (328) Dezember 1994, S. 72f. 1807 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Kärntens Grenzlandzauber im Spiegel der Sage. in: MUT (323) Juli 1994, S. 73. 1808 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Landschaften als Spuren Gottes. in: MUT (325) September 1994, S. 75. 1809 Kaltenbrunner, Gerd-Klaus: Lichtmystik und Kerzenzauber. Eine vorweihnachtliche Plauderei, in: MUT (316) Dezember 1993, S. 76. 1810 Ebd., S. 87. 1805
347
sich alle MUT-Leser mit seinen Arbeiten identifizieren. Hat er in der dritten Phase noch aktuelle Themen aufgenommen, so verschwinden diese nun vollständig. Wenngleich Kaltenbrunner einer der wichtigsten Autoren der Zeitschrift war, stößt er in den 1990er Jahren keine Diskussionen an oder stellt gesellschaftskritische Thesen auf. Die inhaltliche Ausrichtung von MUT beinflussen andere Autoren. Rudolf Wassermann: Wassermann, am 5. Januar 1925 in Letzlingen/Altmark geboren, zwischen 1943 und 1945 Soldat im Zweiten Weltkrieg, studierte von 1946 bis 1950 Rechtswissenschaften, Philosophie, Politische Wissenschaft und Soziologie in Halle und West-Berlin. Sein erstes Staatsexamen legte Wassermann im Jahr 1950 ab, das zweite folgte 1955. Zunächst – von 1956 bis 1967 – als Richter am Berliner Land- und Kammergericht beschäftigt1811, wechselte er 1967 unter Gustav Heinemann in das Bundesministerium der Justiz, kehrte jedoch bereits ein Jahr später diesem wieder den Rücken und wurde Präsident des Landgerichts Frankfurt a.M. Von 1971 bis 1990 arbeitete er als Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig. Er fungierte parallel als Präsident des Niedersächsischen Landesjustizprüfungsamtes (1976-1990) und gehörte von 1977 bis 2000 dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof an. Zwischen 1974 und 1980 war er Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen1812. Er war Begründer und Herausgeber der Zeitschrift ‚Recht und Politik‘. Wassermann verstarb am 13. Juni 2008 in Goslar.1813 In der vierten Untersuchungsphase veröffentlichte Wassermann 48 Artikel, die sich auf vier inhaltliche Schwerpunkte verteilen: die deutsche Einheit, Politik- bzw. Parlamentsverdrossenheit, bundesdeutsche Rechtssprechung und Wahlen. Die deutsche Einheit – „als Moment[e] epochalen Zuschnitts“1814 – deckte für Wassermann das „Unvermögen weiter Kreise der alten Bundesrepublik auf, neue Sachverhalte zu verarbeiten und auf neue Herausforderungen angemessen zu reagieren“1815. Die alten Bundesländer dürfen sich nicht separieren und die neuen müssen integriert werden, so Wassermann. Die Politik machte im Zuge der deutschen Einheit eine Vielzahl von Fehlern. Dennoch: „Wir dürfen die Einheit nicht verspielen. Es ist fünf Minuten vor Zwölf“1816. Für Wassermann ist unabdingbar: Der „Aufbau der östlichen Landesteile [muss] vor allen anderen Aufgaben der inneren Politik unbedingten Vorrang haben. Auch das gesamtge1811
Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Rudolf+Wassermann/0/12826.html. (20.07.2009) Vgl. MUT (322) Juni 1994, S. 38. 1813 Vgl. http://www.munzinger.de/search/portrait/Rudolf+Wassermann/0/12826.html. (20.07.2009) 1814 Wassermann, Rudolf: Ein epochaler Umbruch. Deutschland 1991 – Zwischen Einheit und Integration, in: MUT (284) April 1991, S. 11. 1815 Ebd., S. 12. 1816 Ebd., S. 24. 1812
348
sellschaftliche Verantwortungsbewußtsein der Wirtschaft ist über das bisherige Maß gefordert.“1817 Hierzu zählt die notwendige juristische Aufarbeitung von DDR-Unrecht, die keineswegs mit einer Massenkriminalisierung von Bürgern der ehemaligen DDR zu verwechseln ist.1818 Problematisch schätzt er die Rückkehr der alten SED-Kader in die Landesparlamente ein, die sich mit ihrer neuen Partei der PDS als Interessenvertreter der Ostdeutschen gerieren und die Unzufriedenheit schüren. Es darf der PDS nicht ausgewichen werden, eine Auseinandersetzung muss mit ihr stattfinden, so Wassermann weiter. „Die gesamtdeutsche Solidarität, die diese enormen Leistungen bewirkt, wird auf eine ernste Probe gestellt, wenn im Osten der Kommunismus weiter an Boden gewinnt.“1819 Hinzu kommt für ihn die Gefahr von der Abkehr vom antitotalitären Konsens durch eine Zusammenarbeit mit der PDS1820 – „einer totalitärlastigen nichtdemokratischen Partei“1821. Einen besonderen Punkt in Verbindung mit der deutschen Einheit stellt für ihn die Entschädigungszahlungen bzw. Rückerstattungen an die Enteigneten des DDR-Regimes dar, die durch die derzeitigen Gesetze sowie die Politik maßlos benachteiligt werden und wieder eine gesellschaftliche Gruppe der Politikverdrossenheit zuführt. Die „Opfer der Bodenreform [hätten keineswegs] ein besseres Los gezogen als die, die in der Heimat bleiben durften“1822. Darüber hinaus bedarf es gerade des Engagements derer, „die in ihre alte, nie vergessene Heimat zurückkehren, dort arbeiten und – um das neue Zauberwort zu gebrauchen – dort investieren wollen“1823. Für die Zukunftsfähigkeit der Bundesrepublik und ihre demokratischen Errungenschaften zu erhalten, ist es unumgänglich, gegen die Politik-, Parteienund Parlamentsverdrossenheit anzugehen. Hierin liegt ein zentrales Anliegen Wassermanns. „Die Deutschen sind mit der Demokratie als solches zufrieden. Umfragen belegen aber, daß das Vertrauen in die Politiker, in die Parteien und in die Parlamente erheblich gesunken ist.“1824 Insbesondere in dem Verhalten der Abgeordneten sieht er Ansatzpunkte, die es zu verbessern gilt. „Die meisten 1817
Ebd. Vgl. Wassermann, Rudolf: Wider das Vergessen. Amnestie für SED-Unrecht – ja oder nein? in: MUT (336) August 1995, S. 32ff. 1819 Wassermann, Rudolf: Rückkehr an die Macht? PDS auf dem Vormarsch, in: MUT (323) Juli 1994, S. 5. 1820 Vgl. u.a. Wassermann, Rudolf: Zwei politische Kulturen? Die Kooperation mit der PDS bedeutet Abkehr von der streitbaren Demokratie, in: MUT (371) Juli 1998, S. 6ff. 1821 Wassermann, Rudolf: Reifeprüfung. Bundestagswahl und PDS, in: MUT (325) September 1994, S. 15. 1822 Wassermann, Rudolf: Keine Wiedergutmachung? Das Unrecht der „Bodenreform“ soll bestehen bleiben, in: MUT (300) August 1992, S. 50. 1823 Ebd., S. 56. 1824 Wassermann, Rudolf: Ein teures Parlament. Der Bundestag sorgt sich um sein Ansehen, in: MUT (296) April 1992, S. 8. 1818
349
geben sich selbstzufrieden. Wenn sie den Bundestag mit den Parlamenten anderer Länder vergleichen, kommen sie zu dem Ergebnis, daß sie weit fleißiger sind, als die Abgeordneten in anderen Ländern.“1825 Dabei kritisiert Wassermann vor allem die finanzielle Vergütung1826, die der „einzelne Abgeordnete kassiert, eine beträchtliche Höhe, und dazu kommt die steuerfreie Kostenpauschale“1827, die den Abgeordnetenberuf speziell für „junge Parteikarrieristen reizvoll“1828 macht, die anderenorts nicht die Möglichkeit hätten, solche Summen am Anfang ihrer Karriere zu verdienen. Das eigentliche Ärgernis für ihn besteht jedoch darin: „Die überzogene Höhe der Diäten und Aufwandsentschädigungen [steht] in keinem angemessenen Verhältnis zur Kompetenz und Leistungswirksamkeit der meisten Abgeordneten.“1829 Er stellt fest: Um die Vertrauensbildung zu stärken, sollte der Bundestag seine finanziellen Ausgaben reduzieren. Dann würden Appelle zur Sparsamkeit an die Bürger auch glaubwürdiger sein.1830 Nicht nur in den regelmäßigen Erhöhungen der Abgeordnetendiäten wurzelt die Politikverdrossenheit vieler Bürger, sondern zunehmend auch in der Nichtlösung von Problemen, so Wassermann. „Den Hauptgrund auszumachen, auf dem der Vertrauensverlust beruht, fällt nicht schwer. Es ist die – leider – erwiesene Unfähigkeit zur Lösung der anstehenden, die Bürgerinnen und Bürger bedrängenden Probleme.“1831 Und genau dieses führt zu weiteren Enttäuschungen der Bürger von der Politik. Ein Grund für die mangelnde Entscheidungs- und Problemlösungsfähigkeit in der Bundesrepublik sind die Koalitionsregierungen als Folge des Verhältniswahlrechts, konstatiert Wassermann weiter. Eine Lösung würde das Mehrheitswahlrecht darstellen, denn dieses führe nicht nur zu stabilen Mehrheiten, sondern auch zu klaren Verantwortlichkeiten.1832 Jedoch die Chance, die sich zu einer Wahlrechtsänderung 1967/68 ergab, vertat die SPD, weil sie in einer Koalition mit der FDP eine größere Chance sah an die Macht zu gelangen, stellt Wassermann bedauernd fest. In diesen Kontext steht die Berliner Rede von Bundespräsident Roman Herzog vom 26. April 1997, deren Erfolg darauf basiert, ausgesprochen zu haben „was so gut wie alle bewegt, die sich nicht in poli1825
Ebd. Vgl u.a. Wassermann, Rudolf: Wasser predigen und Wein trinken? Wie die politische Klasse sparen könnte, in: MUT (444) August 2004, S. 6-9. 1827 Wassermann, Rudolf: Ein teures Parlament. Der Bundestag sorgt sich um sein Ansehen, in: MUT (296) April 1992, S. 9. 1828 Ebd. 1829 Wassermann, Rudolf: Wie Politik Vertrauen verspielt. in: MUT (292) Dezember 1991, S. 25. 1830 Vgl. Wassermann, Rudolf: Ein teures Parlament. Der Bundestag sorgt sich um sein Ansehen, in: MUT (296) April 1992, S. 9. 1831 Wassermann, Rudolf: Wie Politik Vertrauen verspielt. in: MUT (292) Dezember 1991, S. 22. 1832 Vgl. Wassermann, Rudolf: Entscheidungsstau und Politikverdrossenheit. Die politische Lage vor dem Wahljahr 1994, in: MUT (312) August 1993, S. 15. 1826
350
tische Apathie geflüchtet haben“1833. Wenngleich er seine Rede begrüßt, findet Wassermann dennoch einige Mängel: „Natürlich war Herzogs Berliner Katalog nicht vollständig. Er war sehr abstrakt. Unter anderem fehlten so wichtige Ziele wie (1) die Eindämmung der wuchernden Kriminalität, (2) die Integration der Einwanderer und die Beschränkung weiterer Migrationsströme sowie (3) die Vollendung der inneren Einheit nach der äußeren, staatsrechtlichen Wiedervereinigung der über Jahrzehnte hinweg getrennten Teile Deutschlands.“1834
Als Lösung schlägt Wassermann zunächst die Beseitigung der parteipolitischen Ämterpatronage im öffentlichen Dienst sowie die Abschaffung des Amtes des parlamentarischen Staatssekretärs vor. Zusätzlich muss „die Flut der Gesetze und Verordnungen, aus denen sich die Staatsaufgaben ergeben, eingedämmt werden“1835. Denn letztlich ist die Verschlankung nicht nur der Verwaltung, sondern auch der Politik, insbesondere bei der schon häufig angemahnten Abgeordnetenvergütung unumgänglich.1836 Einen wesentlichen Schwerpunkt in seinen Beiträgen legt er auf die steigende Kriminalität und die damit verbundene lasche Rechtsprechung. Gründe dieser Entwicklung: „Weitgehende Einigkeit besteht darüber, daß die tiefere Ursache für die Zunahme von Gewalt unsere Unfähigkeit ist, kulturelle und moralische Normen am Leben zu erhalten. Die Familie, die Schule und die Kirchen leisten nicht mehr das an Wertvermittlung, was sie geben müßten.“1837 Der Niedergang aller Normsysteme gehe mit einem Misstrauen gegenüber gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen einher. Dem folgt die Isolierung des Individuums, welches sich einer Beliebigkeit ausgeliefert sieht, mit der es nicht umgehen kann.1838 Da Erziehungsstrategien langfristig angelegt sind, ist eine Doppelstrategie erforderlich: „Das Konzept, das sich in dieser Situation anbietet, kann man soziale Verteidigung nennen: die Mobilisierung der Kräfte von Polizei, Justiz und Gesellschaft mit dem Ziel wirksamer Gewährleistung innerer Sicherheit, selbstverständlich auf der Grundlage des Rechtsstaats und unter Respektierung
1833
Wassermann, Rudolf: Ein Appell ohne Folgen? Zu Roman Herzogs Berliner Rede, in: MUT (367) März 1998, S. 53. 1834 Ebd. 1835 Wassermann, Rudolf: Auch die politische Apparatur bedarf der „Verschlankung“. in: MUT (370) Juni 1998, S. 15. 1836 Vgl. ebd., S. 17f. 1837 Wassermann, Rudolf: Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt, in: MUT (319) März 1994, S. 32. 1838 Vgl. Wassermann, Rudolf: Pluralismus der Wertorientierungen. in: MUT (324) August 1994, S. 34f.
351
der Menschenrechte.“1839 Für Wassermann steht fest: Der Gewaltkriminalität ist mit reiner Symbolpolitik nicht beizukommen. Der Staat ist vielmehr der Gesellschaft verpflichtet, sein Gewaltmonopol zu festigen und gegenüber Straftätern durchzusetzen.1840 Die absurde Meinung, nach der die Justiz auf dem rechten Auge blind sei, teilt Wassermann nicht. Stattdessen schreibt er: „Viele Meinungsmacher haben sich offenbar der Vorstellung hingegeben, die Linke habe ein Monopol auf Gewaltanwendung.“1841 Jedoch muss sich der Rechtsstaat gleichermaßen des Rechts- und Linksextremismus erwehren. In seinen Texten verbindet er die juristische mit der politikwissenschaftlichen Sicht und vielfach mit der gemeinsamen Komponente des Werteverfalls. Ähnlich wie Wintzek machte auch Wassermann einen Wandel durch: Er gehörte früher dem linksliberalen Spektrum an. Marko Martin: Martin wurde am 17. September 1970 in Burgstädt/Sachsen in eine Familie von Zeugen Jehovas geboren. „Es dauerte Jahre, bis ich [Martin] die Ähnlichkeit des DDR-Miefs mit der Abgeschlossenheit der Sekte begriff. Schließlich schützte die Absonderung auch. Ich [Martin] war weder Mitglied der Jungen noch der Thälmann-Pioniere, trug weder Halstücher noch später blaue FDJ-Hemden.“1842 Aus diesem Grund musste er nach der zehnten Klasse die Schule verlassen und wurde nicht zum Abitur zugelassen. Eine Lehrstelle zum Fotografen erhielt er aufgrund „politischer Unzuverlässigkeit“1843 nicht, stattdessen einen Ausbildungsplatz als Meß- und Regeltechniker zugewiesen, „obwohl ich nicht einmal Volt und Ampere auseinanderhalten konnte“1844. Da Martin die vorgeschriebene vormilitärische Ausbildung ablehnte, degradierte ihn der ostdeutsche Staat zum Hilfsarbeiter, weswegen er bis zu seiner Ausreise Mülleimer ausleerte oder Parkbänke anstrich.1845 Über die Zeugen Jehovas sagt Martin rückblickend: „Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas war in allen kommunistischen Ländern (und dazu noch in einigen afrikanischen Diktaturen) verboten, was zweifellos für sie sprach. Zeugen Jehovas verweigerten weltweit den Kriegsdienst, starben für ihre Überzeugungen in Hitlers KZs und Stalins GULags; Überlebende der Nazizeit wurden nicht selten unter Ulbricht und Honecker ein zweites Mal eingekerkert. Das war der heroische Aspekt, der mir bis heute impo1839
Wassermann, Rudolf: Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt, in: MUT (319) März 1994, S. 34. 1840 Vgl. ebd., S. 37. 1841 Wassermann, Rudolf: Auf dem rechten Auge blind? Zur Lage in Strafjustiz und Polizei, in: MUT (305) Januar 1993, S. 24. 1842 Martin, Marko: Zwischen Patmos und Babylon. Notizen einer langen Reise, in: MUT (341) Januar 1996, S. 71. 1843 Ebd., S. 73. 1844 Ebd. 1845 Vgl. ebd.
352
niert. Mochten sie auch Spinner und Fanatiker sein, fettgefressene Prälaten und windige IM‚Sekretäre’ im Dunstkreis der Macht waren sie nicht.“1846
Im Mai 1989 konnte Martin aus der DDR in die Bundesrepublik ausreisen, wo er zunächst im Aufnahmelager in Gießen unterkam, bevor er nach BadenWürttemberg umzog. „Ein neues Leben, von nun ab durch keinen Staat, keine Partei und keine Religion mehr verplant, voller Chancen, voller Risiken. Alles andere als ein ‚himmlisches Jerusalem’, eher etwas nach der nüchternen Definition von André Glucksmann: ‚Demokratie ist nicht die Inkarnation des Guten, sondern lediglich das Visavis des Bösen.’“1847 In Singen am Bodensee holte er 1992 sein Abitur nach. Im Anschluss studierte Martin Germanistik, Politikwissenschaft und Geschichte an der Technischen und Freien Universität Berlin. Anfang der 1990er Jahre lebte er einige Jahre in Paris. Bereits 1990 verfasste Martin seine ersten Artikel für MUT. Gegenwärtig lebt und arbeitet er als freier Autor in Berlin und publiziert in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, wie etwa die WELT, taz, mare, Rheinischer Merkur, Berliner Tagesspiegel, liberal, kommune. Er ist Mitglied des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland. Im Laufe seiner journalistischen Tätigkeit erhielt er eine Reihe von Stipendien: 1994 das Arthur F. Burns Fellowship für San Francisco, das Arbeitsstipendium der Stiftung Kulturfonds (2003), das Arbeitsstipendium des ElseHeiliger-Kulturfonds (2004) sowie 2001, 2002 und 2005 das AmsterdamAufenthaltsstipendium der Deutsch-Holländischen Kulturstiftung1848, von dessen ersten Aufenthalt er in einem MUT-Artikel1849 im Oktober 2001 berichtet. In MUT veröffentlichte Martin zwischen 1991 und April 2009 78 Beiträge, davon 31 als Interviews. Er ist äußerst vielseitig, jedoch mit der offenen Gesellschaft als Leitmotiv – sei es in seinen Reiseberichten, Schriftsteller- und Intellektuellenporträts (häufig mit einem Geburts- oder Todesjahrestag verbunden)1850 1846
Ebd., S. 69ff. Ebd., S. 73. Vgl. u. a. http://www.literaturport.de (02.08.2009). MUT (296) April 1992, S. 22. 1849 Vgl. Martin, Marko: Weshalb heißen Lateinamerikaner Hussein? Amsterdamer Notizen, in : MUT (410) Oktober 2001, S. 72-87. 1850 Vgl. u.a. Martin, Marko: Wer war Hans Habe? Eine Spurensuche, in: MUT (353) Januar 1997, S. 36-47. Martin, Marko: Eine deutsche Geschichte. Stefan George und das Auseinanderbrechen seines Kreises im Jahre 1933, in: MUT (377) Januar 1999, S. 52-69. Martin, Marko: Mehr als ein „Fall“. Zum Tode Herbert Padilla, in: MUT (399) November 2000, S. 30-31. Martin, Marko: Der letzte Elefant. Zum Todestag von Romain Gary, in: MUT (400) Dezember 2000, S. 66-70. Martin, Marko: „Als wäre ich nie gewesen oder kaum“. Zum 100. Geburtstag von Hans Sahl, in: MUT (417) Mai 2002, S. 62-69. Martin, Marko: Verrat aus Freiheitsliebe? Milan Kundera, die Politik, die Literatur, in: MUT (498) Februar 2009, S. 36-41. Martin, Marko: Integrer Ausnahme-Intellektueller. Eine Erinnerung an Jürgen Fuchs, in: MUT (500) April 2009, S. 54-60. Martin, Marko: Der Zuseher. Eine abenteuerliche Lektüre-Reise mit Graham Greene, in: MUT (456) August 2005, S. 62-75. 1847 1848
353
oder Interviews. Demokratie versteht er als die Grundlage, um nach Antworten zu suchen, nicht als Allheilmittel schlechthin: „Dabei wird man an der Demokratie keineswegs eine neue Gottheit finden, da ‚Demokratie nicht die Lösung darstellt, sondern einen Modus, um nach Lösungen zu suchen’ (Hannes Stein).“1851 Die Möglichkeit sich auszuprobieren, Gesellschaftsentwürfe zu testen oder auch wieder zu verwerfen und zugleich die Verantwortung des Einzelnen für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft, damit diese nicht an ihren unterschiedlichen Partikularinteressen und -entwürfen zerbricht. „‚Demokratie ist der ständige Bürgerkrieg, der nie stattfindet’, schreibt der Hamburger Essayist Hannes Stein. Und das gefällt mir, dieses mobile Durcheinander, dieses Ausprobieren von Möglichkeiten und Entwürfen im ständigen Clinch mit dem Allgemeininteressen und der Ordnung, die doch unbedingt funktionieren muß, wenn nicht alles im zerstörerischen Chaos enden soll. Das gibt dem einzelnen eine ungeheure Verantwortung für sich selbst, ohne ihm jedoch zuviel an Gemeinschaftssinn und Edelmut zuzutrauen: sie ist sympathisch, diese augenzwinkernde Pragmatik, die ihre unberechenbaren Pappenheimer kennt. Sie denunziert weder die profane Wirklichkeit als wert(e)-los, noch schließt sie vor dem menschlichen Egoismus idealistisch-untätig die Augen. Und sie hat nichts von der Wahnvorstellung einer versöhnten Völkerfamilie und dem elitären Sendungsbewußtsein an sich. Vielleicht muß man in einem Staat wie der DDR aufgewachsen sein, um meine kritische Sympathie verstehen zu können.“1852
Die eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit der Diktatur der ehemaligen DDR fließen kontinuierlich in seine Artikel ein. Im Verhalten ehemaliger DDR-Bürger erkennt er weiterhin: „Verinnerlichte Weltscheuheit, die Angst aufzufallen und die Angst vor der eigenen Unauffälligkeit – das Züchten von grauen Mäusen, die auch nach dem Ende der DDR noch als verunsicherte Fragezeichen rumlaufen“1853. Die unterschiedlichen Mentalitäten zwischen Ost und West stehen auch in seinen Interviews mit Erich Loest1854, Helga Schubert1855 und Jens Reich1856 im Vordergrund. Das Versäumnis demokratische Werte intensiv in den neuen Bundesländern zu vermitteln, führte nach Martin zu den „Insignien der Postmoderne ohne republikanisches Bewußtsein, archaisches Volkstum jenseits jeder zivilgesellschaftlichen Moralmaßstäben“1857 und zum schichtenübergreifenden 1851
Martin, Marko: Die Verteidigung der Moderne. in: MUT (308) April 1993, S. 30. Ebd., S. 26f. 1853 Martin, Marko: Paris. Ein Fest der Beweglichkeit, in: MUT (296) April 1992, S. 24. 1854 Vgl. Martin, Marko: Heimkehr auf einem Bein. Ein MUT-Interview mit Erich Loest, in: MUT (301) September 1992, S. 6-9. 1855 Vgl. Martin, Marko: Keiner wurde gezwungen zu lügen. Ein MUT-Interview mit Helga Schubert, in: MUT (315) November 1993, S. 28f. 1856 Vgl. Martin: Marko: Diese Verdrossenheit muß aufhören. Ein MUT-Interview mit Jens Reich, in: MUT (311) Juli 1993, S. 38-41. 1857 Martin, Marko: Zwei Vergangenheiten. DDR-Nostalgie, Neo-Nazismus und das Schweigen in Brandenburg, in: MUT (393) Mai 2000, S. 38. 1852
354
Ignorieren oder Wegschauen bei ausländerfeindlicher Gewalt, wie etwa in Hoyerswerda. „Die Frage ist nur, wie viele Menschen noch um ihr Leben und ihre physische Unversehrtheit bangen müssen, ehe die wehrhafte Demokratie auch in Brandenburg Wirklichkeit wird.“1858 Besonders im Umgang mit der Linkspartei fordert Martin ein Umdenken: Die Union sollte weniger vor dem Kommunismus warnen, und „anstatt sich bei SPD und Grünen weiterhin verschämt wegzuducken oder sogar von ‚möglichen Schnittmengen’ zu schwadronieren, stünde ein wirklich klarer Blick auf die Linkspartei an“1859. Auch die Thematisierung der Unterstützung der Regime in Kuba und Burma sowie den Organisationen von ETA und Hamas würde nach Martin ein erhellendes Licht auf die Linkspartei werfen.1860 Den Schwerpunkt seiner Arbeit für MUT bilden Reiseberichte, die keineswegs auf eine spezielle Region begrenzt sind. Martin bereist vorwiegend gegenwärtige oder ehemalige Diktaturen, wie etwa Hongkong1861, El Salvador1862, Kambodscha1863, Ruanda1864, Peru1865, Beirut1866 oder die Kurische Nehrung1867. Seine Beiträge umfassen neben Berichten über Treffen mit Oppositionellen oder einfachen Bürgern ebenso historische und politische Grundlagen des jeweiligen Landes. Aus seinen Erlebnissen auf der Kurischen Nehrung zieht er beispielsweise die Erkenntnis: „Alles andere, Entscheidendere aber wird wohl bald in ihrer Erinnerung abgelagert und verweht sein. Die Kurische Nehrung – eine schmale Landzunge am westlichen Rand Osteuropas, vollgestopft mit Geschichte, uneingestandener Trauer und Schweigen.“1868 Sowohl 2000 als auch 2007
1858
Ebd., S. 41. Martin, Marko: Im Gedächtnisloch. Weshalb die Linkspartei im Westen Erfolg hat, in: MUT (487) März 2008, S. 21. 1860 Vgl. ebd. 1861 Vgl. Martin, Marko: Schicke Ladies. in: MUT (476) April 2007, S. 50-57. 1862 Vgl. Martin, Marko: Die Glasscherbe und die Kokosnuß. Eine Reise durch die prekäre Gegenwart El Salvadors, in: MUT (492) August 2008, S. 61-78. 1863 Vgl. Martin, Marko: Lächelnde Gesichter, offene Wunden. Eine kambodschanische Reise, in: MUT (414) Februar 2002, S. 24-36. 1864 Vgl. Martin, Marko: Tage in Ruanda. Letzte Kommunisten oder traumatisierte Demokraten? in: MUT (432) August 2003, S. 46-53. 1865 Vgl. Martin, Marko: Die Liberalen von Lima. Ein Besuch bei hartgesottenen Menschenfreunden, in: MUT (469) September 2006, S. 36-43. 1866 Vgl. Martin, Marko: Beirut, Beirut. Porträt einer gemordeten Stadt, in: MUT (318) Februar 1994, S. 39-48. 1867 Vgl. Martin, Marko: Auf der Kurischen Nehrung. Russische Augenblicke, in: MUT (421) September 2002, S. 22-27. 1868 Vgl. ebd., S. 27. 1859
355
reist Martin nach Israel, wo sein Hauptaugenmerk auf dem alltäglichen Leben und der Gefahr von Selbstmordanschlägen liegt.1869 „Ein Gefühl für die Fragilität der Demokratie, ein Auskosten aller Freiheiten, als könnte es morgen mit dem Beginn irgendeiner Despotie schon wieder zu Ende sein. Ein Bewußtsein aber auch – nicht bei allen, aber doch bei bemerkenswert vielen jungen Israelis, mit denen ich sprach – der eigenen Fehlerhaftigkeit, des eigenen Anteils am Konflikt mit den Arabern. Ein Wille zur radikalen Selbstkritik, zu der die andere Seite wohl noch in 100 Jahren nicht fähig sein wird.“1870
Aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes in Paris nimmt Frankreich den zweiten Schwerpunkt in seinen Publikationen ein, vor allem mit Blick auf die Auswahl seiner Interviewpartner, weniger in der Anzahl seiner frankreichbezogenen Artikel. So interviewt Martin beispielsweise jeweils zweimal den französischen Essayisten Pascal Bruckner1871 und den Philosophen André Glucksmann1872, die französischen Historiker Thierry Wolton1873 und Joseph Rovan1874, den Philosophen Alain Finkielkraut1875, den Romancier Michel Tournier1876 sowie den Résistance- und Kommunismusforscher Stéphane Courtois1877. Gemein ist der überwiegenden Mehrheit der Beiträge ihr spezifischer Diktaturbezug. Daneben widmet sich Martin in drei Beiträgen den Missständen in Frankreich und den Versuchen, diese zu beheben, wie etwa der Theaterregisseur Serge Sándor Gorkis Stück ‚Nachtasyl‘, sehr erfolgreich mit Obdachlosen in Paris
1869
Vgl. Martin, Marko: Nehemias Enkel. Israelische Notizen, in: MUT (396) August 2000, S. 58-66. Martin, Marko: Nach dem Krieg. Vor dem Krieg. Dazwischen. Ein Reisebericht aus Israel, in: MUT (474) Februar 2007, S. 12-25. 1870 Martin, Marko: Nehemias Enkel. Israelische Notizen, in: MUT (396) August 2000, S. 66. 1871 Vgl. Martin, Marko: Konsumorgie der Glückssucher. Ein MUT-Interview mit dem Essayisten Pascal Bruckner, in: MUT (444) August 2004, S. 12-22. Martin, Marko: Der Asterix-Komplex in Reinkultur. Ein MUT-Interview mit dem Essayisten Pascal Bruckner, Paris, in: MUT (464) April 2006, S. 18-25. 1872 Vgl. Martin, Marko: Und der Westen schweigt. Ein MUT-Interview mit dem Philosophen André Glucksmann, in: MUT (346) Juni 1996, S. 58-66. Martin, Marko: Das Böse existiert. Ein MUTInterview mit dem Philosophen André Glucksmann, in: MUT (420) August 2002, S. 38-49. 1873 Vgl. Martin, Marko: Debile Rechts-Links-Spiele haben ausgedient. Ein MUT-Interview mit dem Historiker Thierry Wolton, in: MUT (441) Mai 2004, S. 36-43. 1874 Vgl. Martin, Marko: Einfach ist gar nichts. Ein MUT-Interview mit dem französischen Historiker Joseph Rovan, in: MUT (368) April 1998, S. 74-78. 1875 Vgl. Martin, Marko: Internet-Surfen allein garantiert noch keine humanere Welt. Ein MUTInterview mit dem Philosophen Alain Finkielkraut, in: MUT (381) Mai 1999, S. 20-27. 1876 Vgl. Martin, Marko: Zeichen und Bilder. Ein MUT-Interview mit dem französischen Romancier Michel Tournier, in: MUT (321) Mai 1994, S. 72-75. 1877 Vgl. Martin, Marko: Mit einem Excusez-moi ist es nicht getan. Ein MUT-Interview mit Stéphane Courtois über die Rolle der Kommunisten in der Résistance, in: MUT (359) Juli 1997, S. 10-17.
356
aufführt.1878 Martin beleuchtet in einem ausführlichen Artikel die Verwicklungen Frankreichs in den Völkermord in Ruanda im Jahr 1994. Er beschreibt den Versuch Mitterands, das Abgleiten Ruandas von einem einst frankophonen zu einem anglophonen Land und damit einem Verlust französischen Einflusses in Zentralafrika, durch die Unterstützung von Völkermördern zu verhindern. Mitterand erreichte jedoch genau das Gegenteil seiner Intentionen, als er „zuerst das diktatorische Regime von Jevénal Habyarimana militärisch und finanziell unterstützte, ehe er dessen Nachfolger, den eigentlichen Vollstreckern des Genozids, logistische Rückendeckung und Hilfe bei ihrer Flucht gab – ins damalige Zaire für die kleinen, nach Frankreich, ins Mutterland der Menschenrechte, für die großen Fische“1879. Resigniert stellt er fest: Den zurückgekehrten Tutsis hilft im Zweifelsfall – ungeachtet jeglicher Versöhnungspolitik – lediglich ihr ausländischer Pass und weiße Friedenstruppen, „vorausgesetzt, es sind nicht wieder französische Truppen mit ihrer Sympathie für Völkermörder“1880. Trotz der französischen Unterstützung afrikanischer Diktatoren kommt er am Ende seines ParisAufenthaltes zu einer positiven Frankreich-Einschätzung: „Das Land und seine Kultur leuchten noch immer. Weil es trotz alledem genug Menschen gibt, Franzosen jeder Hautfarbe und Herkunft, die sich nicht korrumpieren und vom verräterischen Singsang der ‚exception français’ einlullen lassen und gerade deshalb immer wieder etwas schaffen, ohne das Europa unendlich ärmer wäre.“1881 Des Weiteren führte Martin u.a. Interviews mit den Autoren Melvin J. Lasky1882, Jorge A. Pomar1883, Dider Daeninckx1884, Milo Dor1885, Mario Vargas Llosa1886, Imre Kertész1887, Marek Halter1888, Jorge Edwards1889, Sergio Rami-
1878
Vgl. Martin, Marko: Aufbruch in die eigene Geschichte. Ein Pariser Theaterregisseur inszeniert mit Obdachlosen Gorkis „Nachtasyl“, in: MUT (375) November 1998, S. 32-36. Martin, Marko: Tage in Ruanda. Letzte Kommunisten oder traumatisierte Demokraten, in: MUT (432) August 2003, S. 50. 1880 Ebd., S. 59. 1881 Martin, Marko: Letzte Tage in Paris. Ein vorläufiger Abgesang, in: MUT (392) April 2000, S. 34. 1882 Vgl. Martin, Marko: Kalter Krieg und fröhliche Nützlichkeit. Ein MUT-Interview mit Melvin J. Lasky, in: MUT (299) Juli 1992, S. 16ff. 1883 Vgl. Martin, Marko: „Es gibt zu viele Mythen um Kuba“. Ein MUT-Interview mit Jorge A. Pomar, in: MUT (330) Februar 1995, S. 6ff. 1884 Vgl. Martin, Marko: Über Detektive und Anarchisten, braune Kommunisten und eitle Literaten. in: MUT (349) September 1996, S. 70-74. 1885 Vgl. Martin, Marko: Selbstironie und Toleranz. Ein MUT-Interview mit Milo Dor, in: MUT (361) September 1997, S. 38-43. 1886 Vgl. Martin, Marko: Es gibt keine marxistische Erotik. Ein MUT-Interview mit Friedenspreisträger Mario Vargas Llosa, in: MUT (369) Mai 1998, S. 30-37. 1887 Vgl. Martin, Marko: Lieber sich allem verweigern als eine Marionette sein. Über die Fragilität all unserer Gewißheiten, Ein MUT-Interview mit dem Literaturnobelpreis-Träger Imre Kertész, in: MUT (425) Januar 2003, S. 52-55. 1879
357
rez1890, den Publizisten Ralph Giordano1891 und Barbara Spinelli1892 oder der Politikwissenschaftlerin Gesine Schwan1893. Martin ist – trotz seines jungen Alters – ein Urgestein unter den MUTAutoren, nur wenige andere schreiben über einen so langen Zeitraum für die Zeitschrift. Die verbindende Komponente seiner Beiträge ist das Eintreten für die offene Gesellschaft und die Menschenrechte zusammen mit einer durchaus vorhandenen kritischen Distanz zur Demokratie, die er nicht als die Verkörperung des Guten betrachtet, die er – ungeachtet ihrer Fehler – dennoch begrüßt und sich keine bessere Staatsform vorstellen kann. Dem Leser vermitteln seine Beiträge eine einzigartige Weltläufigkeit in MUT. Wenngleich seine Artikel sporadisch einige Deutschland bezogene Themen – vor allem zu DDR und LINKE – aufweisen, so berichtet er hauptsächlich von und aus anderen Ländern. Matthias Buth: Buth, geboren am 25. Mai 1951 in Wuppertal-Elberfeld, studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln und promovierte 1985 mit einer Arbeit über das Militärstrafrecht unter besonderer Berücksichtigung des Strafrechts der DDR. Er veröffentlicht seit 1973 verschiedene Essays, Gedichte, Rezensionen und Feuilletons für Print- und Funkmedien (u.a. Deutsche Welle, WDR, DLF). Seit 1988 arbeitet Buth in verschiedenen Bundesministerien, u.a. als Ministerialrat beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Gegenwärtig ist er Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller sowie im P.E.N. Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland.1894 In der vierten Untersuchungsphase (seit 2004) schreibt Buth 34 Artikel für MUT. Die mangelnde europäische wie deutsche Identität ist das wesentliche Thema seiner Texte, welches er mit Blick auf die EU-Osterweiterung sowie die europäische Verfassung aufgreift. Die Frage, was „tatsächlich die Europäer im Innersten zusammenhält, was das Innerste überhaupt ist und welche Mentalitäten
1888
Vgl. Martin, Marko: Die mißbrauchte Vergangenheit. Ein MUT-Interview mit dem Schriftsteller Marek Halter, in: MUT (433) September 2003, S. 46-53. Vgl. Martin, Marko: Weder Pinochet noch Fidel Castro. Ein MUT-Interview mit dem chilenischen Romancier Jorge Edwards, in: MUT (462) Februar 2006, S. 43-51. 1890 Vgl. Martin, Marko: Hugo Chavez wird die Armen nur enttäuschen. Ein MUT-Interview mit dem nicaraguanischen Schriftsteller und Politiker Sergio Ramirez, in: MUT (470) Oktober 2006, S. 74-87 1891 Vgl. Martin, Marko: Mein Kompaß ist Auschwitz. Ein MUT-Interview mit dem Publizisten Ralph Giordano, in: MUT (345) Mai 1996, S. 41-47. 1892 Vgl. Martin, Marko: Hohle Rhetorik der Gedenkroutine. Gegen ein seltsam deformiertes Erinnerungsbewußtsein, Ein MUT-Interview mit der Publizistin Barbara Spinelli, in: MUT (427) März 2003, S. 64-70. 1893 Vgl. Martin, Marko: Der hohe Preis der Schuld-Verdrängung. Ein MUT-Interview mit der Politikwissenschaftlerin und Autorin Gesine Schwan, in: MUT (366) Februar 1998, S. 68-74. 1894 Vgl. MUT (437) Januar 2004, S. 40. [o.A.] MUT (477) Mai 2007, S. 30. [o.A.] MUT (486) Februar 2008, S. 55. [o.A.] http://www.exilpen.de/HTML/Mitglieder/NEU/buth.html. (08.07.2009) 1889
358
sich in einer europäischen Befindlichkeit zusammenbinden könnten“1895, wird, so Buth, auch nach den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden über die europäische Verfassung nicht berücksichtigt. Stattdessen „hat man den Eindruck, daß wagenburgartig die Interessensphären der Nationalstaaten abgesteckt werden, weil diese fürchten, im europäischen Globalismus unterzugehen“1896. Die Befürchtung, der „rapide Integrationsprozeß könne eine Nation im Innern aushöhlen und diese schon jetzt mit einer Restlaufzeit versehen“1897, ist insbesondere unter den mittelosteuropäischen Staaten hoch. Einige mittelosteuropäische Intellektuelle, wie Jirí Grua, sprechen bereits von einer Westerweiterung an Stelle einer europäischen Osterweiterung, „nach dem Motto, daß sich das östliche Europa, also Ostmitteleuropa, den Lebensstrukturen und Mentalitäten des Westens (gefälligst) anzupassen habe“1898, wie Buth feststellt. Insbesondere die polnische Haltung zur EU-Verfassung macht einmal mehr deutlich, „daß Geschichte und deren Deutung stets in die Politik der Gegenwart hineindeuten“1899. Die deutsche Identität sieht Buth im Sinne eines „freiheitliche[n], das Atem schaffende, das weltbürgerliche Deutschland“1900 von Heinrich Heine oder Reiner Kunze, welches als Vorbild für eine Diskussion über eine europäische Identität dienen könnte. „Deutschland war immer multiregional und multikulturell. Es war auch immer offen, denn deutsch ist vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ein Synonym für eine Freiheitsidee und für das Sprachland, das die deutsche Kulturnation ausmacht. Deutschland als Kulturnation. Politisch wünschenswert ist, daß sich die Deutschen und die in der Bundesrepublik lebenden Menschen anderer Kulturen über das Eigenbild Deutschlands Gedanken machen, damit wir mit der Anstrengung aller zu Darstellungen kommen, die dann auf die Bühne einer internationalen Diskussion gestellt werden sollten.“1901
Daneben sind Buth die deutsch-israelischen Beziehungen wichtig, denen er auf dem Gebiet der Kultur nachgeht: In dem verstorbenen Komponisten Abel Ehrlich findet er einen Mittler zwischen Israel und Deutschland. Ehrlichs Musik
1895
Buth, Matthias: Worauf warten? in: MUT (470) Oktober 2006, S. 48. [Hervorhebung im Original] 1896 Ebd. 1897 Buth, Matthias: Die eigene Sprache als Wasser und Brot. Das östliche Europa will wahrnehmbar bleiben, in: (437) Januar 2004, S. 43. 1898 Buth, Matthias: Worauf warten? in: MUT (470) Oktober 2006, S. 48. 1899 Buth, Matthias: Deutsche Polenbegeisterung. in: MUT (439) März 2004, S. 30. 1900 Buth, Matthias: Vaterland Wort. Horizonte deutscher Sprache, in: MUT (455) Juli 2005, S. 27. 1901 Buth, Matthias: Deutschland als Kulturnation. in: MUT (446) Oktober 2004, S. 82. [Hervorhebung im Original]
359
nimmt „zwar orientalische Einflüsse“1902 auf, jedoch wird der „musikalische Schwerpunkt Deutschland und Mitteleuropa immer wieder erkennbar“1903. Seine „Musik öffnet und vermittelt musikalische Dialoge“1904. Gemein ist Israel und Deutschland: „Diese Suche nach der eigenen Kultur, die eine bestimmte Staatsphilosophie ausfüllt, wird noch lange dauern, wird sich vielleicht auch – wie in vielen anderen Staaten, nicht zuletzt auch in Deutschland – nie ganz abschließen lassen.“1905 Ab Mitte 2007 rückt vermehrt die Thematik der Integration von Ausländern bzw. „Menschen mit Migrationshintergrund“1906 in den Vordergrund, deren Eingliederungsverlauf er zunehmend problematischer sieht. Dabei erkennt er in der mangelnden Diskussion, um eine deutsche Identität und ein deutsches Nationalgefühl, das größte Hindernis für eine gelungene Integration: „Schon Begriffe wie ‚Deutschland’, ‚die Deutschen’ oder ‚Nation’ gehen den mit dem Kulturrelativismus vertrauten Meinungsbildern in den Leitungsetagen der Republik kaum über die Lippen. Die Bemühungen vom Bund, Ländern und Gemeinden bei der Integration von Migranten sollten eigentlich einladen zu fragen, in welches Deutschland denn integriert werden soll.“1907 Hinzu kommt die häufig nicht mit aller Vehemenz geforderte Einhaltung des demokratischen Rechtsstaates gegenüber Migranten, welches sich für Buth nicht zuletzt in aktuellen Gerichtsurteilen äußert und „die Lebenskultur, ja nicht selten sogar das Lebensglück in Deutschland“1908 verletzt. „Wie aktuelle Gerichtsurteile im Familien- und Strafrecht deutlich machen, sind wir auf dem Weg, unsere Wertvorstellungen nicht immer zum Maßstab für das Leben hier zu statuieren, und lassen die Scharia und den Koran als Wertesystem zu.“1909 Diesen „permanenten Zwiespalt“1910 zwischen den unterschiedlichen Wertevorstellungen müssen „Kinder tagtäglich aushalten“1911: Das „Pendeln zwischen der häuslichen Parallelgesellschaft und den Werten, die die Schule zu vermitteln bestrebt ist, stellt nicht nur ein großes Integrationshindernis dar, sondern macht die Kinder teilweise regelrecht krank“1912. 1902
Buth, Matthias: Ein Ozean an Musik. Abel Ehrlich zwischen Israel und Deutschland, in: MUT (448) Dezember 2004, S. 74. 1903 Ebd. 1904 Ebd., S. 75. 1905 Buth, Matthias: Unerreichbar nahe. Selbstfindungen durch die Künste in Israel und Deutschland, in: MUT (459) November 2005, S. 55. 1906 Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 142. 1907 Buth, Matthias: Verändert sich Europa? Muslimische und türkische Mentalitäten, in: MUT (477) Mai 2007, S. 33. 1908 Ebd., S. 34. 1909 Ebd. [Hervorhebung im Original] 1910 Buth, Matthias: Vor Ort. Integration wohin? in: MUT (491) Juli 2008, S. 13. 1911 Ebd. 1912 Ebd.
360
Buth steht damit in genauem Gegensatz zu dem in dieser Frage mehr relativistisch orientierten Schütt. Eher einen hinderlichen Charakter für eine erfolgreiche Integration nimmt für Buth der Ehrbegriff sowie das Kopftuch ein, denen er beiden jeweils ein anklagendes Gedicht widmet.1913 Auch in dem Roman von Güner Yasemin Balci ‚Arabboy‘, den Buth rezensiert, ist jene spezielle Vorstellung von Ehre ein zentrales Thema. „Ein Tatsachenroman vom Scheitern, der leider nicht Fiktion ist, sondern so in ein Dunkeldeutschland hineinsehen läßt, daß es weh tut.“1914 Für Buth ergibt sich aus ‚Arabboy‘ die folgende Schlussfolgerung für einen Weg in eine gelungene Integration: „Wenn wir diesen Menschen in Neukölln, in Hamburg, Köln oder München, die in Migrantenexklaven zusammenleben, nicht das Gefühl geben, daß sie dazugehören, daß man sie als deutsche Mitbürger anspricht und sie fordernd fördert, werden sie nicht als junge Menschen und Familien heranwachsen, sondern eher als politische Sprengsätze, die unser Leben gefährden.“1915
Buth ist keineswegs ein Integrationsgegner. Jedoch darf die freiheitlichdemokratische Rechtsordnung nicht zur Disposition gestellt werden, auch nicht von einer grundgesetzlich verbrieften Religionsfreiheit, die keineswegs eine „‚De luxe’-Stellung“1916 unterhält, „die berechtige, sich über alle anderen verfassungsrechtlichen Grundwerte der Verfassungsordnung hinwegzusetzen“1917, wie er den Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio zitiert. Keine Kultur oder Religion darf dabei auf der Basis eines Überlegenheitsgefühls agieren. Der Kern seiner Artikel ist die Forderung nach einer offenen Diskussion und späteren Definition der deutschen Identität sowie der nationalen Werte. Im Bereich der Integrationsthematik generiert sich Buth als Gegenpol zu Schütt. Darüber hinaus finden sich mehrere Künstlerporträts in den Texten von Buth, so etwa von dem Dichter George Forestier1918, der Lyrikerin Hilde Domin1919, den Dichtern Walter Flex1920, Reiner Kunze1921 und Jakob van Hod1913
Vgl. Buth, Matthias: Ehre. in: MUT (500) April 2009, S. 147. Buth, Matthias: Kopftuch. in: MUT (491) Juli 2008, S. 9. 1914 Buth, Matthias: Eine Jugend ohne Deutschland. Ein biographischer Roman aus Berlin-Neukölln, in: MUT (495) November 2008, S. 33. 1915 Ebd., S. 35. 1916 Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 146. 1917 Ebd. 1918 Vgl. Buth, Matthias: Das Herz im Staub der Straße. in: MUT (457) September 2005, S. 70-75. 1919 Vgl. Buth, Matthias: Die Notruferin. Abschied von Hilde Domin (1909-2006), in: MUT (464) April 2006, S. 34-37. 1920 Vgl. Buth, Matthias: Todgeweihte Todbereite. Walter Flex und die deutsche Kriegsdichtung 1914, in: MUT (486) Februar 2008, S. 55-61. 1921 Vgl. Buth, Matthias: Kunzes Kosmos. Ein Leben im Zwischenland, in: MUT (492) August 2008, S. 82-86.
361
dis1922 oder auch in Form einer Buchrezension zu den Erinnerungen von Karl Dedecius1923. Eckhard Jesse: Prof. Dr. Eckhard Jesse wurde am 26. Juli 1948 in Wurzen bei Leipzig geboren. Nach einer Verwaltungslehre studierte er von 1971 bis 1976 Politik- und Geschichtswissenschaft an der Freien Universität Berlin; während dieser Zeit (1972 – 1978) war er Stipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung. Von 1978 bis 1983 arbeitete Jesse als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Trier, wo er 1982 seine Dissertation mit dem Thema: ‘Die Gestaltung des Wahlrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Analyse der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzungen um Wahlsystem- und Wahlrechtsänderungen‘ abschloss. Bis zur Fertigstellung seiner Habilitation 1989 (‚Streitbare Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Das Beispiel des Extremismusbeschlusses von 1972‘) war Jesse Hochschulassistent an der Universität Trier, bevor er 1990 dort eine Hochschuldozentur bekam. Während der nächsten drei Jahre folgten Lehrstuhlvertretungen sowie Gastprofessuren an den Universitäten München, Trier, Potsdam und Mannheim. Seit 1993 ist Jesse Inhaber des Lehrstuhls ‚Politische Systeme/Politische Institutionen‘ an der Technischen Universität Chemnitz. Er war von 2007 bis 2009 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft.1924 Im September 1993 begann Jesse seine Tätigkeit für MUT (bis April 2009 31 Beiträge). In vielen Artikeln analysiert er Epochenzäsuren und Brüche in der deutschen Geschichte, vorwiegend solche nach 1945. „Das Scharnierjahr 1945 bildete Ende und Anfang zugleich: einerseits das Ende der Diktatur des Dritten Reiches in ganz Deutschland und weiten Teilen Europas, andererseits den Beginn einer Demokratie im Westen des Landes und Beginn einer neuen Diktatur in seinem Osten und anderen Teilen Europas.“1925 Jesse konstatiert: Die Teilung Deutschlands war keineswegs eine Folge des Zweiten Weltkrieges, sondern „eine Reaktion auf den Kalten Krieg zwischen den Westen und den Osten“1926. Neben 1945 sind die entscheidenden deutschen Schlüsseljahre 1968 und 1989, denen sich Jesse von historischer wie von politikwissenschaftlicher Seite nähert. Seine Schlussfolgerung: „‚1989’ wäre ohne ‚1968’ nicht möglich geworden.“1927 1922
Vgl. Buth, Matthias: Berlins grelle, gelbe Nacht. Jakob van Hoddis’ Rosen vom Wannsee, in: MUT (493) September 2008, S. 25-29. 1923 Vgl. Buth, Matthias: Karl Dedecius – Ein Deutscher aus Polen. in: MUT (467) Juli 2006, S. 7071. 1924 Vgl. u.a. MUT (313) September 1993, S. 51. http://www.tu-chemnitz.de/phil/politik/pspi/ jesse.php (01.07.2009) 1925 Jesse, Eckhard: Das Scharnierjahr 1945. Ein Rückblick auf die Zeit davor und danach, in: MUT (460) Dezember 2005, S. 25. 1926 Ebd., S. 26. 1927 Jesse, Eckhard: 1968 – und 25 Jahre später. in: MUT (315) November 1993, S. 24.
362
Zum einen waren die DDR-Bürgerrechtler geprägt von der Zerschlagung des Prager Frühlings, zum anderen wurden die Protestierenden 1989 durch die Vorstellungen der westdeutschen 68er beeinflusst. Noch auf einer anderen Ebene seien beide Schlüsseljahre verbunden: Der Zusammenbruch der DDR ist ebenso eine Zäsur für den deutschen Terrorismus. Bei Jesse heißt es: „Als nach dem Zusammenbruch der DDR bekannt wurde, daß ein Teil der Terroristen hier seit Anfang der achtziger Jahre Unterschlupf gefunden hatte, war dies vielleicht der ‚entscheidende Sargnagel’ für den sich ‚autonom’ gerierenden Terrorismus.“1928 Die Analyse verschiedener deutscher Schlüsseljahre führt Jesse zu der Erkenntnis: „Wir sollten uns immer klar darüber sein, daß der Sieg einer Idee, eines Systems kein Ausweis seiner Humanität sein muß.“1929 Anders als vielfach behauptet1930, erkennt er in der Bundesrepublik nach 1990 keine neue Berliner Republik, sondern eine erweiterte. Auch nach der deutschen Einheit ist Deutschland durch äußere Verlässlichkeit und innere Stabilität geprägt.1931 Wahlen sowie Parteien bilden Jesses zweiten thematischen Schwerpunkt. Im Vorfeld der Bundestagswahlen 1994 erörtert er beispielsweise die möglichen Koalitionsszenarien nach der Wahl. Er konstatiert: „Der Wähler soll vor der Wahl wissen, wer mit wem nach der Wahl koalieren will. Er wählt damit nicht nur das Parlament, sondern faktisch auch die Regierung. Unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten ist daher eine ‚schwarz-gelbe’ oder eine ‚rot-grüne’ Koalition vorzuziehen.“1932 Das sich andeutende Zwei-Blöcke-System könnte nach Jesse durch den Einzug der PDS oder der Republikaner in den Bundestag (1994) unterminiert werden: „Der Einzug solcher Flügelparteien könnte das sich anbahnende Zwei-Blöcke-System aus den Angeln heben. Das ist keine erfreuliche Perspektive für die Stabilität und Legitimität der demokratischen Ordnung. ‚Alte Parteien sind nicht out’, jedenfalls dann nicht, wenn sie ihre Regenerationsfähigkeit unter Beweis stellen und die Flügelparteien deutlich, aber nicht stigmatisierend bekämpfen – die rechten und auch die linken.“1933
Der knappe schwarz-gelbe Sieg 1994 ist nach ihm in erster Linie auf „zwei Eigentümlichkeiten des Wahlrechts“1934 zurückzuführen: der Alternativklausel 1928
Jesse, Eckhard: 1977 – und 20 Jahre später. in: MUT (362) Oktober 1997, S. 32. Jesse, Eckhard: 1968 – und 25 Jahre später. in: MUT (315) November 1993, S. 26. 1930 Vgl. u.a. Gross, Johannes: Die Begründung der Berliner Republik. Stuttgart 1995. Hamilton, Daniel: Jenseits von Bonn. Amerika und die „Berliner Republik“, Frankfurt a.M. 1994. 1931 Vgl. Jesse, Eckhard: Keine neue Republik. Fünf Jahre vereinigtes Deutschland, in: MUT (338) Oktober 1995, S. 38. 1932 Jesse, Eckhard: Die Koalitionsszenarien vor der Bundestagswahl 1994. in: MUT (326) Oktober 1994, S. 11. 1933 Ebd., S. 14. 1934 Jesse, Eckhard: Nach der Wahl. in: MUT (327) November 1994, S. 5. 1929
363
sowie der Überhangmandate. Wenngleich das Wahlergebnis „eine Bestätigung für Helmut Kohl“1935 ist, „können sich die Verlierer als Sieger sehen, die Sieger als Verlierer“1936. Denn: „Der riesengroße Vorsprung – 20,2 Prozentpunkte! – von ‚schwarz-gelb’ gegenüber ‚rot-grün’ bei der Bundestagswahl 1990 schrumpfte diesmal auf 4,5 Punkte.“1937 Eine Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung war für Jesse schon „deshalb angebracht, weil die Opposition keinen Kohärenten Block bildet“1938. Im Ergebnis wünscht er sich für die nächsten Bundestagswahlen eine klare Koalitionsaussage aller Parteien. „Für den demokratischen Verfassungsstaat wäre es gut, hätte der Bürger bei der nächsten Wahl [1998] eine klare Alternative zwischen einem ‚schwarz-gelben’ (ohne die REP) und einem ‚rot-grünen’ Block (ohne die PDS). Der Bundesrepublik sollte die Schlüsselrolle einer rechten oder linken Flügelpartei bei der Regierungspartei erspart bleiben.“1939 Den Meinungen nach einer Links- bzw. Rechtsverschiebung des politischen Koordinatensystems erteilt Jesse eine Absage: „Wer die fünfzigjährige Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Revue passieren läßt – eine Erfolgsgeschichte – , kann nicht die Auffassung teilen, es zeichne sich eine ‚Verschiebung’ des politischen Koordinatensystems ab. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille: Zwar spielt der politische Extremismus keine beängstigend große Rolle, doch gelingt es ihm mitunter, in die Mehrheitskultur vorzudringen, jedenfalls soweit es sich um die linke Variante handelt. Diese Entwicklung ist durch die deutsche Einheit eher beschleunigt worden, freilich mehr im intellektuellen Umfeld. Hingegen konnte keine Form des Rechtsextremismus salonfähig werden – auch nicht eine in ihrer Bedeutung vielfach überschätzte ‚neue Rechte’. Für den demokratischen Verfassungsstaat in der Bundesrepublik bedeutet damit weniger der nicht sonderlich starke politische Extremismus eine Gefahr als vielmehr das Verhalten demokratischer Intellektueller und Gruppierungen, die ihrerseits demokratische Positionen ins antidemokratische Abseits zu setzen suchen.“1940
Eine ‚Volksfront von rechts‘ erkennt er nicht. Die „Geschlossenheit, von der die Partei [NPD] spricht, [steht] nur auf dem Papier“1941. Hinzu kommt die Wählerschaft, die eher „Flugsand“1942 ähnelt. „Es besteht keine enge Bindung an die Parteien. Daher propagiert die Partei wüsten Protest.“1943 Jesse sieht geringen Nutzen in einem neuerlichen Verbotsverfahren, vielmehr sollte weniger auf 1935
Ebd. Ebd. 1937 Ebd. 1938 Ebd., S. 6. 1939 Ebd., S. 6. 1940 Jesse, Eckhard: 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Haben wir eine Verschiebung des politischen Koordinatensystems? in: MUT (381) Mai 1999, S. 41. 1941 Jesse, Eckhard: „Volksfront von rechts“? in: MUT (448) Dezember 2004, S. 15. 1942 Ebd. 1943 Ebd. 1936
364
„Wählerbeschimpfung“1944 gesetzt werden, eher auf eine politische Bekämpfung der NPD.1945 Auch im Jahr 2008 ist die LINKE für Jesse „keine normale demokratische Partei“1946. Die LINKE ist „keineswegs ein Gralshüter der Demokratie“1947, auch wenn demokratisch gewählt. Gleichwohl: „In ihr sind Kräfte vertreten, die offen den Verfassungsstaat ablehnen.“1948 Eine „Kooperation mit der LINKEN verbietet sich“1949 für Jesse demnach weiterhin. Den antiextremistischen Konsens sieht er nach der deutschen Einheit gefährdet. Denn: „In der politischen Kultur ist er nämlich (noch) nicht hinreichend verankert. Vergangene totalitäre Phänomene werden abgelehnt, gegenwärtige (links-) extremistische jedoch keineswegs mit gleicher Entschiedenheit.“1950 Aus dem Rahmen – und für einen Politikwissenschaftler eher ungewöhnlich anmutend – fallen drei Artikel – zur Historie der modernen Olympischen Spiele1951, zu den Fußball-Weltmeisterschaften seit 19301952 sowie zum „Wunder von Bern“1953. Dabei sieht Jesse in dem „Wunder von Bern“ kein wesentliches Ereignis für die Entwicklung der Bundesrepublik – wie im Nachhinein häufig konstatiert, schon gar kein neues Gründungsdatum. „Je mehr wir uns von dem ‚Wunder von Bern’ entfernen, um so wunderlicher fällt die Argumentation aus. Damals, heißt es, habe die Bundesrepublik ihre zweite Gründung erfahren. (…) Es lasse sich von einer ‚Berner Republik’ sprechen. ‚Das wahre Gründungsjahr der Bundesrepublik ist’, so ein Fußballbuch, ‚der 4. Juli 1954.’ (…) Wer die damaligen Zeitungen studiert, stellt fest, wie schnell die Zeitgenossen zur Tagesordnung übergegangen sind. Gewiß herrschte große Begeisterung. Der Sieg des einheimischen David über den auswärtigen Goliath in der Sportart Nr. 1 entfachte Jubelstürme, löste vorübergehend auch ein gestiegenes Zusammengehörigkeitsgefühl aus. Aber immer wieder mischte sich Nachdenklichkeit in die große Freude. (…) Die Mentalität der Deutschen änderte sich nicht schlagartig mit diesem Triumph. Die These von der ‚Berner Republik’ ist eine Legende. 1954 war keine Zäsur.“1954
1944
Ebd. Vgl. ebd. 1946 Jesse, Eckhard: Eine Kooperation mit der LINKEN verbietet sich. in: MUT (494) Oktober 2008, S. 44. 1947 Ebd. 1948 Ebd. 1949 Ebd. 1950 Jesse, Eckhard: Deutsche Diktaturaufarbeitung und die Bedeutung des antitotalitären Konsenses.in: MUT (344) April 1996, S. 54. 1951 Vgl. Jesse, Eckhard: Von Athen bis Atlanta. 100 Jahre Olympische Spiele zwischen Sport und Politik, in: MUT (347) Juli 1996, S. 34-52. 1952 Vgl. Jesse, Eckhard: Die Fußball-Weltmeisterschaften seit 1930. in: MUT (466) Juni 2006, S. 617. 1953 Vgl. Jesse, Eckhard: Das „Wunder von Bern“. Fünfzig Jahre danach, in: MUT (443) Juli 2004, S. 26-33. 1954 Ebd., S. 32f. 1945
365
Eine charakteristische Besonderheit bei Jesse stellen persönliche Bezüge dar, die sich sowohl auf seine Kindheit wie auch auf aktuelle Ereignisse beziehen, und die er in seine Artikel einbaut. So schreibt er etwa über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung seines Wohnortes Bobritzsch bei Freiberg in Sachsen nach der deutschen Einheit1955 oder seine familiären Erinnerungen zum 13. August 1961 sowie dem 9. November 1989: „Am 13. August überlagerte die Sorge meines Vaters um die Zukunft die Genugtuung, drei Jahre zuvor in den Westen gekommen zu sein. Und am 9. November überlagerte die Freude der kurz zuvor in die Prager Botschaft geflüchteten und bei uns Aufnahme gefundenen Verwandten die Sorge um die ungewisse Zukunft.“1956 Ein weiteres Spezifikum bei Jesse ist die Herangehensweise an viele seiner Themen, die sowohl von politik- als auch von geschichtswissenschaftlicher Seite erfolgt. Jörg Weigand: Der Autor Jörg Weigand, geboren am 21. Dezember 1940, studierte Sinologie, Japanologie sowie Politische Wissenschaft, bevor er von 1973 bis 1996 als Fernsehkorrespondent für das ZDF-Studio in Bonn arbeitete. Daneben veröffentlichte Weigand Bücher zur Kultur- und Geistesgeschichte Chinas, zu Problemen der Unterhaltungsmedien sowie mehrere Erzählungen und Anthologien mit Science-Fiction und phantastischen Erzählungen französischer und deutscher Autoren.1957 Mit MUT begann er im Januar 1993 zusammenzuarbeiten (bis April 2009 insgesamt 56 Beiträge, davon 27 Interviews). Auf der einen Seite beschäftigt sich Weigand in MUT mit Rechtsextremismus und Gewalttaten und auf der anderen Seite mit dem Thema Lesen und Literatur. Neben den allgemeinen Gefährdungen der bundesrepublikanischen Demokratie durch Rechtsextremisten widmet sich Weigand insbesondere dem Rechtsextremismus innerhalb der so genannten neuen Medien (z.B. Internet, Computerspiele, Videos), die speziell auf Kinder und Jugendliche eine große Wirkung entfalten. Er beanstandet: „Die Hinterfragung dieses Phänomens Gewaltbereitschaft und Brutalisierung bei Jugendlichen, insbesondere in Verbindung mit Ausländerfeindlichkeit, hat erst im Ansatz begonnen, konkrete bzw. schlüssige Ergebnisse lassen auf sich warten.“1958 Um den Mangel an Untersuchungen auszugleichen, verwendet er Beispiele von durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierten Medien, die er beispielhaft zitiert. Seine persön1955
Vgl. Jesse, Eckhard: Großes Glück. Günstige Gelegenheit gut genutzt, in: MUT (398) Oktober 2000, S. 12. Jesse, Eckhard: Der 13. August 1961 – und vierzig Jahre danach. in: MUT (408) August 2001, S. 20f. 1957 Vgl. u.a. MUT (305) Januar 1993, S. 19. MUT (340) Dezember 1995, S. 17. MUT (500) April 2009, S. 177. http://www.edfc.de/sekundaer23.htm. (26.06.2009) 1958 Weigand, Jörg: Menschenverachtung und Völkermord als Programm. Über die besondere Gefährdung der Jugend durch zur Intoleranz und zum Rassenhaß aufstachelnde moderne Medien, in: MUT (314) Oktober 1993, S. 6. 1956
366
liche Meinung rückt dabei vermehrt in den Vordergrund1959 – immer verbunden mit dem Aufruf: „Wir brauchen mehr demokratische Solidarität!“1960 sowie einem klaren Bekenntnis zur streitbaren Demokratie1961 – und kann an dieser Stelle nur exemplarisch wiedergegeben werden. Journalistische Distanz tritt in den Hintergrund. „Es würde zu weit führen, hier die ganze, sich daran anschließende ekelerregende Bandbreite dieses sogenannten Spiels auszubreiten, in dessen Verlauf sich die Hasstiraden und Hetzparolen ins Ungeheuerliche steigern.“1962
Die Arbeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hebt er zusätzlich in zwei weiteren Artikeln hervor: Zum einen interviewte er die Vorsitzende der Bundesprüfstelle Elke Monssen-Engberding1963 und zum anderen widmete er ihrem Vorgänger Rudolf Stefen, einem „Bonner Urgestein der Bundesrepublik Deutschland“1964, einen eigenen Artikel, in dem Weigand „die Trendwende in der Beurteilung der Medienlandschaft“1965 mit dem Amtsantritt Stefens erkennt, der „auf diese Weise bei den deutschen Neonazis zum gehaßtesten Mann der deutschen Nation aufstieg“1966. „Der neue Volksfeind, so wie ihn Stefen sah und durch energisches Durchgreifen auch bekämpfte, waren – neben der harten Pornographie, die nach wie vor indiziert werden mußte – nunmehr Schriften und Abbildungen, die Gewalt gegen Menschen in grausamer oder sonstwie unmenschlicher Weise darstellten und damit verrohend wirkten, sie durch die Art der Darstellung verherrlichten oder verharmlosten. Einbezogen wollte Stefen auch solche Veröffentlichungen, die zum Rassenhaß aufriefen, den Krieg verherrlichten und zu Drogenmißbrauch und kriminellen Handlungen aufforderten.“1967
Aufgrund der Indizierung des Januar-Heftes 1979 bekommt die Thematik einen besonderen Bezug zur Zeitschrift. Weigand erfuhr hiervon zu Beginn seiner 1959
Vgl. ebd., S. 6-10. Weigand, Jörg: Wir brauchen mehr demokratische Solidarität. in: MUT (318) Februar 1994, S. 20f. Weigand, Jörg: Wir brauchen mehr demokratische Solidarität. in: MUT (318) Februar 1994, S. 21. 1961 Vgl. Weigand, Jörg: Braune Mordhetze. in: MUT (373) September 1998, S. 31. 1962 Weigand, Jörg: Menschenverachtung und Völkermord als Programm. Über die besondere Gefährdung der Jugend durch zur Intoleranz und zum Rassenhaß aufstachelnde moderne Medien, in: MUT (314) Oktober 1993, S. 10. 1963 Vgl. Weigand, Jörg: Man kann nur den Einzelfall beurteilen. Ein MUT-Interview mit Elke Monssen-Engberding, in: MUT (305) Januar 1993, S. 15-21. 1964 Weigand, Jörg: Wider Gewaltverherrlichung, Verrohung und Rassenhaß. in: MUT (345) Mai 1996, S. 63. 1965 Ebd., S. 62. 1966 Ebd., S. 63. 1967 Ebd., S. 62. 1960
367
Tätigkeit von Wintzek: „Nur beiläufig hatte ich bei einem Telefonat dieses Interview [mit Elke Monssen-Engberding] vorgeschlagen; daß Wintzek darauf sofort ‚ansprang’ hatte den Grund darin, daß MUT einmal – vor langen Jahren – indiziert worden war. Wovon ich bis dato nichts gewußt hatte, was aber ein Blick in das Verzeichnis der BPS bestätigte“1968. Rückblickend äußert sich Weigand in der 500. Ausgabe über jene Phase der Zeitschrift wenig reflektierend und gutgläubig, was auf eine Unkenntnis des betreffenden Heftes sowie der gesamten Publikation dieser Jahre schließen lässt. „Da hat also einer vor Jahren einen Fehler gemacht, ist zum politischen Irrläufer geworden, hat sich ideologisch verrannt – wohlgemerkt: damals in durchaus positiver Absicht.“1969
In der Vergangenheit war Wintzek zwar ideologisch fehlgeleitet, handelte jedoch in ‚positiver Absicht‘ wie es Weigand ausdrückt. Was er unter ‚positiver Absicht‘ versteht, bleibt aber im Dunkeln. Stellt sich die Frage: Handeln nicht auch Extremisten in ihrer ideologischen Verblendung in gutem Willen, was keineswegs als Rechtfertigung dienen sollte. Zudem steht seine eher positive Bewertung der Vergangenheit von MUT in krassem Gegensatz zu seiner Ablehnung heutiger rechtsextremistischer Erscheinungsformen. Daneben wendet sich Weigand aber auch singulären rechtsextremen Ereignissen zu: So prangert er z.B. die „Ghettoisierung durch Ausgrenzung“1970 der Algerienfranzosen am Beispiel der Silvesterunruhen in Straßburg an – eine Folge der misslungenen Integration. „Gescheitert an einer gewissen Xenophobie des Bürgertums, insbesondere an der Verweigerungshaltung der Gesamtgesellschaft, vom eigenen Wohlstand, der ungleich geringer ist als bei uns, den anderen etwas abzugeben.“1971 Diese Erwartungshaltung nach der einem „sozusagen ein geburtsbedingtes Anrecht“1972 auf Wohlstand zusteht, erkennt er auch in der Bundesrepublik. Die zunehmende Brutalisierung Deutschlands ist nicht ausschließlich auf rechtsextremistische Gewalttaten zu beziehen, wie er weiter ausführt, sondern ebenso auf die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet sowie den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, dessen Anonymität und Internationalität eine effektive Strafverfolgung erheblich erschwert.1973 Auch hier zeichnet sich wieder eine
1968
Weigand, Jörg: Gegen Meinungsterror und Zensur. in: MUT (500) April 2009, S. 177. Ebd., S. 177f. 1970 Weigand, Jörg: Gewalt der Benachteiligten. in: MUT (366) Februar 1998, S. 14. 1971 Ebd. 1972 Weigand, Jörg: Von der Kunst der Selbstbeschränkung. in: MUT (372) August 1998, S. 56. 1973 Vgl. Weigand, Jörg: Schrankenlose Zügellosigkeit. Kinderpornographie im Internet, in: MUT (346) Juni 1996, S. 36f. Weigand, Jörg: Kampf der Kinderpornographie und dem sexuellen Mißbrauch. Europäische Zusammenarbeit ist unbedingt notwendig, Ein MUT-Interview mit Angela 1969
368
wenig distanzierte Sichtweise und persönliche Betroffenheit Weigands ab: „Zuvor aber steht die Schwierigkeit, Programme und Kommunikationsangebote überhaupt erst einmal zu erkennen, die solchen Pornodreck anbieten.“1974 Die bestimmende Thematik in seinen Texten stellt die Literatur und das Leseverhalten der Deutschen dar: Dabei erkennt er in den so genannten neuen Medien eine besondere Gefahr für das gedruckte Buch sowie die Zeitungsverlage, verstärkend hinzu komme die abnehmende Lesebereitschaft der Deutschen.1975 Dieser Problematik geht er nicht in eigenständigen Beiträgen nach, sondern in Form von Interviews, u.a. mit dem Präsidenten der Europäischen VerlegerVereinigung Volker Schwarz1976, dem Vorsitzenden des Verbandes deutscher Schriftsteller Erich Loest1977, dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger Wilhelm Sandmann1978, dem Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Gerhard Kurtze 1979 und seinem Nachfolger Roland Ulmer1980 sowie dem Geschäftsführer der Stiftung Lesen Prof. Dr. Klaus Ring1981. Daneben veröffentlichte er mehrere Rezensionen, etwa zu Ephraim Kishons ‚Mein Kamm‘1982, Ephraim Kishons ‚Picassos süße Rache‘1983, Wang Shus Merkel, in: MUT (314) Oktober 1993, S. 14-19. Weigand, Jörg: Sexuelle Gewalt an Kindern. Ein MUT-Interview mit Professor Adolf Gallwitz, in: MUT (408) August 2001, S. 14-19. 1974 Weigand, Jörg: Schrankenlose Zügellosigkeit. Kinderpornographie im Internet, in: MUT (346) Juni 1996, S. 36. 1975 Vgl. u.a. Weigand, Jörg: Die Zeitung – 26 Millionen täglich. Ein MUT-Interview mit Wilhelm Sandmann, dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, in: MUT (352) Dezember 1996, S. 20f. Weigand, Jörg: Ein Drittel liest nicht. Ein MUT-Interview mit Gerhard Kurtze, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, in: MUT (362) Oktober 1997, S. 24-28. Weigand, Jörg: Basiskompetenz Lesen. Ein MUT-Interview mit Prof. Dr. Klaus Ring, Geschäftsführer der „Stiftung Lesen“, in: MUT (376) Dezember 1998, S. 76-81. 1976 Vgl. Weigand, Jörg: Reform der deutschen Rechtschreibung: Dieser Quatsch ist völlig nebensächlich. Ein MUT-Interview mit dem Präsidenten der Europäischen Verleger-Vereinigung Volker Schwarz, in: MUT (332) April 1995, S. 32-38. 1977 Vgl. Weigand, Jörg: Nicht mit alten Stasi-Strolchen an einen Tisch. MUT-Interview mit Erich Loest, Vorsitzender des VS, in: MUT (350) Oktober 1996, S. 31-38. 1978 Vgl. Weigand, Jörg: Die Zeitung – 26 Millionen täglich. Ein MUT-Interview mit Wilhelm Sandmann, dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, in: MUT (352) Dezember 1996, S. 18-22. 1979 Vgl. Weigand, Jörg: Ein Drittel liest nicht. Ein MUT-Interview mit Gerhard Kurtze, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, in: MUT (362) Oktober 1997, S. 24-28. 1980 Vgl. Weigand, Jörg: Starke Fusionsbewegung. Ein MUT-Interview mit Roland Ulmer, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, in: MUT (378) Februar 1999, S. 28-31. 1981 Vgl. Weigand, Jörg: Basiskompetenz Lesen. Ein MUT-Interview mit Prof. Dr. Klaus Ring, Geschäftsführer der „Stiftung Lesen“, in: MUT (376) Dezember 1998, S. 76-81. 1982 Vgl. Weigand, Jörg: Beißende Satire. Ephraim Kishon und sein zweiter Roman, in: MUT (366) Februar 1998, S. 24f. 1983 Vgl. Weigand, Jörg: Kishons neuester satirischer Streifzug. in: MUT (339) November 1995, S. 24f.
