Martin Karrer Die Johannesoffenbarung als Brief Studien zu ihrem literarischen,
histOl'ischen und theologischen Ort
T1:mdenhoeck& Ruprecht
MARTIN KARRER
Die Johannesoffenbarung als Brief Studien zu ihrem literarischen, historischen und theologischen Ort
VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Wolfgang Schrage und RudolfSmend 140. Heft der ganzen Reihe
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Ka"n, Martin: DieJohannesofTenbarung als Brief: Studien zu ihrem literar., histor. u. theol. Ortl Martin Karrer. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1986. (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 140) ISBN 3-525-53818-9 NE:GT
D29 Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort.~ Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986Printed in Germany. - Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auffoto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Gesetzt aus Baskerville auf Linotron 202 System 3 (Linoty~). Satz und Druck: Gulde-Druck GmbH, Tübingen. Bindearbeit: Hubert & Co., Göttingen.
Inhalt Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkung zu Schreibweise und Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 II
o AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
1 Die Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
Exkurs I: Bemerkungen zur frühen Rezeptionsgeschichte der Apk . . . .
17
2 Die Wahrnehmung und Beurteilung der brieflichen Züge der Apk in der neueren Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
Die Weichenstellung Lückes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
2 Literarkritische Hypothesen einbeziehende Erklärungen bis zur Gegenwart ...................................
24
3 Die Linie der interpretatorischen Vernachlässigung der brieflichen Züge der Apk von Bousset bis zur Gegenwart . . . . . . . . . . . .
30
4 Die Interpretationsversuche Goodspeeds (1927) und Poiriers (1943) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
5 Neue Erklärungsimpulse im letztenjahrzehnt . . . . . . . . . . . . . . .
34
6 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
Grundlegung: Erstellung von Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk mit ihren brieflichen Zügen. . . . .
41
Kommunikationstheoretische und briefanalytische Grundlagen der Untersuchung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
2 Der Ort der Apk mit ihren brieflichen Zügen in ihrer Literaturepoche
48
Das Umfeld von apokalyptischer und Offenbarungsliteratur .... 1 Die Apk und die Briefe der Elia-, Jeremia- und Baruchtradition 2 Die Apk und die Briefe in der Henochliteratur . . . . . . . . . . . . . 3 Zwischenergebnis .................................
48 49 53 59
6
Inhalt
4 Vergleichstexte in griechischer Offenbarungsliteratur .... . . . 5 Der Kontext frühchristlicher Offenbarungsliteratur . . . . . . . . . 6 Ein Blick auf die Gnosis und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60 63 65
2 Ortsbestimmung der Apk in der urchristlichen Briefliteratur .... 1 Die paulinische Translation vor- und außerchristlicher Brie~onventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Die Apk und die paulinische Brieftradition
66 67 73
3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
2 Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk . . . . . . . . . .
85
Die einführende Kenntlichmachung der Apk für ihre Leser/Hörer in 1,1-3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Formgeschichtliche Bestimmung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
2 Inhaltliche Schwerpunkte .............................
96
1 Die Werkbezeichnung als Offenbarung Jesu Christi und ihr religionsgeschichtlicher Ort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Die Standpunktbestimmung des Apk-Autors in seiner spezifischen Aufnahme alttestamentlicher Traditionen 3 Der Rezeptionshinweis im Makarismus . . . . . . . . . . . . . . . . ..
100 106
3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
108
2 Die Brieferöffnung Apk 1,4-8 mit ihren soteriologischen, christologischen und eschatologischen Leitlinien. . . . . . . . . . . . . ..
108
1 Der Textzusammenhang und das Textgefälle . . . . . . . . . . . . . . ..
109
2 Die dem Apk-Autor und seinen Adressaten gemeinsame christologisch-soteriologische Grundlage nach I,Sb-6a . . . . . . .. 1 Traditionsgeschichtliche Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2 Der Aussagegehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
110 110 113
3 Die Vertiefung und Weiterführung dieser Grundlage durch den Apk-Autor in ihrem Kontext. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1 Die Vertiefung in den weiteren christologischen Aussagen von 1,5f . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2 Die Weiterführung in der Aussage von 1,7 ... . . . . . . . . . . . .. 3 Die Bekräftigung durch die Selbstprädikation Gottes 1,8
96
117 11 7 121 125
4 Die Vorstellung der sieben Geister in der Apk . . . . . . . . . . . . . . ..
128
5 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
131
Inhalt
7
Exkurs 2: Der forschungsgeschichtliche Ort der vorgetragenen Sicht einer kommunikativen Entwicklung und Entfaltung der eschatologischen Auffassungen in der Apk . . . . . . . . . . . . ..
132
3 Die Spiegelung der Kommunikationssituation in der Eröffnungsepiphanie mit den Sendschreiben Apk 1,9-3,22 . . . . . . . . . . . . . . ..
137
Formgeschichtliche Analyse sowie traditions- und religionsgeschichtliehe Ortsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1 Die Audition und Vision 1,9-20 (bzw. 3,22) . . . . . . . . . . . . . ..
138
Exkurs 3: Zur Frage einer Engelchristologie in der Apk . . . . . . . . . . ..
14 7
139
2 Gnostische Bezüge, Schreibbeauftragung und Drei-Zeiten-Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3 Die Sendschreiben 2, 1-3,22 .......................... 4 Der Gesamtzusammenhang und das leserftihrende Textgefälle
2 Kommunikativ wichtige Einzelaspekte der Epiphanie und der Beauftragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1 Die Selbstbezeichnung der Apk als zu versendendes ~L~Ä.iov . .. 2 Das Einbringen der Gemeindeengelvorstellung in die Beauftragungen 3 Die kommunikative Bestimmung der Situation der Christen in 1,9-3,22. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
152 159 165 168 168 169 186
I Die Grundcharakteristik der Situation der Christen in der Bedrängnis und der Gottesherrschaft (1,9) . . . . . . . . . .. 2 Die Bedrängnis der Gemeinden durch Heiden undjuden . . . .. 3 Die Gefcihrdung der Gemeinden durch Nikolaiten, die Anhänger der Lehre Bileams, und durch die Gruppe um Isebel 4 Die Gefährdung der Gemeinden durch ein Handeln, das ihren Heilsstand verfehlt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
203
Exkurs 4: Bemerkungen zur Ethik in der Apk .................. ,
210
4 Das kommunikative Anliegen der Überwindersprüche . . . . . . . ..
212
5 Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
217
4 Die rezipientenorientierte Bewältigung der Kommunikationssituation in Apk 4-22 .................... '. . . . . . . . . . . . . ..
220
Die durchgängige Leser- und Hörerorientierung von Apk 4-22 . ..
221
2 Die Linien der Leserftihrung im Aufbau von Apk 4-22 . . . . . . . .. 1 Die Linien und das Ziel der Leserftihrung im Corpus . . . . . . .. 2 Die Linie der Leserftihrung im Werkschluß ......... . . . . .. 3 Ergebnis: Die Aussagelinien und ihr I ntegrationspunkt in der Eschatologie ................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
224 225 249
187 191 195
254
8
Inhalt
3 Die Spiegelung wichtiger Aspekte der Kommunikationssituation in Apk 4-22 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I Die Abfassung im Zusammentreffen alttestamentlich-jüdischer und griechisch-hellenistischer Vorstellungen . . . . . . . . . . . . .. 2 Der Bezug aufdie Bedrängnis der Christen von seiten ihrer heidnischen Umwelt ............................... 3 Die implizite Auseinandersetzung mit dem] udentum ....... 4 Der Bezug aufdas Wirksam werden gnostischer Tendenzen bei den Adressatengemeinden .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 5 Der Bezug auf ethisch unzureichendes Tun bei Christen in den Adressatengemeinden ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
256 258 263 266 269 276 278
Exkurs 5: Vergeltung und Rechtsdurchsetzung Gottes in der Apk
279
5 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
282
3 Schluß: Textexterne Bündelung der Untersuchung und Erträge
285
Die äußere kommunikative Situationseinbettung der Apk ........
285
I Bezüge der Apk aufdie Profan- und die allgemeine Religionsgeschichte Kleinasiens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
286
2 Die Einbettung der Apk in die innere Geschichte des kleinasiatischen Christentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
291
3 Rückschlüsse aufeinen äußeren brieflichen Vorgang der Apk . . ..
30 I
2 Erträge: Der literarische, historische und theologische Ort der Apk ..
304
Literaturverzeichnis .................................... "
313
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
345
Vorwort Bereits zu Beginn meines Studiums regte mich 1973 ein Seminar bei Professor Dr.Otto Böcher zur Beschäftigung mit der Johannesoffenbarung an. Den Herren Professoren Dr.Jürgen Roloff und Dr.Otto Merk habe ich es zu danken, wenn ich die damaligen Anstöße nach meinem Studium wieder aufnehmen und in neuer Richtung entfalten konnte: Ersterer lenkte meine Aufmerksamkeit auf die brieflichen Züge der Johannesoffenbarung und begleitete die darauf unter seiner Betreuung vornehmlich in den Jahren 1980-1982 entstehende Arbeit in einem freundschaftlichen Dialog, der sich in Anerkennung wie Kritik umso anregender erwies, als er nur wenig zeitverschoben seinen Kommentar zur Johannesoffenbarung schrieb. Letzterer förderte mich ebenso gewichtig, indem er mir als seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter großzügig den nötigen Freiraum zum Abfassen vorliegender Arbeit gewährte und mich immer wieder auf wichtige Aspekte hinwies. Ich erlebte diese Konstellation, in der sich auch verschiedene theologische Schultraditionen begegnen konnten, als sehr glücklich und danke beiden Lehrern herzlich. Ihre Gutachten lagen der Annahme meiner Arbeit als Dissertation durch die Theologische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Frühjahr 1983 zugrunde. Herrn Professor Dr. Wolfgang Schrage und dem Verleger danke ich rur die Aufnahme der Arbeit in die Reihe der "Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments", Herrn Professor Dr. Schrage überdies für wichtige Sachhinweise, die ich in der vorliegenden Druckfassung berücksichtigen konnte. Für diese habe ich die Arbeit gekürzt undda sich der Druck verzögerte - im Forschungsstand durch Einarbeitung der bis Ende 1985 zur Apk neu erschienenen Literatur aktualisiert. Die Grundthese konnte unverändert bleiben, nach der es sich in der Johannesoffenbarung um einen brieflichen, kommunikativ an kleinasiatische Gemeinden paulinischer Tradition gerichteten Text der späthellenistischfrühkaiserzeitlichen Offenbarungsliteratur handelt, in dem der sich Johannes nennende Autor seine Adressaten durch eine Entfaltung der futurischen Dimension der Heilsdurchsetzung Gottes und Jesu der Gewißheit, aber auch der normativen Verbindlichkeit ihres Heils angesichts einer Krise versichert, die er durch heidnische Pressionen, jüdische Widerstände, das Aufbrechen gnostischer Tendenzen und ethische U nzulänglichkeiten in den Gemeinden bestimmt sieht. Freunde und Verwandte haben die Entstehung dieser Arbeit mit einem
10
Vorwort
Interesse und einer Hilfsbereitschaft begleitet, die sie in Rat und Tat keine Mühe scheuen ließ und die bei der Erstellung und Korrektur des Manuskripts ihren stärksten Ausdruck fand. Stellvertretend für sie sei Herr stud. theol. Walter Erlwein genannt, der auch die Register miterstellte. Ich bleibe ihnen allen in Dankbarkeit über diese Arbeit hinaus verbunden. Großzügige Zuschüsse aus dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der Verwertungsgesellschaft Wort sowie aus der Zantner-BuschStiftung und vom Landeskirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern haben dankenswerterweise die Drucklegung ermöglicht. Erlangen, den 27. Januar 1986
Martin Karrer
Vorbemerkung zu Schreibweise und Abkürzungen Die Schreibweise von Namen biblischer Personen und Orte richtet sich nach dem Ökumenischen Verzeichnis der biblischen Eigennamen nach den Loccumer Richtlinien, Stuttgart 21981. Die Abkürzungen im Text und im Literaturverzeichnis folgen soweit wie möglich dem Abkürzungsverzeichnis zur Theologischen Realenzyklopädie, zusammengestellt von Siegfried Schwertner, Berlin-New York 1976. Die darin nicht erfaBten antiken und altkirchlichen Texte werden nach in der Literatur allgemein üblichen Kurztiteln zitiert. Darüber hinaus werden noch folgende Abkürzungen verwendet: BET CPA EWNT
JSNT NHC NHS SNTU
Beiträge zur biblischen Exegese und Theologie Clavis Patrum Apostolicorum, ed. Henricus Kraft, Darmstadt 1963 Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, hrsg. v. H. Balz u. G. Schneider, 3 Bde., Stuttgart usw. 1980/ 1981/1983 Journal for the Study ofthe New Testament Nag Hammadi Codex Nag Hammadi Studies Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt
o AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort der Untersuchung 0.1 Die AufgabensteIlung In den letztenjahrzehnten geriet ein Grundpfeiler der kritischen ApkForschung seit Lücke und der religionsgeschichtlichen Schule ins Wanken, die Annahme nämlich, daß dieses Werk als Apokalypse im Konnex der jüdischen apokalyptischen Tradition und Literaturgattung zu interpretieren sei. Die Anstöße dazu gingen wesentlich von der amerikanischen Forschung aus, die an ältere deutsche Exegeten mit einem konservativen Vorbehalt gegen Lücke und Bousset, etwa an Th. Zahn anknüpfen konntet. Ladd (1957), Kallas (1967) undJones (1968) suchten den Erweis, daß die Apk von der Apokalyptik abzusetzen sei, durch einen Vergleich der Apk mit ihrer Ansicht nach zentralen Merkmalen der Apokalyptik: Sie bezeichne sich unapokalyptisch als Prophetie, sei nicht pseudonym und in der Methode ihrer Zukunftsvoraussagen eher prophetisch als apokalyptisch, sehe die Gegenwart der Geschichte nicht pessimistisch, sondern als Ort der göttlichen Erlösung, zeige ethische Zielgerichtetheit statt Passivität1 , entwickle ein unapokalyptisches Konzept des Leidens als gottgesetzt 3 und verwerfe schließlich einen Entwurf als Geheimlehre 4 • Obwohl diese Argumente in Gewicht und Stringenz ungleichgewichtig sind s, strahlten sie nach Europa aus. Auch deutsche Exegeten machten sich die Vorbehalte gegen eine unmittelbar apokalyptische Betrachtung der Apk bis zu deren Bezeichnung als "Antiapokalypse" (Georgi 1980) zu eigen 6 .
Den Hintergrund dieser Entwicklung bildet die nach 1945 durchgebrochene und bis heute nicht überwundene Verunsicherung gegenüber der Bestimmung einer Apokalypsengattung im Kontext der religionsgeschichtlichen Strömung der Apokalyptik überhaupt. Nahezu alle dafür 1 S. etwa Ladd, Revelation and Jewish Apocalyptic 94. Zahn, Offenbarung kritisiert Lücke explizit I 144; Bousset, Offenbarung übergeht er bis auf die Literaturangabe I 127 sogar in seiner Forschungsübersicht. 1 Ladd a.a.O. 94-100; vgl.Jones, Apocalypse bes. 326f. J Kallas passim. 4 Jones a.a.O. 327. 5 So lehnte sogar Jones a.a.O. 325f. die Argumentation Kallas' mit der Auffassung des Leidens in der Apk ab. 6 Georgi. Visionen 363; etwas zurückhaltender Schüßler Fiorenza 1969: "kein apokalyptisches Werk" (Gericht 331, dort hervorgehoben).
14
AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
verwandten Einzelkriterien erwiesen sich nämlich bei der intensiven Sichtung der hierher gerechneten Texte als ohne allgemeingültigen, in der Forschung konsensfähigen Charakter'. Konsequent urteilte Rau 1974, daß ftir eine gegenwärtige Untersuchung eines angeblich apokalyptischen Werkes von keiner "der vorliegenden Bestimmungen dessen, was unter Apokalyptik zu verstehen ist", auszugehen sei 8 . Die historisch-kritische Forschung bewies so eine bemerkenswerte Fähigkeit zur Selbstkritik an eigenen früheren Thesen und deren methodischer Gewinnung, ohne aber grundsätzlich auf die Erträge der älteren Forschung verzichten zu wollen. Daher wurde in den letzten Jahren der Apokalyptikbegriffnicht aufgegeben 9 . Vielmehr wurde nach neuen Möglichkeiten gesucht, ihn zu bestimmen, sei es über traditionsgeschichtliche Akzentsetzungen oder, dazu verwandt, über einen Ansatz beim innerhalb traditions.geschichtlicher Fragestellungen methodenvielfältig zu untersuchenden Uberlieferungsgeschehen 10, über die Bildung von Merkmalsyndromen, deren Zusammenhang gegebenenfalls im übergreifenden Anliegen einer Deutung der Gegenwart gesucht wird 11, schließlich über eine Grunddefinition, die die Apokalypsengattung hinter die umstrittenen Merkmale zurückgehend erfassen will. Den größten Einfluß gewann die GrunddefinitionJ.J. Collins' ( 1979): ",Apocalypse' is a genre of revelatory literature with a narrative framework, in which a revelation is mediated by an otherworldly being to a human recipient, disclosing a transcendent reality which is both temporal, insofar as it envisages eschatological salvation, and spatial insofar as it involves another, supernatural world. "11 Das Problem dieser auf den ersten Blick bestechenden Definition liegt darin, daß sie stark mit inhaltlichen Kriterien arbeitet. In der europäischen Rezeption werden diese denn auch - unter Verlust möglicher Spezifika von Apokalypsen innerhalb der übergreifenden Gattung Offenbarungsliteratur! - teilweise zurückgenommen: Carmignac beendet die Definition nach "transcendent reality", "car l'eschatological salvation est un contenu theologique qui est possible, mais qui n'est pas du tout essentiel aI' Apocalyptique. "13
7 S. etwa Dexinger bes. 588"., dessen Tabelle S.59 schon vorab den mangelnden Forschungskonsens deutlich werden läßt. 8 Rau 16. 9 Entgegen Glassons Aufforderung von 1980 (Apocalyptic lOS). 10 S. Rau 19ff., 495 ff. und K. Müller, Apokalyptik 207-210. 11 Lebram, Apokalyptik 192; vgl. methodisch schon Koch, Ratlos vor der Apokalyptik 20ff.(24ff.). 12 J.J. Collins, Morphology 9 (Zitat hervorgehoben); vgl. z. B. Yarbro Collins, Early Christian ApocaJypses 62. 13 Carmignac, l' Apocalyptique 33.
Die AufgabensteIlung
15
Ein Abschluß der Diskussion ist noch nicht abzusehen l4 . Immerhin tritt gegenwärtig zweierlei deutlich hervor. Zum einen läßt sich bei aller Unsicherheit des Begriffs nach wie vor wenigstens in einer ersten gattungsmäßigen Annäherung eine Gruppe jüdischer Texte als Apokalypsen bezeichnen, insbesondere Dan 7-12, äthHen, 4Esr, syrBar, ApkAbr und slavHen, ebenso eine Gruppe frühchristlicher Texte mit z. B. der ApkPaul und ApkPetr lS . Zum anderen weitet sich das Feld ftir die Erforschung dieser und der weiteren traditionell im Umkreis der Apokalyptik angesiedelten Texte: Ihre gattungsmäßige Bestimmung muß den sie übergreifenden Bereich der gemeinantiken Offenbarungsliteratur berücksichtigen 16 und ihre religionsgeschichtliche Betrachtung den gesamten zeitgenössischen antiken Raum zur Sichtung von Vergleichsmaterial heranziehen l7 . In diesem Rahmen bleibt es möglich und gefordert, die Apk in Erörterungen über die antike Apokalyptik, die apokalyptische und griechischrömische Offenbarungsliteratur einzubeziehen, in Erörterungen über eine spätantike Gedankenbewegung und literarische Strömung also, die bei allen nötigen traditions- und relig~onsgeschichtlichen Differenzierungen im einzelnen - übergreifend die Ubermittlung überweltlicher Offenbarung an einzelne Menschen und deren inhaltliche Entfaltung sprachlich zu erfassen und darzustellen sucht. Ein Unbehagen aber muß entstehen, sobald näherhin postuliert wird, die Apk sei innerhalb dieses Kontextes ihrer Anlage, ihrer Intention oder ihrem Gehalt nach ein apokalyptisches Buch in spezifischem, namentlich in jüdisch-apokalyptischem Sinn 18. Die Aufsprengung einer zu engen Einordnung ist hier besonders dringend, da nur so die eingangs aufgezeigte Krise der religionsgeschichtlieh-literarischen Beurteilung der Apk weiterführend überwunden werden kann: Da die Selbstbezeichnung eines Werks als "Apokalypse" auch in der frühen Gnosis erscheint (etwa in der Apokalypse Adams NHC V 5), sind zum literarischen und religionsgeschichtlichen Vergleich gegenüber der bisherigen Forschung verstärkt frühgnostische Quellen, da die Apk sich selbst in einem Kerngebiet des späten Hellenismus, der Asia, ansiedelt, weiterhin griechisch-hellenistische Offenbarungsschriften heranzu14 Auch aufdem Uppsalaer Colloquium über Apokalyptik 1979 konnte keine gemeinsame Definition erstellt werden (s. Rudolph, Apokalyptik 772-777). 15 S. Collins, Pseudonymity 329 und Yarbro Collins a.a.O. passim (umfassende Zusammenstellung frühchristlicher "Apokalypsen"!); vgl. rur den deutschen Raum zuletzt Kretschmar, Offenbarung 11-21,69f. 16 Wie sich an der genannten Definition Collins' (und Carmignacs) exemplarisch zeigt. 17 Charakteristisch bezog der erwähnte Kongreß in Uppsala Texte von Ägypten bis Rom und Iran in seine Diskussionen ein (dokumentiert in Apocalypticism passim). 18 Dieses Unbehagen bleibt auch gegenüber neuen Verteidigungen des "apokalyptischen" Charakters der Apk (wie in Collins, Pseudonymity passim) bestehen. Zumindest die Zurückhaltung Giesens (Christusbotschaft passim) ist zu wahren.
16
AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
ziehen 19 • Ferner muß sich die Interpretation der Apk auf eine vertiefte Wahrnehmung von Textindizien öffnen, die bei einer zu eng apokalytpischen Betrachtung dieses Werks nur sekundär in den Blick kommen. In entscheidender Weise gehört hierher der Rahmen, den sich die Apk über 1,1-3 hinaus und daran anschließend gibt: Indem sie ihren gesamten Fortgang zwischen das eröffnende und das abschließende Briefformular in 1,4f. und 22,21 einbettet, behauptet sie für sich als Gesamtwerk eine briefliche Anlage und ein briefliches Rezeptionsinteresse, die neu entdeckt werden müssen. Hier sieht die vorliegende Arbeit ihre Aufgabe. Aufgrund der Selbstcharakteristik der Apk in I, I als OffenbarungJesu Christi und der brieflichen Rahmung widmet sie sich ihr als einem brieflichen Offenbarungstext. Um die literarisch und religionsgeschichtlich problematische Verengung ihrer gattungsgeschichtlichen Betrachtung als "Apokalypse" von vorherein zu vermeiden, nimmt sie den Analyseansatz bei ihren brieflichen Zügen. Von deren Untersuchung aus sucht sie den literarischen, theologischen und historischen Ort der Apk in der Geschichte des frühen Christentums genauer zu erfassen als in der bisherigen Forschung nach Lücke geschehen. Der Aufbau der Arbeit spiegelt dabei einen fortschreitenden Reflexions- und Erkenntnisprozeß: Schon der eröffnende Exkurs zur frühen Rezeptionsgeschichte der Apk zeigt, daß deren Betrachtung von ihren brieflichen Zügen aus mehr als nur eine Ergänzung ihrer Sichtweise als Apokalypse bedeutet. Um nämlich dem in der frühen Rezeption noch wahrgenommenen brieflichen Charakter der Apk gerecht zu werden, muß die Interpretation den Wechsel von der traditionell dominierenden, am Werk als Buch interessierten, produktionsästhetischen Betrachtungsweise zur am Werk als Kommunikationsakt orientierten rezeptionsästhe19 Einen Ansatz zu letzterem unternahm bereits 1914 Boll, Offenbarung. Doch vereinseitigte er seine Untersuchung methodisch nur auf heidnisch-griechische Quellen und den dort seiner Ansicht nach zentralen Sternenglauben (s. bes. 125). Bereits der ihn rezipierende Clemen mußte zu einer breiteren religionsgeschichtlichen Ortung der Apk greifen (s. etwa sein Ergebnis 416). Auch einer weiteren Nachfolge Bolls stand dessen Einseitigkeit im Wege: Noch Böcher, der in seinem Astrologie-Aufsatz immer wieder auf ihn zurückgriff (Sternglaube passim), distanzierte sich Johannesapokalypse 15 im Ansatz von ihm. So konnte rur die Erforschung des Ortes der Apk in ihrer griechisch-hellenistischen Umwelt keine durchgängige und zu sicheren Ergebnissen ruhrende Forschungstradition entstehen, obwohl auch in der Theologie immer wieder die Verankerung der Apokalyptik in einer Gesamtbewegung spätantiker Religiosität bemerkt wurde (s. bes. Hengel,Judenturn 381-394). Die Folge war einerseits eine Vernachlässigung des griechisch-hellenistischen Vergleichsmaterials zur Apk, andererseits bei dessen Heranziehung die Erstellung nicht haltbarer Thesen: Dies gilt ebenso rur die Versuche, die Apk vom griechischen Drama her zu verstehen (vertreten durch Brewer 1936 und neuerdings Blevins 1980), wie rur ihre Zuordnung zur Gattung der griechisch-römischen Traum(!)-Visions-Berichte (durchJ.S. Hanson, Dreams 1423).
Bemerkungen zur frühen Rezeptionsgeschichte
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tischen Analyse vollziehen. Die neuere Forschung bietet dafür - wie der Forschungsüberblick erweisen wird - kaum Hilfestellungen. Daher muß sich ein Grundlegungsteil anschließen, der die Analysegrundlagen sichert und an seinem Ende eine begründete Arbeitshypothese zu interpretatorischem Gewicht und Bedeutung des Briefcharakters der Apk erlaubt. Die weiteren Arbeitsteile sollen diese Arbeitshypothese füllen und bestätigen, indem sie Art und Fortgang der Kommunikation in der Apk erheben und schließlich mit der textexternen Realität in Beziehung setzen, um so als Ertrag eine Gesamtinterpretation dieses Werkes zu ermöglichen.
EXKURS
I: Bemerkungen zurfrühen Rezeptionsgeschichte der Apk
Der Ansatz einer brieflich-rezeptionsästhetischen Analyse der Apk findet in ihrer frühen Rezeptionsgeschichte eine wesentliche Stütze, zeigt sich hier doch, daß die Selbstbezeichnung der Apk als "Apokalypse" erst sekundär ab dem späten 2.Jh. zur übertragbaren Gattungsbezeichnung wurde und daß erst nach diesem Vorgang das briefliche Rezeptionsinteresse der Apk aus dem Blick geriet: a) Der Mg zum Verständnis von " Apokalypse " als Gattungsbezeichnung hebt mit der Suche nach einer Kurzbezeichnung der Apk aus Zitationsinteressen an, deren textlichen Ausgangspunkt vom ältesten zuhandenen Beleg an der Abschnitt Apk 1,1-3 bildet. Denn hier allein in der Apk findet sich das Nomen a1tOKaAU'\VL~, das schon Justin 1 bei der Explikation seiner Auffassung von der lOOOjährigen Zeit in dial. 81,4 zur näheren Kennzeichnung seiner Berufung auf eine Prophetie des Johannes gebraucht, den er zu den Aposteln Christi zählt. Er verwendet MOKCtAU'\VL~ dabei ohne Artikel und mit der attributiven Erweiterung YEVO~tvT] au't
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AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
Erstere verwendet im ersten Drittel des 3.Jh. Hippolyt zur Bezeichnung seines verlorenen Werks im:EQ "toü xa"tQ 'IooQVVTJv Euayyu.Lou xai WtOXaA\""EOO~3. Letztere findet sich schon im letzten Drittel des 2.Jh. in den Varianten ,,Iohannis Apocalypsis" (Irenäus, adv.haer.l26,3) und 'A3toxcu..u",l.~ 'Iroavvou (bei Melito von Sardes nach Euseb, h. e. IV 26,2 und - auflateinisch vorlieg~nd - in CanMur 71)4. Beide Genitivvarianten werden in der handschriftlichen Uberlieferung der Apk als Titel gebraucht, so daß die Entstehung des heutigen Buchtitels der Apk kurz nachjustin in die zweite Hälfte des 2.Jh. angesetzt werden kann S .
Auch diese Kurztitel sind aus Apk I, I (-3) gewonnen. Doch die Nähe zur dortigen Aussage ist geringer als bei Justin: Der Genitiv 'IwavvolJ, der an die Stelle des 'I1100Ü XQLO'tO'Ü von 1,1 tritt, ist als genitivus subiectivus (näherhin auctoris) auffaßbar, so daß das noch justinische Verständnis der Apk als einzelner, dem Johannes widerfahrener Offenbarung einer Titelbezeichnung "Apokalypse" weicht, die Johannes verfaßte und schrieb. Der Übergang dazu ist bei Irenäus festzustellen, wenn dieser neben der Zitierformel ,Johannes vidit in Apocalypsi" (adv. haer. IV 30,4; vgl. V 35,2)6 Zitierformeln mit Verben des Sagens (,Johannes in Apocalypsi ait" IV 14,12 u.ö.; ferner mit "inquit" nach "videns" IV 20, II u. ö.; mit "dixit" I 26,3 usw.) oder mit "significavit" (V 26,1; 28,2) setzt. Die Entwicklung ist im CanMur (71 f., vgl. 57ff.) und den monarchianischen Prologen zu den Evangelien (Z. 26f.) abgeschlossen. 'A3to)(.aAlJ'PL~ vermag nun von der literarischen Bezeichnung des Einzeltextes zur Gattungsbezeichnung zu werden: Der CanMur spricht erstmals pluralisch von den "Apocalypses [ ... ] Iohannis et Petri" (7lf.)1. Weitere Übertragungen auf christliche wie auf jüdische Texte folgen, die in christlichem Gebrauch stehen, darunter auch aufsyrBar8 . Die Folge ist 3
s. Allo CCXIX.
Als Belege hier nicht heranziehbar sind Eusebs Berichte zu Theophilus (h.e. IV 24) und Apollonius (h. e. V 18,14), da es sich jeweils um Formulierungen Eusebs handelt. 5 Mit Kraft, Offenbarung 17; zum Handschriftenbefund s. Charles, Revelation 11 236 (Apparat!) . 6 Vgl. auch Toil rllv iutOXQAU'i'LV tWQaxc)"(oc; in V 30,3. Das darauf folgende tWQaih] allerdings gehört nicht hierher. Es ist auf Johannes zu beziehen, wie Stolt 204 von der Satzkonstruktion aus wahrscheinlich machen konnte und wofür als weiteres Argument spricht, daß 11 22,5; V 30, I; 33,3 - die zweite Stelle dabei in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit unserer Stelle - sich auf Presbyter oder allg. Personen berufen, die Johannes gesehen haben; der griechische Schlußsatz von V 30,3 ist dazu nur die passivische Formulierung (die lateinische Fassung ist verderbt). 7 Ob er auch den in 73 ff. daran angeschlossenen Herm als Apokalypse versteht, ist dem Text nicht mit Sicherheit entnehmbar. Die heute vorhandene Textüberlieferung der Apk Petr enthält keine Überschrift (s. Maurer in Hennecke-Schneemelcher 11 468), so daß die Übertragung von "Apocalypsis" auf diesen Text durchaus vom Verfasser des CanMur vorgenommen sein kann. e Eine Reihe von Texten führt Kraft, Offenbarung 18 auf. Er nimmt dabei syrBar 4
Bemerkungen zur frühen Rezeptionsgeschichte
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ein neues Bedürfnis, die Apk aus diesen - erst jetzt gleichfalls als Apokalypsen bezeichneten! - Werken hervorzuheben. So erweitern bereits vg und bo und sodann spätere Majuskeln (025,046) und zahlreiche Minuskeln den Kurztitel 'A1tOXclÄU'PL; 'Iwclvvou um nähere Angaben insbesondere zu Person und Würde desJohannes 9 . Die Konsequenz aus diesem Befund ist eindeutig: Die Linie der theologischen Forschung, die nach Lücke die Apk als Apokalypse desJohannes religions- und formgeschichtlich in den Zusammenhang mit anderen Apokalypsen und der Apokalyptik stellt, knüpft sachlich nicht unmittelbar an Apk 1,1-3 an, sondern an die rezeptionsgeschichtlich sekundäre Entwicklung eines Titels und einer Gattungsbezeichnung aus diesem Text, die letztlich erst in der Übertragung auf weitere Texte die forschungsgeschichtlich relevante Gruppe der christlichen und jüdischen Apokalypsen inklusive syrBar entstehen ließto. Das bedeutet aber, daß ein solcher Zusammenhang nicht zu einer Untersuchungsprämisse werden kann, sondern am Werk im einzelnen verifiziert werden muß. Diese Verifizierungsforderung verstärkt sich noch dadurch, daß die Entwicklung zur Gattungsbezeichnung die eigenen literarischen Angaben der Apk in 1,1-3 von "OffenbarungJesu Christi an Johannes" auf "Apokalypse des (!)Johannes" verkürzte. b) Dieser Befund findet dadurch seine Absicherung, daß das briefliche Rezeptionsinteresse der Apk zunächst auch dann noch wahrgenommen wurde, als WtOXaAlJ'PL; bereits übergreifende Gattungsbezeichnung geworden war. Der hierftir entscheidende Text ist der CanMur l l . Er fUhrt die Apk nämlich nicht nur als Apokalypse neben der- weniger anerkanntendes Petrus an (71 ff.), sondern bereits zuvor bei der Behandlung der paulinischen Gemeindebriefe (48 f.5 7 ff. innerhalb 39-59). Als die Paulusbriefe betreffende Leitfrage dieses Abschnitts stellt Stendahl heraus: "How can letters written to individual churches be received in the Catholic Church?"12 Bei der Behandlung dieser Frage bildet nun die Apk eine, unbegründet aus: Dieser trägt die Bezeichnung als Apokalypse nur in der Peschitto-Hs. der Ambrosiana aus dem 6. oder 7.Jh. Dort entstand sie nach den Nachweisen Zahns (Offenbarung 139ff.) unter christlichem Einfluß - möglicherweise der Apk. Über Kraft hinaus wäre noch etwa die Elia-Apokalypse (44,3) zu nennen. Eine genaue Analyse der Begriffsgeschichte im christlichen Raum steht leider noch aus. 9 S. den textkritischen Apparat bei Charles, Revelation II 236. 10 Die aufflillige Tatsache, daß kein "apokalyptisches" Werk vomeutestamentlicher Zeit WtOXcu..U"ILC; zur Selbstbezeichnung gebraucht, stellt Smith 13 richtig heraus. 11 Ältere Belege von Aussagekraft für unsere Fragestellung sind leider nicht überkommen. Für die Rezeptionsgeschichte der Apk wird der CanMur in der Lit. aufflilligerweise bis einschließlich Kretschmar, Offenbarung (dort auch im kanonsgeschichtlichen Abschnitt 77ff.) vernachlässigt. tl Stendahl 239. Er trifft damit den Sachverhalt zutreffender als G. Kuhn, Fragment 76, der (unter Berufung auf Zahn) den CanMur hier nur um eine "Rechtfertigung seines summarischen Verfahrens" bemüht sieht.
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Aufgabenstellung und forschungsgeschichtlicher Ort
wenn nicht sogar die Argumentationsbasis 13 . Das entscheidende Argument für die Rezeption der Paulusbriefe - ihre durch die Siebenzahl der Adressatengemeinden ausgedrückte Ausrichtung auf die eine über den ganzen Erdkreis verstreute Kirche (46-59) - wird nämlich unter doppeltem Bezug auf die Apk gewonnen: Nach 47-50 schreibt Paulus nur an sieben Gemeinden - "sequens prodecessoris sui Iohannis ordinem" (48 f.) -, deren Namen 5~54 aufgeführt werden. Daß in dieser trotz des nochmaligen Schreibens nach Korinth und Thessalonich gegebenen Siebenzahl der Adressatengemeinden die eine verstreute Kirche erkannt wird (54-57), findet nach 57-59 sodann seine Bestärkung dadurch, daß "et Iohannes enim in apocalypsi licet septem ecclesiis scribat tarnen omnibus dicit. "14
Trotz des schlechten Lateins des CanMur lassen sich die Aussagen der Bezugnahmen auf die Apk klar erschließen: In 48 läßt sich sequi nur in zeitlichem oder übertragenem Sinn als nachfolgen/befolgen verstehen, so daß die Aufnahme einer von Johannes erstellten Ordnung bzw. Regel (vgl. ordo 44) durch Paulus gemeint sein muß1S. Dem entspricht, daß Johannes als der "prodecessor" Pauli bezeichnet wird, mit einem Nomen also, dessen Bedeutung im Umfeld von "Vorgänger" zu suchen ist 16. Wenn Paulus demnach im Schreiben seiner Briefe an eine Siebenzahl von Gemeinden der Regel seines Vorgängers Johannes folgt, so ist darin zweierlei vorausgesetzt: zum einen die Abfassung der Apk zumindest" vor dem Abschluß der paulinischen Briefsammlung" 17, wenn nicht sogar "vor den ältesten Paulusbriefen"18, und zum anderen die Brieflichkeit der Apk. Letzteres schlägt auch in den die Argumentation des CanMur abschließenden Bemerkungen (57-59) durch, die das Vorgehen desJohannes in der Apk näher bestimmen - er schreibe an sieben Gemeinden und spreche damit doch zu deren allen, zu der einen über die ganze Welt verstreuten Kirche (von 55-57). Wird das Schreiben an sieben Gemeinden im abhängigen Satz dabei 19 einschränkend auf die sieben Sendschreiben von Apk 2; 3 bezogen, so muß auch das Sprechen des Johannes zu allen Gemeinden nach dem übergeordneten Satz auf 13 Vgl. Stendahl 240; zu den kanonsgeschichtlichen Folgerungen aus der damit implizierten höheren Schätzung der Apk als der Paulusbriefe s. a.a.O. 24Of. Die Höchstschätzung der Apk in der ältesten Kirche arbeitete in umfassenderem kanonsgeschichtlichem Horizont bereits Leipoldt, Geschichte (26-38) zutreffend heraus. 14 Zu den sprachlichen Schwierigkeiten des Textes (in 46-50.54-57) s. G. Kuhn a.a.O. 70ff.,75. 15 Vgl. Beumer 545 mit Anm. 38. Die Deutung auf eine Fortsetzung der "Reihe" (vgl. ordo SO) des Johannes ist aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs von sequi (dazu s. Oxford Latin Dictionary 1741 f.) zumindest unwahrscheinlich (gegen Kuhn a.a.O. 71). 16 S. Kuhn a.a.O. 71. 17 So Kuhn a.a.O. 72. 11 So Beumer 545 mit Anm. 38. 19 Wie bei Beumer 545 und Stendahl 241.
Bemerkungen zur frühen Rezeptionsgeschichte
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diesen Abschnitt der Apk beschränkt werden. Ein solches textbeschränkendes Interesse an der Apk ist dem CanMur aber weder hier noch in 48f. entnehmbar. Seine Formulierung läßt sich einfacher als Rückgriff auf die Adresse der Apk 1,4 erklären, die wie CanMur zusammenfassend von einer Adressierung an sieben Gemeinden spricht.
Der CanMur rezipiert also den brieflichen Anspruch der Apk als solchen und bedient sich ihrer als eines über die sieben Adressatengemeinden an die Gesamtkirche gerichteten Brieftextes für seine Argumentation zugunsten der allgemeinen Rezeption der paulinischen Gemeindebriefe. Freilich scheut er nicht vor problematischen Konstruktionen zurück, um von da aus die Stringenz seiner Katholizitäts-Argumentation zu sichern. Als solche Konstruktion muß der erwähnte Ansatz der Apk vor den Paulusbriefen gelten - er ist notwendig, da sonst mit der Apk nicht zu argumentieren wäre, so fragwürdig er historisch ist 20 . Eine zweite Konstruktion entsteht dadurch, daß CanMur die Lokalisierung der sieben Gemeinden auf die Asia in Apk 1,4 ebenso vernachlässigt wie deren namentliche Benennung in 1,11, um die Allgemeinheit der Zahl sieben deutlicher hervortreten zu lassen. Die Konkretheit der Adressierung der Apk tritt so in den Hintergrund.
In der Zeit nach dem CanMur gelingt es nicht mehr, die briefliche Kommunikationsform der Apk und ihre Bezeichnung als Apokalypse in ähnlich spannungsfreier Weise nebeneinander stehen zu lassen. Dies wird bereits in den bei Euseb, h. e. VII 25 überlieferten Ausführungen des Dionys von Alexandrien deutlich. Dieser verwendet die Gesamtbezeichnung "Apokalypse" von I, I f. aus, trennt von diesem Abschnitt nun aber deutlich 1,4 als den Beginn eines 21 Briefes (25,9 f.). So ist die Brieflichkeit der Apk zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt, aber sie verliert ihren interpretatorischen Belang: Dionys bezeichnet die Apk vorwiegend als Buch (ß1.ßALQ"V bzw. YQQqrfJ) (25,1.4.6), in dessen Fortgang Johannes erzählt (25, 11). Ein Eingehen auf den brieflichen Kommunikationscharakter der Apk über das Zitat von 1,4 (in 25, 10) hinaus erübrigt sich ihm so.
Damit dokumentiert Dionys die Anfänge der Zurückhaltung gegenüber der Brieflichkeit der Apk, die ab Victorin von Pettaus Kommentar dann voll durchschlägt. Dieser bezeichnet die Apk wie Dionys insgesamt als Buch ("liber"), das in 1,13 seinen Anfang nimmt (16,3)22, aber er fUhrt diese Auffassung anders als jener 20 Mit Beumer 545. Daß das dem CanMur wesentliche Briefpräskript der Apk nachpaulinisch ist, wird unter Punkt 1.2.2.2 nachzuweisen sein. 21 Das Fehlen des bestimmten Artikels ist beabsichtigt; daraus ergibt sich ein deutlicher Kontrast zu dem (hier Artikel!) katholischen Briefdes EvangeiisteoJohannes usw. (25,10). 22 Zitiert wird nach Seite und Zeile der Ausgabe Haussleiters (CSEL 49). Für eine allgemeine Charakteristik des Victorin-Kommentars s. Kretschmar a.a.O. 91 fT.
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AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
konsequent durch. Die Gesamtbrieflichkeit der Apk erwägt er nicht mehr. Er sieht nur noch in ihr Briefe ("epistolas") an sieben namentlich genannte Gemeinden (26,17; 28, I) und reduziert die brieflichen Züge der Apk damit auf die Sendschreiben. Aber auch diese entkonkretisiert er noch, wobei ihm die seit CanMur belegte Deutung der Siebenzahl der Adressatengemeinden als stellvertretende Voll zahl für die Gesamtkirche (s. 0.) gute Dienste leistet (28,2 fT.). Der Ertrag dieser Katholisierung der Apk ist, daßJohannes das, was er einer Gemeinde sagt, allen Gemeinden mit allen Christen sagt (s. 26,17; 28,1-3; 30,14--32,12). Jeder Eruierung einer konkreten, historisch einmaligen Briefsituation der Apk ist eine Absage erteilt. Die Apk ist entbrieflicht.
Diese Entwicklung vollzieht sich bemerkenswert erweise erst, nachdem "Apokalypse" zur Gattungsbezeichnung geworden ist (vgl. oben unter a). Wieweit sie dadurch oder durch andere Faktoren bedingt ist, läßt sich aufgrund der nur geringen Breite des überkommenen Materials nicht mehr sicher ausmachen, ist für vorliegende Untersuchung aber auch unerheblich. Deren Ansatz, die Apk nicht von ihrer späteren Gattungsbezeichnung, sondern von ihrer selbstgewählten Kommunikationsform her zu betrachten, ist jedenfalls aufgrund der erhebbaren Daten der frühen Rezeptionsgeschichte gerechtfertigt, auch wenn er methodisch in Neuland der Forschung führt.
0.2 Die Wahrnehmung und Beurteilung der brieflichen Züge der Apk in der neueren Forschung Schon mehrfach war auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die einer Anknüpfung an die Apk-Forschung in einer rezeptionsästhetischen Untersuchung über dieses Werk entgegenstehen. Das muß nun eine Durchsicht der neueren Forschung zur Wahrnehmung und Beurteilung der brieflichen Züge der Apk, in denen dieses Werk seinen kommunikativen Selbstanspruch unmittelbar zum Ausdruck bringt, belegen l . Um der Übersicht und Klarheit willen ist dabei nicht rein historisch vorzugehen. Es lassen sich nämlich Argumentations- und Behandlungslinien der brieflichen Züge der Apk erkennen, die sich methodisch und/oder sachlich über längere Zeiträume hin fortsetzen und dementsprechend am günstigsten in ihrem inneren Zusammenhang behandelt werden. I Für einen Überblick über die Forschungsgeschichte zur Apk allgemein sei auf die vorhandene Literatur verwiesen: Böcher,Johannesapokalypse I ff.; Feuillet, L'Apocalypse (s. dazu aber die Rezension Streckers); Kraft, Zur Offenbarung; Vanni, L'Apocalypse; Maier,Johannesoffenbarung; Lwn-Dufour; Taeger.
Die brieflichen Züge der Apk in der neueren Forschung
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0.2.1 Die Wtichenstellung Lückes Friedrich Lücke eröffnet in seiner Einleitung in die Apk 1832 (21852) die neuere Diskussion über deren literarischen Charakter 2 . Er geht davon aus, daß die Apk am Anfang (nach 1,1-3) wie am Ende die Briefform erkennen lasse. Diese diene "nicht zu einer bloß äusseren Dedication, sondern ist der bestimmte Ausdruck der besonderen praktischen Beziehung des Inhalts auf die Leser, denen die Schrift zunächst bestimmt ist". Sie verbinde überdies alle Teile der Apk "zu einem Briefganzen und giebt der ganzen Darstellung einen brieflichen persönlichen Charakter"; damit schließe sich die Apk an die neutestamentliche Briefliteratur an J . Indessen ist es rur Lücke im Folgetext "unleugbar, dass die apostolische Briefform untergeordnet ist"; denn ab Apk 4,1 werde "die Darstellungsform die rein prophetische, oder vielmehr apokalyptische [ ... ]. Hat aber der [ ... ] eigentliche Haupttheil der Schrift, zu seiner wesentlichen Form die unbriefliche apokalyptische Darstellungsform, so haben diejenigen Unrecht, welche die Briefform rur die wesentliche Litteraturform der Schrift halten und das Ganze eben nur als ein apostolisches Sendschreiben, insbesondere an die Kleinasiatischen Gemeinden, betrachten. "4 Lücke kommt damit zu folgendem Urteil: "Die durchherrschende Hauptform der Schrift ist [ ... ] die apokalyptische, mit der sich am Anfange und am Schlusse die briefliche als individualisirende praktische Zueignungsform verbindet. Diese litterarische Formenmischung ist unserer Apokalypse eigenthümlich und erklärt sich hinreichend aus ihrer zwiefachen litterarischen Bezüglichkeit, einmahl auf die apokalyptische, prophetische, sodann auf die neutestamentliche, apostolische Li tteratur, in welcher die Briefform rur die praktische Belehrung und Ermahnung der Gemeinden geprägt war. "5
Die Bedeutung der Briefform der Apk ist demnach zwar nicht zu unterschätzen, verbindet sie doch die Apk mit der apostolischen Literatur. Aber als Hauptform erscheint die apokalyptische, die Lücke ohne nähere Erläuterung als unbrieflich bezeichnet. Er begründet damit nicht nur die Untersuchung der Apk im Umfeld der Apokalyptik 6 , sondern auch die Ansicht von einer Spannung zwischen apokalyptischer und brieflicher Form. Von da weiterdenkend, vollzieht er im Fortgang seiner Einleitung sogar den Schritt dahin, die Spannung durch die Annahme der Fiktivität der Briefform zu lösen, die "bloss zur Darstellungsform geNicht ganz ohne Vorläufer: s. Lücke 13 ff. A.a.O. 375f., alle Zitate 375 . .. A.a.O. 376 teilweise hervorgehoben; dort Anm. I Hinweis auf ältere Vertreter der Briefthese. 5 A.a.O. 377 (dort teilweise hervorgehoben). 6 Dazu s. die kritische Würdigung bei]. M. Schmidt 98-119. 2 J
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AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
hört"'. Die Differenz, die so zu seinen zitierten Eingangsäußerungen entsteht, ist unverkennbar: Sind jene noch auf eine rezeptionsästhetische Betrachtung der Apk als Briefhin offen, ist nun im Argumentationsfortgang die Entscheidung gegen eine solche zugunsten ihrer ausschließlich produktionsästhetischen Interpretation als Apokalypse gefallen. Die problematische Zentrierung aufproduktionsästhetische Fragestellungen läßt sich hier in ihrer Entstehung beobachten. Lücke kann daher wie allgemein so auch in dieser Weichenstellung als" Vater der modernen Auslegung der Johannesoffenbarung"8 gelten.
0.2.2 Literarkritische Hypothesen einhedehtnde Erklärungen his zur Gegenwart Lücke wird in seinen Thesen zur Form der Apk freilich nicht unmittelbar und direkt wirksam. Ab 1855 verbreitet sich schnell deren literarkritische Betrachtung. Allerdings widersprechen die Auffassungen der Literarkritiker einander stark; keine davon kann sich durchsetzen 9 . So wächst seit Baldensperger (1894) 10 die Zurückhaltung gegenüber der Anwendung dieser Methode auf die Apk bis zu Allo ( 1921). Dieser stellt methodisch heraus, erst nach einer Betrachtung des Ganzen der Apk und insbesondere ihrer Kompositionsverfahren könne über die Frage ihrer literarischen Einheitlichkeit entschieden werden. Die sorgfältige Durchführung dieses Vorhabens wie die Analyse der Sprache der Apk führt ihn zur Entscheidung fUr die Einheitlichkeit, wobei er die Aufnahme von Qudlen fUr unter Vorbehal ten möglich hältli.
Wesentlicher Ertrag der bis zu Allos Kommentar reichenden Entwicklung 12 ist zum einen die methodische Klärung, daß literarkritische Entscheidungen zur Apk erst nach deren Untersuchung in ihrer vorliegenden Gesamtgestalt erfolgen können. Zum anderen ist es die seither nicht mehr grundlegend bezweifelbare Feststellung der Einheitlichkeit ihres Verfassers. Die übersteigert sezierenden Analysen der älteren Literarkritik 13 7 A.a.O.815. e So nennt ihn Böcher,Johannesapokalypse 7. 9 Übersichten dazu: Bousset, Offenbarung 108-118; AHo CLV-CLXIII. 10 Baldens~rger bes. 244f., 246. 11 AHo LXIIXf., CLXIII (nach den Sacherörterungen bes. LXIX-XCVI und CXXIX-CLlV) und CLXIX. I l In der noch etwa Bousset a.a.O. 119ff. und Charles, Revelation bes. I LXXXVIIXCI wichtigere Stationen bilden. U Als Beispiel sei nur Spitta genannt, der seine Auffassung der Zugehörigkeit der brieflichen Rahmenelemente der Apk zu einem christlichen Brief, der 1,4-6.9-19; 2-3; 4-5; 6; 8,1; 7,9-17; 19,9b.lOa; 22,8-21 im Hauptbestand umfasse, in stetem Gegensatz zu den anderen Literarkritikern entfaltet (Spitta 9ff., Ergebnis 227). Whealons neue Scheidung
Die brieflichen Züge der Apk in der neueren Forschung
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sind überwunden, ohne daß die literarkritische Methode grundsätzlich desavouiert ist. So ist nach wie vor die Aufnahme von Quellen durch den Apk-Verfasser nicht auszuschließen 14 , sind weiter die Annahmen der neutren Literarkritik nicht eo ipso abzulehnen, die in der Apk etwa die Verschmelzung von Schriften desselben Autors durch eine voraussichtlich andere Hand 15 oder die allmähliche Erweiterung eines ursprünglichen Entwurfs durch im wesentlichen denselben Verfasser 16 sehen. Letztere müssen sich freilich nicht nur im Ausweis innerer Stringenz bewähren, sie tragen vor allem die Beweislast für die U nabdingbarkeit ihrer Scheidungen, da Lösungen, die die Apk in ihrem Zusammenhang als einheitliches Werk sichtbar zu machen vermögen, ihnen gegenüber seit Allo in jedem Fall als die einfacheren Hypothesen vorzuziehen sind. Unter Beachtung dessen ist zuerst die theologisch konservative Untersuchung Ramsays (1904) über die Sendschreiben und ihren Ort in der Apk zu besprechen. Ramsay ordnet die Apk wie Lücke - den er übrigens nicht zitiert - der literarischen Form der spä~üdischen Apokalpysen zu und sieht zugleich ihre brieflichen Züge am Anfang, Schluß und in den Sendschreiben. Ähnlich Lücke sieht er weiter den Grund für die Wahl der Briefform in deren schon erfolgter Etablierung als charakteristischstem Ausdruck christlicher Gesinnung. Apokalyptische und Briefteile der Apk aber verbindet er in eigener Weise durch eine Re-Konstruktion des Entstehungsvorgangs der Apk:Johannes müsse seine Vision in einer Apokalypse niederschreiben, doch könne ihn diese jüdische Form nicht zufriedenstelIen. Die besondere christliche Ausdruckskraft der Briefform und sein "pastoral instinct" veranlaßten ihn, die Apokalypse in Erftillung des Auftrags von 1,11 mit einem Deckbrief auszustatten, der 1,4 beginne, und sie zu versenden. In diesem Zusammenhang verfasse er die sieben Sendschreiben als literarische Episteln in strengem, sie weit von wirklichen Briefen absetzendem Sinn; d. h. Johannes "passed from the domination ofone literary form, theJewish apocalyptic, to the domination of another literary form, the Christian epistolary. He had not yet attained complete literary freedom [ ... ]. But he was just on the point of doing so." So ist es nach Ansicht Ramsays nicht einmal nötig, Apk undJoh -für ihn Werke des gleichen Verfassers - zeitlich weit voneinander zu trennen 17.
einer jüdischen Apokalypse (4,1-22,7) und eines christlichen Textes (1,1-3,22; 22,8-21) in der Apk (bes. 54) repristiniert 1981 letztlich die ältere Literarkritik. 14 S. die scharfe Auseinandersetzung Buhmanns mit Lohmeyer in dieser Frage Rez. Lohmeyer 50>-507. 15 So Boismard, L'Apocalpyse; ders., L'Apocalypse traduite 11 f. 16 Kraft, Offenbarung 12,15 f.; vgl. Prigents These zweier Editionen der Apk durch ihren Autor (L'Apocalypse 371). 17 Ramsay 3>-39, Zitate 37,39.
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AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
Der hypothetische Charakter dieser Ausführungen ist offenkundig. Sie konstruieren psychologisch-literarisch und werden in der Deckbriefthese der Rahmung der gesamten Apk von 1,4f. bis 22,21 durch das Briefformular nicht gerecht. Zu Recht werden sie schon von den kritischen Kommentaren Swetes (1906,21907) und Charles' (1920) nicht übernommen 18. Trotzdem wirken sie im angelsächsischen Raum bis heute nach 19. In denJ ahrzehnten nach Ramsay treten die literarkritischen zugunsten religions-, traditions- und zeitgeschichtlicher Fragestellungen in den Hintergrund. Erst im letzten Jahrzehnt gibt es mit den Kommentaren Krafts (1974) und Prigents (1981) gewichtigere neue, bei aller Methodenvielfalt auch gezielt literarkritisch arbeitende Vorstöße 20 • Wie schon bei Ramsay hängen bei ihnen die literarkritischen Entscheidungen mit interpretatorischen Anliegen zusammen: Kraft geht es darum, den Apk-Autor seinem Selbstverständnis nach "als Fortsetzer und abschließende(n) Ausleger der alttestamentlichen Prophetie" zu zeigen, der in seinem Werk einen "ursprüngliche(n), Gott als alleinigen Herrn der Geschichte zeigende(n) Entwurf' - die Siegelvision - sukzessiv erweitere 21 • Das so entstandene Werk erhalte durch seine briefliche Rahmung (inklusive Sendschreiben) eine nachträgliche Ausstattung mit besonderer Autorität, und zwar entweder durch denselben Autor oder durch einen eigenen Autor der Sendschreiben, der auch die ihm in ihrem Kern bereits vorliegende "Berufungsvision" (1,9-20) entsprechend bearbeitete 22 . Prigent liegt demgegenüber an der Aktualisierung und Zuspitzung der Botschaft einer angeblichen Erstausgabe der Apk aus einer zeitgenössischen Situation heraus und auf diese hin. Daher geht er literarkritisch nicht von einem sukzessiven Wachstum der Apk aus, sondern von nur zwei literarischen Stufen, wobei er die für Kraft zugewachsenen Abschnitte 1,1-3 und 1,4-8 18 Swete betrachtet die Apk als einen (nicht-fiktiven) Rundbrief Johannes' an die angegebenen kleinasiatischen Gemeinden (XLI,XCIV,CVI u.ö.), sieht diese Form aber als im Corpus des Werks nicht aufrechterhalten an; bereits 1,9 erfolge der Übergang zur apokalyptischen Schreibweise, die die Apk einschließlich der Sendschreiben präge (XLI). Charles betrachtet die Apk als nach dem Prolog von 1,1-3 insgesamt brieflich (Revelation I XXIIIf.), möchte aber noch näherhin in 1,4-20 einen Brief Johannes' an die sieben Kirchen (a.a.O. XXIV) sowie in 2-3 seine Neuausgabe ursprünglich selbständiger, an die kleinasiatischen Gemeindenjahre vor Abfassung der Apk verschickter Briefe sehen (a.a.O. 37-47). 19 S. zuletzt Tengbom 485 und Court 20f., 24ff. (25 Ausführungen zur Wirkungsgeschichte Ramsays) u. ö., der Ramsay freilich in der Verfasserschaftsfrage nicht folgt. 10 Als weitere Beispiele für das neue literarkritische Interesse sei auf Stierlin, Whealon und Rousseau - der u. a. 66ff. eine eigene "apocalypse des leures" (66) herausstellt verwtesen. 21 Kraft, Offenbarung 11-16, Zitate 16,14. Zu Krafts Literarkritik vgl. bereits diejenige Bultmanns, Rez. Lohmeyer 508 (von Kraft seinem Literaturverzeichnis nach freilich nicht benützt). 22 A.a.O. bes. 14f. (Zitat 15). Auch 1,1-3 gilt ihm als zugewachsen (94 nach 18).
Die brienichen Züge der Apk in d~r neuer~n Forschung
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zur von ihm angenommenen nichtbrieflichen Erstausgabe der Apk rechnet, die sich von Kapitel 4 bis 22,15 fortsetze, und die Eingangsvision 1,920 in ihrer Gesamtheit mit den Sendschreiben, einzelnen Änderungen im Corpus und 22,16ff. zu den Ergänzungen zählt, die der unzweifelhaft selbe Autor bei der Zweitausgabe seines Werkes vornehme 23 • Dieser Autor, der in den Visionen der Erstausgabe den Sieg Christi über die Götzen verehrende Welt verkündet hatte, habe sich nämlich angesichts der Gefährdung der Kirche durch Leichtfertigkeit und zu gutes Einvernehmen mit den zeitgenössischen Religionen gedrängt gesehen, seine prophetische Feder neu aufzunehmen, um im Auftrag Christi feierlich zu verkünden, daß es christlich sei, sich dem Feind unversöhnlich zu widersetzen und so in der (Leidens-) Nachfolge Christi zu siegen 24 . Die literarkritischen Scheidungen Krafts und Prigents heben sich gegenseitig teilweise auf. Schon dies zeigt die Problematik ihrer Thesen zu den brieflichen Zügen der Apk, die in ihrer Einzelargumentation nicht haltbar sind: Kraft stellt, um den nachträglichen Anspruch besonderer Autorität für die Apk durch den Sendschreibenverfasser zu erweisen, die "Botenworte" der Sendschreiben, die durch die briefliche Rahmung der Apk gezielt und verbindlich würden, in den Kontext der "ältesten Hirtenbriefe" Uoh-Briefe, Ign, I Clem ... ), in denen "Charismatiker, die sich selbst bereits als Überbringer von Botschaften verstehen", ihre'Wirksamkeit mittelbar fortsetzten, wobei auch das paulinische Vorbild eine Rolle spiele. Aus der analogen Praxis der Zusammenstellung solcher Briefe durch die Gemeinden zu Siebenergruppen ersehe er, "daß der Verfasser der Sendschreiben dem Buch ein Briefcorpus vorausschicken wollte, das durch die Zahl der Briefe ,katholische', d. h. ökumenische Geltung beanspruchen konnte." Damit werde "auch rur den Rest des Buches, rur die eigentlichen Visionen, die Autorität beansprucht, die sonst nur den Hirtenbriefen zukommt. "25
Ein etwaiges konkretes Rezeptionsinteresse der Apk tritt hinter das allgemeine Interesse an Gezieltheit und Verbindlichkeit zurück - charakteristisch spricht Kraft nicht von ihrer brieflichen, sondern ihrer "briefartig(en)" Fixierung 26 • Doch ist schon sein Schluß von einem solch sekundären Griff zur Briefform auf eine besondere Inanspruchnahme von Autorität keineswegs zwingend: Die ihm dafür entscheidenden Parallelen sind das sich aus 2 X 7 Briefen zusammensetzende Corpus Paulinum, die sieben katholischen Briefe im Neuen Testament, die sieben Ignatius- und
2J 24
25 26
fugent, L'Apoca1ypse 371 f. A.a.O. 39, vgl. bes. 374f. Kraft a.a.O. 27f., erstes Zitat 27, weitere Zitate 28. A.a.O. 28.
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die sieben (+ I) Briefe des Dionys von Korinth nach Euseb17 . Doch kennt erstmals Clemens Alexandrinus 14 Paulusbriefe und ist die Bedeutsamkeit der Siebenzahl ihrer Adressatengemeinden nicht vor dem Canon Muratori am Ende des 2.Jh. belegt18. Die Siebenzahl der katholischen Briefe "ist nicht absichtlich geschaffen, sie hat sich in langsamer, wechselvoller historischer Entwicklung ergeben"19. Das Ign-Corpus ist alten Ursprungs, aber in seinem jetzigen Umfang schwer vor das 4.Jh. zurückzuverfolgen 3o . Der Umfang des Corpus des Dionys von Korinth, der z. Z. Soters (um 170) schrieb (h.e. IV 21,9), ist unklar31 . So erlaubt auch Krafts Spätdatierung der Sendschreiben auf ca. 110-114/115 - immer noch kurz vor die Ignatianen 31 - seine Rückschlüsse von diesen Textgruppen auf die Wahl der Briefform in der Apk nicht. Seine These läßt sich ohne Zwang nicht aufrecht erhalten. Die sachliche Problematik von Prigents Beurteilung der brieflichen Züge der Apk liegt an anderer Stelle: Obwohl er die Rezipientenorientierung der seiner Ansicht nach zweiten Ausgabe der Apk in ungleich stärkerem Maße ins Auge faßt, setzt er nach wie vor die Ablehnungjedes brieflichen Charakters des Apk-Corpus voraus. Notwendige Folge davon ist die tendenzielle Entbrieflichung der Adresse 1,4-8, die für ihn ja zum ursprünglichen Werk mit dem Visionscorpus gehört. Er erreicht sie, indem er den brieflichen Charakter dieser Verse wie von 22,21 zwar feststellt. sie aber kultisch-liturgisch interpretiert. Seine Berechtigung dazu sucht er über die gottesdienstliche Briefverlesung, aufgrund derer der Apk-Verfasser "avait l'espoir, ou la certitude, que le livre entier serait I'objet d'une lecture cultuelle." Er steht damit in der Tradition der liturgischen Interpretation der Apk und entfaltet sein Verständnis von Apk 1,4-8 näherhin als das eines "dialogue liturgique", wofür er sich auch auf die in diesem Zusammenhang weitestgehende Behandlung durch Vanni beruft 33 . Ebd. Vgl. Kümmel, Einleitung 434 und CanMur Z.47fT. (dazu o. Exkurs I b). Die Behauptung eines älteren Siebenercorpus von Paulusbriefen, wie sie von Gooclspeed und anders von Schmithals, Paulus bes. 185-200 vertreten wird, bleibt rein hypothetisch; rur den gegenwärtigen Forschungsstand zur Geschichte des paulinischen Briefcorpus s. Lindemann, Paulus 3~33. 29 Kümmel a.a.O. 342, vgl. 437fT. 30 Hamack, Briefsammlung 30fT.; Fischer, Apostolische Väter III f. Polyk 13,2 äußert sich nicht über die Zahl der Ignatianen. 31 Von den bei Euseb genannten 7 + I Briefen des Dionysos läßt sich der an Chrysophora mit gewisser Berechtigung abtrennen, da Euseb ihn 23,13 gesondert anführt. Doch Harnack macht a.a.O. 37 sehr wahrscheinlich. daß das Antwortschreiben des Pinytus (23,8) sich - vielleicht schon seit Dionys selbst - in der Sammlung befand. 32 Kraft a.a.O. 29,93f. 33 Prigent, L'Apocalypse 15-21,361-363 (Zitate 15,363; Berufung auf Vanni 15 Anm. I); zum liturgischen Interesse vgl. ders., Apocalypse et Liturgie 7-10 und passim. 27
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J-anni hatte 1971 Boussets Beurteilung von 22,21 als gottesdienst bezogenen Grußes aufgenommen und in ihr wie in der Herausstellung liturgischer Bezüge der Apk durch Lohmeyer eine Bestätigung seiner These gesehen, die Apk sei fUr eine liturgische Verlesung bestimmt, die nach 1,3 genauer zu erheben sei 34 • 1976 führte er dies fUr 1,4-8 durch: Der Prolog der Apk lege in 1,3 die Hypothese eines liturgischen Dialogs nahe, der sich zwischen dem Vorleser und den Hörern entwickeln könnte. 1,4 a betone im Bezug der Apk auf die Kirche diese liturgische Bestimmung und fUhre bereits die "fisionomia" der Dialogpartner ein. Der Vorleser verkörpere Johannes; die Hörenden seien konkret eine der Kirchenversammlungen, an die der Vorleser sich wende. Darauffolge in 1,41:r8 der Dialog selbst, wobei Vanni dem Vorleser 4 b-5 a. 7 (außer val, aJ,ltlv) und 8, der Gemeinde 5 b-6 und das vaL, aJ,ltlv von V. 7 zuspricht 35 . Damit lassen sich literarische Spannungen des Abschnitts lösen, aber nur auf Kosten einer gewaltsamen Exegese: Der Schluß auf einen Dialog zwischen Vorleser und Hörern ist der Seligpreisung 1,3 nicht zu entnehmen, die durch das beiordnende xaL beide gleichermaßen den Worten der Prophetie zuordnet und unterstellt. In der Erklärung von 1,4a vernachlässigt Vanni alle formgeschichtlichen Bezüge zur Briefliteratur, ohne eine einzige Parallele beibringen zu können, die seine Deutung als Übergang zum liturgischen Dialog stützt; der Schluß von Johannes auf den ihn verkörpernden Vorleser und vom Plural der Adressatengemeinden auf die eine Gemeindeversammlung, an die sich der Vorleser jeweils wende, vergewaltigt den Text.
Prigent schließt sich Vannis Negierung des brieflichen Charakters der Apk-Adresse nicht an. Damit erhält aber auch die Grundkonstruktion des liturgischen Dialogs, die er übernimmt, Sprünge: Er muß sich zu 1,4-6 auf eine reine Sachinterpretation beschränken, ohne einen Dialogbeginn benennen zu können; erst im alATJv v. 6 gehe "fut-ce fictivement" das Wort an die Gemeindeversammlung. Die Vv. 7 und 8 sieht er als Worte des Propheten bzw. Gottes durch dessen Mund an; zum vaL, alATJv von V. 7 stellt er zwar den möglichen liturgischen Hintergrund eines zweisprachigen Doppelausdrucks (vgl. Mk 14,36), aber zugleich auch heraus, daß vaL-Antworten in der Apk nie aus der Umgebung von Menschen kommen (s. 14,13; 16,7; 22,20)36. Einzige klare dialogische Zuweisung an die Gemeinde bleibt also das Amen von V. 6, das jedoch den frühchristlich geläufigen Formularschluß einer Doxologie nach der Ewigkeitsformel darstellt (vgl. in der Apk noch 7,12)37, womit sich der behauptete Dialog in die faktische NichtfeststeIlbarkeit verflüchtigt. Das aber bedeutet, daß ein unmittelbarer Einbezug liturgischer Vorgänge als Interpreta34 Vanni, Struttura IHf.; vgl. Bousset, Offenbarung 460 und Lohmeyer, Offenbarung 183 (vgl. 9 u. ö.). 35 Ders., esempio 458 (Zitat), 460f. Weitere liturgische Dialoge sieht Vanni im Epilog von Kap. 22 und vielleicht in Kap. 18 (461). 36 Prigent, L'Apocalypse 15-20 (Zitat 19). 37 Näheres zum frühchristlichen Amen s.Jörns 85fT.
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tionsschlüssel zur Erfassung des brieflichen Rahmens der Apk ausscheidet. Die briefliche Fassung schon von Prigents angeblicher Erstedition der Apk kann und darfinterpretatorisch nicht ihrer Aussagekraft entkleidet werd~n. Nicht erst eine zweite Edition, sondern das ganze Werk ist brieflich aktuell auf eine bestimmte Situation hin geschrieben.
0.2.3 Die Linie der interpretatorischen Vernachlässigung der brieflichen Züge der Apk von Bousset bis zur Gegenwart Bleibt die Literarkritik mit ihren Scheidungsversuchen und zusätzlichen Hypothesen also eine überzeugende Erklärung der brieflichen Züge der Apk schuldig, so läßt sich dem doch keine längere und konsequente Linie scheidungsfreien Erfassens der Rezipientenorientierung der Apk entgegensetzen. Denn bereits die Interessenverlagerung weg von der literarkritischen Betrachtungsweise der Apk um die Jahrhundertwende war nicht mit neuer Blickwendung auf deren briefliche Züge verbunden, sondern im Gegenteil mit deren folgenreicher Abwertung und Vernachlässigung. Die SchlüsselsteIle nimmt dabei Bousset ein, der in seinem Kommentar (1896, 2(=6) 1906) eine zurückhaltend literarkritische und zeitgeschichtliche mit der von Gunkel für die Apk neu eröffneten religionsgeschichtlichen Betrachtungsweise verbindet J8 . Denn in seiner bahnbrechenden und nach Lücke wegweisenden Interpretation der Apk als einer Apokalypse im Konnex der "Literaturgattung der Apokalyptik" (sic!)J9 treten ihre brieflichen Züge naturgemäß in den Hintergrund: Nach der wahrscheinlich vom Apk-Verfasser nachgetragenen" Überschrift" 1,1-3 bildeten 1,4-20 lediglich die "Einleitung zu dem (!) am Anfang des Buches stehenden Sendschreiben"; die BriefTorm sei dabei auch 1,4-6 "nur fingiert". Die Sendschreiben Kap. 2; 3 erscheinen entsprechend als keine wirklichen Briefe. "Nichts spricht vielmehr dagegen, daß die Apk von vornherein für die Gesamtkirche [... ] als Vorlesungsbuch bestimmt war, daß die sieben Sendschreiben von vornherein nicht als einzelne Briefe, sondern als literarisches Ganzes gedacht sind. Es sind zwar konkrete Zustände in den einzelnen Gemeinden behandelt, aber diese sind typisch für die Gesamtkirche. " Aufgrund seiner Behandlung von 1,4-3,22 als eines fiktiven Sendschreibens kann Bousset dann in 22,21 keinen Briefschluß mehr annehmen. So behandelt er diesen Vers ohne nähere Erläuterung oder Beleg als "übliche(n) Gruß". Dessen ungewöhnlichen Ge38 S. bes. Bousset a.a.O. 118f., 119fT.; vgl. Gunkel 171-398. Als Vorarbeit zum Kommentar sieht Bousset seine Studie Antichrist an. 39 S. bes. die Grundsatzausftihrungen a.a.O. 1 f. (Zitat 1).
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brauch in einer Apokalypse erklärt er "damit, daß der Apok. [== Apokalyptiker] sich hier an die Hörer im Gottesdienst wendet. "40 Boussets Beurteilung von 22,21 wird in der darauffolgenden deutschen Forschung zwar nicht übernommen 41 . Doch seine Bewertung, genauer: seine Abwertung der brieflichen Züge der Apk im allgemeinen, die Lückes Entscheidung ohne ausdrücklichen Bezug auf diesen im wesentlichen wiederholt, setzt sich weithin durch. So sieht etwa Wmdland (2 und 31912) die "briefliche Einkleidung" der Apk als "Fiktion" an. Lohmtytr (1926, 21953) versteht die Apk als ein für dir gesamten urchristlichen Gemeinden bestimmtes "Buch(es), das sich äußerlich in die Form eines Briefes ,an die sieben Gemeinden' (1,4) kleidet." Und auch Hadorn (1928) nennt die zur apokalyptischen Literatur gehörige Apk "literarisch ein ganz anderes Gebilde" als die neutestamentliche Briefliteratur, obwohl sie mit dieser "durch die Zueignung an die 7 Gemeinden und die in Kap 2 und 3 enthaltenen Botschaften an dieselben einigermaßen [ ... ] verbunden" sei 42 • Nur Zahn (1924/ 26) hält in diesen Jahrzehnten unzeitgemäß an der echten Brieflichkeit der gesamten Apk - übrigens unter Ablehnung jeglichen brieflichen Charakters der Sendschreiben - fest: Sie sei als ein einziges "Sendschreiben" über die sieben Adressatengemeinden hinaus "zur Verbreitung in der ganzen Christenheit" bestimmt43 . Die Nachwirkung Boussets zeigt sich dagegen weiter bei Bultmann (1927), der 1,4-3,22 wieder als "durch einen ,Eingang' nach Art des Paulus eingeleitet( e)" fiktive, als Gesamtheit veröffentlichte Briefe betrachtet; 22,21 vernachlässigt er 44 • Die nächsten Jahrzehnte mit dem 2. Weltkrieg, in denen kein größerer kritischer Kommentar zur Apk erscheint, bringen keinen wesentlichen Wandel 45 .
Nach 1945 setzt sich diese Linie bis Lohst (1960, 3(= 10) 1971) und teilweise bis zur Gegenwart fort, in der auch die Sendschreihen nur noch gelegentlich in Kontinuität zu früheren Auffassungen als Briefe betrachtet werden 46 . Als gewichtige Vertreterin in den letzten Jahren sei Yarbro 40 A.a.O. 142 (dort erste zwei Zitate), 184 (drittes Zitat), 236 (viertes Zitat), 460 (letztes Zitat). 41 S. Z. B. Wend land 384; Hadorn 220. 41 Wend land 384 bei übrigens von Bousset abweichendem literarkritis.chem Urteil (s. 382,384); Lohmeyer, Offenbarung 42, vgl. 9; Hadorn 5. 43 Zahn, Offenbarung I 4Of. (v~1. 11 629), 160 (Zitate). - Schlatter ist alß der Frage der Bridlichkeit der Apk nicht interessiert (s. z.B. Erläuterungen 404,533'), hält aber die Sendschreiben rur Briefe (a.a.O. 413). 44 Buhmann, Briefliteratur 1256; zu seiner Wertschätzung Boussets s. st'ine Rez. Lohmeyer bes. 505. 45 Für die katholische Exegese dieser Zeit im deutschen Raum sei Sick~nlb~rger genannt, der die briefliche Rahmung der Apk nur am Rande rrwähnt (198), aber di.e Sendschreiben als Briefe betrachtet (47); zur Lage in der protestantischen Exegese vgl. Bö.cher,johannesapokalypse 19f. 46 Für Lohse, Offenbarung 14,23, vgl. 114f. u. ö. ist die Apk ein ,briefoartig' gerahmtes Buch; vgl. auch Fascher 1412 und Werbeck 822. Brieflich beurteilen di.e Sendschreiben immerhin Wikenhauser 36 u.ö.; Kümmel, Einleitung 403.
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Collins (1976/1979) genannt, die zwar die Bedeutsamkeit der literarischen Formbestimmung als eines Interpretationsschlüssels herausstellt, aber mit der Forschungstradition entscheidet: "Apoc 1:4-5 and 22:21 seem to mark the Apocalypse as a letter. But the preface (1: 1-3) and the rest ofthe book show that whoever tri es to read it as a letter will be severely frustrated. Actually, the work is an ,apocalypse,' arevelatory narrative. "47 Immerhin stellt sie sich der brieflichen Rahmung der Apk als Gesamtwerk in neuem Bemühen, eine Erklärung für ihr Vorhandensein zu finden, und hebt daher über die angebliche Oberflächlichkeit der brieflichen Züge der Apk hinaus auf ihre Unterordnung unter den Offenbarungscharakter dieses ,Buches' ab. Die Briefform erscheint ihr zum einen dazu eingesetzt zu sein "to put thework in the proper form for liturgical reading" (vgl. die Hinweise aufliturgische Situationen in 1,3 und 22,17-20), zum anderen "as another means of characterizing its content as a heavenly revelation", wofiir sie als Kontext "the reception ofrevelation in written form" erhebt, wie sie in den mosaischen Tafeln oder der ezechielischen Buchrolle belegt sei48 . Diese Argumentation ist freilich wenig überzeugend: Bei der Brieflichkeit der Apk geht es nicht um den Erhalt, die "reception", sondern um die Weitergabe einer empfangenen Offenbarung in schriftlicher Form, so daß das zweite Argument als am Befund vorbeigehend ausfällt. Das erste Argument aber ist für sich alleine nicht ausreichend, da der Bezug eines Werkes auf eine liturgische Verlesung seine Briefform nicht notwendig zur Folge hat und das Briefpräskript der Apk in sich nicht liturgisch gestaltet ist 4 '.
Trotz ihrer Mängel zeigt diese Argumentationsbemühung, daß die von Bousset initiierte Forschungslinie zumindest in ihrer älteren Ausprägung einer einfachen, nicht näher begründeten Vernachlässigung der brieflichen Rahmung der Apk nicht aufrechtzuhalten ist. In welcher Weise darüber hinaus in den letzten Jahren Ansätze vorliegen, diese Forschungslinie von innen heraus zu sprengen, wird im Zusammenhang der Erklärungsimpulse des letztenjahrzehnts zu besprechen sein. Zuvor sind allerdings noch zwei Interpretationsversuche der brieflichen Züge der Apk aus der Zeit vor 1945 zu nennen.
0.2.4 Die Interpretationsversuche Goodspeeds (1927) und Poiriers (1943) Die unbefriedigende Behandlung der brieflichen Züge der Apk in der nach Bousset dominierenden Forschungstradition bildet den Hintergrund für die Erörterungen Goodspeeds (1927) und Poiriers (1943). Denn 47 Yarbro Collins, Apocalypse X; vgl. dies., Early Christian Apocalypses 70ff. .. Combat Myth 6f. (Zitate 7); vgl. Early Christian Apocalypses 70f. 49 Vgl. die Ausführungen zu Prigent o. unter 0.2.2.
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nun ist es ersterem möglich, Apk 1,4-3,22 in einer Bousset zunächst verwandten Denkbewegung unter Vernachlässigung von 22,21 als ein der Apk vorangestelltes Briefcorpus (aus Deckbrief und Sendschreiben) anzusehen, dessen Entstehung er dann höchst spekulativ als Nachahmung einer angeblichen älteren Sammlung von Paulusbriefen erklärt 50. Und letzterem erlaubt die Vernachlässigung der brieflichen Züge der Apk in der kritischen Forschung, sie in eine Interpretation einzubeziehen, die nicht mehr als historisch-kritisch gelten kann. Beide Interpretationsversuche sind nicht haltbar. Goodspmls erkenntnisleitendes Interesse auch bei seiner Betrachtung der Apk ist der Wunsch, eine von ihm postulierte älteste Sammlung von sieben Paulusbriefen (Röm, [I und 2] Kor, Gal, Phil, Kol, [I und 2] Thess, Phlm) mit einem Deckbrief (Eph) als Modell und Hintergrund rur die frühchristliche Epistolographie nach der angeblich durch das Erscheinen der Act verursachten Sammlungsedition zu erweisen 51 . Seine Hypothese verfugt im amerikanischen Raum bis zur Gegenwart über eine gewisse Faszinationskraft 52 , ist aber schon aufgrund ihrer nur bei Ignorierung von Apk 22,21 zu behauptenden Auffassung von 1,4-20 als Deckbrief zu den Sendschreiben unhaltbar. Denn mit dieser reiHt die Analogie zur postulierten Paulussammlung, rur die es überdies keinerlei alte Zeugnisse gibt 53 . POiritT teilt zwar mit der ihm vorangehenden Forschung die Scheidung zwischen Uüdischer) Apokalyptik und Brieflichkeit, die die "apocalypse-lettre" der Apk als in ihrer Gattung einzigartig erscheinen läßt, knüpft aber nicht eigentlich an jene an. Seine Auseinandersetzung gilt Ramsay, dem entgegen er die Erklärung rur die Form der Apk nicht in einem besonderen "instinct pastoral" ihres Verfassers, sondern nur in Christi Auftrag von 1,11 finden will. Bestimme aber dieser in einer "vraie vision" gegebene Auftrag die Abfassung der Apk, so bilde sie eine volle Einheit, einschließlich ihrer brieflichen Teile. Zugleich verbiete sich eine in erster Linie historische Erklärung der Adressierung an die sieben Gemeinden in der Asia. Johannes richte sich an sie nicht als unmittelbare Adressaten, sondern "comme ä. des types mysterieux, dont il decrit les destinees, sous la dictee du Christ, en des termes qui n'ont rien d'epistolaire. "54 So kommt Poirier zu einer "interpretation historico-prophetique" in Übereinstimmung mit der kirchlichen Tradition 55 . Da er in dieser strikt von prophetischer Erlebnisechtheit der Apk ausgeht und historisch-kritische Exegese nur beschränkt zuläßt, bleibt er, so sehr er eine Möglichkeit glaubens- und kirchlich traditions bezogener Deutung artikuliert. in der Forschung der letzten Jahrzehnte zu Recht ohne Nachfolge.
Goodspeed, Solutions bes. 23 fT.,27,30,43f.; vgl. ders., Introduction 244. S. Solutions 1-20,23,25 u.ö. 52 S. zuletztJohnson, Asia Minor 106 Anm. 77; vgl. Barnett 41 (vgl. XI) und Meinardus 27f.,30. 53 Vgl. die Kritik bei Court 22 und Guthrie 64 7-653 und die Bemerkungen zu Kraft o. unter 0.2.2. 54 Poirier 1-16,24 (Zitate 12,13,14,24). 55 A.a.O. 1 (Zitat), 7, DurchfUhrung dieses Konzepts ab 11. 50 51
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AufgabensteIlung und forschungsgeschichtlicher Ort
0.2.5 Neue Erklärungsimpulse im let{.ten Jahr{.ehnt Bereits in der bisherigen Durchsicht von Forschungslinien zu den brieflichen Zügen der Apk war auf Arbeiten des letzten Jahrzehnts (von Kraft, Prigent und Yarbro Collins) einzugehen, ohne doch einen überzeugenden Erklärungs- und Interpretationsansatz zu finden. Solcherart entsteht eine überaus unbefriedigende Forschungslage, über die drei Forschungsimpulse wenigstens in ersten Ansätzen hinausweisen: 56 a) An erster Stelle ist die innere Aufsprengung der von Bousset herkommenden Forschungslinie zu nennen, wie sie sich durch das Einbringen rezeptionsorientierter Gesichtspunkte bei Vögtle 1981 und U. B. Müller (1979/1984) abzeichnet. Beide Exegeten stoßen so in der Erklärung der anscheinenden Differenz zwischen apokalyptischer Prägung der Apk insgesamt und ihrer brieflichen Rahmung in neue Richtung vor: Dieses Werk ziele - so Vögtle - als Apokalypse auf seine Rezeption in einer christlich bis dahin ungeläufigen Gattung. ,Johannes mußte sich also fragen, wie er diese literarische Neuheit am besten anbringen kann", und greife zu diesem Zweck auf die christlich anerkannte Briefgattung zurück, die "es ihm zugleich (erlaubte), die Empfänger zu nennen, die er in erster Linie ansprechen wollte"57. V.B. Müller argumentiert analog. In eigener Akzentsetzung konkretisiert er das Rezeptionsinteresse der Apk auf eine gottesdienstliche Verlesung (s. bes. 1,3) und hebt die angebliche theologische Fremdheit des Apk-Autors als eines ursprünglichen Wanderpropheten judenchristlich-palästinischer Herkunft zu den kleinasiatischen Adressaten seines Werkes hervor, die ihn um der Rezeption seiner apokalyptischen Schrift willen zu deren brieflicher Stilisierung veranlaßt habe 58 . Vögtle wie Müller bringen also das Rezeptionsinteresse der Apk maßgeblich zur Erklärung ihrer brieflichen Elemente ein. Doch ist die hermeneutische Funktion des beobachteten Rezeptionsinteresses dann nicht über die briefliche Rahmung hinaus auf das gesamte Werk auszudehnen? Vögtle wie Müller entziehen sich dieser Konsequenz noch, die die traditionelle produktionsästhetische Betrachtungsweise für das Gesamtwerk zugunsten einer rezeptionsästhetischen überwinden ließe. Ihre Argumen56 Den Kommentar meines Lehrers J. Roll?ff ( 1984), der in sehr fruchtbarer und anregender Begleitung und Auseinandersetzung mit meiner Arbeit entstand und wie diese den brieflichen Kommunikationscharakter der Apk hervorhebt (16), beziehe ich in die folgende Besprechung nicht ein. KrttschnuJr, Offenbarung 22 Anm. 18 eröffnet die weitere Rezeption dieser Position. 57 Vögtle, Buch 18. Diese seine kleinere Auslegung ist hier auch im Blick auf seinen zu erwartenden Kommentar heranzuziehen. 51 U. B. Müller, Literarische Bestimmung bes. 607; ders., Offenbarung 25,28,69; zur theologischen Ortung des Apk-Autors vgl. ders., Theologiegeschichte 47 u. Ö.
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tation ist hinterfragbar: Zum einen geht sie von einer Klarheit des Apokalyptikbegriffs und einer vorrangigen Differenz zwischen Apokalypse und Brief aus, wie sie angesichts der berichteten Debatte um den Apokalyptikbegriff problematisiert werden muß. Zum anderen ist der theologische Ort des Apk-Autors gegenüber den kleinasiatischen Christen keineswegs notwendig so eigenständig und fremd, wie zumindest U. B. Müller meint. Er hat hierin durch Schüßler Fiorenza erheblichen Widerspruch erfahren, die den Apk-Autor ihrerseits innerhalb Kleinasiens in die Nachfolge paulinischer Theologie ansiedeln will und ihn näherhin Paulus durchaus vergleichbar einen Vorgang der Gnostisierung mit Hilfe apokalyptischer Theologie bekämpfen sieht 59 . In dieser Auseinandersetzung wird die Bewegung sichtbar, die in den letzten Jahren auch die Bestimmung des theologischen Ortes der Apk erfaßt hat. Ältere Positionen wie die ihrer Betrachtung als antipaulinisches oder zumindest unpaulinisches judenchristliches Werk geraten ins Wanken 60 , ohne daß sich in der Forschung bislang ein neuer Konsensus andeuten würde. Köster versuchte die ephesinische Lage am Ende des I.Jh. als die eines "Nebeneinander(s) von vier verschiedenen, miteinander rivalisierenden christlichen Gruppen" zu erfassen: Neben die Paulustradition trete die häretische, Nikolaiten genannte Gruppe, ferner eine judenchristliche Gruppe wohl inklusive Kerinth, "schließlich ein ebenfalls judenchristlicher Konventikel, der unter Leitung des ProphetenJohannes stand, und aus dem die apokalyptische Offenbarungsschrift dieses Propheten hervorging. "61 Aber auch in dieser Lagebeschreibung erscheinen über die Behauptung des Nebeneinanders der Gruppen hinaus mehrfach hinterfragbare Einzelentscheidungen. So nennt sich Johannes in der Apk nirgends Prophet und ist die Behauptung eines Konventikels um ihn zwar gegenwärtig beliebt, nichtsdestoweniger jedoch am Text der Apk schwerlich verifizierbar62 .
So gewichtig die innere Aufsprengung der von Bousset herkommenden Forschungslinie bei Vögtle und Müller also als erster Ansatz zum hermeneutischen Aufbruch von der produktions- zu einer rezeptionsästhetischen Betrachtung der Apk ist, hat sie bei ihnen doch noch zu keiner stringenten Lösung geführt. b) Einen zweiten Forschungsimpuls bedeuten die Bemühungen, in einer vertieften religions- und gattungsgeschichtlichen Fragestellung 59 S. Schüßler Fiorenza, Apokalypsis bes. 122-127 und dies., Apocalyptic 581 und passim. 60 S. die Einftihrungsbemerkungen zu Abschnitt 1.2.2. 61 Köster in Köster/Robinson, Entwicklungslinien 144. 62 Die Konventikelthese vertreten auf eigene Weise noch U. B. Müller in seinem U ppsalaer Vortrag (Literarische Bestimmung 616f.) und Schüßler Fiorenza (s. die Besprechung des Ansatzes letzterer unten unter c). Hing~wiesen sei noch darauf, daß die zur Erfassung Kerinths wichtige EpAp neuerdings nach Agypten lokalisiert wird und Kerinth dort auch in der Adresse des Jakobusbriefes NHC I 2 genannt sein könnte, so daß seine kleinasiatische Ortung starken Vorbehalten begegnen muß (s. Anm. 72 zu Teill.2).
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über die angebliche Kluft zwischen apokalyptischer und Briefform hinauszukommen. Erste Anstöße dazu gingen von einer stärkeren Berücksichtigung des Baruchbriefes syrBar 78-87 seit Halver (1964) aus, der die Apk übrigens singulär in der damaligen deutschen Forschung als nichtfingierten Kunstbriefbetrachtete63 . Größeres Gewicht erhielt die Fragestellung aber erst in den 70er Jahren, als Berger sich im Rahmen eines Aufsatzes über den Apostelbrief (1974) um eine umfassende Sichtung von Vergleichsmaterial bemühte. Aufgrund der Parallelen zur Eingangsformel der Sendschreiben in den Propheten briefen aus 2Chr 21,12-15 und derJeremia/Baruch-Tradition (bes.Jer LXX 36,1-23 und syrBar 78-87) kam er gegen ihre Bestimmung durch Hahn als prophetische Redeform (1971) wieder zu ihrer Auffassung als Briefe, näherhin "als Exemplare jener nie ganz ausgestorbenen Gattung des prophetischen Briefes". Seine Behandlung der Brieflichkeit der Apk insgesamt blieb freilich blaß, wenn er die Verbindung von Offenbarungsliteratur und Briefformulierung lediglich allgemein in der Adressierung schriftlich abgefaßter Offenbarung begründet sah 64 . Eine Unsicherheit in der Auswertung des zusammengestellten Materials wird sichtbar, die auch in den folgenden Jahren bestimmend bleibt. So vernachlässigt Schüßler Fiorenza (1980) trotz Zustimmung zu Bergers Behandlung der Sendschreiben dessen Interpretationsansatz für den Briefrahmen der Apk, den sie rein vom apostolischen Brief paulinischer Tradition her versteht 6s . Dagegen erklärt Bogaert (1980) den doppelten Rückgriff der Apk auf die Briefgattung ausschließlich aus ihrem Zusammenhang mit der apokalyptischen Literatur, nämlich "par une imitation de 11 Baruch". Die Sendschreiben der Apk entsprächen somit dem Schlußbrief des syrBar an die neuneinhalb Stämme, ihr brieflicher Gesamtrahmen der syrBar-Apokalypse selbst, die Baruchs Brief an die Stämme des römischen Reiches darstellte 66 . Diese These ist freilich nicht haltbar, da sie über die problematische Datierung des syrBar vor die Apk hinaus noch eine literarische Abhängigkeit letzterer von ersterem im Gebrauch der Briefform behauptet, die nur im Zirkelschluß nachweisbar ist: Das Verständnis des kein Briefformular tragenden syrBar als Baruchbriefes, das Bogaert selbst in seinem Kommentar 1969 noch zu Recht als wenig wahrscheinliche Hypothese betrachtete, wird ihm jetzt eben aus seiner angeblichen Nachahmung in der Apk evident 67 • 63 Halver 23f., vgl. 9. Bereits Gooclspeed bemerkte diese mögliche Parallele zur Apk, lehnte aber ihre Heranziehbarkeit ab (Solutions 22). 64 Berger, Apostelbriefbes. 214 (dort Zitat) als Ergebnis zu 212ff. und 217 nach 207ff. 65 Apokalypsis 125; vgl. dies., Quest 425. 66 Bogaert, Les Apocalpyses 55 (dort Zitat teilweise hervorgehoben). 67 Bogaert a.a.O. 55 gegenüber ders., Apocalypse de Baruch I 80; zur Datierung s. Klijn, syrBar 113 f.
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In eigener Weise reiht sich hier auch U.B. Müller (1979/83) ein: Die Briefe in der prophetischen und apokalyptischen Literatur begründen ihm die literarische Sachgemäßheit der Verbindung von Sendschreiben und apokalyptischem Hauptteil in der Apk68 . Diese Unterschiedlichkeit in der Auswertung des religions- und gattungsgeschichtlichen Vergleichsmaterials zwingt zu einer eigenen Sichtung dieses Materials im Grundlegungsteil vorliegender Arbeit. c) Schüßler Fioren<.a brachte noch einen weiteren wichtigen Aspekt in die Diskussion ein, indem sie die in den letzten Jahrzehnten angesichts der Verunsicherung beim Gebrauch von Begriffen wie Apokalyptik und Apokalypsen zu neuer Beliebtheit gelangte prophetische Betrachtung der Apk 69 mit einem neuen Nachfragen nach deren Ort im frühen Christentum und der Bedeutsamkeit ihrer brieflichen Züge dafür verband. Nach ihrer Übersiedlung in die USA, wo neben der interpretatorischen Vernachlässigung der brieflichen Züge der Apk 70 auch die angelsächsische Tradition wirksam ist, die diese Züge bis zu der Annahme hin stärker herausarbeitete, die Apk sei ein (nicht-fiktiver) Rundbrief (Guthrie}'l, entwickelte sie ab 1977 ihr Verständnis des Apk-Briefrahmens näherhin im Blick auf die paulinische Tradition: In deren Linie stelle sich der ApkAutor, charakterisiere er sein Buch doch "as a circular, authoritative apostolic letter which is patterned after the already traditional Pauline letter form". Daß Johannes anders als die Vertreter der Paulusschule nicht den Namen des Paulus für sein Werk in Anspruch nahm, obwohl er - so Schüßler Fiorenza paulinischen Stil anklingen lasse, die paulinische Literarturform aufgreife und eine Paulus verwandte Autorität für sich fordere, begründet sie mit dem ihrer Ansicht nach hohen Ansehen der Prophetie und prophetischer Führerschaft in Kleinasien am Ende des l.Jh. 72.
In weiterer Entfaltung ihrer These sieht sie die Apk-Adressaten in Ausdeutung des UfllV von 22,16 und unter Heranziehung von 22,9 und 19, 10 in einer besonderen Gruppe von Gemeindepropheten, die MitglieU. B. Müller, Literarische Bestimmung 606 nach 604f. Die früher besonders bei Vertretern einer konservativen bis biblizistischen Auslegung der Apk lebendig war (s. z.B. Schlatter, Apokalypse bes. 104-107; Weiteres s. Maier, Johannesoffenbarung 579f., 585 u.ö.), sich nun aber neu und in verschiedener Richtung entwickelt: Kraft (Offenbarung 16 und passim), Hili (Prophecy; vgl. New Testament Prophecy 70fT.) und Etcheverria heben dabei bes. die Bezüge zur alttestamentlichen (und jüdischen), Satake (Gemeindeordnung 47 ff., 155fT. u.ö.), V.B. Müller (Prophetie bes. 57fT.; Theologiegeschichte bes. 31 ff., 43 f.), Schüßler-Fiorenza (u. a. Apokalypsis 107 fT. in Auseinandersetzung mit Hili und 114fT. mit Satake und V.B. Müller) und Aune (Social Matrix 18ff.) diejenigen zur urchristlichen Prophetie hervor. 70 S. etwa Strand 17. 71 Guthrie 961-964; vgl. Morris, Revelation 47,57; Minear, Apocalypse 9-11 ,21 f. 12 Schüßler Fiorenza, Quest 425; Apokalypsis 125 (Zitat), 127; ... gl. Composition 366. 68 69
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Aufgabenslellung und forschungsgeschichdicher Orl
der der sieben Gemeinden seien, an die die Apk gerichtet ist. Das ermöglicht ihr die originelle Deutung der ,Engel' in den Sendschreibenadressen als "visionary counterparts ofthe prophets in the communities. "73 Diese bemerkenswerte These, die Aune (1981) im wesentlichen ü bernimmt 74, ist freilich in ihrer Durchführung erheblichen Unsicherheiten ausgesetzt: Bereits an dieser Stelle abzulehnen ist die weitgehende Behauptung, die Apk sei eigentlich an Propheten in den Gemeinden der Asia gerichtet, da sie mit 1,4 nicht vereinbar und der Apk, auch davon abgesehen, nur gewaltsam entnehmbar ist. Sie beruht im wesentlichen auf der Deutung des U~LV von 22,16 auf frühchristliche Propheten, die nur dann zu begründen ist, wenn es isoliert auf OL abu.q>o( oou OL1tQOqri\'taL 22,9 bezogen wird. Doch werden diesen dort o[ TrJQOÜV'tE~ 'tou~ A6you~ 'toü ßLß).(OU 'tou'tou zugeordnet, die auch Schüßler Fiorenza als Gemeindeglieder versteht 75; und auf 22, 16 folgt unmittelbar ein Sprecherwechsel, aber nicht zu den Propheten, sondern zum Geist und der Braut. Ferner ist angesichts des generalisierenden Charakters von 22,6.9 zu fragen, wieweit 22,9 überhaupt konkrete Propheten in den Adressatengemeinden im Auge hat 76 • Besondere Aufmerksamkeit verdient dagegen der Hinweis auf Bezüge der Apk zur paulinischen Briefkonvention, auch wenn er in Schüßler Fiorenzas Zuspitzung die Kritik herausfordert, da in der gegenwärtigen Forschung schon die Charakterisierung des Apk-Formulars als paulinisch bezweifelt wird". Denn wenn solche Zweifel sich als unberechtigt erwiesen, ließe sich ein über bisherige Aporien hinausführender Zugang zu den brieflichen Zügen der Apk finden. Sie sind dann in der Art ihres Bezuges zur paulinischen Tradition zu analysieren, wobei nicht nur die Möglichkeit einer unmittelbaren Paulusnachfolge denkbar ist, sondern auch die eines Eingehens auf vom Apk-Autor der paulinischen Tradition zugehörig gedachte Adressaten. Wegen der Bedeutsamkeit dieser Fragestellung wird dem im folgenden Grundlegungsteil nachzugehen sein.
0.2.6 Ergebnis Die vorgenommene Durchsicht zeigt die Forschung zu den brieflichen Zügen der Apk nach Lücke durch zweierlei geprägt: durch deren AbwerDies., Quest 425; Apokalypsis 120f. (Zitat 120). Aune, Social Matrix bes. 19,21-23. Weiter wirkt die These bei White, Saint Paul (1983) nach, der freilich in flächiger Textbetrachtung dann eine einfache Mischung der brieflichen und apokalyptischen Genres in der Apk annimmt (444 nach 434). 75 Schüßler Fiorenza, Apokalypsis 120. 76 Mit U. B. Müller, Theologiegeschichte 31. Seine Positionsänderung in Literarische Bestimmung 616 (vgl. Offenbarung 368,370f.) ist bedauerlich. 77 S. Berger, Apostdbrief207; vgl. noch Müller, Offenbarung 71. 73
74
Di~ bri~flich~n Züg~ d~r
Apk in d~r neueren Forschung
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tung und Vernachlässigung einerseits und durch eine Fülle sie betreffender Hypothesen andererseits, die von der - gelegentlichen - Behauptung der Brieflichkeit des gesamten Buches bis zur Negierung des brieflichen Charakters seines Formulars überhaupt reichen und weitgehend einer fundierten Absicherung entbehren. Diese unbefriedigende Forschungslage entstand nicht zufällig. Denn nach Lückes und Boussets WeichensteIlung unterblieb über Jahrzehnte hinweg schon eine kritische Sichtung der Grundlagen ftir eine Interpretation der brieflichen Elemente und Züge der Apk. Es erfolgten weder kommunikationstheoretische und briefanalytische Vorabklärungen, die den Analysebereich genauer abstecken und in seinen Dimensionen erkennen ließen, noch eine literaturgeschichtlich detaillierte Untersuchung des Briefrahmens der Apk, die den Grund für eine überzeugende genauere Ortung dieses Werks in Geschichte und Literatur des Urchristentums hätte legen können. Die Erstellung stets neuer unzureichend begründeter Hypothesen war unter diesen U mständen sehr erleichtert, wenn nicht zwangsläufig. Noch die Forschungsimpulse des letzten Jahrzehnts tun sich schwer mit deren Überwindung. Aber sie zeigen neue Ansätze zu einer vertieften Wahrnehmung der Rezipientenorientierungder Apk und zur Untersuchung ihrer brieflichen Abfassung im Kontext prophetischer, apokalyptischer und urchristlicher Literaturtraditionen, die in vorliegender Arbeit zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuführen sind. Deren nachfolgender Grundlegungsteil hat von daher zunächst das Desiderat einer kommunikationstheoretischen Fundierung ftir eine rezipientenorientierte Analyse der Ap'k einzulösen. Anschließend stellt er sich der literaturgeschichtlichen Uberprüfungsaufgabe 78 •
78 An di~s~r St~lle s~i angemerkt, daß ein Ertrag der von Frankreich aus wirksamen neuen strukturalen und semasiologischen Bemühungen um die Apk - Calloud u. a. in der Greimas-Nachfolge (dazu s. Prigent, L'Apocalypse. Exeges~) und Lacocque in der Aufnahme Ric
1 Grundlegung: Erstellung von Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk mit ihren brieflichen Zügen Hartman, der 1980 den ersten Beitrag zu einer Analyse der Apk unter Rückgriff auf die neuere literaturwissenschaftliehe und linguistische Kommunikationsforschung als "an instrument ofcommunication" veröffentlichte, nahm dort nur Einzelabschnitte, nicht ihre Gesamtanlage in den Blick·. So sind die theoretischen Analysegrundlagen vorliegender Untersuchung hier neu zu erarbeiten, und zwar - da es um die briefliche Anlage der Apk geht - unter RückgriffaufBrieftheorie und Rezeptionsästhetik. Anschließend ist aufgrund der Impulse der neueren Apk-Forschung die Einbettung der Apk in ihren brieflichen Elementen zum einen in das Umfeld apokalyptischer und Offenbarungsliteratur, zum anderen in die Geschichte der urchristlichen Briefliteratur zu verfolgen. Ziel dieser Untersuchungen bleibt die Erstellung einer begründeten Arbeitshypothese zu interpretatorischem Gewicht und Bedeutung des Briefcharakters der Apk.
1.1
Kommunikationstheoretisc~e
und briefanalytische Grundlagen der Untersuchung
Die an tike Brieftheorie - aufdie hier zunächst zu blicken ist - erfuhr den Anstoß zu ihrer Ausbildung durch "die Frage nach der Sonderart des literarischen Briefes im Vergleich zu den anderen literarischen Formen". Da sie ihr Augenmerk maßgeblich auf die persönliche Beziehung zwischen den Korrespondenten als solches Proprium des Briefs richtete, zentrierte sie sich um dessen Verständnis als schriftliche "Bewältigung einer in <J)lJ..La-amicitia verwurzelten ,Briefsituation"'1. Eine entspre• Er suchte (Form passim, Zitat 129) lediglich im Anschluß an die texIlinguistischen Kategorien von Gülich/Raible die Beziehungen zwischen den verschiedenen Passagen des Apk-Textes exemplarisch für die Kap. 1-3 und 22,6fT. näher zu erfassen, indem er die Teiltexte dieser Abschnitte herausarbeitete und in einer Teiltexthierarchie ordnete. t Koskenniemi 53 (erstes Zitat), Thraede 3 (zweites Zitat). Die Bewußtheit der Schriftlichkeit des Briefes zeigt etwa Demetrios' ca. ins I.Jh. n. ehr. zu datierende Auseinandersetzung mit Arternon: Hatte Arternon sich dem Brief von der seit Plato sehr geläufigen
42
Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
chende Phraseologie wurde ausgebildet. Dem Bemühen um eine möglichst persönliche Begegnung der Korrespondenten entsprach eine Betonung der Nähe des Briefes zum mündlichen Gespräch, die ihre weitestgehende Formulierung bei Seneca fand 2 • Die Konzentration aufden "Typus des kultivierten Freundschaftsbriefes"3 bedeutete eine wesentliche Einschränkung. Denn amtliche oder Geschäftsbriefe, überhaupt die sachbezogenen Aspekte des Briefes kamen weniger oder nicht in den Blick 4 • Spätfolgen zeitigte dies in der neuzeitlichen Brieftheorie, die seit dem 16./17.Jh. starke Impulse aus der Antikenrezeption erfuhr. So war für Benjamin Neukirch (1727,21741) ein Brief "nichts anders, als eine schrifftliche rede eines abwesenden mit dem andern "5. Das aufkommende Bürgertum modifizierte diese Definition in der Richtung Senecas, wenn es die Nähe des Briefes zum mündlichen Gespräch hervorhob 6 . Als am Ende des 19.Jh. die Formgeschichte in Ansätzen aufkam, schlug dies auf das Verständnis des neutestamentlichen Briefes zurück. Angeregt durch Overbeck und die Funde der Papyrusbriefe verstand Deißmann den Brief nun ausschließlich von der "mündlichen Zwiesprache" her, von der er "sich seinem innersten Wesen nach in nichts" unterscheide': Er diene in sehr verschiedener Form und mit sehr verschiedenem Inhalt "intim und persönlich" "dem Verkehr der Getrennten" und sei so als "etwas Unliterarisches" grundsätzlich von der "Iiterarische(n) Kunstform" der "Epistel" zu trennen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sej und "mit dem Briefe nur die briefliche Form" teiles. Mit der Vernachlässigung, ja geradezu Negierung des Schriftcharakters des Briefes 9 verläßt Deißmann in Überziehung der antik zu Seneca führenden Linie die antike Brieftheorie. Seine Unterscheidung zwischen mündlich orientiertem Brief und schriftlich literarisierter Epistel muß daher ein unzulängliches Analysekriterium für antike Briefe bleiben. Die bereits früh ausgesprochene Kritik 10 behinderte aber die Wirksamkeit seiner Theorie kaum. DiaJogform genähert und ihn so als Teil des "dialogos" (nicht des mündlichen Gesprächs, wie Bünker 21 interpretiert) umrissen, so fordert Demetrios eine noch sorgfältigere schriftliche Ausarbeitung (de eloc. 223 f.; zur Interpretation vgl. Stirewalt, Leuer-Writing ISO Anm. I und Koskenniemi 43f.). 1 s. Koskenniemi 64fT.,44fT. und Seneca, ep. 75,1 (vgl. ep. 67,2). 3 Thraede 3. 4 Koskenniemi 49f.,92fT. 5 Neukirch 3; weitere Belege bei Motsch 187, der den Briefa.a.O. 184 noch 1974 ebenso definiert. 6 Goethe, WA IV 1,22 (zitiert nach Schöne 205) an seine Schwester: "Schreibe nur wie du reden würdest, und so wirst du einen guten Brief schreiben." 7 Deißmann, Bibelstudien 189; vgl. ders., Licht 117,194 nach Overbeck 19-22. 8 Ders., Licht I 94f., dort alle Zitate; Bibelstudien 196fT. 9 Ders., Bibelstudien 190 u. ö. 10 Z. B. Wendland 344,353.
Kommunikationstheoretische und briefanalytische Grundlagen
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Ein Beispiel dafür ist Ramsay, der sich umfangreich mit ihr auseinandersetzt und die Sendschreiben dann doch als Episteln klassifiziert. Trotz Bedenken blieb die Forschung bis in die 50er Jahre in Deißmanns Bann. Der Vorstoß Schuberts dagegen erfolgte 1939 in einem ungünstigen Zeitpunkt. So setzten sich erst ab 1956 zunächst Altphilologen, dann auch Theologen in einem bis an den Anfang der 70er Jahre währenden Prozeß von Deißmann abU.
Mühsamer noch als die Kritik an Deißmann gestaltete sich die Suche nach weiterführenden Kriterien für die literarische Analyse der Gattung der neutestamentlichen Briefe. Schubert wies hier auf die Stellung des Briefes in der sozialen Interaktion hin, die eine stärkere Berücksichtigung der Briefsituation erfordere, und unterschied aufgrund dessen den wirklichen (historischen) von dem im Brief erscheinenden Autor. Funk (1966) reflektierte besonders auf die Sprache und Sprachmöglichkeiten des Briefes. White (1971) lenkte den Blick aufdie Linguistik, den Strukturalismus 12 • So unterschiedlich diese Ansätze auch sind, zeigen sie doch, daß die literarische Erhellung der neutestamentlichen Briefe grundsätzlicher Klärungen aus dem Rahmenbereich der Sprachwissenschaften bedarf. Dort unterschied man nach Bühlers Organon-Modell der Sprache - das die Darstellungs-, Ausdrucks- und Appellfunktion des sprachlichen Zeichens herausarbeitet - den Berichtbrief, Reaktionsbrief und Aktionsbrief1 3 . Der in den 60er Jahren erfolgende "Paradigmawechsel(s) von sprachsystematisch zu kommunikativ orientierter Sprachwissenschaft" führte darüber aber ebenso hinaus wie über Harwegs Betrachtung des Briefs als "Publikationsform"14.
Grundlegend wird nun die von Ermert (1979) am weitesten ausgeführte Erkenntnis, daß der Brief zunächst nicht eine literarische Gattung darstellt, sondern eine dadurch gekennzeichnete "Kommunikationsform ce, daß beide Kommunikationspartner - im Unterschied zur Veröffentlichung eines Buchs mit unbestimmtem Leserkreis - "definite Größe(n)" darstellen, aber - im Unterschied zum Gespräch - räumlich und zeitlich getrennt sind. Ihre deshalb zwangsläufig schriftliche Kommunikation kann durch spezifische "Produktions- und Rezeptionsbedingungen" größere Komplexität erhalten. Es können nämlich "Verfasser, Schreiber (bzw. allgemein: Hersteller im technischen Sinne) und derjenige, der offiziell als ,Sender' fungiert, also z. B. die Verantwortung trägt, identisch" oder nicht-identisch sein. Die gleiche Variabilität gilt für die Rezipientenseite, auf der "Empfänger, Leser/Hörer und Bearbeiter eines
11 Zur Rezeption s. Ramsay 22ff.,38 und z. B. Fascher 1413; zur Kritik Schuben, Form bes. 369f.; Koskenniemi 88ff.; Luck passim; Doty, Classification 183ff. 11 Schuben a.a.O. 375ff.; Funk, Language bes. 224ff.;]. L. White, Structural Analysis 2 u.Ö. 13 Bes. Voß 206ff.,317ff. nach Bühler 24-33 (zu diesem vgl. Plato, Kratylos 388 B). 14 S. Ermert 24ff., Zitat 25 und Harweg 349 (ff.) (dazu Ermert 11).
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
Textes" unterschieden sein können 15. Weiterhin bietet die Kommunikationsform eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten vom Geschäftsbriefüber den Privatbrief bis zum gelehrten BrieP6. Wie hilfreich diese Bestimmung auch zur Erfassung der antiken Briefe ist, zeigt sich darin, daß sie die Vielzahl der antiken Brieftypen 17 vom Alltags- bis zum literarischen Brief unter dem Gesichtspunkt schriftlichdefiniter Kommunikation zusammenzuschauen erlaubt. Betrachtet man von ihr her die Apk, so bedient sich diese der Kommunikationsform Brief in einer vergleichsweise komplexen, doch durchaus formal legitimen Weise, sofern sie sich auf der Autorseite über den Schreiber und Sender Johannes hinaus aufJesus Christus zurückführt (vgl. Apk 1,1 und 1,4.11) und sofern sie auf der Adressatenseite auf einen größeren Leser/HörerKreis als die explizit genannten kleinasiatischen Empfängergemeinden hin offen angelegt ist (vgl. 1,11 etwa mit den generalisierenden Seligpreisungen 1,3; 22,7). Diese grundsätzliche Einordnung der Apk in ihrer Kommunikationsstruktur entschärft bereits ein altes Dilemma der Forschung. Denn auch für den Fall, daß die Apk einer brieflichen Gattung im engeren Sinn nicht zugewiesen werden kann oder soll, ist eine Vernachlässigung und Abwertung ihrer nicht zu leugnenden brieflichen Züge damit nicht mehr nötig. Freilich ist die Analyse über solch allgemeine Feststellungen hinaus zu vertiefen. Ermert sucht Ansatzpunkte dafür in einer Diskussion der Dimensionen des Briefs. Er sieht "die sprachliche Struktur kommunikativer Handlungsmuster in ihrer Ausformung regelhaft abhängig [ ... ] von den (außersprachlichen) Bedingungen der Kommunikationssituation" und erörtert demgemäß zunächst die "Handlungsdimension" des Briefes Intention, Handlungsbereich, Partnerbezug und Handlungszusammenhang -, dann erst die thematischen, situativen, sprachlich strukturellen und formalen Dimensionen. So wichtig die damit gewonnenen Gesichtspunkte sind, können sie doch nicht unmittelbar einer Analyse älterer Texte zugrundegelegt werden, die Ermert bewußt und gezielt vernachlässigt l8 . Denn diese sind in der Regel von ihrem textexternen Umfeld abgelöst überliefert, so daß dieses erst aus ihnen zu erheben ist. Das gilt in besonderem Maße für die Apk, da nicht nur die nähere Bestimmung ihrer textexternen Adressatenorientierung, sondern die Echtheit ihrer Brieflichkeit überhaupt in Frage steht. So ist zu ihrer Interpretation ein allgemeineres Modell schriftlicher Kommunikation zu bevorzugen. Als wichtigen Schritt darauf zu wies Schöne (1967) die Parallelen 15 16 17 18
Ermert 57-62 (erstes Zitat 59 - dort hervorgehoben -, weitere Zitate 57). Belke, Gebrauchsformen 143 ff.; vgl. Ermert 5. s. z. B.]. Schneider, Brief568ff.; Doty, Lellers 5ff., 10, 16. Ermert 11 (Zitat), 68-118, 9.
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zwischen einem Brief und dichterischen Texten in der Textkonstitution und -rezeption auf: "Wie der dichterische Text nicht nur [ ... ] wirkliche Leser finden mag, sondern selbst [... ] einen bestimmten Leser entwirft, in dessen erdichtete Rolle der wirkliche zwar lesend eintreten kann, mit dem er aber keineswegs einfach identisch ist, so setzt auch der Brief einen Empfänger, beschreibt auch er einen Leser, der vom tatsächlichen Empfänger und Leser grundsätzlich zu unterscheiden und praktisch oft unterschieden ist. Der Briefschreiber macht sich ein Bild von seinem Leser; indem dieses Bild aber eingeht in den Brieftext, vermittelt er es gleichsam als Rollenangebot auch dem wirklichen Briefempfänger. "Gleiches gilt für den Schreiber: "Wie der Erzähler eines Romans" von dessen" wirklichem Autor" "entworfen ist als eine Rolle, in die er eintritt, so setzt auf seine Weise tatsächlich auch der Brief einen Schreiber, der von der Person des Schreibenden grundsätzlich zu unterscheiden und praktisch oft unterschieden ist. Vor allem durch die Rücksicht auf den Briefempfänger" werde die "Rolle" bestimmt, "in der er als Schreiber eingeht in den Text seines Briefes" 19. Diesen Differenzierungen ging die Rezeptionsforsch ung der folgendenjahre weiter nach, so daß sich nunmehr- mit Link (1976) vier Ebenen eines schriftlichen Kommunikationsvorgangs und seiner Autor- und Adressaten-(Leser-) Instanzen unterscheiden lassen (E = Ebene): Für die Interpretation zentral ist die Ebene des aus dem Text erschlossenen Autorbewußtseins, des "impliziten" oder "abstrakten" Autors (E 2). Denn diese Instanz vertritt den textexternen Autor (der E 1) "zuverlässiger und umfassender" als die explizite Erzählfigur des Textes (auf E 3), die ja eben durch dieses Autorbewußtsein gesetzt ist 20 , und bestimmt zugleich den im Text expliziten Kommunikationspartner dieser Erzählfigur (aufE 3). Daher läuft jede Beziehung zwischen der textexternen "realen Ebene" (E I) und den internen Gestalten des Textes (E 3) "notwendig über den abstrakten Autor"21. Diesem entspricht (auf E 2) dasjenige "Leserbewußtsein, das mit seiner Kompetenz den Strategien und Eigenschaften des Textes gewachsen" und damit "die im Text enthaltene Norm für den adäquaten Lesevorgang ist", der "abstrakte" bzw. "implizite Leser"22. Schließlich enthält fast jeder Text "die vierte Ebene einer, Welt im Text''', die "sämtliche erzählten oder dargestellten Vorgänge und Ereignisse" umfaßt. Dazu "können wiederum kommunikative Situationen zwischen handelnden Personen gehören"; die Welt im Text kann jedoch "nicht allein nach dem Kommunikationsmodell erschlossen
19 20 21 22
Schöne 213 f. (erstes Zitat 213, weitere Zitate 214). Link 21, Zitate dort teilweise hervorgehoben. A.a.O. 30 u.ö. A.a.O. 23, Zitate dort teilweise hervorgehoben.