369
‚Maos Mann in Bonn. Vom Journalisten zum Botschafter‘1984 oder Karl Hugo Pruys ‚Helmut Kohl. Der Mythos vom Kanzler der Einheit‘1985. Die so genannten ‚Unterhaltungsgeschichten‘1986 des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard unterzog Weigand einer Werkanalyse. Bei Hubbard handelt es sich „nicht unbedingt, [um einen] große[n] Literat[en]“1987. Er war vielmehr „ein typischer Vielschreiber seiner Zeit (…), dem Quantität vor Qualität gehen mußte, wollte er vom Schreiben leben“1988. Weigands Beschäftigung mit Hubbard ist nicht unbedingt auf Scientology „als Gefahr für unser demokratisches Gemeinwesen“1989 zurückzuführen, vielmehr wird seine eigene Vorliebe für das Schreiben von ScienceFiction- und Fantasy-Geschichten hier vorherrschend sein.1990 Neben Hubbard setzt sich Weigand mit dem Tod des Fantasy-Schriftstellers Michael Ende1991 sowie dem Schriftsteller Gisbert Haefs – dem „Autor mit vielen Gesichtern auseinander: Krimi, Science-Fiction, Phantastik, historischer Roman, Übersetzungen aus dem Französischen, Spanischen und Englischen“1992 – über den er schreibt: „Für die deutsche Literatur ist Haefs sicherlich ein Glücksfall, denn bei uns mangelt es an Autoren, die genreübergreifend schreiben können und das auch tun, ohne sich um die Meinung der Literaturpäpste oder das Naserümpfen der sogenannten Hochliteraten zu kümmern.“1993 Darüber hinaus wünscht sich Weigand eine Rückbesinnung auf Grimms Märchen: „In früheren Jahrzehnten gehörten sie zum festen Bestand einer jeden Hausbibliothek und sollten dies wieder werden.“1994 Der „Schwerpunkt der Dokumentierung und Erforschung der phantastischen Literatur in ihrer ganzen Bandbreite“1995 liegt in der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar, die sich zu einem „literarische[n] und kulturelle[n] Kleinod für jedermann“1996 entwickelte – „zum Nutzen für uns alle und zum Nutzen nicht nur der Phantastik, sondern der Literatur ganz allgemein“1997. Im 1984
Vgl. Weigand, Jörg: Maos Mann in Bonn. in: MUT (433) September 2003, S. 78f. Vgl. Weigand, Jörg: Brisante Korrektur. in: MUT (448) Dezember 2004, S. 34f. 1986 Weigand, Jörg: Groschenheft-Horror. L. Ron Hubbard, ein amerikanischer „Pulp“-Autor, in: MUT (362) Oktober 1997, S. 24. 1987 Ebd., S. 28. 1988 Ebd. 1989 Ebd., S. 24. 1990 Vgl. hierzu: http://www.edfc.de/sekundaer23.htm. (26.06.2009) 1991 Vgl. Weigand, Jörg: Traumlandschaften und Innenwelten. in: MUT (338) Oktober 1995, S. 16f. 1992 Weigand, Jörg: Gisbert Haefs, seine Romane und die Literatur ganz allgemein: Literatur ist Unterhaltung, in: MUT (335) Juli 1995, S. 52. 1993 Ebd. 1994 Weigand, Jörg: Grimms Märchen und Sagen. Eine beispielhafte Edition, in: MUT (360) April 1997, S. 80. 1995 Weigand, Jörg: Phantastisch, Phantastisch. Die „Phantastische Bibliothek“ in Wetzlar, in: MUT (385) September 1999, S. 5. 1996 Ebd. 1997 Ebd. 1985
370
September-Heft 1997 stellt Weigand den Krimiautor Georg R. Kristan vor, hinter dem das Ehepaar Georg und Renate Cordts steckt.1998 Weitere Pseudonyme der deutschen Literatur sowie ihrer Bedeutung für die Literaturgeschichte untersuchte Weigand bereits im Jahr 1993.1999 Sein Schluss: „Eine Literaturgeschichte ohne das Rätsel der Pseudonyme – das wäre wie eine Suppe ohne Salz.“2000 Dabei ist noch anzumerken, dass auch Weigand zusammen mit seiner Ehefrau Karla unter einem Pseudonym veröffentlicht. Anders als etwa Kaltenbrunner oder Heuschele tritt Weigand für die Trivialliteratur ein, die seiner Meinung nach wieder eine stärkere Verwendung verdient. Mit dieser Forderung besitzt er in MUT ein Alleinstellungsmerkmal, welches ihn beispielsweise von den oben genannten Autoren unterscheidet, die sich für die Rückbesinnung auf die deutschen Klassiker stark machen. Jürgen Bräunlein: Der Literatur- und Medienwissenschaftler Bräunlein wurde 1964 in Nürnberg geboren und lebt heute in Berlin, wo er als freier Journalist, Buchautor und Texter, u.a. für den Rheinischen Merkur, die Neue Zürcher Zeitung, die Nürnberger Zeitung, Das Archiv – Das Magazin für Post- und Telekommunikationsgeschichte sowie Deutschlandradio Kultur, tätig ist. Sein Studium der Neueren deutschen Literatur, Romanistik sowie der Theaterwissenschaften absolvierte er an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und Wien (Promotion 1997); in Nürnberg fungierte Bräunlein von 1998 bis 2001 als Lehrbeauftragter am Institut für Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaften. Im Jahr 2007 erhielt er ein Stipendium des Autoren-Förderprogramms der Stiftung Niedersachsen.2001 In MUT begann Bräunlein im Mai 19962002 zu publizieren (bis April 2009 insgesamt 27 Beiträge). Inhaltlich sind seine Artikel drei Kategorien zuzuordnen: Porträts, Technikgeschichte sowie Kultur- und Alltagsgeschichte, wobei der erste Bereich bei weitem den größten Raum einnimmt. Dabei handelt es sich keineswegs um weitläufige, umfangreiche Porträts, sondern um kurze oder episodenhafte, wie etwa über den Schriftsteller Wolfgang Koeppen2003 oder die
1998
Vgl. Weigand, Jörg: Sorgsam konstruierte Zeitgemälde. Georg R. Kristan und die Bonner „Heimatkrimis“, in: MUT (361) September 1997, S. 52f. 1999 Vgl. Weigand, Jörg: Unter dem Schleier der Maske. Pseudonyme in der deutschen Literatur, in: MUT (307) März 1993, S. 66-69. 2000 Ebd., S. 69. 2001 Vgl. MUT (345) Mai 1996, S. 14. MUT (496) Dezember 2008, S. 28. http://www.juergenbraeunlein.de/leben_offiziell.htm(23.06.2009).http://www.stnds.de/de/programme_projekte/program me/literaturfoerderung/autoren2007_bios.html (23.06.2009) 2002 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Penetranter Ehedozent. in: MUT (345) Mai 1996, S. 14-15. 2003 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Wolfgang Koeppen. Ein literarischer Außenseiter von Rang, in: MUT (346) Juni 1996, S. 56-58.
371
Kritikerin Sigrid Löffler.2004 In seinem dritten Beitrag für die Zeitschrift widmet sich Bräunlein beispielsweise der Beziehung zwischen Sigmund Freud und seinem Schüler Carl Gustav Jung, den Freud nach dem Bruch mit Alfred Adler zu seinem Nachfolger erkoren hatte. Jung strebt danach, „sich von seinem Übervater [zu] befreien“2005, wodurch es wiederum zum Zerwürfnis mit einem seiner Schüler kommt. Da Jung jedoch bei den beiden Ohnmachtsanfällen Freuds jeweils anwesend war, bietet sich hierin für Freud auch eine psychoanalytische Erklärung an, die Bräunlein zum Aufhänger einer polemischen Antwort auf die Psychoanalyse benutzt.2006 „Für Psychoanalytiker, das wissen wir, ist ja nichts ohne Bedeutung. Traum oder Versprecher, dahinter stecken Botschaften aus dem Unbewußten. Und selbst ein Ohnmachtsanfall. Für einen Normalsterblichen einfach nur ein Zeichen der Erschöpfung, ein Streß-Symptom. Für einen Seelenforscher aber: der Moment eines Erschreckens, eine plötzliche Erkenntnis. (…) Damit ist das Kapitel Freud und Jung beendet. Und Freud wußte nun auch, was seine Ohnmachtsanfälle bedeuteten. Er wußte es schon immer, nur hatte er es bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich verdrängt.“2007
Die Psychoanalyse findet ebenfalls Eingang in Bräunleins Porträt über Peter Pan und seinen Erfinder James Matthew Barrie, der mit seiner Figur „die ideale Projektionsfolie für eine Gesellschaft [kreiert], die immer wieder aufs neue darum ringt: Was bedeutet uns Kindheit? Was die Erwachsenenwelt?“2008 Peter Pan fällt dabei in die Zeit, in der die Erkenntnis, wonach Kindsein ein eigenständiger Lebensabschnitt darstellt, noch keine lange Tradition hatte. „Negativ gewendet haben vor allem Psychologen und Analytiker an der Figur von Peter Pan eine Kardinalneurose vieler Männer in den Industrienationen ausgemacht: nicht erwachsen werden wollen, unfähig sein, Konflikte auszutragen und engere Bindungen einzugehen, nicht bereit sein, Verantwortung zu übernehmen oder gar echte Liebe zu empfinden. Der Krisenkatalog heißt ‚Peter-Pan-Syndrom‘. Längst ist diese Individualdiagnose auf die ganze Gesellschaft ausgedehnt worden. Von einer schleichenden Infantilisierung ist die Rede (…). In Zeiten von Hartz IV und vermutlich noch kommenden materiellen und ideellen Zumutungen gewinnt der Infantilisierungsvorwurf nochmals an Schärfe: Regression als Reformkiller und kollektive Realitätsflucht.“2009
2004
Vgl. Bräunlein, Jürgen: Neugierig auf neue Entwicklungen. Die Publizistin Sigrid Löffler, in: MUT (420) August 2002, S. 14-17. 2005 Bräunlein, Jürgen: „Nachweisbar unzutreffend“. in: MUT (350) Oktober 1996, S. 5. 2006 Vgl. ebd. 2007 Ebd. 2008 Bräunlein, Jürgen: 100 Jahre Peter Pan. Kindsein als Glücksversprechen zwischen Utopie und Neurose, in: MUT (448) Dezember 2004, S. 48. 2009 Ebd., S. 56.
372
Bräunlein dagegen sieht in der Geschichte von Peter Pan positive Impulse: „Der Mythos von Peter Pan erzählt vielleicht am ehesten davon, wie sich die Welt der Kinder und die Welt der Erwachsenen immer wieder wechselseitig durchdringen. Und er erzählt von dem großen Glück, das darin besteht, an beiden dieser Welten teilnehmen zu können. James Matthew Barrie ist das in seinem Buch auch selbst gelungen.“2010 Neben Peter Pan entstand im England des viktorianischen Zeitalters ein zweites Kinderbuch der Weltgeschichte von dem Bräunlein schreibt: Alice im Wunderland.2011 Beiden literarischen Figuren ist das reale kindliche Vorbild gemein, bei Alice ist es Alice Lidell, bei Peter Pan Michael Llewelyn Davies. Wie Peter Pan und Alice im Wunderland basiert die literarische Gestalt der Effi Briest ebenso auf einer realen Vorlage: Elisabeth Baronin von Ardenne. Wenngleich Fontane genauestens über die Lebensgeschichte von Elisabeth von Ardenne unterrichtet war, sie sogar kannte, schien es ihn dennoch „zu irritieren, daß die geschiedene Elisabeth von Ardenne einen gangbaren und doch völlig unromantischen Weg aus ihrer Misere gefunden hat“2012, so Bräunlein. Indem sie sich zur Krankenschwester und Pflegerin ausbilden ließ, erlangte sie ihre gesellschaftliche Reputation wieder. Mit diesem Ende scheint Fontane, nach Bräunlein, eher gesellschaftlichen Ansichten entsprochen, als diese in Zweifel gezogen zu haben. „Die geschiedene Adelige als selbstbewußte Frau und erfolgreiche Berufstätige – damit scheint Else von Ardenne jene berühmte literarische Figur, die nach ihr geformt wurde glatt zu widerlegen. Fontane zeigt uns Effi als unselbständige Kindfrau, die Opfer bleibt, den Lebensverzicht bejaht, und als schuldhaft Geschiedene keinen Platz mehr in der Gesellschaft findet.“2013
Technikgeschichte – der zweite große Themenbereich Bräunleins, stellt sowohl die Auswirkungen der technischen Entwicklung auf die menschlichen Verhaltensweisen dar als auch die Verbesserung der Lebensverhältnisse durch technische Neuerungen. Mit dem Eintreten der Industrialisierung zog zugleich ein kontinuierlicher Lärm in die Alltagskultur ein: Dabei rief zunächst jede neue akustische Zumutung Widerstand hervor, bevor wiederum Gewöhnung einsetzte. Heute prägt unsere Gesellschaft ein merkwürdiges Paradox: „Die Stille wird im gesellschaftlichen Diskurs der Elite immer mehr beschworen, aufgewertet, gefeiert, während es doch kaum jemand in der Stille aushält.“2014 So schließt 2010
Ebd., S. 57. [Hervorhebung im Original] Vgl. ebd., S. 52. 2012 Bräunlein, Jürgen: Die Frau, die „Effie Briest“ war. Vor 45 Jahren starb Elisabeth Baronin von Ardenne, in: MUT (354) Februar 1997, S. 95. 2013 Ebd. 2014 Bräunlein, Jürgen: Leben im Lärm. Von der Stille zur Dauerbeschallung – und zurück? in: MUT (452) April 2005, S. 77. 2011
373
Bräunlein seinen Artikel mit der Annahme: „Nicht der äußere Lärm ist das Problem, sondern die innere Ruhe, die der Mensch verloren hat.“2015 Zugleich fördert die telefonische Kommunikation die Wahrnehmung nach innen, zu Lasten der visuellen Wahrnehmung, was Bräunlein zu der Spekulation veranlasst: „Die Vorliebe für Telefonie, sie ist ein dialektischer Umschlag des Bewußtseins. In der materialistischen aller Zeiten ziehen sich mehr und mehr Menschen auf die immaterielle Phantasie zurück, auf die Imagination. Das Telefonat wird zum idealen Ort, wo sie sich einnisten kann, ohne (körperlich) real werden zu müssen.“2016
In zwei Artikeln widmet er sich zudem den Hörhilfen und stellt dabei ihre Entwicklung und stetige Verbesserung anhand prominenter Hörgeschädigter (wie etwa Beethoven oder Heinrich von Treitschke) seit dem 16. Jahrhundert dar. Dabei kann ein Hörverlust durchaus Erstaunliches hervorbringen, wie die Psychoanalyse bestätigt. „Demnach strebt der menschliche Geist danach, all das, was physisch, emotional, ökonomisch oder sonst wie verlorengeht, im Rahmen seiner in ihm schlumernden Möglichkeiten wiederherzustellen. (…) Gerade in der Taubheit öffnete er [Beethoven] neue Horizonte des Hörens – für sich und andere. Er [Beethoven], der kaum mehr hören konnte, setzte bisher Ungehörtes in die Welt.“2017 Wenngleich sich mit den modernen Cochlea-Implantaten die Lebensqualität Hörgeschädigter entscheidend verbesserte2018, so kann es dennoch keine Hörprothese „mit dem Gehör eines gesunden Menschen aufnehmen“2019. Doch wie Bräunlein treffend feststellt: „Aber wer hört heute noch hundertprozentig?“2020 Die Beiträge zur Kultur- und Alltagsgeschichte stellen seine umfangreichsten Arbeiten für MUT dar, in denen er sich ferner mit der historischen Entwicklung des Vegetarismus2021, der Nahrungsverweigerung2022, des Dilettantismus2023 2015
Ebd. Bräunlein, Jürgen: „Zaubermaschinen“. Einführung in eine Ästhetik des Telefonierens, in: MUT (365) Januar 1998, S. 87. 2017 Bräunlein, Jürgen: Trauma und Kreativität. Eine Kulturgeschichte der Hörhilfen und ihre berühmten Träger, in: MUT (387) November 1999, S. 82. 2018 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Klänge aus dem Schneckenhaus. Cochlea-Implantat-Träger erzählen, in: MUT (496) Dezember 2008, S. 28-32. 2019 Bräunlein, Jürgen: Trauma und Kreativität. Eine Kulturgeschichte der Hörhilfen und ihre berühmten Träger, in: MUT (387) November 1999, S. 87. 2020 Ebd. 2021 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Von Pythagoras bis Madonna. Die Geschichte des Vegetarismus und seiner Anhänger, in: MUT (373) September 1998, S. 82-95. 2022 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Hungerkunst, Magersucht und Fastenwunder. Eine Kulturgeschichte der Nahrungsverweigerung, in: MUT (427) März 2003, S. 50-59. 2023 Vgl. Bräunlein, Jürgen: Peep und Blubb. Die Rückkehr der Dilettanten, in: MUT (394) Juni 2000, S. 78-87. 2016
374
sowie der Tierbestattung2024 beschäftigt und jeweils ihre gesellschaftliche Bedeutung in verschiedenen Epochen untersucht. Während seine Porträts teilweise von Polemik und Ironie gekennzeichnet sind, zeichnen sich Bräunleins kulturgeschichtlichen Artikel durch einen hohen Informationswert aus (und wenig Meinung). In MUT ist er einer der wenigen Autoren, deren Beiträge ein breites Themenspektrum abdecken. Auffallend ist der Verweis auf die Psychoanalyse in mehreren seiner Beiträge.
7.3 Inhaltsanalyse 7.3.1 Kriterien: Rechtsextremismus Für die Kriterien Haltung zum Nationalsozialismus, rechtsextremistische Topoi, rechtsextremistische Etikettierungen und Verschwörungstheorien finden sich zwischen 1991 und 2009 keine Hinweise. MUT veröffentlicht aber eine Vielzahl von Beiträgen (z.B. von Frank Decker, Eckhard Jesse, Jörg Weigand oder Heinz Fromm), die sich gegen den Rechtsextremismus richten.2025 Zum 11. September 2001 sind beispielsweise unzählige Verschwörungstheorien in der extremistischen Szene im Umlauf, denen in MUT kein Platz eingeräumt wird. Verhältnis zu Gewalt: In der vierten Untersuchungsphase weist MUT keinerlei Hinweise einer Befürwortung oder Unterstützung von gewalttätigen Handlungen auf, vielmehr sprechen sich die Autoren, wie etwa Schütt, für einen friedfertigen Umgang der Kulturen aus.2026 Konkret Stellung gegen die Anwendung von Gewalt im rechtsextremistischen Spektrum nimmt Weigand. Das Vorkommen rassenfeindlicher, gewaltbejahender Ideen in populären Unterhaltungsmedien, als ein gegenwärtiges Phänomen, welches vorübergeht, abzutun, stuft er als fatal ein: Vielmehr muss sich die Gesellschaft konkret gegen rechtsextremistische Gewalt positionieren, um eine weitere Verbreitung nationalsozialistischen Gedankengutes zu verhindern. Auch die steigende Brutalisierung in einigen Teilen der Gesellschaft, die rechtsextremistischer Gewalt Vorschub leistet, kann 2024 Vgl. Bräunlein, Jürgen: „Lebe wohl mein kleiner Freund!“. Eine kleine Kulturgeschichte der Tierbestattung, in: MUT (471) November 2006, S. 50-58. 2025 Vgl. u.a. Decker, Frank: Verbieten und vergessen? Politische Perspektiven im Kampf gegen Rechts, in: MUT (485) Januar 2008, S. 28-38. Fromm, Heinz: Extremistische Bestrebungen im Wandel der Zeit. in: MUT (497) Januar 2009, S. 18-26. 2026 Vgl. u.a. Schütt, Peter: Spagat zwischen Himmel und Erde. MUT und der interreligiöse Dialog, in: MUT (500) April 2009, S. 164-176. Schütt, Peter: Auf dem Weg zu einem deutschen Islam. in: MUT (397) September 2000, S. 12-17. Schütt, Peter: Lieber Chaim Noll. in: MUT (478) Juni 2007, S. 56-61.
375
nach Weigand nicht länger toleriert werden, zeigt sie doch deren latent gewaltbereites Potential. Seine Argumentation bettet sich in die allgemeine Warnung seiner Artikel vor einer zunehmenden rechtsextremistischen Bedrohung in der Bundesrepublik Deutschland ein. In den neuen Medien erkennt er die größte Gefahr für die Verbreitung Gewalt verherrlichenden Gedankenguts, die speziell Rechtsextremisten für ihre Zwecke verwenden. „Computer- und Videospiele sowie Songs des ‚Rechts-Rocks’ mit gewaltverherrlichenden, rassenhetzerischem, nationalsozialistischen bzw. neonazistischem Gedankengut lediglich als Teil einer augenblicklichen Welle anzusehen, die vom Zeitgeist hochgetragen wird, halte ich nicht nur für bedenklich, sondern für verhängnisvoll. Die zunehmende Brutalisierung von Teilen unserer Gesellschaft und deren Auswirkungen, wie Übergriffe gegen Asylanten, Tötungsdelikte und Brandstiftungen, zeigen, daß bei uns ein gefährliches Potential schlummert. Menschenverachtung, Haß und Völkermord als Programm: Wir sind alle aufgerufen, dagegen anzugehen, unser aller Kräfte einzusetzen, damit aus den zur Zeit aufflackernden Feuern kein Flächenbrand entsteht.“2027
Darüber hinaus liegt das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat, wie Wassermann betont. Strenge rechtliche Regeln setzten den Rahmen für die Gewaltanwendung der Exekutive und können in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft nicht zu gering eingeschätzt werden: „Das Gewaltmonopol des Staates, das Selbsthilfe verbietet und die Ausübung der Gewalt an strenge rechtliche Regeln bindet, ist eine kulturelle Leistung ersten Ranges.“2028
7.3.2 Kriterien: Demokratie Einstellung zur Demokratie (allgemein): Die politische Grundlage moderner, westlicher Staaten stellt die Regierungsform der Demokratie dar, die MUT zwischen 1991 und 2009 uneingeschränkt bejaht. „Alles staatliche Handeln muß aus dem Demokratieprinzip legitimiert sein.“2029 Gleichwohl wird darauf verwiesen: Demokratie ist kein Selbstläufer, sie ist weder einfach noch mühelos zu erreichen. Martin beschreibt sie als „eine schwierige, aber auch verdammt feine Sache, diese Demokratie!“2030 Im Gegensatz zur Identitätstheorie der Demokratie 2027
Weigand, Jörg: Menschenverachtung und Völkermord als Programm. Über die besondere Gefährdung der Jugend durch zur Intoleranz und zum Rassenhaß aufstachelnde Medien, in: MUT (314) Oktober 1993, S. 10. 2028 Wassermann, Rudolf: Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt, in: MUT (319) März 1994, S. 34. 2029 Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 140. [im Original fett gedruckt] 2030 Martin, Marko: Kaddisch mit Schabowski. Zur Erinnerung an den Publizisten und Essayisten Melvin J. Lasky, in: MUT (443) Juli 2004, S. 25.
376
bietet die Konkurrenztheorie – wie sie in westlichen Demokratien existiert – ihren Bürgern die Möglichkeit seine Individualinteressen zu verfolgen. Dieses mag im Einzelnen nicht immer von Vorteil für die Gesellschaft sein, jedoch ist dieses Recht ein unverzichtbarer Teil pluraler Demokratien. Noll schreibt hierzu: „Die in einer Demokratie gewährte Toleranz läßt jedem Einzelnen die Freiheit, die Interessen der Gesellschaft zugunsten seiner persönlichen Zwecke zu verwerfen.“2031 Hervorgehoben wird ebenso die Gefahr eines neuen Totalitarismus. Aktuelle Probleme sollten nicht zum Vergessen der Fragilität eines demokratischen Gemeinwesens führen. Zänker sieht insbesondere den Liberalismus als wirksames Mittel gegen totalitäre Bestrebungen: „Auf die liberale Komponente kommt es allerdings heute mehr denn je an, um einen neuen Totalitarismus abzuwenden. Freiheit und Ordnung – für die Deutschen gibt es keine bessere Wahl.“2032 Martin empfiehlt die neuerliche Beschäftigung mit dem Soziologen Franz Borkenau, um sich die Gefahr einer Diktatur zu vergegenwärtigen: „Für Borkenau, der am eigenen Leib erfahren hatte, was völkisch strukturierte Identitäten für Unheil anrichten, war gerade das ‚Pathos der Distanz’ (Nietzsche), die Entfremdung die produktivste Erbmasse Europas. Erst dann – so seine vehement vorgetragene These, so die Quintessenz all seiner Bücher – wenn das Recht des Individuums verneint wird, wenn man die permanente Spannung zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft nicht mehr aushalten will, sondern auf Übersicht und Homogenität drängt, erst dann droht dem Gemeinwesen die Gefahr, ‚sich zu orientalisieren’, sprich der Despotie anheimzufallen! Angesichts der vielen wirren Debatten der letzten Monate wäre es nicht das Schlechteste, sich noch einmal an Leben und Werk des hellsichtigen Franz Borkenau zu erinnern.“2033
Martin, ein Liberaler, steht eher in einem kritischen Verhältnis zur Demokratie, aber immer Demokratie bejahend, nie ablehnend, was nicht zuletzt auf seine Erfahrungen mit der DDR-Diktatur zurückzuführen ist: „‚Demokratie ist der ständige Bürgerkrieg, der nie stattfindet’, schreibt der Hamburger Essayist Hannes Stein. Und das gefällt mir, dieses mobile Durcheinander, dieses Ausprobieren von Möglichkeiten und Entwürfen im ständigen Clinch mit dem Allgemeininteressen und der Ordnung, die doch unbedingt funktionieren muß, wenn nicht alles im zerstörerischen Chaos enden soll. Das gibt dem einzelnen eine ungeheure Verantwortung für sich selbst, ohne ihm jedoch zuviel an Gemeinschaftssinn und Edelmut zuzutrauen: sie ist sympathisch, diese augenzwinkernde Pragmatik, die ihre unberechenbaren Pappenheimer kennt. Sie denunziert weder die profane Wirklichkeit als wert(e)-los, noch schließt sie vor dem menschlichen Egoismus idealistisch-untätig die Augen. Und sie hat nichts von der Wahnvorstellung einer versöhnten Völker2031
Noll, Chaim: Aura der Angst. Kommunismus, Islam und ihre Wirkung auf Europa, in: MUT (484) Dezember 2007, S. 68. Zänker, Alfred: Die Chance des Liberalismus. in: MUT (322) Juni 1994, S. 19. 2033 Martin, Marko: Die Freiheit, „Ich“ zu sagen. Zum 100. Geburtstag von Franz Borkenau, in: MUT (401) Januar 2001, S. 71. 2032
377
familie und dem elitären Sendungsbewußtsein an sich. Vielleicht muß man in einem Staat wie der DDR aufgewachsen sein, um meine kritische Sympathie verstehen zu können.“2034
In der vierten Untersuchungsphase sind keine Anzeichen für das Propagieren der Identitätstheorie der Demokratie oder gar einer Diktatur erkennbar. Einstellung zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat: Neben der Demokratie im Allgemeinen setzt sich MUT unmissverständlich für den bundesrepublikanischen Verfassungsstaat ein. Durchweg finden sich in der Zeitschrift klare Bekenntnisse zur Verfassung und Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Wassermann schreibt beispielsweise im August 2002: „Außer Frage steht, daß die Bundesrepublik Deutschland ein Verfassungsstaat ist.“2035 Oder Zänker, der die liberale Demokratie als den besten Garanten für den Schutz von Bürgerrechten und Freiheit hält: „Der Staat soll vor allem Hüter der Freiheit, der Chancengleichheit, der Bürgerrechte sein. Kein System kann sie wirksamer schützen als eine wohlverstandene und konsequent durchgeführte liberale Demokratie.“2036 Zugleich verweist er auf die positiven Impulse, die das demokratische Staatswesen auf die Bundesrepublik Deutschland nach 1945 hatte, und die positivere Erfolge aufweist als viele erwartet hätten. „Die Deutschen sind mit ihrer Nachkriegsdemokratie im allgemeinen über Erwarten gut gefahren. Davon zeugt die im Rückblick erstaunliche politische, ökonomische und soziale Stabilität der Bundesrepublik.“2037 Demnach gibt es für Zänker kein Grund am bundesrepublikanischen Verfassungsstaat zu zweifeln. An der Spitze der Verfassungsprinzipien steht die Achtung der Menschenwürde, die zugleich das Fundament des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates bildet und von den Autoren kompromisslos begrüßt und für absolut schützenswert erachtet wird. Am prägnantesten drückt es Martin 2008 aus: „Die Rechte der Menschen – unteilbar.“2038 Als eine der großen humanitären Entwicklungen empfindet Wassermann den Schutz der Menschenrechte, auf dem das deutsche Staatswesen fußt: „Die Verwirklichung der Menschenrechte ist die politische Substanz, aus der die Bundesrepublik als demokratischer Verfassungsstaat lebt, eine Vision, deren Realisierung Maßstab des humanitären Fortschritts ist.“2039
2034
Martin, Marko: Die Verteidigung der Moderne. in: MUT (308) April 1993, S. 26f. Wassermann, Rudolf: Parlaments- oder Kanzlerwahl? Zum Bundestagswahlkampf 2002, in: MUT (420) August 2002, S. 8. 2036 Zänker, Alfred: Die Chance des Liberalismus. in: MUT (322) Juni 1994, S. 11. 2037 Zänker, Alfred: Brauchen wir eine neue Demokratie? in: MUT (298) Juni 1992, S. 35f. 2038 Martin, Marko: Die Rechte der Menschen. in: MUT (496) Dezember 2008, S. 27. 2039 Wassermann, Rudolf: Menschenrechtsverständnis in den neuen Ländern. in: MUT (376) Dezember 1986, S. 18. 2035
378
Zudem steht Martin kompromisslos für die Verteidigung der erreichten Verfassungsprinzipien ein, im Gegensatz zu denen der DDR, in die er hineingeboren wurde: „Ich, Kriegsdienstverweigerer in zwei deutschen Staaten, von denen ich – unaufhebbarer Zwiespalt – den einen für absolut verteidigungswert halte, (…).“2040 Martin spricht sich weiterhin für eine weltweite Durchsetzung der Menschenrechte aus. Jedoch sollte nicht überheblich auf die Verbreitung westlichen Lebensstils herabgeschaut werden, der sich speziell im Kapitalismus und westlicher Pop-Kultur äußert, denn gerade hier werden wirkungsvoll Grund- und Menschenrechte weitergegeben. „Der Universalismus der Menschenrechte sollte deshalb die breiten Avenuen, die hektischen Geschäftsstraßen und die schnellen Highways nicht geringachten, auch sie sind ein Weg, ihn weltweit effektiv durchzusetzen.“2041 Ein anderer Autor, der für die weltweite Etablierung humanitärer Grundrechte eintritt ist Zänker. Für ihn ist der stetige Einsatz für Recht und Freiheit weniger eine Sache des Erfolges als des Gewissens: „Es geht um die Vervollkommnung des Menschen in einer auf Recht und Freiheit gegründeten Weltgesellschaft. Ob dieses Ziel je erreicht werden kann, ist ungewiß. Die Stimme der Vernunft aber sagt uns, daß es so sein sollte.“2042 Weit verbreitet in MUT ist die Warnung vor antidemokratischen Tendenzen in Deutschland, die sich gegen den bundesrepublikanischen Verfassungsstaat richten. Weigand sieht beispielsweise den Rechtsextremismus als Bedrohung für die Demokratie, dem sich die Bevölkerung gemeinsam entgegenstellen muss. Er tritt gegen das Wegsehen ein: „Die deutsche Öffentlichkeit muß aufwachen. Der braune Sumpf breitet sich vor unseren Füßen aus; allzu viele tun immer noch so, als sei diese Entwicklung harmlos. Sie ist es mitnichten. Wir, die wir diese Demokratie wollen und erhalten wollen, dürfen unsere Augen nicht davor verschließen, sondern müssen uns gemeinsam gegen solchen politischen Dreck wenden. Dies muß ganz klar werden: Wir brauchen mehr solidarische Solidarität!“2043
In diesem Sinne steht er in der Tradition der streitbaren Demokratie. Denn „es [geht] hier nicht um ästhetische Streitfragen, sondern um streitbare Demokratie, zu der wir uns bekennen und entsprechend handeln müssen.“2044 Speziell die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und ihr früherer Chef Rudolf
2040
Martin, Marko: Beirut, Beirut. Porträt einer gemordeten Stadt, in: MUT (318) Februar 1994, S.
40.
2041 2042 2043
Ebd., S. 48. Zänker, Alfred: Der Fortschritt als Idee und Wirklichkeit. in: MUT (473) Januar 2007, S. 36. Weigand, Jörg: Wir brauchen mehr demokratische Solidarität. in: MUT (318) Februar 1994, S.
21.
2044
Weigand, Jörg: Braune Mordhetze. in: MUT (373) September 1998, S. 31.
379
Stefen ist für Weigand ein positives Beispiel.2045 Jesse, Verfechter der streitbaren Demokratie fordert darüber hinaus: „Gleichwohl brauchen wir mehr (kantige) Intellektuelle wie Karl Dietrich Bracher und Wilhelm Hennis, um zwei Politikwissenschaftler, über die jüngst Porträts erschienen sind, beim Namen zu nennen. Sie verteidigen vehement den demokratischen Verfassungsstaat, beschönigen aber nicht seine Mängel. So soll es sein!“2046 Das positive Verhältnis zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat findet sich in MUT häufig in Verbindung mit dem zweiten Verfassungsprinzip, dem Rechtsstaat. Jesse tritt beispielsweise für das Gewaltmonopol des Staates ein: „Das Gewaltmonopol des Staates, das Selbsthilfe verbietet und die Ausübung der Gewalt an strenge rechtliche Regeln bindet, ist eine kulturelle Leistung ersten Ranges.“2047 Zum Prinzip des Rechtsstaates und ebenso des Bundesstaates gehört für MUT auch die Bewahrung der kulturellen Diversität der unterschiedlichen Regionen und Kulturen. Buth schreibt hierzu: „Die Vielfalt der Kulturen, regional, lokal, ja individuell bei jedem einzelnen Menschen zu schützen und auszuprägen ist Grundprinzip des demokratischen Rechtsstaates.“2048 Wichtig für die Autoren ist die Gültigkeit des Rechtsstaates in allen Bereichen der Bundesrepublik. Etwaige rechtsfreie Räume, in denen z.B. religiöse Gruppen ihren eigenen rechtlichen Regeln nachgehen, darf es in Buths Augen in Deutschland nicht geben: „Der moderne Verfassungsstaat ist verbindlich und kann keine Rechtsnischen erlauben. Die Regeln der Scharia können eben nicht an die Stelle unserer rechtsstaatlichen Prinzipien gesetzt werden.“2049 Das materielle Rechtsstaatspostulat wird von MUT ebenso bejaht – hier beispielhaft von Rudolf Wassermann: „Das Konzept, das sich in dieser Situation anbietet, kann man soziale Verteidigung nennen: die Mobilisierung der Kräfte von Polizei, Justiz und Gesellschaft mit dem Ziel wirksamer Gewährleistung innerer Sicherheit, selbstverständlich auf der Grundlage des Rechtsstaates und unter Respektierung der Menschenrechte.“2050 Unmissverständlich tritt der Autor für die innere Sicherheit sowie die Garantie der Menschenrechte durch die Exekutive im Sinne des Grundgesetzes ein.
2045
Vgl. Weigand, Jörg: Wider Gewaltverherrlichung, Verrohung und Rassenhaß. in: MUT (345) Mai 1996, S. 63. 2046 Jesse, Eckhard: Geist und Macht. Kontinuität und Wandel im intellektuellen Milieu seit der deutschen Einheit, in: MUT (500) April 2009, S. 73. 2047 Wassermann, Rudolf: Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt, in: MUT (319) März 1994, S. 34. 2048 Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 146. 2049 Ebd. 2050 Wassermann, Rudolf: Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt, in: MUT (319) März 1994, S. 34.
380
Immer wieder verweisen die Autoren auf die Gefahr, die Errungenschaften des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates und der Demokratie im Allgemeinen zu verspielen, wenn sich niemand für dessen Wertebasis einsetzt. Bei Martin etwa heißt es: „Dabei kommt es eher darauf an, den Westen an seine westlichen Werte zu erinnern, die er oft vor lauter Trägheit zu vergessen droht: den Wert des Individuums, die Universalität der Menschenrechte, die permanente Verantwortung zur Zivilcourage, die Notwendigkeit sozialer Gerechtigkeit.“2051 Jedoch finden sich die bundesrepublikanischen Verfassungsprinzipien nicht ausschließlich in Deutschland verwirklicht, sondern auch in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – „Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat bilden einen Dreiklang der Verfassungs- und damit Kulturprinzipien in Deutschland und in allen EU-Mitgliedsstaaten.“2052 Und für „diese gilt es, offensiv zu werben“2053, wie es Buth formuliert. Auch ein klares Bekenntnis zur Bundesrepublik Deutschland – wie z. B. Martin es im April-Heft 1993 macht: „Ohne Pathos kann ich zu dieser Bundesrepublik ja sagen – nicht zuletzt auch deshalb, weil sie es nie forderte.“2054 – zählt zur Verteidigung der bundesrepublikanischen Verfassungsprinzipien, für die sich MUT in dieser Untersuchungsphase immer eingesetzt hat. Zänker formulierte in der 500. Ausgabe seine persönlichen sowie die Ziele des Herausgebers für die Zeitschrift: „Um mehr Mut zur Kritik, um eine weltumspannende Sicht, um eine freiheitliche Gesellschaft, in der Pro und Kontra zu Wort kommen und wo Maß und Mitte zur Richtschnur werden, ging es uns beiden.“2055 Pluralistische Vielfalt: Der Pluralismus, qualifizierendes Merkmal demokratischer Staaten, wird von MUT in der vierten Untersuchungsphase uneingeschränkt bejaht. Buth versteht das Prinzip der Demokratie als einen permanenten Verbesserungsprozess, den es in diesem Sinn nur auf der Basis eines pluralistischen Gemeinwesens geben kann: „In der staatsrechtlichen Lehre wird deshalb zu Recht das pluralistische Demokratiemodell bevorzugt. Dieses verteidigt die Offenheit der Demokratie. Der ständige Ausgleich von Freiheit und Gleichheit ist die Herausforderung der Demokratie. Das Demokratieprinzip ist eben ein Optimierungsgebot. Dieses kann nur pluralistisch verstanden werden.“2056 Für einen stetigen Fortschritt sind Diskussionen und Kritiken erforderlich – die es in ihrer Gänze nur im Pluralismus geben kann –, die für die Vitalität des Gemeinwesens verantwortlich zeichnen und die, wie es Jesse formuliert, einen wichtigen 2051
Martin, Marko: Die Verteidigung der Moderne. in: MUT (308) April 1993, S. 30. Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 146. 2053 Ebd. 2054 Martin, Marko: Die Verteidigung der Moderne. in: MUT (308) April 1993, S. 28. 2055 Zänker, Alfred: Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen. in: MUT (489) Mai 2008, S. 41. 2056 Buth, Matthias: Freundlich Asyl. in: MUT (500) April 2009, S. 142. [Hervorhebung im Original] 2052
381
Bestandteil westlicher Demokratien ausmachen: „Der ‚Westen’ zeichnet sich durch Offenheit und Liberalität aus. Die vielberufene westliche Wertegemeinschaft braucht Kritik. Sie kann und soll diese nicht abschotten. Andernfalls beraubt sie sich eines wesentlichen Elements ihrer Vitalität.“2057 Der Pluralismus der Bundesrepublik ist den 1948/1949 tagenden Verfassungsvätern zu verdanken, wie Wassermann in MUT schreibt. Jedoch haben diese, so Wassermann, vor dem Eindruck des gerade besiegten Nationalsozialismus und des totalitären Kommunismus keinen wertfreien Pluralismus installiert. Das bundesrepublikanische Pluralismuskonzept beruht vielmehr auf der streitbaren Demokratie, die Toleranz bis zu dem Punkt schützt, wo sie selber vernichtet werden soll. „Es ist das Verdienst der Verfassungsschöpfung von 1949, daß sie dieses die Preisgabe der eigenen Fundamente einschließende Pluralismusverständnis verlassen hat. Gleichsam als Antwort auf die Herausforderung durch die schleichende Machtergreifung seitens totalitärer Bewegungen – außer an den Nazismus in Deutschland wurde auch an die kommunistische Machtergreifung nach 1945 in Mittel- und Osteuropa gedacht – wurde ein neues Pluralismuskonzept entwickelt, das der wehrhaften, streitbaren und abwehrbereiten Demokratie, die das Bekenntnis zum Pluralismus mit dem Schutz für bestimmte, der politischen Kultur als Grundlage dienende Werte verbindet, die nicht zur Disposition gestellt werden dürfen.“2058
Historisch gesehen war Deutschland schon immer ein dem Pluralismus verschriebenes Land, wie besonders Schütt und Buth hervorheben: „Deutschland war immer multiregional und multikulturell. Es war auch immer offen, denn deutsch ist vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ein Synonym für eine Freiheitsidee (…).“2059 In seinen Beiträgen bezieht sich Schütt hauptsächlich auf die Toleranzpolitik Preußens, die er nicht zuletzt zum Vorbild für die Bundesrepublik ernennt. Als gläubiger Muslim tritt Schütt im Speziellen für eine umfassende Religionsfreiheit ein, die er in Preußen verwirklicht sah: „Neben den alteingesessenen Glaubensgemeinschaften der Protestanten und Reformierten erhielten auch Katholiken, Mennoniten, Juden und Muslime das Recht auf freie Religionsausübung – dank dem frederizianischen Grundsatz, daß in seinem Staat jeder nach seiner Façon selig werden dürfe. Dieses frühe und in seiner Zeit einzigartige Bekenntnis zur Toleranzidee verdient Beachtung – und sollte auch Eingang finden in das Bewußtsein der hier lebenden Muslime. Die Rückbesinnung auf die Religionspolitik Preußens könnte dazu beitragen, die Neigung zur Abkapselung in einem gegenüber der Außenwelt feindseligen und das Licht der Öffentlichkeit scheuenden ‚Ghetto-Islam’ zu überwinden und die Integration der andersgläubigen Zuwanderer in die entstehende multikulturelle Gesellschaft zu fördern.“2060 2057
Jesse, Eckhard: Antiamerikanismus in Deutschland. in: MUT (414) Februar 2002, S. 9. Wassermann, Rudolf: Pluralismus der Wertorientierungen. in: MUT (324) August 1994, S. 40. 2059 Buth, Matthias: Deutschland als Kulturnation. in: MUT (446) Oktober 2004, S. 82. [Hervorhebung im Original] 2060 Schütt, Peter: Preußens Gloria und die Grüne Fahne des Propheten. in: MUT (362) Oktober 1997, S. 44. 2058
382
Neben Preußen findet er in seiner Wahlheimat Hamburg historische Wurzeln einer weltoffenen Toleranzidee, die durch die Situation Hamburgs als Hafenstadt etabliert wurde und die bis heute anzutreffen ist und nicht aufgegeben werden sollte. „Kaufmännisches und hanseatisches Denken und Wagen, Handeln und Wandeln fördern die Weltoffenheit und den Toleranzgedanken nicht bloß im ökonomischen Sinne, sondern auch gegenüber den höheren Mächten.“2061 Häufig verweist Schütt zudem auf die Toleranzpolitik innerhalb islamischer Staaten, die keineswegs, wie oft dargestellt, intolerant gegenüber fremden Religionen seien, sondern sie, sowohl historisch als auch gegenwärtig erfolgreich integrierten sowie an politischen Entscheidungen beteiligten. „Der Islam war tolerant genug, auch den Sardoschti, den Anhängern Zarathrustras, den Juden und den armenischen Christen Bürgerrechte einzuräumen – bis heute. ‚Schutzbefohlene’ des Islam haben alle drei Minoritäten eigene Stadtbezirke. Sie entsenden ihre eigenen Abgeordneten in die Parlamente und genießen in ihren Vierteln zumindest kulturelle und religiöse Autonomie.“2062 Die Verfolgung von Christen beispielweise in der Türkei und im Irak erwähnt er dagegen nicht. Buth auf der anderen Seite sieht in der geographischen Lage Deutschlands den Ursprung kultureller Diversität. Deutschland als Transitland, sowohl zwischen Nord und Süd als auch zwischen West und Ost, profitierte jahrhunderte lang vom kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit Menschen anderer Herkunftsländer, die entweder das deutsche Territorium lediglich als Durchgangsstation sahen oder hier sesshaft wurden. In diesem Sinne empfindet er das neue Zuwanderungsgesetz aus dem Jahr 2004 nur folgerichtig, wie er im Dezember desselben Jahres schreibt: „Deutschland als Kulturnation: Das ist das Novum in einem Bundesgesetz. Und das ist befreiend und kulturgeschichtlich zutreffend, frei von jedem Kulturimperialismus oder jeder Selbstüberschätzung unseren Nachbarn gegenüber. Denn Deutschland ist das Land in der Mitte Europas, das in allen Epochen und territorialen Zersplitterungen die meisten Nachbarn hatte und hat. Deutschland ist ein Transitland für Kulturen und somit für Menschen verschiedenen Herkommens, die dann geblieben sind und sich mit ihren Weltentwürfen in den gesellschaftlichen Prozeß eingebracht haben. Das soeben verabschiedete Zuwanderungsgesetz zieht daraus für die Gegenwart die rechtliche Konsequenz.“2063
Die Pluralismuskonzeption sollte nach Wassermann auch in Zeiten wirtschaftlicher Rezession nicht Preis gegeben werden: „Derzeit ist der Stellenwert des Pluralismuskonzepts für die Gesellschaft kaum zu überschätzen. Aber es besteht die Gefahr, daß so wie früher auf den Gipfeln des Wohlstandes jetzt in den Tä2061
Schütt, Peter: Ein „Haus der Weltreligionen“ für Hamburgs HafenCity. in: MUT (428) April 2003, S. 75. 2062 Schütt, Peter: Isfahan. Zwischen Endlichkeit und Ewigkeit, in: MUT (348) August 1996, S. 60. 2063 Buth, Matthias: Deutschland als Kulturnation. in: MUT (446) Dezember 2004, S. 84.
383
lern der Rezession das Bewußtsein seiner steten Gefährdung verloren geht oder der Auszehrung erliegt.“2064 Ebenfalls ökonomisch argumentiert Zänker für den Pluralismus: Nur unter dem Gesichtpunkt von Toleranz und Weltoffenheit kann Deutschland in der Globalisierung bestehen und zugleich nationalistischen Tendenzen entgegen wirken, wie er schreibt: „Es braucht den freiheitlichen Geist der Offenheit und Toleranz nach allen Himmelsrichtungen, um seine weltweiten Beziehungen zu befestigen und auszubauen – auch als Gegengewicht gegen nationalistische Neigungen, die einem Lande mit solch weitläufigen internationalen Interessen wie Deutschland sehr schlecht bekommen würden.“2065 Zugleich verweist er auf die Möglichkeit, durch eine gezielte Einwanderungspolitik die demographische Lage der Bundesrepublik zu verbessern, die unter Umständen die letzte Chance darstellen könnte. „Ein Weg, den Bevölkerungsaufbau zu verbessern und die Altersfinanzierung zu entlasten, läge in vermehrter Zuwanderung junger, anpassungsfähiger Arbeitskräfte.“2066 Toleranz gegenüber anderen setzt jedoch Zufriedenheit mit der eigenen Identität voraus, wie Noll im November 2004 schreibt: „Anderes sollte das Wort ‚Einheit’ nicht bedeuten als leben und leben lassen, Eintracht im Innern und Toleranz gegen Fremde, die keine Bedrohung sein können für den, der sich seiner selbst wirklich sicher ist.“2067 Des Weiteren sollte Deutschland froh über seine Einwanderer sein, die angesichts der deutschen Geschichte keineswegs selbstverständlich seien. „Wollen wir froh sein in diesem moralisch und sonstwie verschuldeten gesamtdeutschen Staat, daß es sie, Zugewanderte in aller Unschuld, noch gibt.“2068
Toleranz, Weltoffenheit, interreligiöser Dialog und Pluralismus sind die bestimmenden Themen der vierten Untersuchungsphase und für MUT seit 1991 charakteristisch. „Wer sich im Sinne der Ringparabel aus Lessings Nathan für Toleranz und religiösen Pluralismus einsetzt, der braucht MUT und muß für seine Überzeugung gegebenenfalls einen hohen Preis zahlen.“2069 Jedoch wird Religionsfreiheit nur bis zu dem Punkt unterstützt, wie sie andere Verfassungsprinzipien nicht tangiert (z.B. bei Buth). Antitotalitärer/antiextremistischer Konsens: Eine zentrale Rolle nimmt in den MUT-Texten zwischen 1991 und 2009 der antitotalitäre/antiextremistische 2064
Wassermann, Rudolf: Pluralismus der Wertorientierungen. in: MUT (324) August 1994, S. 43. Zänker, Alfred: Die Chance des Liberalismus. in: MUT (322) Juni 1994, S. 11. 2066 Zänker, Alfred: Wohin geht die Reise? Das Gespenst der Überalterung, in: MUT (447) November 2004, S. 25. 2067 Noll, Chaim: Dämonen im Abgrund. in: MUT (292) Dezember 1991, S. 33. 2068 Ebd., S. 37. 2069 Schütt, Peter: Spagat zwischen Himmel und Erde. MUT und der Interreligiöse Dialog, in: MUT (500) April 2009, S. 170. [Hervorhebung im Original] 2065
384
Konsens ein, den die Autoren begrüßen und für schützenswert erachten. „Insofern steht die Bedeutung des antitotalitären Konsenses außer Frage.“2070 Die Gefahr besteht jedoch in der Wahrnehmung lediglich einer totalitären Richtung als Bedrohung, in den meisten Fällen handelt es sich hierbei um den Rechtsextremismus. „Der Rechtsstaat wird vom Links- wie vom Rechtsextremismus herausgefordert und muß sich beider erwehren.“2071 – wie Wassermann 1993 schreibt. Er formuliert weiter: „Eine doppelte Rechtsethik, die zwischen Linksund Rechtsextremismus bei der Rechtsanwendung unterscheiden will, darf es im Rechtsstaat nicht geben. Und nichts anderes gilt für die Polizei.“2072 Diese „doppelte Rechtsethik“2073 vermag er in Teilen der deutschen Justiz zu erkennen, die gegen Linksextremisten oftmals geringfügigere Strafen verhängt als gegen Rechtsextremisten. Dieselbe Ansicht vertritt Jesse, der die Verwendung des Linksextremismusbegriffs sogar mit einem ungeschriebenen Gesetz belegt sieht, wonach der Gebrauch des Begriffs Linksextremismus nicht erwünscht ist. „Wer glaubwürdig die parlamentarische Demokratie verteidigen will, darf nicht mit zweierlei Maß messen und muß wissen: Sie wird nicht nur durch Rechtsextremisten bedroht, sondern auch durch Linksextremisten. Davon ist jedoch in der öffentlichen Meinung kaum mehr die Rede. Wir erleben eine Tabuisierung des Extremismusbegriffs, vor allem eine Tabuisierung des Linksextremismusbegriffs.“2074
Besonders Jesse analysiert die Notwendigkeit des antiextremistischen Konsenses. Für ihn gilt: „Jeder Rechtsextremist ist ein Antidemokrat, doch nicht jeder Antidemokrat ein Rechtsextremist. Viele wollen dies nicht wahrhaben, sehen die Feinde des demokratischen Gemeinwesens nur auf der einen Seite des politischen Spektrums. Der Vergleich wird tabuisiert, das Äquidistanzgebot nicht eingehalten.“2075 Die mangelnde Distanz bestimmter Teile der bundesrepublikanischen Gesellschaft zum Linksextremismus bis hin zu dessen Negierung ist ein stets wiederkehrendes Thema – speziell bei Jesse, ebenso bei Wassermann. Darüber hinaus erkennen Wassermann und Jesse seit der deutschen Einheit ein Abnehmen in dem Bekenntnis zum antiextremistischen Konsens. Als ursächlich sehen sie den Fall des Eisernen Vorhangs, in dessen Folge der Kommunismus und damit einhergehend der Linksextremismus weniger als Gefahr gilt: 2070
Jesse, Eckhard: Deutsche Diktaturaufarbeitung und die Bedeutung des antitotalitären Konsenses. in: MUT (344) April 1996, S. 53. Wassermann, Rudolf: Auf dem rechten Auge blind? Zur Lage in Strafjustiz und Polizei, in: MUT (305) Januar 1993, S. 24. 2072 Ebd. 2073 Ebd. 2074 Jesse, Eckhard: Geist und Macht. Kontinuität und Wandel im intellektuellen Milieu seit der deutschen Einheit, in: MUT (500) April 2009, S. 72. 2075 Ebd., S. 70. 2071
385
„Wir haben schon lange nicht mehr den antiextremistischen Konsens, der viele Jahre die geistige Grundlage der Bundesrepublik Deutschland gebildet hat. Seit der deutschen Einheit erfährt der Antifaschismus eine immer größere Aufwertung, ohne daß genau geprüft wird, ob demokratische oder antidemokratische Kräfte ihn tragen. Das ist ein gesellschaftlicher Mißstand.“2076 Diese Abkehr vom antiextremistischen Konsens spiegelt sich in der Zuwendung zum Begriff des Antifaschismus wider, der zwar gegen faschistische und nationalsozialistische Bewegungen gerichtet ist, aber keineswegs einen kommunistischen Totalitarismus verhüten würde. In diesem Sinne schreibt Jesse: „Ein nur antifaschistisches oder ein nur antikommunistisches Demokratieverständnis führt in die Irre. Bloßer Antifaschismus kann ebenso wie reiner Antikommunismus diktatorische Richtungen einschließen.“2077 Untrennbar mit der schleichenden Abkehr vom antitotalitären/antiextremistischen Konsens ist für Jesse der Umgang der etablierten Parteien mit der PDS bzw. später der Linkspartei. Im April 1996 wirft er die rhetorisch gemeinte Frage auf, ob mit einer am äußeren rechten Rand stehenden Partei ebenso verfahren würde wie mit der PDS. „Wenn Experten zur PDS sich nicht um deren extremistischen Charakter zu kümmern gedenken, ‚weil wir die Frage der Verfassungsfeindlichkeit der PDS gegenwärtig für nachrangig halten’, so müssen sie sich die (rhetorische) Frage gefallen lassen, ob sie bei einer rechten Flügelpartei dieselbe Schlussfolgerung zögen. Der antitotalitäre Konsens – er steht trotz beträchtlicher Wandlungen, nach wie vor auf tönernen Füßen.“2078
Die PDS bekennt sich zwar zum Antifaschismus, aber keineswegs zum Antiextremismus, was eine wesentliche Grundlage der Bundesrepublik Deutschland ist. „Denn zu einer Volkspartei gehört als wesentliches Element die Bejahung des demokratischen Konsenses. Das fehlt der PDS, einer Klientelpartei. Sie ist bekanntermaßen antifaschistisch orientiert, nicht antiextremistisch.“2079 Auch Martin geht auf diese Thematik näher ein. Besonders in der positiven Beziehung zu linken Diktaturen – wie etwa Kuba oder Nordkorea oder Terrororganisationen wie ETA und Hamas – sieht Martin einen Beweis für die Negierung des antitotalitären/antiextremistischen Konsenses der PDS.2080 Eine feste Etablierung des demokratischen Konsenses in der Bundesrepublik ist für Jesse nicht gegeben, was nicht zuletzt am Umgang mit linksextremistischen Strömungen zu erkennen 2076
Ebd., S. 71. Jesse, Eckhard: Deutsche Diktaturaufarbeitung und die Bedeutung des antitotalitären Konsenses. in: MUT (344) April 1996, S. 54. 2078 Ebd., S. 55. 2079 Jesse, Eckhard: 1989 – und zehn Jahre danach. in: MUT (388) Dezember 1999, S. 66. 2080 Vgl. Martin, Marko: Im Gedächtnisloch. Weshalb die Linkspartei im Westen Erfolg hat, in: MUT (487) März 2008, S. 21. 2077
386
ist: „Auch wenn der Begriff des ‚antitotalitären Konsenses’ – die PDS bekennt sich übrigens nicht dazu – heute verbreitet ist, darf man sich keine Illusionen hingeben. In der politischen Kultur ist er nämlich (noch) nicht hinreichend verankert. Vergangene totalitäre Phänomene werden abgelehnt, gegenwärtige (links-) extremistische jedoch keineswegs mit gleicher Entschiedenheit.“2081 Jesses Meinung begrenzt sich nicht auf die PDS der 1990er Jahre, sondern gilt ebenso für die LINKE 2008. Hier ist für ihn insbesondere die SPD gefragt, die LINKE durch eine Koalition zum einen nicht aufzuwerten und zum anderen den antiextremistischen Konsens nicht allmählich abzutragen: „Die SPD solle weder mit der LINKEN kooperieren noch Wortbruch gegenüber dem Wähler begehen. Der antiextremistische Konsens wird ebenso geschleift wie die Glaubwürdigkeit in die Demokratie. Die SPD ist gut beraten, wenn sie der LINKEN eine Absage erteilt: zum einen aus prinzipiellen Gründen – eine Kooperation mit einer Kraft, die stets die ‚kapitalistischen Verwertungsinteressen’ anprangert und eine ‚antifaschistische Klausel’ für das Grundgesetz und die Landesverfassungen propagiert, verletzt den antiextremistischen Konsens.“2082
Besorgter als Jesse äußert sich Wassermann über den Austausch des antiextremistischen Konsenses durch den Antifaschismus, der bereits ein erstes Preisgeben der Demokratie bedeutet. Wassermann schreibt konkret: „Nachdem das Prinzip der antitotalitären Demokratie schon in den letzten Jahrzehnten durchlöchert worden war (…), wird es nun vollends preisgegeben. (…) Der nur noch gegen rechts gerichtete ‚antifaschistische’ Konsens soll, so die ideologischen Wortführer, den antitotalitären ablösen, der wachsam gegen alle Extreme war, gleichviel ob diese im politischen Spektrum rechts oder links einzuordnen waren.“2083 Zwischen 1991 und April 2009 tritt MUT vehement für den antitotalitären/antiextremistischen Konsens ein. Einige Autoren sehen ihn durch die Etablierung des Antifaschismusbegriffs gefährdet. Für MUT stellt er eine der großen Leistungen der Bundesrepublik Deutschland dar. „Gleichsam als Antwort auf die Herausforderung durch die demokratiefeindlichen Parteien wurde das Konzept der abwehrbereiten, streitbaren Demokratie entwickelt, die sich gegen ihre Feinde wehrt. Der Konsens darüber gehört zu den Errungenschaften, an denen die Bundesrepublik trotz einiger Schwankungen – etwa bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, den sogenannten Berufsverboten – bis in unsere Tage fest2081
Jesse, Eckhard: Deutsche Diktaturaufarbeitung und die Bedeutung des antitotalitären Konsenses. in: MUT (344) April 1996, S. 54. 2082 Jesse, Eckhard: Eine Kooperation mit der LINKEN verbietet sich. in: MUT (494) Oktober 2008, S. 45. 2083 Wassermann, Rudolf: Reifeprüfung. Bundestagswahl und PDS, in: MUT (325) September 1994, S. 15f.