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
werden"23. Folgendes Schema kann diese Zusammenhänge veranschaulichen: Autor
Leser
Kommunikationsebene
realer Autor realer Leser (empirische historische Personen)
textexterne Ebene E 1
abstrakter/impliziter abstrakter/impliziter Autor Leser (abstrakte, vom Interpreten gewonnene Instanzen)
textinterne Ebene E 2:
expliziter Autor expliziter Leser ( Erzähler/Sprecher) (Figuren im Text) die Ereignisse der "Fabel", zu denen auch kommunikative Situationen innerhalb der dargestellten Wel t gehören
abstrakte Kommunikationssituation textinterne Ebene E 3: explizite Kommunikationssituation textinterne Ebene E 4: Welt im Text
Da mit Leser hier allgemein der Adressat gemeint ist, an den sich die schriftliche Kommunikation wendet, umfaßt er den Hörer mit, der den Text bei einer Vor-Lesung rezipiert.
Das Modell ist zur Erfassung brieflicher Texte gut geeignet: Diese verfügen in der Angabe der Kommunikationspartner - die in der Regel bereits im Briefformular erfolgt - über die (textinterne) explizite Kommunikationssituation (E 3), die durch das Autorbewußtsein und seine Adressatenorientierung (E 2) geschaffen ist. Die textexterne Ebene (E 1) bildet als "äußere(r) Vorgang" des Briefes "ein Relationsgeschehen von [... ] dreisteIliger Natur: Schreiber - Brief - Empfänger" und besteht konkret aus Schreibvorgang - Übermittlungsvorgang - Vorgang des Empfangens und Lesens 24 . Die Welt im Text wird durch die Briefinhalte gebildet. Weiter bietet das Modell eine genauere Bestimmungsmöglichkeit der Fiktivität bzw. Nicht-Fiktivität eines Briefes: Wie oben dargestellt, lassen die Produktions- und Rezeptionsbedingungen der Kommunikationsform eine gewisse Variabilität auf der Autor- und Empfängerseite zu. Wenn nun die durch das Autorbewußtsein vermittelten Ebenen 1 und 3 des vorliegenden Briefes im Rahmen dieser Produktions- und Rezeptionsbedingungen harmonieren und sich ein möglicher äußerer Brief-Vorgang 2.J 24
A.a.O. 26; zum folgenden Schema vgl. a.a.O. 25. Honnefelder 4f., Zitat 5.
Kommunikationstheoretische und briefanalytische Grundlagen
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rekonstruieren läßt, ist Nicht-Fiktivität mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Sind diese Ebenen aber unvereinbar - etwa durch Fälschung des Verfassers und/oder der Empfanger-, so liegt ein literarischer Text vor, der sich nur fiktiv der Kommunikationsform des Briefes bedient. Eine Betrachtung der Apk nach diesem Modell führt von vornherein über das Dilemma der Apk-Forschung hinaus, das sich dadurch ergab, daß die Apk in den Rahmenkapiteln ausführlich aufihre expliziten Adressaten eingeht (E 3), sie aber ab 4, I nicht mehr explizit erwähnt. Das mußte bei einer Vernachlässigung der abstrakten Kommunikationssituation (E 2) interpretatorisch zur scharfen Scheidung zwischen den brieflichen Rahmenkapiteln der Apk und ihrem Corpus führen, wie sie sich in den bei der Forschungsgeschichte eruierten Aporien der Differenzierung brieflicher und apokalyptischer Teile der Apk spiegelt. Das Kommunikationsmodell weist demgegenüber darauf hin, daß vor solchen Schlüssen eine genauere Analyse der Ebene des impliziten Autors und impliziten Lesers erfolgen muß, die das Werk in allen seinen Teilen trägt und seine Einheit auch über gewichtige Kommunikationseinschnitte hinweg zu gewährleisten vermag. Ist der implizite Autor dabei als ",Integrationspunkt' sämtlicher Verfahren und Eigenschaften des Textes" zu erheben 2s , so der implizite Leser über die "Vororientierungen", die ein "Text seinen möglichen Lesern als Rezeptionsbedingungen anbietet"26. Das bedeutet, daß in der Exegese der Apk die Blickpunktvorgaben des Textes als Indizien seiner Leserftihrung besonders zu beachten sind. Als ein wichtiges Beispiel solcher Indizien sei die von Fiedler erhobene Leserlenkung in neutestamentlichen Texten durch die Formel xai. lOou genannt 27 . Angesichts der grundsätzlichen Nähe des leserorientierten Gebrauchstextes Brief zur Rhetorik liegt es nahe, weitere solche Indizien an hand von deren Regelwerk zu erheben. Doch das "Alt. [= Altertum] kennt keine verbindlichen Regeln für die Abfassung eines B. [= Briefes]". Die sich trotzdem herauskristallisierenden Hauptforderungen - der Brief solle kurz, klar und in mittlerer Stillage abgefaßt sein 28 - stehen in engem Zusammenhang mit der antiken Brieftheorie und teilen damit deren oben ausgewiesene Grenzen. Die meisten neutestamentlichen Briefe erfüllen bereits das Kriterium der Kürze nicht, und die Apk entfernt sich durch die Besonderheiten ihrer Sprache noch weiter von diesen Vorstellungen der antiken Brief-Rhetorik 29 • Damit scheidet die spezielle Briefrhetorik als Grundlage einer Analyse aus, die von den brieflichen Zügen der Apk ausgeht. Die Link 22. Iser 60. 27 Fiedler, Formel "und siehe" bes. 83f. und 81. 28 P. L. Schmidt 325 (Zitat); vgl. Martin, Rhetorik 335fT. u. Ö. 29 Bereits Dionys von Alexandrien stellt fest, daß der Verfasser der Apk im Unterschied zu den übrigen johanneischen Schriften kein gutes Griechisch spricht (Euseb, h. e. VII 25,26); das aber setzt die Forderung der Anmut des Briefes voraus (s. Demetrios. de eloc. 235 im Kontext). 25
26
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
Rhetorik griff aber in Hellenismus und Kaiserzeit in ihren Grundzügen, zu denen etwa die Gliederung eines Textes nach den Redeteilen exordium, narratio, fakultativer propositio, argumentatio im positiven und negativen Beweisgang (confirmatio und confutatio) und schließlich peroratio gehört, auf die gesamte Literatur aus 30 . Deshalb ist sie in diesen Grundzügen als Analysehilfsmittel auch für die Untersuchung der Apk heranziehbar, soweit dies methodisch hilft, die sprachlichen Erscheinungen von deren Leserftihrung genauer zu erfassen.
1.2 Der Ort der Apk mit ihren brieflichen Zügen in ihrer Literaturepoche Ist damit ein theoretischer Rahmen für eine rezeptionsästhetisch-briefliche Analyse der Apk gewonnen, so ist nun vorab noch ihre Stellung in ihrer Briefepoche zu umreißen: Wieweit ist sie in ihren brieflichen Zügen einer Tradition der antiken apokalyptischen und Offenbarungsliteratur ohne spezifische Rezipientenorientierung, wieweit einer ihr vorgängigen urchristlichen Brieftradition verpflichtet? Was ergibt sich daraus für ihren Gebrauch der Kommunikationsform?
1.2.1 Das Umfeld von apokalyptischer und Offenbarungsliteratur Berger (1974) bietet die bislang umfangreichste Zusammenstellung von Material, um die "Relation Brief/Apokalypse" zu erhellen. So werde äthHen 100,6 "das ganze Werk ~ E1tUJtOA..., a'Ü"tT) genannt". Die Anastasia-Apokalypse (p. 34 ed. Homburg) und die lateinische Thomasapokalypse (VM 1) würden gleichfalls als Briefe bezeichnet, und die Apokalypse des Pisuntios sei als Brief formuliert. Zu vergleichen sei ferner "die Offenbarung des Namens Gottes als ,Brief' Od SaI23". Hinzu kämen zur Klärung der Vorgeschichte syrBar 77,17-19; 78-87 und die weiteren Propheten briefe der Jeremia/Baruch-TraditionJer LXX 36,1-23; EpJer; TJeremia 10,11 und ParJer 6,( 13-14.) 17-23; 7,23-29 sowie der BriefElias 2 ehr 21,12-15 1• 30 Hommel/Ziegler l401,1413f. Eine rhetorische Analyse neutestamentlicher Schriften steckt dabei noch in den Anfängen: Bünkers Versuch, sie auf den I Kor anzuwenden (bes. 51-72), ist nicht sehr gelungen (vgl. die Rezension durch A. Lindemann, ThLZ 109 (1984), 890fT.). I Berger, Apostelbrief208 mit Anm. 80, 212fT. (Zitate 212, 208 und 208 Anm. 80). Das von Berger 208 Anm.80 zum Vergleich angeführte Testament des Shenute muß außer Betracht bleiben; seine Bezeichnung als Briefist nicht verifizierbar.
Der Ort der Apk mit ihren brieflichen Zügen in ihrer Literaturepoche
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Zur Erhebung des näheren Umfelds der Apk fallen davon von vornherein die erheblich späteren christlichen Texte aus: die Anastasia-Apokalypse, die ApkThom und die Pisuntios-Apokalypse 2 , des weiteren die sich in OdSal niederschlagende Himmelsbrieftradition. Der Himmelsbriif - "ein vom Himmel gefallener oder gesandter Brier', "der unter wunderbaren Umständen auf der Erde erschien" - hat ein weites orientalisches Umfeld in der Rückftihrung der Entstehung heiliger Schriften auf die Gottheit und ist auch im griechisch-römischen Raum geläufig3 . Entgegen der von Stübe und Deißmann aufgebrachten These, wenigstens die Sendschreiben der Apk seien Himmelsbriefe4 , deutet aber die Apk ein Gefallensein vom Himmel o. ä. nicht einmal an. Überhaupt ist der Himmelsbrief im Alten und Neuen Testament nicht vertreten. Er erhält größere Bedeutung rur das unmittelbare Umfeld des Christentums einschließlich der Gnosis erst ab dem 2.Jh. 5 •
Das weitere Vergleichsmaterial ist nun zu sichten und über Berger hinaus zu vervollständigen.
1.2.1.1 Die Apk und die Briefe der Elia-,Jeremia- und Baruchtradition Die von Berger angeführten "Briefe als Mittel prophetischer Verkündigung"6- zu denen sichJer 36,31 f. LXX ergänzen läßt- bringen mit 2Chr 21,12 (LXX: TaöE AEyEL XUQLO~ X1:A.) undJer 36,4.31 LXX (oiho>~ EUtEV XUQLO~ X1:A.) den Nachweis, daß die Kommunikationsform Brief zum Träger prophetischer Botenrede werden kann 7. Bereits EpJer aber ist nicht mehr als prophetische Botenrede gekennzeichnet (s. EpJer 1), obwohl ihr Verkündigungsinhalt in der Einleitung auf den Auftrag Gottes zurückgeführt wird 8 . Auch syrBar verzichtet im Unterschied zu den altte-
2 Die Anastasia-Apk ist ein mittelalterlicher Text (s. Homburg 441 f., 459ff.), der die Seligpreisung mit der Briefbenennung nur in einer späteren Zutat in der Pariser Hs. aus dem 15.Jh. (Apocalypsis Anastasiae VI) enthält (s. Homburg 439f., 457f.). Die ApkThom trägt das von Berger angeführte Incipit nur bei Vertretern der längeren Fassung, und zwar am Beginn von deren Interpolation (de San tos Otero in Hennecke/Schneemelcher 11 569 Anm. I). Die Pisuntios-Apk gehört ins Umfeld der arabischen Invasion (Perier 79, vgl. 87f. [Text]). 1 Röhrich, Himmelsbrief 338 (Zitat); zum Umfeld s. Leipoldt/Morenz 29ff.; Speyer, Bücherfunde I ff., 23ff.;]. Schneider, Brief572f. 4 Stübe 37; Deißmann, Licht 208; vgl. noch Kraft, Offenbarung 21. s OdSal 23,5ff. ist einer der hierher gehörigen Texte (s. Greßmann 619ff.); vgl. für die Gnosis ActThom IlOf. (perlenlied 40-68), für den Manichäismus Kephalaia I Kap. 75 ( 182,2ff.). 6 Berger, Apostelbrief213. 7 Der Sachverhalt wird durch die Frage nach der Fiktivität des Gebrauchs der Kommunikationsform Brief nicht berührt. Vgl. zu 2Chr 21,12 Coggins 229, zuJer 29 (= 36 LXX) W. Rudolph, Jeremia 181 ff. 187f. 8 Der Text richtet sich als "ermahnende Belehrung" gegen die babylonischen Götter; t
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
stamentlichen Prophetenbriefen und der Apk auf eine direkte Rückführung der Baruchbriefe auf einen Auftrag Gottes. Den nicht überlieferten Brief nach Babel schreibt Baruch auf Bitten seines Volkes hin (77,12-17). Die 77,17.19 nicht näher begründete Abfassung des zweiten Briefes, der ab 78,2 überliefert wird, erfüllt nach 84,7 die Aufgabe des Zeugnisses, "daß ihr an die Gebote des (AlI)mächtigen denkt und daß er zur Entschuldigung für mich auch diene gegenüber dem, der mich gesandt hat. "9
Entsprechend verzichtet 78,2 auf die prophetische Botenformel. Es greift statt dessen mit "So spricht Baruch" auf ein sehr altes briefliches Formular zurück, das im Zusammenhang der Botensendung entwickelt wurde und ab dem 5.Jh. die autoritativen königlichen Schreiben kennzeichnete (z. B. 2Chr 36,23 LXX vgl. Esr 2,2 LXX; vgl. 'taÖE YQa
syrBar nimmt also in gewisser religionsgeschichtlicher Offenheit traditionelle Formelemente und Motive auf, um Baruch als den Autor und Sender des Briefes 78-86 zu kennzeichnen, der in ihm seine besondere Autorität, aber auch Verbundenheit mit den Adressaten zur Geltung bringt. Dieser Brief bildet darin keine unmittelbare Parallele zur Apk: durch die BrielTorm sucht er eine zuJer 29 analoge Autorität (s. Gunneweg, BriefJeremias 185). 9 Übersetzung hier und im folgenden nach Klijn-Bunte inJSHRZ V. 10 S. allg. Pardee 334f., Gerhard 51 ,54f. und Koskenniemi 156; zu den Königsbriefen Gerhard 52 f.,55; Westermann, Grundformen 711T., bes. 73 f. 11 Bogaert, Apocalypse de Baruch 11 142. II So noch in 2Chr 36,22 LXX/Esr2,1 f. LXX; vgl. allg. Roller 226 u.ö. Est3,13a LXX zieht Absender und Adressaten in einen Satz zusammen, verwendet aber das Verb
yQCicpElV. 13 Zur griechischen Konvention s. Koskenniemi 157 u.ö., 1451T., zur unabhängigen BriefUberiieferung, die den griechischen Einfluß auch durch Zusammen ziehung von Adressatenangabe und Gruß in 78,2 verstärkt, s. Bogaert a.a.O.I68,69f.,71 (vgl. 11163f.).
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Deren Präskript I ,4-5a besteht zwar gleichfalls aus zwei Sätzen, nimmt aber im ersten Satz die briefliche Botenformel nicht auf und gestaltet im zweiten Satz den Gruß von der Grundformel XaQL<; xat dQT)VTI aus. Schließlich verzichtet die Apk auf das griechische Motiv des wechselseitigen Gedenkens. Damit fehlen in ihr gerade die zur Charakterisierung der Beziehung Baruch-Adressaten entscheidenden Formmomente. Da die Apk überdies auf die Übersendung durch einen Adler verzichtet, muß das VerhältnisJohannes' zu seinen Adressaten ein ganz anderes sein als das Baruchs. Des weiteren ist syrBar 78-86 formal-inhaltlich der Testamentenliteratur zuzuordnen, worauf bereits die Begründung der Abfassung des Briefes mit dem bevorstehenden Tod Baruchs (78,5; 81,1) verweist 14 . Der Apk fehlt dagegen die für jene Gattung konstitutive Verankerung in der Situation des nahenden Todes. Umgekehrt tritt eine Relation von Apokalypse und Brief, die Anhaltspunkte für die Erfassung des Sachverhalts bei der Apk geben könnte, beim Baruchbrief nicht hervor: Er hat zwar im Inhalt "une identite remarquable" mit dem übrigen syrBar, aber eben zugleich ein eigenes "genre litteraire" , das "ne pouvait guere admettre de mysterieuses revelations"15. Gerade die besondere briefliche Möglichkeit, sich von der "imagerie apocalyptique" freizumachen, begründet so rur Bogaert die Verbindung einer Apokalypse mit dem Briefin syrBar. Sie sei nämlich "l'un des biais par lequell'auteur pouvait plus facilement faire sentir la reference de son ceuvre al'histoire"16.
Zurückhaltung ist schließlich auch in der Auswertung von syrBar 86, I für das Interesse der Apk an gottesdienstlicher Verlesung (bes. 1,3) und ihre Wahl der Briefform geboten: Der These, daß der Verfasser des syrBar "mit Hilfe der Fiktion des Baruchbriefes und seiner Verbreitungsnotiz die Publikation seiner ganzen Apokalypse sichern" wolle, widerspricht die Beschränkung des Tradierungs- (84,9) und Verlesungsbefehls auf den 14 S. Bogaert a.a.O. I 121, 125f.; vgl. Berger a.a.O. 216. Indem der Text in seinem Mittelteil Vergangenheitsrückblick (79,1-80,7; 84,2-4 u. ö.), Verhaltensanweisung (84,6 ff. u.ö.) und Zukunftsansage (83 u.ö.) enthält, erfüllt er weitere wichtige Kriterien dieser von Nordheim (zusammenfassend 229; zum folgenden auch 233,236,20) untersuchten Gatlun~, deren belehrende und paränetische Intention er- unter besonderer Berücksichtigung der Trostfunktion (78,5; 81, I u. ö.) - teilt (z. B. 84, I). Zu ihr fügt sich weiterhin der Tradierungsauftrag 84,9 mit seinem Interesse an der (angeblich) alten, für die Nachkommen fruchtbaren Tradition (vgl. TestSim 7,3; TestIss 6,3) und das Bemühen Baruchs um den Nachweis seiner Unschuld 84,7 (vgl. TestSim 6,1; TestLev 10,2). 15 Bogaert a.a.O. I 76. 16 Ebd. 121. Üherdies war die Verbindung Brief-Apokalypse leicht lösbar, wie die Textgeschichte erweist: Unter den 39 bekannten Hss. bietet nur die Mailänder die zweifellos ursprüngliche (Nachweis a.a.O. bes. I 68-73) Eingliederung des Textes in syrBar (s. Klijn, syrBar 108 f.). Auch sie überliefert den Briefzusätzlich gesondert, und zwar nachJer, Thr, EpJer vor Bar (Bogaert a.a.O. I 120 Anm. I), womit sie seine Zugehörigkeit zur Jeremia/Baruch-Brieftradition hervorhebt.
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
Brief (86,1.3). syrBar 86, I bildet so lediglich einen Beleg für das Vorkommen von Verlesungsaufträgen in Briefen (neben I Thess 5,27; KoI4,16; vgl. Eph 3,4, aber auch Bar 1,14). Der Analogieschluß auf die Apk, auch diese wolle durch die briefliche Rahmung ihre sonst für sie als Apokalypse fragliche gottesdienstliche Verlesung sichern, fällt dahin 17. Die Apk zeigt in 1,3 sogar noch weitergehende Selbständigkeit, indem sie das Verlesungsmotiv zusammen mit dem Gedanken des Hörens in eine Seligpreisung einfügt und beides nicht allgemein an das Kommunikationsmittel Briefanbindet, das sie trägt, sondern auf die in ihr (vgl. 22,18) verkündigten Worte der Prophetie bezieht. Die gottesdienstlkhe Verlesung wird so nicht beschworen (vgl. dagegen I Thess 5,27), sondern in der Nennung eines Vorlesers neben einer Mehrzahl von Hörern als gegeben vorausgesetzt 18. Das Augenmerk richtet sich nicht auf die Rezeption eines gattungsmäßig fremden Textex, sondern auf das Lesen, Hören und festhaltende Bewahren von im Gottesdienst verlesenen Worten, die näherhin solche prophetischer Verkündigung sind. Die Seligpreisungen der das Wort Gottes (Lk 11,28) bzw. die Worte der Verständigen (äthHen griechisch 99,10) Hörenden und es Bewahrenden (Lk 11,28) bzw. entsprechend Handelnden (äthHen griechisch 99,10) bilden inhaltlich und formal einen näheren Kontext als die brieflichen Verlesungsaufträge 19 .
Die von syrBar literarisch abhängigen 10 ParJer führen das Motiv des Adlers als Boten weiter (7, 15.17f.). Der Baruchbrief6, 17-23 enthält zwar eine Gottesrede (6,21-23), bleibt jedoch ein eher privates Schreiben Baruchs anJeremia, das für sich genommen nicht vollgültiger Überbringer einer prophetischen Botschaft an das Volk in Babel sein kann: Seine Verlesung muß durch eine Rede des Adlers gegenüber Jeremia und eine Totenerweckung durch den Adler vor dem Volk erst als göttlich autorisiert eingeführt werden, und sein Kerngehalt wird am Tag des Auszugs des Volkes noch einmal in direkter Gottesrede an J eremia wiederholt (8,2 f.). Jeremia bittet Baruch in seinem Antwortbriefunter Verzicht aufjede spezifisch prophetische Redeform, für das Volk zu beten, dessen Situation er dabei schildert (7,23-29). Damit enthüllt sich das hinter dem Briefwechsel stehende Motiv: die zu syrBar 10, I ff. korrespondierende Vorordnung Baruchs vor Jeremia 21 . Gegen U. B. Müller, Literarische Bestimmung 606f. (Zitat 606). Dies bestärken die Anklänge an eine Eucharistie1iturgie in Kap. 22, die die von der Apk von vornherein angenommene Verlesung noch näherhin als vor der Abendmahlsfeier erfolgend orten lassen; vgl. Jörns 182. Im übrigen bezeugt christlich bereits wenig später Justin, apo I 67,4 die Ausbildung des Standes des Vorlesers, so daß die gottesdienstliche Verlesung wichtiger Texte tatsächlich gängige christliche Praxis gewesen zu sein scheint. 19 So auch Kraft, Offenbarung 23, der die Seligpreisung freilich fUr "nichtssagend" hält; vgl. neuerdings sogar Müller, Offenbarung 68. lO S. schon Rysse1403, zuletzt Bogaert a.a.O. I 186ff., Ergebnis 221. II Hatte syrBar 10,1-3 (AusfUhrung 4f.)Jeremia über Baruch den Auftrag erhalten, mit nach Babel zu gehen, während Baruch selbst in Jerusalem bleiben sollte, so erfahrt nun 17 18
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Der Briefwechsel von ParJer zeigt sich damit als interessante Weiterentwicklung der Baruchtradition nach syrBar, ohne wesentliche Momente zur Erklärung der brieflichen Züge der Apk beibringen zu können. TJertmia 10,11 schließlich läßt sich als "rhetoric exposition" charakterisieren 22 . Die Wahl der Kommunikationsform Brief dürfte durch Jer 29 beeinflußt sein, inhaltlich ist eine gewisse Nähe auch zu EpJer zu bemerken 2J . Neue Gesichtspunkte zur Erklärung der Apk ergeben sich nicht. Insgesamt ist folglich der Ertrag aus dem Formvergleich von den Briefen der Elia-,Jeremia- und Baruchtradition zur Apk negativ: Das Belegmaterial für die angeblich "nie ganz ausgestorbene Gattung des prophetischen Briefes" schrumpft auf die alttestamentlichen Texte zusammen, die sich schon durch den Gebrauch der prophetischen Botenformel als prophetische Redeform bzw. Textsorte ausweisen lassen. Die Aufnahme der weiteren Briefe der J eremia/Baruch-Tradition in diese Gattung würde zu einer Verzerrung von deren Konturen führen 24 . Alle angeführten Texte erhellen nur den weiteren literarischen, religions- und traditionsgeschichtlichen Kontext der Apk, ohne unmittelbare Parallelen zu ihrer literarischen Gesamtgestaltung zu bieten.
1.2.1.2 Die Apk und die Briefe in der Henochliteratur Weitergehende Aufschlüsse sind von Bergers Belegtext aus der Henochliteratur zu erwarten, falls sich seine These zu äthHen erhärten läßt, "das ganze Werk" werde 100,6 Brief genannt 25 , und sich diese briefliche Charakterisierung bis ins I.Jh. n. Chr. oder gar zum aramäischen Text des äthHen zurückverfolgen läßt. Gegen beides sind jedoch Vorbehalte anzumelden: Die Bezeichnung 'EjtL
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sche wäre als "Buch" zu übersetzen 26 . Die Eruierung der Brieflichkeit von äthHen hat also bei CM anzusetzen. Der erhaltene Text von äthHen beginnt dort mit 97,6 und führt unter Auslassung von Kap. 105 bis zur Subscriptio nach 107,3. Er kann aufgrund des Kodexumfangs maximal bis äthHen 83, angesichts der vorangehenden Aufnahme einer weiteren Schrift (eines Ezechiel-Apokryphons?) wohl nur bis Kap. 91 zurückgereicht haben 27 . Das bedeutet aber, daß CM die Bezeichnung "Brief Henochs" nur für den letzten Teil des äthHen belegt; ihre Übertragung auf weitere Teile des äthHen ist unzulässig 28 • Ferner läßt sie sich von CM aus nicht weiter als bis ins 3.Jh. zurückverfolgen, dem dessen unmittelbare Quelle wohl zuzuweisen ist 29 • Trotzdem übernahm Milik die Briefbezeichnung rur das auf ca. 100 v. Chr. datierte 5. Buch (die Kap.91-105) des von ihm rekonstruierten aramäischen Henoch-Corpus. 104,11-105,2 bilden das Explizit dieses Buches, von dem die Kap. IO~ 107, die ursprünglich keinen Henoch-, sondern einen Noah-Text darstellen, durch einen deutlichen Zwischenraum getrennt waren 30. Wird das beachtet, so zeigt sich: Die Textfassung in CM ist der aramäischen gegenüber sekundär. Sie zerstört das Explizit durch die Auslassung von 105 und zieht das NoahFragment 106 f. in die 'EltLO'toÄ.i] 'EvWx hinein 31 . Daher ist die Evidenz rur einen brieflichen Charakter des letzten Teils des aramäischen äthHen nicht aus ihr ableitbar, sondern ausschließlich diesem selbst zu entnehmen. Dort sind nun zwar die rur das eventuelle Briefformular entscheidenden Stellen 91, I ff. und 105 nur fragmentarisch erhalten. Doch läuft 4QEn K I 11 im wesentlichen parallel zum äthiopischen Text von 91,1O(?).18-19; 92,1-2, wie er sich bei Umstellung der Zehn-Wochen-Apokalypse ergibt, und pap.Ch.B. no.185 mit hoher Sicherheit parallel zu äthiopisch 91,3-4. Daher nimmt zu Recht auch Milik aufgrund Kolumne 4QEn K I I einen zwar etwas umfangreicheren aramäischen Text an, der aber seinem Inhalt nach vom äthiopischen Text aus erschließbar ist 31 . Dort ist
26 S. Enoch (Knibb) 2,235. Die Zitierung des griechischen Textes erfolgt hier nach der Ausgabe Blacks, die des aramäischen Textes nach der Ausgabe Miliks. Uhlig, der in seiner neuen Überselzung von äthHen den Brieftitel als ursprünglich annimmt, differenziert nicht zwischen den Textüberlieferungen USHRZ V 708). 27 Enoch (Bonner) 4,6,10. Milik sichert den Textbeginn beim Einschnitt von 91, I ab, indem er das Recto des fr. 3 von Pseudo-Ezechiel (pap. Ch.B.no. 185) als wahrscheinlich zu einer der äthiopischen Fassung gegenüber selbständigen griechischen Rezension von 91,3-4 gehörig identifiziert- s. Enoch (Milik) 259. 28 So auch die auf den Text der Kap. 1-32,6, der kein Briefformular trägt, sondern 1,1 f. als Rede charakterisiert und eingeleitet wird - gegen Berger a.a.O. 208, dessen daraus gezogene Schlußfolgerungen damit gleichfalls fraglich werden. 29 S. Enoch (Bonner) 18; vgl. Henoch (Black) 7 mit Anm. 5. 30 Enoch (Milik) 246,48f., 54-57. 31 Miliks Argumentationen zur Auslassung von 105 (a.a.O. 208) vermögen gegenüber Enoch (Bonner) 4 nicht zu überzeugen: 105 dürfte von vornherein kein Bestandteil der CM zugrundeliegenden Textüberlieferung gewesen sein. 31 S. Enoch (Milik) 260ff.,247,259,51.
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91,1-3 jedoch nicht die Einleitung eines Briefes, sondern einer Rede Henochs an Metuschelach und seine Brüder33 • Verfehlt ist schließlich Miliks Versuch, seine Auffassung des Abschnitts als "an Aramaic (!) letter" durch die im griechischen Henochbrief häufige Formel XQt o\'x tanv U~LV XOLQELV (98,16; 102,3; 103,8; vgl. 99,13) zu stützen 34 : Sie läßt sich nur im Griechischen als pointierte Umkehrung der brieflichen Salutatio verstehen 3 .5. Die Indizien sprechen damit gegen eine briefliche Abfassung des aramäischen Textes von äthHen 91-105 36 . Dieser wurde vielmehr erst griechisch der Briefform adaptiert, wie gerade die polemische Anpassung der Formel "ihr werdet keinen Frieden haben" an den griechischen Briefgruß zeigt. Da es keinen Hinweis gibt, der diese Adaption weiter als bis zur Quelle von CM zurückverfolgen ließe, spricht alles dafUr, sie mit dieser ins 3.Jh. n. Chr. anzusetzen.
CM erlaubt aufgrund seiner Unvollständigkeit auf eine Reihe von Fragen zu dieser nachträglichen Adaption eines Henochtextes an die Briefform nur vorläufige Antworten. So ist gerade sein in Kap. 91 fallender Beginn nicht erhalten. Doch eine zur Apk in Parallele zu setzende Adressierung an konkrete Adressatengemeinden ist in jedem Fall auszuschließen. Pap.Ch.B. no. 185 fUhrt in die Nähe des Briefbeginns. Milik identifiziert ihn als Fragment von 91,3-4, rekonstruiert nach einem längeren Vakat [xo)t VÜV u~ [LV ayrutTJ'toi. AtyOO. aYaJtä)'taL llrt6 'toü v[üv ......... ~o)X'Ö'TJQö)v xot '" und übersetzt unter Bezugnahme auf das Äthiopische: " [Lov]e from n[ow on uprightness, and ha te works of wi ]cked ones and [do not]. "37 Auch ohne solch weitere Füllung ist der mahnend-anredende Tenor des Fragments erkennbar. So erlaubt es die Schlußfolgerung, daß der griechische Brief wie die parallele äthiopische Tradition mit einer grundlegenden Paränese begann. Da deren Adressaten nur 33 Diese Einleitung ist dem Rahmenwerk des astronomischen Buches (vgl. 82,1) und des Traumbuches (vgl. 83,1; 85,1-2) angeschlossen. Dort hat auch das 1'" von 94, I a Parallelen (vgl. 82, I; 83,1; leider aramäisch nicht erhalten), so daß Miliks RückgriO"(a.a.O. 51) auf die aramäische Epistolographie zur Erklärung des Gebrauchs dieses nicht auf die Kennzeichnung brieflicher Abschnitte beschränkten Adverbs (vgl. z. B. Dan 5,150".) unnötig ist. J4 A.a.O. 5lf., Zitat 51. Im übrigen fUgt er auch in die aramäische Textlücke in 93, I noch ohne Anhalt am Text einen Briefhinweis ein. 35 Milik behauptet ohne wirkliche Anhaltspunkte am Text a.a.O. 34f.,51 auch 14,1-16,4 als Henochbrief: Der Abschnitt gehört zum zweiten bis 19 reichenden Teil einer größeren Komposition, deren erster Teil &-13 umfaßte (a.a.O. 33f.). Versteht man 13,10 als Überleitung zu ihm, so ist er insgesamt als Rede (4QEn c I VI) - griechisch noch deutlicher als Botenrede - gekennzeichnet, die die Antwort auf die Bittschrift der gefallenen Engel (13,40".; vgl. 15,2; 16,2) enthält. Die 14, I eingefUgte Überschrift mit der Bezeichnung des folgenden Abschnitts als 'DO besagt damit nicht mehr als die Annahme der Verschriftung dieser Rede durch den Verfasser dieser Überschrift, die in 4QEnGiants· 8, I (dazu s. a.a.O. 314,315) und äthHen 72,1 Parallelen hat. 36 Milik fUhrt a.a.O. 52 zur Sicherung seiner These noch Ausdrücke der Ermutigung, Weherufe und Schwurformeln des griechischen (!) Textes an, die aber nicht an briefliche Texte gebunden und daher wenig aussagekräftig sind. 37 Milik a.a.O. 259.
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mit "ihr" angesprochen sind, muß ihre genauere Benennung vorher erfolgt sein, und zwar den Anreden im Verlauf des Briefes nach (s. z. B. 98, I vgl. 6; 101, I "Menschensöhne") in recht allgemeiner Art.
Ferner ist der Umfang des griechischen Henochbriefes nicht völlig klar, da die CM zugrundeliegende Überlieferung wie Kap. 105 so auch Abschnitte aus den Kap.91-97 übergangen haben kann. Freilich besteht kein Anlaß, die Zehn-Wochen-Apokalypse auszuschließen, die bereits aramäisch eng mit ihrem Kontext verschmolzen war38 . Auch bei ihrer Aufnahme bilden aber nicht apokalyptische Motive den Schwerpunkt des Briefes, sondern "the economic differentiation of poor and rich, which is treated as approximately equivalent to the ethical discrimination of ,righteous' and ,sinners'. "39 Auf eine Vision wird neben der Zehn-Woehen-Apokalypse zwar noch 106,13 Bezug genommen, aber ein der Apk vergleichbares Visionscorpus fehlt. Kaum mehr ausmachbar ist schließlich der konkrete Anlaß der Transformation des Textes in einen Henochbrief. Sie fügt sich aber gut in eine Zeit großer Beliebtheit der brieflichen Kommunikationsform zur Einkleidung von (pseudonymen) Texten der verschiedensten Art 40 und führt nur eine bereits im aramäischen Henochbuch vorhandene Tendenz fort. Diese tritt bereits im Rahmenwerk des astronomischen Buchs auf. Dort erhält Henoch 81,5 f. den Auftrag zur Unterweisung Metuschelachs und aller seiner Kinder. Er fUhrt ihn 82, I (ff.) in einer Weise aus, die in ihrer Parallelität zu 80, I ac und 81 ,5d--6 zeigt, "daß es um eine Traditionsherleitung geht: Die Engel haben Henoch zugänglich gemacht, worin dieser seinen Sohn unterweisen soll, und Henoch hat seinem Sohn zugänglich gemacht, worin dieser die späteren Geschlechter unterweisen soll. "41 Dabei wird die mündliche Tradierung zugunsten der schriftlichen überschritten: Henoch, dessen Mitschreiben bereits 74,2 erwähnt wurde (vgl. auch 33,3.4), erzählt nach 82, I Metuschelach nicht nur alles, sondern schreibt es ihm zugleich auf, um ihm die all diese Dinge betreffenden Bücher (plur.) zu übergeben, von denen das astronomische Buch nur mehr eines ist. Ein ganz analoger Text liegt innerhalb des hier besonders interessierenden Abschnitts in 92, I vor. Er ist aramäisch mit erheblichen Lücken erhalten, seine Syntax ist jedoch klar erkennbar; Milik gibt sie folgendermaßen wieder: "That which (Enoch) wrote and gave to Methuselah ... (line 22) ... , he wrote (it also) for his sons ofsons and for future generations ... (line 23/4)."41 Noch über 82,1(0'.)
38 S. 4QEn K• Grelots Trennung von Briefund Zehn-Wochen-Apokalypse (Henoch 499) läßt sich daher nur auf literarkritisch zu erhebende Textstadien bezogen halten; vgl. die Rekonstruktion der Textgeschichte Dexinger 1020'. 39 Milik a.a.O. 49, vgl. 51. 40 Dies belegen neben den bereits besprochenen Texten und der EpAp etwa auch die neu gefundenen gnostischen Texte, auf die im Abschnitt 1.2.1.6 kurz einzugehen sein wird. 41 Rau 426; vgl. Milik a.a.O. 13. 42 Milik a.a.O. 262 nach 260 zu 4QEn i I 11.
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hinausgehend tritt hier an die Stelle mündlicher die an definite Adressaten Metuschelach, die Kindeskinder und zukünftige Generationen - gerichtete schriftliche Kommunikation. Wird dieses Konzept der formalen Gestaltung eines Textes zugrundegelegt, so ergibt sich die Wahl der brieflichen Kommunikationsform geradezu fiktiv zwangsläufig43 .
Eine besondere Absicht läßt der griechische Henochbriefin 104,10-13 hervortreten. Einer Klage über die Verdrehung der Wahrheit und die literarischen Fälschungen der Sünder (10) schließt sich 11 der Wunsch an, sie möchten alle seine (Henochs) Worte unverändert wiedergeben 44 . 12f. führen weiter: Den Gerechten, Heiligen und Besonnenen werden Henochs Bücher (aL ~L~A.OL J1ou) zur wahren Freude übergeben werden; sie werden ihnen glauben und aus ihnen freudig alle Wege der Wahrheit entnehmen 4s . Damit wird der Henochbriefbei aller Eigengewichtigkeit, wie sie z. B. 100,6 hervortritt, eine Art Empfehlungsschreiben zu den deutlich davon getrennten Henochbüchern (~L~A.OL im Unterschied zur btL
4J Anzumerken ist hier Miliks Hinweis auf ein den Tradierungsvorgängen des äthHen vergleichbares sumerisches und babylonisches "Iiterary genre, namely the epistles with sapiential and other contents, wh ich the antediluvian sages [ ... ] addressed to the kings, their contemporaries" (a.a.O. 13 mit Textbeleg) . Der räumliche und zeitliche Abstand verbietet es jedoch, dieses Material für den Zusammenhang des griechischen Henochbriefes näher heranzuziehen. 44 Bemerkenswerterweise durchaus unter ihren eigenen Namen - s. dazu Milik a.a.O. 50. 45 104,12 verbindet dies als zweites Geheimnis mit dem ersten Geheimnis von 103,2ff., das auf Henochs besondere Kenntnisse um das Los der Verstorbenen abhebt. 46 S. aUg. Milik a.a.O. 298(ff.). Das Buch der Giganten dürfte gegen Ende des 2.Jh. v. ehr. entstanden sein (a.a.O. 58).
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sein 47 . Dazu stimmt, daß die wahrscheinlich nächste Kolumne (4QEnGiantsa 8) - mit der übrigens ein neuer Abschnitt des Buchs der Giganten beginnt - nach 8,3 eine Abschrift der zweiten Tafel enthält, die durch Kn'l]'K" als Brief(teil) charakterisiert wird 48 • Laut Z. 5 ist der Briefan Semihazah, den Anführer der gefallenen Engel (s. äthHen 6,3 u.ö.) und alle (seine Gefährten) gerichtet, die nach den Implikationen von Z. 14f. bereits gefesselt sind, steht weiter hinter Henoch die Autorität einer durch das Epithet KW"P charakterisierten Person, wohl eines Engels 49 • Der Brief enthält eine Anklage (Z. 6-11), Zukunftsansage (Z. 12-14) und Gebetsaufforderung (Z. 14f.). Literarisch liegt hier eine Weiterentwicklung des in äthHen 12-16 ausgebildeten Motivs Henochs als eines Boten zwischen Gott und seinen Engeln auf der einen und den gefallenen Engeln auf der anderen Seite vor50. Der Einsatz der brieflichen Kommunikationsform bleibt dabei im Unterschied zum griechischen Henochbriefund der Apk ganz in der Welt im Text. Daher kann er nicht zur Erklärung des brieflichen Gesamtrahmens der Apk dienen. Doch verdient zur Erhellung des schwierigen Gemeindeengelproblems der Apk ein Einzelaspekt Beachtung: Die Rolle Henochs macht in ihrer schon im Buch der Wächter ansetzenden (s. 13,47; 14,1 nach 13,1.3), in unseren Fragmenten fortgeführten Entfaltung deutlich, daß die Vermittlung von - auch schriftlichen - Botschaften zwischen Gott und seinen Engeln auf der einen und zumindest gefallenen Engeln auf der anderen Seite durch einen Menschen religionsgeschichtlich in zwischentestamentlicher Zeit vorstellbar ist 51 . Nun ist Hennoch freilich ein besonders ausgezeichneter Mensch (s. etwa 12,2 und seine 47 S. a.a.O. 31H. (dort auch Text des Fragments) in Verbindung mit 30~307 (Belege für Mahawai als Boten). 48 A.a.O. 314f. Die Rekonstruktion von M"l'. wird durch die Adressenangabe in Z. 5 gestützt, an die sich Z. 6 als Briefeingangsformel gut anschließt (vgl. a.a.O. 316).llW"D (Z. 3) ist für Briefabschriften auch Esr 4,11.23; 5,6; vgl. 7,11 belegt. 49 A.a.O. 316. Ob dieser den Briefnäherhin diktierte (so Milik ebd.), muß nach dem erhaltenen Text offenbleiben. 50 Falls die erste der zwei Tafeln von 4QEnGiants· 711,6 aufäthHen 14,1 zu beziehen wäre, hätte der Autor des Buchs der Giganten bereits letzteren Text als Briefverstanden (s. Milik a.a.O. 314). Allerdings erscheinen im dortigen Zusammenhang weder der Ausdruck "Tafel" noch Mahawai. 51 Dabei bedarf die Beauftragung Henochs durch "die Wächter des Heiligen, des Großen" (äthHen 12,3 griechisch; aramäisch nicht erhalten) dank seiner engen Verbindung mit diesen (12,2) keiner näheren Begründung, obwohl sie zur Sendung von Engeln in Kap. 10 korrespondiert (s. Milik a.a.O. 34). Trotzdem bleibt der Unterschied von Henochs Status als Mensch sogar gegenüber den gefallenen Engeln bewußt: Nachdem er 15, I ausdrücklich als Mensch angesprochen wurde, wird sein ihrer Bittschrift korrespondierender Auftrag an sie mit der Bemerkung eingeleitet, daß eigentlich sie für die Menschen bitten müßten - eine deutliche Bezugnahme auf die Fürbittfunktion von Engeln - und nicht die Menschen für sie.
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Epitheta 15, I ), so daß keine unmittelbare Parallele zur in der Apk bei einer Deutung der äYYEAOL von 2,1.8 etc. auf Engel vorliegenden Niederschrift von Botschaften Christi an Engel durch Johannes besteht. Denn Johannes gehört nicht zu den ausgezeichneten Vorzeitgestalten und verzichtet 1,4.9 auf ihn hervorhebende Epitheta; auch sind die Engel von Apk 2,1.8 etc. in ihrer Zuordnung zu Einzelgemeinden von den gefallenen Engeln der Henochliteratur zu unterscheiden 52 . Trotzdem bleibt ein relevanter traditionsgeschichtlicher Zusammenhang möglich, ist rur die Apk nicht mehr auszuschließen, daß "Christus durch die Feder eines Menschen an einen Engel schreibe"s3. J.2. J.3 Zwischenergebnis
Die Besprechung der Belege Bergers und in ihren Umkreis gehörender weiterer Texte läßt insgesamt keine einheitliche Entwicklungslinie - etwa von den Prophetenbriefen über den Einsatz von Briefen in Apokalypsen zu brieflich gefaßten Apokalypsen - erkennen, in die die Apk eingeordnet werden könnte. Vielmehr war der Gebrauch der Kommunikationsform Briefjeweils individuell zu klären. Als Briefsorten im Zusammenhang der Offenbarungsliteratur ließen sich neben den Himmelsbriefen nur die Prophetenbriefe ausmachen, die beide die Gesamtform der Apk nicht erklären können. Sehr differenziert zu behandeln waren gerade die Briefe im Bereich der geläufig als apokalyptisch bezeichneten jüdischen Literatur: Im für die Apk wichtigen Vergleichszeitraum liegt keine ganz als Brief gefaßte Apokalypse vor. Ebensowenig läßt sich von denjeweils unabhängig voneinander zu erklärenden Verwendungen der brieflichen Kommunikationsform in syrBar und in der Henochliteratur aus eine Briefsorte des apokalyptischen Briefs erheben, dem auch die Apk zugeordnet werden könnte. Keine Parallelen zur literarischen Gesamtgestalt der Apk finden sich übrigens in den der Gemeinde von Qumran eigentümlichen, außerhalb dieser nicht überlieferten Texten 54 • 52 So gewiß sie nicht zu den ."heiligen Engel(n)' Gottes und Jesu" (Lk 9,26) gezählt werden müssen, wie Zahn, Offenbarung I 211 bei der Argumentation gegen die Engelthese postuliert. 53 Dazu tendiert Kraft, Offenbarung 51 (Zitat). 54 Hier bestätigt sich das Urteil, das Braun im Einzelvergleich der Apk mit den Qumranschriften gewann: .. Von einer engeren spezifischen Verwandtschaft zwischen heiden Schriftgruppen kann keine Rede sein" (Qumran 325). Das bedeutet selbstverständlich nicht, daß es nicht zahlreiche traditionsgeschichtliche Querlinien gibt, denen hier aber nicht nachzugehen ist. Was diese angeht, so verdient unter den neu edierten Fragmenten SirSabb (4 Q, 11 Q, Massada-Fragmente) mit seinem Konnex von ausgebildeter Angelologie, Thronvorstellung Gottes und himmlischem qotJesdienst zum Vergleich mit der Apk besondere Aufmerksamkeit (vgl. van der Woude, SirSabb 311 f.,329).
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1.2.1.4 Vergleichstexte in griechischer Offenharungsliteratur 1979 lenkten mehrere Vorträge auf dem internationalen Kolloquium zur Apokalyptik in U ppsala den Blick in Erweiterung des religionsgeschichtlichen Betrachtungsraums auf die griechische und hellenistischkaiserzeitliche Offenbarungsliteratur mit Texten von Hesiods Weltaltermythos bis zu Plutarch und der römischen Kaiserzeit 55 . So gewiß deren Form- und Traditionszusammenhang mit der östlichen apokalyptischen Tradition debattiert werden kann und muß56, fordert doch die Selbstansiedlung der Apk in der griechischen Asia ihre Sichtung auf etwaige Parallelen zur Briefform der Apk heraus. Der früheste hierher gehörige Beleg sind die Katharmoi dts Emptdoklts, die nach dem in Fragment 112 erhaltenen Textbeginn als Brief an die Freunde EmpedokIes' in Akragas gehalten sind. Ihnen berichtet er in der I. Person, was er erlebte und sah, wozu allem Anschein nach auch die Führung und Belehrung durch eine göttliche Gestalt gehörtes7 . Doch steht dieser Text des 5. Jh v. ehr. der Apk zeitlich zu fern und ist zu fragmentarisch erhalten, um literargeschichtliche Bezüge herstellen zu lassen.
Besonderes Interesse verdient das zur Apk zeitgenössische Pflanzenbuch des Thessalos, das im Thessalostext als Briefbeginnt58 . Bei allen Schwierigkeiten, vor die das differierende Briefformular der griechischen Handschrift T und der lateinischen Handschrift M stellt - T eröffnet I prooem. I mit tAQ3tOXQU1:LWV KULauQL Auyou<J'tq) XULQELV, M dagegen mit "Thessalus philosophus Germanico Claudio regi et deo eterno salutem et amorem"59 -, ist deutlich, in welchen Zusammenhang es gehört: Da die Anrede bzw. Adressierung an den Kaiser im weiteren Verlauf des Werkes keine Rolle mehr spielt und ein brieflicher Abschluß fehlt, handelt es sich 55 S. Burkert, Apokalyptik; Betz, Problem und Cancikje passim. Unabhängig von dem Kongreß vgl. etwa gleichzeitig Attridge passim. 56 Rudolph urteilt in seiner Summierung der Kongreßergebnisse 1983 hier sehr zurückhaltend (Apokalyptik 777f.). 57 Dazu s. Burkert a.a.O. 239 (Anm. 10 Lit.). 58 Titel nach dem Explizit (vgl. das Incipit) in M. H.-V. Friedrich legte 1967 eine neue Textedition vor (zitiert: Thessalos); zum Thessalostext s. dort 13 ff. 59 Da der Name Thessalos auch in T in der Anrede des Gottes an den Ich-Erzähler enthalten ist (I prooem. 25), kommt ihm mit M in der Superscriptio die Priorität zu. Auch die Adscriptio von T mag verderbt sein (s. die Anm. z. St. in der Thessalosausgabe Friedrichs 45) - der Name Harpokration verweist jedenfalls ins 2.Jh. n. ehr. (s. Festiguere, L'exprrience 55). Problematisch ist freilich gleichfalls die Adscriptio in M. Das Epithet "rex et deus etemus" ist für Claudius und Nero, die beiden rur die Adresse in Frage kommenden Kaiser, nicht belegt (vgl. die Zusammenstellung Smallwoods in Documents Gaius ... bes. S.45ff.), so daß die vorliegende Formulierung in spätere Zeit weist (vgl. Friedrichs Anm. in Thessalos 45). So gewiß also das Vorhandensein eines Briefpräskripts in den beiden unabhängigen Hss. rur eine originäre briefliche Rahmung spricht, läßt sich deren ursprünglicher Wortlaut nicht mehr eindeutig ausmachen.
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um eine Widmung, wie sie im hellenistischen und römischen Raum weit verbreitet war60 . Im I.Jh. n. Chr. ist sie in einer der Thessalosschrift vergleichbaren Weise im Briefpräskript an den Kaiser fUr die Naturgeschichte des Plinius maior belegt (praef. I). Das fUgt sich gut zu einer Ansetzung der Thessalosschrift ins l.Jh. n. Chr., deren Zuschreibung an Thessalos von TraUes, einen Arzt neronischer Zeit, freilich zu bezweifeln ist 61 .
Das Pflanzenbuch des Thessalos zeigt also gegenüber den bisher besprochenen Vergleichs texten zur Apk einen weiteren auch im Umkreis der Offenbarungsliteratur möglichen Einsatz brieflicher Elemente. Freilich liegt wieder keine direkte Parallele zur Apk vor, deren briefliche Rahmung am Anfang und Ende (!) in Verbindung mit dem umfangreichen Sendschreibencorpus weit über eine knappe, vom Werkinhalt wenig bestimmte Widmung hinausgeht. Bemerkenswert rur den religionsgeschichtlich-literarischen Vergleich ist allein die Rahmenhandlung62 : Nach I prooem. 1-28 reist der wohl aus der Asia (!) stammende (3) Thessalos nach einem medizinischen Mißerfolg ins Innere Ägyptens. Er kommt in die Stadt des Zeus (12) und erhält über einen Priester Zugang zur J.lUYLX~ tvE(>ydu (13), der 14-20 in Gesprächen mit diesem Priester vor allem auf einem Ausflug zu einem heiligen Hain retardierend vorbereitet wird. Drei Tage später geht Thessalos im Morgengrauen zum Priester, der inzwischen alles rur die btioxE"qnc; vorbereitet hat. Er hat ohne dessen \\lissen Schreibutensilien dabei bti. (tq> > OllJ.lELwouo{}m trov AEYOJ.lEvWV, (ä) EOV.ÖEiJon. Er bittet um eine Unterredung mit Asklepios, bei der er allein sein möchte (22). Der Priester verläßt den Raum, nachdem er Thessalos seinen Platz gegenüber dem Thron des Gottes angewiesen hat, indem er den Gott über die verbotenen Namen herbeiruft (23). Dessen in Menschenwort (avD(>w3tou A6yoC;) nicht erklärbare Erscheinung führt zur Entkräftung (EXA",ELV) von Leib und Seele des Thessalos (24vgI.26). Der Gott erhebt (aVUtdVELV) seine rechte Hand - zum Gruß63? - (24) und erklärt sich bereit, die Fragen Thessalos' 60 S. dazu allg. Fuhrmann, Widmung 1373 und Kroymann. M nennt das Pflanzen buch im Incipit wie Explicit denn auch sachgemäß "Iiber". 61 Gegen Festiguhe (L'experience 55 unter Berufung auf Cumont), mit Kudlien 55. Gegen eine spätere Datierung spricht zum einen die sekundäre Abwanderung des Textes in die hermetische Literatur, die (eruiert von Friedrich in Thessalos 13,25ff.) zu einer eigenen Textrezension führt, zum anderen seine aus Orpheus-Fragmenten im medizinischen Werk des Aetios erschließbare spätere Ausgabe unter dem Namen des Orpheus (dazu 5. a.a.O. 35f.). 61 Im folgenden wird für den Prolog von T, für den Epilog - der in T nicht erhalten ist von Mausgegangen (vgl. dazu dann jeweils die Hss. BH,V und P; zu den Unterschieden der H5S. s. Friedrich a.a.O. 19ff.). 63 Festiguere a.a.O. 63 Anm. 28.
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zu beantworten (25). Der Ansatz zu einem Gespräch (26-28) mündet von 28 auf29 nahtlos in einen ausführlichen Vortrag des Gottes an Thessalos über die Heilkräfte der Kräuter etc. ein, den dieser nach Vorstellung des Textes "genau nachschreibt"64. Der Epilog setzt zunächst die Rede des Gottes fort, der Thessalos zur Geheimhaltung des so entstandenen Werkes mahnt (2.5), da die Kunst leiden würde, wenn es in unberufene Hände geriete (3 f.). Danach schließt sich die Rahmenhandlung. 15 steigt der Gott zum Himmel auf. 15f. verabschiedet sich Thessalos vom Priester, wozu V 17-19 noch die Erprobung der neuen Therapie, die Abfassung eines Buches und die Bewährung des Thessalos vor Fachkollegen ergänzt; die in 2.5 vorgesehene Beschränkung der Tradierung wird also nicht befolgt. Diese Rahmenhandlung verdeckt die Eigenständigkeit,ja Differenz des Apk-Autors - dem die menschlich-wissenschaftliche Suche nach Offenbarung ebenso fremd ist wie die Einführung eines vermittelnden Priesters, heiliger Orte und entsprechender Offenbarungsvorbereitungen - gegenüber hellenistischer Religiosität nicht. Um so auffälliger ist die trotzdem zu bemerkende religionsgeschichtliche Verwandtschaft gerade bei Abschnitten und Zügen der Apk, die deren Abfassungskonzeption expl}1reren: Die Epiphanie-Vision Apk 1,9-20(;2-3) hat bei allen hervorzuheffenden Differenzen zum Thessalostext in ihm ebenso einen Bezugspunkt wie die Niederschrift von Offenbarung (Apk 1,11.19 durch einen Schreibbefehl eingeführt); auch der gezielte Verzicht auf Geheimhaltung Apk 22,10 mußte in einer Welt verstehbar sein, in der zugleich ein Geheimhaltungsbefehl und seine Durchbrechung berichtet werden konnte. Die Möglichkeit tritt ins Blickfeld, daß die Apk von einem Judenchristen auf griechischem Boden gezielt für griechische Empfänger nichtjüdischer Herkunft geschrieben wurde. So gewiß diese Möglichkeit erst in einer durchgängigen Analyse der Apk verifiziert werden kann, läßt sich methodisch festhalten: Die Öffnung der Apk-Betrachtung für traditions- und religionsgeschichtliche Umfelder auch im nich~üdischen und nichtchristlichen Hellenismus ist fortzuführen. Sie verspricht namentlich Auskünfte über die Orientierung der Apk an griechisch-hellenistischen Adressaten und an für jene eigentümlichen Traditionen und religiösen Vorstellungen. Im übrigen enthalten noch eine Reihe weiterer späthellenistisch-kaiserzeitlicher Texte - so das Traumbuch des Artnnidor und die Zauberpapyri - Offenbarungsmotive und briefliche Züge. Doch handelt es sich in keinem Fall um weiterführende Parallelen zur literarischen Gesamtform der Apk 65 . 64 Friedrich in Thessalos 14. Freilich ist dieser Teil der Schrift eher als Traktat denn als Offenbarungsniederschrift zu charakterisieren (a.a.O. 13). 65 Das T,aumbuch des A,tnnido, aus Ephesus (2. Hälfte 2.Jh. n.Chr.) (Sontheimer 618) ruhrt mit seinem vorangestellten Briefgruß an Cassius Maximus literarisch nicht über den Bereich der Widmungen hinaus (vgl. Artemidorus (White) 67). Das Proömium des an den
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/.2.1.5 Der Kontextfrühchristlicher OJjenbarungsliteratur Im als Umfeld der Apk besonders wichtigen Bereich der christlichen Literatur liegt kein der Apk zeitgenössischer Text der Offenbarungsliteratur vor, der durch die Kommunikationsform Brief getragen wäre. Doch zeigt Ansätze dazu der Hirt des Hermas, der in seiner abschließenden Gestalt noch vor die Mitte des 2.Jh. gehört, keine nachweisbare Kenntnis der Apk verrät und von dieser auch in seinen eschatologischen Partien unabhängig erscheint 66 . Er thematisiert im Teil der Visionen (vis I-IV) wie dem der Gebote und Gleichnisse (vis V-sim VIII bzw. X)67 seine Verschriftung und in ersterem darüber hinaus seine Versendung: Die Teile des Herrn gehen gleichermaßen davon aus, daß Hermas über die ältere Frau bzw. den Hirten Offenbarungen erhält. In erster Linie ist er deren Rezipient, in zweiter Linie auch ihr - zunächst mündlicher (s. z. B. vis 111 8,lOf.; IV 2,5; sim VIII 11,1) - Übermittier, wobei seine Rolle auf die eines "reporter" ohne eigenständige Wortverkündigung beschränkt wird 68 • Korrektheit und (paränetisches) Gewicht der mitgeteilten Inhalte werden dadurch unterstrichen, daß die Offenbarung der alten Frau wie des Hirten jeweils wenigstens teilweise 69 explizit verschriftet wird. Sohn Artemidors gerichteten Buchs IV bringt ein weiteres Beispiel zur Beschränkung der Tradierung eines Textes (dazu s. Artemidore (Festiguere) 10). Die Zaubtrpapyri (Ausgabe PGrM) bieten briefliche Züge etwa in P I 43.194 aus dem 4./ 5.Jh. n.ehr. (a.a.O. Band I S. I) und P IV 153f. aus dem 4.Jh. n.ehr. (a.a.O. Band I S.64), die zwar früher als die Papyri datierbar sein mögen, aber nicht mit zur Apk vergleichbaren Visionscorpora verknüpft sind. P XIII aus dem 4.Jh. n.ehr. (a.a.O. Band I I S. 86) enthält zwei Fassungen, deren beide- dem Thessalostext vergleichbar- das Motiv des Bereithaltens von Schreibutensilien zum Niederschreiben des von der angerufenen Gottheit Gesagten enthalten (XIII 90-94 und 644f.); die erste Fassung (XIII 1-233) liegt dabei "in Einkleidung freier BriefTorm des Verfassers an sein Kind (225f.)" vor (Preisendanz a.a.O. S. 87). P V 96fT. ist als an den Schöpfer gerichteter Zauber-Brief (zu btunoA." 97 beachte aber die Anm. Preisendanz' a.a.O. Band I S. 185) der Apk nicht vergleichbar. Auch die Zauberpapyri sind so nur zum Ausziehen rdigionsgeschichtlicher Linien heranziehbar. So bieten sie z. B. P I 192 f. auch wieder ein Beispiel der Beschränkung der Weitergabe. 66 Zur Datierung s. Viel hauer, Geschichte 523 und Reiling 24 (vgl. Giet, Hermas 284fT.): zum Verhältnis zur Apk s. schon Lücke 564f. und etwa Bousset, OfTenbarung 20. Giet behauptet a.a.O. 294 eine Beeinflussung der Herrn-Visionen durch die Apk, kann dafür (a.a.O. 18, 124, 135 mit Anm.) aber nur die Gemeinsamkeit des Brautschaftmotivs (Herrn vis IV 2, I; Apk 21,2), der Bezugnahme auf die große Bedrängnis (Herrn vis 11 2,7; Apk 7,14) und des Vorkommens von himmlischen Büchern anführen. Diese Berührungspunkte sind religions- und traditionsgeschichtlich zu erklären und berechtigen daher nicht zu seinen Schlüssen. 67 Zu den literarkritischen Problemen des Herrn s. Giet a.a.O. passim (dazu Kritik: Joly, Hermas 1967), Reiling 22fT. und Vidhauer, Geschichte516f. 68 S. Reiling 164--169 (Zitat 169). 69 Wieweit der explizit zu verschriftende Teil reicht, ist von vis I I aus nicht mehr ausmachbar - s. Dibelius, Hermas 453.
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vis 11 1,3 läßt den abgeleiteten Charakter der schriftlichen gegenüber der mündlichen Übermittlung hervortreten: Die in einem Schriftstück lesende Greisin fragt Hermas, ob er dies den Auserwählten Gottes verkünden könne. Erst als Hermas darauf hinweist, soviel könne er sich nicht merken, und darum bittet, ihm die Schrift zum Abschreiben zu geben, erhält er sie dazu. Die schriftliche Niederlegung des Textes wird also mit dem Interesse unverfälschter Tradierung begründet. Anders akzentuiert die Einleitungsvision zu den Geboten und Gleichnissen, vis V: Der Hirte befiehlt die Niederschrift der Mandata und Similitudines, damit Hermas sie lesen und befolgen könne (5). Das paränetische Anliegen tritt in den Vordergrund und wird in 7 mit Verheißung und Drohung auf die in der 2. Person plur. angesprochenen Leser des Herm ausgeweitet 70.
Im Visionenteil erscheint 11 4,2f. die Greisin Hermas zusätzlich, um die Tradierung des von ihm inzwischen niedergeschriebenen, noch zu ergänzenden Textes an alle Auserwählten festzulegen: Er solle zwei Abschriften (ßLßAUQLÖLa) anfertigen und diese Klemens und Grapte schikken; ersterer werde die Weiterversendung an die auswärtigen Städte übernehmen, letztere die Witwen und Waisen ermahnen, Hermas selbst mit den Presbytern die Verlesung für diese Stadt durchführen (4,3). Herrn operationalisiert die Übermittlung seiner Inhalte also in einer Weise, die bei Durchführung der Versendung an die auswärtigen Städte notwendig zur Wahl der brieflichen Kommunikationsform geführt hätte. Nicht zufällig trägt er trotzdem weder insgesamt noch in den mit vis 11 unmittelbar zusammenhängenden Teilen briefliche Formelernente: Der durch die unmittelbar vorher als die Kirche identifizierte - Greisin angegebene Adressatenkreis umfaßt alle Auserwählten und ist daher nicht näher lokal zu fixieren 71. Brieflichkeit käme lediglich als allgemeine Publikationsform - wie in den katholischen Briefen - in Frage. Die Differenz zur Apk ist unübersehbar: In dieser hat die Verschriftung keinen gegenüber der mündlichen Offenbarungsübermittlung sekundären Charakter, sondern trägt sie das Werk vom Schreibauftrag der Eröffnungsvision (1,11.19) an (s. noch 2,1 u.ö.; 10,4; 14,13; 19,9; 21,5). Der Versendungsauftrag gilt sieben namentlich genannten Gemeinden, also lokal fixierten Adressaten (1,11; vgl. 1,4 in Verbindung mit den Sendschreiben). Damit ist die Apk den spezifischen Kennzeichen der Kommunikationsform Brief in ungleich höherem Maße adäquat abgefaßt als
70 Dabei wird der für das Werk untrale Bußgedanke angesprochen; zu diesem s. Vidhauer a.a.O. 520f. und Pemveden 223ff. Das Verschriftungsmotiv bleibt im folgenden als Rahmen erhalten (s. sim I X 33, I; X 1,1). 71 Die Identifikation Greisin - Kirche korrespondiert der Adressatenangabe (vgl. Pemveden 19), muß also gegen Vidhauer a.a.O. 518 nicht sekundär sein. Konsequent verzichtet der Versendungsauftrag auf eine konkrete Benennung der auswärtigen Städte und schon der Heimatstadt des Hermas.
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Herrn. Zur Erklärung ihres Gebrauchs reicht ein einfaches Publikationsinteresse nicht aus. Die noch zu nennende EpAp leitet bereits zur späteren Entwicklung über. Sie gehört in die Auseinandersetzung mit der Gnosis im 2.Jh. wahrscheinlich in Ägypten und zeigt zur Apk wenig Bezüge, ohne daß diese ihr unbekannt gewesen sein muß72. Die elf Apostel teilen in ihr Offenbarungsgespräche mit, die der auferstandene Christus mit ihnen geführt habe. Sie adressieren sie 2( 13) an die Kirchen der vier Himmelsrichtungen, rahmen sie also als katholischen Brief. Solche Herausstellung der Apostolizität und Katholizität ist im antignostischen Impetus verständlich, unterscheidet die EpAp aber von der Apk, die 1,4 auf eine Kennzeichnung des Johannes als Apostel verzichtet und die Adressaten lokal fixiert. Überdies wird in der EpAp der Briefstil nicht durchgehalten 73. Lediglich aufihren Abschnitt I (12) wird wegen seiner Stellung vor dem Briefformular als formale Parallele zu Apk 1,1-3 zurückzukommen sem.
1.2.1.6 Ein Blick auf die Gnosis und Ergebnis Für die Gnosis läßt sich nach den Funden von Nag Hammadi von besonderer Beliebtheit der brieflichen Kommunikationsform zur Einkleidung von Offenbarungsschriften sprechen. Die Epistulae ad Rheginum (NHC 14), Petri ad Philippum (NHC VIII 2) und lacobi apocrypha (NHC 12) etwa zeigen dies in verschiedenen Ausprägungen der Gestaltung 74 • Hier liegt nun tatsächlich insofern ein Kontext zur Apk vor, als auch ausdrücklich 72 Schlüsselstelle für die Einleitungsfragen ist EpAp I (12); zum antignostischen Impetus s. etwa Duensing in Hennecke/Schneemelcher I 126f. und Schmidt-Wajnberg 195ff.• zur Datierung etwa Duensing a.a.O. 127, Hornschuh 116,119 (I. Hälfte 2.Jh.) und Ehrhardt, Epistula Apostolorum 367f. (2. Hälfte 2.Jh.); zum Verhältnis zur Apk SchmidtWajnberg 249. Die ältere Lokalisierung auf Kleinasien (noch AltanerlStuiber 125) erscheint zugunsten Ägyptens überholt (Ehrhardt a.a.O. 368f.; Hornschuh 99ff., 120), zumal wenn der Jakobusbrief des Codex Jung an den EpAp I (12) genannten Kerinthos adressiert sein sollte. was Schenke in Jakobusbrief 118f. vom erhaltenen Namensende .,thos" in (NHC I 2,) 1,2 aus erschließt (vgl. Helderman 36f.). Allerdings lokalisieren die Kirchenväter Kerinth - so problematisch ihre sonstigen Angaben zu dessen Person und Wirken auch sind - übereinstimmend in die Asia (s. Klijn/Reinink. Sects 3-19). 73 Hornschuh 4 Anm. 4; vgl. Schmidt-Wajnberg 206. Die EpAp endet 51 (62) mitJesu Himmelfahrt. ohne Briefschluß. 74 Erstere bildet den .. apologetischen Lehrbrier' eines Lehrers an einen Schüler (Peel 21); zu zweiterer s. Luttikhuizen und Menard, Lettre: structure jeweils passim - sie bildet einen Traktat mit vorgeschaltetem, der ganzen Schrift den Namen gebendem Brief; letztere mutet als Brief des Jakobus an Kerinthos - wenn diese Namenrekonstruktion aus 1,2 zutrifft (s. Anm.72) - und nur an diesen (1,17-19), der nach der Einleitung ab 2,21 Gespräche zwischen dem Erlöser und den Jüngern mitteilt, fast wie ein Gegenstück zur besprochenen EpAp an.
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als Offenbarungs texte bezeichnete Schriften brieflich adressiert und verschickt gedacht sind 7s . Ein überraschender möglicher Bezug der Apk zu gnostischer Praxis zeigt sich, der freilich, was ihre briefliche Rahmung angeht, nicht überinterpretiert werden darf; sind doch die gnostischen Brieftexte später zu datieren und, wie die genannten Beispiele zeigen, an Einzelpersonen, nicht Gemeinden gerichtet. Bei aller so gebotenen Vorsicht wird aber die Gnosis weiterhin als ein Vergleichsfeld zumindest für den literarischen Charakter der Apk als Offenbarungsschrift und für religionsgeschichtliche Einzelfragen 76 von Belang bleiben. Damit schließt sich der Kreis. Die Sichtung der hellenistischen, christlichen und gnostischen Vergleichstexte bestätigt das bereits zuvor gewonnene Bild: Die Apk bewegt sich mit der Wahl der Kommunikationsform des Briefes zwar durchaus im Bereich der der antiken apokalyptischen und Offenbarungsliteratur zuhandenen Möglichkeiten. Aber sie hat dort nirgendwo eine unmittelbare, zeitgenössische Parallele zu der besonderen Ausprägung ihrer brieflichen Züge, sondern wird den spezifischen Möglichkeiten der brieflichen Kommunikationsform in ungleich höherem Maße gerecht als alle näher zu analysierenden Vergleichstexte. Ihre definite und in den Sendschreiben noch entfaltete Adressierung, ihre Konsequenz in der brieflichen Anlage bis zum Textschluß 22,21, schließlich die Perspektive einer Briefsituation in der Kommunikation zwischen einem judenchristlichen Autor und heidenchristlich-hellenistischen Adressaten, all das lenkt das Interesse auf ihre bereits von Lücke herausgestellten, nun zu eruierenden Bezüge zur neutestamentlichen Briefliteratur.
1.2.2 Ortsbestimmung der Apk in der urchristlichen Briefliteratur In der Forschungsgeschichte kam die urchristliche Briefliteratur als Bezugsfeld der Apk nur bei der Erörterung ihres Verhältnisses zur paulinischen Tradition in den Blick. F. C. Baur bestimmte dieses Verhältnis mit der Entgegensetzung der angeblich judaistischen Apk zum Paulinismus und Paulus selbst pointiert negativ 77 • Seine Auffassung trat nach der 75 S. noch bes. den Hinweis auf ein früher abgesandtes OfTenbarungsschreiben in NHC I2,1,28-32! 76 So tritt etwa das Motiv der Beschränkung der Tradierung auch in der Epistula Iacobi apocrypha (I ,20fT.) auf. 77 S. Baur, Christenthum 80-83. Danach zeigt die Apk bei ihrer Rüge des Mißbrauchs christlicher Freiheit in 2,14.20 nicht nur eine "antithetische Beziehung auf paulinische Christen", sondern hat auch Paulus selbst im Auge, den sie 21,14 aus der Zahl der Apostel ausschließe und 2,2 zusammen mit seinen Gehilfen bei der Rühmung der Abwehr von Pseudaposteln durch die Gemeinde von Ephesus meine (80, dort auch Zitat).
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Erschütterung seines Geschichtsbildes aber allmählich in den Hintergrund und konnte schließlich auch in den neueren deutschen Untersuchungen zur frühen Wirkungsgeschichte des Paulus vernachlässigt oder negiert werden 78. In den USA dagegen begründete Goodspeed mit seiner besprochenen These, in der Apk liege die früheste Nachahmung der von ihm postulierten ältesten Sammlung von sieben Paulusbriefen mit einem Deckbrief vor, die bis Barnett (1941) wirksame Sicht einer gewissen Paulusnachfolge der Apk 79. Freilich verlagerte sich danach auch dort die Forschung. So trat die Frage nach dem Verhältnis der Apk zu Paulus und der in den kleinasiatischen Gemeinden lebendigen paulinischen Tradition erst in den 70er Jahren wieder hervor. Dabei hob U. B. Müller auf die angebliche grundlegende Verschiedenheit der Apk "von den vorherrschenden Anschauungen der kleinasiatischen Gemeinden" ab und ordnete sie der Linie der "Ignorierung oder Ablehnung des Paulus bzw. des zeitgenössischen Paulinismus" zu, während Schüßler Fiorenza den ApkAutor umgekehrt in die Paulus fortsetzende Linie einordnete 80 . Der Forschungsstand ist also unklar, ein methodisch sicherer Zugang zur Behandlung der Fragestellung dringend erforderlich. Um diesen zu erhalten, ist zunächst eine Übersicht über die im 1.Jh. n. Chr. außerchristlich zur Verfügung stehenden Briefkonventionen - auf die die Apk also auch hätte zurückgreifen können - und ihre paulinische christliche Translation zu erstellen. Danach ist der Vergleich der Apk damit durchzuführen und auszuwerten.
1.2.2.1 Die paulinisehe Translation vor- und außerchristlicher Briifkonventionen Vor- und außerchristlich lassen sich für den hier interessierenden Raum zwei Briefkonventionen unterscheiden: die vorderorientalische und die hellenistische. Die vorderorientalische Briifkonvention wird in ihrer hebräischen Spätform in den Texten von Muraba'at (2. Jh. n.Chr.) faßbar. Dort nennen die Briefpräskripte in einem Satz den Absender mit der Präposition 10 und den Adressaten mit ?, gelegentlich unter Zufügung von Epitheten zu den Personenbezeichnungen. Darauf folgt als zweiter Präskriptteil der Eingangsgruß, und zwar zeigen alle Texte, in denen die entsprechende Zeile erhalten ist, hier O?W. Nach dem Corpus kennen die Texte zwei Typen von 78 Strecker, Paulus (1970) und Daßmann, Paulus (1979) verzichten zur Wirkungsgeschichte des Paulus auf eine Behandlung der Apk. Lindemann (1979) sieht die Apk "von Paulus offenbar überhaupt nicht berührt" (396, vgl. 233). 79 S.o. unter 0.2.4 und Barnett 41-51. 80 U. B. Müller, Theologiegeschichte 47 (erstes Zitat), 82 (zweites Zitat), vgl. 84f.; Schüßler Fiorenza, Apocalyptic passim; dies., Apokalypsis 12~127 u.ö.; vgl. o. unter 0.2.5.
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Abschlußformeln: Grüße mit C'W und die Identifikation des Senders durch seine Unterschrift. Eine Datumsangabe fehlt ebenso wie eine Außenadresse 81 . Diese Spätform weist deutliche Unterschiede zu den ins 6./ 5.Jh. v. ehr. fallenden alten hebräischen Briefen auf, die etwa in Adresse wie Eingangsgruß eine größere Variationsbreite bieten und auf eine Abschlußformel verzichten 82 • Doch bleibt die Zweiteiligkeit des Präskripts konstant und kennzeichnet auch die aramäische Epistolographie, die übrigens im ersten Präskriptteil auf die Absendernennung verzichten kann 83 . Diese Zweiteiligkeit ist demnach ebenso Proprium des vorderorientalischen Briefformulars wie bei einer Voranstellung des Absenders im Präskript dessen Einführung durch eine Präposition 84 . Das griechisch-hellenistische Brieffonnular faßt demgegenüber nämlich Absender (im Subjektnominativ) und Adressaten (im Dativ) mit dem in der Regel durch XULQELV ausgedrückten Gruß in einem Satz der Grundform 6 ÖELVU t
ÖELVL XULQELV zusammen. Im Freundschaftsbrieffolgen auf das Präskript fakultativ die formula valetudinis, die Proskynemaformel und das wechselseitige Gedenken von Sender und Adressat. An das Briefcorpus schließen Grüße mit fakultativem Gesundheitswunsch sowie die gewöhnlich mit dem Verb QwwuJu gebildete Schlußklausel an, die philophronetisch erweitert werden kann 8s • Besondere Merkmale des griechischen Briefes sind seine Traditionsgebundenheit und Formelhaftigkeit, die zahlreichen philophronetischen Züge und vor allem der Gedanke der "Parusie", der im Freundschaftsbrief Zusammenleben über die räumliche Trennung hinweg vermittelt 86 • Da der Briefsituation adäquat vom Standpunkt des Adressaten aus geschrieben wird! bildet sich ein eigener Briefaorist aus 87 . Diese griechische Briefkonvention hat im übrigen anders als die vorderorientalische im Neuen Testament direkten Niederschlag gefunden: im Präskript desjak (1,1) und den Briefen Act 15,2~29; 23,26-30. Pardee 333,337,338f.,341,342f. S. a.a.O. 332f.,334,338,34Of. u.ö. (Pardee edierte inzwischen das Textmaterial in Pardee, Handbook). 83 S. allg. Alexander, Remarks 161 fT., zum Verzicht auf die Absendernennung die Briefe Gamaliels bei Dalman 3. Weiterhin erscheint "Frieden" selten als Ein-Wort-Gruß (s. Fitzmyer, Notes 214; vgl. A1exander a.a.O. 162f. und zu den Briefen Simeon ben Gama1iels und Yohanan ben Zakkais Neusner, Life41 f.). 114 Neben der es aramäisch auch die - gleichfalls ungriechische - Nachstellung des Absenders gab, bei der auf dessen präpositionelle Einführung verzichtet werden konnte (5. Alexander a.a.O. 161). 85 S. Koskenniemi 155fT. zum Formular (andere Grußformeln 161 fT.) und 13~154 zu Briefstruktur und Schlußklausel. 86 Zu ersterem a.a.O. 201 f. u.ö., zu zweiterem a.a.O. 95fT., 128fT. (vgl. Thraede 125fT.), zu letzterem a.a.O. 38 und Thraede 39fT., 52fT., 83fT., 146fT.; Bünker 25f. 87 Koskenniemi 204, vgl. 189 fT. 81
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Die hellenistische Durchdringung des östlichen Mittelmeerraums fUhrt zur Ausprägung von Mischformen. So erscheint nun eine Präskriptform, die den Absender wie die griechische Konvention als Subjekt dem Adressaten voranstellt, daran aber einen vorderorientalischen Friedensgruß in einem eigenen Satz anschließt. Der Hauptbeleg dafür ist Dan 3,31 in der Übersetzung durch Theodotion (dort 4,1)88. Der vorderorientalischen Konvention stärker verhaftet bleibt 2 Makk 1,1 mit der Voranstellung der Adressaten im Dativ vor die Nennung der Absender im Nominativ,g'8-l, worauf der Friedensgruß folgt. Aber die Einfügung von XaLQELV nach der dativischen Adressatennennung durchbricht die aramäische Grundform und führt dazu, daß in diesem Präskript griechische und vorderorientalische Grußformel parallel zueinander stehen. Dieses Nebeneinander gibt übrigens der darauffolgende Brief 2 Makk 1,1~2,18 zugunsten der griechischen Konvention auf1l 9 . - Als weiterer Beleg der Mischformen war syrBar 78,2-86,3 bereits zu besprechen 9o .
In der Linie der Mischformen ist auch das paulinisehe Formular zu sehen, wenn es am zweisätzigen Präskript festhält, in dessen erstem Satz aber den/die Absender im Nominativ (mit Epithet) vor den Adressaten im Dativ einfUhrt. Insofern ist über einseitig vorderorientalische wie griechische Zuweisungen dieses Formulars hinauszugehen 91 . In der Transformation der einzelnen Formelemente wie in der Ausbildung einer spezifischen Funktionalität seiner Briefe entwickelt Paulus nun freilich eine eigene Briefkonvention: a) Bereits das Formular von I Thess I, I zeigt in der EinfUgung eines gott- und christusbezogenen Glieds nach der Adressatennennung eine besondere Theo- und Christozentrik des Präskripts, die sich in den späteren Paulusbriefen weiter ausprägt: Superscriptio wie Adscriptio erfahren Erweiterungen, die Absender und Adressaten der Briefe Christus und Gott zuordnen. Analog wird die Salutatio ergänzt 92 . Schon deren Grund88 Vgl. auch Esr 7,12, dessen aramäischer Text allerdings zum Gruß Schwierigkeiten bereitet (LXX verzichtet auf einen Gruß); dazu s. Fitzmyer a.a.O. 212 mit Anm. 34. 89 Mit einem seltenen Doppelgruß, der aber auch in 2 Makk 9,19(-27) - einem weiteren Beispiel vorderorientalisch-griechischer Mischform - enthalten ist. Zum Grußformular vgl. Bunge 43 ff., Wacholder 95 f. Das Dankgebet in 1,11 stellt im übrigen eine Vorstufe der paulinischen Danksagung dar (mit Doty, Leiters 31; Lohse, Briefe 41). Im Verzicht der drei Texte aus 2 Makk auf einen Schlußgruß dürfte die ältere vorderorientalische Konvention nachwirken. 90 S. o. in Punkt 1.2.1.1. 91 Erstere vertrat Lohmeyer, Probleme 159ff. (dazu s. die Kritik Friedrich, Lohmeyers These 346), letztere Roller 54f. u.ö., J. Schneider, Brief 575, tendenziell noch White, Structural Analysis (8 und passim). Letzterer bietet in Saint Paul passim eine Übersicht über den gegenwärtigen amerikanischen Forschungsstand zur paulinischen Briefkonvention. 92 S. Roller, Tabelle I und S. 57-59, 99ff.; Tabelle 2 und S. 5~1,107ff.; Tabelle 3 und S. 61f., 110-112.
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
form xaQL~ UJ.1LV Kat ELQtlVTt (so I Thess I, I) ist vorpaulinisch brieflich nicht belegt. Ist bei ElQl1'VTJ die Nähe zum vorderorientalischen Gruß deutlich, so bereitet dessen Verbindung mit XelQLS einer Erklärung Schwierigkeiten. Daß einlinige Ableitungen der Verbindung scheitern 93 , spricht dafür, hier "a complex background of epistolary greetings, Christian commissionings, Jewish prayers and salutations" anzunehmen, vor dem Paulus die vorliegende Formel anscheinend eigenständig entwickelte 94 • Dabei füllte er sie theologisch: EtQtl'VTJ erhält (spätestens durch die Zufügung von MO iko'Ü Xt)..) eschatologischen Akzent, und in XclQLS klingt der Gedanke von Gottes freier rettender Gnade an, freilich durch den briefformelhaften Gebrauch eingeschränkt 95 . Bei alledem läßt die theozentrische
93 Die Ableitung aus dem urchristlichen Gottesdienst (Lohmeyer, Probleme 162; s. dagegen Friedrich, Lohmeyers These 345f.; vgl. Wiles 112) ebenso wie die Annahme einer einfachen Kombination des griechischen mit dem vorderorientalischen Gruß (White, Structural Analysis 29f.), die nur zu einer Verbindung von XaLQELV, nicht aber von XelQL<; mit dQTJVTJ führen würde (s. 2 Makk 1,1) (s. Wiles 110f.). Sprachlich vielleicht am nächsten steht Paulus die - nicht-briefliche! - Zusammenstellung von cpoo<; xai. XelQL<; xai. dQ1'1VTJ in äthHen 5,7 griechisch; sachlich führt aber auch die dortige Verheißung an die Auserwählten nicht an die paulinische Terminologieprägung heran, da sie XelQL<; - wie die äthiopische Parallele zeigt - ganz im Sinne von "Freude" versteht. 94 Mit Wiles 109ff., Zitat I11 (bemerkenswert dabei sein Hinweis auf die frühchristlichen Anvertrauungsakte an Gott Act 14,26; 15,40; 20,32),113. Berger, Apostelbrief 191 ff. versucht erfolglos die Möglichkeit zu erweisen, daß Paulus die Translation zumindest nicht allein vornahm. Er hebt erheblich stärker auf einen außerbrieflichen jüdischen Hintergrund des Segenswunsches ab und ringt dabei insbesondere um eine Bedeutung von XelQL<; als Offenbarungs-Segensgut (20 I, 203, 192 u. ö.). Doch bedeutet der dafür angeführte Beleg "Gnade finden vor Gott" auch in der späteren jüdischen Offenbarungsliteratur keineswegs bereits eo ipso "Offenbarung empfangen" (gegen a.a.O. 192). Die ab Gen 6,8 weit verbreitete Formel, die übrigens auch auf Menschen beziehbar ist (z. B. Est 5,8; 7,3), dient vielmehr auch in der Offenbarungsliteratur nur zur Begründung von Wünschen durchaus verschiedener Art, zu denen neben dem Offenbarungsempfang (syrBar 28,6; 4Esr 4,44f.; 5,56; 6,11; 7,102) etwa diejenigen gehören, zu sterben (syrBar 3,2) oder zu reden (4Esr 8,42).Jenseits dieser Formel kann XelQL<; gelegentlich die Bedeutungsnuance von "geoffenbarter Erkenntnis" (a.a.O. 192) erhaltenso syrBar 49, I -, doch sind dafür schon Bergers außerneutestamentliche Belege (Anm. 14 S. 192f.) erheblich zu reduzieren. Etwa belegen LXX Ps 118,76 und 142,8 nur D.EO<;; syrBar 44,13 parallelisiert "nicht haben sie sich von der Gnade losgesagt" zu "des Gesetzes Wahrheit haben sie bewahrt", und I QH 10,14 und 11,29 preisen lediglich den "Gott der Barmherzigkeit [und reich] an Gnade". Die neutestamentlichen Belege schließlich zeigen zwar auch nach Ausscheidung der völlig verfehlt angeführten Stellen I Kor 2,12; Kol 1,27; 2,2; 2 Petr 3,15 noch die Kombinierbarkeit von XelQL<; und oocp(a (Act 7,10; vgl. Eph I, 7f.), yvoom<; ( I Kor 1,4 f.; 2 Petr 3, (8), öLöaxil (Röm 6,(5), ftihren XelQL<; dabei aber nicht in die Richtung geoffenbarter Erkenntnis, da keiner der Texte einen spezifischen Offenbarungsakzent enthält. Auch der paulinische Briefgruß verbindet X
Der Ort der Apk mit ihren brieflichen Zügen in ihrer Literaturepoche
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Erweiterung der Salutatio nicht den weitergehenden Schluß zu, daß "Gott zum ,eigentlichen' Absender" dieser Briefe werde 96 •
Das Präskript schließt Gal 1,5 mit einer Doxologie. Sie ersetzt dort die Danksagung, die in den übrigen Paulusbriefen in großer Variationsbreite und nicht immer klar abgrenz bar dem Präskript folgt 97 . Stereotype Züge prägen weiterhin den Schluß der paulinischen Briefe. Hierher gehören erweiterte Unterzeichnungen und Angaben zur Briefabfassung, bei denen sich Röm 16,22 auch der Schreiber des Briefes nennt, persönliche Grüße und Hinweise auf den heiligen Kuß, schließlich der Gnadenwunsch, der als christliche Innovation den griechischen Gesundheitswunsch sowie den griechischen bzw. vorderorientalischen Schlußgruß verdrängt 98 • Zusammen mit dem Briefpräskript stellt letzterer somit ein Merkmalsyndrom dar, das die paulinischen Briefe unbeschadet dessen, daß Paulus nicht alle Merkmale selbst entwickelte, von den Briefen griechischer und vorderorientalischer Konvention sowie den zeitgenössischen Mischformen abhebt und das auch christlich in seinen spezifischen Zügen nur von den Briefen paulinischer Tradition (2Thess, Kol, Eph, Past) fortgeführt wird. Dabei können innerhalb der einzelnen Elemente Variationen vorgenommen werden. So fUhrt die Adressierung der Past an Einzelpersonen zu einer Umgestaltung der Adscriptio, fUhren 1/2Tim das Element lÄ.EO~ neu in die Salutatio ein und verzichten Kol, Eph und Past auf den Genitiv to'Ü xUQ(ou zu xaQI.~ im Schlußgruß. Bereits im Hebr fehlt dann ein Präskript. I Petr 1,2 und 2 Petr 1,2 fUgen in Annäherung an die vorderorientalische Konvention 99 JtÄ.Tlihlvf}dTl in die Salutatio ein und entfernen sich auch im Schlußgruß von der paulinischen Tradition: I Petr 5,14 nähert sich mit dem Friedenswunsch der spätvorderorientalischen Konvention, und 2 Petr verzichtet ganz auf einen Schlußgruß - ebenso übrigensJ ud, der darüber hinaus in der Salutatio xaQI.~ zugunsten von EÄ.EO~ und aYWtTl ausscheidet. 2 und 3Joh zeigen gleichfalls keinen Schlußgruß paulinischer 96 Dazu tendiert Berger a.a.O. 202f. (Zitat 202), dem zu folgen Schweizer, Kolosser 33 eine gewisse Bereitschaft zeigt. Doch läßt sich die Erweiterung der Salutatio nicht als "eine sehr bezeichnende Abwandlung des hellenistischen Briefstils, in dem mit cm6!TtQQcl ausnahmslos der Absender bezeichnet wird" (Berger a.a.O. 202), belegen: Mit d('11 al1~eb lichen griechischen Parallelen kann nur die dortige briefliche Außenadresse (&:toÖOC;) t4> ÖElVl TtQQa/cmo tOÜ ÖElVOC; gemeint sein (Koskenniemi 156, Gerhard 58 Anm. 102). Eigentlich als verkürzte Inskription werden ab dem 2.Jh. v. ehr. gelegentlich auch analoge Präskripte gebraucht (Koskenniemi 158f.; Exler 49f., 34f., 67). Doch keiner dieser Fälle betrifft die Salutatio. 97 Dazu s. O'Brien passim, Ergebnisse 259fT. 98 S. Doty, Lellers 40fT.; Bahr passim; Mullins, Greeting; White, Structural Analysis 33. In Anbetracht der liturgischen Orientierung der Schlußabschnitte der Briefe dürfte dem Gnadenwunsch ein liturgischer Segenswunsch zugrundeliegen, den Paulus von der sich durchziehenden Grundform aus in verschiedener Weise erweiternd variiert (s. Roller. Tabdie 4, Wiles 114; vgl. Friedrich, Lohmeyers These 346). 99 Vgl. die Gamalidbriefe bei Dalman 3; Dan 4, I; 6,26 LXX.
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Analys~krit~ri~n
und
lit~rarg~schichtlich~
Ortung d~r Apk
Tradition; im Präskript formuliert 2 Joh 1,3 die Salutatio zu einem vollen Satz, während 3Joh I auf sie verzichtet. Außerneutestamentlich läßt I eIern in 65,2 noch die - erheblich ausformulierte - Grundform des paulinischen Schlußgrußes erkennen, greift aber im Präskript auf das Formular des jüdischen Diasporabriefes zurück 100. Ignatius schließlich orientiert sich in den Präskripten wie Schlußgrüßen seiner Briefe ganz an der griechischen Konvention.
Das Formular mit dem Merkmalsyndrom eines zweiteiligen Präskripts, das in der Salutatio der Grundform xaQL~ u~tv xai. ElQTtVTl (a3to KtA.) auf ein Verb verzichtet, und eines gleichfalls prädikats losen Schlußgrußes der Form ~ xaQL~ (tOÜ XUQLOU) ~Eta XtA. stellt demnach jedenfalls dann ein stringentes Kriterium für die Zuordnung eines Textes zur paulinischen Tradition dar, wenn dieser Text es nachweislich nicht analog selbst gebildet hat. b) Funk, der bei seiner Untersuchung der Reise-Abschnitte der paulinischen Briefe deren Grundlage im Gedanken der "apostolischen Parusie" entdeckte, konnte von daher die besondere Funktionalität der Paulusbriefe feststellen: Sie ermöglichen dem Apostel, trotz seiner Abwesenheit in der Gemeinde anwesend und tätig zu werden (s. namentlich 1 Kor 5,3), und stehen so für ihn selbst in all seiner Autorität lOl . Der Apostel kündigt sein beabsichtigtes oder erhofftes Kommen in all seinen Briefen außer dem Gal an, der aber in 4,12-20 über einen Ersatz dafür verfUgt. Das verbietet eine Verselbständigung seiner Briefe gegenüber seiner Person, deren leiblicher Gegenwart sie vielmehr zugeordnet bleiben 102 . Die sich damit stellende Frage nach der Priorität der mündlichen oder der schriftlichen Kommunikation entscheidet Funk zugunsten ersterer, wogegen freilich Güttgemanns' Zweifel an einer Präferenz der Predigten oder Ansprachen des Paulus vor seinen Briefen geltend zu machen sind 103 . Doch bleibt des Paulus Vorliebe für Verben des Sagens gegenüber dem Verb des Schreibens auf der expliziten Kommunikationsebene seiner Briefe auffallig. Von einem gezielten Einsatz der besonderen Möglichkeiten der Schriftlichkeit des Briefes läßt sich daher nicht sprechen, eher von einer Tendenz "to identify the two media"l04.
Nach Funk untersuchte die englischsprachige Forschung die formale Durchprägung auch des Corpus der paulinischen Briefe. Sie fand unter anderem 105 den durchgängigen Gebrauch von Eingangs-, Übergangs100 P~terson,
Praescriptum I 29ff.; Andresen, Formular 236. Funk, Apostolic Parousia bes. 258ff. (vgl. schon ders., Language 264ff.); Nachwirkung z. B. b~i Mußner, Galaterbrief 44; Doty, Lett~rs 44 f. u. ö. 102 S. Trummer 98f.; Mußner a.a.O. 44f.; Doty a.a.O. 36f. u.ö. 103 Funk, Language 269 (vgl. ders., Apostolic Parousia 258) und anders Güttg~manns 111 f. 104 S. Stirewalt, Letter-Writing 192f. 105 Zu den Ergebnissen allg. s. White, Structural Analysis 33 ff., den Überblick Mussirs, Rez. und Doty a.a.O. 34ff. 101
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und Abschlußformeln, die nicht nur sachbezogen sind, sondern zugleich eine unmittelbare Beziehung zwischen dem Sender und den Adressaten herstellen 106. Diese Formeln bestätigen und bestärken wie die Grüße am Briefschluß und der Gebrauch des Briefaorists 107, daß die Briefe Pauli auf einer Relation zwischen ihm und seinen Adressaten gründen, die sich im beschriebenen Gedanken der durch sie vermittelten apostolischen Anwesenheit zuspitzt. Bemerkenswerterweise bemühen sich die umstrittenen und DeuteroPaulinen, neben der Formulartradition auch diese Brief-Basis beizubehalten. Sie führen mit Ausnahme des 2 Thess die Reise-Abschnitte zumindest funktional analog fort 108 und verwenden weiterhin Eingangs- und Übergangsformulierungen, die die Adressaten direkt anreden, auch wenn sie paulinische Formeln dabei nur gelegentlich (Kol 2, I) tradieren (vgl. 2Thess 2,1; 1 Tim 1,3; 2Tim 1,6; Tit 1,5; Eph 2,1.11). Daher ist, wenn im folgenden der etwaige Zusammenhang der Apk mit der paulinischen Brieftradition erhoben wird, auch auf die von ihr implizierte Brief-Basis zu achten.
1.2.2.2 Die Apk und die paulinische Brieftradition a) Wie gezeigt, entscheidet sich die Zuordnung der Apk zur paulinisehen Brieftradition daran, ob sie in Präskript und Schlußgruß deren spezifisches Merkmalsyndrom aufweist, ohne es analog selbst entwickelt zu haben. Das aber ist der Fall: Das Präskript der Apk in 1,4-5 a enthält in einem ersten Teil Superscriptio und Adscriptio (4a) und formuliert daran anschließend eine prädikatslose Salutatio mit der präpositionell ergänzten Formel X
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
lung dieses Merkmalsyndroms durch die Apk ist dabei schon aufgrund des sprachlichen Befundes auszuschließen: Belege für XaQL~ finden sich in ihr außer an den genannten FormularsteIlen ebensowenig wie solche für weitere Worte des Stammes XaQ im Bedeutungsfeld "Gnade". ElQ~'VTI ist neben 1,4 nur noch 6,4 belegt, wo der profangriechische Wortgehalt eines zwischenmenschlichen Friedenszustandes im Gegensatz zum Krieg mit seinem gegenseitigen Sich-Abschlachten zugrundeliegt, der bei einer Übertragung auf 1,4 die dortige Aussage verengen würde, die dQ~'VTI in einer brieflichen Salutatio nicht auf Menschen allgemein, sondern konkret auf die Adressatengemeinden der Apk bezieht und theonom qualifiziert 110. Im Briefformular liegt also ein für die Apk untypischer Wortgebrauch vor, der vollends in der spezifischen Kombination von XaQL~ mit dQ~'VTI 1,4 zwingend auf die Ubernahme vorgegebener paulinischer Briefkonvention weist. b) Greift die Apk also nachweislich auf die paulinische Briefkonvention zurück, so stellt sich die Frage, wieweit sie sich dieser insgesamt anschließt oder in sie eigene Akzente einbringt und sie modifiziert, ja warum sie überhaupt den Konnex zu ihr sucht. Die spezifischen Akzente des Apk-Autors beginnen schon im ersten Satz des Briefpräskripts: Er verzichtet in Superscriptio wie Adscriptio auf eine nähere Qualifizierung durch Funktionsbezeichnungen, besondere theo- oder christologische Bestimmungen, spricht also weder sich noch den Adressatengemeinden eine sie auszeichnende gott- oder christusbezogene Würde zu. Entsprechende Ergänzungen sind auch nicht einzutragen. Aus der Reduktion der Superscriptio ist so eher auf einen Autoritätsund Titelverzicht des Johannes als auf eine nur nicht explizierte Voraussetzung seiner Autorität oder seines angeblichen Selbstverständnisses als Prophet zu schließen 1 11. Die Adscriptio betont statt der Würde die Anzahl der Adressatengemeinden und unterstreicht dies durch ihre lediglich globale Lokalisierung "in der Asia". In I, II liegt eine analoge Bezeichnung der Adressaten zunächst in ihrer Anzahl und anschließend ihrer - hier individuellen - Lokalisierung vor. Deshalb ist der Gebrauch des bestimmten Artikels zu ~xxAl1aLQL in I ,4a als Textdeixis, d. h. als Vorverweis auf der textimmanenten expliziten Kommunikationsebene, auf 1,11 zu interpretieren 1l2 . Die dort genannten Städte gehören verschiedenen Verwaltungsgebieten und Landschaften an, so Ephesus Ionien, Sardes Lydien und Laodizea Phrygien, die geographisch nur in der Provinz Asia zusammenfaßbar 110 Dabei kann hier offen bleiben , ob 6,4 mit Kraft, Offenbarung 117 und Mussies, Morphology 188 näherhin auf die pax Romana zu deuten ist; Bousset, Offenbarung 267 lehnt eine zeitgeschichtliche Deutung ab. - Weitere Worte des Stammes dQ'lv- fehlen in der Apk. 111 Gegen Kraft, Offenbarung 30 bzw. Müller, Offenbarung 71. III Mit z. B. Charles, Revelation I 8 und Müller a.a.O. 72.
D~r Ort d~r Apk mit ihr~n bri~flich~n Züg~n in ihrer Literaturepoch~
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sind, wie 1,4a das vornimmt t13 . Das verwehrt ein unvermitteltes Verstehen der Determinierung der Zahl der Gemeinden in der Asia als Realdeixis, also als Verweis auf die damalige textexterne Situation 1l4 . Nur indirekt, über die Ebene des abstrakten Autors vermittelt, sind Schlüsse auf die textexterne Kommunikationsebene der Apk möglich und nötig.
Legt man nun, um den Autorwillen hinter der Angabe der Siebenzahl in 1,4a.II.20(bis) zu erfassen, deren in sich einheitlichen, in alttestamentlicher Tradition stehenden Gebrauch in der Apk als Vollzahl zugrunde, die auf das Wollen und die Setzung Gottes verweist llS , einen Gebrauch, dem die Theo- bzw. Christozentrik an unseren Belegen in 1,10 f.20 genau entspricht, so ergibt sich: Die Apk wendet sich an eine Siebenzahl von (textexternen) Adressatengemeinden, weil dies die Urheberschaft ihrer Adressierung durch göttliche Beauftragung hervorhebt 116 . I ,4a ist, wie schon in sprachlicher, so auch in inhaltlicher Textdeixis auf 1,9-20 hin gestaltet. Auf die knappe Adresse folgt in 1,4b.5a eine gegenüber der paulinischen Tradition erheblich erweiterte Salutatio. Unangetastet ist deren Grundformel xaQl~ UfllV xal ElQ~Vl1, so daß der Anklang an den griechischen XaiQElV- und den spätvorderorientalischen ElQ~Vl1-Briefgruß erhalten bleibt. Aber die präpositionelle Ergänzung wird dreigliedrig durchgeführt, wobei jedes Glied neu durch M6 eingeführt und auch die beiden Glieder selbständig formuliert werden, die sich wie in der paulinischen Tradition auf Gott undJesus Christus beziehen: Gott wird nicht als "Vater" bezeichnet - wie die Apk überhaupt die paulinisch-deuteropaulinische Bezeichnung Gottes als "unseres Vaters" (s. Gal 1,3; I Kor 1,3 usw.; Kol 1,2; Eph 1,2 usw.) meidet 117 -, sondern in einer außerhalb der Apk so nicht belegten, aber für sie charakteristischen Wendung umschrieben (vgl. 1,8; 4,8; 11,17; 16,5); und Jesus Christus wird nicht als )("QLO~ charakterisiert, obwohl dieser Titel der Apk nicht fremd ist (s. z. B. 11,8; 22,20f.), sondern durch eine insgesamt neu formulierte mehrfache Apposition 118. So erhält die Salutatio einen gegenüber der paulinischen Tradi113 In zu I Kor 16,19 v~rwandter Weise! Zur politischen Geographie s. Spruner-Menke Karte XXV mit Text S. 13. 114 Es verbieten sich also Schlußfolgerungen etwa der Art, daß es z. Z. der Apk nicht mehr als diese sieben Gemeinden in Kleinasien gab - zu dieser wie weiteren verfehlten Hypothesen der Forschung s. Huß 3~37. Unmittelbar als R~aldeixis intcrprctiert auch Kraft a.a.O. 30; ~r schli~ßt auf eine "f~ste Grupp~" der sieben Gemeinden, die dadurch zu einem "übergemeindlichen Verband zusammengefaßt" würden, "daß sie die Autorität des johannes anerkennen". Diese These scheitert schon deswegen, weil die in ihr vorausgesetzte besondere Autorität desjohannes aus der Superscriptio nicht hervorgeht (s.o.). 115 S. Rengstorf. bt'tcl bes. 624 und 629. 116 Nicht um in ihnen die "Gesamtgemeinde" zu symbolisieren, wie etwa HuB 34 meint. 117 Für sie ist Gott ausschließlich der Vater jesll (Christi) - s. 1,6; 2,28; 3,5.21; 14, I. 118 Zur Einzelexegese der gebrauchten Wendungen s. bei 2.2.3.3 und 2.2.3.1.
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ti on selbständigen Charakter 119 , der durch eine grammatische Inkongruenz noch verstärkt wird: Alle drei Glieder der präpositionellen Ergänzung gehen in den Nominativ über, so daß die Gestalten dessen, der ist ( ... ), derer vor seinem Thron und des Zeugen (... ) in eigentümlicher Weise als Subjekt des Satzes erscheinen 120. Die Gewichte verschieben sich von der menschlichen Verfasserschaft der Apk auf die Bedeutung Gottes, der sieben Geister und J esu Christi 121. Die bei der Adresse wahrgenommene Tendenz zur Gestaltung des Briefformulars aus einem Bewußtsein überweltlicher, göttlicher Beauftragung und Dominanz setzt sich fort. Dieser Tendenz entspricht der Abschluß des Präskripts 1,5 b.6 mit einer - in ihrer Ausrichtung auf Christus übrigens nachpaulinischen - Doxologie 122 anstatt einer nachfolgenden Danksagung. Denn an die Stelle des die Danksagung kennzeichnenden Gegenübers von Absender und Adressaten tritt hier der Zusammenschluß beider im "uns", das als Objekt grammatisch wie sachlich vom dreifach entfalteten Tun Jesu Christi abhängt. Die in den paulinischen Danksagungen wichtigen persönlichen und funktionalen Details zur Beziehung zwischen den Korrespondenten 123 erübrigen sich konsequent. Auch weiterhin verzichtet die Apk für die Person desJohannes auf alle Elemente, in denen dieser wie Paulus den Adressatengemeinden in einer besonderen Beziehung gegenübertreten könnte. So fehlen Schlußgrüße und Unterschrift des Johannes, Formeln, die sein Vertrauen zu den Adressaten ausdrücken oder sein Schreiben in so persönlicher Weise wie etwa Röm 15,15 124 begründen würden, und eine Ankündigung seines Kommens oder seiner Reisepläne - also ftir die 119 Ihre Ähnlichkeit zum Gal, auf die Schüßler Fiorenza, Priester 172 hinweist, darf nicht überstrapaziert werden: Dort liegt 1,3 f. eine Partizipialkonstruktion mit soteriolo~i schem Gut vor (s. Mußner, Galaterbrief 50ff.), hier eine Reihe von Appositionen, die erst durch die nachfolgende Doxologie einen Bezug auf die Gemeinden erhalten. 110 Namentlich die Anomalie bei der Umschreibung des Gottesnamens wird in der Literatur häufiger diskutiert. Ihre Auflösung durch Konjekturen ist beliebt - Mussies, Morphology 93 ergänzt 6EOÜ; NcNamara 110 will hinter dem griechischen Artikel die semitische Relativpartikel entdecken -, aber vom Text her nicht geboten. Im übrigen ringen bereits frühe Handschriften mit den Anomalien (s. den Apparat bei Nestle-Aland 26 und CharIes, Revelation 11 237), die aber textkritisch nicht aufzulösen sind. 121 Ohne daß erstere verdrängt würde (s. die Superscriptio) - Berger, Apostelbrief203 geht mit seiner entsprechenden Behauptung für die von ihm angenommenen Briefe in der Apk über den Text hinaus. 112 Schüßler Fiorenza, Priester 172 beschränkt die Doxologie zu Unrecht auf 1,6b: Bereits 1,5 b beginnt die zu ihr gehörende dativische Partizipialkonstruktion. - In Gall ,5, der paulin. Parallele zur Struktur unseres Präskripts, wendet sich die Doxologie an GOll (5. Mußner, Galaterbrief 52). Die Weiterbildung zur Christusdoxologie ist noch 2Tim 4,18 und 2 Petr 3,18 belegt (s. Schelkle, Petrusbriefe 239 mit Anm. 4), vielleicht ferner in I Petr 4,11 und Hebr 13,21. 123 S.O'Brien261. 114 S. dazu White, Structural Analysis 40, der in diesem Zusammenhang auch Phlm 19 und Gal 5,2 anführt.
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Artikulation einer Absicht brieflich vermittelter autoritativer Anwesenheit (apostolischer Parusie) maßgebliche Elemente. Keine Einleitungs-, Überleitungs- und SchlußformelläßtJohannes wie Paulus in der betonten I. Person den adressierten Hörern bzw. Lesern der Apk gegenübertreten. Er ordnet sich ihnen vielmehr auch im zentralen Eingangssatz 1,9 ohne Beanspruchung einer besonderen apostolischen (oder prophetischen) Qualität oder Autorität als Bruder und Mitgefährte inJesu ZU 125 • Konsequent verwendet er die Verben J.lUQ"tlJQELV (1,2) und 1tQoCPTJn:UELV ( 10,11) ftir seine eigene Tätigkeit nur ohne personales Objekt, obwohl diese die entsprechende Valenz besitzen (s. z. B. Apk 22,16.18; Mt 26,28), und setzt er A.EYElV mit seiner Objektvalenz nur in der Welt im Text (7,14a; 10,9), nicht aber auf der expliziten Kommunikationsebene rur sein Tun, auf der daftir auch andere Verben des Sagens fehlen.
In diesem Zusammenhang erhält die Charakterisierung des Tuns des Johannes unter Umgehung aller mündlichen Predigtakzente durch das Motiv des Schreibens wesentliche Bedeutung: Zwölfmal wird er zum Schreiben aufgefordert, und dies an markanten Stellen des Textes (1,11.19; 2,1.8.12.18; 3,1. 7.14; 14,13; 19,9; 21,5) 126, so daß er geradezu die Funktion eines beauftragten Brief-Schreibers erhält. Von daher nicht zufällig fehlt jeder Hinweis auf einen von ihm zu unterscheidenden Schreiber. Brisanz erhält dieser Befund dadurch, daß sich für die Person des Johannes fehlende Autor-Züge verschoben wiederfinden: Spricht er selbst in der Apk nicht direkt zu den Adressaten, so tun dies doch - durch sein Schreiben nur vermittelt - Jesus und der Geist. Eine der impliziten Leserftihrung dienende 127 Geistrede findet sich 14,13 fast unmittelbar nach einem Schreibbefehl.Jesus tritt nicht nur in den Sendschreiben (2, I b.7 usw.), sondern namentlich im Schlußabschnitt von Kap. 22 als Sprecher auf, und zwar weit über V. 16 mit seiner Selbstidentifikation hinaus: Aufgrund der Wendung fQxoJ.lal "tUXu sind ihm auch 22,7.20a und der Redezusammenhang von zumindest 22,12-15 zuzuweisen 128, von V. 20 aus ferner 22,18 f. 129 125 Mit Loisy 75. "Bruder" wird mit "Mitgefährte" in Apposition zu "lch,Johannes" zu einem Hendiadyoin verbunden (Kraft, Offenbarung 39), dessen Gemeinschaftsakzent durch die Wahl des Kompositums im zweiten Glied noch verstärkt wird. Von daher läßt sich das "Ich,Johannes" nur als persönliche Einführung, nicht als Ausdruck "besondere(r) Autorität" (Müller, Offenbarung 80 in am Text nicht verifizierbarer lraditionsgeschichdieher Argumentation) verstehen. 126 Daß er diesen Aufforderungen nach der Vorstdlung des Textes nachkommt, zeigt 10,4 mit seiner Unterbrechung der Niederschrift. 127 S. Bousset, Offenbarung 386f.; Hadom 153f. 128 Mit z.B. Bousset a.a.O. 456, 457; Hadom 216, 217f., 220. 129 Denn die partizipiale Subjektwendung zu A.tyELV von V. 20 nimmt das J.laQTUQELv von V. 18 auf und verdeutlicht den Rückbezug durch das in der Apk allg. unmittdbar zurückverweisende (Nachweis bei Reader 177. der freilich 22,20 fälschlich als gewisse Ausnahme dazu behandelt) Pronomen taiita. Die Zuweisung anJesus erfolgt hier mit z. B.
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Analys~krit~ri~n
und lit~rarg~schichtlich~ Ortung d~r Apk
Jesus muß angesichts dieser Abfassungskonzeption überdies zumindest dann nicht eigens als neuer Sprecher eingeführt werden, wenn er als solcher aus dem Inhalt des ihm zugeschriebenen Textes hervorgeht - sein uneingeführtes, der impliziten Leserführung dienendes Sprechen in 16,15, das wie 22,7.12.20 das Kommensmotiv enthält, verliert seine schon in alten Handschriften zur Textänderung führende Fremdheit 130 . Sogar Gottesreden sind in den Text zur impliziten Leserführung aufnehmbar (etwa 21,5-8), wenn hier auch der Schritt zur direkten Leseranrede aus Respekt vor der Transzendenz Gottes nicht vollzogen wird. Johannes dagegen muß neben der Superscriptio seinen Namen noch 1,9 und 22,8 nennen, muß an diesen entscheidenden Übergängen seine eigene Funktion als Ich-Erzähler verdeutlichen, um sie von der Autorität Gottes und Jesu abzusetzen: 1,9 ordnet er sich nach der Gottesrede von 1,8 dem Wort Gottes und Zeugnis Jesu unter, 22,8 reagiert er nach der Jesusrede von V. 7 sogar mit einer Unterwerfungshandlung vor dem ZeigeengeP31. Weiter findet in dieser Verlagerung von Autor-Handlungen die bereits Funk auffällige 132 gewisse Analogie der KommensankündigungenJesu in den Sendschreiben zu denen des Apostels Paulus ihren Ort. Diese Ankündigungen in Apk 2,5.16.25; 3,3.11.vgI.20 - nur im Sendschreiben zu Smyrna fehlt ein vergleichbares Motiv - sperren sich nämlich weithin gegen eine Interpretation auf die End-ParusieJesu: 2,5.16 bilden vorparusiale "menaces conditionelles et temporelles" 133. 2,25 ist bei allem Anklingen der End-Parusie ein Bezug des Kommens auf das (innerzeitliche) Bestrafen der Isebel und ihrer Anhänger keineswegs auszuschlie-
Swete 311, Vögtle, Buch 186 gegen das Gros der deutschen Kommentare, die freilich für ihre Zuweisung an Johannes ~ntweder ganz auf Begründungen verzichten (von Bousset a.a.O. 460 bis Müll~r a.a.O. 367) od~r unzulängliche (gern theologische) Gründe ang~b~n (so Zahn, Offenbarung 11 628 und Lohmeyer, Offenbarung 181). Zu den genannten Zuweisungen anJesus als Sprecher können übrigens noch die vv. 6 und IOf. kommen (s. z. B. Bousset, Offenbarung 456, 457), im Blick zurück auf die vorderen Teile der Apk von 22,7 her etwa schon der Makarismus 1,3 (so Giesen 200). 130 Erst recht erübrigt sich - mit Smitmans 62 - eine literarkritische AuOösung der Spannungen um 16,15 (gegen etwa Lohmeyer, Offenbarung 136 f.). Wieweit die vorgetragene Lösung dadurch zu vertiefen ist, daß man das in ihr eruierte Vorgehen des impliziten Autors der Apk in den Zusammenhang urchristlicher Prophetie stellt, ist weiterer Erwägung wert; die Behandlung gerade von 16,15 in diesem Zusammenhang ist beliebt (s. z. B. Bousset a.a.O. 398; Kraft a.a.O. 208f.; Müller a.a.O. 282). 131 Die "lch-Johannes"-Einführungen erklären sich also als aus dem Erzählduktus notwendig und dürfen keineswegs für Behauptungen besonderer Autorität desJohannes in Anspruch genommen werden (s. schon o. Anm. 125). 132 Von ihm freilich (Apostolic Parousia 265) für die Apk nicht ausgewertete. m Allo 50; vgl. zu 2,5 etwa HuB 47, zu 2,16 Bousset a.a.O. 214 (das StrafgerichttrifTt nur einen Teil der Gemeinde!). Noch Müller a.a.O. 103, 114 entschärft die Texte eschatologisch.