387
gehalten hat.“2084 Im Gegensatz zur ersten Phase leugnen die Autoren nicht das Vorhandensein des Rechtsextremismus. Die Haltung der Zeitschrift zum antitotalitären/antiextremistischen Konsens ist wie folgt zu charakterisieren: „Das Bekenntnis zu einem wertgebundenen Antiextremismus – nicht einseitig zum Antifaschismus – sollte ebenso die Devise des demokratischen Verfassungsstaates sein wie das Bekenntnis zu einem aufgeklärten (Verfassungs-) Patriotismus.“2085 Nach der Analyse besteht für die Zeit zwischen 1991 und 2009 kein Zweifel an der Verfassungstreue der MUT-Autoren. Vielmehr stehen sie für eine konsequente Verteidigung der bundesrepublikanischen Demokratie und ihrer Werte.
7.4 Selbstwahrnehmung Eine Besonderheit der vierten Phase stellen die Artikel über die Zeitschrift innerhalb von MUT dar, die mit einem Beitrag von Anatolij Frenkin im Januar 1991 beginnen und sich erstmals mit der Geschichte und der politischen Wandlung des Blattes beschäftigen. Frenkin sieht MUT als einen „‚Club’ der großen Intellektuellen, sozusagen eine erlesene Gesellschaft der Geisteswissenschaften, der Elite aus Politik, Kunst und Kultur“2086. Die geistige Verbindung zwischen Deutschland und Russland steht für Frenkin im Mittelpunkt seines Artikels, für die er in MUT eine erste Grundlage verwirklicht sieht. „MUT ist konservativ im pluralen Sinne dieser Weltanschauung. Und MUT bemüht sich dabei, einen breiten liberal-konservativen Konsensus auf der Grundlage gemeinsamer, weltbewahrender Werte zu schaffen: Ist diese gemeinsame Grundlage die Demokratie, dann sind die Werte dieser Zeitschrift von allmenschlicher Gültigkeit.“2087
Der zuvor nicht behandelten rechtsextremen Vergangenheit widmet sich Wintzek in seinem ‚Maß und Mitte‘-Artikel im April 1992. Nachdem er zunächst die finanzielle Förderung der Zeitschrift durch die Landeszentrale für politische Bildung Niedersachsens erwähnt, „geriet [er] ab Ende 1969 in die Turbulenzen des innenpolitischen Reizklimas zunehmender Polarisierung“2088. Sein so ge-
2084
Wassermann, Rudolf: Zwei politische Kulturen? Die Kooperation mit der PDS bedeutet Abkehr von der streitbaren Demokratie, in: MUT (371) Juli 1998, S. 8. 2085 Jesse, Eckhard: Geist und Macht. Kontinuität und Wandel im intellektuellen Milieu seit der deutschen Einheit, in: MUT (500) April 2009, S. 73. 2086 Frenkin, Anatolij: MUT ’90. Meinung aus Moskau, in: MUT (281) Januar 1991, S. 48. 2087 Ebd., S. 49. 2088 Wintzek, Bernhard C.: Maß und Mitte. in: MUT (296) April 1992, S. 27.
388
nanntes ‚Abgleiten in rechtes Fahrwasser‘ sieht er in der von links dominierten Politik sowie der NPD der 1960er und 1970er Jahre begründet: „Einige Stichworte zur Erinnerung an diese 60er und frühen 70er Jahre: APO und ‚68er’Aufbegehren, Neue Linke, Wiederzulassung der als DKP umfirmierten KPD, Neue Ostpolitik der sozial-liberalen Koalition und eine primär jugendlich geprägte ‚Neue Rechte’, im Mai 1970 dann der Besuch von Willi Stoph (für uns in jenen Tagen ‚KZ-Wächter’ und ‚Mauermörder’) in Kassel. ‚Widerstand’, NPD – und meine ganz spezielle Verbohrtheit, mir und dieser Zeitschrift damals den Irrweg in die rechte Ecke nicht erspart zu haben. Es folgten Jahre des Suchens nach Orientierung, der Spaltungen und des Abgespalten-Werdens. Der große Bruch bahnte sich an: mein ganz persönliches ‚Damaskus’. Heilsamer Schock und Umkehr kamen für mich 1979 mit der Indizierung der Januar-Ausgabe. Das MUT-Heft Nr. 137 durfte als ‚sozialethisch desorientierend’ und damit als politisch jugendgefährdend nur noch an Volljährige abgegeben werden. Dieser Entscheid wurde für mich zum maßgeblichen Augenöffner: Ich wollte endlich raus aus der ideologiebefrachteten Enge, raus aus der Wagenburg-Mentalität, raus aus der Sackgasse.“2089
In dem Hauptteil seines Beitrages befasst er sich mit den Anfeindungen „linksintellektuelle[r] Meinungsführer[n]“2090, die das „grundlegend veränderte Redaktionsprogramm als Camouflage, als ‚neurechte Strategie’“2091 bezeichnen. Je klarer der politische Wandel sich abzeichnete, so Wintzek, desto stärker sah sich MUT linken Angriffen ausgesetzt. „Dabei mag wohl nicht zuletzt der drohende Verlust eines liebgewonnenen Feindbildes eine Rolle gespielt haben. Offensichtlich gilt hierzulande der Gesinnungswandel in allen politischen Lagern, rechts wie links, als verdächtig. Man lernt selber gern dazu, aber anderen gesteht man nur ungern Lernprozesse zu.“2092 Wie für Wintzek ist für Pfahl-Traughber der nicht gewürdigte Gesinnungswandel das zentrale Thema seines Textes. PfahlTraughber erkennt in MUT einen fundamentalen Wandel: „Selbst diejenigen demokratischen Konservativen, die keine Hemmungen hatten und haben, in Sammelbänden oder Zeitschriften zusammen mit Rechtsextremisten zu veröffentlichen, finden zwischenzeitlich in MUT kein Forum mehr. Insofern handelt es sich weder um eine rechtsextremistische Publikation noch um ein Organ, das die Erosion der Abgrenzung zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus fördert.“2093 Deutlicher als Wintzek streicht er jedoch die rechtsextremistische Ausrichtung der Publikation bis in die 1980er Jahre heraus:
2089
Ebd. Ebd., S. 28. 2091 Ebd. 2092 Ebd. 2093 Pfahl-Traughber, Armin: Ignoranz gegenüber einem politischen Wandlungsprozeß. Anmerkungen zur Verortung der Zeitschrift MUT als Organ der „Neuen Rechten“, in: MUT (351) November 1996, S. 58. [Hervorhebung im Original] 2090
389
„In der Tat gehörte die Zeitschrift MUT als Publikationsorgan bis Anfang der achtziger Jahre eindeutig dem rechtsextremistischen Lager an, der Verleger Bernhard C. Wintzek förderte zu Beginn der siebziger Jahre auch die Aktivitäten der rechtsextremistischen ‚Aktion Widerstand’ gegen die Ostpolitik der damaligen sozialliberalen Koalition und 1979 wurde eine Ausgabe der Zeitschrift aufgrund von Stellungnahmen anlässlich der Ausstrahlung der ‚Holocaust’-Serie im deutschen Fernsehen als jugendgefährdend indiziert.“2094
An der Literatur, die MUT als neurechtes Medium einstuft, kritisiert er die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung mit der Zeitschrift und das Ignorieren des Wandlungsprozesses. Eine eingehende wissenschaftliche Untersuchung fände in diesen Publikationen nicht statt. „Blickt man in den entsprechenden Abschnitten über MUT in die Fußnoten beziehungsweise in das Verzeichnis der verwendeten (Primär-)Literatur so wird die Zeitschrift im Original gar nicht genannt, was wohl heißt, daß die beiden Autoren [Rainer Benthin und Uwe Worm] offenbar kein Exemplar in der Hand hatten, geschweige denn mehrere Ausgaben und Jahrgänge systematisch auswerteten. (…) Andere Veröffentlichungen wie die oben bereits genannte von Astrid Lange über rechtsextremistische Zeitschriften vermischen bei der Darstellung von MUT falsche Angaben über frühere Aktivitäten von Wintzek mit Namen von längst nicht mehr aktuellen Autoren zu einer Einstufung, die darüber hinaus durch kein einziges Zitat aus der Zeitschrift belegt ist.“2095
Für Pfahl-Traughber liegt die Ursache der völligen Fehleinschätzung von MUT entweder in „schlichte[r] Unwissenheit“2096 oder „in anderen Fällen [ersetzt] die politische ‚Gesinnungsbekundung’ die Recherche“2097. Unverständlich bleibt für ihn, warum die Abkehr einer Zeitschrift vom rechtsextremistischen Spektrum keine Beachtung oder sogar Unterstützung verdient.2098 Anders als die vorhergegangenen Artikel beinhaltet der Beitrag von Poser die Gemäldereproduktionen der MUT-Texte, die für ihn – in Zusammenhang mit der „Abwesenheit der üblichen Werbung“2099 – die „aufregendste Besonderheit“2100 darstellt. „Es ist eine souveräne Mißachtung von Ansprüchen des Zeitgeistes, fast so etwas wie dessen Aussperrung.“2101 Die Gemälde sind für ihn die Vermischung der Gegenwart mit der Vergangenheit und die wechselseitige Befruchtung der Epochen.2102
2094
Ebd. [Hervorhebung im Original] Ebd., S. 59. [Hervorhebung im Original] Ebd. 2097 Ebd. 2098 Vgl. ebd. 2099 Poser, Michael von: Bilder in MUT. in: MUT (491) Juli 2008, S. 78. 2100 Ebd. 2101 Ebd. 2102 Vgl. ebd., S. 81. 2095 2096
390
„Meine Auffassung ist, daß sich Sehgewohnheiten nicht durch Fotos, sondern nur durch gemalte Bilder beeinflussen lassen, und daß wir diese brauchen, wenn wir nicht die Hoffnung aufgeben wollen, es ließe sich am Erscheinungsbild der menschengemachten Umwelt noch etwas verbessern. In diesem Sinn verstehe ich die Ikonographie von MUT. Der Gedanke hat einen utopischen Zug: nicht nur zeigen, was verkehrt ist, sondern auch, wie es unter anderen Umständen sein könnte.“2103
Mit dem Artikel von Poser beginnt eine Reihe der Zeitschrift und ihrem Herausgeber gewidmeten Veröffentlichungen, die sich im August 2008, dem Geburtsmonat Wintzeks, und im April 2009 (500. Ausgabe) fortsetzen. Anlässlich des 65. Geburtstages des Herausgebers formuliert Peter Schütt im August 2008 das Vorwort, „weil einige der treuesten Mitarbeiter seit langem auf eine Gelegenheit gewartet haben, einmal von sich aus darzulegen, was sie an MUT haben“2104. In diesem Sinne sind auch die Artikel von Michael von Poser und Alfred Zänker im Juli- und August-Heft 2008 zu verstehen. Zusammenfassend formuliert Schütt: „Ohne MUT ginge gewiß die Welt nicht unter. Aber die Debatten- und die Medienkultur unseres Landes wären ärmer. MUT steht fast viereinhalb Jahrzehnte für Freisinn, FreiMUT und das Recht auf Meinungsfreiheit, gegebenenfalls sogar für das Recht auf Irrtum.“2105 Er übersieht hierbei: Die ersten 20 Jahre standen keineswegs im Zeichen von Freiheit und können auch nicht mit dem lapidaren Verweis auf einen ‚Irrtum‘ weggewischt werden. Den weitaus umfangreichsten Beitrag bietet Alfred Zänker im August 2008 zur Entwicklung von MUT. Für ihn ist sie „eine besondere Publikation für anspruchsvolle Leute“2106, in der die Autoren „Fragen aus Politik und Wirtschaft, Kultur und Geschichte seriös und eingehend erörter[n]“2107. In der Entwicklung der Publikation treten, Zänker zufolge, die drei Wesenszüge Wintzeks deutlich hervor: „sein Profil als Einzelgänger, der doch unentwegt den Dialog mit andern sucht; eine erstaunliche Lernbereitschaft und der Sieg des Vernunftdenkens über Vorurteile und Emotionen“2108. Den größten Raum nimmt der politische Wandlungsprozess ein. Zänker spricht nicht eigens von MUT als einer rechtsextremistischen Publikation, sondern vielmehr trieb der linke Zeitgeist der späten 1960er und 1970er Jahre MUT „an den rechten Rand des politischen Spektrums, in die Nähe von Extremisten und Neonazis“2109. Der von Wintzek eingeführte und von anderen MUT-Autoren aufgegriffene Begriff des ‚Irrtums‘ findet sich ebenfalls bei Zänker wieder: 2103
Ebd., S. 87. Schütt, Peter: Liebe Leserin, lieber Leser. in: MUT (492) August 2008, S. 2. 2105 Ebd., S. 3. 2106 Zänker, Alfred: Sieg des liberalen Vernunftdenkens. Bernhard Christian Wintzek und das Phänomen MUT, in: MUT (492) August 2008, S. 16. 2107 Ebd. 2108 Ebd. 2109 Ebd., S. 19. 2104
391
„Seine Lebensphilosophie hat im Laufe der letzten vier Jahrzehnte einen fundamentalen Wandel erfahren. Er hat eine wahre Metamorphose durchgemacht, eine geistig-politische Kehrtwende, die viel Mut, moralische Kraft und Selbstverantwortung verlangte. Statt Fehler abzustreiten, zu verdrängen, zu vertuschen oder schönzureden, hat er sich zu seinen Irrtümern bekannt und ist, wie man zu sagen pflegt, ‚vom Saulus zum Paulus’ geworden. So führt sein Lebensweg vom jugendlichen Übereifer zum geläuterten, ausgewogenen Weltbild und ausdauernden Lebensmut.“2110
Generell orientiert sich Zänker wenig kritisch an den Äußerungen Wintzeks: „Wintzek sieht sich im Dilemma. Er braucht die ‚rechten’ Leser, verspürt aber ein wachsendes Unbehagen. Seit 1975 ist er ‚innerlich auf dem Rückzug’ – bereit, mit dieser ‚politischen Irrläuferei’ zu brechen. Bei einer Veranstaltung 1977 (es tauchen Hakenkreuze auf) wird ihm klar, daß er ins falsche Lager geraten ist.“2111 Zusätzlich treten Fehler auf, so kam es keineswegs bereits in den 1980er Jahren zu heftigen Anfeindungen und Demonstrationen gegen den Verlag – wie Zänker schreibt –, sondern erst Anfang der 1990er Jahre.2112 Als Begründung zieht er dafür die nicht anerkannte politische Umkehr heran: „Diese fanatisierten ‚antifaschistischen’ Gruppen brauchen MUT als Sündenbock, um die eigenen Aktivitäten zu rechtfertigen“2113. Bedauernd stellt Zänker fest: Der „bedeutende gesellschaftliche Beitrag, den MUT leistet [zahlt sich] nicht in kommerziellen Erfolgen“2114 aus. Denn trotz Sparsamkeit und hoher Effektivität ist MUT in den letzten Jahren in die roten Zahlen geschlittert.2115 Chaim Noll dagegen rekapituliert in seinem Beitrag seine Erfahrungen mit MUT in den letzten zwanzig Jahren.2116 Wenngleich er MUT eine wertkonservative Haltung bescheinigt, würde er die Zeitschrift dennoch nicht konservativ nennen, da sie in den meisten Fällen weltoffener und weniger auf Interessengruppen fixiert agiert. „MUT bewahrt, was ringsum verloren geht. MUT ist geistiger Katastrophenschutz. (…) MUT ist nicht nur die Stimme einer relativ kleinen Gruppe von Engagierten, nicht nur schützender Hort für eine bedrohte Spezies Nachdenklicher und um die Zukunft Besorgter. MUT ist außerdem – aus einer größeren Perspektive gesehen – eine Ehrenrettung in einem vom geistigen Abbau gezeichneten Europa.“2117 Nach Peter Steinbach verlangt es MUT, „sich mit Gegenmeinungen zu beschäftigen,
2110
Ebd., S. 18. Ebd., S. 21. Vgl. ebd., S. 22. 2113 Ebd., S. 24. 2114 Ebd., S. 28. 2115 Vgl. ebd. 2116 Vgl. Noll, Chaim: Bewahren, was ringsum verloren geht. Meine zwei Jahrzehnte mit MUT, in: MUT (492) August 2008, S. 44-51. 2117 Ebd., S. 46f. 2111 2112
392
sich verunsichern, korrigieren, vielleicht sogar erschüttern zu lassen“2118. Weiter formuliert er: „Insofern kommt es darauf an, MUT zu zeigen, sich MUTig lesend herausfordernd Fragen zu stellen, Verunsicherung zu suchen, mit Unsicherheiten, ja mit Aporien leben zu wollen. Das heißt: endlich lesend dem demonstrativen, extrovertierten Gerede die Bemühung um reflektierte Substanz entgegenzusetzen.“2119 Schütt hebt in der 500. Ausgabe den Einsatz der Zeitschrift für den Dialog der Kulturen hervor, für den nicht zuletzt er immer wieder eintritt. Darüber hinaus hebt er die besondere Beziehung zwischen MUT und seiner Leserschaft sowie das große Engagement der Redaktion hervor, ohne die es die Zeitschrift schon lange nicht mehr geben würde. „44 Jahre MUT, insgesamt 500 Hefte, das grenzt an ein Wunder, weil es der Logik des Literaturmarktes vollkommen widerspricht. Die Lebensdauer kultureller Zeitschriften ist in aller Regel begrenzt, ein Jahrzehnt gilt schon als lange Zeit, ein Vierteljahrhundert bereits als Ausnahme. Möglich wurde das Wunder vor allem dank einer schrankenlosen Selbstausbeutung seines Herausgebers. Bernhard C. Wintzek ist ein Einzelkämpfer, aber er bietet keine Einmannshow, ihm fehlt dazu die radikale Subjektivität eines Karl Kraus, der vor allem eines wollte: immer recht haben. Wintzek kann sich auf ein kleines, hochmotiviertes, familiär miteinander verbundenes Team von Mitarbeiterinnen stützen, allen voran Barbara Siemers, die neben dem Herausgeber wesentlich an der einzigartigen Bebilderung des Magazins beteiligt ist. Alle MUTmacher verbindet ein gemeinsames Arbeitsethos, die altbewährten preußischen Tugenden der Pflichterfüllung, der Verlässlichkeit und des Fleißes. Die Zeitschrift ist perfekt gestaltet, sie stellt an sich wie an ihre Leser hohe Qualitätsansprüche, aber sie ist niemals elitär, niemals snobistisch, sie schreibt nicht über die Köpfe ihrer Leser hinweg. So gut MUT auch von Wintzek, seinen Mitarbeiterinnen und Mitstreitern konzipiert, redigiert und editiert wurde und wird – die Zeitschrift hätte nie ohne die tätige Solidarität ihrer Lesergemeinde überleben können. MUT-Leser kennen das zur Genüge: Immer dann, wenn Not am Mann war, wenn Zeitschrift und Verlag tief in den roten Zahlen steckten, wenn der Konkurs anders nicht mehr abgewendet werden konnte, dann waren die Leser gefragt. Auf die Leser war immer Verlaß. Sie spendeten bereitwillig und halfen damit ihrer Zeitschrift über die Runden. Kein anderes vergleichbares Printmedium verfügt über eine so enge Leserbindung. MUT hängt an keinem Subventionstropf, hat keinen Sponsor und keine Werbeeinnahmen. MUT ist einzig und allein abhängig vom Wohlwollen seiner Leser. Sie lesen und bezahlen nicht nur ihre Zeitschrift, sie empfehlen oder reichen sie weiter oder lassen sie mit Absicht im Warteraum liegen. Sie lassen sich auch selber zu MUTigem Handeln inspirieren.“2120
Bei Weigand steht wiederum die politische Wandlung im Zentrum seiner Betrachtung. Die Wandlung ist überzeugend gelungen; die weit verbreitete Meinung nach der es sich bei MUT um ein Chamäleon handelt, hält Weigand für
2118
Steinbach, Peter: Lesen erspart Überraschungen. MUTig gegen „Geredezeig“, in: MUT (500) April 2009, S. 23. Ebd. 2120 Schütt, Peter: Spagat zwischen Himmel und Erde. MUT und der Interreligiöse Dialog, in: MUT (500) April 2009, S. 176. 2119
393
Verleumdung, Unterstellung und Gesinnungsterror.2121 Für ihn ist die Liberalität das Zentrale des Blattes. In diesem Sinne versteht er auch seine persönliche Motivation für MUT zu arbeiten: „Es macht Spaß, und es hebt das eigene Selbstbewußtsein, für eine Zeitschrift wie MUT zu arbeiten. Warum sage ich eigentlich nicht: arbeiten zu dürfen? Die liberale Linie, die nicht nur seit Jahrzehnten von der Redaktion erfolgreich verfolgt wird, erlaubt ein unglaublich breites Themenspektrum, es gibt Platz sogar für Ausgefallenes und Absonderliches.“2122 Den letzten 25 Jahren widmet sich Zänker in seinem Beitrag für die Jubiläumsausgabe. Auf die von ihm so bezeichnete „Sturm-und-Drang-Periode“2123 geht er nicht mehr ein, sondern ausschließlich auf die umfangreiche Themenvielfalt der Publikation in dem letzten Vierteljahrhundert. Wie zuvor Weigand hebt er die Meinungsvielfalt und den liberalen Gedanken der Zeitschrift hervor. „In politischer Hinsicht hat sich MUT mit der Zeit von früheren, eher konservativen Einflüssen und Standpunkten entfernt und einer liberalen Sicht und Meinungsvielfalt genähert. Fast alle Richtungen kommen zu Wort: ‚grüne’ Anliegen, Umweltsorgen und Naturschutz ebenso wie sozialdemokratische und christlich-soziale Thesen und auch konservative Stimmen. Zwischen Sozialismus und Planwirtschaft auf der einen Seite und dem unbeschränkten ‚Laisser-faire’ auf der anderen orientiert sich die Zeitschrift eher am Leitbild einer freiheitlich-pragmatischen Gesellschaft.“2124
7.5 Fremdwahrnehmung Die Literatur über MUT zwischen 1991 und 2009 zeichnet sich in erster Linie durch ihren Umfang und in zweiter Linie durch ihre Diversität aus. Dennoch beurteilt der überwiegende Teil der Publikationen die Zeitschrift weiterhin als rechtsradikal bzw. rechtsextremistisch. Die Beiträge verteilen sich dabei in etwa gleichmäßig auf Monographien, Sammelbände und Zeitungen, wobei ein leichtes Übergewicht auf linke und linksextremistische Verlage und Zeitungen zu verzeichnen ist. Hierfür können beispielhaft die Artikel von Thomas Klaus stehen, die er zum einen im Neuen Deutschland2125 und zum anderen in ‚Der Rechte Rand‘ publiziert. Klaus widmet sich darin zwei aktuellen Ereignissen: Da ist zunächst das Vorkommen Wintzeks in dem Nachschlagewerk ‚Who is Who‘ zu 2121
Vgl. Weigand, Jörg: Gegen Meinungsterror und Zensur. in: MUT (500) April 2009, S. 179. Ebd. 2123 Zänker, Alfred: Unsere Zeit im Spiegel von MUT. in: MUT (500) April 2009, S. 180. 2124 Ebd., S. 185. 2125 Vgl. Klaus, Thomas: Seiten mit braunem Rand. in: Neues Deutschland (43) 21. Februar 1994, 49. Jg., S. 3. 2122
394
nennen. Klaus stellt in seinem Beitrag die provozierende Frage, welche qualifizierenden Leistungen Wintzeks, aber auch die von Gerhard Frey, Adolf von Thadden und Martin Mussgnug, für eine Aufnahme ausschlaggebend waren. Auf den Beitragsinhalt zu Wintzek geht er nicht ein; an dessen Stelle tritt die Nennung seiner Bundestagskandidatur für die NPD sowie die Organisation der ‚Kappler-Entführungsfeier‘, wobei Kappler jedoch namentlich nicht genannt wird, sondern von einem „SS-Obersturmbannführer und Kriegsverbrecher“2126 gesprochen wird. Genauso wenig findet die politische Wandlung Eingang in den Beitrag. Stattdessen spricht er pauschal für alle genannten Rechtsextremisten und fordert deren Streichung aus dem ‚Who is Who‘.2127 Da das ‚Who is Who‘ Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (mit ihrer Vita) aus allen Bereichen auflistet, wäre es angemessen, auch Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum aufzunehmen. Zumal Wintzek ohne Zweifel einen politischen Richtungswandel vollzog und damit für die breite Öffentlichkeit durchaus von Interesse ist. Der zweite Artikel beinhaltet den von Klaus so genannten „Fall ‚Kaltenbrunner’“: Unter dieser Bezeichnung versteht er die – angebliche – Teilnahme Kaltenbrunners an der Veranstaltung ‚Wahrheit-macht-frei‘ im April 1990, auf der David Irving die Existenz von Gaskammern in Auschwitz leugnete. Klaus beruft sich auf das ‚Antifaschistische Autorenkollektiv Berlin‘, welches Kaltenbrunner – angeblich – auf der Veranstaltung fotografiert habe. Der eigentliche ‚Fall Kaltenbrunner‘ besteht für ihn jedoch aus der „fehlende[n] Untersuchung durch die ‚MUT’-Redaktion“2128. „Barbara Siemers läßt im Juni 1993, darauf angesprochen, lediglich ausrichten, sie glaube das einfach nicht und werde darum keine weiteren Schritte einleiten.“2129 Bei der Betrachtung dieses – angeblichen – Beweisfotos ist jedoch keinerlei Ähnlichkeit zu Gerd-Klaus Kaltenbrunner festzustellen. Daher ist anzunehmen: Klaus verzichtete auf eine nähere Untersuchung, ob es sich bei der Person auf dem Foto wirklich um Kaltenbrunner handelte. Stattdessen konfrontierte er den Verlag mit einer ungeprüften Behauptung, um eine Reaktion zu provozieren, die er gegen die vollzogene politische Wandlung von MUT einsetzen konnte. Im weiteren Verlauf des Beitrages rekapituliert Klaus die Entwicklung Wintzeks sowie der Zeitschrift im rechtsextremistischen Spektrum. Den von Wintzek postulierten ‚heilsamen Schock‘ der Indizierung bleibt für ihn aufgrund der Mitarbeit von Konrad Windisch bis 1984 und der von Alfred Schickel ab 1990 fragwürdig.2130 Auffällig ist: Im Gegensatz 2126
Ebd. Vgl. ebd. 2128 Klaus, Thomas: „MUT“ im Wandel? Wintzek läßt Fall „Kaltenbrunner“ unaufgeklärt, in: Der Rechte Rand . Informationen von und für Antifaschisten (23) Juni /Juli 1993, S. 8. 2129 Ebd. 2130 Vgl. ebd., S. 8f. 2127
395
zu dem Artikel über den ‚Who ist who‘-Eintrag wird in diesem Fall von einer politischen Wandlung gesprochen, wenngleich Klaus ihn nicht überzeugend findet. Der so genannte ‚Fall Kaltenbrunner‘ führt ihn zu der Schlussfolgerung: „Bei allem Respekt vor positiven Lernprozessen: Solange der ‚Fall Kaltenbrunner’ für den ‚MUT’-Verlag kein Thema ist, solange bleiben hinter dem Gesinnungswandel des Bernhard C. Wintzek Fragezeichen. Und solange muß sich jeder Demokrat sehr genau überlegen, ob er in der ‚MUT’-Redaktion mitmischen, sich ‚MUT’ für Interviews zur Verfügung stellen oder für ‚MUT’ Beiträge verfassen will.“2131
Im Jahr 1994 nimmt sich ebenfalls kurz der FOCUS des Themas ‚Who is Who‘ an. Er berichtet über die Aufnahme „führende[r] Mitglieder ultrarechter Gruppen“2132. Neben den bereits von Klaus erwähnten rechtsextremen Politikern nennt der Beitrag wiederum Wintzek, an dieser Stelle mit Verweis auf die Indizierung des Januar-Heftes 1979 aufgrund der Holocaustleugnung. Die Entwicklung des Blattes nach 1979 wird auch hier verschwiegen, vielmehr impliziert der Text: Bei dem MUT-Herausgeber der 1990er Jahre handelt es sich weiterhin um einen rechtsextremen Publizisten. Sowohl der Aufbau als auch der Inhalt des Artikels erinnert stark an den Text von Klaus, weshalb angenommen werden kann, dass es sich bei dem Autor ebenso um ihn handelt.2133 Ein großer Teil der Zeitschriften- und Zeitungsbeiträge zu MUT ordnet die Zeitschrift in den Bereich der Neuen Rechten ein. Hans-Ulrich Wehler, ein führender deutscher Sozialhistoriker, schreibt beispielsweise in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Um wen handelt es sich bei dieser Neuen Rechten, die inzwischen nicht mehr der Wunschtraum einiger Phantasten, sondern Realität ist? Es ist ein buntes Völkchen, aber bekenntnisfreudig-arrogant preist es sich bereits als ‚das erste Meinungslager des wiedervereinigten Deutschlands’ (K. Weißmann, F.A.Z vom 22. April). Da gibt es die strebsamen jungkonservativen Schwarmgeister, die Zitelmann, Weißmann, Großheim, Straub und Knütter (alle versammelt in dem Band ‚Westbindung’ von 1993). Mit solchen Pseudokonservativen streiten die Redakteure und meisten Mitarbeiter von Rechtsaußen-Zeitschriften wie ‚Junge Freiheit’, ‚Mut’ und ‚Criticon’. Und da sind – wenn man von irrlichternden Figuren wie Botho Strauß, UraltRechten wie Armin Mohler und dem personifizierten Renegateneifer à la Seebacher aus guten Gründen absieht – einige Schreibtischgelehrte mit der Attitüde des politischen Gurus.“2134
Ähnlich wie der Beitrag von Klaus gestaltet sich der Artikel „Dreißig Jahre ‚MUT’ in Asendorf“ von Rudi Klemm (Der Rechte Rand): Klemm sieht in MUT
2131
Ebd., S. 9. O.A.: In bester brauner Gesellschaft. in: FOCUS (3) 17. Januar 1994, S. 14. Vgl. ebd. 2134 Wehler, Hans-Ulrich: Gurus und Irrlichter. Die neuen Träume der Intellektuellen, in: FAZ (105) 06. Mai 1994, S. 31. 2132 2133
396
lange Zeit eine „offen (neo-)faschistische Zeitschrift“2135, die unter dem Einfluss von Strauss und Kaltenbrunner „faschistisches Gedankengut in konservative Kreise“2136 trägt. Auf die Frage, warum soviele eindeutig demokratisch gesinnte Autoren in MUT publizieren, verweist Klemm auf drei unterschiedliche Gründe: „Manche, wie Sozialdemokrat Eppler und das Bundesvorstandsmitglied der DKP Peter Schütt, glauben Wintzek die Wandlung zum Demokraten, andere, wie Rudolf Wassermann, Hermann Rappe und Oskar Lafontaine nutzten das Blatt, um ‚nationalsozialdemokratische’ Positionen unter die Leute zu bringen. Viele andere wurden über den faschistischen Hintergrund des Blattes einfach in Unkenntnis gelassen.“2137 Parallel zur Wandlung von MUT beobachtet Klemm einen Rechtsruck in der deutschen Presselandschaft (u.a. beim SPIEGEL und bei FOCUS). Fälschlicherweise gibt Klemm an: Wintzek hätte in Folge einer Demonstration seine Druckerei aufgeben müssen, da Ortsansässige nicht länger bei ihm drucken lassen wollten. Tatsächlich dürfte der wahre Grund der Druckereiaufgabe aber darin gelegen haben, dass die Druckerei nicht mehr notwendig war, zumal die Entwicklung immer mehr in Richtung Vierfarbdruck ging und es angesichts des Preisverfalls im Druckgewerbe günstiger wurde, Aufträge an Fremddruckereien gegen eine kleine Gewinnbeteiligung weiterzuleiten. Wenngleich MUT in einer anderen Aufmachung erscheint, ist für Klemm die rechtsextremistische Gesinnung erkennbar. „Tatsächlich verbreitet der ‚MUT’-Verlag heute rechtsradikales Gedankengut in Artikeln scheinbar unverdächtiger Autoren. Erst bei genauerer Betrachtung der Texte zeigt sich, welch reaktionärer Mist in den Artikeln zu kulturellen und religiösen Themen transportiert wird.“2138 Neben der Zugehörigkeit zur Neuen Rechten, fungiert MUT häufig als das Beispiel par excellence der Grauzone bzw. des Brückenspektrums2139: Jäger bezeichnet MUT zwar als eine offensichtlich rechtsextreme Publikation, jedoch verschleiere sie dieses durch ihre qualitativ hochwertige Erscheinung sowie der Veröffentlichung von Beiträgen konservativer und sozialdemokratischer Autoren.2140 Für Schneider ist MUT eines von „verschiedenen neofaschistischen Zentren“2141, welches im Sinne der Scharnierfunktion arbeitet: „Besonders erfolgreich ist in dieser Hinsicht die Zeitschrift MUT, die im Verlag des ehemaligen NPD-Aktivisten Wintzek erscheint. Nur noch ein kleiner Teil ihrer Autoren sind 2135
Klemm, Rudi: Dreißig Jahre „MUT“ in Asendorf. Über die Weißwäsche eines rechtsextremen Magazins, in: Der Rechte Rand (38) Januar/Februar 1996, S. 17. Ebd. 2137 Ebd. 2138 Ebd., S. 18. 2139 Vgl. u.a. Hundseder, Franziska: Stichwort Rechtsextremismus. München 1993, S. 50f. 2140 Vgl. Jäger, Siegfried: Rechte und rechtsextreme Diskurse. in: Muttersprache. Vierteljahresschrift für deutsche Sprache (1) 1994, 104. Jg., S. 5f. 2141 Schneider, Ulrich: Neofaschismus in der heutigen BRD. in: Marxistische Blätter (6) 1992, S. 13. 2136
397
offene Vertreter neofaschistischer Ideologien. Durch diese Öffnung hat die Zeitschrift es vor wenigen Jahren geschafft, aus dem Verfassungsschutzbericht herausgenommen zu werden.“2142 Den Einstieg in konservative akademische und politische Kreise ermöglichte dabei Gerd-Klaus Kaltenbrunner, wie es vielfach in der Literatur heißt (z.B. Feit2143 und Hütz2144). Für Hütz steht fest: „Statt national-chauvinistischen Ideengut propagiert ‚MUT’ rechte Werte nur noch so weit, wie bei der erweiterten Leserschaft eine Akzeptanz zu erwarten ist.“2145 Der Erscheinungsort ist das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt, das bis 1995 regelmäßig mit einer Anzeigenwerbung in MUT vertreten war. Das ist eine Paradoxie. In diese Reihe reiht sich auch Sarkowicz ein, nach einer kurzen Aufzählung der bekannten Stationen der Zeitschrift (Aktion Widerstand, Indizierung 1979, Rausfall aus dem Verfassungsschutzbericht 1984 nach der Veröffentlichung des Artikels von Bundesinnenminister Zimmermann), thematisiert er die Entwicklung der einflussreichsten und größten Publikation in der Grauzone zwischen Rechtsextremismus und Rechtskonservatismus zu einem „neurechten Theorieorgan“2146 und seine Wirkung in konservative Kreise hinein.2147 „Die Mischung ermöglicht es nationalistischen Geschichtskliterrern, gesellschaftsfähig zu werden. In einem Sammelband oder einer Zeitschrift neben durchaus anerkannten und renommierten Autoren zu stehen, nährt die Hoffnung, nicht nur bei Gesinnungsfreunden Beachtung zu finden.“2148 Die Publikationen erwecken den Eindruck, dass ein positiver Wandlungsprozess der Zeitschrift nicht erwünscht ist und er deswegen in vielen Veröffentlichungen keinen Eingang erhält. Eine Vielzahl der Publikationen, in denen MUT als Teil der Neuen Rechten und Paradebeispiel der Scharnierfunktion rechter Verlagserzeugnisse gilt, geht auf die Zeitschrift selbst nur in einzelnen Absätzen ein. Anzeichen, nach denen MUT als Quelle für die Einschätzung herangezogen wurde, finden sich in diesen Veröffentlichungen nicht, vielmehr verweisen die Fußnoten auf Sekundärliteratur z.B. von Gessenharter oder Assheuer/Sarkowicz. In diese Kategorie fallen 2142
Ebd. [Hervorhebung im Original] Vgl. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der BRD. in: Kirfel, Martina/Walter Oswalt (Hrsg.): Die Rückkehr der Führer. Modernisierter Rechtsradikalismus in Westeuropa, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wien 1991, S. 37f. 2144 Vgl. Hütz, Friedel: Im neuen Gewand. in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt (33) 13. August 1993, S. 25. Hütz, Friedel: Mit Kohls Sympathie. Magazin „MUT“ verklammert Bürgerliche und Rechtsradikale, in: die tageszeitung, 20. November 1993, S. 33. 2145 Hütz, Friedel: Im neuen Gewand. in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt (33) 13. August 1993, S. 25. 2146 Sarkowicz, Hans: Publizistik in der Grauzone. in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte Neuausgabe, Frankfurt a.M. 1992, S. 100. 2147 Vgl. ebd. 2148 Ebd. 2143
398
etwa Werke von Astrid Lange2149 und Heiko Langanke2150. Lange schreibt über MUT: „Das Blatt bildet die organisatorische Klammer zwischen Bürgern und Radikalen. Nach Wolfgang Gessenharter tritt diese ‚Scharnier- und Brückenfunktion’ der sogenannten Neuen Rechten kaum irgendwo deutlicher zu Tage als am Beispiel der Zeitschrift MUT.“2151 Gessenharter selbst spricht in der Monographie ‚Kippt die Republik?‘ aus dem Jahr 1994 von einer allmählichen Loslösung der Zeitschrift aus ihrer „zentralen Scharnierfunktion im neurechten Lager“2152, jedoch sei bis Ende der 1980er Jahre die „typische Argumentationsweise der Neuen Rechten“ in MUT nachweisbar. Aus diesem Grund sieht er die Kritik Wintzeks an denjenigen, die den Wandel nicht so positiv beurteilen wie er, eher skeptisch. „Eigenartig aber mutet es schon an, wenn er [Wintzek] dabei die Reaktionen jener, die den damaligen Veränderungsprozeß mit Kritik begleiteten, als unfaires und ‚galliges’ Scharfrichtertum apostrophiert. Um es zu wiederholen: Immerhin läßt sich bis in die Zeit kurz vor der deutschen Einigung genau jene neurechte Scharnierfunktion bei MUT ohne Probleme nachweisen. Seit dieser Zeit sind aber die ehemaligen Bindungen in den rechtsextremen Bereich offensichtlich endgültig gekappt. Geblieben ist ein stramm konservatives Blatt, das sich offenbar schon deswegen für liberal hält, weil es die ganz rechte Ecke verlassen hat.“2153
Dass in den 1980er Jahren bereits Sozialdemokraten wie etwa Lohmar in MUT schreiben, verschweigt Gessenharter oder will es nicht wahr haben. Auch wenn MUT in der dritten Untersuchungsphase noch rechtsextremistische Inhalte enthält, so ist eine Scharnierfunktion nicht nachweisbar. Es handelt sich hierbei eindeutig um einen Wandlungsprozess, der in den 1980er Jahren noch nicht vollständig umgesetzt werden konnte. Auf andere Weise nähert sich Siegfried Jäger in seiner Publikation ‚Text- und Diskursanalyse‘ der Zeitschrift: In dem Kapitel ‚Anleitung zur Textanalyse als Diskursanalyse‘ analysiert er exemplarisch den MUT-Artikel ‚Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer Politk?‘ von Kaltenbrunner aus dem Februar-Heft 1987. Für den Kaltenbrunner-Text entschied er sich, weil sich die wissenschaftliche Journalistik bisher zur rechtsextremistischen Presselandschaft nicht äußerte, obwohl diese in den letzten Jahren verstärkt hervorgetreten ist. „Anhand des Artikels von Gerd-Klaus Kaltenbrun2149
Vgl. Lange, Astrid: Was die Rechten lesen. Fünfzig rechtsextreme Zeitschriften, München 1993, S. 112f. Vgl. Langanke, Heiko: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik. Ideen, Ideologien, Interpretationen, Hamburg 1996, S. 61. 2151 Lange, Astrid: Was die Rechten lesen. Fünfzig rechtsextreme Zeitschriften, München 1993, S. 113. 2152 Gessenharter, Wolfgang: Kippt die Republik? Die Neue Rechte und ihre Unterstützung durch Politik und Medien, München 1994, S. 127. 2153 Ebd., S. 127f. [Hervorhebung im Original] 2150
399
ner, einem der wichtigsten neurechten Ideologen in der Bundesrepublik der Gegenwart, läßt sich zeigen, daß neurechte Presse und Propaganda keineswegs ungeschickt und grobschlächtig, sondern durchaus intelligent, wirkungsvoll und subtil verfährt und offensichtlich von einigem Einfluß auf den Medien-Diskurs allgemein, auf den Diskurs der Elite und darüber hinaus auch auf den Interdiskurs ist.“2154 Eine Besonderheit des analysierten Artikels sind die unterschiedlichen Erscheinungsorte, die von der Illustrierten BUNTE über MUT bis zum rechtsextremistischen Organ Sieg reichen und sich in dem Analysergebnis von Jäger widerspiegeln: „Bei Sieg reizt die faschistische Terminologie: Hier wird verstanden: Im Grunde hatte Hitler doch recht! Bei MUT-Lesern dürfte gerade die Befreiuung vom Druck der Verbindung eigener Ideologeme mit der Hitler-Vergangenheit positiv wirken. Es kann abschließend gesagt werden, daß die Zeitschrift MUT und in ihr der Text Kaltenbrunners die Funktion hatte und weiterhin hat, die allgemein zu beobachtende Offensive der neuen Rechten gegenüber konservativer Ideologie zu forcieren, konservativen Denken einen ‚rechteren’ Gehalt zu geben und den Interdiskurs insgesamt von rechts her zu beeinflussen. Dies scheint mir [Jäger] auch die eigentliche Strategie Kaltenbrunners (und anderer rechter Intellektueller wie etwa Günther Rohrmoser) zu sein, denen es nicht so sehr um den Aufbau rechtsextremer Parteien geht, sondern um den Kampf um die ‚Kulturelle rechte Hegemonie’, also um eine Rechtsverschiebung des gesamten politischen Spektrums.“2155
Insbesondere die Publikationen des PAPYROSSA-Verlages berichten über MUT. Alleine in der vierten Untersuchungsphase finden sich fünf Veröffentlichungen2156, in denen die Zeitschrift im Rahmen der Neuen Rechten Eingang findet. Weber und Klotz/Schneider erwähnen die Zeitschrift lediglich einmal kurz. Bei Weber ist MUT neben Criticón und Nation Europa ein Publikationsort der Neuen Rechten, der sich in erster Linie an konservative Kreise richtet.2157 In dem Sammelband von Klotz/Schneider behandelt Wolfgang Wippermann in seinem Beitrag Alfred Schickel und die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt. Der Text besteht aus einer inhaltlichen Darstellung der als revisionistisch bezeichneten Publikationen von Schickel, u.a. aus dem „rechtradikalen
2154
Jäger, Siegfried: Text- und Diskursanalyse. Eine Anleitung zur Analyse politischer Texte, 5. Auflage, Duisburg 1994, S. 43f. 2155 Ebd., S. 71. 2156 Vgl. Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild. Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995. Hellfeld, Matthias von: Die Nation erwacht. Zur Trendwende der deutschen politischen Kultur, Köln 1993. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994. Weber, Iris: Nation, Staat und Elite. Die Ideologie der Neuen Rechten, Köln 1997. 2157 Vgl. Weber, Iris: Nation, Staat und Elite. Die Ideologie der Neuen Rechten, Köln 1997, S. 95.
400
‚MUT’-Verlag“.2158 Über Schickels Bedeutung – immerhin einer der wichtigsten Autoren in MUT der 1980er Jahre – schreibt Wippermann: „Nun hat Schickel selbst zwar keine Verbrechen begangen, er hat sie ‚nur’ geleugnet, weshalb er vom Altmeister der deutschen Revisionisten Georg Franz-Willing auch überschwänglich gelobt wurde. Schickels Verdienst bestehe in der ‚Aufklärung der kriegstreibenden Rolle des amerikanischen Präsidenten F.D. Roosevelt’.“2159 Die anderen PAPYROSSA-Veröffentlichungen2160 räumen MUT ein eigenes Kapitel ein. Bei Worm gilt die Zeitschrift „als eines der einflußreichsten ‚neurechten’ Presseerzeugnisse“2161, welches mit einer monatlichen Auflage von 20.000 bis 25.000 Exemplaren erscheint und die Beilage der Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt enthält. Sowohl Worm als auch Hellfeld sehen in MUT weiterhin ein neurechtes Presseerzeugnis, dem es gelungen ist, mit „den im Kern identischen Inhalten aus den siebziger Jahren den Durchbruch in das konservative Lager“2162 zu schaffen. Nachdem MUT die ersten Jahre als Jugendmagazin erschien, orientierte sich das Blatt Anfang der achtziger Jahre auf das konservative Bildungsbürgertum. Hellfeld schreibt zu dieser Entwicklung: „Mit Hilfe prominenter Autoren ist es ‚MUT’ gelungen, das braune Ghetto zu verlassen und sich als Hüterin nationalkonservativer Werte zu etablieren. Geschichtsrevisionismus, Ethnopluralismus und eine deftig formulierte Zivilisations- und Kulturkritik gehören natürlich auch weiterhin zum festen Bestandteil der ‚MUT’Beiträge.“2163 Trotz der relativ – im Gegensatz zu anderen Autoren – langen Beiträge zu MUT geben Hellfeld und Worm keine neuen Erkenntnisse. Vielmehr besteht der Großteil ihres Textes aus einer Aufzählung der in der Zeitschrift vertretenen Autoren, unterteilt nach rechtsextremistischen, konservativen und, wie es Hellfeld ausdrückt „unverdächtigen Autoren“2164 (z.B. Peter Voss vom ZDF oder Freya Klier). Differenzierter beurteilt der dritte PAPYROSSA-Autor die Zeitschrift: Bis 1989 geht Venner mit seiner Einschätzung des Blattes mit Worm und Hellfeld konform und positioniert MUT als neurechtes Medium in die 2158
Vgl. Wippermann, Wolfgang: Verdiente Revisionisten. Alfred Schickel und die „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI), in: Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild, Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997, S.86f. 2159 Ebd., S. 88. 2160 Vgl. Hellfeld, Matthias von: Die Nation erwacht. Zur Trendwende der deutschen politischen Kultur, Köln 1993, S. 20-22. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994, S. 97-103. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995, S. 78-81. 2161 Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995, S. 78. 2162 Ebd., S. 79. 2163 Hellfeld, Matthias von: Die Nation erwacht. Zur Trendwende der deutschen politischen Kultur, Köln 1993, S. 21. 2164 Ebd.
401
Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus.2165 Für die 1990er Jahre sieht er jedoch eine Wandlung hin zu einer politischen Mäßigung, speziell im Vergleich zu den Publikationen Nation Europa und Criticón. Venner schreibt weiter: „Tatsächlich finden sich im Jahrgang 1991 nur noch sehr sporadisch Beiträge von konservativ-revolutionärem Zuschnitt (läßt man einmal Kaltenbrunner außer acht, der in jeder Ausgabe präsent ist), um so mehr von gemäßigten Autoren. ‚Gemäßigt’ heißt jedoch auch jetzt in der Regel konservativ.“2166 Der Sammelband ‚In bester Gesellschaft‘, herausgegeben von Hethey/Kratz dient in der vierten Untersuchungsphase vielen Autoren als Grundlage ihrer eigenen Arbeiten, obwohl er sich nicht eigens mit MUT beschäftigt oder die Zeitschrift als Quelle heranzieht. Er umfasst verschiedene Beiträge zur Neuen Rechten sowie zur Grauzone, in die das Blatt eingeordnet wird. Als Belege hierfür gelten u.a. die Autoren Ortlieb2167 und Strauss. „Strauss gilt als Chefideologe der Nationalrevolutionäre und schreibt außerdem in ‚Nation Europa’ und den Blättern ‚MUT’ und ‚Criticon’, die das konservative mit dem neofaschistischen Lager vernetzen.“2168 In einem anderen Beitrag sieht Hethey den Gesinnungswandel von Wintzek und MUT – bis Anfang der 1980er Jahre „das zentrale Blatt für Neo-Faschisten“2169 – als Folge der neurechten Strategie, die bundesrepublikanische Presselandschaft zu unterwandern. Einzigartig ist hier die Annahme, nach der der Wandlungsprozess einer konkreten Strategie der Neuen Rechten geschuldet ist: „Erst mit dem Plan ‚Blockadebrecher’, im wesentlichen von dem Göttinger NPD-Funktionär Hans Michael Fiedler unter die Jugend gebracht, änderte sich das Erscheinungsbild von MUT. Gemäß der Aufgabenteilung im neofaschistischen Lager, bestimmte Adressatengruppen gezielt anzusprechen, gab sich der Herausgeber von MUT und frühere NPD-Bundestagskandidat, Bernhard C. Wintzek seriös konservativ.“2170 Ferner unterstellt Hethey den Erfolg dieser angenommenen Taktik, der sich an dem Autorenstamm belegen lässt.
2165
Vgl. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994, S. 97ff. 2166 Ebd., S. 102f. 2167 Vgl. Kratz, Peter: Siemens zum Beispiel. Kapitalinteressen der „Neuen Rechten“, in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991, S. 46. 2168 Lloyd, Jürgen/Kurt Heiler/Irmgard Pinn: Akademischer Faschismus. in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und NeoFaschismus, Göttingen 1991, S. 84. 2169 Hethey, Raimund: Europa: Neue Heimat der Völker und Regionen? in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und NeoFaschismus, Göttingen 1991, S. 164. 2170 Ebd.
402
„Die Forderung nach ‚nationaler Identität’, die 1982 noch als staatsfeindlich in den Bericht des Verfassungsschutzes aufgenommen wurde, ist heute fester Bestandteil in den Programmen der bürgerlich-parlamentarischen Parteien. Die Repräsentanten des Staates haben MUT für dessen Vorarbeit schließlich gedankt und nicht mehr in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen. Dafür haben Minister, hohe Parteifunktionäre der CDU/CSU, der FDP, der SPD und der Gewerkschaften inzwischen selber Beiträge für Wintzek geschrieben. MUT hat sein Ziel, in seriöse rechte Kreise hineinzuwirken, in wenigen Jahren erreicht.“2171
Der Anhang bietet darüber hinaus in einem Glossar der neurechten Zeitungen/Zeitschriften einen kurzen Abriss der Entwicklungsgeschichte mit den bekannten Stationen von MUT: Die Gründung wird mit dem Jahr 1964 ein Jahr zu früh angegeben. Dem schließt sich die Bundestagskandidatur Wintzeks sowie die Indizierung des Januar-Heftes 1979 an. Bezeichnen Hethey/Kratz MUT bei der Gründung noch als rechtsradikales Jugendmagazin, so ist sie ein Satz später bereits neofaschistisch. Mit der Mitarbeit von Strauss propagiert das Blatt seine rechtsradikalen Ideen in konservative Kreise. An Stelle einer inhaltlichen Erörterung tritt eine Aufzählung der verschiedenen Autoren, unter denen sich neben bekannten Rechtsradikalen auch Konservative, Gewerkschafter und SPDMitglieder fänden. Der Überblick endet mit der Erwähnung des Leserbriefs von Helmut Kohl 1988.2172 In einigen Überblickswerken zum Rechtsextremismus wird MUT zudem beiläufig in Zusammenhang mit der Neuen Rechten sowie als Verbindungsglied zwischen Konservatismus und Rechtextremismus genannt; immer in einer Reihe mit den Zeitschriften Nation Europa und Criticon.2173 Alice Brauner-Orthen2174 dagegen beurteilt MUT in ihrer Dissertation eindeutig als demokratisch: „Hinsichtlich der Zeitschrift MUT muss einigen Wissenschaftlern unterstellt werden, dass sie die Zeitschrift entweder in den letzten Jahren nicht mehr genau gelesen oder aber ihre Kenntnisse aus der Sekundärliteratur bezogen haben, ohne das kleine Hochglanzmagazin einer aktuellen inhaltlichen Prüfung zu unterziehen.“2175 Eine Wandlung ist für sie seit den 1980er Jahren nachweisbar und auch der von Gessenharter vertretenen These von der 2171
Ebd. Vgl. Morris, Monika/Raimund Hethey: Zeitschriftenglossar. in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991, S. 297f. 2173 Vgl. Schwagerl, H. Joachim: Rechtsextremes Denken. Merkmale und Methoden, Frankfurt a.M. 1993, S. 50. Junge, Barbara/Julia Naumann/Holger Stark: Rechtsschreiber. Wie ein Netzwerk in Medien und Politik an der Restauration des Nationalen arbeitet, Berlin 1997, S. 37 und 175. Fröchling, Helmut: Die Neue Rechte im Fokus des Verfassungsschutzes. in: Gessenharter, Wolfgang/Helmut Fröchling (Hrsg.): Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland. Neuvermessung eines politisch-ideologischen Raumes? Opladen 1998, S. 126f. 2174 Vgl. Brauner-Orthen, Alice: Die Neue Rechte in Deutschland. Antidemokratische und rassistische Tendenzen, Opladen 2001, S. 156f. 2175 Ebd., S. 156. 2172
403
Scharnierfunktion der Zeitschrift widerspricht sie. „Die gegenwärtige Ausrichtung des Magazins kann als liberal-konservativ bezeichnet werden.“2176 Aus dem rechtextremistischen Politikspektrum äußert sich lediglich einmal der ehemalige MUT-Autor Andreas Molau in der Jungen Freiheit 1992 zu dem Entwicklungsprozess von MUT: Die Zeitschrift wandelte sich für ihn von einem „rechte[n] Kampfblatt“2177 zu einem „respektablen konservativen Organ“2178 in den 1980ern. „Die 90er Jahre scheinen nun für den Verleger den endgültigen Bruch mit konservativen Anschauungen zu bedeuten.“2179 Ein verbitterter Unterton ist allgegenwärtig bei Molau. „Wintzek hat viel von seinen einstigen Schmähern gelernt: Gewalttätige ‚Skins’ werden in die Nähe rechter, konservativer Parteien wie die Republikaner gerückt. Beide sind eben ‚rechtsextrem’. Um die Mitte seiner Anschauung zu dokumentieren, werden Stasi und RAF gleich noch mit eingearbeitet. Die ‚Rechte’ und die ‚Linke’ scheinen für den Verleger offensichtlich nur in historischen Dimensionen zu bestehen, und zwar in den eigenen: Damals hat man sich gestritten, heute ist eine Art geistiger runder Tisch angesagt. Rechts und links seien für die aktuelle Diskussion nicht mehr entscheidend, wichtig sei ein ‚vernunftgeleitetes Denken und Handeln, um Weltbewahrung im Sinne solidarischer Verantwortung für die eine Welt’. (…) Pluralität darf nicht heißen, das Meinungsspektrum zu beiden Seiten abzuschneiden. Die Ausschaltung von Spannungen erzeugt nicht eine bessere Welt, sondern nur eine, die geistig verarmt ist. MUT hat seine Stellung in der liberalen Mitte gefunden. Einer gesellschaftlichen Aufgabe ist die Zeitschrift damit allerdings ledig geworden, denn in der Mitte ist es sehr eng. Der wirtschaftlichen Entwicklung des Projektes wird dies allerdings keinen Abbruch tun, denn die üppige Aufmachung der Zeitschrift wird sicher auch in Zukunft gern bestaunt werden.“2180
Das von Molau unterstellte Harmoniebedürfnis des Verlages findet er angesichts des biographischen Hintergrundes Wintzeks zwar verständlich, für die Lösung anstehender Probleme beurteilt er dieses jedoch als kontraproduktiv.2181 Die Verbitterung des rechtsextremistischen Lagers, wegen Wintzeks politischem Richtungswechsels, wird auch durch die BStU-Akten des MfS-Mitarbeiters KarlPeter Weinmann belegt. Er schreibt u.a.: „Ja, was die Sache Wintzek angeht, so kann er [rechtsextremistische Kontaktperson] ihn nicht leiden, weil er in seiner Publikation vom eigentlich rechten Lager weggeschwankt sei, daß er vornehm geworden wäre etc. pp.“2182 Der mit Abstand Aktivste der MUT-Autoren, die über die Zeitschrift schreiben, ist Peter Schütt, der seinen Artikel ‚Schlagt die Faschisten, wo ihr sie 2176
Ebd., S. 157. Molau, Andreas: Wintzeks runder Tisch. in: Junge Freiheit, Juni 1992, S. 13. 2178 Ebd. 2179 Ebd. 2180 Ebd. [Hervorhebung im Original] 2181 Vgl. ebd. 2182 BStU MfS AIM 4691/91 BA 4, S. 003. 2177
404
trefft!‘ mit Veränderungen gleich in drei Publikationsorganen2183 unterbringt. Das Leitthema seines Beitrages ist die Stigmatisierung von Personen als Faschisten und die damit verbundene öffentliche Jagd durch antifaschistische Gruppierungen, die Schütt anhand einiger Beispiele darlegt. „Wer als neuer Rechter, Rechtsradikaler, Fascho, Faschist oder Nazi an den Pranger gestellt wird, bestimmt die ‚Antifa’. Ihr Feindbild bleibt daher gewollt diffus. Der Faschismusbegriff wird nicht definiert. Stattdessen werden ritualisierte Verfluchungen ausgestoßen. Als besonders gefährlich und heimtückisch wird dabei stets der ‚Faschismus der Mitte’ dargestellt, der sich ‚liberal tarnt’, sich ein ‚demokratisches Mäntelchen umhängt’ oder ‚politische Korrektheit vortäuscht’.“2184 Für Schütt steht fest: Der „kollektive und individuelle Terror gegen vermeintliche Gegner, Feinde und Verräter“2185 gehört zu den bewährten und anerkannten Mitteln der so genannten Antifaschisten. Nachdem sich die westdeutsche Antifa-Szene nach der deutschen Einheit zunächst beruhigte, erwachte sie nach den fremdenfeindlichen Anschlägen von Solingen und Mölln erneut. Schütt schreibt: „Die ‚Neue Rechte’ wurde von der alten Linken noch einmal zur Überlebensgröße aufgeblasen und diente den Antifa-Strategen als ideologische Rechtsfertigung für ihren Aktionsdrang.“2186 In diesen Kontext stellt er MUT neben der Jungen Freiheit und anderen Beispielen exemplarisch für die „paranoide Feindbildsuche der Antifa“2187 dar. „Doch in der Mitte sind die Plätze bekanntlich rar und strittig, und so ist Wintzek mit seinem Positionswechsel zwischen alle Stühle geraten. Die äußerste Rechte wirft ihm Verrat vor und verübelt ihm, dass er ihren Autoren kein Forum bietet. Die Antifa und die von ihr beeinflußte linke Medienöffentlichkeit hören jedoch nicht auf, MUT als ‚kryptofaschistisch’ abzustempeln. (…) Die Antifa kennt kein Pardon. Sie handelt nach der bewährten Schlagetotdevise: Einmal Nazi, immer Nazi! Das sind schlechte Aussichten für reumütige Skins. Zwar ist in Deutschland das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gesichert, aber das Folgerecht auf freie Meinungsänderung wird im Alltag wie im politischen Diskurs oft mit Füßen getreten.“2188 2183
Vgl. Schütt, Peter: „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“. Peter Schütt über die Methoden der „Antifa“, in: Die Brücke: Forum für antirassistische Politik und Kultur (5) September/Oktober 1996, Bd. 91, S. 54-58. Schütt, Peter: „Schlagt die Faschos, wo ihr sie trefft!“ – Gewaltbereitschaft bei selbsternannten „Faschisten“-Jägern. in: Agethen, Manfred/Eckhard Jesse/Ehrhart Neubert (Hrsg): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg im Brsg. 2002, S. 314-324. Schütt, Peter: Schlagt die Faschos, wo ihr sie trefft! in: Rheinischer Merkur (25) 21. Juni 1996, S. 17-18. 2184 Schütt, Peter: „Schlagt die Fachos, wo ihr sie trefft!“ – Gewaltbereitschaft bei selbsternannten „Faschisten“-Jägern, in: Agethen, Manfred/Eckhard Jesse/Ehrhart Neubert (Hrsg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg im Brsg. 2002, S. 315. 2185 Ebd., S. 317. 2186 Ebd., S. 319. 2187 Ebd., S. 321. 2188 Ebd., S. 322f. [Hervorhebung im Original]
405
Als hervorstechendes Negativbeispiel der von Schütt so bezeichneten „selbsternannten Antifaschisten“2189 sieht er den Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya2190, der den versteckten Faschismus des MUT-Verlages öffentlich machen will. „Im ganzen Bundesgebiet werden ‚MUT’-Autoren telefonisch oder brieflich vor die Wahl gestellt, sich öffentlich von dem Verlag zu distanzieren oder auf die Schwarze Liste mit den Angehörigen der ‚neuen Rechten’ gesetzt zu werden.“2191 Zusätzlich vergleicht er den Meinungswandel Wintzeks mit dem eigenen, der ihn von der DKP in die demokratische Mitte führte und die gleichen Anfeindungen antifaschistischer Gruppen nach sich zog.2192 Bereits 1970 in Kassel kreuzten sich ihre Wege, wie Schütt in seiner Autobiographie 20092193 schreibt: Während Schütt den Besuch des DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph bejubelte, stand Wintzek auf der Gegenseite. Heute ist Wintzek für ihn „mein wichtigster Freund und Förderer“2194. In seinem Buch ‚Allahs Sonne lacht über der Alster‘ bezieht er sich auf polemische Art und Weise unter dem Stichwort ‚Die Wünschelrutengänger‘ in einem Kapitel ebenfalls auf den Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya. „Sie beauftragten schließlich einen bewährten Wünschelrutengänger und schickten ihn ins Gelände, um verborgene faschistische Strukturen ausfindig zu machen. Der Feldjäger wurde schon nach kurzer Zeit fündig: er stieß auf ein unterirdisches weitverzweigtes Netzwerk, das bereits bis nach Bonn und Berlin Fühler ausgestreckt hatte. Nach weiteren intensiven Suchaktionen mit Hilfe hochsensibler Antifa-Sensoren wurde endlich auch der Drahtzieher des ganzen Netzes ausgemacht. Der Pendel des Rutengängers schlug ausgerechnet vor dem Hauseingang eines ortsansässigen Verlegers aus, der seit über drei Jahrzehnten eine Kulturzeitschrift mit dem Tarnnamen ‚MUT’ herausgab. Wir haben ihn! rief triumphierend der Mann mit der Rute. Aber wir haben ihn noch nicht überführt, gab einer der Kameraden zu bedenken, wir brauchen Beweise. Der Mann kommt aus Schlesien! wußte einer. Der Wünschelrutengänger antwortete: Also ist er ein Revanchist. Mit achtzehn Jahren hat er die DDR-Fahne vom Mast heruntergerissen, berichtete ein anderer. Also, bestätigte der Rutenmann, ist er ein Antikommunist. Seine Kinder sind blond und haben blaue Augen, gab ein dritter zu bedenken. Also, entschied der Fähnleinführer, ist der Mann ein Rassist. Revanchismus, Antikommunismus, Rassismus: das sind die Grundelemente des Faschismus. Der Mann ist eindeutig überführt.“2195
2189
Ebd., S. 317. Vgl. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1998. 2191 Schütt, Peter: „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“. Peter Schütt über die Methoden der ‚Antifa’, in: Die Brücke: Forum für antirassistische Politik und Kultur (5) September/Oktober 1996, Bd. 91, S. 57. 2192 Vgl. ebd. 2193 Vgl. Schütt, Peter: Von Basbeck am Moor über Moskau nach Mekka. Stationen einer Lebensreise, Asendorf 2009, S. 325ff. 2194 Ebd., S. 325. 2195 Schütt, Peter: Allahs Sonne lacht über der Alster. Einhundertelf Geschichten aus der 1002. Nacht, Asendorf 2002, S. 126f. 2190
406
Auch ein anderer MUT-Autor geht auf das bereits erwähnte Buch ‚Das Chamäleon‘ ein: Jörg Weigand. Im Rahmen einer Buchbesprechung beschreibt er die Publikation als Beispiel, wie eine Veröffentlichung nicht sein sollte. „Ab und zu freilich lohnt es sich, die Abscheu vor solchen Machwerken zu überwinden, sofern das Vorgelegte so unglaublich schlecht und infam ist, daß es zum (freilich für die Betroffenen ärgerlichen) Lehrstück wird.“2196 Bei der Darstellung der Entwicklungsgeschichte der Zeitschrift durch Weigand ist die sprachliche und inhaltliche Nähe zu den Äußerungen Wintzeks auffällig, die darauf schließen lässt: Weigand verfügt über keine eigenen Erkenntnisse zu MUT in der Zeit bis 1983.2197 Die beiden MUT-Autoren Wolfgang Templin und Friedbert Pflüger erwähnen MUT nur beiläufig und gänzlich verschieden. Während Templin in einem Interview mit dem SPIEGEL 1995 der Zeitschrift eindeutig einen politischen Wandlungsprozess, hin zu einer demokratisch ausgerichteten Publikation, bescheinigt und sie vor Kriminalisierungen durch Antifaschisten in Schutz nimmt2198, sieht Pflüger – bevor er in MUT publiziert – die Zeitschrift im Jahr 1994 in der Tradition der Konservativen Revolution mit dem Ziel, die bundesrepublikanische Demokratie in einen völkisch-nationalen Führerstaat zu verwandeln.2199 Neben MUT fungieren für ihn auch Criticón und die Junge Freiheit als Sammelbecken für die Anhänger der Konservativen Revolution. Sieben Jahre später verfasst Pflüger seinen ersten Artikel für MUT. Über die Gründe, weshalb er seine Einschätzung über MUT ändert, finden sich später keine Erklärungen.2200 Parallelen zur Jungen Freiheit benennt ebenso Templin in einem Interview mit dem SPIEGEL: „Die Junge Freiheit ist für mich ein ähnlicher Problemfall, wie es vor einigen Jahren die traditionelle rechtskonservative Zeitschrift Mut war. Zensierende Antifaschisten gefallen sich bis heute darin, Mut zu kriminalisieren. Dabei überzeugt jeder Blick, daß dort längst die intellektuelle Deutungselite von links bis rechts, von liberal bis konservativ, von Eppler bis Bubis, von Cohn-Bendit bis Franz Alt schreibt. Warum? Weil dort ein Läuterungsprozeß hinein ins bür-
2196
Weigand, Jörg: Anonym: Das Chamäleon. in: Jugend Medien Schutz-Report (4) August 1998, 21. Jg., S. 66. 2197 Vgl. ebd. 2198 Vgl. O.A.: „Linke Infamie“. Der frühere DDR-Dissident Templin über die Aufforderung von Parteifreunden, das Bündnis 90/Die Grünen zu verlassen, in: DER SPIEGEL (3) 16.01.1995, S. 16. 2199 Vgl. Pflüger, Friedbert: Deutschland driftet. Die Konservative Revolution entdeckt ihre Kinder, Düsseldorf 1994, S. 16. 2200 Zu seinen Artikeln vgl. u.a. Pflüger, Friedbert: Kein Grund zum Mißtrauen. Ein Plädoyer für Gelassenheit im Streit um das „Zentrum gegen Vertreibungen“, in: MUT (433) September 2003, S. 38-43. Pflüger, Friedbert: Für eine ehrliche Partnerschaft mit Rußland. in: MUT (457) September 2005, S. 46-54.