Der Ort der Apk mit ihren brieflichen Zügen in ihrer Literaturepoche
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ßen 134. 3,3 liegt wieder eine individuell bezogene und bedingte Kommensankündigung vor, die als nicht notwendig eintreffender Eventualis eindeutig von der End-Parusie zu unterscheiden ist 135 . Nur gezwungen ist freilich 3,11 innergeschichtlich interpretierbar, da es die Formel fpxopm la;rV wie 22,7.20 absolut verwendet 136 • So ergibt sich ein Nebeneinander innerzeitlich und endparusiebezogener Kommensankündigungen, dessen Zusammenhang klar erkennbar ist: Erstere sind gedanklich von letzteren aus entwickelt, denn hinter 2,11 (vgl. 2,5) steht die parusiale Formel EQXO~at taxi! (vgl. 3,11; 22,7.20) und hinter 3,3 das zunächst (s. 16,15) parusial zu beziehende Diebesgleichnis 137 • Der Apk-Autor verschiebt hier also nicht eigentlich ein Element der paulinischen Vorstellung brieflich vermittelter apostolischer Anwesenheit, sondern entwickelt seine Kommensankündigungen Jesu theologisch eigenständig. Aber in ihrem Einsatz in den Sendschreiben treten sie dann doch in gewisse Funktionsanalogie zur paulinischen Form. Folgerichtig verzichtet die Apk, wie beobachtet, auf eine eigene Kommensankündigung desJohannes. Bemerkenswert eindeutig ist also das Kommensmotiv an diesen Stellen von seiner räumlichen Grundbedeutung her und nicht primär in übertragen zeitlichem Sinn eingesetzt l38 . Das aber heißt, daß der Apk ein von Raumvorstellungen aus gedachtes Einbrechen der Gottheit jedenfalls nicht fremd ist l39 . Gerade mit den lokalen KommensankündigungenJesu zeigt sie sich vielmehr in besonderer Weise in eine hellenistische Welt kommunikabel, die das innerzeitliche Kommen eines Gottes zur Erde und näherhin zu Menschen von alters her kennt und in diesem Zusammenhang auch die mit t)..{tE, EQXOU o. ä. eingeleitete Bitte um das Kommen der Gottheit breit belegt 140. Dazu paßt es, daß Apk 22,20 nicht wie 1 Kor 16,22 und Did 10,6 das aramäische Maranatha setzt, sondern mit der S. AHo 51 (den Endparusiebezug betont etwa HuB 60). Mit HuB 63, vgl. Allo 51; Müller a.a.O. 126 entschärft wieder eschatologisch. 1lf> Vgl. HuB 66, Hadorn 61; gegen Allo 51. 1J7 Smitmans62f., 67 und H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 149fT. sind bei verschiedener I nterpretation von 16,15 doch in dessen grundsätzlichem Parusie bezug einig. 1J8 Das wird spätestens aus der Zuspitzung der Kommensankündigung in die lokale Formulierung von 3,20 offenkundig, die nicht entschärft werden darf (etwa durch die Interpretation auf einen Eintritt Christi in das Herz der Christen: vgl. Allo 45). 139 Das wird zu wenig beachtet, wenn man nur auf den zeitlichen "Nah- und Enderwartungshorizont" der Apk abhebt (so H. W. Günther a.a.O., Zitat Titel). 140 Als Beleg des Alters der Vorstellungstradition s. etwa Sappho 10 (Weiteres bei Burkert, Griechische Religion 289f.), zu den Kommensbitten s.]. Schneider, fQxol1m663, dessen Belege bis über die neutestamentliche Zeit hinaus breit gestreut sind. In den Zaubertexten findet sich dabei auch das Apk 3,20 gebrauchte Verb dOEQxea6aL (z. B. PGrM IV 1047) sowie die Füllung der dativischen Objektvalenz mit einem personalen Objekt (v,,6t J.WL) (z. B. PGrM I 214; 111 51; IV 2786), die griechisch noch breiter belegt ist (s. Bauer, Wörterbuch 614), aber im Neuen Testament bis auf Mt 21,S (= Sach 9,9) und Apk 2,5.16 fehlt. lJ4
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Analysekriterien und literargeschichtliche Ortung der Apk
griechischen Bitte EQXOU XUQLE 'ITloOÜ schon sprachlich einen bemerkenswerten Übersetzungsvorgang ins Griechische vollzieht l41 . Die gegenüber dem aramäischen Maranatha auffällige Erweiterung des Vokativs um 'ITloOÜ und die U niversalisierung von dessen Herrsein durch das Weglassen von ~!lWV in 22,20 b lenken zum hier zuletzt zu besprechenden Schlußgruß 22,21 hin, der gleichfalls den Jesus-Namen gebraucht 142 und auf ein ~!lWV nach XUQlOU verzichtet 143 , nun aber auch dessen XUQL; in gegenüber der paulinischen Tradition und deren gesamtem Umkreis singulärer Weise universalisiert. auf alle bezieht 144. In der BezeichnungJesu nur mit seinem Eigennamen (vgl. 22,16) schlägt dabei spezifischer Wortgebrauch der Apk durch. "Christus" hat in ihr seinen titularen Charakter voll erhalten und wird deshalb alleinstehend nur mit dem Artikel verwendet (20,4.6; noch deutlicher 11,15; 12,10)145. ,Jesus" wird - wie sein Gebrauch in den verschiedenen Wendungen von 22,20f.; 14,12; 1,9; 17,6 zeigt - nicht auf eine Bezeichnung des Irdischen eingeschränkt 146 und sogar in Verbindungen bevorzugt, in denen Paulus häufiger 141 Zur Einzelexegese der Stelle, die hier nicht vorzunehmen ist, s. zunächst Günther a.a.O. 71 ff. 142 Wie in der paulinischen Brieftradition immerhin I Kor 16,23 und Röm 16,20b (beachte dort die Tendenz zahlreicher Hss. zur Vereinheitlichung mit den übrigen Paulinen) . 143 Wie I Kor 16,23; 2 Kor 13,13; PhiI4,23; Phlm 25 (dort nachträglich durch zahlreiche Hss. eingefügt). 144 Vgl. die Zusammenstellung bei Roller, Tabelle 4 (auch 2Thess 3,18; Eph 6,24 und I Clem 62,2 bieten nur christlich beschränkte All-Aussagen). Bereits K rang mit dieser (wesentlich von A bezeugten) Singularität und setzte 'tWv Ö.yLoyv (ebenso gig) statt 1COV'tOYV (so A vg; Bea) sowie ergänzte aJ.l~v (051' tJn sy co kombinieren die Lesarten von Kund A, sind also injedem Fall sekundär- vgl. schon Spitta 313). Das (auch in gig fehlende) all~v erweist sich dabei schon deswegen als Zusatz, weil es den aJ.l~v-Zusätzen von K zu I Kor 16,24; Phi I 4,23; I Thess 5,28; Phlm 25; 1 Petr 5,14 entspricht (vgl. allg. Roller 532 Anm. 394), und von den Grundlesarten noV'tOYV bzw. 'tWv Ö.yLoyv ist ersterer als schwierigerer Lesart der Vorzug zu geben: Auch die letztere Lesart findet sich zwar in den paulinischen und katholischen Briefen nicht, wie Lohmeyer - der sich für sie entscheidet - feststellt (Offenbarung 183), aber sie konnte leicht entstehen, wie die Ersetzung des UJ.Ul>V in Hebr 13,25 durch 'toov Ö.yLOYV in D zeigt, die dort immerhin zur Lesart llE'ta 1COvtOYV 'tWv Ö.ylWV führt. Ein allein stehendes novtOYV ist dagegen auch in der hs. Entwicklung zu den neutestamentlichen Briefen außerhalb der Apk nirgends bezeugt. 145 Vgl. Grundmann, XQlW 569; de jonge, 6 XQL
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die Doppelbezeichnung gebraucht (vgl. zu 22,20f. Röm 1,7 usw.; zu 14,12 Gal 2,16 usw.).
Dieser Befund läßt sich durch Berücksichtigung der drei Ausnahmen mit der Doppelbezeichnung ,Jesus Christus" noch vertiefen, die sämtlich innerhalb der ersten fünf Verse der Apk stehen: 1, I bezeichnet sie sich in einer für sie singulären, jedoch im Umkreis der paulinischen Tradition geläufigen Wendung (s. 1 Kor 1,7; Gal 1,12; vgl. 1 Petr 1,7.13) als "Offenbarung Jesu Christi". 1,2 verbindet sie das der paulinischen Tradition fremde Zeugnis-Motiv mit dem dort dominierenden Doppelnamen 147, den sie an analogen Stellen ihres Fortgangs wieder durch ,Jesus" ersetzt (1,9; 12,17; 19,10; 20,4). 1,5 schließlich setzt sie den Doppelnamen an einer Stelle des Briefformulars, an der ihn die gesamte paulinische Brieftradition verwendet 148. Alle drei Belege lassen sich also als Bemühung des Apk-Autors um einen gewissen Anschluß an die paulinische Tradition an dem für die Rezeption seines Werkes besonders wichtigen Ort des Textbeginns erklären. Souveräner geht er im Schlußgruß über die paulinische Tradition hinaus, und das nicht nur im Gebrauch desJesusnamens. Auch im XQOmJVTJ und ayaULaOL~ zu den beiden weiteren gebrauchten Verben des Wortfeldes (sich) freuen (vgl. zum einen 11,10; 12,12; 18,20, zum anderen 19,7), so daß X
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daß über die "Gnade" der paulinischen Tradition hinaus auch die im HerrseinJesu begründete und von ihm ausgehende eschatologische Freude mit allen sei. Wie schon das Präskript, erhält der Schlußgruß einen eigenen Ton und bleibt dabei doch gerade in der neuen Freuden-Nuance für hellenistische Adressaten leicht rezipierbar 15l .
1.3 Ergebnis Die Apk steht in der spezifischen Ausprägung ihrer brieflichen Züge innerhalb der ihr zeitgenössischen apokalyptischen und Offenbarungsliteratur singulär da, findet aber ein Bezugsfeld in der urchristlichen Briefliteratur. Da sie in ihrem Formular näherhin auf die briefkonventionelle Sonderprägung der Paulinen und Deuteropaulinen zurückgreift, muß die paulinische Tradition den Kontext ihrer brieflichen Analyse bilden. Doch steht sie keineswegs ungebrochen in dieser l . Schon Präskript und Schlußgruß übernimmt ihr Autor nicht ohne Modifikationen und Adaptionen. Vor allem die besondere Brief-Funktionalität der Paulinen - die apostolische Anwesenheit zu vermitteln -läßt er für seine Person gänzlich zurücktreten. Statt dessen hebt er das Wirken und die Auctoritas Gottes, des Geistes undJesu hervor, die in der schriftstellerischen Durchkonzeptionierung der Apk wesentliche Züge der Briefautorschaft gegenüber den Adressaten übernehmen, so daß J~hannes eigentlich nur mehr die Funktionen des Brief-Schreibers und -Ubersenders (gemäß 1,11.19) verbleiben. Diese Umprägung der Autorhaltung gegenüber der paulinischen Konvention ist so gravierend, daß sich die Frage stellt, warum der Apk-Autor jene aufnahm und sich nicht etwa des oben umrissenen vorderorientalisehen Briefformulars bediente, das sein Zurücktreten als Briefautor jedenfalls in der aramäisch-zeitgenössisch hervortretenden Möglichkeit des Verzichts auf eine Absendernennung im Präskript erleichtert hätte. Eine besondere theologische Paulusnähe oder gar Paulusverehrung kann keine 150 Das fehlende Verb ist mit der zugrundeliegenden Tradition als eine optative oder imperative Bedeutung tragend (s. Wiles 36ff., 108) zu ergänzen. 151 Das Motiv der Freude wird in hellenistischer MysterienfOrmmigkeit in einem rur eschatologische Vorstellungen offenen religiösen Zusammenhang verwendet (Conzelmann, XaL{KO 352f.). Bergman 141 ff. stellt so die Isisfreude heraus, zu deren Teilhabe his die Mysten in der Aretalogie von Kyme-Memphis gerade an der Stelle des Schlußgrußes auffordert (Text 303; vgl. die Isisinschrift bei Diodorus Siculus I 27,3-6). 1 Schüßler Fiorenzas in diese Richtung gehende These (Apokalypsis 125, 127; s. o. unter 0.2.5 c) u.ö.) ist also in ihrer Zuspitzung nicht haltbar.
Ergebnis
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Rolle gespielt haben - zu gewichtig sind die beobachteten theologischen Differenzen bereits im Sprachgebrauch von Präskript und Schlußgruß, zu auffällig weiterhin der Verzicht aufjedwede Paulusanamnese und aufeine erkennbare Einreihung des Paulus unter die Apostel in 21,14 2 . Eine unvermittelt verfasserorientierte Erklärung des Befunds scheidet so aus. Die nach dem rezeptionsästhetischen Modell alternative Annahme - daß der Apk-Autor auf die paulinische Briefkonvention zurückgriff, weil er sich an Adressaten paulinischer Tradition orientierte - verdient den Vorzug. Denn sie erklärt nicht nur den Rückgriff auf die Konvention allgemein, sondern auch die Häufung paulinischer Begrimichkeit gerade und nur in den Eingangsversen der Apk, die deren Rezeption eröffnen sollen. Manches spricht dabei für einen historischen Ort einige Zeit nach Paulus, namentlich der Abschluß des Briefpräskripts mit einer Christusdoxologie und die vertiefte religionsgeschichtliche Einbettung der impliziten Adressaten in eine hellenistische Umwelt, die eine Übersetzung sogar des Maranatha in 22,20 verlangt. Es liegt nahe, von diesem Befund aus Schlußfolgerungen zum literarischen Ort der Apk zu ziehen, adressiert sie sich doch explizit an Gemeinden paulinischen Missionsgebiets. Textinterne Gestaltung, explizite Adressierung und textexterne Verortung stimmen demnach in der Ausrichtung auf eine Kommunikation mit paulinischen Gemeinden überein. Wenigstens was die bisher untersuchten Rahmen- und Konzeptionsteile der Apk angeht, erscheint also eine nicht-fiktive Brieflichkeit möglich. Ob sich eine solche als Arbeitshypothese annehmbare Brieflichkeit der Apk verifizieren läßt, muß eine durchgängige Exegese des Werkes zeigen, die bei allem Interesse an seiner Brieflichkeit seine inhaltliche Zuordnung zur Offenbarungsliteratur nicht übersehen darf.
1 Ganz im Gegensatz etwa zur Haltung der Past (zu ihr s. Trummer 116ff.)j zu Apk 21,14 vgl. Satake, Gemeindeordnung 134, Huß 80 mit Anm. 678 und - überinterpretierend - schon Baur, Christenthum 80.
2 Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk Nachdem die bisherigen Untersuchungen ein kommunikatives Interesse der Apk erwiesen, das sie brieflich bestimmt in das paulinische Missionsgebiet in der Asia stellt, hat nun der exegetische Hauptteil vorliegender Arbeit in einer rezeptionsästhetischen Werkanalyse den brieflichen Charakter der Apk zu verfolgen und ihre implizite Briefsituation herauszuarbeiten. Angesichts des Umfangs des zu analysierenden Werkes sind Schwerpunkte zu setzen. Besonderes Augenmerk müssen die eröffnenden Abschnitte (1,1-3; 1,4-8; 1,9-3,22) finden, in denen der Autor die rezeptionsbestimmenden Koordinaten ins Werk einbringt: 1,1-3 wirkt als Gesamtcharakterisierung der Apk noch vor ihrem Briefformular zunächst als erratischer Block. Wie ist dieser Abschnitt also formal und inhaltlich zu beurteilen, wie mit dem brieflichen Kommunikationsanspruch der Apk zu vereinen? 1,4-8, die Brieferöffnung der Apk, fordert die Analyse sodann als Schlüsseltext für das kommunikative Anliegen des Apk-Autors und seine Sicht des theologischen Orts seiner Adressaten heraus. 1,9-3,22 schließlich, die Eingangsvision mit den Sendschreiben, führt von der expliziten Kommunikationsebene in die Welt im Text und läßt so nicht nur weitere Aufschlüsse über die implizite Kommunikationssituation der Apk erwarten, sondern ermöglicht erstmals auch eine Eruierung der inneren Kongruenz der auf den verschiedenen Werkebenen gespiegelten kommunikativen Situation und Situationsbearbeitung. Die weitere Analyse von Apk 4-22 kann sich daraufbeschränken, die an den Eingangskapiteln gewonnenen Ergebnisse in ihrer Gültigkeit für das Gesamtwerk zu verifizieren und dessen kommunikativen Zusammenhang sichtbar zu machen. Sie wird also zu zeigen haben, daß dieses Werk nicht in ein spannungsvolles Nebeneinander im wesentlichen unzusammenhängender Teile aufzulösen ist, sondern trotz mancher bleibenden Spannung von einem konsequent fortschreitenden und stets situativ verankerten impliziten Dialog mit seinen Adressaten getragen ist. Der fortlaufende Lesevorgang setzt mit der Exegese von 1,1-3 ein.
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
2.1 Die einführende Kenntlichmachung der Apk für ihre Leser/Hörer in 1,1-3 Noch für Yarbro Collins (1979) zeigt Apk 1,1-3 (mit dem Rest des Buches) gegen Apk 1,4f. und 22,21 "that whoever tries to read it as a letter will be severely frustrated" 1. Läßt sich diese Auffassung, die jede weitere briefliche Analyse der Apk erübrigte, bewähren? Jedenfalls eine Lösung der Problematik unseres Abschnitts durch seine textgeschichtliche oder literarkritische Eliminierung ist auszuschließen. Denn er fehlt (bei Einzelvarianten) in keiner der wichtigen Apk-Handschriften und bietet auch keine ausreichenden Indizien für eine literarische Abtrennung, wird vielmehr bereits seit Justin als zur Apk gehöriger Schlüsseltext zitiert 2 • Also ist seine genaue formale und inhaltliche Analyse aufseine Rezeptionsvorgaben hin erforderlich.
2.1.1 Formgeschichtliche Bestimmung Apk 1,1-3 enthält folgende für eine Formbestimmung maßgebliche Elemente: a) eine einführende Gesamtbezeichnung im Nominativ mit Herkunftsangabe im genitivus subiectivus ('A3tOXcu..U'\"L~ 'l"1oo'Ü XQLO'tO'Ü KtA.), die den Gehalt der Apk aufJesus Christus und über ihn auf Gott zurückführt 3 ,. b) einen finalen Hinweis auf Adressaten (ÖEL~UL toi~ öouAOL~ auto'Ü) und näheren Gehalt (cl ÖEL YEVE0'6UL Ev taXEL); c) Erläuterungen zur Übermittlung des Gehalts an einen Menschen (xat toTHJ,aVEV XtA. 'Iroavvn) und zu dessen Tun im Aorist (ö~ tJ,laQtUQ"1OEV XtA.); d) einen durch Subjektwechsel davon abgesetzten adressatenbezogenen Makarismus, der durch die abschließende Begründung 6 yaQ xaLQo~ brrU~ eng mit den vorhergehenden Elementen zusammengebunden ist
Yarbro Collins, Apocalypse X. S.o. Exkurs I a) und etwa Bousset, Offenbarung 183. Dieser meint freilich ebd. aufgrund der Bezüge zwischen I, I f. und 22,6 f.16, daß der Apk-Autor 1,1-3 seinem Werk erst nach dessen Vollendung vorangestellt habe (vgl. Kraft, Offenbarung 18). Doch ist dieser Schluß nicht zwingend - 22,6-21 kann auch umgekehrt bewußt auf I, I f. zurückgreifen - und im übrigen für eine rezeptionsästhetische Werkanalyse nicht erheblich. 3 Der genitivus subiectivus ergibt sich aus dem Anschluß des Relativsatzes (s. Kraft a.a.O. 19f.), der gegen Pesch, Offenbarung 16 nicht als Beginn einer ersten Textstrophe von der dann mißverständlich als" Überschrift" bezeichneten Eingangsangabe des Textes getrennt werden darf. 1
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Die einführende Kenntlichmachung der Apk 1,1-3
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und daher trotz des Rückgriffs auf eine eigene Form nicht von 1,1-2 abgetrennt werden darf'. Die Suche nach formgeschichtlichen Parallelen verliefbislang unbefriedigend. Als solche fallen jedenfalls die bibliothekarisch knapp gehaltenen Tituli zu antiken Schriften aus - der Titulus der Apk war ja erst sekundär aus unserem Abschnitt zu gewinnen s-, ebenso die Proömien der antiken Historiker, die lediglich in eigener Ausprägung die gemeinantike Praxis belegen, einem literarischen Werk rezeptionsleitende Kurzangaben zu Autor und Inhalt voranzustellen 6 • Die in der Forschung weiterhin angefUhrten Eröffnungen der alttestamentlichen Propheten bücher lassen in ihrer Hos 1,1 vorliegenden Grundform - die die Bezeichnung als "Wort des Herrn", Angaben zur Person des Propheten und zur zeitlichen Bestimmung seiner prophetischen Tätigkeit enthält - lediglich die Apk-Formelemente a) und c) im Kern erkennen. Bereits Angaben zum Tun des Propheten fehlen, ebenso ein Makarismus o. ä. (Element d); und selbst wo einmal über Hos 1,1 hinaus Angaben zum "Adressaten der prophetischen Verkündigung" erfolgen (z.B. Jes 1,1)7, treffen sie das obige Formelement b) kaum. Umgekehrt läßt Apk 1,1-3 eine zeitliche Fixierung der Tätigkeit des Johannes missen. Es bietet also nicht mehr als eine vage Reminiszenz an die alttestamentliche Form 8 •
Pesch a.a.O. 16; gegen Yarbro Collins, Apocalypse 5; Hartman, Form 133. S. o. Exkurs I a) gegen eine zuletzt bei Hartman a.a.O. 132 sich niederschlagende Forschungstendenz; zur antiken Titulusform allg. s. Widmann 568ff. 6 Gegen Zahn, Offenbarung I I 34f., dem nur noch Hadorn 25f. folgt: Die Historikerproömien werden keineswegs notwendig,ja nicht einmal in der Regel mit einer Gesamtbezeichnung des Werks im Nominativ eröffnet. Thukydides I I, I etwa eröffnet mit der Verfasserangabe; die Werkbezeichnung erscheint im Objektkasus; vgl. Appian prooim. I. Noch weiter entfernen sich von unserer Textstruktur Arrian, an. prooim. I und Josephus Bell I prooim. I, also zeitlich nähere Texte. Bei Herodot, wo einmal eine Eröffnung mit einer nominativischen Bezeichnung des Werkes vorliegt, nennt der gen. subi. dazu charakteristisch vorgestellt - den menschlichen Autor (Herodol I prooim.). Angaben zu einem Offenbarungsvorgang fehlen natürlich durchweg. Weil über Apk 1,1-3 hinaus gehen dafür die Angaben zu Gewicht und Umfang des zu Beschreibenden (s. z. B. Thukydides I I und Josephus Bell I prooim.) und zur Person des Geschichtsschreibers (s. etwa Appian prooim. 15; Dionysius Hal., ant. I I). 7 Weitere Belege bei Wildberger I 2, dort auch Zitat. 8 So richtig Schüßler Fiorenza, Priester 169 gegen eine von Zahn a.a.O. 47 f. mit Anm. IOa bis Sweel 57 und Müller, Offenbarung 66 reichende Forschungstendenz. Hartman, Form 132 versucht, den Apk-Eingang und die Eingänge der Prophetenbücher über äthHen 1,1 ff. miteinander zu verbinden. Dort wird jedoch im Unterschied zu Apk 1,1-3 und der Normalform der alttestamentlichen Prophetenbucheinleitungen (Ausnahme ist Am 1,1) gerade die menschliche Autorschaft betont (i.6yoc; EUA.oylac; <EvwX XlA..), so daß es sich um eine "charakteristische Kombination der Bezeichnung des Folgenden einerseits als Weisheitsrede und andererseits als Prophetenbuch" handelt (Rau 40), nicht um einen Übergang zur Form von Apk 1,1-3. Einen solchen bietet auch syrBar 1,1 nicht, der mit Datierung usw. stärker in der Tradition der alttestamentlichen Prophetenbucheingänge steht. Da weiterhin Dan und 4 Esr keine Apk 1,1-3 vergleichbaren Texte bieten, scheidet 4
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
So läßt sich Apk 1,1-3 bislang nur allgemein als spezifische Ausprägung des gemeinantiken Incipitbrauchs mit seinen Kurzcharakterisierungen zum Werk fassen 9 . Eine Präzisierung dieser Bestimmung aufgrund näherer Parallelen ist nötig, wie sie zwar nicht im Neuen Testament 10, aber in anderen frühchristlichen, in christlich-gnostischen und gnostischen Texten zu finden sind. An erster Stelle gehört hierher der "Langtitel" , den die Did vor Beginn der Zwei-Wege-Ausführungen nach ihrem "Kurztitel" in der gewichtigen Rezension des Hierosolymitanus 54 (H) trägt l l . Im Wortlaut .6.LÖOXTt KUQ(OU ÖUl 'twv ÖWÖEKO Cmocn:6A.wV 'toi~ HtvEOLV enthält er a) eine einführende Gesamtbezeichnung mit Herkunftsangabe, die die Lehre auf den Herrn zurückführt; b) einen Hinweis auf die zwölf Apostel als Träger und Übermittler dieser Lehre; c) die Angabe der Adressaten. Ein viertes Glied (d) fehlt. a) läuft formal parallel dem ersten Element von Apk 1,1-3, b) und c) entsprechen in der präpositionalen Wendung von ÖL
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Kurztitels kennen, liegt ein paralleler Sachverhalt zur Kurztitelüberlieferung der Apk vor, der sich - wie dort - überlieferungsgeschichtlich stringent als Verkürzung der längeren Eingangsangabe des Textes zum leicht zitierbaren Titulus erklärt. Die Parallele zur Apk geht sogar bis dahin, daß auch der Kurztitel "Lehre der (zwölf) Apostel" neu die Apostel statt des Herrn in den genitivus subiectivus setzt 13 .
Weiterhin noch aus der ersten Hälfte oder Mitte des 2.Jh. stammen die hier interessierenden Eingänge des christlich-gnostischenJohannesapokryphons (Apokrjoh) und des EvThom 14 . Die beiden Texte teilen das Neben- bzw. Miteinander eines vom darauf folgenden Text in der Schreibweise nicht abgehobenen Incipits und eines dem Werk nachgestellten, verzierten Titels mit zehn weiteren Schriften aus Nag Hammadi. Da die verzierten Titel die Incipits verkürzen oder rephrasieren, sind sie sekundär 1s . Der an Apk und Did ausgewiesene Befund einer Kurztitelbildung aus nicht-titularen Incipits wiederholt sich. Die Incipits der Schriften von Nag Hammadi gehören folglich ihrem ältesten Überlieferungsstadium und aller Evidenz nach ihrem ursprünglichen Textbestand an 16.
Das Incipit des Apokrjoh, an das sich die Rahmenhandlung anschließt, läßt sich übersetzt folgendermaßen rekonstruieren (NHC 11 I, 1,1-4): "Die Lehre und die Worte des Heilands. Und er,jesus Christus, offenbarte diese Geheimnisse, die in einem Schweigen verborgen sind, und er lehrte sie denjohannes, der es (sic) niederschrieb."17 Parallel zu Apk I, 1-3 liegen hier eine einftihrende Gesamtbezeichnung mit Angabe der Herkunft vom Heiland und Erläuterungen zur Übermittlung dieser Lehre und Worte anjohannes sowie zu dessen Tun vor, also die dortigen Formelemente a) und c). Das Element b) fehlt formal- sachlich läßt sich ihm allenfalls die Benennung des Inhalts als verborgene Geheimnisse zuordnen -, gänzlich weiterhin Element d). Trotzdem geht die formale Verwandtschaft zu Apk 1,1-2 weiter als bei der Did. Der sachliche 13 Vgl. zur Apk o. Exkurs I a); zur Textkritik s. den Apparat bei Rordorf/Tuilier 140. Der Anklang des "Langtitels" an Mt 28,19 ist gegen Rordorf/Tuilier 16 zu schwach, um hier eine für seine Spätdatierung sprechende Bezugnahme zu sehen. Dagegen kann der beim Kurztitel vorliegende Anklang an Act 2,42 (s. a.a.O. 15 und Wengst a.a.O. 15) dessen Entwicklung - aber aus dem "Langtitel"! - gefordert haben. 14 Zur Datierung der Texte s. Altaner/Stuiber 128 und 130, für die des EvThom ferner Viel hauer a.a.O. 620f. IS Die Kurztitel unserer Texte lauten "Das Evangelium nach Thomas" (NHC 11 2, 5 I ,27-28) und .,Die Geheimlehre nach Johannes" (NHC 11 I, 32,7-9). Zur Titelbildung der Nag-Hammadi-Schriften s. Krause in Gnostische und hermetische Schriften 20f. mit Anm. (dort auch analoge Bemerkungen zu den vorangestellten verzierten Titeln) und Böhlig/Wisse in Nag Hammadi Codices 111,2 und IV,2 S. 19. 16 Das erkennt für das EvThom Viel hauer a.a.O. 622. Zum Incipit des ApokrJoh liegt bislang keine Speziallit. vor. 17 Krause a.a.O. 20 Anm. 3; vgl. die Rekonstruktion Giversens in seiner Ausgabe 47.
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Gegensatz zwischen einer ausgesprochenen Geheimlehre (ApokrJoh) und einer ebenso expliziten Offenbarung (Apk) 18 ist damit umso auffälliger. Das Incipit des EvThom, an das sich Logien anschließen, läßt sich aufgrund PapOxyrh 654 griechisch rekonstruieren 19: OU'tOL OL A6yOL OL [ xat ElJtE[v ÖO'tL~ 'tT)v EQJ.lT]vd]av 'twv A6ywv 'tOlh[ OOV EUQT)OEL, {tava'tou] ou J.lTJ YEUOT}'taL. Es enthält wieder die einführende Gesamtbezeichnung- hier als "Worte" - mit Angabe von deren Herkunft, nämlich vom lebendigenJesus. Diese Selbstbezeichnung nimmt die nähere Charakterisierung der Worte als verborgen in sich auf und verzichtet auf einen eigenen finalen Hinweis auf Adressaten und Gehalt. Das zweite Formelement von Apk 1,1-3 fehlt also. Das dortige dritte Element ist mit der Nennung der Funktion des Judas - wie in ApokrJoh der des Schreibers - partiell vertreten. Vor allem aber hat nun das vierte Element in der Verheißung an den, der die Bedeutung der Worte findet, eine sachliche Parallele 20 . Bei aller damit gegebenen formalen Verwandtschaft zwischen EvThom und Apk fällt wieder die Betonung der Verborgenheit der Worte 21 gegenüber der uneingeschränkten Offenbarungsbezeichnung letzterer auf. Von den "Apokalypsen" aus Nag Hammadi sei exemplarisch die Apokalypse Adamr (NHC V 5) angeführt. Deren vor- und nachgestellter Titel ("Die Apokalypse Adams" 64, I; 85,32) ist wie bei den übrigen NagHammadi-Schriften (und der Apk) eine sekundäre Bildung, die die unmittelbar mit dem Folgetext verbundene Texteröffnung voraussetzt (64,2-4): "Die Offenbarung (a:rtOxaAU"JL~), die Adam seinen Sohn Seth gelehrt hat im siebenhundertsten Jahre". Die in Apk 1,1-3 enthaltenen Formelemente finden sich in dieser Eröffnung nur unvollständig: MoxaAU~L~ steht ohne Herkunftsangabe, wobei freilich gegen die Verkürzung in der späteren Titelbildung zur Apk verwandt die Vorstellung einer an Adam ergangenen Offenbarung zugrundeliegt, die dieser nun weitergibt 22 . Die Formelemente b) und d) von Apk 1,1-3 fehlen. Allein die Angabe zur Übermittlung der Offenbarung an einen Menschen (aus c) ist 18 Die Apk als Geheimbuch aufzufassen, ist ein Widerspruch bereits zu ihrer Selbstbezeichnung, wie Schüßler Fiorenza, Prieste~ 169 richtig herausstellt. 19 Füllung der Lücken mit Menard, L'Evangile 75 (stellenweise abweichend von Grenfell/Hunt in Oxyrhynchus Papyri IV S. 3). 20 Grenfell/Hunt rekonstruieren a.a.O. 3 ÖOtLI!; av ... llxouon, womit sich die Nähe zu Apk 1,3 verstärkte. 21 Die wie die esoterische Verheißung in gnostisches Milieu weist (s. Menard a.a.O. 30f., 75-78), so daß Vielhauers Abtrennung des EvThom von den gnostischen OfTenbarungsschriften (a.a.O. 623) in ihrer Schärfe nicht bestehenbleiben kann. 22 S. Böhlig in Koptisch-gnostische Apokalypsen 86 (nach seiner Übersetzung a.a.O. 9&-117 zitiere ich übrigens den Text).
Die einführende Kenntlichmachung der Apk 1,1-3
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- erweitert um eine Zeitangabe - noch enthalten. Der besondere Reiz des Incipits liegt darin, daß es, vielleicht am frühesten von den gnostischen "Apokalypsen" und nur wenig später als die Apk, unabhängig von dieser die Selbstbezeichnung als "Apokalypse" enthält. Religionsgeschichtlich geschieht das an einem Ort des Übergangs zwischenjüdischer Apokalyptik, Gnosis und - umstritten! - Christentum. Der in jüdisch-apokrypher Literatur beliebte Adam 23 belehrt seinen Sohn, wie Henoch in äthHen 81,5-82,3 seinen Sohn Metuschelach bzw. seine Kinder belehrt. Seine Rede eröffnet er mit der Aufforderung: "Höre meine Worte, mein Sohn Seth!" (64,5f.) ganz analog zu Henoch in äthHen 91,3 (vgl. Baruch in syrBar 77,2). Da sie zudem in 67,14-85,18 wesentlich durch einen futurischen Geschichtsüberblick getragen wird, weist die ApkAdams also starke Bezüge zur jüdisch-apokalyptischen Literatur auf. Trotzdem verbieten die Prägung der Rede Adams durch das yvw(JL~-Motiv (64,13.27 usw.), die iranischen und die mandäischen Gedanken - zu denen die Tauferwähnung in 85,22-31 gehört - ihre dortige Einordnung 24 . Eine Lösung des religionsgeschichtlichen Problems über literarkritische Operationen konnte sich nicht durchsetzen 2s • Daher ist die von Böhlig vorgetragene Hypothese, daß die Schrift vorchristlich-gnostisch "aus dem Kreis syrisch-palästinischer Täufersekten erklärt werden, aber auch eine Entwicklung darüber hinaus darstellen" könne, nach wie vor attraktiv 26 . Reizvoll wäre der von da aus weiterführende Gedanke, die ApkAdams stünde am Übergang eines häretisch werdenden apokalyptischen Judentums zur Gnosis um die Zeit der Abfassung der Apk2 7 . Doch ist ihr literarischer und religionsgeschichtlicher Ort nach wie vor sehr umstritten, wird in jüngster Zeit verstärkt ihre Zuordnung zur christlichen Gnosis und damit ihre Ansetzung eine (oder mehrere?) Generationen nach der Apk erwogen 28 .
Eine Reihe weiterer nicht-titularer Incipits von Schriften aus Nag Hammadi bezeugt die Lebendigkeit der Formtradition, ohne ein Erstarren in überall genau parallele Elemente zu zeigen 29 . Die Form bleibt so auch in titular S. bes. die Vita Adae et Evae (Apocalypsis Mosis) und das Testament Adams. Vgl. Böhlig a.a.O. 8&-95; K. Rudolph, Forschungsbericht 164f. 25 S. Perkins 383 Anm. 5; vgl. Krause, Gattungen 624 gegen z. B. Hedrick (1977), der zwei Quellen (A als jüdisch-gnostischen, B als nichtchristlich-gnostischen Text) unterschied, die in einem frühen Stadium sethianisch-archontischer Tradition noch vor 150 n.Chr. redigiert worden seien. 26 Böhlig a.a.O. 95; zur Wirkungsgeschichte der Hypothese s. Charlesworth 72. 27 Hedrick (s. o. Anm. 25) sieht wenigstens seine Quelle A als nahe der Grenze zwischen jüdischer Apokalyptik und Gnosis stehend (Abstract ohne Seitenzählung). 28 Perkins beurteilt sie als ironisches, ein Adamtestament satirisierendes Werk (passim), Beltz als "Einführungsschrift in die Gnosis, und zwar in ein sethianisches System, geschrieben für Anfänger" (Bemerkungen 161), die aus jüdisch-christlichen und aus manichäisehen Kreisen kamen (a.a.O. 162; vgl. - wieder etwas anders - Morard passim). Am entschiedensten für ihre christlich-gnostische Herkunft tritt Shellrude passim ein (Anm. 2 dort die wichtigste Lit. zur Gegenposition). 29 Beispiele nennen Giversen in Apocryphon Johannis 151 Anm. I und Krause in Gnostische und hermetische Schriften 20f. mit Anm. 23 24
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
oder eröffnend als "Apokalypse"/"Offenbarung" bezeichneten Texten wie der (~weiten) Apokalypse desjakobus (Eröffnung NHC V 4, 44,12-19 nach dem Titulus 44, Ia-ll) oder den Drei Stelen des Seth (Eröffnung NHC VII 5, 118,1a-23) variabel. Erstere fUhrt etwa einen gesonderten Schreiber des Textes ein. Letztere vertritt das vierte Formelement von Apk 1,1-3 durch einen Hinweis des OfTenbarungsüberlieferers Dositheus, daß er im Lobpreis der unmeßbaren Größen gewürdigt wurde. Auf eine nähere Untersuchung dieser und weiterer Incipits von "Apokalypsen" aus Nag Hammadi läßt sich hier angesichts dessen verzichten, daß sie bei allen Unsicherheiten der Datierung doch insgesamt in spätere Zeit gehören dürften Jo •
Zuletzt ist noch eine christlich-antignostische Schrift des 2.Jh. heranzuziehen, die EpAp, die den Abschnitt mit sie betreffenden allgemeinen Angaben (I (12)) wie die Apk vor einer Brieferöffnung (2 (13)) trägt. Dessen in der Übersicht unten wiedergegebener, vergleichsweise umfangreicher voller Text ist nur in der weniger wertvollen äthiopischen Überlieferung erhalten, aber im Duktus sicher ursprünglich 31 . Er weist - in einer formgeschichtlich weiter entwickelten Ausprägung - alle vier Formelemente von Apk 1,1-3 auf: a) Eingangs wird der Gehalt auf eine Offenbarung Jesu Christi zurückgeführt, doch verschiebt sich nun gegenüber der Apk das Gewicht auf die Offenbarungsform - die EpAp charakterisiert sich näher als von der Offenbarungsgottheit mitgeteilter Brief, also als Vertreterin der gerade gnostisch ab dem 2.Jh. beliebten Form des Himmelsbriefs 32 . b) Der folgende, im Kern finale Hinweis auf Adressaten und Inhalt (Wort des Evangeliums 33 ) ist als polemischer Aufruf an alle gegen die Pseudapostel gleichfalls neu akzentuiert. c) Die Angaben zur Ubermittlung an die Apostel und zu deren Tun differieren zwar in inhaltlichen Einzelzügen und darin, daß die Apostel durchgängiges Satzsubjekt sind, von Apk 1,1 f., laufen aber ansonsten formal dazu parallel. d) Die Eröff30 Dem Titel nach gehörten noch die Apokalypsen des Paulus (NHC V 2), Jakobus (erste Apokalypse; NHC V 3) und Petrus (NHC VII 3) hierher. Einen Überblick über diese und weitere in den Zusammenhang gehörende Schriften bieten Janssens; Krause, Gattungen und Fallon 126-147 (letztere mit Datierungen nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung). Sollte im Incipit des Ägypterevangeliums NHC 111 2, 12f. in der Textlücke von 12 WtOXQAU"PLI; zu ergänzen sein, was Schenke, Ägypter- Evangelium 196 für möglich hält, böte auch dieses ein hierher gehöriges Incipit. 31 Zur allgemeinen Charakteristik der EpAp s.o. unter 1.2.1.5 mit Anm. 72, zum Text von I (12) Duensing in Epistula Apostolorum 3 (vgl. Hornschuh 5), zu dessen ursprünglicher Zugehörigkeit zur EpAp Viel hauer, Geschichte 683f.; als Übersetzung wurde Duensing a.a.O. 5 herangezogen. 32 S. Hornschuh 5; vgl. o. die Einführung zu 1.2.1. 33 Daß es sich bei diesem nicht nur um bei den Adressaten vorausgesetzte Tradition handelt, wird aus dem Folgetext (c) deutlich, der sich auf seine Siederschrift in der EpAp bezieht.
Die einführende Kenntlichmachung der Apk 1,1-3
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nung der EpAp findet ihren Abschluß in einem knappen adressatenbezogenen Gnadenwunsch, der formal der Seligpreisung von Apk 1,3 korrespondiert. Das Incipit der EpAp führt also eindeutig die christlich erstmals in Apk 1,1-3 belegte Form fort, und zwar in einem scharfen antignostischen Impetus, der sie aber nicht daran hindert,ja umgekehrt vielleicht gerade dazu provoziert, in ihrer Gestaltung auf gnostisch beliebte Offenbarungsmotive zurückzugreifen, zu denen schon die sie tragende Behauptung einer Spezialoffenbarung Jesu Christi gehört 34 • Der formgeschichtliche Vergleich zeigt damit insgesamt folgendes Bild: Apk 1,1-3 ist im Kontext des gemeinantiken vortitularen Incipitbrauchs zu sehen, womit ein Autor seinem Werk rezeptionslenkende Kurzhinweise zu Abfassung und Inhalt voranstellt. Innerhalb dieses Rahmens gehört es zu den Eröffnungen von Offenbarungsschriften christlicher, christlichgnostischer und gnostischer Provenienz ab der ausgehenden neutestamentlichen Zeit. Diese bilden zwar keine in all ihren Elementen feste Form aus. Aber sie erhalten durch das gemeinsame Anliegen, ihren Gehalt nach dem TodJ esu auf diesen als Auferstandenen und Erhöhtennämlich als Christus (Apk; vgl. EpAp), Kyrios (Did), Heiland (Apokr Joh), Lebendigen (EvThom) - bzw. in analoger Weise auf eine andere gnostische Offenbarergestalt und über diese auf Gott zurückzuführen (ApkAdams), einen gemeinsamen Formcharakter. Es entsteht eine in ihren Elementen offene Form, die sich am ehesten als vortitulares Incipit von Offenbarungsschriften bezeichnen läßt 3s . Die Formbezeichnung ist schwierig, wenn - wie hier versucht - auf eine völlig neu entwickelte Namensgebung verzichtet wird: "Vortitular" darf nicht im Sinn von "dem Titel vorgestellt" mißverstanden werden, sondern bezieht sich auf den in manchem titelähnlichen Charakter der besprochenen Eröffnungen, der die immer wieder zu beobachtende Titulusbildung nach ihnen und aus ihnen heraus erst ermöglichte. "Incipit", ursprünglich Eröffnungsformel alter Handschriften, ist in seinem inzwischen allgemein abgeschliffenen Sinn gebraucht.
Konstitutiv für die Form ist neben der Rückführung des Textgehalts auf einen Offenbarer - vorherrschend J esus Christus - die Angabe des oder der Menschen, die den Gehalt - durch Niederschrift, Lehre oder Zeugnis - ursprünglich tradieren. Deren Namhaftmachung bestätigt und bestärkt die Richtigkeit und Gültigkeit des Gehalts, der näher umschrieben werden kann und in seinem Gewicht unterstrichen wird, wenn die Incipits in S. Viel hauer a.a.O. 687. Nicht alle zur frühchristlichen Offenbarungsliteratur zu rechnenden Schriften tragen dieses Incipit; namentlich fallen Herrn und die ApkPetr aus. Es handelt sich also um eine fakultative, keine notwendigt" Eröffnung von Offenbarungstexten. Sie strahlt aber auch in christlich adaptierte jüdische Texte aus - grBD' prooim. I belegt sie so in den Elementen a-c in rudimentär-sekundärer Ausprägung, doch mit einem klar ausgeprägten Element d (Segenswunsch). 34
3S
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
Vortitulare Incipits von christlichen und (christlich-)
Apk
Did
a) 'A1tOXaAU"'II.~ 'IT)oOÜ XQL 6 "EO~
ÖLÖaXTt xUQ'ou
b) ÖEt;aL toi~ ÖOUA.oL~ autOÜ cl ÖEi YEVEaaaL ht taXEL,
(toi~ lavEOlv)
ApokrJoh (NHC Ill) (Übersetzung Krause 17 )
Die Lehre und die Worte des Heilands,
(Geheimnisse)
c) xai tmlJA.aVEV WtO WtO autoü 'Iwavvn, ö~ lavEOlv tJA.aQtUQT)OEVtOVA.6yov tOÜ "EOÜ xai tytv lJ.aQtuQ'av 'IT)oOÜ XQL
tfJ~ JtQO
Und er ,j esus Christus, offenbarte diese Geheimnisse, die in einem Schweigen verborgen sind, und er lehrte sie den j ohannes, der es niederschrieb.
Die: e:inftihre:nde: Ke:nntlichmachung de:r Apk 1,1-3
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gnostischen Offenbarungsschriften (Übersicht) EvThom
EpAp
ApkAdams (NHC V 5)
(ergänzt mit Menard 19 )
(Übersetzung Duensing31 )
(Übersetzung Böhlig 22 )
OÖtOL o{ )'6yOL OL lm6xQlJ
().6yOL lm6XQlJ
xai EyQa
xai d1tEV Ö
WasJesus Christus seinenJüngern als einen Briefoffen bart hat und wieJesus Christus offenbart hat den Briefdes Kollegiums der Apostel, derjünger Jesu Christi,
Die Offenbarung,
den für alle (bestimmten), der wegen der Pseudapostel Simon und Kerinth geschrieben worden ist, damit niemand sich ihnen anschließe, weil in ihnen eine List ist, mit welcher sie die Menschen töten, aufdass ihr fest seid und nicht wankt, nicht erschüttert werdet und nicht abweicht vom Worte des Evangeliums, das ihr gehört habt. Wie wir (es) gehört, (im Gedächtnis) behalten und für alle Welt aufgeschrieben haben, so vertrauen wir (es) euch, ihr unsere Söhne und Töchter, in Freude an im N amen des Vaters, des Herrschers der Welt, und inJesus Christus. Die Gnade mehre sich über euch!
die Adam seinen Sohn Seth gelehrt hat im siebenhunderts ten Jahre
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
eine Seligpreisung, eine Verheißung oder einen Gnadenwunsch für die, die ihn richtig vernehmen und festhalten, auslaufen 36 • Die Incipits, nach denen die Textcorpora mit Rahmenhandlung, Logien oder Briefformular neu einsetzen, sind nicht an eine bestimmte Kommunikationsform gebunden, sondern vermögen ebenso etwa eine ausgesprochene Geheimschrift (das ApokrJoh) wie einen literarischen offenen Brief (die EpAp) einzuführen. Nicht schon ihr Vorhandensein als solches, sondern erst weitere spezifische Kriterien ermöglichen also eine Entscheidung über den kommunikativen Charakter eines Textes. So ergibt sich die Fingiertheit der Brieflichkeit im Falle der EpAp erst aus den dafür eigentümlichen Kriterien fingierter Verfasserschaft und nicht durchgehaltener Brieflichkeit37 , die sich für die Apk schon nicht mehr in gleicher Weise nachweisen lassen. Deren Incipit ist vielmehr sprachlich dem Stil antiker nichtfingierter Briefe adäquat, indem es, konsequent am Standpunkt seiner Rezipienten orientiert, die sie betreffenden Angaben V. 3 ins Präsens setzt, die den Gesamttext der Apk und das Tun des Johannes betreffenden Angaben Vv. 1f. dagegen in den (Brief-)Aorist 38 . Es kann daher durchaus die Eröffnung eines nichtfingierten Briefes sein.
2.1.2 Inhaltliche Schwerpunkte 2.1.2.1 Die Werkbezeichnung als OffenbarungJesu Christi und ihr religionsgeschichtlicher Ort Nach der vorgetragenen Analyse führt die Form ihres Incipits die Apk in ein eigentümliches Spannungsfeld der Offenbarungsliteratur zwischen Christentum und Gnosis. Wie ist hier ihr Ort näher zu bestimmen? Schon die eröffnende Bestimmung des Textgehalts in I, I verspricht mit ihrer Offenbarungsbegriffiichkeit dazu gewichtige Aufschlüsse. Erstmals und singulär in der Apk, also gezielt als umfassende Werk bezeichnung, erscheint dort das literarisch gerade erst zur Festlegung gelangende Nomen futOXW.lJ"'L~. Dieses ist klassisch-griechisch wie frühhellenistisch nicht geläufig und zur Bezeichnung göttlicher Manifestationen 36 Diese Ausprägung der Incipitschlüsse mag durch die synagogale und kirchliche Praxis gefördert worden sein, der Verlesung von Schriften eine Benediktion o. ä. voranzuschicken (vgl. Hartman, Form 134f.). 37 S. die Kriterienbildung o. unter 1.1, zur EpAp 1.2.1.5. 38 Als solchen verstehen denn auch z. B. Charles, Revelation I 7; Lohmeyer, Offenbarung 8 und sogar Müller, Offenbarung 68 zumindest den besonders auffälligen Aorist tJlaQtUQ'lOEV v. 2, der bemerkenswert vom Tempusgebrauch der gern verglichenen Eröffnung des IJoh (s. z. B. Kraft, Offenbarung 22) abweicht, die bei JlaQ'tUQOUJlEV Xl)... in 1,2 unbrieflich vom Perfekt ins Präsens übergeht.
Die einführende Kenntlichmachung der Apk 1,1-3
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ohne Belang39 . In der LXX findet es sich ganze dreimal (Sir 41 ,26 ist MO XaAU'PEll)~ zu lesen),jeweils in der Apk fremden Bedeutungen - in LXX 1 Reg 20,30 als Bezeichnung der weiblichen Scham, in Sir 11,27 für das Offenbarwerden der Taten eines Menschen beim Tod und in Sir 22,22 für das Verraten von Geheimnissen. Obwohl manches dafür spricht, daß in den letzten vorchristlichen Jahrhunderten das zugehörige Verb MoxaAU1ttELV im Sprachsubstrat unterer und mittlerer Bevölkerungsschichten zur Bezeichnung der Enthüllung von zwischenmenschlichen, schließlich auch religiösen Geheimnissen an Gewicht gewinnt, bleibt das Nomen nicht nur den jüdischen Historikern und Schriften wie den Test XII und JosAs ungeläufig 40 . Selbst in der zwischentestamentlichenjüdisch-apokalyptischen Literatur bleibt es singulär und ohne zur Apk parallele Bedeutung: In ~yrBar 76,1, wo es das einzige bisher nachgewiesene Mal (in syrischer Ubersetzung) vorkommt, dient es nicht zur umfassenden literarischen Bezeichnung eines Textes, sondern bezieht es sich nur auf die Einzelvision und ihre Deutung41 . Erst in der jüdischen Übersetzungsliteratur späterer Zeit gewinnt es allmählich an Gewicht42 . Das bedeutet aber, daß eine traditionsgeschichtliche Herleitung der Selbstbezeichnung der Apk als "Offenbarung" aus der jüdischen Apokalyptik und Schlußfolgerungen daraus auf ein Selbstverständnis der Apk in deren Linie verwehrt sind 43 • Vielmehr greift die Apk - zu dieser Schlußfolgerung zwingt die Zentrierung der ur- und frühchristlichen Belege um Paulus und die paulinische Tradition 44 - auf eine terminologische Prägung der von ihr bei ihren impliziten Adressaten vorausgesetzten paulinischen Tradition zurück. Sie knüpft dabei näherhin nicht an die im genitivus obiectivus gehaltenen Verbindungen von 1 Kor 1,7; Gal 1,12 (und 1 Petr 1,7.13), sondern an den Gebrauch des Nomens zur Bezeichnung einer Gnadenga-
S. Smith 9fT. im Gegenüber zu Oepke, xaAuntw 572f. S. Smith 12,13f. (dort auch die wenigen Belege für den Gebrauch des Verbs). 41 S. Lührmann, OfTenbarungsverständnis 40 und die Auseinandersetzung damit bei Stuhlmacher, Evangelium 76 Anm. 3 (S. 76f.). Der Bezug der OfTenbarungsvokabeln auf visionäre Erlebnisse und deren Deutung bestimmt im übrigen auch den Gebrauch in Herrn (s. Oepke a.a.O. 596). Die Apk spricht dafür von ö()a(JL~ (9,17)! 42 Noch Theodotion, der in seiner Dan-Übersetzung das Verb öfter neu einführt (u. a. 10,1), verzichtet dort auf das Nomen. Die Entwicklung skizziert (mit weiteren Belegen) Smith 19. Auf die sekundäre Übertragung der Bezeichnung "Apokalypse" auf syrBar und andere Texte war o. Exkurs I a) einzugehen. 43 Vgl. Schüßler Fiorenza, Apokalypsis 125. 44 'AnoxclA.u"lL~ findet sich außerhalb der unmittelbaren Paulustradition im NT nur noch Lk 2,32 und I Petr 1,7.13; 4,13, in Schriften also, die jedenfalls Berührungen zur Paulustradition haben. In der frühapostolischen Literatur mit u. a. den Ign, I Clem, Pol fehlt es außer dem gegenüber Apk I, I traditionellen Gebrauch in Herrn (s. o. Anm. 41; Belege in CPA 54) völlig! Auf christliche Apokalypsen findet es erst später Anwendung (s.o. Exkurs la). 39
40
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be an, die sie im genitivus subiectivus betont aufJesus Christus zurückführt 45 . Die Gnadengabe, Offenbarung zu haben und in ihr - im Unterschied zur Glossolalie verständlich - zu sprechen, bezeugt I Kor 14,6.26 für Paulus und für die korinthische Gemeinde. Später wünscht sie der Verfasser des Eph seinen kleinasiatischen Adressaten, wenn er in der Danksagung ausspricht, der Gott unseres Herrn J esus Christus möge ihnen den Geist der Weisheit und der Offenbarung geben, in denen man zu seiner Erkenntnis komme (1,17)46. An die dortige Vorstellung insbesondere klingt es an, wenn Johannes die ihm gezeigte Offenbarung Apk I, I auf Gott als den Geber zurückführt. Gewicht legt er aber auf die Mitteilung der Offenbarung durchJesus Christus. Mag dieser im Offenbarungsvorgang auch nicht die letzte Instanz sein - darin daß die Offenbarung ihm erst von Gott gegeben wird, ist ein subordinatianischer Zug unverkennbar -, er ist für Johannes die entscheidende Instanz und wird daher an erster und entscheidender Eingangsstelle vor Gott genannt.
Die Betonung der Urheberschaft Jesu Christi für die OffenbarungsGabe erhält ihre Tiefenschärfe, sobald beachtet wird, daß die Berufung auf Offenbarungen und damit die Offenbarungsterminologie in der Gnosis enormes Gewicht erhält 47 ,ja, daß auch dort WtOXUÄU'PL~ - unabhängig von der Apk - bereits früh eine Tendenz zum literarischen terminus technicus ausbildet. Zeitlich der Apk vielleicht am nächsten dokumentiert dies die ApkAdams - später kommen zumindest die "Apokalypsen" desjakobus (I und 11), Paulus und Petrus hinzu 48 -, die in ihrem Incipit nur die Stelle des genitivus subiectivus und damit der die Offenbarung an Adam gebenden Gestalt(en) offenläßt. In ihren - möglicherweise überarbeiteten - Schlußbemerkungen bietet sie ein Modell dafür, wie WtoxuÄu'PL~ gnostisch verstanden bzw. adaptiert wurde: als Gabe und Weitergabe
45 Nur ein Übersehen des Unterschieds im Genitivgebrauch kann zu einer unmittelbaren Interpretation der Apk-Wendung von den auf die Parusie bezogenen Stellen I Kor 1,7; I Petr 1,7.13 oder der das Leben des Paulus nach Gall, 12vgl.16 entscheidenden BerufungsOffenbarung Jesu Christi her fUhren, wo jeweils ein gen. obi. vorliegt (s. Schelkle, Petrusbriefe 36 mit Anm. I und Mußner, Galaterbrief 68). Schon daher ist Schüßler Fiorenzas Interpretation abzulehnen, fUr die Johannes hier unter Bezug auf Gal 1,12.16 "his own experience as a Christian prophetie experience similar to the call-experience of Paul" charakterisiert (a.a.O. 126). Sie vernachlässigt zudem, daß in Apk 1,1-3 die fUr die Berufungs-Interpretation von Gal 1,16 maßgeblichen Motive aus Gal 1,15 fehlen. 46 Vgl. zur Interpretation Schlier, Epheser 77-79. 47 Umfassende Belege lassen sich dem Nag-Hammadi-Register entnehmen (koptische Begriffe Nr. 274C und 453A; Ableitungen vom griechischen Stamm MOXaA\J1tt- S. 216). Besonders interessant erscheint ein Passus der titellosen Schrift NHC XI 2, der von der Offenbarung handelt (23,31-26,21 u. ö.); weiterhin s. z. B. Evangelium Veritatis NHC I 3, 17,2; 27,5; 30,25; 37,6. 48 Vom Incipit her auch die Drei Stelen des Seth (zu diesen Texten s. bereits o. unter 2.1.1 mit der Anm. 30 genannten Literatur).
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der verborgenen gnostischen Erkenntnis, die ihre Träger mit überweltlichen Instanzen verbindet. Der Text lautet (NHC V 5,85,19-31): "Dies sind die Offenbarungen (futoKQAmVLC;), die Adam dem Seth, seinem Sohn, offenbart hat und über die sein Sohn seinen Samen unterrichtet hat. Dies ist die verborgene (fut6KQUq>OV) Gnosis (YVW(JLC;) Adams, die er Seth gegeben hat, d. h. die (25) heilige Taufe derer, welche die ewige Gnosis kennen durch die Logosgeborenen und die unvergänglichen Phosteres, die hervorgegangen sind aus dem heiligen Samen Jesseus, [Maz]areus [, Jesse]dekeus, [ ... ], die heilig sind. "49
Von dieser Auffassung unterscheidet sich die Apk nicht nur im christlich ausschließlichen Bezug der Offenbarung auf J esus Christus. Vor allem negiert ihr Autor die Gleichsetzung von cbtoxaAU"JL~ mit verborgener Erkenntnis. Nie benützt er die Worte YVÖ>OL~ und l13t6xQU<po~, obwohl - oder gerade weil! - er das Erkennen (YLvwaxELv) der "Tiefen Satans" polemisch ablehnt (Apk 2,24), sondern er schließt 22,10 umgekehrt die Versiegelung der Apk nicht nur gegen Dan 12,4, sondern auch gegen das gnostische Geheimhaltungsmotiv demonstrativ aus (vgl. z. B. ApokrJoh NHC 11 1, 31,2&-32,1 und die Versiegelung der Himmelsbriefe OdSal 23,5-9; ActThom 111 = Perlenlied 49.54). Er ist also sicher kein früher Gnostiker, wozu ihn Gegner der Apk mit der Deutung seines Namens Johannes als Pseudonym Kerinths machten (s. bes. Euseb, h.e. VII 25,2; vgl. das Gaius-Referat 111 28,2). Aber die umgekehrte Interpretationsperspektive kann sich bewähren, wonach er sich in seinem Werkneben anderem - von (früh)gnostischen Tendenzen absetzt, die bei seinen Adressaten wirksam werden oder bereits wirksam sind. Er entkräftet dann deren esoterischer Erkenntnisvermittlung dienende Offenbarungen durch die Bezeugung einer autoritativ ihm zuteil gewordenen Offenbarung Jesu Christi, hinter der Gott selbst als der Offenbarungsgeber steht. Diese I nterpretationsperspektive fUhrt Ansätze der neueren Forschung fort, die auch ohne Detailanalysen von Apk 1,1-3 verstärkt auf gnostisierende Tendenzen bei den von der Apk bekämpften Gegnern aufmerksam macht und jüngst sogar die Apk selbst nicht mehr ganz gnosisfern sieht50 • Aufgrund des vorgelegten Befundes stellt sich weiter die gewichtige Rückfrage, ob nicht schon die Ausprä49 Übersetzung nach Böhlig in Koptisch-gnostische Apokalypsen 117. Die Identifikation der Gnosis mit der Taufe zeigt eine Spiritualisierung der Kulthandlung, vielleicht sogar einen antirituellen Akzent an (s. Beltz, Adam-Apokalypse 197). Eine neu("re Untersuchung zum Offenbarungsverständnis der gnostischen Strömungen fehlt. Die bislang m. W. einzige Monographie zum Thema legte Liechtenhan 1901 vor. Nach ihm ist Offenbarung eine zentrale Kategorie zum Erfassen der Gnosis, da die Gnostiker sich gerade in den wichtigsten Fragen auf Offenbarung(en) berufen (Ergebnis 162-164). Diese Auffassung dürfte durch die neuen Texte eine vertiefte Absicherung erfahren. 50 S. rür die Gegnerfrage Schüßler Fiorenza, Apocalyptic passim; Prigent, L'h~r~sie bes.
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gung des Offenbarungscharismas im Umkreis der paulinischen Gemeinden vor der Abfassung der Apk im Spannungsfeld aufkommender gnostischer Tendenzen zu sehen ist. Ist eine endgültige Entscheidung aufgrund des gegenwärtigen Forschungsstandes 51 auch nicht möglich, so ist doch auffällig, daß Paulus das Charisma gerade für Korinth bezeugt (I Kor 14,26), wo ein Wirksam werden der frühen Gnosis besonders wahrscheinlich ist, daß ferner WtOX6.A\J'PL~ im Eph (1,17) gerade mit ao
2.1.2.2 Die Standpunktbestimmung des Apk-Autors in seiner spezifischen Aufnahme alttestamentlicher Traditionen Bildet die Absetzung von der Gnosis einen wichtigen Interpretationshorizont für die Apk, so ist es von besonderem Belang, wie deren Autor demgegenüber seinen eigenen Standpunkt bestimmt. Erste Hinweise daraufkann die Eigenart seiner Bezugnahme auf die alttestamentlichen Traditionen von Am 3,7 und Dan 2,28f.45 im Incipit geben. Am 3,7 (LXX) ist ein in das Amosbuch nachträglich eingeschobener deuteronomistischer Lehrsatz, der Gott bindet: Alles, was er tue, offenbare er zuvor seinen Knechten, den Propheten, die es so als Warner verkündigen können, "um noch eine Umkehr möglich zu machen."51 Die beiden Dan-Stellen stehen am Beginn und Ende der Rede 2,27-45, in der Daniel die Standbildvision Nebukadnezzars deutet. Sie stellen heraus, daß Weise, Wahrsager usw. das Geheimnis nicht enthüllen können, nach dem der König frage (2,27). Aber es sei ein Gott im Himmel, der Geheimnisse enthülle (erst e setzt dafür WtOXOAUTt"tOOV). Er lasse den König wissen, was geschehen müsse (ä ÖEi YEVEaitm) in den letzten Tagen (LXX, 9 2,28) bzw. nach diesem (9 2,45.vg1.29).
8fT. und ders., L'Apocalypse 374f. Barrett, Gnosis sucht über die Gegnerfrage (zu dieser 127-129) hinaus positive Bezüge der Apk zur Gnosis (12~135). Seinem Ergebnis - "it would not be wrong to say that it [= Rev] contained the tTUe gnosis" (135) - ist von der oben vorgeschlagenen Interpretationsperspektive her nur zuzustimmen, sofern über Barrett hinaus beachtet wird, daß die "tTUe gnosis" der Apk ihre Adressaten nach dem Willen des Apk-Autors gerade von der Gnosis wegführen soll. 51 So fehlt eine befriedigende Erörterung der OfTenbarungsäußerungen in Korinth etwa den beiden - sehr verschiedenen (vgl. Dautzenberg, Zur urchristlichen Prophetie passim) größeren deutschen Arbeiten zur urchristlichen Prophetie gleichermaßen: U. B. Müller, Prophetie zielt zur ETUierung der Lage in Korinth nur auf die Linie zur hellenistischen und jüdisch-hellenistischen Prophetenvorstellung ab (31-37), Dautzenberg, Urchristliche Prophetie dagegen nur auf die jüdisch-apokalyptischen Wurzeln des dortigen Charakters der Prophetie (so geh t er auch 217fT. auf keine gnos tischen Belege der OfTen baru ngsvors tell ung ein). 52 W.H. Schmidt 185fT. (Zitat 187); WolfT, Dodekapropheton 2,225f.
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Die wörtlichen Anklänge von Apk 1,1 an Am 3,7 wie an Dan 2,28f.45 sind gering. Das ist insofern auffällig, als aufbeide Stellen im Fortgang der Apk noch einmal und genauer Bezug genommen wird: In 10,7 erscheint die 1,1 fehlende Ergänzung :JtQO. Die Abweichungen gegenüber den Vorstellungen von Am 3,7 und Dan 2,28 f. 45 in Apk I, I sind demnach nicht zufällig, sondern für die Aussageintention des Apk-Autors genauso bezeichnend wie der Rückgriff auf die alttestamentlichen Stellen als solcher. a) Die Anspielung auf Am 3,7 übernimmt von dort lediglich den Gedanken, daß Gott die von ihm bestimmten Ereignisse zuvor seinen Knechten enthülle. Dabei hält der Apk-Autor die Satzkonstruktion so offen, daß ebenso von KnechtenJ esu Christi wie Gottes die Rede sein kann s3 . Beides aber dient frühchristlich - in der paulinischen Tradition wie der Apk - zur allgemeinen Benennung der Christen s4, so daß sich eine Entschränkung der in Am 3,7 vorgestellten Empfänger der Offenbarung Gottes auf alle Christen - in den Adressatengemeinden der Apk und darüber hinaus ergibt Ss . Die Einftihrung der Person des J ohannes wird dem nachgestellt und bis zur Knechts-Bezeichnung parallelisiertS6 , charakterisiert diesen also als seinen Adressaten in der Knechtschaft Gottes bzw. Jesu Christi verbundenen exemplarischen Offenbarungsempfänger, ohne ihm einen besonderen Prophetenstatus zu geben. Auch wenn er das von ihm geschriebene Werk dem Inhalt nach als :JtQO
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Wahrheit des Textes. Die nächste neutestamentliche Parallele ist Joh 21,24, wo der Lieblingsjünger Jesu als Bürge für den Inhalt desJoh in Anspruch genommen wird; aber auch in IJoh 1,2 klingt die Vorstellung an 60 • Ihr Traditionshintergrund ist in der jüdisch-zwischentestamentlichen Literatur zu suchen, die das Verständnis eines Textes selbst als Zeugnis belegt - so für den Baruchbrief in syrBar 84,7 - und äthHen 81,6 und Jub 4,18.19 das Niederschreiben der zu vermittelnden Inhalte durch einen Menschen (Henoch) und dessen ZeugnisAblegen gegenüber Menschen miteinander verbindet. Die Tradition reicht in die Gnosis hinein weiter, wie aus Pistis Sophia 71 (Kap. 43) mit dem Zeugen-Motiv nach Dtn 19,15 hervorgeht.
Die Modifikation gegenüber Am 3,7 ist also erheblich: Der Apk-Autor antwortet auf das Eindringen gnostischer Tendenzen in die von ihm als Empfänger gedachten Gemeinden nicht mit der Inanspruchnahme der besonderen Warner-Autorität eines der Gemeinde gegenübertretenden Propheten im Sinne des angespielten Textes, sondern als exemplarischer Empfänger und Zeuge der prinzipiell allen Christen gleichermaßen zugedachten OffenbarungJesu Christi. Seine Zurückhaltung gegenüber dem Titel eines Propheten - er vermeidet ihn bekanntlich ganz und greift auch auf das zugehörige Verb 1tQO
Die einführende Kenntlichmaehung der Apk 1,1-3
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geschehen muß (Apk 1,1). Dem korrespondiert die abschließende Begründung in 1,3, der eschatologische Zeitpunkt sei (auch räumlich) nahe (EyyUc;) 63. Beide Male setzt er also in eigener Akzentuierung primär lokale, nicht temporale Termini ein. So liegt an unserer Stelle nicht nurwie in der Forschung gern vertreten 64 - die Neuformulierung einer mit der jüdischen Apokalyptik der Sache nach geteilten, christlich zur BaldigstErwartung zugespitzten, temporalen Naherwartung vor. Vielmehr beg.innt schon hier die sprachliche - und zugleich religionsgeschichtliche Offnung der Apk für eine Erwartung der Nähe Christi und des Eschatons im wörtlichen Sinn, für räumlich-eschatologische Vorstellungen also, wie sie sich etwa im analysierten Kommensmotiv der Sendschreiben fortsetzen und gerade den impliziten hellenistischen Lesern/Hörern der Apk naheliegen müssen 6S . Der Apk-Autor bleibt freilich bei deren räumlichem Denken nicht stehen, sondern bringt - hier implizit, später explizit - temporale Akzente ein. \Vie ihm nämlich in den Sendschreiben das endparusiale Kommen Jesu besonders wichtig ist, so wählt er schon an unserer Stelle mit EVtaXEL und EyyUC; Ausdrücke, die leicht in ein zeitliches Verständnis weitergeführt werden können. Dorthin aber lenkt er seine Adressaten, wenn er in der Neuaufnahme der Anspielung auf Dan 2,29.45 an der Nahtstelle von 4, I für sie neu wie e von dem spricht, was zeitlich danach geschehen soll. Ein den Apk-Autor von seinen Adressaten theologisch abhebender Bezug zur jüdischen Apokalyptik tritt hervor, den weitere Indizien erhärten: Die Offenbarung J esu Christi hat den Verben des Zeigens und Sehens in I, I f. nach Visionscharakter; durch eine Himmelsvision aber werden die jüdisch-apokalyptischen Werke geprägt. Der Engel Gottes bzw. J esu Christi, der die Offenbarung an Johannes vermittelt, findet im dortigen Deuteengel seine Entsprechung, und das göttliche Muß, das nach 1,1 das
tax"
ne Bedeutung vorliegen sieht. Doch beachte man, daß auch in der Apk nur in Verbindung mit dem lokalen Verb fQXEO'6aL erscheint (2,16; 3,11; 11,14; 22,7.12.20) und dem Apk-Autor rur eine eindeutig temporale Bestimmung die Wendungen Ei,.Dtw; und ~lXQOV XQovov zur Verftigung gestanden hätten (vgl. 4,2; 6,11; 20,3 und noch 10,6 und 2,21). I, I darf also nicht vorschnell temporal interpretiert werden. 63 Zu xaLQ6; s. H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 66 und Pesch, Offenbarung 28, zur Wortgruppe tyyU; XtÄ.. Preisker, tyyU; bes. 329f. 6<4 S. z. B. Pesch a.a.O. 19f. und H. W. Günther a.a.O. 61 fT. 65 Vgl. o. unter 1.2.2.2b). Neuerdings wird sogar die angebliche Parallelität des Adverbs "schnell" Apk 1,1; 2,16 usw. zu der "schnell, schnell"-Schlußwendung der ägyptischen Zauberpapyri betont (Aune, Magic 1555), die die Apk noch viel tiefer im Hellenismus (und seinen magischen Praktiken) verankern würde. Aber vor solchen Überinterpretationen ist zu warnen: Das Adverb ist in der Apk anders als in den Belegen der PGrM und bei Wortmann 64 u.ö. nirgends magische Herbeirufung einer Zauberwirkung, entsprechend auch nie gedoppelt und als Schlußwendung gebraucht.
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eilends zu Geschehende bestimmt, läßt an den dortigen Determinismus denken 66 . So gewiß daher an der persönlichen Verbundenheit des Apk-Autors mit der jüdisch-apokalyptischen Tradition nicht zu zweifeln ist, bleibt doch weiterhin die Kommunikabilität der von ihm aufgenommenen Fragestellungen und Motive apokalyptischer Tradition auch in eine nichtjüdische hellenistische Umwelt zu beachten: Deren - mit deterministischen Vorstellungen verbundenes 67 - Interesse am Vorherwissen der Zukunft bezeugen schon die Orakelstätten, in Kleinasien besonders Didyma und das etwas später zur Blüte kommende Klaros; es steigerte sich zum 2.Jh. n. ehr., in dem sich (nach Lukian, Alexander 8) sogar ein Falschorakel errichten ließ. Was die Visions hinweise angeht, ist das Sehen griechisch allgemein hochgeschätzt, OELKV'UVQL dort für das Sehenlassen von Visionen, OTJJ.lQLVELV sogar als ausgesprochener Terminus der Orakelsprache belegt68 . Schließlich sind hellenistisch irdische wie himmlische ÜnEAQL vorstellbar, in deren Kontext sich die Vorstellung des Offenbarungs- und Deuteengels von Apk 1,1 kommunizieren läßt, so gewiß sie ungriechischer Herkunft und daher das sicherste Indiz für die Verankerung des ApkAu tors in jüdisch-apokalyptischen Traditionen ist69 . c) Wie in der Aufnahme von Am 3,7 beobachtet, schlägt im Umgang des Apk-Autors mit der alttestamentlich-jüdischen Tradition ein entschieden christlicher Impetus durch. Dem entspricht es, daß er sein Werk 66 Zum Bereich der Himmelsvision s. Collins, Pseudonymity 329 und Pesch a.a.O. 18,24, zum Angelus interpres Schäfer, Rivalität 10-18, zum Determinismus Collins a.a.O. 339. Die Behauptung der Offenbarungsmitteilung durch den Engel Gottes bzw .Jesu Christi in Apk I, I bereitet übrigens Schwierigkeiten, wenn man mit Bousset, Offenbarung 182 einen solchen Engel im Fortgang der Apk erst 1O,lff. eine vorübergehende und ab 17 eine gewichtigere Rolle spielen sieht, ihn aber bis dahin vermißt (so in neuerer Zeit auch z. B. Pesch a.a.O. 21 und Prigent, L'Apocalypse 25). Diese Auffassung beruht jedoch aufeiner Identifizierung der Stimme von 1,10 mit der des Menschensohnes (s. Bousset a.a.O. 193), die nicht haltbar ist: Die Posaunenstimme wird 4,1 als erste Stimme von der des Menschensohnähnlichen unterschieden, die 1,15 anders der Stimme vieler Wasser verglichen wird. Mit Hadorn 25 und Lohmeyer, Offenbarung 15 (vgl. z. B. Mantel 61 und Cerfaux/Cambier 20) ist die Stimme von 1,10 (und 4,1!) also als die eines Engels aufzufassen, der sich mit dem offenbarungsübermittelnden Engel von I, I identifizieren läßt. Dann aber trägt die dortige Konzeption, daß der Engel Gottes bzw. J esu Christi Johannes die Offenbarung zeige, auch die Durchführung der Apk vom Beginn bis zum Ende ihres Visionscorpus, ohne für die Einzelgesichte nochje gesondert eingeführt werden zu müssen. 67 S. etwa Grundmann, ÖEL 22 und Berger, Frage 75 mit Anm. 36 (Lit.). 68 S. Michaelis, 6QQW 319-324; Schlier, ÖEiXVUl'L 29 und Rengstorf, OTJI'EIov 261. 69 Zum griechischen Kontext s. Grundmann in ders. u. a., ö:yydoS 73 f. sowie Michl, Engel 54f. Vielleicht durch jüdisch-apokalyptische Traditionen beeinflußt, findet sich übrigens auch zur Gnosis hin die Vorstellung Engelartiger (ayydLx6s), die Worte des Gottes der Aionen bringen (ApkAdams NHC V 5, 85,3-7), lassen sich dort dann weitere Parallelen zum Offenbarungs- und Deuteengel beibringen (Belege bei Szab6148f.).
Die einfUhrende Kenntlichmachung der Apk 1,1-3
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nicht nur in der Eingangsbezeichnung auf eine Offenbarung Jesu Christi zurückführt, sondern dies 1,2 durch den Verweis auf das ihm vorgegebene (christusbezogene) Wort Gottes und Zeugnis Jesu Christi verstärkt. Die Apk wird den Logos Gottes in ihrem Fortgang sogar direkt mit Jesus Christus identifizieren (19,13). Dessen Zeugnis ist wegen des Nomen actionis !J.aQwQLa genauer als Bezeugungshandlung zu verstehen 70, also als vom ApkAutor christlich vorausgesetzte Gegebenheit, daßJesus Christus sich auch durch seinen Tod hindurch bezeugt - so in der ihm teilgewordenen Offenbarung 71 . Die weitergehende Charakterisierung der Apk in 1,3 als 1tQoq>TJ"tELa (wieder mit einem Nomen actionis!) - also zunächst als Verkündigungs-/Weissagungshandeln und erst davon abgeleitet als inhaltliche und schriftlich niedergelegte Prophetie - ist konsequent an die Bezeugungshandlul,l~ J esu gebunden; wie 19,10 expliziert, ist diese der in der "Prophetie" wirksame Geist 72 •
Jesus Christus trägt also als der selbst sich darin Bezeugende die von Johannes erfahrene und seinerseits in vollem persönlichem Eintreten bezeugte Offenbarung. Die Apk kann daher nicht bei einer subordinatianischen Christologie stehenbleiben, wie sie in der Formulierung des Relativsa tzes 1,1 anklingt, sondern koordiniert J esus Chris tus und Gott sofort - die doppelte Beziehbarkeit des zeigenden Subjekts in V. 1 ist ebenso gezielt wie die Beiordnung des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu Christi V. 2 -, ja identifiziert sie im Fortgang tendenzie1l 73 • So ergibt sich für Apk 1, I f. insgesamt ein bemerkenswertes Syndrom von christlichen Impulsen, persönlicher Verwurzelung des Autors in alttestamentlichjüdischen Traditionen und Ausrichtung der Kommunikation an Adressaten hellenistischer Prägung. Die Zuordnung der Apk zur christlichen Offenbarungsliteratur als briefliches Werk beginnt sich in ihren Koordi70 Vgl. zur Wortbildung Strathmann, J.l
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
naten von Position des Autors und Position der (impliziten) Adressaten zu füllen.
2.1.2.3 Der Rezeptionshinweis im Makarismus Das Incipit läuft in einen Makarismus aus. Wie die übrigen Makarismen der Apk ist er in der dritten Person gehalten und spricht auf diese Weise zwar nicht ausdrücklich, doch indirekt unabweisbar die Adressaten der Apk an. Im Rahmen der Abschlußsätze der Incipits frühchristlicher und christlich-gnostischer Offenbarungsliteratur setzt er schon durch die Wahl seiner - übrigens griechisch-hellenistisch ebenso wie alttestamentlich-jüdisch und gnostisch vertrauten - Form 74 einen Akzent: Im Nachsatz eschatologisch motiviert, verbindet er die Zusage des Seligseins mit einem dieses bedingenden Anspruch, der darauf zielt, das im Lesen und Hören erfolgende Vernehmen des Gehalts der (prophetischen) Verkündigung der Apk und weitergehend das Festhalten daran zu erreichen 75. Das Motiv des tTlQELV ist syntaktisch gesondert und dadurch hervorgehoben; es erscheint im korrespondierenden Makarismus 22,7 gar alleine, so daß in ihm ein besonderes Anliegen des Apk-Autors vorliegen muß. Er gebraucht dieses Verb von der Grundbedeutung "achtgeben, bewachen" aus und setzt es daher 16,15 - unübertragen, wenn auch in metaphorischem Zusammenhang - für das schützende Bewachen von Gewändern ein 76. Übertragen meint er mit ihm ein Festhalten, das sich gegenüber alternativen Möglichkeiten bewährt: ein Festhalten am WortJesu - nach 3,8 ausdrücklich gegenüber der Möglichkeit, seinen Namen zu verleugnen (vgl. sachlich 3,lOa); ein Festhalten ferner an den von Jesus vollbrachten (Heils-)Werken (2,26)77, am Empfangenen 74 Zur Form (in der eine indikativische Hilfsverbform zu ergänzen ist) s. allg. Strecker, I1 139,143. 77 Gegen die Werke der Isebel (2,22). Es ist nicht nötig, über den Text hinauszugehen und die Werke Jesu auf die von Jesus vorgelegten, verordneten und daher von den Gläubigen zu vollziehenden bzw. zu haltenden Werke hin zu interpretieren (so Hadorn 55) oder tT)QELV tel fQYa j.Wu als "eine kühne, johanneisch gefärbte Kombination aus tT)QELV tel; MOAa; j.Wu und nOLELv tel fQYa j.Wu" aufzulösen (so Lohmeyer a.a.O. 29, dem etwa Riesenfeld a.a.O. 145 folgt; vgl. auch Kraft a.a.O. 71). Da fQyov mit einem genitivischen Pronomen oder personalen Nomen in Apk 2,2.6.19.23; 3,1.2.8.15; 14,13; 16,11; 18,6; 20,12.13; 22,12; vgl. 9,20 unbestreitbar das von der bezeichneten (Kollektiv-) Person vollzogene Werk meint und entsprechend 15,3 auch Gott rur die von ihm vollzogenen großen und
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und Gehörten (3,3), an den Geboten Gottes und dem Glauben an Jesus (14,12; vgl. 12,17). Ein Akzent des Schützens tritt hinzu, wenn 3,10 die Zusage der Bewahrung vor der Stunde der Prüfung enthält.
Nach diesem begrifflichen Befund ist tTlQELV an unserer und den verwandten Stellen (22,7.9) spezifischer zu verstehen denn nur als "Gesamtbezeichnung für ,gläubiges Verhalten'''78: Es geht darum, die Worte der Prophetie, die in der Apk niedergeschrieben sind, in ihrem Gehalt "gläubig zu bewahren und vor Fälschung zu hüten"79; man beachte, daß 22,18f. nicht weit nach den zu 1,3 korrespondierenden Ausführungen in 22,7.9 eine außerordentlich harte Warnung vor Änderungen am Text der Apk erfolgt. Das heißt aber, daß der Apk-Autor mit der Möglichkeit rechnete, daß sein Werk bei seinen Adressaten nicht nur sichere Anerkennung, sondern auch Widerspruch und gegebenenfalls Verftilschungen erfahren könnte. Der Kreis schließt sich zu den antignostischen Implikationen seiner Berufung auf eine voll mächtige OffenbarungJesu Christi in 1,1 - die Situierung der Apk in einem konkreten SpannungsfeId zwischen Christentum und Gnosis gewinnt an Wahrscheinlichkeit. Dieses Spannungsfeld wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, welchen Anspruch der Vermittlung von Erlösung gnostisch-hermetische Texte sogar im zu Apk 1,3 analogen Makarismus erheben können 80 , daß weiter auch sie die strenge Einschärfung kennen, den Gehalt eines Textes gegenüber Alternativmöglichkeiten festzuhalten. Die titellose Schrift NHC VI 6 aus wohl dem 2.Jh. n. Chr. 81 geht daftir bis zu einem ftir oder auf das Buch zu schreibenden Eid - 62,22 f. bietet beide Übersetzungsmöglichkeiten -, der den Leser bei Himmel, Erde, Feuer, Wasser, Seinsherrschern, Geist, Gott usw. beschwört, das von Hermes (dem Offenbarer) Gesagte zu halten (63,16-24). Dem, der diesen Eid hält, wird die Aussöhnung Gottes zugesagt, dem Eidesbrecher aber der Zorn aller (63,25-30). So gewiß diese Stelle keinen Makarismus wie Apk 1,3 bietet, so verwandt ist das Sachanliegen, das freilich aus verschiedenen Lagern - in der Apk geradezu antihermetisch! - geäußert wird.
Keineswegs muß sich das Anliegen der Apk freilich im antignostischen Impetus erschöpfen. Laut Dio Cassius LXII 20.5 wird auch Nero bei seiner Rückkehr aus Griechenland mi t einem (Sei bs t-) Makarismus seiner Hörer begrüßt: LEQcl
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2.1.3 Ergebnis Apk 1,1-3 ist ein vortitulares Incipit, wie es bei Werken der frühchristlichen, christlich-gnostischen und gnostischen Offenbarungsliteratur als eine in den Einzelelementen offene Form anzutreffen ist und sich mit dem von der Apk beanspruchten brieflichen Textcharakter voll vereinbaren läßt. Der Apk-Autor charakterisiert sein Werk in ihm als entschieden christliche Schrift, in der er ihm besonders wichtige Gehalte und Motive alttestamentlich-j üdischer Tradition im impliziten Dialog mit Adressaten einbringt, die seiner Ansicht nach wesentlich nichtjüdisch-hellenistisch geprägt sind und so etwa eschatologisch zunächst räumlich, nicht zeitlich denken. Er sieht die christliche Substanz bei ihnen - soweit ist das als Perspektive bislang feststell bar - vielleicht durch Ansprüche einer Kaiserverehrung,jedenfalls unter anderem auch durch gnostische Tendenzen bedrängt und gefährdet und wendet sich dagegen mit seinem personalen Zeugnis für eine allen etwaig konkurrierenden Offenbarungen überlegene Offenbarung Jesu Christi. Freilich vermeidet er - anders als das Incipit der EpAp - alle Polemik, zeigt also eher das Anliegen einer Darlegung des nach dem Wort Gottes und dem Zeugnis Jesu Christi Richtigen als das einer überspitzt verwerfenden Auseinandersetzung mit den angenommenen Gegnern.
2.2 Die Brieferöffnung Apk 1,4-8 mit ihren soteriologischen, christologischen und eschatologischen Leitlinien Die auf dieses Incipit folgende dialogische Eröffnung der Apk als Brief beginnt 1,4 mit dem Briefformular und ist nach hinten durch den Beginn einer neuen, zunächst erzählenden Einheit in 1,9 abgegrenzt. Namentlich in den Vv. 5 b-6. 7.8 theologisch und kommunikativ dicht gefüH t, läßt sie weitere wichtige Aufschlüsse über das theologische Anliegen des ApkAutors und die dabei vorausgesetzte Briefsituation erwarten. Obwohl sie ihrer Bedeutung gemäß auf reges Forschungsinteresse stieß, konnte sich bislang noch keine Gesamtinterpretation durchsetzen. Lediglich zur Textkritik, Gliederung und formalen Bestimmung der einzelnen Textglieder bildete sich ein Konsens heraus, auf den hier zurückgegriffen werden kann 1 . 1 Auch die bislang umfassendste Untersuchung- Schüßler Fiorenza, Priester 70fT., 16S262 - blieb nicht ohne Widerspruch (s. Feuillet, chn:tiens passim). Was die Textgestalt angeht, sind nicht nur die zahlreichen geringfügigen (dazu s. A110 4-7), sondern auch die
Die BrieferötTnung Apk 1,4-8
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2.2.1 Der Textzusammenhang und das TextgeJälle Der Abschnitt setzt sich aus vier verschiedenen Teilen zusammen. Ihn eröffnet das bereits besprochene 2 Briefpräskript (1,4-5 a), mit dem die Christusdoxologie 1,5 b--6 eng zusammenhängt. 1,7 folgt die am ehesten als Prophetenspruch zu bezeichnende3 Ansage des eschatologischen Kommens einer Person, bei der es sich aufgrund des Anschlusses an den vorangehenden Text umJesus Christus handelt. 1,8 schließt die Sequenz mit einer Selbstprädikation Gottes, der sich nicht nur in seinem Charakter qualifiziert, sondern auch in einem wesentlichen Attribut - als der Kommende - mitJesus Christus identifiziert 4 • Zwei größere Teile kristallisieren sich also heraus, die dem Briefformular unmittelbar verpflichteten Vv. 4-6 und die darüber in prophetischer Ansage und Selbstprädizierung Gottes hinausweisenden Vv. 7-8. Schüßler Fiorenza erarbeitete den theologischen Zusammenhang des Textes, wie er sich ihr in der redaktionellen Bearbeitung vielfältigen Materials durch den Apk-Autor ergab: Dieser lege in Briefpräskript und Doxologie besonderes Gewicht auf die Würde- und Tatprädikationen J esu Christi, verweise anschließend in 1,7 "mit einer aus der urchristlichen Tradition stammenden Parusieansage auf das Hauptthema der Apk" und umschließe diese christologische Thematik mit einer Aussage über Gott in Salutatio und Gotteswort (1,4 und 8)5. Daran ist anzuknüpfen 6 • Doch erlauben die direkt oder indirekt rezeptionslenkenden Textelemente - die Anrede der Leser im UJ.1Ei:~ und in der Aufforderung ioou, ihr Einbezug im T)J.1Ei~ und die Textgliederung durch (vaL,) clJ.1TJV - eine noch gewichtigeren Varianten zum Obertext von Nestle-Aland 26 abzuweisen: AoUOavtL V. 5 b, das die dortige Aussage ausdrücklich auf die Taufe bezieht (s. Schüßler Fiorenza a.a.O. 218f.), ist zu schwach bezeugt. Die Varianten zu j.\aoLAELav lEQEL~ V. 6a versuchen diese schwierige Verbindung zu erklären, an LXX oder I Petr 2,9 anzugleichen, oder ihren appositionellen Charakter aufzulösen und das Abstraktum j.\aoLAda an das Konkretum lEQEL~ anzupassen (s. a.a.O. 72). Die Einfügung ciQXTJ xai. ttA.o~ in V. 8 gleicht an 21,6 und 22,13 an. 2 S.o. unter 1.2.2.2. 3 Vgl. Hartman, Form 137; Schüßler Fiorenza a.a.O. 185; Prigent, L'Apocalypse 19; Müller, Offenbarung 76. 4 Es liegt also - nach der Terminologie von BuItmann,johannes 167 - gegen Hartman a.a.O. 139 weniger eine Qualifikations- als eine Identifikationsformel vor. Dieser Zusammenhang der Vv. 7 f. verbietet es, in V.8 ohne Anhalt an der Textüberlieferung eine Interpolation zu sehen (gegen Charles, Revelation 11 238; vgl. die Kritik bei Reader 304 Anm.77). 5 Schüßler Fiorenza a.a.O. 211 f., Zitat 212. 6 Gegen literarkritische Operationen am Text wie diejenigen Charles' (s. Anm. 4), der a.a.O. 237 auch noch das zweite Glied der Salutatio als Glosse eliminiert, wie gegen liturgische Aufgliederungen des Textes, die bereits o. unter 0.2.2 (zu Vanni und Prigent) abzuweisen waren.
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
präzisere Bestimmung des Konnexes. Sie bestätigen nicht allein den Einschnitt nach der Doxologie in V. 6 - das Amen markiert wie 7,12 nach der Ewigkeitsformel einen Abschluß - und den Zusammenhang der Vv. 7-8, zwischen denen das vollrnächtig bestätigende vaL, ä~"'v überleitet', sondern zeigen vor allem das leserführende Gefälle des Textes: Im Briefpräskript 1,4-5 a tretenJohannes und die Adressaten der Apk einander als zwei verschiedene Größen gegenüber, die Kontakt miteinander aufnehmen; die Adressaten erscheinen daher in der 2. Person. In der Doxologie schließtJohannes sich mit ihnen zusammen - das grundlegende HeilshandelnJesu Christi verbindet betont bis ins drei- bzw. vierfache "uns"8. Doch schon V. 7 tritt diese Gemeinsamkeit wieder auseinander, nun zugunsten eines durch töou hervorgehobenen Hinweises für die Rezipienten: Sie sollen Jesus Christus mit den Wolken kommen sehen usw. Dafür tritt V. 8 bekräftigend Gott selbst ein, der das ,Ja, Amen" dazu spricht usw. Das so sich ergebende Gefälle vom programmatischen Zusammen schluß des Apk-Autors mit seinen Adressaten zu deren Weiterführung mit Hilfe eines von Gott autorisierten prophetischen Spruches ist nun als der Kern des impliziten Dialogs von 1,4-8 näher zu erarbeiten.
2.2.2 Die dem Apk-Autor und seinen Adressaten gemeinsame christologisch-soteriologische Grundlage nach 1,5b-6a 2.2.2.1 Traditionsgeschichtliche Vorfragen Für die Deutung der Doxologie Apk 1,5 b-6 als Fundament des impliziten Dialogs des Apk-Autors mit seinen Adressaten ist die traditionsgeschichtliche Vorklärung wichtig: Hat der Apk-Autor die Kernformulierungen des Textes aus einem Taufhymnus oder Taufbekenntnis übernommen, dessen "Wir" er damit zur Basis seiner Adressatenbeziehung macht? Die in diese Richtung gehenden Forschungsthesen sind kritisch zu überprüfen. Am weitestgehenden behauptet von der Osten-Sacken die Vorlage eines bekenntnisartigen Stücks urchristlicher Tauftradition für 1,5 b-6. Er sieht alle 7 Außer in den Doxologien von 1,6 und 7,12 dient das Amen in der Apk als Übergangsformel: 5,14 responsorisch; 7,12 (erstes Vorkommen), 19,4 und 22,20 im Anschluß an das Vorangehende zum Folgenden hinleitend (vgl.Jörns 85-88). 1,7 verbindet das Amen mit seiner griechischen Übersetzung im vaL, das in der Apk (14,13; 16,7; 22,20) zur bekräftigenden Einleitung einer Rede dient. Demnach bekräftigt Gott hier in der Eröffnung seiner Rede von V. 8 die Kommensansage von V. 7 (die gegen Bousset, Offenbarung 189 also selber noch keine Gottesrede darstellt). 8 Alle übrigen Wir-Aussagen der Apk bleiben innerhalb der Welt im Text (Stellen s. VKGNT 1 498,502)! (Die Einftigungen in 11,8 und 22,21 sindjeweils zu schwach bezeugt, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden.)
Die Brieferöffnung Apk 1,4-8
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Glieder dieses Abschnitts als vom Apk-Autor übernommen an, der wahrscheinlich lediglich das Tempus des ersten Gliedes (ltYWtoovn) vom Aorist ins Präsens geändert habe 9 . Schüßler Fiorenza, die daran anknüpft, ist insofern vorsichtiger, als sie es zwar rur möglich hält, daß 5 b (bei ihr öfter als 5 c bezeichnet) und 6 insgesamt ein urchristlicher hymnischer Lobpreis waren, aber für ihre weitere Untersuchung nur von 51r6a als demJohannes überkommenem Taufbekenntnis ausgeht, von dem sie 6 b als ursprünglich selbständige Doxologie ablöst. Dieses habe im Partizipialstil die drei TatprädikationenJesu Christi umfaßt und sei im Aorist gehalten gewesen. Die damit nicht übereinstimmende präsentische Formulierung des ersten Gliedes erklärt sie wie Osten-Sacken als nachträgliche Änderung des Apk-Autors, den Übergang vom Partizip zum finiten Verb im dritten Glied als Hebraismus, woraus sich ihr der Schluß auf eine "semitisch formulierte Vorlage" der Vv. 51r6a ergibt 1o.
Die Ablösung des V. 6 b von der angeblichen Tauftradition ist unabdingbar, da er keinerlei Bezug zur Taufsprache hat, vielmehr den Kern einer Doxologie mit Ewigkeitsformel darstellt. Von daher erklärt sich der Partizipialstil der ersten beiden Glieder von 5 b--6 a aber unhymnisch daraus, daß es sich um attributive Ergänzungen zu dem Dativobjekt handelt, dem die Doxa zugesprochen wird 11. Nicht so zu erklären ist lediglich das indikativische, finite dritte Glied (btOL1l0EV x'tA..). Dieses stellt daher am ehesten den Kern eines überkommenen Traditionsstücks dar, das der Apk-Autor in seiner entscheidenden Aussage grammatisch nicht dem neuen doxologischen Kontext einftigte, sondern ohne Rücksicht aufdiesen übernahm. Daß es sich so verhält, geht daraus hervor, daß der Apk-Autor die Motive des Gliedes - Königtum und Priesterschaft - an zentralen Stellen im Fortgang der Apk wieder aufnimmt (5,9f.; 20,4-6; vgl. 22,3-5), aber in entscheidender redaktioneller Weiterftihrung zu futurischen Aussagen 12. Die ersten bei den Tatprädikationen Jesu Christi können mit dieser dritten zusammen demselben älteren Traditionsstück angehört haben, freilich dann gleichfalls finit indikativisch formuliert 13 , müssen dies aber nicht. Mindestens ebenso einfach ist die Hypothese, daß der Apk-Autor Osten-Sacken, Christologie passim, Ergebnis 265, zum ersten Glied 258. Schüßler Fiorenza a.a.O. 178f. (Komposition von 1,4-8 durch den Apk-Autor), 203212 (Herausarbeitung der von ihm aufgenommenen Traditionen; Zitat 204). 11 Vgl. jöms 20 Anm.27 (S.20f.). Osten-Sacken a.a.O. 265 (vgl. ähnlich Schüßler Fiorenza a.a.O. 210) stützt den Bezug von 6b zur Taufe allein darauf, daß xQaToc; nicht zum doxologischen Wortschatz des Apk-Autors gehöre. Doch enthält die Apk 8 der 47 neutestamentlichen Vorkommen von XQQ'tELV und 2 der 12 Vorkommen von xQaToc;, letztere überdies beide in Doxologien. 12 Die Erklärung der Sprachgestalt dieses Gliedes durch einen Hebraismus und in Folge davon seine Rückführung auf eine semitische Vorlage erübrigen sich damit von selbst. 13 Vgl. sprachlich l'tyam,OEV in Eph 2,4; 5,25. Eine traditionelle indikativische Formulierung ist also möglich, der angeblich hymnische Charakter des Traditionsstücks (s. Schüßler Fiorenza a.a.O. 203) verliert damit aber eine Stütze. 9
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hier voneinander unabhängige traditionelle Motive zur Erstellung seiner eigenen Aussage zusammenfügte. Die drei Tatprädikationen oder auch nur zwei von ihnen sind nämlich nirgendwo sonst in der urchristlichen Literatur in einer Apk 1,5 b-6a vergleichbaren Weise verbunden. Ihre Traditionsgeschichte läßt sich nur einzeln erhellen, wie auch OstenSacken und Schüßler Fiorenza erkannten. Die erste Prädikation verfolgten sie in die Briefe der von Paulus eröffneten Tradition (bes. Gal 2,20; Eph 5,25; 2 Thess 2,13-17) und sahen sie dort in besonderer Affinität zum Taufgeschehen, so daß sie auf einen Sitz im Leben in der Tauftradition schlossen 14. Dieser Schluß ist freilich angesichts der unerläßlichen Erweiterung der Vergleichstexte um etwaJoh 13,1.34; 15,9.12 keinesfalls zwingend: Das Motiv der LiebeJesu enthält nicht bereits in sich eine Bindung an einen bestimmten Sitz im Leben. Ähnliches gilt für die zweite Tatprädikation. Die Aoristform ist wie der Gedanke der Befreiung von den Sünden kein zwingender Hinweis auf die Taufe; vom Blut Christi her kann ebenso an das Herrenmahl gedacht werden IS. Der Vergleich mit dem Gebrauch der zu AUELV verwandten Termini a3tOAu'tQ(OOL~ und AU'tQo'ÜcrfraL in der paulinischen Tradition erlaubt lediglich Schlüsse auf die Kommunikabilität der Apk-Aussage in den Bereich dieser Tradition 16. Der Befund wiederholt sich schließlich für die dritte Tatprädikation in Apk 1,6a. Der dortige Gebrauch des schöpferischen Verbs 3tOLELV ermöglicht einen Schluß auf die Taufsprache wie die Verbindung ßaOLAda [EQEi~, deren verwandteste neutestamentliche Formulierung in I Petr 2,9 in einem Kontext steht, der zahlreiche Taufanklänge enthält l7 , aber er macht diesen wiederum nicht zwingend. Der Sitz im Leben der Tradition muß offenbleiben l8 . Dieses Ergebnis ist offener als die abgelehnten weiterreichenden Thesen. Aber es genügt vollauf als Grundlage für die uns hier beschäftigende Erhebung des kommunikativen Anliegens des Apk-Autors: Diese kann davon ausgehen, daß er die Bestimmung des ihm mit seinen impliziten Adressaten gemeinsamen christlichen Fundaments mit bereits traditionell aussagekräftigen Formulierungen vornimmt, die bei jenen als Gemeinden jedenfalls des Umfeldes .paulinischer Tradition verständlich waren und auch ihre theologischen Uberzeugungen ausdrücken konnten. Osten-Sacken a.a.O. 256-258; Schüßler Fiorenza a.a.O. 205ff. Vgl. Schüßler Fiorenza a.a.O. 207 mit Anm. 145, die sich trotzdem - wie schon eine frühe Textglättung (s. o. Anm. I) - auf Tauftradition festlegt. 16 Osten-Sackens Schluß aus einem solchen Vergleich aufdie Verbindung aller Derivate vom Stamm A.U- (also auch von Apk 1,5) mit der Tauftradition (a.a.O. 261 nach 259ff.) geht zu weit. 17 S. Schüßler Fiorenza a.a.O. 208-210. 18 Auch gegen Müller a.a.O. 74f., der sich grundsätzlich richtig für das Vorliegen von Einzeltraditionen entscheidet. 14
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2.2.2.2 Der Aussagegehalt Darin, daß in allen Aussagen von 1,5b--6aJesusChristus inneres Subjekt ist, findet die für das Incipit festgestellte christologische Verankerung der Apk ihre Entsprechung. Anders als im Incipit liegt nun der Akzent aber nicht auf der Offenbarung Jesu Christi, sondern auf seinem heilvollen Tun rür die Christen. Dieses wird im ersten Glied umfassend als ein Lieben charakterisiert, das dem gewählten Tempus nach die christliche Existenz nicht nur präterital begründet (vgl. den Aorist in 3,9), sondern als eine intensive, unmittelbare Beziehung zwischen ihm und den Seinen fortwährend trägt. Im aywr.av klingt die an sich für das verwandte Verb q>LAELV charakteristische Dimension der "Liebe zu den nächsten Angehörigen"19 mit, das die Apk in Fortführung unserer Motivik 3,19 (gegen die Tradition aus Prov 3,12 LXX) setzt. Ein Heilskonnex entsteht, den das zweite und dritte Glied eigengewichtig präterital entfalten 20 : Die zweite Tatprädikation verwendet mit AUELV EX eine Verbkonstruktion, die - hier wie im zweiten Vorkommen Apk 20,7 - ein Freilassen bezeichnet 21 ; d. h. Jesus Christus hat durch sein Blut die Christen freigelassen, befreit aus den Sünden, die sie begangen haben (Ex tWV a~aQtLWV iJ~wv), und zwar im vollsten Sinne: Die von den Christen begangenen Sünden spielen in der Apk keinerlei Rolle mehr, sie konstituieren auch keine Machtsphäre, die auf die Christen neu Besitzansprüche erheben könnte. Der Apk-Autor spricht konsequent nie von einer Sündenmacht im Singular, sondern ausschließlich von den konkreten Einzelsünden im Plural, deren Tun nur noch die große Stadt Babyion kennzeichnet (18,4.5), nicht einmal die in den Sendschreiben gegeißelten innergemeindlichen Gegner, die Nikolaiten und Isebel, bei denen stets nur neutraler von Taten (EQya) die Rede ist (auch 2,6.22). Die Christen können so allenfalls noch gemeinschaftliche Mittäter - nicht Eigentäter - der Sünden Babyions werden (18,4). Der ihnen geltende Heilsindikativ ist radikal formuliert: Sie sind aus den Sünden befreit ohne jegliche eigene Leistung, allein durch das Blut, den Tod Jesu Christi. Sie sind, "wie die Aoristform deutlich macht, vollendet und endgültig im Heil. "22. Die dritte Tatprädikation umreißt die neue Existenz der aus ihren Sünden gelösten Christen im Anklang an die futurische Zusage Gottes Stählin,
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von Ex 19,6 an Israel (LXX UJ.lEi~ ÖE fOE
Das Glied LEQEi~, das in der vorliegenden Form als Bezeichnung der Christen im Neuen Testament singulär steht 26 , personalisiert die alttestamentliche Verheißung in einer Linie, die ihr Korrelat in einem - freilich am Verheißungsfutur festhaltenden - vorneutestamentlichen Interpretationstext zu Ex 19,6 findet, in Jub 16,18 (äthiopisch). Jeder einzelne Christ 27 ist demnach vonJesus Christus zum durch keine Sündenschuld behinderten kultischen Amtsträger rur Gott eingesetzt. Das im antiken Heidentum wie Judentum gleichermaßen ausgebildete besondere Kultpriestertum einzelner und dessen Voraussetzung in einer über deren Vermittlung zu überwindenden Distanz zwischen den Gläubigen und der 23 Schüßler Fiorenza engt a.a.O. 224ff. die Bedeutung von nOU:Lv trotz ihrer Beobachtungen zum Schöpfungsakzent dieses Verbs (208f., 222f. mit Lit.) allein auf "erneuern, einsetzen, bestellen" ein (226). Da damit eigentlich nur das Konkretum [EQELS, nicht das Abstraktum ßaOL.AELa verbunden werden kann, wertet sie letzteres als nur unbetont übernommenes Glied der formelhaften Verbindung ab (234) und verengt damit die Textaussage weiter. In den Grundzügen der Argumentation folgt ihr noch Müller, Offenbarung 75f. Gegen beide ist festzuhalten, daß das Motiv der Basileia in der Apk erheblich häufiger gewichtig erscheint als das der Priesterschaft (9 gegenüber 3 Belegen!), also in seiner Bedeutung entschieden aufgewertet werden muß. 24 Schüßler Fiorenza a.a.O. 167,346 u.ö. nach 113-155. 25 Feuillet, chretiens 44 (nach 41 gegen Schüßler Fiorenza). 26 Feuillets Versuch seiner christologischen Ableitung (bes. a.a.O. 46f.) scheitert daran, daß Jesus nirgendwo in der Apk Priester o. ä. genannt wird, die implizite Übertragung priesterlicher Funktionen auf ihn aber als Ableitungsgrundlage nicht ausreichen kann. 27 Der Plural meint die Summe der einzelnen, nicht das Kollektiv; s. Schüßler Fiorenza a.a.O. 228 (dort 93 zuJub 16,18).
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Gottheit ist aufgehoben, christlich demokratisiert. Entsprechend unterläßt die Apk an unserer wie den beiden Vergleichsstellen 5,10; 20,6 jede Anspielung auf priesterliche Opferaufgaben o. ä.; lediglich auf das gemeinchristliche ).U'tQEUELV, das gottesdienstliche Dienen, kommt es ihr an (vgl. 7,15; 22,3). So teilt sie, so gewiß sie den Priesterbegriffaufnimmt, auf ihre Weise die gemein-frühchristliche Ablehnung der Bezeichnung eines besonderen gemeindlichen Amtsträgers als Priester 28 . Das Glied ßUOL)'EiU weicht in seiner Sprachgestalt von der in allen vorhandenen Übersetzungen und Interpretationstexten zu Ex 19,6 (bis 1 Petr 2,9) stabilen LXX-Formulierung ßuaL).ELov ab, so daß die alttestamentlich-jüdische Tradition zur Erklärung nicht ausreicht 29 • Statt dessen ist die urchristlich bedeutende Basileia-Tradition heranzuziehen, die durch die Übersetzung des Zentralbegriffs der Verkündigung Jesu entstand und schmal, aber gewichtig über die Jesusüberlieferung hinaus ausstrahlte. Auch in den paulinischen Gemeinden war sie lebendig. Die Thessalonicher erinnert Paulus an seine Mahnung, des Gottes würdig zu leben, der sie in seine Basileia usw. beruft (I Thess 2,12 Präsens!). In Korinth setzt er sogar eine noch weitergehende präsentische Vorstellung als lebendig voraus (tßaOl.A.EUOatE), wenn er sie korrigiert (I Kor 4,8). Obwohl für ihn der futurische Charakter der Basileia nicht aufzugeben ist, verzichtet er selbst in dieser brieflichen Auseinandersetzung nicht auf einen präsentischen Akzent (4,20!). Münchow konnte deshalb von dieser Stelle und noch deutlicher von Röm 14,17 aus eine für Paulus typische "Hereinnahme des Eschaton in den Inhalt der Ethik" feststellen, wonach die Basileia im Handeln der Gemeinde schon in der Gegenwart wirklich wird 3o •
Nach Paulus bringen 2Thess (1,5) und 2Tim (4,1.18) implizit oder explizit futurische Akzente in die Basileia-Vorstellung ein. Kol (4,11) und Eph (5,5) fUhren sie dagegen in präsentischen Formulierungen fort. Markan t zeigt sich deren Hellenisierung Kol 1,13 im Dank dafUr, daß Gott 28 Im 1. und 2.Jh. erscheint nirgends ein lEQru~ als Amtsträger in christlichen Gemeinden (s. Kötting 1141T.). Zum Sachverhalt in der Apk vgl. Schüßler Fiorenza a.a.O. 233f., die allerdings eine übertragene Bedeutung des PriesterbegrilTs für die Apk ablehnt und in Konsequenz daraus in dieser einen "erste(n) Schritt hin zur ,Kultisierung' der Kirche" sieht (234 Anm. 249). Harrington kritisiert dies in seiner Rezension 497 zu Recht. Müllers Interpretation, die auf eine primär judenkritische Übertragung der alttestamentlichen Verheißung auf die Christen abhebt (a.a.O. 76), erscheint gegenüber der vorgetragenen blaß und einseitig. 29 Gegen Schüßler Fiorenza a.a.O. 234, die die Ex 19,6-Tradition bes. 90-94 bespricht (Übersicht 102; die Rückübersetzung ausJub 16,18 auf griechisch ~(JL)'.da ist mehr als fraglich - wie in LXX Ex 19,6; 2 Makk 2,17 und den phi Ionischen Vergleichsstellen ist doch wohl ßa(Jo..ELOv zu setzen). 30 Münchow, Ethik 165f., Zitat 165. Das Urteil Luz', ßamÄ.ELa sei bei Paulus ein "Randbegrifl" ohne "selbständig durchreflektierte(n) Sprachgebrauch" (ßam}"da 490), ist also nicht haltbar.
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uns aus der Macht der Finsternis errettete und in die Basileia, den Herrschaftsbereich seines Sohnes, versetzte: Gottes Tun wird mit einem lokalen Verb im Aorist beschrieben - räumliches dominiert über zeitlichfuturisches Heilsdenken 31 . Der Apk-Autor schließt sich an die präsentisch-räumliche Traditionsentwicklung an, so gewiß er an Gott als Herrschaftsträger festhält. Der Wortbildung als Nomen actionis gemäß setzt er ~aO'LA.ELa für das Ausüben der Königsherrschaft (vgl. 1l,15; 12,10; 17,12.17.18) und für den dadurch konstituierten Herrschaftsbereich (vgl. 16,10). Die alte Streitfrage, ob es 1,6 a nur das Konkretum ~aO'LA.Ei~ vertrete, zu dem eine große Zahl von Handschriften glättet, oder ob eine abstrakte Bedeutung dominiere 32 , ist also zugunsten letzterer Auffassung zu beantworten: Das Handeln J esu Christi machte die Christen zum Herrschaftsbereich für Gott, in dem dieser seine Herrschaft voll und ganz ausübt 33 . Alle Glieder der Glaubensformulierung von 1,5 b.6 a legen demnach ihr Gewicht auf die volle Gegenwart des Heils 34 . Holtz gemahnte ein solches "System einer vollendeten Heilswirklichkeit" "an gnostisches Denken", so gewiß es in seiner christologischen Bindung in "innerer Distanz" dazu stehe3s . Aufgrund der vorgelegten Untersuchungen läßt sich genauer sagen: 1,5 ~ a sind eine Formulierung zunächst enthusiastischen, nicht gnostischen Denkens, an die aber gnostische Tendenzen ebenso anknüpfen können wie nichtgnostische räumlich-eschatologische Vorstellungen oder auch eine Weiterftihrung der Gegenwartsaussagen in eine Zukunft, in der sich die Herrschaft Gottes gegenüber der ganzen Welt offenkundig durchsetzt. Die heilspräsentische Formulierung der im "Wir" gemeinsamen Glaubens und Betroffenseins verbindenden und verbindlichen Grundlage des impliziten Dialogs des Apk-Autors mit seinen Adressaten korreliert dem auffällig zurückhaltenden Einbringen futurisch-eschatologischer Gehalte im besprochenen Werkincipit. Dessen Erklärung aus der Adressaten31 Vgl. Schweizer, Kolosser 48f., der die Stelle freilich durch eine Unterscheidung zwischen sprachlicher Gestaltung und inhaltlicher Prägung zu entschärfen sucht. 32 Erstere Position Wolff, Gemeinde 188, Feuillet, chretiens 42, letztere etwa bei Schüßler Fiorenza a.a.O. 236. 33 Schüßler Fiorenza a.a.O. 236 setzt die Einsetzung der Christen zum Herrschaftsbereich fälschlich dann doch wieder mit einer Einsetzung zu eigener Herrschaft gleich (vgl. z. B. 261); ihr folgt Müller a.a.O. 75. Dagegen wie gegen die von vornherein konkrete Auflösung des Begriffs wird nirgendwo im Fortgang der Apk ein Christ als König bezeichnet! Erst die weitere Entwicklung der Tradition fUhrt in diese Richtung, wenn Clemens AI im Rückgriff auf sie den vollkommenen Menschen als wahrhaft königlich, als heiligen Priester Gottes beschreibt (strom VII 36,2). 34 Diese Erkenntnis setzt sich in derjüngsten Forschung allgemein durch: s. z. B. Lampe 98; vgl. Kraft, Offenbarung 33; Wolff, Gemeinde 188; Müller a.a.O. 75. 3S Holtz a.a.O. 70f. (erste beide Zitate 70, letztes Zitat 71).
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orientierung bestätigt sich vertiefend: Der Apk-Autor knüpft in den rezeptionseröffnenden Eingangspassagen seines Werkes an das Denken seiner Adressaten an, die er offenbar von der Gegenwart ihrer Erlösung in der Zugehörigkeit zu Gott undJesus Christus überzeugt sieht, denen sie sich unmittelbar nahe wissen, und zwar in erster Linie räumlich nahe, so daß es für sie zeitlich nur noch eine eilende Entfaltung ihrer gegenwärtigen Heilsverbürgtheit gibt. Mehr noch, er, der sich etwa in der Beschränkung des Sohnesverhältnisses zu Gott auf Jesus Christus (1,6) nicht vor einer gewichtigen Korrektur an der von Ga14,5 bis Eph 1,5 reichenden paulinischen Tradition der in Christus eröffneten Sohnschaft aller Christen scheut, korrigiert das heilspräsentische Denken in den Wir-Aussagen nicht. Er schließt sich ihm vielmehr explizit an und macht es so zur exponierten Grundlage des anhebenden Dialogs. Welche Bedeutung dies für die Erfassung seiner eigenen Theologie hat, ist noch herauszuarbeiten. Sehr aufschlußreich ist bereits die Akzentuierung, die er den Aussagen von 1,5b-6a in ihrem unmittelbaren Kontext gibt.
2.2.3 Die Vertiefung und Weiterfiihrung dieser Grundlage durch den Apk-Autor in ihrem Kontext 2.2.3.1 Die Vertiefung in den weiteren christologischen Aussagen von 1, 5f Der christologische Zusammenhang unserer Passage beginnt schon in der Salutatio. Vor der Prädizierung des besonderen heilvollen TunsJesu Christi für die Seinen stellt der Apk-Autor dort in V. 5 a seine Würde - die Würde des Erhöhten 36 - heraus. Er tut dies in drei objektlosen nominalen Titelprädikationen, die LXX Ps 88,38.28 anklingen lassen. Dieser Psalm enthält in den Vv. 2~38 einen ausführlichen "Hinweis auf ein Gottesorakel", das in V. 28 auf dem Hintergrund der Adoptionsvorstellung (vgl. V. 27) Aussagen über den König macht, die ihm als Erstgeborenem und Höchstem einen fast vergöttlichenden Rang vor allen irdischen Königen zusprechen 37 . Das Gottesorakel findet seinen Abschluß in V. 38, in LXX in der vom Zusammenhang abgesetzten, die Zusage bekräftigenden Wendung, der Zeuge im Himmel sei treu. Apk 1,5 a nimmt die Aussagen des Psalms modifiziert, mit zu untersuchenden eigenen Akzenten, auf: Jesus Christus ist der treue Zeuge, aber
36 Da in der DoppeibezeichnungJesus Christus in der Apk das Prädikat des erhöhten Gesalbten (dazu vgl. Holtz, Christologie 6-9) unabgeschliffen mitklingt, ist sie nicht auf den Irdischen einzuengen oder auch nur in erster Linie zu beziehen. Das schließt von vornherein ältere Interpretationen aus, die die Abfolge der Würdeprädikationen beim Tod oder gesamten irdischen Werk Jesu einsetzen lassen (etwa Lohmeyer, Offenbarung 10; Holtz a.a.O. 57; vgl. die ausführliche Kritik bei Schüßler Fiorenza, Priester 238f., 244). 37 Kraus, Psalmen II 783 (Zitat), 791.
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ohne Lokalisierung auf den Himmel, er ist der Erstgeborene, aber der Toten, und er ist nicht der Höchste, sondern der Herrscher der Könige der Erde.