407
gerlich-konservative Lager stattgefunden hat. Solange es bei der Jungen Freiheit auf der Kippe steht, werde ich auch dort weiter publizieren.“2201
Anders als die vorangegangenen MUT-Autoren setzt sich Armin PfahlTraughber wissenschaftlich mit dem Publikationsorgan auseinander. Sowohl sein Artikel ‚Brücken zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus‘ in dem Sammelband von Kowalsky/Schroeder als auch der Beitrag ‚Brücken nach rechts. Zum Wandel der Zeitschrift MUT‘ in der Publikation blick nach rechts sind nahezu identisch und setzen sich mit dem so genannten Brückenspektrum auseinander. Zunächst geht er jedoch auf die Geschichte der Zeitschrift ein, die sich „in den siebziger Jahren zu einer der wichtigsten rechtsextremen Zeitschriften [entwickelte], war aber trotz zahlreicher den historischen Nationalsozialismus entschuldigenden und verharmlosenden Beiträgen nicht neonationalsozialistisch, sondern mehr im Sinne des traditionellen Deutsch-Nationalismus der NPD ausgerichtet“2202. Den Wandel weg vom Rechtsextremismus sieht er bei MUT eindeutig gegeben. Seit den 1980er Jahren finden sich keine rechtsextremistischen Autoren mehr in dem Heft und seit 1990 zudem keine Artikel mehr „von neu gewonnenen, in der Öffentlichkeit angeseheneren Intellektuellen der extremen Rechten“2203. Ein anderes Bild ergibt sich für ihn bei der von Wintzek benannten Ambition, MUT als ein qualitativ hochwertiges geistiges Forum für den politischen Dialog, unabhängig von rechts-links Gegensätzen, zu positionieren. Wenngleich durchaus Mitglieder des linken SPD-Flügels in MUT vertreten sind, bleibt sie dennoch ein konservatives Blatt, da auch diese Autoren nur mit „Themen und Positionen [vertreten sind], die konservativen Auffassungen nicht widersprechen“2204. Dem Brückenspektrum kann das Blatt in den 1990er Jahren nicht mehr zugerechnet werden, da die charakteristische Mischung der Autorenschaft nicht mehr nachzuweisen ist.2205 Für das Jahrzehnt davor konnte dieses „mit einer gewissen Berechtigung angenommen“2206 werden. Die Autoren Kaltenbrunner und Weißmann, die die Literatur vielfach als Belege für die Zugehörigkeit der Publikation zum Brückenspektrum oder auch zur Neuen Rechten
2201 O.A.: „Linke Infamie“. Der frühere DDR-Dissident Templin über die Aufforderung von Parteifreunden, das Bündnis 90/Die Grünen zu verlassen, in: DER SPIEGEL (3) 16.01.1995, S. 16. 2202 Pfahl-Traughber, Armin: Brücken nach rechts. Zum Wandel der Zeitschrift MUT, in: blick nach rechts (25/26) 14. Dezember 1993, 10. Jg., S. 2. 2203 Ebd. 2204 Pfahl-Traughber, Armin: Brücke zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus. Zur Erosien der Abgrenzung auf publizistischer Ebene in den achtziger und neunziger Jahren, in: Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 177. 2205 Vgl. ebd. 2206 Ebd.
408
angibt, beweisen nach Pfahl-Traughber allerdings keineswegs eine Scharnierfunktion. „Zwar arbeitet der Publizist Gerd-Klaus Kaltenbrunner, der an anderen Orten für einen autoritären Staat plädiert, noch regelmäßig an der Zeitschrift mit, allerdings mehr zu kulturellen Themen (‚Paradiesäpfel im August’, ‚Birnenmost im September’ etc.). Hier und da nutzt er diese Beiträge zu einigen problematischen Bemerkungen in Nebensätzen, transportiert dabei aber nicht politische Inhalte in bedeutenderer Form. Ähnlich verhält es sich mit einem anderen, in diesem Zusammenhang interessanten Autor, dem Studienrat und ‚Criticon’-Mitarbeiter Karlheinz Weißmann. Er stand bis Dezember 1992 als ständiger Mitarbeiter im Impressum, veröffentlichte in letzter Zeit aber seltener Beiträge und dann meist mit weniger politischer Spitze.“2207
Für Pfahl-Traughber besteht kein Zweifel an dem Wandel von MUT: „Wintzeks Zeitschrift hat sich gewandelt, zwar nicht hin zu liberalen Positionen, aber zu einem nicht mehr rechtsextremen, konservativen Organ.“ In diesem Sinne sieht er auch keine Anhaltspunkte für die Behauptung Molaus, MUT hätte seinen Platz in der liberalen Mitte der Gesellschaft gefunden. Jesse dagegen beurteilt die Zeitschrift als „ein Periodikum der Mitte, das pluralistische Offenheit nicht nur predigt, sondern auch praktiziert“2208. Eine Besonderheit der vierten Untersuchungsphase stellen die vier Veröffentlichungen dar, die sich ausschließlich mit MUT beschäftigen. Dabei handelt es sich um das bereits mehrfach erwähnte Buch ‚Das Chamäleon‘ des Arbeitskreises Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya sowie um drei Magisterarbeiten von den Universitäten Hannover2209, Münster2210 und Chemnitz2211. Guido Klinker untersucht in seiner Magisterarbeit von 1994 an der Universität Hannover (Die Zeitschrift MUT. Ein Periodikum der ‚Mitte‘? Eine Analyse der Jahrgänge des Umbruchs 1989-1992) zunächst die Frage, inwiefern MUT eine rechtsradikale (Synonym für rechtsextremistisch) oder neokonservative Publikation ist. Die zweite Frage bezieht sich auf die Wirkung der Zeitschrift auf den „normalen Leser“2212. In einem ersten Teil arbeitet Klinker ausschließlich deskriptiv: Er 2207
Pfahl-Traughber, Armin: Brücken nach rechts. Zum Wandel der Zeitschrift MUT, in: blick nach rechts (25/26) 14. Dezember 1993, 10. Jg., S. 3. Jesse, Eckhard: Zur Überschätzung der „Neuen Rechten“. Die Sichtweise der Extremismusforschung, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte (2) 1995, 42. Jg., S. 153. 2209 Vgl. Klinker, Guido: Die Zeitschrift MUT: Ein Periodikum der „Mitte“? Eine Analyse der Jahrgänge des Umbruchs 1989-1992, Marburg 1995. 2210 Vgl. Hunfeld, Frauke Katrin: Rechtsaußen oder Rechtsdraußen? Die Zeitschrift MUT, Münster 1991. [unveröffentlichte Magisterarbeit] 2211 Vgl. Hadlich, Hendrik: Moderner Antisemitismus am Beispiel der Zeitschrift „MUT“. Chemnitz 2006. [unveröffentlichte Magisterarbeit] 2212 Klinker, Guido: Die Zeitschrift MUT: Ein Periodikum der „Mitte“? Eine Analyse der Jahrgänge des Umbruchs 1989-1992, Marburg 1995, S. 5. 2208
409
beschreibt dabei die Geschichte und Entwicklung von MUT, die Formalstruktur sowie die Autorenschaft zwischen 1989 und 1992. Bei den Autoren wechselt sich die ausführliche Darstellung als rechtsextremistisch benannte Autoren (z.B. Rolf Schlierer, Alfred Schickel) und eine einfache Aneinanderreihung von bekannten deutschen Politikern, Professoren, Intellektuellen etc. (z.B. Rupert Scholz, Gertrud Höhler, Franz Alt, Ernst Nolte) und Interviewpartner ab. Eine Begründung, warum einige Autoren detaillierter betrachtet werden als andere, gibt Klinker nicht. Dafür schreibt er: „Autoren, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, finden sich spätestens nach 1989 nicht mehr in der Zeitschrift. Sehr wohl dagegen Personen, die der Neuen Rechten, dem rechten Unionsspektrum bzw. dem Neokonservatismus zurechenbar sind.“2213 Im Zentrum seiner Arbeit steht zum einen eine vergleichende Inhaltsanalyse verschiedener thematischer Schwerpunkte der Zeitschrift sowie einer Inhaltsanalyse der Beiträge Kaltenbrunners, wobei er weder Untersuchungskriterien benennt, noch die Auswahl der Artikel begründet. Kaltenbrunner ist für ihn der entscheidende Türöffner ins konservative Lager. Dennoch beurteilt Klinker ihn als einen problematischen Autor: „Deshalb hält sich die Reizfigur Kaltenbrunner mit politischen Aussagen seit 1991 zurück, um die konservative Leserschaft nicht zu verschrecken. Er fungiert nunmehr als Essayist zu literarischen, künstlerischen, esoterischen und historischen Themen.“2214 Der Wegfall polarisierender Artikel von Kaltenbrunner öffnet den Leserkreis von MUT weiter ins bürgerliche Lager. Außerhalb des MUT-Verlages bleibt Kaltenbrunner jedoch weiterhin in rechtsextremistischen Verlagen und Gruppen politisch aktiv, so Klinker weiter.2215 „Seine veränderte Rolle bei MUT ist als taktische Maßnahme von Bernhard C. Wintzek zu bewerten. Kaltenbrunner wirkt verstärkt in die Zeitschrift hinein und hält sich mit politischen Stellungnahmen nach außen zurück.“2216 Klinkers Einschätzung von Kaltenbrunner muss widersprochen werden. Die Untersuchung ergab: Politische Aussagen sind in Kaltenbrunners Texten auch vor 1991 nur wenige auffindbar. Folglich kann von einer strategischen Themenänderung nicht die Rede sein. Er vollzieht 1991 zwar einen leichten Wechsel von biographischen Porträts zu kulturgeschichtlichen und esoterischen Themen, der führt aber nicht zu einer grundlegenden anderen Ausrichtung seiner Beiträge. Ansichten, die auf bürgerliche Leser abschreckend wirken würden – wie es Klinker behauptet – vertrat Kaltenbrunner im Vorfeld nicht. Seine, von Klinker angenommene, Funktion als Türöffner ins konservative Lager ist ebenso zu bezweifeln, denn bereits Mitte der 1980er Jahre schrieben auch Konservative, wie Hornung oder 2213
Ebd., S. 34. Ebd., S. 116. 2215 Vgl. ebd., S. 121. 2216 Ebd., S. 122. [Hervorhebung im Original] 2214
410
Heuschele, und Sozialdemokraten (z.B. Lohmar) für MUT. Für die Jahre 1989 bis 1992 bescheinigt er MUT eine Scharnierfunktion, die jedoch bereits wesentliche Verbindungen mit dem neurechten Lager gebrochen hat. Dennoch schreibt Klinker: „Zurück bleibt bei mir ein negativer Eindruck, hinsichtich der intellektuellen und publizistischen Möglichkeiten im rechten politischen Spektrum.“2217 „Die Zeitschrift MUT ist in den Jahren 1989-1992 bereits nicht mehr als rechtsradikal einzustufen. Die verstärkten Tendenzen in den Konservatismus hinein sind deutlich. Dennoch befindet sich die Publikation Ende der achtziger noch in einer ideologischen Scharnierposition, da an mehreren Beiträgen neurechte Gedankengänge nachzuweisen waren (…) Die Scharnierfunktion der Zeitschrift wird in den Jahren nach 1990 jedoch zur Seite der Neuen Rechten nachhaltig geschwächt und die Zeitschrift löst sich verstärkt aus diesem Kreis, Bindungen werden zunehmend gekappt. Das Bestreben um Etablierung im (neo-) konservativen Lager scheint gelungen. Da in den hier untersuchten Jahrgängen der Zeitschrift MUT keine eindeutigen Grenzziehungen möglich waren, sondern lediglich Tendenzen herausgearbeitet werden konnten, ist die Zeitschrift in diesen Jahren also insgesamt zunächst eine abgeschwächte Scharnierfunktion und im weiteren Verlauf eine feststellbare fortschreitende Distanzierung von neurechten Kreisen zuzusprechen.“2218
An der Universität Münster reichte Frauke Hunfeld 1991 ihre Magisterarbeit zum Thema ‚Rechtsaußen oder Rechtsdraußen? Die Zeitschrift MUT‘ ein: Den Hintergrund ihrer Arbeit stellte dabei der Lernprozess des rechten Lagers dar, den offenen Rechtsextremismus mit Hilfe der Publizistik zu verlassen, den sie anhand von MUT nachzeichnen möchte. Ihre Methodik ist dabei eine „Mischform aus hermeneutischen und quantitativen Verfahren“2219. Der Geschichte und formalen Ausgestaltung von MUT widmet sie sich nur kurz. Sie kommt mit Blick auf die Gemäldereproduktionen zu folgendem Schluss: „Die Abbildungen werden benutzt als Instrumente zu einer Tiefendeutung vergangener, in MUT idealisierter Epochen und Gesellschaften. Sie sollen eine intakte Gesellschaftsstruktur (Historienmalerei), eine intakte Sozialstruktur (Familie: Genreszene, Biedermeier) und eine intakte Natur (Landschaftsmalerei) symbolisieren. Moderne Kunst wird nur dann herangezogen, wenn es um Dekadenzerscheinungen geht.“2220
In einem ersten analytischen Teil untersucht sie mit einer Themenstrukturanalyse die Jahrgänge von 1972 bis 1984, aus denen sie sieben Themenkategorien entschlüsselt, denen sie die einzelnen Beiträge in Unterkategorien zuordnet und kurz inhaltlich darstellt. Problematisch gestaltet sich die nicht vorgenommene 2217
Ebd., S. 132. Ebd., S. 128f. [Hervorhebung im Original] Hunfeld, Frauke Katrin: Rechtsaußen oder Rechtsdraußen? Die Zeitschrift MUT, Münster 1991, S. 5. [unveröffentlichte Magisterarbeit] 2220 Ebd., S. 60f. 2218 2219
411
zeitliche Differenzierung der Zeitschrift zwischen 1972 und 1984, zumal die Publikation immer als Ganzes präsentiert wird; einzelne Autoren nennt Hunfeld in diesem Teil nicht. So entsteht der Eindruck einer identischen inhaltlichen und politischen Ausrichtung über die gesamte Zeitspanne hinweg, die Hunfeld zu dem Ergebnis führt: „MUT bis 1984 ist eine eindeutig rechtsextremistische Zeitschrift. In den Beiträgen findet sich das gesamte Inventar eines geschlossenen rechtsextremistischen Weltbildes. Volk und Vaterland sind zentrale Werte und emotional stark besetzt. Traditionelle soziale Strukturen werden verklärt und mit dem Begriff Heimat gleichgesetzt. Ethnozentrismus, Stolz auf deutsche Leistungen und Nationalismus gehen einher mit Fremdenfeindlichkeit bis zum Ausländerhaß. Aus der ‚Ideologie des kleinen Mannes’ resultiert Intellektuellenfeindlichkeit und antikapitalistische Kritik. Die Sehnsucht nach einer einfachen, überschaubaren und heilen Welt findet ihren Ausdruck nicht nur im Umweltbewusstsein, sondern auch in der positiven Besetzung autoritärer Strukturen in Staat und Gesellschaft, Sekundärtugenden wie Härte und Disziplin, in einem Antipluralismus und in dem Wunsch nach traditionellen Rollenteilungen.“2221
Für den zweiten, hermeneutisch-deskriptiven Teil (1984–1989) präsentiert sie zunächst die Lebensläufe des Herausgebers, der ständigen Mitarbeiter und Gastautoren, wobei die Auswahl der letzteren schleierhaft und unvollständig bleibt. Zentral für die hermeneutisch-deskriptive Analyse ist bei Hunfeld die Frage, „ob und mit welchen Strategien Positionen der verschiedenen Autoren miteinander verknüpft werden und welcher Art diese Positionen sind.“2222 Auf der Basis dieser Analyse kommt sie zu dem Schluss: Von dem einst rechtsextremistischen, militanten Schülerblatt ist heute nicht mehr viel zu finden. Die Zeitschrift zielt jetzt ganz auf die konservative Bildungsschicht, wenngleich sich annähernd das gesamte neurechte Einstellungspotential in der Publikation wiederfindet. Für Hunfeld stellt MUT das Beispiel der Modernisierungsbemühungen der rechtsextremistischen Szene dar, die diese zum Teil auch mitinitiierte.2223 „Die Wende von MUT ist Ausdruck einer Modernisierung der Themen, der Sprache, der Form; auch eine Modernisierung der Ideologie, die aber immer noch, und das ist entscheidend, in weiten Teilen eine Ideologie ist, welche den demokratischen Konsens der Mitte weit links von sich liegen läßt. MUT hat im Verlauf seiner Entwicklung erkannt, daß sich Semantik und Inhalt des eigenen Produkts wegentwickelt haben vom allgemeinen Diskurs; mit einer Anklage der ‚Greuelpropaganda der Siegermächte’ oder mit Antisemitismus, verpackt in platte Parolen, lassen sich heute nur noch wenige Außenseiter zur Akzeptanz rechtsextremistischer Positionen bewegen. Mit dem Aufgreifen von Umweltschutz oder Ausländerproblemen können Anknüpfungspunkte eher gefunden werden. Dabei bietet MUT die intellektualisierte Version einer
2221
Ebd., S. 108. Ebd., S. 131. 2223 Vgl. ebd., S. 163f. 2222
412
Mittelstandsideologie, die ‚Stimme des Volkes’ sein will und versucht, auf dieser Basis neurechte Deutungsmuster und Lösungsstrategien zu etablieren.“2224
Die Mitarbeit konservativer und sozialdemokratischer Autoren ist dabei für sie kein Beleg einer pluralistischen Ausrichtung der Zeitschrift, sondern lediglich der neurechten publizistischen Strategie geschuldet. Hunfeld vermischt in ihrer Untersuchung die Begriffe Neue Rechte, Scharnierfunktion und Neokonservatismus, denen sie allen MUT zuordnet. Gerade bei der theoretischen Grundlage und der Bewertung von MUT ist der Arbeit anzumerken, dass sie im Fachbereich Publizistik geschrieben wurde. Politikwissenschaftliche Grundlagen fehlen, wären für die Einordnung aber wichtig gewesen. Auch erweckt die Arbeit den Eindruck: MUT sollte eine Scharnierfunktion nachgewiesen werden. Hadlich beschäftigt sich in seiner Arbeit mit dem Antisemitismus in MUT und seinem Stellenwert im Gesamtkonzept der Zeitschrift zwischen 1965 und 1979. Dabei gliedert er die zeitliche Entwicklung von MUT grundsätzlich in drei Phasen: In der ersten Phase, zugleich der Untersuchungszeitraum, von 1965 bis 1979 ist die Publikation offen rechtsextremistisch, bevor sie in der Zeit von 1980 bis Ende der 1980er Jahre (2. Phase) eine Brückenfunktion einnimmt. Ab 1988 schätzt Hadlich sie – im Sinne von Siegfried Jäger – als Periodikum der Mitte ein.2225 Im Ergebnis liegt er mit seiner Einschätzung der Zeitschrift gänzlich falsch. Antisemitisch war MUT nie. „Die eingangs definierten Strukturmerkmale des modernen Antisemitismus finden sich fast gänzlich in der Zeitschrift MUT wieder und wurden durch Motive des tradierten Antisemitismus zusätzlich ergänzt. Der Philosemitismus spielte im genannten Zeitraum in MUT keine Rolle, was auf die Eindeutigkeit der Ablehnung der jüdischen Positionen zurückzuführen ist. Die Zeitschrift MUT kann deshalb mit Recht in ihrer ersten Phase (1965-79) als Publikationsorgan antisemitischer, rechtextremer Kräfte in Deutschland bezeichnet werden.“2226
Die gesamte Umsetzung seiner Arbeit ist höchst problematisch: Eine Methodik und die damit einhergehenden neutralen Kriterien für die Analyse der Zeitschrift fehlen komplett. Für seine Analyse verwendet Hadlich sieben Artikel, deren Auswahl er nicht begründet. Hinzu kommt die Untersuchung des indizierten Januar-Heftes 1979. Insgesamt erweckt Hadlichs Arbeit den Anschein, wonach er sich exakt die Artikel raussuchte, die seine Thesen zu bestätigen scheinen. Darüber hinaus bezieht er Publikationen in seine Untersuchung mit ein, die zwar in MUT beworben werden, jedoch nicht aus dem MUT-Verlag stammen. Bei2224
Ebd. Vgl. Hadlich, Hendrik: Moderner Antisemitismus am Beispiel der Zeitschrift „MUT“. Chemnitz 2006, S. 8 und 21. [unveröffentlichte Magisterarbeit] 2226 Ebd., S. 75. 2225
413
spielhaft ist hier eine Broschüre von Thies Christopherson zur Auschwitzlüge zu nennen, für die MUT wirbt, die dennoch nicht zwangsläufig Rückschlüsse auf eine antisemitische Ausrichtung zulässt.2227 Daneben finden sich inhaltliche Fehler, wie etwa die NPD-Mitgliedschaft Wintzeks2228 oder die Indizierung durch das Bundesministerium des Innern.2229 Den negativen Eindruck verstärkt zudem das Fazit, das sich neben der Beantwortung der Problemstellung Themen widmet, die nicht Gegenstand der Untersuchung waren und auch keinen Bezug zu MUT aufweisen, wie z.B. der Historikerstreit. Der MUT-Redaktion wirft er „eine fehlende Reflexion der eigenen Verlagsgeschichte“2230 vor, was beispielsweise mit Blick auf den ‚Maß und Mitte‘-Artikel von Wintzek nicht zutreffend ist. Fragen wirft die folgende Aussage auf: „Ebenfalls muss die heutige Verortung der Zeitschrift MUT als ‚Periodikum der Mitte’ genau hinterfragt werden, stellten doch Autoren wie Siegfried Jäger schon 1995 fest, dass sich rechtsextreme Diskurse in die politische ‚Mitte’ der deutschen Gesellschaft verschoben haben.“2231 Die Begrifflichkeit des ‚Extremismus der Mitte‘, wie sie Jäger versteht, ist eher ein politisches Kampfmittel als ein seriöses politikwissenschaftliches Handwerkszeug, zumal ein wissenschaftlicher Beweis für die angenommene Rechtsverschiebung der politischen Mitte nicht vorliegt. Allerdings ist die Bezugnahme auf Siegfried Jäger charakteristisch für Hadlich, der einen politischen Richtungswandel der Zeitschrift nicht anerkennen möchte. Die bereits vielfach angesprochene Publikation ‚Das Chamäleon‘ wurde 1998 durch den Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya, wegen der Vermutung, „es bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen ‚MUT’ und faschistischen Aktivitäten in der Region, z.B. den Angriffen auf ein Flüchtlingswohnheim in Asendorf im Jahre 1991“2232 herausgegeben. Dieser Annahme widersprechen sie zwar schon in der Einleitung, jedoch stießen sie bei ihren Recherchen auf unterschiedliche Einschätzungen des Verlages, denen sie in der Veröffentlichung nachgehen wollen. Dennoch besteht von Anbeginn kein Zweifel an der faschistischen Ausrichtung der Zeitschrift und des Verlages, vielmehr suchen die Autoren zwanghaft nach Beweisen für ihre Überzeugung. In diesem Sinne verweisen sie nach einer Darstellung der Entwicklung von MUT – der Schwerpunkt liegt hier auf der Zeit vor 1979 – auf Autoren, die sowohl in MUT als auch in Criticon sowie der Jungen Freiheit schreiben. Dass einige Autoren 2227
Vgl. ebd., S. 55ff. Vgl. ebd., S. 29. 2229 Vgl. ebd., S. 60. 2230 Ebd., S. 75. 2231 Ebd., S. 76f. 2232 Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya (Hrsg.): Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1998, S. 4. 2228
414
(z.B. Strauß, Kaltenbrunner) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des ‚Chamäleons‘ bereits nicht mehr für MUT tätig sind, verschweigen die Autoren. Einer inhaltlichen Analyse werden lediglich der Artikel ‚Maß und Mitte‘ von Wintzek (April 1992) sowie das Januar-Heft 1995 unterzogen, wobei die Verfasser keine wissenschaftlichen Standards zugrunde legen. Sie schließen aus dieser Untersuchung: Der Wechsel der Autoren erfolgte einzig aus Imageerwägungen.2233 Einen besonderen Platz nehmen nach Ansicht des AK Kritische Nachbarschaft weibliche Autoren in MUT ein: „Die Autorinnen von ‚MUT’ haben, was rassistische Aussagen betrifft gegenüber ihren männlichen Kollegen einen eindeutigen Überhang. Sie scheinen für das außereuropäische Ausland zuständig zu sein, besonders für Länder/Kontinente, die in der rassistischen Bewertungsskala unten stehen (z.B. Afrika).“2234 Dabei erscheinen die Belege, die sie für die rassistische Ausrichtung dieser Beiträge angeben, konstruiert: „Während die Gräfin Schönborn ihre rassistischen Aussagen in gestelzte Fragen verpackt, bedient sich Nicole Vogel in ‚MUT’ 5/95 aus der Mottenkiste rassistischer Formulierungen. In ihrem Beitrag ‚Schöne, kranke Stadt’ legt sie den Hintergrund der sozialen Probleme Istanbuls folgendermaßen fest: ‚In dieser Stadt mit 12 bis 15 Millionen Einwohnern gibt es kein ausgesprochenes Zentrum. Eher rottet man sich in Vierteln zusammen.“2235 Einen besonderen Aspekt des ‚Chamäleons‘ bildet das Kapitel ‚Aktion LeserInnen schreiben – AutorInnen antworten … oder auch nicht‘, in dem die MUT-Autoren brieflich über den rechtsextremistischen Hintergrund ihres Publikationsortes aufgeklärt werden. Es wird davon ausgegangen: Wären die Autoren über die politische Ausrichtung der Zeitschrift informiert gewesen, hätten sie sich einer Mitarbeit verweigert. In dem betreffenden Brief heißt es: „Zum Schluß sei noch kurz auf antisemitische und revisionistische Schriften im ‚MUT’Buchprogramm verwiesen, die z.T. von ausgewiesenen Vertretern der ‚konservativen Revolution’ und der ‚Neuen Rechten’ verfaßt wurden. Wir finden es schmerzlich und empörend, daß Personen des öffentlichen Lebens auf diese Art und Weise funktionalisiert werden und gehen davon aus: daß Sie in Unkenntnis der Sachlage in ‚MUT’ veröffentlicht haben. An Ihrer Meinung oder Stellungnahme sind wir interessiert und freuen uns über Ihre Antwort!“2236
Anders als die ‚Chamäleon‘-Autoren erwarten, ist einem Großteil der Autoren die Geschichte von MUT bekannt und dieser attestiert der Zeitschrift einen durchaus gelungenen Wandel zum demokratischen Spektrum hin, wie z.B. Ralph Giordano. Nachdem sich Giordano in einem ausführlichen Briefwechsel weigert, die Meinung der Chamäleon-Autoren zu übernehmen, wird ihm selber faschisti2233
Vgl. ebd., S. 31-50. Ebd., S. 64. 2235 Ebd. [Hervorhebung im Original] 2236 Ebd., S. 103. 2234
415
sches Gedankengut unterstellt: „Gerade bei Giordano fanden wir zunächst keinen Zusammenhang zu den Inhalten der faschistischen Szene. Dieser ergab sich aufgrund eines Hinweises bei einer Veranstaltung an der FH Bielefeld, auf der wir darüber informiert wurden, daß Giordano bisweilen selbst rassistisch argumentieren würde.“2237 In diesem Sinne fällt die abschließende Beurteilung von MUT aus: Da die Autoren nicht an einer objektiven Beurteilung der Zeitschrift interessiert waren und sie sich keineswegs von ihrer Arbeit distanzierten oder behaupteten, Wintzek hätte sie getäuscht, unterstellt ihnen der AK Kritische Nachbarschaft ebenfalls eine faschistische oder rechtsextremistische Gesinnung: „Daß sich die meisten nicht von ihren Veröffentlichungen in ‚MUT’ distanzierten, haben wir bereits dargestellt. Es machte uns deutlich, daß die meisten dieser AutorInnen nicht – wie wir vorher angenommen hatten – von Wintzek mißbraucht wurden, sondern daß ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen ihnen und ‚MUT’ besteht. Sie bewegen sich mit einzelnen Positionen im faschistischen Diskurs, tauchen aber nicht unbedingt immer mit dieser Position in ‚MUT’ auf. Dies gilt auch für die sozialdemokratischen AutorenInnen, auch wenn uns der Bundesvorstand der SPD mitteilte, daß deren Autorenschaft ‚immer in Unkenntnis der Absichten’ von ‚MUT’ erfolgte.“2238
Die Mehrzahl der Literatur über MUT erscheint bis Mitte der 1990er Jahre. MUT-Autoren dagegen äußern sich in größerem Umfang erst im neuen Jahrtausend zu der Zeitschrift, wobei sie MUT als Kulturzeitschrift beschreiben und sich bei der Darstellung ihrer Geschichte stark, zum Teil unreflektiert, an den Äußerungen des Herausgebers orientieren.
7.6 Zwischenfazit Der Beginn der vierten Phase fällt direkt in die Zeit nach der deutschen Einheit, für deren Verwirklichung sich MUT seit 1965 eingesetzt hat. Aufgrund vermehrter Werbeanzeigen in den neuen Bundesländern steigt die Auflage zunächst stark an, kann sich jedoch nicht dauerhaft etablieren. Vor allem der Wegfall der antikommunistischen Ausrichtung der Zeitschrift führt zu einem Weggang mehrerer Autoren, die diesen inhaltlichen Wandel nicht mittragen mochten. Zugleich kommt es Anfang der 1990er Jahre zu starken Angriffen aus antifaschistischen Kreisen, die sich in publizistischer Form (z.B. Flugblätter) sowie durch Demonstrationen vor dem Verlagsgebäude, so genannten Informationsveranstaltungen gegen den Verleger und seine Familie äußern. Zwischen 1991 und 2009 ist 2237 2238
Ebd., S. 104. Ebd., S. 143f.
416
MUT verstärkt durch die Stichwörter Weltoffenheit, Liberalität und kultureller Dialog geprägt. Die untersuchten Texte ergeben, dass die MUT-Autoren Gewalt ablehnen. Weigand setzt sich beispielsweise gegen die zunehmende Gewalt von rechts ein, gegen die sich jeder Einzelne stellen sollte. Jedoch geht es nicht um Selbsthilfe. Die einzig legitime Gewaltanwendung darf nur auf der Basis rechtsstaatlicher Mittel durch die Exekutive erfolgen, wie Wassermann anführt. Neben einem rechtsstaatlichen Verhältnis zu Gewalt erfüllt MUT in der vierten Untersuchungsphase alle vier Kriterien der Demokratie. Die Autoren Martin, Zänker und Noll verweisen auf die Fragilität demokratischer Gemeinwesen, die es zu schützen gilt. Neben dem positiven Bekenntnis zur Demokratie besticht MUT in der vierten Phase durch ein unmissverständliches Eintreten für den bundesrepublikanischen Verfassungsstaat. Dessen Fundament – die Menschenwürde – wird von allen untersuchten Autoren kompromisslos anerkannt und unterstützt. Das Verfassungsprinzip der Demokratie mit seinem Bestandteil der freiheitlichdemokratischen Grundordnung findet sich in den Texten von Weigand, der die streitbare Demokratie insbesondere im Bereich des Rechtsextremismus gefordert sieht, durch den der demokratische Staat gefährdet ist. Das positive Verhältnis zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat kommt in MUT häufig in Verbindung mit dem zweiten Verfassungsprinzip – dem Rechtsstaat – zum Vorschein und äußert sich u.a. bei Jesse und Wassermann in der Verteidigung des staatlichen Gewaltmonopols auf der Basis rechtsstaatlicher Normen. Etwaige rechtsfreie Räume darf es in ihren Augen in der Bundesrepublik nicht geben. Neben dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzips verteidigt MUT das Prinzip des Bundesstaates: Die kulturelle und regionale Diversität ist eine nicht verhandelbare Basis des demokratischen Rechtsstaates. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, es gilt diese Wertebasis auch zu verteidigen (Martin). Pluralismus – das dritte demokratische Kriterium wurde von MUT zwischen 1991 und 2009 ebenfalls uneingeschränkt erfüllt, wie die Analyse der Texte ergab. Für einen stetigen Fortschritt sind Diskussionen und Kritiken erforderlich – die es in ihrer Gänze nur im Pluralismus geben kann –, die für die Vitalität des Gemeinwesens verantwortlich zeichnen und einen wichtigen Bestandteil westlicher Demokratien ausmacht. Es handelt sich nicht um eine wertfreie Pluralismuskonzeption, sondern um eine, die aufbauend auf der streitbaren Demokratie innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Wertebasis agiert. Das Pluralismuskonzept ist zudem nicht neu in der deutschen Geschichte, es kann bereits auf die erfolgreiche Toleranzpolitik Preußens und Hamburgs zurückblicken und stellt in diesem Sinne für die deutsche Gesellschaft keineswegs eine Neuerung dar, wie Schütt nicht müde wird zu betonen. 417
Das Bekenntnis zum antitotalitären/antiextremistischen Konsens in der vierten Untersuchungsperiode ist stark durch die Texte von Wassermann und Jesse geprägt, die ihn uneingeschränkt befürworten. Kennzeichnend für beide ist die Warnung vor einer einseitigen Aushöhlung des Gründungskonsenses zugunsten des Linksextremismus. Die Gefahr sehen sie in der Wahrnehmung des Rechtsextremismus als einzige totalitäre Bedrohung für den bundesrepublikanischen Verfassungsstaat. Erste Anzeichen meinen sie bereits zu erkennen: Wassermann in den oftmals geringeren Strafen für Linksextremisten in Teilen der deutschen Justiz und Jesse in der Tabuisierung des Linksextremismus-Begriffes. Als problematisch beurteilen sie zudem die Abkehr vom antitotalitären/antiextremistischen Konsens hin zum Antifaschismus, wie sie sich insbesondere seit der deutschen Einheit zeigt und von der PDS sowie seit 2007 von der LINKEN vertreten wird. Ein bloßer antifaschistischer Konsens würde zwar einen neuerlichen rechtsgerichteten Totalitarismus verhüten, jedoch keineswegs einen kommunistischen. Eine Besonderheit der vierten Phase stellen die Artikel über die Zeitschrift und ihre politische Entwicklung dar. Zuvor gab es das nicht. Der bedeutendste unter diesen Artikeln ist mit Abstand der ‚Maß und Mitte‘-Beitrag von Wintzek: Im April 1992 schreibt er – etwas verharmlosend – über die bis dahin nicht öffentlich thematisierte rechtsextremistische Vergangenheit der Zeitschrift und seiner selbst. Der von Wintzek bei sich festgestellte Bruch mit der rechten Ideologie im Jahr 1979 ist bei der Zeitschrift nicht festzustellen. Auch die Verwicklung in die Aktion Widerstand und die engen Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen, auch militanten Organisationen werden nicht erwähnt. Wenngleich Wintzek seine rechtsextremistische Vergangenheit keineswegs fortwährend ‚vor sich her tragen muss‘, wäre es bei dem ‚Maß und Mitte‘-Artikel wünschenswert gewesen, er hätte auch die eben genannten Punkte aufgeführt. Zumal er offen zu seiner Vergangenheit steht. Anders als Wintzek streicht PfahlTraughber in seinem Beitrag vom November 1996 die eindeutig rechtsextremistische Gesinnung der Zeitschrift bis in die 1980er Jahre heraus. Für die neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts sieht er keine Anzeichen, die einer demokratischen Ausrichtung widersprechen würden, was bei einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit MUT auch den Personen auffallen würde, die das Blatt als neurechts bezeichnen. Anhaltspunkte für die These, nach der es sich bei MUT um ein Blatt des Brückenspektrums handelt, erkennt er allenfalls in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre. Die Beiträge der übrigen Autoren (Schütt, Noll, Zänker, Weigand) lehnen sich inhaltlich eher an den Äußerungen Wintzeks an: Sie leugnen die rechtsextremistische Phase des Blattes zwar nicht, jedoch stellen sie auch nicht die rechtsextremistische Ausrichtung in vollem Umfang dar. Von einer der größten rechtsextremistischen Zeitschriften der Bundesrepublik mit Verbindungen zu 418
gewalttätigen Gruppen wie etwa der Wiking-Jugend, und als Gründungsmitglied der Aktion Widerstand wird MUT zu einem Jugendblättchen, das sich durch die äußeren Umstände irrtümlich in rechte Kreise verirrt hat. Beispielhaft für diese Haltung ist etwa der Artikel von Alfred Zänker. Zwischen 1991 und 2004 zeichnet sich die Literatur über MUT in erster Linie durch ihren Umfang und in zweiter Linie durch ihre Verschiedenartigkeit aus. Dennoch beurteilt der überwiegende Teil der Publikationen die Zeitschrift weiterhin als rechtsextremistisch. Die Beiträge verteilen sich dabei in etwa gleichmäßig auf Monographien, Sammelbände und Zeitungen, wobei ein leichtes Übergewicht auf linksextremistische Verlage und Zeitungen zu verzeichnen ist. Immer wieder fungiert MUT als Beispiel für das Brückenspektrum der Neuen Rechten. Wenngleich in dieser Phase einige Arbeiten durch eine Auseinandersetzung mit MUT hervortreten, so beziehen sie sich fast ausschließlich auf Hefte der 1980er Jahre, die für die 90er nicht repräsentativ sind und damit das Urteil über das Blatt für diesen Zeitraum verfälschen.
419
8
Schlussbetrachtung
8.1 Fazit Nach eingehender Betrachtung und Analyse der Zeitschrift MUT im Zeitraum von 1965 bis April 2009 kann eine im deutschsprachigen Raum einzigartige Wandlung von einer rechtsextremistischen hin zu einer den demokratischen Verfassungsstaat bejahenden Publikation konstatiert werden. Anders als der Herausgeber es sieht, war MUT seit der Gründung als Jugend- und Schülerblatt im Jahr 1965 in der Gefahr, sich rechtsextrem auszurichten. Bereits 1966 sind mit der Mitarbeit Konrad Windischs Verbindungen zu rechtsextremistischen Vereinigungen (vor allem BHJ und Wiking Jugend) nachweisbar. Allerdings tritt mit Beginn der Neuen Ostpolitik und im Anschluss an die Gegendemonstration zum Brandt/Stoph-Treffen in Kassel 1970 eine zunehmende Radikalisierung ein, die sich in der Gründung der Aktion Widerstand manifestiert. Wintzek beginnt neben der Herausgabe von MUT eine Rednerkarriere auf rechtsextremistischen Veranstaltungen in Deutschland und Österreich, wodurch die Zeitschrift einen weiteren Bekanntheitsgrad erlangt und eine Auflage von bis zu 35.000 Exemplaren im Monat erreicht. Ein Umdenken setzt bei Wintzek auch nicht durch die Aufnahme des Heftes in den Verfassungsschutzbericht 1969/70 ein; er fühlt sich eher angespornt durch die Aufmerksamkeit, die er damit von staatlichen Stellen erhält. Die Zeitschrift erfüllt bis 1979 alle zuvor aufgestellten Kriterien für Rechtsextremismus, wenngleich nicht alle Autoren sie durchgehend vertreten. Die Autoren Opitz, Wintzek und Hertel sind in erster Linie für eine positive Darstellung des Dritten Reiches zuständig. Darunter fallen insbesondere die Umverteilung der deutschen Kriegsschuld und die Schuld am Holocaust auf die Alliierten sowie auf die jüdischen Bevölkerungsteile. Die Opferzahl von sechs Millionen zweifeln die Autoren ebenso an, und zwar bereits 1973, was die Frage aufwirft, warum die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften MUT nicht bereits zu diesem Zeitpunkt indizierte, wenn der gleiche Anlass 1979 für eine Indizierung ausreichend war. Die so genannte ‚6-Millionen-Legende‘ (z.B. bei Hertel und Opitz) erscheint vermehrt ab Ende 1978 in Zusammenhang mit der Ausstrahlung der Holocaust-Serie. Insbesondere diese Fernsehserie – Ende der 421 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9_8, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
1970er Jahre ein zentrales Thema – gilt in den Augen von MUT als propagandistisches Mittel zur Erpressung der Bundesrepublik, dessen Inhalt auf Übertreibungen beruht, zumal die Darstellung der deutschen Verbrechen unabhängig von den Verbrechen anderer Nationen keinen Sinn erfüllt. Für MUT gestaltet sich der Holocaust als eine Methode, Wiedergutmachungszahlungen von Deutschland zu erpressen und weniger als ein gesichertes wissenschaftliches Ergebnis. Das zweite bestimmende Thema in der ersten Untersuchungsphase ist die Deutschlandpolitik, welche auf der Grundlage des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 – in einigen Beiträgen auch in den Grenzen von 1938 und in Ergänzung der Schweiz – geführt wird. Die Anerkennung der Oder/Neiße-Grenze durch die sozialliberale Regierung sieht MUT als einen Akt volksfeindlicher Kräfte. Die rechtsextremistische Argumentation, wonach sich die Etablierten in der Bundesrepublik diktatorischer Mittel bedienen, um die Rechte mundtot zu machen, findet sich ebenfalls in der ersten Untersuchungsphase wieder. Die Autoren behaupten Opfer von Polizei- und Meinungsterror zu sein; von freier Meinungsäußerung kann in ihren Augen keine Rede sein. Zudem benachteilige sie die bundesrepublikanische Zwei-Klassen-Justiz systematisch, während sich die Linke des Wohlwollens des Rechtssystems sicher sei. Bis 1979 erscheinen in der Zeitschrift rechtsextremistische Verschwörungstheorien, angefangen bei internationalen jüdischen Verschwörungen im Energiesektor über Diffamierungen nationaler Regime, verursacht durch die internationale Hochfinanz, die in den nationalen Regierungen eine Gefahr für ihr Finanzsystem sieht, bis hin zu der Behauptung, sowohl das Deutsche Kaiserreich 1914 als auch das Kaiserreich Japan 1941 wären lediglich auf der Basis ihrer ambitionierten Flottenpolitik in den jeweiligen Weltkrieg gezogen worden. Die Analyse ergab ferner, dass MUT bis 1979 rassistische Meinungen vertritt: So stehen z.B. Körner und Erdmann für das Topos ‚Deutschsein als Höchstwert‘. Innenpolitisch verkörpert die Thematik Gastarbeiter den Rassegedanken in MUT: Die Integration von Ausländern bezeichnet die Zeitschrift als Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Anspielung an die Nürnberger Prozesse. Das Verhältnis zu Gewalt stellt sich in der ersten Untersuchungsphase zweigeteilt dar: Während terroristische Anschläge durch Südtiroler legitim seien (Wintzek), müssten nach Hertel Linksterroristen und ihre Helfer in Deutschland mit der Einführung der Todesstrafe bekämpft werden. Er beschränkt die Todesstrafe nicht nur auf verurteilte Terroristen, sondern sieht sie ebenso für ihre intellektuellen Unterstützer als erforderlich. Humanitäre Bedenken bei der Etablierung der Todesstrafe in das deutsche Strafmaß erkennt Hertel nicht, da im Gegensatz zu dem Leben des Einzelnen das Leben des Volkes sowie die Sicherheit und Ordnung des Staates höher zu bewerten seien. Dagegen beurteilt ein demokratischer Rechtsstaat kein Rechtsgut hö-
422
her als das Leben des Einzelnen. Gerade im Verhältnis zur Gewalt kommen die rechtsextremistischen Überzeugungen der Zeitschrift zum Vorschein. Anders als von den Autoren propagiert, steht die Publikation in dem ersten Untersuchungzeitraum keineswegs für Menschenrechte und Demokratie ein, vielmehr strebt sie eine identitäre Demokratie mit weitreichenden Befugnissen der Herrschenden an. Grund- und Menschenrechte gelten nur bis zu dem Punkt, wo sich das Individuum gegen die Volksgemeinschaft richtet. Nach der KapplerEntführungsfeier 1977 ist kein langsamer Meinungswandel feststellbar, auch nicht in den Artikeln des Herausgebers. Der Aussage des Herausgebers, nach der in Soltau erstmals Personen offen ihre rechtsextremistische Gesinnung zeigten, muss widersprochen werden. Eines der offensichtlichsten Zeichen war die Verwendung des so genannten Widerstandsgrußes als legale Alternative zum Hitlergruß innerhalb der Aktion Widerstand, der auf unzähligen Fotografien in MUT abgebildet ist und Wintzek unmöglich entgangen sein kann. Innerhalb der Zeitschrift vertraten besonders Windisch und Hertel offen rechtsextremistische Ansichten, die angesichts ihrer Biographien und politischen Wirkens keinen Zweifel an ihrer Gesinnung lassen. In die Literatur findet MUT bis 1979 fast ausschließlich im Zusammenhang mit Wintzek und der Aktion Widerstand Eingang. Zwischen 1965 und 1979 ist MUT deutschnational, lediglich Hans Hertel kann der neonationalsozialistischen Ideologie zugeordnet werden. Zwischen 1980 und 1983 fungiert MUT weiterhin als eine der größten rechtsextremistischen Zeitschriften der Bundesrepublik Deutschland. Die Indizierung des Januar-Heftes 1979, die erst Mitte desselben Jahres rechtskräftig wurde, führte zu einer fühlbaren inhaltlichen Neuausrichtung. Wenngleich die Zeitschrift weiterhin rechtsextremistische Inhalte verbreitet, ist dennoch eine Veränderung hinsichtlich einer weniger plakativen Darstellung rechtsextremistischer Inhalte sowie einer zunehmenden Intellektualisierung der Artikel, die vor allem durch die neuen Autoren Schickel, Diwald und Willms vollzogen worden sind, feststellbar. Die Artikel in MUT zwischen 1980 und 1983 weisen zudem weiterhin eine positive Grundhaltung zum Nationalsozialismus auf, welche sich in erster Linie durch die Relativierung der Kriegsschuld sowie des Holocausts äußert, und hauptsächlich von den Autoren Diwald, Schickel, Erdmann, Kopelke und Strauss zum Ausdruck kommt. Die Zeitschrift ist aber nicht neonationalsozialistisch, wohl aber rechtsextremistisch. Auch in der zweiten Untersuchungsphase gibt MUT die Verantwortung für den Holocaust den amerikanischen Juden, die durch einen Aufruf zu einem Handelsboykott Hitler provoziert hätten, obwohl seine antisemitischen Reaktionen absehbar gewesen wären. Die rechtsextremistische Grundhaltung geht Anfang der 1980er Jahre einher mit der Ablehnung der Demokratie im Allgemeinen und des bundesrepublikanischen Verfassungsstaates im Speziellen. In diesem Sinne stellt Willms die demokratische 423
Staatsform zur Disposition. Nachdem die Autoren bereits die Grundlagen der deutschen Demokratie ablehnen, ist die Abwesenheit von befürwortenden Beiträgen des Pluralismuskonzeptes bzw. einer heterogenen Gesellschaftsform wenig überraschend. Besonders in den Artikeln von Bahrs wird vielfach der Dienst des Einzelnen für die Gemeinschaft beschworen. Ähnlich wie in der ersten Untersuchungsperiode findet sich MUT zwischen 1980 und 1983 in der Sekundärliteratur hauptsächlich in Überblickswerken zum Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Jedoch erscheinen mit den Publikationen von Jaschke auch erstmalig intensive Beschäftigungen mit der Zeitschrift, die diese zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus verorten. Einen Übergangsstatus – u.a. gekennzeichnet durch die hohe Fluktuation der ständigen Mitarbeiter – nimmt der Zeitraum von 1984 bis 1990 ein, in dem die Zeitschrift zwar bereits eine Öffnung zu demokratischen Kreisen vollzogen hat, aber immer noch mit einem Teil der Autoren dem rechtsextremistischen Spektrum verbunden ist. Da ist zum einen die Relativierung und Verharmlosung des Holocaust, hauptsächlich von den Autoren Schickel und Strauss betrieben, und zum anderen die Verurteilung der nationalsozialistischen Verbrechen (Heuschele und Ortlieb). Erstmalig bekennt sich MUT in der dritten Untersuchungsphase zum Rechtsstaat, der zwar durch die ‚68er‘ bedroht sei, aber den sie nicht in Frage stellen; dieselbe Ansicht vertritt MUT (z.B. Hornung) mit Blick auf den antitotalitären/antiextremistischen Konsens. MUT verbreitet zwischen 1984 und 1990 noch teilweise rechtsextremistische Ansichten, die sich in erster Linie in der Haltung zum Nationalsozialismus äußern. Daneben finden sich aber auch eindeutige Stellungnahmen zur Staatsform der Demokratie (z.B. Kaltenbrunner) sowie zum bundesrepublikanischen Verfassungsstaat, speziell der Rechtsstaat wird hier als schützenswert erachtet. Eine signifikante Steigerung der publizistischen Darstellung der Zeitschrift ist ab 1984 feststellbar. Hier scheint der Rausfall aus dem Verfassungsschutzbericht paradoxerweise als Katalysator gewirkt zu haben. Die Beurteilungen von MUT in der Literatur gliedern sich dabei bis 1990 in drei Gruppen: Die erste Gruppe (z.B. Hirsch) beurteilt die Zeitschrift weiterhin als eine rechtsextremistische Publikation, wohingegen die zweite MUT zur Neuen Rechten zählt und dabei auf die Scharnierfunktion zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus verweist (u.a. Feit, Jäger, Dudek). Die dritte und zugleich kleinste Gruppe – zu ihr zählt u.a. Wippermann und Knoll – bescheinigt MUT einen politischen Gesinnungswandel ins demokratische Spektrum hinein. Die vierte Untersuchungsphase steht eindeutig im Zeichen einer demokratischen Zeitschrift. Belege für eine eventuelle rechtsextremistische Gesinnung sind in MUT nicht mehr auffindbar. Weigand spricht sich beispielsweise konkret gegen rechte Gewalt aus. Zudem lehnen die Autoren, anders als in den ersten 424
beiden Phasen, jegliche Form von Gewalt ab; ausgenommen ist hier das staatliche Gewaltmonopol. Es kommt zu einer eindeutigen Bejahung der demokratischen Regierungsform (etwa bei Martin, Noll und Buth), zu einem klaren Bekenntnis zu Gunsten der deutschen Verfassung, des Rechtsstaates und des Pluralismuskonzeptes (Wassermann, Martin, Schütt), die es darüber hinaus zu verteidigen gilt. Auch den in der ersten Phase noch verabscheuten antitotalitären/antiextremistischen Konsens verteidigen die Autoren vehement, speziell Jesse und Wassermann, die zugleich vor einer Aushöhlung des Gründungskonsenses durch den Antifaschismus-Begriff warnen. Nach der Analyse besteht für die Zeit zwischen 1991 und 2009 kein Zweifel an der Verfassungstreue von MUT. Vielmehr besticht die Zeitschrift mit einer konsequenten Verteidigung der bundesrepublikanischen Demokratie und ihrer Werte. Sie ist in ihrer Ausrichtung der politischen Mitte zuzurechnen, mit einer Tendenz zum Konservatismus. In der vierten Untersuchungsphase sind die meisten Publikationen über die Zeitschrift feststellbar. Anders als in den Phasen zuvor beschäftigen sich jetzt auch MUT-Autoren mit dem Heft, die jedoch in erster Linie ihre Informationen aus Aussagen des Herausgebers beziehen. Wenngleich sich die Literatur zu MUT zwischen 1991 und 2009 durch eine hohe Vielfalt auszeichnet, beurteilen die meisten Autoren die politische Ausrichtung der Zeitschrift weiterhin fälschlicherweise als rechtsextremistisch. Der Hauptgrund dafür ist wahrscheinlich, dass sich die zumeist aus linksextremistischen Kreisen stammenden Autoren diesen Wandlungsprozess nicht vorstellen können, oder aus politischem Kalkül nicht akzeptieren und ihn deswegen zur rechtsextremistischen Strategie zur Infiltration des demokratischen Spektrums erklären. Die Mitarbeit liberaler und sozialdemokratischer Autoren in MUT wird dementsprechend als Erfolg obiger Strategie bezeichnet und nicht als Beleg für den Richtungswechsel. Das ist umso verwunderlicher als umgekehrt verlaufene politische Wandlungsprozesse, wie beispielsweise von Gerd Koenen, akzeptiert werden. Eine andere Ursache liegt möglicherweise in der nicht vorhandenen Kenntnis der Hefte ab den 1990er Jahren. Viele Autoren entscheiden sich beim Verfassen ihrer Publikationen für den leichteren Weg und entnehmen ihre Informationen aus der – zum Teil bereits fehlerhaften – Sekundärliteratur. Eine umfassende Analyse der Hefte ist der Mehrheit vermutlich zu aufwändig. Verwunderlich ist die reziproke Zunahme der Literatur zur abnehmenden rechtsextremen Gesinnung der Zeitschrift sowie die Diffamierungskampagnen in den neunziger Jahren, als MUT bereits eindeutig dem demokratischen Spektrum zuzuordnen war. Zurückzuführen ist das eventuell auf ideologische Grabenkämpfe nach dem Ende des Ost-WestKonfliktes und einer Unkenntnis aktueller Ausgaben. Neben der sich wandelnden politischen Ausrichtung von MUT ist der auffälligste Punkt in der Entwicklung die wechselnde Qualität. Seit ihrer Gründung 425
entwickelte sich die Publikation von einem hektographierten Schülerblatt (bis August 1967) hin zu einer auf hochwertigem Glanzpapier gedruckten Zeitschrift (ab Januar 1990) für gut verdienende Akademiker. Die erste Untersuchungsphase ist noch vielfach durch einen Findungsprozess gekennzeichnet: Die einzelnen Rubriken in MUT wechseln ungewöhnlich oft, ein Großteil der Beiträge in den ersten Jahren besteht aus nachgedruckten Zeitungsartikeln und häufig finden sich keine Autorenangaben. Wahrscheinlich wurden viele Artikel von den gleichen Autoren verfasst und die Redaktion wollte dieses verschleiern. Denkbar ist aber auch: Die Verfasser veröffentlichten ihre nicht verfassungskonformen Artikel lieber annonymisiert. Zwischen dem Ende der ersten Phase und dem Ende der dritten Phase gestalten sich das Layout sowie der Aufbau der Hefte annähernd gleich, obwohl die Qualität der Hefte (Papier, Druck) sowie der Preis stetig steigen. Mit Beginn der dritten Untersuchungsperiode nimmt die Redaktion jeweils eine Karikatur Horst Haitzingers in MUT auf und die Fotographien und Gemäldereproduktionen werden ab jetzt vielfarbig gedruckt. Ab Juni 1987 bildet die Redaktion eine Liste der Autoren ab, die in MUT publizieren und die die Seriosität der Zeitschrift belegen sowie neue Autoren und Abonnenten anziehen soll. Im Januar 1990 als auch im Januar 2007 kommt es zu großen Layoutumstellungen der inneren und äußeren Gestaltung der Zeitschrift, die jeweils die Qualität der Hefte erheblich steigern. Seit der Gründung von MUT verbessert sich sowohl die inhaltliche als auch die äußere Qualität der Hefte kontinuierlich, bis sie in den 1990er Jahren in einem qualitativ sehr hochwertigen Hochglanzmagazin mit anspruchsvollen Beiträgen mündet. Die MUT-Autorenschaft setzt sich fast ausschließlich aus Professoren, Wissenschaftlern, Politikern, Journalisten und Juristen zusammen und schränkt damit zusammen mit dem relativ hohen Bezugspreis, der Themenwahl sowie der Gestaltung der Artikel die Leserschaft zwangsläufig auf gut verdienende Akademiker ein. Wenngleich MUT als eine Schülerund Jugendzeitschrift gegründet wurde, setzte die Redaktion von Beginn an auf die Mitarbeit von Wissenschaftlern und Professoren, welche bis dato die Autorenschaft bestimmen. Unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung ist MUT seit ihrer Gründung eine intellektuell und sprachlich anspruchsvolle Zeitschrift. Die Untersuchung der Leitfrage (Welche Wandlungsprozesse bzw. Kontinuitäten durchlief die Zeitschrift MUT zwischen 1965 und 2009?) ergab das folgende Ergebnis: Auf der Basis der Inhaltsanalyse der Autoren konnte nachgewiesen werden, dass sich MUT glaubhaft von einer rechtsextremistischen Jugendzeitschrift zu einer demokratisch ausgerichteten Publikation wandelte. Rechtsextremistische Äußerungen sind ab 1991 nicht mehr feststellbar, auch fielen seit Anfang der 1980er Jahre die Kontakte zu anderen rechtsextremistischen Publikationen, Gruppen und Parteien allmählich weg. Eine Vernetzung, wie sie in den siebziger Jahren vorkam, ist spätestens seit der deutschen Einheit 426
nicht mehr gegeben. Dagegen ist der Wandlungsprozess anhand der Darstellung der verschiedenen Themen schwierig zu belegen. Zwar ändern sich die Themen über die Jahre, jedoch war MUT thematisch immer breit aufgestellt. Zumal der Ost-West-Konflikt, eines der wichtigsten Themengebiete in MUT, mit der deutschen Einheit zwangsläufig auslief. Hervorzuheben ist dennoch: In der ersten Untersuchungsphase sind die Artikel aggressiv, immer in Konflikt mit den gesellschaftlichen Verhältnissen gehalten. Zudem widmen sich aktuell kaum noch Beiträge dem Zweiten Weltkrieg, seinen Ursachen und Auswirkungen, wie es im Zeitraum bis 1990 der Fall war. Konstanten sind dagegen in der Geschichte der Zeitschrift nur wenige vorhanden: Zum einen gestaltet sich die finanzielle Situation seit 1965 als äußerst schwierig, wodurch MUT extrem abhängig von Spenden ist. Zum anderen ist der Zeitschriftentitel in den ganzen Jahren gleich geblieben, was einige Autoren in der Sekundärliteratur zu der Vermutung veranlasst, ein ideologischer Wandel hätte sich nicht vollzogen. Die bedeutendste Kontinuität liegt in der durchgängigen Tätigkeit von Wintzek für MUT, der damit die inhaltliche Ausrichtung vorgab und von dem jegliche politische Wandlung abhing. Die Untersuchung ergab: Die Zeitschrift war bis 1979 fest im rechtsextremistischen Spektrum der Bundesrepublik verankert. Ideologisch gehörte sie dem deutschnationalem Rechtsextremismus an, einige Autoren vertraten jedoch neonationalsozialistische Positionen, diese verschwanden – zusammen mit der NPD – zwischen 1980 und 1983 aus der Zeitschrift. Ein Zwischenstadium in der politischen Entwicklung stellen die Jahre von 1984 bis 1990 dar: Die Redaktion kann bereits viele Autoren aus dem konservativen Lager und einige Sozialdemokraten gewinnen, die den demokratischen Verfassungsschutz bejahen, daneben finden sich aber auch noch Kriegsschuld verherrlichende und revisionistische Aussagen in den Heften. Rechtsextremistisch ist die Zeitschrift nur noch in Teilen. Seit 1991 ist MUT eindeutig demokratisch ausgerichtet: Die Autorenschaft stellt sich gegen extremistische Ideologien und sie tritt für einen weltoffenen Pluralismus ein. Ein politischer Richtungswandel konnte damit bei MUT eindeutig und glaubhaft nachgewiesen werden. Die Frage, warum es zu diesem Richtungswandel kam, ist schwieriger zu beantworten. Das entscheidende Ereignis lag in der Indizierung des Januar-Heftes: Das gesamte Indizierungsverfahren, welches sich mehrere Monate hinzog, muss bei Wintzek zu einem Überdenken seiner politischen Positionen geführt haben. Anhaltspunkte geben die Hefte dafür nicht, jedoch sind ab 1980 keine neonationalsozialistischen Standpunkte mehr in MUT vertreten, ebenso wenig wie Positionen der NPD. Die entscheidenden Gründe für den Richtungswechsel lagen demnach zwischen Januar und Dezember 1979 und können nur in der Indizierung begründet sein. Ein verstärkender Grund mag zusätzlich die langjährige Überwachung durch den Verfassungs427
schutz gewesen sein, die zu einer allmählichen Zermürbung Wintzeks führte. Der Herausgeber setzt seine innere Wandlung bereits 1977 an, die dann durch die Indizierung die notwendige Ermutigung erhielt. Anhand der Zeitschrift lassen sich für diese Aussage keine Beweise finden. Deswegen ist das für MUT alles entscheidene Jahr 1979. Wie ist das Vorkommen von MUT im Bundesverfassungsschutzbericht nach der Untersuchung zu bewerten? Die Aufnahme von MUT in den Bundesverfassungsschutzbericht 1969/70 ist nach eingehender Analyse der Zeitschrift als berechtigt zu bezeichnen. Redaktion und Autoren – am deutlichsten Windisch in der Darstellung der Zielvorstellungen – posititionieren sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und streben einen neuen Staat an. Damit erfüllt MUT die Kriterien des Verfassungsschutzes, um als extremistisches Periodikum zu gelten, die Höherbewertung der Volksgemeinschaft oder des Staates gegenüber dem Individuum sowie die Befürwortung der Todesstrafe sind hierfür Beleg. Hinzu kommt die positive Einstellung gegenüber dem Dritten Reich. Wie die Untersuchung der Literatur zu MUT ergab, ist die Streichung der Publikation aus dem Verfassungsschutzbericht 1984 höchst kontrovers. Unbestritten strebt die Zeitschrift in den 1980er Jahren langsam vom rechtsextremistischen Spektrum weg, löst sich aber noch nicht vollständig von ihm. Insbesondere die Relativierung des Holocausts und die bewusste Negierung seiner singulären Stellung in der Weltgeschichte durch die fast schon inflationäre Verwendung des Begriffs für nicht von den Nationalsozialisten begangene Verbrechen durch Strauss ist hier von Belang, wie auch die von Schickel noch 1988 vertretene Behauptung, ausländische Juden begünstigten 1933 durch einen Boykottaufruf für deutsche Waren die nationalsozialistische Judenverfolgung. Beide Beispiele belegen eine in Teilen eindeutige Verankerung in der rechtsextremistischen Ideologie. Dennoch ist auf der Basis des BVerSchG die Streichung von MUT aus dem Verfassungsschutzbericht 1984 berechtigt gewesen2239, da die Zeitschrift in den 1980er Jahren weder eine feindliche Haltung gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einnahm, noch Bestrebungen zeigte, diese zu bekämpfen. Nur wenn beide Punkte nachweisbar sind, sprechen die Verfassungsschutzbehörden von politischem Extremismus. Auch eine Abwägung zwischen extremistischen und demokratischen Autoren kann in die Entscheidungsfindung des Bundesamtes für Verfassungsschutz miteinbezogen werden. Aus diesen Gründen war die Nichtaufnahme der Zeitschrift in den Verfassungsschutzbericht ab dem Berichtszeitraum 1984 berechtigt.
2239
Wenngleich das BVerSchG aus dem Jahr 1990 stammt, so ist dessen Inhalt mit den ExtremismusKriterien des Verfassungsschutzes der 1980er Jahre identisch, da sich beide auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes zu den Parteiverboten der 1950er Jahre berufen.
428
Die Frage nach der inhaltlichen Umsetzung der redaktionellen Ziele in der ersten Untersuchungsphase bedarf einer differenzierteren Beantwortung. Das in der ersten MUT-Ausgabe formulierte Zehn-Punkte-Programm mag hinsichtlich seiner demokratischen Ziele sowie der Umsetzung von Menschenrechten ursprünglich so gewollt gewesen sein, wird aber in der weiteren Entwicklung der Zeitschrift zur Makulatur. Dagegen stehen die Ziele der Redaktion, die mit dem Inhalt der Zeitschrift übereinstimmen, in der Artikel-Serie ‚Wie es sein könnte! Wie wir es wollen! Wie es sein wird!‘ von Konrad Windisch (1973–1975), in der eindeutig die Demokratie- und Verfassungsfeindlichkeit der Redaktion zum Ausdruck kommt. Die Inhaltsanalyse sowie der Vergleich mit den von Windisch formulierten Zukunftsvorstellungen ergab: Äußerungen, die den demokratischen Verfassungsstaat bejahen, erfolgten mindestens bis 1983 aus taktischen Erwägungen und stimmen nicht mit den tatsächlichen ideologischen Überzeugungen der MUT-Redaktion und ihrer Leser überein. Mit Beginn der dritten Untersuchungsphase ändert sich dieses: MUT tritt jetzt für die von der Union versprochene geistig-moralischen Wende ein. An dieser Stelle besteht eine Übereinstimmung zwischen dem Selbstverständnis der Zeitschrift und den faktischen redaktionellen Inhalten. Die folgende Aussage des Herausgebers für die achtziger Jahre trifft ebenso zu: „Den auf unser Land zukommenden Aufgaben und Herausforderungen werden wir uns auch im Jahre 1984 mit ganzer Tatkraft, ungebrochenem Optimismus und mit einem von Toleranz, Weltoffenheit und geistiger Freiheit geprägten Patriotismus stellen.“2240 Obwohl MUT nicht mehr zur Gänze im rechtsextremistischen Spektrum verhaftet ist, sind dennoch weiterhin verfassungsfeindliche Tendenzen feststellbar. Gleichwohl schreiben Sozialdemokraten und Konservative in dem Blatt, was ein Beleg für die angesprochene geistige Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit ist. Eine uneingeschränkte Übereinstimmung zwischen redaktionellen Zielen und Inhalten findet sich dagegen in der vierten Untersuchungsphase. Das Streben nach Toleranz, Pluralismus, kulturellem Dialog und Weltoffenheit vertreten die analysierten Autoren und hier speziell Schütt, Noll und Martin bedingungslos. Auch die Vorstellung Wintzeks, MUT als Plattform zum Austausch unterschiedlicher Meinungen zu konzipieren, ist zuzustimmen: „Ich sehe mich heute als ein Dienstleister im Rahmen demokratischer Medienkultur. Meine Aufgabe möchte ich als die eines Moderators definieren, der unterschiedliche Menschen – zum Beispiel Journalisten, Wissenschaftler, in der Kultur Tätige, Glaubensvertreter, Politiker, Militärs und Diplomaten – zusammenbringt, damit sie in MUT den Dialog unterschiedlicher Meinungen und Richtungen pflegen.“2241 Nach der Analyse der zehn am häufigsten 2240 2241
Wintzek, Bernhard C.: Danke. in: MUT (197) Januar 1984, S. 9. Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007, S. 13.
429
in MUT publizierenden Autoren sowie der Betrachtung der zehn folgenden Autoren kann festgestellt werden: MUT bietet Persönlichkeiten aus unterschiedlichen öffentlichen Bereichen die Möglichkeit der Diskussion und des Austausches. Auf der Basis der Verteilung der Parteimitgliedschaften ist zu konstatieren: Trotz eines leichten Überhangs konservativer und liberaler Parteien schafft Wintzek ein plurales Meinungsforum. Auch ehemalige DKP-Mitglieder, wie z.B. Peter Schütt finden in MUT eine neue Publikationsstätte. Wünschenswert wären noch mehr Autoren von Bündnis 90/Die Grünen oder der LINKEN. Wintzeks Einfluss darauf kann aber als gering beurteilt werden. Die politische Ausrichtung von MUT ist untrennbar mit der Vita des Herausgebers verbunden. Als Wintzek Anfang der 1970er Jahre beispielsweise aktiv als Redner auf rechtsextremistischen Veranstaltungen auftrat, intensivierte sich zugleich die rechtsextremistische Orientierung von MUT, zumal Wintzek seine Rednertätigkeit als weitere Absatzmöglichkeit für die Zeitschrift sah. Auf der anderen Seite übte die Indizierung des Januar-Heftes 1979 ebenso Einfluss auf Wintzek aus. Ohne den von ihm so genannten ‚heilsamen Schock‘, der Indizierung, wäre der Wandlungsprozess wohl nicht oder erst sehr viel später in Gang gekommen. Für MUT sind seit 1965 lediglich der Herausgeber Bernhard C. Wintzek sowie die Redaktions- und Verlagsmitarbeiterin Barbara Siemers durchgängig tätig. Ein inhaltlicher Einfluss von Siemers auf MUT ist jedoch wenig wahrscheinlich. Mit der Veränderung der politischen Ausrichtung wechselt zwar die Autorenschaft, dennoch gibt es keine abrupte Erneuerung der Autoren. Vielmehr findet ein langsamer, kontinuierlicher Austausch statt, der zum Teil über mehrere Jahre geht. Am Beispiel von Windisch ist zudem erkennbar, dass keineswegs die extremistischen Autoren zuerst aus dem Autorenstamm entfernt wurden; Windisch schrieb noch in den 1980er Jahren für MUT. Auf der anderen Seite beschäftigt sich nachweislich von Ende der 1970er bis Ende der 1980er Jahre der Autor Kurt Hirsch mit MUT und ist damit der Einzige (abgesehen vom Verfassungsschutz und dem MfS), der sich über mehrere Jahre konstant mit der Zeitschrift befasst. Autoren, die seit 1965 für MUT tätig sind, existieren nicht, ebenso wenig wie für die Zeitschrift bedeutende Persönlichkeiten außerhalb der Autorenschaft. Aufgrund der geringen Auflagenhöhe und der noch schlechteren Abonnentenzahl ist über den gesamten Untersuchungszeitraum die finanzielle Situation der Zeitschrift gleichbleibend schlecht. Zudem verzichtet die Redaktion seit 1996 vollständig auf Anzeigenkunden, die zuvor in kleinem Umfang regelmäßig Eingang in die Publikation fanden. Die Zeitschrift ist daher seit 1965 kontinuierlich auf Spenden sowie Erbschaften ihrer Leser angewiesen und bittet diese in regelmäßigen Abständen darum. Abgesehen von der finanziellen Förderung 430
durch die niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung in den Anfangsjahren sowie des GfP-Preisgeldes 1973 in Höhe von 1.000 DM erhält MUT keine nachweisbaren externen Geldmittel. Es ist denkbar, dass der Verlag in den 1960er und 1970er Jahren durch die Vertriebenenverbände, die NPD oder rechtsextremistische Organisationen unterstützt wurde. Heute kann sich MUT aus eigenen Mitteln selbstständig tragen. Der Verlag ist allerdings nicht in der Lage, größere finanzielle Rücklagen zu bilden. Dadurch gestalten sich größere Investitionen, etwa die Modernisierung der umfangreichen Satz- und Datenanlagen, immer wieder schwierig. In der Literatur erscheinen häufig Angaben, nach denen MUT als Jugendzeitschrift des BHJ sowie der Wiking Jugend gegründet wurde, später ist sie bei einigen Autoren die NPD-Parteizeitschrift. Wenngleich personelle, ideologische und organisatorische Überschneidungen zwischen MUT und anderen rechtsextremistischen Gruppen und Parteien bestanden, ist die Zeitschrift immer unabhängig gewesen. Trotz der engen Kontakte zwischen Wintzek und den Nationaldemokraten war die NPD keineswegs der natürliche Bündnispartner von MUT. Die Teilnahme an der u.a. von MUT organisierten Gegendemonstration zum Brandt/Stoph-Treffen in Kassel verbot die NPD beispielsweise, bei Androhung eines Parteiausschlusses, ihren Mitgliedern sogar. In den 1970er Jahren profitierten beide Seiten von den gemeinsamen Aktionen: Die NPD erhielt mit der Zeitschrift eine breite Plattform, die ihre politischen Ziele relativ kritiklos einem großen Publikum präsentierte und für ihre Veranstaltungen hervorragende Werbe- und Mobilisierungsmöglichkeiten bot. Wintzek konnte im Gegenzug auf NPD-Veranstaltungen reden, bekam in Verbindung mit der Partei auch von staatlichen Stellen mehr Aufmerksamkeit geschenkt, und letzten Endes eröffnete ihm diese Zusammenarbeit neue Leserschichten. Von einem Einspannen oder Missbrauch durch die NPD kann keine Rede sein. Im Allgemeinen orientierte sich die Präsentation der Nationaldemokraten an der jeweiligen Einstellung der Autoren zu der Partei, die auch häufig kritisch mit ihr umgehen, wenngleich keine NPDfeindlichen Äußerungen in MUT zum Vorschein kommen. Nach der verlorenen Bundestagswahl 1972 lösen sich allmählich die engen Verbindungen und reduzieren sich bis 1981 auf Veranstaltungsankündigungen der JN und NPD. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre unterstützt und hofft MUT zwar auf die von der Union angekündigte geistig-politische Wende, eine Vernetzung wie es sie mit der NPD gab, findet mit den Unionsparteien allerdings nicht statt. Nur allmählich kann die Redaktion konservative Politiker als Autoren gewinnen. Andere äußere Einflüsse, etwa von Seiten des Verfassungsschutzes oder des MfS sind nicht feststellbar. Wintzek deutet zwar an, dass bei der Gründung der Aktion Widerstand ein V-Mann des Verfassungsschutzes mit am Tisch saß, belegt ist dieses nicht. Auch auf Seiten des MfS finden sich keine Hinweise, 431
obwohl der DDR-Geheimdienst auf die Erkenntnisse des ehemaligen Informanten des Verfassungsschutzes Karl-Peter Weinmann zurückgreifen konnte. Für das MfS dagegen spielte MUT nur mit Blick auf mögliche Kontakte innerhalb der DDR eine Rolle. Eine Beeinflussung von MUT durch staatliche Stellen schließt die Verfasserin nahezu aus. Für den Zeitraum von 1991 bis 2009 ist MUT als ein plurales Meinungsforum mit großem Einsatz für Toleranz, interreligiösen Dialog und gesellschaftlichen Pluralismus zu bezeichnen. Auf der Basis der Inhaltsanalyse kann zusammenfassend festgestellt werden, dass MUT eine plurale, publizistische Meinungsplattform bildet, die für Vielfalt innerhalb des demokratischen Verfassungsstaates eintritt. Nach der Betrachtung der politischen und publizistischen Entwicklung sowie der detaillierten Inhaltsanalyse der Zeitschrift bleiben nur wenige offene Fragen zum Thema MUT. Das mit Abstand größte Forschungsdesiderat besteht beim MUT-Verlag, der noch keiner eingehenden Untersuchung unterzogen wurde. Am interessantesten gestaltet sich dabei die Frage nach der politischen Ausrichtung des Verlagsprogramms im Vergleich zur Zeitschrift. Verlief der Bruch mit dem rechtsextremistischen Spektrum bei den Verlagsbüchern parallel mit dem der Zeitschrift oder sind zeitliche Divergenzen feststellbar? Sind rechtsextremistische Autoren aus der Zeitschrift entfernt worden, aber nicht aus dem Verlag, und publizierte somit der MUT-Verlag weiterhin extremistische Bücher? Da die Akten bereits vernichtet sind, ist nicht zu klären, welche Gründe zu einer finanziellen Förderung der Zeitschrift durch die niedersächsiche Landeszentrale für politische Bildung in den 1960er Jahren führten. Im weiteren Sinne besteht ein erhebliches Forschungsdesiderat im Bereich der Analyse rechts- wie linksextremistischer Zeitschriften, die in der wissenschaftlichen Forschung nur ungenügend Beachtung finden und zugleich einen nicht zu unterschätzenden Einfluss in der extremistischen Szene ausüben. Eine Erwähnung verdient an dieser Stelle das linksextremistische Pendant zu MUT: Kommune. Die 1983 im kommunistischen Milieu gegründete Monatszeitschrift Kommune vollzog im Laufe der Jahre eine Wandlung von einem, dem linksextremistischen Spektrum zugehörigen Medium hin zu einer verfassungskonformen Publikation. Ein Vergleich mit der Entwicklung von MUT würde sich hier mehr als anbieten.2242 MUT nimmt mit Blick auf ihre Geschichte und pluralistische Vielfalt eine einzigartige Position in der deutschen Medienlandschaft ein. Kein anderes kul2242
Vgl. einführend zur Entwicklung der Kommune: Mohr, Reinhard: Leckgeschlagenes U-Boot. Desillusionierung wandelt: Die linke Zeitschrift „Kommune“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (21) 26.01.1993, S. 25. Seifert, Heribert: „Unsere Arbeit ist komplizierter geworden“. Die Monatszeitschrift „Kommune“, in: Neue Zürcher Zeitung (197) 25.08.2000, S. 71.
432
turpolitisches Magazin hat zudem über einen solangen Zeitraum existiert. Auch der politische Richtungswechsel ist in Deutschland auf publizistischem Gebiet einmalig. Zumal der Herausgeber offen und ehrlich mit seiner Vergangenheit umgeht und seine Leser in regelmäßigen Abständen damit konfrontiert. Lediglich die Anerkennung für die positive Entwicklung bleibt MUT in weiten Teilen der Literatur versagt. Auf andere Medien, die ebenfalls einen politischen Wandlungsprozess anstreben, kann dieses nicht ermutigend wirken. MUT ist seit 1991 eine andere Zeitschrift, nicht zu vergleichen mit den 1960er, 1970er und 1980er Jahren. Sie steht fest auf dem Boden der deutschen Verfassung.
8.2 Ausblick Nachdem sich die Arbeit umfassend mit der Analyse der ersten 500 Hefte beschäftigte, soll im Folgenden die weitere Entwicklung der Zeitschrift von Mai 2009 bis März 2011 kurz skizziert werden. Die formale Ausgestaltung der 21, sich an die Untersuchung anschließenden, Ausgaben ist nahezu identisch mit den analysierten Heften. Jedoch wird die Zeitschrift ab Juni 2009 farbenfreudiger, d.h. jeder Artikel bekommt eine eigene Hintergrundfarbe. Da Horst Haitzinger Ende 2008/Anfang 2009 seine Arbeit mit farbigen Karikaturen weitgehend (etwa für die BUNTE) einstellte, entfallen diese auch in MUT ab dem 501. Heft. Der größte formale Unterschied zu den ersten 500 Ausgaben ist die Reduzierung – aus Kostengründen – von jährlich 12 auf 11 Hefte, die mit dem Doppelheft Juli/August 2009 beginnt. Zugleich steigt der Bezugspreis im November 2009 von zehn auf zwölf Euro. Ein Blick auf die Autoren in dieser Zeit zeigt Kontinuität: Größere Schwankungen zwischen den Autoren der Hefte der letzten 20 Jahre und denen nach der 500. Ausgabe sind nicht zu verzeichnen. Vielmehr besticht MUT durch eine normale Fluktuation innerhalb der Autorenschaft. Hervorzuheben sind lediglich Jürgen Bräunlein und Claudia Simone Dorchain: Während Bräunlein in der Untersuchung noch unter die zehn analysierten Autoren fiel, veröffentlicht er ab Mai 2009 nicht mehr in MUT, ohne allerdings seine Mitarbeit beendet zu haben. Dorchain dagegen publiziert seit Juli/August 2009 zu verschiedenen Themen neu in der Zeitschrift, wobei sie neben Matthias Buth, Marko Martin und Chaim Noll die meisten Artikel verfasst. In der vierten Untersuchungsphase gehörten Alfred Zänker und Peter Schütt zu den am häufigsten vertretenen Autoren in MUT, seit Mai 2009 veröffentlichen sie jedoch kaum noch Beiträge. Bei Zänker dürften sein hohes Lebensalter und seine über einhundert thematisch äußerst breit gefächerten MUT-Beiträge für diesen Rückzug ursächlich sein und bei Peter Schütt könnte dieses auf die Arbeit an seiner Autobiographie zurückzuführen sein, die 433
2009 im MUT-Verlag erschien und im Anschluss mit verschiedenen Vortragsreisen verbunden war. Nachdem die Redaktion im Oktober-Heft 2009 auf seine Erinnerungen verweist, finden sich regelmäßig lobende Leserbriefe über Schütts neues Buch, etwa: „Ich bin von dieser Lebensbeichte tief beeindruckt und habe intensiv begonnen, über die Wechselfälle meines eigenen Lebens nachzudenken. Das Buch ist erfüllt von sehr viel Herzensenergie, es ist authentisch, ehrlich und glaubhaft. Die Lektüre ist ein Vergnügen.“2243 Im Februar 2010 schreibt Gerhard Pleuger: „Ihre Vorankündigung hat sich vollauf bestätigt: Sehr herzlich danke ich für die bemerkenswert eingängige, flüssig und teilweise amüsant lesbare Autobiographie Von Basbeck am Moor über Moskau nach Mekka (…) von Peter Schütt. (…) Ich bewundere die enorme Kraft Schütts, in großer Selbsttreue alle Anfeindungen durchzustehen und sich allen Verwerfungen und Abschieden in hinreißender Ehrlichkeit, mit Humor und erstaunlich wenig Bitterkeit zu stellen. Welch menschliches Format!“2244 Thematisch ist MUT außerordentlich breit gefächert, dennoch sind zwischen Mai 2009 und März 2011 verschiedene Themenkomplexe vorherrschend: die deutsche Einheit und die DDR, die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die Sarrazin-Debatte, Finanzkrise und EU-Rettungsschirm. Angesichts der Jubiliäen zur friedlichen Revolution und zur deutschen Einheit 2009 und 2010 nehmen Artikel zu diesen Themen den größten Raum ein. Das ist umso erstaunlicher, als sich MUT zur deutschen Einheit vor 20 Jahren kaum äußerte, obwohl ein geeintes Deutschland das Hauptanliegen der Redaktion seit Gründung der Zeitschrift war. Den umfangreichsten Artikel zur deutschen Einheit verfasst Eckhard Jesse im Oktober 2010. Er stellt aus politikwissenschaftlicher Sicht die Voraussetzungen, den Verlauf sowie die Folgen der Einheit dar und er kommt grundsätzlich zu einem positiven Ergebnis. Wie bereits in seinen Artikeln, die in die Inhaltsanalyse Eingang fanden, sind bei ihm auch hier persönliche Bezüge vorhanden: die nicht nur positive Entwicklung seines Wohnortes Bobritzsch.2245 Kritischere Stimmen kommen etwa von den Autoren Thorsten Purps2246 oder Klaus Schroeder2247.
2243
Richmar, Brigitte von: Leserbrief. in: MUT (506) November 2009, S. 5. Pleuger, Gerhard: Leserbrief. in: MUT (509) Februar 2010, S. 5. [Hervorhebung im Original] 2245 Vgl. Jesse, Eckhard: 20 Jahre Deutsche Einheit. Voraussetzungen, Verlauf, Folgen. in: MUT (516) Oktober 2010, S. 24-41. 2246 Vgl. Purps, Thorsten: Die Wunderschätze der Wiedervereinigung und ihr verheerender Makel. in: MUT (516) Oktober 2010, S. 50-58. 2247 Vgl. Scheer, Udo: Die Gräben sind tiefer geworden. Ein MUT-Interview mit Klaus Schroeder, in: MUT (516) Oktober 2010, S. 42-49. 2244
434
„Die Gräben zwischen Ost und West sind, für mich überraschend, tiefer geworden. Was vor zehn Jahren zusammenzuwachsen schien, ist zum Stillstand gekommen. Ich gewinne den Eindruck, die Deutschen in Ost und West werden einander wieder fremder.“2248
Besonderen Wert legen die Autoren auf die Erinnerung an die Opfer des DDRRegimes, dass diese nicht in Vergessenheit geraten oder gar von ehemaligen SED-Mitgliedern oder Stasi-Mitarbeitern diffamiert und verhöhnt werden. In diesem Zusammenhang kommen in MUT regelmäßig die Opfer zu Wort, wie z.B. der westdeutsche Journalist Karl-Wilhelm Fricke, der von Mitarbeitern des MfS von West- nach Ost-Berlin entführt und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Fricke – wie viele ehemalige Bürgerrechtler und DDR-Opfer – sieht mit Erschrecken, wie ehemalige Stasi- und SED-Kader um die „Deutungshoheit in der Geschichtspolitik“2249 kämpfen: „Der fortgesetzte Rechtsbruch, der mit System im Namen des Sozialismus begangen wurde, soll aus dem kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft verdrängt werden und im Vergessen versinken. Amnesie lautet das Stichwort. Es ist hohe Zeit, den Falschmünzern der Zeitgeschichte Paroli zu bieten, konkret und im Klartext. Die historische Wahrheit ist nicht auf ihrer Seite.“2250
Auch für die ehemalige Bürgerrechtlerin und langjährige MUT-Autorin Freya Klier ist die Schönfärberei der DDR nach 20 Jahren weiterhin aktuell: „Natürlich bleibt noch viel zu tun. Wir schauen auf 20 bewegte, doch vergleichsweise ruhige Jahre zurück. Unsere Gesellschaft hat sich in Sätzen ‚Ich habe niemandem geschadet‘ oder ‚Es war doch nicht alles schlecht‘ eingerichtet. Die Genossen sitzen im Bundestag und in den Landtagen, sie trumpfen als Rechtsanwälte auf oder ziehen als Immobilienmakler im Hintergrund die Strippen. Skrupellos verklagen sie ihre Opfer und pressen die Demokratie aus wie eine Zitrone.“2251
Ein Weg gegen das Vergessen anzukämpfen ist das Buch ‚Die Todesopfer der Berliner Mauer 1961–1989‘ von Hans-Hermann Hertle und Maria Nooke, welches 130 Biographien von Mauertoten dem Leser präsentiert und von Peter Steinbach im September-Heft 20092252 lobend vorgestellt wird („Nooke und Hertle – ihnen gebührt nicht nur Anerkennung. Ich nominiere sie hiermit als Träger des Preises der Deutschen Nationalstiftung“2253). Die MUT-Autoren be2248
Ebd., S. 42. Fricke, Karl-Wilhelm: Im „Hotel zur ewigen Lampe“. in: MUT (511) April 2010, S. 50. 2250 Ebd. 2251 Klier, Freya: Das Beste an der DDR war ihr Ende. in: MUT (506) November 2009, S. 34. [Hervorhebung im Original] 2252 Vgl. Steinbach, Peter: Den Mauertoten ein Gesicht geben. in: MUT (504) September 2009, S. 1921. 2253 Ebd., S. 21. 2249
435
nennen jedoch nicht nur das Unrecht, welches den DDR-Opfern seitens des ostdeutschen Staates zugefügt wurde, sonderen ebenso jenes, welches erst nach der deutschen Einheit durch die Politik und Justiz der Bundesrepublik Deutschland verübt wurde: die Diskriminierung der Opfer der Bodenreform2254 oder die mangelnden Entschädigungen der SED-Opfer2255. Neben der deutschen Einheit ist 2009 auch das Jubiläumsjahr für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, dem MUT in den Heften Mai und Juli/August 2009 viel Platz einräumt. Die Historiker Altgeld2256 und Steinbach gehen ausführlich den Entstehungsbedingungen des Grundgesetzes nach, wobei Steinbach bereits in dem Offenburger Programm von 1847 die ersten ideologischen Wurzeln verortet.2257 Auch aktuelle Debatten zum Grundgesetz, wie eine notwendige Verfassungsreform, thematisiert MUT.2258 Gegen Ende des Jahres 2010 nimmt, wie in der übrigen deutschen Medienlandschaft, die so genannte Sarrazin-Debatte in MUT einen breiten Raum ein. Es gibt positive, unterstützende Artikel zu seinem Buch, wenngleich die MUT-Autoren keineswegs mit allen Ansichten und Thesen Sarrazins übereinstimmen. Wichtig ist für sie die Tatsache, dass das politische und publizistische Establishment bei Sarrazin das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung angreifen, der in seinem Buch ‚Deutschland schafft sich ab‘, weder verfassungsfeindliche noch rassistische Ansichten vertritt. Für sie ist der Skandal die reflexhafte Reaktion in den Medien und in der Politik auf das zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erschienene Buch. Chaim Noll erklärt dieses beispielsweise wie folgend: „Sarrazins große Beliebtheit erklärt sich aus dem einfachen Umstand, daß er offen ausspricht, was offensichtlich ist. Die politische Klasse Deutschlands sollte den Fall Sarrazin als Zeichen verstehen: daß einem aus ihrer Mitte die Herzen zufliegen, allein deshalb, weil er die omertà durchbricht, das mafiöse Schweigen der Eingeweihten. Der Sarrazin-Effekt erklärt sich zu einem erheblichen Teil aus der wachsenden Wahrheitsscheu der politischen Klasse.“2259
2254
Vgl. Krause, Klaus Peter: Fortgesetztes Unrecht. Der bis heute als „Bodenreform“ verharmloste Klassenkampf, in: MUT (515) September 2010, S. 26-35. Vgl. Müller, Uwe/Grit Hartmann: Einmal Opfer, immer Opfer. in: MUT (502) Juni 2009, S. 6-17. 2256 Vgl. Altgeld, Wolfgang: Demokratiegründung in Westdeutschland. in: MUT (501) Mai 2009, S. 28-48. 2257 Vgl. Steinbach, Peter: Der Wurzelgrund des Grundgesetzes. in: MUT (503) Juli/August 2009, S. 40-47. 2258 Vgl. u.a. Frank, Götz/Ulrich Meyerholt: Die gescheiterte Verfassungsreform. Die Verfassungsfrage im geeinten Deutschland, in: MUT (501) Mai 2009, S. 48-57. Decker, Frank: Das Regierungssystem des Grundgesetzes. Eine Bilanz nach sechzig Jahren, in: MUT (501) Mai 2009, S. 66-77. 2259 Noll, Chaim: Die Angst, zu sehen. Das Sarrazin-Buch und was deutsche Medien nicht erwähnen, in: MUT (518) Dezember 2010, S. 24. [Hervorhebung im Original] 2255
436
Die einzige Kontroverse zwischen Mai 2009 und März 2011 erscheint ebenfalls zur Sarrazin-Debatte, wenngleich sich die Autoren Stefan Luft und Wolfgang Ruf nicht direkt aufeinander beziehen. Luft, in der Rolle des Sarrazin-Gegners, lehnt den Inhalt des Buches keineswegs ab; was er Sarrazin vorwirft, ist „das mangelnde Reflexionsniveau des Buches“2260 und dass in den Augen von Luft bereits Sarrazins Thesen vielfach angesprochen und über sie diskutiert wurde. Gerade diese Behauptung verwerfen viele MUT-Abonnenten vehement in ihren Leserbriefen.2261 Zusammengenommen spricht Luft Sarrazin schlicht und einfach die Qualifikation zum Thema der Integration ab: „Für die Mechanismen und Dynamiken von Integrationsprozessen hat er kein Verständnis. Die Ergebnisse internationaler sozialwissenschaftlicher Forschungen seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind ihm offensichtlich nicht bekannt.“2262 Dem steht der Beitrag von Wolfgang Ruf entgegen, der dem „Skandal hinter dem Skandal“2263 nachgeht, der grotesken und reflexhaften Kampagne von Medien und politischer Elite, die in dem demokratisch fragwürdigen Ende Sarrazins Bundesbank-Karriere gipfelte. „Gemeinsam war und ist den meisten Angriffen gegen Sarrazin aus Positionen vermeintlich politischer Korrektheit ihre große Unsachlichkeit und der mangelnde Respekt vor einer anderen Meinung. Statt argumentiert, wird diffamiert und verletzt, wobei kein Klischee ausgelassen wird.“2264
Wie anhand der Leserbriefe zu erkennen ist, trifft Ruf mit seinem Artikel offenbar die Meinung und das Empfinden der meisten MUT-Leser.2265 Dagegen stößt Luft neben einem positiven Leserbrief2266 auf einen eher negativen Widerhall.2267
2260
Luft, Stefan: Das Allermeiste ist längst gesagt. Lange Zeit wurden Ängste nicht ernst genommen, die Sarrazin thematisiert, in: MUT (517) November 2010, S. 59. 2261 Vgl. u.a. Kramer, Volker: Leserbrief. in: MUT (518) Dezember 2010, S. 5 2262 Luft, Stefan: Das Allermeiste ist längst gesagt. Lange Zeit wurden Ängste nicht ernst genommen, die Sarrazin thematisiert, in: MUT (517) November 2010, S. 61. 2263 Ruf, Wolfgang, J.: Der Skandal hinter dem Skandal. Eine Nachlese zur Sarrazin-Debatte, in: MUT (517) November 2010, S. 62. 2264 Ebd., S. 64. 2265 Vgl. u.a. Schnittler, Christoph: Leserbrief. in: MUT (518) Dezember 2010, S. 5. 2266 „Soweit Sarrazins Thesen diskutierbar sind, liefert Stefan Luft einen eindrucksvollen Beitrag zu ihrer Widerlegung. Sarrazin schadet sich darüber hinaus durch absurde Undiskutierbarkeit. (…) Man fragt sich: Kennt er [Sarrazin] das Grundgesetz nicht, oder schätzt er es nicht? Kann denn wirklich ein hochrangiger Politiker/Beamter solchen Unsinn vorschlagen, mit dem er sich in krassesten Widerspruch zu den – unabänderlichen (!) – Artikeln 1 bis 4 des Grundgesetzes begibt: Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, Verbot insbesondere der Benachteiligung nach Rasse, Religion, Herkunft?“ [Mestwerdt, Wilhelm: Leserbrief. in: MUT (519) Januar 2011, S. 3 und 5.] 2267 Vgl. u.a. Kramer, Volker: Leserbrief. in: MUT (518) Dezember 2010, S. 3 und 4.
437
Das Themengebiet Wirtschaft findet ausschießlich durch die weltweite Finanzkrise und insbesondere durch die Krise des Euros Eingang in MUT. Charakteristisch für diese Artikel ist die Kritik und Ablehnung der Euro-Rettungspolitik der europäischen Regierungen durch den Bruch der ‚no-bail-out-Klausel‘. Die Autoren verweisen in diesem Zusammenhang nicht nur auf die Verfassungswidrigkeit der Finanzhilfen, sondern auch auf das Fehlen jeglicher demokratischer Legitimität derselbigen. Karl Schachtschneider schreibt: „Die Maßnahmen übersteigen die Ermächtigungen der Union, sind ultra vires, ‚ausbrechende Rechtsakte‘, und darum nicht durch die Zustimmung des Parlaments zu den Verträgen demokratisch legitimiert.“2268 Ähnlich argumentiert der FAZ-Wirtschaftsredakteur Philip Plickert: Er sieht eine grundsätzliche Gefahr in der zunehmenden Zentralisierung der Europäischen Union und der parallel dazu abnehmenden Subsidiarität, mit der eine allmähliche Reduzierung der demokratischen Entscheidungsfindung einhergeht. „Schon jetzt ist der bürokratisch-lobbyistische Komplex in der ‚Europahauptstadt‘ ein demokratisch kaum noch kontrolliertes Gebilde. Die Superkonferenzen der Staatschefs gleichen immer mehr der Geheimdiplomatie aufgeklärter Monarchen, die wissen, was für ihre schläfrigen Völker gut ist. Sollte die Euro-Krise zum Katalysator einer weiteren Zentralisierung werden, so ginge dieser Prozeß beschleunigt weiter, in dem die Völker Europas nicht nur Geld verlieren, sondern ihre demokratische Selbstbestimmung.“2269
Dennoch das „wirklich Schlimme an den getroffenen Maßnahmen ist“2270, dass sie den Grundfehler der Währungsunion nicht ändern: Es reicht nicht, wenn Staaten die Maastricht-Kriterien erfüllen, solange die europäischen Volkswirtschaften „gänzlich anderer Struktur und gänzlich anderen Entwicklungsstandes sind“2271. Soll ein dauerhafter Finanztransfer zwischen den EU-Staaten verhindert werden, muss die Währungsunion „auf die gesunden, rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen gestellt werden, die ihr bisher fehlen“2272. Die Gemeinsamkeit aller Artikel ist: Auch wenn die Europäische Union eine Solidaritätsgemeinschaft bildet, muss dennoch jedes Mitgliedsland seine Schulden und natürlich seinen Haushalt selbst verantworten. In Hinblick auf eine gemeinsame Wäh-
2268
Schachtschneider, Karl A.: Habe den Mut, das Recht zu wahren. in: MUT (513) Juni 2010, S. 7. Plickert, Philip: Ein anderes Europa. Kontinent am Scheideweg, in: MUT (514) Juli/August 2010, S. 19. 2270 Sack, Jörn: Politischer Bankrott. Von der Unfähigkeit der demokratischen Öffentlichkeit, sich zu entsetzen, in: MUT (514) Juli/August 2010, S. 12. 2271 Ebd. 2272 Ebd. 2269
438
rung bedeutet dieses auch eine Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes.2273 Zusammenfassend betrachtet, ist sich MUT über das Heft 500 hinaus sowohl inhaltlich als auch formal treu geblieben. Die Redaktion sowie die Autoren stehen weiterhin für Demokratie, Liberalität und Pluralismus. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit sehen sie im Zuge der Sarrazin-Debatte als verletzt an. Generell nehmen Warnungen vor den Gefährdungen der Demokratie in MUT einen breiten Raum ein – sei es durch Extremisten, sei es durch die Aushöhlung der Meinungsfreiheit aufgrund von Political Correctness. Wirkliche Kontroversen oder gar Streitgespräche sind nicht Inhalt von MUT. Erscheint doch mal ein höchst umstrittener Beitrag, wie z.B. der zur EKD von Kurt Lehner2274, kündigen einige Leser ihr Abonnement2275. Gleichwohl kennzeichnet die Zeitschrift eine große Meinungsvielfalt sowie die vehemente Verteidigung von Menschen- und Grundrechten, Demokratie und dem Einsetzen für die Opfer von Diktaturen, die vor allem durch die Mitarbeit vieler Historiker und Politikwissenschaftler, wie etwa Udo Baron, Frank Decker, Eckhard Jesse, Hans Maier, Armin PfahlTraughber oder Peter Steinbach hervortritt. MUT erfüllt weiterhin alle demokratischen Kriterien, lehnt Gewalt ab und setzt sich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gegen jedwede diktatorischen Bestrebungen ein. Dieses tritt u.a. in den Beiträgen der oben genannten Autoren deutlich hervor. MUT ist in seiner Existenz einzigartig in der deutschen Medienlandschaft. Wie lange Bernhard C. Wintzek noch willens und in der Lage ist, die Zeitschrift zu verlegen, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. War ursprünglich an ein Ende mit dem Heft 500 gedacht, so erschien mit der März-Ausgabe 2011 bereits das 520. Heft. Wie viele diesem noch folgen, ist derzeit völlig offen. Ob die 600. Ausgabe erreicht wird, erscheint heute noch fraglich. Allerdings war für Wintzek Anfang der 1990er Jahre auch das 500. Jubliäumsheft nie eine realistische Option.
2273 Vgl. u.a. Wissing, Volker: Ein Kontinent auf Entzug. Ruinieren die Euroländer ihre Währung? in: MUT (519) Januar 2011, S. 22-29. 2274 Vgl. Lehner, Kurt M.: EKD – Politkonzern statt Kirche? in: MUT (513) Juni 2010, S. 39-43. 2275 Vgl. Hübner, Jürgen: Leserbrief. in: MUT (515) September 2010, S. 5.
439
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis Unveröffentlichte Quellen BStU MfS-HA XXII Nr. 529/4 BStU MfS-HA XXII Nr. 1006/2 BStU MfS-HA XXII Nr. 1323/9 BStU MfS-HA XXII Nr. 1609/9 BStU MfS-HA XXII Nr. 5569/13 BStU MfS-HA XXII Nr. 16540 BStU MfS-HA XXII Nr. 17981/2 BStU MfS-HA XXII Nr. 18404 BStU MfS-HA XXII AP BStU MfS ZAIG ZMA Nr. 4063 BStU MfS-Sekr. Neiber Nr. 1030 BStU MfS AIM 4691/91 BA 4 Eddel, Katja: Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 9. Januar 2007. Eddel, Katja: Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 21. Dezember 2007. Eddel, Katja: Interview mit Bernhard C. Wintzek vom 20. November 2009. Schreiben der Patent- und Rechtsanwaltssozietät Gramm, Lins & Partner an den FaktumVerlag vom 10. Januar 2008. Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Patent- und Rechtsanwaltssozietät Gramm, Lins & Partner an den Faktum-Verlag vom 10. Januar 2008.
Veröffentlichte Quellen Bundesverfassungsschutzgesetz vom 20. Dezember 1990. in: Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2008. Berlin 2009, S. 358 – 376. MONITOR-Sendung vom 4. Januar 1971. MUT (1) Oktober 1965 – MUT (500) April 2009.
441 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Literaturverzeichnis Agethen, Manfred/Eckhard Jesse/Ehrhart Neubert (Hrsg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg i. Brsg. 2002. Arbeitskreis Kritische Nachbarschaft Asendorf/Hoya: Das Chamäleon. Argumente gegen die Verharmlosung des faschistischen „MUT“-Verlages, Kiel 1995. Antifa-Kommission des Kommunistischen Bundes Hamburg (Hrsg.): Wie kriminell ist die NPD? Analysen, Dokumente, Namen, Hamburg 1980. Arndt, Ino/Angelika Schardt: Zur Chronologie des Rechtsextremismus. Daten und Zahlen 1946 – 1989, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte und erweiterte Fortschreibung, Frankfurt a. M. 1990, S. 273-324. Assheuer, Thomas/Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte, 2., aktualisierte Auflage, München 1992. Bachem, Rolf: Einführung in die Analyse politischer Texte. München 1979. Bachem, Rolf: Rechtsradikale Sprechmuster der 80er Jahre. Eine Studie zum Sprachgebrauch der „harten NS-Gruppen“ und ihnen nahe stehender Rechtsextremisten, in: Muttersprache (93) 1983, S. 59-81. Bachem, Rolf: Rechte Argumentationsstile der 90er Jahre. in: Fix, Ulla/Gotthard Lerchner (Hrsg.): Stil und Stilwandel. Bernhard Sowinski zum 65. Geburtstag gewidmet, Frankfurt a. M. 1996, S. 49-62. Bachem, Rolf: Rechtsextreme Ideologien. Rhetorische Textanalysen als Weg zur Erschließung rechtsradikalen und rechtsextremistischen Schriftmaterials, Wiesbaden 1999. Backes, Uwe: Politischer Extremismus in demokratischen Verfassungsstaaten. Elemente einer normativen Rahmentheorie, Opladen 1989. Backes, Uwe: Politische Extreme. Eine Wort- und Begriffsgeschichte von der Antike bis in die Gegenwart, Göttingen 2006. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band I: Literatur, Bonn 1989. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band II: Analyse, Bonn 1989. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Band III: Dokumentation, Bonn 1989. Backes, Uwe/Patrick Moreau: Die extreme Rechte in Deutschland. Geschichte – gegenwärtige Gefahren – Ursachen – Gegenmaßnahmen, 2., erweiterte Auflage, München 1994. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Antiextremistischer Konsens – Prinzipien und Praxis. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 12. Jg., Baden-Baden 2000, S. 13-30. Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Extremismen im Vergleich – Entwicklung, Problemstellungen, Untersuchungsfelder, Perspektiven. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 16. Jg., Baden-Baden 2004, S. 13-30.
442
Backes, Uwe/Eckhard Jesse: Vergleichende Extremismusforschung. Baden-Baden 2005. Badendieck, Friedrich Carl: Zum Tod Jürgen Hahn-Butrys. ER gründete den beachtlichen Informationsdienst „Europäische Sicht“, in: Akademische Blätter: Zeitschrift des Verbandes der Vereine Deutscher Studenten (Kyffhäuserverband) (79) 1977, S. 27. Bajohr, Frank: Von Remer zu Schönhuber: Geschichte und Aktualität des Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945. in: Peukert, Detlev J. K./Frank Bajohr: Rechtsradikalismus in Deutschland. Zwei historische Beiträge, Hamburg 1990, S. 31-78. Bartsch, Günter: Revolution von rechts? Ideologie und Organisation der Neuen Rechten, Freiburg i. Brsg. 1975. Benz, Arthur: Der moderne Staat. Grundlagen der politologischen Analyse, München 2001. Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus: Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1990. Benz, Wolfgang: Die „Blockadebrecher“. Rechtsextreme Schüler- und Jugendzeitschriften, in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsradikalismus: Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1990, S. 210-221. Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte und erweiterte Fortschreibung, Frankfurt a.M. 1990. Berelson, Bernard: Content Analysis in Communication Research. New York 1952. Bessel-Lorck, Lorenz/Heinrich Sippel/Wolfgang Götz: National oder Radikal? Der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland, Mainz 1966. Brauner-Orthen, Alice: Die Neue Rechte in Deutschland. Antidemokratische und rassistische Tendenzen, Opladen 2001. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Bundesamt für Verfassungsschutz. 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1969/70. Bonn 1971. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1971. Bonn 1972. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1972. Bonn 1973. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1973. Bonn 1974. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1975. Bonn 1976. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1976. Bonn 1977. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1977. Bonn 1978. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1978. Bonn 1979. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1979. Bonn 1980. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1980. Bonn 1981. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1981. Bonn 1982. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1982. Bonn 1983. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 1983. Bonn 1984. Bundesminister des Innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2008. Berlin 2009. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984. Butterwegge, Christoph: Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. Erklärungsmodelle in der Diskussion, Darmstadt 1996.
443
Canu, Isabelle: Der Streit um den Extremismusbegriff. Die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich mit anderen westlichen Demokratien, in: Jesse, Eckhard/Steffen Kailitz (Hrsg.): Prägekräfte des 20. Jahrhunderts. Demokratie, Extremismus, Totalitarismus, München 1997, S. 103-126. Däubler-Gmelin, Herta/Bernt Engelmann/Gert Lütgert: Bericht über neonazistische Aktivitäten 1978. Eine Dokumentation (PDI-Taschenbuch), München 1979. Deth, Jan W. van: Wertewandel im internationalen Vergleich. Ein deutscher Sonderweg? in: APuZ B29/2001, S. 23-30. Dieckmann, Walther: Sprache in der Politik. Einführung in die Pragmatik und Semantik der politischen Sprache, 2. Auflage, Heidelberg 1975. Dieckmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 18., vollständig überarbeitete und erweiterte Neuausgabe, Reinbek bei Hamburg 2007. Dietzsch, Martin: Zwischen Konkurrenz und Kooperation. Organisationen und Presse der Rechten in der Bundesrepublik, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 31-80. Dittrich, Sebastian: Zeitschriftenporträt: Bahamas. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 16. Jg., Baden-Baden 2004, S. 220235. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Revolte von rechts. Anatomie einer neuen Jugendpresse, Frankfurt a.M. 1981. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Die „neue“ rechtsextreme Jugendpresse in der Bundesrepublik Deutschland. Politische Hintergründe und gesellschaftliche Folgen, in: Referat „Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982, S. 69-108. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Entstehung und Entwicklung des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Zur Tradition einer besonderen politischen Kultur, 2 Bde., Opladen 1984. Dudek, Peter/Hans-Gerd Jaschke: Rechtsextreme Medien in der Bundesrepublik. in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984, S. 14-28. Ehlich, Konrad (Hrsg.): Sprache im Faschismus. Frankfurt a.M. 1989. Eisenstadt, Shmuel Noah/Bernhard Giesen: The Construction of collective identity. in: Archives Europénnes de sociologie (1) 1995, 36. Jg., S. 72-102. Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M. W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989. Enzensberger, Hans Magnus: Einzelheiten I. Frankfurt a.M. 1964. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der Bundesrepublik. Organisation – Ideologie – Strategie, Frankfurt a.M. 1987. Feit, Margret: „MUT“ – Früher braun, jetzt schwarz? in: Marxistische Blätter (2) 1988, S. 28 – 32.
444
Feit, Margret: Die „Neue Rechte“ in der BRD. in: Kirfel, Martina/Walter Oswalt (Hrsg.): Die Rückkehr der Führer. Modernisierter Rechtsradikalismus in Westeuropa, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wien 1991, S. 31-42. Frederik, Hans: Die Rechtsradikalen. Würzburg 1965. Fröchling, Helmut: Die Neue Rechte im Fokus des Verfassungsschutzes. in: Gessenharter, Wolfgang/Helmut Fröchling (Hrsg.): Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland. Neuvermessung eines politisch-ideologischen Raumes? Opladen 1998, S. 119-137. Fromm, Rainer: Am rechten Rand. Lexikon des Rechtsradikalismus, 2., aktualisierte Auflage, Marburg 1994. Früh, Werner: Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis, unveränderter Nachdruck der 5. Auflage von 2001, Konstanz 2004. Fuchs, Dieter: Die Unterstützung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Opladen 1989. Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004. Gessenharter, Wolfgang: Die „Neue Rechte“ als Scharnier zwischen Neokonservatismus und Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. in: Eisfeld, Rainer/Ingo Müller (Hrsg.): Gegen Barbarei. Essays Robert M. W. Kempner zu Ehren, Frankfurt a.M. 1989, S. 424-452. Gessenharter, Wolfgang: Kippt die Republik? Die Neue Rechte und ihre Unterstützung durch Politik und Medien, München 1994. Gessenharter, Wolfgang: Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland – Gefahren für die Republik? in: Gegenwartskunde (4) 1994, S. 419-430. Gessenharter, Wolfgang/Helmut Fröchling (Hrsg.): Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland. Neuvermessung eines politisch-ideologischen Raumes? Opladen 1998. Gross, Johannes: Die Begründung der Berliner Republik. Stuttgart 1995. Grumke, Thomas/Bernd Wagner (Hrsg.): Handbuch Rechtsradikalismus. Personen – Organisationen – Netzwerke vom Neonazismus bis in die Mitte der Gesellschaft, Opladen 2002. Hadlich, Hendrik: Moderner Antisemitismus am Beispiel der Zeitschrift „MUT“. Chemnitz 2006. [unveröffentlichte Magisterarbeit] Hamilton, Daniel: Jenseits von Bonn. Amerika und die „Berliner Republik“, Frankfurt a. M. 1994. Haseloff, Otto Walter: Stern. Strategie und Krise einer Publikumszeitschrift, Mainz 1977. Heidenreich, Gert: Die organisierte Verwirrung. Nationale und internationale Verbindungen m rechtsextremistischen Spektrum, in: Benz, Wolfgang: Rechtsradikalismus: Randerscheinung oder Renaissance? Frankfurt a.M. 1980, S. 145-167. Hellfeld, Matthias von (Hrsg.): Im Schatten der Krise. Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik, Köln 1986. Hellfeld, Matthias von: Die Jugendbibliothek des Rechtsextremismus. in: Hellfeld, Matthias von (Hrsg.): Im Schatten der Krise. Rechtsextremismus, Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit in der Bundesrepublik, Köln 1986, S. 44-106.
445
Hellfeld, Matthias von: Die Nation erwacht. Zur Trendwende der deutschen politischen Kultur, Köln 1993. Henkel, Rolf: Die „Wölfe im Schafspelz“ sind unterwegs. in: Donau Kurier (286) 11. Dezember 1970, 98. Jg., S. 8. Hepp, Gerd F.: Wertewandel. Politikwissenschaftliche Grundfragen, München 1994. Hepp, Gerd F.: Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement – Perspektiven für die politische Bildung. in: APuZ B 29/2001, S. 31-38. Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991. Hethey, Raimund: Europa: Neue Heimat der Völker und Regionen? in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991, S. 155-188. Hillmann, Karl-Heinz: Zur Wertewandelforschung: Einführung, Übersicht und Ausblick. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 15-39. Hirsch, Kurt (Hrsg.): Rechtsradikale Jugendorganisationen. Beiträge und Dokumentation (PDI-Sonderheft), München 1979. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945 – Ein Lexikon, München 1989. Hirsch, Kurt/Hans Sarkowicz: Schönhuber. Der Politiker und seine Kreise. Frankfurt a.M. 1989. Höffken, Heinz-Werner/Martin Sattler: Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Die „Alte“, die „Neue“ Rechte und der Neonazismus, völlig neu überarbeitete Ausgabe, Opladen 1980. Holzer, Horst: Illustrierte und Gesellschaft. Zum politischen Gehalt von „Quick“, „Revue“ und „Stern“, Freiburg i. Brsg. 1967. Huhn, Anne/Alwin Meyer: „Einst kommt der Tag der Rache“. Die rechtsextreme Herausforderung 1945 bis heute, Freiburg i. Brsg. 1986. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil I). in: blick nach rechts (5) 27. Februar 1989, 6.Jg., S. 1-2. Hundseder, Franziska: Die „MUT“-Masche (Teil II). in: blick nach rechts (6) 13. März 1989, 6. Jg., S. 2-3. Hundseder, Franziska: Stichwort Rechtsextremismus. München 1993. Hundseder, Franziska: Rechte machen Kasse. Gelder und Finanziers der braunen Szene, München 1995. Hunfeld, Frauke Katrin: Rechtsaußen oder Rechtsdraußen? Die Zeitschrift MUT, Münster 1991. [unveröffentlichte Magisterarbeit] Hütz, Friedel: Im neuen Gewand. in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt (33) 13. August 1993, S. 25. Hütz, Friedel: Mit Kohls Sympathie. Magazin „MUT“ verklammert Bürgerliche und Rechtsradikale, in: die tageszeitung, 20. November 1993, S. 33. Inglehart, Ronald: The Silent Revolution. Changing Values and Political Styles among Western Publics, Princeton/New Jersey 1977.
446
Innere Sicherheit. Informationen des Bundesministeriums des Innern (4) 11. September 1987, S. 17. Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988. Jäger, Siegfried: „Ich würde mich nicht schuldig fühlen …“. Mit MUT für Einigkeit und Recht und Freiheit für das ganze Vaterland, in: Jäger, Siegfried (Hrsg.): Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten, Berlin 1988, S. 167-194. Jäger, Siegfried: Rechtsextreme Propaganda heute. in: Ehlich, Konrad (Hrsg.): Sprache im Faschismus. Frankfurt a.M. 1989, S. 289-322. Jäger, Siegfried: Text- und Diskursanalyse. Eine Anleitung zur Analyse politischer Texte, 5. Auflage, Duisburg 1994. Jäger, Siegfried: Rechte und rechtsextreme Diskurse. in: Muttersprache. Vierteljahresschrift für deutsche Sprache (1) 1994, 104. Jg., S. 1-17. Jaschke, Hans-Gerd: Revolte von rechts. Anatomie einer neuen Jugendpresse, Frankfurt a.M. 1981. Jaschke, Hans-Gerd: Wölfe im Schafspelz? Der europäische Rechtsradikalismus bemüht sich um ein intellektuelles Profil, in: Die ZEIT (3) 10. Januar 1986, S. 16. Jaschke, Hans-Gerd: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Begriffe, Positionen und Praxisfelder, Opladen 1994. Jesse, Eckhard: Die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Berlin 1978. Jesse, Eckhard: Neue Rechte in Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland. in: PVS-Literatur (3) 1991, 32. Jg., S. 501-508. Jesse, Eckhard (Hrsg.): Politischer Extremismus in Deutschland und Europa. München 1993. Jesse, Eckhard: Zur Überschätzung der „Neuen Rechten“. Die Sichtweise der Extremismusforschung, in: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte (2) 1995, 42. Jg., S. 152-154. Jesse, Eckhard: Fließende Grenzen zum Rechtsextremismus? Zur Debatte über Brückenspektrum, Grauzonen, Vernetzungen und Scharniere am rechten Rand – Mythos und Realität, in: Politische Vierteljahresschrift (27) 1996, S. 514-529. Jesse, Eckhard: Antiextremistischer Konsens. Von der Weimarer Republik bis zur Gegenwart, in: Kick, Karl G./Stephan Weingarz/Ulrich Bartosch (Hrsg.): Wandel durch Beständigkeit. Studien zur deutschen und internationalen Politik, Berlin 1998, S. 151-169. Jesse, Eckhard: Die unterschiedliche Wahrnehmung von Rechts- und Linksextremismus. in: Politische Studien (1) 2007, S. 8-17. Jesse, Eckhard/Steffen Kailitz (Hrsg.): Prägekräfte des 20. Jahrhunderts. Demokratie, Extremismus, Totalitarismus, München 1997. Junge, Barbara/Julia Naumann/Holger Stark: Rechtsschreiber. Wie ein Netzwerk in Medien und Politik an der Restauration des Nationalen arbeitet, Berlin 1997. Kailitz, Steffen: Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung, Wiesbaden 2004. Kailitz, Steffen: Staatsformen im 20. Jahrhundert II: Demokratische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse: Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 281-328.
447
Kick, Karl G./Stephan Weingarz/Ulrich Bartosch (Hrsg.): Wandel durch Beständigkeit. Studien zur deutschen und internationalen Politik, Berlin 1998. Kirfel, Martina/Walter Oswalt (Hrsg.): Die Rückkehr der Führer. Modernisierter Rechtsradikalismus in Westeuropa, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wien 1991. Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a.M. 1992. Klammer, Bernd: Empirische Sozialforschung. Eine Einführung für Kommunikationswissenschaftler und Journalisten, Konstanz 2005. Klaus, Thomas: Seiten mit braunem Rand. in: Neues Deutschland (43) 21. Februar 1994, 49. Jg., S. 3. Klaus, Thomas: „MUT“ im Wandel? Wintzek läßt den Fall „Kaltenbrunner“ unaufgeklärt, in: Der Rechte Rand. Informationen von und für Antifaschisten (23) Juni /Juli 1993, S. 8-9. Klemm, Rudi: Dreißig Jahre „MUT“ in Asendorf. Über die Weißwäsche eines rechtsextremen Magazins, in: Der Rechte Rand (38) Januar/Februar 1996, S. 17-18. Klemperer, Victor: LTI. Notizbuch eines Philologen, 10. Auflage, Leipzig 1990. Klemperer, Victor: Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933-1945, 2. Auflage, Berlin 1999. Klinker, Guido: Die Zeitschrift MUT: Ein Periodikum der „Mitte“? Eine Analyse der Jahrgänge des Umbruchs 1989-1992, Marburg 1995. Klönne, Arno: „Linke Leute von rechts“ und „rechte Leute von links“ damals und heute. in: Blätter für deutsche und internationale Politik (1) 1983, 28. Jg., S. 115-122. Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild. Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997. Knoll, Joachim H.: Die „Neue Rechte“. Sei stolz, Deutscher zu sein, in: Die ZEIT (12) 18. März 1988, S. 49. Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994. Kracauer, Siegfried: The Challenge of Qualitative Content Analysis. in: Public Opinion Quarterly (16) 1952, S. 631-642. Kratz, Peter: Siemens zum Beispiel. Kapitalinteressen der „Neuen Rechten“, in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991, S. 33-82. Laatz, Wilfried: Empirische Methoden. Ein Lehrbuch für Sozialwissenschaftler, Frankfurt a. M. 1993. Ladmiral, Jean-René/Edmond Marc Lipiansky: Interkulturelle Kommunikation. Zur Dynamik mehrsprachiger Gruppen, Frankfurt a. M. 2000. Langanke, Heiko: Die extreme Rechte in der Bundesrepublik. Ideen, Ideologien, Interpretationen, Hamburg 1996. Lange, Astrid: Was die Rechten lesen. Fünfzig rechtsextreme Zeitschriften, München 1993. Lloyd, Jürgen/Kurt Heiler/Irmgard Pinn: Akademischer Faschismus. in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen 1991, S. 83-118.
448
Lutz, Felix Philipp: Geschichtsbewusstsein und individuelle Wertsysteme. in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 269-287. Mast, Peter: Mit MUT zum Rechts-Staat. Die „Neue Rechte“ auf dem Weg zur Seriosität, Mit einem Beitrag aus der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup, in: Maulwurf. Grün-alternative Zeitung (5) Mai 1989, S. 6-7. Mayring, Philipp: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, 8. Auflage, Weinheim 2003. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996. Merten, Klaus/Brit Großmann: Möglichkeiten und Grenzen der Inhaltsanalyse. in: Rundfunk und Fernsehen (1) 1996, 44. Jg., S. 70-84. Meulemann, Heiner: Werte und Wertewandel. Zur Identität einer geteilten und wieder vereinten Nation, München 1996. Meulemann, Heiner: Gleichheit, Leistung und der Wandel oder Nichtwandel von Werten – Warum die Wahrnehmung realisierter Gleichheit in der Bundesrepublik Deutschland sich nicht verändert hat. in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 100-126. Mohr, Reinhard: Leckgeschlagenes U-Boot. Desillusionierung wandelt. Die linke Zeitschrift „Kommune“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (21) 26.01.1993, S. 25. Molau, Andreas: Wintzeks runder Tisch. in: Junge Freiheit, Juni 1992, S. 13. Morris, Monika/Raimund Hethey: Zeitschriftenglossar. in: Hethey, Raimund/Peter Kratz (Hrsg.): In bester Gesellschaft. Antifa-Recherche zwischen Konservativismus und Neo-Faschismus, Göttingen1991, S. 294-299. Neugebauer, Gero: Extremismus- Rechtsextremismus – Linksextremismus. Einige Anmerkungen zu Begriffen, Forschungskonzepten, Forschungsfragen und Forschungsergebnissen, in: Schubarth, Wilfried/Richard Stöss (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000, S. 13-37. Neumann, Nicolaus/Jochen Maes: Der geplante Putsch. Die rechte in der BRD – Ihre Hintermänner und ihre Organisation, Hamburg 1971. Noelle-Neumann, Elisabeth/Thomas Petersen: Zeitenwende. Der Wertewandel 30 Jahre später, in: APuZ B 29/2001, S. 15-22. O.A.: „Aufstieg nach Maß“ für Rechtsradikale. „Quelle“, „Horten“ und “Polydor“ unterstützen „MUT“, in: Deutsche Volkszeitung (31) 31. Juli 1970, S. 6. O.A.: Nach 32 Jahren muß endlich einmal Schluß sein. Das meinte „MUT“-Chefredakteur Bernhard C. Wintzek am Donnerstag im „Neuen Hause“ in Soltau, in: BöhmeZeitung/Soltauer Kreiszeitung (199) 27. August 1977, 113. Jg., S. 3. O.A.: In bester brauner Gesellschaft. in: FOCUS (3) 17. Januar 1994, S. 14. O.A.: „Linke Infamie“. Der frühere DDR-Dissident Templin über die Aufforderung von Parteifreunden, das Bündnis 90/Die Grünen zu verlassen, in: Der SPIEGEL (3) 16.01.1995, S. 16. Oberreuter, Heinrich: Pluralismus und Antipluralismus. in: Oberreuter, Heinrich (Hrsg.): Pluralismus. Grundlegung und Diskussion, Opladen 1980, S. 13-35. Oberreuter, Heinrich (Hrsg.): Pluralismus. Grundlegung und Diskussion, Opladen 1980.
449
Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001. Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka: Einführung. in: Oesterdiekhoff, Georg W./Norbert Jegelka (Hrsg.): Werte und Wertewandel in westlichen Gesellschaften. Resultate und Perspektiven der Sozialwissenschaften, Opladen 2001, S. 7-14. Peters, Tim: Der Antifaschismus der PDS aus antiextremistischer Sicht. Wiesbaden 2006. Peukert, Detlev J. K./Frank Bajohr: Rechtsradikalismus in Deutschland. Zwei historische Beiträge, Hamburg 1990. Pfahl-Traughber, Armin: Rechte Intelligenzblätter und Theorieorgane. in: Vorgänge (31) 1992, 2, S. 37-50. Pfahl-Traughber, Armin: Rechtsextremismus. Eine kritische Bestandsaufnahme nach der Wiedervereinigung, Bonn 1993. Pfahl-Traughber, Armin: Brücken nach rechts. Zum Wandel der Zeitschrift MUT, in: blick nach rechts (25/26) 14. Dezember 1993, 10. Jg., S. 2-3. Pfahl-Traughber, Armin: Brücken zwischen Rechtsextremismus und Konservativismus. in: Kowalsky, Wolfgang/Wolfgang Schroeder (Hrsg.): Rechtsextremismus. Einführung und Forschungsbilanz, Opladen 1994, S. 160-182. Pfahl-Traughber, Armin: Volkes Stimme? Rechtspopulismus in Europa, Bonn 1994. Pfahl-Traughber, Armin: Politischer Extremismus – was ist das überhaupt? Zur Definition von und Kritik an einem Begriff, in: Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Bundesamt für Verfassungsschutz. 50 Jahre im Dienst der inneren Sicherheit, Köln 2000, S. 185-211. Pfahl-Traughber, Armin: Staatsformen im 20. Jahrhundert I: Diktatorische Systeme. in: Gallus, Alexander/Eckhard Jesse (Hrsg.): Staatsformen. Modelle politischer Ordnung von der Antike bis zur Gegenwart, München 2004, S. 223-280. Pflüger, Friedbert: Deutschland driftet. Die Konservative Revolution entdeckt ihre Kinder, Düsseldorf 1994. Plath, Jörg: Das „Haus der deutschen Frontdichter“ in Buderose bei Guben. in: Walther, Peter (Hrsg.): Die Dritte Front. Literatur in Brandenburg 1930 – 1950, Berlin 2004, S. 33-44. Punktgenau. Kundenmagazin der Messedruck Leipzig GmbH (2) Dezember 2007. Referat „Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus“ im Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik, Bonn 1982. Roberts, Geoffrey K.: Rechts- und Linksextremismus in der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung. Verschiebt sich das Parteiensystem nach rechts, in: Jesse, Eckhard (Hrsg.): Politischer Extremismus in Deutschland und Europa. München 1993, S. 97-110. Rödder, Andreas/Wolfgang Elz (Hrsg.): Alte Werte – Neue Werte. Schlaglichter des Wertewandels, Göttingen 2008. Rödder, Andreas: Werte und Wertewandel: Historisch-politische Perspektiven. in: Rödder, Andreas/Wolfgang Elz (Hrsg.): Alte Werte – Neue Werte. Schlaglichter des Wertewandels, Göttingen 2008, S. 9-25. Rosen, Klaus-Henning: Nicht statthafter Umgang mit Schumacher. Zum Versuch von Ulrich Lohmar den SPD-Nachkriegs-Vorsitzenden für seine Argumentation gegen
450
die Kollektivschuld einzuspannen, in: Sozialdemokratischer Pressedienst (96) 23. Mai 1986, 41. Jg., S. 4. Rousseau, Jean-Jacques: Der Gesellschaftsvertrag (1762), Frankfurt a.M. 1991. Sarkowicz, Hans: Publizistik in der Grauzone. in: Benz, Wolfgang (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Voraussetzungen, Zusammenhänge, Wirkungen, aktualisierte Neuausgabe, Frankfurt a.M. 1992, S. 92-107. Sartori, Giovanni: Demokratietheorie. Darmstadt 1997. Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Opladen 2006. Schmitt, Hermann/Jürgen Hofrichter: One or Two Ideological Dimensions? On the Relationship of New Politics and Left-Right-Orientation in Western Europe, in: Klages, Helmut/Hans-Jürgen Hippler/Willi Herbert (Hrsg.): Werte und Wandel. Ergebnisse und Methoden einer Forschungstradition, Frankfurt a. M. 1992, S. 187-207. Schneider, Ulrich: Neofaschismus in der heutigen BRD. in: Marxistische Blätter (6) 1992, S. 11-16. Schnell, Rainer/Paul B. Hill/Elke Esser: Methoden der empirischen Sozialforschung. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1999. Schoeck, Helmut: Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft, Freiburg i. %rsg. 1966. Schoeck, Helmut: Kleines Soziologisches Wörterbuch. Freiburg i. Brsg. 1969. Schönekäs, Klaus: Bundesrepublik Deutschland. in: Greß, Franz/Hans-Gerd Jaschke/Klaus Schönekäs (Hrsg.): Neue Rechte und Rechtsextremismus in Europa. Bundesrepublik, Frankreich, Großbritannien, Opladen 1990, S. 218-347. Schrenck-Notzing, Caspar von: Vom Sinn der Identität. in: Die WELT (206) 5. September 1985, S. 25. Schubarth, Wilfried/Richard Stöss (Hrsg.): Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz, Bonn 2000. Schütt, Peter: „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“ Peter Schütt über die Methoden der „Antifa“, in: Die Brücke: Forum für antirassistische Politik und Kultur (5) September/Oktober 1996, Bd. 91, S. 54-58. Schütt, Peter: Schlagt die Faschos, wo ihr sie trefft! in: Rheinischer Merkur (25), 21. Juni 1996, S. 17-18. Schütt, Peter: „Schlagt die Faschos, wo ihr sie trefft!“ Gewaltbereitschaft bei selbsternannten „Faschisten“-Jägern, in: Agethen, Manfred/Eckhard Jesse/Ehrhart Neubert (Hrsg.): Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg i. Brsg. 2002, S. 314-324. Schütt, Peter: Allahs Sonne lacht über der Alster. Einhundertelf Geschichten aus der 1002. Nacht, Asendorf 2002. Schütt, Peter: Von Basbeck am Moor über Moskau nach Mekka. Stationen einer Lebensreise, Asendorf 2009. Schwagerl, H. Joachim: Rechtsextremes Denken. Merkmale und Methoden, Frankfurt a.M. 1993. Seeliger, Rolf: Grauzone zwischen Union und der Neuen Rechten. Personen, Institutionen, Identifikationen, München 1990. Seifert, Heribert: „Unsere Arbeit ist komplizierter geworden“. Die Monatszeitschrift „Kommune“, in: Neue Zürcher Zeitung (197) 25.08.2000, S. 71.