Beim ersten Glied - 6 JA-aet\J~ 6 JtLOt6~ - ist schon wegen des Bezugs auf LXX Ps 88,38 ein martyrologischer Beiklang ausgeschlossen und statt dessen die Verläßlichkeit, die Treue des Zeugen zu akzentuieren. Das bestätigt sich, wenn die Apk - die den Stamm JA-aet - noch nicht martyrologisch verengt 38 - unser Christusprädikat 3,14 noch um das Glied der Wahrhaftigkeit verstärkt wiederholt. Freilich müssen Gegenstand, Ort und Adressat der Zeugenschaft offenbleiben, denn 1,5a verzichtet dazu (wie 3,14) auf jegliche Angabe. J esus Christus kann also sowohl Zeuge gegenüber den Menschen sein wie gegenüber Gott im Gericht 39 , er kann es sein für die guten wie die bösen Taten der Menschen, für die Verheißungen wie die Drohungen Gottes, schließlich für seine in der Apk aufgezeichnete Offenbarung40 . All diese Möglichkeiten läßt der Apk-Autor hier wohl bewußt - anklingen. Daß Jesu Christi Zeugnis, was die Seinen angeht, von seiner Liebe getragen wird, ist erst nachträglich aus seiner ersten Tatprädikation in der Doxologie zu erschließen 41 . Das zweite Glied knüpft mit dem Jtewt6toxo~ - Prädikat an LXX Ps 88,28 an, um sich zugleich mit der genitivischen Erweiterung tOOV VEXeOOV entschieden von dort zu entfernen. Richtete sich die Formulierung des Psalms "polemisch gegen die Gottessohnschaft und die Weltherrschaftsansprüche anderer Könige der altorientalischen Reiche"42, so ist nun neu die Bedeutungsdimension des "Anfanger(s) der neuen Schöpfung [ ... ], der das kommende neue Leben verbürgt", erschlossen 43 . Der besonders in der paulinischen Tradition beheimatete Vorstellungsbereich wird evoziert, J esus Christus sei der Erstling der Entschlafenen (1 Kor 15,20), der Erstgeborene aus den Toten (Koll, 18 b)44. Dabei legt die Apk mit dem gen. part., der sie allein von der Formulierung des Kol-Hymnus unterscheidet, der die Herausnahme des Erstgeborenen aus (~x) den Toten hervorhebt und "als die alles erst in Gang setzende Ursache stärker S. bes. Trites, Witness 154-162 und o. unter 2.1.2.2a). Man vergleiche zum einen sein Zeugnis nach 1,2 und beachte zum anderen den forensischen Grundcharakter des Stammes fUlQt- in der Apk (dazu s. Trites a.a.O.). 40 Vgl. 1,2; Müller, Offenbarung 73 hebt allein diesen Aspekt hervor. 41 Gegenüber einer zu weitgehenden Parallelisierung der Prädikate als Zeuge und als Liebender ist Vorsicht geboten. Sie führt bei Schüßler Fiorenza a.a.O. 247 (die den Text 238-247 unter richtiger Abweisung in der Forschung verbreiteter martyrologischer und anderer Auslegungen umfassend analysiert) und Wolff, Gemeinde 188 zu einer Verengung der Zeugenprädikation auf das treue Handeln Jesu gegenüber der Gemeinde, wie es angesichts der Differenz von Salutatio und Doxologie und der Voranstellung ersterer unzulässig ist. 41 Kraus, Psalmen I I 791. 43 Wolffa.a.O. 187. 44 Vgl. ferner Röm 8,29 und Act 26,23. 38 39
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von der ihm folgenden Auferstehung anderer" absetzt, das Gewicht auf die Zuordnung Jesu Christi zur Reihe der Toten, deren Auferstehung er als erster Auferstandener initiiert4s . Der christologisch-soteriologische Auferstehungszusammenhang wird intensiviert, und dies auf alle Toten bezogen, nicht nur auf die der christlichen Gemeinde. Die umfassende Neuschöpfung, zu der er gehört, hat begonnen 46 . Daran schließt die PrädizierungJesu Christi als clgxwv "(mv ßUOLAEWV 't'f)c; yf)c; an. Die Könige der Erde sind im Ps 89,28 (= LXX Ps 88,28) und ebenso im Sprachgebrauch der Apk (noch 6,15; 17,2.18; 18,3.9; 19,19; 21,24) irdisch-politische Herrschaftsträger. Verbinden sie sich für die Apk im Ablauf des Endgeschehens auch mit den gott- und christusfeindlichen Mächten (17,2.18; 18,3; 19,19), so bringen sie doch in 21,24 ihre Doxa in das neueJerusalem ein, ordnen sich also Gott undJesus Christus zu und unter 47 . 1,5 a besagt angesichts dessen nicht weniger, als daßJesus Christus bereits gegenwärtig vollgültig die Weltherrschaft hat, die die Könige der Erde schließlich (nach 21,24) anerkennen werden. Er ist ihr clgX WV . Profan werden in vorneutestamentlicher und neutestamentlicher Zeit Amtsträger aller Art so bezeichnet, doch in der Regel nicht einem König übergeordnete Beamte. Daher ist Apk 1,5 a der religiöse Sprachgebrauch näher, in dem clQXOOVfreilich selten - als griechisches Gottesprädikat belegt ist (z. B. Diels I 318,7), vor allem aber (bereits bei Plato) Archonten im All mit ihnen zugeordneten Verwaltungsbereichen bezeichnet. So erscheint der Begriffauch im Dan für überweltliche Mächte, denen irdische Staaten (ßaOLAELaL) zugeordnet sind, einmal in LXX (Dan 10,13), mehrmals im späteren e (1O,13.20f.; 12, I). Neutestamentlich findet sich eine Reihe von Belegen für überweltliche Archonten, im Singular für den Obersten der Dämonen (Mk 3,22) und den antigöttlichen Machthaber dieser Welt Ooh 12,31; 14,30; 16,11). Schließlich spielen solche Archonten in der gnostischen Kosmologie und Kosmogonie eine erhebliche Rolle 48 •
Vor dem Hintergrund einer überweltlichen Archontenvorstellung ist es also zu sehen, wenn der Apk-Autor in 1,5 Jesus Christus als clgxwv tituliert und diese Bezeichnung im Fortgang seines Werks, entgegen dem sonstigen Gebrauch im Neuen Testament und seiner Umwelt, den DämoSchweizer, Kolosser 63f., Zitat 64. Vgl. Schüßler Fiorenza a.a.O. 252f., die die Titelprädikation über eine Parallelisierung zur zweiten Tatprädikation aber wieder vorschnell auf die Gemeinde bezieht. 47 Vgl. Schüßler Fiorenza a.a.O. 260. Apk 21,24 zeigt also gerade, daß Jesus Christus sehr wohl Herrscher der Könige der Erde sein kann, und ist daher (gegen dies. ebd.) nur gewaltsam als Argument gegen die Interpretation der Könige der Erde von Apk I ,5a auf irdische Mächte anzufUhren. Deren Umdeutung auf die Christen als "königliche(n) Gemeinde" (so ebd. 261 f., Zitat 262) ist unhaltbar (mit Müller a.a.O. 74), ebenso diejenige Lohmeyers (Offenbarung 10,137) aufGeisterrnächte. 48 Zur Begriffsgeschichte s. Schüßler Fiorenza a.a.O. 255f., 259; Delling, ciQXw 486f.; Merk, ciQxoov 402f. und Rudolph, Gnosis 76f. u.ö. 45
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nen und antigöttlichen Mächten vorenthält: Jesus Christus und keine dämonische Macht neben ihm oder gegen ihn und Gott - wie sie gegenüber kleinasiatischen Adressatengemeinden Ignatius geläufig erwähnt (IgnSm 6,1; Eph 17,1; 19,1; Magn 1,2; TraU 4,1; Phld 6,2) - ist der Herrscher über die irdischen Machthaber. Ein vorparusialer Dualismus der Weltherrschaft ist ausgeschlossen, ein eschatologischer Vorbehalt nicht spürbar49 . Die Doxologie unterstreicht dies, wenn sie Jesus Christus an ihrem Ziel punkt in V. 6 b indikativisch so zum einen die Herrlichkeit zuspricht, die in der Apk über die alttestamentliche KabodJahwes hinaus hellenistisch auch den Machtglanz und die Pracht der Könige und der Völker assoziieren läßt (s. 21,24.26)s1, zum andern die überlegene Herrschermacht. KQato~ ist ein wichtiges Gottesattribut biblischer Tradition, das vor dem Hintergrund des römischen Herrscherkultes mit seinen möglichen xQato~-Akklamationen die allem überlegene Gewalt Gottes als des Herrschers schlechthin mit einem militanten Beiklang auszudrücken vermagS2 . Diesen Ton spitzt die Apk in der urchristlich singulären Übertragung in eine Christusdoxologie s3 christozentrisch zu: J esus Christus, der Herrscher der Könige der Erde, hat die ihnen allen überlegene göttliche, der Ewigkeitsformel nach zeitlich uneingeschränkte Gewalt inne. Der Apk-Autor entfaltet also in diesem christologischen Konnex insgesamt nicht unmittelbar die Bedeutung Jesu Christi für die christliche Gemeinde weiterS4 , sondern seine Bedeutung für die Welt, für die Gesamtheit der Menschen inklusive seiner Gegner: Er ist der zuverlässige Zeuge überhaupt. Er hat als Ersterstandener der Toten die eschatologische Neuschöpfung initiiert. Er ist - präsentisch-indikativisch! - der Herrscher über die irdischen Machthaber, dem die Doxa und die uneingeschränkte Macht Gottes in alle Ewigkeit übertragen ist. Gott- und christusfeindliche Mächte haben - das steht antidualistisch fest - keine ihm irgend vergleichbare Macht; denn Gott hat sich in seinem Tod, seiner Auferstehung und Erhöhung bereits eschatologisch vollgültig in seiner Herrschermacht erwiesen, auch wenn dies außerhalb der christlichen Gemeinde noch nicht anerkannt,ja bestritten wird ss . Vgl. Holtz, Christologie 58f. Vgl.Jörns 162f. 51 Vgl. im Neuen Testament Mt 4,8 und 6,29, zum außerneutestamentlichen Hintergrund Pax, Epiphanie 867. 51 S. Osten-Sacken, xQClTOC; 780 und Lahmeyer, Offenbarung 12. 53 Man vergleiche den Verzicht auf das )(Qcl"toc;-Glied in den Christusdoxologien von 2Tim 4,18; 2 Petr 3,18. Auch I Clem 64; 65,2 behält es allein Gott vor. 54 Gegen Schüßler Fiorenza a.a.O. 262 u.ö. und Wolffa.a.O. 186f. 55 Es ist bezeichnend, daß Satake, Kirche, der für die Apk eine entschieden dualistische Auffassung der Menschenwelt konstruiert (Ergebnis 348f.), bei seiner Interpretation von 49
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Der Apk-Autor betont dies seinen Adressaten gegenüber, die er wie sich selbst gegenwärtig des eschatologischen Heils teilhaftig weiß. Die Hypothese liegt nahe, daß er deswegen so großes Gewicht darauf legt, weil er diese Adressaten in ihrer Gewißheit der Heilsteilhabe durch Geschehnisse irritiert sieht, die als Anfechtung der Macht und Würde Jesu Christi vom außergemeindlichen Bereich in den gemeindlichen hineinreichen. Die Leserführung des V. 7 bestärkt diese Hypothese.
2.2.3.2 Die Weiterführung in der Aussage von 1,7 a) Die Interpretation des schwierigen Verses muß traditionsgeschichtlich einsetzen, da hier Zitate aus Dan 7,13 und Sach 12, 10.14 kombiniert sind. Dan 7,13 berichtet "Daniel" von seiner Vision eines wie ein Menschensohn, der nach 8 mit den Wolken des Himmels kommt und bis zum Ältesten der Tage gelangt (13); ihm wird Macht und Herrschaft gegeben, und alle Völker, Stämme und Zungen werden ihm dienen (14). Sach 12,9--14 fUhrt in die Endzeit auf Erden, in der Jahwe den Völkersturm auf Jerusalem vernichtet (9) und einen "Geist der Gnade und des Gnadeflehens" über Jerusalem ausgießt. Die unbegreifliche GnadeJahwes ermöglicht das reuige Flehen der Menschen, die nun auf den blicken (8), den sie durchbohrt haben. Sie stimmen in die Totenklage um ihn ein, die in ihrer Stärke und Tiefe der Klage um den Erstgeborenen gleicht (10) und ab V. 11 näher geschildert wird. So schließt sich ihr das ganze Land an mit allen übriggebliebenen Stämmen (12-14). Eine ReaktionJ ahwes auf "diese große Klage- und Reueszene" wird nicht berichtet; es ist aber möglich, daß er nun von einer Gerichtsaktion absieht 56 .
Beide Texte wurden frühchristlich als messianische Weissagungen verstanden und aufJ esus Christus bezogen, und zwar sowohl einzeln s7 wie miteinander verbunden. Die Belegstellen für letzteres - neben Apk 1,7 noch Mt 24,30 und ein Verweis Justins gegenüber seinem Dialogpartner Tryphon auf alttestamentliche Prophetenworte, die von der Endparusie des Christus sprächen (dial 14,8) - seien hier nebeneinander gestellt, um Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Traditionsaufnahme schon im Überblick sichtbar zu machen. (Vgl. S. 122) Die Texte sind zu verschieden, um literarische Abhängigkeit untereinander oder auch nur eine gemeinsame nachalttestamentliche Quelle Kap. I S. 338ff. den V. 5a übergeht. Von einer späteren, aber 1,4-8 vergleichbaren Stelle aus (4,8) begründet Goppelt, Theologie 11 515 seine Ablehnung des Dualismus. 56 Zur Interpretation der Sach-Stelle s. bes. W. Rudolph, Haggai usw. 223 (erstes Zitat), 217f., 225 (zweites Zitat). 57 Dan 7,13 (in Auszügen) bes. in Mk 13,26 und 14,62 mit Parallelen (Näheres bei Scott 130ff.), Sach 12,1~14 (in Auszügen) bes. in Joh 19,37 (Näheres bei Schnackenburg, Schriftzitat passim).
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
Apk 1,7
Justin, dial 14,8
Kai 't6'tE <pavtlOE'taL 'to OT)~ELOV 'to'Ü ULO'Ü 'to'Ü avitQll>Jtou Ev O'UQav,
Toov 'tE A6yoov ... dQfJ~tvoov {"':o 'trov 3tQO
Kai. 't6'tE K6~ov 'taL 3täoaL a[
vgl. Sach 12,10-14 vgl. Dan 7,13
Mt 24,30
'Iöou EQXE'taL ~a 'trov vE
Kai. O\VOV'taL 'tOv ULOv 'to'Ü avitQw3tOU ~QX6~ov ~i. 'trov VE
Ö'tE Ev ö6~n Kai ~avoo 'toov VE
ö6~~ 3tollf)~.
vgl. Sach 12,10-14
Kai. Ö~E'taL au'tOv 3tä~ 6
Kai. Ö~E'taL 6 Aao~ 'Ö~V Kai. YVOOQLEL d~ÖV~~E
KEvrr)oav,
TfJ~ yfJ~. ro~
'QOT)E ... Kai. L\aVLT)A 3tQOEL3tOV, dQfJ~tvOL dot.
etwa in einer urchristlichen Testimoniensammlung - postulieren zu können 58 . Der Apk-Autor verbindet die Traditionen von Dan 7,13 und Sach 58 Gegen Prigent, L'Apocalypse 20; vgl. Schüßler Fiorenza a.a.O. 188r. (in Anm. Lit.). Mt 24,30 hat eine gegenüber Apk 1,7 umgekehrte Reihenfolge der alttestamentlichen Bezüge und zitiert Sach 12,100'. erheblich knapper, daftir Dan 7,13(-14) im Anschluß an Mk 13,26 erheblich umfangreicher; die Stellenkollation erklärt sich am einfachsten als matthäische Redaktionsarbeit (vgl. Tödt 74 f[). Ob Justin, dial 14,8 auf eine Testimoniensammlung zurückgreift, mag hier offen bleiben, auch wenn die falsche Zuschreibung des Sach-Zitats an Hosea dem nicht günstig ist. Denn selbst wennjustin seine Verbindung von Dan 7,13 und Sach 12, 100'. bereits schriftlich vorfand, unterscheidet sich seine Vorlage so erheblich von Apk 1,7, daß letztere Stelle davon unabhängig sein muß: Die Anspielung auf Dan 7,13 spricht nicht von einem Kommen mit, sondern von einem futurischen Erscheinen über den Wolken, das in Herrlichkeit (vgl. Dan 7,14) geschieht, und die Anspielung auf Sach 12,10-14 akzentuiert unter Verzicht aufdas Klagemotiv anders als Apk 1,7 traditionsgemäßer darauf, daß Israel erkennen wird, wen es durchbohrt hat.
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12,10-14 also selbständig, freilich innerhalb eines gemeinsamen, eigenwilligen frühchristlichen Rezeptionshorizontes. So teilt Apk 1,7 59 mit den anderen Rezeptionsbelegen eine gewichtige Änderung von Dan 7,13: Bilden die Wolken des Himmels bei Dan den rahmenden Hintergrund der ganzen himmlischen Szene der VV. 13f. und stehen deshalb einleitend am Anfang der Visionsbeschreibung, so sind sie nun auf das entschiedenste mit dem Kommensmotiv verbunden. Das hängt mit einem Wandel der Szene überhaupt zusammen. Der Kommende kommt in den frühchristlichen Rezeptionstexten nämlich nicht mehr zu Gott, um die Herrschaft zu erhalten, sondern er kommt als bereits Mächtiger, Herrschender vom Himmel oder kommt zumindest in eine Himmelsgegend, in der er von der Erde aus sichtbar ist (vgl. auch Mk 13,26; 14,62). Apk 1,7 muß die Machtübertragung nach den entsprechenden Ausführungen des Briefformulars und der Doxologie nicht mehr explizieren, setzt sie aber im Verweis auf ein Kommen zum Gesehenwerden (nicht zum Herrschaftserhalt) deutlich voraus.
Sach 12,10-14 wird frühchristlich nicht nur durchgängig christologisch gedeutet, sondern zeigt auch eine Tendenz zur Erweiterung der Wehklagenden über Israel hinaus- beiJoh 19,37 andeutungsweise, bei Mt 24,30 und Apk 1,7 ausdrücklich 60 -, die erst bei Justin, dial 14,8 aus dem besonderen Interesse des Dialogs mit einemjuden heraus wieder zurückgenommen wird. In einem Punkt freilich geht keiner der Texte über Sach 12,10-14 hinaus. Durchwegs fehlt wie dort ein Hinweis auf die Reaktion Gottes, der die Frage entscheiden ließe, ob hier Unheils- oder Heilsprophetie vorliegt. Die exegetisch beliebte Beurteilung der Texte nach dem Schema Heils-/Unheilsprophetie - die für Apk 1,7 konsequent aporetisch ebenso eine Interpretation als "Gerichtswort über die Ungläubigen" wie als "Heilsankündigung" vertreten ließ61 - geht über sie hinaus.
b) Der Apk-Autor setzt innerhalb dieses frühchristlichen Rezeptionshorizontes noch besondere Akzente. Seine Anspielung auf Dan 7,13 in V. 7 a ist im Unterschied zu den übrigen frühchristlichen Belegstellen nicht futurisch formuliert (vgl.Justin, diaI14,8), in einen futurischen Satz eingebunden (vgl. Mk 13,26 par; 14,62 par) oder an einen solchen angeschlossen (vgl. Did 16,7 f.), sondern im tÖou wie im fQXE'tQL im Präsens gehalten 62 • Die Adressaten werden also aufgefordert, bereits in der Gegenwart den Sehakt auf den Kommenden Oesus Christus) zu vollziehen, Wie Scott 130f., vgl.128ff. nachwies. Vgl. Schnackenburg a.a.O. 244, 242 und Kraft, Offenbarung 35. 61 Erstere noch durch Woschitz 729 (Zitat) und Müller, Offenbarung 76f., letztere durch Kraft a.a.O. 36. 61 Frei auch gegenüber den Präterita von Dan 7,13 LXX und 9. 59
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der in Kontinuität zum inneren Subjekt der Vv. 5f. weder titular noch namentlich eingeführt werden muß63. Wieder bestätigt sich die Tendenz des Apk-Autors, in adressatengewandten Äußerungen präsentisch und hellenistischem Denken adäquat räumlich zu formulieren, fügt sich doch das räumliche Bild des Kommens mit den Wolken in seiner vorliegenden, gegenüber Dan 7,13 weltbezogenen Ausprägung ohne weiteres in den Rahmen hellenistischer innerzeitlicher Epiphanievorstellungen ein 64 . V. 7 b leitet daraufhin nicht nur von der Anspielung auf Dan 7,13 zu der auf Sach 12,10-14 über, sondern zugleich von der Anrede an die christlichen Adressaten der Apk zu einer Ansage über das Tun aller Menschen, für die pars pro toto ,jedes Auge" steht, da es um ihr Sehen geht, und zu denen vor allem auch die gehören - Juden wie Heiden 6s -, die J esus Christus durchbohrt haben, also für seinen Tod verantwortlich sind (7 c). Der Apk-Autor ersetzt das töou von Dan 7,13 LXX und E> durch das futurische 0'PE1:UL - vgl. Sach 12,10 LXX btLßAE'POV-CUL - und bringt damit neu die EndparusieJesu Christi in den Blick. Bei dieser werden in Universalisierung der Sacharja-Ansage nach 7d alle Stämme der Erdeund damit wiederum alle Menschen inklusive derer, die für Jesu Tod verantwortlich sind 66 - sich in der Klage um ihn 67 an die Brust schlagen, ein Handeln, das sich vom alttestamentlich-orientalischen Bezugsfeld der Klagebräuche in den (Selbst-) Minderungsriten her erschließt. Kutsch, der diesen Zusammenhang erarbeitete, entdeckte in den Trauerbräuchen allgemein den Ausdruck eines "Gemindertsein(s)", das durch Tod (oder Unglück) verursacht wurde 68 . In späteren Texten tritt "das Sich-Selbst-Demütigen im Blick auf die erwartete Wendung" angesichts erfahrenen oder angedrohten Gerichts hervor, "verbunden mit dem Gedanken der Buße und Umkehr vor 63 Die Weglassung des Menschensohntitels nach Dan 7,13 ist von daher konsequent, muß also weder aus lheologischen Gründen (so Schüßler Fiorenza a.a.O. 197) noch dadurch erklärt werden, daß er den kleinasiatischen Christen unvertraut gewesen wäre (so dies., Apokalypsis 123). 64 S. zu letzteren allg. Pax, Epiphanie bes. 838--842 - das Kommensmotiv spielt dort eine gewichtige Rolle, wie aus den kultischen Komm-Rufen (s. a.a.O. 841) hervorgeht - und zur Verbindung des Wolkenmotivs mit der griechischen und hellenistischen Göttererscheinung bis in die Spätzeit Oepke, VEq>tA'1906f. 65 Mit Hadorn 30. Bousset, Offenbarung 190 beschränkt die, die ihn durchbohrt haben, auf dieJ uden, muß dann aber alle Stämme der Erde, die er unnötig einschränkend als "die ungläubigen Heiden" identifiziert, aus 7 d gewaltsam als zweites Subjekt zum Sehen von 7 b vorziehen. 66 Die korrespondierenden 1tä~-Aussagen 7 b.d inkludieren die eine Teilgruppe besonders hervorhebende Durchbohrungsaussage 7 c schon sprachlich. 67 Wie in Sach 12,10 wird der Betrauerte mit bd eingeführt (vgl. noch Apk 18,9). Die Umdeutung auf eine Wehklage der Völker "um ihr eigenes, mit der Parusie besiegeltes Schicksal" geht hier ebenso über den Text hinaus wie bei der analogen Konstruktion von 18,9 (gegen Schüßler Fiorenza, Priester 187; vgl. Müller a.a.O. 76). 68 S. Kutsch passim (Zitat 35).
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Gott" (z. B. I Makk 4,33-40)69. Die Linie reicht in das Neue Testament weiter, wenn etwa Lk 23,27 bei der Kreuztragung Frauen die Minderungsriten des X61ttEoitm und itQl1VELV vollziehen, die sie als Bräuche der Trauer um Jesus verstehen, während J esus sie in V. 28 als Selbstminderungsriten angesichts drohenden Unheils (vgl. vv. 29 ff.) auf sie zurückwendet.
Von da her geht es in Apk 1,7 d um die Selbstminderung, die alle Völker der Erde in ihrer Klage ausdrücken und vollziehen, wenn sie J esus Christus in seiner Macht und Herrlichkeit mit den Wolken kommen sehen. Entspringt das Klagen bei den ihm Zugehörigen dem Schmerz über die Minderung, die sein Tod bedeutet, so bei seinen bisherigen Gegnern zugleich der Reue und dem Bewußtsein ihres Vergehens 7o . Ob Gott und Jesus Christus auf solch selbstmindernde Unterwerfung mit neuer Zuwendung antworten, läßt der Apk-Autor mit Sach 12,10-14 offen. Sein leserführendes Ziel ist mit der Anerkennung der in 1,5 f. behaupteten universalen Herrschaft Jesu Christi durch alle Menschen, seine Anhänger ebenso wie seine Gegner, ja Mörder, bei der Parusie erreicht, einer Anerkennung, die angesichts des Todes Jesu ihren sachgemäßen Ausdruck in der Totenklage um den Erstgeborenen Gottes findet 71 •
2.2.3.3 Die Bekräftigung durch die Selbstprädikation Gottes 1,8 Apk 1,8 bekräftigt die vorhergehenden christologischen Aussagen im Amen" Gottes, der sich in den Duktus gipfelhaft abschließender Weise vorstellt. Er wiederholt die Prädikation 6 WV xai 6 ~v xai 6 tQX6JlEVO~ aus V. 4 72 , die seine Vorstellung von Ex 3,14 als 'Eyw ELJlL 6 WV (LXX) in Rahmung des leserführenden Duktus der Vv. 5-7 zum Kom-
,J a,
Baumann 49. Belege für Trauerbräuche zum "Ausdruck des Sünden bewußtseins" bei Stählin, xoj[E't6~ 850 Anm. 128. 71 Vgl. die Interpretation durch Prigent, L'Apocalypse 20. Auch von Prigent ebd. abgelehnt, ortet Kraft, Offenbarung 35f. diese Klage "in der Eucharistiefeier, d. h. in der Gedächtnisreier für Christi Tod (vgl. 1 Kor 11,26)", so daß die von Sach geweissagte Buße Israels "zu einer Bekehrung aller Völker der Erde ausgeweitet", der ganze V.7 also eine "Heilsankündigung" wäre. So reizvoll diese These ist, sie fallt aus Mangel an Belegen für einen Vollzug der Totenklage bei der Eucharistie (auch I Kor 11,26 spricht nur von der Verkündigung des TodesJesu). 72 Diese ist in sich grammatisch inkonsequent, da zwei Partizipien ein finites Verb rahmen. Eine Erklärung dessen ist sowohl sachlich versucht worden - der Apk-Autor habe ~v für das Partizip YEYovw~ gesetzt, da er dessen Beiklang des Werdens der Gottheit vermeiden wollte (Kraft a.a.O. 31) - als auch sprachlich - hier liege ein Hebraismus vor (McNamara 110 fT.). Letzteres setzt voraus, daß 6 in der Formel nicht wirklich der griechische Artikel sei, sondern "merely represents the indeclinable Semitic nota relativi" (a.a.O. 110 teilweise hervorgehoben, vgl. 111), und erklärt damit eine sprachliche Schwierigkeit unter Konstruktion einer weiteren, so daß erstere Erklärung die einrachere ist. 69
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men Jesu Christi hin markant erweitert. Die neue Dreigliedrigkeit der Prädikation findet zunächst Parallelen im Hellenismus - der Apk-Ansiedlung in diesem Raum gemäß! -, erst später auch in rabbinischer, targumischer und gnostischer Literatur 73 , aber stets in Dreizeitenformeln, die im dritten Glied nach Präteritum und Präsens ins Futur des Seins Gottes weisen 74. Die Apk ersetzt dieses dritte Glied durch {) tQX6J.lEVO~. In zur Jesus-Epiphanie von V. 7 a korrespondierender Weise läßt sie die futurische Dimension des Seins Gottes, die futurische Eschatologie gegenüber der gegenwärtigen Wahrnehmbarkeit seines Kommens zurücktreten das Futur H,EU(J6J.lEVO~ ist gezielt vermieden 7s • Mehr noch, {) tQX6J.lEVO~ wurde in Ausdeutung des Lobpreises dessen, der im Namen des Herrn kommt, aus Psalm 117,26 LXX ein verbreitetes Messiasprädikat, das im Neuen Testament in Aufnahme der Psalmstelle (Mk 11,9 u. ö.), aber auch von dieser unabhängig gebraucht wird (Mt 3,11; 11,2; Hebr 10,37; vgl. Joh 11,27)76. Gott übernimmt dieses Christusprädikat 77 und bekräftigt es damit. Das vom Incipit an beobachtete Bemühen des Apk-Autors um eine Zusammenordnung Gottes undJesu Christi findet eine Spitzenformulierung, die das Gewicht von 1,7 unterstreicht: Jesus Christus kommt so gewiß und findet so gewiß seine Anerkennung in der Klage aller Völker um ihn, wie Gott selber sich in ihm als der Kommende zu erkennen gibt. Weiter bestätigt und bekräftigt Gott die Herrschaftsaussagen der Vv. 5f., indem er sich als der Pantokrator prädiziert. Pantokrator ist ein in der LXX häufiger Gottestitel, der im Urchristentum nur zögernd rezipiert wird'8. In letzter Zeit ist vorgeschlagen worden, in der christlichen Aufnahme bereits der Apk nicht nur die alttestamentlich-jüdische Tradition ,,3tavtoxQatwQ = 3tavtwv xQatwv = omnipotens = Allmächtiger" nachwirken 73 Die noch von Müller, Offenbarung 72 vertretene komplizierte, nur bei einer (problematischen!) Frühdatierung der Targume haltbare These, dem Apk-Autor müsse die griechische Drei-Zeiten-Formeljüdisch vermittelt zugekommen sein, ist aufzugeben. 74 Belege bei McNamara 102 (hellenistisch) und 103-112 (rabbinisch-targumisch), hellenistisch auch bei van Unnik, Formula 93. Gnostisch ist übrigens sogar die VoransteIlung des präsent ischen vor das präteritale Glied belegt, die sich aus der Anknüpfung an die präsentische Formulierung von Ex 3,14 LXX ergibt und etwa Apk 4,8 (nach 1,8) aufgegeben wird (NHC 11 3,64, 11 f.; weitere gnostische Belege s. Nag-Hammadi-Register S. 145 u.). 75 Die Apk kennt das Futur von lQXEaitm sehr wohl, wie sein Gebrauch im Kompositum an zentraler Stelle (3,20) zeigt. Die beliebte Übersetzung "der ist, war und kommen wird" (so etwa K. M. Fischer, Christlichkeit 167) ist daher unzutreffend, die Auflösung als präsens apodicticum oder futurisches Präsens (so Steyer, Satzlehre 40 G) zu einfach. 76 Weiteres beiJ. Schneider, lQXOJ.«lL bes. 666f. und Massingberd Ford, He that Cometh bes. 145. 77 Gegen Krafts gezwungene Differenzierung der Verwendung als Gottes- und Christusprädikat a.a.O. 31. 78 Außerhalb der Apk neutestamentlich nur noch in einer Aufnahme von 2Sam 7,8 LXX in 2 Kor 6,18, erst bei den apostolischen Vätern häufiger (z. B. I Clem Präskript; MartPoI14,1).
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zu sehen, sondern auch die stoische ,,1tavtOxgcl'toog = 1tclvta xga'twv = omnitenens = Allerhalter"79. Diese Möglichkeit würde sich gut zur kommunikativen Situation der Apk fügen, doch ist in jedem Fall die Präponderanz der LXXTradition zu wahren: Die Apk hebt durch die Verbindung mit dem Kyrios-Titel (fast stereotyp auch in 4,8 usw.) nicht die Erhaltungsfunktion, sondern die Herrschermacht Gottes hervor.
Gott als der Allherrscher trägt demnach die titulare wie doxologische Zusprechung der universalen Macht an Jesus Christus in 5a.6b mit seiner All-Macht, deren umfassenden Rahmen schon vorab die Eingangswendung von 1,8 absteckt, in der er sich als das Alpha und das Omega vorstellt. Der All-Aussage dient hier eine- im Neuen Testament singuläre - explizit griechische Buchstabenspekulation, mit der der Apk-Autor sein Werk pointiert aufhellenistischen Boden stellt. Die nächste jüdisch vergleichbare Bezeichnung Gottes als die "Wahrheit" (n7.*) stammt erst aus dem 3.Jh. und kann nur konstruiert über griechischrömische Zwischenglieder - die Linie läuft von amt (hebräisch) über das nicht belegte ANO zu A Q (griechisch) - mit der Apk-Formel verbunden werden 8o • Da stehen die gnostischen Buchstabenspekulationen, von denen Irenäus berichtet (adv. haer. I 14ff.)81, der Apk zeitlich noch näher. Sicher abzulehnen ist daher die These einerdirekten Herkunft der Formel aus semitisch-palästinischerTradition82 , sehr unwahrscheinlich auch die Annahme, sie werde "über dasjudentum" in die Apk gekommen sein 83 . Das überkommene Material verweist wie die sprachliche Formulierung klar auf einen hellenistischen, näherhin am ehesten auf einen synkretistischen Hintergrund 84 .
Das aber heißt, daß sich eine scharfe religionsgeschichtliche Scheidung zwischen dem Apk-Autor und seinen impliziten Adressaten - etwa hier jüdisch-apokalyptische, dort hellenistische Verankerung - verbietet. Der Apk-Autor teilt mit letzteren vielmehr nicht nur die christliche Gewißheit bereits gegenwärtig geschenkten Heils, sondern auch die religionsgeschichtliche Verankerung im spätantiken Synkretismus, in den er freilich stärker jüdisch-prophetische und jüdisch-apokalyptische, seine Adressaten stärker griechisch-hellenistische Traditionen einbringen. Er mag von daher beim Einsatz unserer Formel auch an die Selbstprädikationen Gottes als der erste und der letzte, schlechterdings überlegene einzige Gott inJes 44,6 u. ö. gedacht haben, ohne daß die Formel griechisch darin aufginge 8S . Reader 119ff., Zitate 121 (dazu Lit. in Anm. 78 S. 304). Näheres bei Hohz, äAq:>a155f. 81 Vgl. weiter Marsanes NHC X 1,2!}"38. 81 Gegen Schüßler Fiorenza, Priester 184. 8J So Holtz a.a.O. 156. M Vgl. zur Sache noch Kittel, A Q passim, bes. I und Allo 8. 85 Gegen eine zu einfache Ausspielung alttestamentlichen Inhalts gegen griechische Form, wie sie noch Müller a.a.O. 78 vertritt. 79
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2.2.4 Die Vorstellung der sieben Geister in der Apk Die erstellte These zum religionsgeschichtlichen Ort der Apk bewährt sich bei der Erfassung der hier zuletzt zu besprechenden Vorstellung der sieben Geister vor Gottes Thron, die der Apk-Autor an markanter Stelle zwischen Gott undJesus Christus in der Salutatio 1,4b einführt. Ihre bereits altkirchliche Deutung auf den spiritus septiformis nach jes 11,2 erwies sich bis zum Beginn des 20.jh. als sekundäre Konstruktion 86 . Die daraufhin einsetzende religionsgeschichtliche Untersuchung legte ihren Schwerpunkt auf den orientalischen und jüdischen Bereich. Sie fand als nächstliegende Parallelstellen Tob 12,15 und äthHen griechisch 20,2-7, die jeweils von sieben heiligen Engeln sprechen bzw. diese aufzählen 87 • Der Schluß auf eine Identifizierung der sieben Geister mit den sieben Thronengeln Gottes bzw. den sieben Erzengeln (stets Engel!) lag aufgrund von 4,5 und 5,6 nahe und wurde bei einer Analyse des Fortgangs der Apk wenigstens für die Redaktion des Apk-Autors zwingend. Wie nämlich nach 1,4;vg1.4,5 die sieben Geister vor Gottes Thron sind, so stehen nach Kap. 8 f. an derselben Stelle sieben Engel, die sich als die sieben Engelftirsten identifizieren lassen 88 . Die Frage nach der Funktion der trotzdem auffällig als Geister eingeführten Gestalten aber blieb. In der Forschung wurde und wird sie aufgrund ihrer hervorgehobenen Stellung vor Gottes Thron in 1,4 über alle Engelsidentifizierung hinweg bevorzugt auf eine Darstellung des Heiligen Geistes, des Geistes Gottes durch sie hin beantwortet 89 . Das ist aber angesichts 86 S. Bousset, Offenbarung 185, in neuester Zeit z. B. Bruce, Spirit 334.Jes II ,2f. 'ln sind nur sechs, LXX sieben Gaben des einen Geistes (Singular!) zu entnehmen. 87 S. bes. Michl in Tavard u. a. 10 (in Anm. I Lit.). 88 S. Michl a.a.O. 13f. 89 S. etwa Bruce a.a.O. 336f.; Müller a.a.O. 73. Kraft a.a.O. 32 bringt sogar Jes II ,2f. wieder in die Deutung ein. Zu Recht zurückhaltender blieb Holtz, Christologie 140 nach 138 ff. Schweizer nahm (in Die sieben Geister 509 und in Kleinknecht u. a., 1tVEÜJ.la 449) fUr 1,4 (Heiliger Geist), 4,5 und 5,6 (Thronengel) und 3,1 (Parallelgestalten zu den Gemeindeengeln) gar drei verschiedene, wenn auch miteinander vereinbare Bedeutungsnuancen an. Religionsgeschichtlich zog er (an letzterem Ort) die Linie zur valentinianischen Gnosis aus, die Individualengel kenne, die der zum einzelnen kommende Christus seien, und sah im Denken der Apk eine vorgnostisch-jüdische Parallele dazu, die den Geist in einem ausgesprochenen Gemeindebuch freilich nicht dem einzelnen, sondern der Gemeinde zuordne. Die Engelspekulation der valentinianischen Gnosis, wie sie sich aus Irenäus, adv. haer. I 2-7 erheben läßt (Übersicht dazu mit Heranziehung der Parallel- und Vergleichsstellen bei Szaoo 149), kann das von Schweizer postulierte Einheitsband von heiligem Geist, Geistern vor Gottes Thron und Gemeindeengelnjedoch nicht liefern: Sie spricht nur von Engeln um den Erlöser (I 4,5; 7, I) und ist damit schon zur Interpretation der Apk 1,4 vor Jesus Christus genannten und diesem erst 3, I sichtlich redaktionell untergeordneten sieben besonderen Geister vor Gottes Thron nicht mehr geeignet. Des weiteren ist die Differenz zwischen (kollektiven) Gemeindeengeln in der Apk und Individualengeln in der Gnosis mehr als nur eine Akzentverschiebung. Die von Clemens AI, strom. IV 89,2 f. aufgezeichnete Homilie Valentins, die die "Engel" anreden dürfte und in der Schweizer (Die sieben Geister 511 Anm. 55) deshalb eine Analogie zum Vorgehen der Apk in 1,20; 2, I usw. sieht, fUhrt in eine ganz andere Vorstellungswelt: Valentin spricht auf diese Weise die
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dessen unhaltbar, daß die Apk sehr wohl den einen Geist im Singular kennt, der zu den Gemeinden spricht (2,7 usw.; vgl. 14,13), ohne ihn im Sendschreiben zu Sardes, das im Eingang die sieben Geister erwähnt, irgend mit diesen zusammenzubringen (vgl. 3,6 mit 3,1)90.
Es ergibt sich also der auffällige Befund, daß der Apk-Autor in 1,4; 3,1; 4,5; 5,6 eine von ihm zwar im Fortgang seines Werkes nachträglichredaktionell auf die Thron- bzw. Erzengel Gottes aus der jüdisch-orientalischen Tradition gedeutete, aber in den genannten Eingangspassagen terminologisch noch nicht dorthin geänderte Vorstellung aufnimmt, die in ihrer Eigenformulierung weniger darauf als auf allgemeine Geisterspekulationen im breiten Rahmen der damaligen ebenso jüdischen und christlichen wie griechischen Religionsentwicklung weist. Ihren Schwerpunkt hat die Geistervorstellung in der jüdisch-apokalyptischen Literatur und - wohl mit unter jüdischem und später auch christlichem Einflußim hellenistischen Synkretismus, besonders der Hermetik 91 . Ins Neue Testament findet sie von der Bezeichnung der Gott dienstbaren Wesen in Hebr 1,14 über die der Engelmächte überhaupt (Hebr 12,9; vgl. Num 16,22; 27,16 LXX) bis hinzu der böser Geistwesen (Mk 1,23 u.ö.; vgl. auch Eph 6,11 fT.) Eingang. Ganz in letzterem Kontext erscheint auch in der Apk die Vorstellung unreiner Dämonengeister (16,13).
Innerhalb dieses Rahmens ist an unseren Stellen genauer von Geistern die Rede, die sich vor Gottes Thron befinden und in einer besonderen Weise mit dem Heil und Wohl der angeschriebenen Gemeinden zu tun haben (s. bes. 1,4; 4,5). Letzteres spiegelt sich schon in der Parallelisierung der Siebenzahl der Gemeinden und der Geister. Vor allem aber setzt der Apk-Autor die sieben Geister als Mächte voraus, die seinen Adressaten Gnade und Friede vermitteln können, wenn er eben dies in der Briefsalutatio von ihnen wünscht.
Eine Assoziation der im hellenistischen Judentum zu findenden (Sir 17,17; Dtn 32,8 LXX) Zuordnung von Völkern und Engeln, die die V nsterblichen und die Kinder des Lebens an, die den Tod unter sich aufteilen wollten, um ihn zu vernichten und so über die Schöpfung und jedes vergängliche Wesen Herr zu sein. An die Stelle des Gemeindebezugs der Sendschreiben ist gnostische Lebens- und Herrschaftsspekulation getreten. Schließlich ist Schweizers Versuch, die Parallelität und zugleich die Differenz der sieben Geister und der Gemeindeengel zu erfassen, konstruiert. Seine These, daß "die sieben Geister das Handeln Gottes gegenüber den Einzelgemeinden" darstellten und in Parallele dazu "die sieben Engel das von Gott gewirkte, gnadenhafte Antworten der Einzelgemeinden auf dieses Handeln", postuliert einen gemeindlichen Antwortcharakter letzterer, der weder ihrem Angeschriebensein in Apk 2-3 noch der Tradition der Individual- bzw. Völkerengel zu entnehmen ist, die auch Schweizer hinter ihnen stehen sieht (a.a.O. 51 I mit Anm. 55). 90 Sachentscheidung mit Michl a.a.O. 10. 91 S. Sjöberg und Kleinknecht in letzterer u. a., 1tVE'ÜJ.«l373,337.
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Herrschaft des transzendenten Gottes mitteln, näherhin der Tradition der individuellen Schutzengel (vgl. z. B. Ps 91,11 f.) und Fürsprecherengel (vgl. z. B. Hi 33,22ff.), die im Völkerengel ins Kollektiv umgesetzt ist (vgl. z. B. Dan 12,1 )92, liegt nahe, wird aber durch das Nebeneinander von den sieben Geistern und den - nach 1,20 für Gemeindeengel stehenden sieben Sternen in 3,1 gehemmt, das ersteren doch noch übergreifendere Heilsfunktionen zuschreiben läßt. Das lenkt das Augenmerk auf einen von Clemens Al überlieferten, in der Apk-Exegese bislang unberücksichtigten orphischen Gesang an die Gottheit, in dem es heißt, bei deren brennendem Thron stünden sorgenvolle Engel, die die Sorge für die Sterblichen übernähmen, solange alles vollendet werde (griechisch: oq, öt itQOVlp 3tuQOEvtL 3tQQEO'täOL(V) 3tOAtJ~OXitOL ä:r(EAOL, OrOL ~E~TlAE ~QO'tOL~ w~ 3t
unabhängig93, kommt dieser Gesang der Vorstellung in der Apk sehr nahe, wobei er das auch dort mit Feuermotiven verbundene Thronbild (4,5) ebenso wie die Vorstellung von Engeln, die sich um das Wohl und Heil der Sterblichen kümmern, eigenständig faßt und entfaltet. Das aber heißt, daß in Apk 1,4 eine zwar auf einen christlichen Gemeindebezug umgepolte, doch ihrer Herkunft nach religiös-hellenistische oder zumindest synkretistische Vorstellung von hervorragenden Geistern als himmlischen Mächten eingegangen ist, die die Macht Gottes mittelnd zum Wohle der Menschen ausüben. Da der Apk-Autor sie seinerseits 3,1 nachträglich christologisch bindet und ab Kap. 8 zur jüdischen Erzengeltradition überlenkt, der auffällige Befund sich also aufBrieferöffnung und Eingangsteile der Apk konzentriert, ist er einfach und schlüssig aus dem impliziten Gespräch des Apk-Autors mit seinen Adressaten zu erklären: Er holt sie bei ihren eigenen Glaubensvorstellungen ab - die demnach von der überragenden Befugtheit himmlischer Geistermächte ausgingen, für sie, ihr Heil und ihr Wohl die Verantwortung und Sorge zu tragen - und führt sie sukzessive von dort weiter. Für das Gewicht himmlischer Mächte im Glauben der Adressaten.g-ibt es im Text noch ein gewichtiges Indiz: die vom Apk-Autor an der Stelle des Ubergangs zu konkreten adressaten bezogenen Ausführungen 1,20 in die Deutung seiner Christophanie aufgenommene Gemeindeengelvorstellung, die danach die Sendschreiben durchzieht und mit derjenigen der sieben Geister zusammenhängt, wie die indirekte Parallelisierung beider in der Verfügung des Menschensohnähnlichen in 3, I zeigt. Dabei sind die sieben Geister betont vorgeordnet, die allein nach den Sendschreiben noch eine gewichtige Rolle spielen (4,5; 5,6; 8,2 usw.). Spiegelt das eine Hierarchie in der Geistervorstellung? Oder dient dem Apk-Autor die Hervorhebung der sieben mit den Erzengeln identifizierbaren Geister ab Apk 1,4 92 Zu den Traditionskreisen s. ~s. Caquot in Tavard u. a. 7(; Schäfer, Rivalität 2i-30 und Michl, Engd bes. 75, vgl. 87 f. 93 Er spricht von ÖYYEAOL statt 1tVtUJ.&(ltQ.
Die Brieferäffnung Apk 1,4-8
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gleichzeitig eiiier gewissen Abwertung der Gemeindeengelvorstellung? Eine Ambivalenz letzterer deutet sich an, der bei deren Besprechung nachzugehen sein wird.
2.2.5 Ergebnisse Wie bei den Paulusbriefen bildet - so läßt sich nun zusammenfassenin der Apk die Brieferöffnung einen theologischen Schwerpunkt des Textes. Der Apk-Autor stellt sich darin mit seinen Adressaten gemeinsam auf das Fundament einer bereits gegenwärtig für die Christen voll gültigen Heilswirklichkeit, die Jesus Christus in seinem Handeln konstituiert hat (VV. 5 b.6a) und als treuer Zeuge, als Initiator der neuen Schöpfung und universaler Herr gegenüber der ganzen Welt verbürgt (5a.6 b). Freilich ist seine Herrschaft zunächst Aussage nur einer christlichen Glaubensgewißheit. Aber - dazu führt V. 7 Leser und Hörer der Apk - dies wird nicht so bleiben. Jedes Auge, alle Stämme der Erde, auch die für den Tod J esu Christi Verantwortlichen werden schließlich angesichts seiner machtvollen Epiphanie die Selbstminderungsriten der Totenklage um ihn vollziehen, werden sich ihm darin unterwerfen. Ein Zweifel daran ist nicht möglich. Denn Gott selbst - so V. 8 - garantiert dies, der der Allherrscher ist und sich als der Kommende mitJesus Christus identifiziert, der also in der ErscheinungJesu Christi selbst sichtbar wird. Der theologische Duktus des Abschnitts ermöglicht den Rückschluß auf die imp/idte Kommunikationssituation der Apk: Ihr Autor setzt bei seinen Adressaten auf dem Boden des spätantiken Synkretismus ein präsentisches Heilsbewußtsein voraus. Er erkennt dessen Berechtigung an, lenkt den Blick aber zugleich weiter auf die Zukunftsdimension, wie sie für ihn auch ein präsentisches eschatologisches Denken hat bzw. erhalten muß. Sieht man in V. 7 das Hauptthema der Apk angesprochen, so liegt in diesem Weiterführen seiner Adressaten zu Aspekten einer vom Präsens aus neu gewonnenen futurischen Eschatologie sogar sein kommunikatives Hauptanliegen. Es ist zu beachten, daß er hier weiterführen, nicht umpolen will. So setzt er nicht einfach futurische Aussagen an die Stelle präsentischer. Vielmehr respektiert er das räumliche Denken, das er bei seinen Adressaten als vorherrschend annimmt, schon in der Wahl seiner Terminologie - z. B. tv taXEL, t;yylJr;, tQXEOaal - wie in seinem Bild dessen, der mit den Wolken kommt. 94
Nach den Motivkomplexen im Text sind die in ihm vorgestellten Adressaten - aufgrund des Briefformulars hellenistische Gemeinden paulinischer Tradition - auf dem Boden des spätantiken Synkretismus weiterhin 94 Weitere Belege rur die räumliche Motivik in der Apk bietet Prigent, Le temps 239, 241,242.
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von der Befugtheit und Fähigkeit überweltlicher Geisterrnächte überzeugt, für ihr Wohl und Heil zu sorgen, und religiöser Buchstabenspekulation gegenüber offen. Sie zeigen also eine Bereitschaft zur Verbindung des heilspräsentischen mit spekulativem Denken, die das Eindringen gnostischer Tendenzen erleichtern muß. Freilich bedarf ihre Situation noch genauerer Erhebung. Namentlich eine Analyse der Eröffnungsepiphanie mit den Sendschreiben (1,9--3,22) verspricht wichtige zusätzliche Aufschi üsse.
EXKURS
2: Derforschungsgeschichtliche Ort der vorgetragenen Sicht einer kommunikativen Entwicklung und Entfaltung der eschatologischen Auffassungen in der Apk
Vor der Fortführung der Werkanalyse sei hier aber noch Rechenschaft über den forschungsgeschichtlichen Ort der für das Verständnis der Apk zentralen, aus der bisherigen Untersuchung zwingend gewonnenen These gegeben, der Apk-Autor schließe sich im impliziten Kommunikationsvorgang seines Werkes den präsentischen Heilsauffassungen seiner Adressaten an, um sie zugleich zu vertiefen. Er führe sie ins Futurum fort, doch nicht, um das präsentische Vollendungsbewußtsein überhaupt umzupolen, sondern um ihm in der zukünftig unabweisbar real geschauten universalen Anerkennung Gottes und Jesu, seines Gesalbten, der sich nicht einmal deren Gegner entziehen können, eine neue vergewissernde Tiefe zu vermitteln. Unvereinbar mit dem erarbeiteten Befund ist jedenfalls das exegetisch seit alters verbreitete Vor-Urteil, das Eschaton sei für die Apk anders als für Paulus und Johannes entschieden zukünftig, so daß sie nur von futurisch-apokalyptischer Eschatologie her zu deuten sei. In jüngerer Zeit 1 schlug sich dieses Vor-Urteil etwa bei Münchow (1977) nieder, für den die Apk die "Gegenwart Christi um seiner Zukunft willen" vernachlässigt. Die Gegenwart werde demnach "von der Zukunft überhöht, aber nicht von einem geschehenen Heil geprägt. So ist die Gegenwart eine Zeit der Vorläufigkeit und des Wartens. Der neue Anfang mit Christus steht noch aus. Dies soll die Gemeinde trösten. "2 Während unsere Analyse zeigte, daß der Apk-Autor sich in 1,4-8 intensiv mit einem Bewußtsein der Heilsgegenwart befaßte und es vertiefte, muß diese Deu-
1 Ein Durchgehen der älteren Auslegungsgeschichte kann hier nicht Aufgabe sein; für Forschungspositionen seit Ende des 19.Jh.s s. H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 11-33,34fT. 2 Münchow, Buch 378 (erstes Zitat), 379 (zweites Zitat).
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tung behaupten, das Ansprechen gegenwärtigen Heils in 1,5 f. und 5,9 werde "nicht theologisch aufgearbeitet. "3
Eine spezifische Ausprägung dieses Vor-Urteils ist die einseitige Betonung zeitlicher Naherwartung der Apk, wie sie U. B. Müller noch 1976 vortrug. Demnach predigtJohannes in der Apk vor dem Hintergrund der domitianischen Verfolgung in einer "glühende(n) Naherwartung", die "die Apk von den Gemeinden (unterscheidet), in deren Bereich sie geschrieben ist." Er tadle daher injenen postpaulinisch vertretene Anschauungen einer präsentischen Heilsvollendung auf der "Basis" ,Jüdischer und urchristlicher Apokalyptik. "4 Auf eine Exegese etwa von Apk 1,4-8 verzichtet Müller an dieser Stelle. Im Kommentar (/984), wo er sie vornimmt, gibt er seine obige Position zwar nicht explizit auf, erkennt jedoch das entscheidende Interesse des Apk-Autors, "die Leser zu Beginn des Buches im Indikativ des schon erlangten Heils festzumachen", und rezipiert zunächst die gleich zu besprechende Position Günthers, dann aber auch die Goppelts, kommt daher zu einer differenziert endgeschichtlichen Auslegungs.
Über das Grundproblem des futurischen Ansatzes einer Betrachtung der Eschatologie der Apk führt auch die Untersuchung H. W. Günthers (1980) nicht hinaus, die von ihrer Themenstellung her auf die Erhebung des "Nah- und Enderwartungshorizont(s) der Apokalypse des heiligen Johannes" (Titel) festgelegt ist und so in der Einzelexegese zwar präsentisch-eschatologische Züge der Apk entdeckt, diese aber für die Gesamtinterpretation der Apk nicht recht fruchtbar zu machen vermag. Günthers Anliegen ist es, die Naherwartung als nur einen wesentlichen Aspekt der Eschatologie der Apk herauszustellen, neben dem eine heilsgeschichtliche Linie mindestens ebenso wichtig sei, die er in der Anführung einer ganzen Reihe von eschatologischen Ereignissen vor dem Ende dokumentiert sieht 6 . Aus diesen beiden Linien (re-)konstruiert er dann einen "dialektische(n) Charakter der Eschatologie als eigentliche(n) Verstehenshorizont der Apk", in dem die Horizontale einer kurzen Geschichtsentwicklung und die V~tikale einer Offen barung5errahrung, die als endzeitliche eine veränderte Bewußtseinslage eröffne, aufeinanderträfen. Die Dominanz erhält die yertikal~Pimension, ohne daß von ihr her die (zeitliche) Naherwartung harmonisch integrierbar ist'. Damit wird ihm jedoch eine eigentlich dialektische Interpretation der Apk exegetisch unmöglich. Er kommt über eine eher aporetische Herausarbeitung von Spannungen in der Eschatologie der Apk nicht hinaus, wobei er die präsentischen Entscheidungsmotive in die endzeitliche Linie einfügt, das auch von ihm als Zeugnis des A.a.O. 378. U. B. Müller, Theologiegeschichte 38-42 (erste zwei Zitate 40, weitere 42). s Ders., Offenbarung 75 (Zitat), 37 (Günther-Rezeption), 53f. (Goppelt-Rezeption). 6 Günther a.a.O. 41,51, vgl. 5 u. Ö. 7 A.a.O. 263--281, Zitat 263. J
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erwirkten neuen Seins der jesuszugehörigen erkannte Motiv der weißen Kleider (3,4u.ö.) dagegen in den Naherwartungshorizont 8 . Die problematische Aufgabenstellung verhindert trotz wertvoller Einzelbeobachtungen ein überzeugendes Ergebnis9 .
Schon seit längerem gibt es jedoch daneben eine Forschungslinie, die die Gegenwartsaussagen der Apk in ihrem Eigengewicht berücksichtigt. Ihr gab Holt~ (1962) wesentliche Anstöße, der den in der Apk anvisierten Standort der Gemeinde im Zugleich von "geglaubter Vollkommenheit" und "geschichtlicher Bedingtheit" in seiner interpretatorischen Bedeutung erkannte 10 und die Apk deshalb im Unterschied zu einer jüdischen Theologie, die die Gegenwart des Heils noch nicht kenne, und zu gnostischem Denken, das die Zukunftshoffnung über dem Glauben an die Gegenwart des Heils aus dem Auge verliere, dem christlichen Heilsverständnis mit seiner "dialektischen Spannung zwischen Noch-nicht und Schon" zuordnetell. Er eröffnete damit eine neue Perspektive für die Betrachtung der eschatologischen Auffassungen in der Apk, die sich weiterverfolgen ließ. Schüßler Fiorenza hob so (ab 1968) auf die Zeichenhaftigkeit der christlichen Gemeinde dafür ab, daß die Herrschaft der satanischen Mächte auf Erden durch den Tod Christi gebrochen sei. "The focal point and center of the ,already' and ,not yet' is therefore in Ap not the history, but God's basileia which is now already present on earth in and through the Christian community."12 Die breite futurische Dimension des Heils in der Apk interpretierte sie als eschatologischen Vorbehalt, der das Heil davor bewahre, eine Illusion zu werden 13. - jöms (1971) ordnete Schon und Noch-nicht einander "in dem sich (zugunsten der Realisierung) verändernden Verhältnis von Prolepse und Realisierung" der Weltherrschaft Gottes zu und sah den Akzent der Apk "dabei einerseits auf der Kontinuität, in der sich die Kirche zur alttestamentlichen Heilsgemeinde sieht, andererseits aber auf der Intensität der Erwartung, daß sich die Erfüllung des noch Ausstehenden bald (vgl. 1,1.2; 12,12; 22,19.20) ereignen werde."14- Goppelt, der 1952 eine entschieden endgeschichtliche Auslegung der Apk vertreten, dabei aber bereits bemerkt hatte, daß die" Vollendung" für die Apk "in der geschichtlichen Gemeinde Wirklichkeit ist" 15, zog daraus in seiner postum 1976 edierten Theologie die Konsequenz. Er lehnte nun die ältere endgeschichtliche Auslegung wie überhaupt die Auffassung ab, für die Apk sei das Eschaton noch zukünftig, und S. bes. a.a.O. 265 und 88-92 im jeweiligen Kontext. Vgl. die Kritik Krafts in seiner Rezension an der "wunderliche(n) Aufgabe" der Arbeil Günthers und den dadurch bedingten Ergebnissen (Zitat 470). - Trotzdem wurde Günthers These von Liipple, Eschatologie (1984) bes. 76 im wesentlichen aufgenommen. 10 Holtz, Christologie bes. 3 und 212-216, Zitate 214. 11 A.a.O. 215f. (Zitat 216), vgl. 2210'. 12 Fiorenza, eschato1ogy 560, "basi1eia" dort hervorgehoben. 13 S. bes. dies. (SchüßIer Fiorenza), Redemption 220f. 14 Jörns 1700'. (erstes Zitat 178, zweites 171). 15 Goppelt, Heilsoffenbarung bes. 514 mit Anm. I und 516 (Zitate). 8
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sah die Apk darin "ein wichtiges Kriterium der Apostolizität" erftillen, daß "rur sie das Schon und Noch-nicht des Eschatons gilt. "16 Dieses deutete er - in gewisser Kontinuität zu seinem Aufsatz von 1952 - als Darstellung der "Begegnungdes Eschatons mit der Geschichte", so daß ihm die Apk "vonJesu Erhöhung her die Wesensgestalt des geschichtlichen Geschehens (verkündigt), die sich aus der Begegnung mit dem angebrochenen Eschaton ergibt"I'.
Die gewichtigste Untersuchung dieser Forschungslinie legte Prigent (1980) vor. Er arbeitete nicht nur die Aufnahme räumlicher neben zeitlichen Kategorien zum Ausdruck eschatologischer Realitäten in der Apk heraus, sondern auch deren Begründung in einer christologisch fundierten präsentischen Eschatologie: Die Geschichte habe inJ esu Auferstehung ein Zentrum, das einen Umsturz rur die Lebensbedingungen aller Menschen bedeute. Seit Ostern gebe es einen Himmelseinbruch in die irdische Welt, der eben auch in räumlichen Kategorien ausdrückbar seil 8 . Die Gläubigen - und sie allein - seien daher Heilszeugen, Priester des heiligen Priesteramts, zu dem alle Menschen bestimmt seien, soweit sie dazu ihre Einwilligung gäben. Der Kult wird - unter bedauerlicher Vernachlässigung des Basileia-Glieds von 1,6a - der irdische Ort schlechthin, wo der Himmel herabsteigt, der Zeitpunkt, in dem die Zeit Gottes eindringt 19 . Weiter bestimme der Osterumsturz auch die Zeit der satanischen Mächte, die daher bereits besiegt seien und nur noch von Gott zeitlich strikt begrenzt wirken könnten. Freilich sei angesichts dieses Wirkens weiterzublicken auf das, was geschehen müsse: "la venue du Christ!"20
In eigener Weise rang Prigent mit dem Zueinander von Gegenwartsund Zukunftsaussagen: Die Dialektik des Schon und Noch-nicht treffe die Apk nur partiell. Gelegentlich scheine der Apk-Autor nämlich Gegenwart und Futur sich durchkreuzen und verschmelzen zu lassen, wie ihm auch eine Vermischung von Erde und Himmel passiere. Er könne wegen des Ungenügens der Sprache offenbar nur in fortwährenden, sogar kontradiktischen Annäherungen die Wahrheit der Neuschöpfung aussagen "que le ,Royaume' transcende nos categories tant spatiales que temporelles. "21 So umfassend und gründlich Prigents Beobachtungen sind, bleibt diese seine linguistisch-hermeneutische Lösung der Dynamik in den eschatologischen Aussagen der Apk doch sehr stark dem Sprachdenken des 20.jh. Ders., Theologie 11 512f., Zitate 513. A.a.O. 513f., erstes Zitat 513, zweites 514 (hervorgehoben). K.M. Fischer (1981) schließlich betonte (bes. I 66ff.) eine Radikalisierungdes Schon und Noch nicht in der Apk, um deren entschiedene Christlichkeit gegen Bultmanns Vorwurfzu erweisen, in ihr sei "der eigentümliche Zwischen-Charakter des christlichen Seins" (Theologie 526) nicht erfaßt. 18 Prigent, Le temps 238f. (vgl. 241,242). 19 A.a.O. 240. 20 A.a.O. 24Off. (Zitat 241). 21 A.a.O. 244. 16 17
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verpflichtet. Dabei erkannte er die Grundlage für eine einfachere Lösung, daß nämlich "l'auteur de l'Apocalypse est particulierement soucieux de degager les implications de son message pour la vie concrete et actuelle des chretiens auxquels il s'adresse. "22 Aber er vermochte den Schritt vom Adressatenbezug der Apk zu ihrer adressatenorientiert-dialogischen Interpretation nicht zu vollziehen, da ihm sein liturgisch-kultisches Interesse den Blick auf ihren kommunikativ-brieflichen Selbstanspruch verstellte 23 . Vorliegende Arbeit vollzieht dagegen diesen Schritt. Mit der Forschungslinie nach Holtz greift sie auf die Formel des Schon und Nochnicht zur Erfassung der Eschatologie der Apk zurück, doch nicht mehr im Sinne einer immanenten theologischen Dialektik - wie sie Prigent für die Apk zu Recht hinterfragte -, sondern im Sinne eines inneren Dialogs, in dem der Apk-Autor präsentische, räumlich-eschatologische Vorstellungen seiner impliziten Adressaten ins Futur weiterführt. Ein eigentlicher Bruch zur bisherigen Forschung liegt nicht vor, wohl aber ein gewichtiger Einschnitt, insofern die Dialogbasis in der präsentischen Heilsgewißheit von 1,5b.6a noch mehr als bisher dazu zwingt, die Vorsicht des ApkAutors in den Formulierungen der Zukunftsdimension der Heilsdurchsetzung Gottes zu beachten: Es ist nicht zufällig, daß er nirgends von einer zukünftigen Parusie Christi redet, die grundsätzlich Neues brächte, und eine apokalyptische Zwei-Äonen-Auffassung negiert, die Zukunft und Gegenwart scheidet 24 . Sein umfassender Einbezug der Zukunftsdimension in den Kap. 4-22 zielt - so zeichnet es sich ab - nicht auf eine neue Erringung der Weltherrschaft durch Gott und Jesus, seinen Gesalbten, hin, sondern auf deren Bewährung gegen ihre Gegner bis zur universalen Anerkennung.
A.a.O.241. Die kultisch-liturgische Interpretation der Apk verfolgt er seit Apocalypse et Liturgie. Im Kommentar von 1981 veranlaßte sie ihn sogar zur verfehlt liturgischen Interpretation von 1,4-8 (L'Apocalypse 15fT., 361 fT.; Näheres dazu unterO.2.2). 24 Der Terminus nae<>"oLa fehlt in der Apk völlig, und alle immerhin 14 Belege von atOOv finden sich ausschließlich in der Ewigkeitsformel (s. VKGNT I 22)! Lindbioms Bemühen, die Apk in diesem Punkte trotzdem der jüdischen Apokalyptik zuzuordnen (215 f.), ist verfehlt. 12
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2.3 Die Spiegelung der Kommunikationssituation in der Eröffnungsepiphanie mit den Sendschreiben Apk 1,9-3,22 In Apk 1,9 geht die Darstellung mit dem neuen präteritalen Erzähltempus zur Welt im Text der Apk über, in der Johannes die ihm widerfahrenen Vorgänge darstellt. Die Binnenerzählung beginnt, deren erster Abschnitt bis 3,22 reicht. 4, I führt darauf in einer neuen Vision zu einem Ortswechsel des Johannes und knüpft zugleich mit der als Subjekt renominalisierten Posaunenstimme an 1,9-11 an, leitet also einen Teiltext der Apk desselben Grades wie 1,9-3,22 ein 1. 1,9-3,22 bilden eine übergreifende Einheit, die die Sendschreiben der Eröffnungsvision integriert 2 , sind weiterhin mit dem vorangehenden Text in Einzelmotiven (zu 3,1 vgl. 1,4 und zu 3,14 vgl. 1,5), mit dem Folgetext durch die Anknüpfung von 4, I an die Aufträge von I, I 0 f. und 1,19 sowie wiederum durch zahlreiche Einzelmotive 3 verbunden, ein Befund, der gravierende literarkritische Operationen ausschließt 4 • Der Abschnitt verdient insofern besonderes Interesse, als in ihm der Kommunikationsvorgang der Apk begründend dargelegt (bes. in I, 11) und die implizite Kommunikationssituation skizziert wird (bes. in 1,9 und den Corpora der Sendschreiben). Daß beides in der Welt im Text geschieht, entspricht ganz der beobachteten Verlagerung der schriftstellerischen Gewichte vom expliziten Gegenüber Johannes' und seiner Adressaten zum im Text mitgeteilten Wirken und Reden J esu Christi, Gottes und des Geistes, wirft also bereits ein Schlaglicht auf die S. Hartman, Form 143 nach 141. Mit bereits Bousset, Offenbarung 191 ff. und Al10 IOff. J Namentlich das für die Apk spezifische Reden von einem Menschensohnähnlichen (noch 14,14), die Fortführung der Schreibbefehle (14,13; 19,9; 21,5; vgl. 10,4) und die Aufnahme der Überwinderspruchmotivik in 19,11-22,21 (bis hin zum achten Überwinderspruch 21,7). 4 Gegen die vollständige Abtrennung der Sendschreiben vom Folgetext in Teilen der älteren Literarkritik (dazu Überblick bei Bousset a.a.O. bes. 108ff.,234ff.) wie die Annahme eines allmählichen oder stufenweisen Wachstums unseres Abschnitts in der neueren Literarkritik (s. die Besprechung der Positionen Krafts und Prigents o. unter 0.2.2). Kraft muß übrigens (Offenbarung 38-49) aufgrund seiner Wachstumsthese gleich drei Hände in Apk 1,~20 tätig sehen - den Erstautor, den mit diesem möglicherweise identischen Sendschreibenautor und einen Glossator-, ohne dies stringent durchführen zu können: Bei genauer Lektüre seines Textes verbleibt dem Erstautor ein Rumpftext von 1,10.19; 4, I, der die ihm S. 38 gegebene Charakteristik einer "neutestamentlichen Berufungsgeschichte" nicht zu erftil1en vermag. 1,9 bleibt völlig offen, und die Zuschreibung von 1,20, evtl. auch 1,11 an einen Glossator unterliegt den Bedenken gegenjede textkritisch nicht absicherbare Glossierung im Neuen Testament. - An der Zusammengehörigkeit und Integrität der Sendschreiben ist seit den Nachweisen Boussets a.a.O. 234ff. nicht mehr ernsthaft zu zweifeln. I
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zur näheren Eruierung des Briefcharakters der Apk weiter zu verfolgende Frage der inneren Kohärenz ihrer Kommunikationsebenen. Leider kann auch in der Erörterung dieses Abschnitts von keinem Forschungskonsens ausgegangen werden. Eine mit form- und traditionsgeschichtlichen Vorfragen anhebende eigene Analyse ist nötig. Die Dominanz der Welt im Text in der Apk erlaubt und provoziert im übrigen im Verbund mit der inneren Stringenz der in 1,1 explizierten Offenbarungskonzeption die Frage nach der Begründung der Visions-, der Offenbarungsschilderungen in einem echten Erleben des Apk-Autors. Freilich ist - so wenig sich ein Bestreiten jedes Erlebnishintergrundes der Apk an deren Text verifizieren läßt zu beachten, daß es exegetisch wenig ertragreich und hermeneutisch fragwürdig ist, hinter den vorliegenden Apk-Text zu einem echten Erlebnisgrundbestand zurückgehen zu wollen: Jedes voraussetzbare Erleben hat gerade in diesem vorliegenden Text seine für die Kommunikation und die Rezeption maßgebliche Artikulation gefunden, die als solche daher einer Interpretation des Werkes verbindlich zugrundezulegen ists.
2.3.1 Formgeschichtliche Anaryse sowie traditionsund religionsgeschichtliche Ortsbestimmung Der Abschnitt setzt literarisch in 1,9-11 den Rahmen für alle Visionen in der Apk, an den 1,12-3,22 als erste solche, den Sendschreibenteil inkludierende, Vision ebenso anschließt wie der Visions-Neuansatz von 4,1 6 • Die traditionelle formgeschichtliche Trennung zwischen 1,9-20 und 2,1-3,22' ist von daher nicht unproblematisch und nur arbeitstechnisch um der Anknüpfung an die bisherige Forschung willen differenziert aufzunehmen.
5 Eine zurückhaltende Annahme der Erlebnisechtheit der Apk, wie sie etwa Vögtle, Buch 28f. andeutet, bleibt demnach möglich. Scheitern muß jedoch der Versuch, aus den Literarisierungen des vorliegenden Textes erlebnisechte visionäre Schilderungen und davon unterschiedene redaktionelle Reflexionen und Erweiterungen herauszukristallisieren, wie ihn umfassender zuletzt Lindbiom unternahm. Er zergliederte etwa unseren Abschnitt in eine im großen und ganzen echte Visionsschilderung in 1,9-19, die Ausschmückung und Stilisierung dieser Visionsschilderung besonders in 1,11.18.20 sowie die durchreflektiert ohne ekstatisches Erleben abgefaßten Sendschreiben (220ff.). Das ihm dafUr letztlich maßgebliche Kriterium zunehmender Reflexion ist an den Text herangetragen, nicht an ihm zu bewähren. Denn jede Literarisierung ist bereits ein Reflexionsschritt, der nur problematisch in sich zu quantifizieren ist - es entsteht ein m. E. zu hoher Ermessensspielraum des Exegeten. 6 Vgl. die Gliederung von Minear, Apocalypse 19ff., 26ff. 7 Die noch bei Müller, Offenbarung 67 vor 80, 90 u.ö. mit der grundsätzlicheren Abhebung eines Bucheinleitungsteils (Kap. I insgesamt!) vom Folgetext verbunden ist.
Die Spiegelung der Kommunikationssituation in Apk 1,9-3,22
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2.3.1.1 Die Audition und Vision 1,9-20 (b<.w. 3,22) Apk 1,9--3,22 gliedert sich s in a) die Exposition (1,9-lOa); b) eine Audition (1,10 b-II), die in ihrem Kern eine (Schreib- und Versendungs-) Beauftragung enthält; c) die Reaktion des Johannes auf die Audition, die zugleich zu einer Vision überleitet (1,12 a); d) die Vision (1,12b-16); e) die Reaktion des J ohannes auf die Vision (1,17 a), die zu f) einem Handeln (I, I 7 b) und g) einem Reden (1,17 c-3,22)der visionär gesehenen Gestalt überleitet, das deren Selbstrepräsentation (1,17 c-18), einen allgemeinen Schreibauftrag (1,19), eine Erläuterung zu Einzelzügen der Vision (1,20) und schließlich konkrete Schreibaufträge rur Einzelschreiben samt jenen (2-3) enthält. Die Fortführung und gleichzeitige Überbietung und Konkretitisierung der Audition 1,10 b-II durch die - im weiteren Sinne insgesamt so zu nennende Vision 1,12 b-3,22 fällt auf: Die Vision geht zwar unmittelbar aus der Reaktion desJohannes auf die Audition (1, 12a) hervor, ist aber von größerem Gewicht und Eindruck, denn Johannes kann auf sie 1,17 a nicht mehr mit einer eigenen Willenskundgebung reagieren, sondern nur mit einem vollen persönlichen Zusammenbruch. Sie enthält die Selbstrepräsentation des Beauftragenden neu und konkretisiert die Beauftragung in je eigenen Schreibbefehlen 2, I usw., die nicht mehr das Versendungselement von 1,11 aufnehmen, sondern im wesentlichen das dortige Schreibmoment in seiner dativischen (Adressaten-) Valenz füllen.
a) Insgesamt ergibt sich einformal komplexes Gebilde, zu dem noch keine formgeschichtliche Detailuntersuchung vorliegt. Die Forschung hält sich meist an eine Bestimmung als Berufungs-Vision in der ganzen Spannweite dieses Begriffs 9 , vertritt daneben neuerdings auch eine solche als begrenzte, besondere Beauftragung 10 , schließlich andeutungsweise als Eröffnungsepiphanie der Apk 11. Von vornherein abzuweisen ist die Einordnung unseres Textes als neutestamentliche(!) Berufungsgeschichte, da es diese als feste Form nicht gibt: Kraft muß zur Konstruktion einer solchen Form mit den "regelmäßige(n) Bestandteile(n)" der "Himmelsstimme" , der "erste(n) Vision des Neuberufenen" und des "offene(n) Himmel(s), der nur dem Vgl. die Gliederung bei Hartman a.a.O. 141. Dabei heben Hadorn 32, Halver 12, Vögtle a.a.O. 24 stärker auf deren alttestamentliche, Kraft a.a.O. 38 auf eine angebliche neutestamentliche Tradition ab. Hartman a.a.O. 141 will zusätzlich Bildmaterial eines Mysterion um den Schreibauftrag herum entdecken. Aune, Social Matrix 20 akzentuiert schon stärker in Richtung einer besonderen Schreibund Mitteilungsbeauftragung desJohannes. 10 Chr. WollT, Gemeinde 189; Müller a.a.O. 80; RololT 38. 11 Collins, Pseudonymity 332 Anm. 15. 8
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Neuberufenen sichtbar wird", auf formal außerordentlich disparate Vergleichstexte - "die Berichte vonJ esu Taufe und Verklärung, die Pfingstgeschichte, die Berufung des Paulus nach der Apostelgeschichte und (nicht näher benanntes!) anderes mehr" - zurückgreifen und gerade den neutestamentlichen Text übergehen, der am deutlichsten an die alttestamentliche Tradition der Prophetenberufung (s. bes. Jes 49,1; vgl. Jer 1,5) anknüpft und am ehesten als Berufungsdarstellung bezeichnet werden kann, nämlich Gal I, 15f., da dieser Text die für ihn konstitutiven Formmerkmale nicht in der erforderlichen Weise enthäh 12 . Überhaupt ist die Bestimmung von Apk 1,9-20 als Berufungsvision unzulänglich: Unser Text enthält zwar eine Ez I, 1-3;Jes 6, I ;Jer I ,2f. mit Orts- und Zeitangabe vergleichbare Exposition, nimmt aber im folgenden nur Einzelmotive dieser alttestamentlichen Texte auf (vgl. bes. Ez 1,26 zu Apk 1,13; Ez 1,24 zu Apk 1,15 und Ez 1,28 zu Apk 1,17), nicht jedoch eine dort ausgeprägte übergreifende Form - sei es der Berufung oder der Vergabe eines besonderen Auftrags. Unterschied Zimmerli alttestamentlich zwei Typen des prophetischen Berufungsberichts, nämlich dieJes 6 (vgl. I Reg 22, 19fT.) belegte Form, in der Gott in einer Thronszene erscheint und den Propheten sendet, sowie die J er I belegte Form, deren Zentrum die Unterordnung aller Züge unter das Wort Jahwes ist, der den Propheten auch gegen seinen Widerspruch sendet und ernennt l 3, so stellte sich inzwischen die Notwendigkeit heraus, nur die in Jer I vertretene Form als eine Lebenswende inkludierende Berufungsgattung zu bezeichnen. Die inJes 6 vertretene Form ist davon als eigene "Gattung für die ,Vergabe eines außergewöhnlichen Auftrags in der Thronversammlung'" zu trennen, die nicht person-, sondern sachorientiert in Szene gesetzt wird 14. Im Unterschied zu dem von Ex 3,9-12 bisJer 1,4-10 vertretenen Berufungsschema - mit den Elementen "a) Hinweis auf die Not des Volkes", "b) Auftrag", "c) Einwand des Berufenen", "d) Versicherung des Beistands Gottes", e) vergewisserndes, bekräftigendes "Zeichen"ls - gibt Apk 1,9-20 weder einem Einwand des Johannes und dessen Überwindung noch einem abschließenden Zeichen Raum, visiert es überhaupt eine grundsätzliche Lebenswende desJohannes nicht an l6 . Und im Unterschied zur Gattung der besonderen Beauftragung von I Reg 22,19-22 undJes 6 - mit den Elementen a) "Thronszene mit Beschlüssen und anstehenden Aufgaben", b) "Suche eines Abgesandten zur Übernahme des Auftrags", c) "Bereitschaftserklärung", d) "Vergabe des Auftrags an ihn", e) "Festlegung der Ausführung des Auftrags" 17 - fehlen schon der konstitutive Zu Kraft a.a.O. 38 (zu Gall,15f. s. Steck 20 und Müller, Prophetie 100f.). Zimmerli, Ezechiel I 16-21. 14 Steck 26; zum Fortgang der Forschung vgl. auch allg. Long. 15 Elemente nach L. Schmidt, Berufung 191. 16 Mit Müller a.a.O. 80, Roloff 38:Johannes ist bereits wegen des Wortes Gottes und des ZeugnissesJesu, die er in der Apk bezeugt (1,2), aufPatmos (1,9). 17 Elemente nach Steck 27. 12
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Hintergrund einer Thronszene mit Abgesandtensuche sowie eine Bereitschaftserklärung des Johannes, so daß der ganze Textverlauf einen anderen Charakter erhält. Diese Formdifferenzen sind um so mehr zu beachten, als der Apk-Autor die Berufungstradition sehr wohl kennt - er läßtJer 1, 10 in Apk 10,11 anklingenund auf diejenige der Vergabe eines außergewöhnlichen Auftrags in Apk 4-5 sogar umfangreicher zurückgreift 18 .
Die Feststellung der Forschung, daß der Visions teil von Apk 1,9-20 auf Dan 10 zurückgreift (vgl. Dan 1O,5f. zu Apk 1,12b-16) und daß der Zusammenbruch desJohannes aufdie Vision hin in Dan 1O,8f. LXX eine Parallele findet 19, überbrückt die Distanz zu den genannten alttestamentlichen Gattungen nicht 20 , sondern hebt sie eher noch hervor, handelt es sich Dan 10 doch formal nicht um eine Berufungs- oder Beauftragungserzählung, sondern um eine Angelophanie. Die epiphane Tradition tritt damit als formales Bezugsfeld für Apk 1,9-20; 2-3 in den Vordergrund 21 . Ihre Heranziehung wird durch die in den letzten Jahren durchgesetzte 22 Aufgabe der alten These, bei der Benennung des Erschienenen als Ö~OLo~ uto~ avf}Qomou Apk 1,13 (vgl. 14,14) handle es sich um den bekannten christologischen Hoheitstitel, sogar unabdingbar. Verzichtet man nämlich auf eine Interpretation des "Menschensohnähnlichen" in unvermitteltem Zusammenhang mit der urchristlichen Menschensohn-Christologie und/oder im einlinigen TraditionsrückgriffaufDan 7,13 23 , so wird der allgemeinere alttestamentlichS. Steck 26. Das hebt namentlich Roloff38f. hervor. lO Ebensowenig können dazu zwischentestamentliche Texte dienen. äthHen 1,1-3 b etwa bietet eine komplizierte Rahmung der Henochrede, die eine Himmels- und Thronvision anklingen läßt (dazu vgl. Rau 39f.). Noch näher in der Linie der Thronsaalbeauftragungen steht der von Müller a.a.O. 80 herangezogene Abschnitt äthHen 14.8-16,4. syrBar 1-2 läßt erheblich dialogorientierter auf eine Exposition mit Zeitangabe usw. (1,1; vgl.Jer 1,1-3 u. ö.) eine Gottesrede folgen, die einen Auftrag an Baruch enthält (1,2-2,2). Darauf antwortet Baruch 3,1-9 mit einem Einwand und einer Reihe von Fragen - u. a. nach dem, was nach diesen Dingen nun geschehen werde (3,5) -, so daß ein Gespräch zwischen dem Herrn (wieder in 4 und 5,2-4) und Baruch (wieder in 5,1) beginnt, nach dessen Abschluß die Auftragsausführung berichtet wird (5,5). Jeweils mit einer Aktivität des Menschen beginnen grBar und grEsr. 21 Epiphanie meint dabei das religionsgeschichtliche Phänomen der Erscheinung einer überweltlichen Gestalt umfassend, nicht im engeren Sinn des griechischen Begriffs (dazu s. Lührmann, Epiphaneia 191 u.ö.) lediglich deren "helfendes Eingreifen". 22 Die 1984 erschienenen Kommentare repräsentieren hier den (anti-titularen) Forschungsstand (s. Müller a.a.O. 83; Roloff41 f.). l3 Eine solche vertrat zuletzt Lohse 1975. Obwohl er den sprachlichen Unterschied der (artikellosen) Apk-Wendung von der determinierenden Menschensohn-Überlieferung der Evangelien wie vom eine Vergleichspartikel gebrauchenden Wortlaut von Dan 7,13 LXX = e erkannte (Menschensohn 416 mit Anm. 5), interpretierte er sie als "Hoheitstitel des Menschensohns", mit dem der Seher Johannes "im Rückgriff auf die Vision von Dan 7,13 die unvergleichliche Vollmacht des erhöhten und zum Gericht erscheinenden Menschen18
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jüdische Gebrauch der Menschensohnbezeichnung in Visionen - wie er übrigens auch Dan 7,13 zunächst zugrundeliegt - zur Erklärung des Sachverhalts in der Apk maßgeblich. Die Menschensohnumschreibung erweist sich "als literarisches Element aus der Epiphanieterminologie: eine Figur erscheint als Mensch (nicht als Tier)."24 Dieses literarische Mittel zur Beschreibung epiphaner Wesen ist in der Formulierung nicht im einzelnen festgelegt. So spricht Ez 1,26 LXX vom 6~o(oo~a w~ Elöo~ ltv&Qomou; 8,2 LXX vom 6~(oo~a ävöQ6~; Dan 7,13 LXX = von dem w~ uLo~ äv&Qooreou; 10,16 von w~ 6~(oo(JL~ uLoil äv&Qooreou (LXX 6~(oo(JLC; XE"QO~ äv&Qomou); 10,18 LXX = e von w~ öQa(JL~ äv&Qooreou. Die Apk bezeugt die Lebendigkeit des literarischen Mittels noch in 4,7, wo das dritte der Lebewesen um den Thron Gottes in Anlehnung an Ez 1,10 (vgl. 10,14) als lxoov TO reQoaooreov w~ ävitQooreou beschrieben wird lS • Auffällig ist bei all diesen Beschreibungen der Verzicht auf Identitäts- zugunsten von Vergleichsformulierungen, die sich einer Beschreibung des Erscheinenden nur annähern und so dessen Eigenmächtigkeit wahren 26 . Apk 1,13; 14,14 bieten, von daher gesehen, nur eine weitere solche Vergleichsformulierung, die übrigens im Deutschen in ihrer eigentümlichen Aussagestruktur - es ist der grammatischen Konstruktion nach von einem ähnlichen bzw. gleichartigen Menschensohn die Rede und nicht von einer Gestalt, die einem Menschensohn gleicht 27 - kaum wiederzugeben ist;
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sohns" beschreibe (a.a.O. 420). Er überging dabei, daß in Dan 7,13 eine Richterfunktion des Menschensohns nicht vorkommt und umgekehrt das dortige Motiv des Kommens mit den Wolken in Apk 1,9-20 nicht erscheint (nachdem es kurz vorher in 1,7 markant ohne die Menschensohnbezeichnung Jesu steht!). Ebensowenig läßt sich seine Vernachlässigung der sprachlichen Differenz zum Menschensohntitel der Evangelien halten. Die nur zwei artikellosen Vorkommen der Apk erlauben aber das Reden von einem hier vorliegenden eigenen Hoheitstitel nicht. (Vgl. die Kritik an Lohse bei van Schaik 223 mit Anm. 17 S. 223f.; vgl. ferner Schüßler Fiorenza, Apokalypsis 123.) 14 Van Schaik 223. Weder Müller a.a.O. 83 noch Roloff43 - der im übrigen ansprechend darauf verweist, Johannes könne auf den Titel auch aus Rücksicht auf seine paulinischen Adressatengemeinden verzichtet haben, denen er nicht vertraut war - verfolgen freilich diese Linie weiter. 25 Vgl. Casey 145. 26 Vgl. dazu allg. Pax, Epiphanie 862; eine Ausnahme scheint nur die - mit dem üblichen Lichtmotiv verbundene - Angelophanie JosAs 14 zu bilden, die 14,2 in Adaption ans Griechische 6.v&QW1tO~ direkt verwendet. 27 Diese kongruente grammatische Konstruktion ist auch griechisch auffällig. Blaß/ Debrunner/Rehkopfwollten sie als solözistische Assimilation des Adjektivs erklären, doch fUgt sich der aufgezeigte Befund nicht zu ihrer Definition der Solözismen als schwerer Inkongruenzen (s. Blaß § 182 Anm. 6 und § 136). Ebenso scheitert an der Kasuskongruenz die Semitismusthese von Mussies, Morphology 20 und Casey 145; sie können nicht erklären, warum die Übertragung einer semitischen Vergleichskonstruktion an unseren Stellen nicht wie in 9,10 zum Objektsdativ der verglichenen Größe fUhrt. Als Notbehelf erscheint schließlich die von Rowland, Man 104 erneuerte These Charles' (Revelation I 35), ÖJ&OLO~ sei als Synonym der Apk zu oo~ zu interpretieren. Die eigenwillige grammatische Konstruktion von 1,13; 14,14 ist also als bewußt gesetzt zu interpretieren. Sie macht deutlich, daß der Erscheinende nicht seiner Eigenmächtigkeit entkleidet unmittelbar menschlich (als ein bestimmter Menschensohn, ein bestimmtes Menschenkind) zu identifi-
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auch die hier gewählte Übersetzung "Menschensohnähnlicher" ist nur ein Annäherungsversuch.
Die Epiphanie einer menschenähnlichen Gestalt nimmt dabei traditionsgeschichtlich ihren Ausgangspunkt bei Ez - liegt dort 1,26f eine Gotteserscheinung in menschlicher Gestalt vor, so löst sich 8,2f die menschliche Gestalt von Gottes Thron und der Merkabah ab 28 • In der Folgezeit kann eine menschenartige (Engels-)Gestalt ohne Verbindung mit Gottes Thronwagen erscheinen. Diese Entwicklung führt (ab Dan 10) zu Angelophanien, in denen fortan auch Gottesattribute auf den Engel übertragen werden können, so in der zur Apk voraussichtlich zeitgenössischen ApkAbr ( 11 ,2) das der weißen Haare von Dan 7,9 - eine auffallende Analogie zu Apk 1,14. InJosAs 17,9 wird ein Gipfelpunkt dieser Entwicklung erreicht, insofern Aseneth dort die ihr zuteilgewordene Angelophanie (14,1-17,8) ausdrücklich als Theophanie identifiziert. 1980 wies Rowland auf die Ähnlichkeiten zwischen der ApkAbr-Beschreibung
Jaoels und der des Menschensohnähnlichen in Apk 1,13 ff. hin. Er sah hier einen Strang in der jüdischen Angelologie belegt, der einen hohen Engel herausstellte, der - in einer Entwicklung nach Ez 1,26 und 8,2 - als Verkörperung der göttlichen Absicht und Person fungierte 29 • Diese These findet eine gewichtige Abstützung darin, daß auch Dan 10, der für Apk 1,13 ff. wichtigste Traditionstext, von der Erscheinung eines hohen Engels - nämlich Gabriel- berichtet. In Weiterverfolgung seiner Forschungen ergänzte Rowland 1985 die Verwandtschaft der Engelsbeschreibung vonJosAs 14,9 zu den Beschreibungen des Menschensohnähnlichen in der Apk - beide Male besteht besonderes Interesse an der Beschreibung des Gesichts, der Augen, der Haare und der Füße des Erschienenen -, nachdem Bauckham 1980/81 darauf aufmerksam gemacht hatte, daß auch in der Apokalypse Ztfanjas (9,3f = Steindorff 9,/2-10,/) eine angelophane Beschreibung vorliegt, deren Merkmale sich in der umfangreicheren Beschreibung von Apk 1,13-16 sämtlich wiederfinden 30 . zieren isl. Das tritt besonders hervor, wenn man - was sprachlich durchaus möglich ist (s. Bauer, Wörterbuch 1123) - einen absoluten Gebrauch des attributiven Adjektivs vorliegen sieht und die Gesamtwendung grammatisch korrekt als Objektsakkusativ zum Satzverb zieht:Johannes sieht einen - nicht den (der Artikel fehlt) - Menschen(sohn), dergleichartig/ähnlich, damit aber zugleich unidentisch zu anderen Menschengestalten ist, die visionär erscheinen bzw. erscheinen können. 18 Wie Rowland, Vision bes. H., vgl.lO nach Casey 144 herausarbeitete. 19 Die Vorstellung vom BotenJahwes klänge an, ohne daß es zu ihr direkte traditionsgeschichtliche Verbindungen geben müsse (Rowland, Vision 8 nach 6f.; Lil. zur ApkAbr und ihrer Datierung 6 Anm. I). 30 S. Rowland, Man 10 III und Bauckham, Worship bes. 325. Trotz späterer christlicher Überarbeitung der ApkZef ist dort angesichts der Belegbarkeit der Motive (wie Sonnenstrahlen leuchtendes Antlitz, goldener Gürtel über der Brust, Füße wie glühendes Messing) in anderen Engelsbeschreibungen nicht von einer Nachbildung der Apk-Beschreibung zu sprechen, sondern ein davon im wesentlichen unabhängiger Beleg derselben Tradition anzunehmen (Bauckham a.a.O.). Analoges gilt rur JosAs 14,9, wo die EinzeIbeschreibungen der Augen (wieder Glanz der Sonne), der Haare (wie Feuersflamme) und der Füße (als
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Der Formvergleich bestätigt den Zusammenhang von Apk 1,9-20 (bzw. 3,22) mit dieser Traditionslinie. Dan /0,4-21 etwa als wichtigster Vergleichstext weist zwar insofern eine einfachere Struktur auf, als der Vision keine eigene Audition und Reaktion des Menschen vorangeht, enthält aber gleichfalls eine Exposition mit Orts- und Zeitangabe (10,4), eine Vision (1O,5f.), nach einem (in der Apk ohne Parallele bleibenden) Kurzkommentar (10,7) die Reaktion Daniels darauf ( 10,8 f.), die zu einem Handeln des Erscheinenden überleitet - dieser faßt Daniel mit seiner Hand an (10,10) -, schließlich eine Rede dieser Gestalt (ab 10,11): Die Formelemente a) und d) bis g) von Apk 1,9-3,22 sind variiert, aber unverkürzt vorhanden. Das Redeelement g) erweitert Dan u. a. durch Einbezug des Einwandmotivs (17) zu einem Zwiegespräch. Statt auf eine Beauftragung läuft die Szene auf die Ankündigung des Erschienenen an Daniel zu, er werde ihm mitteilen, was im Buch der Wahrheit aufgezeichnet sei.
Der formale Zusammenhang zwischen Apk 1,9-20(bzw. 3,22) und Dan 10,4-21 und die gleichzeitig jeweils zu beobachtende Freiheit in Ausgestaltung und Einsatz der formalen Grundelemente der Epiphanie bzw. Angelophanie erklären sich am besten, wenn zur Epiphanieschilderung wohl die einzelnen Formelemente wie Exposition, Vision, Audition, Reaktion des Menschen und darauf antwortendes Handeln des Erscheinenden sowie dessen Reden ausgebildet waren, das so entstehende Grundschema aber relativ frei ausgestaltet werden konnte 31 . Das belegen auch die bereits erwähnten VergleichstexteJosAs 14-17 und ApkAbr8-11. feurig eisern) die mit der Apk gemeinsamen Beschreibungsmotive so verschieben, daß gleichfalls nur von einer gemeinsamen Traditionsverbundenheit, nicht von einer literarischen Abhängigkeit untereinander gesprochen werden kann (Rowland a.a.O. 10 I). Die Kapitel- und Verszählung von JosAs folgt im übrigen der von Burchard in seiner Ausgabe nach Rießler eingeschlagenen Linie. 31 Bauckham a.a.O. 323f. und Anm. 7 S.336 kann so allein aufgrund der Variation innerhalb des Elementes der Reaktion des Menschen (e) zwei Typen von Angelophanien unterscheiden, in deren ersterem ein Zusammenbruch des Menschen wie tot erfolge (z. B. 4Makk 4, 10f.; Apk 1,17 und Mt 28,4), während der Mensch in letzterem weniger erschrekke und dem Engel in der Beugung zum Boden seine Verehrung erweise (z. B. Lk 24,5). In TestHiob 3,1-5,2 erhält die Audition solches Gewicht, daß sie die visionären Elemente bis auf die Lichtmotivik verdrängt. Beliebt ist schließlich - vielleicht aufgrund des Einflusses einer alten auditionären Beauftragungstradition (s. bes. Gen 31,11-13; weitere Hinweise bei Burchard, Zeuge 88) - die Integrierung der Rede der erschienenen Gestalt in einen Wortwechsel mit dem Auditionär/Visionär (z. B. Dan 10,11-21 fT.; JosAs 14,3-15,10; in knapper Form auch Act 9,4-6). Rowland, der 1985 weniger das Formschema als Stereotypen in der Beschreibung der erschienenen Gestalten verfolgt, will für letztere "an established exegetical tradition in Judaism wh ich linked the angelophany in Dan 10 with the passage about the Ancient of Days in 7.9" eruieren (Man IOGf., Zitat 106). Doch ist diese Hypothese mit erheblichen Unsicherheiten belastet- wie sind in ihr etwa die o. Anm. 30 genannten Beschreibungsun-
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JosAs 1~17 bauen das überkommene Schema mit seinen Elementen geradezu romanhaft aus, indem sie es in sich steigern und ergänzen: Nach der Exposition (14, I) werden die Visions- und Reaktionselemente von 14,2 f. zu 9 f. gesteigert antwortet an ersterer Stelle auf die Lichtvision ein ehrend-selbstminderndes Niederfallen, so an letzterer Stelle auf die Vision des J osef ähnlichen Mannes ein physischer Zusammenbruch -. wird die Selbstrepräsentation des Erschienenen in einen Wortwechsel vor die Vision vorgezogen (14,4-8) und wird die Anweisungsund Segnungsrede des Erschienenen von 14,11-17,6 nicht nur in Gespräch und Handlung umfassend erweitert, sondern auch noch ein Abschluß der Angelophanie samt darauffolgender Selbstreflexion Aseneths ergänzt (17,7-10). Von den in Apk 1,9-3,22 enthaltenen Formelementen fehlt lediglich f) - der Erschienene reagiert auf Aseneths Niederfallen in 14,4.11 nicht handelnd, sondern (anweisend und ermutigend) redend. ApkAbr stellt der Angelophanie nach einer eigenwilligen Exposition (8) in 9 eine Audition voraus: Eine Stimme spricht Abraham zweimal mit seinem Namen an, woraufhin dieser sich zur Stelle meldet. Die Stimme stellt sich nach der Aufforderung, keine Angst zu haben, selbst vor, gibt Abraham Opfer- und Askeseaufträge zur Vorbereitung einer besonderen Schau der Weltalter, des Verschwiegenen und Zukünftigen, die er ihm ankündigt. Daraufhin (Kap. 10) sieht Abraham sich um. Da die Stimme, die zu ihm sprach, nicht menschlich war, bricht er zusammen und fällt zu Boden (10, I f.). Am Boden liegend, hört er die Gottesstimme, die Jaoel beauftragt - ein die Form geradezu überschreitendes Moment (10,4). Der Engel kommt in menschenartiger (männlicher) Gestalt (10,5) zu Abraham und hält eine längere Rede, in der er sich vorstellt und den Zweck seines Gesandtseins angibt, nämlich Abraham zu stärken und zu segnen (10,6--18). Es folgt nach einer kurzen Überleitung - Abraham erhebt sich, vom Engel aufgerichtet (11,1) - die Vision (11,2f.), die im Unterschied zur Apk wie bei Dan 10 nicht mit einer Schreibbeauftragung verbunden wird, sondern 11,4 f. zu einem kurzen Wortwechsel Engel- Abraham übergeht, der aufeine Begleitung Abrahams durch den Engel zuläuft (12). ApkAbr variiert und erweitert also in Kap. 10 die menschliche Reaktion (c) auf eine Audition um weitere umfangreiche Auditionselemente und geht nach der Vision (d) in I1 ,4ff. vollends eigene Wege. Aber die Grundstruktur von Exposition (8), Audition (9), Überleitung (10) und Vision (11,2 f.) korrespondiert der Abfolge der Elemente a) bis d) in der Apk, deren Vorschaltung einer Audition vor die Vision sich formgeschichtlich als freie, aber nicht ungewöhnliche Ausgestaltung der Gattung Epiphanie/ Angelophanie erweist.
Neutestamentlich kann die Form als Christophanie angeeignet werden, so in Act 9,~; 22,6-/0; 26,12-18. Act 9,3-6 enthält - exemplarisch für diese Parallelperikopen - eine Exposition (3a), Lichterscheinung (3b), Reaktion darauf (integriert in 4a) und Audition, die zum Wortwechsel ausgebaut wird und auf eine beauftragende kurze Rede des Erschienenen terschiede zwischen JosAs 14.9 und Apk 1,13--16 zu erklären? - und wird von Rowland a.a.O. \07 durch den Einbezug von Dan 7.13 LXX(!) in den exegetischen Traditionskonnex noch zusätzlich verkompliziert.
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hinläuft (4--6), also die bei Apk 1,~3,22 beobachteten Formelemente a), d), e), b/g), und zwar entsprechend der Freiheit der Formtradition in eigener Variation 32 . Der Apk eigentümlich gegenüber den Angelophanien von Dan wie JosAs und ApkAbr - welch letztere einen Segnungsakzent setzen UosAs 17,4--6; ApkAbr 10,6-18) - und schließlich den Act-Texten, die in ihrer Linie auf den Erwählungsakzent von Act 26,16 ff. hinlaufen, ist die Hinführung der Audition und Vision auf eine besondere Schreib- und Versendungs-Beauftragung (1,11.19;2,1 usw.). Sie gibt der Apk-Szene ihren eigenen Charakter innerhalb der Formtradition. Wie stark die Apk die Gestaltung der Szene trotz des Offenbarungskonnexes auf das Beauftragungsgeschehen zentriert, zeigt sich übrigens noch in einem weiteren Zug: dem Verzicht auf jede besondere Vorbereitung des Johannes auf einen Offenbarungs-Empfang, wie sie als Fasten und Beten etwa bei Herrn eine gewichtige Rolle spielt (vis 11 2,1 und vis 111 1,2; vgl. auch die breite Gebetsvorschaltung vor die Angelophanie in JosAs 12-13).
Der Apk-Autor sieht also - so läßt sich zusammenfassen - in der Beauftragungsmotivik den Skopus der Szene Apk I ,~20. Trotzdem stellt er sie nicht in der Weise einer besonderen Beauftragung dar. Er behält das Gewicht der diese Formtradition tragenden Thronsaalszene vielmehr der Bevollmächtigung bzw. Vollmachtsergreifung des Lammes in Kap.4f. vor33 und greift statt dessen auf die Formtradition der Epiphanie, näherhin die der Erscheinung einer menschenartigen Gestalt wie in der Angelophanie, zurück 34 • Diese Form ermöglicht ihm über die Gliederung in Audition und Vision, seine Schreib- und Versendungs-Beauftragung entsprechend der in 1, I explizierten Konzeption als durch die Vermittlung eines Engels als Trägers der Posaunenstimme (I, lOb. I I )35 und durch Jesus Christus als hinter dem Menschensohnähnlichen von 1,13 ff. sich verbergender Gestalt erfolgend darzustellen. Die Gestaltung von 1,920(;2-3) fügt sich damit stringent zur schriftstellerischen Konzeptionierung seines Werkes als an Adressatengemeinden zu versendenden Offenbarungstextes. r-Eine nähere Analyse bietet Burchard, Zeuge 8~96. Zur dortigen Traditionsaufnahme s. zunächst H.-P. Müller, Ratsversammlung passim. 34 Kim 245 weist in seiner Kritik an Rowland darauf hin, daß von der Theophanievision noch eine weitere Traditionslinie ausgehe, die in Apk (und Kol) wirksam sei: die Weisheitslinie, in der Sophia/Logos als Träger der Theophanie erschienen (s. die Christusbezeichnung als Logos Gottes in Apk 19,13). Von dieser zweiten Traditionslinie ist aber in der Erölfnungsvision der Apk nichts spürbar, so daß sie rur deren Erörterung außer Betracht bleiben muß. 35 Zur Identifizierung der Posaunenstimme mit dem Olfenbarungsengd s. schon Anm. 66 zu 2.1. J2
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Freilich könnte aufgrund der angelophanen Formtradition und der sich in diese einftigenden BeschreibungJesu Christi als menschenähnliche Gestalt, die Lukas in Act 9,3-6 par meidet, auch ein problematisches Gefalle der Christologie entstehen:Jesus Christus könnte in der von Apk 1,13ff. zu 14,14 ftihrenden Linie in logischer Konsequenz einer die Ausbildung einer Engelchristologie fördernden Form Gott wie ein höchstes Engelwesen untergeordnet werden 36 . Ist dies der Fall?
EXKURS
3: Zur Frage einer Engelchristologie in der Apk
Die Diskussionslage zu unserer Frage ist ungünstig: Die Annahme einer Auffassung Christi als Engel war nach Werners (1941, 21953) überzogener These, Jesus selber und die Urchristen hätten den Christus als hohes Engelwesen- somit als ein Geschöpf-verstanden und erst im Zuge der Hellenisierung beim Ausbleiben der Parusie sei eine Christologie entstanden, die den Christus vergöttlicht habe 37 , vorübergehend Gegenstand heftiger Auseinandersetzung. Die Gegenthese erschien, "daß im Neuen Testament von einer Engelchristologie nichts zu verspüren ist"38, und wurde communis opinio auch ftir die Apk, so daß erst in jüngster Zeit unter Berufung auf unseren Text und 14,14f. wieder der Hinweis gewagt wird, es gebe Spuren einer Engelchristologie in der Terminologie der Apk 39 . Tatsächlich bringt die Negierungjeglicher engelchristologischer Spuren erhebliche Interpretationsschwierigkeiten auch ftir Apk 14 mit sich, wo der Menschensohnähnliche V. 14 inmitten einer Reihung erscheint, die in den Vv. 6.8.9 davor und 15.17.18 danach jeweils andere(!) Engel (älloS 6.YYEAOS) nennt. Coppens, der den nichttitularen Gebrauch der Menschensohnterminologie in V. 14 erkannte, sah sich deshalb in der Forschung der jüngsten Zeit zu dem Schluß genötigt, daß nichts auf eine Bedeutung der Gestalt von V. 14 hinweise, die über den EngeJsstand hinausginge. Er löste das Problem dadurch, daß der Apk-Autor hier ein Stück einer ursprünglich jüdischen Apokalypse aufgenommen habe 40 • Eine solche literarkritische Problem apokope aber ist nicht zulässig: Schon Bousset erkannte, daß sich einer Quelle in unserem Kontext gerade das uns interessierende Reden vom Menschensohnähnlichen (zwischen Engeln) nicht zuweisen läßtes ist spezifische Redeweise der Apk (vgl. 1,13) und daher eindeutig redaktionell 4l . Unbefriedigend bleibt freilich auch der Gegenvorschlag van Schaiks, der 36 Schon Holtz, Christologie 125 f. bemerkte diese Spannung bei seiner Analyse der Christophanie 1,12fT., obwohl er deren Linien noch nicht zur Angelophanie zurückverfolgte. Rowland, Vision 8 Anm. 2 machte auf die Förderung aufmerksam, die eine Engelchristologie durch letztere Formtradition zu erfahren vermag. 37 Werner, Entstehung 34,302-388. 38 Barbel85 (passim scharfe, großteils berechtigte Kritik an Werner). 39 Bauckham, Worship Anm. 42 S. 338. 40 Coppens 229. 41 S. Bousset, OfTenbarung 388 vor 391 f. Müller, der sich Offenbarung 270 sehr unklar Bousset anschließt, verfolgte Messias 194 ff. die Quellen-lTraditionshypothese weiter ( 197, 199 sogar zur Menschensohnähnlichen-Wendung), ohne sie stringent am Apk-Text absi-
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richtig herausstellte, dem Kontext nach handle es sich bei der Gestalt in 14,14 um den Richter der Endzeit (s. 14,16.19; vgl. 19,11) und daher um Christus; der epiphane Terminus Menschensohn sei christophan gebraucht: Um dessen Eigenmächtigkeit gegenüber den Engeln des Kontextes zu erhalten, konstruierte er eine - traditionsgeschichtlich durch nichts zu belegende! - Interpretation von äUo~ äyyiAo~ in Apk 14 sowie 10, I; 18, I als "die aktualisierende Stimme Gottes" und folgerte, vom Gebrauch dieser Wendung in 14,15 sei nicht auf V. 14 zurückzuschließen, sondern sie sei "zusammen mit den anderen Engeln in v. 16-18 und in v.6-8 als eine geprägte Einleitungsformel zu verstehen, die die dringenden Gottesworte aus dem AT in der anderen Situation der Endzeit erneut verkündigt. "42 Verzichtet man auf die Konstruktion dieser Erklärung und nimmt die verbleibenden richtigen Beobachtungen mit denen Coppens' zusammen, so stellt sich der Text als eine Epiphanie dar, dieJesus Christus zwar nicht direkt als Engel bezeichnet, ihn aber - als hervorgehobene Gestalt - in angelophaner Tradition noch pointierter als in 1,9-20 in eine Reihe von Engeln eingliedert. Es wird wahrscheinlich, daß der Apk-Autor beide Stellen unter dem Einfluß einer entstehenden 43 Engelchristologie formuliert hat, wie sie wenig später breiter bezeugt ist (vgl. z. B. kleinasiennahe Justin, l.apol. 6,2; dial. 127,4)44 und gerade in Kleinasien noch lange lebendig bleibt 45 . Er scheut, wie zu I ,5a besprochen, ja auch die Aufnahme der Archontenterminologie für Jesus nicht, die aufgrund ihrer angelologischen Tradition später gleichfalls kirchlich abgelehnt wird (Diog 7,2 direkt neben der Ablehnung der Bezeichnung als Engel), und bringt bereits I, I eine subordinatianische Komponente in seine Christologie ein, wenn dort GottJesus Christus die Offenbarung gibt, die dieser dann weitergibt. Zugleich ist freilich - wie schon bei der Herausarbeitung der Gedankenlinien von 1,1-3 und 1,5-8 - zu betonen, daß der Schwerpunkt und die Tendenz der Christologie der Apk nicht aufdie Subordination, sondern auf die Gleichordnung chern zu können: Während er etwa trotz sprachlicher und sachlicher Differenzen rur Apk 14,14 von einer "eindeutigen Bezugnahme auf Dan 7,13" spricht (196), ist mit Casey 148 darauf hinzuweisen, daß Vergil, aen. IX 638-640 - Apollo beobachtet auf einer 'Volke sitzend ("nube sedens") die Heere usw. - eine mindestens ebenso nahe Parallele zur Formulierung von 14,14 bietet. 42 Van Schaik 222-225 (erstes Zitat 222, zweites 225). 43 Die Apk ist der älteste Beleg, so daß eine ihr vorausgehende "alte judenchristliche Tradition" zwar mit Roloff 154 möglich, aber nicht mehr zu verifizieren ist. « Vgl. weiterhin etwa zur Vorstellung bei HermJoly, Hermas 1958,32 und Carr 143 f.; zur Gnosis vgl. Michl, Engel 107f. (ein indirekter Beleg könnte übrigens auch im 13. Logion des EvThom vorliegen). Ob ApkEI 20,6 gegen die Vorstellung polemisiert, ist neuerdings umstritten (s. Schrage in seiner JSHRZ-Übersetzung S.232 mit Anm. g). Seit TertuIIian, De carne Christi 14,5 und Epiphanius, haer. XXX 16,4 gelten die Ebioniten als Hauptträger der Vorstellung, obwohl sie eine differenziertere Boten-Christologie vertreten haben mögen (s. Bühner 431 Anm. 12). Weitere Belege bei Barbei passim und in der dort genannten Lit.; zu ergänzen ist neuerdings rur den (juden-?)christlich-ägyptischen Raum "Die Lehren des Silvanus" NHC VII 4, 106,27. 45 Erst kürzlich kam wieder die Gründungsinschrifl einer Kirche in Maden~ehir/Lykao nien zutage, die sich (377/378) an Gottes Engel Jesus Christus als den gekreuzigten Herrn usw. wendet (SEG 30, 1980, Nr. 1542). Vgl. zur Geschichte allg. Grillmeier, Jesus der Christus 151 ff.; neueste Lit. bei Rowland, Man lOB Anm. I.
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und mehr noch die Identifizierung Jesu Christi als Gottes Sohn mit Gott selbst hinläuft: Die Beschreibung des Menschensohnähnlichen von 1,14 wird in 2,18 als solche des Sohnes Gottes wieder aufgenommen. Theologisch-christologisch unterscheidet der Apk-Autor entsprechend scharf zwischen den Engeln, die nicht verehrt werden dürfen (19,10; 22,8f.), und Jesus Christus, der allein die Würde besitzt, die Buchrolle von Kap. 5 zu öffnen (5,2-5)46, und in unserer Eröffnungsepiphanie (1,14) die weißen Haare des Alten der Tage von Dan 7,9 (LXX) trägt, ja sich als der Erste (und der Letzte), als der Lebendige (1,17 f.) selbst göttlich zu prädizieren vermag 47 • Wir stoßen in der Apk also auf eine - gerade in Kleinasien gut beheimatbarenoch frühe Stufe der christologischen Entwicklung, auf der das gleichzeitige Bemühen um die Herausstellung der ganz besonderen Würde Jesu Christi und um die Wahrung eines strengen Monotheismus noch nicht spannungsfrei gelöst ist, von der aber ein konsequenter Weg zum späteren christologischen Dogma fUhrt.
b) Ließ sich an der Formulierung der Vision und Audition in Apk 1,920(bzw. 3,22) bislang die Verbundenheit des Apk-Autors zur alttestamentlichen und jüdischen Vorstellungswelt aufweisen, auf deren Formund Motivtraditionen er zurückgreift, so werfen schon Einzelzüge ein Schlaglicht auf die Situierung des entstandenen komplexen Formgebildes in eine primär nichtjüdisch-hellenistische Vorstellungswelt, wie der Apk-Autor sie nach den bisherigen Eruierungen bei seinen ins Auge gefaßten Adressaten voraussetzt: Die Zeitangabe t:v tfI KUQLaKfJ ~J.l.tQ~ 1,10 ist, da das sie tragende Adjektiv kein semitisches Äquivalent besitzt und auch in der LXX nie erscheint 48 , eindeutig eine christliche, auf den Christustag bezogene Neubildung auf griechischem Boden 49 • Ebenso ist die Vorstellung des "Messias als Herr des Todes" in 1,18 ein "unjüdisches TheologuZur Sache vgl. Bauckham a.a.O. 330 u. ö. Dazu s. Holtz, Christologie bes. 121 f. und 81 ff. Die Linie würde noch erheblich verstärkt, wenn die Apk nicht nur Dan 7,9, sondern auch Dan 7,13 in der LXX-Version voraussetzen würde (was zuletzt Rowland, Man 107 annimmt). Die LXX identifiziert dort nämlich in ihrer gewichtigsten Hs. den Menschensohn mit dem Alten der Tage, könnte somit rur Apk 1,13 ff. insgesamt einen theophanen Rückbezug vorprägen. Doch bleibt die Bezugnahme der Apk auf Dan 7,13 sprachlich offen: Da die Präpositionen der WolkeneinfUhrung in 1,7 und 14,14 variieren, könnten sie je verschieden die aramäische, nichttheophane Version wiedergeben. Andererseits ist gerade LXX-Dan noch weiterhin rur die Artikulation der Christologie in der Apk wichtig; wie Beale passim nachwies, orientiert sich dit' Übertragung der Gottestitulatur "Ht'IT der Herren und König der Könige" auf das Lamm in Apk 17,14 sprachlich nämlich an Dan 4,37 LXX. 48 S. Fitzmyer. XUQlOC; 820 und Stolt 70. 49 Die Orit'ntierung des Adjektivs an Jesus Christus, seinem Tag und seinem Mahl bestätigt das einzige weitere Vorkommen im Neuen Testament I Kor 11,20. Bezugnahmen auf die alttestamentliche Tradition des Tags des Herrn erfolgen dagegen immer substantivisch (Belege in VKGNT 1707-714 w). Ob die Offenbarung der Apk um gottt'sdienstlicher Bezüge willen am Herrentag verankert wird - was kultisch-liturgischen Interprt'tationen sehr entgegenkäme (vgl. Roloff40) -, muß vom Text her freilich offenbleiben. 46
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menon"50. Sie wird ganz griechisch als Besitz der Schlüssel von Thanatos und Hades umschrieben, die auch nicht nur allgemein die Unterwelt bezeichnen, sondern personal die griechischen göttlichen Gestalten, da ihnen die Schlüssel mit der Tradition der Darstellung Hades' als Unterweltswächters attribuiert werden 51 ; konsequent personal erscheinen sie weiter im Reiterbild von 6,8 wie der Schilderung ihrer Vernichtung 20,1452 . Im übrigen lassen sich die tragenden Elemente von Apk 1,9-20 durchweg in hellenistisch-römische Religiosität verfolgen, begonnen beim epiphanen Ertönen einer Stimme53 (wie 1,1Of.) und der Visionsgestaltung der Epiphanie. Der - freilich spätere - große Pariser Zauberpapyrus nennt dabei (PGrM IV 693ff.) parallel zu Apk 1,13-16 u.a. das leuchtende Antlitz, weiße Gewand und Gestirn in der rechten Hand des erscheinenden Gottes, aus dessen Augen Blitze springen 54 .
Die Einleitung einer epiphanen Gottesrede wie 1,17 b.18 durch "fürchte dich nicht" erscheint etwa Ovid, metam. XV 658 ("pone metus"). In "Offenbarungsformeln" verbindet sie sich verbreitet mit einer Präsentation, in der zum tyoo ElJ.l.L die Herausstellung der Bedeutung des Gottes und seiner "Legitimation" als Verehrungsgegenstand aufgrund seiner besonderen Eigenschaften und Taten tritt 55 . Schließlich läßt sich als Beispiel einer Epiphanieschilderung, die - wie der zweite Teil unseres Textes - von einer Vision zur Audition übergeht, die Isiserscheinung Apuleius, metam. 26fr27 I (= XI 1-6) nennen und als Parallele zum 1,12 geschilderten Bemühen um eine Vision nach einer Audition Plutarch, mor.589F-592E. 50 Erst ein spätes rabbinisches Stück gibt demJinnon-Messias den Schlüssel des Todes: Braun, Qumran 309; vgl.Jeremias, IO..dt; 745. 51 Mit Jeremias a.a.O. 745f., der - über Sauer, Hades 903 hinaus - auch Belege zu anderen göttlichen Inhabern der Hadesschlüssel bringt, gegen eine bis Müller, Offenbarung 85 reichende Forschungslinie. Ueremias' weiterreichende Descensus ad inferos-These ist unnötig!) 52 Holtz, Christologie 87 sieht letzteres. Von 20,13 her, wo Thanatos und Hades neben dem Meer genannt werden, postuliert er aber einen zusätzlichen räumlichen Gebrauch und überträgt diesen auf 1,18 (86f.). Doch sind auch 20,13 Hades und Thanatos als personale Gestalten zu verstehen, da sie die Toten herausgeben, die bei ihnen (Plural!) sind, eine pluralische Bezeichnung der Unterwelt aber zumindest ungewöhnlich wäre. 53 S. z. B. Reitzenstein, Poimandres 5 (vgl. W. u. H. G. GundeI, Astrologumena 29f.); Weiteres bei Festiguere, Revelation I 3131[ Pax, Epiphanie 854 sieht in Petron, sat. 16 eine Parodie darauf. 54 Die auffallende Parallele beider Texte im Tragen des Gestirns wird in der ApkExegese seit Bousset, Offenbarung 198 berücksichtigt (der Zauberpapyrus erscheint dort als .. Mithrasliturgie"). - Zu den Epiphanieelementen im Überblick vgl. Pax a.a.o. 838ff. 55 Näheres s. Schweizer, Ego eimi 31 ff. (Zitate 31,32).
Dif: Spif:gelung df:r Kommunikationssituation in Apk 1,9-3,22
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In letzterem Text geht es um den Versuch des Sokratesschülers Timarchos, mit Hilfe des - bis in christliche Zeit tätigen - Trophonius-Orakels Näheres über Sokrates' Daimonion zu erfahren s6 . Dabei löste sich - so die Erzählung - seine Seele vom Körper und sah in einer Art Himmelsreise die himmlische und die Unterwelt. Eine Stimme, die nicht näher identifiziert wird, gibt ihm Erläuterungen. Als sie ihn schließlich mit der Ankündigung wegschickt, in drei Monaten werde er noch Genaueres erfahren - eine Anspielung auf seinen im Folgetext von 592E berichteten Tod -, versucht er, sie (bzw. den hinter ihr stehenden Sprecher) zu sehen (itEäoitm), indem er sich umdreht (3tEQlO'tQE<proV) (592E). Eine zu Apk 1,12 selbst im Wortschatz verblüffend nahe s7 Übergangsszene entsteht, nach der Timarchos 592E freilich - in hellenistisch auffälliger Scheu vor einer Epiphanievision - entgegen Apk 1,12 der Blick auf den zu ihm Sprechenden verwehrt wird.
Dem Gesam td uktus von Apk 1,9-10 a.121:r-20 ff. nahe kommt der Thessalostext, wenn er in Parallele zu den dortigen Gliederungselementen a) und d) bis g) nach seiner Exposition (T 22f.) das Erfolgen einer Vision voraussetzt, auf die hin Thessalos zusammenbricht (T 24. vgl. 26), wonach die Gottheit die rechte Hand erhebt und zu reden beginnt (T 24.2528ff.)S8. Bemerkenswerterweise wird die Vision dort nicht geschildert, denn - so T 24Menschenwort könnte weder die Eigentümlichkeit der unbegreiflichen Schauung noch die Schönheit des getragenen Schmuckes verständlich machen. Die Apk geht in der Beschreibung von 1,12lr16 über diese Zurückhaltung hinaus, aber ihr unscharfes Bezeichnen des Erscheinenden nur als menschensohnähnliche, nicht als in solchem Rahmen fixierte Gestalt findet hier in ihrer respektvollen Wahrung der Eigenmächtigkeit des Geschauten ein weiteres Bezugsfeld neben der alttestamentlich-jüdischen Epiphanietradition.