451
Siegler, Bernd/Oliver Tolmein/Charlotte Wiedemann: Der Pakt. Die Rechten und der Staat, Göttingen 1993. Sontheimer, Kurt/Wilhelm Bleek/Andrea Gawrich: Grundzüge des politischen Systems Deutschlands. völlig überarbeitete Neuausgabe, München 2007. Stamm, Willy: Stamm 1989. Presse- und Medienhandbuch, 42. Ausgabe, Essen 1989. Stefen, Rudolf: Die Indizierung NS-verherrlichender Medien durch die Bundesprüfstelle. Apologetische Medien und Einstellung heute, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Extremistische Medien. Pädagogische und juristische Auseinandersetzung am Beispiel des Rechtsextremismus, Bonn 1984, S. 42-60. Steffani, Winfried: Pluralistische Demokratie. Studien zur Theorie und Praxis, Opladen 1980. Stöss, Richard (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, 2 Bde., Opladen 1983. Stöss, Richard: Struktur und Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik. Eine Theorie, in: Stöss, Richard (Hrsg.): Parteienhandbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980, Bd. 1, Opladen 1983, S. 17-309. Thieme, Tom: Jenseits politischer Richtungsbegriffe? – Extremismus zwischen Fundamentalismus, Rechts- und Linksextremismus. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 17. Jg., Baden-Baden 2005, S. 53-72. Venner, Michael: Nationale Identität. Die Neue Rechte und die Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus, Köln 1994. Wagner, Bernd (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Netzwerke, Parteien, Organisationen, Ideologiezentren, Medien, Reinbek b. Hamburg 1994. Walther, Peter (Hrsg.): Die Dritte Front. Literatur in Brandenburg 1930 – 1950, Berlin 2004. Waples, Douglas/Bernard Berelson/Franklin R. Bradshaw: What Reading does to People. Chicago 1940. Weber, Iris: Nation, Staat und Elite. Die Ideologie der Neuen Rechten, Köln 1997. Weber, Matthias: Zeitschriftenporträt: Junge Freiheit. in: Backes, Uwe/Eckhard Jesse (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie. 14. Jg., Baden-Baden 2002, S. 203226. Weber-Fas, Rudolf: Der Verfassungsstaat des Grundgesetzes. Entstehung – Prinzipien – Gestalt, Tübingen 2002. Wehler, Hans-Ulrich: Gurus und Irrlichter. Die neuen Träume der Intellektuellen, in: FAZ (105) 06. Mai 1994, S. 31. Weigand, Jörg: Anonym: Das Chamäleon. in: Jugend Medien Schutz-Report (4) August 1998, 21. Jg., S. 66. Werth, Mathias: Braune Wissenschaft: Die neue Gefahr. in: frontal (6) 1986, S. 36-43. Wiggershaus-Müller, Ursula: Nationalsozialismus und Geschichtswissenschaft. Die Geschichte der Historischen Zeitschrift und des Historischen Jahrbuchs 1933 – 1945, Hamburg 1998. Wintzek, Bernhard C.: Protest. Esslingen 1967. Wintzek, Bernhard C.: Unsere Väter waren keine Verbrecher. Asendorf 1975. Wintzek, Bernhard C.: Rote Fahnen über Bonn. Asendorf 1976.
452
Wintzek, Bernhard C. (Hrsg.): Denkfalle Zeitgeist. Eine Ermutigung zu Maß und Mitte in 40 Essays, Asendorf 2004. Wippermann, K. W.: Zeitschrift „MUT“: Kreativer Konservatismus. in: Das Parlament (43) 24. Oktober 1987, S. 12. Wippermann, Wolfgang: Verdiente Revisionisten. Alfred Schickel und die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt (ZFI), in: Klotz, Johannes/Ulrich Schneider (Hrsg.): Die selbstbewußte Nation und ihr Geschichtsbild. Geschichtslegenden der Neuen Rechten, Köln 1997, S. 78-95. Worm, Uwe: Die Neue Rechte in der Bundesrepublik. Programmatik, Ideologie und Presse, Köln 1995. Zänker, Alfred: Die vielen Gesichter der Dummheit. Torheit – eine Triebfeder des Lebens, Asendorf 2000. Zänker, Alfred: Der lange Weg nach Utopie. Vom Vormarsch des politisch Vernünftigen, Asendorf 2003. Lang, Jürgen P.: Die Extremismustheorie zwischen Normativität und Empirie. in: http://www.extremismus.com/texte/extrem/htm (27.10.2006) http://www.ostdeutsche-biographie.de/pers_k (25.03.2009) http://www. hellmutdiwald.de/html/lebenslauf.html (20.04.2009) http://www.munzinger.de/search/porträt/Ulrich+Lohmar/0/10303.html (29.04.2009) http://www.munzinger.de/search/porträt/Helmut+Schoeck/0/9101.html (30.04.2009) http://www.munzinger.de/search/porträt/Otto+Heuchele/0/4272.html (08.05.2009) http://www.munzinger.de/search/porträt/Heinz+Dietrich+Ortlieb/0/14414.html (16.05.2009) http://www.juergen-braeunlein.de/leben_offiziell.htm (23.06.2009) http://www.stnds.de/de/programme_projekte/programme/literaturfoerderung/autoren2007 _bios.html (23.06.2009) http://www.edfc.de/sekundaer23.htm (26.06.2009) http://www.tu-chemnitz.de/phil/politik/pspi/jesse.php (01.07.2009) http://www.exilpen.de/HTML/Mitglieder/NEU/buth.html (08.07.2009) http://www.munzinger.de/search/porträt/Rudolf+Wassermann/0/12826.html (20.07.2009) http://www.literaturpost.de (02.08.2009) O.A.: Helden im Spint. in: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46164835.html (12.02.2010) http://www.gdw-berlin.de/fo/struktur.php (04.07.2010) http://www.freiheit.org/Aktuelles-Inland/616c9854i1p/index.html (07.07.2010) http://www.kkneissl.com/index.php?id=2 (07.07.2010) http://www.br-online.de/bayern2/eins-zu-eins-der-talk/dr-sabine-arnold-historikerinslawistin-norbert-joa-ID1274803219251.xml (07.07.2010) http://www.freya-klier.de/ (07.07.2010) http://community.zeit.de/user/hermann-bohle (08.07.2010) http://www.horst-hensel.de/ (08.07.2010) http://www.dradio.de/wir/visitenkarte/351480/ (08.07.2010) http://www.falter.at/print/F2002_14_1.php (08.07.2010) http://www.donau-uni.ac.at/imperia/md/content/studium/euro/law/cvfaculty/krejci.pdf (08.07.2010)
453
http://www.welt.de/welt_print/article2461503/Guenter-Rohrmoser-Philosoph-19272008.html (09.07.2010) http://www.absolut-keller.de/peter-senior.html (10.07.2010) http://www.felizitas-von-schoenborn.de/f_v_s.htm (11.07.2010) http://www.france-politique.fr/groupe-union-defense.htm. (12.07.2010) http://www.profdrhornung.de/html/personalie.html (11.09.2010) http://www.spiegel.de/politik/ausland/a-16986.html (26.09.2010)
454
Anhang
Tabelle 3:
Entwicklung des Bezugspreises (1965 – 1979)
Zeitraum: 1965 -1979 01/1965 – 12/1966 03/1967 – 08/1967 09/1967 – 04/1969 05/1969 – 12/1972 01/1973 – 09/1974 10/1974 – 09/1976 10/1976 – 08/1979 09/1979 – 12/1979 Tabelle 4:
Entwicklung des Bezugspreises (1980 – 1983)
Zeitraum: 1980 – 1983 01/1980 – 10/1981 11/1981 – 10/1982 11/1982 – 12/1983 Tabelle 5:
0,80 DM 1,40 DM 1,50 DM 1,00 DM 1,50 DM 2,00 DM 2,50 DM 3,00 DM
3,00 DM 3,50 DM 4,20 DM
Entwicklung des Bezugspreises (1984 – 1990)
Zeitraum: 1984 – 1990 01/1984 – 09/1984 10/1984 – 12/1985 01/1986 – 06/1987 07/1987 – 11/1989 12/1989 – 12/1990
4,20 DM 5,00 DM 6,00 DM 8,00 DM 10,00 DM
455 K. Eddel, Die Zeitschrift MUT – ein demokratisches Meinungsforum?, DOI 10.1007/978-3-531-93368-9, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Tabelle 6:
Entwicklung des Bezugspreises (1991 – 2009)
Zeitraum: 1991 – 2009 01/1991 – 08/1991 09/1991 – 12/1991 01/1992 – 03/1992 04/1992 – 12/2001 01/2002 – 08/2005 09/2005 – 03/2009 04/2009 Tabelle 7:
Entwicklung des Heftumfanges (1965 – 1979)
Zeitraum: 1965 – 1979 10/1965 – 01/1971 02/1971 – 06/1971 07/1971 – 09/1971 10/1971 – 01/1972 02/1972 – 12/1978 01/1979 – 12/1979 Tabelle 8:
Hefte schwanken zwischen 12 und 52 Seiten pro Ausgabe 48 Seiten 52 Seiten 54 Seiten 50 Seiten 56 Seiten
Entwicklung des Heftumfanges (1980 – 1983)
Zeitraum: 1980 – 1983 01/1980 – 03/1981 04/1981 05/1981 – 02/1982 03/1982 04/1982 – 10/1982 11/1982 12/1982 – 12/1983
2276
10,00 DM 11,00 DM 14,00 DM 18,00 DM € 9,25 € 10 € 202276
56 Seiten 60 Seiten 56 Seiten 58 Seiten 56 Seiten 58 Seiten 56 Seiten
Einmalige Preiserhöhung aufgrund des Heftumfanges der Jubiläumsausgabe.
456
Tabelle 9:
Entwicklung des Heftumfanges (1984 – 1990)
Zeitraum: 1984 – 1990 01/1984 – 05/1984 06/1984 – 05/1987 06/1987 – 12/1990 Tabelle 10:
56 Seiten 60 Seiten 72 Seiten
Entwicklung des Heftumfanges (1991 – 2009)
Zeitraum: 1991 – 2009 01/1991 – 08/1991 09/1991 – 04/1996 05/1996 – 02/2000 03/2000 – 09/2008 10/2008 – 03/2009 04/2009
72 Seiten 88 Seiten 96 Seiten 88 Seiten 96 Seiten 296 Seiten
457
„Aufhängen? – Nein Wir verabscheuen Polit-Terror. Bilden wir jetzt eine gesamtdeutsche Aktionsfront aller Kräfte der nationalen Opposition, um durch legalen, gewaltlosen Widerstand noch zu retten, was für Deutschland zu retten ist. Das Gebot der Stunde: Nationale Solidarität! Unser Ziel: Ein über das konsequente Selbstbestimmungsrecht geeintes Europa freier und selbstbewußter Völker!“ [MUT (37) September 1970, S. 3.]
Abbildung 1: Fotomontage W. Brandt 458
Abbildung 2: Widerstandsgruß
MUT (55) März 1972, S. 30.
MUT (55) März 1972, S. 30. 459
Abbildung 3: Symbol der Nationaleuropäischen Aktion
Vgl. MUT (18) Dezember 1968, S. 2
460
Abbildung 4: Auszug aus dem Artikel ‚Nation im Wartestand‘
Vgl. Opitz, Gerhard: Nation im Wartestand. in: MUT (21) Mai 1969, S. 123. 461
Anhang 1:
Transkript „MONITOR“-Sendung vom 4. Januar 1971 – Beitrag zur Aktion Widerstand
Claus Hinrich Casdorff: Meine Damen und Herren, guten Abend! Der Jahreswechsel bietet eine willkommene Möglichkeit, Vorschau zu halten, gute Vorsätze zu fassen. Wir haben nur einen einzigen Vorsatz, wir wollen fortfahren mit dem Versuch, ihnen durch zeitkritische Anmerkungen und zusätzliche Hintergrundinformationen die Bildung eines eigenen Urteils zu erleichtern. Sie werden sich erinnern, dass wir in einer der letzten Sendungen des vergangenen Jahres über das Würzburger Treffen der so genannten Aktion Widerstand als Ausdruck gefährlicher politischer Großmannssucht berichtet haben. Unsere kritischen Hinweise damals, haben uns Zustimmung eingetragen, aber auch Kritik ausgelöst. Sie haben nämlich zu dem Vorwurf geführt, wir überschätzen den Einfluss der Rechtsradikalen und erst wir hätten aus Maulhelden Volksredner gemacht. Nun, ich glaube, die Straßenkrawalle, die nach dem Würzburger Treffen von der Aktion inszeniert worden sind, zeigen, dass unsere Warnung vor dem rechtsradikalen Kartell nicht unbegründet war. Und wer immer noch nicht genug hat, in 14 Tagen soll eine neue Veranstaltung aufgezogen werden. Wir meinen, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, da man sich nicht mehr auf eine allgemeine Berichterstattung über Zusammenkünfte der rechten APO beschränken kann, sondern Ross und Reiter nennen muss. Erich Potthast und Ulrich Wickert haben umfassendes Material über die Hintermänner der Aktion Widerstand zusammengetragen. Und dabei zeigte sich nun, dass unter vielen Tarnkappen immer wieder eine Partei verborgen ist. Beitrag: Adolf von Thadden auf der Veranstaltung der Aktion Widerstand in Würzburg: Wir wollen nicht von dieser Linksregierung die Möglichkeit in Aussicht gestellt bekommen, dass die Wiedervereinigung eines Tages unter roten Fahnen mit Hammer und Sichel erfolgt, das ist, meine verehrten Anwesenden, die so genannte Friedenspolitik dieser Bundesregierung, die dazu führt, dass der sowjetische Botschafter in Bonn künftig in der Attitüde eines Vizekönigs der russischen Zaren mit der Bundesregierung verkehren wird. [Beifall und Zuschauer machen den so genannten Widerstandsgruß – eine Ersatzgeste für den Hitlergruß]
462
MONITOR: NPD-Chef Adolf von Thadden sagt der Bundesregierung den Kampf an, am 31. Oktober in Würzburg. Zum Schwur von Würzburg hatten zehn Verbände aufgerufen, Organisationen der NPD und rechtsradikale Gruppen: Aktion Oder-Neiße (AKON), Schriftleitung ‚Nation Europa‘, Republikanischer Studentenbund, Aktion Deutschland e.V., Nationaldemokratischer Hochschulbund, Arbeitsgemeinschaft Volkstreuer Verbände, Freiheitlicher Schülerbund, Freundeskreis für Jugendarbeit, Junge Nationaldemokraten (JN), Aktionskreis MUT. Am 5. Dezember traten die Widerständler zum zweiten Mal an. Motorisierte NPDKämpfer demonstrierten mitten in Essen. [Aufnahmen von Krawallen] Am 12. Dezember organisierten sie den Marsch auf Bonn, als Protest gegen die Ostpolitik der Bundesregierung. Drei Demonstrationen, dreimal geplante Krawalle. [Anhänger der Aktion Widerstand verbrennen die Fahne der Bundesrepublik und Zuschauer machen den so genannten Widerstandsgruß.] Sie nennen sich Demokraten, doch sie missachten das Recht. Sie fordern Gerechtigkeit, doch sie brechen das Gesetz. Wenn sie zu verbotenen Umzügen aufrufen, wenn sie mit geheimen Absprachen den Mob mobilisieren. [Demonstrationsteilnehmer machen den so genannten Widerstandsgruß.] Etwa 25 Verbände, Vereine und Gruppen unterstützen die Aktion Widerstand, getragen wird sie von der Parteizentrale der NPD. Die Aktion 70 ist eine dieser Gruppen. Ihre radikalen Mitglieder kommen aus dem Kreisverband der NPD in Recklinghausen. Ähnlich der Aktion 70, aber auf Landesebene, wurde vor wenigen Tagen die Aktion 2000 gegründet, von dem Landesverband der NPD in Schleswig-Holstein. [Demonstrationsteilnehmer machen den so genannten Widerstandsgruß] Eine weitere Gruppe, die nationaleuropäische Jugend, ein Kampfbund, der sich vor kurzem in Trostdorf bei Köln gründete. Unter ihnen NPD-Mitglieder, denen die Partei zu lasch ist. Eine weitere Gruppe, die deutsche Befreiungsbewegung in Uniform. Der Vorsitzende ist wegen Landesverrates vorbestraft, sein Vertreter ein NPD-Landtagskandidat aus Hessen. Europäische Befreiungsfront nannte sich eine weitere Gruppe, ein rechtsextremer Geheimbund. Das Treffen zwischen Brandt und Stoph in Kassel wollten ihre Mitglieder, wie ihnen vorgeworfen wird, mit Waffengewalt verhindern. In einer Gaststätte im Siegtal trafen sie sich zu Schießübungen. Die ehemaligen NPD-Ordner waren bewaffnet mit Pistolen, Maschinenpistolen, 3000 Schuss Munition, mit Karabinern, Schnellfeuergewehren und Zielfernrohren. Führendes Mitglied dieses Geheimbundes war Hartmut Neumann, ein NPDFunktionär aus Köln. Heute leitet er eine neue Gruppe, das nationaleuropäische Zentrum. Ihr Treffpunkt, die NPD-Kreisgeschäftsstelle in Köln.
463
MONITOR-Reporter vor der NPD-Kreisgeschäftsstelle in Köln: Hartmut Neumann hatte sich mit seiner Gruppe zu einem Diskussionsabend vor den Kameras von MONITOR bereit erklärt. Doch wenige Stunden vor den Aufnahmen sagte er uns wieder ab. Zunächst ohne Begründung, dann hieß es, die Aktiven seien verreist. Schließlich sagte er die Wahrheit, die NPD-Parteizentrale in Hannover hatte jede Aussage der Gruppe vor den Kameras von MONITOR verboten. Wohl überlegt. Denn zu dem nationaleuropäischen Zentrum gehören Radikale. In einem Informationsgespräch hatten sie uns zuvor bedeutet, die NPD sei mit ihren Aktionen zu lasch, sie sei zu lahm. Und ich zitiere wörtlich: „Die alten Generalstäbler in dieser Partei haben anscheinend ihr Handwerk verlernt.“ Ihre eigene Gruppe dagegen charakterisieren sie mit Worten wie: „Wir haben viele Leute bei uns, Monarchisten ebenso wie Anhänger von Himmler.“ Für 1971 wurden radikale Aktionen angekündigt. Und ich zitiere wieder wörtlich: „Mit 20 Mann von unserem harten Kern werden wir mehr Terror machen als 100 von der Linken.“ MONITOR: [Interview mit Bernhard C. Wintzek] Eine weitere radikale Gruppe, die Aktion W, auch hier ehemalige NPDFunktionäre. Ihr Gründer ist Bernhard Wintzek: „Nach Würzburg und Bonn müssen wir jungen Nationalfreiheitlichen uns die Frage stellen, wie soll es weitergehen. Ich glaube, die wichtigste Antwort, die wir uns heute geben müssen, gezwungen sind zu geben, ist die, dass wir verstärkt darauf achten, dass keine politischen Provokateure und keine Politspinner, die den Widerstand umfunktionieren zu einem gemeingefährlichen Happening und Gewaltparolen, vertreten von Einzelnen in die Öffentlichkeit tragen und somit das falsche Bild entsteht, als sei das das Erkennungszeichen der Gesamtaktion. Wir müssen uns außerdem die Frage stellen, wie wir den Widerstand verdeutlichen können, der Bevölkerung verdeutlichen können. Ich glaube, dass wir uns hier, jeder an seinem Platze, immer wieder bemühen müssen, festzustellen, dass es uns um den demokratischen, legalen Widerstand einer Gruppe von Menschen geht, die nicht unmittelbar im Parlament vertreten ist, die aber keine andere Chance hat, im vorparlamentarischen Raum anders zur Geltung zu kommen.“ MONITOR: Vieles bei ihren bisherigen Aktionen, Herr Wintzek, war nicht legal. Radikalisierung können sie nicht leugnen. Glauben sie, dass Ihnen gewisse radikale Gruppen nicht auch in Zukunft aus dem Ruder laufen werden? Dass sie sie nicht mehr im Griff haben werden?
464
Bernhard C. Wintzek: Bei einer Zusammensetzung des Widerstandes wie wir ihn heute finden, ist es natürlich sehr schwer jede einzelne kleine Gruppe im Griff zu haben. Wichtig ist es für mich, dass nicht das aus der Kiepe hupfen einzelner Weniger von der Öffentlichkeit oder von jenen, die öffentliche Meinung machen, so verstanden wird und so ausgelegt wird, als sei das eben das wesentliche Anliegen der Aktion Widerstand. Unser Anliegen ist im Rahmen mit der Opposition im Bundestag, mit den Vertriebenen, mit Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind, gemeinsam den Willen zum legalen demokratischen Widerstand zu formulieren. MONITOR: Im Interview gibt sich Bernhard Wintzek gemäßigt, doch als Redner entlarvt er sich. Bernhard C. Wintzek auf der Veranstaltung der Aktion Widerstand in Würzburg: Wenn wir jungen Deutschen vor uns und unserem Volke nicht die Achtung verlieren wollen, gibt es nur eine einzige Forderung und die heißt: diese Regierung muss weg, so schnell wie es geht. [tosender Applaus] Willy Brandt alias Frahm alias Flamme alias Martin muss weg. [tosender Applaus] Wir werden nichts zu lachen haben, aber wir versprechen an dieser Stelle, dass auch der Gegner von diesem Tage an nichts mehr zu lachen haben wird. [tosender Applaus] Es liegt an uns allen, an den unermüdlichen Einsatz jedes Einzelnen von uns, ob Würzburg zum Fanal des Widerstandes wird. [tosender Applaus] MONITOR: Eine weitere Gruppe: der Arbeitskreis Volkstreuer Verbände, ihr Repräsentant Alfred Manke. Alfred Manke auf der Veranstaltung der Aktion Widerstand in Würzburg: In der Durchsetzung der Wahrheit und des Rechtes müssen wir alle nur erdenklichen Mittel der Aufklärung einsetzen, um den lebenswidrig, verlogenen Giftnagel einer parteipolitischen Rattenfängergesellschaft [im Hintergrund erscheint ein Transparent mit der Aufschrift „Hängt die Verräter“ neben einem Galgen] aufzureißen, damit unser Volk erkennt, wie sehr es betrogen worden ist und welchem Abgrund es zutreibt.
465
MONITOR: 13 Gruppen wollen Deutschland vor dem Abgrund retten als Arbeitskreis Volkstreuer Verbände: Deutsches Kulturwerk europäischen Geistes, Bund Heimattreuer Jugend, Aktion Oder-Neiße (AKON), Bund für Deutsche Wiedervereinigung, Jugendbund Adler, Deutsche Junge Akademie, Freundeskreis für Jugendarbeit, Deutscher Block, Deutsche Sozialbewegung, Mitteldeutscher Bund, Reichsverband der Soldaten, Volkspolitische Aktion, Wiking-Jugend. Die rechtsradikale Wiking-Jugend trifft sich in jedem Jahr mit anderen Jugendverbänden in einem Winterlager. Neue Aktionen werden geplant und vorbereitet. MONITOR wollte einen Morgenappell filmen, doch auf Kommando überfielen die Jugendlichen das Kamerateam und bedrohten es mit Messern. Sie zerstörten die Kamera und vernichteten den Film. Lied: [Bilder von Schlägerei mit NPD-Ordnern] „Die Helme auf – Visier herab hinein in diesen Mob. Ein jeder weiß: Es gilt und ist’s ein noch so harter Job. Nach fünf Minuten war der Spuk vorbei und alles still. Die Ordner hatten aufgeräumt, wie das Gesetz es will.“ MONITOR: So fing es an, mit Gewalt. Vor der Bundestagswahl 1969 feierten Ordner der NPD ihre Einsätze mit einem Kampflied. Sie rühmten sich ihrer Triumphe, doch sie trafen die Partei. Wahlniederlagen im Bund und in sechs Ländern. Um die Resignation in den eigenen Reihen zu überwinden und den radikalen Drang unzufriedener ein Ventil zu schaffen, suchten die Parteioberen ein neues Gefechtsfeld. Sie fanden es im Protest gegen die Ostpolitik. Vor fast fünf Monaten beschloss die Partei und Thadden den Widerstand. Überparteilicher Anstrich sollte verschleiern, dass die NPD der Drahtzieher der Aktion Widerstand ist. Doch Schaltstelle ist die NPD-Zentrale in Hannover und der Vorstand fordert den ganzen Einsatz der Partei. Der erste Beweis: Vorstandsbeschluss vom 26./27. September in Friedberg: „Die Parteiorganisation erwartet, dass sich die NPD an die Spitze des überall erwachenden und wachsenden Widerstandes gegen die Ostpolitik der Bundesregierung setzt.“ Der zweite Beweis: Vorstandsbeschluss vom 28./29. November in Veitshöchheim: „Der von der ‚Aktion Widerstand’ als Protest gegen die Unterzeichnung des Warschauer Vertrages geplante ‚Marsch auf Bonn’ wird von der NPD mit allen Mitteln unterdrückt. Alle Verbände der Partei müssen und sollen sich an dieser ‚Aktion’ beteiligen.
466
Adolf von Thadden auf der Veranstaltung der Aktion Widerstand in Würzburg: Und so meine Damen und Herren, wird der Widerstand gegen eine solche Politik nicht nur ein moralisches Recht, sondern er wird zu einer Pflicht, zu einer Gewissenspflicht für uns alle. [Applaus und Widerstands-Rufe und Zuschauer machen den so genannten Widerstandsgruß] Claus Hinrich Casdorff: Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist sinnvoll an dieser Stelle an eine Aussage des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, Heinz Kühn, auf dem SPD-Parteitag in Dortmund zu erinnern. Der Regierungschef des größten Bundeslandes hat im Dezember dort gesagt: „Wir werden keine faschistische Organisation dulden, die zum politischen Mord auffordert. Wenn sich die NPD offiziell zum Träger der Aktion Widerstand macht, dann wird man den Gedanken eines Verbotsantrages wieder aufgreifen müssen.“ Der politische Schaden den die Rechtsradikalen anrichten ist aber nicht auf die Bundesrepublik begrenzt. Wie sehr solche Untriebe gerade auch in den osteuropäischen Staaten zu neuer Furcht vor einem wiederentstehenden Revanchismus in Deutschland führen, haben MONITOR-Redakteure kürzlich bei einem Besuch in Prag erfahren. […]
467
Abbildung 5: Titelblatt MUT 1/1968
468
Abbildung 6: Titelblatt MUT 1/1990
469
Abbildung 7: Titelblatt MUT 1/2007
470
Abbildung 8: Titelblatt MUT 4/2009
471
Abbildung 9: Übersicht – Parteizugehörigkeit der MUT-Autoren
Parteizugehörigkeit der Autoren
PDS/ LINKE
FPÖ
B90/Grünen
FDP
ÖVP
CDU
SPD
CSU
472
Tabelle 11:
Ständige Mitarbeiter
1. Phase: 1965 – 1979 MUT (24) August 1969 – MUT (50) Oktober 1971 MUT (51) November 1971 – MUT (61) September 1972 MUT (62) Oktober 1972 – MUT (66) Februar 1973
2277
Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74]2277 Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Ständige Mitarbeiter: Gerhard Opitz (Deutschlandund Ostpolitik) [31] Sigrid Paust (Familie und Jugend) [2] Alfred König (Bundeswehr) [4] Dr. Hans-Achim Holtz (Wirtschaft und Soziales) [4] Michael Meinrad [8] und Mario Milanese [4] (Europäischer Nationalismus) Jochen Hofmann [5], Friedrich Körner [28], Bernd Kallina [4] (Allg. Politik u. Kultur) Alfred E. Manke (Verbände) [1] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Ständige Mitarbeiter: Gerhard Opitz [31] Alfred König [4] Mario Milanese [4] Jochen Hofmann [5] Friedrich Körner [28] Bernd Kallina [4] Alfred E. Manke (Verbände) [1]
Anzahl der Artikel (inklusive der geführten Interviews) in der jeweiligen Phase.
473
MUT (67) März 1973 – MUT (88) Dezember 1974 MUT (89) Januar 1975 – MUT (103) März 1976 MUT (104) April 1976 – MUT (123) November 1977 MUT (124) Dezember 1977 – MUT (148) Dezember 1979
474
Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Ständige Mitarbeiter: Gerhard Opitz [31] Guido Albrecht [4] Mario Milanese [4] Jochen Hofmann [5] Friedrich Körner [28] Bernd Kallina [4] Alfred E. Manke (Verbände) [1] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Ständige Mitarbeiter: Hans Hertel [68] Volker Reinhard [2] Rüdiger Unger [7] Alfred E. Manke [1] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Ständige Mitarbeiter: Hans Hertel [68] Volker Reinhard [2] Rüdiger Unger [7] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [74] Redaktion für Kärnten: Klaus Deutsch [7] Redaktion für Paris: Jack Marchal [1] Ständige Mitarbeiter in Westdeutschland: Hans Hertel [68] Dr. Ferdinand J. Günter [5] Volker Reinhard [2] Rüdiger Unger [7]
2. Phase: 1980 – 1983 MUT (149) Januar 1980 – MUT (158) Oktober 1980
MUT (159) November 1980 – MUT (181) September 1982 MUT (182) Oktober 1982 – MUT (196) Dezember 1983
Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [3] Redaktion für Kärnten: Klaus Deutsch [1] Redaktion für Paris: Jack Marchal [0] Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [30 Volker Reinhard [1] Armin Steinmark [4] Rüdiger Unger [0] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [3] Ständige Mitarbeiter: Hans Bahrs [52] Klaus Deutsch [1] Christian Erdmann [30] Volker Reinhard [1] Armin Steinmark [4] Wolfgang Strauss (OsteuropaKorrespondent) [45] Redaktion für Österreich: Konrad Windisch [3] Ständige Mitarbeiter: Hans Bahrs [52] Christian Erdmann [30] Britta Melzer [9] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss (OsteuropaKorrespondent) [45]
475
3. Phase: 1984 – 1990 MUT (197) Januar 1984 – MUT (202) Juni 1984
MUT (203) Juli 1984 – MUT (208) Dezember 1984
MUT (209) Januar 1985 – MUT (220) Dezember 1985
MUT (221) Januar 1986 – MUT (223) März 1986
MUT (224) April 1986 – MUT (237) Mai 1987
476
Ständige Mitarbeiter: Hans Bahrs † [14] Christian Erdmann [6] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss [32] Konrad Windisch [0] Ständige Mitarbeiter: Hans Bahrs † [14] Christian Erdmann [6] Klaus-Gerd Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss [32] Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss [32] Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss [32] Rainer Üblagger [0] Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Prof. Emil Schlee [4] Wolfgang Strauss [32] Rainer Üblagger [0]
MUT (238) Juni 1987 – MUT (251) Juli 1988
MUT (252) August 1988 MUT (253) September 1988 MUT (254) Oktober 1988
Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Volker Reinhard [1] Wolfgang Strauss [32] Rainer Üblagger [0] Ständige Mitarbeiter: Christian Erdmann [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Britta Melzer [8] Wolfgang D. Riedel [1] Wolfgang Strauss [32] Rainer Üblagger [0] Ständige Mitarbeiter: Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [20] Wolfgang D. Riedel [1] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [4] Dr. Alfred Schickel [37] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [12] Ständige Mitarbeiter: Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Prof. Herbert Krejci [4] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [20 Wolfgang D. Riedel [1] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [4] Dr. Alfred Schickel [37] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [12]
477
MUT (255) November 1988 – MUT (257) Januar 1989
MUT (258) Februar 1989 – MUT ( 268) Dezember 1989
MUT (269) Januar 1990 – MUT (279) Dezember 1990
478
Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [18] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Prof. Herbert Krejci [4] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [20] Wolfgang D. Riedel [1] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [4] Dr. Alfred Schickel [37] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [12] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [18] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Prof. Herbert Krejci [4] Prof. Dr. Ulrich Lohmar [13] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [20 Wolfgang D. Riedel [1] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [4] Dr. Alfred Schickel [37] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [12] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [18] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [95] Prof. Herbert Krejci [4] Prof. Dr. Ulrich Lohmar [13] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [20] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [4] Dr. Alfred Schickel [37] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [12]
4. Phase: 1991 – 2009 MUT (280) Januar 1991 – MUT (285) Mai 1991
MUT (286) Juni 1991 – MUT (296) April 1992
MUT (297) Mai 1992 – MUT (303) November 1992
MUT (304) Dezember 1992 – MUT (326) Oktober 1994
Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [49] Prof. Herbert Krejci [1] Prof. Dr. Ulrich Lohmar [0] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [0] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [3] Dr. Alfred Schickel [0] Rainer Üblagger [0] Karlheinz Weißmann [4] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [49] Prof. Herbert Krejci [1] Prof. Dr. Heinz-Dietrich Ortlieb [0] Prof. Dr. Günter Rohrmoser [3] Rainer Üblagger [0] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Karlheinz Weißmann [4] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Klaus Hornung [6] Gerd-Klaus Kaltenbrunner [49] Prof. Herbert Krejci [1] Chaim Noll [55] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Rainer Üblagger [0] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Karlheinz Weißmann [4] Dr. Alfred Zänker[101] Ständige Mitarbeiter: Gerd-Klaus Kaltenbrunner [49] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Alfred Zänker [101] 479
MUT (327) November 1994 – MUT (328) Dezember 1994
MUT (329) Januar 1995 – MUT (336) August 1995
MUT (337) September 1995 – MUT (341) Januar 1996
MUT (342) Februar 1996 – MUT (350) Oktober 1996
MUT (351) November 1996 – MUT (352) Dezember 1996
480
Ständige Mitarbeiter: Gerd-Klaus Kaltenbrunner [49] Peter Keller [18] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Dr. Rudolf Wassermann [48] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Felizitas Gräfin von Schönborn [58] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Dr. Alfred Zänker [101]
MUT (353) Januar 1997 – MUT (354) Februar 1997
MUT (355) März 1997 – MUT (378) Februar 1999
MUT (379) März 1999 – MUT (388) Dezember 1999
MUT (389) Januar 2000 – MUT (392) April 2000
MUT (393) Mai 2000 – MUT (399) November 2000
Ständige Mitarbeiter: Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Peter Keller [18] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] 481
MUT (400) Dezember 2000 – MUT (420) August 2002
MUT (421) September 2002 – MUT (432) August 2003
MUT (433) September 2003 – MUT (444) August 2004
482
Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinz Hense [34] Dr. Horst Hensel [6] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinz Hense [34] Dr. Horst Hensel [6] Dr. Eckhard Jesse [31] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinze Hense [34] Dr. Horst Hensel [6] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Dr. Karin Kneissl [19] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101]
MUT (445) September 2004 – MUT (448) Dezember 2004
MUT (449) Januar 2005 – MUT (473) Januar 2007
MUT (474) Februar 2007 – MUT (491) Juli 2008
Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Rosemarie [19] und Hermann [54] Bohle Dr. Karl-Heinz Hense [34] Dr. Horst Hensel [6] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Dr. Karin Kneissl [19] Marko Martin [78] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Hermann Bohle [54] Dr. Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Dr. Karin Kneissl [19] Marko Martin [78] Chaim Noll [55] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Alfred Zänker [101] Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Hermann Bohle [54] Dr. Matthias Buth [32] Dr. Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Freya Klier [10] Dr. Karin Kneissl [19] Marko Martin [78] Chaim Noll [55] Dr. Reinhard Scholzen [9] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101] 483
MUT (492) August 2008 – MUT (500) April 2009
484
Ständige Mitarbeiter: Dr. Sabine Arnold [23] Dr. Matthias Buth [54] Dr. Karl-Heinz Hense [34] Prof. Dr. Eckhard Jesse [31] Freya Klier [10] Dr. Karin Kneissl [19] Marko Martin [78] Chaim Noll [55] Dr. Reinhard Scholzen [9] Dr. Peter Schütt [65] Prof. Dr. Peter Steinbach [22] Dr. Jörg Weigand [56] Dr. Alfred Zänker [101]
Anhang 2:
Kurzbiographien der ständigen Mitarbeiter2278
Dr. Sabine Arnold: Arnold, 1961 geboren, studierte an der Universität Bielefeld Geschichtswissenschaft und Slawistik. Von 1991 bis 1994 lebte sie in Russland, wo sie als freie Journalistin, Übersetzerin und Aufnahmeleiterin, u.a. für die ARD, das ZDF und arte tätig war. Von 2006 bis 2007 arbeitete Arnold als Geschäftsführerin der Umwelt-Akademie in München und seit 2007 ist sie Leiterin des Projekts ‚Heimat für Russlanddeutsche‘ bei der SinN-Stiftung der Evangelischen Kirche in Nürnberg. Für MUT schreibt Arnold seit 1999.2279 Hermann Bohle: Bohle, 1928 geboren, war zwischen 1956 und 1958 Chef des ‚Unternehmerbriefs‘ im Deutschen Industrieinstitut in Köln (heute: Institut der Deutschen Wirtschaft). 1958/1959 arbeitete er für die PR-Beratung Hill & Knowlton. Im Anschluss vertrat er für viele Jahre die ‚Weltwoche‘, ‚Die Presse‘ und ‚Die ZEIT‘ in Brüssel und Paris. Bohle ist Mitglied des Think Tanks International Institute for Strategic Studies und er wurde mit der Medaille ‚Arts, Science et Lettres‘ ausgezeichnet. Er schrieb von 1998 bis 2009 für MUT.2280 Rosemarie Bohle: Die Publizistin Bohle, geboren 1943, ist seit 1981 als freie Reporterin und Korrespondentin bei den Vereinten Nationen in Genf akkreditiert. Sie arbeitet für verschiedene in- und ausländische Medien. Für MUT war sie zwischen 1998 und 2004 tätig, wo sie hauptsächlich Interviews veröffentlichte.2281 Dr. Karl-Heinz Hense: Hense wurde 1946 in Lingen an der Ems geboren. Er studierte an der Universität Münster Philosophie, Germanistik und Pädagogik. Zwischen 1973 und 2009 arbeitete Hense für die Friedrich-Naumann-Stiftung im Bereich der politischen Bildung auf verschiedenen Positionen, u.a. als Bereichs2278
Nicht enthalten sind die Biographien der ständigen Mitarbeiter, die in der Arbeit analysiert wurden. Der unterschiedliche Umfang der Kurzbiographien ist der Diskrepanz der Informationslage geschuldet. Für die folgenden ständigen Mitarbeiter konnte die Autorin keine biographischen Angaben ausfindig machen: Guido Albrecht, Klaus Deutsch, Dr. Ferdinand J. Günter, Jochen Hofmann, Dr. Hans-Achim Holtz, Alfred König, Mario Milanese, Volker Reinhard, Rainer Üblagger, Rüdiger Unger. 2279 Vgl. MUT (476) April 2007, S. 34. http://www.br-online.de/bayern2/eins-zu-eins-der-talk/drsabine-arnold-historikerin-slawistin-norbert-joa-ID1274803219251.xml. (07.07.2010) 2280 Vgl. MUT (488) April 2008, S. 10. http://community.zeit.de/user/hermann-bohle. (08.07.2010) 2281 Vgl. MUT (365) Januar 1998, S. 37. MUT (500) April 2009, S. 198f.
485
leiter für Politische Bildung und Begabtenförderung oder als Leiter der TheodorHeuss-Akademie in Gummersbach. Von 1984 bis 1992 war er Redaktionsleiter der Zeitschrift ‚liberal‘. Als MUT-Autor ist er seit 1994 tätig.2282 Dr. Horst Hensel: Hensel wurde 1947 im Ruhrgebiet in eine Arbeiterfamilie geboren. Er absolvierte zunächst eine Handwerkerlehre, bevor er auf dem zweiten Bildungsweg in München und Dortmund ein Lehramtsstudium absolvierte, welches er mit der Promotion abschloss. Neben seiner Arbeit als Gesamtschullehrer war er als Hochschulassistent an der Universität Bielefeld und als Gastdozent an der Autorenhochschule in Leipzig, der Tongji-Universität in Shanghai sowie am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin tätig. Seine Veröffentlichungen umfassen Beiträge zur Sprachpolitik, Schulpädagogik und Literatursoziologie, aber auch Gedichtbände. Seit 2000 ist Hensel zudem ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender eines Lokalradios im Ruhrgebiet. Für MUT schreibt er seit 1999.2283 Bernd Kallina: Kallina wurde 1950 geboren und war zum Zeitpunkt seiner Tätigkeit für MUT Mitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft. In den 1990er Jahren trat er als Referent auf Veranstaltungen der Jungen Landsmannschaft Ostpreußens (JLO) sowie der Arbeitsgemeinschaft ‚Junge Generation‘ (AJG) im Bund der Heimatvertriebenen auf. Seit 1986 ist er Redakteur beim Deutschlandfunk, zunächst in der Abteilung ‚Presse- und Öffentlichkeitsarbeit‘ und seit 1992 in der Abteilung ‚Hintergrund‘.2284 Kallina schrieb zwischen 1973 und 1974 für MUT. Peter Keller: Keller, geboren am 20. September 1947 im damals französischen Saarbrücken, machte von 1965 bis 1966 eine Redakteur-Ausbildung bei der Augsburger Allgemeinen. Im Anschluss arbeitete er zwei Jahre (1967/1968) beim Taunus-Anzeiger in Oberursel. Von Januar 1969 bis September 2000 war er für den Saarländischen Rundfunk im In- und Ausland tätig; ab 1986 als Abteilungsleiter Innen- und Außenpolitik für alle Politik-Sendungen des SR. Im Sommer 1989 initiierte Keller den innerdeutschen Medien-Dialog mit Radio DDR, in dem er zusammen mit dem Chefredakteur von Radio DDR, Alfred 2282
Vgl. MUT (500) April 2009, S. 86. http://www.freiheit.org/Aktuelles-Inland/616c9854i1p/ index.html.(07.07.2010) 2283 Vgl. MUT (489) Mai 2008, S. 53. http://www.horst-hensel.de/ (08.07.2010) 2284 Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 345 und 355. MUT (51) November 1971, S. 13. http://www.dradio.de/wir/visitenkarte/351480/ (08.07.2010)
486
Eichhorn, DDR-Politiker der Wende-Zeit interviewte. In den 1990er Jahren veröffentlichte Keller mehrere Porträts und Essays über Roman Herzog. Für MUT ist er seit 1994 tätig.2285 Freya Klier: Die Schauspielerin und Regisseurin Freya Klier wurde 1950 in Dresden geboren; nachdem ihr Vater 1953 verhaftet wurde, kam sie in ein Kinderheim. Ihr Abitur legte sie 1968 ab und wurde noch im gleichen Jahr nach einem gescheiterten Republikfluchtversuch zu 16 Monaten Haft verurteilt. Nach ihrer vorzeitigen Haftentlassung arbeitete sie als Kellnerin, Postangestellte und Disponentin im Dresdner Puppenspielhaus. Von 1970 bis 1975 absolvierte sie ein Schauspielstudium an der Theaterhochschule Leipzig und dem Dresdner Staatstheater. Im Anschluss bekam Klier ein Engagement am Theater in Senftenberg. Zwischen 1978 und 1982 studierte sie am Institut für Schauspielregie in Berlin. Während dieser Zeit inszenierte sie Stücke in Berlin, Halle, Bautzen und Schwedt. 1980 gründete Klier neben anderen die DDR-Friedensbewegung. Aufgrund ihres Engagements in der kirchlichen Opposition nahm Mitte der 1980er Jahre die Überwachung durch den DDR-Staat erheblich zu: 1985 erhielt Klier ein Berufsverbot und wurde 1988 verhaftet und zwangsausgebürgert. Seit dem lebt sie als freie Autorin und Dokumentarfilmerin in (West-) Berlin. Zu ihren bevorzugten Themen gehören die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte, der Nationalsozialismus sowie die stalinistische Diktatur in Russland und Deutschland. Für MUT schreibt Klier seit 1999.2286 Dr. Karin Kneissl: Kneissl, geboren 1965 in Wien, studierte von 1983 bis 1987 Rechtswissenschaften und Arabistik an der Universität Wien. Dem schlossen sich postgraduale Studien an der Hebräischen Universität von Jerusalem/Israel in Internationalen Beziehungen (1988), an der Universität Urbino/Italien in Europarecht (1988) sowie als Fellow am Center for Contemporary Arab Studies der Georgetown University/USA (1989) an. 1991 promovierte sie in Völkerrecht über den Grenzbegriff der Konfliktparteien im Nahen Osten, bevor sie 1992 für ein Jahr an die Ecole Nationale d’Administration in Paris/Frankreich ging. Bereits 1990 tritt Kneissl in den diplomatischen Dienst der Republik Österreich ein, wo sie u.a. in der Politischen Sektion, dem Völkerrechtsbüro, im Kabinett des Bundesministers sowie an den Vertretungen in Paris und Madrid tätig war. Seit 1998 ist Kneissl als freie Journalistin und Lehrbeauftragte selbstständig tätig: Lehrbeauftragte war sie u.a. an der Universität Wien (1995 – 2004) und an der 2285
Vgl. MUT (348) August 1996, S. 12. MUT (322) Juni 1994, S. 23. http://www.absolutkeller.de/peter-senior.html. (10.07.2010) 2286 Vgl. MUT (482) Oktober 2007, S. 50. http://www.freya-klier.de/ (07.07.2010)
487
Diplomatischen Akademie Wien (2000 – 2007). Derzeit unterrichtet sie in den Bereichen Völkerrecht, Geschichte des Nahen Ostens, Staatenimplosionen und Energiemarkt an der amerikanischen Webster Universität in Wien, dem Centre International des Sciences de l'Homme Byblos/Libanon, Université Saint Joseph Beirut sowie an der Landesverteidigungsakademie. Für MUT schreibt sie seit 2001.2287 Prof. Herbert Krejci: Krejci wurde am 13. September 1922 in Wien geboren. 1945 fing er zunächst als Journalist beim US-Nachrichtendienst an, von wo aus er zu der amerikanischen Zeitung ‚Kurier‘ wechselte. Krejci arbeitete ab 1956 in der Presseabteilung der Österreichischen Industriellenvereinigung, zu deren Leiter er 1961 befördert wurde. Parallel dazu übernahm er auch den Posten des Chefredakteurs ihrer Zeitschrift ‚industrie‘. Von 1980 bis 1992 war er Generalsekretär der Österreichischen Industriellenvereinigung. Im Anschluss arbeitete er zehn Jahre als Universitätslektor für Public Relations an der Wirtschaftsuniversität Wien. Krejci schrieb zwischen 1987 und 1992 für MUT.2288 Alfred E. Manke: Manke wurde am 29. März 1929 geboren und diente 1945 freiwillig in einem Panzerjagdkommando der Hitlerjugend. In der Nachkriegszeit tritt er 1957 dem Deutschen Block (DB) in Niedersachsen bei. 1965 gründete er neben anderen die NPD und den Arbeitskreis Volkstreuer Verbände, als dessen Geschäftsführer er in das Präsidium des DKEG bestellt wurde (1967). Manke war Mitinitiator der Aktion Widerstand und Leiter der Gesamtdeutschen Aktion. 1972 wurde er Vorsitzender des AVV. Neben Wintzek und Dehoust organisierte Manke den 1. Nationaleuropäischen Jugendkongress in Planegg. Bei der Bundestagswahl 1972 kandidierte er – wie auch Wintzek – für die NPD, aber ohne deren Mitglied zu sein. Bereits ein Jahr später wurde er zum Vizepräsidenten des DKEG gewählt. 1974 errichtete er, unter dem Namen Deutsches Arbeitszentrum, ein Schulungszentrum in Bassum/Niedersachsen, wo regelmäßig Treffen des BHJ, der DKEG und des österreichischen Nationalen Ideologie-Zentrums stattfanden. Hauptsächlich diente es der Schulung der Mitglieder der dem AVV angeschlossenen Verbände und Gruppen. Nach Auseinandersetzungen innerhalb der DKEG gründete Manke 1979 die Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG).2289 2287
Vgl. MUT (500) April 2009, S. 106. http://www.kkneissl.com/index.php?id=2. (07.07.2010) Vgl. http://www.donau-uni.ac.at/imperia/md/content/studium/euro/law/cvfaculty/krejci.pdf. (08.07.2010) http://www.falter.at/print/F2002_14_1.php. (08.07.2010) 2289 Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 490. Hirsch, Kurt: Rechts von der Union. Personen, Organisationen, Parteien seit 1945, München 1989, S. 407f. 2288
488
Jack Marchal: Marchal wurde 1946 geboren und war während seiner Mitarbeit für MUT Mitglied im Redaktionsausschuss von ‚Initiative Nationale‘ (Paris). Er war Mitglied der französischen Studentenvereinigung der extremen Rechten ‚Groupe union défense‘ (GUD). Für MUT war er von 1977 bis 1980 tätig2290 Michael Meinrad: Hinter dem Pseudonym Michael Meinrad steht der deutsche Rechtsextremist Uwe Michael Troppenz, der zu den Funktionären der Aktion Neue Rechte und der Deutschen Europäischen Studiengesellschaft zählte.2291 Sigrid Paust: Paust ist studierte Pädagogin und schrieb zwischen 1971 und 1972 für MUT.2292 Wolfgang D. Riedel: Riedel wurde am 18. Februar 1953 in Duisburg geboren. Nach seinem Abitur absolvierte er eine Ausbildung zum Marineoffizier bei der Bundeswehr, wo er in verschiedenen Funktionen an Bord sowie in der Presseund Öffentlichkeitsarbeit tätig war. Er studierte Politikwissenschaft, Neuere Geschichte, Publizistik und Volkswirtschaftslehre. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr arbeitete er als Journalist sowie für das Europäische Parlament. In MUT erschien von ihm lediglich im August 1988 ein Artikel. Zugleich vertrat er, nach Verlagsangaben, das MUT-Büro in Bonn ab August 1988.2293 Prof. Dr. Günter Rohrmoser: Rohrmoser (geboren am 29. November 1927) studierte an der Universität Münster Geschichte, Germanistik, Nationalökonomie, Anglistik, Philosophie und Theologie. Nach der Promotion zum Dr. phil. 1955 habilitierte er 1961 in Religionswissenschaften und Sozialphilosophie. Zwischen 1962 und 1976 lehrte Rohrmoser an der Pädagogischen Hochschule Münster und parallel ab 1963 als Honorarprofessor an der Universität Köln. Ab 1976 bis zu seiner Emeritierung 1996 war er Professor für Sozialphilosophie an der Universität Hohenheim. Mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger gründete Rohrmoser 1980 das Studienzentrum Weikersheim, als dessen Vizepräsident er auch fungierte. In den 1980er Jahren war Rohrmoser zudem Berater von Franz Josef Strauß und Hans Filbinger. Gün2290
Vgl. MUT (124) Dezember 1977, S. 15. http://www.france-politique.fr/groupe-uniondefense.htm. (12.07.2010) 2291 Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 148 und 229. 2292 Vgl. MUT (45) Mai 1971, S. 36. 2293 Vgl. MUT (252) August 1988, S. 8.
489
ter Rohrmoser starb am 15. September 2008 in Stuttgart. Für MUT war Rohrmoser zwischen 1987 und 1992 tätig.2294 Dr. Reinhard Scholzen: Scholzen, geboren 1959, arbeitet seit 1994 in der Öffentlichkeitsarbeit für die Bundespolizeigewerkschaft. Zuvor studierte er an der Universität Trier Geschichte und Politikwissenschaft. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zur Bundespolizei, der GSG 9, dem SEK und dem Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr. In MUT publiziert er seit 2003.2295 Felizitas Gräfin von Schönborn: Die Publizistin Schönborn wurde 1946 als Prinzessin Reuss in Frohnleiten/Österreich geboren. Nach dem Abitur in Büdingen/Hessen und dem Theologiestudium in Zürich und Genf erteilte sie interkonfessionellen Religionsunterricht an der Deutschen Schule in Genf. Seit 1986 arbeitet Schönborn als freie Mitarbeiterin (bei der UNO in Genf akkreditiert) für verschiedene Publikationsorgane und Rundfunkanstalten, u.a. für das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt, die Süddeutsche Zeitung, die WELT, den WDR, Radio Bremen, Radio DRS oder den Hessischen Rundfunk. Für MUT schrieb sie von 1991 bis 1996.2296 Prof. Dr. Peter Steinbach: Steinbach, geboren 1948, studierte in Marburg Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie. Sein Studium schloss er 1972 mit dem Staatsexamen ab. Bereits ein Jahr später promovierte er ebenfalls an der Philipps-Universität Marburg im Fach Mittlere und Neuere Geschichte. Nach der Promotion arbeitete er zunächst als Wissenschaftlicher Assistent an der PhilippsUniversität Marburg (1973 – 1974) und als Assistenz-Professor an der FU Berlin (1974 – 1978), wo er auch seine Habilitationsschrift 1979 sowohl im Fachgebiet Geschichte als auch in der Politikwissenschaft einreichte (Doppel-Venia für Neuere Geschichte und Politikwissenschaft). Bevor Steinbach 1982 die Professur für historische und theoretische Grundlagen der Politik an der Universität Passau übernahm, war er auf verschiedenen wissenschaftlichen Positionen an den Universitäten FU Berlin und PH Berlin tätig. Seit 1983 ist Steinbach zudem Wissenschaftlicher Leiter der ständigen Ausstellung ‚Widerstand gegen den Nationalsozialismus‘ in Berlin sowie seit 1989 der Wissenschaftliche Leiter der Gedenk2294
Vgl. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 515. http://www.welt.de/welt_print/article2461503/Guenter-Rohrmoser-Philosoph-1927-2008.html. (09.07.2010) 2295 Vgl. MUT (475) März 2007, S. 6. 2296 Vgl. MUT (289) September 1991, S. 28f. MUT (500) April 2009, S. 264. http://www.felizitasvon-schoenborn.de/f_v_s.htm. (11.07.2010)
490
stätte des deutschen Widerstandes. Der Regierungskommission ‚Gemeinsame Sicherheit und die Zukunft der Bundeswehr‘ gehörte er in den Jahren 1999/2000 an. Zwischen 2001 und 2007 war er Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der TU Karlsruhe; im Wintersemester 2007/2008 wechselte Steinbach an die Universität Mannheim, wo er bis heute lehrt. Für MUT schreibt er seit 1996.2297 Dr. Karlheinz Weißmann: Weißmann, geboren am 13. Januar 1959, studierte Geschichte und Evangelische Theologie und promovierte 1989 über die politische Symbolik der deutschen Rechten an der Universität Braunschweig. Er ist Gymnasiallehrer für Geschichte und evangelische Religion. Als Referent und Historiker ist er sowohl in konservativen als auch in extrem rechten Kreisen aktiv. Weißmann war einer der wichtigsten Autoren der Zeitschrift Criticón. Für MUT schrieb er von 1987 bis 1992.2298
2297
Vgl. MUT (500) April 2009, S. 16. http://www.gdw-berlin.de/fo/struktur.php. (04.07.2010) Vgl. MUT (304) Dezember 1992, S. 24. Mecklenburg, Jens (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996, S. 541f.
2298
491
Tabelle 12:
Übersicht der analysierten Artikel
Erste Phase 1965 – 1979 Überblick der Artikelanzahl der analysierten Autoren (Ohne Einbezug der Interviews) Lfd.Autor Anzahl der Artikel Nr. 1. Bernhard C. Wintzek 101 2. Hans Hertel 68 3. Konrad Windisch 61 4. Gerhard Opitz 38 5. Friedrich Körner 28 6. Henning Jäde 16 7. Armin Steinmark 11 8. Christian Erdmann 9 9. Kurt-Peter Rhein 9 10. Jürgen Hahn-Butry 8
492
Bernhard C. Wintzek Lfd. Titel des Artikel Nr. 1. „Wir haben es gewagt!“ 2. „Die Entscheidung!“ 3. „Wir Nationaleuropäer und die Europa-Idee“ 4. „Wiedervereinigung“ 5. Die Junge Generation (I. Teil) 6. Die Junge Generation – Wissen und Bildung als politischer Neuanfang (II. Teil) 7. Wir glauben an einen Ausweg! 8. Die große nationale Presse und wir 9. Südtirol gehört zu Österreich wie Mitteldeutschland zu Deutschland! 10. Europa= Idee – Betrug am deutschen Volk? 11 „Quo Vadis NPD?“ 12. Die Volksbewussten – Europäische Kräfte rücken zusammen! 13. Gefährliche Mauser links 14. Asiatisches Wetterleuchten 15. Wir jungen Nationaleuropäer stehen hinter den Heimatvertriebenen! 16. R.H., Der letzte „Spandauer“ 17. Ludwig Rosenberg im Widerspruch 18. Der feste Schlaf der Europäer 19. Die gefangenen Hechte 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26.
Von rechts bis links Nicht für Axel Springer – aber gegen die Enteigner Roter Hokus-Pokus Beihilfe zum Mord? Deutschland-Poker Ohne Titel Dutschke: Augsteins „Lumpige 5 000 DM“!
Heftn r. 1 1 2
Monat/Jahr 10/1965 10/1965 12/1965
Seiten S. 2 S. 8 S. 4-5
2 3 4
12/1965 02/1966 04/1966
S. 9-10 S. 8-13 S. 8-15
5 6 7
06/1966 08/1966 10/1966
S. 12 S. 4-5 S. 5
7
10/1966
S. 11-13
8 10
12/1966 05/1967
S. 21-26 S. 6
10 11 11
05/1967 07/1967 07/1967
S. 18-19 S. 4 S. 9-13
11 12 12 12
07/1967 09/1967 09/1967 09/1967
12 13
09/1967 11/1967
S. 21 S. 3 S. 7 S. 8 und 21 S. 19 S. 6
13 13 14 14 15
11/1967 11/1967 01/1968 01/1968 03/1968
S. 19 S. 25 S. 21-22 S. 36 S. 30 493
27.
Marine-Skandal
16
28.
Der gefährliche Antiamerikanismus
17
29.
Prager Bilanz – Lernt Bonn endlich von Moskau? An die MUT-„Kontrolleure“ Eine Herausforderung an die „nationalen Jugendbünde“ Liebe Freunde in Österreich, Sabotage an der Zukunft „Das Wort national ist nicht genug!“ Ein MUT-Gespräch, geführt von Bernhard C. Wintzek und Gerhard Opitz, mit dem NPDVorsitzenden Adolf von Thadden Wird Gott rot? Über die linksdrallige Politisierung der Kirchen „Der Geruch der Verwesung liegt in der Luft.“ Ein MUT-Gespräch, geführt von Bernhard C. Wintzek, mit Professor Hans-Joachim Schoeps Du musst Dich entscheiden! Handeln ist wichtiger als Gedenken Die Konsequenz von Kassel Die junge Rechte sagt ja zum Staat! Ein MUT-Gespräch, geführt von Bernhard C. Wintzek mit dem Bundesjugendreferenten der NPD, Andreas Rau Du bist Deutschland! Angriff! Alle Macht dem Volke Sie zittern … Wir sagen Ja zum Volk! Annäherung China/USA: Hoffnung für Deutschland
30. 31. 32. 33. 34.
35. 36.
37. 38. 39. 40.
41. 42. 43. 44. 45. 46.
494
18
0506/1968 0708/1968 12/1968
S. 3
S. 21-22
18 19/20
12/1968 03/1969
S. 44 S. 25-27
21 26 27
05/1969 10/1969 11/1969
S. 27 S. 24-25 S. 17-20
27
11/1969
S. 21-24
28
12/1969
S. 16-18
30 33 34 36
02/1970 05/1970 06/1970 08/1970
S. 34-35 S. 28-29 S. 8-9 S. 24-27
40 41 43 46 47 48
12/1970 01/1971 03/1971 06/1971 07/1971 08/1971
S. 14-18 S. 17-18 S. 9-15 S. 9-12 S. 33 S. 9-11
S. 16-17
47. 48. 49. 50. 51.
52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75.
Wir Deutschen züchten uns unsere Verbrecher selber! Wie lange noch? Pankows Diplomaten am Rhein Wir, die Zukunft „Wahlerfolge werden nicht ausbleiben“ (Ein MUT-Gespräch mit dem neuen NPD-Vorsitzenden Rechtsanwalt Martin Mussgnug, geführt von Bernhard C. Wintzek) Die Gemeinschaft des Volkes Deutschland: Paradies für Verbrecher Was wir tun können Der Fortschritt sind wir Wem gehören die Deutschen? Ich war ein „Buschist“ Fette Buttergeschäfte für Moskau Es ist etwas faul im Staate Kapitalismus-Kritik Der betrogene Wähler 25 Jahre Bonn Jugend und Alkoholismus Am Vorabend der Wende? Die große Kumpanei. WallstreetBosse und Kreml-Genossen machen gemeinsame Sache Mensch und Heimat Feigheit vor dem Feind 1975: „Das Jahr der Frau“ … Aber nicht der Babys! KSZE: Kommt Stalin zum Endsieg? Wie blöd ist der Westen? Tödliche Dekadenz Der Willkür Tür und Tor geöffnet Angst vor Kleindeutschland? Jugend im geteilten Deutschland Fluch der bösen Tat!
49
09/1971
S. 9-13
50 51 52 53
10/1971 11/1971 12/1971 01/1972
S. 9-11 S. 9-11 S. 10-13 S. 24-26
55 61
03/1972 09/1972
S. 31-32 S. 9-15
64 65 67 68 70 71 79 80 81 83 83 84
12/1972 01/1973 03/1973 04/1973 06/1973 07/1973 03/1974 04/1974 05/1974 07/1974 07/1974 08/1974
S. 8 S. 9-11 S. 11-14 S. 15 S. 20 S. 8-13 S. 36-38 S. 12-13 S. 8-10 S. 8-9 S. 20 S. 8-10
87 87 90
11/1974 11/1974 02/1975
S. 19 S. 22-24 S. 8-13
96
08/1975
S. 14-17
97 98 99 100 103 104
09/1975 10/1975 11/1975 12/1975 03/1976 04/1976
S. 8-12 S. 38-39 S. 30 S. 16-18 S. 8-13 S. 25-28 495
76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106.
496
Wie „extremistisch“ sind die „Staatstragenden“? Keine Kurskorrektur 100 000 Kinder wurden Opfer von Sexualverbrechen! Eine Zeit des Verzichtes und des Verrates Die „Amerikaner“ in Bonn Qual der Wahl Fernsehen – Fluch oder Freude? Peking weiter antisowjetisch Der Bruch Bonn verrückt Warum nicht siegen? Hintergründe der Hitlerwelle Zum Beispiel Soltau Gedanken zum Volkstrauertag Gleiche Brüder, gleiche Kappen „Shalom“ auch für Deutsche SPD: Skandal-Politiker Deutschlands Die Umerziehung und ihre Folgen Ein Brief Es ist viel in Bewegung geraten Anpassung ist Angst Hoffnung, was ist das? Wenn das Freud wüßte! Kampf dem Haß Glück, was ist das? Wann öffnen die Sieger endlich ihre Archive? Verdammt in alle Ewigkeit? Denkt an morgen! Wacht auf, Ihr Mutlosen! Auf der Suche nach dem Sinn Vernunft und Verantwortung
105
05/1976
S. 15-22
105 107
05/1976 07/1976
S. 19 S. 15-16
107
07/1976
S. 18-23
108 109 109 111 112 116 120 121 122 123 123 125 127
08/1976 09/1976 09/1976 11/1976 12/1976 04/1977 08/1977 09/1977 10/1977 11/1977 11/1977 01/1978 03/1978
S. 3 S. 8-10 S. 11-13 S. 25 S. 49 S. 9 S. 18-21 S. 8 S. 20-23 S. 39-40 S. 51 S. 14-16 S. 20-29
129 130 131 133 136 136 137 138 138
05/1978 06/1978 07/1978 09/1978 12/1978 12/1978 01/1979 02/1979 02/1979
S. 8-9 S. 8-10 S. 8-11 S. 36-38 S. 8 S. 13-15 S. 8 S. 24-26 S. 43-44
139 139 141 144 148
03/1979 03/1979 05/1979 08/1979 12/1979
S. 14-15 S. 39-40 S. 24-27 S. 15-16 S. 8-9
Hans Hertel Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Der unerträgliche Herr Bahr 2. Wenn wir eine Demokratie hätten … 3. Die revolutionäre Halbwelt 4. Außer Spesen nichts gewesen. In Warschau lächelte Scheel ohne Erfolg 5. Die Kraft zu hoffen 6. Der dritte Weg 7. Immer weniger Demokratie 8. Die Unfähigkeit zu regieren 9. Im Klartext: Teilkommunismus 10. Lieber Rudolf Hess! 11. Unsere heilige Kuh: Tarifautonomie 12. Rot ist keine Tarnfarbe 13. Aus der Schule – und schon arbeitslos! 14. Der neue Besen: Helmut Schmidt. Die größte Gefahr für ihn lauert in der SPD und im DGB 15. Der „deutsche“ Bundestag. Sein totales Versagen am 17. Juni 16. Zum Sterben zu feige 17. Die roten Sterne. Marxistische „Wissenschaft“ – das Ende der Geistesfreiheit 18. Heilige unserer Gesellschaft: Die Gastarbeiter 19. Deutsche Bewußtseinsbildung 20. Pax sowjetica 21. Wenn ich 18 wäre … 22. Die Fahne hoch!
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
72 73
08/1973 09/1973
S. 17-18 S. 31-32
74 75
10/1973 11/1973
S. 21-22 S. 11-12
76 77 78 79 80
12/1973 01/1974 02/1974 03/1974 04/1974
S. 8-10 S. 8-12 S. 8-12 S. 8-13 S. 8-10
80 81
04/1974 05/1974
S. 49 S. 11-13
81 82
05/1974 06/1974
S. 42-44 S. 8-11
83
07/1974
S. 10-12
83
07/1974
S. 32-35
84 85
08/1974 09/1974
S. 13-16 S. 8-12
87
11/1974
S. 17-21
88 89 89 90
12/1974 01/1975 01/1975 02/1975
S. 8-11 S. 16-20 S. 31-34 S. 33-37 497
23. 24.
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33.
34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 498
Der große Bluff. „General Sommer“ kein Einsatz für Politik Stahlhelm – der harte Kern
Die Allmächtigen Volk oder Gesellschaft? Die Nationalen und das Wahlrecht. Freie Bürger lassen sich nicht zwingen Uns tritt der Apel! Von Geld, Pferden und Schuldenmachern Der „überschäumende“ Aufschwung des Helmut Schmidt Überfall? Der deutschsowjetische Aufmarsch 1941 Die beste Lösung? Die geistige Umverteilung Zionismus = Rassismus? Steckt der israelisch-arabische Dauerkonflikt die Welt in Brand? Unter Genossen. Die Ostpolitik macht Herbert Wehner Soldat im geteilten Vaterland Frieden durch Stärke Geschlossene Gesellschaft „Modell Deutschland“. Die freche Wahlparole der SPD Noch ist Europa nicht verloren Das demontierte Gewissen Lob der Gewalt Das Thema 1 Die große Schau. Ahnungen eines Fernseh-Astrologen Der betrogene Michel
91
03/1975
S. 8-17
91
03/1975
92 93 94
04/1975 05/1975 06/1975
zwischen S. 26 und 27 (Beilage) S. 8-12 S. 28-33 S. 8-13
95
07/1975
S. 8-12
96
08/1975
S. 8-13
96
08/1975
S. 18-20
98 99 101
10/1975 11/1975 01/1976
S. 8-14 S. 8-11 S. 8-13
102
02/1976
S. 8-15
103 104 105 106
03/1976 04/1976 05/1976 06/1976
S. 14-18 S. 8-13 S. 10-14 S. 8-12
107
07/1976
S. 25-31
107 108 109 110
07/1976 08/1976 09/1976 10/1976
S. 34-36 S. 23-27 S. 16-19 S. 15-30
111
11/1976
S. 8-13
45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55.
56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68.
Lieber Herr v. Thadden! Mengenlehre in der Politik Was ist des Deutschen Vaterland? Schafft die deutsche Volksfront! Für Deutschland zur Kasse! Die Laufmasche im Netz der sozialen Sicherheit So machte es Hitler. Arbeit für 7 Millionen Erwerbslose Starparade der Lügner. Erkennen Sie die Melodie? Die „häßlichen“ Deutschen? Licht in deutscher Nacht „Zuviele ‚Fürsten’ und ‚Führerchen’ im nationalen Lager“ (Interview von Hans Hertel mit Reichkanzler Otto von Bismarck) Müssen Demokraten lügen? Habana und Hannover. Zwei Festspiele – zwei Welten Zwei Wege – Ein Ziel JA zum Leben Das Beispiel als Pflicht Holocaust international Opium fürs Volk Verschwiegene Wahrheiten Opfer der Gesellschaft Am Volk vorbei Die Spaltung Europas Verscherfter Anstandsunterricht Von Clausewitz zu Todenhöfer
111 112 113
11/1976 12/1976 01/1977
S. 46-48 S. 10-14 S. 10-13
114
02/1977
S. 8-15
118 119
06/1977 07/1977
S. 24-28 S. 23-28
120
08/1977
S. 8-16
122
10/1977
S. 8-13
123 124 125
11/1977 12/1977 01/1977
S. 8-12 S. 9-11 S. 17-21
132 133
08/1978 09/1978
S. 8-10 S. 8-11
135 136 136 137 138 139 140 141 142 145
11/1978 12/1978 12/1978 01/1979 02/1979 03/1979 04/1979 05/1979 06/1979 09/1979
S. 12-16 S. 10-13 S. 15-17 S. 9-13 S. 8-12 S. 10-13 S. 11-15 S. 8-14 S. 8-13 S. 14-16
145
09/1979
S. 18-20
499
Konrad Windisch Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Staatsbesuche 2. Österreichs Neutralität – eine verpasste Chance 3. Ist Österreichs Presse demokratisch? 4. Warum sie scheitern werden 5. Warten auf morgen 6. Guten Tag! 7. Spanien verzichtet für Gibraltar 8. Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil I: Theorie) 9. „Europa, heraus aus der Satellitenrolle“ Ein MUT-Gespräch, geführt von Konrad Windisch, mit Dipl.-Ing. DDr. Alexander Götz, Vizebürgermeister der Stadt Graz, Österreich 10. Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil II: Praxis) 11. Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil III: Kritik) 12. „FDP und FPÖ unterscheiden sich wesentlich!“ Ein MUTGespräch, geführt von Konrad Windisch, mit dem Landesparteiobmann der FPÖ Tirol, Klaus Mahnert 13. Die „Lehren“ der „neuen Linken“ (Teil IV: Taktik)
500
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
8 12
12/1966 09/1967
S. 8 S. 23
15
03/1968
S. 33
17 19/20 21 25 26
07-08/1968 03/1969 05/1969 09/1969 10/1969
S. 24-25 S. 45-46 S. 27 S. 28 S. 21-24
26
10/1969
S. 26-28
27
11/1969
S. 26-27
28
12/1969
S. 30-31
28
12/1969
S. 33-35
29
01/1970
S. 33-34
14.
15.
16. 17.
18. 19. 20. 21. 22.
23.
24.
„Mut zur totalen Kampfansage an das System von Proporz, Korruption, Protektion und Betriebsterror.“ Ein MUTGespräch, geführt von Konrad Windisch, mit Dr. Fritz Stüber, Wien, zu den bevorstehenden Nationalratswahlen „FPÖ – keine Erfüllungsgehilfen einer Gefälligkeitsdemokratie!“ Ein MUT-Gespräch, geführt von Konrad Windisch, mit Abg. Prim. Dr. Otto Scrinzi zur Lage der FPÖ nach der Wahl Die „Blumenkinder“ Alles offen (Ein MUTInterview, geführt von Konrad Windisch, mit dem FPÖAbgeordneten und Bundesparteiobmann Peter) Ist die Wirtschaft alles? Wie nun weiter, nationale Rechte? Verantwortungslose rote „Spässe“ Wir gegen alle! „Bekenntnis zu den Werten des Volkstums“ (Ein MUTGespräch mit Nationalrat Dr. Gerulf Stix, geführt von Konrad Windisch) Blick in die Zukunft (Ein MUTGespräch mit dem Schweizer Nationalrat Dr. James Schwarzenbach, geführt von Konrad Windisch) Die Eigenart
30
02/1970
S. 36-39
32
04/1970
S. 34-37
40 41
12/1970 01/1971
S. 41-42 S. 44-46
45 46
05/1971 06/1971
S. 40-42 S. 33-34
51
11/1971
S. 15-18
53 54
01/1972 02/1972
S. 45-47 S. 41-43
62
10/1972
S. 40-42
64
12/1972
S. 32
501
25.
26. 27. 28. 29. 30. 31.
32. 33. 34. 35. 36. 37.
38. 39. 40. 41. 42.
502
„Für ein freies ungeteiltes Kärnten“ (Ein MUT-Gespräch mit Dr. Josef Feldner, Obmann des „Kärntner Heimatdienstes (KHD)“, geführt von Konrad Windisch Der Staat Die Demokratie Die Staatsform Die Religion National „Entscheidend ist, ob dem Programm Taten folgen“ (Ein MUT-Gespräch mit dem Bürgermeister von Graz, LAbg. Dipl.-Ing DDr Alexander Götz, geführt von Konrad Windisch) Die Gesellschaftsordnung Der Soldat Kunst Wohlstand Europa „Deutsche Volks- und Kulturgemeinschaft“ (Ein MUTGespräch mit dem Landtagsabgeordneten und Gemeinderat der Stadt Wien, Dr. Erwin Hirnschall, geführt von Konrad Windisch) Die Wiedervereinigung Ost und West Die Gastarbeiter „Zersplitterung“ Die Ewiggestrigen
64
12/1972
S. 42-45
67 68 69 70 71 72
03/1973 04/1973 05/1973 06/1973 07/1973 08/1973
S. 10 S. 13 S. 33 S. 32 S. 22 S. 42-44
72 73 74 75 76 76
08/1973 09/1973 10/1973 11/1973 12/1973 12/1973
S. 45 S. 43 S. 43 S. 36 S. 35 S. 41-42
77 78 79 80 81
01/1974 02/1974 03/1974 04/1974 05/1974
S. 36 S. 35 S. 45 S. 34 S. 36
43.
44. 45. 46. 47.
48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59.
60. 61.
„FPÖ könnte sich in einer Koalition mit der SPÖ mehr profilieren.“ (Ein MUT-Gespräch mit dem Mitglied des Bundesparteivorstandes der FPÖ und des „RFJ“ Dr. Jörg Haider, geführt von Konrad Windisch) Der Friede Kollektiv und Gemeinschaft Neue „Nationen“ „National und sozialrevolutionär“ (Ein MUT-Gespräch mit dem Bundesparteiobmann der österreichischen „Unabhängigen Rechtspartei (URP)“ Alfred Warton, geführt von Konrad Windisch) Neutralität Selbstkritik Der Terror Terror – 2. Teil Eine vorausschauende Politik Umweltschutz Lebensqualität Die Verblödung schreitet vor Wieder eine Wahl vorbei … Wir klagen an! Lieber Gott, schick uns einen Sadat! „Freiheitlich mit ausgeprägten nationalen und sozialen Komponenten.“ (Ein MUT-Gespräch mit dem Landesvorsitzenden von Niederösterreich der FPÖ, Dr. Harald Ofner, geführt von Konrad Windisch) Liberal und National – was ist denn das? „Small is beautyful“
83
07/1974
S. 39-42
85 86 87 87
09/1974 10/1974 11/1974 11/1974
S. 40 S. 33 S. 16 S. 46
88 90 91 92 93 94 95 97 99 101 105
12/1974 02/1975 03/1975 04/1975 05/1975 06/1975 07/1975 09/1975 11/1975 01/1976 05/1976
S. 17 S. 39-42 S. 41 S. 16-17 S. 38-39 S. 40-41 S. 13 S. 17-18 S. 39 S. 20-23 S. 37-39
109
09/1976
S. 42-43
111
11/1976
S. 31-32
114
02/1977
S. 18-19 503
62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70 71. 72. 73. 74.
Auf den Kopf gep … Kaiser Bruno der Erste Machen Sie einen Test! Wer ist da blöd? „Ihr Abendländer seit zu materialistisch“ (Ein Interview von Konrad Windisch notiert) Regime-Günstlinge und Nichtskönner „Kunstgespräch“ Dieses lebende „Kunstwerk“ Im Selbstbedienungsladen der Gefühle Skandal um den Georg-TraklPreis Hochgejubelt Ein Abstimmungswunder Die Kunst des Streichens
Gerhard Opitz Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Nation im Wartestand 2. Die SED – Von innen gesehen 3. Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil I) 4. Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil II) 5. Versäumte Möglichkeiten 6. Berliner Hintertür 7. Bundesdeutsches Wahlpanorama (Teil III) 8. Neuorientierung für nationale Neutralisten
504
124 125 126 127 128
12/1977 01/1978 02/1978 03/1978 04/1978
S. 37 S. 41-42 S. 33 S. 39 S. 15-16
129
05/1978
S. 22
130 132 133
06/1978 08/1978 09/1978
S. 39-40 S. 41 S. 41
134
10/1978
S. 35-37
135 136 138
11/1978 12/1978 02/1979
S. 39 S. 37-39 S. 35
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
21 21 22
05/1969 05/1969 06/1969
S. 3-4 S. 9-10 S. 14-16
23
07/1969
S. 12-16
23 24 24
07/1969 08/1969 08/1969
S. 19-21 S. 4-5 S. 17-20
25
09/1969
S. 3-8
9. 10.
11.
12. 13. 14. 15.
16. 17. 18. 19.
Das „heiße Eisen“ der deutschen Politik – Um die „Anerkennung der DDR“ Viel Gefahr und wenig Hoffnung. Eine kritische Vorschau auf die neue Regierung BrandtScheel „Das Wort national ist nicht genug!“ Ein MUT-Gespräch, geführt von Bernhard C. Wintzek und Gerhard Opitz, mit dem NPD-Vorsitzenden Adolf von Thadden Er ahnt etwas … Wege nach Europa – Die EWG ist doch nicht mehr zu retten Deutschlandpolitik in der Sackgasse „Die Frage der Abwehrbereitschaft unseres Volkes ist eine Frage der Einstellung zu unserem demokratischen Staat“ Ein MUT-Gespräch, geführt von G. Opitz, mit dem Wehrexperten Dr. Felix Buck, Frankfurt Zur Frage der „Anerkennung“ 1939 – 1945 – Krieg in fünf Dimensionen (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil I) Bitterer Lorbeer – Verblichener Lorbeer (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil II) „Kultur ist eine prägende Kraft!“ Ein MUT-Gespräch mit Dr. Herbert Böhme, geführt von Gerhard Opitz
26
10/1969
S. 6-10
27
11/1969
S. 6-10
27
11/1969
S. 17-20
28 29
12/1969 01/1970
S. 14-15 S. 27-30
30
02/1970
S. 8-13
31
03/1970
S. 31-35
31 33
03/1970 05/1970
S. 36-37 S. 24-27
34
06/1970
S. 24-26
34
06/1970
S. 34-35
505
20. 21.
22. 23. 24.
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38.
506
Ruhebedürfnis und neues Erwachen (Eine MUT-Serie zur Zeitgeschichte – Teil III) 18 Jahre freies Österreich: Ein Beispiel für ganz Deutschland – Antikommunismus und Ostpolitik führten zur Unabhängigkeit Deutsches Reich – Gestern und Morgen China – Irrlicht oder Hoffnung? Italiener – Deutsche – Europäer (Ein MUT-Gespräch mit Bruno Zoratto vom Comitato Tricolore; geführt von Gerhard Opitz und Mario Milanese) Haschisch, Heroin und LSD – Amen Nationale Jugend – Auf zum Brückenschlag Ein Schritt weiter. Jetzt also: „Europa der Zehn“ Ein Silberstreif am Horizont. Nixons Chinabesuch und seine Auswirkungen auf uns Deutsche trafen Deutsche wieder Bonner Faliniaden. Ein Kapitel treuherziger Dummheit Selten so jelacht … „Toller Haufen das, äh“ – oder??? Muss es „Sozialismus“ sein? Wie nun weiter? Die Sache ist nämlich die … Die Sache ist nämlich die … Die Sache ist nämlich die … Die Sache ist nämlich die … Die Sache ist nämlich die …
36
08/1970
S. 17-19
38
10/1970
S. 28-31
41
01/1971
S. 12-14
46 51
06/1971 11/1971
S. 35-37 S. 40-42
52
12/1971
S. 30-33
53
01/1972
S. 41-44
54
02/1972
S. 31-34
56
04/1972
S. 35-38
57
05/1972
S. 15-18
58
06/1972
S. 12-13
58
06/1972
S. 39-40
62 64 68 69 70 72 73
10/1972 12/1972 04/1973 05/1973 06/1973 08/1973 09/1973
S. 36-39 S. 16-20 S. 43 S. 32 S. 37 S. 46 S. 44
39. 40. 41. 42. 43.
„Zurück zu Hellas“ (Ein MUTGespräch mit Sir Oswald Mosley, geführt von Gerhard Opitz) Energiekrise und Wohlstandsbehaglichkeit Europa der Völker Die Idee einer neuen Volksund Völkerordnung Gesamtdeutsche Unruhe
Friedrich Körner Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Geld oder Parteipolitik 2. Moskaufahrer 3. Und was nun? – Wohin geht die Reise? Einige kritische Anfragen zum NPD-Parteitag in Saarbrücken 4. Die Legende vom „Aufstand der Jugend“ 5. Rote Schatten über Deutschland 6. Vom Herzen der Nation her … 7. Deutschlandpolitik 1955 – 1970: Irrwege, die nach Kassel führten 8. Monologe über Deutschland hinweg 9. Sorgen, die uns alle drücken: Berlin – die gesamtdeutsche Aufgabe 10. Neue Landtage in Hessen und Bayern: Wichtige Wahlen stehen vor der Tür 11. Ein Nachwort zum „Fall Geldner“: Zu Bonn am Rhein nichts Neues
75
11/1973
S. 22-24
76
12/1973
S. 18-20
79 80
03/1974 04/1974
S. 42-44 S. 21-32
126
02/1978
S. 13-14
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
25 26 27
09/1969 10/1969 11/1969
S. 9-13 S. 11-13 S. 14-16
28
12/1969
S. 22-25
29 30 33
01/1970 02/1970 05/1970
S. 6-8 S. 16-18 S. 20-23
34
06/1970
S. 9-11
37
09/1970
S. 29-32 und 38
39
11/1970
S. 34-35
40
12/1970
S. 34-38
507
12. 13. 14. 15. 16. 17.
18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28.
508
Antikommunismus ist Friedenspolitik Neugründungen … Neue Neugründungen … Sie erwägen nur … DDRSchikanen und Gegenmaßnahmen KPD+SPD=SED – 1946 und 1971 Geschlagene NPD – Wie nun weiter? Berlins Zukunft – Unsere Aufgabe. Eine deutliche Warnung: Die Berlinprobleme beginnen erst! Bald flattern rote Fahnen über Bonn am Rheine … Kampf den Herrschenden Schlagt Krach, Ihr Herren! Karlsruher Kuhhandel. Unpopuläre Randbemerkungen über das Bundesverfassungsgericht Rote Gefahr – Nationaler Gegenangriff Neuwahlen in Sicht – Wen wählen wir? Wählen – aber mit Verstand!!! Notwendige Überlegungen in der Vorwahlzeit Nationale Solidarität jetzt! Am 20. geht’s richtig los! Die rote Gefahr. Eine sicherheitspolitische Untersuchung Die kaputten Schwarzen
41
01/1971
S. 37-41
42
02/1971
S. 34-36
44
04/1971
S. 26-29
45
05/1971
S. 19-22
46
06/1971
S. 16-21
47
07/1971
S. 18-22
50
10/1971
S. 31-36
52 53 55
12/1971 01/1972 03/1972
S. 41-42 S. 14-15 S. 36-39
58
06/1972
S. 30-33
59
07/1972
S. 34-39
61
09/1972
S. 24-29
62 63 69
10/1972 11/1972 05/1973
S. 24-28 S. 40-41 S. 21-31
70
06/1973
S. 14
Henning Jäde Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Rechts und Links 2. Wiederherstellung der nationalen Selbstachtung 3. Notstand 4. Der konzertierte Kompromiß. „Große Koalition“ – die ersten hundert Tage 5. AUD Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher – Die Protest = Sphinx 6. Nahost – Ein kritischer Rückblick 7. Revolution – aber wie? 8. Politik der Schwäche 9. Die Wehr-Neurose 10. Papas Linke paßt sich an… 11. Mit 18 wählen? 12. Die Notbremse 13. Gewaltkultur – für wen? 14. Frankreich: Konformismus der Negation? 15. Alibi-Zwänge 16. Der Stammtisch und das Grundgesetz
Armin Steinmark Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Das fiel mir auf 2. Das fiel mir auf 3. Das fiel mir auf 4. Loch in der Seele. Die neuen Jugendsekten und der Materialismus 5. Hitler darf nicht sterben …
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
6 7
08/1966 10/1966
S. 14-17 S. 8
8 10
12/1966 05/1967
S. 17-19 S. 20-23
11
07/1967
S. 24-27
12
09/1967
S. 9
12 13 14 16 17 18 19/20 22
09/1967 11/1967 01/1968 05-06/1968 07-08/1968 12/1968 03/1969 06/1969
S. 24 S. 20-22 S. 7-12 S. 7 S. 22 S. 36-38 S. 14-16 S. 17-19
72 74
08/1973 10/1973
S. 37-38 S. 18-20
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
135 136 137 138
11/1978 12/1978 01/1979 02/1979
S. 38-39 S. 45-47 S. 18 S. 27-34
139
03/1979
S. 24-25 509
6. 7. 8. 9. 10. 11.
Für das Selbstbestimmungsrecht der Jugend Nationale Demokratie statt Fremdherrschaft Herrschende Ausländerpolitik – Verbrechen gegen die Menschlichkeit Deutschland braucht seine Kohle „Tendenziell unmenschlich“ Disco-Musik-Maschinen„Kultur“
Christian Erdmann Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Verjährte Vergangenheit 2. Der „deutsche Disput“ 3. Zügellosigkeit statt Freiheit 4. Demokratie in der Krise? 5. Deutschland und Europa 6. Die letzte Ölung? 7. Getreide: Urkraft des Lebens 8. Tanz auf dem Vulkan 9. Ist Friede noch möglich?
Kurt-Peter Rhein Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Die Provokation des kleinen Mannes! 2. Wenn Sozis sich die Arbeit teilen 3. Marxistische Totgeburt: die „Ko-op-Schule“
510
140
04/1979
S. 27-28
141
05/1979
S. 18-19
142
06/1979
S. 40-42
143
07/1979
S. 13-19
144 147
08/1979 11/1979
S. 20-25 S. 35-39
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
138 139 140 141 142 143 144 145 148
02/1979 03/1979 04/1979 05/1979 06/1979 07/1979 08/1979 09/1979 12/1979
S. 39-42 S. 27-38 S. 18-21 S. 30-42 S. 15-21 S. 8-12 S. 8-14 S. 21-38 S. 10-28
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
83
07/1974
S. 15-16
113
01/1977
S. 23
116
04/1977
S. 15
4. 5. 6. 7. 8. 9.
Warum eigentlich Wehrdienst? „DDR“-Käse Chile in der Zange der Insider Das richtige Parteibuch macht’s! Na dann, gute Nacht! „Lebensqualität“
Jürgen Hahn-Butry Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Staatsverdrossenheit in der Bundeswehr? 2. Das wahre Gesicht SchwarzAfrikas 3. Ist Asher Ben Nathan’s Zorn berechtigt? 4. Hat die Revolution in Deutschland schon begonnen? 5. Unwürdiges Gedenken unserer Gefallenen 6. Volksverdummung 7. Millionenverschwendung bei der Bundespost 8. Die irische Wiedervereinigung im Rampenlicht
117
05/1977
S. 26
125 127 131
01/1978 03/1978 07/1978
S. 35 S. 35-36 S. 35-36
134 135
10/1978 11/1978
S. 34 S. 40
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
18
12/1968
S. 6-11
22
06/1969
S. 20-23
23
07/1969
S. 18-19
24
08/1969
S. 23-25
28
12/1969
S. 18-19
48 53
08/1971 01/1972
S. 8 S. 31-32
55
03/1972
S. 8
511
Zweite Phase 1980-1983 Überblick der Artikelanzahl der analysierten Autoren (Ohne Einbezug der Interviews) Lfd.-Nr. Autor Anzahl der Artikel 1. Hans Bahrs 52 2. Wolfgang Strauß 45 3. Christian Erdmann 30 4. Bernhard C. Wintzek 12 5. Britta Meltzer 9 6. Wolfdietrich Kopelke 7 7. Armin Steinmark 4 8. Alfred Schickel 4 9. Hellmut Diwald 4 10 Bernard Willms 3
512
Hans Bahrs Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Vom Mut zum Einfachen 2. Unzeitgemäße Bekenntnisse 3. Kinder sind ein Geschenk auf Zeit 4. Wilhelm Petersen. Zum 80. Geburtstag des großen Malers am 10.8.1980 5. Das große Nachdenken 6. Ein anständiger Mensch hat sein Gesetz 7. „Wenn ich nicht mehr bin“ 8. Wir mahnen die Welt 9. Feuersturm 10. Das Gemälde 11. Beispiellose Szenen 12. Künstlerisches Tun als Lebenshilfe 13. Von milden und „strengen“ Lehrern 14. Schafft Euch ein Nebenamt! 15. Abschied von Karl Springenschmid 16. Mutters Fensterplatz 17. Der Weg war voller Wunder 18. Der Wald der 1000 Brautpaare 19. Vom Winde gesungen ein Lied. Zum Tode des Malerpoeten Werner Schriefer 20. Recken und Strecken 21. Urlaubswetter – und wie man es nimmt 22. Weizenähren, Wind und Wetter 23. Vom rechten Schauen und Tun
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
153 154 155
05/1980 06/1980 07/1980
S. 55 S. 44-45 S. 6-7
156
08/1980
S. 44-46
157 158
09/1980 10/1980
S. 6-7 S. 6-7
158 159 159 161 161 162
10/1980 11/1980 11/1980 01/1981 01/1981 02/1981
S. 47 S. 6-7 S. 44-45 S. 6-7 S. 51 S. 6-7
163
03/1981
S. 6-7
164 164
04/1981 04/1981
S. 67 S. 54
165 165 166 166
05/1981 05/1981 06/1981 06/1981
S. 6-7 S. 47-48 S. 6-7 S. 52
167 168
07/1981 08/1981
S. 6-7 S. 6-7
169
09/1981
S. 6-7
170
10/1981
S. 6-7
513
24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47.
514
Hans Heinz Dum zum 75. Geburtstag Friedland, Stätte der Hoffnung Von der Überzeugung und der Toleranz Von der Liebe zur Heimat Von der Kunst des Verzeihens Von der Weisheit des Herzens Höret auf mich, ehe es zu spät ist „Schön ist mein Leben, ich kann nur geben“ Von wahrer Bildung Aufstieg zur Hochalm Wer seinen Acker baut, wird Brot genug haben Ein Leben in Liebe ist Glück und Freude Wahrheit ist die Tochter der Zeit Im Tode versöhnt Einkehr zur Jahreswende Auch eine Weihnacht Die Krisen in unserem Leben Immer noch im Dienst. Begegnung im Alltag Wen schert das? Ein Streiflicht vom Leben in dieser Zeit Reinhard Pozorny, ein 75jähriger. Dem Dichter und Volkstumskämpfer als Gruß Ein Mahnmal Dichtersteinanlage Offenhausen Begegnung am Dreieckigen Pfahl Das Mahnmal der Vertriebenen
170
10/1981
S. 52
171 172
11/1981 12/1981
S. 6-7 S. 6-7
173 174 175 176
01/1982 02/1982 03/1982 04/1982
S. 6-7 S. 6-7 S. 6-7 S. 6-7
177
05/1982
S. 6-7
179 180 181
07/1982 08/1982 09/1982
S. 6-7 S. 6-7 S. 6-7
182
10/1982
S. 6-7
183
11/1982
S. 6-7
183 184 184 185 186
11/1982 12/1982 12/1982 01/1983 02/1983
S. 59 S. 6-7 S. 50-51 S. 6-7 S. 6-7
187
03/1983
S. 6-7
187
03/1983
S. 51
188 189
04/1983 05/1983
S. 6-7 S. 6-7
190
06/1983
S. 6-7
191
07/1983
S. 6-7
48. 49. 50. 51. 52.
Der Schnitter und die Garbenbinderin. Gedanken von einer Bronzeplastik Das Nachtfalter – Gleichnis des Scheichs Faridoddin Attár Südtiroler Wein Völker, entsaget dem Haß! Ein Mahnruf zum Frieden Träumerei von einer Wiege
Wolfgang Strauß Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. „Indianer“ (Eine MUT-Serie in 3 Teilen) 2. Marx oder Mohammed? Der Krieg in Afghanistan und Moskaus Kolonialismus in Zentralasien 3. Armee hinter KZ-Draht. Sacharow ist kein Einzelfall/Verhaftungen in der UdSSR 4. Die Grünen im Osten. Die ÖkoBewegung in Rußland/Unterschiede, Differenzen, Gemeinsamkeiten 5. Wiedervereinigung oder Neuvereinigung? 6. 1984 rückt näher. Tiefes Grollen im Sowjetimperium/Der Fall Ukraine 7. Pulverfaß Titoslawien 8. Von Bebel zu Wehner. Der tiefe Traditionsbruch der SPD 9. Auf Arbeiter schießen? Von der innenpolitischen Funktion der Roten Armee 10. Das Danziger Wunder
192
08/1983
S. 6-7
193
09/1983
S. 2-3
194 195
10/1983 11/1983
S. 6-7 S. 6-7
196
12/1983
S. 6-7
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
149
01/1980
S. 44-50
150
02/1980
S. 31-35
151
03/1980
S. 23-28
152
04/1980
S. 28-36
153
05/1980
S. 13-18
154
06/1980
S. 27-35
155 156
07/1980 08/1980
S. 40-47 S. 8-13
157
09/1980
S. 16-25
158
10/1980
S. 40-44 515
11.
12.
13. 14.
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.
516
Deutsche Wiedervereinigung … durch Neutralisierung Deutschlands? Legenden und Realitäten (1. Teil) Deutsche Wiedervereinigung … durch Neutralisierung Deutschlands? Legenden und Realitäten (2. Teil und Schluß) Hunger, Streik, Krieg. Am Vorabend der Revolution: Und Amalrik behält doch recht Die Kinder Raskolnikows. Dostojewskij und die prophetische Vorwegnahme des terroristischen Schreckens Nicht Haben, sondern Sein. Von den Triebkräften der geistigen Erneuerung Rußlands Völkerfrühling contra JaltaJoch. Teil I (Eine MUT-Serie in 4 Teilen) Völkerfrühling contra JaltaJoch. Teil II (Eine MUT-Serie in 4 Teilen) Völkerfrühling contra JaltaJoch. Teil III (Eine MUT-Serie in 4 Teilen) Völkerfrühling contra JaltaJoch. Teil IV (Eine MUT-Serie in 4 Teilen) Neue Linke auf alten Wegen? „Wir wollen keinen Kommunismus“. Die Ungarische Oktoberrevolution und ihre Lehren. Teil I (Eine MUT-Serie in 3 Teilen)
159
11/1980
S. 13-22
160
12/1980
S. 34-43
161
01/1981
S. 8-19
163
03/1981
S. 26-34
164
04/1981
S. 45-51
165
05/1981
S. 8-17
166
06/1981
S. 10-20
167
07/1981
S. 43-51
168
08/1981
S. 36-44
169 170
09/1981 10/1981
S. 32-39 S. 31-39
22.
23.
24. 25. 26.
27.
28. 29. 30.
31.
32.
„Wir wollen keinen Kommunismus“. Die Ungarische Oktoberrevolution und ihre Lehren. Teil II (Eine MUT-Serie in 3 Teilen) „Wir wollen keinen Kommunismus“. Die Ungarische Oktoberrevolution und ihre Lehren. Teil III (Eine MUT-Serie in 3 Teilen) „Unser Traum ist nicht zu Ende“. Die vier Lehren des 13. Dezember 1981 Das Geschäft mit der Angst Ein Volk, das seine Ketten bricht. 150 Jahre Hambach – Parteienfestival oder revolutionäre Erneuerung? Ein Volk, das seine Ketten bricht. 150 Jahre Hambach – Parteienfestival oder revolutionäre Erneuerung? Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung und nationale Frage Technologie zum Töten. Moskaus Kriegsmaschine mit westlichen Können und Kapital geschmiert Die Legende von den Artamanen. Arbeiterdichter Kurt Schölzke, ein Grüner, ein Wanderer zwischen den Klassen Seher, Überwinder, Vollender. Die Propheten Osteuropas und das Morgenrot der Völker (Erster Teil)
171
11/1981
S. 30-36
172
12/1981
S. 26-39
174
02/1982
S. 30-36
175 176
03/1982 04/1982
S. 15-21 S. 39-45
177
05/1982
S. 28-39
178
06/1982
S. 28-35
179
07/1982
S. 31-37
180
08/1982
S. 36-40
181
09/1982
S. 33-41
182
10/1982
S. 37-43
517
33.
34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45.
518
Seher, Überwinder, Vollender. Die Propheten Osteuropas und das Morgenrot der Völker (Zweiter Teil) Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (Erster Teil) Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (Zweiter Teil) Grüne Deutsche Welle. Gesucht: Eine deutsche Solidarität (Dritter Teil) Revolte der Kleinbürger Woher kommen wir? 17. Juni 1953. Die unvollendete Revolution (1. Teil) 17. Juni 1953. Die unvollendete Revolution (2. Teil) 17. Juni 1953. Die unvollendete Revolution (3. Teil) Der langsame Tod des östlichen Weltpolizisten. Osteuropa: Die Krise weitet sich aus Gomorrha II. Droht Deutschland der Große Tod? Lieber lebendig als rot. Von der religiösen und patriotischen Gesinnung östlicher Pazifisten Wegmarkierungen einer Wendezeit
183
11/1982
S. 13-19
184
12/1982
S. 34-40
185
01/1983
S. 40-48
186
02/1983
S. 32-38
187 188 189
03/1983 04/1983 05/1983
S. 48-52 S. 38-43 S. 43-52
190
06/1983
S. 27-40
191
07/1983
S. 14-28
192
08/1983
S. 27-32
193
09/1983
S. 11-21
195
11/1983
S. 36-48
196
12/1983
S. 36-41
Christian Erdmann Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. 1980 – 1990. Das „Jahrtausendjahrzehnt“ 2. Ostpolitik: Am Ende aller Illusionen 3. Die Bio-Bombe 4. Kinder haften für ihre Eltern 5. Wahlentscheider 6. Volksdroge Fernsehen 7. Wir tanzen weiter 8. Leid und Leistung der Kriegsgeneration 9. Tod durch Anpassung. Was uns die Schicksale der Naturvölker und die Prophezeiung der Indianer lehren könnten 10. Kristall-Krawaller. Eine Jugend flippt aus 11. Durch Computer zur Katastrophe? 12. Es gibt viel zu tun, warten wir’s ab 13. Weltweite Wasser-Krise 14. Frieden in Bedrängnis 15 Mensch und Tier: Gefährdete Geschöpfe 16. Mehr Menschlichkeit – ein Märchen? 17. Alp-Träume. Die „WeisseIndustrie“ und ihre Folgen 18. Zeitenwende. Die Natur macht mobil 19. Ist der Atomkrieg unvermeidbar? 20. Es könnten tausend Sabas blühen
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
149
01/1980
S. 8-23
150
02/1980
S. 8-16
152 154 155 156 158 159
04/1980 06/1980 07/1980 08/1980 10/1980 11/1980
S. 10-22 S. 8-18 S. 8-19 S. 33-43 S. 28-39 S. 25-42
161
01/1981
S. 20-36
163
03/1981
S. 8-25
164
04/1981
S. 8-32
165
05/1981
S. 17-30
167 169 170
07/1981 09/1981 10/1981
S. 11-33 S. 10-29 S. 8-27
172
12/1981
S. 10-22
173
01/1982
S. 16-28
176
04/1982
S. 14-38
178
06/1982
S. 36-46
180
08/1982
S. 40-52
519
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.
28. 29. 30.
„Irreparabler Schund“. Umweltprobleme in der sowjetischen Mangelgesellschaft Weitblick und Rückblick Neudeutsch Friede. Das Gebot der Stunde Am Krankenbett der Deutschen Nation „Ein anderer Geist muß entstehen“ Kein Erbarmen mit dem Wald. Die globale Zerstörung geht weiter – die vielfältigen katastrophalen Folgen nehmen unaufhaltsam zu Insekten. Invasion einer Weltmacht Die Katastrophe „O mein Gott, wo ist denn die Familie?“
Bernhard C. Wintzek Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Du, Mensch in verwirrter Zeit 2. Denkwende in Deutschland? 3. Karl Dönitz. Ein Soldat der deutschen Geschichte 4. Düstere Schulden-Rechnung 5. Mut zur Umkehr 6. 20 Jahre Berliner Mauer 7. Rat den Ratlosen. Eine Jugend zwischen Neutralisten, Nation und Neutronenbombe 8. Polnische Passion 9. Von der Resignation zur NATION? 520
182
10/1982
S. 10-16
183 185 186 187
11/1982 01/1983 02/1983 03/1983
S. 23-36 S. 10-17 S. 10-25 S. 28-39
191
07/1983
S. 49-52
192
08/1983
S. 8-26
193
09/1983
S. 38-49
194 196
10/1983 12/1983
S. 44-49 S. 16-35
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
160 161 162
12/1980 01/1981 02/1981
S. 8-23 S. 36-50 S. 36-49
163 166 168 171
03/1981 06/1981 08/1981 11/1981
S. 35-41 S. 23 S. 18-35 S. 10-27
173 175
01/1982 03/1982
S. 8-9 S. 22-29
10. 11. 12.
Gelangweilt in den Untergang? Friede für Deutschland Zum Tode von Hans Bahrs: MUT verlor einen Freund
Britta Meltzer Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Mutter als emanzipatorischer Beruf 2. Sehr geehrter Genosse Irgendwer! 3. Südtirolproblem wieder im öffentlichen Bewußtsein 4. „Ratschläge sind auch Schläge“ 5. Hat niemand ein schlechtes Gewissen? 6. Rom war nicht zu retten: Und wir? 7. Zeitzeichen 8. Luthers 500. Geburtstag im geteilten Deutschland 9. Genesende Nation?
Wolfdietrich Kopelke Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Demut als Freiheit 2. Unsere Schwierigkeiten mit dem Frieden 3. Ende und Anfang 4. Ererbt und erfahren 5. Unheile, heile Welt 6. Die Alten und die Jungen
184
12/1982
S. 11-16
188 192
04/1983 09/1983
S. 15-26 S. 52
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
165
05/1981
S. 30-34
166
06/1981
S. 55
173
01/1982
S. 34-37
175
03/1982
S. 10-14
176
04/1982
S. 10-14
179
07/1982
S. 12-21
182 185
10/1982 01/1983
S. 16-19 S. 24-31
186
02/1983
S. 25-32
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
176 180
04/1982 08/1982
S. 8-9 S. 8-10
184 188 190 193
12/1982 04/1983 06/1983 09/1983
S. 8-9 S. 2-3 S. 51-52 S. 28-29 521
7.
Unter der Oberfläche
196
Armin Steinmark Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Gestohlener Lebenssinn 2. „Friedensspiele“ 3. Das Ausländerproblem im Spiegel der öffentlichen Meinung 4. Stählernes Zwangskartell
Alfred Schickel Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Fragen der Vergangenheitsbewältigung. Ein offener Blick in die westdeutsche Zeitgeschichte 2. Vergessene Zeitgeschichte. Beispiele historischer Erinnerungslücken 3. Deutschland – Was ist das? Versuch einer Analyse 4. Das Münchner Abkommen im Lichte amerikanischer Geheimdokumente
Hellmut Diwald Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Deutschland – aber was ist es? Thesen zur nationalen Identität 2. Von der Pflicht, auf Deutsche zu schießen 522
12/1983
S. 50-51
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
149 151 155
01/1980 03/1980 07/1980
S. 37-43 S. 10-18 S. 31-40
160
12/1980
S. 44-45
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
183
11/1982
S. 44-56
186
02/1983
S. 42-51
189
05/1983
S. 29-38
193
09/1983
S. 26-37
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
177
05/1982
S. 8-14
178
06/1982
S. 24-27
3. 4.
Luther – Vor dem Reichstag zu Worms. Ein deutscher Revolutionär Mut zur Selbstbewahrung
Bernard Willms Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Politik der „Nationalen Koexistenz“ 2. Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments (Erster Teil) 3. Politische Identität der Deutschen. Zur Rehabilitation des nationalen Arguments (Zweiter Teil)
185
01/1983
S. 32-39
194
10/1983
S. 22-41
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
179
07/1982
S. 38-49
181
09/1982
S. 44-52
182
10/1982
S. 44-55
523
Dritte Phase 1984 – 1990 Überblick der Artikelanzahl der analysierten Autoren (Ohne Einbezug der Interviews) Lfd.-Nr. Autor Anzahl der Artikel 1. Gerd-Klaus Kaltenbrunner 94 2. Alfred Schickel 36 3. Wolfgang Strauss 31 4. Heinz-Dietrich Ortlieb 20 5. Klaus Hornung 18 6. Otto Heuschele 17 7. Hellmut Diwald 15 8. Hans Bahrs 14 9. Helmut Schoeck 14 10. Ulrich Lohmar 13
524
Gerd-Klaus Kaltenbrunner Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Denken in Polaritäten 2. Rasende Gesetzgeber produzieren immer mehr Bürokraten 3. Vergessene Völker. Revolutionäre, von denen niemand spricht 4. Vom Gestaltwandel der Weisheit. Frau Sophia und ihre Kinder – Ein Grundmotiv abendländischer Geistesgeschichte 5. Estland zum Beispiel … Estland? 6. Weil wir nicht nur in der Heimat zu Hause sind … Gedanken über die Verwurzelung des Menschen 7. Vom Sinn des Opferns. Weil Leben mehr als Leben bedeutet 8. Schönheit ohne Konkurrenz 9. Oswald Spengler 10. Propaganda als Kampf um die Seelen. Zur Psychologie des indirekten Krieges 11. Müssen Demokratien häßlich sein? 12. Immanuel Kant. Ein Leben in Königsberg 13. Vom Sinn des Schenkens 14. Schmerzlosigkeit um jeden Preis? Wie man die Kostenexplosion im Gesundheitswesen eindämmen kann 15. Sind wir Epigonen? Vom Sinn der Überlieferung
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
198 198
02/1984 02/1984
S. 51-52 S. 50-51
199
03/1984
S. 8-9
201
05/1984
S. 47-52
202
06/1984
S. 8-9
202
06/1984
S. 35-40
203
07/1984
S. 44-49
204 205 206
08/1984 09/1984 10/1984
S. 26-29 S. 18-22 S. 34-41
207
11/1984
S. 54-56
208
12/1984
S. 18-25
208 209
12/1984 01/1985
S. 32-35 S. 42-45
210
02/1985
S. 51-56
525
16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.
526
Weil Hölderlin recht hat … Mutmaßungen über das Dichterische Gegen die babylonische Verirrung Vom Genius des Abendlandes. Wider die dekadente Sumpfblüte des Euro-Masochismus Über die Anhängigkeit politischer Ideologien von der Geographie Das Geschenk der Stille Armin Mohler. Ein Rechtsintellektueller gegen den Wirklichkeitsverlust Otto Heuschele. Ein deutscher Dichter, so alt wie unser Jahrhundert Pflanzenseelen, Planetenengel und der grüne Weg zu Gott. Gustav T. Fechners Lehre von der All-Beseelung Einige ketzerische Überlegungen über die Krankheit Europas: Der Un-Wille zur Macht Marianne von Willemer. Goethes Suleika Die Geschichte des Buches geht weiter … Das Ende denken … Betrachtungen über Tod und Vergänglichkeit Bilder der Ewigkeit. Die heilige Welt der Ikonen Ketzereien zum Thema „Neuer Konservatismus“ Das Menschenrecht auf Geschichte
211
03/1985
S. 28-45
212
04/1985
S. 46-47
213
05/1985
S. 24-42
214
06/1985
S. 52-53
215 215
07/1985 07/1985
S. 26-31 S. 54-56
216
08/1985
S. 18-20
216
08/1985
S. 21-29
217
09/1985
S. 46-52
218
10/1985
S. 32-37
218
10/1985
S. 55-56
219
11/1985
S. 14-20
220
12/1985
S. 28-35
221
01/1986
S. 42-47
221
01/1986
S. 52-56
31. 32. 33. 34. 35.
36.
37. 38. 39.
40.
41. 42.
Die Tyrannei einer Leiche. Ende und Zukunft des Kommunismus „Verachtet mir die Meister nicht …“. Neue Erkundung eines uralten Themas Eugenio von Savoye, der Staatsmann und Humanist Die Dame. Rückblick auf den Inbegriff weiblicher Idealität Othmar Spann. Ein deutscher Universalphilosoph aus Österreich: Das Ganze im Blick haben Eduard von Hartmann. Zum 80. Todestag des Universalgelehrten, Philosophen des Unbewußten und hochgemuten Pessimisten am 5. Juni 1986 Dreiklang des Sinns. Einige Erfahrungen, aus denen ich lebe Literatur als geistiger Raum der Nation Joseph Görres (1776-1848). Magier der Sprache und Feuergeist des Deutschen Idealismus Der „Kolumbus Rußlands“. Zum 500. Geburtstag des kaiserlich-österreichischen Botschafters Sigmund von Herberstein (1486-1566) Warum Ohnmacht noch gefährlicher als Wettrüsten ist … Justinus Kerner. Zum 200. Geburtstag des schwäbischen Geistersehers, Melancholikers und Humoristen am 18. September 1986
222
02/1986
S. 8-23
223
03/1986
S. 46-54
224
04/1986
S. 45-52
225
05/1986
S. 29-36
225
05/1986
S. 46-59
226
06/1986
S. 52-59
227
07/1986
S. 28-33
227
07/1986
S. 42-43
227
07/1986
S. 54-59
228
08/1986
S. 20-27
228
08/1986
S. 40-41
229
09/1986
S. 50-59
527
43.
44. 45.
46. 47. 48.
49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57.
528
Alle Macht den Rosenkreuzern? Ein Blick hinter die Kulissen des modernen Okkultismus Über die Gewalt Der heilige Abend oder Das Weihnachtswunder. Adalbert Stifter als Dichter des Friedens und der Natur JA zur Wirklichkeit Bestimmt Hitler die Richtlinien unserer Politik? Johann Gottfried Herder. Ostpreuße, Weimarer und deutscher Vordenker europäischer Humanität Novalis. „Jahrhunderte waren wie Momente“ Schelling und die Aufgabe des deutschen Geistes Magie der Zahl 3. Der Götter und Menschen Freude an der Dreizahl (Teil I) Magie der Zahl 3. Der Götter und Menschen Freude an der Dreizahl (Teil II) Sonnenkreuz und Götterschiffe. Die rätselhafte Botschaft der Insel Gotland Die Tyrannei der verhexten Wörter Das Paradies der Lüste ist wieder versperrt Ernst des Spiels. Vom Kinderspiel zum Weltspiel Karl Marx und das geistige Elend der heutigen Linken. Weshalb Marx gebildeter war als seine Nachfolger …
230
10/1986
S. 43-59
231 232
11/1986 12/1986
S. 28-35 S. 49-59
233 234
01/1987 02/1987
S. 36-38 S. 16-17
234
02/1987
S. 52-59
235
03/1987
S. 48-59
236
04/1987
S. 52-59
237
05/1987
S. 54-63
238
06/1987
S. 48-63
239
07/1987
S. 46-67
240
08/1987
S. 8-9
240
08/1987
S. 60-62
241
09/1987
S. 58-71
242
10/1987
S. 44-47
58.
59.
60.
61. 62. 63. 64.
65.
66.
67.
68.
70 Jahre Sowjetunion im Spiegel intellektueller Illusionen. Rückblick auf enttäuschte Hoffnungen westlicher Literaten König ist, wer zuerst ein Geschenk darbrachte. Über die wirtschaftliche und überwirtschaftliche Bedeutung des Schenkens Auf dem Wege zum MafiaStaat? Über einige Beziehungen zwischen Politik und Verbrechen Frauenmacht. Weibliche Staatskunst in drei Jahrtausenden Unbekannter Eichendorff. Versuch einer Hinführung und Aktualisierung von A bis Z „Das eherne Gesetz der Oligarchie“ Von der wunderbaren Natur des Schönen und der Tücke des Objekts. Porträt des Ästhetikers Friedrich Th. Vischer Das sanfte Gesetz der Geschwisterlichkeit. Utopie oder Ausweg aus der planetarischen Krise? Hexengroßmacht im Kommen? Vom Blocksberg bis Venezuela: Die Wiederkehr magischer und mystischer Kulte Die Nackten und die Schönen. Wilhelm Heinses erotische Philosophie, Naturmystik und Renaissance-Begeisterung Drei Begegnungen mit Clemens Brentano
243
11/1987
S. 18-26
244
12/1987
S. 57-71
245
01/1988
S. 10-26
246
02/1988
S. 34-44
247
03/1988
S. 57-71
248
04/1988
S. 34-35
249
05/1988
S. 58-71
250
06/1988
S. 52-71
251
07/1988
S. 38-47
252
08/1988
S. 50-71
253
09/1988
S. 66-71 529
69.
70. 71.
72. 73.
74. 75.
76. 77.
78.
530
Weltselig im Wunder wohnen. Dichter Gottes, der Liebe und der Jahreszeiten: Hans Schiebelhuth Der Tod des Ewigen Landfriedens Das Fest der Stille. Weihnachten – Erinnerung an die abendländische Kultur des Schweigens Goethes Leben und Welt in Briefen Henriette Hardenberg – die letzte überlebende Expressionistin: „Wir werden herrlich aus Wunsch nach Freiheit“ Friede, Gelassenheit und Entgötzung Gottes. Meister Eckhart in neuer Sicht Erinnerung an den jüdischdeutschen Dichter Karl Wolfskehl (1869-1948): „Ich habe den Rhein in mir, so wie das Mittelmeer“ Mai-Land. Die Weltrevolution der ewigen Wiederkehr Vom Kosmos des Staates. Adam H. Müller, Meisterdenker des deutschen Konservatismus und Fürst der politischen Romantik Zwischen Abendland und Orient. Schota Rustaweli – Poet der Goldenen Epoche Georgiens
254
10/1988
S. 59-71
255
11/1988
S. 8-9
256
12/1988
S. 66-71
257
01/1989
S. 58-71
258
02/1989
S. 43-45
259
03/1989
S. 36-39
260
04/1989
S. 61-71
261
05/1989
S. 56-71
262
06/1989
S. 41-46
263
07/1989
S. 58-71
79.
80. 81.
82.
83.
84. 85. 86.
87.
88.
Friedrich Schlegel und die Kunst des vollkommenen Verstehens: „Einer der Erstlinge des neuen Zeitalters“ Achim von Arnims Roman „Die Kronenwächter“: Apokalypse des deutschen Geistes Die Rettung der Heimat im Bild. Der Schwarzwald-Maler Hans Thoma als Meister des Sehens Kühne Meisterschaft der Farbe. Carl Blechen – Wanderer zwischen Romantik und Realismus Das Geheimnis der Wirklichkeit. Mystik und Alltag: Die Suche nach dem anderen Zustand Unterwegs zum Anfang. Gedanken über Ursprung und Wiederkehr „O taufe mit Erde mich …“. Die Seele Rumäniens im Spiegel der Poesie Lucian Blagas China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil I) China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil II) China im Spiegel des deutschen Geistes. Ein ideengeschichtlicher Rückblick in drei Teilen (Teil III)
264
08/1989
S. 41-50
265
09/1989
S. 13-18
266
10/1989
S. 64-71
267
11/1989
S. 62-71
268
12/1989
S. 55-71
269
01/1990
S. 57-71
270
02/1990
S. 62-71
271
03/1990
S. 52-71
272
04/1990
S. 52-71
273
05/1990
S. 55-71
531
89.
90. 91. 92. 93. 94.
95.
Unendliche Melodie des Märchens. Die wunderbare Traumwelt des Malers Moritz von Schwind Mafia auf russisch. Ein brisanter: „Die Frau und das Meer“ Leibniz und die bedachte Natur. Die Dankbarkeit der Welt angesichts des Weltverlusts Das Auge der Welt im Ansturm der Bilder Goethe über Deutschland und die Deutschen. Der Klassiker als Kritiker und Befreier Taumelnde zwischen Morast und Sternen. Die Schwedin Birgitta Trotzig und ihr Beitrag zur heiligen Literatur des Nordens Weltgeheimnis bei Kerzenschein. Ein weihnachtlicher Aufruf wider die Entwürdigung des Lichts
Alfred Schickel Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Noch weitere umstrittene Papiere und Fotos der Zeitgeschichte auf den Prüfstand! Die Untersuchungen und Klarstellungen von Koblenz und Ingolstadt mögen Schule machen 2. Sind die Deutschen noch ein Nation? Eine zeitkritische Betrachtung
532
274
06/1990
S. 51-71
275
07/1990
S. 26-29
276
08/1990
S. 47-49
277
09/1990
S. 56-71
278
10/1990
S. 80-87
279
11/1990
S. 62-71
280
12/1990
S. 52-71
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
198
02/1984
S. 2024
200
04/1984
S. 9-19
3. 4.
5. 6.
7. 8.
9. 10. 11.
12.
13. 14.
„Die Atlantik-Charta“. Das am meisten überschätzte Dokument der Geschichte Die Vergangenheitsbewältigung entläßt ihre Kinder. Kritische Anmerkungen zum publizistischen Umgang mit der deutschen Zeitgeschichte in den Medien Ein wertvoller Beitrag zur Friedensdiskussion Ein Geschichtswerk von Format. Hellmuth Günther Dahms: „Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs“ Anmerkungen zur Verlautbarung des „Instituts für Zeitgeschichte“ über Vertreibungsverbrechen Wäre der Zweite Weltkrieg vermeidbar gewesen? Ein Blick in amerikanische Geheimakten wirft neue Fragen auf Preußen. Ein zeitgeschichtlicher Bericht Eingetroffene Prophezeiungen. Zeugnisse aus zeitgeschichtlichen Akten Lückenhafte Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Kritische Anmerkungen zu einem Gutachten Mutmaßungen über Deutschland und seine Geschichte. Anmerkungen zu fünf Beiträgen über Deutschland und die Deutschen von Andreas Hillgruber Die Vertreibung. Ein offenes Kapitel der Zeitgeschichte Wenn der Sieger den Besiegten richten will. Ein zeitgeschichtlicher Bericht
202
06/1984
S. 10-12
203
07/1984
S. 37-43
204
08/1984
S. 37-39
205
09/1984
S. 38-41
205
09/1984
S. 42-45
207
11/1984
S. 44-50
209
01/1985
S. 8-22
210
02/1985
S. 20-23
211
03/1985
S. 14-18
213
05/1985
S. 48-53
214
06/1985
S. 33-46
217
09/1985
S. 39-45
533
15. 16. 17. 18. 19. 20.
21. 22.
23. 24.
25. 26. 27. 28.
534
Die Auseinandersetzungen um die deutschen Ostgrenzen im 20. Jahrhundert Der deutsche Dualismus. Das Erbe Preußens und Österreichs für die Nachwelt Der 4. März 1919. Ein sudetendeutscher Gedenktag mit aktueller Bedeutung Eine tragische Figur der Zeitgeschichte. Vor 45 Jahren flog Rudolf Heß nach England Die gefährliche Halbbildung Roosevelt wußte Bescheid. Geheimabkommen zum HitlerStalin-Pakt war den USA schon wenige Stunden nach der Unterzeichnung bekannt „Lenin mit Hitler“ beim Schachspiel Die Weltöffentlichkeit wußte Bescheid. Über die grausame Massenaustreibung der Ostdeutschen Weltbestimmende Giganten Die Alliierten und der 20. Juli 1944. Ein Forschungsbericht über soeben freigegebene USGeheimdokumente Tomas G. Masaryk. Vor 50 Jahren starb der erste CSR-Präsident Die „National Archives“. Eine Fundgrube für Historiker in Washington Blut und Tränen. Vor 70 Jahren entbrannte der russische Bürgerkrieg Münchner Abkommen. Korrekturen bisheriger Bewertungen unerlässlich: Neue Erkenntnisse
218
10/1985
S. 38-52
221
01/1986
S. 38-41
223
03/1986
S. 38-44
225
05/1986
S. 37-40
227 229
07/1986 09/1986
S. 49-53 S. 34-37
229
09/1986
S. 37-39
233
01/1987
S. 38-42
236 237
04/1987 05/1987
S. 20-23 S. 48-53
243
11/1987
S. 34-46
245
01/1988
S. 43-47
248
04/1988
S. 36-42
251
07/1988
S. 30-31
29. 30. 31.
32. 33. 34. 35. 36.
37.
Schlesien. Brücke zwischen Deutschen und Polen Karlsbad – Stätte bewegter Geschichte Die schwierige Geburt einer Republik. Die Weimarer Nationalversammlung und die Frage der Streitkräfte Die Tyler-Kent-Affäre. Ein zeitgeschichtlicher Bericht aus Geheimakten Die USA wußten Bescheid „Report No. 6993“ Kreml und Kirche Vor 50 Jahren wurden Lettland und Estland Sowjetrepubliken. Eine zeitgeschichtliche Erinnerung an einen aktuellen Freiheitskampf Eingetroffene Prophezeiungen. Zeugnisse aus zeitgeschichtlichen Akten
Wolfgang Strauss Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Die besseren Deutschen? George Orwell und die DDR 2. „Enthauptung“. Warum Diktatoren um „den Frieden zittern“ 3. Prozeß der Versteinerung. Konstantin Tschernjenko – neuer kranker Mann im Kreml-Altersheim 4. „Nur die Schönheit wird euch erlösen“. Über die Ansichten eines Außerordentlichen
253
09/1988
S. 31-41
257
01/1989
S. 44-56
259
03/1989
S. 30-34
261
05/1989
S. 18-20
263 267 270 275
07/1989 11/1989 02/1990 07/1990
S. 22-25 S. 8-9 S. 48-49 S. 22-23
280
12/1990
S. 20-21
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
197
01/1984
S. 18-32
198
02/1984
S. 31-43
199
03/1984
S. 32-41
200
04/1984
S. 33-39
535
5. 6.
7. 8. 9.
10.
11.
12. 13.
14.
536
Europäischer Eidgenosse. Ein MUT-Gespräch mit GerdKlaus Kaltenbrunner Leiden an einem Leben ohne Sinn. Von der Krise des Selbstwertgefühls und der Frage nach den Verantwortlichen Die Grünen und die Deutsche Frage „Wir wollen Gott und die Freiheit!“ In Osteuropa ist der Pazifismus anders Apis und Este. Die Schüsse von Sarajevo – Vor 70 Jahren Weltkriegsausbruch – Jugoslawien, der Libanon Europas Apis und Este. Die Schüsse von Sarajevo – Vor 70 Jahren Weltkriegsausbruch – Jugoslawien, der Libanon Europas (Teil II) Arminius im Blauhemd. Jüngste NationalerbeErrungenschaft der FDJ/Honeckers Honecker trommelt für den „Frieden“ Rettet die Linke die Nation? Die deutsche Frage ist ungelöst, aber nicht jeder „Antiimperialist“ ist für Deutschlands Einheit (I. Teil) Rettet die Linke die Nation? (II. Teil)
200
04/1984
S. 39-47
201
05/1984
S. 10-21
202
06/1984
S. 25-34
203
07/1984
S. 16-29
204
08/1984
S. 39-47
205
09/1984
S. 45-56
206
10/1984
S. 45-53
207
11/1984
S. 50-53
209
01/1985
S. 45-55
210
02/1985
S. 42-49
15.
16. 17.
18.
19.
20.
21. 22. 23. 24.
„Was gestern in Afrika und Asien geschah, springt jetzt auf die Sowjetunion über.“ Ein MUT-Interview mit dem ukrainischen Schriftsteller Valentin Moros Die Nation – nicht länger ein Tabu … ein Teil des deutschen Volkes. Österreichs 30. Jahrestag der staatlichen Unabhängigkeit (I. Teil) … ein Teil des deutschen Volkes. Österreichs 30. Jahrestag der staatlichen Unabhängigkeit (II. Teil) Moderner Revisionismus. Schlagwort, Friedensbedrohung – oder Hoffnung der unfreien Völker? Die Welt ist keine düstere Farce. Das Unvergängliche und Europäische an Europa wieder entdecken Bismarcks Rußlandpolitik. Legende und Wahrheit Deutschlandlied in Cottbus. Vor 33 Jahren 17. Juni: Das „ewige germanische Brodeln“ Die Fackel von Zeitz. Zum Gedenken an Pfarrer Oskar Brüsewitz Aus der Feder von Alexander Solschenizyn: Krieg und Frieden
211
03/1985
S. 49-56
212
04/1985
S. 48
213
05/1985
S. 42-48
214
06/1985
S. 24-28
216
08/1985
S. 44-53
219
11/1985
S. 25-36
222
02/1986
S. 24-39
226
06/1986
S. 20-26
229
09/1986
S. 10-16
231
11/1986
S. 48-53
537
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
32.
Honeckers Hoheneck. Eine Schande für ganz Deutschland Alexander Puschkin und die Deutschen Antlitz des Stolzes. Ilja Repin und die russischen Freiheitskämpfer Die Partei der Gottsucher. Russische Dorfprosa: Christliche Kraft der Seele Appassionata. Vor 70 Jahren Oktoberrevolution in Rußland Grollen im Imperium. Glasnost und das Zeitalter des Dritten Völkerfrühlings Der Schlüssel zum Frieden. Deutsche und Russen: Alexander Solschenizyn wird 70 Jahre Land und Freiheit. Scheitert Gorbatschows Perestroika an der Agrarmisere?
Heinz-Dietrich Ortlieb Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Die Playboy-Demokratie und ihre Überwindung 2. Der braune Knüppel 3. Südafrika – wohin? 4. Die Reichsten hatten immer die meisten Selbstmörder 5. Reform der Weltwirtschaftsordnung 6. Palaver-Intelligenz 7. Die Wickelkinder des Wohlstandes 538
234
02/1987
S. 10-14
236
04/1987
S. 30-37
238
06/1987
S. 30-36
241
09/1987
S. 21-27
242
10/1987
S. 48-50
255
11/1988
S. 62-71
256
12/1988
S. 45-48
261
05/1989
S. 43-53
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
218
10/1985
S. 13-18
226 229 232
06/1986 09/1986 12/1986
S. 8-10 S. 21-27 S. 45-46
235
03/1987
S. 24-33
237 240
05/1987 08/1987
S. 8-9 S. 41-43
8. 9. 10. 11. 12.
13.
14. 15.
16. 17. 18.
19. 20.
Bewältigung der Vergangenheit auf Kosten der Zukunft Kaninchen in Hypnose Können unsere Gewerkschaften noch dazu lernen? Weshalb müssen Realisten heute konservativ wirken? Der Intellektuelle als Auflösungsfaktor der freiheitlichen Gesellschaft. Nur vielfältige Sachkenntnisse befähigen zu einem konstruktiven Nonkonformismus Pessimisten sollten besser schweigen. Optimismus kann beflügeln, aber auch leichtfertig machen Antwort von den apokalyptischen Reitern? Ohne Mitverantwortung geht es nicht. Wie die Idee der Mitbestimmung an Grenzen stößt und zerfällt Eduard Heimann Vom Fischer und seiner Frau. Wieviel Freiheit und Anspruch für uns möglich sind Wissenschaft und Praxis. Zur Problematik der angewandeten Wirtschafts- und Sozialwissenschaft Abschied vom Irrweg Hier irrt Herr Walesa
243
11/1987
S. 10-17
245 248
01/1988 04/1988
S. 8-9 S. 8-9
252
08/1988
S. 41-43
254
10/1988
S. 26-30
257
01/1989
S. 12-13
259
03/1989
S. 22-25
261
05/1989
S. 10-16
263 265
07/1989 09/1989
S. 40-41 S. 8-9
269
01/1990
S. 8-9
274 275
06/1990 07/1990
S. 8-9 S. 24-25
539
Klaus Hornung Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Tausend Jahre deutschpolnische Geschichte 2. Die Zeit der Tabus ist vorüber. Langfristige Perspektiven in der Deutschlandpolitik 3. Friede, der noch kein Krieg ist. Gestaltwandel internationaler Konflikte 4. Welche Freiheit meinen wir? 5. Heilsglauben und Selbsthaß 6. Perspektiven der Deutschen Frage. Befinden wir uns auf dem richtigen Weg, die Teilung unseres Landes zu überwinden? 7. Totalitarismus. Renaissance eines Begriffes 8. Welche Freiheit meinen wir? 9. Politischer Messianismus und freiheitliche Demokratie 10. Geschichtsbewußtsein und Politikverständnis. Zur Wiederbesinnung auf den historisch-politischen Auftrag der Bundesrepublik Deutschland 11. Die Anpassung an einen Unrechtsstaat hat in Deutschland Geschichte. Bemerkungen zur Bilanz des Honecker-Besuchs 12. Morgenröte des Friedens oder Formwandel des Konflikts? Zur Lage nach dem Vertrag von Washington 13. Die Deutschen und das Erbe ihrer Geschichte. Das Verhältnis der beiden Staaten in Deutschland zur Vergangenheit 540
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
203
07/1984
S. 35-36
204
08/1984
S. 34-37
205
09/1984
S. 36-38
208 213 221
12/1984 05/1985 01/1986
S. 36-40 S. 6-7 S. 8-13
224
04/1986
S. 55-59
228 232
08/1986 12/1986
S. 16-20 S. 14-16
235
03/1987
S. 11-16
242
10/1987
S. 17-20
246
02/1988
S. 45-51
251
07/1988
S. 11-21
14.
15. 16. 17. 18.
Gorbatschow und die Deutsche Frage. Der Zwang zur Atempause: Perestroika für Peredyschka Gorbatschow auf Lenin-Kurs. Moskau, die Deutsche Frage und der „neue Stil“ Der Pakt der Diktatoren. Der Hitler-Stalin-Pakt im Licht von Stalins Langzeit-Strategie Deutschland, einig Vaterland. Voraussetzungen und Perspektiven der deutschen Einheit Die Krise des Fortschritts und das konservative Denken
Otto Heuschele Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Menschlicher Trost 2. Heimat – heute 3. Als gäbe es nicht auch das Gute 4. Verwilderter Garten 5. Über die Freude 6. Manchmal an stillen Abenden 7. Tradition als Quelle des Lebens 8. Bewahrender Geist 9. Kultur und Klassik. Jugend ohne Klassiker bedeutet Verzicht auf Maß und Norm 10. Vergangenheit Gegenwart Zukunft 11. Vom Trost und von der Kraft des Schönen 12. Der Mensch und die Natur
256
12/1988
S. 36-44
260
04/1989
S. 41-48
265
09/1989
S. 27-33
272
04/1990
S. 41-47
277
09/1990
S. 38-47
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
213 214 215
05/1985 06/1985 07/1985
S. 53-56 S. 47-50 S. 51-54
217 218 219
09/1985 10/1985 11/1985
S. 21-23 S. 28-31 S. 21-22
220
12/1985
S. 22-28
221 223
01/1986 03/1986
S. 49-51 S. 24-37
228
08/1986
S. 54-59
229
09/1986
S. 44-48
230
10/1986
S. 38-41 541
13. 14. 15. 16. 17. 18.