Mit diesen Nachweisen zeigt sich die bisher vorgenommene Erhebung des allgemeinen religionsgeschichtlichen Ortes der Apk vertiefend bestätigt: Ihre Eröffnungsaudition und -vision ist, wie die griechisch kommunikable, an einigen Stellen sogar rein griechisch geprägte Ausgestaltung der vom Autor gemäß seiner eigenen Traditionsverpflichtung aufgegriffenen alttestamentlich-jüdischen Epiphanieform zeigt, auf nichtjüdisch-hellenistischem Boden geschrieben und zumindest in der Mehrzahl nich~ü disch-hellenistischen Rezipienten, also - wenn man textextern übertragen will- Heidenchristen zugedacht.
56 Für dif: Dauer der Tätigkeit des Orakels s. Fabian 988, zur Interprf:tation des Plutarch-Tf:xtes Betz, Problem bes. 5800'. 57 Näher selbst als der nächste jüdische Vergleichs text ApkAbr 10, I f. 58 Auf den Text war bf:reits o. untf:r 1.2.1.4 einzugehen.
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2.3.1.2 Gnostische Bezüge, Schreibbeauftragung und Drei-Zeiten-Formel Die religionsgeschichtliche Ortsbestimmung läßt sich noch fortführen. Im Schnittfeld griechisch-hellenistischer, jüdischer und teilweise christlicher Traditionen erscheint die Epiphanie des Offenbarers nämlich nahezu konstitutiv in den zur Apk etwa gleichzeitig und nach ihr entstandenen gnostischen Offenbarungstexten. Als Offenbarer erscheint dort - wie Fallon und Pagels summieren - ein Engel, ein plerornatisches Wesen oder - in christlich-gnostischen Offenbarungen - der Herr. Gern ist die Erscheinung mit einem Lichtmotiv und einer Selbstvorstellung des Offenbarers verbunden sowie auf einen Berg verlegt. Ihre Empfänger reagieren heftig, etwa mit Furcht 59 .
Entgegen der großkirchlichen Begrenzung der Auferstehungserscheinungen auf die frühe nachösterliche Zeit (vgl. schon 1 Kor 15,8) bildet den Horizont der christlichen Gnosis dabei deren Ausweitung: Jesus Christus erscheint als der fortdauernd Lebende weiter, um Auserwählten besondere Offenbarungen mitzuteilen - wie dies auffällig eben auch in Apk 1,9-20(ff.) nach 1,1 der Fall ist 60 • Von neuem tritt die Perspektive hervor, daß die Apk eine zur Gnosis führende Offenbarungslinie adaptiert, um auf diese Weise in einer vollrnächtigen, auch gnostisch beeinflußte Christen überzeugenden OffenbarungJesu Christi gnostische Sonderoffenbarungen zu überbieten und zu korrigieren. Als Einstieg zu einer präziseren Fassung dieses Sachverhalts diene ein Blick auf die Eröffnungsepiphanie des frühen christlich-gnostischen ApokrJoh, das schon bei der Incipiterörterung heranzuziehen war. Die Epiphanie des Offenbarers (Christi) ist dort sachlich übereinstimmend in der kurzen Rezension des Papyrus Berolincnsis 8502 (BG) 19,6-22,16ff. und der langen Rezension von NHC II I, I ,5-2,25ff. (vgl. IV 1,2,1-3, 22ff.) erhalten: Als Johannes nach einer kurzen Exposition darüber grübelt, weshalb der Soter eingesetzt und in die Welt gesandt wurde, wer sein Vater und insbesondere, wie der unvergängliche Äon beschaffen ist, erbebt die Welt unter einer Lichterscheinung. Johannes erschrickt, wirft sich nieder und sieht eine Gestalt, die ihren Charakter und ihre Größe zur Dreigestaltigkeit wechselt. Diese Gestalt spricht Johannes u. a. mit der Frage, warum er sich fUrchte, und der Aufforderung an, nicht kleinmütig zu sein (soweit NHC II I, 1,5-2,13; vgl. IV 1,2,1-3,6; BG 19,621,19). Anschließend stellt sie sich mit der Selbstpräsentation als Vater, Mutter und Sohn usw. vor und gibt den Zweck ihres Gekommenseins an: die Verkündi-
59 Soweit s. Pagels 419 und Fallon 125, der 148 eine Gesamtübersicht nach seinen AusfUhrungen zu den Einzehexten von 126-147 bietet (s. z. B. ApkAdams NHC V 5, bes. 65,2'>-31); vgl. auch Poimandres I ff. 60 S. Pagels 41.>-419, der dem Zusammenhang nicht sehr glücklich neutestamentlich noch die disparaten Szenen von Act9,3-7 vgl. 22,6-11; 7,55f.; 1O,lOff. zuordnet.
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gung dessen, "was ist [und was war und w]as geschehen wird"61, an Johannes, damit er Unsichtbares und Sichtbares erkenne, und seine Belehrung über den vollkommenen Menschen (NHC 11 1,2,12-20; vgl. IV 1,3,&-16; BG 21,19-22,9). Schließlich gibt der Offenbarer dem Johannes die Anweisung, zu hören und das Gehörte seinen Gleichgeistern weiterzugeben, die aus dem Geschlecht des vollkommenen Menschen stammten. Johannes fordert ihn auf zu sprechen, und er beginnt seine Offenbarungsrede (NHC 11 I, 2,21-26ff.; vgl. IV I, 3, I&-24 ff.; BG 22,10-18ff.).
Diese Epiphanieerzählung ist in Exposition (a), Reaktion desJohannes (cl e), Vision (d) und Offenbarungsrede (g) trotz ihrer größeren Breite derjenigen der Apk bemerkenswert verwandt. Die- zu einem Gutteil über die gemeinsame Epiphanietradition vermittelte - Parallele des Duktus reicht nicht nur von der Exposition zu einer Vision Jesu Christi, der sich als Offenbarer mit der "Ich bin"-Formel und der Aufforderung, sich nicht zu fürchten, einführt, sondern in der Offenbarungsrede auffällig weiter zu einem Tradierungsauftrag, der im Rahmenschluß des ApokrJoh als Schreibauftrag spezifiziert wird 62 . Hinzu kommt die Berührung mit Apk 1,19 in der Bestimmung des durch den Offenbarer zu vermittelnden Wissens mit einer Drei-Zeiten-Formel als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft betreffend. Es erscheinen also sogar zu den bisher genannten zusätzliche Formelernente, die gerade Apk und Gnosis in eine Beziehung setzen. Ihre je spezifische Aufnahme bestätigt zugleich die Spannung der Apk zur Gnosis: a) Die überweltliche Schreibbeauftragung kam im religionsgeschichtlichen Kontext der Vorstellung von der Entstehung heiliger Bücher durch eine Gottheit oder in deren Auftrag auf, die 63 orientalisch von alters her weit verbreitet war und von Ex 34,27; vgl. 24,12 an auch ins Alte Testament Eingang fand. Spätere jüdische Texte lassen im Zuge der Transzendierung Gottes Engel als Vermittler des Schreibbefehls hervortreten Uub 2,1 nach 1,5; Tob 12,20)64, der die Souveränität des Schreibenden gezielt 61 Übersetzung von NHC 11 I, 2,16f. nach Krause in der Ausgabe Krause/Labib, Apokryphon 112. 62 NHC 111,31,28-32,1 (vgl. IV 1,49,9-20; BG 75,1~76,15; NHC 1111, 39,1~,4) lautet: .. ,Ich aber habe dir alle Dinge gesagt, damit du sie aufschreibst und sie deinen Mitgeistern im Verborgenen gibst; denn das ist das Geheimnis des nicht wankenden Geschlechtes.' Und der Heiland gab ihm diese (Geheimnisse), damit er sie aufschreibe und sie sicher hinterlege. Und er sprach zu ihm: ,Verflucht ist jeder, der diese (Geheimnisse) ftir ein Geschenk oder wegen Essen oder wegen einem Getränk oder wegen einem Gewand oder wegen einer anderen Sache dieser Art weitergeben wird ... • (Übersetzung nach a.a.O. 198f.). 63 Wie Leipoldt/Morenz 29ff. nachweisen. 64 Bei den Gestalten Esras und Henochs läuft die Vergabe des Schreibauftrags mit deren Vorstellung als Schreiber - bei Esra näherhin als Toragelehrten und -schreibers, bei Henoch als himmlischen Schreibers - zusammen (s. bes. Esr 7,6.11; 4Esr 14,18-48.50;
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zugunsten seines überweltlichen Auftraggebers einschränkt 6s • Griechisch ist die Vorstellung nicht gleichermaßen religiös lebendig66 , sondern stellt sie eher ein die Souveränität des Schreibenden nicht tangierendes literarisches Motiv dar, dem gemäß man auch bei Epiphanien schon vorab Schreibutensilien zur gegebenenfalls nötigen Niederschrift dabeihat 67 und dessen man sich gerade kleinasiatisch im 2.Jh. n. ehr. für das Abfassen ganzer Werke zu bedienen vermag. Die Belege bei Aelius Aristides hat Weinreich besprochen 68 . Daneben ist Artemidor von Ephesus zu nennen, der nach Onirocriticon II 70 (= 202f.) bei der Abfassung dieses Werkes dem Ruf des Apollo Mystes folgte, dessen Schreibauftrag aber a.a.O. erst am Ende des zweiten Buches einführt, nachdem er im WerkProoimion den gegenwärtigen Bedarf als Abfassungstriebkraft benannt hatte. I I I prooim. nennt er darauf in einer Anrede an Cassius, dem er das Werk widmet, nur den Blick auf die Größe von dessen Weisheit als Abfassungsbeweggrund, IV prooim. den göttlichen Ruf und den Eifer des Cassius gleichgeordnet nebeneinander. Ein literarisches Widmungs- und Schreibbegründungsspiel entsteht, in dem Artemidor sich seiner schriftstellerischen Souveränität voll bewußt bleibt, aus der heraus er nach III 66 seine Verfasserkennzeichnung im Werktitel als Daldianos und nicht Ephesios wählt, um dem bislang unbekannt geblieben Daldis so voller Dankbarkeit die Bücher des Onirocriticon zu widmen.
So literarisch-spielerisch erscheint der Schreibauftrag weder in der Apk noch im ApokrJoh. Für den Einsatz des Motivs in ihnen - wie den weiteren gnostischen Belegen - ist die vorderorientalische Traditionslinie grundlegend 69 , die die Verschriftung vor allem um des durch sie ermögäthHen 92,1; TestAbr Rec B 11; Jub 4,23; slavHen 53,2) (zu Esra als Schreiber vgl. Schaeder passim, zu Henoch Dexinger bes. 146-150). Im Unterschied dazu vermeidet der Apk-Autor jede nominale Selbstbezeichnung als Schreiber, ordnet sich also weder einer besonderen jüdischen Schreiber-(Schriftgelehrten-)Tradition (zu dieser Näheres bei Westerholm 26-31) noch einer solchen griechischen zu (etwa der kleinasiatischen Orakelschreibertradition: s. zu Didyma Wo. Günther, Orakel 116f., zu Klaros Picard 259-262 und Robert, L'Oracle 310, vgl. 312). 65 Vgl. Dexinger 149, der diesen Abhängigkeitsgedanken von Henoch aus für das Schreibmotiv in der apokalyptischen Literatur herausstellt. 66 Auch wenn Dedikationen in ihrer Verschriftung gerne auf ein Orakel- oder Traumgeheiß der Gottheit zurückgeführt werden (Belege - u. a. aus Philadelphia! - bei Barton/ Horsley 8 und II Anm. 15), Leipoldt/Morenz 32 also die Vorstellung göttlicher Schreibaufträge gar zu sehr aus dem griechischen Denken lösen möchten, spielt dort doch die Inspirationsvorstellung des Musengedankens (dazu s. Barmeyer passim) insgesamt eine gewichtigere Rolle. 67 So Thessalostext T 21 (vgl. M 21); PGrM XIII 90-94 und 644f. Festiguere, ReveIation I 318 sieht in Apuleius, metam. VI 25, I eine mögliche unschuldige Parodie darauf. 68 Weinreich, Heilungswunder 5f. 69 Die altorientalische Linie göttlicher Urheberschaft heiliger Bücher wird gnostisch am vielleicht unmittelbarsten in der Dreigestaltigen Protennoia NHC XIII I sichtbar, die sich SO,23f. ausdrücklich als Heilige Schrift gibt, die vom Vater in vollkommener Erkenntnis
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lichten zeitübergreifenden Zeugnischarakters und der Gewährleistung überdauernder Sachtradierung willen betont. Erstere Vorstellung tritt besonders inJes 30,8 (vgl.Jer 36; Hab 2,2-4 7 °;Jub 1,5 ff.; äthHen 81,6) hervor. Letztere (belegt in äthHen 82, I ff. - im Anschluß an die Beauftragung von 81,5-10 - sowie 92, I; slavHen 33,5-12 und - geradezu erzählerisch ausformuliert - in 4Esr 14,1~26bzw.49) spitzt sich in der zwischentestamentlichen pseudepigraphen Literatur auf die ideologische Funktion zu, die Herleitung der verschrifteten Traditionen aus der Zeit der pseudonym genannten Gestalt und ihre die Zeiten überdauernde U nversehrtheit abzusichern 71.
Der Umfang des Mitzuteilenden und dessen Adressaten werden in der Tradition gerne - übrigens in gemeinantikem Kontext - auf ausgewählte Gruppen beschränkt, die das mitgeteilte besondere Wissen erfassen und bewahren können 72, ein Zug, den die gnostischen Zeugnisse - weit über das Apokrjoh hinaus - ungebrochen fortführen: Das Schreiben dient der Tradierung des vom Offenbarer mitgeteilten geheimen Wissens an einen begrenzten, pneumatisch ausgezeichneten Personenkreis (s. neben Apokrjoh NHC 11 1,31,28-32,1 par Thomasbuch NHC 11 7, 138,1 ff. und 145,17 f.; Die drei Stelen des Seth NHC VII 5, 118,13-19 mit 127,28 f. und jakobusbrief NHC I 2, 1,8-25). Es überbrückt die (kürzeren) Zeiträume zwischen der fingierten Abfassung und Veröffentlichung, so daß etwa in der I.j akobusapokalypse sogar explizite Zeitmomente eindringen (NHC V 3, 36, 7-24ff.), und garantiert die Überlieferung in ihrer Richtigkeit 73 , weswegen oft auch der Schreiber genannt wird (EvThom Prolog; 2.Apkjak NHC V 4, 44,15; Pistis Sophia 69 vor 71, bei Schmidt/Till Kap. 42 vor 43). Die Apk steht differenzierter in der Tradition. Mit ihr läßt der ApkAutor die Souveränität seines schriftstellerischen Tuns hinter seiner Abhängigkeit vom Schreibauftrag einer überweltlichen (Offenbarungs-)Gestalt zurücktreten, bringt er (in 1,2) das Zeugnismotiv ein und verbindet er das Schreiben (in I, 11) mit dem Tradieren. Aber der Gedanke einer Zeitüberbrückung fehlt völlig - ein eindeutiger Hinweis darauf, daß der Apk-Autor zwischen der Verschriftung und Veröffentlichung seines Werks keinen, und sei es auch fiktiven, Zeitraum liegen sieht, also für dessen Abfassung keine pseudonyme Größe der Vergangenheit bemüht. geschrieben wurde. - Auf den bereits o. unter 1.2.1.5 besprochenen Sachverhalt bei Herrn ist im folgenden nicht nochmals einzugehen. 70 Dazu s.Janzen passim. 71 Dies wies Rau bes. 428 rur äthHen nach. Bes. deutlich ist es auch slavHen 33,11 f. Eine Sonderstellung im Kontext nimmt Tob 2,20(-22) ein. 72 S. bes. 4 Esr 12,38; 14,45fT. Beliebt ist die Vater-Sohn- bzw. Vater-Kinder-Weitergabe (s. etwa äthHen 81,6; 82,1 fT.; vgl. auch Artemidor, Onirocriticon IV prooim.); Weiteres bei Leipoldt/Morenz Kap. 8, bes. S. 9Of. und 95fT. 73 In der 2. ApkJak dient möglicherweise der Vater des Jakobus als weiterer Garant (l"HC V 4, 44, bes. 13--20).
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Noch auffälliger ist die Angabe der Adressaten, denen die Tradierung gilt, in 1,11. Sie sind nicht mit einer besonderen pneumatischen Qualifikation bezeichnet, die sie zum Empfang einer Geheimoffenbarung befugen könnte, sondern lediglich lokal fixiert, noch dazu in einer Weise, die den Text auf eine historisch-geographische Referenz hin überschreitet. Entsprechend konkret und textextern verweisend wird der Tradierungsvorgang als Versendungsvorgang benannt. Dieser Befund korrespondiert demjenigen, der zu Apk 1,1-3 zu erheben war: Der Apk-Autor greift auf Form- und Traditionslinien zurück, die nicht nur in der jüdischen Literatur belegt sind, sondern insbesondere in der (christlich-)gnostischen Literatur wirksam werden, und korrigiert sie entsprechend seinen eigenen Kommunikationsinteressen. Entgegen einem zeitüberbrückenden Überliefern von geheimen Sondertraditionen an pneumatisch besonders zu ihrer Rezeption befähigte auserwählte Adressaten begründet bei ihm die vollrnächtige Schreibbeauftragung Jesu Christi die öffentliche Mitteilung der nach 1,1 f. vom traditionellen Christuszeugnis getragenen, ihm zuteil gewordenen Offenbarung in eigenverantwortetem Zeugnis an keineswegs pneumatisch vollkommene (s. Kap. 2 f.) Christengemeinden in der Asia. b) Dieser charakteristisch selbständige Umgang des Apk-Autors mit der aufgegriffenen Tradition wiederholt sich in 1,19 bei der Drei-ZeitenFormel, wenn hier zur Vorgeschichte auch der griechisch-römische Raum stärker heranzuziehen ist. Die alttestamentlich-jüdische Tradition von Jes 48,6 LXX; Dan 8,19; vgl. äthHen 91,1 und syrBar 3,5 führt nämlich nur zum dritten Glied der Wendung von Apk 1,19. Sie dokumentiert ein divinatorisches Interesse am Vorherwissen dessen, was geschehen werde, das auch griechisch-römisch geläufig ist 74. Die dreigliedrige Formel führt darüber hinaus in einen genuin hellenistischen Zusammenhang, aus dem heraus sie jüdisch erstmals Philo All I I 42 rezipiert. Sie dringt dann - parallel zur Apk, aber weniger selbständig und sicherlich nicht in die Apk beeinflussender Weise - zögernd(!) in weitere jüdische Texte ein 75.
Ihren Schwerpunkt findet die Tradition des Redens von dem, was ist, war und sein werde, nicht in einer - selbst römisch nur selten belegtenprofanen Bezeichnung geschichtlicher Verhalte, sondern in religiös fundierten Aussagen, die bis Homer (Ilias A 70) und Hesiod (theog. 31 ff. 38) zurückreichen und sich um die Zeitenwende etwa in der Selbstvorstellung 74 S. zur Apk zeitgenössisch Silius I talicus I I I 12 vor I I I 630, für eine kritische christliche Position Herrn mand. IX 2 (dazu Reiling bes. 74ff. mit weiteren Vergleichslexten). 75 Zweigliedrig in slavHen 39, I; am Rande in syrBar 83,9. Trotz dieser geringen Belege und seiner Kenntnis ihres griechischen Hintergrunds geht Müller, Offenbarung 86 (vor 86f.) doch wieder von einer jüdisch-christlichen, prophetisch-apokalyptischen Vermittlung der Formel in die Apk aus.
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Apolls als Enthüller dessen, was sein werde, war und ist, niederschlagen (so bei Ovid, metam. I 517f.). Diedreigliedrige Formel verweist so aufdie besondere, eigentlich göttliche Fähigkeit, um die Geschichte in ihrer Ganzhei t und ihren Tiefendimensionen zu wissen, an der die Götter - wie die überweltlichen Musen und ähnliche Gestalten - auserwählten Menschen, etwa Dichtern und Sehern, Anteil geben können 76. Christlich setzt die Großkirche die Formel ab dem 2.Jh. zur Bezeichnung geschichtsmächtiger und geschichtsrichtiger Prophetie ein, wie sie ihr bei den alttestamentlichen Propheten gegeben ist 77 . Hier laufen die Aussagelinien der eingliedrigen zukunftsbezeichnenden und der dreigliedrigen Formel zusammen, deren nicht-divinatorisches präteritales Glied nun näherhin zum Beweis der Wahrhaftigkeit des Propheten aus der Richtigkeit seiner Vergangenheitsaussagen benutzbar ist 78 .
Besondere Bedeutung erlangt die Formel im (christlich-)gnostischen Bereich, da sie sich zur Bezeichnung des gnostischen Tiefenwissens um die Geschichte und das Seiende und um deren Gründe ideal geeignet zeigt. So dient im angeftihrten ApokrJoh (NHC 11 I, 2,16-20 par) die Verkündung des Offenbarers über das Seiende, Gewesene und Geschehen-Sollende der Erkenntnis desJohannes über Sichtbares und Unsichtbares, über das sichtbare Geschehen in den Zeiten und über die Ursachen, Bedingungen und Zwecke des Weltenzusammenhangs überhaupt. Vertieft wird das durch die Korrespondenz der Drei-Zeiten-Formel mit der triadischen Vorstellung des Offenbarers als Vater, Mutter und Sohn, d. h. als erster Grund, als Schöpfer und als Erlösungsmacht (s. 48,2~52,21; 52,21-57,24 und 78,11-79,25)79. Das EvPhil (NHC 11 3,64, IOff.) entwickelt die Formel anthropologisch weiter. Synkretistisch befassen sich etwa die Naassener (nach Hippolyt) mit der Natur des Vergangenen, Gegenwärtigen und Künftigen (ref. V 7,20) und verehren Hermes als dessen Erklärer und Schöpfer (7,29)80. Bemerkenswert stellt der Tractatus Tripartitus (NHC I 5) über das Motiv der Dreizeitenformel den Zusammenhang zwischen dem Vater, der die Totalitäten setzt (87,35f.), und dem Logos heraus, der als Verwalter aller Dinge die Schau über sie erhalten hat 76 Die Verankerung des umfassenden Geschichtswissens im Sein und Wesen der Gottheit dokumentiert geradezu klassisch die Inschrift der Isisstatue in Sais: Fyw ElI!L 1täv tO yryovoC; xal. öv xat t061!EVOV Xl).. (nach Plutarch, De Is. 9 = mor. 354 C; dazu s. Griffiths' Kommentar in s('in('r Ausgabe 284 mit weiteren Belegen). Um die Weit('rgab(' di('ses \Visscns geht es j('nscits dichterbezogener Texte etwa in einer Reflexion über das Orakel in Delphi (Plutarch, mor. 387 B = De E apud Delphos 6) und im Gebet eines Magiers (das van Unnik, Formula 90f. aus einem Londoner Papyrus belegt). Van Vnnik bietet a.a.O. passim noch umfassendes weiteres Material. 77 Belege van Unnik a.a.O. 88f. 78 Dazu s. Reiling 77 f. 79 Näheres s. Giversen in seiner ApokrJoh-Ausgabe 157. 80 Dazu s. van Unnik a.a.O. 88.
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(95,1 &-22), um anschließend (97,21 ff.) in freier Reflexion der Formel auch noch die zukunftsenthüllende Aktivität der "Macht" zu thematisieren 81 .
Nachdem der Apk-Autor sich der Drei-Zeiten-Formel schon in der Gottesprädikation von 1,4.8 nur, wie besprochen, zögernd und differenziert von der alttestamentlichen Selbstvorstellung Gottes (Ex 3,14) aus angenähert hat, setzt er 1,19 im Rahmen der auch von ihm grundsätzlich geteilten Vorstellung überweltlich vermittelten Eindringens in die Geheimnisse der Geschichte und des Seins wieder einen spezifischen Akzent: Er füllt das präteritale Glied nicht mit einer Form von YLvEO'Ö'at oder Elvat, sondern mit einer Form von 6Qäv, ersetzt also den traditionellen Verweis auf Vergangenes in seinen Geschichtsdimensionen durch einen konkreten, begrenzenden Visionshinweis. Ob dieser nun näherhin auf die unmittelbar vorangehende Vision des Menschensohnähnlichen 81 oder auf das gesamte Visionscorpus der Apk weist83 , kann offenbleiben. Es interessiert vornehmlich bei einer Interpretation der Drei-Zeiten-Wendung in Apk 1,19 als Gliederungsentwurf der Apk, die angesichts des traditionell nicht gliedernden, sondern zusammenschauenden Charakters der Formel nicht haltbar ist und dementsprechend zu einer unentscheidbaren Vielfalt der Referenzbezüge auf die Formelglieder führt 84 . Der Apk-Autor verzichtet mit der Beschränkung des präteritalen Elementes nicht nur auf die Chance, seine zukunftsgerichteten Visionen über verifizierbare Vergangenheitsaussagen (und vaticinia ex eventu) abzusichern 8s • Er negiert vor allem die Effizienz einer Suche nach Gründen des Seins in vergangenen Geschichtstiefen, wie sie gnostisch zu mythischdualistischen Entfaltungen dessen, was war, führten. So gewiß er sich der Faszination mythischer Argumentation nicht ganz verschließen kann, gibt er ihr am kommunikationsentscheidenden Eingang seines Schreibens keinen Raum, sondern ordnet er sie Kap. 12 ganz der Entfaltung seiner Argumentation unter 86 . Da er weiter eine sachliche Konzentration auf das futurisch-divinatorische Glied der Formel verweigert, erhält sein Text einen eigentümlichen Realitätsbezug: Aufgrund der Offenbarung Jesu Christi hat er nicht die Zukunft als allgemeines Futurum zu verschriften, sondern als das, was J.lEtU 'ta'Ü'ta, nach dem Jetzt Seienden, auf das konkrete Gegenwartserleben hin, geschehen muß und zu geschehen anWritrrr Bdrgr sind über das Nag-Hammadi-Rrgistrr S. 145 unten auffind bar. So etwa Bousset, Offenbarung 198; zuletzt Müller, Offenbarung 86. 83 So etwa Hadorn 38. 84 Zu den entstehenden Interpretationstypen s. Lambrecht, Structuration 79f. und Poirier 21 f. (Lambrecht nimmt - wie schon Schüßler Fiorenza, Priester 264 Anm. 100 - zu Recht von einer Gliederungsinterpretation Abstand.) 85 Diese Chance hätte ihm eine Orientierung an der skizzierten großkirchlichen Rezeption der Formd als Ausweis geschichtsrichtiger Prophetie geboten. 86 Weiteres s. unter 2.4.2.1. 81
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hebt. All seine weiteren Ausführungen erhalten einen situativen Anstrich, der auch bei der Interpretation ihrer zukunftsgerichteten Passagen nicht außer Blick geraten darf. Die mögliche Absetzung von der Gnosis ist hier also in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Sie bildet eine Komponente im Rahmen des umfassenden schriftstellerischen Anliegens des Apk-Autors, seinen Adressaten eine Richtig-Darstellung des Seienden und des deswegen Geschehen-Müssenden zu bieten. Dem entspricht, wie schon zu 1,1-3 bemerkt, im großen und ganzen am ehesten eine implizite Korrektur von ihm angenommener Fehlpositionen bei seinen Adressaten. Scharfe situative Polemik beschränkt sich demgemäß auf die Situationsschilderungen der Sendschreiben, die nun zunächst in ihrer Form zu charakterisieren sind.
2.3.1.3 Die Sendschreiben 2,1-3,22 Die Sendschreiben bilden den abschließenden Teil der formal in 1,9 beginnenden Eröffnungsepiphanie der Apk. Sie binden die Rede des erschienenen Menschen(sohn)ähnlichen nach dessen Selbstpräsentation und Eingangsbemerkungen in eine feste, geprägt erscheinende Gestalt, die in der siebenfachen Abfolge von konkretisiertem Schreibbefehl, Botenformel mit Christusprädikationen, oIÖa-Abschnitt, Weckruf und Überwinderspruch 87 formale Untersuchungen ausgesprochen anregen mußte. Für unseren Zusammenhang wenig ertragreich blieb dabei die in der Forschung immer wieder versuchte ästhetisch-strukturale Analyse der Sendschreiben auf eine innere strophische und poetische Struktur88 und/oder übergreifend ihre kunstvolle Gesamtgestaltung und Zusammenordnung89 . Denn bei allen guten Einzelbeobachtungen blieben die Ergebnisse unbefriedigend: Weder eine innere rhythmische und poetische Struktur der einzelnen Sendschreiben noch eine etwa konzentrische Gesamtstruktur von Apk 2-3 ließen sich zwingend nachweisen 90 .
Ein namentlich in Deutschland breiter Forschungsstrom versuchte die Formbestimmung vom formgeschichtlichen Vergleich der Einzelelemente aus, beachtete freilich eine gewichtige methodische Grenze oft unzureichend: Da die Sendschreiben in ihrer Parallelisierung deutlich stilisiert 81 Aufbaucharakteristik nach Hahn, Sendschreiben 364,36&-390. Die Abfolge wird lediglich in der Voranstellung des Überwinderspruchs vor den Weckrufin den letzten vier Sendschreiben modifiziert. 88 Etwa Hadorn 40; Lohmeyer, Offenbarung 40 f. 89 Bes. Hubert passim und zuletzt Vanhoye 62-67. 90 S. Hahn a.a.O. 364f. und zur Kritik Huberts (u. a.) noch Zalewski bes. 47 f.
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sind, da außerhalb der Apk keine formalen Parallelen zur Gesamtstruktur der einzelnen Sendschreiben oder gar ihres Siebenerzusammenhangs vorliegen und da schließlich dieser Befund angesichts der Fülle überkommener griechischer, jüdischer und frühchristlicher Texte nicht nur zufällig sein kann, ist eine starke redaktionelle Eigenarbeit des Apk-Autors, die verschiedene Formtraditionen kombiniert, von vornherein wahrscheinlich. Fragwürdig ist von daher nicht nur die nach wie vor beliebte, eher assoziative als präzise Rückführung unseres Komplexes auf eine einzelne ältere literarische Form, sei es aufHerrschererlasse 91 , auf "Abschiedsermahnungen vor Beginn der Himmelsreise"92, auf eine Mk 13 par folgende Benutzung der(!) "apokalyptische(n) literarische(n) Gattung"93 oder auf das altorientalische Bundesformular94 . Problematisch ist es auch, in den Sendschreiben trotz ihrer bewußten Schriftlichkeit (s. 2,1 a usw.) ein "Surrogat mündlicher Predigt" zu sehen, das die Rekonstruktion von Grundformen frühchristlich-prophetischer Predigt erlaubte 9s .
Unter Wahrung der so gebotenen Zurückhaltung erlauben die in der Forschung erzielten Erkenntnisse die Erstellung eines Gesamtbildes zum form- und traditionsgeschichtlichen Ort der Sendschreiben. a) Die Sendschreiben sind bereits durch die konkreten Schreibbefehle, die sie einleiten, auf die briefliche Kommunikationsform hin stilisiert, die sie nach dem Willen ihres Autors insgesamt trägt 96 . In ihrem Aufbau von in den Erzählkontext - näherhin den Schreibbefehl- eingebundener Adressatennennung, anschließender Absendernennung in der Botenformel und Eschatokoll-Iosem Textcorpus beleben sie zunächst die Tradition der in literarische Zusammenhänge eingebetteten Briefe vorderorientalischen Formulars aus dem Alten Testament 97 • Nicht zufällig geraten sie mit der 91 So Stauffer 202, der sogar näherhin die Edikte Domitians als antithetisches Vorbild postuliert, ohne dies an Texten verifizieren zu können: Schon die Eingangswendung der Edikte weicht in ihrer Voranstellung des Namens vor das Verb des Sagens (Beispiele bei Documents Gaius ... Nr. 64,377,381-383 und Lafoscade Nr. 8,95,116,144, 149) gewichtig von derjenigen der Sendschreiben ab. 92 So Berger, Exegese 181, obwohl-entgegen auch slHen 2 - keine Rede eines Abschiednehmenden vorliegt. 93 So Zalewski passim, Ergebnis 47 r. (Zitat 48), obwohl erdie angebliche Grundlage der Sendschreiben in der synoptischen Apokalypse nur aufschwache Anklänge stützen konnte. 94 So neuerdings Shea, um die Sendschreiben als Bundeserneuerungsbotschaften interpretieren zu können. 95 So U. B. Müller, Prophetie 47-107 (dazu Kritik bei Dautzenberg, Zur urchristlichen Prophetie 127 r.!) und Offenbarung 91 (Zitat) ,95 f. Dieselbe Richtung verfolgt Hahn. Sendschreiben bes. 364, 398r. (vgl. die Kritik bei Hartman, Form 142). 96 V~1. z. B. Hahn a.a.O. 363r. 97 Vgl. zu den aluestamellllichen Belegen Roller 2131T., zur vorderorientalischen Briel: konvention o. unter 1.2.2.1.
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Füllung der Botenformel durch Hoheitsprädikate dabei besonders in die Nähe der Prophetenbriefe 98 : Wie jene betonen sie die sie tragende göttliche Autorität, die sie gemäß der schriftstellerischen Beauftragungskonzeption der Apk freilich neu christologisch zuspitzen. Bemerkenswert ist dieser Befund vor allem deshalb, weil er das schon beim Briefformular von 1,4ff. beobachtete Zurücktreten des Johannes hinter der ihn beauftragenden überweltlichen Gestalt konsequent und voll einlöst - Johannes ist nun tatsächlich nicht mehr als Schreiber99 . Mehr noch, durch die vorderorientalische Gestaltung der Sendschreiben wird der Rückgriff des Apk-Autors in 1,4ff. auf die seiner Beauftragungskonzeption gegenüber viel sprödere paulinische Briefkonvention noch auffälliger, der Rückschluß daraus auf die Adressatenorientierung des Briefautors der Apk noch zwingender 1oo•
b) Auch zur Gestaltung der Sendschreibencorpora greift der Apk-Autor auf alttestamentlich-jüdische Traditionen zurück, so in den Einzelelementen der olba-Abschnitte auf prophetische Heilsorakel und Gerichtsrede 101 . Allerdings bleibt der Gesamtduktus vom "Ich kenne"-Abschnitt mit situationsbezogenem Lob/Tadel über die g~gebenenfalls scharfe Umkehrforderung zur Heilsverheißung in den Uberwindersprüchen in der prophetischen Tradition ohne Analogie 102 • Dafür sind die Anregungen in einer jüdisch-zwischentestamentlichen paränetischen Tradition zu suchen, die bislang bei den Test XII beobachtet wurde 103 , aber auch inJub 1,7-18 vorliegt und dort - für einen Vergleich mit der Apk besonders interessant - als begründende Gottesrede auf einen Schreibauftrag Gottes an Mose folgt. Diese Paräneseform wird durch eine Beschreibung des - gebrochenen - Verhältnisses der (fiktiv zukünftigen) Menschengeschlechter zu Gott und seinen Geboten eröffnet, die zwar nicht regelhaft, aber häufig durch ein "Ich kenne" oder eine ähnliche Äußerung des Redenden eingeleitet wird (z. B.Jub 1,7-12.14; TestIss 6,1-2a; TestDan 5,4f.6f.). Auf die Nennung der Vergehen dieser Geschlechter folgt die Ankündigung der Strafen geradezu als Fluchfolgen, wozu häufig die Exilierung unter die Heiden gehört (s. z. B. J ub 1,13; TestIss 6,2 b; 98 Vgl. zum Formular bes. 2Chr 21,12(-15) LXX. Näheres s.o. Abschnitt 1.2.1.1; nach Berger, Apostelbrief 12f. betont auch Müller, Offenbarung 91 f. den Zusammenhang sehr extensiv. 99 Dieser Schreibercharakter verbietet es im übrigen, aus der literarischen Rezeption der alten Prophetenbriefform Schlüsse auf einen (urchristlichen) Prophetenstatus des Johannes zu ziehen. 100 Vgl. o. unter 1.3. 101 Vielleicht auch noch weitere Formen der prophetischen Tradition und die Streitrede Rib: s. U. B. Müller, Prophetie 57-100; Zalewski 27-34, 36-39. 102 So weit ist Hahn a.a.O. 370-377 zu folgen, während seine Behauptung, es gebe für den Abschnitt "keinerlei uns bekannte Analogien" (376), zu weit geht. 10l S. Aschermann bes. 11-17 und Baltzer bes. 15S-167, 168 (mit sehr hypothetischer Rückverfolgung der Tradition in die Geschichte des Bundesformulars - vgl. 183f.).
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TestDan 5,8). Die Strafen gelten bis zur Umkehr der Geschlechter zum Herrn (z. B.Jub I, ISa; TestIss 6,3; TestSeb 9,7; TestDan 5,9a), aufdie hin sich der Herr als Barmherziger erweist, so daß die so gebauten Paräneseabschnitte in eine Verheißung des Heils-der Rückführung aus dem Exil usw. - auslaufen (z. B.Jub 1,15b-18; Testiss 6,4; TestDan 5,9b).
Das Paräneseschema aus Situationsbestimmung ("Ich kenne ... "), Fixierung der Folgen nach dem Tun-Ergehen-Zusammenhang, U mkehrmotiv und darauf antwortender Heilsverheißung ist als Hintergrund der Sendschreibencorpora unmittelbar spürbar, die kritisierten Gemeinden gelten und dabei vom olÖa-Abschnitt, von Umkehraufforderung und Strafandrohung zum verheißenden Überwinderspruch hinführen 104. Die nicht kritisierenden Sendschreiben zu Smyrna und Philadelphia verkürzen die Elemente notwendig um die Strafandrohung, die den Vergehen korrespondiert, behalten aber den charakteristischen Fortgang von der Situationsbestimmung zur Verheißung beilOS, die die Apk übrigens stets in die wohl aus dem weisheitlichen Mahnspruch entwickelten Uberwindersprüche faßt 106 . Trotzdem darf nicht von mehr als einer Anregung der Sendschreibengestahung durch die aufgezeigte jüdisch-zwischentestamentliche Paräneseform gesprochen werden. Denn der theologisch für das jüdische Schema maßgebliche Gedanke des Tun-Ergehen-Zusammenhangs ist in den Sendschreiben ein erhebliches Stück aufgebrochen. Die Strafe folgt nicht mehr zwangsläufig als Fluch auf die böse Tat, sondern wird konditionalisiert, angedroht für den Fall, daß die Umkehr ausbleibt, zu der aufgerufen wird. Und ähnlich tritt an die Stelle der notwendigen Abfolge gutes Tun-Glück/Segen aus dem weisheitlichen Mahnspruch die appellierende Verheißung im Überwinderspruch, der die Weltimmanenz überschreitet und "nicht einfach die positive Folge des rechten Tuns, sondern die direkte Zuwendung des zukünftigen Richters (enthält)."lo7 Der Überschritt auf die Drohung wie auf die Verheißung ist christologisch gebunden, ersterer durch die Neueinführung der Kommensankündigungen Jesu Christi in die Paräneseform, letzterer durch die gegenüber dem weisheitlichen Mahnspruch auffällige Einführung Jesu Christi in die Überwindersprüche als Satzsubjekt. Von neuem wird wie schon zu Apk 1,1-3 und 1,4-8 - die entschiedene christliche Bindung des Apk-Autors sichtbar.
c) Sind die Sendschreiben in Anlehnung an alttestamentlich-jüdische Formtraditionen formuliert, so bleiben sie gleichwohl in den ihren Aussagen zugrundeliegenden Vorstellungen zu nichtjüdischen hellenistischen AdresDas Sendschreiben zu Sardes betreffend hat das bereits Baltzer 168 herausgestellt. Vgl. die einfachere jüdische Paräneseform der Segensfolge auf gutes Tun hin, die Baltzer 165 herausstellt. 106 Dazu s. U. B. Müller, Prophetie 104-107; Hahn (a.a.O. 383) überzog die Tradition mit einer Interpretation "im Sinne eines eschatologischen Rechtssatzes". 107 U. B. Müller a.a.O. 106. 104 105
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satm kommunikabel: Das Reden von einer göttlichen (Straf-)Reaktion auf eine (böse) Tat war letzteren sehr geläufig und schlug sich im Bereich der in der Apk genannten Adressatengemeinden in der Vorstellung großer Strafaktionen der Götter gegen die, die sich als Übertreter gegen ihren Willen vergehen, komplementär zu ihrer liebenden, Gutes gewährenden Zuwendung zu ihren Gefolgsleuten nieder 108 • Und das im für die Gestaltung zentralen olba-Motiv vorausgesetzte umfassende Wissen der Gottheit findet im ganzen Bereich der griechisch-hellenistischen Gottesauffassung, näherhin der Mantik, Divination, Prophetie und Esoterik, seine Korrelate. Die Gottheiten gelten dort von alters her als allwissend (Homer, Odyss. IV 379) - eine Vorstellung, die in die Gottesprädizierung des hellenistischen Judenturns ausstrahlte und dabei auf das Wissen um individuelle Situationen zuspitzbar war (s. bes. Est 4,17 d) 109 - und geben ihr Wissen in Divination, Mantik und Esoterik weiter. Einen markanten Beleg mit tabE UYEL-Einleitung und unserer olba-Formel bietet Herodot I 47,2f. für das delphische Orakel (vgl. auch Pindar, Pythien IX 44f.). In die Hermetik führt die olba-Formel in der Eröffnungsepiphanie des Poimandres 2110.
Die Sendschreiben sprechen also im Anschluß an die Drei-ZeitenFormel von 1,19 und deren Vorbereitung in den Gottesprädikationen von 1,4.8 die hellenistische Überzeugung von der Kommens- tt1 und Handlungsmächtigkeit der Götter und das dortige Interesse an Divination und Mantik an. Aber sie legen ihren Akzent, wie die vorrangige Aufnahme einer jüdischen Paräneseform für die Textgestaltung zeigt, nicht auf esoterische Divination, sondern auf situative Paränese. d) Aber erhalten die Sendschreiben nicht doch noch durch ein in die aufgegriffene Paränesetradition neu eingefügtes Element einen esoterischen, besondere Erkenntnisbedingungen fordernden Anstrich, nämlich durch ihre Uttckrufe 1t2? 108 S. die zuletzt von Barton/Horsley 8 f. edierte Inschrift des späten 2./frühen I.Jh. v. Chr. aus Philadelphia in ihren Zeilen 4&-50. Angesichts dessen erstaunt das kleinasiatische Niedrigkeitsgeruhl gegenüber den Gottheiten nicht, das sich um das 3.Jh. n.Chr. in einer Reihe von Bußinschriften niederschlug (s. Kraabel, 'Y",uno; 82; in Anm. 5 Lit.). 109 Vergleichstexte und weitere Belege bei van Unnik, A Greek characteristic 227 f. u. ö. 110 Übrigens spielt in diesem Zusammenhang auch die Drei-Zeiten-Formel eine gewichtige Rolle, da sie das umfassende Wissen der Gottheit oder des Sehers (so Vergil, georg. IV 392f.) zu umreißen vermag (Näheres a.a.O. 225f.). 111 Auf das Kommensmotiv der Sendschreiben in seiner hellenistischen Prägung war schon o. unter 1.2.2.2 b) einzugehen. III Diese Linie verfolgte neuerdings Popkes mit Nachdruck. Die Weckrufe machen seiner Ansicht nach "daraufaufmerksam, daß ein Tiefensinn im Text beachtet werden soll" (96); so werden die Sendschreiben zu "einer Art Exerzitienkatalog rur den Empfang besonderer Erkenntnis" (106).
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Unfraglich stellt der Weckruf einen hermeneutischen Topos dar, der die Leser bzw. Hörer zu einem vertieften Verstehen und einem Auf-sieh-Beziehen dessen auffordert, was sie hören, und ist damit ein wichtiges Instrument der LeserfUhrung. Seine traditionsgeschichtlichen Wurzeln hat er in Prophetie und Weisheit, die formale Ausprägung seiner Grundform 6 fxoov o'Ö~ axolJoa'too (oder ähnlich) findet er aber wahrscheinlich erst im Urchristentum 113. Interessant ist der konditionale Beiklang der Formel, der in der Partizipialwendung implizit, in der Nebensatzkonstruktion d 'tL~ lXEL x'tA.. (Apk 13,9; Mk 4,23) explizit hervortritt. In der Bedingung, daß jemand hören können muß, daß es jemandem gegeben sein muß, zu hören, um den besonderen Gehalt adäquat zu verstehen, auf den die Weckformel hinweist, wird tatsächlich eine esoterische Tendenz sichtbar, die etwa Mk 4 das Verstehen der Gleichnisse auf die Jünger beschränkt (4,11 f. zwischen 4,9 und 4,23). Diese esoterische Tendenz kommt dem gnostischen Anliegen, die besondere Erkenntnis Auserwählten vorzubehalten, sehr entgegen, so daß der Weckruf in der christlichen Gnosis nicht zufallig breit belegt ist 114 .
Die Formulierung des Weckrufs in den Sendschreiben der Apk läuft esoterischen Tendenzen jedoch durch die stereotype Ergänzung des Nachsatzes tL tO 1tVEVJla A.EYEL tate; EKKA.'10LaLe; (2,7 a usw.) auffällig zuwider, der den angesprochenen und dabei zum Hören aufgerufenen Adressatenkreis nicht be-, sondern entschränkt: Er setzt sich aus "den Kirchen" zusammen, nicht nur aus auserwählten Christen oder auch nur den Mitgliedern derjenigen Gemeinde, der das jeweilige Sendschreiben gilt. Der Apk-Autor lenkt damit zurück zu der dem Weckruf ursprünglich voraus- llS und kommunikativ zugrundeliegenden Höraufforderung an alle, die hören können, also an alle, die von dem zu hörenden Gehalt erreichbar sind. Von neuem dokumentiert er sein Bestreben, zwar Formulierungen aufzugreifen, die Adressaten mit esoterischen Neigungen etwa frühgnostischer Art ansprechen müssen, diese Formulierungen aber zugleich gegen ein esoterisch-gnostisches Verständnis zu schützen, sofern er dieses von seinem christlichen Standpunkt aus nicht teilen kann. Ein Bild entsteht, das sich gut zu einer kommunikativen Ortsbestimmung der Apk im Zusammenhang früher christlicher Absetzung von gnostischen Strömungen ftigt 116 •
113 Die Grundform ist jedenfalls älter nicht belegt. Nachweise zur Formgeschichte bei Berger, Gesetzesauslegung 480 Anm. I (S. 48(}..482) und Hahn a.a.O. 377f. 114 Unvollständige Zusammenstellung von Belegen bei Robinson, Gnosticism 136; Popkes verfolgt diesen Weg zur Gnosis 96 nach 92ff. unzureichend. 115 S. Berger a.a.O. 480 Anm. I (S.480). 116 Popkes' Textbetrachtung (s. Anm. 112) ist also zu einlinig. Er sucht in den Sendschreiben nicht ein differenziertes kommunikatives GefLige, sondern - in der Nachfolge J. A. Bengels (s. Popkes 91) - "einen einzigen zusammenhängenden Präparationsspiegel, nach dem sich die G~meinden auszurichten haben", eine Form am ehesten "Iiturgisch-henneneu tischen Charakters" (Zitate 106).
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Über der Absetzung dürfen dabei das Anliegen und die zahlreichen Motive nicht unterschätzt werden, die den Eröffnungsepiphaniekomplex der Apk mit der frühen Gnosis verbinden: Beide suchen nach einer Deutung der christlichen Existenz und der Geschichte, in der sie steht. Beiden ist dafür die vollgültige Offenbarung des Herrn und Erlösers verbindlich, der allein aus seinem umfassenden Wissen heraus die wahre Erkenntnis zu vermitteln vermag. Beide akzentuieren - darauf ist neu hinzuweisen - das gewichtig im Text eingesetzte Diebesgleichnis in Richtung auf einen ethischen Dualismus um: Die Wachsamkeit richtet sich Apk 3,3 gegen den Dieb - und damit übertragen gegen den kommenden Christus(!)-, eine Gleichnisauffassung, wie sie sich am verwandtesten im EvThom log. 21 b findet 117 • Übereinstimmend können Apk und Gnosis schließlich vom Heil in einer bedingten Verheißung sprechen und dabei das Siegesmotiv hervortreten lassen. Insbesondere erinnert so der Abschluß der gnostischen Schrift NHC XI I "Die Deutung der Erkenntnis" an die Überwindersprüche der Sendschreiben 118.
2.3.1.4 Der Gesamtzusammenhang und das leserführende Textgefälle Apk 1,9-3,22 ist - so läßt sich zusammenfassen - als für die Abfassung der Apk grundlegende Eröffnungsepiphanie mit spezifisch ausgeführter Rede des epiphanenJesus unter Rückgriffaufverschiedene Formtraditionen namentlich angelophaner, brieflicher und paränetischer Art gestaltet. Die souverän redaktionelle Tätigkeit des jüdischen Traditionen besonders verbundenen Apk-Autors gibt dem Abschnitt nicht nur seine übergreifende Einheitlichkeit, sondern verankert ihn weiterhin im Schnittfeld einer Kommunikation auf griechisch-hellenistischem Boden mit Adressaten weithin nichtjüdischer Herkunft, bei denen u. a. frühe gnostische Tendenzen wirksam werden. Der Apk-Autor gibt der so intendierten Kommunikation in einer spezifischen Akzentsetzung seiner innerzeitlichen Epiphanieoffenbarung einen aufs Eschaton blickenden kritischen Anstrich: Die die Audition eröffnende Stimme ist die einer Salpinx, eines gerade in eschatologischen Zusammenhängen gewichtigen Instruments (z.B. Zeph 1,16; Joel 2,1; I Kor 15,52; 1Thess 4,16 und bes. Apk 10,7 nach 8,2) 119. Ihr Ertönen ist deshalb nicht nur hellenistisch Aufmerksamkeit heischendes Vorzeichen (vgl. Artemidor, Onirocriticon I 56), auch nicht nur epiphanes Signal (wie z. B. Ex 19,16 ff.; ParJ er 3,2), sondern Hinweis auf die bereits innerzeitlich eschatologische Wirksamkeit des nun in der Epiphanie sichtbar Dazu s. Smitmans bes. 62f., 66ff. Dort heißt es 21,31-34 (in der Übersetzung Turner's, Nag Hammadi Library 434): ,. ... ifwe surmounl every sin, we shall receive the crown ofvictory, even as our Head was glorified by the Father" (zum Siegeskrone-Motiv vgl. Apk 2,10;3,11). 119 Näheres s. Friedrich, oclÄmy!; 73 ff., 79f., 84, 86ff., der die Stimme an unserer Stelle allerdings als Gottesstimme identifiziert (86), nicht wie wir als Engelsstimme (5. o. Anm. 66 zu 2.1). 117
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werdenden Jesus. Daß dieser gerade strafend, richtend zu kommen vermag (2,5.16 u. ö.) 120, bereitet schon seine epiphane Beschreibung vor. Denn sie verlagert das Gewicht von den Briefformularmotiven der Liebe, Treue, Sündenlösung weg 121 zum richterlichen Vollstreckungsmotiv des aus seinem Munde kommenden zweischneidigen Schwerts ( 1,16; vgl. z. B. Hebr 4,12), das nicht allein die gott- und christusfeindlichen Mächte bedroht (vgl. 19,15), sondern auch die christlichen Gemeinden (vgl. 2,16 nach 2,12)122. Nach der grundlegenden Heilsvergewisserung der Christen in 1,5f. tritt nun also die Bedrohtheit dieses Heils durch Verstöße gegen Gott und Jesus Christus hervor, die auch die Christen noch dem verurteilenden Gericht aussetzen kann. In der vielschichtigen, in sich konsequenten Leserführung unseres Abschnitts tritt dieser Akzent freilich nur unter anderen hervor: Zuerst fesselt die grundlegende Situationsbestimmung von 1,9 die Aufmerksamkeit, danach, daß die epiphane Audition wie Vision vorab der Beauftragung des Johannes zur Niederschrift des von ihm Gesehenen in ein ßLßALOV und zu dessen Versendung an die sieben Adressatengemeinden der Apk dienen (1,11.19). Ab der zweiten Beauftragung (1,19) treten die niederzuschreibenden Gehalte in den Vordergrund, bei denen es sich nach der 1,19 dafür gebrauchten, traditionell vorgeprägten Formel um eine göttlich gewährte, situativ orientierte Erfassung der Geschichte in ihrem Geschehen und ihrem Charakter handelt. Die Schreibbefehle zu Beginn der Sendschreiben (2, I usw.) füllen sodann über 1,11.19 hinaus die dativische Valenz des Verbs "schreiben" und weisen den Leser bzw. Hörer so auf Gestalten hin, mit denen die zu schreibenden Gehalte in eigener Weise zu tun haben: auf die ä:YYEAOL der sieben in 1,11 genannten Adressatengemeinden der Apk. Wie diese auch näher zu bestimmen sind, die Sendschreibengehalte sollen jedenfalls zugleich von allen Gemeinden und deren Gliedern gehört werden, wie schon der in dritter Person gehaltene leserführende Verweis auf das Erkennen aller Gemeinden in 2,23 b und die gemeindegerichteten sterotypen Weckrufe zeigen (2,7 a usw.). Letztere fUhren den Leser freilich nicht nur - wie der in 2, 10.22; 3,8.9(bis) .20 gebrauchte Imperativ tÖou - innerhalb des Fortgangs der einzelnen Sendschreiben, sondern auch über diese hinaus. Sie sind nämlich in der Apk allgemein nicht retrospektiv, sondern vorausweisend eingesetzt, wie die Stellung des Weckrufs S. die Ausruhrungen zum Kommensmotiv in den Sendschreiben o. unter 1.2.2.2b). Auch Apk 1,13 spielt gerade auf dasjenige hohepriesterliche Gewand an, das "der Hohepriester am Versöhnungstag ablegte, also nicht das [nach Lev 16,4 leinene Gewand], was er als sühnender Hohepriester trägt" (Loader 235, vgl. 233-236). 122 Näheres bei Holtz, Christologie 126 fT. Die richterliche Kennzeichnung Jesu Christi gilt unbeschadet des Vorbehalts des individuellen Endgerichts rur Gott allein (s. bes. a.a.O. 183ff.). 120 121
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von 13,9 vor dem dadurch hervorgehobenen Gehalt in 13,10 zeigt 123. Deshalb wird die Umstellung von Weckruf und Überwinderspruch nach den ersten drei Sendschreiben rur das kommunikative Verständnis der Apk bedeutsam:
Lenkt der Weckruf in den ersten drei Sendschreiben die Aufmerksamkeit auf die Überwindersprüche, die also den kerygmatischen Skopus der einzelnen Sendschreiben darstellen 124 , so lenken die Weckrufe in den folgenden Sendschreiben diese Aufmerksamkeit jeweils neu auf den folgenden Text, zunächst auf das folgende Sendschreiben, dann aber - und dies entscheidend in 3,22 - darüber hinaus auf das Corpus der Apk ab 4,1 125 . Der Apk-Abschnitt 1,9-3,22 kreist von der Leserftihrung und damit der kommunikativen Absicht her also nicht in sich. Er holt seine Leser und Hörer vielmehr 1,9 bei der ihnen mit Johannes gemeinsamen Situation ab, fUhrt sie von dort zum Erfassen der kommunikativen Anlage der Apk als eines an sie zu versendenden ßLßALOV und weiter zum Hören auf ihren Gehalt, der ihnen eine vertiefte Sicht der Geschichte und ihrer eigenen Situation ermöglicht - zunächst in den Sendschreiben, dann von da aus und darüber hinaus im Corpus der Apk. Den Übergang des Lese- bzw. Hörvorgangs zum Corpus erleichtert der ApkAutor dabei noch dadurch, daß er im abschließenden Überwinderspruch 3,21 das Thronmotiv anklingen läßt, das den Hintergrund der Corpuseröffnung in der Thronsaalszene in Kap. 4f. bildet.
Das weist auf eine bewußte kommunikationsorientierte Einheitlichkeit des Gesamtwerkes hin, dessen Kommunikationsdeterminanten nun zunächst in ihrem Niederschlag in unserem Abschnitt 1,9-3,22 weiter herauszuarbeiten sind.
123 Analog dazu steht die Aufforderung, wer Verstand habe, solle die Zahl des Tieres berechnen, in 13,18 vor der Angabe dieser Zahl. Retrospektiv setzen dagegen die Synoptiker den Weckruf ein (Belege bei Hahn, Sendschreiben 377). Bergers Behauptung (Gesetzesauslegung 480 Anm. I) eines durchgängigen spezifischen Abschlußcharakters der Formel ist zu undifferenziert. 124 Dies wird leicht verkannt, wie schon am Ende des 19.Jh. Ittameier 2 bemerkte und richtigsteIlte. 125 Die Erwartungsspannung der Leser/Hörer aufdas Corpus wird dabei nicht erst 3,22 hervorgerufen, sondern bereits ab 2,29 und - geradezu steigernd - 3,6.13. Denn die dort jeweils geweckte besondere Aufmerksamkeit wird vom jeweils folgenden Sendschreiben durch dessen Einleitung mit xai (3,1. 7.14) soweit distanziert, daß sie nicht nur diesem gelten kann. - Das hier erstellte Bild ist im übrigen differenzierter als dasjenige Popkes' 93. der gleichfalls den vorverweisenden Charakter oder Weckrufe erkannte, aber zu einsdtig durchgängig aufs Apk-Corpus bezog (Kritik mit Müller, Offenbarung 94).
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2.3.2 Kommunikativ wichtige Einzelaspekte der Epiphanie und der Beauftragungen 2.3.2.1 Die Selbstbezeichnung der Apk als zu versendendes fJifJAiov In einer Analyse des literarischen Charakters der Apk muß natürlich die Selbstbezeichnung ihrer äußeren Gestalt besonders interessieren, die erstmals im Schreibauftrag von 1,11 - danach noch 22,7.10.18.19 - erscheint. Der dabei gebrauchte Terminus ßLßALOV findet aufgrund seiner etymologischen Herkunft aus einer Benennung des aus der Papyrusstaude angefertigten Schreibmaterials antik - und so auch in der LXX und im Neuen Testament - für Schriftstücke aller Art von Buchrollen über Briefe bis zu Urkunden (wie Scheidebriefen) Verwendung 126 , so daß erst der jeweilige Begriffskontext eine nähere Bestimmung des mit ihm Bezeichneten erlaubt. Die Apk verwendet den' Begriffin der Welt im Text recht breit, vom Buch mit den sieben Siegeln (5,1 usw.) und der Schrift rolle von 10,8 bis zum Buch des Lebens (13,8 u.ö.) und den Gerichtsbüchem von 20,12 127 . Von all diesen Belegen hebt sich der Gebrauch als Selbstbezeichnung in 1,11 durch seine enge Verbindung mit einem Versendungsauftrag klar ab. Die Versendung aber ist - ganz gemäß den Konstitutiva der brieflichen Kommunikationsform, die sich eben durch die Textübermittlung zwischen räumlich getrennten definiten Kommunikationspartnem von anderen Kommunikationsformen wie Gespräch und Buch unterscheidet 128 - im Begriffsgebrauch durchgängig sicheres Indiz für die Brieflichkeit des zu überbringenden ßLßALOV (vgl. z. B. jüdisch-hellenistisch Est 9,20 129 , griechisch-hellenistisch Lukian, Alex. 32.49) 130. Wie stark die Bedeutung des Übermittlungsvorgangs ft..ir die Kommunikationsform von den antiken Autoren empfunden wurde, zeigen die Verweise auf die Übersendung im Brief selbst (z. B. Polyk 14) oder, im Falle der Einbettung der Briefe in einen größeren erzählerischen Zusammenhang, deren Thematisierung im erzählerischen Kontext (s. neben den angeft..ihrten Beispielen noch etwa I Makk 1,44; vgl. 2Chr 2,10) 131. Apk 1,11 ist ein hierher gehöriger Belegtext.
Damit steht die Selbstbezeichnung der Apk als ßLßALOV in Übereinstimmung mit deren gesamter Einbindung in die briefliche KommunikaNäheres und Belege s. Balz, PlPAiov 522 und Reichelt 77-80. Dazujeweils Näheres bei Balz a.a.O. 522ff. und Reichelt 9~107 u.Ö. 128 S. o. unter 1.1. Die Übermittlung erfolgt antik durch Boten, die Est 3,13; 8,10 mit einem Derivat von PlPAiov (!) als plpAlacp6{>Ol bezeichnet werden. 129 Dazu s. Bunge 186 mit Anm. 70. 130 Weitere Belege für PlPAiov zur Bezeichnung eines Briefes bei Reichelt 79 mit Anmerkungen und in der dort angegebenen Literatur, ferner für die altkirchliche Literatur in Lampes Lexicon 296 s. v., vgl. ferner mit PiPAOI!; LXX Jer 36,1. 131 Weitere Beispiele sind in der Zusammenstellung der im Alten Testament enthaltenen Briefe bei Roller 214ff. auffind bar. Frühchristlich ist noch Polyk 13,1.2 von besonderrm Interesse. 126
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tionsform. Eine innere Stimmigkeit der brieflichen Konzeptionierung der Apk zeigt sich, die die Textebenen übergreift - I, II steht nach dem expliziten Briefformular in einer epiphanen Beauftragungsszene der Welt im Text -, und bekräftigt die hermeneutisch-interpretatorische Notwendigkeit einer kommunikationsorientierten Werkanalyse l32 •
2.3.2.2 Das Einbringen der Gemeindeengelvorstellung in die Beauftragungen Die Konkretisierung des Schreibauftrags an Johannes zum Schreiben an die ä.YYEAOL der sieben Adressatengemeinden der Apk in der Asia stellt der Interpretation seit jeher besondere Probleme, erscheinen hier doch in der Welt im Text Kommunikationspartner, die mit den 1,4 und I, II angegebenen Adressatengemeinden zwar zusammenhängen, aber mit ihnen nicht gleichzusetzen sind. Soll die innere briefliche Stimmigkeit der Apk nicht Postulat bleiben, muß - in weiterführender Anknüpfung an bisherige Forschungsergebnisse - ein Vorschlag zu ihrer Lösung unterbreitet werden. a) Die grundsätzliche Weichenstellung zur Interpretation der ä.YYEAOL erfolgt mit der Entscheidung, ob es sich bei ihnen um überweltliche oder innerweltliche Gestalten handelt. Der sprachliche Befund spricht klar für ersteres, da ä.YYEAOr; - sehen wir von den acht Vorkommen der Gemeinde-ä.YYEAOL Apk 1,20; 2,1.8.12.18; 3,1.7.14 ab - im ganzen Neuen Testament unter 168 Belegen nur drei- bzw. sechsmal sicher den menschlichen Boten bezeichnet (Lk 7,24; 9,52; Jak 2,25 und in der Aufnahme eines alttestamentlichen Zitats Mt 11,10; Lk 7,27; Mk 1,2), kein einziges Mal davon in der Apk: Deren 59(!) weitere Belege reden stets von überweltlichen personalen aYYEAOLr;, wobei übrigens neben den Gott zugehörigen Engeln auch solche des Drachen und Satan (12,7.9) und ein Engel des Abyssos erscheinen 133. Wenn trotzdem in der Forschung immer wieder versucht wird, die Gemeindeengel innerweltlich oder, wenn schon überweltlich, dann wenigstens nicht als personale Engelgestalten im Vollsinn, sondern nur als Doppelgängergestalten zu den irdischen Gemeinden zu denken, ist das 132 Warum die Apk zur Selbstbezeichnung unseren Terminus und nicht etwa ß(ß).o~ (vgl. LXXJer 36,1), YQQepiJ (vgl. 2Chr 2,10), YQQJ.lJ.lQtQ (vgl. Est 8,10) oder das besonders geläufige bttOTO).i) verwendete, ist ein Feld letztlich müßiger Spekulation. Die Vorliebe des Apk-Autors für ptß).(ov - von 34 neutestamentlichen Belegen des Wortes finden sich 23 in der Apk (s. die Übersicht Computer-Konkordanz 282) - mag dazu ebenso beigetragen haben wie eine Berücksichtigung des Werkumfangs, der eine Schriftrolle zu füllen vermag. (Wie stark die Apk den Rollencharakter eines ßlß).iov voraussetzt, wird 6,14 sichtbar.) 133 S. Broer, Ö.YYE).O~ 32; Satake, Gemeindeordnung 151 mit Anm. 5 und zur Zahl der Belege Computer-Konkordanz 15-19. W. Metzger, Christushymnus will noch in I Tim 3,16 auf Boten deuten (92-99).
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mehr durch ein Unbehagen darüber begründet, Christus über einen Menschen mit Engeln kommunizieren zu lassen, als durch sichere Textindizien 134 . Von der Wortbedeutung her liegt bei einer innerweltlichen Deutung diejenige auf menschliche Boten am nächsten, wie sie zuletzt von Kraft (1974) und wenigstens der Tendenz nach - von Metzger (1979) vertreten wird 13s . Näherhin muß es sich dann der Genitivkonstruktion nach um Boten der Gemeinden handeln, die sich beiJohannes befinden 136. Damit erscheint die erste grundlegende Schwierigkeit der Botenhypothese: Zwar sind christlich neben Boten im Auftrag einer Einzelperson, wie sie bei Paulus ab 1Thess 3,2 häufig erscheinen 137, auch Gesandtschaften, die von Einzelgemeinden ausgehen, bereits früh belegt oder zumindest vorgestellt (s. neben Act 15,2 und 1 Kor 16,3; 2 Kor 8 f. noch Act 11,29; 12,25; 15,22; 20,17),ja erscheinen 2 Kor 8,23 erstmals lm6
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gen dem Boteninstitut nicht die Überbringer, sondern die Adressaten der Sendschrei ben tex te 139 • Ist damit die Botenhypothese nicht haltbar, so wird die Suche nach übertragenen Bedeutungen von Ö:YYEAOr; notwendig, wenn man bei einer innerweltlichen Deutung bleiben will. Traditionsgeschichtliche Anhaltspunkte gibt es allenfalls in der Priester- bzw. Prophetenbezeichnung von Mal 2, 7; Hag 1,13 sowie- bei einer Übertragung ins Aramäische - im Amt des ":13r "'?W. Doch wird in den ersten beiden Fällen nicht von Boten der Gemeinde, sondern von solchen Gottes gesprochen. Und das Amt des synagogalen Vorlesers ist erst für talmudische Zeit belegt l40 . So reichen diese Belege nicht aus, um eine Deutung der GemeindeaYYEAOL der Apk aufirgendwie priesterlich geartete oder aufVorstehergestalten zu erlauben l41 . Die differenzierte Vorsteher- bzw. Bischofshypothese VOgtles (1966) mußte sich allein auf den inneren Befund der Apk und hermeneutische Erwägungen stützen: Die aYYEAOL seien für den Apk-Autor offenbar für die Kirchen verantwortliche Größen, die er nur deswegen übertragen und nicht als Vorsteher o. ä. bezeichne, weil diese Artikulationsmöglichkeit zum visionären Stil seiner Eingangsvision stimme l42 . Doch wird mit dieser Begründung die Vorsteherdeutung noch lange nicht zwingend 143 . SchüßLer Fiorenza 1980 (gefolgt von Aune 1981) kann sich desselben hermeneutischen Arguments - die Sendschreiben stünden innerhalb des Visions rahmens und seien daher an visionäre Gegenstücke der gemeinten Personen gerichtet - zu einer Deutung auf christliche Propheten bedienen. Um diese Deutung zu stützen, rekurriert sie auf eine in 19, 10; 22,9 angeblich vorausgesetzte Affinität zwischen Angelus interpres und christlichen Propheten, bezeichne sich ersterer dort doch als"a ,fellow servant' of John and his prophetie followers", und auf die angebliche Angabe eines prophetischen Zirkels als Rezipienten der Prophetie für die Kirchen in 22,16 144 . Beide Argumente sind nicht haltbar. Denn 19, 10 und 22,9 kennen nicht nur die Propheten als Mitknechte des Angelus interpres, sondern alle Brüder des Johannes, die das Zeugnis Jesu haben, bzw. alle, die an den Worten der Apk festhalten. Sie sprechen ebensowenig von prophetischen Nachfolgern desJohannes wie 22,16 in sich einen Hinweis für die Deutung des adressatenbezeichnenden UjlLV auf Propheten statt auf die in 1,4 genannten Adressatengemeinden der Apk enthält 145. Scheitern also die Versuche einer innerweltlichen Deutung der GemeindeÖ.yyEAOL, so bleibt, wenn man nicht von personalen Engelsgestalten sprechen will, nur deren von alters her beliebte Uminterpretation auf "eine Art himmli139 T ayyfAqJ xtA. YQCX,pov ist sprachlich die imperativische Umsetzung des brieranfanglichen (s. Bauer, Wörterbuch 330) l-tQmpa Gm (vgl. die Du-Anreden Apk 2,9; 3, I). 140 Dies sieht auch Zahn, Offenbarung I 214, zieht es aber trotzdem maßgeblich rur seine Interpretation heran. 141 Ersteres vertrat m. W. zuletzt Brownlee (1958/59), der die ayydm zusätzlich über die korporative Persönlichkeit aur die Kirchen selbst zu beziehen versuchte (224f.), letzteres nach Zahn noch Hadorn 39 und Morant 74. - Weiteres zu solchen Thesen und ihrer Kritik bei Vögtle, ArrEAQ 327 r. 142 Vögtle a.a.O. 329-332. 143 Vögtle gibt sie selbst 1980 (in Buch 30r.) auf! 144 Schüßler Fiorenza, Apokalypsis 120r. (Zitate 120); vgl. Aune, Social Matrix 23. 145 Vgl. die Kritik o. unter 0.2.5c).
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scher Doppelgänger, die an allem Ergehen der irdischen Gemeinden unmittelbar teilhaben und verantwortlich sind"l46. Daß der Apk-Autor für solche Gemeinderepräsentationen die Bezeichnung "Engel" verwendet, wird entweder durch das schon bei den Vertretern der innerweltlichen Deutung beliebte hermeneutische Argument erklärt, hier werde wegen des visionären Rahmens von himmlischen Gestalten gesprochen l4 ', oder aber- so originell U. B. Müller 1976-dadurch, daß Johannes die "literarische Fiktion" der Gemeindeengel wähle, "um eine Adressierung der Schreiben an die wirklichen Vertreter der Gemeinden zu umgehen", deren Verfassungsstruktur ihm fremd seil 48 . Erstmals scheinen hier kommunikative Gesichtspunkte auf, wenn auch Müllers Lösung noch nicht befriedigen kann. Er befindet sich schon in inneren Schwierigkeiten, wenn er annimmt, daßJohannes die kleinasiatische Gemeindestruktur unbekannt gewesen sei und er trotzdem nicht an die Gemeinden als solche, sondern - in deutlicher Spannung zu 1,4 - an himmlische Gegenbilder von deren Vertretern schreibe l49 . Vor allem aber teilt er das Grunddilemma aller mit dem himmlischen Doppelgänger- oder Repräsentationsgedanken arbeitenden Thesen, daß der ganze neutestamentliche und dazu zeitgenössische Begriffsgebrauch von ayyi)..or;, direkt personal getragen ist beziehe er sich nun auf weltliche oder überweltliche Gestalten -, hier aber seiner Personalität entkleidet oder zumindest in seiner Personalität äußerst verkompliziert werden muß 150.
Vorzuziehen ist injedem Fall die überweltliche Deutung auf personale Engelsgestalten. Der genannte Haupteinwand dagegen, es sei nicht vorstellbar, daß Christus durch einen Menschen an Engel schreibe und diese dabei auch tadle, ist religionsgeschichtlich entkräftbar, kennt doch schon der Henochbrief im aramäischen Buch der Giganten - wie gezeigt - die Vermittlung verschrifteter Botschaften zwischen Gott (und seinen Engeln) auf der einen und jedenfalls gefallenen Engeln auf der anderen Seite durch einen MenscheniSI. Traditionsgeschichtlich kommen wir freilich mit der Gemeindeengelvorstellung an sich nicht in den Kontext der Reflexionen über gefallene Engel, sondern in eigener Ausprägung in den der Schutz- und Völkerengelvorstellung 1s2 . Die Angelologie in der Apk bereichert sich hier um eine weitere, sich gut einfügende Facette. Denn die Apk spricht auch sonst von Engeln, die Befugnisse über Elemente, Räume und kosmologische Bereiche (7,1 f.; 14,18; 16,5; vgl. für
Lohmeyer, Offenbarung 22; vgl. Satake, Gemeindeordnung 154 (Li!.). So Hohz, Christologie 115 innerhalb 114 ff. 148 V.B. Müller, Theologiegeschichte 33ff. (Zitate 34); vgl. ders., Offenbarung88r. 149 Vgl. die Kritik bei Schüßler Fiorenza a.a.O. 120. 150 Vgl. HuB 40. 151 Gegen etwa Hadorn 38; vgl. die Ausführungen o. unter 1.2.1.2. Von daher gesehen kaum zufällig, evoziert Apk 2,5 die Möglichkeit des Falls auch für einen Gemeindeengel! 152 Ein Sachverhah, den übrigens nicht nur Vertreter der personalen Engelshypothese (wie Broer a.a.O. 35), sondern auch solche einer Repräsentationsthese (wie Müller, Offenbarung 88) betonen (wenn auch inje anderer Akzentuierung). 146 147
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einen dämonischen Engel 9, 11), schließlich nach dem schwierigen Text 9,14-19 auch über die mörderischen eschatologischen Reiterheere, haben 153.
b) Ist die Interpretation auf Gemeinde-Engel soweit stimmig und evident, so kommt nun eine aufschlußreiche Beobachtung hinzu: Die Sendschreibencorpora können nicht durchweg als Anrede an diese überirdischen Gestalten verstanden werden. Denn neben dem Du erscheint ein Ihr, das auf Gruppen von Gemeindegliedern bezogen werden muß (2,10.13.23-25). Und selbst das Du meint nur in 3,4 - wo der Ortsname als Zuständigkeitsbereich dazugenannt wird - allein den Engel. In der Mehrzahl der Fälle spricht es hingegen gezielt die Gemeinde an, mit deren Belangen er befaßt ist: Alle Anreden ab 2,2 (außer 3,4) lassen sich auch auf die jeweilige Gemeinde beziehen, die in 2,10, wo das Du einem nachfolgenden Ihr korrespondiert, sowie in den bedingten Drohungen und Verheißungen 2,4.16; 3,10 gar allein gemeint sein kann 154. Das durch das Mit- und Zueinander der Engel- und Gemeindenanrede gestellte Problem ist ebensowenig durch die Annahme zu lösen, die an die Engel "gerichteten Sendschreiben (Kap. 2-3) sind zugleich an die Gemeinden auf der Erde adressiert", da dem die klare Adressierung allein an die Gemeindeengel in 2,1 usw. widerspricht ISS, wie durch die Hypothese, "daß Johannes von den Engeln der Gemeinden annimmt, ihr Geschick sei engstens mit dem der Gemeinden verbunden", die zumindest die Unterscheidung einzelner Gemeindegruppen in den Fällen des Gebrauchs von Ihr nicht recht erklären kann 156 .
Der Ansatz zur Erklärung des Sachverhalts ergibt sich aus dem inneren GeJälle der AnredeJormulierungen in den Sendschreiben: Die Adresse geht jeweils an die Gemeindeengel, aber bereits die olöa-Abschnitte sind so gehalten, daß die Adressatengemeinden der Apk und ihre Mitglieder sich in die DuAnrede einbezogen erfahren müssen. Diese Einbezugserfahrung erhält, wie 2,4.10.16; 3,10 zeigen, schnell gegenüber der Engelrede Vorrang. I ndividuelle wie kollektive Leserftihrungsmittel - das [öou in 2,10.22; 3,8f.20 und die indirekte Anrede aller Kirchen 2,23 - unterstreichen sie, bis die Engelanrede in den die Aufmerksamkeit der Kirchen evozierenden Weckrufen und den Überwindersprüchen, die die Verheißung auf den einzelnen Hörer und Überwinder zuspitzen, schließlich überhaupt verlassen wird. Die Leserftihrung in den Sendschreiben läuft also über die Selbstidentifizierung der jeweils dem Engel zugeordneten Gemeinde mit 153 Gelegentlich erscheint dabei wie bei den Gemeindeengeln zur Angabe der Autorität des Engels über den entsprechenden Bereich der genitivus subiectivus (9,11; 16,5). - Einen direkten Beleg der Völkerengelvorstellung gibt es übrigens in der Apk (auch in 21,12: dazu s. Reader 84) nicht. 154 S. Satake a.a.O. 152 f. 155 Gegen Lohse, Offenbarung 22. 156 Gegen HuB 40.
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dem angeredeten Du und die Ihr-Anrede zur Erfahrung unmittelbaren Betroffenseins durch den Gehalt, die Verheißungen und Drohungen bei den Mitgliedern aller von der Apk erreichbaren Gemeinden. Die Adressierung der Sendschreiben an Engel mit Befugnissen über einzelne Gemeinden und ihre Glieder wird am Ziel dieser Leserführung belanglos. Mehr noch, schon die Vorstellung, Engel könnten solche Befugnisse zum Heil und Unheil der Christen ausüben, wird implizite negiert. Denn das verheißene Heil ist allein an das VLKäv der Christen gebunden, nicht an irgendeine Zuständigkeit eines Engels. Die Gemeindeengel werden damit kommunikativ auffallig untergeordnete,ja entwertete Gestalten. Dem entspricht es, wenn sie auf der expliziten Kommunikationsebene der Apk überhaupt nicht erscheinen und selbst in der Welt im Text nur in unserem begrenzten Sendschreibenbereich, noch nicht im Versendungsauftrag von 1,11 und nicht mehr in den Kap. 4-22. Ihre Anrede bleibt ein Element des Geschehensfortgangs, nicht der Gesamtadressierung der Apk, deren konkrete Gemeindeausrichtung sich vielmehr selbst und gerade in den Sendschreiben durchsetzt. Ein Bruch in der brieflichen Gestaltung der Apk liegt also nicht vor. Doch die Frage bleibt und stellt sich nun verstärkt, warum der Apk-Autor die Sendschreiben überhaupt an die Gemeindeengel richtet. Die hermeneutische Lösung - er habe hier im Visionscorpus visionäre Gestalten zur Anrede gewählt - bleibt unbefriedigend. Denn sie ist nicht nur für zu verschiedene Forschungspositionen einsetz bar, sondern vermag auch das offenbar bewußte Leserführungsgefalle von den Gemeindeengeln weg nicht zu berücksichtigen. So ist die Lösung auf dem eingeschlagenen Wege der Kommunikationsanalyse zu suchen. c) Das kommunikative Anliegen hinter dem spezifischen Einsatz der Gemeindeengelvorstellung in der Apk ist den bisherigen Beobachtungen nach am ehesten das ihrer Ab-, ihrer kommunikativen Entwertung. Ein auffalliger Befund entsteht, der sich weiter stützen läßt. Denn die Apk gibt den Gemeindeengeln keinerlei Zug, der sie als besonders verehrenswert, gottnah erscheinen ließe. Vielmehr werden sie durch ihren Einbezug in die Sendschreiben gerade von der dortigen Kritik mitbetroffen, während die unmittelbare Umgebung Gottes den sieben Geistern von 1,4 u.ö. vorbehalten bleibt, die sich geradezu als Konkurrenzgestalten zu ihnen um das Wohl und Heil der Adressaten der Apk zu kümmern vermögen 157. Die Subordination der Gemeindeengel wird durch die dreifache Einschärfung, daß Jesus Christus die ihnen entsprechenden Sterne in seiner Verfügungsgewalt hat (1,16; vgl. 3, I) und machtvoll festhält (2, I), noch intensiviert. Sie sind demnach nur überweltliche Gestalten unter ande157
S. o. Punkt 2.2.4.
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ren, wie sie in der Apk durchgängig an die Beauftragung und Verfügung Gottes - gegebenenfalls seines Gegenspielers - gebunden werden 1S8. Keine dieser Gestalten verdient eine besondere Hochschätzung oder gar Verehrung, wie es rhetorisch geschickt 19, 10; 22,8 f. der Offenbarungsengel selbst zum Ausdruck und zur Geltung bringt. In diesen für die Rezeption wichtigen, da bündelnden Abschlußszenen nach zentralen Passagen der Welt im Text - zum einen nach der Audition des Jubels über das Gericht der großen Hure, zum anderen nach der Vision des himmlischen Jerusalem - hindert der autoritative Engel Johannes doppelt(!) am Vollzug seiner Verehrung: Er sei nur ein Mitknecht des Johannes und seiner Brüder, die das ZeugnisJesu haben; die Proskynese gebühre allein Gott 159! Bemerkenswerterweise bezeichnet er sich hier nicht nur allgemein als Knecht Gottes - was zur Explikation der aufgewiesenen Macht- und Beauftragungskonzeption in der Angelologie der Apk genügen würde - sondern genauer als Mitknecht, als aUvÖOUAO~ der Christen 160. So negiert er autoritativ und explizit jede Statusdifferenz zwischen den auf der Erde lebenden Christen und den überweltlichen Gestalten, zu denen er selbst gehört 161. Weitere Indizien erhärten diesen Befund. So spricht der Apk-Autor auch von dem, was im Himmel ist, als von Geschaffenem (5,13) und sieht er überirdische Gestalten ebenso unwürdig und unfähig wie irdische und unterirdische, das Buch von Apk 5 zu öffnen (5,2f.) 162. Vor allem aber identifiziert er in 21,17 gezielt das 158 Konsequent meidet der Apk-Autor die Benennung von Engelsgestalten mit den I\fachtbezeichnungen aQXu(, t;OU<JLal, öuva!!ns, {tQ6VOL und xUQl6tTJtES (vgl. z. B. Röm 8,38; Eph 1,21 und Kol 1,16), obwohl er die Engel mit Macht ausgestattet sieht (s. etwa 10,1; 18,1). 159 Der Apk-Autor nimmt hier ein traditionelles Epiphaniemotiv - das verehrungsvolle l'iiederfallen des Menschen vor dem erschienenen Engel und die Zurückweisung der Verehrung durch den Engel - auf, löst es aber, um es in den rezeptionsorientierten Schlußszenen einsetzen zu können, aus seiner Stellung nach der Engelserscheinung (vgl. z. B. Apokalypse Zefanjas 10, I ff. nach 9,2-4; weitere Beispiele bei Bauckharn, Worship 323ff.). 160 In 19,10 ist die Beiordnung zu den Christen aus der Bestimmung der Brüder als Träger des Zeugnisses Jesu (vgl. 12,17) ersichtlich (vgl. z. B. Satake a.a.O. 103ff.; die Deutung auf Märtyrer - z. B. Lohmeyer, Offenbarung 157- hat sich nicht bewährt). 22,9 formuliert anders, nennt aber neben den Propheten jedenfalls diejenigen, die an den Worten der Apk festhalten, also alle in deren Sinne handelnden Christen. Ohne Anhaltspunkt am Text bezieht übrigens Kraft, Offenbarung 245 die Verehrungsabweisung durch den Engel in 19,10 nur auf Propheten. Der Text ergibt ihm so deren Ranggleichheit mit Engeln und wird zur Antwort auf eine vermutete(!) "Infragestellung der prophetischen Autorität", in der sich vielleicht(!) bereits der Horizont der "montanistischen Auseinandersetzungen" abzeichne. 161 Wird hier der Skopus der Redaktion des Apk-Autors gesehen, so erscheint die Doppelung der Szene 19,10/22,8 f. gezielt und wirkungsvoll. Der Ven:icht aufliterarkritische Operationen an den Stellen, der sich in der ganzen neueren Forschung durchsetzte, bewährt sich (s. z. B. Prigent, L'Apocalypse 285ff.). Als Glosse erwägbar ist nur noch der über unsere Szenen hinausführende Schlußsatz von 19,10 (s. Müller, Offenbarung 40). 162 Dies ist noch dadurch hervorgehoben, daß gerade ein gewaltiger Engel die Frage nach dem stellt, der zur Öffnung würdig ist. Zur Sache vgl. Bauckham, Worship 330.
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Engelsmaß mit dem Menschenmaß, wobei er letzteres sogar vorordnet, zum Maßstab also auch des Engelsmaßes macht 163.
Das gezielt leserftihrende Vorgehen des Apk-Autors zwingt dazu, diesen Befund nicht - ästhetisch produktionsorientiert - durch den Rekurs auf (dann in sich spannungsvolle) angelologische Vorstellungen dieses Autors, sondern rezeptionsorientiert durch sein Eingehen auf die Situation seiner Adressaten zu erklären. So ist der Rücksch/uj auf Auffassungen der impliziten Adressaten der Apk gefordert und mit aller durch die Indirektheit der Aussagen gebotenen Vorsicht zu vollziehen: Diese sind demnach nicht nur - was die Angelologie der Apk in ihrer breiten Entfaltung seit dem besprochenen, am Adressatendenken ausgerichteten Einsatz bei der Geistervorstellung von 1,4 voraussetzt - allgemein von der Durchwaltung des Kosmos durch überirdische Gestalten überzeugt, die mächtig und zur Gestaltung der Welt und der irdischen Geschehnisse befugt sind. Sie nehmen in diesem Kontext auch die - vom Apk-Autor in 1,20; 2,1 usw. zunächst voll akzeptierte - Existenz von besonderen Engeln an, die über die einzelnen Gemeinden gesetzt sind und sich mit Sternen assoziieren lassen, worauf 1,20 Bezug nimmt 164 . Der entscheidende Punkt, an dem sich dieser Vorstellungskreis bei ihnen zuspitzt und an dem der ApkAutor nicht mehr mit ihnen konform zu gehen vermag, liegt nun offenbar darin, daß sie die Gemeindeengel - wie weitere himmlische Mächte nicht notwendigJesus Christus unterordnen. Denn hier betont der ApkAutor in 1,16; 2,1 und 3,1 auffällig die Gegenposition 16S . Näherhin fUhrt er seine Adressaten in den Sendschreiben zielstrebig von jeder potentiellen Heilsverläßlichkeit der Gemeindeengel weg zur ausschließlich eigenen Heilsverantwortung, impliziert er also gegenläufig eine Tendenz bei ihnen, sich fUr das Heil zu sehr auf solche Heilsmittler zwischen Himmel und Erde neben Jesus Christus zu verlassen. Für wie brisant er diese Gefahr der Überschätzung angelologischer Mächte hält, verrät er, wenn 163 Die SatzbeifUgung ist nicht das Menschen-, sondern das Engelsmaß. Reader 96f. verkennt das und sieht daher die Pointe von 21, 17b fälschlich nur darin, daß der Apk-Autor einen realistischen Akzent setze, um einer "totalen Spiritualisierung" (97) des himmlischen Jerusalem zu wehren. 164 Der Verzicht in 1,16 auf Hinweise, die eine sichere Identifizieru~g der sieben Sterne mit einem bestimmten Sternbild erlaubten (vgl. Clemen 369f., der die Uberdeutungen auf Bärengestirn wie Plejaden richtig kritisiert, sich schließlich freilich trotz des Fehlens von stichhaltigen Indizien fUr eine Planetendeutung entscheiden will), erleichtert dabei die Stern-Assoziation von Engeln, die nicht gesamtkosmische, sondern nur Einzelgemeinden betreffende Befugnisse haben. Im übrigen bevorzugt der Apk-Autor im Fortgang seines Werkes die Verbindung nur mehr von negativen Engelsgestalten mit (gefallenen) Sternen, so sicher in 9,1-11, nach Böcher, Sternglaube 63 noch in 6,13; 8,lOf.; 12,4.7.9. 165 An letzterer Stelle sogar zusätzlich gegen die um der Rezipienten willen in 1,4 zunächst slehengelassene Vorordnung der sieben Geister vor Jesus Christus (dazu s.o. unter 2.2.4).
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er sich gegen Ende seines Werks doppelt genötigt sieht, die Möglichkeit einer kultischen Engel-Verehrung durch die Autorität des Offenbarungsengels abweisen zu lassen (in 19,10; 22,8f.)166. d) Diese Sicht der angelologischen Vorstellungen der Apk-Adressaten ist zu ihrer Absicherung religions- und theologiegeschichtlich zu verorten. Zunächst werden jüdische Voraussetzungen sichtbar. Denn im nachalttestamentlichenJ udentum entfaltete sich die Anschauung einer angelologischen Durchdringung und Verwaltung des Kosmos, wandte man sich zunehmend statt an Gott allein an "Gott und seine Engel" und fand "mehr und mehr nur durch die Engel Zugang zu Gott". In der Gemeinde von Qumran schließlich konnte man sich "Gemeinschaft mit Gott nur noch als gleichzeitige Gemeinschaft mit den Engeln vorstellen" 167. In einer Abwertung der (heidnischen) Götter und gleichzeitigen Aufwertung der Engel wurden letztere als C'?K, als Göttliche/Götter, bezeichnet (z. B. I QH X 8; I QM I 10.11) 168. Der Schritt von da zu einer auch kultischen Engelverehrung - wie sie der Gemeinde von Qumran noch fremd war war nicht mehr weit l69 . Er wurde in frühchristlicher Zeit mit hoher Sicherheit zumindest in Phrygien - also einem für die Adressatenorientierung der Apk besonders interessierenden Gebiet - vollzogen 170, dürfte aber im Judentum weiter verbreitet gewesen sein, wie jedenfalls seine rabbinische Bekämpfung zeigt 171. Trotz dieses aufschlußreichen Befundes darf von ihm nicht unvermittelt auf die Adressaten der Apk geschlossen werden, so daß der Apk-Autor lediglich "gegen jüdischen, resp. judenchristlichen Engelkultus" polemisierte l72 . Vielmehr ist die Auf- und Übernahme der jüdischen angelologischen Tradition durch das Christentum auch in stark hellenisierter Umwelt zu beachten. Denn das angelologische Denken strahlte seit Paulus 173 inten166 19,10; 22,8 f. sind also endgültig rezipientenorientiert zu interpretieren, ohne daß deswegen freilich ein voll ausgebildeter, allgemein durchgesetzter Engelskult bei den ApkAdrt'"ssatt'"n angenommt'"n werden muß: Schon die Gefahr des Aufkommens eines solchen kann den Apk-Autor zu seinem Widerspruch bewogen haben. - Zuletzt wandte sich Müller, Offenbarung 319f. gegen eine rezipientenorientierte Interpretation, wobei er sich aber entscheidend auf das hier bereits widerlegte Argument stützen mußte, in den Sendschreiben gebe es "keine Spur" einer Auseinandersetzung mit Engelverehrung. 167 Schäfer, Rivalität 73 (Zitate dort teilweise hervorgehoben). 168 Weiteres beiJ.J. Gunther 201. 169 Vgl. die Bemerkungen A. Dupont-Sommers zu Simon, Angelolatrie, dort S. 463. 170 S. Si mon a.a.O. 458,462 u.ö. 171 S. Schäft'"r a.a.O. 67-74, Ergebnis 74. Die innerjüdischen Quellen sind im Unterschied zu den christlichen nicht als fremdreligiös polemisch o. ä. bestreitbar, so daß sich die nur auf eine kritische Sichtung letzterer gestützte Ablehnung eines jüdischen Engelskultes in frühchristlicher Zeit durch Prigenl, L'Apocalypse 286 nicht halten läßt. 172 So Boussel, Offenbarung 429. 173 Der in seinen Briefen geläufig von Engeln, Gewalten usw. redet, übrigens vorzugsweist'" in negativen Aussagen: vgl. Broer, aYYEJ...or:; 33 f. mit Verweisen (32 Lit.).
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siv auf das Heidenchristentum aus und wurde von diesem auch nach dem Rückgang der Bedeutung des judenchristlichen Elementes in den Gemeinden weiter tradiert und entwickeh l74 . Bereits die Gegner des KolosserbrieJs, die frühchristlich erstmals eine Engelverehrung belegen lassen (KoI2, 18), sind so trotzjüdischer Einzelzüge dem "Judentum der Unbeschnittenen" zuzurechnen 175. Die genauere religionsgeschichtliche Ortung der kolossischen Häresie ist schwierig und umstritten 1 76. Klar ist immerhin, daß es ihr nicht um eine Teilnahme am himmlischen Gottesdienst der Engel (gen.subi.), sondern um eine eigenwillige menschliche Verehrung der Engel (gen.obi.) geht (vgl. 2,23) 177. Deren Verbindung mit einer Elementenspekulation (s. bes. 2,8) und der Setzung bestimmter Zeiten (s. 2,16) läßt den Schluß zu, daß die Verehrung "nicht bloß (erfolgte), um die jenseitige Erlösung vorzubereiten, sondern auch zum Schutz für das irdische Dasein. Die Engel wurden als schicksalsbestimmende Mächte angesehen und gefürchtet. "178 Der Nachsatz zu 2, 18 legt weiterhin die Ausübung eines eigenen an Mysterien erinnernden Kultus der Gegner nahe. Bei der Einweihung in diesen Kult hatten sie dann dem schwer verständlichen Text nach wohl visionäre Erlebnisse, bei denen es um ein Verfahren des "Eingang(s) ins himmlische Heiligtum" ging l79 . Mit alledem ist sicher, daß wir uns religionsgeschichtlich auf dem Boden eines Synkretismus befinden, der sich möglicherweise innerchristlich versteht und jedenfalls jüdische Elemente aufnimmt (s. bes. 2,16). Dieses Syndrom ermöglicht zwar einen Schluß auf frühe Gnosis, von der her sich dann die Auffassungen der Gegner näher füllen ließen 180, legt ihn aber noch nicht von sich aus nahe. Die Hypothese Schweizers bleibt ansprechender, hier eine tatsächliche Philosophie wirksam zu sehen, die auf die hellenistische "Sehnsucht, den Elementen der Welt zu entfliehen und nach ,oben' zu gelangen", im Rückgriff auf insbesondere
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Eine Übersicht über auch sektiererische Entwicklungen bietet J.J. Gunther 172-185
u.ö. 175 So Schweizer, Forschung 176 unter Aufnahme eines Zitates aus IgnPhld 6,1; vgl. Gnilka, Kolosserbrief 168. 176 Forschungsübersichten Schweizer a.a.O. I 73ff.; Gnilka a.a.O. 164ff. und Lähnemann, Kolosserbrief 63-76. 177 Mit z. B. Schweizer, Kolosser 122 gegen die zuletzt von Carr 66-72 und Rowland, Apocalyptic Visions 75f. vertretene gen-subi.-These, die der Satzkonstruktion Gewalt antut: afuLV füllt die Objektvalenz auch in den Fällen, in denen es die von jenen angenommene Bedeutung "Gefallen haben an" trägt, mit einem Nomen im Akkusativ oder einem Infinitiv (Mk 12,38; Mt 9,13/12,7 = Hos 6,6 LXX; Mt 27,43; Lk 20,46; Hebr 10,5.8), nie mit einem tv. Also bildet das Ziel des Strebens in Kol 2,18 die in den das Objekt vertretenden Relativsatz hereingenommene Schau, die in Selbstdemütigung und Verehrung der Engel (der Konstruktion nach präpositionale Ergänzung!) erreicht wird. 178 Gnilka a.a.O. 168. 179 S. Schweizer, Kolosser 124. Oder es wurde "dem Initianden ein Bild gezeigt [ ... j. das ihm die kosmischen Zusammenhänge erschließen und verdeutlichen sollte" (Gnilka a.a.O.151). 180 S. Schenke/Fischer I 158-163 u. ö.
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neupythagoreische Vorstellungen antwortete l81 • Die angelologische Zuspitzung der Philosophie verrät vielleicht Berührungen mit der anatolisch einheimischen Idee eines göttlichen Engels, der besondere Verehrung verdient und in der im folgenden noch zu besprechenden SELO; "AYYEAo;-lnschriftengruppe belegt ist 182.
Ist mit der kolossischen Häresie ein Eckpunkt für christliche Engelverehrung gesetzt, so bei dem Kleinasien wie Rom verbundenen (s. Euseb, h. e. IV 18) Justin ein weiterer. Dieser lehnt nämlich in seiner Auseinandersetzung mit dem Atheismusvorwurf gegen die Christen kurz nach der Mitte des 2.Jh. in I apol. 6,2 Engelverehrung nicht nur nicht mehr als häretisch ab, sondern sagt im Gegenteil positiv aus, die Christen verehrten den wahren Gott, seinen Sohn, das Heer der übrigen (äUrov) guten Engel und schließlich den prophetischen Geist und beteten sie an (oEß6JA-E'fta Kai 1tQOOKUVOÜJA-EV) 183.
In Phrygien ist dann ab dem 3.Jh. näherhin der christliche Kult des Erzengels Michael belegt; die dortige Gewichtigkeit des Engelkultes wird weiter indirekt durch das Verbot der Engelanrufung auf dem Konzil von Laodizea bestätigt 184.
Hier zeigen sich pointiert die Schwierigkeiten, die sich theologisch mit der breiten Aufnahme angelologischer Traditionen und Spekulationen im Christentum ergaben. Denn nun mußte das Verhältnis der Engel zu Christus bestimmt werden, und das konnte nicht nur im Sinn einer scharfen Unterordnung der Engel unter Christus geschehen, wie sie der Hebr (bes. 1,4-14) expliziert, sondern auch - wie bei Justin - im Sinn ihrer Nebeneinander- und Gleichordnung. Letzteres bedeutete in der Christologie eine Verstärkung der subordinatianischen Komponente, ein Sachverhalt, der für den Abfassungsraum der Apk und diese selbst als Ringen mit engelchristologischen Ansätzen schon zu verfolgen war 18S . Angelologisch eröffnete es die Möglichkeit christologisch ungebundener Engelspekulation, weiterhin als Konsequenz einer Erfahrung von Engelsmacht die Aufnahme und Eigenentwicklung einer Engelanrufung und -verehrung, einen Vorgang, der in Kleinasien zwischen Kol und Justin durchaus aktuell war: Der I Tim wirft dort zunächst 4,1 in einer von eschatologischer Warte aus vorgenommenen Auseinandersetzung mit der 181 S. Schweizer, Forschung 177f. (Zitat 179); vgl. ders., Kolosser 100-104. Daß sich allerdings von daher die verehrten Engel auf zum Himmel steigende Seelen beschränken ließen (so ders., Kolosser 123). erscheint sehr unwahrscheinlich: An unserer Stelle steht aYYEAOl, nicht neuphythagoreisch Öall-lovt!; 'tE xai llQWE!; (Diels I 451 Z. 4). 182 So Kraabel, "Y'VlO'tO!; 83 mit Anm. 11, der die Vermittlung zwischen der anatolisehen Vorstellung und der kolossischen Häresie über kolossische Juden(christen) sucht, ohne daß sich ein solcher Vermittlungsvorgang bislang absichern ließe. 183 Dazu s. Simon, Angelolitrie 452. 184 S. a.a.O. 457. 185 S. o. Exkurs 3.
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seiner Ansicht nach irrigen Lehre deren Vertretern vor, sie würden nVEuJ1amv nAavOL~ xat öLöaaxaALaL~ ÖaLJ10VLOOV folgen (1tQOOEXELV), ordnet sie also einer häretischen Linie der Engelspekulation und Engelhochschätzung zu. Wenig später erliegt aber auch sein Verfasser in einer adressatenorientierten, beschwörenden Anrufung Gottes, ChristiJesu und der auserwählten Engel (5,21) unversehens Vorstellungen, die wenigstens auserwählte Engel Christus Jesus gleichrangig bei- statt unterordnen. [gnatius, dem für das zeitliche und lokale Umfeld der Apk mit seinen um 110 geschriebenen Briefen weiterhin besondere Bedeutung zukommt, kennt sodann nicht nur die an Eph 6,12 erinnernde Vorstellung eines (Angriffs-)Kampfes himmlischer - neben irdischen - Mächten, der am Frieden der Christen scheitern muß (IgnEph 13,2). Er wehrt vor allem einer Auffassung, die die Engelspekulation als für die Jüngerschaft von besonderer Bedeutung ansieht, und tut dies nicht antihäretisch, sondern übergreifend an seinen Ihr-Adressaten orientiert: Er könnte ihnen zu den bto'UQavLa schreiben (IgnTrall 5,1 in rhetorischer Frage). Aber er sei deswegen eben nicht schon Jünger, weil er Fesseln trage und ta bto'UQaVLa xat ta~ t01toi}EoLa~ ta~ uYYEALxa~ xat ta~ O'UOtaoEL~ ta~ UQXOVtLxa~ erkennen könne (5,2). Die Aufnahme seltener und ungewöhnlicher Worte in diesem Satz - tmtO'ÖEOla etwa ist Hapax Legomenon im Bereich des Neuen Testaments und der apostolischen Väter - dokumentiert, daß er auf spezielle Fachterminologie zurückgreift. Mit dieser setzt er btouQavLa für himmlische Mächte (vgl. bes. IgnSm 6, I; IgnEph 13,2) 186, so daß es ihm an unserer Stelle insgesamt um die Spekulation über diese in ihrer Vielfalt geht, die er mit den Adjektiven ciYYEALX6~ und ciQXOvtLX6~ andeutet. Die Inhalte der Spekulation sind nicht mehr genau aufschlüsselbar. Bei den t03tO'ÖEO(QL~, eigentlich "Orts-Setzungen" von Engeln, was sich grundsätzlich auf eine Setzung der Engel- wie unserer Gemeindeengel! - über Orte interpretieren ließe, kann es sich auch lediglich um "Engelrangordnungen" handeln 187 , bei den OlJOtaoEOLv um Vereinigungen oder kriegerische Zusammenstöße der Archonten 188.
IgnSm 6,1 wendet sich Ignatius scharf gegen die in solchen Engelspekulationen beschlossene, als Irreführung von Christen sichtbar werdende Gefahr, die himmlischen Mächte, Engel und Archonten als dem Gericht enthoben, also als Träger unanfechtbarer eigener Macht und Herrlichkeit anzusehen. Demnach ist die Engelspekulation zu seiner Zeit zumindest in einzelnen kleinasiatischen Städten nach wie vor höchst virulent. Auf in 186 In einer schon von Paulus in Phil 2,10 eröffneten Verständnislinie des adjektivisch gebräuchlicheren Wortes. 187 So Bauer, Wörterbuch 1627 (hervorgehoben). Die weitere Alternativbedeutung "Orte, wo die Engel wohnen" (ebd. hervorgehoben) erscheint unwahrscheinlicher. da daftir OlX'lnlQlOV Uud 6) belegt ist. 188 s. a.a.O. 1571 (Baut"r zieht ersteres vor).
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den Gemeinden damit verbundene Konsequenzen geht er nicht ein. Aber die Praxis einer Anrufung und Verehrung von Engeln wäre in diesem Zusammenhang durchaus denkbar, um sich ihres machtvollen Beistandes zu versichern. Dieses Bild vervollständigen und vertiefen die im westlichen Kleinasien in zunehmender Breite zutage tretenden Engels-Inschriften I89 . Unter ihnen ragt für unseren Zusammenhang die kaiserzeitliche BEWC; 'f\}1"EAOC;lnschriftengruppt aus insbesondere dem inneren Kleinasien - unter anderem Laodizea und vielleicht Philadelphia - heraus, die im einzelnen schwer datierbar ist, aber in ihrem engeren Vorstellungskreis mindestens bis in hadrianische Zeit zurückweist 190 und an traditionsgeschichtliche Wurzeln anknüpfen dürfte, die in vorchristliche Zeit zurückreichen 191. Unklar ist, wieweit in ihrjüdischer oder christlicher Einfluß wirksam wird oder eine genuin hellenistische synkretistische Entwicklung vorliegt 192 . Würden die Inschriften in ersterem Falle unmittelbare Rückschlüsse auf eine frühe klein asiatische christliche oder zumindest jüdische Engelverehrung erlauben, so zeigen sie im - einer zurückhaltenden Interpretation zugrundezulegenden -letzteren Fall jedenfalls eine synkretistische Parallelentwicklung, die zu einer Anrufung und Verehrung eines Mittlerengels, der Menschen gegenüber hilfreich epiphan sei, neben einer weltdistant vorgestellten Hauptgottheit führt. Die Weihinschriften nennen nämlich in der Regel eine solche Hauptgottheit, besonders häufig den Zeus Hypsistos, aber auch Herakles oder Apoll, und daneben eine zweite Gestalt, die als E>ElOC;, E>ElOC; VAyyEÄoc;/aYYEAt'X.oC; oder 189 Die Inschriftenbelege in ihrer Breite hat Sheppard, Cults of AngeIs passim und nach ihm knapp nochmals SEG 31 (1981) Nr. 1689 zusammengestellt. In ihnen kommen übrigens auch über Feuer gesetzte Engel vor (vgl. Apk 14,18!). - Bemerkenswert als religionsübergreifendes Zeugnis der Wächterengeltradition ist eine Inschrift aus Eumeneia (Text bei Sheppard,Jesus 175f.), in der ein Christ (Lykidas) neben Gott den Engel des Uuden) Ruben als Grabbewahrer anruft. 190 S. die Übersichten bei Nilsson, Geschichte 11 577 mit Anm. I und Robert, Reliefs bes. 108-122. 191 Aufgrund der Zufalligkeit und des geringen Umfangs des überkommenen Materials ist diese Frage nicht mit Sicherheit klärbar. Jedenfalls ist in diesem Zusammenhang der in einer frühkaiserzeitlichen Inschrift (bei Wiegand Inschrift Nr. 406) belegte, aber sicher dahinter zurückreichende Kult einer WAyyiAoe; (sic) in Didyma anzuführen. Wiegand setzt diese Gestalt in den Umkreis der Hekate und zieht Linien zu einer äYYEAoe;-Erwähnung bei Sophron und einer Hesychglosse aus, nach der die Syrakuser die Artemis äYYEAOe; nannten. "Ob der Name immer nur Epiklesis der Hekate-Artemis oder, ursprünglich wenigstens, seine Trägerin eine selbständige Gottheit gewesen ist", wagt er nicht zu entscheiden (Wiegand, Didyma 11 243f., Zitat 243). Um endgültig Licht in die traditionsgeschichtlichen Zusammenhänge zu bringen, muß also auf weitere Inschriftenfunde gehofft werden. 192 S. Nilsson a.a.O. und mit breiterem griechischem Vergleichsmaterial Sokolowski passim, Ergebnis 229; vgl. neuerdings Hengel, Juden 148, der freilich statt SEioe; ungenau 6E6C; liest.
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einfach"AYYEA.o~ bezeichnet wird 193 . Das in Kleinasien überhaupt weit verbreitete - unter anderem von den Juden und den Sebomenoi zur Bezeichnung Gottes verwendete - Hypsistos-Attribut enthält dabei einen ausgesprochen henotheistischen Zug, der mit großem menschlichem Abstands- und Unterlegenheitsgeftihl verbunden ist 194 . Die daneben erwähnte, als göttlich oder als Engel bezeichnete Gestalt erscheint von daher zunächst als Mittler, der von Menschen zur Überbrückung des Abstandes zum Gott angerufen wird l95 . In ihrer epiphanen, dem Menschen hilfreichen Bedeutsamkeit - sie kann das Attribut bnq>aviJ~ tragen 196 - erhält sie zugleich aber eigene, volle göttliche Würde, kann ihr allein das Gebet gelten - so in der Laodizea-Inschrift I97 .
Setzte die Apk bei ihren Adressaten die Auffassung von einer Durchwaltung des Kosmos durch überirdische Gestalten voraus, die mächtig und zur Gestaltung der Welt und der irdischen Geschehnisse befugt seien, die sich für das Wohl und Heil der Christen und christlichen Gemeinden einsetzen könnten und die schließlich in dieser ihrer Würde eigenständige, von Christus unabhängige Größen bildeten und daher zumindest Hochachtung, wenn nicht sogar eigene Verehrung verdienten, so deckt sich dies also weitestgehend mit dem aus von der Apk unabhängigen christlichen wie nichtchristlichen Quellen gewinn baren Befund zur angelologischen Entwicklung zwischen dem I. und 2.Jh. in Kleinasien. Auch die Verbindung angelologischer mit astrologischen Motiven in der Apk (ab 1,16.20) fügt sich zu diesem Rezeptionshorizont: Sterne können nicht nur jüdisch für (gefallene) Engel stehen (s. bes. äthHen 21,3ff.; vgI.18,14), sondern diese Vorstellung ist griechisch-synkretistisch aufnehmbar 198 , nachdem bereits vorchristlich die Identifizierung von Sternen mit Göttern bezeugt ist 199 . Gnostisch dürfte sie etwa in der Wahrnehmung von Engeln als Lichtern nachwirken (s. z. B. für den Valentinianismus Irenäus, adv. haer. 14,5)200. 193 Die Belege (bei Nilsson a.a.O. 577 Anm. I und Robert a.a.O. 108-122) stehen dem Weihinschriftscharakter gemäß meist im Dativ und erlauben daher, neben dem Maskulinum auch das Neutrum 9Etov usw. zu lesen (was Robert a.a.O. 113 vertritt). Nilsson bevorzugt a.a.O., sprachlich begründet, die maskuline Deutung, aber in einer Inschrift aus dem 2.Jh. n.Chr. in Philadelphia ist klar das Neutrum belegt (im Akkusativ: s. Kraabel, Judaism 187f. mit Anm. I S. 188). Es erscheint so nicht ausgeschlossen, daß sowohl eine maskuline als auch eine neutrische Vorstellungslinie angenommen werden müssen. 194 Colpe, Hypsistos 1291 f. - Für eine umfangreichere Diskussion der kleinasiatischen Hypsistos-Inschriften und ihrer Herkunft s. Kraabel a.a.O. 93-108. 195 Vgl. Robert a.a.O. 118. 196 S. Robert a.a.O. 112 f. u. ö.; zur Bedeutung von btupavi); s. Lührmann, Epiphaneia passim. 197 S. Nilsson a.a.O. 577 Anm. I; vgl. Robert a.a.O. 118f. u.ö. 198 Z. B. PGrM 174fT.; s. weiter H.G. Gundel, Weltbild 43. 199 Belege bei Bauer, Wörterbuch 234. lOO Buchstaben-, Engel- und Sternspekulation verbindet in bemerkenswerter Weise die Schrift Marsanes NHC X I, deren Text leider im hierfür besonders interessierenden
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Hinter- und Ermöglichungsgrund dieser Assoziierung Sterne - Engel ist ihre Funktions- und Würdeverwandtschaft als himmlische Mächte, die als kosmisches Geschehen bestimmend gelten. Besonders ausgeprägt ist die Vorstellung eines "astralen Gottesstaates" im I.Jh. n. Chr. in Ägypten, wo etwa Chairemon den Gedanken der "Sternenheimarmene" vertrat 201 . Aber astrologische Gedanken sind gemeinantik überhaupt weit verbreitet, bis hin zur Anführung einer Sternenführung in Vergil, aen. II 694fp02. Ein klein asiatisches Zentrum des Stern- und Schicksalsglaubens ist Ephesus, wo Artemis als Zeichen ihrer Herrschaft über die Sterne die Tierkreiszeichen auf der Brust trägt 203 .
In den bisher genannten Vergleichs texten zur Apk erschien allerdings kein direkter Beleg für die Gemeindeengelvorstellung im engen Sinn innerhalb der Engelspekulation, falls nicht die Engel-to1to'ÖEOLQL von IgnTra1l5,2 darauf zu beziehen sein sollten. Diese Lücke ist angesichts des Fehlens unvoreingenommener christlicher Primärquellen aus dem Umkreis der Adressatengemeinden der Apk zu deren Angelologie und der weitgehend kritischen Orientierung der angeführten überkommenen Sekundärquellen nicht erstaunlich. Zwei weitere Quellentexte weisen zudem den zu ihrer Füllung führenden Weg: Herrn interpretiert in der Deutung seines Weinberggleichnisses die Pfähle, die zur Umzäunung der Reben verwendet werden, auf die heiligen Engel (aYLOL äYYEAOL) des Herrn, die sein Volk mitbeherrschen (<J1JYXQQtELV) (sim V 5,3). Und der christliche Teil der AscJes aus dem letzten Drittel des 1. oder dem frühen 2.Jh. kennt in 3,15 einen Engeljedenfalls "der Kirche, die in den Himmeln ist"l04. Letztere Schrift ist zum Vergleich mit der Apk auch insofern interessant, als sie gleichfalls mit dem Verhältnis Engel/Jesus Christus ringt - wenn auch unter stärkerer Auseinandersetzung und Befassung mit jüdischen Merkabah-Traditionen als die Apk - und dabei zu ausgesprochen ähnlichen Lösungen kommt (bes. 9,26-33)205. In diesem Zusammenhang weist auch sie die Engelverehrung des Ich-Erzählers zurück: In 7,21 f. nimmt sie wie Apk 19,20; 22,8 f. die Tradition des Niederfallens vor dem offenbarenden Engel in der Epiphanie auf, nun in das Szenario des zweiten Himmels verlegt, um den Engel die Anbetung verbieten zu lassen. In 8,2 weist der Engel sodann die Anrede als "Herr" zurück und identifiziert sich statt dessen - wie der Engel in den entsprechenden Apk-Szenen - als Mitknecht, als "Genosse" des Ich-Erzählers 206 . Hier zeigt sich eine ausgesproAbschnitt 41,24-ca.45 stark beschädigt ist. Ein stark astrologisch durchprägtes gnostisches System ist das der Peraten; s. Die Gnosis I 364 und 366fT. (Quellenübersetzung). 201 Dazu s. W. und H.G. GundeI, Astrologumena 155. 202 Den gegenwärtig umfassendsten Überblick über die ASlrologumena bieten W. u. H. G. GundeI a.a.O. passim. 203 Näheres bei Hrinzel 243f. 204 Zur Datierung s. Hammershaimb, MartyriumJesajas 19 und vgl. Flemming/Duensing in Hennecke/Schneemelcher 11 454 (Übersetzung nach dort 457f.). 205 S. Bauckham, Worship 331 f., 334. 206 Zur Sache Näheres bei Bauckham a.a.O. 332f.
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chene sachliche Verwandtschaft zur Apk, was dafür spricht, diesen Text nicht nur zeitlich, sondern auch lokal in die Nähe der Apk anzusiedeln 207 •
Herrn und Asc] es zeigen also, daß gegen Ende des 1. und am Anfang des 2.]h. christlich die Vorstellung von über die Kirche gesetzten Engeln in umprägender Aufnahme der traditionellen Schutz- und Völkerengelvorstellung nicht nur möglich war, sondern tatsächlich ausgebildet wurde. Die Apk-Adressaten entfalteten sie nur konsequent, wenn sich bei ihnen der Glaube verbreitete, jede einzelne Gemeinde habe einen für sie sorgend zuständigen Engel. Bemerkenswert ist dabei die Formulierung in Apk 1,20: Dort, bei ihrer ersten Erwähnung, bleiben die Gemeindeengel noch indeterminiert, wird der Artikel anders als bei den sieben Gemeinden nicht gesetzt und damit eine 1 : I-Relation zwischen Engeln und Gemeinden noch vermieden 207a . Apk 1,20 bildet so, von der Entfaltung der Vorstellung her gesehen, das Zwischenglied zwischen der unbestimmten Zuordnung Engel-Kirche bei Herrn und der determinierten Zuordnung einzelner Engel - einzelne Gemeinde in Apk 2, I usw. Das ist als wichtiges Indiz dafür zu werten, daß sich die Gemeindeengelvorstellung im engeren Sinn zur Zeit der Apk-Abfassung in deren Adressatengemeinden (und bei deren Autor) gerade erst aus der allgemeineren Vorstellung von über die Kirche gesetzten Engeln herausgebildet hatte und durchzusetzen begann. Dazu fügt es sich, daß der (unter 2.2.4) besprochene Gedanke besonderer für die Gemeinden und ihre Glieder sorgend tätiger Geister vor Gottes Thron noch nicht durch die Gemeindeengelvorstellung verdrängt ist, ihr gegenüber vielmehr sogar noch den Vorrang erhalten kann (s. bes. 1,4; 3,1). Der zeitliche Rahmen für diese Vorstellung ist übrigens nach hinten deutlich beschränkt. Zum einen ist nach der Verfestigung des monarchischen Episkopats eine so pointierte Setzung eines Engels über eine christliche Gemeinde nur noch in Verbindung mit dem Bischofsgedanken möglich, was Origenes in seiner Homilie XII I in Lucam prägnant dokumentiert. Dort stellt er von Lk 2,13-16 aus heraus, die Hirten müßten Engel haben, die mit ihnen die Hirtentätigkeit ausübten. Jede Gemeinde habe also - was er unter Rückgriff auf die Apk (namentlich 3,4; 2, I 5) ausführt - zwei Bischöfe/Aufseher. Wie der Mensch in seinem ökonomischen Verhalten gelobt und getadelt werden könne, so dementsprechend auch der Engel; denn beide seien Teilhaber an einem Werk. Die Anschauung von Gemeindeengeln wirkt in diesen Ausführungen deutlich nach, und zwar zunächst unab-
207 Merkwürdigerweise wird in der Literatur allgemein auf eine Lokalisierung verzichtet (z. B. Hammershaimb a.a.O. 19 und Flemming/Duensing a.a.O. 454). 207. Der Artikelverzicht ist bewußt vorgenommen, nicht als Semitismus durch die Nachfolge eines determinierten Genitivs zu erklären: Eine Determination des Nomen regens wird in der Apk stets zusätzlich durch den Artikel kenntlich gemacht; im unmittelbaren Kontext unserer Stelle bieten dafUr 1,18.20a; 2,1 usw. Beispiele.
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hängig von der Apk, da diese erst nach der Grundsatzfeststellung, Engel müßten die Gemeinden als Hirten mit weiden, zu deren Entfaltung herangezogen wird. Der Denkansatz liegt aber nicht mehr bei der Setzung von Engeln, sondern bei der von menschlichen Hirten über die Kirchen. Ein solcher episkopaler Primat ist der Apk noch fremd, ohne daß deswegen auf eine gezielte Negierung des Bischofsamtes überhaupt in ihr geschlossen werden dürfte 208 . Zum anderen tritt bald im 2.Jh. die kollektiv orientierte Engelspekulation gegenüber einer individuell orientierten in den Hintergrund, wie sie zumal in der Gnosis aktuell wird (s. z. B. rur den Gnostiker Markus Irenäus, adv. haer. I 13,3 und rur die valentinianische Gnosis a.a.O. I 4,5; 7,1.5; 111 15,2)209.
e) Ergebnis: Das Gemeindeengelproblem ist von einem kommunikativen Analyseansatz aus lösbar. Denn hier enthüllt sich hinter der auffälligen Aufnahme der Gemeindeengel in die Apk und ihrer gleichzeitigen sachlichen, kommunikativen Entwertung ein Ringen des Apk-Autors mit von ihm bei seinen Adressaten gesehenen problematischen angelologischen Anschauungen: Er weiß um eine bei seinen Adressaten verbreitete Auffassung, über die einzelnen Gemeinden gesetzte Engel hätten - analog wie nach hellenistisch-synkretistischem Glauben die Sterne - aus sich heraus besondere Befugnisse und Möglichkeiten, für diese Gemeinden zu sorgen und einzutreten, und seien daher aus sich heraus bereits - zumindest in erheblichem Maße - heilsverläßlich. Die diese Auffassung tragende Vorstellung der Existenz von Gemeindeengeln kann der Apk-Autor, da sie nur eine Umsetzung und Konkretisierung der Schutz- und Völkerengeltradition darstellt, ohne weiteres in seine Angelologie integrieren. Er kann sie innerhalb der Welt im Text der Apk folgerichtig den Adressen an alle Gemeinden zugrundelegen, auch wenn sie - als sich gerade erst voll ausbildende Vorstellung - textextern in diesen nicht überall gleichermaßen konsequent vertreten worden sein mag. Jeden Gedanken einer christologisch nicht gebundenen Heilsverläßlichkeit dieser Gemeindeengel aber muß er von seiner eigenen Theologie her korrigieren. Der leserführende Aufbau seiner Eingangsepiphanie mit den Sendschreiben ermöglicht es ihm, dies implizit, also ohne irgendeinen Affront zu seinen Lesern und Hörern, durchzuführen, indem er die sieben Sterne in Jesu Christi 208 Die monarchische und auch theologisch für die Kirchenverfassung maßgebliche Stellung des Bischofs wurde kleinasiatisch entscheidend erst durch Ignatius eingeschärft (vgL Fischer in seiner Ausgabe der Apostolischen Väter 126 fT.). Eine originelle These zur Einführung des Bischofsamtes in Kleinasien entwarf Hammond Bammel (1982) 8~92 unter maßgeblicher Heranziehung der Tradition, Johannes habe (nach seiner Umsiedlung von Patmos nach Ephesus) Bischöfe in Kleinasien eingesetzt (Clemens AL, Quis dives sah,etur 42). Der monarchische Episkopat ist dort ihrer Ansicht nach daher noch eine ganz junge Errungenschaft zur Zeit des Ignatius. Die kleinasiatisch ihm vorausgehende Ämterstruktur hält sie für nicht mehr klar rekonstruierbar (5. bes. 91 f.). 209 VgL SzabO 149. Angelologische Motive - etwa die Sehnsucht nach dem Übergang von der physischen Existenz in diejenige nach Art der Engel - erscheinen auch in dem
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Hand gibt (1,16; 2, I; 3, I) und das Heil an das Überwinden jedes einzelnen Gemeindegliedes bindet (2,7 USW.)210. Diese implizit leserführende Korrektur entspricht dem für den Apk-Autor charakteristischen Bemühen, in der Stellungnahme zu Auffassungen, die ihm nicht mehr als genuin christlich gelten können, sachlich verbindlich zu sein, seine Kritik aber weitestmöglich unpolemisch und konstruktiv aufbauend vorzunehmen, wie es den bisherigen Erhebungen nach ebenso seinen Umgang mit der Vorstellung der sieben Geister vor Gottes Thron trägt, aber auch so weit wie möglich für die Behandlung der gnostischen Tendenzen gilt, die er bei seinen Adressaten wirksam werden sieht.
Schließlich zeigte der an dieser Stelle durchzuführende Ausgriffvon der impliziten Kommunikation der Apk auf ihren religionsgeschichtlichen Ort innerhalb der Entwicklung angelologischer Vorstellungen im frühen Christentum eine bemerkenswerte Harmonie der Vorstellungen auf den verschiedenen Kommunikationsebenen. Denn die aus der Apk zu rekonstruierenden Auffassungen ihrer Adressaten und das diesen gegenüber vom Apk-Autor vertretene kommunikative Anliegen fügen sich gut in einen situativen Kontext, wie er aus anderen Quellen für das frühe Christentum am Ende des I. und Anfang des 2.Jh. zumal in Kleinasien zu erheben war, wo sich nicht nur Engelspekulationen, sondern auch Ansätze emer christologisch ungebundenen Engelverehrung nachweisen lassen.
2.3.3 Die kommunikative Bestimmung der Situation der Christen in 1,9-3,22 Apk 1,9-3,22 erlauben noch eine wesentliche Vertiefung des bisherigen Befundes zur kommunikativen Anlage der Apk, insofern sie sich - von der Darstellungsebene der Welt im Text aus - nicht auf eine implizite Situationsauseinandersetzung beschränken, sondern die Situation zusätzlich explizit fixieren: 1,9 nennt vorab deren Grundkoordinaten, die Erfahrung des gleichzeitigen Nebeneinanders von {tJ..i:'tpt.; und ßumÄELu, der in U1t0J.l0vrl zu begegnen ist. Der schon durch seine paränetische Anlage als Anrede in eine bestimmte Situation ausgewiesene Duktus der Sendschreiben erhellt sodann schwerpunktmäßig die Koordinate der Bedrängnis, der Gefährdung der christlichen Gemeinden. Bei der Analyse der Sendschreiben ist zu beachten, daß die Bezugnahmen auf gemeindliche Einzelsituationen stets die in den Weckrufen provozierte ortsübergreifende Rezeption im Auge behalten. Das schlägt sich bereits in den olÖatitdlosen Text NHC XI 2, der dem Umkreis des Valentinianismus zuzurechnen ist (5. 42,15f. u.Ö.). 110 Vorliegende These wurde inzwischen von RololT 46 rezipiert.
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Abschnitten in einer "spürbaren Stilisierung" nieder 211 • Dem Apk-Autor kommt es also nicht so sehr auf das einzelgemeindliche Detail an wie auf das von den Rezipienten auch jenseits dieser Gemeinde als typisch nachvollziehbare Charakteristikum und auf die ortsübergreifenden Linien. An diesen Linien richtet sich daher die folgende Erörterung aus.
2.3.3.1 Die Grundcharakteristik der Situation der Christen in der Bedrängnis und der GottesherrschoJt (1,9) In 1,9 macht der Apk-Autor Angaben zu seiner eigenen Person 212 . Er nennt seinen Namen - Johannes -, den Offenbarungsort - Patmos - und schließlich in deutlicher Korrespondenz zu 1,2 den Grund seines dortigen Aufenthalts - das Wort Gottes und Zeugnis Jesu. Die Satzkonstruktion und der Werkzusammenhang legen es dabei nahe, von diesen Angaben auf einen strafweisen Aufen thai t des J ohannes wegen seines Ein tretens für das im Wort Gottes und ZeugnisJesu begründete Christentum zu schließen 213 . Seine Lebenssituation erläutert so in ihrer Bedrängtheit, ihrer Bindung an Gott und Jesus und in der Kraft des Standhaltens exemplarisch die vorab in die umfangreiche Apposition zu seiner SelbstvorstelVgl. Hahn, Sendschreiben 363. Entsprechend seiner Zurücknahme auf der expliziten Kommunikationsebene erst hier am Beginn seiner Welt im Text-Ausführungen. Der Tempuswechsel zum Aorist korreliert dem Erzählebenenwechsel (vgl. die Vorbemerkungen zu 2.3) und führt zusätzlich die Linie des Briefaoristes von 1,2 fort. Nur bei Mißachtung dieses Befundes läßt sich der Aorist als textextern-reales Tempus nehmen und (wie bei Müller in Offenbarung 81) folgern, Johannes habe Patmos vor Abfassung der Apk verlassen. 213 Zur Erfassung der implizierten Hintergründe von Apk 1,9 ist neben der heute nicht mehr vertretenen Missionsthese in jedem Falle Krafts Deutung (Offenbarung 41 f.) auf einen Aufenthalt Johannes' aufPatmos gezielt zum Zwecke einsamen Offenbarungsempfangs auszuscheiden, da sie die unhaltbare Voraussetzung machen muß, Patmos sei eine unkultivierte, einsame I nsel gewesen: Die dort bislang - übrigens noch ohne bedeutendere Ausgrabungen - gemachten Funde zeigen, daß Patmos als befestigter Stützpunkt (
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lung eingebrachten Koordinaten der ihm mit seinen Adressaten gemeinsamen christlichen Existenz 214 . Die zweite dieser Koordinaten faßt die Aussage von 1,5 f. in ihrem zentralen Stichwort ßaOLAELa zusammen: Johannes und seine Adressaten stehen im Herrschaftsbereich Gottes. Ihr Selbstverständnis als Knechte des voll und ganz herrschenden Gottes - OO'ÜAOl 'to'Ü ßEO'Ü ist nicht zufällig zentrale Bezeichnung der Christen in der Apk 215 - trägt und prägt weiterhin ihre Existenz. Die Bekenntnisgrundlage christlich-präsentischen Heiisbewußtseins 216 bleibt bestehen, das denn auch in den Sendschreiben ohne neue Explikation spürbar bleibt. So ist nur auf dem Hintergrund einer präsentischen engen Verbindung mit Gott und Jesus, wie sie im Bilde auch 1,13.20 erscheint, des letzteren zwischenzeitliches Kommen zu den Gemeinden denkbar, das in den Sendschreiben eine gewichtige Rolle spielt 217 . Aus der Gewißheit präsentischen Heils erhält sodann etwa das Lob für Philadelphia, es habe den NamenJesu nicht verleugnet, ebenso sein Gewicht wie die folgende Aufforderung, es solle festhalten, was es - gegenwärtig! - habe, damit ihm niemand den Siegeskranz wegnehme, den es demnach bereits trägt (s. 3,8.11). Schließlich wird auch in den Schreiben zu Sardes und Laodizea nicht schon das präsentische Heilsbewußtsein dieser Gemeinden an sich kritisiert - ersteres geht sogar ausdrücklich davon aus, daß Sardes den Namen hat, daß es lebt (3,2) -, sondern das Tun der Gemeinden, das eben diesem präsentischen Heilsstand und Heilsbewußtsein nicht gemäß ist (3,2 und 3,15 vor 3,17)218.
Doch dürfen die Probleme nicht übersehen werden, die sich in der Folge einer solchen I nterpretation von Apk 1,9 stellen: Zum einen sind die näheren rechtlichen Umstände und Grundlagen der angenommenen Verbannung unsicher- handelt es sich um eine relegatio, eine deportatio oder einen in der Asia vor Plinius d.]. durchaus möglichen unklaren Rechtsakt? (Eine neuere Erörterung der Rechtslage bietet Yarbro Collins, Persecution and Vengeance 7420'., ohne ein sicheres Ergebnis zu bieten.) Zum anderen kommt in diesem Falle als Ort, von dem die Ausweisung nach Patmos ausging, in erster Linie Milet in Frage, wasJohannes stärker mit dieser - in der Apk auffälligerweise nicht erwähnten - Stadt als mit Ephesus in Verbindung brächte, wofür die Zusammenhänge nur spekulativ zu eruieren sind (als Beispiel für eine weitgehende Hypothese s. hierfür SaO'rey a.a.O. 390f., vgl. 398 Anm. 48; vgl. u. Anm. 59 zu 3.1). Von einem endgültigen Forschungsabschluß läßt sich also noch nicht sprechen. 214 Auf die Apposition war schon o. unter 1.2.2.2 b) mit Anm. 125 einzugehen. 'Ev 'ITloOU läßt sich sprachlich sowohl auf ihre Glieder insgesamt wie auf das letzte Glied allein beziehen. Da es der Theologie des Apk-Autors entspricht, die gesamte christliche Existenz christologisch zu beziehen (s. die Exegese zu I ,5f.), ist ersteres vorzuziehen, ohne letzteres ganz ausschließen zu können (vgl. Kraft a.a.O. 40). 215 S. schon 1,1 (dazu o. unter 2.1.2.2a); weiter Huß 134f. und Satake, Gemeindeordnung8~97. 216 Der Text bietet die futurische Fortführung von 5,10; 20,6 pointiert noch nicht (gegen Müller a.a.O. 80)! 217 Und bereits o. unter 1.2.2.2b) zu besprechen war. 218 Weiter hat H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 89,90f. herausgearbei-
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Die Gewißheit gegenwärtiger Zugehörigkeit zu Gott und Jesus und darin begründeten eschatologischen Heils stößt aber in der Gegenwart der christlichen Existenz auf die {}Ai"JL~, ein Sachverhalt, der für den Apk-Autor so gewichtig und bedrängend ist, daß er ihn gleich an erster Stelle seiner Koordinaten nennt. Mit dem Wort {}Ah"L~ bezeichnet er dabei gemäß dessen griechischer übertragenen Grundbedeutung 219 äußere und innere Not in ihrer ganzen Bandbreite. 2,9 hat die konkrete Not und Bedrängnis der Gemeinde zu Smyrna im Auge; 2,10 kündigt daraufhin eine Inhaftierung von Gemeindegliedern und damit verbunden weitere Bedrängnis an, die zeitlich begrenzt ist. 2,22 schließlich droht den Isebel-Anhängern dem Kontext nach innerweltlich "eine nicht näher bestimmte harte Strafe" an und gebraucht damit sogar den Terminus ~EYaATJ ttAL'l'L~ - verwandt Act 7,11 - zunächst unapokalyptisch 220 .
Erst im Fortgang seines Werks bringt der Apk-Autor 7,14 - an der letzten Stelle des Vorkommens - den jüdisch-traditionellen Klang des Terminus als prägnanten Ausdrucks für das Gesamt eschatologischer Wehen vor Anbruch und Durchsetzung der Heilszeit ein, wie er christlich noch etwa Mt 24,21; Herrn vis 11 2,7 belegt ist 221 . Sein bislang stets beobachtetes Bemühen, kommunikationseröffnend die nichtjüdisch-griechische Prägung der überwiegenden Mehrheit seiner Adressaten zu beachten und doch jüdisch-traditionelle - hier apokalyptische - Vorstellungen, die ihm wichtig sind, im Zuge seiner LeserfUhrung einzubringen, bestätigt sich von neuern: Was seine Adressaten zunächst nur als innerweltlich bleibende Nöte erfahren können, die die christliche Existenz in ihrem Heilsfundament bedrohen, macht er ihnen nunmehr als Endzeitnöte verständlich, die ihre Grenze und ihr Ende in der Verheißung der Gottesgemeinschaft mit der Leidfreiheit finden (s. 7,15fT.). In der Deutung fUhrt er sie von der Gegenwart des Heils, aus der er mit ihnen als Christ lebt, weiter zu einer Zukunft des Heils, in der Jesus als das Lamm den Seinen jede Träne aus den Augen wischen wird, die ihnen die ßAi"'L~ herauspreßte. In der Deutung wird dem Apk-Autor entsprechend auch die Haltung der {l1tO~Ovrl, wie die Christen sie im Zugleich der eschatologischen Herrschaft Gottes und der eschatologischen Bedrängnis einnehmen müssen, zum eschatologischen Ausharren in der großen Pein, über dem die Verheißung des Ausruhens von allen Nöten nach dem Tod steht (14,12f.; tl"t, daß dil" weißen Kleider ein Motiv präsentischer Eschatologie sind, die in beiden Sendschreiben eine Rolle spielen (3,4.18). 219 Dazu s. die C'b(,'TSicht bei Schlier, it)"lßW bes. 139. 220 S. Huß 58. 221 Weiteres Schlier a.a.O. 144f., der allerdings - wie die Exegeten weithin (vgl. nur Krafts apokalyptische Deutung von 1,9 a.a.O. 40) - rur den Gebrauch in der Apk nicht genügend differenziert.
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vgl. schon 13,10). In der Formulierung von 1,9 ist dieser Akzent aber für sich genommen noch nicht enthalten - die Bemühungen, ihn in diesen Text hineinzulegen, sind nicht ohne Grund von alters her bis zur Gegenwart mit einer unzulässigen Textkorrektur in im:oJ,lovT] 'IT)O'o'Ü (XQL
Insgesamt bestätigt sich damit die kommunikative Orientierung der Apk an dieser Stelle zwingend. Nicht nur reiht der Apk-Autor sich ausdrücklich in die Gemeinschaft seiner Adressaten ein, er formuliert auch die Koordinaten ihrer christlichen Existenz gezielt auf dem gemeinsamen griechischen und christlichen Boden. Er konstatiert die gemeinsame Erfahrung, daß im innerweltlichen christlichen Leben das Bewußtsein des durch Gott in J esus gegenwärtig geschenkten Heils auf eine diesem zutiefst widersprechende Realität, auf Bedrängnis und Not, stößt und daß hier wie in jeder innerweltlichen Bedrängnis zunächst die innerweltliche Tugend gefordert ist, sich dem zu stellen, standzuhalten. Eine Weiterführung in die Zukunft, von der her sich die Gegenwart als Zei t der eschatologischen Wehen darstellt, bringt er in den inneren Dialog mit seinen Adressaten nur sukzessive ein, anhebend mit den Überwindersprüchen der Sendschreiben. Das Gewicht, das er darauflegt, zeigt, daß er seinen Adressaten diese Lösung des Dilemmas von Gottesherrschaft und weltlicher Bedrängnis erst nahebringen muß, sie dort nicht schon theologischethisch vorbereitet sieht. Die scharfe Kritik der Sendschreiben bestätigt dies indirekt, wenn sie die Adressaten nicht nur von außen - durch Heiden und Juden -, sondern auch von innen durch irrige Lehre und falsches Verhalten gefährdet zeichnet: 222 Wie sie, angeregt durch die paulinische Tradition (vgl. bes. 2 Thess 3,5; I Thess 1,3), schon in 1JlA eindrang und zuletzt von Woschitz 752f. vollzogen wurde. 223 Zur allgemeinen Wort bedeutung vgl. Hauck, ~w 589 (vgl. nachneutestamentlich in Kleinasien z. B. Polyk 9,1), zur griechischen Tugend s. a.a.O. 585 f. 224 S. zur Interpretation etwa Prigent, L'Apocalypse 57.
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2.3.3.2 Die Bedrängnis der Gemeinden durch Heiden undjuden a) Das Corpus der Apk wendet sich ab Kap. 12 f. scharf gegen Rom. Es lag nahe, auch die Sendschreiben von dort her zu lesen und nicht nur die Einzelhinweise in 2,3.9.10; 3,8, sondern auch die Überwindersprüche darauf zu deuten, sie meinten den Sieg im "äußeren Kampf, den die christlichen Gemeinden zu bestehen haben". Die Apk erschien dann als in einer entschiedenen" Verfolgungszeit" geschrieben 22s . Eine genauere Betrachtung des Textes zwingt aber zu einem zurückhaltenderen Urteil: NLXaV ist in der Apk nicht auf den Sieg der Märtyrer in einer äußeren Verfolgung zu verengen, so sehr es unter anderem auch diesen Akzent erhalten kann 226 , und die Ermordung des Antipas, auf die 2,13 Bezug nimmt, liegt bereits eine nicht näher zu bestimmende Zeit zurück, bildete zudem damals offenkundig einen Einzelfall, dessen Hintergründe aus dem Text der Apk nicht mehr aufhell bar sind 227 . So ist von einer ausgeprägten Verfolgungssituation mit Martyrien z. Z. der Abfassung der Apk nicht zu sprechen, wohl aber davon, daß eine Verfolgung aufgrund leidvoller Erfahrungen der Vergangenheit - zu denen bei Richtigkeit des Schlusses aus Apk 1,9 auf eine Exilierung desJohannes nach Patmos auch diese gehört - und heidnischer Pressionen in der Gegenwart vorstellbar und erwartbar war. Solche Pressionen sind in den Sendschreiben mehrfach angesprochen oder angespielt; sie zielen auf die Leugnung des Namens J esu und damit des christologischen Fundaments der christlichen Gemeinden ab (3,8; vgl. 2,3 und aufgrund des Einbezugs der heidnischen Obrigkeit bei einer Inhaftierung 2,10; auch 2,19 legt mit U3tOJ,lovi] einen entsprechenden Schluß nahe)228. Da die Knappheit der Hinweise auf sie sich dadurch erklärt, daß die Gemeinden sie bislang ohne wesentlichen inneren Schaden bestanden haben - die Anspielungen finden sich charakteristischerweise bis auf die Zukunftsansage von 2, 10 durchwegs in lobenden Ausftihrungen -, darf ihre Faktizität und ihr Gewicht als Determinante der Gegenwartssituation der Adressatengemeinden der Apk nicht unterschätzt werden. Der Gegensatz zwischen den Gemeinden und ihrer Umwelt ist scharf genug ausgeprägt, um einen "umfassende(n) Konflikt So etwa Bousset, Offenbarung 130 (beide Zitate). Vgl. Satake, Gemeindeordnung 35 Anm. I; U. B. Müller, Prophetie 107 und Holtz, vlxaw 1150. Gegen zuletzt Aland, Kirche 215 f. ist der Prozeß-Aspekt von vlxäv (s. 12,lOf.) ebenso zu beachten wie die Möglichkeit, es als generalisierendes Gegenbild zu allem widergöttlichen Tun zu benutzen (21,7 vor 21,8). 117 Vgl. etwa Huß 33. Der Stauffer-Schüler Pöhlmann versucht 432, .. das Martyrium des Antipas bei den Provinzialspielen" zu orten, ist sich aber der Unbeweisbarkeit dieser Hypothese bewußt. - Zur sprachlich schwierigen Namens-Konstruktion s. Mussies, Morphology 94. 118 Zur Interpretation s. jeweils die Kommentare zu den Stellen sowie Huß 44,65,56,49f.,75 und Zimmermann, Christus 185f. 225
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mit dem Kaiserkult" erwarten zu lassen, wie er in der Stilisierung ab Apk 13 erscheint 229 . Ihr theologisches Gewicht erhält diese Situationsbeurteilung durch den Apk-Autor damit, daß er hinter ihr den Satan, die widergöttliche Macht schlechthin 230 , tätig sieht, wie aus der Lokalisierung des Satans throns aufPergamon in 2,13 klar hervorgeht 231 . b) Wie hinter dem heidnischen sieht der Apk-Autor Satan hinter dem jüdischtn Druck tätig, der in Smyrna und Philadelphia sichtbar wird. Er weigert sich sogar, hier noch von Juden zu sprechen, und nennt die Gegner statt dessen Synagoge Satans (gen. subi. 2,9; 3,9)232. Das harte Urteil ist dabei weniger durch direkte Verfolgungsaktionen der Juden bedingt - solche werden im Schreiben zu Philadelphia nicht ersichtlich und sind auch in demjenigen zu Smyrna nicht gesichert, da die Inhaftierungsansage von 2,10 nicht notwendig mit dem Tun der Juden von 2,9 zusammenhängen muß233 - als durch ihre theologische Verwerfung des Christentums. Zentral gilt ihnen 2,9 der Vorwurf der ßAuoqnW.Lu, von der im Fortgang der Apk nur noch - wie vom zugehörigen Verb - im religiösen Sinne der entscheidend von der widergöttlichen Macht getragenen Lästerung Gottes die Rede ist 234 . Von daher ist auch 2,9 religiös zu deuten, nun aber, da es sich um einen Vorwurf gegenüber Juden handelt, nicht auf eine Lästerung und Schmähung Gottes, sondern auf eine Lästerung, eine scharfe Ablehnung Jesu als des Christus, der Träger göttlicher Würde ist, wie sie neutestamentlich Act 13,45; 18,6 und in Aussagen über den 229 Vgl. Aland a.a.O. 215ff. (Zitat 216), der zwar die Sendschreiben überinterpretiert. aber in der Bestimmung der Faktizität trotzdem zu richtig zurückhaltenden Ergebnissen kommt, und Müller, Offenbarung 41, der allerdings das problematische Institutum Neronianum mit heranzieht. 230 Vgl. bes. 12,9; 20,2.7 und als verwandte gleichfalls nach Kleinasien weisende Sicht Satans IgnEph 13, I. 231 Wie auch immer dieser Thron textextern zu beziehen ist (Deutungsübersicht bei Huß 51 f.). Die Wiederholung des Thronbildes in 13,2 spricht rür eine Deutung auf den Kaisertempel, mit z. B. Müller a.a.O. 110. 232 Aufgrund der Selbstbezeichnung der Gegner aisjuden (2,9; 3,9) ist - mit der breiten Mehrheit der Exegeten (z. B. Bousset a.a.O. 208; Huß 50 u.ö.; Pöhlmann 427ff.; CharIes, Revelation I 57; Satake a.a.O. 34 f.) - deren jüdische Religionszugehörigkeit anzunehmen. Krafts Schluß aufJ udenchristen (a.a.O. 61) kann nicht bestehen; seine Argumentation mit einer Verfolgung, die Christen, aber nicht Juden drohe und daher die Selbstbezeichnung als Juden zumindest fOrdere, ist ein Zirkelschluß aus Apk 2,9 (zur Kritik an Kraft s. weiterhin Müller a.a.O. 107, 131). 233 2, 10 setzt nach der Situationsfixierung von 2,9 neu ein und nennt in der Zukunftsansage den Gegenspieler Gottes im Unterschied zu 2,9 ÖLtllX>i..o~. Daher ist es problematisch, die Blasphemie der Juden (2,9) von 2,10 her gegen den sonstigen Wortgebrauch in der Apk auf "die verleumderische Anzeige der Gemeinde bei der römischen Obrigkeit" zu deuten (Pöhlmann 427; vgl. noch Müller a.a.O. 107). 234 Mit der Nennung Gottes als Objekt der Lästerung 13,6; 16,9.11.21; absolut 13,1.5; 17,3. Weiteres s. Hofius, ßi..aaqn1l'ia 529, 521.
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Christenverfolger Paulus (1 Tim 1,13; Act 26,11) bezeugt oder angedeutet ist 235 . Bei diesem Verständnis der Blasphemie zeigt sich das gezielte Gewicht der SelbstprädizierungJesu am Eingang des Sendschreibens für Smyrna (2,8), in der er nicht nur seine göttliche Würde als der Erste und der Letzte zum Ausdruck bringt, sondern seine Auferstehung (E~TJ(JEV Aorist!)236 als Überwindung seines Todes, wie sie für Juden bei einem Gekreuzigten nicht vorstellbar war und daher abgelehnt werden mußte. Weiter erhellt sich die Schärfe des Vorwurfs an die Juden zu Philadelphia (3,9), sie würden lügen, die Unwahrheit behaupten wie in ihrer Selbstbezeichnung so betreffs der religiösen Grundwahrheiten überhaupt 237 . 3,7 stellt demgegenüber nicht nur die Wahrhaftigkeit Jesu Christi und - da CtA.TJ-6tv6C; wie äylOC; alttestamentliche Gottesattribute sind (vgl.Jes 65,16 LXX und Jes 6,3)238 - sein göttliches Gewicht heraus (vgl. soweit 2,8). Vor allem betont es seine Verfügungsgewalt über den Schlüssel Davids, seine legitime Kontinuität zu den Davididen, aus der heraus er(!) befugt ist, darüber zu entscheiden, wer inJuda usw. aufgenommen - und wer ausgeschlossen - wird (vgl. Jes 22,22 nach 22,21)239. Von daher gesehen ist seine 240 Bestreitung des Selbstanspruchs der Juden, die Synagoge des Herrn (vgl. Num 16,3 u. ö.) zu sein (2,9; 3,9), eine konsequente Artikulation dieser Vollmacht gegenüber denen, die eben diese Vollmacht bestreiten. Die Überwindersprüche für Smyrna und Philadelphia vertiefen dieses Bild, nehmen sie doch jüdische Motive in pointierter Weise auf: 3,12 f. erscheinen in der Verheißung der Gottzugehörigkeit vor allem der Tempel Gottes und das neueJerusalem, das vom Himmel herabkommt, 2,11 die Entnahme aus dem zweiten Tod, wie er der Sache nach rabbinisch, dem 235 Mit Bayer, ßAQoq>lU,too 622f.; Hofius sieht a.a.O. 531 den neutestamentlichen Befund ebenso, nimmt aber Apk 2,9 ohne ersichtlichen Grund davon aus und deutet es auf "Schmähung" (hervorge.-hoben) usw. im profanen Sinne.-. 236 Dazu s. Huß 49 und Zimmermann a.a.O. 182 mit Anm. 19; vgl. den analogen Verbgebrauch Apk 20,4.5. 237 Der Vorwurf zu lügen steht betont abgehoben am Satzende und läßt so den Vorwurf der Lüge als c.-ines entschieden widergöt tlichen Tuns überhaupt assoziieren, den die Apk an den Schluß ihrer Verwerfungskataloge setzt (s. 21,27; 22,15; vgl. 21,8). Gegenbildlieh entsprechend wird im Munde derer, die dem Lamm nachfolgen, keine Lüge gefunden ( 14,5). 238 Weiteres bei Zimmermann a.a.O. 183; auch das Motiv des Schließens läßt sich auf Gottes Handeln anwenden (Hi 12,14). 239 Näheres zur Interpretation des Schlüsselbildes Zimmermann a.a.O. 183, der unter Heranziehung von Mt 16,19 noch weitergehend vorschlägt, vom Haus Davids auf das Himmelreich zu übertragen und Jesus so an dieser SteHe die Einlaßgewalt rur letzteres zuzusprechen. Auf solche eschatologische Bezüge (mit scharfen Konsequenzen rur das Israelbild der Apk!) enthält Apk 3,7 aber keinen eindeutigen Hinweis (auch keinen aufs himmlische Jerusalem, wie MüHer a.a.O. 130 eschatologisiert). 240 = Jesu Christi (so der eindeutige Duktus der Sendschreiben)!
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Terminus nach ab den Targumen zur Bezeichnung der endgültigen Verdammnis der Gottlosen, ihres Todes auch in der zukünftigen Welt, belegt ist 241 • Die Betonung des Heils der Christen in Fortsetzung der jüdischen Tradition 3,12 f. und vor allem die Negierung des drohenden zweiten Todes für sie in der stärkstmöglichen Form mit ou ~iJ und der Implikation des benutzten Verbs
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schen und soteriologischen Aussagen von Apk 1,4-8 noch nicht die Rede von einer widergöttlichen Macht sein, so ist dies dem Apk-Autor angesichts dieser grundlegenden Gefährdung des christlichen Glaubens nicht mehr möglich. Er sieht hinter den Angriffen aufdas christliche Leben und Denken den satanischen Gegenspieler Gottes schlechthin am Werke, mit dem es christlich keinerlei Ausgleich gibt. Eine überaus scharfe Scheidung nicht nur zwischen Christen und Heiden, sondern auch zwischen Christen und Juden ist die Folge. Für den Apk-Autor trennt, obwohl er selbst seiner Verwurzelung injüdischen Traditionen nachJ udenchrist ist, die Juden, die J esus nicht als den Christus annehmen, von den Christen eine so tiefe Kluft, daß ihnen sogar die Bezeichnung als Juden zu verwehren sei, da die Christen allein mehr in Kontinuität zum alttestamentlichen Gottesvolk stünden (2,9;3,7-9)243.
2.3.3.3 Die Gefährdung der Gemeinden durch Nikolaiten, die Anhänger der Lehre Bileams, und durch die Gruppe um /sehel Werden die christlichen Gemeinden in ihrer Substanz von außen durch Heiden wieJ uden, so von innen sehr auffällig durch eine nach Auffassung des Apk-Autors irrige Lehre (Ö"öaxi)) bedroht, wie sie von Nikolaiten (2,15), Anhängern der Lehre Bileams (2,14) sowie von Isebel und den ihr Zugehörigen (2,24.vgI.20) befolgt und propagiert wird. Nicht nur der stereotype Lehrvorwurf - der Apk-Autor vermeidet die Wortgruppe des Lehrens in seinem übrigen Werk und legt sie damit klar auf die verftihrerische (s. 2,20) Irrlehre fest -, sondern auch derjenige des Götzenopferfleischessens und der Unzucht (2,14.20; 2,15 schließt mit OÜtw~ an 2,14 an und fordert so die Übertragung auf die Nikolaiten) gilt für die genannten Gruppierungen gleichermaßen, so daß sie jedenfalls einer sie gemeinsam übergreifenden Strömung angehören und insofern auch untereinander zusammengehören müssen 244 . Das erlaubt methodisch, die Hinweise zu den Einzelgruppen gleichermaßen zur Erstellung des Gesamtbildes der Irrlehre heranzuziehen. Deren in der Sekundärliteratur immer wieder vertretene 245 übergreifende Benennung als nikolaitisch sollte allerdings vermieden werden: Zwar lassen sich nach dem Satzzusammenhang von 2,l4f. die Bileamsanhänger als Nikolaiten identifizieren 246 , aber bei Isebel und deren Anhängern fehlen entsprechende Hinweise. %43 Entsprechend übernimmt er 7,4; 21,12 die Bezeichnung als Söhne Israels für die Christen (dazu s. HuB 137, vgl. 14~149). %44 So die communis opinio der Forschung mindestens seit der Jahrhundertwende (SielTert 63f.); in neuerer Zeit z. B. Schüßler Fiorenza, Apocalyptic 367 f. %45 Z. B. SiefTert63f. und Goguel, Nicolaites bes. ~16. %46 S. etwa HuB 53.
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Lesevor~anlt:
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Wegen des Hinweises in 2,21, wonach Isebel Zeit zur Umkehr hatte, muß die Irrlehre zumindest in Thyatira bereits eine gewisse Zeit lang vertreten worden sein. Sie trägt expansive Züge, da sie gleichfalls in Pergamon (2,14f.) wirksam ist und in Ephesus wirksam zu werden versuchte (2,6)247. Trotz dieses Expansionsstrebens und ihrer ortsübergreifenden Bekanntheit, die dem Apk-Autor erlaubt, von der "Prophetin" in Thyatira nur mit einem polemischen Decknamen als Isebel zu sprechen, darf der Umfang dieser Strömung nicht überschätzt werden: In Ephesus konnte und kann sie offenbar nicht Fuß fassen; in Pergamon kann sie nicht allzu zahlreich vertreten sein, da dieser Gemeinde trotz des scharfen Urteils über die Nikolaiten/Bileamiten nur Weniges vorzuwerfen ist (2,14)248; und auch in Thyatira prägt sie nur eine - und wegen des insgesamt ausgesprochenen Lobes (2,19) sicher nicht die größte - Gruppierung in der Gemeinde. Daher bildet nicht so sehr eine äußere Unterwanderung als vielmehr eine ideologische Verführung (s. bes. 2,20) die Gefahr, die der Apk-Autor von der Irrlehre ausgehen sieht und der seiner Überzeugung nachJesus Christus selbst als der Auftraggeber zur Niederschrift der Sendschreiben gegenübertritt 249 . Zu ihrer Desavouierung greift der Apk-Autor in beträchtlichem Maße auf polemische Stereotypa zurück. So ist gerade der auffälligste Vorwurf, der des Götzenopferfleischessens und der Unzucht, nach Num 25,2 und 25,1 (vgl. 31,16) stilisiert. Ebenso ist das Verftihrungsmotiv von 2,20 wie die Verbindung mit der widergöttlichen Macht (s. 2,24) ein verbreitetes Motiv der Polemik gegen Gegner, gerade wenn diese als Propheten bezeichenbar sind 250.
Damit ist in der Ausdeutung der Vorwürfe des Götzenopferfleischessens und der Unzucht wie der Polemik von 2,22 Zurückhaltung geboten, kann weiter das in 2,24 zitierte Schlagwort ursprünglich von der Erkenntnis der Tiefen Gottes statt Satans gesprochen haben. Bleibt dies beachtet, so läßt sich gleichwohl ein klares Gesamtbild der Irrlehre rekonstruieren: Die Namengebung läßt - unterstützt durch das Fehlen von Hinweisen darauf, daß die Irrlehre von außen in das Christentum eindrang - folgern, 247 Wobei nicht sicher ist, ob ihr - was von 2,6 her naheliegt- auch die Pseudapostel von 2,2 zuzurechnen sind (s. z. B. Kraft, Offenbarung 56 und Huß 45). 248 Mit z. B. Kraft a.a.O. 65 und Huß 53. 249 Es gibt keinen Anlaß, die Irrlehre ohne jeden positiven Hinweis im Text der jeweiligen Sendschreiben auch in Sardes und Laodizea stark vertreten zu sehen, wie es seit Goguel a.a.O. bes. 20f. immer wieder angenommen wird (vgl. in neuerer Zeit etwa Satake, Gemeindeordnung 36, Kraft a.a.O. 93 und - wenigstens fUr Sardes - Müller, Offenbarung 123 f.). 250 S. zwischentestamentlichjüdisch bes. I QH IV 6-19, frühchristlich Herrn mand. XI 1-6 (mand. XI 4 bezeichnet bereits die Befragung eines falschen Propheten als Idolatrie); zu Qumran Weiteres bei O. Betz, Offenbarung bes. 92-95, zu Herrn bei Reiling bes. 80r.
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daß es sich bei ihr um eine innerchristliche Entwicklung handelt 25 l, die weiterhin wesentlich im Heidenchristentum verankert ist: "Nikolaiten" ist, wie sich nachweisen ließ, eine Selbstbezeichnung der Gegner, mit der diese sich auf den Nikolaos von Act 6,5 berufen, also auf den einzigen Proselyten unter den] erusalemer Sieben 252 • Bileam und Isebel, die beiden außerdem im Zusammenhang mit ihnen gebrauchten Namen, erscheinen sodann auch im Alten Testament (innerhalb Num 22-24; 25,1 u.ö. bzw. I Reg 16-2 Reg 9) nur und ausdrücklich zur Bezeichnung von Heiden. Diese Indizien einer heidenchristlichen Geg!1erschaft werden durch den Doppelvorwurf des Götzenopferfleischessens und der Unzucht, der in jedem Fall eine antiheidnische Stoßrichtung hat, noch verstärkt 253 . In der Irrlehre muß sodann ein in ihrem Sinne prophetisches Moment eine gewichtige Rolle gespielt haben: Ihre Führergestalt in Thyatira nennt sich selbst Prophetin (2,20), und 2,14 verbindet die Gegner mit der prophetischen Gestalt Bileams. Letzteres ist besonders aufschlußreich, wenn es - wie K. Rudolph ansprechend annimmt - auf eine Eigenaussage der Gegner zurückgeht 254 : Diese berufen sich für ihre Anschauungen dann auf die ",Lehre Bileams', wie wir es von der Anknüpfung der Gnostiker an das Alte Testament kennen. "255 Eine gnostische Bezugslinie tritt hervor, die eine starke Stütze durch die ÖLÖax~-Charakteristik erfährt, die in das breite Bezugsfeld der gnostischen Lehr- und Lernmotivik führt 256 . Freilich stellt sich die Frage, ob der Apk-Autor die Lehre Bileams in seinem nachklappenden Erläuterungssatz 2, 14c nicht polemisch verfremdet: Dieser Autor, dem nach dem bisherigen Befund alttestamentliche Traditionen geläufig und wichtig sind, trägt hier pointiert die erst nachalttestamentlich vordringende Sicht Bileams als Frevler ein (vgl.] ud 11). 2S1 S. Goguel a.a.O. bes. 16; gegen Zimmermann, Christus 189, der seine Gegenthese, die Irrlehre sei in die christlichen Gemeinden hineingetragen worden, allein mit der fragwürdigen Konstruktion begründet, bei den Aposteln von 2,2 handle "es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um jüdische Gnostiker". 252 S. Brox, Nikolaos passim, Ergebnis 30; vgl. schon Goguel a.a.O. 13. Selbst bei einer Bestreitung dieses Zusammenhangs bleibt Nikolaos ein ausgesprochen heidnisch-griechischer Name, der entsprechend im Alten Testament völlig fehlt. 25J Vgl. U. B. Müller, Theologiegeschichte 19f. 254 Also nicht nur ein polemisches alttestamentliches Vergleichsbeispiel des Apk-Autors ist, wie Exegeten bis Müller, Offenbarung 112 annehmen. 255 K. Rudolph, Gnosis 328. Man vergleiche etwa die Kainiten, Sethianer und die Baruchgnosis. 2S6 Gnostische Belege sind auffind bar nach dem Nag-Hammadi-Register Nr. 175B, 231 B, 246 B (z. B. Apokalypse Adams NHC V 5, 85, 17). Den gnostisch-hermetischen Dank rur die den "Nous" schenkende Lehre und die Freude über die die "Gnosis" vermittelnde Belehrung artikuliert ausdrucksvoll das Gebet NHC VI 7 an den nicht zu belästigenden Namen (5. bes. 64,6ff.I 5ff. nach dem Gebetseingang 63,34 ff.). Antignostisch wird der Lehrvorwurffrüh noch etwajustin, dial. 35,4.5 erhoben.
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Er unterschlägt den Traditionskern, der Bileam in seiner zum Segen gewendeten Weissagung positiv darstellt (Num 22-24; vgl. Neh 13,2) und in dessen Linie Bileam bis in spätneutestamentliche und altkirchliche Zeit auch bei negativer Beurteilung stets lebendig als Prophet verstanden wurde (s. etwa 2 Petr 2,16)257. Gerade an ein solches Prophetenverständnis mögen aber die Nikolaiten bei ihrer Zuschreibung von ihnen wesentlichen Lehren an Bileam positiv angeknüpft haben, um diese Lehren als vollmächtig zu kennzeichnen. Der Nachtrag des Frevels Bileams durch den Apk-Autor stellt sich von daher als ein Versuch, die Ausstrahlung solcher Vollmacht zu desavouieren, dar, der sich weit von den Auffassungen der Gegner entfernen mag. Läßt sich daher über die gegnerische "Lehre Bileams" inhaltlich wenig aussagen 258 , so bleibt doch, daß die Gegner mit Bileam (2,14 b) wie mit der Prophetin von Thyatira (2,20.24) grundsätzlich Lehrelemente verbinden. Entscheidende Charakteristik der Prophetie ist demnach bei ihnen nicht die Zukunftsansage - keiner der auf die Irrlehre anspielenden Züge in den Sendschreiben läßt überhaupt eine eigenständige Bedeutsamkeit der Zukunft erkennen -, sondern die Vermittlung von Erkenntnis (s. bes. 2,24). Solch enthusiastisches Geben von Erkenntnissen aber ist Kennzeichen der aus den altkirchlichen Quellen rekonstruierbaren "gnostische(n) Prophetie"259, zu der sich die Prophetie in der Apk als Alternative darstellt 260 . Die von den altkirchlichen Äußerungen zu den Nikolai-
157 Näheres s. Karpp, Bileam 364ff.Jüdisch zeichnet sich demnach eine Linie zu immer negativerer Beurteilung Bileams ab: Während Josephus und - zurückhaltender - Philo Bileam immerhin noch als tüchtigen Wahrsager bzw. Meister aller Mantik anerkennen und Rabbi Johanan noch zugibt, daß Bileam "anfangs Prophet, dann erst Zauberer war" (364f., Zitat 365), dominiert später nur das Bild des Frevlers (Belege bei Strack/Billerbeck 111 793 und an den dort angegebenen Vergleichsstellen). 158 Sie ist nicht mehr genauer rekonstruierbar, da sie sich - wie gnostische Berufungen auf alttestamentliche Personen auch sonst (vgl. z. B. mr Adam die ApkAdams passim) weitestgehend vom alttestamentlichen Kern der Bileamstradition gelöst haben kann. 159 Liechtenhan 42 (eine neue Aufarbeitung zur Bedeutung der Prophetie mr die und in der Gnosis fehlt, so daß seine Arbeit - mit Ausmhrungen zur Prophetie S. 5-43 - nach wie vor heranzuziehen ist). 160 Die in diesem Zusammenhang ansprechende These Schüßler Fiorenzas, die Nikolaiten bildeten einschließlich der Gruppe von Isebel "a rival prophetie group" zum angeblichen prophetischen Zirkel um Johannes, mr die sie noch anführt, daß immerhin vier der Hellenisten neben Nikolaos in der Tradition als Propheten gälten (Apokalypsis 119f., Zitat 119), schießt leider übers Ziel hinaus: Nicht nur ist der Prophetenkreis um Johannes fraglich - worauf bereits mehrfach hinzuweisen war -, Johannes verzichtet auch auf die Selbstbezeichnung als Prophet. Genauer ist wohl von einem Aufeinanderstoßen verschiedener Prophetenverständnisse zu sprechen: Entgegen dem gnostischen Ton aufTiefenerkenntnisvermittlung mhrt Johannes in die Prophetie in seinem Werk zentral die Motivik der Zukunftsansage ein und betont schon 1,3 antignostisch (vgl. o. unter 2.1.2.3), daß das darin Geschriebene gegen alternative Möglichkeiten festzuhalten sei.
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ten forcierte, in den letzten Jahrzehnten durchgesetzte Ansiedlung der Gegner ins Umfeld der Gnosis erweist sich als gut begründet 261 . Apk 2,24 ist in diesem Zusammenhang noch von besonderer Bedeutsamkeit, da es nach der Selbstbezeichnung Isebels als Prophetin (in 2,20) von neuem ausdrücklich ein Schlagwort der Gegner aufnimmt. Dieses muß eyvooOOJ.lEV 'tCL ßOitEo 262 'tOü oO'tovä oder - falls man die Einführung des Satans (wie in 2,9.13; 3,9) der Polemik des Apk-Autors zuschreibt - toü itEOÜ/tOÜ XUQLOU o. ä. gelautet haben. Solche Spekulation über die Tiefen und das Bemühen um ihr Erkennen ist für die Gnosis charakteristisch 263 , deren dualistisches Grundgefüge hier also entweder unmittelbar oder zumindest in der Umkehrung des Apk-Autors sichtbar wird. 2,25 und die singuläre Erweiterung des Vordersatzes des Überwinderspruches in 2,26 über das vLxäv-Glied hinaus lassen erkennen, warum letzterer injedem Fall nur von einer Satanserkenntnis sprechen kann: Da 2,25 den übrigen Gemeindegliedern zu Thyatira einschärft, festzuhalten, was sie haben, verfehlen die Gegner dies seiner Ansicht nach. Sie bewähren sich - dies macht im Anschluß daran der Einschub in den Überwinderspruch deutlich - entscheidend darin nicht, gegenüber allen alternativen Möglichkeiten durchgängig an den Werken Jesu festzuhalten, tTlQELV ... 'tCL EQYO J.lou, wie dieser im Sendschreibendiktat sagt. Analog zu 15,3, wo EQYO die Heilswerke Gottes meint, ist es hier aufdie Heilswerke zu beziehen, die Jesus in seinem sühnenden und erlösenden Sterben
261 Zu den altkirchlichen Zeugnissen s. etwa Prigent, L'heresie 16ff. Die Forschung nach Baur mußte die Gnosisbezüge der Gegner erst mühsam wiederentdecken: Bousset, Offenbarung 238 mochte über "weltfOrmige Heidenchristen und nichts weiter" noch nicht hinausgehen, mußte von daher aber das Erkennen der Tiefen Satans als "ein ganz praktisch gemeintes Wort" abtun. Auch Sieffert 65f. sprach noch von einem vorgnostischen Libertinismus, erkannte jedoch 64 schon die dualistische Spekulation der Nikolaiten an. Die neuere Forschung entscheidet sich dann in ihrer ganzen Breite rur die gnostische Beurteilung (z. B. Zimmermann a.a.O. 192; Schüßler Fiorenza, Apocalyptic 567-571; Prigent a.a.O. 8-22; Barrett, Gnosis 127-129), und dies auch im Falle ausdrücklicher Bousset-Rezeption (Völkl447 nach 444). Etwas zurückhaltender ist nur Müller, Offenbarung 98r. In diesem Zusammenhang ist sogar (mit Karpp a.a.O. 372) zu erwägen, ob die auch bei den Kirchenvätern dominierende abwertende Bileamsdarstellung nicht generell auf das Gegenüber zu einer gnostisch-synkretistischen Weiterentwicklung der alttestamentlichen Bileamserzählung zurückgeht. 161 Nach ähnlich guter Bezeugung ßQitT). 16J s. Strobel, ßQ-6o~ 455; weitere Belege sind über Nag-Hammadi-Register S. 225 u. ö. auffind bar. Barrett a.a.O. 128f. möchte, indem er die Satansaussage in 2,24 als korrekte Wiedergabe der Gegner ansieht und sie mit dem Bild Satans als Drache/Schlange in 12,9; 20,2 verbindet, näherhin Bezüge vor allem zur ophitisch-naassenischen Gnosis feststellen, strapaziert dazu die Hinweise der Apk aber sehr stark (12,9;20,2 sind Formulierungen des Apk-Autors, nicht seiner Gegner).
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und in seiner Auferstehung vollbrachte 264 • Deren Alleingültigkeit sieht der seit 1,1.5 ff.12ff. betont christozentrisch formulierende Apk-Autor demnach bei den anvisierten Gegnern verlassen, wenn sie Tiefenerkenntnis - sei es Gottes oder der widergöttlichen Macht - suchen, die ihnen aus anderen Quellen nebenJesus vermittelt wird: von der alttestamentlichen Gestalt des Propheten Bileam oder von einer gegenwärtig lebenden Prophetin. Konsequent fordert er 2,22 in seiner impliziten Leserftihrung vor 2,26 zur U m- und Abkehr von den - zu J esus konkurrierenden - Werken der Isebel auf. Die Schärfe der Kritik schlägt in der Strafansage von 2,23 durch, die ihre Pointe durch eine polemische Verschiebung des Gnosismotivs erhält, verweist sie doch auf ein künftiges Erkennen (YLVWOXELV!) des Gerichts Jesu, das gerade die trifft, die sich in ihrer vermeintlichen gegenwärtigen Erkenntnis auf die falschen Werke einlassen und deshalb auch selbst verfehlt handeln. Verfehltes Denken und verfehltes Handeln hängen nach sich in dieser Ansage niederschlagender Auffassung unmittelbar und unlöslich miteinander zusammen. Daraus erklärt sich, daß die Polemik der Sendschreiben sich ebenso auf letzteres wie auf ersteres konzentriert: Wer sich für sein Heil nicht voll und ganz auf Jesus verläßt, ist auch bereit, ihn zugunsten der heidnischen Götter zu verlassen, sich diesen und den mit ihrer Verehrung verbundenen verfehlten Handlungen, der Unzucht und dem Essen von Götzenopferfleisch, zu widmen - und er tut beides, ja gibt sich sogar innerhalb seines Zirkels bedenkenlos der Unzucht hin (2,14.20ff.). Die Einsicht, daß an diesen Stellen ausgesprochene Polemik vorliegt, erübrigt eine interpretatorische Entleerung der hier gebrauchten Termini J'tOQVEUELV/ 1toQVda/J.lOLxEUELV um ihren konkreten zugunsten eines nur übertragenen Sinnes von Unzucht als Sich-Einlassen auf fremde Götter. Vielmehr werden hier durch den Apk-Autor heide Aussageschichten aktiviert: Läßt man sich auf Abgötterei ein, dann ebenso konkret auf abgöttische Lebensvollzüge, auf hassenswerte Werke (vgl. noch 2,6)265.
Freilich dürfte der Apk-Autor die tatsächliche Praxis der bekämpften Gruppen libertinistisch übersteigert haben, um sie zu diskreditieren 266 • Beachtet man dies, so bleibt bei ihnen eine aus der Annahme, daß allein die pneumatische Erkenntnis rur Heil und Leben relevant sei, gespeiste ethische Geringschätzung der Leiblichkeit, die ihnen Nachgiebigkeit ge-
264 S. Anm. 77 zu 2.1 und zur christologischen Füllung Holtz, Christologie 781T.,212 und passIm. 265 Zu dieser zweischichtigen Interpretation vgl. Huß 53,58 (in Text und Anmerkungen Lit.) und Müllera.a.O. 118f. u.Ö. 266 Die Konterkarierung der Lehre Bileams in 2,14 c erwies sich schon oben als redaktionell.
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genüber Handlungsweisen ihrer Umwelt erlaubt 267 . Sie, die dem erarbeiteten Befund nach heidnischen Herkommens und daher den heidnischen Lebensvollzügen von Kind auf vertraut sind, können so einen Bruch mit ihrer Vergangenheit vermeiden. Der Apk-Autor aber sieht hier die Grenzen zwischen Christen- und Heidentum verwischt und fordert das j..lEtUVOELV EX, das Umkehren aus solchem Denken und Tun heraus (2,22 nach 2,21 )268, in einer Radikalität, die sich nur von daher verstehen läßt, daß die Christen rur ihn ihre Herauslösung aus den Sünden, ihre Verfaßtheit als Herrschaftsbereich Gottes (s. 1,5.7) in Frage stellen, wenn sie sich nicht von ihrer Vergangenheit und Umwelt lösen (vgl. 18,4ff.). Die Polemik der Apk veranlaßte die Exegeten immer wieder zu über die vorgetragene Interpretation hinausgehenden Schlußfolgerungen, da in der Ablehnung des Götzenopferfleischessens eine Restriktion gegenüber der von Paulus gezeigten freieren Behandlung dieses Themas (s. I Kor 8 u.ö. und Röm 14) vorliegt und der Doppelvorwurf der Unzucht und des Götzenopferfleischessens zumal in seiner Verbindung mit dem Motiv, kein weiteres ßaQO~ aufzuerlegen (Apk 2,24 nach 2,20), an die Vorschriften des Aposteldekrets (Act 15,19f. 28f.) erinnert. Noch lange nach Baur, der aus Apk 2,14.20 pointiert auf eine judaistisch-antipaulinische Stoßrichtung der Apk schloß, wurden diese Stellen so als Beleg dafür herangezogen, daß die Apk, jüdisch geprägt, "reines Verhalten [ ... ] nicht nur gemäß sittlichen [... ], sondern auch gemäß rituellen Geboten" fordere 269 . Nur allmählich fand die Forschung zu einer differenzierteren Position, die hier aufder Linie des Aposteldekrets "the via media posi tion of a mitigatedJ ewish Christianity" zwischen den beiden angeblich in Kleinasien vertretenen Positionen eines extremen Judenchristentums und eines nachpaulinischen Heidenchristenturns vertreten sah 270. Der Textbefund zwingt jedoch zu einem noch zurückhaltenderen Urteil: Gegenüber Act 15,19f. 28f. fehlen in Apk 2,14.20 gerade die kultisch-rituellen Anweisungen gegen den Genuß von Ersticktem und Blut. Auch ist ßaQo~ 2,24 f. ungleich Act 15,28 f. keineswegs spezifisch auf Gesetzeslasten 267 Vgl. Prigent a.a.O. bes. 14,16, der die vorgetragene Annahme noch durch eine Auswertung der patristischen Zeugnisse über die Nikolaiten zu erhärten sucht. 268 Vgl. sprachlich 9,20.21; 16,11. Dieser charakteristische Sprachgebrauch verbietet eine Interpretation der V mkehraufforderungen der Apk allein auf.,eine plötzliche Neuwerdung oder genauer eine Wiederherstellung des ursprünglichen Status" (so noch V. B. Müller, Prophetie 58 mit Anm. 6). So sehr der Gedanke der Rückkehr zum ursprünglichen Tun in der Apk aktiviert werden kann (s. 2,4f.), ausschlaggebend für ihren Verbgebrauch ist doch der Gedanke der Abkehr, der konkreten Sinnes- und Handlungsänderung aus einem bestimmten Verhalten und der dadurch entstandenen Tatsphäre heraus. Dies läßt sich hebräisch in ein 11:) :l'W zurückübersetzen, wie es in 'JR öfter für ein Ablassen von etwas gebraucht wird (Belege bei Gesenius 810), entspricht aber vor allem dem allgemeinen griechischen Sprachgebrauch (s. Merklein, l!E'tclVOla 1024). So fügt es sich gut zur hier vorgetragenen Lokalisierung der Apk als Werk eines jüdischen Traditionen verbundenen Autors aufgriechischem Boden. 269 So Buhmann, Theologie 525; zu Baur s.o. Anm. 77 zu 1.2. 270 So Simon, Apostolic Decree 428f. (Zitat 429 teilweise hervorgehoben); vgl. V.B. Müller, Theologiegeschichte 17ff. und Offenbarung 97f.
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bezogen, so daß nur eine ausgesprochen partielle Motivübereinstimmung besteht. Die Vorwürfe von 2,14.20 spielen auf erzählerische Traditionen des Alten Testaments (bes. N um 31,16; I Reg 16,31 und 2 Reg 9,22) und nur über diese vermittelt auf die Gesetzestradition an 171 . Ihre Aufnahme erfolgt im Rahmen der Weiterentwicklung des frühen Christentums nach Paulus, die nach den zuhandenen Quellen in der Götzenopferfleischfrage nicht zu einer Durchsetzung der Position der Starken führte, sondern zur Ausprägung des Verzichts auf Götzendienst und den Genuß von Götzenopferspeisen als christliches Spezifikum gegenüber ihrer heidnischen Umwelt und nach guter Belegung eben auch gegenüber hier zumindest ansatzweise synkretistischen gnostischen Strömungen l71 . Bei Berücksichtigung dieser Sachverhalte ist weder die These eines besonderen J udaismus der Apk noch die eines ausdrücklichen Rekurses in ihr auf das Aposteldekret haltbar 173 .
Ihre für den Apk-Autor geradezu satanische Verftihrungskraft 274 gewannen die angegriffenen Gruppen offenbar dadurch, daß sie auf ihre Weise das Problem bewältigten, das sich den Adressatengemeinden der Apk im Widerspruch der Lebensrealität zu ihrer Überzeugung stellte, sie stünden voll im Heil. Denn sie stützten die präsentische Heilsüberzeugung 27S , weil sie allein das gegenwärtig vollzieh bare pneumatische, durch prophetische Lehre vermittelte Heilserleben und Heilserkennen als für die christliche Existenz maßgeblich behaupteten. Und den Widerspruch der Lebensrealität dazu entkräfteten sie, indem sie diese entweder als durchschautes satanisches Reich in den Griff bekamen - wenn 2,24 sie direkt zitiert - oder sie angesichts des allein an Gottes Tiefen interessierten Heilserkennens bis zur Belanglosigkeit entwerteten - so, wenn 2,24 polemisch verfremdet. In beiden Fällen mußten sie, ohne einem vordergründigen Weltoptimismus zu verfallen 276 , praktisch erfolgreich sein, da sie Kompromisse mit der Umwelt erlaubten und damit deren Pressionen den Boden entzogen. Bei alledem hatten sie kaum schon ein volles gnosti27\ Dieser Sachverhalt wird noch deutlicher, wenn der Vorwurf bei Bileam sich - wie dargelegt - aus der Aufnahme der negativen Bileamstradition durch den Apk-Autor in seiner Polemik ergibt. 272 S. Justin, dial. 34,8 vor 35,1-6; vgl. als unbefangenen heidnischen Zeugen des späteren 2.Jh. Lukian, Peregrinos 16, weiler etwa Did 6,3 und rur antignostische Vorwürfe Irenäus, adv. haer. 16,3; 24,5. 273 Vgl. Huß 59 (dazu Anm. 448 Lit.). 274 nAaväv (2,20) ist in der Apk charakteristisch rur das Tun der widergöttlichen Mächte - des Drachens, Satans, BabyIons (s. 12,9; 13,14; 18,23; 19,20; 20,3.8.10). 275 An dieser Stelle sei angemerkt, daß gnostisch die soteriologisehen Grundlagenausruhrungen von Apk I ,sr. bis dahin nachvollzogen werden konnten, man sei bereits voll der Sünden enthoben (NHC XI 2,41,10--38 spricht rur letzteres von einer ersten Taufe unddualistisch - einer Versetzung aus der Welt in den Aeon). 276 Wie die ältere Sicht der Gnosis als optimistisch-enthusiastisch inzwischen zu Recht allgemein überholt ist (5. Wisse bes. 105fT., der mit dem Optimismus freilich gleich noch problematisch die präsentisch-eschatologischen Züge überhaupt in Frage stellt).
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sches System ausgebildet, sondern stellen sie eher eine frühe gnostische Strömung dar, da die knappen Hinweise der Apk zu ihrer Lehre die Annahme eines kosmologisch, anthropologisch und soteriologisch extensiv entfalteten Denkgebäudes noch nicht zulassen. Eine Absicherung des Befundes durch die Heranziehung der Kirchenväteräußerungen zu den Nikolaiten liegt nahe, ist jedoch nur mit Vorbehalten durchführbar. SiefTert arbeitete nämlich bereits 1904 heraus, daß diese Äußerungen weitestgehend als Reflexionen und Spekulationen im Anschluß an die Apk-Hinweise oder - im Falle der Legenden über Nikolaos und seine Frau - als sekundäre Bildungen zu erklären sind 277 . Einen gewissen selbständigen Quellenwert beließ er nur der theologischen Kernaussage im Fragment I von Hippolyts De resurrectione, wonach der als der Diakon von Act 6,5 identifizierte Nikolaos die nikolaitische Sekte einführte, "indem er behauptete, die Auferstehung sei bereits geschehen, wobei er unter Auferstehung dies verstand, daß wir an Christus glauben und die Waschung (der Taufe) empfangen, eine Auferstehung des Fleisches aber bestritt. "278 Tatsächlich würde sich der Glaube, die Auferstehung habe (bei der Taufe) bereits stattgefunden, zum erstellten Befund der Irrlehre in der Apk als gnostischer Strömung gut fügen. Denn gnostisch ist sowohl die Umdeutung der Auferstehung auf eine Erlösung in ihrem (gnostischen) Sinne wie die dualistische Ablehnung einer leiblichen Auferstehung vornehmbar 279 , und für die Adressatengemeinden der Apk würde die Verbindung der Auferstehung mit der Taufe nur eine spezifische Entfaltung ihrer realisierten Eschatologie darstellen, nach der sie ja bereits real voll im Heil stehen. Daher wird bei der weiteren Untersuchung der Apk darauf zu achten sein, ob sich in ihr eine konkrete Auseinandersetzung mit dieser konsequenten Form realisierter Eschatologie niederschlägt (s. unter 2.4.3.4).
2.3.3.4 Die Gefährdung der Gemeinden durch ein Handeln, das ihren Heilsstand verfehlt Ihrer formalen Gestaltung aus paränetischer Tradition entsprechend, enthalten die Sendschreiben fast stereotyp Hinweise auf die Werke der Angeredeten (2,2.13.19; 3,1.8.15)280 und dokumentieren so ein entschiedenes ethisches Interesse des Apk-Autors. 277 SiefTert 66fT.; auf die altkirchlichen Quellen gehen In neuerer Zeit etwa Brox, Nikolaos und Prigent, L'heresie (bes. 12fT.) ein. 278 Der Text fährt fort: "Und da nun Viele von ihm Anlass nahmen, gründeten sie Sekten. Unter ihnt-n standt-n vornehmlich die sogenannten Gnostiker auf, zu denen Hymenaeus und Philetus gehörtt-n [ ... ]U (es folgt Hinweis auf 2Tim 2,17). (Übersetzung des syrischen Textes nach Achelis in der Hippolyt-Ausgabe der GCS I 251). SiefTert 67 hält wegen dieses Textfortgangs auch "eine Kombination aus 2Ti 2,17" zum Denken des Nikolaos für möglich, wogegen jedoch dessen Erwähnung vor Hymenaeus und Philetus spricht - diese Personen sind im Text allein durch ihren besonderen Auferstehungsglauben verbunden, der demnach durch Hippolyt bei ihnen in gleicher Weise vorausgesetzt wird. 279 S. SchottrofT 155 fT. Kleinasiatisch ist hier auch Polyk 7,1 zu vergleichen. 280 Nur zu Smyrna 2,9 erscheint der entsprechende Hinweis textkritisch sekundär.
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Dieses Interesse geht nicht im antihäretischen Impetus auf, da etwa das Verhalten in Thyatira 2,19 trotz des Wirkens Isebels und ihrer Anhänger im ganzen positiv gewertet wird. Es übersteigt ferner den Horizont des Standhaltens in der konkreten äußeren Bedrängnis, so gewichtig dieser ist: Die schärfsten Ausftihrungen finden sich zu Sardes und Laodizea (3,2.15fT.), wo jeder Hinweis auf eine akute Gefährdung der Christen fehlt, während umgekehrt zu Pergamon in 2,9 sogar der sonst stereotype Hinweis auf] esu Wissen um die Werke unterbleiben kann 281 •
Der Apk-Autor richtet das Augenmerk dabei weniger auf einzelne konkret fixierte rechte und verfehlte Taten als auf das christliche Gesamtverhalten, auf die EQya als dessen Summa 282 . So fordert er etwa für Ephesus 2,5 global die Rückkehr zu den ersten Werken, ohne diese näher zu bestimmen, und erkennt er umgekehrt bei dieser Gemeinde ebenso global die Ablehnung von Bösem an (2,2). In 2,2 wie 2,19 entwickelt er seine Aussagen in der katalogischen Art usueller Paränese, wobei er als Normen neben dem bei 1,9 besprochenen Aushalten/Standhalten die Treue (so 1tLO'tt~ in der Apk ausschließlich!)28J, das Dienen in seiner ganzen Spannweite (die OtUXOVLU)284 und die ebenso bedeutungsbreite Liebe (aYWtT)) nennt. Wenn von daher etwa Ephesus der Abfall von der ersten Liebe vorgeworfen wird (2,4), bleibt ö.ya3tTI doch im Zusammenhang unbestimmt. Sicher enthält es 281 Verfehlt ist so die von Satake (1980) vorgetragene Beziehung der ethischen Sendschreibenhinweise über das Handeln hinweg auf ein "Nachlassen(s) des Glaubens", wie es zu Ephesus, Sardes und Laodizea dokumentiert sei (Kirche 345fT., Zitat 345). Weiterhin ebnet es die jeweiligen Akzente ein, wenn die Hinweise zu Sardes und Laodizea ohne konkrete Anhalte am Text antihäretisch bezogen werden (s.o. Anm. 249). 282 Die Apk hat bei 20 sicheren Vorkommen von fQyov (s. VKGNT I 447) nur ein einziges Mal den Singular (22,12), der dort im generellen Gerichtszusammenhang gleichfalls das Gesamtverhalten bezeichnet; zur Sache vgl. HuB 43 f. u. ö.; Zimmermann, Christus 194. 283 Das Zentrum des Wortfeldes liegt in der Apk (der dessen Verben völlig fehlen!) auf dem Adjektiv 1tLat6~ (8x), das durchgängig nicht von seiner Bedeutungsdimension des Schenkens von Vertrauen her eingesetzt wird, sondern von derjenigen der Treue und Zuverlässigkeit (jesu 1,5; 3,14; 19, 11, der Worte in der Apk 21,5; 22,6, schließlich der Christen 2,10.13; 17,14). Entsprechend ethisch akzentuiert ist das Nomen 1t(atL~ (4x): Dreimal erscheint es in Verbindung mit weiteren Tugenden - entscheidend der lm0J.lOvft (2,19; 13,10; 14,12), sodaB es dieser nahezu synonym wird (vgl. K.M. Fischer, Christlichkeit 171) -, und auch an der letzten verbleibenden Stelle dient es der Erläuterung christlichen Verhaltens (2,13 in Parallele zum Festhalten des NamensJesu in der Bedrängnis). Die christliche Auffälligkeit dieser Akzentuierung erklärt sich aus der von der Apk gespiegelten geschichtlichen Entwicklung, die nicht mehr die Reflexion über den Glauben als Voraussetzung des Christ-Seins provoziert, sondern dessen treue Bewährung in der Bedrängnis erfordert (vgl. HuB 25f., Zitat 26 und u. Exkurs 4). 284 Der Terminus aus der urchristlichen Tradition ist nur 2,19 aufgenommen und erhält dort im Katalog keinen spezifischen Charakter. Seine Zuspitzung auf Armenfürsorge etwa. wie HuB 56 sie versucht, bleibt daher Spekulation.
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stark das Motiv der Hinwendung zu einer Person oder Sache - das zugehörige Verb steht an allen Vorkommensstellen der Apk mit einer Bezeichnung des Objektes solcher Zuwendung (1,5; 3,9; 12,11; 20,9) -, aber die entsprechende Objektvalenz des Nomens wird weder hier noch beim einzigen weiteren Beleg in 2,19 gefüllt, so daß das ganze Bedeutungsfeld von der emotionalen Grundkraft der Liebe über die Nächsten- bis zur Gottesliebe aktivierbar ist. Genau das aber dürfte das Ziel des Apk-Autors gewesen sein, da er der Erinnerung an die erste Liebe die genannte globale Aufforderung zu den ersten Werken korrespondieren läßt (2,5)285.
Obwohl sich so wie durch die Pauschal ismen und die Polemik der Kritik (etwa in 2,2.6.14.20) eine gewisse Offenheit der Verhaltensbestimmungen ergibt - die übrigens die in den Weckrufen von 2,7 a usw. geforderte ortsübergreifende Rezeption erleichtert -, bleiben individuelle Situationen angesprochen: Einige Zeit nach denjeweiligen Gemeindegründungen, aber noch nicht so weit von diesen entfernt, daß nicht mehr aktuell an sie erinnert werden könnte (s. 2,4.19), erfahren die Gemeinden entsprechend ihrer verschiedenen Entwicklung verschiedene Beurteilungen: Zu Thyatira werden vor der Auseinandersetzung mit dem Kreis um die" Prophetin" positive Akzente gesetzt (2,19). Philadelphia und Pergamon erhalten keinerlei Kritik, Ephesus, Sardes und Laodizea deutlich verschiedenen, ftir Ephesus überdies durch den dortigen Haß gegen das Gesamtverhalten der Nikolaiten gemilderten Tadel (s. 2,4.6; 3, I f.15.17). Um den Kern der ethischen Gefährdung der Christen zu erfassen, wie ihn der Apk-Autor sieht, ist auf die Sendschreiben zu Sardes und Laodizea zurückzugreifen, gipfelt hier doch seine Kritik in Schärfe wie Extensität (3,2f.15-19). Basis seiner Argumentation bleibt dabei das präsentische Heilsverständnis, aus dem heraus er den Ausftihrungen zu Sardes 3, I vorausschickt, daß die dortige Gemeinde (bzw. der ihr zugeordnete Engel) den (Heils- )Namen habe, daß sie lebe. Nicht als Selbstanspruch dieser Gemeinde, sondern als Aussage über sie 286 erscheint hier eine zentrale christliche Heilskategorie: Das Lebensmotiv findet in der Apk geläufig als Attribut Gottes undJesu Verwendung (1,18; 2,8; 4,9.10; 7,2; 10,6; 15,7) und dient in nominaler Fassung immer wieder der Verheißung an die Christen (2,7.10; 7,17 u. ö.). Im Überwinderspruch für Sardes 3,5 steht es charakteristisch in der negativen Fassung, der Name des Überwinders werde nicht aus dem Lebensbuch ausradiert, in einer Fassung also, die voraussetzt, daß die 285 In der Sekundärliteratur wird immer wieder fälschlich versucht, das (von Wischmeyer, Agape 231-238 allgemein umrissene) Bedeutungsfeld der Agape für Apk 2,4 c.-inzuc.-ngen, was zu den verschiedensten Lösungen führt. So entscheidet sich etwa Bousset, Offenbarung 205 nur für die zwischenmenschlich-ethische Dimension, während Satake, Kirche konträr dazu ausschließlich auf "Liebe zu Gott" deutet (345 Anm. 52). 286 Nur eine Verkennung dessen erlaubte V.B. Müller, Theologiegeschichte 38f. die unscharfe Entgegensetzung einer naherwartenden Eschatologie des Johannes zu einer enthusiastischen Heilsüberzeugung ausschließlich seiner Adressatengemeinden.
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Namen der zur christlichen Gemeinde Gehörigen im Lebensbuch stehen, daß sie so die Lebens- und Heilszusage haben 287 • Analog heilsenthusiastisch ist der Hinweis auf diejenigen in Sardes, die ihre Kleider nicht befleckt haben (3,4), von dem in der Apk wichtigen Heilsbild der (weißen) Kleider (s. 3,5.18; 4,4; vg1.l6,15) getragen 288 • Die Christen stehen demnach objektiv, christologisch begründet im Heil. Die Gedankenlinie von 1,5 f. setzt sich fort, und zwar mitsam t ihrer dortigen, für die Ethik grundlegenden Explikation, daß die Christen durch das HeilshandelnJesu Christi voll und ganz den Sünden ihrer Vergangenheit entnommen sind, daher als Christen eigentlich nicht mehr sündigen können 289 • Zwei ganz verschiedene Konsequenzen ließen sich aus einer solchen Auffassung ziehen, zum einen die Behauptung christlicher Handlungsfreiheit jenseits sünden begrenzender Normen, zum anderen ein extremer ethischer Rigorismus. Letzteren vertritt - verwandt zu Herrn mand IV 3,2 - der Apk-Autor. Jedes nicht voll dem Heilsstand entsprechende Verhalten von Christen ist für ihn ein Herausfallen aus der christologischen Existenzgründung jenseits der Sünden, bedeutet das Verlassen des Heils, in seiner Heilsterminologie den Tod. Daraus erklärt es sich, daß er zu Sardes - sogar ohne daß die dortigen Verfehlungen radikallibertinistisch gewesen sein müssen 290- gleich 3,1 die harte Sachbestimmung vorausschickt, die angeredete Größe sei faktisch tot. NE)(QO~ d ist ohne jede Einschränkung im Aussageindikativ formuliert. Das Schicksal des Todes ist durch den vorliegenden Tatbestand besiegelt und muß deshalb auch in der Ansage des Gerichtskommens Jesu 3,3 nicht mehr (als Strafandrohung) benannt werden.
Die Aufforderung in 3,2f., wach zu werden, das zu kräftigen, was noch nicht im Sterben liege, sich zu erinnern, von wo man fiel - welchen Heilsstand man verlor, wie sich nach dem bisher eruierten Zusammenhang deuten läßt -, und radikal umzukehren, erscheint von daher geradezu als ein Akt der Liebe, in dem J esus Christus die Angeredeten über die Besiegelung ihres Unheils hinausführt, ihnen die Möglichkeit der Rückkehr in den Heilsstand gewährt. Wie sehr dies ein Anliegen des Apk-Autors war, wird am SendschreiZur Interpretation von 3,5 vgl. Reader 215 f. In ihm kommt so zum Ausdruck, daß die HeilstatenJesu Christi den Christen das ,,,neue Sein' vor Gott und in der Weh erwirkt" haben, und dies nicht nur imputativ, sondern in "ontologische(r) Dimension" (5. H. W. Günther, Nah- und Enderwartuh{shorizont 89, dort beide Zitate). Entsprechend müssen die heilsrepräsentierenden Gewänder vor dem Verlust bewahrt werden (5. 16,15). 189 Näheres dazu o. unter 2.2.2.2. 190 Die These geschlechtlicher Ausschweifungen muß sich auf das schwache Ar~ument der befleckten Kleider (3,4; vgl.Jud 23) stützen (so Müller, Offenbarung 123). 187
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ben für Laodizea deutlich. Dort wird zunächst das Tun der Gemeinde ganz allgemein als lau, als weder kalt noch heiß, charakterisiert (3,15)291. Diese Sachbestimmung erhält ihre Schärfe darin, daß die angeredete Größe bislang nicht weiß, wie elend und bemitleidenswert, wie arm, blind und nackt sie erscheint und ist, sondern behauptet - und hier beruft sich die Apk ausdrücklich auf eine Eigenaussage der Adressaten -, reich zu sein, reich geworden zu sein und keinerlei Mangel zu haben (3,17). Lokale Anspielungen sind in diesen um materielle Sachfelder kreisenden Textaussagen unübt'rhörbar. Sie lassen ein christliches Selbstbewußtsein assoziieren, das in engem Konnex mit äußerem materiellem Wohlstand steht und in der aufsteigenden Industrie- und Handelsstadt Laodizea gut denkbar ist, deren Bürger nach dem schweren Erdbeben von 60 nicht nur den Wiederaufbau aus eigenen Kräften leisteten, sondern im Zusammenhang damit auch einen so aufwendigen Bau wie das Stadion-Amphitheater errichten konnten 292 . Doch weisen die Textaussagen noch darüber hinaus 293 : Dem Stamm 1tA.o'Uo-l1tA.o'Utzugehörige Worte können in der Apk materiellen Reichtum bezeichnen (6,15; 13,16; 18,3.15.17.19)294, aber auch übertragen die Heilsfülle, und dies gerade im Sendschreibenkontext (2,9!). Eine Begriffsdimension von "reich" wird hier sichtbar, die im Bereich der paulinischen Tradition schon länger geläufig ist. So sprach Paulus die Korin ther 1 Kor 1,5 darauf an, daß sie in Christus J esus in allem reich wurden, und verwies er 2 Kor 8,9 auf den soteriologischen Grund des Reichwerdens der Christen darin, daß Jesus Christus, der reich war, ihretwegen arm wurdt'. I Kor 4,8 zeigt schließlich, wie 1tA.O'UtELv - von da her?! - in präteritaler Fassung zum Ausdruck einer entschiedenen Auffassung realisierter Eschatologie werden konnte 29s . Eine ebensolche präteritale Begriffsfassung liegt - nun im 291 Da die Unschärfe dieser Charakteristik dem Befund bei den übrigen Sendschreiben entspricht, erübrigen sich in der Forschung vertretene Konkretisierungsversuche auf eine "Mittelmäßigkeit" oder Wirkungslosigkeit/Untauglichkeit dieser Gemeinde (so Huß 68 f.). - Die Bildlichkeit von kalt/lauwarm/heiß ließ englischsprachige Forscher nach Lokalbezügen suchen, die sie in den spezifischen Wasserverhältnissen in der Umgebung von Hierapolis mit seinen heißen Quellen fanden (s. bes. Rudwick/Green passim, Ergebnis 178 und Hemer 181 ff.), ohne daß dies die Sachinterpretation wesentlich förderte. 292 Zur Geschichte und zum Reichtum Laodizeas bis zur größten Blüte im 2.Jh. n. Chr. s. Gagniers in ders. e. a., Laodicee 4f. Die lokalen Anspielungen durchziehen den ganzen Kern des Sendschreibens. So muß der fast kaufmännische Rat zum Erwerb von geläutertem Gold, von weißen Kleidern und von Augensalbe vonJesus für eine Stadt als besonders beziehungsreich gelten, die als Finanzzentrum, Standort von Wollindustrie und Produzent der pharmazeutischen Spezialität des "phrygischen Puders" bekannt war (s. a.a.O. 10 mit Anm. 13 und die Kommentare). 293 Was in der Forschung weithin vernachlässigt wird; s. z. B. Huß 69; Zimmermann, Christus 195 mit Anm. 53; Hemer 183. 294 Was in der doxologischen 1tAoüto~-Prädikation des Lammes in 5,12 noch spürbar bleibt (s. die Interpretationshinweise bei Jörns 53 mit Anm. 161). . 295 Zum Reichtumsverständnis in der paulinischen Tradition im Überblick s. Merklein, 1tAoUOlO~ 275fT. (273 Lit.), zur Interpretation von I Kor 4,8 Wilckens, Weisheit 17, der dafür freilich nicht ganz glücklich näherhin von einer ,,,transeschatologische(n), Haltung" spricht.
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Perfekt, das eine die Gegenwart bestimmende Realität des erlangten Reichtums betont - in Apk 3, 17 vor. Sie wird noch intensiviert durch die ergänzende Behauptung, keinen Mangel zu haben. Mit ouotv XQELQV ExELV erscheint dabei eine Wendung, die die Apk in ihrem Fortgang alleine der Beschreibung der Situation der Heilsvollendung in 21-22,5 vorbehält (21,23; 22,5 unter jeweiliger Füllung der genitivischen Valenz). So muß aus der Formulierung von Apk 3,17 auf eine volle präsentische Heilsbehauptung in Laodizea geschlossen werden, die sich durch keinerlei Heilsmangel beeinträchtigt sieht und einen Konnex mit materieller Selbstzufriedenheit eingeht, in dieser aber nicht aufgeht 296 •
In Laodizea wird also behauptet, reich zu sein nicht nur an irdischen Gütern, sondern vor allem am Gut des Heils in all seiner Fülle, und wird mit dieser Behauptung das Ungenügen des christlichen Lebensvollzugs überspielt, ja überhaupt nicht empfunden. Heilsbesitz wird als Freiheit von ethischer Verbindlichkeit aufgefaßt, ohne daß deswegen libertinistische Konsequenzen gezogen worden sein müßten 297 • Da die dabei gebrauchte Reichtumsterminologie in den gnostischen Primärquellen keine bedeutsame Rolle im Zusammenhang der Heilsbehauptung spielt 298 , ist die in ihr zum Ausdruck kommende Haltung als vorgnostisch-enthusiastisch zu beurteilen, womit sie sich nahtlos in das von 1,5 f. und 1,9 aus erhobene Bild der dem Apk-Autor und seinen Adressaten gemeinsamen theologischen Grundlage einfügt. Dessen Vorwurf gilt denn auch nicht dieser Auffassung realisierter Eschatologie in ihren soteriologischen Implikationen an sich, sondern der heilszerstörenden Kluft, die von seiner rigoristischen Warte aus zwischen ihr und dem christlichen Gesamtverhalten in Laodizea liegt, sowie der dortigen Nichtwahrnehmung dieser Kluft aufgrund der mit aller Entschiedenheit verfochtenen Heilsüberzeugung 299 . Der Textfortgang zeigt dies deutlich, wenn er herausstellt, der angeredete Adressat müsse zur Überwindung dieser Kluft erst noch geläutertes Gold vonJesus kaufen, um das zu sein, was er entgegen seiner 296 Müller a.a.O 136. Auch Völkl 443 erkennt den Sachverhalt ansatzweise, stellt aber 445 den materiellen Reichtun in den Vordergrund. 297 3,16 spricht ja lediglich von Lauheit des Tuns. 298 In den Vorstellungs~mkreis mag immerhin EvThom log. 81 gehören (dazu s. den Kommentar M~nards, L'Evangile 182). Bemerkenswert ist der Vorwurf im 2. Logos des Großen Seth NHC VII 2,59,22-29, der die Großkirche im Auge hat, wenn er vom Haß derer (gegen die Gnostiker) spricht, die allein durch den Namen Christi reich zu sein (EU1tOQEiv) dächten, doch in ihrer Unwissenheit arm/töricht seien. Hier wird deutlich, daß die Reichtumsterminologie noch in späterer Zeit großkirchlich benützt wurde. Im inzwischen zuhandenen Corpus gnostischer Texte stehen die beiden genannten Stellen im übrigen vereinzelt, so sehr dort auch vom Reichtum an Gnosis (so NHC V 4, 47,7f.) oder vom Gestaltgewinnen im Kreise der Reichtümer des Lichts (so NHC HI 2, 67,8ff.) gesprochen werden kann. 299 Müllers Charakterisierung der Laodizener Situation durch eine Unentschiedenheit zwischen Gott- und Weltzugehörigkeit (Offenbarung 136) ist bei allen guten Beobachtungen etwas unpräzise.
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tatsächlichen Lage von sich behauptet, nämlich reich; er müsse von ihm erst noch weiße - also heilsrepräsentative - Kleider und schließlich Augensalbe kaufen, um mit deren Hilfe zu sehen (3,18)299a • Ohne daß es um eine einfache Futurisierung des Heils ginge, wird hier auch eine Zukunftsdimension christlichen Lebens sichtbar gemacht. Im Blick auf diese geht es für die Laodizener Christen um die Überwindung ihres gegenwärtigen Handlungsbruchs durch eine Umkehr (s. 3,19), die sie aus der Schande der tatsächlichen Nacktheit herausführt und den gegenwärtig fälschlich behaupteten Heilsreichtum erst zu konstituieren vermag, die also das verfehlte Heil neu eröffnet. Die Aufforderung zu ihr ist wie der Tadel eine Tat der Liebe, was 3,19 in der RedeJesu explizit wird. Dessen Aussage, wen er liebe, weise er zurecht und züchtige er, greift zunächst im Kontext einer breiteren urchristlichen Fortführung (vgl. bes. Hebr 12,5 ff.) des alttestamentlich-jüdischen Gedankens einer göttlichen Erziehung/ Züchtigung JOO - auf den jüdischen Weisheitssatz Prov 3,12 zurück. Zugleich ist sie so stark auf nichtjüdisch-griechische Kommunikabilität bedacht, daß sie statt des profangriechisch bedeutungslosen ayarr.äv der LXX zu Prov 3,12 (das Hebr 12,6 übernommen wird) das neutestamentlich vergleichsweise seltene, aber griechisch zentrale Verb qnAELvJ01 wählt.
Jesus Christus antwortet hier auf das Laodizener Verhalten nicht mit dem Vollzug der Straffolge, die 3,16 nach 3,15 zunächst ansagt. Er räumt vielmehr die Möglichkeit zu einer Umkehr aus dem verfehlten Tun ein und fordert zu ihr auf, die vor dem Urteil über den Heilsverlust im Gericht noch bewahren kann (vgl. 2,5; 3,3). Mit dieser Bußmöglichkeit nach der Taufe, die urchristlich keineswegs selbstverständlich war (s. Hebr 6,4ff.) und eine durchreflektierte Parallele erstmals in Herrn mand IV 3,1-7 hat J02 , durchbricht er in einem Akt seiner Liebe die Zwangsläufigkeit des Tun-Ergehen-Zusammenhangs, dessen Inkraftsetzung kleinasiatische Adressaten auch heidnischer Herkunft hätten erwarten können JOJ . Die 1,5 b vorab ausgesprochene Heilsbegründung für die Christen in der LiebeJesu beweist unheilsprengend ihr überragendes Gewicht.
299. Zu den medizinischen Aspekten der Augensalbe s. P.-R. Berger, Kollyrium passim, der 191 schließlich eine Deutung unserer Stelle von der rabbinischen Tradition her vorschlägt, nach der Goltes Gebot die Augen erleuchtet (bes. Lv r 12). 300 Zur Sache vgl. Schrage in GerstenbergerlSchrage, Leiden 200-203. 301 S. Stählin,
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4: Bemerkungen ~ur Ethik in der Apk
Diese Beobachtungen an den Sendschreiben fUgen sich samt ihrer Christuszentrierung nahtlos in den ethischen Impetus ein, der die Apk insgesamt durchzieht. Auffalligerweise entfernt der Apk-Autor sich nämlich hier in der Sache markant von den ihm überkommenen jüdischen Traditionen: Obwohl er aus dortiger Herkunft etwa die Vorstellung eines Gerichts nach den Werken (20,12 u. ö.) mitbringt (vgl. bes. Sir 16,12ff.; 4Esr 7,33ff.; äthHen 63,8f.), macht er die von den Christen zu vollziehenden Werke an keiner Stelle am Gesetz fest. Kein einziges Mal gebraucht er überhaupt den Begriffv61'o~ (übrigens ebensowenig die Wortgruppe JtEQL"tEI'VW x"tÄ..), und von tvtOÄ.QL~ redet er entgegen dem jüdisch auf die Tora hin verstehbaren Singular (s. LXX IV Reg 21,8) nur im Plural in doppelgliedrigen Wendungen, die das Festhalten der Gebote Gottes mit dem Haben des Zeugnisses Jesu (gen. subi.: 12,17)304 bzw. dem Festhalten der TreueJesu (14,12) parallelisieren. Demnach ist der Ansatzpunkt, von dem aus er seine Ethik entwickelt, nicht die jüdische Gesetzestradition, sondern durchgängig die Christologie und Soteriologie mit ihren herausgestellten Implikationen fUr die Anthropologie: Jesus Christus hat die Christen in seinem Heilshandeln, in seiner Liebe, voll aus den Sünden ihrer Vergangenheit gelöst, hat sie zum uneingeschränkten Herrschaftsbereich Gottes gemacht (1,5 b-6a). Deshalb sind sie ethisch gewichtig dessen den Begriffsimplikationen nach zum Gehorsam gewiesene Knechte, als aus den Sünden Gelöste weiterhin zu den rechten Taten verpflichtete Heilige (s. neben 14,12 bes. 19,8; 22, II )305. Darauffußt der ethische Rigorismus des Apk-Autors, der den christlich-ethischen Zusammenhang von (vorgängigem) Heilsindikativ und (nachfolgendem) Heilsimperativ so scharf wie nur möglich faßt, insofern erden Indikativ radikalisiert und konsequent im Imperativ jede Auffangmöglichkeit verfehlten Handelns von Christen über ein Nachwirken ihres vormaligen Sünderseins verwehrt 306 . Beachtet man dies, so ist die Apk nicht eigentlich als "Trostbuch"307 zu bezeichnen. Nicht zufallig fehlen ihr sämtliche Begriffe der Wortfelder um TtQQQLvEtV und JtQQQXQÄ.ELV, weiterhin um tÄ.Jt(~ELV, um ein Hoffen also, das solchen Trost begründen und füllen könnte 308 • Von ihrem ethischen Impetus her stellt sie sich vielmehr als ein Text dar, der die Christen zur Besinnung auf die imperativischen Implikationen des Heilsindikativs ruft, in dem sie stehen. In positiver Wendung bedeutet das fUr den Apk-Autor, das festzuhalten, was man als Christ hat (tTJQELV), und darüber zu wachen (16,15; vgl. 3,2 f. )309; in negativer
Zur Interpretation dieser Stelle s. Satake, Gemeindeordnung 103f. Zu Näherem vgl. Huß 133ff., 130-133. 306 Buhmanns der älteren religionsgeschichtlichen Schule verpflichtetes Urteil, die Apk vertrete "ein schwach christianisiertes Judentum" (Theologie 525), ist also im Blick auf deren christologisch-soteriologisch-ethischen Zusammenhang nicht gerechtfertigt. 307 So etwa Kümmel, Einleitung 407 und ähnlich Münchow, Buch 379. 308 Das Unterfangen Woschitz' 721-758, die Apk trotzdem unter dem Leitmotiv Hoffnung aufzuschlüsseln, ist methodisch verfehlt. 309 Vgl. bes. o. unter 2.1.2.3 und Woschitz 756f. 304
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Bemerkungen zur Ethik in der Apk
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Wendung bedeutet es, umzukehren, das verfehlte Handeln zugunsten einer Umsetzung des Heilsimperativs gänzlich zu verlassen (llE'taVOELv)310. Innerhalb der gemeinurchristlichen Ethik setzt der Apk-Autor dabei noch besondere Akzente. Wohl aus syrisch-palästinischer Nachfolgetradition bringt er starke asketische Impulse mit (s. neben den Vorwürfen an die gnostischen Gegner in den Sendschreiben noch bes. 14,4)311, aus alter prophetischer Tradition eine Bereitschaft zur Sozialkritik, die sich namentlich Kap. 17-18 niederschlägt 312 • Einer Situation der Anfechtung entspricht seine Betonung der Treue (z. B. 2,19), des Aus- und Standhaltens (z. B. 1,9), in der er freilich dem passiven Ertragen von Leid bis hin zur Gefangenschaft und gar zum Tod die Dominanz gibt (s. bes. 13,10)313. Zu eigener Initiative gegen solches Leid ruft er, für den fast schon fatalistisch eine innerweltliche Überlegenheit der widergöttlichen Macht feststeht (s. bes. 13,7), nicht auf, sondern er sieht das Gegengewicht dazu vornehmVgl. bes. o. unter 2.3.3.3 mit Anm. 268. Wie die besprochenen Hinweise aufdie "Unzucht" in den Sendschreiben (2,14.20f.) ist auch die Interpretation von Apk 14,4 umstritten (zur jüngeren Auslegungsgeschichte letzterer Stelle s. Weicht passim). In beiden Fällen ist ein übertragener, bildlicher Einsatz der Terminologie zur Bezeichnung des Sich-Einlassens mit heidnischen religiösen Vorstellungen gegenüber der Treue zu Gott nicht auszuschließen. Auch in diesem Falle aber bleibt der Einsatz des Bildbereichs geschlechtlichen Verhaltens signifikativ, so daß zumindest "eine gewisse Tendenz zu einer stärkeren Betonung der Askese" unleugbar ist (vgl. B. Lohse, Askese 127 ff., Zitat 129; für die weitergehende Position,johannes entwerfe hier ein Bild radikaler Nachfolge, die sexuelle Enthaltsamkeit einschließe, s. Lindijer bes. 134, 137). Weist diese Tendenz schon als solche auf Beziehungen zu alten syrisch-palästinischen Traditionen (s. U. B. Müller, Theologiegeschichte bes. 21 und Offenbarung 263), so bestätigt diese der Gebrauch von axoAout}ELV, das sonst nur in den Evangelien zur Bezeichnung der Nachfolgejesu Verwendung findet (vgl. Schneider, axoAoufttw 118). 312 S. Schrage, Ethik 317 f.; vgl. auch Yarbro Collins, Crisis 132 ff. 313 Entgegen späteren textkritischen Entschärfungen ist daran festzuhalten, daß es 13,10 um die U nausweichlichkeit des Leidens geht. Lohse, Sprache 126 stellte zutreffend als Sinn der an jer 15,2 erinnernden Stelle heraus: "Wem das Los der Gefangenschaft von Gott beschieden ist, der soll gehorsam in die Gefangenschaft gehen, weil Gott sie ihm als Leiden in der letzten Zeit auferlegt." (Zur Stelle s. noch den mir nicht zugänglich gewordenen Aufsatz von B. Prete, I1testodi Apocalisse 13,9-10: una minaccia per i persecutori 0 un' esortazione al martirio?, SBFLA 27 (1977),102-118.) Sachlich zu vergleichen ist bereits Apk 6, 11 b: Gegen die theologische Spezialliteratur bis in neueste Zeit (z. B. Trites, Witness 163 und H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 76) ist dort nach avwtauaovtaL ein Einschnitt zu setzen, da dieses im medialen (gegenüber dem aktiven) Gebrauch intransitiv ist (s. in der Apk noch 14,13). Auch Dan 12,13 (LXX, 9) bestätigt dies,ja setzt sogar wie Apk 6,11 im Fortgang das Adverb hL zur Eröffnung des syntaktisch nächsten Versabschnitts ein, so daß es gegen Bauer, Wörterbuch 117 nicht herangezogen werden darf, um hL xQ6vov fJ.LxQ6v in Apk 6,11 (verfehlt) als Akkusativobjekt zu avwtaUOOvtaL zu ziehen. Apk 6,11 b macht vielmehr in zunächst 4 Esr 4,36 verwandter Weise die Aussage, es komme bis zum Ende auf die Fülle der Zahl der Mitknechte und Brüder an - auf eine Zahl, die nun jedoch näherhin im Unterschied zu 4Esr als die Zahl derer bestimmt wird, die sterben sollen, die der Tod erwartet wie die Schreienden von V. 9. Damit aber setzt 6,11 b wie 13,10 die Erwartung von Martyrien unter Christen voraus - und zwar der eröffnenden Zeitangabe nach binnen Kürze -, ohne einen Ausweg daraus für irgend möglich zu halten. 310 311
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lich in der zukunftsgerichteten Verheißung, die er nach den Überwindersprüchen etwa dorthin akzentuiert, die Heiligen würden Ruhe haben von ihren Mühen, während die Anhänger der widergöttlichen Macht, dem Zorn Gottes unterstellt, gequält würden (s. 14,9-13)314. Diese ethische Akzentuierung kann heute nicht mehr als unproblematisch gelten. Sie bleibt allein als Reaktion auf die vom ApkAutor erfahrene Situation der Christen in seiner Gegenwart verständlich, in der diese machtlos ihren Bedrängnissen ausgeliefert waren 31S •
2.3.4 Das kommunikative Anliegen der ÜberwinderspTÜche Zur Erhebung des kommunikativen Anliegens des Apk-Autors beanspruchen - wie schon im Exkurs anklang - noch die Überwindersprüche besonderes Interesse, auf die seine Leserftihrung in den Sendschreiben jeweils hinläuft. Ihre Verheißungen korrespondieren den in den Sendschreibencorpora reflektierten Situationen. Den von seiten der Juden bedrängten Gemeinden wird 2, II die Entnahme aus dem nach jüdischer Vorstellung endgültigen, dem "zweiten", Tod und werden 3,12 weitere jüdische Heilsmotive zugesagt. Der Bedrohung von Heiden und sich nach Ansicht des Apk-Autors mit ihnen gemein machenden (früh-)gnostischen Heidenchristen steht die Zusage der eisernen Herrschaft über die Heidenvölker für die entgegen, die überwinden und - anders als die Anhänger der gnostischen Strömung - an den HeilstatenJesu Christi uneingeschränkt festhalten (2,26ff.). Analog wendet sich gegen das Götzenopferfleischessen (2,14) antithetisch die Verheißung des Mannaessens in 2,17, korrespondiert schließlich dem Verweis auf diejenigen in Sardes, die ihre Kleider nicht befleckt haben, die sie entsprechend ihrem Heilsstand tragen (3,4), die Verheißung, alle Überwinder würden mit den weißen Heilsgewändern bekleidet w~rden (3,5)316.
Vor allem aber lenken die Verheißungen ihre Rezipienten auf die Zukunft einer Fülle des Heils, die sich nur in einer Vielfalt von Heilsmotiven aus alttestamentlich-jüdischen, hellenistisch-synkretistischen und zur Gnosis weiterreichenden Traditionen umschreiben läßt.
314 Die sachliche Korrespondenz dieses Abschnitts als Gegenbild zu 13,8-10 ist um'erkennbar (vgl. 14,9 zu 13,8; 14,11f. zu 13,10). Die Verheißung der Ruhe von 14,13 nimmt die Verheißung an die Märtyrer von 6,11 wieder auf. Das Eintreten der Apk rur eine passive Haltung gegenüber der äußeren Bedrängnis der Christen arbeitete Yarbro Collins, Political Perspective 246fT. näher heraus. Anstatt auf die ansatzweise fatalistische Tendenz der Apk hob sie in Überziehung des Textes daraufab, sie vertrete einen gewissen Synergismus, bringe doch nach 6,9-11 der Tod jedes Märtyrers das Eschaton näher (249 u. ö.). 315 Vgl. Schrage a.a.O. 322f. 316 Zu Einzelheiten s, die Kommentare. Allerdings werden die Korrespondenzen zu den jeweiligen Gemeindesituationen in der Forschung bis Reader 209 oft nicht genügend beachtet.
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Besonders deutlich wird die Verankerung des Apk-Autors in alttestamentlichjüdischen Traditionen. Denn aus diesem Raum stammt der Großteil der Vorstellungen vom Lebensbaum (2,7) und Manna (2,17) über die weiße Bekleidung und den Namen im Lebensbuch (3,5) bis zur Säule im Tempel Gottes und im himmlischen Jerusalem (3,12)317. Doch zumindest zwei Motive sind von dort nicht herzuleiten: die des weißen Steins (2,17) und des Morgensterns (2,28). Letzteres führt in den Bereich der gemeinantiken astrologischen Spekulationen, so wenig sein präziser Ort innerhalb derer mehr auszumachen ist 318 . Der weiße Stein mag ebenso in den Bereich forensischen Denkens wie des "Zauberglaubens" oder des "schutzkräftigen Amulettglaubens" gehören 319 . In all diesen Möglichkeiten aber wird von neuem der gemeinspätantike synkretistische Boden sichtbar, auf dem die Apk entstanden ist. Weiter lassen sich die aufgegriffenen Traditionen entsprechend dem Kommunikabilitätsinteresse des Apk-Autors zu gnostisch tangierten Adressaten immer wieder in die Gnosis verfolgen. So begegnen auch dort die Heilsmotive des oberen, neuenJerusalem, des Namens und des Lebensbaums/des Paradieses 32o.
Bestätigt sich auf diese Weise die religionsgeschichtliche Ortung der Apk im Spannungsfeld des Zusammentreffens alttestamentlich-jüdischer Traditionen und neu aufkommender gnostischer Tendenzen auf dem gemeinsamen Boden des spätantiken Synkretismus, so wird in der spezifischen Überlieferungsaufnahme der Sendschreiben zugleich von neuem die entschieden christliche Haltung des Apk-Autors sichtbar. Dieser bindet die Überwindersprüche nämlich nicht nur durchweg anJ esus als ihren Sprecher und erweitert sie 2,27; 3,21 um christologische Parallelaussagen, er läßt in ihnen auch Jesustradition unmittelbar lebendig werden. In 3,5 läßt er das Mt 10,32 überlieferte Wort vom Bekennen Jesu zu seinem Bekenner anklingen 321 , und das Verheißungslogion von 3,21 ist mit Lk 22,30 (vgI. Mt 19,28) so stark verwandt, daß eine gemeinsame überlieferungsgeschichtliche Wurzel angenommen werden muß322. S. die Nachweise etwa bei Reader in seiner Exegese der Stellen innerhalb 210--217. Dazu s. Reader 214f.; wie dieser erweist, ist 22,16 (vgl. Num 24,17) zur Interpretation unserer Stelle nicht beiziehbar. 3\9 Ersteres vertritt Trites, Witness 160, zweites Braumann, 1piicpoC; 602f. (Zitat), letzten's Woschitz 732 (Zitat) und Müller, Offenbarung 11 Sf. Reader deutet hier verfehlt auf "eine Art Bürgerausweis bzw. Eintrittspaß zur endzeitlichen Stadt" (214 hervorgehoben); seine einzige dafür angeführte Vergleichsstelle Herrn sim VI I I 2,2 spricht von OqlQaYLC;! 320 Zu ersterem s. bes. Hippolyt, ref. VI 30,9; 34,3f. (weitere Belege sind über die Register von Die Gnosis 11 438 und Nag-Hammadi-Library 48S zu finden); zu zweitem s. Bousset. Hauptprobleme der Gnosis 289ff.; zu letzterem s. bes. EvPhillog. 92 (vgl. auch ebd. log. 93 sowie etwa EvThom log. 19 und das gnostische Baruchbuch nach Hippolyt, ref. V 26,Sff.; für weitere Belege s. Nag-Hammadi-Register Nr. 317A und S. 281 f. sowie Nagel, Paradieserzählung passim). 31\ Dazu s. Vos, Synoptic Traditions 85-94. 322 Die Apk mag sogar die ursprünglichere Fassung des Herrenworts bewahren: s. schon Bousset. Offenbarung 233f.; weiter J. Friedrich, Gott im Bruder 121 mit Anm. 7 (S. 49f. im Anmerkungsteil). Sicherheit ist darüber nicht mehr zu gewinnen (vgl. auch Vos a.a.O. bes. 3\7
3\8
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Ziel und Abschluß der Verheißungen, gewissermaßen ihre Summa, bildet die Zusage der "Teilhabe an Christi himmlischer Königsherrschaft"323 von 3,21, deren Akzente in den beiden signifikanten Abweichungen von der synoptischen Parallelüberlieferung hervortreten: Zum einen geht es Apk 3,21 gegen Lk 22,30 (vgl. Mt 19,28) nicht um das Sitzen der betroffenen Menschen auf eigenen Thronen neben dem Thron des Menschensohns, sondern um das Sitzen mitJesus zusammen auf dessen Thron. Die Überwinder werden an Würde und Stellung Jesus nicht nur zu-, sondern ihm gleichgeordnet. Das Gewicht dieses Vorgangs verdeutlicht ein Blick auf die Geschichte der Tradition. Ihre Vorbereitung findet sie im Sprechen vom - klar untergeordnetenSitzen des Königs nebenJahwe auf dessen Thron (s. bes. Ps 110,1 vor 110,5). In den Bilderreden des äthHen und der synoptischen Aufnahme des Jesusworts bildet sie sich zum Sitzen einer messianischen Gestalt - gegebenenfalls des Menschensohnes - auf deren eigenem Thron aus, der als der Thron der Herrlichkeit zugleich Gottes Thron ist 324 • Die Aufnahme des Jesusworts in der Apk geht darüber noch einen entschiedenen Schritt hinaus, wenn sie auch den Überwindern das Sitzen auf dem Thron der messianischen Gestalt verheißt und das nicht ihr untergeordnet, sondern gleichrangig, Gottes Thron zugeordnet, mit ihr zusammen. Jesu Priorität wird nur dadurch gewahrt, daß er sich eigenaktiv setzt, während das Sitzen der Überwinder an seine Befugnis dazu, sein "Geben" gebunden wird. Er bleibt also der (einzige) Heilsmittler, der als solcher aber andere gleichrangig zu seiner Würdestellung erhebt. Zum anderen verzichtet Apk 3,21 auf das Motiv des Richtens von Lk 22,30; Mt 19,28 und entschränkt so die Befugnisse der Thronenden auf die gesamte Breite des mit dem Thronmotiv verbundenen Vorstellungskomplexes. Von dessen umfassendem Bestimmtsein durch den Besitz und die Ausübung von Macht - zunächst irdischer Könige, dann aber auch Jahwes und des Messias 32s - her wird das Ziel ansichtig, zu dem der ApkAutor die Rezipienten seines Werkes in der kommunikativen Neugewinnung des eschatologischen Futurs führen will: Sie, die jetzt einer der eschatologischen Herrschaft Gottes und Jesu entgegenstehenden Bedrängnis ausgesetzt sind, werden in der ihnen als Überwindern verhießenen Zukunft selber herrschen wie Könige, ja werden die bis dahin gegen alle Anfechtungen festzuhaltende Macht Gottes undJesu, seines Gesalbten, mit ausüben. Sie werden damit auch gegenüber ihren Widersachern Handlungsvollmacht erhalten. Sie - und nicht allein der Sohn, der Logos
103), aber die im folgenden zu besprechende Radikalität der Verheißung spricht durchaus dafür. 323 Kraft, Offenbarung 86. 324 Näheres s. bei Friedrich a.a.O. bes. 132ff., 129fI 325 Näheres zur Traditionsgeschichte s. a.a.O. bes. I 24ff., 133f.
Die Spiegelung der Kommunikationssituation in Apk 1,9-3,22
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Gottes aus der messianischen Auslegung des Ps 2,8 f. 326 - werden so etwa nach der Konkretisierung der Grundzusage in 2,26ff. die (Heiden-)Völker weiden mit eisernem Stab, wie man tönernes Geschirr zertrümmert. Der Schlußakzent der Sendschreiben liegt freilich nicht auf solch eiserner, zerschmetternder Herrschaftsausübung, die das ihrerseits nicht unproblematische futurische Gegengewicht zur im Exkurs 4 beobachteten passiven Leidensverengung der Ethik in der Gegenwart bildet 327 . Er liegt vielmehr auf der Verbindung der Herrschaftserhöhung der Christen mit der Motivik einer Heilsgemeinschaft, die all ihre gegenwärtige Anfechtung aufhebt und auch ihrer gegebenenfalls nötigen Umkehr aus Verfehlungen ihren Sinn gibt: Der Verheißung der Herrschaftsgemeinschaft von 3,21 ist 3,20 - noch durch die leserlenkende Seh-Aufforderung hervorgehoben - die Verheißung einer Tischgemeinschaft vorangestellt, in der sich das Heil gegenwartsnah bündelt. Wegen der Verwandtschaft der Sequenz zu Lk 22,30328 dürfte Abendmahlstradition vorliegen 329 , die der Apk-Autor charakteristisch aktualisiert. Zum einen zieht er die futurische Motivik unmittelbar an die Gegenwart heran - der kommende Jesus ist seinen Adressaten so nah, daß er schon an deren Haustür anzuklopfen vermag330 . Zum anderen läßt er in der Tischgemeinschaft kein Gegenüber Jesu als des Gastgebers zu den von der Verheißung Angesprochenen als seinen Gästen entstehen 33l . Wie in V. 21 die Herrschafts-, so kennt hier die Mahlgemeinschaft vollendeten Heils mit Jesus keine Unterordnung mehr unter ihn.
So sehr dem Apk-Autor gegenüber seinen ins Auge gefaßten Adressaten an der neuen Herausstellung der futurischen Dimension des Heils liegt, so wichtig ist es ihm also zugleich, dieses paränetisch nur in seiner Wie sie auch die Apk kennt: s. 12,5; 19,5; vgl. 2,28. Ein Erbarmen Gottes, Jesu und der mitherrschenden Überwinder klingt in diesem vierten Überwinderspruch nicht an; zur näheren Interpretation s. bes. Schüßler Fiorenza, Pries ter 364 ff. 328 Vgl. dazu Woschitz 735 Anm. 221 (Lit.). 329 S. schon Luthers Übersetzung dieses Verses; vgl. in jüngster Zeit etwa Kraft a.a.O. 86. Am weitesten zieht Ehrhardt (Sendschreiben passim) den Abendmahlsbezug aus, leider unter gewaltsamer Vereinnahmung weiterer (nichteucharistischer) Sendschreibenstellen. Müller a.a.O. 138 stellt dagegen den Abendmahlsbezug in Frage (nimmt übrigens zugleich ein fest vorgegebenes Heilswort an). 330 Die Kommensankündigungen der Sendschreiben mit ihrem o. unter 1.2.2.2b) besprochenen räumlichen Akzent finden hier ihren Abschluß. Daher verbietet sich jede Spiritualisierung oder Allegorisierung der Vorstellung - etwa auf ein Klopfen an die Herzenstür (zu Allo 45). 331 Jesus erscheint als der Anklopfende sogar zunächst als Gast, was erst der Nachsatz gegenseitiger E'iSensgemeinschaft entschärft. An dieser Eigentümlichkeit unserer Stelle stieß sich besonders Bauckham, Parousia Parables 173, der in ihr eine Referenz auf das Gleichnis von den wachenden Knechten (Lk 12,35-40) suchte, obwohl sie weder vom Wachen noch von Knechten spricht. 326 327
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
Fülle, als Heilsaufwertung der Christen, zu steigern und es nicht durch eine Kluft von der Gegenwart abzusetzen. Die Gegenwart bleibt ihm in all ihrer Gefährdung und Bedrohung auch schon Heilszeit, in der der kommende Christus räumlich wie zeitlich nah ist (s. neben 3,20 auch 1,3; 22,7 u.ö.), so daß sich seine Heilsgemeinschaft beim Feiern des Herrenmahls freudig antizipieren läßt 332 . Die Spannweite zwischen gegenwärtiger Antizipation und zukünftiger uneingeschrä~kter Erfüllung bündelt sich im Motiv des vLxäv, des Siegens, das den Uberwindersprüchen - leider in zum "Überwinden" abgeschwächter Interpretation - ihren Namen gab. Das Verb, das griechisch den für jedermann erkennbaren Sieg aus tatsächlicher Überlegenheit im Kriege, im Prozeß wie übertragen etwa im sportlichen Wettkampf bezeichnet, ist Vorzugswort der Apk (mit 17 von 28 neutestamentlichen Belegen)333. Diese vernachlässigt das Bezugsfeld des sportlichen Wettkampfs und bevorzugt das des Siegens im Kriege, näherhin in dem Kampf, der von der widergöttlichen Macht in ihren Erscheinungsweisen mit Jesus als dem Lamm und dessen Beauftragten bzw. allgemeiner den Heiligen geführt wird 334 . In Verbindung damit tritt in 12,10 f. eine ihren Eigencharakter behaltende Vorstellung vom Sieg im Rechtsstreit, im Prozeß hervor: Spricht 12,7-9 vom Kampf im Himmel- vielleicht unter Aufnahme einer schriftlichen Quelle -, so kommentiert dies der am ehesten als Siegeslied zu bezeichnende hymnische Text der vv. lOb-12 jedenfalls redaktionelJ33s, und zwar mit Hilfe des alten mythischen Bildes vom himmlischen Gerichtshof. Der dort gegen die Christen 336 angestrengte Prozeß ist von ihnen bereits gewonnen (V. 11). Denn der Ankläger ist gestürzt. Er, der nach dem Anschluß an V. 9 als die widergöttliche Gestalt schlechthin zu identifizieren ist, hat nicht nur das Rederecht, sondern bereits den Zugang zum Gerichtshof verloren, so daß ihm keinerlei Beschuldigungen der Christen mehr möglich sind. Die Herrschaftsausübung Gottes und die Vollmachtsausübung seines Gesalbten werden in ihrer Fülle und in ihrem Zentrum, der Rettungsrnacht, sichtbar (Y. 10)337. 332 Die Freudendimension der Herrenmahltradition (die du Toit bes. 153 herausstellte) wird in der Apk an unserer Stelle nicht eigens thematisiert, erscheint aber später gewichtig in der Hochzeits-/Hochzeitsmahlmotivik von 19,7-9. 333 S. Bauemfeind, vlxaw 941 und für die Belege V KG NT I 808. 334 Das Tier erhält hier die Möglichkeit, die beiden Zeugen und die Heiligen zu besiegen (11,7; 13,7), gegen das Lamm selbst aber werden die dem Tier zugeordneten Könige vergebens kämpfen, denn dieses wird sie besiegen (17,14; vgl. schon 5,5). Die Kampfdimension dominiert weiter 6,2. 335 S. Yarbro Collins, Combat Myth 138 nach 114 fT., deren Quellenscheidung erheblich präziser als die Bergmeiers (97 f.) ist. 336 Die V. 10 ganz gemäß der unter 2.3.2.2 zu erhebenden Angelologie der Apk als Brüder der himmlischen Gestalten erscheinen (vgl. bes. 19,10). 337 Vgl. die Interpretation des Textes durch Yarbro Collins a.a.O. 138--141. V. 1I bringt die Begründung für den (Prozeß-)Sieg der Christen: das Blut des Lammes, also dessen Heilstaten (vgl. sachlich 7,14), sowie den (Offenbarungs-) Logos, der nach Apk 19,13 mit dem Christus identifizierbar ist und für den sie Zeugnis ablegen (gen. subi.) (vgl. Bousset, Offenbarung 342). Solches Zeugnis kann auch in Prozessen (vor römischen
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Das Siegesmotiv hat seinen stringenten Ort in den Sendschreiben. Denn in ihnen stellt sich dem Apk-Autor seine Gegenwart, wie gezeigt, als Kampfzeit dar, in der die widergöttliche Macht die Christen durch ihr botmäßige Menschengruppen in ihrem Wohlergehen angreift und anklagend ihr Heil bestreitet, in der Christen sogar selbst ihr Heil gefährden. Zur Bewältigung dieser Situation dient der Siegesimpuls der Überwindersprüche: Der forensische wie kämpferische Sieg - nicht primär die \Viderstandsleistung - der Angegriffenen und Gefährdeten wird evoziert, ihnen paränetisch in Erinnerung gerufen, auf den sie sich gegen alle Heilsbedrohungen verlassen können 338 . Und wird dieser Sieg auch erst beim Ende des Kampfes, konkret beim Lebensende des bekämpften Christen sichtbar 339, so ist das, woftir er den Kampf durchsteht, doch nicht sein erst noch zu erringendes, sondern sein bereits errungenes Heil. Dies ergibt sich nicht nur aus der aufgrund von 1,5 f.9 aufgewiesenen Grundlage der SendschreibenausfUhrungen in der objektiv begründeten und daher berechtigten Heilsgewißheit der Christen, sondern spiegelt sich auch in den Überwindersprüchen selbst. 2,26 macht so in einem ergänzenden Einschub deutlich, daß es im Kampfe zentral um das Festhalten an den vorgängigen Heilswerken J esu geht 340, und 3,21 parallelisiert das Siegen der Christen begründend mit dem vorhergegangenen SiegenJesu. So ist ihr Sieg gewiß, auch wenn die widergöttliche Macht innerweltlich den Sieg zu behalten scheint (s. 13,7).
2.3.5 Ergebnisse Apk 1,9-3,22, die Eröffnungsepiphanie der Apk mit den Sendschreiben, ist - so läßt sich zusammenfassen - dem brieflichen Selbstanspruch und der in ihr (I, 10) eingeftihrten brieflichen Selbstbezeichnung der Apk adäquat rezipientenorientiert abgefaßt. Sie enthält direkt und indirekt Beamten) erfolgen, ist aber vom Text her (gegen Yarbro Collins a.a.O.) nicht darauf zu verengen. Den Gedanken von 12,lOf. fUhrt auf seine Weise 15,2 fort: Die Sieger haben den Handlungsbereich des Tieres völlig verlassen, sind im Sieg außerhalb von dessen Tatsphäre (~x wie bei ~navoEi:v tx 2,21.22 u.ö.; eine grammatische Auflösung der Konstruktion wie bei Blaß § 212, I erübrigt sich). 338 Allen Verengungen oder Entschärfungen dieser sich präzis in den Sprachgebrauch der Apk t"infUgendt"n und zu deren anti-aktivistischer Ethik (s. Exkurs 4) kongruenten Bt"deutung von vlxäv in den Überwindersprüchen ist zu wt"hrt"n, auch ihrer in der Forschung beliebten Verschiebung auf ein "Ausharren" (so z. B. Reader 208), ein "Standhalten" (so z.B. Müller, Offenbarung 94 nach ders., Prophetie 107. Gegen Hahns Verengung des Begriffs auf einen Leidensakzent - Sendschreiben 383 mit Anm. 90 - wandte sich zu Recht bereits Holtz, VlXclW 1150). 339 Eine Nuance, die am deutlichsten in dem ergänzenden Verweis aXQl tEA.OU~ 2,26 zum Ausdruck kommt. 340 Z. St. s.o. Anm. 77 zu 2.1 (und unter2.3.3.3).