Ich bin es und ich bin es nicht Dank an die Sprache Quellen des Geistes Schöpferische Bewahrung Gedanken zu einem Lebenslauf Manchmal an stillen Abenden
Hellmut Diwald Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Liegt bald der Deutschen Vaterland verzichtend zwischen Rhein und Elbe? Zur Diskussion um das „Haus der Geschichte der Budesrepublik“ 2. Weltmacht ist Seemacht. Teil I: „Imperialism of idealism“ 3. Weltmacht ist Seemacht. Teil II: Versailles und die Neuordnung der Welt 4. Vom nationalen Horizont der Schrebergarten-Pluralisten 5. Diogenes warf den Becher fort. Von Wert und Grenzen der Genügsamkeit 6. Riskanter Kurs heutiger Erziehung 7. Mitleid mit den Glücklichen. Selbst Wohlstand bringt Bekümmernis 8. „Prinz Eugen, der edle Ritter …“
542
231
11/1986
S. 47
236 238 246 273
04/1987 06/1987 02/1988 05/1990
S. 48-51 S. 10-12 S. 60-71 S. 50-54
273
05/1990
S. 52-53
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
202
06/1984
S. 20-24
206
10/1984
S. 9-27
207
11/1984
S. 10-26
211
03/1985
S. 8-14
215
07/1985
S. 8-10
217
09/1985
S. 13-14
220
12/1985
S. 20-21
224
04/1986
S. 30-43
9.
10. 11. 12. 13. 14. 15.
Die größte Seeschlacht der Weltgeschichte. Skagerrak: Der Mythos, die Wirklichkeit, das Vergessen Immer noch schlechte Zeiten für den aufrechten Gang Die Entscheidung von Tauroggen (I. Teil) Die Entscheidung von Tauroggen (II. Teil) Kein Ende der Symbole Gelebtes Wissen. Geschichte gibt dem Charakter Profil Küssen die Musen in der Kälte? Zum Verhältnis von Landschaft, Herkunft und Kunst
Hans Bahrs Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Fünf Minuten vor Mitternacht 2. Ludwigstein 3. Vor dem Heimkehrerdenkmal 4. Besuch bei einem Maskenschnitzer 5. Osterbote 6. Ostergedanken 7. Der Mut zum Guten als Lebenswerk. Professor Dr. Dr. h.c. Hermann Gmeiner zum 65. Geburtstag 8. Geborgen in den Gottesbuden von Ahrensburg 9. Erntezeit 10. Moderner Erntedank nach Altvätersitte
231
11/1986
S. 16-26
233
01/1987
S. 43-48
244
12/1987
S. 10-24
245
01/1988
S. 34-42
247 251
03/1988 07/1988
S. 41-43 S. 32-37
262
06/1989
S. 47-49
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
197 197 198 199
01/1984 01/1984 02/1984 03/1984
S. 6-7 S. 21 S. 6-7 S. 6-7
200 200 203
04/1984 04/1984 07/1984
S. 4 S. 50-52 S. 50-54
204
08/1984
S. 6-7
205 205
09/1984 09/1984
S. 4 S. 8-9
543
11. 12. 13. 14.
Die Märchenerzählerin in meiner Kindheit Das Leben Der Weihnachtsengel im Schnee Von der Kunst des Verzeihens
Helmut Schoeck Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Biotope für Frosch und Fink, aber nicht für die Kinder 2. „Zuwendungsintensive Medizin“. Wie groß sind die Chancen für ihre Wiederkehr? 3. Das Defizit an Doktorhüten. Warum gibt es immer mehr „Ewige Doktoranden“? 4. Das Intendantenkarussell. Eine Elite überlebte die Bildungsexpansion 5. Die „Widersprüchlichkeit“ unserer Gesellschaft 6. Langes Leben. Immer mehr Hundertjährige: Beweis für gestiegene Umweltqualität? 7. Die Unfähigkeit, erstaunt zu sein 8. Deutsche Schüler – ein Leben im Dauerfrust 9. Das falsche Bewußtsein im Laufstall? 10. Talfahrt einer Utopie 11. Gorbatschow helfen – aber wie? 12. Anfangen ist alles 13. Kunst der Epoche 544
206
10/1984
S. 6-7
207 208
11/1984 12/1984
S. 4 S. 6-7
210
02/1985
S. 6-7
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
227
07/1986
S. 44-45
228
08/1986
S. 48-54
230
10/1986
S. 10-14
232
12/1986
S. 46-48
237
05/1987
S. 10-12
238
06/1987
S. 13-15
242
10/1987
S. 41-44
249
05/1988
S. 34-35
254
10/1988
S. 31
259 270
03/1989 02/1990
S. 8-9 S. 32-33
271 275
03/1990 07/1990
S. 26-27 S. 8-9
14.
Die Wirtschaft lebt von Innovationen – doch wann glückt eine?
Ulrich Lohmar Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Scharfrichter im Büßergewand 2. Die neue Angst der SPD 3. Ist Demokratie kreativ? 4. Unsere neuen Tabus 5. Politik und Sachverstand. Zur Freiheit parlamentarischer Entscheidung in der wissenschaftlichen Zivilisation 6. Geistige Führung und politische Verantwortung 7. Die hämische Kaste 8. Die neue Rechte. Unmut gegen „die da oben“ 9. Die Sprache ist unser Haus 10. Menschenrechte und Menschenpflichten 11. Der Sozialismus und das Gute 12. Einigkeit und Recht und Freiheit 13. Das Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit
276
08/1990
S. 8-9
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
225 230 238 242 249
05/1986 10/1986 06/1987 10/1987 05/1988
S. 8-10 S. 8-9 S. 8-9 S. 8-9 S. 22-33
257
01/1989
S. 14-24
261 263
05/1989 07/1989
S. 16-17 S. 38-39
266 269
10/1989 01/1990
S. 26-27 S. 22-29
270 273
02/1990 05/1990
S. 8-9 S. 8-9
277
09/1990
S. 18-19
545
Vierte Phase 1991 – 2009 Überblick der Artikelanzahl der analysierten Autoren (Ohne Einbezug der Interviews) Lfd.-Nr. Autor Anzahl der Artikel 1. Alfred Zänker 99 2. Chaim Noll 55 3. Peter Schütt 55 4. Gerd-Klaus Kaltenbrunner 49 5. Rudolf Wassermann 48 6. Marko Martin 47 7. Matthias Buth 34 8. Eckhard Jesse 31 9. Jörg Weigand 31 10. Jürgen Bräunlein 26
546
Alfred Zänker Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Die Frage nach dem Wozu. Mitten in der Sinnkrise des ökonomischen Zeitalters 2. Die Welt als Ganzes. Renaissance der Geopolitik – Denkverbote, Realitäten, Nachholbedarf (I. Teil) 3. Die Welt als Ganzes. Renaissance der Geopolitik: Amerika als Weltpolizist – oder das Chaos? (II.Teil) 4. Das monetäre Zeitalter. Sein Credo heißt Kredit, sein Wunder Wirtschaftswachstum 5. Die Zukunft als Rätsel und Aufgabe 6. Vision Eurasien. Europa im neuen Kräftefeld der Weltpolitik 7. Brauchen wir eine neue Demokratie? 8. Klug durch Katastrophen? 9. Wie weiter in Europa? 10. Signal aus Schweden 11. Ist die D-Mark in Gefahr? 12. Schweizer Zukunftssorgen 13. Massenarbeitslosigkeit – warum? 14. Wandel durch Handel 15. Was ist sozial? 16. Deutsche Interessen 17. Die Schuldenfalle 18. Zeit ohne Beispiel 19. Wolken über der Weltwirtschaft 20. Super-Guru Soros
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
282
02/1991
S. 10-18
283
03/1991
S. 40-49
284
04/1991
S. 34-46
286
06/1991
S. 34-46
289
09/1991
S. 38-53
297
05/1992
S. 10-16
298
06/1992
S. 34-48
302 303 304 305 306 307
10/1992 11/1992 12/1992 01/1993 02/1993 03/1993
S. 43-52 S. 6-8 S. 34-35 S. 6-8 S. 18-19 S. 58-59
308 309 310 311 312 313
04/1993 05/1993 06/1993 07/1993 08/1993 09/1993
S. 6-8 S. 62-67 S. 12-15 S. 6-9 S. 32-35 S. 10-13
314
10/1993
S. 29-31 547
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37.
38. 39. 40. 41. 42.
43. 44. 548
Wohin geht die Reise? Die kurze und die lange Sicht Die Chance des Liberalismus Die Zukunft der Kleinen Problem Kinder. Rentensysteme in der Krise Rußlands neue kapitalistische Gesellschaft Schmutziges Geld. Krankheitssymptom unserer Gesellschaft Die Welt ist ein Dorf. Deutschland vor der globalen Herausforderung Hat die Erde Platz für alle? Die weltweiten Wanderungen Neuseeland als Vorbild Lebenslanges Lernen. Wachstum durch Wissensrevolution Wirtschaftswunder Irland Amerikas Jahrhundert Hongkongs ungewisse Zukunft Der kommende Weltboom Donald J. Johnston: Lehren für die Welt von morgen. [übersetzt und bearbeitet von Alfred Zänker] Neuer Start in Rußland Wetterleuchten im Westen Deutschland und Amerika Markt und Moral. Die Gesellschaftskrise im 21. Jahrhundert Eine Kampfschrift, die die Welt veränderte. Vom Kommunistischen Manifest zu Kapital und Markt Von der Zahlenmystik zum elektronischen Rechner Hypatias Erbe. Frauen, Mathematik und Wissenschaft
316 321 322 324 328
12/1993 05/1994 06/1994 08/1994 12/1994
S. 5 S. 32-33 S. 6-19 S. 18-21 S. 24-26
337
09/1995
S. 36-48
339
11/1995
S. 6-11
342
02/1996
S. 72-77
344 346 347 349
04/1996 06/1996 07/1996 09/1996
S. 20-25 S. 12-20 S. 24-27 S. 18-21
351 353 354 355 357
11/1996 01/1997 02/1997 03/1997 05/1997
S. 10-11 S. 26-34 S. 50-51 S. 6-13 S. 14-21
357 359 362 364
05/1997 07/1997 10/1997 12/1997
S. 20-21 S. 6-9 S. 11-14 S. 28-37
367
03/1998
S. 38-52
369
05/1998
S. 18-28
369
05/1998
S. 28-29
45. 46. 47. 48. 49. 50.
51. 52.
53. 54. 55. 56. 57. 58. 59.
60. 61. 62.
Joseph Alois Schumpeter. Prophet der „schöpferischen Zerstörung“ Wahlen und Weltwirtschaft Teilhard de Chardin. Der Mensch im Kosmos Die Bildungslücke Das Elend der sozialen Marktwirtschaft. Wie man eine gute Idee ruiniert Die spontane Ordnung der Gesellschaft. Friedrich August von Hayek zum 100. Geburtstag Die „Bienenfabel“ hält uns den Spiegel vor Jenseits von Angebot und Nachfrage. Wilhelm Röpke und die moralische Dimension der Marktwirtschaft Das ich im planetaren Zeitalter Max Stirners Leben Die vielen Gesichter der Dummheit Die Neue Ökonomie als permanente Revolution? Die „geheimen Wege“ des Fortschritts Neue Köpfe in Washington Der Weltbürger von morgen – ein Mischling? G. Pascal Zacharys provokante Zukunftsthesen Die Entmachtung. Abschied vom „Vater Staat“? Magister Lant und Mister Green Der Neid. Motor oder Bremse der Gesellschaft?
372
08/1998
S. 50-58
373 376
09/1998 12/1998
S. 22-23 S. 42-54
377 379
01/1999 03/1999
S. 22-26 S. 22-29
381
05/1999
S. 50-62
381
05/1999
S. 62-63
386
10/1999
S. 22-27
389 389 391
01/2000 01/2000 03/2000
S. 34-46 S. 38-39 S. 22-33
397
09/2000
S. 58-65
401
01/2001
S. 22-33
402 404
02/2001 04/2001
S. 30-31 S. 30-35
406
06/2001
S. 20-31
407
07/2001
S. 48-50
408
08/2001
S. 46-49
549
63. 64. 65. 66. 67. 68. 69.
70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77.
550
Für eine großzügige Gesellschaft. Geben und Nehmen in unserer Zeit Liberale Publizistik. Basis der Zivilgesellschaft. Ein MUTInterview mit Robert Nef Alles nur Zufall? Von der Ungewissheit zur Wahrscheinlichkeit De Traum von einer besseren Welt. Visionen für das dritte Millennium Die abgesagte Apokalypse. Der „wahre“ Zustand der Welt Der Lotteriestaat. Wenn der Zufall regiert Starke Impulse durch utopisches Denken. Ein MUTInterview mit Professor Barbara Goodwin Was ist liberal? Was ist sozial? Politische Begriffe und Visionen in unserer Zeit Amerikas Übermacht und ihre Grenzen Frau im Zentrum Heute vor hundert Jahren. Gedanken zum neuen Jahr Der Versorgungsstaat ist am Ende Was wird aus den Menschen? Norbert Elias und der Prozeß der Zivilisation Das Zeitalter Asiens. China auf dem Weg zur Weltmacht Renaissance der Geopolitik. Eine Politikwissenschaft wird wiederentdeckt
409
09/2001
S. 26-33
410
10/2001
S. 56-58
411
11/2001
S. 60-71
413
01/2002
S. 22-35
415
03/2002
S. 24-34
419
07/2002
S. 54-62
419
07/2002
S. 63-65
420
08/2002
S. 34-37
423
11/2002
S. 10-20
423 425
11/2002 01/2003
S. 20-21 S. 6-13
427
03/2003
S. 32-39
429
05/2003
S. 30-43
433
09/2003
S. 68-79
437
01/2004
S. 54-63
78. 79. 80. 81. 82. 83. 84.
85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96.
Die Welt von morgen in geopolitischer Sicht „Und ich habe Deutschland so geliebt“ Der Euro auf Erfogskurs Die Deutsche Angst. Flucht vor der Wirklichkeit Wohin geht die Reise? Das Gespenst der Überalterung Die „gefährlichsten Ideen“ unserer Zeit Hahnfeldt, Marion: Dummheit macht erfinderisch. [Interview mit Alfred Zänker für die Lübecker Nachrichten] Wohin steuert Amerika? Zwischen Dollardebakel und neuer Realpolitik Unsere Erinnerungen. Wie zuverlässig sind sie? Leben im falschen Bewußtsein Deutschland braucht mehr Mut. Der Weg aus der Misere: Im Weltmaßstab denken Der Mensch in der Masse Weltbild 2006 Der Fortschritt als Idee und Wirklichkeit Emilie du Châtelet. Eine Frau zwischen Wißbegierde und Leidenschaft Europas schwindende Zukunft Vom Klassenkampf zum Ende der Armut? Homo urbanus. Der unaufhaltsame Drang in die Megacitys Was wissen wir über die Zukunft? Die Zahl als Maß der Wirklichkeit
438
02/2004
S. 62-74
442
06/2004
S. 56-62
444 446
08/2004 10/2004
S. 10-12 S. 6-15
447
11/2004
S. 22-26
449
01/2005
S. 26-33
450
02/2005
S. 40-41
452
04/2005
S. 14-23
454
06/2005
S. 74-87
456 458
08/2005 10/2005
S. 12-16 S. 6-15
461 468 473
01/2006 08/2006 01/2007
S. 28-41 S. 12-27 S. 24-37
476
04/2007
S. 74-87
481 481
09/2007 09/2007
S. 60-61 S. 72-87
482
10/2007
S. 26-35
484
12/2007
S. 36-47
551
97. 98. 99. 100. 101. 102. 103.
In den Fängen der Glücksindustrie. Das Dilemma des modernen Menschen Klimastreit. Religion, Politik und Wissenschaft? Auf dem Weg, die Welt besser zu verstehen Sieg des liberalen Vernunftdenkens. Bernhard Christian Wintzek Das Irrlicht der „sozialen Gerechtigkeit“. Auf dem Schleichweg zum Sozialismus? Die große Krise. Obama – Retter in der Not? Unsere Zeit im Spiegel von MUT
Chaim (Hans) Noll Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Tägliche Übung in Toleranz. Berlin: Kein Ort für die Wahrheiten von gestern 2. Zurück zu den Büchern. Neuzeitliches Überleben und Altes Testament – Teil I 3. Zurück zu den Büchern. Neuzeitliches Überleben und Altes Testament – Teil II 4. Zurück zu den Büchern. Neuzeitliches Überleben und Altes Testament – Teil III 5. Dämonen im Abgrund 6. Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil I) 7. Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil II) 552
485
01/2008
S. 14-27
487
03/2008
S. 72-87
489
05/2008
S. 34-52
492
08/2008
S. 16-33
495
11/2008
S. 48-62
498
02/2009
S. 56-73
500
04/2009
S. 180188
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
282
02/1991
S. 33-40
288
08/1991
S. 32-40
289
09/1991
S. 54-62
290
10/1991
S. 42-50
292 301
12/1991 09/1992
S. 32-37 S. 20-25
302
10/1992
S. 36-42
8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
Rom. Im Schatten deiner Flügel (Teil III) Tiefe Wurzeln des Versagens. Über westdeutsche Mitschuld am Staat DDR Ich lerne eine neue Sprache Schrecken der Steine Klarer Himmel über Jerusalem Unverhofftes Überleben. Gedanken über die „Neue Klasse“ Piccolo è bello. Wege in Süditalien Das leere Zimmer Gewinn durch Verlust Der siebte Tage Schüsse mitten in Israels Herz Jerusalem. Zauber des Friedens Im Anfang waren wir eins. Nachsinnen über eine Ausstellung Shawua tow – Eine gute Woche Die Sprache der Bibel Hebron. Annäherungen an einen Ort Morgen in der Wüste Mein Garten Eden Israel – der kleinste Vielvölkerstaat der Welt Gebet am großen Krater Auch der Terror nicht. Erinnerung an das Attentat in Beer Sheva Hellwach. Übermüdet. Das Gewissen. Neue Gedichte von Lutz Rathenow Meine Nachbarn, die Beduinen Die Unsichtbaren. Erfahrungen in der Medienwelt
303
11/1992
S. 34-40
308
04/1993
S. 32-42
311 314 318 321
07/1993 10/1993 02/1994 05/1994
S. 42-52 S. 39-47 S. 54-61 S. 60-71
324
08/1994
S. 70-75
327 333 338 340 342 347
11/1994 05/1995 10/1995 12/1995 02/1996 07/1996
S. 79-87 S. 48-55 S. 88-95 S. 29-31 S. 78-87 S. 88-95
349
09/1996
S. 78-79
351 356
11/1996 04/1997
S. 86-95 S. 60-68
360 364 368
08/1997 12/1997 04/1998
S. 88-95 S. 84-95 S. 54-57
374 378
10/1998 02/1999
S. 70-77 S. 74-81
383
07/1999
S. 80-81
386 392
10/1999 04/2000
S. 78-87 S. 50-53 553
32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48.
554
Himmlische Heiterkeit Die Botschaft des Granatapfels Familie. Der Ruf, ins Leben zurückzukehren Nur noch Worte von gestern. Brief aus Israel Wehmut in Wind und Weite. Erfahrungen mit den Liedern der Beduinen Warum ich glaube. Antwort an einen deutschen Studenten (I. Teil) Warum ich glaube. Antwort an einen deutschen Studenten (II.Teil) Höre auf ihre Stimme … Die Bibel als Buch der Frauen (Teil I) Höre auf ihre Stimme … Die Bibel als Buch der Frauen (Teil II) Papst Benedikt XVI. und die Juden Kains Verrat an der Erde Kirche und Juden. Die vatikanische Konzilserklärung „Nostra Aetate“ Jenseits der Katastrophen. Die Erforschung der Wüste als existentielles Konzept Noah und die Wasser der Korruption. Die biblische SintflutParabel Von der Nichtigkeit des Bösen Die Freiheit zu fragen. Ein Plädoyer für den Papst Großeltern
399 403 416
11/2000 03/2001 04/2002
S. 72-73 S. 78-87 S. 18-22
424
12/2002
S. 27-33
427
03/2003
S. 76-87
436
12/2003
S. 42-56
437
01/2004
S. 69-77
450
02/2005
S. 68-87
451
03/2005
S. 70-87
454
06/2005
S. 48-55
456 459
08/2005 11/2005
S. 76-87 S. 60-72
461
01/2006
S. 74-87
464
04/2006
S. 58-73
469 471
09/2006 11/2006
S. 58-60 S. 6-9
474
02/2007
S. 6-11
49. 50. 51. 52. 53. 54. 55.
Bibel und Koran. Nähe und Unvereinbarkeit zweier Konzepte Aura der Angst. Kommunismus, Islam und ihre Wirkung auf Europa Gebranntes Kind sucht Feuer. Ralph Giordanos „Erinnerungen eines Davongekommenen“ Eine Vision für den Mittleren Osten Bewahren, was ringsum verloren geht. Meine zwei Jahrzehnte mit MUT „Staub und Stein waren verklärt“ Biblische Landschaften im Werk von Thomas Mann „Gegen die zehn Gebote kämpfen wir“. Judenhaß als Vorbote von Christenverfolgungen
Peter Schütt Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Zwischen Platt und Parteischinesisch. Auf den Spuren des Niederdeutschen in Mecklenburg 2. Nachruf auf eine altgediente Mühle 3. Jerusalem 4. Der Engel der Ermutigung 5. Weihnachten im Schatten des Roten Sternes 6. Nicht überall beginnt das Neue Jahr am ersten Januar
478
06/2007
S. 38-56
484
12/2007
S. 59-71
485
01/2008
S. 12-13
490
06/2008
S. 42-56
492
08/2008
S. 44-51
496
12/2008
S. 42-59
500
04/2009
S. 148152
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
333
05/1995
S. 78-87
337
09/1995
S. 56-61
338 338 340
10/1995 10/1995 12/1995
S. 5 S. 39-40 S. 78-87
341
01/1996
S. 80-87
555
7. 8. 9. 10. 11.
12. 13. 14. 15.
16. 17. 18.
19. 20. 21. 22. 23.
556
„Die Bombe ist böse“. Eine Erinnerung an den ersten Ostermarsch 1960 Mein Schulweg Isfahan. Zwischen Endlichkeit und Ewigkeit Mevlides Teppich-Klinik Letztes koloniales Imperium. Ein MUT-Interview mit dem russischen Schriftsteller Rady Fish Die Heinzelmännchen vom Haynpark Seiner Sache treu Preußens Gloria und die Grüne Fahne der Propheten Wir Roma und Sinti sind Überlebenskünstler. Ein MUTInterview mit dem ZigeunerDichter Muharem Serbezovski 1968 – dreißig Jahre später. Ein persönlicher Rückblick Ein Jahrhundertbuch Schriftsteller leben gefährlich. Ein MUT-Interview mit dem Erfolgsautor Mahmud Doulatabadi Kryptorealismus. Ein Maler aus dem Iran schockiert die Kunstszene Marketing-Seminar vor der Haustür Im Zeichen des Granatapfelbaums. Spaniens Wiederannäherung an den Islam Das Weihnachtsevangelium nach dem Koran Deutsche Muslime auf jüdischer Spur?
344
04/1996
S. 56-57
346 348
06/1996 08/1996
S. 31-34 S. 54-62
351 354
11/1996 02/1997
S. 5 S. 60-69
356
04/1997
S. 23-25
358 362
06/1997 10/1997
S. 70-71 S. 40-51
364
12/1997
S. 70-74
366
02/1998
S. 58-67
368 368
04/1998 04/1998
S. 26-28 S. 29-33
370
06/1998
S. 80-83
372
08/1998
S. 5
373
09/1998
S. 64-72
376
12/1998
S. 70-76
379
03/1999
S. 63-69
24.
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38.
Um bei sich selber anzukommen. Ein MUT-Interview mit der Bestsellerautorin Svende Merian Mühsame Anfänge. Der Ratschlag der Religionen bekommt Konturen Ohne westdeutsche Mithilfe hätte die DDR keine vierzig Jahre überdauert Ein Maler auf mystischen Pfaden Unbekannte Vielfalt. Neue Bücher zum besseren Verständnis des Orients Ebenbild des Universums. Ein MUT-Interview mit dem SufiMeister Pir Oveyssi Das Ebenbild des Ilyas Özdemir Islamic Banking. Wie immer mehr Deutschtürken ihr Geld anlegen Eigentum verpflichtet. Ein MUT-Inteview mit „AsriCard“-Chef Mustafa Gögüs Auf dem Weg zu einem deutschen Islam Abendländische Morgenfahrerin Rückkehr der Religionen. Eine kritische Bücherlese nach der Jahrtausendwende Preußen und der Islam Jan Philipp Reemstma antwortet auf Deutsche Fragen Das Europa der Zukunft. Kirchen, Moscheen und Synagogen: Orientierungspunkte für eine europäische Leittradition
380
04/1999
S. 38-43
382
06/1999
S. 66-71
383
07/1999
S. 72-80
385
09/1999
S. 72-76
387
11/1999
S. 58-61
392
04/2000
S. 54-63
392 394
04/2000 06/2000
S. 62-63 S. 16-19
394
06/2000
S. 20-21
397
09/2000
S. 12-17
398
10/2000
S. 52-57
403
03/2001
S. 70-77
405 406
05/2001 06/2001
S. 56-62 S. 46-51
414
02/2002
S. 36-43
557
39. 40. 41.
42. 43. 44.
45.
46. 47. 48.
49. 50. 51. 52.
558
Theologie im Plural. Hamburg plant eine Akademie der Weltreligionen Eine west-östliche Reise. Annemarie Schimmels Lebenserinnerungen Keine Menschenrechte ohne Menschenpflichten. Ein MUTInterview mit dem Anwalt der australischen Ureinwohner Asmi Wood Ein „Haus der Weltreligionen“ für Hamburgs HafenCity Die Kulturzelle der Hamburger KPD Was soll das Gerede von den Wurzeln? Ein MUT-Interview mit der türkischen Dichterin Aysel Özakin Die Zeit der Propaganda ist vorüber. Ein MUT-Interview mit Nahid Schamsdost, Pionierin des iranischen Zeichentrickfilms Der neue Weltkrieg findet nicht statt, wenn … Fortsetzung folgt. Neue Prosa von Lutz Rathenow Zwischen Hartz IV und Terrorverdächtigung. Deutsche Muslime suchen nach Wegen aus der Krise Das Waschhaus am Wesselyring Die Katze von Bethlehem. Eine Fabel und ihre Folgen Sehnsuchtsort Worpswede Good-bye, Ulrike Meinhof
418
06/2002
S. 26-32
422
10/2002
S. 52-55
426
02/2003
S. 23-27
428
04/2003
S. 72-75
430
06/2003
S. 50-55
438
02/2004
S. 74-79
439
03/2004
S. 24-27
440
04/2004
S. 26-30
445
09/2004
S.56-57
449
01/2005
S. 68-76
460
12/2005
S. 33-38
460
12/2005
S. 72-73
462 467
02/2006 07/2006
S. 34-42 S. 64-69
53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64.
Und Jesus ist sein Prophet. Zum Verhältnis von Muslimen und Christen Auf der Wasserscheide Kein Ende der Gewalt Lieber Chaim Noll, Eine Bernsteinkette für einen Band Kempowski. Ein Nachruf Lyrische Landvermessung Aus der Kraft der Stille Von Abraham zu Mohammed Hoffmann von Fallersleben überquert die Oste bei Oberdorf Lehmann machte es möglich Raimund Adametz – der Bildweber am Ostedeich Spagat zwischen Himmel und Erde. MUT und der interreligiöse Dialog
Gerd-Klaus Kaltenbrunner Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Gibt es zum Himmel eine Alternative? Welt des Barock – Anweisung zu seligem Schweben und allumfassende Sphärenvielfalt 2. Magie der Düfte. I. Teil: Vom Rosenöl zum Deodorant 3. Magie der Düfte. II. Teil: Wohlgeruch der Heiligkeit 4. Sogar Götter entstehen durch Gedichte. Der römische ExilDichter Ovid und sein großes Welttheater
469
09/2006
S. 68-69
470 475 478 483
10/2006 03/2007 06/2007 11/2007
S. 65-66 S. 68-70 S. 56-61 S. 23-25
488 491 493 494
04/2008 07/2008 09/2008 10/2008
S. 26-27 S. 36-37 S. 67-71 S. 60-61
498 499
02/2008 03/2009
S. 74-75 S. 72-77
500
04/2009
S. 164176
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
281
01/1991
S. 60-71
282
02/1991
S. 62-71
283
03/1991
S. 62-71
284
04/1991
S. 58-71
559
5.
6. 7.
8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.
560
„Der Mensch ist das Antlitz des Universums“. Zum 150. Todestag des Philosophen Franz von Baader An der Schwelle des Sommers. Gedanken über den Juni, Ernst Jünger und die Siebenschläfer Oranten und Laboranten. Europas Weg vom Mönchskloster zur Allmacht der ExpertenWerkstätte Von den Entzückungen des Lesens. Bücher, die mehr als Bücher sind – Klassiker All-Tag und All-Nacht. Von der fruchtbaren Prägnanz des Dunkeln Herbstesklarheit. Jenseits von Oktoberfest und Oktoberrevolution Zwischen Allerseelen und Ewigkeitssonntag Der Weise vom Bodensee „Seliger ist es zu beschreiben die Nymphen“. Eine Erinnerung an Paracelcus Februar-Rhapsodie. Esoterik und Folklore des LichtmessMonats März-Gedanken. Wundersame Vorzüge des Gralsmonats April-Verzauberungen. Über Ostermond und die Transzendenz des Grüngeflunkers Duft gewordenes Maienlicht. Der Kirchbaum in Poesie, Mystik und Brauchtum Juni vielleicht … Mitsommertagtraum und Lindenminne
285
05/1991
S. 54-71
286
06/1991
S. 60-71
287
07/1991
S. 28-30
288
08/1991
S. 62-71
289
09/1991
S. 78-87
290
10/1991
S. 74-87
291
11/1991
S. 66-87
292 293
12/1991 01/1992
S. 69-72 S. 68-71
294
02/1992
S. 68-87
295
03/1992
S. 72-87
296
04/1992
S. 70-87
297
05/1992
S. 72-87
298
06/1992
S. 74-87
19. 20.
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.
28. 29. 30. 31. 32. 33.
Sonnenmacht und Sommerfreude August-Dreiflügelbild. Von himmlischen Irrwischen, irdischen Engeln und den Wonnen hingerissener Schlaflosigkeit Apfelbaum im Septembermond Reif sein ist alles. OktoberGedankengänge im Azur des Altweibersommers Sankt Martins Mantel und die Folgen. Eine essayistische Tetralogie zum Nebelmonde Alle Jahre wieder … Eine vorweihnachtliche Betrachtung Schneeleidenschaft und Wintermärchen Der 24. Februar. Ein Unglückstag und seine bühnenwirksamen Folgen Johannes von Nepomuk. Erinnerungen zum 600. Todestag des deutsch-tschechischen Märtyrers und Brückenheiligen Osterspaziergang zwischen Tulpen. Eine Aprilblume als Bild, Sinnbild und Aktie Liebeswege im Fliedermond. „… daß blau zu blühen jedes Herz vermag“ Holundergeflüster. Ein blühender Strauch an der Schwelle des Sommers Sankt Jakobus und die Deutschen Paradiesäpfel im August Birnenmost im September. Ein nostalgische Nachsommerplauderei
299
07/1992
S. 78-87
300
08/1992
S. 72-87
301 302
09/1992 10/1992
S. 78-87 S. 76-87
303
11/1992
S. 76-87
304
12/1992
S. 78-87
305
01/1993
S. 72-87
306
02/1993
S. 79-87
307
03/1993
S. 78-87
308
04/1993
S. 78-87
309
05/1993
S. 78-87
310
06/1993
S. 80-87
311
07/1993
S. 76-87
312 313
08/1993 09/1993
S. 76-87 S. 78-87
561
34.
35. 36. 37. 38. 39.
40. 41. 42. 43. 44. 45.
46. 47.
562
Erinnerung an die Heilige Hedwig. Zum 750. Todestag der deutsch-polnischen Friedensfürstin Zwischen Traumwelt und Welthumor. Jean Paul als Dichter des Wunderbaren Lichtmystik und Kerzenzauber. Eine vorweihnachtliche Plauderei Eine Begegnung im Januar. Das Erröten der WintermärchenPrinzessin Macht der Masken. König Karneval hat viele Gesichter Sehnsucht, sich selbst zum Sinnbild werdend … Herzenswunde und Gräbernacht einer kleinen Schwester Hölderlins Umstrittener Selbstdenker. Peter Tschaadajews katholisches Westlertum in Moskau Kärntens Grenzlandzauber im Spiegel der Sage Heimweh nach Arkadien. Erinnerung an eine Landschaft, die es zweimal gibt Landschaften als Spuren Gottes Die Gärten der Humanitas. Römisches Landleben im Zeichen Dianas und Minervas „Wie etliche eurer Dichter sagen …“ Ein reformierter Pfarrer, der Thomas von Aquin verehrt Kindermund im Advent. Eine Dezember-Miniatur Rühmung des Runden. Von Sternenmusik, Sphärenklang und Weltfreundschaft
314
10/1993
S. 76-87
315
11/1993
S. 78-87
316
12/1993
S. 76-87
317
01/1994
S. 78-87
318
02/1994
S. 74-87
320
04/1994
S. 74-87
322
06/1994
S. 74-87
323
07/1994
S. 72-75
324
08/1994
S. 79-87
325 326
09/1994 10/1994
S. 74-75 S. 78-87
327
11/1994
S. 70-72
328
12/1994
S. 72-73
329
01/1995
S. 88-95
48. 49.
„Als ich dereinst in Heidelberg studierte …“. Das Jahr, in dem Eichendorff zum Dichter wurde Ein Meistersinger der Dinge zwischen den Dingen. Erinnerung an den Lyriker und Essayisten Fritz Usinger
Rudolf Wassermann Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Warum war es so schwer, die Wahrheit über die DDR zu sagen? 2. Ein epochaler Umbruch. Deutschland 1991 – Zwischen Einheit und Integration 3. Deutschland in Europa. Perspektiven und Konsequenzen nach der Wiedervereinigung 4. Neuorientierung aus totalitärer Verwüstung 5. Dürfen SED-Symbole überleben? 6. Wie Politik Vertrauen verspielt 7. Versöhnung mit Terroristen? Sollen verurteilte Terroristen vorzeitig entlassen werden? 8. Ein teures Parlament. Der Bundestag sorgt sich um sein Ansehen 9. Letzte Warnung? Folgerungen aus den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein
330
02/1995
S. 72-73
331
03/1995
S. 76-78
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
282
02/1991
S. 46-50
284
04/1991
S. 10-25
286
06/1991
S. 21-33
289
09/1991
S. 8-9
290
10/1991
S. 20-21
292 294
12/1991 02/1992
S. 22-26 S. 18-19
296
04/1992
S. 8-9
298
06/1992
S. 22-27
563
10. 11.
12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
564
Keine Wiedergutmachung? Das Unrecht der „Bodenreform“ soll bestehen bleiben Ostdeutsche Notizen. Die „Komitees für Gerechtigkeit“ vertiefen den Graben zwischen Ost und West Auf dem rechten Auge blind? Zur Lage in Strafjustiz und Polizei Enttäuschte DDR-Flüchtlinge Justizgroteske. Wie Honecker die Freiheit verschafft wurde Entscheidungsstau und Politikverdrossenheit. Die politische Lage vor dem Wahljahr 1994 Warum doppelte Staatsangehörigkeit? Anmerkungen zu einer aktuellen Diskussion DDR-Legendenbildung Was DDR-Akten enthüllen Sind wir noch zu retten? Über die Verantwortung der Politik für die Bekämpfung der Gewalt Freikaufgewinnler oder ehrlicher Makler? Rückkehr an die Macht? PDS auf dem Vormarsch Pluralismus der Wertorientierungen Reifeprüfung. Bundestagswahl und PDS Mythos Bodenreform? Die sozialistische Umgestaltung der DDRLandwirtschaft Ortsbestimmung. Politik und Parteien nach dem Wahljahr 1994
300
08/1992
S. 46-56
302
10/1992
S. 6-14
305
01/1993
S. 22-25
306 307
02/1993 03/1993
S. 26-27 S. 6-12
312
08/1993
S. 6-18
313
09/1993
S. 65-67
315 317 319
11/1993 01/1994 03/1994
S. 5 S. 40-41 S. 32-37
322
06/1994
S. 38-39
323
07/1994
S. 5
324
08/1994
S. 32-43
325
09/1994
S. 15-17
328
12/1994
S. 48-54
329
01/1995
S. 6-16
26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.
33. 34. 35. 36. 37.
38. 39. 40. 41. 42.
Wider das Vergessen. Amnestie für SED-Unrecht – ja oder nein? Meinungsfreiheit als Beschimpfungsfreiheit. Irrwege der Rechtssprechung „Ab wie viel Unrecht ist ein Staat ein Unrechtsstaat?“ Kriminalpolitik im Umbruch. Sanktionen müssen spürbar sein Ein Appell ohne Folgen? Zu Roman Herzogs Berliner Rede Auch die politische Apparatur bedarf der „Verschlankung“ Zwei politische Kulturen? Die Kooperation mit der PDS bedeutet Abkehr von der streitbaren Demokratie Kopftuch und Toleranz Menschenrechtsverständnis in den neuen Ländern „Berliner Republik?“ Das Kinderwahlrecht – ein Irrweg Rückgabeverbot als Bedingung für die Wiedervereinigung? Zum Schicksal der Konfiskationen von 1945 bis 1949 Asyl und Kirche Parteienstaat in der Krise Gaucks Irrtum. Verwirrung um die Stasi-Abhörprotokolle Vormann der Freiheit. Zu einer neuen Ernst-Reuter-Biographie Nochmals: Stasi-Akten. Eine Erwiderung
336
08/1995
S. 32-35
339
11/1995
S. 16-23
358
06/1997
S. 60-63
364
12/1997
S. 13-19
367
03/1998
S. 53-57
370
06/1998
S. 14-18
371
07/1998
S. 6-9
373 376
09/1998 12/1998
S. 72-73 S. 16-22
377 382
01/1999 06/1999
S. 10-12 S. 36-41
386
10/1999
S. 16-21
387 391 394
11/1999 03/2000 06/2000
S. 38-43 S. 14-21 S. 59-60
399
11/2000
S. 60-65
409
09/2001
S. 60-61
565
43. 44. 45. 46. 47. 48.
Lehren aus dem Massaker von Erfurt Parlaments- oder Kanzlerwahl? Zum Bundestagswahlkampf 2002 Weimar kommt nicht wieder 1968 – Wie es wirklich gewesen ist Einseitige Erinnerungspolitik. Vom Umgang mit RAF-Tätern und ihren Opfern Wasser predigen und Wein trinken? Wie die politische Klasse sparen könnte
Marko Martin Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Eine Heimkehr nach Europa 2. Paris. Ein Fest der Beweglichkeit 3. Kalter Krieg und fröhliche Nützlichkeit. Ein MUTInterview mit Melvin J. Lasky 4. Heimkehr auf einem Bein. Ein MUT-Interview mit Erich Loest 5. Welch ein Fortschritt … Ein MUT-Interview mit Jelena Bonner 6. Die Verteidigung der Moderne 7. Diese Verdrossenheit muß aufhören. Ein MUT-Interview mit Jens Reich
566
418
06/2002
S. 6-10
420
08/2002
S. 6-9
425 432
01/2003 08/2003
S. 14-21 S. 12-26
436
12/2003
S. 34-35
444
08/2004
S. 6-9
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
285 296
05/1991 04/1992
S. 34-39 S. 22-26
299
07/1992
S. 16-18
301
09/1992
S. 6-9
306
02/1993
S. 28-31
308 311
04/1993 07/1993
S. 26-31 S. 38-41
8. 9. 10. 11.
12. 13. 14. 15.
16. 17. 18.
19. 20. 21.
Sowjetisches Denken lebt noch immer fort. Ein MUT-Interview mit Wladimir Bukowski Keiner wurde gezwungen zu lügen. Ein MUT-Interview mit Helga Schubert Beirut, Beirut. Porträt einer gemordeten Stadt Zeichen und Bilder. Ein MUTInterview mit dem großen französischen Romancier Michel Tournier „Es gibt zu viele Mythen um Kuba“. Ein MUT-Interview mit Jorge A. Pomar Algerien ist ein Menetekel. Ein MUT-Interview mit Mohammed Dib Eine Intellektuellen-Initiative hilft bedrohten Menschen aus Algerien Alte Lagerfronten gestriger Sicherheiten. Ein MUTInterview mit dem Bürgerrechtler Wolfgang Templin Jeder Mensch in seiner Nacht. Ein Besuch bei Julien Green Zwischen Patmos und Babylon. Notizen einer langen Reise Diktatoren und Genies. Ein MUT-Interview mit dem spanischen Schriftsteller Antonio Muñoz Molina Mein Kompaß ist Auschwitz. Ein MUT-Interview mit dem Publizisten Ralph Giordano Und der Westen schweigt. Ein MUT-Interview mit dem Philosophen André Glucksmann Es gab nicht nur Mitläufer
313
09/1993
S. 34-37
315
11/1993
S. 28-29
318
02/1994
S. 39-48
321
05/1994
S. 72-75
330
02/1995
S. 6-9
331
03/1995
S. 23-27
336
08/1995
S. 62-63
338
10/1995
S. 50-55
340
12/1995
S. 32-35
341
01/1996
S. 69-80
343
03/1996
S. 16-19
345
05/1996
S. 41-47
346
06/1996
S. 58-66
348
08/1996
S. 22-23 567
22. 23.
24. 25. 26. 27.
28. 29.
30.
31.
32. 33.
568
Das Schloß bei Prag Über Detektive und Anarchisten, braune Kommunisten und eitle Literaten. Ein MUTInterview mit Didier Daeninckx Wer war Hans Habe? Eine Spurensuche Klaus Mann – Letzte Tage in Cannes Ein Buch über Yves Montand Mit einem Excusez-moi ist es nicht getan. Ein MUT-Interview mit Stéphane Courtois über die Rolle der Kommunisten in der Résistance Selbstironie und Toleranz. Ein MUT-Interview mit Milo Dor Der hohe Preis der SchuldVerdrängung. Ein MUTInterview mit der Politikwissenschaftlerin und Autorin Gesine Schwan Einfach ist gar nichts. Ein MUT-Interview mit dem französischen Historiker Joseph Rovan Es gibt keine marxistische Erotik. Ein MUT-Interview mit Friedenspreisträger Mario Vargas Llosa Hafen der Hoffnung. Eine Zeitreise in die Vergangenheit Lissabons Aufbruch in die eigene Geschichte. Ein Pariser Theaterregisseur inszeniert mit Obdachlosen Gorkis „Nachtasyl“
349 349
09/1996 09/1996
S. 5 S. 70-74
353
01/1997
S. 36-47
356
04/1997
S. 47-55
357 359
05/1997 07/1997
S. 66-67 S. 10-17
361
09/1997
S. 38-43
366
02/1998
S. 68-74
368
04/1998
S. 74-78
369
05/1998
S. 30-37
371
07/1998
S. 22-34
375
11/1998
S. 32-36
34.
35. 36.
37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49.
Eine deutsche Geschichte. Stefan George und das Auseinanderbrechen seines Kreises im Jahre 1933 Form macht Sinn Internet-Surfen allein garantiert noch keine humanere Welt. Ein MUT-Interview mit dem Philosophen Alain Finkielkraut Letzte Tage in Paris. Ein vorläufiger Abgesang Zwei Vergangenheiten. DDRNostalgie, Neo-Nazismus und das Schweigen in Brandenburg Nehemias Enkel. Israelische Notizen Verleugnete Erfahrung Mehr als ein „Fall“. Zum Tode von Heberto Padilla Der letzte Elefant. Zum 20. Todestag von Romain Gary Wer braucht Ernst Nolte Die Freiheit, „Ich“ zu sagen. Zum 100. Geburtstag von Franz Borkenau Abschied von der Angst. Eine Reise nach Palermo Weshalb heißen Lateinamerikaner Hussein? Amsterdamer Notizen Die Tage danach. Ein Versuch zum 11. September Lächelnde Gesichter, offene Wunden. Eine kambodschanische Reise „Als wär ich nie gewesen oder kaum“. Zum 100. Geburtstag von Hans Sahl
377
01/1999
S. 52-69
379 381
03/1999 05/1999
S. 79-81 S. 20-27
392
04/2000
S. 30-35
393
05/2000
S. 35-41
396
08/2000
S. 58-66
397 399
09/2000 11/2000
S. 77-78 S. 30-31
400
12/2000
S. 66-70
400 401
12/2000 01/2001
S. 76-77 S. 70-71
403
03/2001
S. 36-47
410
10/2001
S. 72-87
411
11/2001
S. 6-11
414
02/2002
S. 24-36
417
05/2002
S. 62-69
569
50. 51. 52.
53. 54.
55. 56. 57. 58.
59. 60.
570
Das Böse existiert. Ein MUTInterview mit dem Philosophen André Glucksmann Auf der Kurischen Nehrung. Russische Augenblicke Lieber sich allem verweigern als eine Marionette sein. Über die Fragilität all unserer Gewissheiten, Ein MUT-Interview mit dem Literaturnobelpreis-Träger Imre Kertész Das große Rätsel. Zum 100. Geburtstag von Georges Simenon Hohle Rhetorik der Gedenkroutine. Gegen einseltsam deformiertes Erinnerungsbewußtsein, Ein MUT-Interview mit der Publizistin Barbara Spinelli Tage in Ruanda. Letzte Kommunisten oder traumatisierte Demokraten? Die mißbrauchte Vergangenheit. Ein MUT-Interview mit dem Schriftsteller Marek Halter Nicht ganz Hopper. Fast ohne Erzählung Debile Rechts-Links-Spiele haben ausgedient. Ein MUTInterview mit Historiker Thierry Wolton Kaddisch mit Schabowski. Zur Erinnerung an den Publizisten und Essayisten Melvin J. Lasky Konsumorgie der Glückssucher. Ein MUT-Interview mit dem Essayisten Pascal Bruckner
420
08/2002
S. 38-49
421
09/2002
S. 22-27
425
01/2003
S. 52-55
426
02/2003
S. 28-36
427
03/2003
S. 64-70
432
08/2003
S. 48-61
433
09/2003
S. 46-53
438
02/2004
S. 80-87
441
05/2004
S. 36-43
443
07/2004
S. 24-25
444
08/2004
S. 12-22
61.
62. 63. 64.
65.
66. 67. 68.
69. 70. 71. 72.
Gefährlicher Multi-KultiKonformismus. Ein MUTInterview mit dem niederländischen Soziologen Paul Scheffer Der Zuseher. Eine abenteuerliche Lektüre-Reise mit Graham Greene Ein Mann springt in die Tiefe. Zum 100. Geburtstag von Arthur Koestler Weder Pinochet noch Fidel Castro. Ein MUT-Interview mit dem chilenischen Romancier Jorge Edwards Der Asterix-Komplex in Reinkultur. Ein MUT-Interview mit dem Essayisten Pascal Bruckner, Paris Norwegische Begegnungen Die Liberalen von Lima. Ein Besuch bei hartgesottenen Menschenfreunden Hugo Chavez wird die Armen nur enttäuschen. Ein MUTInterview mit den nicaraguanischen Schriftsteller und Politiker Sergio Ramirez Nach dem Krieg. Vor dem Krieg. Dazwischen. Ein Reisebericht aus Israel Schicke Ladies Eine Reise in den (Anti)Nationalismus. Basken im Kampf gegen die ETA Schatten der Vergangenheit. Kalkuliertes Vergessen, selektives Erinnern, Ein MUTInterview mit dem spanischen Romancier Ignacio Martinez de Pisón
453
05/2005
S. 6-17
456
08/2005
S. 62-75
457
09/2005
S. 76-87
462
02/2006
S. 43-51
464
04/2006
S. 18-25
467 469
07/2006 09/2006
S. 24-29 S. 36-43
470
10/2006
S. 74-87
474
02/2007
S. 12-25
476 479
04/2007 07/2007
S. 50-57 S. 46-55
484
12/2007
S. 16-22
571
73. 74. 75.
76. 77. 78.
Im Gedächtnisloch. Weshalb die Linkspartei im Westen Erfolg hat Die Glasscherbe und die Kokosnuß Prophylaktische Kapitulation. Weshalb Deutschland Rußlands Großmachtpolitik nichts entgegensetzen möchte Die Rechte des Menschen Verrat aus Freiheitsliebe? Milan Kundera, die Politik, die Literatur Integrer AusnahmeIntellektueller. Eine Erinnerung an Jürgen Fuchs
Matthias Buth Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Die eigene Sprache als Wasser und Brot. Das östliche Europa will wahrnehmbar bleiben 2. Deutsche Polenbegeisterung 3. Kräwinkelei. Christoph Heins Roman „Landnahme“ 4. Deutschland als Kulturnation 5. Ein Ozean an Musik. Abel Ehrlich zwischen Israel und Deutschland 6. Schiller mit uns 7. Habseligkeiten eines Dorfes in Masuren 8. Vaterland Wort 9. Das Herz im Staub der Straße 10. Preußens Sterne
572
487
03/2008
S. 18-21
492
08/2008
S. 61-78
494
10/2008
S. 79-83
496 498
12/2008 02/2009
S. 26-27 S. 36-41
500
04/2009
S.54-60
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
437
01/2004
S. 40-43
439 444
03/2004 08/2004
S. 28-35 S. 49-51
446 448
10/2004 12/2004
S. 80-87 S. 72-75
451 454
03/2005 06/2005
S. 48-53 S. 36-39
455 457 458
07/2005 09/2005 10/2005
S. 12-27 S. 70-75 S. 58-62
11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30.
Unerreichbar nahe. Selbstfindungen durch die Künste in Israel und Deutschland Vierhändig. Robert Schumanns Osten Mozarts „vatterland“ Die Notruferin. Abschied von Hilde Domin (1909-2006) Karl Dedecius – Ein Deutscher aus Polen Häutung mit Folgen Worauf warten? Welt ging verloren Zwischen Krakau und Köln. Krzysztof Meyer, Komponist von europäischen Format Nahe Nachbarn Verändert sich Europa? Muslimische und türkische Mentalitäten Bagdad Krieger Sonnengesänge. Wortmusik vom Orient zum Okzident Todgeweihte Todbereite. Walter Flex und die deutsche Kriegsdichtung 1914 Vor Ort. Integration wohin? Kopftuch Kunzes Kosmos. Ein Leben im Zwischenland Berlins grelle, gelbe Nacht. Jakob van Hoddis’ Rosen vom Wannsee Eine Jugend ohne Deutschland. Ein biographischer Roman aus Berlin-Neukölln
459
11/2005
S. 52-55
462
02/2006
S. 64-65
463 464
03/2006 04/2006
S. 10-14 S. 34-37
467
07/2006
S. 70-71
469 470 472 473
09/2006 10/2006 12/2006 01/2007
S. 12-13 S. 48-49 S. 24-29 S. 68-70
476 477
04/2007 05/2007
S. 70-73 S. 30-35
484 484 484
12/2007 12/2007 12/2007
S. 53 S. 63 S. 74-87
486
02/2008
S. 55-60
491 491 492
07/2008 07/2008 08/2008
S. 6-12 S. 9 S. 82-86
493
09/2008
S. 25-29
495
11/2008
S. 32-35
573
31.
496
12/2008
S. 74-81
32. 33.
Ich hab mein Grab in der Hoffnung. Weihnachten in uns Nachten Freundlich Asyl
496 500
12/2008 04/2009
34.
Ehre
500
04/2009
S. 81 S. 138147 S. 147
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
313
09/1993
S. 51-57
315 323
11/1993 07/1994
S. 14-27 S. 48-52
326
10/1994
S. 6-14
327 338
11/1994 10/1995
S. 5-6 S. 32-38
340
12/1995
S. 18-22
344
04/1996
S. 50-55
347
07/1996
S. 34-52
352 362 370
12/1996 10/1997 06/1998
S. 52-53 S. 28-34 S. 30-32
Eckhard Jesse Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Verfehlte Kritik an der „Historisierung“ des Dritten Reichs. Eine Auseinandersetzung mit fragwürdigen Tendenzen bei Walther Hofer 2. 1968 – und 25 Jahre später 3. Die Aufarbeitung der beiden deutschen Diktaturen für die politische Kultur 4. Die Koalitionsszenarien vor der Bundestagswahl 1994 5. Nach der Wahl 6. Keine neue Republik. Fünf Jahre vereinigtes Deutschland 7. „Political Correctness“ in den USA und in Deutschland 8. Deutsche Diktaturaufarbeitung und die Bedeutung des antitotalitären Konsenses 9. Von Athen bis Atlanta. 100 Jahre Olympische Spiele zwischen Sport und Politik 10. Joachim Gauck for President! 11. 1977 – und 20 Jahre später 12. Nach Magdeburg – und vor Bonn
574
13.
14.
15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29.
Das Schwarzbuch des Kommunismus. Die Diskussion über eine lange verdrängte Wahrheit 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Haben wir eine Verschiebung des politischen Koordinatensystems? 1989 – und zehn Jahre danach „Sie haben leider nichts daraus gelernt“ Großes Glück. Günstige Gelegenheit genutzt Der 13. August 1961 – und vierzig Jahre danach Antiamerikanismus in Deutschland? Die Fixierung auf den Westen. Aspekte des DDR-Alltags Der Reichstagsbrand: 70 Jahre danach. Eine leidige Kontroverse ohne Ende Politische Gedenktage Deutschlands im Wandel Die Geschichte Deutschlands, seit der Gründung des Kaiserreiches Das „Wunder von Bern“. Fünfzig Jahre danach „Volksfront von rechts“ Das Scharnierjahr 1945. Ein Rückblick auf die Zeit davor und danach Die FußballWeltmeisterschaften seit 1930 Parteiendemokratie in der Krise? „Deutscher Herbst“? Die RAF und der linke Terrorismus
374
10/1998
S. 10-25
381
05/1999
S. 28-41
388 394
12/1999 06/2000
S. 56-69 S. 72-73
398
10/2000
S. 12-23
408
08/2001
S. 20-31
414
02/2002
S. 6-9
423
11/2002
S. 52-57
428
04/2003
S. 24-33
430
06/2003
S. 47-49
434
10/2003
S. 56-67
443
07/2004
S. 26-33
448 460
12/2004 12/2005
S.14-15 S. 24-32
466
06/2006
S. 6-17
479
07/2007
S. 16-17
481
09/2007
S. 6-13
575
30. 31.
Eine Kooperation mit der LINKEN verbietet sich Geist und Macht. Kontinuität und Wandel im intellektuellen Milieu seit der deutschen Einheit
Jörg Weigand Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Man kann immer nur beurteilen. Ein MUT-Interview mit Elke Monssen-Engberding 2. Unter dem Schleier der Maske. Pseudonyme in der deutschen Literatur 3. Man muß die „Mauer im Kopf“ abbauen. Ein MUT-Interview mit Bundesbildungsminister Rainer Ortleb 4. Menschenverachtung und Völkermord als Programm. Über die besondere Gefährdung der Jugend durch zur Intoleranz und zum Rassenhaß aufstachelnde moderne Medien 5. Kampf der Kinderpornographie und dem sexuellen Mißbrauch. Europäische Zusammenarbeit ist unbedingt notwendig, Ein MUTInterview mit Angela Merkel 6. Kopf und Hand gehören zusammen. Ein MUT-Interview mit Handwerkspräsident Heribert Späth 7. Wir brauchen mehr demokratische Solidarität
576
494
10/2008
S. 44-45
500
04/2009
S. 68-73
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
305
01/1993
S. 15-21
307
03/1993
S. 66-69
308
04/1993
S. 42-52
314
10/1993
S. 6-10
314
10/1993
S. 14-19
317
01/1994
S. 27-39
318
02/1994
S. 20-21
8.
9. 10.
11.
12. 13
14.
15. 16. 17.
Ich bin ein richtiger Berlin-Fan. Ein MUT-Interview mit dem Sprecher der Bundesregierung Dieter Vogel Der Durst im Knoblauchbett Mehr Freiheit bedeutet immer auch mehr Verantwortung. MUTInterview mit HRK-Präsident Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen Reform der deutschen Rechtschreibung: Dieser Quatsch ist völlig nebensächlich. Ein MUTInterview mit dem Präsidenten der Europäischen VerlegerVereinigung Volker Schwarz Gisbert Haefs, seine Romane und die Literatur ganz allgemein: Literatur ist Unterhaltung Mobilität ist eine Existenzfrage für Deutschland. Ein MUT-Interview mit dem Bundesminister für Verkehr, Matthias Wissmann Wir müssen bereit sein, unsere Bündnisverpflichtungen einzuhalten. Ein MUT-Interview mit der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Claire Marienfeld Traumlandschaften und Innenwelten Kishons neuester satirischer Streifzug Was allein zählt, ist die wissenschaftliche Qualität. Ein MUTInterview mit dem Präsidenten der Alexander-von-HumboldtStiftung, Prof. Dr. Reimar Lüst
319
03/1994
S. 24-31
322 326
06/1994 10/1994
S. 31-33 S. 51-58
332
04/1995
S. 32-38
335
07/1995
S. 50-52
336
08/1995
S. 24-31
337
09/1995
S. 6-10
338
10/1995
S. 16-17
339
11/1995
S. 24-25
340
12/1995
S. 13-17
577
18.
19.
20. 21. 22.
23.
24.
25.
26. 27.
28.
578
Politikgeschichte als roter Faden. 342 Ein MUT-Interview mit dem Direktor des „Hauses der Geschichte“ in Bonn, Prof. Dr. Hermann Schäfer Schutz der Privatheit. Ein MUT- 344 Interview mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Dr. Joachim Jacob Wider Gewaltverherrlichung, 345 Verrohung und Rassenhaß Schrankenlose Zügellosigkeit. 346 Kinderpornographie im Internet Direkte Brücke. Ein MUT- 347 Interview mit der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Christa Nickels Das Bewußtsein der Wissenschaft- 348 ler schärfen. Ein MUT-Interview mit dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Dr. Wolfgang Frühwald Nicht mit alten Stasi-Strolchen an 350 einen Tisch. Ein MUT-Interview mit Erich Loest, Vorsitzender des VS Die Zeitung – 26 Millionen täg- 352 lich. MUT-Interview mit Wilhelm Sandmann, dem Präsidenten des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger Schlummernde Potentiale 355 Keine Verschiebung des Euro. Ein 358 MUT-Interview mit dem EuropaAbgeordneten Dr. Karl von Wogau Grimms Märchen und Sagen. 360 Eine beispielhafte Edition
02/1996
S. 18-24
04/1996
S. 32-36
05/1996
S. 62-63
06/1996
S. 34-37
07/1996
S. 6-12
08/1996
S. 6-11
10/1996
S. 31-38
12/1996
S. 18-22
03/1997 06/1997
S. 18-19 S. 6-10
08/1997
S. 80-81
29. 30.
31. 32. 33. 34.
35. 36. 37. 38. 39. 40.
41.
42.
43.
Sorgsam konstruiertes Zeitgemälde. Georg R. Kristan und die Bonner „Heimatkrimis“ Ein Drittel liest nicht. Ein MUTInterview mit Gerhard Kurtze, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Groschenheft-Horror. L. Ron Hubbard, ein amerikanischer „Pulp“-Autor Gewalt der Benachteilgten Beißende Satire. Ephraim Kishon und sein zweiter Roman Spiegelbild unserer Gesellschaft. Ein MUT-Interview mit der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, Claire Marienfeld Eine schuldenfreie Mustergemeinde Gegen Wissenschaftsbetrug Der Gewinner darf nicht überheblich sein. Fußball gab es in China schon vor 4700 Jahren Von der Kunst der Selbstbeschränkung Braune Mordhetze Tiefes Glücksgefühl. Ein MUTInterview mit dem FDAEhrenpräsidenten Volkmar Zühlsdorff Basiskompetenz Lesen. Ein MUT-Interview mit Prof. Dr. Klaus Ring, Geschäftsführer der „Stiftung Lesen“ Starke Fusionsbewegung. Ein MUT-Interview mit Roland Ulmer, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Ein Tag im März
361
09/1997
S. 52-53
362
10/1997
S. 17-21
362
10/1997
S. 24-28
366 366
02/1998 02/1998
S. 14-15 S. 24-25
368
04/1998
S. 6-9
369
05/1998
S. 68-70
370 371
06/1998 07/1998
S. 5 S. 78-80
372
08/1998
S. 56-57
373 374
09/1998 10/1998
S. 30-31 S. 34-38
376
12/1998
S. 76-81
378
02/1999
S. 28-31
379
03/1999
S. 70-72 579
44. 45.
46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56.
580
Kindlich-naive Freude am Abenteuer Vom Zukunftsträumer zum Weltraumpionier. Der NASA-Direktor Jesco von Puttkamer und seine Science-fiction Jede Wahl ist eine Zitterpartie. Ein MUT-Interview mit Ministerpräsident Reinhard Klimmt Kleinod Romanischer Baukunst Phantastisch, Phantastisch. Die „Phantastische Bibliothek“ in Wetzlar Kleine Handwerksbetriebe sind erfolgreich. Ein MUT-Interview mit ZDH-Präsident Dieter Philipp Ich bin ein Radikaldemokrat. Ein MUT-Interview mit dem Satiriker Ephraim Kishon Sexuelle Gewalt an Kindern. Ein MUT-Interview mit Professor Adolf Gallwitz Vergangenheitsbewältigung Maos Mann in Bonn Brisante Korrektur Das große Panschen. Ein MUTInterview mit dem Ernährungsexperten Udo Pollmer Gegen Meinungsterror und Zensur
381
05/1999
S. 78-79
383
07/1999
S. 28-29
384
08/1999
S. 6-11
384 385
08/1999 09/1999
S. 38-39 S. 5
392
04/2000
S. 20-24
402
02/2001
S. 6-9
408
08/2001
S. 14-19
408 433 448 485
08/2001 09/2003 12/2004 01/2008
S. 78-79 S. 78-79 S. 34-35 S. 62-68
500
04/2009
S. 177179
Jürgen Bräunlein Lfd. Titel des Artikels Nr. 1. Penetranter Ehedozent 2. Wolfgang Koeppen. Ein literarischer Außenseiter von Rang 3. „Nachweisbar unzutreffend“ 4. „Eis für jede Stimmung“ 5. Die Frau, die „Effi Briest“ war. Vor 45 Jahren starb Elisabeth Baronin von Ardenne 6. Schnöder Mammon? 7. Die wirkliche Alice. Das Wunderland des Lewis Carroll 8. „Zaubermaschinen“. Einführung in eine Ästhetik des Telefonierens 9. Von Pythagoras bis Madonna. Die Geschichte des Vegetarismus und seine Anhänger 10. Wohin damit? Von der Kunst des Abschiednehmens 11. Trauma und Kreativität. Eine Kulturgeschichte der Hörhilfen und ihre berühmten Träger 12. Tod dem Sensenmann. Bleibt Unsterblichkeit ein Mythos? 13. Peep und Blubb. Der Rückkehr der Dilettanten 14. Sehnsucht nach dem Banalen. Die mediale Erlösung der Spaßgesellschaft. Ein MUTInterview mit dem Medientheoretiker Jochen Hörisch 15. Zehn Jahre Handys. Ein Platzhirsch und sein Siegeszug 16. Lara, mach mir die Greta. Über synthetische Stars und virtuelle Helden
Heftnr.
Monat/Jahr
Seiten
345 346
05/1996 06/1996
S. 14-15 S. 56-58
350 353 354
10/1996 01/1997 02/1997
S. 5 S. 34-35 S. 86-95
358 362
06/1997 10/1997
S. 5 S. 62-69
365
01/1998
S. 80-87
373
09/1998
S. 82-95
375
11/1998
S. 5
387
11/1999
S. 76-87
390
02/2000
S. 54-61
394
06/2000
S. 78-87
395
07/2000
S. 56-64
400
12/2000
S. 6-9
404
04/2001
S. 54-67
581
17. 18.
19. 20.
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.
582
Machos im rollenden Uterus? Ein Versuch, die Faszination von Formel 1 zu verstehen Totgesagte leben länger. Eine kleine Geschichte der medialen Anschläge auf das Leben Prominenter Neugierig auf neue Entwicklungen. Die Publizistin Sigrid Löffler Hungerkunst, Magersucht und Fastenwunder. Eine Kulturgeschichte der Nahrungsverweigerung Kunst im Wartezimmer. Wenn Ärzte sich für das Schöne begeistern 100 Jahre Peter Pan. Kindsein als Glücksverbrechen zwischen Utopie und Neurose Leben im Lärm. Von der Stille zur Dauerbeschallung – und zurück? Inszenierter Größenwahn. Von Homer bis zum Guinnessbuch der Rekorde Mit den Wörtern würfeln „Lebe wohl, mein kleiner Freund!“ Eine kleine Kulturgeschichte der Tierbestattung Klänge aus dem Schneckenhaus. Cochlea-ImplantatTräger erzählen
405
05/2001
S. 28-33
415
03/2002
S. 34-39
420
08/2002
S. 14-17
427
03/2003
S. 50-59
436
12/2003
S. 62-63
448
12/2004
S. 48-57
452
04/2005
S. 66-77
463
03/2006
S. 26-32
469 471
09/2006 11/2006
S. 61-67 S. 50-58
496
12/2008
S. 28-32