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
leserftihrende Elemente wie die Sehaufforderung von 1,18; 2,10 usw. und die Weckrufe von 2,7a usw., ist, wie bereits die form- und traditionsgeschichtlichen Voruntersuchungen bestätigten, bei aller jüdischen Traditionsverpflichtung des Autors auf griechischem Boden für hellenistische Adressaten geschrieben und umreißt auf der Kommunikationsebene der Welt im Text eine Briefsituation, die die aus 1,1--8 gezogenen Rückschlüsse vertieft. Mit einer Neigung zu Engelspekulationen in den Gemeinden unter denen die Gemeindeengelvorstellung ihren Ort hat -, einer Gefährdung der Gemeinden von seiten ihrer heidnischen wie jüdischen Umwelt und durch das Wirksamwerden einer frühen gnostischen Strömung, schließlich ihrer lokalen inneren Aushöhlung durch eine Haltung, die sich als sündfrei auch handlungsfrei, ethisch ungebunden wähnt, entsteht ein Situationsbild, das gerade in seiner Vielschichtigkeit ausgesprochen realistisch wirkende Züge trägt. Verschiedentlich wurde in der Forschung auf Bezüge der präsentischen Eschatologie der Adressaten 341 und der beobachteten gnostischen Strömung zu in paulinischen Gemeinden auch sonst - besonders in Korinth - bemerkbaren Tendenzen hingewiesen 342 . Das fUgt sich gut zu dem bereits bei der Analyse der in der Apk aufgenommenen Briefkonvention erzielten Befund, daß deren Adressatengemeinden dem Bereich der paulinischen Tradition zuzurechnen sind.
Der Apk-Autor deutet die in den Blick genommene Situation der Christen zugleich und arbeitet sie leserftihrend auf. Er führt die bestehende Krise ab 1,9 auf eine grundlegende Spannung, geradezu Antinomie unheilvoller Gegenwartserfahrungen zur christlich geglaubten heilvollen Existenz unter der Herrschaft Gottes undJesu zurück und deutet erstere als eschatologische Bedrängnis, in deren Konnex alles gehört, was die christliche Substanz seiner Adressaten ins Wanken zu bringen vermag. Hinter und in dieser Bedrängnis sieht er, personal denkend, den Gegenspieler Gottes selbst, den Satan und Diabolos, wirken. Nicht nur die heidnischen Pressionen schreibt er letztlich ihm zu (z. B. 2,13), auch diejuden, die sich gegen Jesus wenden, sind fUr ihn Synagoge Satans (z. B. 2,9). Die christlichen Gnostiker können injedem Fall nur mit dessen Tiefen, nicht aber mit den Tiefen Gottes befaßt sein (s. 2,24). Ein Beurteilungsdualismus tritt hervor, der sich im religionsgeschichtlichen Feld zwischen jüdisch-apokalyptischem und - kosmologisch weitergehendem - frühgnostischem Dualismus gut beheimaten und auch auf griechischem Boden kommunizieren läßt.
Im inneren Dialog mit seinen Adressaten begnügt der Apk-Autor sich nun - so gewiß er auch darauf Gewicht legt - nicht damit, die erschütterte 341 342
574.
S. U. B. Müller, Theologiegeschichte bes. 39f. S. bereits Sieffert 65, in neuester Zeit etwa Schüßler Fiorenza, Apocalyptic bes. 567-
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Heilsgewißheit innerhalb der Antinomie als objektiv begründet einzuschärfen und die sie anfechtenden Faktoren positioneIl zu verwerfen, sondern lenkt er den Blick seiner Adressaten von 1,7 bis 3,20f. über die Gegenwartsantinomie hinaus in eine Zukunft, in der Gottes Herrschaft von keiner Macht mehr wird angefochten werden können, in der vielmehr alle Mächte - auch und gerade die gegnerischen - sich ihr selbstmindernd werden unterwerfen müssen. Dann werden die siegreichen Christen in voller Tisch- und Herrschaftsgemeinschaft mit Jesus in der unmittelbaren Nähe Gottes leben. Die Perspektive zur Überwindung der Gegenwartsantinomie wird sichtbar. Denn die Heils-Zukunft ist für die Christen im geschehenen Sieg Jesu bereits objektiv begründet. Sie ist antizipatorisch in der Herrenmahlsfeier erlebbar und gibt die Kraft, den satanischen Widerspruch zu Gottes Heilsherrschaft noch bis zu seiner Überwindung auszuhalten. Von da aus erschließen sich der Ort und die Funktion unseres Abschnittes in der Apk: Nachdem es in 1,4-8 darum gegangen war, deren Leser bzw. Hörer kommunikativ bei ihrer Glaubensgrundlage abzuholen und so bei ihnen den Weg für die Werkrezeption zu bereiten, stellt er die Gesamtaufgabe der Apk vor, das, was ist, deutend zu erhellen und im Blick auf das, was danach geschehen muß, in der Vollmacht des epiphanenJesus Christus zu bewältigen (s. bes. 1,19). Das, was geschehen muß danach, die Herrschaftsbewährung Gottes und Jesu gegen die satanischen Mächte, bedarffreilich noch näherer Entfaltung, die ab 4, I bis 22,5 erfolgt. 1,9-3,22 liefert für diese Entfaltung also - in bemerkenswerter Erfüllung des Textgliederungsschemas der antiken Rhetorik! - nach der die Texteröffnung proömial prägenden "Wegbereitung" von 1,4-8 die "Bekanntmachung des Gegenstandes" (als Art Prothesis)343. Solche der Rhetorik gemäße Gestaltung der Apk in ihrem Eingangsduktus bestätigt und bestärkt den erstellten Befund ihrer komm unikationsorientierten Abfassung: So gewiß sie kein kurzes philophronetisches Schreiben im Sinne der antiken Briefrhetorik darstellt, folgt sie allem Anschein nach doch - gezielt oder intuitiv - dem antik hörerorientiert bewährten Weg einer sukzessiv aufbauenden Sachentfaltung, der den breiten Sacherweis erst nach einer Abholung der Hörer bei ihren Überzeugungen (im Proömium) und einer Sacheinführung (in der Diegesisl Prothesis = lateinisch Narratio) erlaubt. Freilich bedarf dies noch der Absicherung durch eine Sichtung des Corpus der Apk darauf, ob und inwieweit es die Funktion des Hauptteils eines antik rhetorisch aufgebauten Werks erfüllt, einen Erweisgang für die These der Prothesis in gegliederter Argumentation vorzulegen. In ihm müßten sich demnach nament343 S. als Beispiel für das antike Textgliederungsschema soweit Aristoteles, rhet. 111 13; 14 (1414a-b) u.ö., dazu Martin, Rhetorik 61 und 58 (jeweils Zitate).
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lich ein bestätigender wie ein den Haupteinwand widerlegender Beweisgang ftir die Gültigkeit, Bewährung und Durchsetzung der Herrschaft Gottes erheben lassen, die in einer anschließenden Peroratio ausgeleitet und zum Werkschluß hin weitergeftihrt werden könnten 344 . Die noch zu leistende Analyse von Apk 4-22 erhält eine Perspektive, der um so größeres Gewicht zukommt, als sie die Einheitlichkeit des Gesamtwerks gerade kommunikationsorientiert konstituieren kann.
2.4 Die rezipientenorientierte Bewältigung der Kommunikationssituation in Apk 4-22 In einer schwerpunktmäßigen Exegese von Apk 1-3 konnten der kommunikative Ort der Apk im Bereich eines von außen wie von innen bedrängten nachpaulinisch-enthusiastischen Christentums sowie das kommunikative Anliegen ihres Autors bestimmt werden, angesichts des Zusammentreffens von geglaubter Gottesherrschaft und erlebter Bedrängnis in der Gegenwart seiner Zeit die Zukunftsdimension des Heils neu zur Geltung zu bringen. Von 4,1-22,5 schließt sich daran das Werkcorpus an. Es ist ein zu 1,93,22 gleichrangiger Teil der Welt im Text der Apk und findet seine Einheit in der breiten Schilderung des vonJohannes geschauten, aufdiejetztzeit folgenden (s. 4, I) Endgeschehens. Die Adressatengemeinden werden in ihm wie dem ab 22,6 fast nahtlos anschließenden Werkschlußl bis 22,15 nicht mehr direkt genannt. Die kritischen Töne der Sendschreiben weichen weitgehend Idealbeschreibungen der Jesus Zugehörigen wie 14,152. Dem korrespondiert eine gleichfalls einseitige Zuspitzung des widergöttlichen Gegenspielers auf Babylon/Rom (bes. Kap. 13; 17-18). Nicht mehr situativen Differenzierungen gilt also von Apk 4 bis zum Beginn des Werkschlusses das Interesse, sondern einer im Positiven wie im Negativen klaren Diktion, die Abstraktionen nicht scheut und die Zukunft entfaltet, auf die die Leserftihrung von Apk 1-3 hinweist. Das aber ftigt sich gut zu dem als Analyseperspektive schon aufgewiesenen Verständnis des ApkCorpus als leser- und hörerorientierter, alles auf die Werkthese hin zuspitzender Argumentation, die im Anschluß an die Proth~sis von I ,~,22 3« Zur Tauglichkeit rhetorischer Kategorien für die Apk-Analyse s. grundsätzlich am Ende von 1.1, zu den antiken Gliederungen der Rede in ihrer umfassenden Wirksamkeit und Verbreitung Martin a.a.O. 52-166 u.ö., zum Aufbau der Rede- (und entsprechend Werk- )teile weiter die Übersicht Hommel/Ziegler 1413 f. J Über diese Abgrenzung der Teile bildete sich ein klarer und begründeter Forschungskonsens heraus - s. Lambrecht, Structuration 77 fT. 2 Vgl. Satake, Kirche bes. 342.
Die Bewältigung der Kommunikationssituation in Apk 4-22
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und vor den ausleitenden Bemerkungen des Werkschlusses um die These kreist, die gegen-wartige Krisensituation der Christen finde ihre Aufhebung in einer Zukunft, in der Gott undJesus ihre Herrschaftsmacht auch gegenüber ihren Gegenspielern bewiesen, bis sie allgemein anerkannt werde, und in der die Christen schließlich selbst in heilvoller Gemeinschaft mitJesus herrschten. Zur Begründung dieser Sicht des Apk-Fortgangs muß zunächst geklärt werden, ob und wieweit er rezipientenorientiert gestaltet ist. Falls sich hier ein positives Ergebnis erzielen läßt, sind zur Erhebung des kommunikativen Textanliegens die großen Linien der Leserftihrung in Apk 4-22 herauszuarbeiten. Im Anschluß daran lassen sich dann besondere Bezüge und Akzentsetzungen des Apk-Autors in diesen Werkteilen zu der von ihm vorausgesetzten Kommunikationssituation herausstellen. Arbei tstechnisch werden im folgenden also Corpus und Schi uß der Apk zusammen behandelt. Beide sind nicht nur motivlich eng verbunden (vgl. bes. 19,9 f. zu 22,6-9; 21,5c zu 22,6b; 21,6a zu 22,10; 21,7f. zu 22,14f.; 21,6c zu 22,17c), sondern auch durch die dominierende Kommunikationsebene: Die Welt im Text reicht mit den ab 1,9 geschilderten Vorgängen bis dahin in den Werkschluß hinein, daß nichtJohannes, sondernJesus die ausdrückliche Anrede der Adressaten in 22,16 vornimmt. Da Jesus noch bis V. 20 weiterhin als Sprecher fungiert, erfolgt der Übergang zur expliziten Kommunikationsebene eigentlich erst mit dem Briefschluß 22,21.
2.4.1 Die durchgängige Leser- und Hörerorientierung von Apk 4-22
Der Apk-Autor verwehrt es durchgängig, das innere Geschehen der Welt im Text der Apk auf Kommunikationsvorgänge zu beschränken, die nur zwischen dem Offenbarungsengel bzw. anderen überweltlichen Gestalten, die in Erscheinung treten, und ihm (als Offenbarungsempfänger) verliefen. Stattdessen zieht er Leser wie Hörer durch den gezielten Einsatz der Sehaufforderung töou, die aus der Brieferöffnung (1,7) und der Eröffnungsepiphanie mit den Sendschreiben (1,18; 2, 10 u. ö.) als leserftihrendes Mittel vertraut ist, durchgängig in ein Miterleben, genauer Mitsehen der ihm zuteil werdenden Enthüllungen hinein. Er greift dieses Leserftihrungsmittel aus einer weit in die alttestamentliche Prophetie zurückreichenden, bis in die zeitgenössische Apokalyptik und das frühe Christentum lebendigen Tradition auf, in der es trotz seines breiten Gebrauchs stets seinen demonstrativen Charakter behielt. Griechischen Lesern und Hörern - wie sie die Apk voraussetzt - mußte die imperative Hinweisbedeutung des "siehe" um so mehr auffallen, als es seiner Herkunft nach einen Semitismus (ftir :"Il:1 bildet J . J
S. Fiedler, Formel "und siehe" bes. 43f. (dazu Anm. 249 5.43 Lit.), 47f., 81-84.
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
Die Zuordnung von Vision des Johannes und Mit-Vision der ApkRezipienten beginnt bereits an der das Corpus eröffnenden Nahtstelle von 4, I. Denn dem dortigen Elöov ist sogleich ein 'Kat I.Öou beigefügt. 4,2 geht darüber noch hinaus. Wie I, 10 verweist es auf eine besondere Geisterfahrung des Johannes, die aber nicht dessen charismatischer Hervorhebung dient, sondern allein der Schau des Throns im Himmel usw. durch die Apk-Adressaten: Der Vers wiederholt die I.Öou-Aufforderung, ohne ihr ein Elöov voranzustellen, und ordnet damit das (vergangene) Erleben, Schauen des Johannes von 4, I dem gegenwärtigen Mit-Erleben, MitSchauen der Leser und Hörer der Apk geradezu unter. Als Objekt von deren Schauen (s. die Akkusative V. 4) und entsprechend präsentisch (s. VY.5ff.) wird die folgende Vision geschildert. Konsequent setzt sich auf diese Weise die in 1,1 formulierte schriftstellerische Konzeption um, daß das Zeigen der Offenbarung Jesu Christi den Christen in ihrer Gesamtheit gilt 4 . Auch im Fortgang des Corpus ist die Sehaufforderung "sehr überlegt gesetzt"s. In 6,2.5.8 weist sie die Leser am Beginn des Plagengeschehens besonders auf den ersten, dritten und vierten Reiter hin, nicht aber gesondert auf den zweiten. Der sachliche wie traditionsgeschichtliche Zusammenhang zwischen diesem und dem ersten als Reitern des Krieges wird so den Werkrezipienten unmittelbar ansichtig6 . Immer wieder markiert die Sehaufforderung sodann Nahtstellen in der Erfahrung des Plagengeschehens (9,12; 11,14; vgl. die Textvariante von A zu 6,12) wie des Endgeschehens überhaupt (z.B. 12,3; 14,14; 19,11). Sie hebt Heilsvisionen hervor (7,9; 14,1; 21,3.5; bei insbesondere Altlateinern weiterhin 15,5) und führt schließlich den Rezipienten der Apk gegenüber "die Hauptakteure des eschatologischen Geschehens" ein 7: in 4,2 Gott selbst und in 5,5f. Jesus als das Lamm 8 , in 12,3 schließlich den Drachen als deren eschatologischen Gegenspieler.
4 Diese Rezipientenorientierung des Corpus der Apk ab 4,1 f. wird bis in die neuesten Kommentare nicht wahrgenommen. Kraft, Offenbarung 95f. und Müller, Offenbarung 143 f. etwa übergehen die Siehe-Aufforderungen völlig. Prigent, L' Apocalypse 81 beschränkt sich auf eine Deutung des umfangreicheren Sehhinweises in 4,1 als Gewichtsunterstreichung der dadurch eingeleiteten neuen Vision (a.a.O. 82 übergeht auch er den Sehhinweis in 4,2). 5 Fiedler a.a.O. 78. 6 Näheres s. ebd., wonach es dem Apk-Autor traditionsgeschichtlich darum gehen mußte, die Vierzahl der Pferde aus Sach 1,8ff.; 6,1 ff. mit der Dreizahl von Plagen nach Ez 6,11 f.;Jer 14,12 zusammenzubringen. 7 S. a.a.O. 79, zum folgenden vgl. 79f. 8 Auf Jesus als Hauptakteur wird weiter in seinen zentralen Funktionen als das Lamm (14, I), der richtende Menschensohnähnliche (14,14) und der treue und wahrhaftige Rich· ter und Krieger (19, II ) verwiesen.
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Gerade an letzterer Stelle tritt die Leserorientierung der Apk wieder besonders hervor, folgt das {Öou doch nicht auf ein ElÖov des Johannes, sondern auf ein passivisches oo
Obwohl also im Corpus der Apk deren Adressaten(gemeinden) nicht mehr namentlich erwähnt werden, bleiben sie als ins Auge gefaßte und angesprochene Leser und Hörer präsent. Sie können und sollen sich jenseits der lÖou-Stellen in den gemäß der Darstellungsweise der Welt im Text indirekt gehaltenen Aussagen über diejenigen, die zu Gott undJesus gehören, wiederfinden. Ihnen gelten die Aussagen über den Krieg des Drachen mit den Nachkommen der Frau, die die Gebote Gottes gegenüber alternativen Möglichkeiten festhalten und das vonJesus ausgehende Zeugnis haben (12, I 7). Sie vernehmen, wie das Tier gegen die Heiligen sichtbar den Sieg davonträgt (13,7), bis der Kampf seine Wendung zum Sieg des Lammes hin nimmt, das sie als sein Gefolge begleiten (s. z. B.17,14) 10. Im Plagengeschehen dürfen sie sich den von Gott ausgehenden Schädigungen entnommen glauben, können sie sich doch mit den Versiegelten von 7,3(ff.) identifizieren. Umfassend bezieht sie schließlich die Hymneneinleitung von 5,13 in den Lobpreis ein, den die Geschöpfe auf der Erde usw. sprechen. Im Werkschluß werden die Leser und Hörer sodann nicht nur als Brüder des Johannes, die an den Worten der Apk festhalten (22,9), als recht oder verfehlt Handelnde (22,11-15) in die Aussagen einbezogen und - bezeichnenderweise durch Jesus - direkt angesprochen (22,7.12.16). Sie erhalten zunehmend auch eine aktive Rolle in der Kommunikation: V. 17 a zieht sie in den Kommensruf des Geistes und der Braut hinein, V. 17 b fordert sie auf, das "Komm" selbst zu rufen, und V. 20 wiederholt diesen Ruf in abschließender Bekräftigung als Antwort aufJesu Kommenszusage, nun in der ausftihrlicheren Form EQXOU XUQlE 'ITJoo'Ü, die das kollektive Maranatha anklingen läßt 11. Der vorgetragene Sachverhalt der durchgängigen Leser- und Hörerorien tierung der Apk bündelt sich in 22, 16a, wo die I, I artikulierte Offen9 Die direkte Leseranrede im tÖou kann im übrigen gemäß der Konzeption, die Apk sei im Auftrag Jesu abgefaßt (5. bes. 1,1.12-19), durchJesus erfolgen, eine Artikulationslinie, die in dessen Kommensankündigungen vom Corpus (16,15) zum Schluß der Apk (22,7.12) hinüberreicht. 10 Zur Interpretation dieser Stelle s. Yarbro Collins, Political Perspective 247 f. \I Hartman, Form 148 wies darauf hin, daß die Führung der Rezipienten zu einer aktiveren Rolle in der Kommunikation in der Apk nicht literarisch singulär zu sehen sei. AJs Vergleichstexte nennt er äthHen 104 (bes. 3) und grBar 17,4. Keiner dieser Texte führt freilich über eine (paränetische) Zuspitzung des Werks, wie sie auf ihre Weise auch gnostische Texte kennen (s. z. B. NHC V I 2, 21,12 ff.), hinaus. Die nächste Parallele zu Apk 22,17-20 bildet mit I Kor 16,20ff. (V. 22 das Maranatha) nach wie vor charakteristischerweise ein Brief.
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barungskonzeption in konsequenter Fortführung der Linie von 4, I f. zusammengezogen wird. Die Person desJohannes erscheint nicht~mehr, und die Sendung des Engels wird unmittelbar darauf bezogen, den in der 2. Person Plural angeredeten Adressaten 12 die die Kirchen betreffenden 13 Gehalte der Apk zu bezeugen, wie sie ihre Zuspitzung in den vorangehenden Versen des Schlußabschnitts finden l4 . So wird pointiert behauptet, daßJesus diesen Adressaten die von ihm ausgehende Offenbarung durch seinen Engel ohne eine menschliche Vermittlungsinstanz bezeugend zukommen läßt, daß sie sie unmittelbar gezeigt bekommen, wenn sie den Sehakt vollziehen, zu dem sie in den Sehaufforderungen durch die ganze Apk hindurch immer neu gerufen werden. Die innere hermeneutische Konzeption der Apk zeigt sich in der Stringenz ihrer Durchführung: Wenn die Adressaten der Apk durchgängig in ihr Kundgabegeschehen hineingezogen werden, wenn sie beim Hör- und Sehakt Jesus und den Geist als zu ihnen sprechend vernehmen sollen und können, dann deswegen, weil diese Offenbarung entscheidend ihnen als ihren Rezipienten gilt.
2.4.2 Die Linien der Leserfohrung im Aufbau von Apk 4-22 Hat sich die Apk als ein auch in ihren Teilen von 4,1-22,21 durchgängig und entschieden leserorientiertes Werk erwiesen, so ist nun zu klären, in welchem Gedankenfortgang und zu welchem Ziel es die Rezipienten bei ihrem angestrebten unmittelbaren Nach- und Miterleben der Offenbarung Jesu Christi führt. Angesichts der unterschiedlichen Funktion im Werk werden dabei die großen Abschnitte 4,1-22,5 und 22,6-21 gesondert behandelt.
12 Das UIlLV meint entweder die in 1,4.11 genannten Adressatengemeinden der Apk oder - bei einer grammatikalisch korrekteren und daher z. B. von Loisy 394 bevorzugten Beziehung auf die 22,6 (vgl. dann I, I) genannten Personen - alle vom Werk erreichbaren Knechte Gaues, in der Asia wie über diese hinaus (zur Sache vgl. schon unter 0.2.5). 13 So ist die präpositionale Wendung mit bti (vgl. 1tQOq>T]"tEilOOL bti in 10, II) aufzulösen (vgl. Bauer, Wörterbuch 569). Die meisten Kommentare entscheiden sich seit Bousset, Offenbarung 166 zu Recht für diese Lesart von K u. a. Denn die von Hadorn 218 bevorzugte Variante tv ("in den Gemeindeversammlungen" - so A u.a.) folgt nicht dem auf "Kirche", "Gemeinde" beschränkten Sprachgebrauch von txxA.'loia in der Apk (1,4.11.20; 2, I u. ö.), sondern zieht vor dem Briefschluß der Apk den Gedanken ihrer gauesdienstlichen Verlesung aus (vgl. KoI4,16). 14 So ist der Bezug von tailta aufzulösen, da sich dieses in der Apk in der Regel auf unmittelbar Vorangehendes bezieht (s. Reader 177 f.), der Schlußabschniu der Apk aber zugleich schon ab V. 6 diese als Gesamtwerk im Auge haI.
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2.4.2.1 Die Linien und das Ziel der Leserführung im Corpus Die genauere Erfassung des Fortgangs in Apk 4,1-22,5 bereitete der Exegese vonjeher Schwierigkeiten. Immer wieder wurde die Frage debattiert, ob hier vom Apk-Autor ein kontinuierliches Geschehen gedacht und geschildert oder ob ein und derselbe Entwurfmehrfach aus verschiedenen Gesichtspunkten, unter verschiedener Akzentuierung wiederholt, rekapituliert würde 15 . Eine Fülle verschiedenartiger Gliederungsversuche entstand, die bislang nicht zu einem Konsens geführt werden konnten 16. Das entscheidende Problem liegt dabei nicht schon im Erkennen von Texteinschnitten, die kleinere Einheiten herauskristallisieren lassen. Daß solche Einschnitte etwa nach der Thronsaalvision der Kap. 4-5, nach der Sieben-Siegel-Vision der Kap. 6-8, I , nach der Vision der ersten sechs Posaunen zwischen 9,21 und 10,1, nach der Schilderung des Geschehens um die siebte Posaune zwischen 11,15--19 und 12, I, vor und nach der SiebenSchalen-Vision der Kap. 15--16, vor und nach der Schilderung des Strafgerichts über Babyion in den Kap. 17-18, nach der Szene mit dem Offenbarungsengel in 19,9f. und schließlich zur Vision von 21,1-22,5 hin vorliegen, ist vielmehr deutlich 17 . Umstritten ist jedoch die Gewichtung der jeweiligen Einschnitte in ihrer Bedeutung für den Gesamtaufbau der Apk sowie ihre Zusammenordnung. Die Forschung zog hier weithin die Vorliebe der Apk ftir die Siebenzahl als maßgebliches Kriterium heran. Diese reicht daftir jedoch bei all ihrer unstreitigen Bedeutsamkeit alleine nicht aus, wie sich schon an der Differenz der Gliederungsmodelle zeigt, die sich maßgeblich aufsie berufen 18 . Um Aporien zu entgehen, bedarfes daher einer Erweiterung der zur Gliederung heranzuziehenden Indizien. 15 Erstere Auffassung vertrat in jüngster Zeit Hahn, Aufbau 153 (vgl. Rowland, Open Heaven 415 ff.), letztere Yarbro Collins, Combat Myth 32-44. 16 Ihre Fülle ist nur mehr in umfangreichen Forschungsübersichten zu erfassen (s. bes. Vanni, Struttura 9-102 und Strand 33--41); eine Kritik der neuesten Versuche bietet Lambrecht, Structuration 82ft (eigener Vorschlag 85f. und passim). 17 S. z. B. Hahn a.a.O. 145. 18 Zwei große Linien lassen sich hier feststellen, zum einen eine Gliederung des Werkes nach den drei Plagenrt'ihen, zum anderen nach einer größeren Zahl von (gerne wiederum sieben) Siebenerkomplexen. In ersterem Fall ginge das ganze weitere Geschehen aus der ersten Plagenreihe hervor, nämlich die zweite Plagenrt'ihe und ab dieser dann auch die dritte Plagenreihe, zu der die siebte Posaune 11,15 ff. überleitet. Eine eindeutige Sicht der Apk kommt damit aber nicht zustande: Während etwa Bornkamm auf diese Art und Weise unter Betonung der Parallelen zwischen den Plagenvisiont'n seine rekapitulatorische Sicht des Apk-Fortgangs nach der "Ouvertüre" der Siegelvisionen begründet (Komposition passim, Zitat 220), baut Hahn auf den Fortgang der drei großen Siebenerreihen die Interpretation von 4,1-22,5 als "fortlaufendes Geschehen" auf (a.a.O. passim, Zitat 153 hervorgehoben). - Anders liegen die Schwierigkeiten, wenn eine größere Zahl von Siebenerreihen angenommen wird. Da nämlich der Text selbst außerhalb der Plagenreihen keine Visionenzählungen vornimmt, lassen sich diese je nach besonderem Anliegen des Exegeten (re-) konstruieren. Die darauffußenden Gliederungen treten teilwt'ise erheblich auseinan-
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Kompositorische Bezüge und thematische Verschiebungen zwischen Textabschnitten im Fortgang der Apk sind zu beachten: Kompositorische Be~ü~~ liegen vor allem vor (1) zwischen den Uberwindersprüchen der Sendschreiben und den Schlußabschnitten der Apk 19 ; (2) zwischen der Vision des Lammes in Kap. 5 und derjenigen des Tieres in Kap. 13: Reichelt 20 konnte herausstellen, daß 13,1-8 bis in Einzelzüge als Gegenbild zu 5,6-14 angelegt ist. Demnach imitiert das Tier Jesus Christus, ein Sachverhalt, der gerade bei einer zusätzlichen Heranziehung der christophanen Beschreibungen in 1,12ff.; 14,14ff. und 19,11 ff. sichtbar wird 21 . Vor allem aber liegen die Bezugspunkte im Geschehenszusammenhang: Jeweils folgt auf die Präsentation einer hervorgehobenen Gestalt (13, I; 5,6) deren Bevollmächtigung bzw. Vollmachtsergreifung (13,2 b; 5,7), auf die mit einer Proskynese und Akklamation geantwortet wird (13,4.8; 5,8-14).
(3) zwischen 7,1-8(.9-19) und 14,1-5: Jeweils unterbrechen Heilsvisionen den Kontext, die sich thematisch mit der Existenz der 144000 befassen, die als die Knechte Gottes bzw. als diejenigen bestimmt werden, die dem Lamme nachfolgen. Geht es dabei in Kap. 7 um die Entnahme der 144000 aus den mit der Siegeleröffnung verbundenen Plagen (s. bes. Y. 3), so werden sie in Kap. 14 fortführend und zugleich kontrastierend durch Loskauf getrennt von jenen Menschen, die dann in Kap. 16 von den Plagen getroffen werden, ohne deswegen zu Gott umzukehren (s. bs. VY.2.8.9.21).
(4) zwischen der zweiten und der dritten Plagenreihe: Die Visionen der sieben Posaunen (Kap. 8-9; 11,1~19) und der sieben Schalen (Kap. 16) entsprechen einander sowohl im Aufbau wie im Gehalt - wobei jeweils die Anspielungen auf die ägyptischen Plagen (Ex 7-10) zu beachten sind und bleiben schließlich auch in den Hinweisen auf die sich verfehlt gegen Gott wendende Reaktion der betroffenen Menschen (9,20f.; 16,9.11.21) aufeinander bezogen 22 . der - man vergleiche nur etwa die Vorschläge von Lohmeyer (Offenbarung I f.), Lohse (Offenbarung 8 f.) und Yarbro Collins (a.a.O. 19). - Wichtige weitere Gliederungsversuche bieten Schüßler Fiorenza, Composition bes. 364; Müller, Offenbarung 28-36 und Roloff, Offenbarung 23 ff. 19 Zu 2,7 vgl. 22,2.4.19; zu 2,11 vgl. 20,6; zu 2,17 vgl. 19,Q; zu 2,26-28 vgl. 12,5 und 19,15; zu 3,5 vgl. 13,8; 17,8; 20,12.15; 21,27; zu 3,21 vgl. 5,5. 20 Reichelt 17~178. 21 Vgl. das Motiv der Hörner 13,1 zu 5,6, dasjenige des Geschlachtetseins 13,3 zu 5,6.9.12, weiter etwa das der Diademe 13, I zu 19,2 und die Beschreibung der Füße sowie des Mundes 13,2 zu 1,15.16. 2Z Im einzelnen entsprechen einander oder sind zumindest in Einzelzügen verwandt formuliert: 8,7 und 16,2 (vgl. Ex 9,23-25 bzw. 9,lOf.), 8,8f. und 16,3 (vgl. Ex 7.17-21), 8,1Of. und 16,4 (vgl. Ex 7,17-21), 8,12 und 16,8f. (vgl. Ex 10,21),9,1-12 und 16,lOf. (vgl. im Einzelzug Ex 10,12 bzw. 10,21 f.), 9, 13 ff. und 16,12, schließlich 11,19 und 16,17-21 (vgl.
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(5) zwischen 11,15-19 und 19,1-8: Jeweils erklingt der laute Jubel über die in ihrer Vollendung gekommene Herrschaft Gottes 23 , die mit der Herrschaft bzw. der Hochzeit des Lammes verbunden ist, für die Heil bedeutet, die ihr zugehören, und sich zugleich gegen die Verderber der Erde wendet. Beiden Stellen ist in ihrer Herausstellung der Herrschaft und Macht Gottes weiter der Bezug auf die das Corpus eröffnende Thronsaalvision gemeinsam (bes. auf 4, 11; s. 11,15.17; 19, 1), so daß sich in ihnen ein Bogen zu dieser zurückschließt.
(6) schließlich zwischen den Kap. 12; 13 und 19,19-20,10: Werden in ersteren die widergöttlichen Größen eingeführt - Kap. 12 der Drache, Kap. 13 das Tier und der Pseudoprophet - und wird dabei ihre kriegerische Seite betont (s. bes. 12,7ff.17;13,7), so werden sie in letzteren (kriegerisch) überwältigt und in den Feuersee geworfen, zunächst das Tier und der Pseudoprophet ( 19, 1~21), dann der Drache (20,1-6.7-10).
Mit Hilfe dieser kompositorischen Bezüge lassen sich wesentliche Aufschlüsse über den Fortgang der Apk gewinnen. Anzusetzen ist dabei, daß 11,15-19 und 19,1-8(bzw.lO) jeweils Abschlußabschnitte bilden, da sie auf die Corpuseröffnung zurückweisen und zugleich die Endvollendung antizipieren, eine Beobachtung, die sich bei Berücksichtigung weiterer I ndizien erhärtet. Zu 12,1 ff. hin erfolgt ein gewichtiger Einschnitt mit Subjekts- und Geschehenswechsel. Mit der sonnenumkleideten Frau (Y. I) wie mit dem Drachen (V. 3) werden völlig neue Gestalten und ein neuer Handlungszusammenhang eingeführt. Ebenso folgt auf 19,1-8 nicht nur eine klare Abschlußszene (19,9f.; vgl. 22,6.8f.), sondern danach wiederum ein visionärer Neueinsatz mit Personen- und Handlungswechsel. Bemerkenswert ist die rezipientenorientierte Fassung der beiden Abschnitte: In beiden Fällen ist der Neueinsatz durch {bou begleitet (12,3; 19,11).
Von daher gliedert sich das Corpus der Apk in drei große Teile: 4-11; 12-19,10 und 19,11-22,5. Dieser Aufbau bestätigt sich im Blick auf die weiteren kompositorischen Bezüge. Wie nämlich die Szene um das Lamm Kap. 5 aus der Thronsaalvision des Kap. 4 hervorgeht und noch in deren Rahmen stattfindet, so knüpft die Herrschaftsübertragung an das Tier in Kap. 13 unmittelbar an die Erscheinung des Drachen und die Geschehnisse um diesen in· Kap. 12 an. Wie weiter das Lamm und das Tier als Heils- und Unheilsgestalt kontrastieren, so schon die Hintergrundszenen im Einzelzug Ex 9,24) (vgl. dazu z. B. Bousset, Offenbarung 401 f.; Lohse, Offenbarung 91). Eine umfassende Übersicht über die in den Plagenreihen der Apk aufgenommenen Materialien und die inneren Bezüge bietet H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont bes. 162-181. 13 I n der GOllesprädizierung 11, I 7 fehlt das Kommensmotiv , das in 1,4.8 den Akzen t trug - das Kommen ist bereits realisiert (vgJ. Thüsing, theologische Mille 8).
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der Kap. 4 und 12: Dem Bild "Gottes, der in königlicher Würde inmitten seines himmlischen Hofstaates thront und von ihm den eschatologischen Lobpreis empfangt", steht "das mit dramatischen Zügen gezeichnete Bild der Ohnmacht des Satan" gegenüber, "der mit seinen Scharen besiegt und auf die Erde herabgestürzt wird. "24 Die Kap. 4-5 und 12-13 bilden so die Expositionen zweier, gerade in ihrem Kontrast aufeinander bezogener, Hauptteile, was die inneren Zusammenhänge zwischen den Heilsvisionen der Kap. 7 und 14 sowie zwischen den Plagenreihen der Kap. 8-9(; 11,15-19) und 15-16 bekräftigen. Zugleich legen die Kap.4f. und 12[. zusammen eben in ihrer "Kontrastierung" szenisch den Grund für das Finale im dritten Teil, "in dem die beiden bevollmächtigten Gegenspieler, Christus und der Antichrist, unmittelbar aufeinandertreffen (19,11 ff.). "25 Zu diesem Finale laufen die unter (6) genannten kompositorischen Fäden von den Kap. 12 und 13. Auf die Szenen der Überwältigung der widergöttlichen Gegenspieler und des Gerichts (19,11-20,15) folgen dabei die Heilsvisionen des neuen Himmels und der neuen Erde sowie des neuen, heiligen Jerusalem (21,1-22,5), die die Heilsaussagen abschließend aufnehmen und füllen. Die thematischen Verschiebungen erlauben die nähere Bestimmung des Zusammenhangs der Teile. Das gilt zunächst für den Fortgang vom ersten ~um ~weiten Teil des Corpus. Nicht nur erscheinen in letzterem neue Handlungsgrößen-der Drache (zwischen 12,3 und 20,2 dreizehnmal), das Tier bzw. die Tiere (nach einer ersten, schon überleitenden Erwähnung in 11,7 zwischen 13,1 und 20,10 sechsunddreißigmal) und Babyion (zwischen 14,8 und 18,21 sechsmal)26 -, mit deren Auftreten ändert sich auch der Handlungscharakter. Verben treten in den Vordergrund, die zwar schon in den Sendschreiben eine gewichtige Rolle spielen, aber in 4,1-11,19 weitestgehend fehlen: 3tAUVÖV erscheint nach 2,20 erst ab 12,9 wieder. zentriert auf den Drachen, die beiden Tiere und Babyion (13,14; 18,23; 19,20; 20,3.8.10). Ebenso ist vom ßAUOCPTU.lELV und der ßAUOcprJJ.lLU nach 2,9 erst wieder und ausschließlich im zweiten Corpusteil - als Tun der widergöttlichen Größen und der ihnen verfallenen Menschen - die Rede (13,1.5.6; 16,9.11.21; 17,3). Diese widergöttlichen Handlungsdimensionen des Schmähens Gottes und der ihm im Himmel Zugehörigen sowie des Verftihrens des ganzen Erdkreises mit seinen (heidnischen) Völkern lassen sich samt dem Verklagen der Gott Zugehörigen vor Gott (12,10) in ihrem inneren Zielpunkt im Motiv des 3tOAEJ.lELV/3t6AEJ.lO~ zusammenfas-
Reicheh 178. Ebd. 26 Stellen nach VKGNT I 261, 530f., 151; bei den "Tieren" sind 6,8 und 18,2 wegen ihrer anderen Bedeutung nicht mitzuzählen. 24
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sen, das nach dem Vorklang von 11,7 27 in Kap. 12 zentralen Rang erhält: Der Apk-Autor schafft dort in einer Verbindung des Mythos vom Konflikt zwischen der gebärenden Frau und dem Drachen mit dem Mythos vom Himmelskampf eine neue Einheit 28 , in der der Drache trotz seiner gewaltigen Herrschermacht (s. Vv. 3f.)29 des Kindes und der Frau nicht habhaft zu werden vermag (VV. 4f.) und im Himmelskampf gegen Michael unterliegt (VV. 7ff.), so daß er vor Gott keinen Zugriff auf das Heil der Christen mehr hat (VV. 1Of.)30. Das ist aber nur bei denen Anlaß für jubelnde Freude, die im Himmel zelten, denn für die Erde und das Meer bedeutet es Wehe, ist der Diabolos doch voll negativen Affektes, voller Wut zu ihnen hinabgestiegen 31 . Das antik-mythologische Weltbild wird hier - bewußt als Bild (s. w
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Findet das Tun des Satans also seine Spitze im Kriegführen gegen die zu Gott undJesus Gehörenden, so auch das Tun des Tieres, dem er nach 13,1 f. seine Macht und Gewalt überträgt. Dieses erhält nicht nur die umfassende irdische Verfügungsgewalt über die Nichtchristen (13,7 b), sondern vorab die Befugnis und Möglichkeit 34, Krieg mit den Heiligen zu führen (3tOl:i)oaL 3t6AEJ10V wie 12,17) und sie zu besiegen (13,7 a). Im Fortgang des zweiten Corpus teils erhält das Kampfmotiv eine Ausrichtung auf den Krieg am großen Tag Gottes (16,14), auf den Krieg mit dem Lamm, in dem dieses siegen wird (17,14). Der Bogen der Durchsetzung der Herrschaft Gottes undJ esu, seines Gesalbten, die nach 12,10 bereits mythisch aller Zeit voraus begründet und in der Jetztzeit heilvoll und mächtig erfahrbar ist, kommt an sein Ziel 3s • Die Auflehnung der widergöttlichen Mächte enthüllt sich als Handlungsbereich Gottes, in dem dieser seine Herrschaft erweist, seine großen und wunderbaren Werke vollzieht, wie es der Hymnus 15,3 in Vorabcharakteristik der sieben Schalenplagen ausdrückt. Eingebunden in die einleitende Hinführung zum Geschehen der Plagen, von denen vor wie nach dem Hymnus die Rede ist (15, l.6 fT.) , bringt dieser Hymnus zur Geltung: "das furchtbare Vernichtungswerk, das mit dem Ausgießen der Plagen beginnt, ist dem Heils-handeln Gottes eingeordnet." Gott zeigt sich in ihm als der Herr der Welt, so daß alle Völker in den Gottesschrecken fallen und ihn verehren müssen (l5,3f.)36.
Da es also in der Aufnahme der Auflehnung der widergöttlichen Mächte in die Apk leser- und hörerorientiert um den Erweis der (Heils-)Herrschaft Gottes geht, treten in diesem zweiten Corpusteil Makarismen hervor (14,13; 16,15) - die im ersten Corpus teil völlig fehlen 37 ! -, kann der Text nach der Exposition der Kap. 12-13 und der unterbrechenden Vision von 14,1-5 in 14,6 unter das Motto des EuaYYEALOv 38 gestellt werden, "der Bildzug von der Geburt des Kindes aus der Frau" sei .. nur erzählerisches Mittel zum Zweck, ohne als solcher eigenständige Aussagekraft zu beanspruchen" (414; vgl. Gollinger 73, die 66 Anm.1 die auslegungsgeschichtliche Literatur nennt). 34 ALMvQl ist hier gebraucht wie schon 6,4; 7,2; vgl. 9,5 und 11,3. Im Kap. 13 erfolgt der Übergang ins Passiv nach dem aktiven Gebrauch rur die Herrschaftsübertragung des Drachen (V. 2, vgl. V. 4) in V. 5 und setzt sich noch in V. 15 fort. Das kann durchaus als Passivum divinum gemeint sein, so daß die ganze Wirksamkeit des Tieres von vornherein an Gottes Zulassung gebunden wäre (so z. B. Hadorn 141; vgl. Goppelt, Theologie 11 515: Holtz, Gott 253). Es stört wie die vv. ~7 überhaupt (gegen Kraft, Offenbarung 177) keineswegs den Zusammenhang, sondern konstituiert diesen zu Kap. 12 erst voll, so daß in diesen VV. sicher kein nachträglicher Einschub vorliegt. 35 Der Konnex zwischen der Geschehensvergangenheit und der Erlebensgegenwart ist 12,10 in der Verbindung des 6Q'tL mit dem präteritalen tytvEtO eingefangen. 36 Näheres bei Jörns 128-132 (Zitat 129, Hervorhebungdortl. 37 Zu ihnen s. Giesen 206ff. 38 Stuhlmacher vermochte wahrscheinlich zu machen, daß der vorliegende Begriffsge-
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das ein Engel in seiner ewigen Gültig- und Mächtigkeit allen Menschen verkündet und als dessen Hörer sich die Adressaten der Apk bei deren Verlesung unmittelbar erfahren können. Freilich setzt des Engels Verkündigung noch einen anderen Schwerpunkt: Gottes Gericht (14,7). Dieses bildet die Sachspitze, die der Apk-Autor dem Wirken der widergöttlichen Mächte, ihrem Verführen, Schmähen, Kriegführen entgegenhält 39 • Die Gerichtsterminologie - die im ersten Corpusteil bis auf6, 10 und das schon überleitende 11,18 fehlt - durchzieht deshalb den Fortgang ab der dritten Plagenreihe: Spricht der Hymnus in ihrem Einleitungskapitel von Gottes gerechten Wegen und Taten (15,3.4), so erweisen sich diese nach der zentralen hymnischen Antiphon von 16,5.7 im Vollzug des Plagengeschehens als Gerichtsgeschehen gegen die Anhänger und Gefolgsleute des Tieres, die trotzdem nicht aufhören, Gott zu schmähen (s. 16,2.9.11.21 )40. Der Eigencharakter der dritten gegenüber den ersten beiden Plagenreihen liegt also in ihrem Gerichtscharakter. Aufdiesen bezieht sie das angespielte Geschehen der ägyptischen Plagen in typologischer Weise: "as divine judgment against the oppressors of the people preceded the first deliverance and time of salvation, so will it be at the end. "41
Weiter prägt der Gerichtscharakter den Komplex zu Babyion und seinem Sturz in den Kap. 17-18. Programmatisch bringt das bereits die Engelrede 17, I zur Geltung, die das Folgegeschehen unter das Thema des Gerichts über die große Hure stellt, die im Kap. 17 dann zunächst näher vorgestellt und in ihrem Charakter gedeutet wird. brauch ein sehr altes, noch vorpaulinisches Traditionsstadium dokumentiert, das das jüdische :1,'W:l 'W:l wiedergibt. EuayytALov meint dann an unserer Stelle in noch nicht christologisch reflektierter Weise die "Botschaft von Gottes Kommen zu Gericht und Heil" (Das paulinische Evangelium 210-217, Zitat 213; vgl. den verwandten Verbgebrauch in Apk 10,7). Dabei gibt der Kontext von Apk 14,6 gegen a.a.O. 214 (nach 212) aber keinen näheren Bezug der Botschaft auf die eschatologische Völkerwallfahrt zu erkennen. Auch ihre Inhaltsbestimmung aufgrund von V. 7 als "uneingeschränkter Bekehrungsrur' (Strekker, dJayytALov 186) ist problematisch: Die Gottesfurcht und Ehrerweisung fUr Gott, zu denen V. 7 auffordert, sind im Sprachgebrauch der Apk nicht Tat und Haltung Umkehrender, sondern heilvoll zu Gott Gehörender (s. 11,18; 15,4; 19,5 sowie 4,9; 19,7; als Gegenbild 16,9). Es geht also 14,7 entscheidend darum, sich wirkkräftig hineinziehen zu lassen in den Raum um Gott, in dem man wie die himmlischen Gestalten Gott fUrchtet und ihm die Ehre gibt (vgl. sachlich schon 11,13). Der bei den Paulinen so wichtige Wirkcharakter des EuayyEA.LOv ist auch im traditionsgeschichtlich alten Wortgebrauch der Apk spürbar. 39 Das Motiv des Sieges im Kampfe (17,14) bleibt demgegenüber im zweiten Corpusteil von nur untergeordneter Bedeutung. Ab 19,10 gewinnt es sehr an Gewicht (bes. 19,19ff.; 20,8f.). 40 Das präteritale bQwac; v. 5 bezieht sich aufdie vollzogenen Plagen zurück (mitJörns 134, der 132-139 eine sorgfältige Exegese und Funktionsbestimmung der Stelle vorlegt). 41 Yarbro Collins, Political Perspective 250. 42 Vgl. Reader 272f. und Beauvery passim.
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Deutlich sind die Anspielungen auf Rom, wenn die Stadt als Frau auf sieben Bergen sitzt (17,9) und als irdisches Herrschaftszentrum charakterisiert wird (17,18)42. Bemerkenswert ist dessen Bezeichnung mit dem Decknamen Babyion. Es ließ sich nämlich nachweisen, daß dieser vom Judentum in die christliche Überlieferung überging (vgl. noch IPetr 5,13), jüdisch aber erst unter dem Eindruck der ZerstörungJerusalems aufkam 43 . Damit liegt hier ein Indiz für eine Abfassung der Apkjedenfalls nach 70 vor.
Über diese widergöttliche Gestalt Babyions ergeht das zerstörende Gericht Gottes, das ihr Tun laut 18,6 "nach dem göttlichen Rechtsgrundsatz der doppelten Zahlung" vergilt. Tod, Schmerz und Hunger werden sie deshalb treffen, im Brand wird sie untergehen (18,8)44. Eine detaillierte Schilderung des Gerichtsvollzugs erübrigt sich freilich nach 18,8 wie nach der symbolischen Handlung von 18,21 angesichts der Gewißheit des Handelns Gottes, aus der heraus der Engel bereits 18,2 in rückblickendpräteritaler Formulierung vom Fall Babyions spricht (vgl. schon 14,8). Stärker interessiert Apk 18 die Wirkung des Gerichts, das Ende des Treibens Babyions und des Treibens in ihm (s. die Vv. 21-23), und die Reaktion darauf (s. Vv. 9-20): Der dreifachen Klage derer, die sich in "U nzucht" mit Babyion einließen und üppig in ihm lebten, der Könige der Erde, der Kaufleute und der Seefahrer (VV. 9-19), setzt V. 20 die Aufforderung zum Jubelruf entgegen, die über die Himmel hinaus (vgl. 12, 12!) den Heiligen, Aposteln und Propheten gilt. Die Interpretation der Erweiterung von V. 20b bereitete der Forschung erhebliche Schwierigkeiten, kennt die Apk doch an keiner weiteren Stelle das Miteinander der drei Glieder Heilige, Apostel, Propheten 45 . Das Verständnis ergibt sich aus folgenden Beobachtungen: Da sie das auf die Erde bezogene Glied der angespielten alttestamentlichen StelleJer 51,48 (vgl. auchJes 44,23) ersetzt, ist sicher ein irdischer und kein himmlischer Personenkreis gemeint 46 . Dieser um43 Hunzinger, BabyIon passim (im Blick auf I Petr). 44 Zur näheren Interpretation s. Reader 277 f. (Zitat 277); zur doppelten Vergeltung vgl. bes.Jer 16,18 (LXX). 45 Bis Bousset dominierte die Literarkritik, zuletzt (bei Bousset, Offenbarung 425f.) in der Weise, daß die in V. 24 wiederholten Glieder (Heilige und Propheten) auf eine Quelle zurückgingen, während das Glied der Apostel vom Endredaktor zugefügt sei. Es läßt sich jedoch keine Redaktionsschicht der Apk ausmachen, für die der Apostelbegriff eine besondere Rolle spielte (dieser kommt in der Apk nur noch 2,2 und 21,14 inje verschiedener Bedeutung vor). Scheitert also die Literarkritik, so bezog danach Hadorn 182 die Glieder unvermittelt auf "die Opfer der neron Verfolgung", ohne daß eine so enge historische Bindung dem Text entnehmbar wäre. Seitdem wird immer wieder der überraschende Charakter unserer Erweiterung bemerkt (auch bei Müller, Offenbarung 309), aber vielleicht aufgrund des Ungenügens der älteren Erklärungsversuche - weithin auf eine energische Suche nach dem Grund für die Nennung gerade der vorliegenden drei Glieder inklusive des singulären Apostelgliedes - verzichtet (s. z. B. Satake, Gemeindeordnung 135 und Prigent, L'Apocalypse 273). 46 Gegen Kraft a.a.O. 237 und nach ihm Müller a.a.O. 309.
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faßt zunächst global die Heiligen, unter denen die Apk mit vornehmlich der paulinischen Tradition47 durchweg die "Gemeindeglieder im allgemeinen" (und nicht nur bestimmte Christen) versteht 48 , und nennt daneben Apostel und Propheten in einem Doppelglied, das so nur noch im kleinasiatischen Strang der paulinischen Tradition (im Eph) - unter charakteristischer Beziehung auf die Heiligen! - erscheint. Apostel und (urchristliche) Propheten sind dort nämlich Träger christlicher Zentralaufgaben, die das Fundament der Kirche bilden (Eph 2,20) und von daher auch die Heiligen rur ihren Dienst zurüsten (Eph 4,11 f.)49. Da die Apk in ganz ähnlicher Weise 21,14 von den Aposteln als Grundsteinen (des neuenJerusalem) spricht 50 , läßt sich die Wendung von 18,20 im Zusammenhang dieser (nach- )paulinischen Traditionslinie deuten:
Ganz gemäß dem Anspruch der Apk, sich an Gemeinden paulinischer Tradition in Kleinasien zu wenden, fordert der als Sprecher gedachte Engel s1 aus der Welt im Text heraus die auf Erden lebenden Christen dieser Gemeinden und die Personen, denen diese Gemeinden christliche Zentralfunktionen zuweisen - Apostel und Propheten -, auf, wie der Himmel in den eschatologischen] ubel einzustimmen. Gegenüber einer konkreten Beziehung der Apostel und Propheten auf Gegenwartsgrößen in den ins Auge gefaßten Adressatengemeinden der Apk ist dabei Zurückhaltung geboten: Es kann sich bei ihrer Erwähnung sehr wohl um die Aufnahme einer in dieser Verbindung schon gefestigten Traditionsvorstellung handeln. Immerhin kommt die doppelgliedrige Wendung stets in der Abfolge von zuerst Aposteln und dann Propheten vor (Eph 2,20; 3,5; 4,11; Apk 18,20) und setzt die Apk sie nur an dieser einen, besonders stark an Adressatenvorstellungen orientierten Stelle ein 52 . Fragwürdig ist daher ebenso eine Interpretation der Propheten auf gegenwärtige Charismatiker in den Gemeinden wie eine solche der Apostel auf Wanderapostel im Sinne von Apk 2,2 53 .
19,1--8 bestätigt, daß das Ziel des Corpusteils in diesem]ubel erreicht ist. Brechen in ihn zunächst die himmlischen Scharen und Gestalten aus47 In den Evangelien nahezu ganz fehlend (außer Mt 25,52), häuft der Terminus sich in den Paulinen, Eph, Kol und tritt dann in den Spätschriften bis auf die Apk wit'der zurück (Bdege in VKGNT 18-10). 48 Satake a.a.O. 33; vgl. Huß 132. Prigent a.a.O. 273 hält Anm. 30 unbegründet eine Beschränkung auf die konsequt'nten und treuen Christen für möglich. 49 Zur Interpretation der Stellen s. Schlier, Epheser 14ÜIT., 1951T. Merklein, Amt 14ülT. will diese Vorstellung zu stark aufdie redaktionelle Tätigkeit des Eph-Autors zurückführen und muß daher die urchristlichen Traditionszusammenhänge zwischen Eph, Apk (und Did 11,3) leugnen - Apk 18,20 bezieht er ohne Anhalt am Text auf alttestamt'ntliche Propheten. so Was bereits Schlier a.a.O. 142 herausstellte. St S.jörns 140. S2 \Vieweit die Traditionsverfestigung bis zur Abfassung der Apk fortgeschritten sein kann, wird an der Anspielung auf den Zwölf-Apostel-Kreis 21,14 deutlich (zur Diskussion um diese Stelle s. Satake a.a.O. 133f.). S3 Dazu tendieren etwa Satake a.a.O. 56f., 135 und Prigent a.a.O. 273.
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in den Halleluja-Rufen der Vv. 1-4 -, so werden in V. 5 alle Knechte Gottes, alle, die ihn fürchten, und damit wiederum auch die christlichen Adressaten der Apk zum Lob aufgefordert. Sie können miterleben und gottesdienstlich mitsprechen, was in dem Ruf der großen Menge in den Vv. 6ff. charakteristischerweise im Übergang in die 1. Person Plural ausgesagt ist, die alle Adressaten (und den Apk-Autor) einbezieht: die Freude und das Frohlocken darüber, daß Gott König geworden ist. Sie können Gott so seine Ehre abstatten 54 . Die Leserführungslinie des zweiten Corpusteils erweist damit ihre innere Stringenz: Hörer wie Leser sehen und erfahren in seiner Rezeption, daß jeder Ansturm widergöttlicher Mächte gegen die heilvolle Herrschaft Gottes und seines Gesalbten - sei es im Himmel, sei es auf Erden und damit im unmittelbaren Erlebnisbereich der christlichen Gemeinden von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Gott setzt seine Herrschaft durch, indem er letztere, die nicht davon ablassen, ihm zu fluchen, ihn und die Seinen zu bekriegen, die Erdenbewohner zu verführen, richtet, und indemJesus, sein Gesalbter, sie besiegt. Im antizipatorischen Mitsehen und Miterleben dieses futurisch-eschatologischen Geschehens werden die Apk-Rezipienten mit hineingezogen in den himmlischen Jubel über Gottes Heilsdurchsetzung. Den ersten Teil des Corpus kennzeichnet der Verzicht auf eine analoge beschränkende Zuspitzung auf nur eine einzelne Dimension der Herrschaft Gottes undJesu 55 . Wie im zweiten Corpusteil ist diese Herrschaft dabei Basis und Leitmotiv der Argumentation. Sie, die in einer Fülle von Termini umschrieben wird 56 , bestimmt den großen rahmenden Bogen von Kap. 4 zu 11,15-19 (vgl. bes. 11,17 mit 4,8.11). Aber sie wird innerhalb dieses Bogens anders als im zweiten Corpusteil den Apk-Rezipienten in der ganzen Fülle und Vielschichtigkeit ihrer Dimensionen vor Augen gestellt. Daß sie rezipientenorientiert vor Augen gestellt, sichtbar wird, kommt dabei auch in der sachlich gewichtigen Aufnahme von Theophaniemotiven in den S4 Zur Interpretation von 19,1-8 s. bes.Jörns 144-156. Wie schon zu 18,20 erkennt er zutreffend die Beziehung von 19,5b aufdie auf Erden lebenden Christen (153, vg1.l42). Unnötigerweise, da den proleptischen Charakter des Aufrufs verkürzend, bezieht er die Aufforderung von 19,5 b freilich auf "die Irdischen der Vollendungszeit" (153). ss Das führte Exegeten dazu, für den zweiten Corpus teil wesentliche Motive in ihn einzutragen. So suchte Yarbro Collins in ihm Züge des Kampfmythos von Kap. 12 (Combat Myth bes. 211-219) und wollteJörns die Kap. ~5 als "Eröffnung der Gerichtssitzung" sehen (75). Beides ist unhaltbar, sind im ersten Corpusteil doch die Wortfelder des Kämpfens wie des Richtens belanglos (s.o.). S6 Teilweise erscheinen diese Termini nur im ersten Corpusteil: lax"<; nur 5,12 und 7,12, xQClto<; nach 1,6 nur 5,13, tLJ.l~ nur 4,9.11; 5,12.13; 7,12 und dann wieder 21,26. Dir Apk insgesamt durchziehen MVaJ.lL<; (4,11 u.ö.) und ßaOLAda (11,15 u.ö.).
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Abschnitt zum Ausdruck. Auf eine Epiphanie Gottes vor aller Welt laufen so schon die Siegelvisionen in Kap. 6 zu (6,16)57, und in einer gewaltigen Theophanie endet der Abschni tt in 11,1958 •
Der erste und für das ganze folgende Werk grundlegende Akzent, den die Apk dabei setzt, ist derjenige der umfassenden Würde Gottes und des Lammes. Auf deren Herausstellung laufen die Kap. 4 und 5 zu, die das Adjektiv ä;LO~ im Unterschied zur übrigen Apk mehrfach und ausschließlich auf Gott und das Lamm bezogen verwenden, hinführend zu den einander korrespondierenden hymnischen Strophen in 4,11 und 5,12.13, in deren letzterer Gott als der Thronende und das Lamm sogar ausdrücklich gemeinsam als Adressat des Lobpreises genannt werden. Angesichts des gegenüber den angespielten Traditionen ungewöhnlichen Redens von der Würde Gottes und des Lammes s9 ist dessen Aussagegehalt nicht einfach zu erfassen. Exegetisch liegt seine Rückführung auf das unpersönliche ä;L6v ~O'tLV nahe, das in der zu neutestamentlicher Zeit entstehenden (Abendmahls-) Liturgie in der Verbindung mit E'ÜXOQLO'tELV eine gewichtige Rolle spielt, näherhin responsorisch zur begründenden Bezeichnung menschlichen Tuns als" würdig und recht" dient 60 . Für Apk 4 und 5 bedeutet das eine Rückführung der ä;LO~-Strophen auf Responsionen, etwa von 4,11 auf die Form ä;L6v ~O'tLV ÖOÜVaL ö6;ov xtA. tq> xUQl
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Lammes als würdig sammelt sich dann die Reaktion der Menschen innervisionär vertreten durch diejenige der himmlischen Wesen - auf die Erscheinung Gottes in seinem Thronsaal und das Auftreten des Lammes vor ihm: Gott ist würdig, ihm gebührt die Akklamation, weil er in seiner umfassenden Macht und Heiligkeit sichtbar wird, in der er in Ewigkeit lebt (4,9.10) und die Welt erschuf (4,11)62. Und das Lamm ist würdig, ihm geziemt die Akklamation, weil es die entscheidenden Heilstaten vollbrachte, was 5,9c-lOa in einer Trias christologisch-soteriologischer Aussagen zum Ausdruck bringen, die das Siegesmotiv von 5,5 in seinem Gehalt füllen und sich zugleich auf die Doxologie von 1,5 b--6 zurückbeziehen. Bemerkenswert ist hier die Aufnahme des kultischen Sühnetodgedankens, die auf alte Tradition zurückweist und aus dieser auch bei Paulus begegnet (s. Röm 3,23 ff. )63. Die besonderen Bezüge der Apk zu Gemeinden paulinischer Tradition bestätigen sich und sind ftirdie Lammes- (eigentlich "Widder"-)Christologie der Apk überhaupt zu beachten. Denn mit dem geschlachteten aQvLov wird injedem Fall die Passalammtradition assoziiert und angespielt, auch wenn der Terminus der Apk nicht unmittelbar aus dieser heraus entwickelt sein sollte 64 • Die Deutung 62 4,11 ist von neuen Trägern (s. 4,9f.) gesprochene Responsion auf die Strophe 4,8, die in Anlehnung anJes 6,3 im Trishagion die Heiligkeit Gottes als des Alleinherrschers unter Wiederholung der Gottesprädikate von 1,4.8 hervorhebt. Das Herrschaftsmotiv kann dort an zweiter Stelle erscheinen, da es von der umgebenden Thronsaalbeschreibung her bereits dominiert, in der Gott geradezu den Namen des machtvoll Thronenden erhält (4,9.10; vgl. 5,1. 7.13). Zur Sachinterpretation von Apk 4 vgl. neben den Kommentaren und der genannten Literatur noch Hohz, Gott bes. 248, 249f., 255f. und Vögtle, Gott bes. 379f. 63 Bezüge entstehen dadurch übrigens auch zu Hebr (7,27; 9,11-28); zur Sache s. bes. Jörns 50. 64 Die traditionsgeschichtliche Herkunft der Lammeschristologie ist bis heute nicht sicher geklärt. Als verfehlt haben sich jedenfalls die astrologische Herleitung - das Sternbild des Widders wird im allgemeinen eben nicht als aQv(ov bezeichnet - und diejenige vom deuterojesajanischen Gottesknecht - die eine auch um das Glied tOU itEOÜ verkür.lende ungewöhnliche Fehlübersetzung in der Apk behaupten muß - erwiesen (mit z. B. Reichelt 146, 148f., zum einen gegen Boll, OfTenbarung 44fT., dem etwa Böcher, Sternglaube 61 r. folgt, und zum anderen gegen bes. Comblin IOf., passim). Wegen der machtvollen und kriegerischen Züge, die das Lamm z. B. 5,6; 17,14 erhält, wird bis zur Gegenwart eine "Anlehnung an apokalyptische Traditionen" (s. Dautzenberg, a",v6~ 171) vermutet, doch lassen sich in diesen (trotz IQM VII 14) keinerlei Vorbilder zum Terminus der Apk belegen (s. Reichelt 146f. mit Anm. I S. 147; daran scheitert auch der auf verfehlter literarkritischer Prämisse aufbauende - vgl. Anm. 145 zu 1.2 - Versuch rein jüdischer Interpretation des Terminus bei Edwards 142-146). So ist trotz des neuen Einspruchs von Nikola Hohnjec (Das Lamm - to arnion - in der OfTenbarung desJohannes, Univ. Greg., Roma 1980, wozu mir nur das Referat Leon-Dufour 325fT. zugänglich wurde) mit einer gewichtig bereits vonJeremias, a",v6~ 345 und nach ihm etwa von Holtz, Christologie 44 fT. sowie Giesen, Bilder und Symbole 62 vertretenen Forschungslinie der Bezug auf die PassaTypologie als maßgeblich zu erachten, da er dem soteriologischen Schwerpunkt von Apk 5 entspricht. Freilich darf man die Lammes-Vorstellung der Apk darin nicht aufgehen lassen: Der Apk-Autor scheint hier vielmehr gezielt einen noch nicht eindeutig theologisch festge-
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Jesu als Passalamm aber ist gerade rur paulinische Gemeinden mit I Kor 5,7 sicher belegt 65 .
Das Lamm, das diese Heilstaten vollbrachte, ist in der Apk nicht nur leidende, sondern zugleich machtvolle Gestalt. Schon vorab mit königlich-messianischen Würdeprädikaten als Löwe aus dem StammJ uda und \Vurzel Davids bezeichnet (5,5), wird es 5,6 mit sieben Hörnern - einem Macht- und Würdesymbol- und sieben Augen ausgestattet präsentiert, wie Sach 4, 10 sie J ahwe als dem vorbehält, der alles sieh t und beherrsch t. Es zeigt sich so als uneingeschränkter Repräsentant Gottes, der in dessen Vollmacht und Autorität zu handeln vermag 66 . V. 7 setzt für seine (aktive!) Übernahme der Buchrolle aus Gottes Hand sogar das Perfekt einer vollzogenen und daher gegenwärtig gültigen Handlung: Jesus als das Lamm hat die Verftigungsgewalt über dieses "Symbol(s) der eschatologischen Weltherrschaft"67, ist vollgültig deren Träger68 . Indem sein Heilslegten Bildterminus gewählt zu haben, der ihm selbst wie seinen Adressaten die Assoziation der Passavorstellung erlaubte und ihm zugleich die Möglichkeit olTenließ, um diesen christologischen ZentralbegrilT seines Werkes Motive aus anderen Vorstellungskreisen zu sammeln, etwa das Kampf- oder das Bräutigammotiv (17,14; 19,7) (vgl. sachlich Reichelt 152f.• ergänzend unten Anm. 148a). 65 Zu vergleichen ist für den Umkreis der späteren Paulustradition auch I Petr 1,19; zur Sache vgl. Holtz a.a.O. 441T. 66 Dazu s. Reichelt 13Of., 134-138. 67 So Reichelt 244 in seiner umfassenden Interpretation von Kap. 5. Freilich beachtet er 153-156 die aktive, perfektische Buchübernahme durch das Lamm nicht ausreichend. Diese rührt über eine Inthronisation hinaus (mit Müller, OlTenbarung 152) und dokumentiert das Interesse des Apk-Autors an der Überwindung subordinatianischer Christologie. Beim Gegenbild der Herrschaftsübertragung vom Drachen an das Tier 13,2 b hebt er dagegen die Subordination nicht auf. Im Buch mit den sieben Siegeln - das Gott nach V. I in seiner rechten, Herrschaft verkörpernden Hand hält (s. RololT, OlTenbarung 73) - laufen verschiedene Traditionsstränge zusammen, vor allem diejenigen der im Anfechtungsfall (hier: im Fall der Anfechtungder in ihr verbrieften Herrschaft Gottes) zu ölTnenden Doppelurkunde und der Rolle von Ez 2,10 (vgl. Müller a.a.O. 1521T., für Weiteres Yarbro Collins, Combat Myth 212-216). Jüngst gibt Bergmeier, Buchrolle 226-230 dem Buch statt des vorgetragenen Herrschaftseinen Weissagungsakzent, aufgrund dessen er in ihm den nach I, I ,weissagenden' Inhalt der Apk vorgezeichnet sieht; um dies zu begründen, beurteilt er über die Distanz der Texte hinweg Apk 5 als .. Vorschaltung im Sinne von christlicher Deutung der ,Buchrollenvision'" Kap. 10, die nach dem Vorbild von Ez 1-3 ursprünglich mit Apk 4 zusammengehört habe (226 - Zitat dort teilw. hervorgehoben -,240; vgl. unten Anm. 77). 68 V. 8 geht vom Perfekt des V. 7 ins aoristische Erzähltempus über. Hier setzt sich sprachlich wieder der Bezug auf ein ablaufendes Geschehen durch (vgl. schon V. 7 a), der dem Apk-Autor von der Tradition der Vergabe eines besonderen Auftrags in der himmlischen Thrpnversammlung her vorgegeben ist. Der Apk-Autor nimmt diese Tradition in Kap.4( (anders als in 1,9--20: s.o. unter 2.3.1.1 a) auf, greift aber neben 5,7 noch an weiteren Stellen entscheidend ein: Er berichtet entgegen den Konstitutiva der Form keine Erhöhung des Lammes und Zulassung zum Thron. Beides ist als schon geschehen vorausgesetzt - die Formtradition wird von der Beauftragung und Inthronisation zur Vollmachtpräsentation umgeprägt (vgl. van Unnik, "Worthy is the Lamb" 447).
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handeln darauf zielt, daß die von ihm erkauften und zum Herrschaftsbereich Gottes, zu dessen Priestern gemachten Menschen aus allen, auch den heidnischen Nationen - unter denen sich die Adressaten der Apk wiederfinden können - selber (futurisch!) herrschen werden (5,10 b), deckt es in pointierter Weiterfuhrung von 1,6a das Anliegen der Apk, ihren Adressaten zur Vergewisserung ihres Heils dessen Zukunftsdimension aufzuweisen 69 . Ein von der Eröffnung der Apk über Kap. 4 in die Lammesvision reichender Sachduktus entsteht, der seine Abrundung im Lobpreis alles(!) Geschaffenen findet, der in seiner universalen Anerkennung des Thronenden und des Lammes die eschatologische HeilsfUlle antizipiert (5,13),°. Zugleich weisen die Kap. 4 und 5 auf den weiteren Fortgang der Apk voraus. Die Macht und Würde Gottes und des Lammes bestimmen das gesamte Endgeschehen, dessen Darstellung ab 6,1 aus einer Öffnung der sieben Siegel des in Kap. 5 eingefUhrten Buches durch das Lamm hervorgeht 71 und dessen Vollzüge als Erweise eben von dieser Macht und Würde zu verstehen sind: Die Siegelvisionsreihe (6, I~, I) bezieht die Macht Gottes und des Lammes grundsätzlich aufirdisches Geschehen. Dieses tangiert der eröffnende Komplex von den vier Reitern (6,1~)72 in den Bereichen von Krieg und Frieden, von Ernährungsmöglichkeiten und Hunger, von Ge69 Vgl. Schüßler Fiorenza, Redemption bes. 2291T., die freilich 231 nicht ganz textgemäß stärker auf den eschatologischen Vorbehalt als auf die Heilsvergewisserung als Anliegen des Apk-Autors anhebt. - Der enthusiastische Akzent wird noch deutlicher, wenn man 5,10 b die mi t A gu t bezeugte präsen tische Varian te ~aOL).,EuouOLv bevorzugt (wie Lohmeyer, OlTenbarung 57 und Holtz, Gott 262 Anm. 79). Dann stellte der Apk-Autor zu Beginn des Corpus heraus, daß die Christen durch die Heilstaten des Lammes bereits proleptisch den eigenen Herrschaftsvollzug erfahren können, dessen futurische Ausübung freilich innerer Zielpunkt der Darstellung der Apk bleibt (s. 22,5). 70 Der Abrundungscharakter wird besonders deutlich darin, daß 5,13 auf das MOliv der ewigen Herrschaftsmacht hinausläuft, das den Skopus bereits der Doxologie in 1,6 b darstellte. Zur Interpretation von 5,13f. vgl. Reichelt I 74f. undJörns 541T. 71 Dabei kann olTenbleiben, ob der Zusammenhang mit Apk 4-5 durch den ganzen Fortgang der Apk hindurch darstellerisch unmittelbar festgehalten wird (was Reichelt 220-244 herauszuarbeiten versucht). - Das Buch erhält in der Beziehung seiner Entsiege· lung auf das Inkraftsetzen des Endgeschehens durch das Lamm im übrigen eine Erweiterung seines Charakters über ein Herrschaftssymbol hinaus. Seine Beziehung auf die mythisch-apokalyptische Tradition eines Buches, das Zukunftsgeschehen verfügt, tritt in den Vordergrund (vgl. Yarbro Collins, Combat Myth 216). Desgleichen erhält das Motiv des Würdigseins des Lammes einen Nebenton: Markiert 6.!;LOC; im Hellenismus - und von dort ausstrahlend in hellenistischem Judentum, Gnosis und frühem Christentum - die persönliche Voraussetzung, um eine göttliche Gabe wie (geheime) OlTenbarungen anvertraut zu bekommen, so besitzt laut Apk Jesus diese Voraussetzung in ausgezeichneter und ausschließlicher (s. 5,5f.!) Weise (Näheres bei van Unnik a.a.O. 451-458ft). 72 Zu dessen Interpretation vgl. neben den Kommentaren H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 172-177.
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sundheit und Tod. Das muß zu Reaktionen der irdischen Wesen, der Menschen, fUhren, wie sie in Verbindung mit der Öffnung des fUnften und sechsten Siegels dargestellt werden. Die Reaktion der sich Gott zugehörig wissenden Menschen - denen sich die Apk-Adressaten zurechnen - bündelt sich angesichts deren irdischer Bedrängnis in die Frage der um des Wortes Gottes und des Zeugnisses willen Getöteten nach Gott im Stil der Klagepsalmen: Wie lange werde Gott in seinem Herrsein noch zögern, über das vergossene Blut zu richten? (6,9f.) Die Reaktion der Gottfernen aber, der Könige der Erde usw., besteht angesichts des Epiphanwerdens Gottes hinter dem Schwinden des ihn verdeckenden Himmelsgewölbes (6,14) darin, daß sie sich zu verbergen suchen, daß sie seine erfahrene Geschichtsmacht auf sich bezogen interpretieren: Gekommen sei der Tag des Zornes Gottes und des Lammes, und wer könne da bestehen? (6,1517) Ein argumentativer Höhepunkt ist erreicht, der der Klage von 6,10 antwortet wie schon die Verheißung von 6,11 73 , wie ferner Kap. 7. Der dortige Auftrag zur Versiegelung der Knechte Gottes, der sie dem Plagengeschehen entnimmt (7,1-8), wie der darauffolgende Heilsausblick (7,917) leiten nämlich ihr gegenüber die Aufmerksamkeit aufden universal (s. 7,9) anzuerkennenden Sachverhalt, daß die Rettung bei Gott und dem Lamm liegt, geschieht und zur Vollendung kommt 74 . Die Posaunenvisionsreihe (8,2-11,19) führt von da aus weiter. Sie zeigt, wie sich die weltbezogene Herrschaft Gottes und Jesu gegenüber den gott-, christus- und christenfeindlich~n Mächten und Personengruppen als gültig erweist, indem sie zu einem Vollzug von Plagen als Erweisplagen - noch nicht als Gerichtsplagen wie in der besprochenen dritten Plagenreihe (Kap. 16) - nach dem im einzelnen vielfach modifizierten Vorbild der ägyptischen Plagen fUhrt 75. Die ersten vier Plagen zeigen Gottes Macht über die die Menschen umgebende Natur (8,7-12). Die fUnfte und sechste treffen dann steigernd die Menschen selbst (9), sofern sie Gottes Siegel nicht auf ihrer Stirn tragen (s. 9,4 im Bezug auf 7,3). Eingeleitet mit "wehe", einer "Interjektion des Schmerzes, der Klage und 7J Zur Klag~-Einl~itung d~r Frag~ von 6,lOb vgl. Ps 79.5, f~rn~r Ps 6,4; 13,2 usw.; zur Interpretation vgl. n~b~n d~n Kommentaren Goppelt, Theologie 11 522, H. W. Günther a.a.O. 204f., Stuhlmann 154-163 und die Verweise o. in den Anm. 313f. zu 2.3. 74 Zur Interpretation vgl. neben den Kommentaren bes. Lambrecht, Structuration 95f. und Jörns 77 ff. Drapers Interpretation von der Tradition des Laubhüttenfestes her (passim) kann nicht überzeugen. 75 Der Erweischarakter der Posaunenvisionsplagen ergibt sich aus dem Verzicht auf jeden Gerichtshinweis in ihnen. Die Apk nimmt hier das Verständnis der ägyptischen Plagen in Ex 7,5; 9,16; 10,2 als Machterweis Gottes auf, der zu dess~n Erkenntnis führen soll, eine Traditionslinie, die wenig später eine geradezu magische Berufung auf Gottes Plagen macht ermöglicht (5. PGrM IV 3035ff.). Apk 16 nimmt dagegen eher die Deutungstradition vonJos 24,S als Strafplagen auf. Zu den alttestamentlichen Bezügen im einzelnen s. H. W. Günther a.a.O. I 77ff., 207.
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vor allem der Drohung"76 (s. 8,13; vgl. 9,12), könnten sie von den betroffenen Menschen als Bußrufe aufgefaßt werden. Doch diese nehmen den Erweis von Gottes Herrschaft nicht an, wenden sich nicht ab von ihrem verfehlten Tun (9,20f.). 10, 1-11,13 erscheinen auf diesem Argumentationsweg zunächst als ein Innehalten, eine Unterbrechung, obwohl sie in das zweite Wehe eingebunden werden (s. 11,14a). Kap. 10 muß, für sich genommen, als eine Rechenschaftsablegung des Apk-Autors über aus seinem Werk ausgeschlossene und darin aufgenommene Offenbarungserfahrungen gelten 77. Denn er weist ausdrücklich auf eine Donneraudition hin, deren Gehalte er nicht niederschreiben dürfe, sondern (entgegen 22,10) versiegeln müsse (10,3), während er anschließend durch das Essen eines kleinen Buches (vgl. Ez 2,8-3,3) zu neuem Weissagungshandeln gezwungen wird (10,81l)78. Vielleicht schon gegen Ende des Kap. 10, auf jeden Fall aber in Kap. 11 wird sodann der Rückgriff auf ein wahrscheinlich bereits schriftlich vorliegendes Traditionsstück spürbar 79 • Trotzdem bleibt das Gesamtstück durch seine Redaktion in den Kontext eingebunden. Denn auf die Donneraudition, deren besonderer Funktion im Werk an späterer Stelle nachzugehen ist 80 , läßt der Apk-Autor 1O,~7 den Schwur des starken Engels von 10, I f. folgen, der ausdrücklich auf das Ende der Posaunenreihe als Vollendung des Geheimnisses Gottes vorausweist 81 . Die daran anschließende Szene führt in ihrem Reden von den beiden Zeugen 82 sodann in die Zeit unmittelbar vor diesem Ende: Werden die Zeugen durch das widergöttliche Tier besiegt und getötet, worüber sich S. Balz, ouaL I 320ff. (Zitat 1320). Vgl. Bousset, Offenbarung 314f. nach 309 und nach ihm zuletzt Müller, Offenbarung 201. Bergmeier, Buchrolle bes. 23.'>-240 gibt dem Kap., es sachlich aus seinem Konnex in den Kap. 8,2-11, 19 lösend und stattdessen mit Kap. 4 (und I, I) verbindend, umfassende Bedeutung für die ganze Apk: Hier kristallisiere sich die Bt'rufung dt's Johannes zur endzeitlichen Weissagung (vgl. o. Anm. 67). Gegen seine Auffassung spricht, daß der ApkAutor nicht die Vision von Kap. 10, sondern die spezifische Beauftragungsvision von 1,920(;2-3) an den Anfang seines Werks stellt. 78 Offen bleiben kann hier, ob damit nur zu Kap. 11 übergeleitet wird oder ob der ganZ(' Fortgang der Apk einbezogen zu denken ist (vgl. dazu etwa Lambrecht a.a.O. 96). 79 Die Annahme, daß Kap. 11 ein Quellenstück zugrundeliegt, das in Kap. 10 zurückreichen kann, wurde auch bei zunehmender Zurückhaltung gegenüber literarkritischen Operationen an der Apk nicht aufgegeben (s. schon Bousset a.a.O. 324ff. und 315 und noch etwa Reader 24.'>-253). Zur schwierigen Interpretation von 11, I f. s. neuerdings Stuhlmann 206-213. 80 S. u. unter Abschnitt 2.4.3.4. 81 Zur Interpretation von 10,.'>-7 vgl. H. W. Günther a.a.O. 21.'>-226 und Müller a.a.o. 200,202. 82 Dessen Traditionshintergrund nicht sicher zu klären ist; wahrscheinlich liegt eine Anspielung auf das eschatologische Auftreten von Elia und Mose vor (s. schon Bousset a.a.O. 317 ff. und noch Reader 250ff.), aber auch Elia-Henoch-Tradition kann aufgenommen sein (vgl. ApkEI sah.34,7,4ff. und dazu Schrage, Elia-Apokalypse 205). 76
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die gottfernen Bewohner in abschließender Steigerung ihres verfehlten Tuns freuen (11,7-10)83, so wird dies zum Anlaß für einen endgültigen Machterweis Gottes. Er überwindet den Tod der Zeugen und läßt sie zum Himmel aufsteigen (11,11 f.), in einem gewaltigen Erdbeben wird er epiphan (11, 13)84. Darauferfolgt - pointiert entgegen 9,20f. - eine Wende im Verhalten der übriggebliebenen Menschen. Sie setzen ihr verfehltes Handeln nicht fort, sondern werden voll von Furcht-was dem Wortklang nach die Gottesfurcht als Kennzeichen der Zugehörigkeit zu Gott (vgl. 11,18; 19,5) assoziieren läßt - und geben Gott die Ehre, tun also das, was die Apk als heilsentsprechendes Tun von allen Bewohnern der Erde erwartet und erhofft (vgl. 14,6f.) und christlich in den Doxologien vollzieht (1,5 b--6 u. ö.). Damit aber ist die Basis für den Gipfel des ersten Corpusteils in einer Vision endgültigen Heils jenseits der düsteren Perspektive von 6,15 ff.; 9,20 f. gelegt. Daß die siebte Posaunenvision (11,1519) trotz ihrer Einführung als drittes Wehe ( 11,14 b) den Apk-Rezipienten eben kein Unheil zur Ansicht bringt, sondern ihnen gegenüber abschließend und umfassend die Herrschaft Gottes und seines Gesalbten artikuliert, erweist sich als gezielt vorbereitete Pointe8s . Der Blick kann unbeschwert zurückgehen auf die Eröffnung des Corpusteils in Kap. 4 - dortige Personen erscheinen (vgl. 11,16 mit 4,4), und dortige Motive werden aufgenommen (vgl. bes. 11,17 mit 4, 11). Der abschließende Hymnus kann - auf 4,9 zurücklenkend - als Dankgebet formuliert werden ( I I , I 7 f. ) 86. Freilich gilt diese Überwindung der Antithese von Gottesherrschaft und erlebter Bedrängnis zunächst nur im Blick auf die Zukunft - charakteristischerweise geht 11,15 am Ende ins Futur über. Die Frage nach der 83 Fügt sich schon das Reden in 11,7 vom Tier aus dem Abgrund ganz in die Terminologie der Apk (vgl. 9, I; 17,8 u. ö.), so sind die umfassende Bezeichnung der Menschen in der Liste von 11,9 und die negative Bezeichnung der Bewohner der Erde 11, I 0 sicher redaktionell (vgl. 5,9 und 8,13). Das dokumentiert das schriftstellerische Interesse des Apk-Autors an der Steigerung zu der nach 8,13 berichteten menschlichen Reaktion von 9,6.20f. 84 11,13 nimmt das Erdbeben als Machterweis Gottes (in seinem Zorn) aus Ez 38,19f. auf, läßt aber zugleich umfassender das Erdbeben als Begleiterscheinung der Epiphanie assoziieren, wofür es gemeinantik geläufig ist (s. alttestamentlich z. B. Ex 19,18; Weiteres bei Hermann, Erdbeben 1077, 1085f.). Die neue Untersuchung Giblins behandelt den Text nur bis V. 13 und legt deshalb einen besonderen Akzent aufdie himmlische Rechtfertigung des prophetischen Dienstes (Ergebnis 454). 8S Das gerät aus dem Blick. wenn der Akzent auf der Wendung der übriggebliebenen Menschen zu Gott in 11,13 unzureichend beachtet wird, wie das noch in neuesten Kommentaren der Fall ist (s. Kraft, Offenbarung 160, Prigent, L' Apocalypse 171 und Müller a.a.O. 216f.). Dann muß zwischen 11,13 und 11,15 ein Bruch erscheinen, müssen 11,14-18 als "Einschaltung" (Kraft a.a.O. 162) oder Vorblick aufden Apk-Fortgang (Müller a.a.O. 217) bzw. 10,1-11,14 als eingeschaltete Episoden ohne unmittelbaren Zusammenhang mit 11,15ff. (so Prigent a.a.O. 172, vgl. 149) betrachtet werden. 86 Zur Interpretation von 11.1S-18 "'gI. neben den Kommentaren bes.Jörns 90-108.
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Gegenwart des Bösen, das die christlichen Gemeinden bedrängt und die Gültigkeit der Herrschaft Gottes und seines Gesalbten in Frage stellt, bleibt - und wird im besprochenen zweiten Corpus teil zu beantworten gesucht. Der Apk-Autor bereitet den Übergang dorthin in 8,2-11, 19 vor, um die Rezipienten seines Werkes in der impliziten Kommunikation bruchlos weiterzuführen. Er läßt etwa das Tier kriegerisch schon 11,7 ein erstes Mal auftreten und setzt ab 11,2 das Motiv der dreieinhalb Zeiten 8 ? in seinen Variationen ein, das in Kap. 12 eine zentrale Rolle spielt. Gegen Ende des Kap. 11 verdichtet er das Beziehungsfeld. Er lenkt in 11,18 cd den Blick vom antizipatorischen Heilserleben der VV.15ff. zurück und weiter auf den Fortgang dazu, daß Gott die Verderber der Erde verdirbt88 • Motivlich ganz eng verknüpft er schließlich den Übergang von 11,19 zu 12,1 ff.: Wie 11,19 im Himmel die Bundeslade erscheint, so 12,3 der Drache.
Der zweite Corpus teil formuliert in Kap. 12 unter Rückgriffaufmythische Erzählungen eine Begründung für die Realität des Bösen 89 und räumt dabei von vornherein alle Zweifel an der Überlegenheit Gottes und seines Gesalbten in ihrer Rettungsmacht über alles Böse und dessen Urheber aus. Der Fortgang bis 19,10 muß diese Überlegenheit nur mehr entfalten. Dem dient die Konkretisierung der Gegnerschaft - auf BabyIon, auf Rom hin - und vor allem die Bestimmung des Herrschaftsvollzugs als Gerichtshandeln gegen sie. Der vermutete rhetorische Zusammenhang der beiden ersten Corpusteile bestätigt sich: Sie leisten den positiven und negativen Erweisgang für die These der Apk von der umfassenden und gültigen Herrschaft Gottes und J esu, die ihr Ziel im - zukünftigen Mitherrschen der Christen findet. Der Apk-Autor läßt in ihnen aufEröffnung und Eingangsteil seines Werkes die in der antiken Rhetorik geläufige doppelte Argumentation einer zunächst entfaltenden, sodann den Zentraleinwand widerlegenden Glaubwürdigmachung der Werkthese folgen 90 . Das heilvolle Ziel der Argumentation entfaltet freilich erst der rhetorisch die Linien bündelnde Corpusschlußteil. Im Anschluß an den zweiten Corpus teil mit dem Auftreten der antigöttlichen Widersacher geht es ihm zunächst um deren endgültige Eliminierung (19,11-20,15). Hatten sie sich zum Kampfe am großen Tag Gottes aufgemacht, zum Kampf gegen das Lamm (s.16,14; 17,14), so werden sie nach 19,11-21 in diesem Kampf 87 Zur Herkunft und Bedeutung des Motivs s. bes. Thiering passim und H. W. Günther a.a.O. 239-262. 88 Vgl. Lambrecht, Structuration 102. 89 Um dessen Erklärung die mythische Tradition von der himmlischen Rebellion kreist (s. YarbroCollins,Combat Myth 141). 90 Vgl. o. am Ende von 2.3.5.
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von J esus als dem im offenen Himmel, also theophan, erscheinenden Logos Gottes, dem König der Könige und Herrn der Herren, der in Gerechtigkeit richtet und Krieg fUhrt, vernichtend geschlagen. Der Apk-Autor hebt die sichere Gegebenheit der übermächtigen Herrschaft und Gewalt Jesu noch dadurch hervor, daß er bereits vor der - dann in den vv. 19-21 nur noch mit knappsten Strichen dargebotenen - Kampfschilderung von einem Engel die Vögel, die im Zenit fliegen, zur Leichenmahlzeit rufen läßt (VV. 17 f.). Unter gezielter Aufnahme alttestamentlicher Gerichtstradition - die angespielte Stelle Ez 39,17-20 zeigt nach V. 21 Jahwes Strafgericht -läßt er den Adressaten seines Werkes in diesem Ruf das Gegenbild zum Hochzeitsmahl des Lammes von 19,9 vor Augen treten 91 .
Als Gerichtsakt fUhrt dieser Kampf dazu, daß die Heere aus den Anhängern des Tieres getötet, das Tier aber und der Pseudoprophet, der sie durch seine Zeichen verfUhrte, in den als bekannte Größe eingefUhrten Feuersee geworfen werden, der in Schwefel brennt (19,21.20)92. Aufdie Vernichtung der durch den Drachen mit Macht ausgestatteten \Vesen (s. Kap. 13) folgt die Überwältigung des Drachen selbst, des als Satan und Diabolos zentralen Gegenspielers Gottes, die den Kreis zu Kap. 12 zurückschließt. Er wird von der Erde verbannt, auf der er seine Wut nach seinem Sturz vom Himmel zunächst noch hatte äußern können (s. bes. 12,12.17). Für tausend Jahre wird er in den Abgrund - nach dem mythologischen Weltbild den Bereich unter der Erde - gestürzt (20,1-3), nach einer kurzen neuen Wirksamkeit, in der er nochmals zum eschatologischen Kampfansetzt (20, 7ff.), wie das Tier und der Pseudoprophet inden Feuersee, der außerhalb aller Bereiche der Welt liegt und deshalb auch neben dem neuen Himmel und der neuen Erde weiterbestehen kann (s. 21,8), geworfen. Unter intensiver Benutzung mythologischer Vorstellungen bringt der Apk-Autor damit seinen Adressaten gegenüber zum Ausdruck, daß nach der Gerichtsdurchsetzung Gottes der Satan auch nicht die geringste Zugriffsmöglichkeit auf die - alte oder neue - Welt mehr hat,
91 Zur Interpretation von 19,11-21 vgl. neben den Kommentaren bes. Holtz, Christologie 166--181 und Kretschmar, Offenbarung 54-58. Die Redaktion der alttestamentlichen Tradition in 19,17 f. verzichtet übrigens auf alle Opfermotive von Ez 39,17-20 (die Yarbro Collins a.a.O. 225 stark hervorhebt), so daß die Vernichtung der Feinde nicht mehr als sakraler Akt erscheint. 92 Zur vermuteten iranischen Herkunft der Vorstellung s. Bousset, Offenbarung 433f., zur jüdischen Tradition Strack/Billerbeck 111 823. Schon Reader 197 bemerkte hier die Adressatenorientierung der Apk. Er zog daraus, daß vom Feuersee neutestamentlich nur in ihr die Rede ist, sie ihn aber 19,20 mit dem bestimmten Artikel als (ihren Adressaten) bekannte Größe einführt, den ansprechenden, wenn auch bislang nicht textextern verifizierbaren Schluß, der Ausdruck könne "eine örtliche (sei. kleinasiatische) Bezeichnung für den palästinischen Ausdruck t'I YEEVVa [toü] 1tuQ6~ gewesen sein".
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in der die Gott undJesus Zugehörigen leben 93 . Der Heilsfülle stehen nur noch die Größen im Wege, die hellenistisch als schlechthin existenzbedrängend empfunden wurden (vgl. in der Apk bes. 6,8; 18,8): Thanatos und Hades. Aber auch sie, die in der VerfügungJesu Christi ohnehin jede eigene göttliche Würde und Macht verloren haben (s. 1,18), werden dem Feuersee jenseits der Welt überantwortet. Jede an sie gebundene Weltund Lebensangst kann sich im Blick auf Gottes heilvolles Tun verlieren. Auf der heilvollen Vernichtung der Todesmächte liegt in Gerichtskontinuität zu 19,11-20,10 der Akzent von 20,11-15, so gewiß dieser Abschnitt zugleich die Tradition des allgemeinen Gerichts über die Toten aufnimmt und entfaltet 94 : Dieses Gericht ist gezielt ein Gericht eben über die Toten, die dem Zugriff der Todesmächte Ausgesetzten (s. 20,12), und nur Thanatos und Hades werden in seinem Zusammenhang expressis verbis in den Feuersee geworfen (20,14); bei allen Menschen bleibt das offen (20,15).
Den Heilsakzent im Gericht unterstreicht die in 20,4--6 eingefügte Vision vom rehabilitierenden, heilvollen Urteilsspruch Gottes 9S über die, die um des ZeugnissesJesu und des Wortes Gottes willen getötet wurden, die sich dem Tier nicht anschlossen: Sie kommen zum Leben und zur Herrschaft mit dem Christus für tausend Jahre (V. 4 Ende)96. Eine markante Linie des eschatologischen Denkens des Apk-Autors wird sichtbar, denn die Millenniumsvorstellung ist in der vorliegenden Form, so gewiß sie verschiedene jüdisch-prophetische (vgl. bes. Ez 37) und j üdisch-apokalyptische (vgl. bes. 4Esr 7,26-33) Traditionen aufnimmt und verbindet, der Apk eigentümlich 97 und daher der theologischen Aussageabsicht 93 Zur Interpretation von 20,1-3.7-10 vgl. neben den Kommentaren bes. H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 228f. mit Anm. 180 S. 229f. 94 Dazu s. neben den Kommentaren Holtz a.a.O. 183 fT.; wenig ertragreich ist der neue Beitrag Glassons in NTS 28 (1982).528-539. 95 In dieser Weise ist XQlJ.l.Q an unserer Stelle zu verstehen, wie Schüßler Fiorenza, Priester 303f. (unter Heranziehung von 17,1; 18,20) nachweisen konnte. Ein Verständnis des Ausdrucks als "richterliche Gewalt", wie sie etwa HuB 151 f. (Zitat 151) vorträgt. vermag dagegen nach dessen eigenem Eingeständnis die in der Folge sich stellende "Frage nach Richtern [ ... ] überhaupt nicht [ ... ] und die Frage nach dem Inhalt des Rechtsprechens nur bedingt - bei diesem ,Gericht' gibt es die Möglichkeit der Verurteilung nichtsinnvoll zu beantworten." (152) 96 Das Herrschaftsmotiv wird dabei schon in V. 4a vorbereitet, sofern - was Schüßler Fiorenza a.a.O. 304f. wahrscheinlich zu machen vermag - dort mit den Thronen gemäß dem sonstigen Sprachgebrauch der Apk nicht Gerichts-, sondern Herrscherthrone gemeint sind und auf ihnen "diejenigen Platz (nehmen), denen von Gott ihr Recht zugesprochen worden ist." (304) Die grammatisch schwierige Konstruktion des V. 4a-b ist dann dahingehend zu deuten, daß 4a "gleichsam die Überschrift zu der Vision und dem Makarismus von Apk 20,4-6 (wäre), die knapp und andeutungsweise zusammenfaßt, was jene breiter ausfUhren." (305) Neueste Lit. zum Passus (Aufsätze von Prigent 1977; Rochais 1981) nennt Gourgues 676 Anm. I, der das lOOO-jährige Herrschen selbst 67!f-681 einseitig himmlisch deutet. 97 Der Traditionsaufnahme und -verbindung und dem eigentümlichen Ort der Apk
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ihres Autors zuzuschreiben. Dieser bringt den Rezipienten seines Werkes gegenüber darin die Erwartung einer lang dauernden und umfassend gedachten, wenn auch begrenzten 98 , eschatologischen Zwischenherrschaft einer besonderen Personengruppe zum Ausdruck. Das dahinterstehende Anliegen wird deutlich, sobald der Zusammenhang zum besprochenen Text von 6,9-11 beach~~t wird. Denn rehabilitiert, mit Leben und Herrschaft ausgezeichnet, werden zunächst die um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Oesu) willen Ermordeten, die laut 6,10 um ihr Recht, um das Urteil Gottes über ihr vergossenes Blut, schreien; die Ruheverheißung ftir sie von 6,11 wird gesteigert 99 • Freilich beschränkt sich der ApkAutor nicht darauf. Er vermeidet die soteriologische Problematik einer Bindung der Rechtsgabe Gottes an (Martyriums-)Leistungen, indem er die Vision über die Ermordeten hinaus auf alle ausweitet, die sich der antigöttlichen Größe des Tieres nicht anschlossen. Damit ermöglicht er es allen christlichen Rezipienten seines Werkes, die visionäre Zusage der Seligpreisung von 20,6 auf sich zu beziehen, daraus die paränetische Kraft zu schöpfen, die auch unter Pressionen zum Festhalten am Wort und Zeugnis Jesu befähigt 100. Die millennarische Lebens-, Herrschaftsund Priesterschaftsverheißung, die die eschatologische Heilsdurchsetzung Gottes ftir die ihm sich zugehörig wissenden und verhaltenden Menschen auffällig vor die Konstitution des neuen Himmels und der neuen Erde vorzieht, ist in einen paränetisch-Ieserftihrenden Duktus eingebunden, der in seiner Motivik 1,6a beginnt und in 22,3-5 zum Höheund Zielpunkt kommt. Die Endkampf- und Gerichtsschau von 19,1120,15 drängt weiter zur Heilsschau von 21,1-22,5. Dort 101 verbindet der Apk-Autor verschiedenartiges, ihm teilweise gegenüber den aufgenommenen Traditionen kann hier nicht im einzelnen nachgegangen werden; dazu s. neben den Kommentaren bes. Huß 153ff. und Schüßler Fiorenza a.a.O. 315-325. 98 So gewiß die tausendjahre von Apk 20,4 aufgrund ihrer Traditionsbezogenheit nicht als präzist' fixierter quantitativer Zeitraum im Literalsinn verstanden werden dürfen, darf ihrt' Zahl gegen Schüßler Fiorenza a.a.O. 323 umgekehrt nicht grundsätzlich ihres "quantitativ-temporalen Charakters entkleidet" und als rein qualitativ-theologische Angabe zur "Charakterisierung der Messiaszeit verstanden werden" (vgl. auch a.a.O. 331). 99 Vgl. allg. Schüßler Fiorenza a.a.O. 307 ff. bei im einzelnen anderer Interpretation von Apk 6,11. 100 Auf diese Weise einer (paränetisch-)rezeptionsorientierten Erweiterung der vom rehabilitierenden Uneilsspruch Gottes betroffenen Menschen über die Märtyrer auf alle treuen Christen hin ist m. E. der Forschungsdissens zu lösen, ob es sich bei den 20,4 gemeinten Menschen nur um Märtyrer handle - was ihre erste Beschreibung als Enthauptete nahelegt - (so etwa Bousset, Offenbarung 437 f.; ähnlich noch Huß 152, 155) oder um die Gesamtheit der Christen, was ihre zweite Beschreibung als dem Tiere Widerstehende nahelegt, die über Apk 13,15 f. hinaus Dan 7,22 assoziieren läßt (s. Schüßler Fiorenza a.a.O. 306; vgl. sachlich etwa Goppeh, Theologie 11 525). 101 Zur Interpretation von 21,1-22,5 vgl. neben den Kommentaren bes. Reader passim;
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vielleicht sogar schriftlich vorliegendes Traditionsgut um den neuen Himmel und die neue Erde (bes. 21,1), die himmlische Stadt und das endzeitlicheJerusalem (bes. 21,9-27) sowie um das Paradies (bes. 22,1 f.)102, um ein umfassendes Bild des eschatologischen Heils entstehen zu lassen. Dessen Akzente liegen auf der Gegenwart Gottes unter den Menschen, die ihnen die volle, intensive Heilsgemeinschaft mit ihm ermöglicht (bes. 21,3) 103, und seiner, des Allherrschers, umfassenden Herrschaft zusammen mit dem Lamm, die auch darin ihre Bestätigung und Anerkennung findet, daß die Könige der Erde ihre Ö6;Q, ihren Macht- und Prachtglanz, in seine heilige Stadt einbringen (21,24) 104. Diese uneingeschränkte, heilvolle Gegenwart des Herrschers führt zu einer - futurisch geschilderten - heilvollen Füllung des Status der ihm wie dem Lamm als Sieger (21,7) oder Knechte (22,3) Zugehörigen, mit denen sich die in der Apk angeschriebenen Christen identifizieren können 105. 21,7 wird ihnen in "radikale(r) Demokratisierung der Nathanweissagung von 2 Sam 7,14" verheißen, "zum Erben und Repräsentanten der eschatologischen Herrschaft Gottes" zu werden 106 . Und nach 22,3-5 werden sie - ohne eine besondere Kultstätte besuchen zu müssen (vgl. dagegen Ps 11,7 u.ö.)!bei dem von ihnen zu vollziehenden sakralen Dienen (AQtQEUELV) Gott und dem Lamm 107 nahe sein, ihr Angesicht sehen wie kultisch in der Schüßler Fiorenza a.a.O. 345-389; Prigent, Le temps 232-238 und Georgi, Visionen passim. Mit den Problemen eschatologischer Kosmologie in unserem Abschnitt (und der Apk überhaupt) ringt Vögtle, Dann sah ich einen neuen Himmel passim. 102 Zur Diskussion um die traditionsgeschichtlichen und die literarkritischen Fragen s. bes. Huß 156, 162-169, Reader 40-67, 150fT. u.ö., Wilcox (der auch Vergleichstexte aus Qumran zuzieht) und Bergmeier, Jerusalem (der für 21.9-22,2 eine jüdische Quellengrundlage sucht) passim. 103 Dazu s. neben den Kommentaren bes. Reader 15&-162 und Georgi a.a.O. 356 (das Zelt Gottes läßt zentrale Heilsmotivik um Stiftshütte und Gottespräsenz bei den Menschen assoziieren) . 104 Dazu vgl. neben den Kommentaren bes. Reader 129f. 105 21,7 führt die Überwindersprüche der Sendschreiben fort, und auf die bevorzugte Bezeichnung der Christen als "Knechte" in der Apk war schon mehrfach einzugehen (zu 22,3 s. etwa Satake, Gemeindeordnung 88). 106 S. Georgi a.a.O. 360f. (erstes Zitat) und Schüßler Fiorenza a.a.O. 361 (zweites Zitat). Die Fassung von 21,7 als (fast singuläre) Gottesrede entspricht seiner theologischen Bedeutung: Die Adoptionszusage von 2 Sam 7,14 (vgl. Ps 2,7) ist hier nicht messianisch gedeutet, nicht - wie Hebr 1,5 - auf Christus in seiner alles, auch die Engel überragenden Würde beschränkt, sondern auf jeden Überwinder - wozu jeder Christ werden kann ausgeweitet. Jeder von ihnen kann demnach Teilhaber, Inhaber der höchsten Würde der traditionellen Heilsvorstellungen werden. Noch nicht einmal die traditionsgeschichtlich nächste Stelle, 2Kor 6,18, zeigt solche Individualisierung (sie bleibt bei der Anrede im Plural). - Wie redaktionell gezielt der Apk-Autor 21,7 setzt, bestätigt die Ersetzung des Vatermotivs der Natanverheißung durch 6E6; gemäß seiner Theologie, die Gott als dm Vater nur Jesu verstehen kann (s. 1,6; 2,28; 3,5.21; 14, I) (vgl. Reader 187 f.). 107 Autoü 22,3 ist mit Satake a.a.O. 88 in dieser Weise doppelt zu beziehen (vgl. den Sprachgebrauch in I, I ; 6, I 7).
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Tradition allenfalls der (Hohe-)Priester, werden sie in Ausweitung eines traditionell diesem vorbehaltenen Rechts Gottes und des Lammes Namen tragen, werden sie schließlich herrschen wie Gott und sein Gesalbter selbst (vgl. 11,15) in alle Ewigkeit 108 . Damit schließt die Beweisführung der Apk, ist doch das Ziel erreicht, aef das der Apk-Autor die Rezipienten seines Werkes in dessen Eingangsteil hinlenkte, nämlich die nun durch den Aufweis der umfassenden Macht und Herrschaft Gottes und seines Gesalbten verbürgte Verheißung künftiger voller Heilsgemeinschaft und Herrschaftsausübung an die überwindenden, in der gegenwärtigen Antinomie von -6Ai"'L~ und ßumAELU siegenden Christen (vgl. bes. 3,21 nach 1,9). Nach der Eliminierung der feindlichen Mächte von Drachen, Tier und Pseudopropheten sowie der Leben zerstörenden Größen von Thanatos und Hades läßt sich der im Corpus seit 5,10 anvisierte Herrschaftsund Heilsraum zeitlich wie sachlich uneingeschränkt entfalten 109. Vom Ziel her läßt sich die Leserführung im ganzen Corpus zusammenfassen, erhält sie ihre innere Stringenz: Der Leserführung im Corpus der Apk geht es nach den vorgetragenen Untersuchungen insgesamt um den Erweis der Gültigkeit und Sicherheit der Herrschaft Gottes und] esu als seines Gesalbten, des Lammes, die den ihnen Zugehörigen Heil gewährt und gewährleistet. Die Frage, die die ins Auge gefaßten Adressaten bewegt, nämlich wie das von ihnen erlebte Zugleich von Bedrängnis und Gottesherrschaft zu erklären und zu bewältigen sei, wird aufgenommen und die Antwort darauf, zu der die Apk als Werkthese in ihrer Prothesis gelangte, entfaltet: Christen müssen und dürfen sich auch durch eine unheilvolle Lebenswirklichkeit nicht in ihrer Heilsgewißheit irritieren lassen. Denn Gott, zu dessen Herrschaftsbereich sie durch die Heilstaten ]esu gehören, ist - so stellt es ihnen der erste Corpus teil (4,1-11,19) vor Augen - ganz gewiß der Herr und erweist sich als solcher in seinem weltbezogenen (Plagen-)Handeln gegenüber allenihm zugehörigen wie ihm sich vorläufig widersetzenden - Menschen. Er wird ihnen gegenüber theophan, so daß diejenigen, die seine Machterwei108 Vgl. zur Interpretation bes. Hohz, Christologi~ 201-206, Reader 164-169 und Schüßler Fiorenza a.a.O. 375-389, 368f. Letzt~re tendiert freilich zu einer zu intensiven Interpretation der sakral-priesterlichen Bezüge von 22,3f. auf eine Identifikation der Knechte als Hohepriester hin (z. B. 386). 109 Von da aus läßt sich weiterfragen, wie sich der Apk-Autor die eschatologische Priesterschaft und Herrschaft genau vorstellt. Einiges spricht dafür, die Zusage des Herrschens wie z. B. Holtz a.a.O. 206 und Reader 168 in erster Linie als Erhöhungsprädikat aufzufassen - sind doch Beherrschte in der Heilsvision der Apk nicht mehr wahrnehmbarund den eschatologischen Priesterdienst als "weder durch den Mitller- noch durch den Opfergedanken bestimmt", sondern "durch den Gedanken des ,Sich-Gotl-Nahen-Dürfens'" geprägt zu sehen (Schüßler Fiorenza a.a.O. 420), erfährt er in der Apk doch keine gegenüber Herrschafts- und Gemeinschaftsgedanken unabhängige Entfaltung. 110 Vgl. Schüßler Fiorenza, Composition 361.
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se überleben, ihm schließlich umfassend die Ehre geben müssen (11,13 vor 11,15 ff.). Das Böse, die Bedrängnis, die die Christen erleben, kann darauf hebt der zweite Corpusteil (12,1-19,10) ab - seine Herrschaft nicht beeinträchtigen, entpuppt es sich doch nur als Akt des Grimms, der Wut seines Gegenspielers, der im Himmelskampfbereits unterlag und im himmlischen Gerichtshof keine Chance mehr als Ankläger hat, so daß er seine Wirksamkeit auf die Erde und das Meer beschränken muß (Kap. 12). Aber auch hier setzt sich Gottes und seines Gesalbten Heilsherrschaft durch, indem sie sich richtend gegen Drachen, Tier und Pseudopropheten sowie die ihnen Verfallenen wendet. Schon jetzt können die christlichen Gemeinden mit ihren tragenden Gestalten proleptisch zum Frohlocken darüber und zum Lobpreis Gottes aufgefordert werden (18,20; 19,5). Der eingangs zu nennende Streit zwischen rekapitulatorischer und kontinuierlicher Auslegung des Apk-Corpus ist also differenziert zugunsten ersterer Auffassung zu entscheiden: Dem Apk-Autor geht es im Fortgang seiner Visionen nicht um eine Darstellung der Endzeitereignisse in ihrer zeitlich-kontinuierlichen Abfolge, sondern um ihre Ordnung in eine Sachargumentation, deren erster und zweiter Teil- konkret in der zweiten und dritten Plagenreihe - deutlich aufeinander bezogen bleiben. Bezüge und Wiederholungen unterstreichen den Zusammenhang der Argumentation, Differenzen zwischen den Plagenreihen deren Fortgang.
Der Schlußteil des Corpus (19,11-22,5) bündelt die Argumentation im Negativen wie Positiven: Gottes und seines Gesalbten Herrschaft erweist sich abschließend in der Eliminierung der gott- und menschenfeindlichen Größen, der die Erhöhung derjenigen korrespondiert, die ihnen nicht verfielen (19,11-20,15). Der Status der Christen als Priester für Gott und Gottes Herrschaftsbereich (s. 1,6a) erfüllt sich für sie als Sieger des eschatologischen Kampfes in adoptianischer Königseinsetzung (21,7), in priesterlich gottnahem Dienst und eigener Herrschaftsausübung (22,35). Die Gegenwart des Heils in ihrer gegenwärtigen Existenz erfährt ihre Bekräftigung in einer solchen Zukunft, die auch nicht aufdasjenseits der neuen Schöpfung mit dem heiligenJerusalem und ihren Paradiesesmotiven beschränkt ist, sondern in diese Welt herein ragt. Denn in der Konsequenz einer Argumentation, der es auf den Erweis der Herrschaft Gottes gegenüber der vorfindlichen Welt mit ihrer vorfindlichen, von den Werkadressat$\' erfahrenen Lebenswirklichkeit ankommt, bezieht der ApkAutor die Verleihung von Gottes Herrschaftsgaben an die ihm Zugehörigen auf diese Welt zurück, entwickelt er in 20,4--6 die Vorstellung einerbegrenzten - innerzeitlichen, noch aufdie alte Welt bezogenen Herrschaft jener, sofern sie aufgrund ihrer Leiden das Recht auf eine Rehabilitation in Gottes Richterspruch haben.
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2.4.2.2 Die Linie der LeStrführung im Werkschluß Fast nahtlos fUhrt
22,~9
vom Corpus zum Schluß der Apk hinüber.
Wie in 19,9 b-1O wird die Gültigkeit der - in der Apk - vorliegenden Worte eingeschärft, und wie dort setzt Johannes daraufhin dazu an, den Offenbarungsengel zu verehren, was dieser verhindert. 19,9 b-I 0 war aber als Schluß noch zum zweiten Corpus teil zu ziehen, so daß eine analoge Zuordnung von 22,6-9 zum dritten Corpusteil naheliegt 110. Jedoch weist ein gewichtiges Indiz über eine solche Abschlußfunktion rur einen einzelnen Werkteil hinaus auf eine solche rur das Gesamtwerk: 22,6-9 bezieht sich nicht nur auf 19,9 b-I 0, sondern auch auf das Incipit 1,1-3 zurück. V.6 nennt analog. zu I, I die Herkunft der in der Apk niedergelegten Prophetie von Gott, ihre Ubermittlung durch einen Offen barungsengel und ihr Ziel, den Knechten Gottes zu zeigen, was eilends geschehen muß, und V. 7 nimmt den Makarismus von 1,3 auf1 11 • So integriert 22,6-9 die Funktion eines Abschlusses rur den dritten Corpusteil und die eines Übergangs zum Schluß des Gesamtwerks 112 •
Der Werkschluß vereint verschiedene Aufgaben in sich. Zum einen bringt er die schriftstellerische Konzeption des Apk-Autors abrundend zum Ausdruck, der in ihm die Vermittlung einer vollgültigen Offenbarung Jesu an die Adressaten betont (22,16), sich als Johannes dagegen eine nur bescheidene, wenn auch kommunikativ wichtige Rolle zuschreibt. Er fungiert demnach - so 22,8(-9) in Ergänzung der Schreibaufgabe von 1,11.19 - als exemplarischer Offenbarungsempfänger, der den Rezipienten in seinem Hören, Sehen und Reagieren als Identifikationsgestalt dienen kann 113 . Zum anderen gibt der Abschnitt wichtige Hinweise zur Rezeption des Werkes, fUr die dessen Schluß der sachgemäße Ort ist: 111 Darauf wies vor allem Lambrecht, Structuration 78f. hin. 22,7 verzichtet übrigens durchdacht auf die nur am Werkanfang sinnvolle Seligpreisung des Vorlesers und der Hörer. 1\2 Die Nahtlosigkeit des Übergangs bemerkt auch Hartman, Form l44ff., der dann freilich in 22,6-21 aus seinem besonderen struktural-textlinguistischen Bemühen heraus verschiedene Textebenen sucht, die jeweils Teiltexte der Gesamt-Apk zum Abschluß bräch ten (Ergebnis 149). 1 \3 Zur schriftstellerisch-hermeneutischen Konzeption s. schon o. unter 1.2.2.2 b) und 2.4.1. Die 22,8 explizierte Funktion desJohannes als exemplarischer Offenbarungsempfänger hat rur die Gestaltung der Apk größtes Gewicht. Denn ihr gemäß besteht die große Mehrzahl der Übergänge in der Apk aus den wenigen Formeln Kai. Elbov 1,12 usw., J.lE'to '[ai,.ra Elbov 4,1 uSW., I!E'tO '[0\1'[0 Elbov 7,1, Kai. ~Kouoa 6,3 usw., J.lE'tO ta\lTa ~Kouoa 19, I, Kai. Elbov Kai. ~Kouoa 5,11. Aber auch in den anders gestalteten Überleitungen vertritt Johannes die erwarteten Reaktionen der Empfänger: Deren von ihm angenommene Bt"troffenheit bringt er zum Ausdruck, wenn er angesichts dessen weint, daß niemand die Würde besitzt, das Buch von Kap. 5 zu öffnen (5,4); ihr Erstaunen angesichts einer Vision vertritt er 17,6 und ihre Unfähigkeit zu einer eigenen zutreffenden Deutung einer Vision 7,13 f. Sein Ortswechsel in 4, I f.; 17,1.3; 21 ,9f. erleichtert ihnen die Wahrnehmung eines neuen Bildes. 19,10; 22,8 kulminieren die Identifikationsvorgaben in der Abwehr einer Engelverehrung (vgl. o. unter 2.3.2.2c).
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Es sei in seinem - prophetischen - Gehalt auch gegenüber alternativen Möglichkeiten festzuhalten (VV. 6 b. 7 b), in Anbetracht der Nähe des Kairos nicht zu versiegeln (V. 10), schließlich nach der scharfen Formulierung der Vv. 18f. in seinem Bestand nicht zu tangieren. Es liegt nahe, in diesen Rezeptionshinweisen unmittelbare Bezüge auf die implizite Kommunikationssituation der Apk zu sehen, zumal sich das Anliegen von 22,7 schon in dem in seiner Adressatenorientierung besprochenen 114 Makarismus von 1,3 findet. Auf sie wird daher im nächsten Abschnitt vorliegender Arbeit zurückzukommen sein.
Zum dritten entfaltet der Abschnitt den eigentümlichen Schlußgedanken der Apk, der um das KommenJesu kreist. Hier liegt sein rezipientenorientierter Schwerpunkt. Denn gerade die Kommensansagen Jesu in den Vv. 7 und 12 und nur sie werden mit dem leserftihrenden tÖou eingeleitet, und gerade die Kommensrufe der VV.17 .20 ziehen die Werkrezipienten in eine aktive Rolle der Kommunikation. Von V. 7 bis V. 20 entsteht ein Bogen inneren Konnexes, der die im Text verstreuten, schlecht verbundenen Blöcke der Aussagen zum literarischen Charakter der Apk und zu ihrer Rezeption überspannt und integriert tls . Sein erster Schritt besteht in einer Rückführung des Blickes von der Vision der Vollendung in 21,1-22,5 auf eine Situation, in der Jesus erst noch kommen muß - wenn auch eilends (22,7 a) -, in der der Kairos zwar nahe (22, IOc), aber das eschatologisch-neuschöpferische 'YEyovav von 21,6 116 noch nicht erfüllt ist. Aus der Welt im Text heraus erfolgt der Überschritt in die Erlebenswelt des Apk-Autors und seiner Adressaten, in der es unrecht Handelnde und Befleckte neben den Gerechten und Heiligen gibt, als die sie sich selbst verstehen können. Hier kommtJesus zunächst zum Gericht, in dem er einem jeden gemäß seinem Gesamtverhalten den Lohn gibt (22,11 f.). Aus dem Nebeneinander Gerechter, Heiliger und Unrechttuender sieht der Apk-Autor keinen Ausweg, sollen doch laut V. 11 erstere wie letztere einfach in ihrem Handeln fortfahren. Die Corpuslinie, daß Menschen trotz aller Machtund Gerichtserweise Gottes nicht von ihrem verfehlten Tun ablassen (s. 9,20f.; 16,9.10.21), findet darin ihren geradezu fatalistischen Abschluß. Immerhin steht diese Auffassung frühchristlich nicht allein, wie Herrn vis I I 3,3 f. zeigt: Selig seien alle, die die Gerechtigkeit täten, Maximus aber - hier wird sogar ein konkreter Name genannt - solle, wenn ihm dies gut erscheine, in der kommenden Bedrängnis von neuem verleugnen. Es liegt also urchristliche Lebenserfahrung vor, zu Vgl. o. unter 2.1.2.3. Daher literarkritische Operationen erübrigt, zu denen der Text immer wieder herausforderte: s. z. B. Charles, Revdation bes. 11 154 und nach ihm Gaechter, Original Sequence bes. 507-516, in jüngster Zeit etwa Prigent, L'Apocalypse 357, 372 und - auf Einzdzuweisungen verzichtend - Kraft, Offenbarung 276. 116 Zu dessen Interpretation bes. Reader 178--182. 114
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deren Deutung der Apk-Autor (wie Herrn) auf die "prophetische Verstockungstheorie" zurückgreift, "nach der die Bußpredigt nur den Erwählten zur Bekehrung gereicht, während die Verworfenen durch sie zur Verstockung getrieben werden." Den Gerichtsgedanken als Antwort auf dieses dualistische Tun bringt er aus urchristlicher Paränesetradition ein (vgl. I Clem 34,3 zu Apk 22,12) 1 17.
Wird J esus in seiner Richterfunktion Gott identisch - nach Apk 20,1115 ist das Gericht ja ureigene Aufgabe Gottes -, so sind auf ihn zugleich die \Vürde- und Machtprädikationen als das Alpha und das Omega, als der Anfang und das Ende übertragbar, mit denen Gott sich 1,8 als der Herr und 21,6 als der Thronende vorstellt. J esus erscheint ohne jedes subordinatianische Moment als Erster und Letzter, als die ganze Zeit überdeckende Gottheit, an der niemand vorübergehen kann (22,13). Es entspricht ganz der kommunikativen Abfassung der Apk, daß die an dieser Stelle aufJesus übertragenen Gottesprädikate über den alttestamentlichen Hintergrund des Autors hinausweisen auf nichtjüdisch-griechische und in die Gnosis weiterreichende Vorstellungen. So führt das Reden von Alpha und Omega - wie bei 1,8 zu zeigen war - in die synkretistische Buchstabenspekulation, ist "Anfang und Ende" eine gerade griechisch verbreitete und erst von dort ins (hellenistische) Judentum übernommene Gottesbezeichnung 11S , läßt sich schließlich "der Erste und der Letzte" nicht nur zuJes 44,6; 48,12 c:m zurückverfolgen 119, sondern erscheint es auch NHC VI 2, 13,16 als Selbstvorstellung der gnostischen Offenbarungsgestalt, der gegenüber niemand unwissend sein darf (vgl. 13,13-15).
Der Folgetext führt das KommenJesu vom allgemeinen Gericht an die gottesdienstliche Gegenwart der christlichen Gemeinden heran. Dem dient schon die Koppelung der Seligpreisung und der Ausschlußformel in den Vv. 14f. Der Makarismus (V. 14) lenkt - noch futurisch an den Verheißungen der Überwindersprüche und der Schlußvision orientiert (vgl. bes. 2,7; 21,25) - von der All-Aussage des V. 12 auf den eingeschränkten (christlichen) Bereich derer über, die sich in der Waschung ihrer Kleider dem Lamme zugehörig erweisen (vgl. 7,14). Die Ausschlußformel (V. 15) führt weiter: Hinaus von ihnen müssen,ja eigentlich bereits draußen sind - E;W ist hier prädikatives Satzadverb - bei ihnen die im Lasterkatalog als Hunde, Zauberer, Unzüchtige, Mörder aufzähl baren Menschen, ist jeder, der dem umfassend als Lüge bezeichneten widergöttlichen Tun verfcillt 120 . Die Gegenwart der Gemeinden ist erreicht, denn V. 15 ist die präsent ische Kopula zu ergänzen. Die Ausschlußformel 117 Mit Kraft a.a.O. 278f. (Zitat 278), der freilich den Erfahrungsbezug der Apk-Stelle nicht herausarbeitet; zur fatalistischen Tendenz der Apk s. schon o. in Exkurs 4. \18 S. Delling, QQXO> 478; vgl. Reader 183. \19 Dazu s. Holtz, Christologie 82. 110 Die Glieder des Lasterkatalogs sind sämtlich traditionell und erscheinen bei Modifikationen im einzelnen bereits Apk 21,8.27. Das ftir ihre Einzelinterpretation wichtige Material ist bei Reader 134f., 189-193 zusammengestellt.
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mußte dabei Christen heidnischer Herkunft schon aufgrund der Ausschlußpraxis bei Mysterienfeiern 121 vertraut sein. Christlich läßt sie die nach heiligem Recht erfolgende Abweisung nicht dem Herrn verbundener Personen vor dem Herrenmahl assoziieren, die sich in ähnlicher Weise im Anathema von I Kor 16,22 und im Bußruf an denjenigen in Did 10,6 spiegelt, der nicht heilig ist l22 . Daß diese Assoziation beabsichtigt ist, zeigt sich daran, daß Anspielungen auf die Abendmahlsliturgie den Textfortgang prägen: Lassen V. 17 a und 17 ban responsorische Rufe um das Kommen des Herrn denken, so deutet das darauf folgende, an die Menschen gerichtete tQXEcr6w der Parallele in Did 10,6 nach die Mahlsinvitatio an (17 c). Schließlich handelt es sich bei dem abschließenden Ruf um das Kommen des HerrnJesus (20c) um eine freie, der Situierung der Apk in einer griechischsprachigen Umwelt gemäße Übersetzung des Maranatha, das nach seinem aus 1 Kor 16,22; Did 10,6; vgl. 1 Kor 11,26 erschließbaren heidenchristlichen Sitz im Leben wiederum auf das Herrenmahl weist 123. 121 Auf die feierliche Ankündigung, die GOlllosen - Christen und Epikuräer - müßten vor den Mysterien von hinnen fliehen, folgten dort nach Lukians Schilderung aus dem 2.Jh. die konkreten, auf Christen und Epikuräer bezogenen Rufe mit E;W 'tou~ x'tA.. (Alexander 38). 122 Zur Interpretation s. Bornkamm, Zum Verständnis des Gottesdienstes 124 ff.; vgl. weiter noch Did 9,5 und Hebr 13,10. 123 Vgl. Bornkamm a.a.O. 126f. und zum Übersetzungsvorgang schon o. unter 1.2.2.2 b). Bornkamm bringt auch die Selbstprädikation Jesu V. 16 b (vgl. Did 9,2), das Hochzeitsmotiv V. 17 a (vgl. 19,9) und die Gerichtsansage V. 12 - als Konstituierung des Horizonts heiligen Rechtes ftir den Gottesdienst - mit der Herrenmahlsfeier in Verbindung. Doch können dies allenfalls zusätzliche Indizien sein - soweit besteht die Kritik durch Wengst, Formeln 51 f. zu Recht. Wengst geht nun aber darüber hinaus und bestreitet (von Müller, Offenbarung 371 f. rezipiert) die Herrenmahlsbezüge überhaupt. Er überstrapaziert den Nominativ der Formel V. 15, um sie von der akkusativischen Lukian-Parallele (s. o. Anm. 121) absetzen zu können, statt sie richtiger als deren Verschärfung, Zuspitzung zu sehen, zieht analog den Einladungsrufvon V. 17 c und Did 10,6 auseinander und deutet den Kommensrufvon V. 20c als Abschlußformel der Verkündigung zweier Sätze heiligen Rechts (VV:_I8IJ in alter palästinischer Tradition. Nun spricht tatsächlich einiges daftir, daß das Maranortha seinen ursprünglichen Sitz im Leben bei der Bille um den Rechtsvollzug der Sätze heiligen Rechts hatte (s. a.a.O. 53f.). Doch es ist, wie auch Wengst zugibt (a.a.O. 54), in hellenistisch-heidenchristlichen Gemeinden bald zur Eucharistieliturgie hinübergewandert. Die Apk aber adressiert sich gerade an solche Gemeinden, setzt die Übertragung des Maranatha sogar parallel zum sicher eucharistischen Gebrauch in I Kor 16,22 an den Briefschluß. Zwischen die Rechtssätze der VV. 18f. und den Kommensrufvon V. 20c schiebt sie eine - von Wengst übergangene - KommenszusageJesu ein, die genau die von Wengst ftir den ursprünglichen Gebrauch des Maranatha postulierte Funktion übernimmt, den Vollzug des eschatologischen Rechts zu gewährleisten. V. 20a.b hält so die Erinnerung an den ursprünglichen Gebrauch des Maranatha wach und entlastet davon V. 20c, der die eucharistische Anspielungslinie der Vv. 14.17 fortsetzen kann. (Bei einer Bitte um Inkraftsetzung eschatologischen Rechts müßten V.20a.b und 20c umgestellt werden, woftir die Textüberlieferung keinen Anhalt gibt.) Analog scheitert Moules Versuch, den Kommensruf V. 20c als Sanktionierung des
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An keiner Stelle freilich gehen diese Anspielungen in eine wörtliche Wiedergabe der rekonstruierbaren Abendmahlsliturgie über. Die Ausschlußformel V. 15 unterscheidet sich klar von der am ehesten an die alte Form heranführenden Fluchformel I Kor 16,22, die Invitatio ist gegenüber Did 10,6 erheblich erweitert, und das Maranatha ist frei ins Griechische übertragen. Für diese Abweichungen kann auch keine kleinasiatische liturgische Eigenentwicklung verantwortlich gemacht werden, da dem der offenkundige enge Zusammenhang mit dem vorangehenden Kontext der Apk widerspricht - 22,15 nimmt 21,8.27 und 22,17 c nimmt 21,6 weiterführend auf1 24 . Demnach stehen die Abweichungen im Dienste des redaktionellen Anliegens des Apk-Autors. Dieser bedient sich ihrer - wie grundsätzlich der Abendmahlsanspielungen -, um die Nähe der verheißenen Heilszukunft zum gegenwärtigen Erlebnisraum der Christen zu dokumentieren: In V. 15 setzt er das Anathema, den Ausschluß der den Herrn nicht Liebenden aus seiner Nähe, als schon erfolgt voraus 12S • In der Erweiterung des Einladungsrufs V. 17 nimmt er die Zusage Gottes von 21,6, er werde dem Dürstenden geschenkweise aus der Quelle des Lebenswassers (zu trinken) geben, ins Präsens zurück, macht sie so schon imJetzt des Kommens zum Herrenmahl zugänglich. Und in V. 20 schickt er dem Maranatha die durch vaL bekräftigte Zusage Jesu voraus, er komme - präsentisch! - eilends. Das Motiv des Dürstens und Trinkens vom Lebenswasser nimmt im Anklang an Jes 55,1 eine gewichtige alttestamentliche Heilsverheißung auf, die in einem vielseitigen traditionsgeschichtlichen Strom in neutestamentliche Zeit hineinreicht (vgl.Joh 7,37 und rur das zeitgenässischeJudentum etwa 1 QH VIII ~17) und auch in der frühen Gnosis eine gewichtige Rolle spielt (vgl. bes. OdSal 30), ein bei der kommunikativen Orientierung der Apk an gnostisch beeinflußten Adressaten kaum zufälliger Befund. Der Apk-Autor bezieht es bereits in 7,16 f. christologisch und spitzt dies an unserer Stelle eucharistisch zu 126. ächtenden Verbots der Vv. 18[ zu verstehen (Maranatha 225). Er stützt sich nicht auf die Tradition des heiligen Rechts, sondern auf die - schon sprachlich anderen! - .,schnell schnell"-Rufe der Zauberpapyri und eine Grabinschrift des 4./5.Jh. aus Salamis (CIG IV 9303), die lediglich beweist, daß heilige Formeln der Schrift und Liturgie in späterer Zeit für Grabflüche ge- oder besser mißbraucht werden konnten (was weiter verbreitet war: s. Kraabel,Judaism 81-92). 124 Prigents einlinig kultisch-liturgische I nterpretation des Schlußabschnitts der Apk ist abzulehnen. Für ihn (Apocalypse et Liturgie bes. 42fT.) lenkt die Apk den Blick ihrer Rezipienten nicht nur auf die Erlebnisdimension des Herrenmahls hin, sondern stellt sie theologisch insgesamt einen Versuch der Interpretation des christlichen Kultes dar. 125 Darin liegt die Spitze der oben in Anmerkung 123 erwähnten Radikalisierung der Ausschlußformel gegenüber Lukian. 126 Wciter('s zur Tradition der Motive vom Dürsten und vom Lebenswasser s. bei Reader 184f.(vgI.l37) und Goppelt, ÜÖwQ 315f., 321. Hahns Suche nach mehreren traditionsgeschichtlichen Schichten der Motivik in der Apk (Worte vom lebendigen Wasser 5357) erübrigt sich.
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Wenn aber beim Herrenmahl die eschatologische Heilserfahrung so nahe kommt wie die Begegnung mitJesus, können sich die dazu Gerufenen mit Größen der Vollendung identifizieren. In Prolepse des Heils erfährt sich die vorfindliche Gemeinde als eschatologische Braut, die das Hochzeitsmahl mit Jesus, dem Lamm, als ihrem Bräutigam feiert (vgl. 22,17 a mit 19,7 ff.) und nicht mehr nur durch den Geist angeredete Größe ist (wie in 2,7 a usw.), sondern mit ihm zusammen ruft: "komm!" (22,17a.vgl. 20c) 127. In dieser heilsvergewissernden Aufwertung der Gemeinde hat die Apk unmittelbar vor ihrem Briefschluß ihren Skopus erreicht. Sie, die ihren Rezipienten im Corpus zunächst die alle gegenwärtige Bedrängnis überwindende futurische Dimension des Heils aufwies, findet in einer Auswertung der Abendmahlstradition, die gemäß der paulinischen Formtradition am Briefende ihren sachgemäßen Platz hat (vgl. 1 Kor 16,22), einen Weg zurück zum VerständnisJier Gegenwart als Heils- und proleptischer Vollendungsgegenwart. Zugleich schließt sie den kommunikativen Bogen der Prothesis, der 3,20 ebenso zu einer Herrenmahlsanspielung geführt hat 128 . Ihre Einheit als Gesamtwerk wird sichtbar.
2.4.2.3 Ergebnis: Die Aussagelinien und ihr Integrationspunkt in der Eschatologie Das Corpus der Apk ist rhetorisch geschickt in .drei Teile gegliedert, deren fortgängige Rezeption durch die gleitenden Übergänge zwischen den Einzelabschnitten erleichtert wird. Stets bezogen auf das im Eingangsteil 1,9-3,22 vorgestellte Thema, eine Lösung der von den Christen erlebten Antinomie von gespürter Bedrängnis und geglaubter Gottesherrschaft durch einen vergewissernden Einbezug der futurischen Dimension des Heils zu bieten, erfolgt zunächst der positive Erweisgang für die umfassende, weltbezogene Macht Gottes und Jesu, deren Heilsverläßlichkeit daher außer Frage steht (4,1-11,19). Ihm schließt sich der negative Erweisgang an, der die Macht und Herrschaft Gottes undJesu in ihrer Wendung als Gerichtshandeln gegen diejenigen zeigt, die sie anfechten. So läßt sich die Gegenwart der Bedrängnis als Wirksamkeit der antigöttlichen Mächte erklären und zugleich ihre Begrenztheit und Belanglosigkeit für das Heil der Christen aufzeigen (12,1-19,10). Der letzte Corpusteil (19,11-22,5) fUhrt die Linien der beiden Erweisgänge zusammen und stellt den Adressaten der Apk den umfassenden Charakter des Heilsfuturs als strafende Eliminierung der gott- und menschenfeindlichen Größen und als uneingeschränkte Heilsverwirklichung fUr alle Gott und Jesus zugehörigen Wesen vor Augen. Ist soweit der bereits nach der Analyse 127 121
Vgl. bes. Hadorn 218f., aber auch etwa Kraft a.a.O. 281. Dazu s.o. unter 2.3.4.
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von 1,9-3,22 vermutete Duktus von Prothesis zu doppelter Argumentation und deren abschließender Bündelung stringent, der die Werkrezeption bei hellenistischen Adressaten erleichtern mußte, so gewinnt der Apk-Autor damit den Freiraum fUr eine unrhetorische Überladung des Werkschlusses (22,6-21) mit Angaben zur schriftstellerischen Konzeption und Rezeptionshinweisen 129 . Die Einheit dieses Abschnittes gewährleistet aber seine Konzentrierung auf das Kommen J esu, die das gegenüber den Werkrezipienten aufgewiesene Heilsfutur so nahe wie irgend möglich an deren Erlebnisgegenwart heranfUhrt. In der Führung von der Erfahrungsgegenwart der Christen ins (Heils-) Futur und von diesem wieder zurück liegt demnach der kommunikative Spannungsbogen, der von den Eingangsteilen der Apk über das Corpus bis zum Schlußteil reicht. Er ist sachlich getragen von der der Apk eigentümlichen Entfaltung der Eschatologie, die nun in ihrer Gesamtanlage erfaßbar ist 130: Der Apk-Autor vollzieht in der impliziten Kommunikation mit seinen Adressaten zunächst den in Brieferöffnung (bes. 1,7 nach 1,5 f.) wie Prothesis (bes. 2,7 usw.) vorgezeichneten Schritt vom präsentisch-eschatologischen Denken zu einem Einbezug der futurischen Heilsdimension. Er bringt das Heilsfutur aber nicht als Gottes Freiheit betonenden eschatologischen Vorbehalt gegen den Enthusiasmus seiner Adressaten ein, sondern als Hilfe zur Bewältigung einer gegenwärtig erlebten Heilsgefahrdung, die den Glauben voller Heilspräsenz bei den Christen in Frage stellt. Zur Verfestigung einer Glaubenstreue, die die Bedrängnis durchstehen läßt, vergewissert er seine Adressaten und sich in den Erweisgängen von 4-22,5, daß das christliche Selbstverständnis, der letztlich unantastbare Herrschaftsbereich Gottes zu sein, zu Recht besteht. Die Zukunft muß keinen grundsätzlichen Äonenwechsel mehr bringen, sondern nur bekräftigen, daß die Christen Gott und seinen Gesalbten tatsächlich aus nächster Nähe, wie vollendete Priester von Angesicht zu Angesicht, sehen und mit ihnen zusammen herrschen werden. Konsequent verzichtet der Apk-Autor deshalb aufdie Terminologie eines künftigen neuen Äons und begnügt sich nicht damit, die vollendete Gottesnähe und Herrschaftsausübung der Christen fUr die zu erwartende neue Welt zu betonen (bes. 22,3-5). Vielmehr bezieht er die Heilsverheißungen auf die demgegenüber alte Welt zurück. Er integriert dem Gerichtsteil die Vision einer tausendjährigen innerweltlichen Herrschaft derer, die der antigöttlichen Macht nicht anheimfielen (20,4-6). Um die Vollendung noch weitergehend als bereits im gegenwärtigen Leben der Gemeinde 129 Zu Aufgabe und Gestalt des antiken Redeschlusses vgl. Martin, Rhetorik 147-166 u. ö. Schon das spannungsvolle Nebeneinander der Aussagekomplexe in Apk 22,6-21 ist damit nicht vereinbar. 130 Zum folgenden vgl. o. Exkurs 2 u. ö.
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et:fahrbar, antizipierbar aufzuweisen, gestaltet er die Leserftihrungslinie des Werkschlusses mit heilsbetonenden Abendmahlsassoziationen. Deren heilsaktualisierendes Ziel tritt in seiner kommunikativen Bedeutung noch stärker hervor, wenn der Verlesung der Apk im Gottesdienst unmittelbar die Feier des Herrenmahls folgte, was in Analogie zum 1 Kor (s. bes. 16,22) wahrscheinlich ist. Dieser rezipientenorientierte eschatologische Spannungsbogen konstituiert maßgeblich die Einheit der Apk. Er bietet keine Problembearbeitung in neuzeitlich-rationalem Sinn, sondern antwortet auf das Problem christlich erlebten Widerspruchs von Bedrängnissen zur geglaubten Gottesherrschaft in einer umfassenden Entfaltung der Durchsetzungsmacht letzterer. Die Apk erhält einen systementfaltenden Charakter, dessen Abstand zum Denken unserer heutigen Gegenwart erst hermeneutisch bewältigt werden muß. In der Sache ist zu fragen, ob nicht schon die Basis der Systementfaltung, das vom Apk-Autor mit seinen Adressaten geteilte extrem enthusiastische Heilsbewußtsein, in der Christentumsgeschichte nach dem Tode Jesu nur mehr in deutlich zu ziehenden Grenzen vertretbar ist. Die Konsequenz, mit der der Apk-Autor sich in seiner Systementfaltung nicht nur zur Aufnahme einer Vielzahl von mythologischen Bildern veranlaßt sieht, sondern dabei auch zu einer so problematischen Konstruktion innerweltlicher Eschatologie wie der des Millenniums gelangt, findet ihren Grund jedenfalls darin, daß er solche Grenzen nicht wahrnehmen will.
2.4.3 Die Spiegelung wichtiger Aspekte der Kommunikationssituation in Apk 4-22 Die Analyse von Corpus und Schluß der Apk zeigte, daß diese sich in ihrer Thematik durchgängig an einer Bewältigung der bei ihren Adressaten vorausgesetzten Bedrängnissituation orientieren. Das wirft die Frage auf, wieweit sie auch im Detail aufihre implizite Kommunikationssituation Bezug nehmen. In einem letzten Untersuchungsschritt zu Apk 4-22 ist daher herauszustellen, wie sich die Werkabfassung im Zusammentreffen alttestamentlich-jüdischer mit griechisch-hellenistischen Vorstellungen dort spiegelt, wie die äußere Bedrängnis der Christen durch ihre heidnische undjüdische Umwelt, ihre innere Bedrängnis durch eine frühe gnostische Strömung und schließlich ihre GeHihrdung durch unzulängliches Handeln aufgenommen und aufgearbeitet werden. Dabei ist methodisch zu beachten, daß es dem Apk-Autor zwar aufgrund seines Bemühens um einen innerweltlichen Bezug der Heilsdurchsetzung Gottes und Jesu in seinem argumentativen Werkcorpus darum gehen muß, seinen Adressaten gegenüber zeitgeschichtlich und situativ verstehbare und einsichtige Zukunftsansagen und -bilder zu entfalten,
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daß er dies aber nicht auf der expliziten Kommunikationsebene, sondern ganz in der Welt im Text unternimmt. Er fixiert hier die Gegenwart nicht, analysiert auch nicht ihre Probleme, sondern argumentiert in seiner systematischen Entfaltung von Gottes Durchsetzungsmacht lediglich auf sie zu. Textexterne Bezüge können deshalb nie unmittelbar hergestellt werden, sind auch nicht im gleichen Umfang wie in Kap. 1-3 zu erwarten. Statt dessen prägen die Gestaltung literarische Gesetze und Stilisierungen 131. Eine zeitgeschichtliche Interpretation muß deshalb eine gewisse Zurückhaltung in ihren - grundsätzlich zulässigen, ja notwendigen Schlußfolgerungen wahren 132. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen: Die Ansage der Getreideverteuerung von 6,6 ist nicht aus einer angeblichen Entrüstung des asketischen ApkAutors über die Aufhebung des domitianischen Edikts zur Beschränkung des Weinanbaus in den Provinzen im Jahre 92 (Sueton, Domitian 7) zu verstehen, die nur konstruiert - als Äußerung des Hohns - zu erklären vermag, warum die Teuerung eben den Wein nicht trifft, um den es im Edikt Domitians geht, sondern als all.gemeinere Anspielung auf die wirtschaftliche Situation Kleinasiens, das zwar 01 und Wein überreichlich produzierte, aber für seine Getreideversorgung auf Importe angewiesen war, so daß eine Teuerung hierfür leicht vorstellbar und die Ansage der Apk von ihren Adressaten dementsprechend aktualisierbar war l33 . - 9,14; 16,12 nennen zwar den zeitgeschichtlich als Grenze zwischen Römern und Parthern bekannten Euphrat, so daß für die Werkrezipienten die Parthergefahr als Bedrohung der Menschen assoziierbar ist und der innerweltliche Bezug des im Zusammenhang der Stellen (9,15--19; l6,13f. 16) angesagten Krieges gewährleistet bleibt, aber dieser Krieg geht in einem Partherkrieg nicht auf, ja darf nicht einmal in erster Linie auf einen solchen bezogen werden 134. Apk II greift auf Traditionen um Jerusalem zurück, um den entscheidenden theophanen Machterweis vor dem Ende auf die alte heilige Stadt zu beziehen, was aber christlich nur noch im Einbezug der negativen Erfahrungen um diese Stadt seit der Kreuzigung des Herrn möglich ist. So kann dieses Kapitel als 131 Als Beispiel sei das Mittel der Steigerung genannt: GOtt und Jesus sowie deren Widersacher wirken rur die Apk nur im Zusammenhang großer, bedeutender Vorgänge. Deshalb wird J.l.tya~ zum Vorzugswort (die Apk enthält 80 der 243 neutestamentlichen Belege), das visionäre Größen und Motive begleitet - von Babyion (14,8 u.ö.) bis hin zu dem Berg von 8,8, dem Stern von 8, 10 und dem Mühlstein von 18,21 -, ebenso Ereignisse etwa Plagen (z. B. 6,12; 16,21), Gottes Werke ( 15,3) und umgekehrt die Zeichen des zweiten Tieres (13,13) -, himmlische Rufe (5,12 u. ö.) und schließlich sogar Stimmen von innervisionär sprechenden Engeln (5,2 u.ö.). 132 Zu glatt verläuft der zeitgeschichtliche Bezug in der vornehmlich französischen Forschungslinie, die zumindest in der ersten Hälfte der Apk eine unmittelbare Umsetzung der frühen Christentumsgeschichte bis 70 in symbolische Sprache sehen und so etwa in Apk 8, I ~II eine Darstellung der drei letztt-n Phasen desjüdischen Krieges ausmachen will (s. bes. Giet, L'Apocalypsejohannique 150, 154; zur Kritik Fiorenza, eschatology 541-548). 133 Mit H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 182ff. gegen Bousset, Offenbarung 135 (vgl. 268). 134 Vgl. H. W. Günther a.a.O. 184-189.
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Ausdruck eines Ringens um ein Verständnis der religiösen Bedeutung und Haltung des den Christen bereits ferngerücktenJerusalem verstanden werden, müssen aber alle unmittelbaren historischen Bezüge als eben durch dieses Ringen gebrochen gelten. Die Schwierigkeit der Exegese des Kapitels zeigt die Unabgeschlossenheit dieses Ringens 135 . - Zwei Beispiele seien noch aus dem zweiten Corpus teil genannt: Das XelQayJUl 13, 16f.läßt zwar konkrete staatliche Maßnahmen assoziieren, und sei es nur die Bedeutsamkeit von mit dem Kaiserbild bestempelten Münzen für den Handel. Aber es ist im Kontext nicht auf eine Einzelmaßnahme festlegbar, sondern erfüllt die Funktion, inje individuell aktualisierbarer Weise grundsätzlich die Verbindung eines Menschen mit der antigöttlichen Macht anzuzeigen (vgl. 14,9.11; 16,2; 19,20; 20,4)136. 17,16 und 18,8 schließlich blicken auf den zukünftigen Untergang Roms in einer Weise aus, die den Christen aus der Erfahrung des großen Brandes unter Nero vorstellbar ist, die Gottes Gerichtshandeln aber nicht isolierend daran rückbindet, sondern ihm Raum für weitere Plagen gibt 137 .
2.4.3.1 Die Ahfassung im Zusammentriffen alttestamentlich-jüdischer und griechisch-hellenistischer Vorstellungen Eine erste an die Gestaltung des Werkfortgangs zu stellende Frage muß lauten, wieweit in ihm der grundlegende Bezug eines in alttestamentlichjüdischen Traditionen verwurzelten Autors auf griechisch-hellenistische 135 Die heidnische Besetzung der Stadt ist bes. im Traditionsstück von 11, I f. gespiegelt; warum der Apk-Autor die erfolgte Tempelzerstörung nicht nachträgt, ist nicht mehr zu klären - vielleicht, weil er den unmessenen Tempelbezirk bzw. die dort Anbetenden bereits auf die christliche Gemeinde hin v·ersteht (vgl. Reader 252 u.ö., Stuhlmann 213). Ab V. 3 wird dann die alte Zwei-Zeugen-Tradition in der Stadt angesiedelt, die nicht direkt historisch bezogen werden kann (zu ihr s. etwa H. W. Günther a.a.O. 248--254). Erst V.8b bringt eine eindeutig auf die Geschichte Jerusalems anspielende Deutung: Der Nachsatz weist auf die Kreuzigung J esu. Bemerkenswert ist von daher die pneumatische BezeichnungJerusalems im Vordersatz als Sodom und Ägypten: Sodom gilt bis in spälneuleslamentliche Zeit als Typos der Stadt, die wegen ihres verfehlten Tuns von Gottes vernichtendem Gericht getroffen wird (s. bes. 2Petr 2,6;Jud 7; vgl. Mt 10,15 par; 11,23f.; Lk 17,28f.; Röm 9,29), und Ägypten entscheidend als Land des Auszugs (s. Act 7,36.40; 13,17; Hebr 3,16; 8,9; 11,26f.; Jud 5). Sieht man in diesen Zügen das Jerusalem der christlichen Erfahrung in der 2. Hälfte des I.Jh. charakterisiert, so erscheint es als gerichtete Stadt vielleicht unter einer Deutung des Jüdischen Kriegs als Gerichtsvollzug nach der Tötung des Herrn und neueren Pressionen gegen die Christen (vgl. z. B. Act 12, I f[) - und als Stadt des Auszugs - wohl im Blick auf die christliche Auswanderung während des Kriegs nach Pella, die historisch wahrscheinlich ist (s. Si mon, Migration cl Pella passim; der Einspruch Lüdemanns, Antipaulinismus 265-286 vermag nicht zu überzeugen, da er 284f. keine alternative Erklärung der judenchristlichen Pella-Tradition im an sich rein heidnischen Pella beibringen kann). Zu Unrecht vernachlässigt oder überspielt die Kommentarlitera.tur (von Bousset, Offenbarung 321,326 bis Müller, Offenbarung 213) das neutestamentlich dominierende Verständnis Ägyptens als Auszugsort zugunsten fernerer Bezüge. Ganz in eine metaphorische Deutung der Stadt von Apk II weicht Giblin 439f. aus. 136 Zur näheren Interpretation s. Cruz passim. 137 Zur Interpretation vgl. neben den Kommentaren Reader 274.
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Adressaten zur Geltung kommt. Denn daß gerade in Apk ~22 die Bindung an das Alte Testament und die jüdischen Traditionen dominieren, steht sachlich wie sprachlich außer Frage. Nicht nur klingen fast durchweg alttestamentliche Motive an 138, schon die Textsprache ist ein archaisierendes, semitisierendes Griechisch l39 . Trotzdem bleibt der Werkfortgang in einen nichtjüdisch geprägten griechisch-hellenistischen Raum kommunikabel. Das gilt nicht nur für Einzelmotive l40 , sondern für den Schilderungskonnex insgesamt. Dieser wird darstellungsmäßig getragen von der Vorstellung einer Himmelsreise (s. 4, I f. u.ö.), die in der antiken kosmologisch-astrologischen Literatur von alters her eine gewichtige Rolle spielt 141. Erheblichen Raum nehmen in ihm Pl.ageruli&ionen ein, für deren Rezeption der Boden griechisch-hellenistisch und gerade kleinasiatisch vorbereitet war l42 . Sein Ziel findet er in der Darstellung des neuen Jenkins (129) fand in der Apk mindestens 348 Anführungen des Alten Testaments. S. bes. Lohse, Sprache; Mussies, Morphology und ders., Greek ofRevelationjeweils passim. 140 Etwa die Erdbeben- und Gewittermotivik, auf deren gemeinantike Verständlichkeit o. in Anm.58 (zu 11,13.19) hinzuweisen war. Weitere Beispiele: Das Essen des ~L~A.(OV, das Apk 1O,9f. schildert, hat der Apk-Autor aus alttestamentlicher Tradition (Ez 2,8; 3,13) aufgenommen und nach ihr gestaltet. Aber die Vorstellung als solche war auch griechisch-hellenistisch geläufig (und als Traummotiv verschieden deutbar: s. Artemidor, Onirocriticon 11 45). Und der Gerichtsmythos in Apk 20 zeigt verblüffende, dringend der Aufarbeitung harrende Bezüge zum Er-Mythos in Platos Polit. 614b-621 d (man beachte namentlich die dortigen Motive des Schlundes, der tausendjährigen Seelenwanderung und der Niederringung aus dem Schlund aufsteigender Negativgestalten). 141 S. W. und H.G. Gundel, Astrologumena 29f. mit Anm. 6, 180 (zu Philo), 322 (zur Gnosis), 329f. (zu Mani). 142 Ein Schlaglicht aufdie Kommunikationssituation der Apk wirft das etwa gleichzeitige Auftreten Apollonius' von Tyana in Kleinasien, das Philostrat in seiner Vita zwar stark literarisiert, dem aber historische Haftpunkte keineswegs gänzlich abzusprechen sind (nach Bowie, Apollonius 1687 ist jedenfalls dessen Auftreten in Ephesus gesichert und sollte seine Bewahrung der Stadt vor einer Plage - s. u. - ebenfalls akzeptiert werden). Apollonius kündigt u. a. - nach Vita Apollonii IV 4 - indirekt eine Seuche (Pest) für Ephesus an und ahnt nach IV 6 die ionischen Erdbeben zumindest voraus. Als die Krankheit in Ephesus um sich greift, reinigt er die Stadt davon, indem er die Vernichtung des (Krankheits-)Dämons bewirkt (IV 10; vgl. VIII 7,8). Bei aller gegenüber Philostrat gebotenen Zurückhaltung wird hier doch der (kleinasiatische) religiöse Wurzelboden sichtbar, auf dem Plagenankündigungen wie die der Apk Gehör finden konnten. Da die PlagendarsteIlung der Apk aufvolkstümliche Magie bezogen ist, wie H. P. Müller nachwies, der die religionsgeschichtliche Linie freilich nur in den altvorderorientalischen Raum verfolgte (Plagen passim), wären - in den Rahmen vorliegender Arbeit übersteigender Weise - ihre Verbindungen zu griechisch-kaiserzeitlichen Magievorstellungen zu überprüfen, die sich neben vielfachen kleinen Zeugnissen bes. in den Zauberpapyri niederschlugen (eine erste Zusammenstellung der dortigen Parallelen zur Apk bietet Aune, Magic 1555f.; am markantesten ist die Aufnahme der ägyptischen Plagen in PGrM IV 3036f.). Auch und gerade kleinasiatisch spielte die Magie in uns interessierender Zeit jedenfalls eine erhebliche und zumindest aufs Judentum ausstrahlende Rolle (s. literarisch noch z. B. Act 19,13-19 und für einen wesentlichen Bereich des archäologischen Befundes Kraabel, Judaism 54-60 u.ö.). 138 139
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Jerusalem, das den ins Auge gefaßten Adressaten in ihrer Umgebung einer hellenistischen Stadtkultur als "Angebot einer heilen städtischen Welt" gelten konnte und sollte und deshalb alttestamentlich-jüdische mit griechisch-römischen Vorstellungen der idealen Stadt als Lebensraum integriert. Georgi, der die ins Ideal gewendeten Bezüge auf die hellenistische Stadtkultur in der Stadtbeschreibung Apk 21 ,~22,5 herausarbeitete - etwa ihre "Verbindung von Zivilisation und Natur", wie sie sich namentlich im Einbezug des Paradieses in die Stadt niederschlägt, und ihren gemeinschaftsbezogenen Charakter - mag in 'seiner Schlußfolgerung zu weit greifen, daß die Apk "sich so als echtes Kind hellenistischer Kultur, einer durch und durch städtischen Welt" erweise. Der der Apk gegenüber ansonsten vergleichbaren Texten eigentümliche Abschluß in einer Stadtvision als Konkretum der neuen Schöpfung bleibt aber auffällig, und Georgis analytisches Ergebnis, daß die Schlußvision der Apk in ihrer spezifischen Redaktion alttestamentlich-jüdischer Traditionen "der idealen hellenistischen Stadt (entspricht)", ist zumindest für die Frage der Kommunikabilität dieses Werkes zu beachten 143.
Weitere Indizien vertiefen den Befund. So schlägt im Wortgebrauch der Apk immer wieder ausgesprochen griechische Motivik durch. Thanatos und Hades stehen 6,8 und 20,13 f. wie 1,18 für die griechischen Totengötter l44 , im Hymnus 4,11 erscheint der griechische All-Gedanke ('ta 3t
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Präsentation des Lammes als des alleine Würdigen gerade vor dem Hintergrund hellenistischer Religiosität mit ihren Vorstellungen göttlich begabter, "würdiger" Personen scharfe Konturen 148 • Und selbst dessen auffällige Bezeichnung als a.QVLOV mag angesichts der ägyptisch-hellenistischen Tradition des weissagenden Lammes zu Sais die Rezeption fördernde und akzentuierende hellenistische Bezüge herstellen 148a. Noch stärker sprengt die Eröffnung des zweiten Corpus teils in Kap. 12 den alttestamentlich-jüdischen Traditionsraum. Sie verwebt den gemeinorientalischen, bis zum Titanen- und Gigantenkampf des Zeus ausstrahlenden Mythos vom Himmelskampf - den sie in den Vv. 7-9 in seiner kanaanitisch-jüdischen Entwicklungslinie aufnimmt - mit dem klar nichtjüdischen Mythos von der Geburt des Sonnengottes, der seine wesentlichsten Ausprägungen als Isis-Horus- und als Leto-Apoll-Mythos fand. Mag letzterer vor seiner Aufnahme in Apk 12,1-5 bereits eine jüdische Adaption erfahren haben, sein vorjüdischer Grundcharakter bleibt auch in der dort vorliegenden Gestalt noch spürbar. Kap. 12 ist so insgesamt in betont kulturübergreifender Weise ausgestaltet 149 • Dabei fügt es sich zum bisherigen Bild des Bemühens der Apk um Kommunikabilität, daß der Isis-Horus- wie der Leto-Apoll-Mythos im Späthellenismus gerade in dem Apk 1,4.9 genannten kleinasiatischen Raum über besondere Lebendigkeit verftigten lSO • 148 S. van U nnik, "Worthy is the Lamb" 448-461. Erst sekundär dringt das Würdemotiv ins hellenistischejudentum ein. 148. Die ägyptisch-griechische Tradition des zu Bokchoris von Sais sprechenden, weissagenden Lammes reicht von Manetho (fr. 65a) über einen Papyrus des Jahres 7 n. Chr. (Vienna P. Dem. D. 10000) bis zum kritischen Aelian (nat. 12,3) und der Version des TÖpferorake1s in Pap. Oxyrh. 2332 (Z.34) (s. Griffiths, Apocalyptic 284-287). Auch bei diesem Lamm handelt es sich genauer um ein aQv(ov (s. Manetho), einen Widder, dessen Gestalt im Laufe der Überlieferung sur-realistisch gesteigert wird (Aelian berichtet von zwei Köpfen, vier HÖrnern usw.). In seinem apokalyptischen Ambiente, zu dem auch die "Ansage künftiger heilvoller Herrschaft" gehÖrt, genießt es höchstes, geradezu gÖttliches Ansehen (Bergmeier, Buchrolle 234, Zitat dort teilw. hervorgehoben). Freilich liegt hier sicher nicht die maßgebliche traditionsgeschichtliche Wurzel rur das BildJesu als Lamm/ Widder in der Apk - zu stark sind in letzterem die der griechischen Tradition fremden Todeszüge betont (vgl. o. Anm. 64), und zu unklar ist noch das Gewicht, das der Tradition aus Sais zuzumessen ist. Aber es muß doch - in Modifikation der dahin gehenden These Bergmeiers (a.a.O. 234f.) - erwogen werden, ob nicht griechische Rezipienten im Lamm der Apk neben dessen Herrschafts- und Leidenszügen die Fähigkeit und den Vollzug des \Veissagens als Ansage von Gottes Herrschaft sehen konnten und sollten. 149 Die vorgetragene traditionsgeschichtliche Verflechtung in Apk 12 erarbeitete Yarbro Collins, Combat Myth (7~3, 61-76, 114, 116-129, 187 u.ö.) umfassend. Wichtigster Vergleichstext ist Hyginus, fab. 140. Selbst die Exegeten, die die Linien von Apk 12 am entschiedensten ins Judentum zurückverfolgen, kommen nicht umhin, wenigstens in 12, I einen Reflex des Isis-Mythos zu sehen (s. U. B. Müller, Messias 180 innerhalb 171-189; Kraft, Offenbarung 164 innerhalb 162-172). Otto meint, in Apk 12 sogar noch dessen vorgriechische Gestalt aufspüren zu kÖnnen (Mythos bes. 127). 150 S. Yarbro Collins a.a.O. bes. 245-261. Spekulation muß freilich bleiben, ob der Apk-
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Die griechischen Bezüge bleiben also nicht Randerscheinungen der Apk, sondern tragen ihren Text an entscheidenden Nahtstellen. Damit kann als sicher gelten, daß sie durchgängig auf eine Rezeption durch griechisch-hellenistische Adressaten hin geschrieben ist, so gewiß aus der Autorhaltung desJohannes heraus alttestamentlich-jüdische Traditionen in ihr dominieren. Der Autorhaltung entspricht die Abwertung heidnischer Götter. Für Hades und Thanatos war das schon bei 1,18 zu besprechen. Für Apoll mag es in der Verballhornung zur negativen Gestalt des Apollyon 9,11 sichtbar werden. Indirekter schlägt es in der Gestaltung von Apk 12 durch: Der Apk-Autor integriert in die Beschreibung der Frau entscheidende Züge einer heidnischen Hochgottheit, indem er sie mit astrologischen Symbolen umgibt (V. I) 151 und ihr das Hochgottsymbol der Flügel des großen Adlers attribuiert (V. 14)152. Zugleich macht er aber deutlich, daß es sich bei der Frau keinesfalls um eine Göttin handelt 153 , und funktioniert damit die bildliche Aussagekraft der heidnischen religiösen Vorstellung in eine Hervorhebung der Frau als Symbol für die mythologisch den Messias wie die christliche Gemeinde gebärende Gestalt um. Eine abschließende Pointe gibt er Kap. 12 darin, daß das Tier von Kap. 13 aus dem Meer aufsteigt, einem antik geläufigen Theophanieort 154 : Das Tier bekommt die Züge eines zum antigöttlichen Dämon abge- und entwerteten Gottes, dessen Unterlegenheit dem einen wahren Gott gegenüber von vornherein feststeht 15s • Autor den Mythos aus seinem besonderen Sitz im Leben am nachgewiesenen ArtemisHeiligtum von Patmos heraus aufnahm. Saffreys diesbezügliche Erwägungen (Relire l'Apocalypse a Patmos 410-417) können angesichts des mangelnden Explorationsstandes zu Patmos die nötige Evidenz nicht erbringen. 151 Dazu s. Yarbro Collins a.a.O. 75 nach 71-75. 152 Das Adlermotiv in Apk 12,14 bereitet der Exegese von alters her Schwierigkeiten, wird es doch mit dem bestimmten Artikel als (den Adressaten) bekannte Größe eingeführt. Eine Erklärung über alttestamentliche Tradition (bes. Ex 19,4) ist nur gezwungen möglich (s. schon Bousset, Offenbarung 344; gegen noch Kraft, Offenbarung 170). Um so mehr sollte beachtet werden, daß das Adlermotiv antik verbreitet gerade als Herrschaftssymbol bekannt war, daß es kleinasiatisch als Attribut etwa des Theos Hypsistos wie des Zeus erscheint (s. zum Chnhlick Th. Schneider in ders.,/Stemplinger, Adler 88ff., für Kleinasien Kraabel, Judaism 158, 159 u.ö., rur einen Laodizener Beleg noch Gagniers in ders. e. a., Laodicee 7). Besonders bemerkenswert ist der in der Synagoge \'on Sardes gefundene Tisch aus augusteischer Zeit, dessen Platte von zwei großen Adlern mit ausgebreiteten Schwingen getragen wird - das Bild steht dem von Apk 12,14 sehr nahe -, die sich als vom Judentum synkretistisch übernommene Zeussymbole ausmachen lassen (s. Kraabel a.a.O. 227ff.). 153 Bezeichnend darur ist, daß er die Flügelverleihung 12,14 mit dem Passivum di\'inum ausdrückt: Gott selber ist es, der der - ihm untergeordneten - Frau die Flügel gibt. 154 Gerade die rur Apk 12 als Hintergrund besonders wichtige Isis erscheint geläufig aus dem Meere heraus (s. z. B. Apuleius, metam. XI 3 = 267,24f.). 155 In diesem Zusammenhang ist noch auf einen Nebenakzent hinzuweisen, den Apk 21,14.19 vor kleinasiatischem religiösem Hintergrund zu erhalten vermögen. Der ApkAutor bestimmt an diesen Stellen die Uüdisch-traditionellen: vgl. schonJes 54, 11) Fundamente der eschatologischen Stadt (von denen neutestamentlich übrigens auch Hebr 11.10 spricht) als wertvolle Steine (V. 19) und Träger der Namen der zwölf Apostel (V. 14) (zur
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2.4.3.2 Der Bez:.ug auf die Bedrängnis der Christen von seiten ihrer heidnischen Umwelt Anspielungen und Reflexionen auf die konkreten Bedrängnisse der Christen sind - nachdem schon 6,9-11 die Perspektive einer vergangenen wie einer unmittelbar bevorstehenden Christenverfolgung anreißtvornehmlich im zweiten Erweisgang des Apk-Corpus, der Auseinandersetzung mit der Bedrohung der Gottesherrschaft durch Gegenspieler (12,1-19,10), zu erwarten. Der Duktus des Kap. 12 zu V. 17 hin und von dort weiter über 13,4 zu 13,7 führt sie als Momente des letzten irdischen Kampfes der widergöttlichen Macht gegen Gott undJesus mit den Ihren ein. Rom - um das sich die heidnischen Pressionen in der Welt im Text unter zusammenfassender Stilisierung der Sendschreibenvielfalt gruppieren - spielt in diesem Kampf eine wichtige Rolle. An sein Weltreich läßt die Angabe der umfassenden Macht des Tieres in 13, 71:r8 denken, das sich V. 8 sogar - wie der römische Imperator - als eine maskuline Gestalt entpuppt, der die Bewohner der Erde verehrend zu Füßen liegen werden 1S6 . Darauf, daß das geschieht, wirkt das zweite Tier von 13,11 ff. hin (s. V. 12b). Es vollbringt Wunderzeichen (V. 13a), läßt Feuer vom Himmel fallen (V. 13 b) und das Bild des Tieres reden (V. 15), ruft also außeralltägliche Erscheinungen hervor, wie sie bei den Adressaten der Apk Erinnerungen an den Kaiserkult wecken mußten 1S7 . Unabweisbar macht den innerweltlichen Bezug der Ziel und Abschluß des Kapitels darstellende Rezipientenhinweis von V. 18, das Tier habe den gematrisch auflösbaren Zahlenwert 666 eines Menschen (V. 18). Freilich gibt der Apk-Autor seinen Adressaten hier keine einfache- und darin eben vereinfachende - Auflösung zum geschichtlichen Ort des Tieres und seiner Aktionen in die Hand, sondern überläßt es ihrer eigenen Weisheit, ihn Einzelinterpretation s. neben den Kommentaren Reader 86fT., 100fT.). Sie erhalten keinerlei eigengöttlichen Charakter. Versteht sich dies vor der aufgenommenen jüdischen Tradition von selbst, so kann darin doch zugleich von kleinasiatischen Adressaten eine Korrektur der Vorstellung von eE"EA(OL~ als personifizierten göttlichen Mächten gehört werden, die nach dem aus einer neu gefundenen ephesinischen Inschrift erschließbaren dortigen Volksglauben die Fundamente vor der in Kleinasien stets aktuellen Erdbebengefahr schützen sollten (Text und Kommentar zur Inschrift bei Knibbe, Epigraphische Nachlese Sp.41-44). 156 Vgl. die Übergänge ins Maskulinum in 13,14; 17,3.11. 157 Der hellenistischen Religiosität waren Blitz- und Donnererscheinungen sowie das Sprechen und Sich-Bewegen von Bildern auch kultisch geläufig - Nachweise bei Scherrer bes. 94-125. Scherrer überstrapaziert die Textevidenz freilich in seiner Schlußfolgerung, Apk 13 biete die Beschreibung eines Kaisermysteriums (so Summary S. 2 nach Text S. 126146), da sich das angesichts des Mangels von Primärquellen zu den zweifellos vorhandenen Kaisermysterien nicht verifizieren läßt. Die Beziehung von Apk 13, 11-15 aufden von einer besonderen, im zweiten Tier gespiegelten Person geleiteten Staatskult bleibt jedoch auch bei einer Interpretation bestehen, die ohne Mysterienverweise auskommt (s. z. B. Schlier, Antichrist 26fT.).
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herauszufinden. Zweifellos sollen sie die Wirksamkeit einer neronischen Gestalt assoziieren - von allen in der Forschung vorgeschlagenen Deutungen der Zahl 666 kann ihre gematrische Auflösung auf ,cp seit den Funden von Muraba'at als einzige eine zeitgeschichtliche Parallele vorweisen 158 -, aber die steigernde Darstellung der Apk verunmöglicht deren einlinige Identifikation 1s9 . Die Formulierung von 13,18 bleibt in der Welt im Text, die eine Situationsabstraktion erfordert. Ähnliches gilt für Kap. 17-18, in deren Vision vom Gericht Babyions wiederum Anspielungen auf Rom unüberhörbar sind. Sie nehmen 17,1-6 ihren Ansatz bei Rom als in der Gestalt der Roma vergötterter Stadt, deren Kult schon seit über hundert Jahren in Kleinasien gepflegt wurde, und stellen sie als Kurtisane dar, die in ihrer Unzucht auf die ganze Welt, ihre Könige und ihre Bewohner wirkt: Sie ist Mutter der Greuel der Erde und zeichnet für die Christenverfolgung verantwortlich, die 17,6 als bereits erfolgt voraussetzt 160. 17,7-11.12-14 spitzen die Vision wiederum personal zu, setzen in ihr Zentrum eine Deutung der Köpfe und anschließend der Hörner des Tieres auf Könige, an der sich - wie 13,18 - der Verstand bewähren muß, der über Weisheit verfügt. Die Apk-Rezipienten können Herrscherreihen assoziieren, die ihre Gegenwart als Zeit des sechs ten Königs (von V. 10) oder gar des ach ten Königs (von V. 11) in den gezeichneten eschatologischen Handlungsablauf hineinnehmen. Von neuem wird die Heilsdurchsetzung Gottes für sie situativ beziehbar, von neuem vermeidet der Apk-Autor zugleich eine für die Welt im Text unsachgemäß eindeutige, unvermittelte Geschichtsfixierung l61 .
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158 In Text 18 Z. I bei Benoit, Discoveries 11 1 (S. 101), der aus den Jahren 55 oder 56 stammt (nach Bruce, Muraba'at Scrolls 529). Er findet in der Kommentarliteratur zur Apk nur zögernd die ihm gebührende Aufmerksamkeit. 159 Die Deutungsvielfah zum Text zeigt die Breite, in der Assoziationen aus menschlicher Weisheit zu Apk 13,18 möglich sind. Eine Übersicht über die Forschungspositionen bietet Huß 108 fT. Neben der gematrisehen Deutung auf einen römischen Kaiser - wobei die aufNero von jeher gewichtige Vertreter fand (z. B. Bousset, Offenbarung 373) - ist bis zur Gegenwart besonders diejenige auf die gnostische Ogdoas, die Sophia, lebendig, wonach es hier um eine Bekämpfung der Gnosis ginge (s. Braumann, "'f)
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Wieder spielt die Neroerfahrung als grundlegendes negatives Erlebnis der Christen mit dem römischen Reich und Kaisertum rur die Textgestaltung eine erhebliche Rolle: 17,8.11 lassen die Legende von der Wiederkunft Neros anklingen, die bereits kurz nach dessen Tod aufkam (s. Tacitus, hist. 11 8) und gerade im Osten des Reiches Verbreitung fand. Sie verschmolz dort mit der Erwartung eines Ostkönigs, der Rom erobern und die Welt beherrschen würde, und konn.te so zu einem Element antirömischen politischen Denkens und Propagandierens werden. Ein Legendentypus entstand, der den wiederkehrenden Nero als positive, ja geradezu Heilsgestalt sah und auchjüdisch adaptiert werden konnte (in Sib VIII 65ff. 138-159; vgl. IV 11~124.137-139). Christlich - und jüdisch - kippte dann das Bild Neros zu dem eines eschatologischen Gegenspielers um, rur den sogar die Identifizierung als Beliar nahelag (bes. Sib V 93-110.361-384; 111 63; AscJes 4,24). An diesen Stand der Legendenentwicklung knüpft die Apk an, nimmt an einer Stelle aber eine wesentliche Modifikation vor: Während die heidnische wie die frühe jüdische Legendenbildung davon ausgehen, daß Nero lebe und deshalb wiederkehren könne - was angesichts der unklaren und besonderen Umstände seines Todes, bei dem er nur wenig über dreißig Jahre alt war, durchaus zu verstehen ist -, hebt sie auf den der Wiederkehr vorangegangenen Tod der antigöttlichen Gestalt ab (13,3.12.14). Darin tritt kaum ein besonderes Wissen um die Art und Weise von Neros Tod hervor. Vielmehr handelt es sich um einen theologisch-redaktionellen Eintrag aus der Gegenbildlichkeit des Tieres von Kap. 13 zum Lamm, das getötet wurde (vgl. 13,3 mit 5,6!)162. Bis in die spezifische Traditionsaufnahme hinein bestätigt sich damit, daß es dem Apk-Autor im Corpus seines Werkes um die Entfaltung eines eigenständigen und in sich durch mancherlei Querlinien - wie die Antithetik von Lamm und Tier - verbundenen theologischen Entwurfes geht, der zwar geschichtlich beziehbar bleiben soll, aber nicht an der direkten Wiedergabe der Geschichte und Geschichtserwartung seiner Zeit interessiert ist.
Kommt es dem Apk-Autor im Corpus also nachweislich auf die situative Einschlägigkeit seiner Schilderungen in von heidnischen Pressionen geschüttelten Gemeinden an, so überrascht doch die Einlinigkeit und Intensität, mit der er die satanische Größe nun gegenüber der in den Sendschreiben gespiegelten Situationsvielfalt auf Rom zuspitzt und fixiert. Diese Darstellungs- und Beurteilungsverschiebung läßt sich nicht ganz auflösen, wird aber aufgrund der Motive verständlich, die zu ihr geführt haben dürften. Dies ist zunächst die Erwartung einerChristenverfolgung, wie sie namentlich 6, lI und 13,7.9 f. spiegeln und die dem Sendschreibenbefund nicht widerspricht, sondern ihn nur steigert - ein Vorgehen, das sich ganz in den Charakter des Apk-Corpus als gesteigerten Redens einfügt und durch persönliche Verfolgungserfahrungen des gen, die etwa Strobel, Abfassung passim, Huß 104fT. (mit Anm.) und Scherrer 19-29 besprechen. 162 Dies arbeitete namentlich Yarbro Collins, Combat Myth 176-183 heraus. Zur Neroredivivus-Legende s. weiterhin Prigent a.a.O. 11 229-232 und Collins, Sibylline Orades 8~7.
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johannes mitbedingt sein mag 163 . Zum anderen ist es die Wendung gegen eine im I.jh.n. ehr. römisch gerade in den Provinzen stark geförderte Tendenz, neben Roma auch den Kaiser zu vergöttlichen, eine Tendenz, die Domitian übersteigerte, als er den Titel beanspruchte, den Apk 4,11 (in griechischer Übersetzung) kaum zufällig von den himmlischen Wesen Gott alleine zusprechen läßt: dominus et deus noster (s. Sueton, Domitian 13,2). Rom entfaltete also im Abfassungszeitraum der Apk ein Selbstverständnis als göttliche Macht, das der monotheistisch denkende ApkAutor als entscheidende, alle antigöttlichen Erscheinungen an sich ziehende Auflehnung gegen den einen Gott sehen konnte, ja mußte 164 •
2.4.3.3 Die implizite Auseinanderset(.ung mit dem Judentum Zwar tritt in der Situationsspiegelung und -aufarbeitung des ApkCorpus die heidnisch-römische Bedrohung der Christen in den Vordergrund, aber die weiteren Komponenten der Kommunikationssituation bleiben in der Argumentation präsent. So bestimmt das theologische Grundgerüst einer Antwort auf die religiöse Verunsicherung der Christen durch die jüdische Leugnung der Heilswirksamkeit jesu und der Heilskontinuität der Christen zum alttestamentlichen Gottesvolk 165 schon die Eröffnung des Corpus in den Kap. 4-5: Kap. 4 betont in der auf jeden christlichen Eingriff verzichtenden Gestaltung der Vision Gottes und seines himmlischen Hofes aus der jüdischen Beauftragungs- und Thronsaaltradition 166, daß die anjohannes als einen Christen ergehende Schau den einen Gott, den des Alten Testamentes, zum Zentrum hat. Aus ihr nun geht in einem gezielt engen, sachlich nicht auflösbaren Konnex die 163 Die Erwartung einer größeren Auseinandersetzung mit dem Heidentum wird in der Forschung geläufig zur zumindest partiellen Erklärung der Spannung SendschreibenCorpus der Apk herangezogen (s. z. B. Huß 32). In aller Schärfe arbeitete schon Schütz passim den antiimperialen Impetus der Apk heraus. Zum Mittel des gesteigerten Redens in der Apk s.o. Anm. 131, zum etwaigen Verfolgungshintergrund von Apk 1,9 s.o. Anm. 213 zu 2.3. 164 Historische Hintergrundinformation zur Entwicklung des Kaiserk~ltes bis Domitian stellte im Blick auf die Apk zuletzt Prigent a.a.O. 11 (passim) zusammen. Cuss 50-112 untersuchte die terminologischen Bezüge der Apk zum Kaiserkult (mit Schwerpunkt auf Apk 13). Der Problembereich ist in der Sekundärliteratur so gut erschlossen, daß in vorliegender Arbeit die obigen kurzen Ausführungen genügen können. Eine gewisse Vorsicht ist nur gegen Überinterpretationen in der Sekundärliteratur zu wahren, so etwa wenn Scherrer (im Zusammenhang von 57-83) den göttlichen Anspruch Domitians - von der Welt im Text auf den textexternen Bereich überspringend - direkt mit dem blasphemischen Namen von 13, I zusammenbringen will oder wenn Aune, Influence im Bild des himmlischen Gottesdienstes in der Apk eine Parodie auf den Kaiserkult sehen will (etwas zurückhaltender ist Carnegie 254 ff.). 165 S. den Befund in den Sendschreiben o. unter 2.3.3.2 b). 166 S. Rowland, Visions 145 vor 14'>-150; zu Kap. H. allg. schon o. unter 2.4.2.1.
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Vision einer Heilsgestalt hervor, die vorab als die Trägerin gerade der am Alten Testament festgemachten jüdischen messianischen Erwartungen charakterisiert wird (in 5,5) 167. Ist damit ihre Übereinstimmung mit dem Glauben des alten Gottesvolks herausgestellt, so folgt unmittelbar die unmißverständliche Klärung, um wen es sich bei dieser Heilsgestalt handelt: um den, der unter Einsatz seines Lebens gesiegt und die Heilstaten für die Menschen aus allen - jüdischen wie heidnischen - Stämmen und Völkern vollbracht hat (5,6.9f.). Er ist für die Rezipienten der Apk eindeutig als ]esus identifizierbar, dessen Auftreten und Sterben sich freilich nicht einlinig mit den jüdischen messianischen Erwartungen zusammenbringen läßt. Seine in keiner messianischen Tradition aufgehende Prädizierung als CtgvLov spiegelt dies als Neuformulierung eines Glaubens, der sein ganzes Heil auf]esus setzt und an ihm als dem gekommenen eschatologischen Wurzelsproß Davids festmacht (vgl. noch 22,16b)168. Das Kapitel gipfelt in den Vv. 11-14 in einer sich universal ausweitenden Akklamation des Lammes wie Gottes selbst (s. bes. V. 13), die in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringt, daß gerade der sich auf Christus als das Lamm verlassende Glaube die Kontinuität zum alttestamentlichen Heilsglauben besitzt und wahrt. Der Fortgang des Corpus behält die Linie impliziter Auseinandersetzung mit dem] udentum bei. Er stellt die Christen als die Knechte Gottes und damit die wahren Söhne Israels dar, die in ihrer großen Voll zahl Gottes Siegel erhalten (7,3-8 in Verbindung mit 14, I) 169. Sie können Israels Heilsverheißungen beanspruchen, angefangen bei den messiani167 Die Prädikationen der Engelrede in 5.5 lassen Gen 49,9 und Jes 11,1.10 anklingen. Beide Stellen wurden im Frühjudentum messianisch verstanden (s. Strack/Billerbeck HI 80 I; vgl. Reichelt 130). 168 Der Sprung über den jüdischen Glauben hinaus erfolgt strenggenommen bereits im Siegesmotiv von V. 5 (s. Reader 130f.). Zum aQvLov-Prädikat s. o. Anm. 64. 22,16 b steigert die Aussage \"on 5,5, indem sich Jesus direkt als die Wurzel und das Geschlecht Davids identifiziert (freilich ist auch eine zurückhaltendere traditionsgeschichtliche Erklärung möglich - s. Prigent, L' Apocalypse 357f.). 169 Zur Interpretation von 7,3--8 innerhalb des Kap. 7 vgl. neben den Kommentaren bes. Huß 137, 138-149 (dort 146-149 eine Diskussion der Forschungspositionen). Die große und umfassende Vollzahl 144000 ergibt sich aus 12x 12x1000. - Eine bemerkenswert weitergehende Deutung trägt Feuillet, Les 144000 vor. Aufgrund der Traditionslinie von Ez 9,2-6. auf die Apk 7,3 anspielt, sieht er im Text einen Verweis darauf, daß eine große, vollkommene Menge von Juden Christen würden und darin die Erfüllung der religiösen Bestimmung des erwählten Volkes anzeigten, einen Verweis, der sich maßgeblich gegen die Juden richte, die der christlichen Religion gegenüber feindlich blieben (s. bes. 220f.). Dagegen verfehlt Stuhlmann 198f. die Stoßrichtung des Textes, wenn er 7,1-8.9 als Beleg dafür heranzieht, die Apk beschränke die gegenwärtige christliche Gemeinde auf J udenchristen, zu der erst in der futurisch-eschatologischen Völkerwallfahrt (V. 9) Heidenchristen hinzukämen: Er negiert die visionäre Gleichrangigkeit von 7,1-8 und 7,9 und trägt den Völkerwallfahrtsgedanken an letzterer Stelle ohne Anhalt am Text ein.
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schen Traditionen in Kap. 5 bis hin zu den Zions- und Paradiesestraditionen in 21,9-22,5. In der Fülle solcher Traditionsaufnahmen schlägt das judenchristliche Erbe des Apk-Autors durch, für den das neue Gottesvolk das alte nicht einfach ablöst, sondern primär erweitert 170 , dabei dessen Rahmen freilich durchbricht. Ein Beispiel für letzteres bietet 11,19: Blieb jüdisch der Tempel allen Nich~uden verschlossen, so öffnet er sich - dem Passivum divinum nach auf den Willen Gottes selbst hin - bei der von Johannes seinen Adressaten vorgestellten Heilserfüllung. Die Lade, die nach jüdischer Ansicht kein Nichtpriester sehen konnte und durfte, ohne deswegen sterben zu müssen (s. Num 4,20; vgl. I Sam 6,19), wird offen sichtbar. Gottes endgültiges Heil kennt keine Beschränkung auf irgendwelche Personengruppen, weder auf priesterliche noch auf von alters her als einzelnes Volk erwählte l71 . Die abschließende Heilsvision in Apk 21,9-22,5 geht noch einen Schritt weiter. Sie bezieht das Heil nicht allein wiederholt christologisch (z. B. 21,9; 22, I), sondern hebt damit verbunden jede kultische Heilsvermittlung als belanglos und - mehr noch - als nicht mehr existent auf: Es gibt keinen Tempelbau im heiligen Jerusalem, denn Gott, der Pantokrator, ist sein Tempel, und mit ihm das Lamm (21,22). In der Tradition der frühchristlichen Tempelkritik wird die jüdische Heilserwartung "eines wiederhergestellten Tempels und Kultes" negiert, tritt Gott in Verbindung mit Christus als dem das Heil tragenden Lamm an deren Stelle l72 . Bei Beachtung der impliziten Auseinandersetzung mit dem Judentum gewinnt die Gesamtanlage der Apk also eine zusätzliche Tiefendimension. Ihre semitisierende Sprachgestalt wie durchgängige Bezogenheit auf alttestamentlich-jüdische Traditionen erweisen sich als Umsetzung der Auffassung des Apk-Autors von der Kontinuität des christlichen Glaubens zu dem des alten Gottesvolkes. Der schwierige Nachsatz zu Apk 19,10 erhält geradezu programmatisches Gewicht 173 • Seine These, das 170 Böcher, Aufsätze 33-49 stellt die ekklesiologischen Aufnahmen jüdischer Tradition gut zusammen. Der Gedanke der Erweiterung des alten Gottesvolkes läßt sich maßgeblich aus Kap. 7 belegen: Bei aller Gleichrangigkeit der Visionen von 7.1-8 und 7,9 ist doch die auf die zwölf Stämme Israels bezogene Vision vorangestellt, wird ihre beschränkte Zahl in V. 9, der in der Aufführung der q>UAO( auf sie zurückgreift, nur universalisiert. Und der 12Stämme-Gedanke in den VV.4-8 enthält noch keine Spur einer heidenchrist lichen Umpalung, wie sie bei Herrn sim IX 17 durchschlägt (vgl. Böcher a.a.O. 38fT., der noch aufdie parallele Vorordnung von 21,12 vor 21,24 hinweist). 171 Zur Interpretation von 11,19 vgl. etwa Hadorn 127 und Prigent a.a.O. 175, deren keiner freilich die aufgezeigte kommunikative Spitze herausarbeitet. 172 Dazu s. Reader 119 (die Tradition an den Tempel geknüpfter Erwartungen reicht von Ez 40,.'>-47,12 bis zur Tempel rolle von Qumran). In den Zusammenhang paßt es, wenn Apk 11, I f. eine alte Tempelweissagung einfach als uminterpretierbares literarisches Ver· satzstück aufnimmt; rur einen Überblick über die trotzdem nicht spannungsfreien Aussa· gen der Apk zum Tempel s. a.a.O. 122-124. 173 Die von Bousset, OfTenbarung 430 bis Müller, OfTenbarung 320 vertretene AufTas-
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von Jesus ausgehende Zeugnis sei der im prophetischen Wirken tätige Geist, nimmt nämlich im zweiten Glied ein ausgesprochen jüdisches Theologumenon auf, die in nachalttestamentlicher Zeit breit belegte Auffassung vom :1K':ll m" von dem Geist, der auf die großen alttestamentlichen Gestalten herabkommt l74 . So läßt er über die frühchristliche Prophetie hinaus die alttestamentliche in ihrem weitesten Sinne mit assoziieren, behauptet er auch für diese, sie lege nicht nur Zeugnis für Jesus ab, sondern gehe aus dem ZeugnisJesu hervor l7S . Diese These, die im Denken des frühen Christentums nicht allein steht - auch für 1 Petr I, II gilt der Geist Christi als in den Propheten vorab bezeugend wirksam 176 -, bietet gewissermaßen den hermeneutischen Schlüssel zum Vorgehen des Apk-Autors: Er lehnt sich in der Entfaltung seiner auf eine Offenbarung Jesu Christi zurückgeführten Visionen durchgängig an die alttestamentliche Prophetie an, weil diese für ihn vollgültiges von Jesus ausgehendes Zeugnis ist. Die Kontinuität des neutestamentlichen zum alttestamentlichen Gottesvolk versteht er, sich weit von seiner jüdischen Herkunft entfernend, nicht nur als historischen Anschluß, sondern als eine durch Gott selbst inJesus von jeher begründete Einheit l77 .
2.4.3.4 Der Bezug auf das Wirksamwerden gnostischer Tendenzen bei den Adressatengemeinden Die (früh- )gnostische Gefährdung der Christen bezog ihre Verführungskraft nach dem Befund von Apk 1-3 vor allem aus in ihrem Sinne prophetischen Sonderoffenbarungen, die dank ihrer dualistischen Entwertung der Welt theoretische Weltflucht und handlungsmäßige Weltintegration so zu verbinden erlaubten, daß ihre Anhänger gegenüber ihrer sung unserer Stelle als Glosse beraubt die Apk also um eine Aussage, die deren Autor so wichtig war, daß er sie dem Offenbarungsengel selbst - in Verbindung mit dem Motiv der Abwehr der Engelverehrung notgedrungen etwas nachklappend - in den Mund legte. 174 Belege bei Schäfer, Vorstellung vom Heiligen Geist bes. 23-27. 175 Das "ZeugnisJesu" ist wie I ,2 gen. subi. (s.o. unter 2.1.2.2c); mit z. B. Hadorn 188). Den Einbezug der alttestamentlichen Prophetie bemerkte die Forschung (einschließlich Hadorn a.a.O.) freilich nur unzureichend: Noch Bruce, Spirit 337 behauptete, obwohl er den Bezug auf den jüdischen Ausdruck sah, Apk 19,10 habe (nur) christliche Prophetie im Auge. 176 Belege zum weiteren Kontext dieser Vorstellung im frühen Christentum bietet Schelkle, Petrusbriefe 41 Anm.3; zu ihnen dürfte darüber hinaus noch IgnPhld 5,2 zu zählen sein. 177 Die Konsequenzen dieser Auffassung rur die Christologie in der Apk können hier nicht entfaltet werden. Jesu alle, auch die vorchristlichen Zeiten umfassende Wirksamkeit entspricht aber ganz seiner umfassenden und einzigartigen Würde, die Apk 5 entfaltet. Bultmanns These vom "schwach christianisierte(n)judentum" der Apk (Theologie 525) wird, wie schon ihrer Ethik (s.o. Exkurs 4), so auch ihrer Christologie und Hermeneutik nicht gerecht.
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Umwelt unauffällig wurden und daher äußeren Pressionen entgehen konnten l78 • Kaum zufällig entfaltet der Apk-Autor die ihm zuteilgewordene Offenbarung J esu Christi dagegen im Werkcorpus in einer Weise, die einen kosmologischen Schöpfungsdualismus und theoretische Weltflucht ebenso wie handlungsmäßige Integration in die nichtchristliche Umwelt ausschließt: 4, II stellt er Gott in Gipfelung der Thronsaalvision als Schöpfer vor. In Kap. 12 führt er folgerichtig, so dualistisch er formuliert, die Realität des Bösen nicht auf einen in sich negativen Charakter der Welt zurück, sondern läßt es erst geschichtsbezogen in sie eindringen - mythologisch als Hinabstieg des gestürzten Diabolos zur Erde und zum Meer (s. bes. vv. 10-12). Ohne Scheu auch vor problematischen Konsequenzen bezieht er die Heilsdurchsetzung Gottes undJesu dem korrelierend im ganzen Corpus auf die Welt und ihre Geschichte. Kompromißlos entwickelt er eine sozialkritisch-asketische christliche Differenzethik, in deren Rahmen er um der Glaubenstreue und des Standhaltens gegen satanische Umweltmächte willen sogar zur fatalistischen Hinnahme von Martyrien bereit ist 179. Der christlich einzuschlagende Weg ist viel schwerer als der nikolaitisch-isebelsche I80 , aber er ist - das betont der Duktus von 1,1 f. über 1,12-19 bis zu 22,18-20a immer wieder gegenüber seinen Rezipienten - in unabweisbarer Weise vonJesus autorisiert. NebenJesus gibt es, wie die Thronsaal- und Lammesvision von Kap.4f. klarstellt, keine Gestalt, die als Träger besonderer Offenbarungen Gottes auch nur in Frage käme. Denn niemand besitzt nach der pointierten Darstellung von 5,2-4 die dafür nötige religiöse Würde l81 . Die von den Gnostikern behaupteten Prophetien und Sonderoffenbarungen erübrigen sich in ihrem Geheimcharakter auch angesichts dessen, daßJesu vollgültige Offenbarung in der von ihm autorisierten Prophetie der Apk uneingeschränkt S. o. unter 2.3.3.3 u. Ö. Auf all diese Sachverhalte war bereits einzugehen, auf den Corpusfortgang und Kap. 12 o. unter 2.4.2.1 und 2.4.2.3 bzw. 2.4.3.1, auf die Ethik der Apk in Exkurs 4. 180 Aus dem Wissen darum dürfte die Pointe von 12,17 formuliert sein: Der Zorn des Drachen trifft diejenigen - und nur diejenigen -, die gegenüber alternativen Möglichkeiten an den Geboten Gottes festhalten usw. 181 Selbst wenn dies menschlich zutiefst erschüttert (5. die exemplarische Reaktion des Johannes in V. 4). Den Akzent von Apk 5 gegen alle menschlich-religiösen Würdigkeitsvorstellungen und -behauptungen (und damit auch gegen solche gnostischer Provenienz) arbeitete van Unnik, "Worthy is the Lamb" bes. 458f. heraus. Von da her erklärt sich, daß Johannes sein Werk 1,1 wirklich nur "OffenbarungJesu Christi" (nicht "Offenbarung des Johannes") nennen kann. - Wie stark die Impulse von Apk 5 auch für gnostische Ohren waren, zeigt EvVer (NHC I 3) 19,27-21,25: Auch hier erscheinen die Motive des Buches und der allein Jesus, dem für die Vielen Leidenden, eignenden Würde, jenes Buch zu nehmen, und dies so ausgeprägt, daß Barrett, Gnosis 131 f. sogar eine literarische Benutzung der Apk durch den Autor des EvVer annimmt. Sollte dies zutreffen, tritt aber auch das Spezifikum gnostischer Aneignung hervor: Das Buch ist nun das zunächstJesus, dann die Gnostiker umfangende, lebende Nous-Buch (vgl. Kretschmar, Offenbarung 73). 178
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zugänglich gemacht wird 182. Was immer sie an Geheimwissen darüber hinaus zu bieten vermöchten, fällt unter die Kategorie einer von Jesus gezielt vorenthaltenen Offenbarung und ist daher abzuweisen. Der schwierige Abschnitt 10,3f., der von einer Donneraudition berichtet, die Johannes nicht niederschreiben, sondern versiegeln, also seinen Adressaten vorenthalten soll, dürfte hier seine Spitze haben: Er gestaltet in einem Zusammenhang, in dem der Apk-Autor Rechenschaft über den Umfang des Gehalts seines Werkes ablegt (s. den Fortgang zu den Vv. ~II), die Tradition der "unsagbaren Worte" (vgl. 2Kor 12,4) eigenständig aus l83 , in deren Linie er betont, daß die Menschheit keine vollständige Offenbarung dessen, was ist und was kommt, erhalten kann und 5011 184 • Die implizite Kritik an Erkenntnisbemühungen, die bei ihrem Eindringen in die Tiefen Satans (oder Gottes?) keine gottgesetzten Grenzen respektieren (vgl. 2,24 im dortigen Kontext), ist unüberhörbar; man beachte, daß in Nag Hammadi eine ganze Offenbarungsschrift mit dem Titel "Der Donner (ßQovtiJ). Der vollkommene Nous" zutage kam (NHC VI 2, Titel 13, I )l8S. Solchem Denken gegenüber läßt der Apk-Autor im übrigen keinen Zweifel daran, daß auch bei einer (großkirchlichen) Beschränkung von Glaubenswissen alle für den Heilsglauben der Christen und zur Überwindung ihrer Anfechtungen maßgebliche Offenbarung J esu Christi mitgeteilt ist: Er bindet die Donneraudition als nur kleine Episode in einen Zusammenhang ein, der die Vollendung von Gottes Geheimnis nicht an sie, sondern ausschließlich an die siebte Posaune bindet (10,7), deren Geschehnisfolgen in 11,15-19 geschildert werden.
182 Apk 22, I 0 formuliert dies als Verbot der Versiegelung der Worte der Prophetie der in der Apk vorliegenden Schrift, das nicht nur als Antithese zu Dan 12,4 rezipiert werden kann (weitere Belege für das Versiegelungsmotiv finden sich in jüdisch-apokalyptischer Literatur nicht), sondern ebenso als Antithese zu dem für die Gnosis kennzeichnenden Gedanken, Offenbarungen besonderen Wissens müßten Auserwählten vorbehalten und vor allen anderen geheim bleiben (s. z. B. ApokrJoh NHC 11 1,31,28-32, I (par.); Melchisedek NHC I X I, 27,3-6; für die Versiegelung eines Himmelsbriefes OdSal 23,5-9). Auf den Sachverhalt war schon o. unter 2.1.2.1 und 2.3.1.2 hinzuweisen. 183 Auf die Aufnahme dieser Tradition wiesen schon etwa Lohmeyer, Offenbarung 85 und Hadorn 115 hin. 184 Yarbro Collins, Apocalypse 67. Verfehlt ist es demnach, den Gehalt der SiebenDonner-Audition nachträglich interpretatorisch zu ergänzen (gegen z. B. Kraft, Offenbarung 149). 185 Allerdings spielt der Donner in der dortigen Offenbarungsterminologie ansonsten keine gewichtige Rolle (auch NHC XIII 1,43,15 führt nur in den weiteren Zusammenhang). Aber man gerät in noch größere Schwierigkeiten, wenn man in den Donnern von Apk 1O,3f. eine Chiffrierung der Stimme GoUes (in der Traditionslinie von Ps 29 undJer 25,30) sieht. Denn die Donner sind 10,4 der Autorität der von ihnen unterschiedenen Himmelsstimme klar untergeordnet, die ihre Niederschrift verbietet. - Die Forschung zum Abschnitt ist unabgeschlossen; die Kommentare (von Bousset, Offenbarung 309 bis z. B. Morris, Revelation 136--139; Roloff, Offenbarung 108f.; Müller, Offenbarung 201) tragen Alternativen zur vorgetragenen rezipientenorientierten Deutung vor, ohne aber auch nur untereinander zu einem Konsens zu finden.
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Trotz dieser scharfen Differenzen zu den anvisierten Gegnern nimmt der Apk-Autor weiterhin wie in den Eingangskapiteln zur Gnosis fUhrende Traditionen auf, neu namentlich in den Heilsmotiven der avuJta'U<JL; (des Sich-Ausruhens 6,11 186; 14,13; vgl. negativ 14,11) und der Hochzeit mit dem Heilsträger (19,7-9; 21,2.9; 22,17) 187. Ersteres Motiv läßt sich als eschatologische Heilsvorstellung zwar in Altes Testament undJ udenturn zurückverfolgen 188, wurde aber erst in der Gnosis eine zentrale Heilskategorie l89 , während es sich im Neuen Testament - sehen wir von der Apk und der sich mit der Gnosis berührenden Stelle Mt 11,28-30 190 ab - nur noch in der gnostisch nun wiederum bedeutungslosen 191 Sprachgestalt xatWta'U<JL; XtA. findet. Letzteres ist im Alten Testament und zwischentestamentlichen Judentum nur in Einzelzügen vorbereitet (vgl. bes. Jes 61,10 zu Apk 19,7; 21,2)192, gewann also erst frühchristlich an Gewicht (s. bes. Joh 3,29; 2 Kor 11 ,2f.; Eph 5,22ff.) und wurde neutestamentlich am weitesten entwickelt eben in der Apk entfaltet l93 , bevor es in der Breite seiner Motivik von den Verschmelzungs- und Syzygiespekulationen der Gnosis (bes. des Valentinianismus) okkupiert wurde l94 . In 186 Auch dort ist avwtauoovtat als intransitive Verheißung gebraucht; s. o. Anm. 313 zu 2.3. 187 Auf die gnostische Rezipierbarkeit der jerusalem-, Namens- und Lebensbaum-, Paradiesverheißungen von 21,2 und 21,9-22,5 war schon bei den entsprechenden Überwinderspruchverheißungen hinzuweisen (s. unter 2.3.4). Ein weiteres zu verfolgendes Motiv wäre das der weißen Kleider (nach 3,4f.18 noch 4,4; 6,11; 7,9.13; 19,14; Garber ging diesem Motiv zwischen Neuem Testament und Gnosis nach, beachtete dabei aber die Apk nur unzureichend). 188 Belege s. bei Fiedler, avfutauOLI!; 208 (natürlich wird die Terminologie daneben auch im allgemeinen Sinn gebraucht, so in Apk 4,8). 189 Das Nag-Hammadi-Register fUhrt die Belege des griechischen aVMaUOL<; XlI... S. 211, die koptischen Äquivalente unter NT. 42B, 64B, 105B, 322A, 391 B auf. 190 Zu dieser Stelle s. Fiedler a.a.O. 208 und Vielhauer, ANAnA Yl:ll: 281 mit der dort Anm. 3 genannten Lit. 191 Das Nag-Hammadi-Register nennt (in Nr. 105B) einen einzigen, lediglich zum Vergleich heranzuziehenden Beleg. 191 Aus der jüdisch-apokalyptischen Literatur ist einzig 4 Esr 9,26-10,59 heranziehbar, ein schwieriger Text, der keinesfalls zur Vorstellung einer heilvoll-messianischen Hochzeit führt (s. z. B. 10,48 mit seiner Todesmotivik). Dies bemerkt auch Batey, Nuptiallmagery 530'., behauptet dann aber 56f. trotzdem - verfehlt - einen engen Zusammenhang zwischen dem Bild in der Apk und der Apokalyptik. 193 S. Schlier, Epheser 264f. undjeremias, ""J.'cpTJ bes. 1094f., 1097f. 194 Schlier a.a.O. 265-276 verfolgte die religions- und traditionsgeschichtliche Entwicklung vor der Veröffentlichung der Nag-Hammadi-Texte umfassend und erkannte dabei das Bezugsfeld zur Gnosis grundlegend (bei ihm finden sich auch die wenigen großkirchlichen Belege des 2.jh.). Der Schwerpunkt der Terminologie in den Nag-Hammadi-Texten liegt im EvPhil, wo die Vorstellung bis zum Sakrament des Brautgemachs weiterentwickelt ist (dazu s. Gaffron 191-219), und der Exegese der Seele NHC 11 6, 132,6-134,6. Weitere Belege s. Nag-Hammadi-Register S. 276 (und die dortigen Verweise), Batey a.a.O. 70-75 und Rudolph, Gnosis 2540'.
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beiden Fällen ergibt sich der Zusammenhang zwischen Apk und Gnosis nicht unmittelbar, sondern schlägt sich in ihm - sofern er nicht in traditionsgeschichtlich höchst unwahrscheinlicher Weise zufallig zustandekam - neben dem gemeinsamen Anliegen einer umfassenden positiven Heilsentfaltung auch das seit den Eröffnungsteilen der Apk beobachtete besondere Anliegen des Apk-Autors nieder, frühgnostisch aufnehmbare und aufgenommene Vorstellungen durch deren großkirchlich richtige Darstellung implizit zu korrigieren 195: Während der Ruhegedanke in gnostischen Texten als Höhepunktsvorstellung fUr die Vollendung der religiösen Erfahrung des Gnostikers steht und dabei etwa als Zielpunkt des Trinkens aus der lebendigen Quelle des Herrn erscheint (s. OdSal 30,2.7), ja einen noch über den Herrschaftsgedanken hinausgehenden Rang erhalten kann (s. Clemens Al., strom. V 14,96,3 und das Logion 2 des EvThom in seiner ursprünglichen griechischen Fassung des Pap. Oxyrh. 654,5-9) 196, meidet ihn der Apk-Autor in den die Heilsvollendung entfaltenden Schlußvisionen des Corpus wie im Werkschluß völlig, zentriert er dort das Heilserleben auf den Herrschaftsgedanken (bes. 22,5) und das Trinken von Lebenswasser (22,17), ohne ein damit verbundenes Ruhen auch nur anklingen zu lassen. Mehr noch, während es in der Gnosis darum geht, die Ruhe schonjetzt aktualisiert zu erfahren 197, stellt er sie als Verheißungsgut vor Augen, das - in deutlicher Bindung an den vorangegangenen Tod im Herrn - erst in Zukunft erlebt werden kann (6,11; 14,13) 198. So verwehrt er seinen Adressaten, die angesichts ihrer Bedrängniserlebnisse aktuelle Sehnsucht nach Ruhe in einer Weise zu stillen, die sie dem entzöge, sich der Welt und ihrem Leiden bis zum Tode - gegebenenfalls dem Märtyrertode - zu stellen. Der antignostische Akzent ist deutlich, denn gerade hierzu konnten die gnostischen Strömungen verleiten, wenn sie Tiefenerkenntnisse anboten, die die Weltbedrängnisse schon jetzt zur Belanglosigkeit verurteilten und schon jetzt Ruhe verhießen. Sachlich korrespondierend entfaltet der Apk-Autor die Hochzeitsund Brautmotivik in einer Weise, die den Ansatz gnostischer Spekulation praktisch unmöglich macht: Er betont in 19,7 ff.; 21,2.9 den Bezug von Brautschaft und Hochzeit aufdie zukünftige Vollendung und läßt erst von dieser Zukunft her 22,17 ihren Rückbezug in die Gegenwart zu, in der sie zu keiner das Gegenüber aufhebenden Mysterienvereinigung mit dem Heilsträger fUhren, sondern zu einer personalen, eucharistischen Begeg-
Vgl. die Erörterungen unter 2.1.2.1 u. ö. (Ergebnisse in 2.1.3 u. ö.). Dazu s. Viel hauer a.a.O. 297 und M~nard, Repos 73 (zum Gesamtcharakter des Begriffs dort bes. 71). 197 S. M~nard a.a.O. 770'.; Vielhauer a.a.O. 291 f. 198 Beide Aussagen zur Anapausis sind futurisch formuliert; zum syntaktischen Problem in 14,13 s. die Kommentare. 195
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nung mit ihm 199. Zudem vermeidet er jeden zu realistischen Gedanken um die hochzeitliche Vereinigung2°O. Wieweit der Apk-Autor für solche implizit korrektive Richtig-Darstellungen triftigen Anlaß hatte, läßt sich kaum mehr feststellen 201 . Aber wie wichtig sie ihm waren und vor allem, wie gefährdet ihm ihre korrekte Rezeption erschien, zeigen seine Einschärfungen im Werkschluß. Unter Berufung auf die OffenbarungsautoritätJesu 202 wiederholt er dort nicht nur den Rezeptionshinweis von 1,3, gegenüber alternativen Möglichkeiten an den Worten der Prophetie der in der Apk vorliegenden Schrift festzuhalten (22,7)203, sondern fügt er - nach 22,17 mit seiner Brautschaftsmotivik - noch das geharnischte Verbot hinzu, die Apk ihrerseits in ihrem Sachgehalt korrigierend zu ergänzen oder zu verkürzen (22,18f.). Die Verwerfung von 22,18 f., die in den Sicherungsformeln für politisch und vor allem religiös hervorgehobene Texte eine weit in den gemeinantiken - orientalischen wie griechischen - Raum reichende Vorgeschichte hat 204 , steht neutestamentlich in Form wie Schärfe singulär. Zeigt schon dies das Gewicht, das der Apk-Autor der Sicherung des religiösen Gehalts seines Werkes zumißt, so gibt er dem in der Formulierung mit bunitEvQL statt dem in den bis zeitgenössischen Vergleichs texten allein gebräuchlichen JtQO
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der Apk gesetzten Grenzen gehaltlich nicht beachten. Sicher gilt diese Abwehr jedweder Person und Gruppe, die den Apk-Text verändern könnte, aber sie besteht in der Linie von 1,3; 22,7 so auffällig auf der Sicherung des Gehalts der Apk als (richtiger) Prophetie, daß vorrangig die Auseinandersetzung mit den sich ihrerseits auf (vom Apk-Autor abgelehnte) "Propheten" berufenden Bileamiten/ Nikolaiten und Isebel-Anhängern anklingt 207 .
Es kann also davon ausgegangen werden, daß die Apk stets auch aufdie Gefährdung ihrer Adressaten durch frühe gnostische Tendenzen bezogen bleibt. Sie lehnt deren Lösung christlich erlebter Heilsbedrängnisse durch einen Dualismus, der die Welt pessimistisch als allein widergöttlichen Ort abwertet und zugleich eine heilsenthusiastische Erhebung aus ihr forciert, implizite korrigierend als zu einfach ab, weist ihr gegenüber auf die Zukunftsdimension und den Weltbezug des Heils hin. Diese Interpretationsperspektive kann auch zum Verständnis des schwierigen Redens der Apk von einer ersten Auferstehung in 20,5.6 beitragen. Im allgemeinen wird in diesem die Implikation einer zweiten Auferstehung angenommen und die Stoßrichtung von 20,5 f. entsprechend auf 20, 12.13 hin ausgelegt. Die theologisch kaum zu lösende Problematik entsteht, in der Apk eine doppelte Auferstehung annehmen zu müssen 208 . Dabei weist der Textbefund keineswegs zwingend in diese Richtung: Der Begriff einer zweiten Auferstehung erscheint kein einziges Mal in der Apk, auch in 20,11-15 nicht 209 . Daher ist es angeraten, das exegetische Interesse auf die Eigenintentionalität des pointierten Redens der Apk von nur einer - nämlich der ersten - Auferstehung zu richten, die sich als Auferstehung Verstorbener ausweist 210 . Demnach ist genauer zu hören, daß die Auferstehung einer besonderen Gruppe Verstorbener die erste Auferstehung ist, vor der es keine andere gibt, richtet sich die Stoß richtung der Apk auf die postmortale AbgrenZu dieser Auseinandersetzung mit ihren Höhepunkten in 2,14.20 s. o. unter 2.3.3.3. S. die Kommentare z. St. und etwa Reader 200f. Immer wieder kam es zu Versuchen, die Problematik zu entschärfen, am pointiertesten in der Beziehung der ersten Auferstehung auf die christliche Taufe, bei der sich zugleich die Annahme des Millenniums in der Apk innergeschichtlich auflösen läßt (so W. Robinson, ,The First Resurrection' passim), aber auch noch in Prigents exegetischer Rückdrängung der zeitlichen Implikationen der Vorstellung von der ersten Auferstehung zugunsten ihres Heilsgehalts, an dem die treuen Christen bereits in der Gegenwart Anteil hätten (L'Apocalypse bes. 303f., 312). Um die theologische Interpretation der Vorstellung geht es auch in einer Diskussion zwischen M.G. Kline, R. Michaels und P.E. Hughes in WThJ 37 (1975), 3~375 (Kline); 38 (1976),100-109 (MichaeIs) und 110-119 (Kline); 39 (1977), 31~318 (Hughes). 209 Er ist auch nicht vom "zweiten Tod" her zu erschließen und in die Apk einzutragen: Der Apk-Autor nimmt im Reden von diesem (2, I; 20,6) eine in sich klare, ohne einen Bezug auf eine zweite Auferstehung ausgebildete traditionelle Wendung auf (Belege bei Strackl Billerbeck 1II 830 f.), die ihm die Endgültigkeit/Todesenthobenheit des christlich verheißenen Heils auszusagen erlaubt (Näheres s. o. unter 2.3.3.2 b). 210 Sie wird im Fortgang der Apk erst nach der Parusieszene von 19,11-16 eingeführt (vgl. soweit Reader 334 Anm. 276) und betrifft laut 20,4 Getötete, die zum Leben kommen, wie Jesus zum Leben kam, der tot war (vgl. 2,8), ein Sachverhalt, der die Anm.208 genannten Entschärfungsversuche verunmöglicht. 207 208
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
zung der Auferstehung und impliziert sie den Ausschluß der Möglichkeit, eine prämortale (erste) Auferstehung zu behaupten. Ein solcher Ausschluß - den V. 5 b vor dem ansonsten mißverständlichen Makarismus des V.6 sicherstellt konnte in neutestamentlicher Zeit aber gerade in Kleinasien durchaus geboten sein. Denn dorthin weist die Kritik des 2Tim am Auftreten eines Hymenäus und eines Philetus, die sagen, die Auferstehung sei schon geschehen (2,17 f.) 211, eine Kritik, die Hippolyt (De resurrectione fr. I) bezeichnenderweise nur im Anschluß an den gleichlautenden Vorwurf an die Nikolaiten der Apk wiederholt! Es spricht also alles dafür, daß Hippolyt in seiner Behauptung des prämortalen Auferstehungsglaubens der Nikolaiten - der an ein in den paulinischen Gemeinden lebendiges enthusiastisches Taufverständnis anknüpfen konnte 212 - eine korrekte historische Reminiszenz bewahrt 213 und daß der Apk-Autor diesen Glauben im lebendigen Gespräch mit seinen Adressaten in 20,5f. sachlich richtigstellt. Die Kommunikationsorientierung der Apk erweist sich bis ins Detail ihrer Entfaltung.
2.4.3.5 Der Bezug auf ethisch unz.ureichendes Tun bei Christen in den Adressatengemeinden Der Bezug auf ethisch unzureichendes Tun in den Adressatengemeinden der Apk muß in deren Fortgang in den Hintergrund treten, sofern die Kirche dort wesentlich als Gemeinschaft der Vollendung und der Vollendeten, der Untadeligen gespiegelt wird (s. Kap. 7 und 14, bes. 14,5). Doch bleibt er präsent und kann deshalb vom zweiten Corpusteil an gewichtige Akzente setzen. Dafür ist an erster Stelle 16,15 zu nennen, wo eine eingesprengte Jesusrede den Gerichtsfortgang der dritten Plagenreihe gegen die Menschen, die das Zeichen des Tieres tragen und dessen Bild anbeten, Gott aber trotz - und gerade wegen - der Plagen verfluchen (s. 16,2.9.11.21), unterbricht. Die lÖou-Anrede reißt die Hörer/Leser der 211 Zur Diskussion um diese Stelle in ihrem historischen Aspekt s. neben den Kommentaren etwa Trummer 137-140, zu ihrem Ort in der Polemik der Past Karris, Polemic of the Pastoral Epistles 559f. und zu ihrer Deutung noch etwa U. B. Müller, Theologiegeschichte 67-71. 212 S. die implizite bzw. explizite Auseinandersetzung damit schon in Röm 6,4f. und I Kor 15, auf die Haufe, Gnostische Irrlehre 328 in ihrer Relevanz rur unseren Zusammenhang eingeht. 213 S. schon o. am Ende von 2.3.3.3. Übrigens mußten die Nikolaiten deshalb keineswegs notwendig alle Elemente einer futurischen Eschatologie leugnen - Hippolyt behauptet a.a.O. rur sie nur die Leugnung einer futurischen fleischlichen Auferstehung, die im Kontext gnostischer Fleischabwertung bleibt. Im Rahmen der von der neueren Forschung hervorgehobenen futurischen Erwartungen der Gnostiker (die Wisse 107 u. Ö. freilich zu einer Leugnung von Elementen realisierter Eschatologie in der Gnosis überzieht) dürften auch sie auf eine Überwindung oder Aufhebung der negativ gesehenen Welt ausgeblickt haben (vgl. zur Sache in anderen gnostischen Texten Kippenberg 760 fT., der seine U ntersuchung freilich auf die asketische Linie der Gnosis beschränkt und ihre realisierter denkende libertinistische Linie außer Acht läßt).
Die Bewältigung der Kommunikationssituation in Apk 4-22
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Apk aus der Betrachtung des Gerichts als einer nur fremden, gegen andere gerichteten Sache heraus. Jesus selbst macht es zu ihrer eigenen Sache, zwingt sie wahrzunehmen, daß es sich auch gegen sie richten wird, wenn sie nicht in der Erwartung seines stets möglichen eschatologischen Kommens wachen und ihre (Heils-)Kleider vor Verlust bewahren. Ein motivlicher und damit zugleich sachlicher Bogen schließt sich zurück zur mit weithin denselben Termini arbeitenden Ansage an die Gemeinde zu Sardes (vgl. 3,2 f. 4 f.). Daß dieser Bogen nicht zufällig ist, zeigt der N achsatz 16,15 c, der die Ausführungen zu Laodizea anklingen läßt, wenn er von drohender sichtbarer Nacktheit und Schande spricht (vgl. 3,18). So bringt Apk 16,15 zur Geltung, daß das Gericht in den Plagen für die widergöttlichen Mächte und deren Anhänger keine Heilsgarantie fur die Christen bedeutet, die ihnen ein unzureichendes Handeln erlaubte. Nach wie vor gil t - gerade un ter Blick auf Sardes und Laodizea -, was schon die Eröffnungsbeschreibung des epiphanenJ esus 1,16 mit dem zweischneidigen Schwert zur Geltung brachte: Nicht nur die widergöttlichen Mächte, auch die Christen selbst können ihr Heil verlieren, auch ihnen kann gerichtliche Verurteilung drohen 214 . Getreu dieser Linie läßt sodann die Gerichtsschilderung in 20,11-15 keinen Zweifel daran, daß das Gericht nach den Werken als dem Gesamtvollzug des Lebens vor Gott geschieht (20,13 c), der in den Gemeinden öfter scharf zu kritisieren war (s. 2,5.22f.; 3,2.15). Gott selbst verbürgt 21,7 f.: Wer in seinem Leben den sichtbaren Sieg im Kampf um die Bewahrung seines von Gott geschenkten Heils gewinnt, dem gilt die Fülle der Heilsverheißung. Wer ihn aber verfehlt, indem er sich in irgendeiner Weise in seinem Handeln mit den antigöttlichen Mächten einläßt, den trifft das Los der gerichtlichen Verurteilung, der endgültige, zweite Tod im See, der in Feuer und Schwefel brennt. Daraus zieht der Apk-Autordie Konsequenz, daß trotz aller Heilsfülle in der Vollendung niemand in die vom Himmel kommende heilige Stadt Einlaß findet, der sich in seinem Handeln gegen Gott vergeht (21,27a)215. Der Abschlußteil des Gesamtwerkes schließlich macht klar, daß das, was für die visionär geschaute zukünftige Heilsvollendung gilt, ebenso bei deren Prolepse im gegenwärtigen Leben der Christen zur Geltung kommen muß. Auch über ihr steht das Gericht nach dem Handeln (22,11), so 214 Apk 16,15 ist also gerade kein literarischer Fremdkörper in der Apk (gegen eine bis zu H. W. Günther, Nah- und Enderwartungshorizont 44, vgl. 152 reichende ForschungsIinie), erschließt seinen Sinn aber erst bei einer in der Forschung weithin unterbleibenden Auswertung seines (von Bousset, Offenbarung 398 bis Müller, Offenbarung 282 durchaus bemerkten) Anredecharakters. Auf die Stelle (bzw. ihre Parallele in 3,3) war schon o. unter 1.2.2.2b) und 2.3.1.3d) einzugehen. 215 Zur Deutung des vLxciv s. o. unter 2.3.4, zur Einzelauslegung von 21,8.27 a bes. Reader 188-194,134f.
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruklur der Apk
daß selig ist, wer sein Gewand wäscht (22,14), draußen aus dem Heil aber die sind, die sich in ihrem Handeln mit den widergöttlichen Mächten einließen, weshalb sie gerade dann hinaus müssen, ja eigentlich von sich aus schon draußen sind, wenn es darum geht, das Heil in der Begegnung mit dem Herrn beim Herrenmahl zu erleben (22,15 vor 22,17.20)216. Der kommunikative Spannungsbogen schließt, was die Ethik angeht, in derselben Rigorosität, in der er in den Sendschreiben begonnen hatte 217 .
2.4.4 Zusammenfassung Nach der vorgetragenen Analyse stellt der ganze Fortgang der Apk, ihr Corpus und ihr Schluß, eine rezipientenorientierte Aufarbeitung der von ihrvora usgesetz ten Komm unika tionssi tua tion dar. Durch weg rezi pien tenorientiert gestaltet, dient das Corpus gegenüber allen situativen Anfechtungen zum positiven, negativen und abschließenden Beweisgang für die machtvolle Herrschaftsdurchsetzung Gottes undJesu, seines Gesalbten, der keine Macht widerstehen kann, entfaltet der Apk-Schluß daraufhin die Nähe und eucharistische Antizipierbarkeit solcher Heilszukunft. Das Heil ist nahe wie der kommende Herr, das soll nach dem Willen des ApkAutors für seine Rezipienten zu einer Gewißheit werden, aus der heraus sich allen Bedrängnissen und Gefährdungen christlicher Existenz begegnen läßt. Drohende heidnische Verfolgungen wiejüdische Heilshinterfragungen macht diese Gewißheit als eschatologische Geschehnisse aushaltbar; gegen die Verlockungen eines zu einfachen gnostischen Dualismus und eines zu lauen, ihr nicht gemäßen Handelns muß sie bewährt werden. In all diesen Aspekten findet ein überaus lebendiger impliziter Dialog des seiner Herkunft nach judenchristlichen Apk-Autors mit seinen heidenchristlich-hellenistischen Adressaten statt. Dieser Dialog hat seine Basis in der gemeinsamen christlichen Glaubensüberzeugung vom Heilswirken Gottes inJesus. Einen Prüfstein für diese christlich-theologische Ortung der Apk bildet die besondere Art der Entfaltung von Gottes Herrschaftsdurchsetzung in ihr: Wenn sich Gott im zweiten Corpusteil und in 19,11-20,15 gegenüber seinen Feinden als der Herr im vernichtenden, zerstörenden und tödlichen Gericht erweist, ohne daß dort auch nur einmal von vergebender Gnade und Feindesliebe gesprochen wird, schlägt dann nicht ein Vergeltungsdenken durch, das hinter den genannten Kommunikationsgrund, hinter die Bindung an Jesu Heilswirken, zurückgeht? Gewinnen Rachekategorien nicht zu großen Raum, selbst wenn Gewaltausübung
316 317
Vgl. die Hinweise zum Duktus des Apk-Schlusses o. unter 2.4.2.2. Vgl. insgesamt die Ausführungen o. in 2.3.3.4 und Exkurs 4.
Vergeltung und Rechtsdurchsetzung Gottes in der Apk
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durch Christen ausgeschlossen bleibt? Ein Exkurs soll sich diesen Fragen stellen 218.
EXKURS
5: Vergeltung und Rechtsdurchset;:,ung Gottes in der Apk
Unbestreitbar nimmt die Apk Erwartungen von Gottes Rache und Vergeltung gegen seine Feinde auf. Der Klagerufder Märtyrer 6,9f. faßt sie als menschliches Anliegen. Der zweite Corpusteil spiegelt sie im wiederholten Reden von Gottesd urcha us auch emotionalem - Zorn 219, 18,6 sodann in der doppel ten Z urückwendung von Babyions verfehltem Tun gegen dieses. Nimmt Gott hier strafend sein Recht, so gibt er es umgekehrt in der Rehabilitationsszene von 20,4 den Menschen, die trotz Leiden dem Tier widerstanden. Er vergilt also doppelt und universal, was auch 22,11 f. beibehält, so gewiß es das Gericht an Jesus bindet. Die jüdische Tradition mit ihrer Überzeugung eines notwendigen Zusammenhangs von Tat und Tatfolge, in dem nach von Gott verbürgter und in Kraft zu setzender Ordnung auf böses Tun unheilvolles Ergehen, auf gutes Tun heilvolles Ergehen antwortet, erhält größtes Gewicht 220 . Trotzdem herrscht in der Apk das Vergeltungsdenken nicht ungebrochen. Vielmehr gerät es aus seinem Kern, der Auffassung vom Rechtshandeln Gottes, heraus in Bewegung. Zum einen aktiviert der Apk-Autor die Schöpfungsdimension dieses Rechtshandelns neu. Im zentralen Hymnus des zweiten Corpusteils (15,3 f.) spricht er (V. 4) von den ÖLXaLro~a'ta Gottes, seinen mpu, die mit der jüdischen Tradition Gottes "Gerechtigkeit als Recht des Schöpfers" dokumentieren 22 t, und verknüpft mit ihnen die eschatologische Schöpfungsverheißung des Ps 86,9, alle (von Gott geschaffenen) Völker würden kommen und vor Gott als Herrscher niederfallen. Argumentativ bleibt so der alttestamentlich-jüdische Traditionsrahmen erhalten, aber in der Sache entsteht ein neuer Ton: Die universale Proskynese führt einen ersten Schritt über das universale Vergeltungsrecht mit sein('r Strafdimension hinaus 222 . Zum anderen - und gewichtiger - bewährt sich die innere Sprengkraft des unverbrüchlich zu Gottes Gerech tigkei tgehörenden 118 Sie beschäftigen die Forschung seit langem: s. bes. Klassen, Vengeance passim (dort 301 f. Bemerkungen zur Forschungslage bis 1966), Yarbro Collins, Revelation 18 S.204 sowie dies., Persecution and Vengeance passim. 119 Während die acht Belege des objektiveren 6m/6QY(~Ea6QL sich über das ganze Corpus verteilen, ballen sich die sechs auf Gottes Zorn bezogenen Belege des emotional aussagekräftigeren (s. Hollander, 6-u!W~ 396 und in der Apk bes. 12,12) Terminus 6-u!W~ im zweiten Corpusteil und am Anfang des Corpusschlußteils (für die Belege s. ComputerKonkordanz 860, 1372). - Zu den hier und im folgenden genannten Apk-Stellen s. jeweils die Exegesehinweise o. unter 2.4.2. 110 Zur Tradition im Überblick s. Böttger, Vergelten 1267 f. Apk 22,12 bricht um des Anschlusses an sie willen sogar den ausschließlichen Heilscharakter der angespielten Stelle Jes 40,10. 111 Stuhlmacher, Gerechtigkeit Gottes 201. Für den Zusammenhang in der Apk ist es wichtig zu sehen, daß diese Rechtstaten Gottes traditionell (s. bes. Jes 63,1-6) seine Zornes-, Vergeltungstaten mit umfassen (s. Herold 277 fr., der freilich den Sachverhalt nicht bis in die Apk verfolgte). 111 Zur Interpretation von Apk 15,4 vgl.Jörns 130fT.
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
Heilswillens Gottes. Denn hier vermag die christliche Überzeugung des ApkAutors anzuknüpfen, daß in Jesu Heilstaten eine universale Ausweitung von Gottes Heilswillen auf Menschen aus jedem Stamm, jeder Sprachengemeinschaft,jedem Volk und jeder (heidnischen) Nation ihren Ausdruck gefunden habe (s. 5,9). Eine universale Schar kann deshalb 7,9f. eschatologisch Gottes sich durchsetzende Rettungsrnacht proklamieren 223 , die auch über die starre Notwendigkeit einer Straffolge fur die böse Tat hinauszuführen vermag. In der Vollmacht Jesu wird es möglich, in den Sendschreiben noch nach dem verfehlten Tun eine heilserhaltende Umkehrmöglichkeit einzuräumen 224 . Und im Endgericht des Kap. 20 entsteht eine eigentümliche Schwebe, ja Heilsoffenheit, wenn zwar alle nach ihren Werken beurteilt (V. 13), aber nur die zum Feuersee verurteilt werden, die nicht im Lebensbuch geschrieben stehen (V. 15): Namentlich genannt werden als Verurteilte allein die widergöttlichen Mächte und Todesgestalten (VV. 10.14)225. Im Corpusschlußteil und Werkschluß erhalten diese Aufsprengungslinien eines einfachen Vergeltungsdenkens besonderes Gewicht. Die universale Anerkennung von Gottes Macht findet in die Neuschöpfungsvision des Kap. 21 über eine Verlängerung der Völkerwallfahrtsmotivik Eingang: Mit den Völkern bringen laut V. 24 die zuvor stets als Vasallen der gottfeindlichen Mächte gezeichneten (s. bes. 17,2.18; 18,3.9; 19,19) Könige der Erde ihren Macht- und Prachtglanz in die Stadt Gottes ein; sie alle ordnen sich Gottes und Jesu Herrschaft unter 226 . Das bedeutet aber Heilspartizipation auch für sie, denn sie finden in ihrem Anerkennungsakt unversperrtel) Eingang in die Heilsstadt, deren Tore stets offenstehen (vgl. V. 25). Die Heilsanerkennung läuft mit der universalen Heilsausweitung zusammen, die im folgenden gar in den Vordergrund tritt: Ganzjährig, alle Zeit, trägt nach 22,2 der Baum des Lebens in der Stadt seine Früchte, und seine Blätter heilen - in Füllung ihres Ez 47,12 vorgezeichneten Arzneicharakters - die Völker. Das Apk-Corpus endet hier in einer "Entschränkung jüdischer Hoffnung" "mit der Verheißung der Aufnahme in die Gottesstadt von ,Geheilten' aus der ganzen Menschheit"227. Konsequent fügt 22,3a aus dem Wissen, daß damit jüdische Reinheitsgesetze durchbrochen werden, hinzu, nichts Verfluchtes, keinen Bannfluch, werde es mehr geben 228 • Obwohl der Textzusammenhang kurz vorher noch an der Möglichkeit des Ausschlusses vom Heil festhielt (in 21,27), werden die Bannungskriterien relativiert, die diesen bedingen könnten 229 . Nur vorübergeZur Interpretation von 7,9f. s. bes.Jörns 7~3. Dazu s.o. unter 2.3.1.3b) u.ö. Auf das Gewicht des Umkehrgedankens in der Apk weist namentlich Vögtle, Gott 384f. hin. 22! Auf diesen auffälligen Zug in Apk 20 weist namentlich Böttger a.a.O. 1268 als Sprengung des .. Vergeltungsschema(s)" hin. Er wird freilich in 21,8.27 beingeschränkt. 226 Zur Interpretation von 21,24 vgl. Reader 127-130. 227 Zur näheren Interpretation von 22,2 s. Reader 140-150. 11. Alle Bewohner der Stadt gelten demnach als (kultisch) heilig, so daß Gott in seiner Heiligkeit mitten unter ihnen sein und ihren Dienst entgegennehmen kann usw. (V. 3 b-5); zur Interpretation von 22,3 vgl. Schüßler Fiorenza, Priester bes. 376, zum Gesamtduktus o. 2.4.2.1. 119 22,3 a steht in einer kaum aufhebbaren Spannung zu 21,27, wonach nicht nur jeder Täter von Greue! und jeder Lügner aus der Stadt auszuschließen war, sondern eben alles, 123
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Vergeltung und Rechtsdurchsetzung Gottes in der Apk
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hend lenkt der Werkschluß noch einmal zum Gedanken der doppelten Vergeltung, des Heilsausschlusses, zurück (in 22,11-15). Als letzten Satz - gewissermaßen letztes Wort des Apk-Autors - enthält die Apk in 22,21 einen im Neuen Testament völlig singulären Gnadenwunsch, der allen Menschen uneingeschränkt gilt: Alle(!) möchten die Gnade des Herrn Jesus und die von ihm ausgehende eschatologische Freude erleben dürfen und können 23o . Die Spannungen, die hier zur beschriebenen Aufnahme und Entfaltung eines dualistischen Vergeltungsdenkens mit heilvollen wie unheilvollen, ja vernichtenden und tödlichen Tatfolgen im Darstellungsfortgang der Apk auftreten, sind unauflösbar. Sie dokumentieren das - unabgeschlossene - theologische Ringen des Apk-Autors mit der Frage, in welcher Weise Gott seine Herrschaft und sein Recht gegen dessen Bestl'eiter durchsetze. Der dualistischen Geschichtserfahrung entspräche eine ebenso dualistische, gewaltsame Rechtsnahme Gottes, die Untaten auf ihre Täter zurückwirft und strafend vergilt 231 . Aber die Heilstaten Jesu bleiben auch in der Apk demgegenüber kritischer Maßstab. Sie lenken das Denken eher in die Richtung einer universalen Heilshoffnung, die bei allem Ernst des Gerichts Gottes über die Menschen keinen von ihnen endgültig aus dem Heil ausgeschlossen wissen wi1l 232 . Als übergeordnete Kategorie erweist sich in der Apk nicht die Vergeltung, sondern die christliche Vergewisserung dessen, daß Gott sich heil schaffend in seinem Recht gegenüber der Welt durchsetzt 233 . was (kultisch) unrein sei. (Reader 134f. versucht in seiner ansonsten gewichtigen Exegese von 21 ,27 leider, die Unreinheit in vom Text her nicht gebotener Weise ins Moralische zu übertragen.) 230 Zur Interpretation von 22,21 s.o. am Ende von 1.2.2.2b). 231 Auf diesen Sachverhalt lenkt Yarbro Collins, Persecution and Vengeance das Augenmerk (Ergebnis 746f.). Die Apk birgt, soweit er durchschlägt, dann ein theologisch nicht unproblematisches Potential rur sozial psychologische Ressentiments, denen lediglich der Verzicht auf christliche Gewaltanwendung einen gewissen Riegel vorschiebt. 232 Diesen Aspekt der Apk verfolgte namentlich Rissi, Zeit- und Geschichtsauffassung 136 f. (unter Zurückhaltung gegen Apokatastasisspekulationen: s. Anm. 469 zu S. 137). 233 Bemerkenswert ist ein Vergleich mit Paulus, der wie der Apk-Autor aus demJudentum stammt und, vielleicht dadurch mit angeregt, gleichfalls Zorn und Gerechtigkeit Gottes terminologisch zusammenzuschauen versucht (wesentlich innerhalb Röm 1,183,20). Unübersehbar ist die Differenz im Reflexionsort, in den jeweils die Aussagen über Gottes Zorn eingebracht werden. Geht es nämlich Paulus um den Aufweis des soteriologischen Begründungszusammenhangs, vor dem Gottes Leben schenkende Gerechtigkeit offenbar wird - Röm 1,18 ist durch ein begründendes ya{) an 1,17 angeschlossen -, so geht es dem Apk-Autor im Rahmen der Entfaltung seines eigentümlichen eschatologischen Denkens um den eschatologischen Vergewisserungszusammenhang, der die von ihm mit seinen christlichen Adressaten geteilte enthusiastische Heilsgewißheit bekräftigt. Zum Sachverhalt bei Paulus s. neben den Kommentaren Herold passim (der 286 die Bezugslinie Paulus-Apk bemerkte, ihr aber nicht nachging) und Synofzik 8~90 (und passim). Hinzuweisen ist an dieser Stelle noch auf A. T. Hansons Arbeit zum Zorn Gottes. Seine Erörterungen überziehen den - nach der vorgetragenen Analyse sicher christlich gebundenen, doch nicht spannungsfreien - Befund der Apk, wenn sie ihn als eine geschlossene und sorgfältig durchdachte christliche Konzeption darzustellen versuchen, die die Krone alles dessen bilde, was im Rest der Bibel über den Zorn gesagt sei (Wrath 159), und alle Exegese auf das letztlich dogmatische Ziel hin anlegen, den Zorn in der Apk ans Kreuz und durchweg an die Innerzeitlichkeit gebunden zu zeigen (s. z. B. 164f., 166,178).
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
2.5 Ergebnis In diesem exegetischen Hauptteil vorliegender Arbeit galt es, die innere kommunikative Struktur der Apk herauszuarbeiten, um auf diese Weise die Arbeitshypothese füllen zu können, bei ihr handle es sich um ein brieflich gefaßtes und intendiertes Werk. Eine rezeptionsästhetische Analyse der Apk war durchzuführen, die die Koordinaten ihrer impliziten Kommunikation schwerpunktmäßigvon 1,1-3.4-8.9-3,22 aus erhob und sie über den ganzen Textvorgang von 4,1-22,21 weiter verfolgte. Es zeigte sich, daß die Apk durchgängig - und nicht nur in ihren brieflichen Elementen im engeren Sinne, in ihrem Briefformular 1,4-6 und 22,21 rezeptionsorientiert als impliziter Dialog des Apk-Autors mit seinen ins Auge gefaßten Adressaten gestaltet ist. So war festzustellen, daß bereits das der Brieferöffnung 1,4-8 vorangestellte Incipit 1,1-3, das die Apk als frühchristliche Offenbarungsschrift ausweist, bis in die Tempusbildung des Aorists in V. 2 a hinein von der Warte der Werkrezipienten aus geschrieben ist und daß diese in der Vielseitigkeit ihrer Lebenssituation in 1,9-3,22 noch und gerade von der Welt im Text aus näher ins Auge gefaßt werden. Aber auch das Werkcorpus 4,1-22,5 und der Werkschluß 22,6-21 befassen sich, wie zu eruieren war, stets zumindest implizit mit den anvisierten Adressaten, insofern sie in mehreren Beweisgängen eine Antwort auf das von ihnen erlebte Dilemma ihres christlichen Glaubens zu geben versuchen, daß ihre bedrängte Lebenswirklichkeit im Widerspruch zu ihrer - vom Apk-Autor geteilten - enthusiastischen Heilsüberzeugung steht, gegenwärtig voll zu Gottes Basileia zu gehören. Als solche Antwort stellt der Apk-Fortgang ihnen in Visionen, die sie sich aneignen sollen, vor Augen, daß alle gegenwärtig erlebte Bedrängnis nur der letzte, von vornherein zum Scheitern verurteilte Ansturm des bereits gestürzten Satans gegen die Heilsmacht Gottes undJesu, seines Gesalbten, des Lammes, ist. In der Wut über seinen Sturz richtet der Satan, der Diabolos, seinen Kampf demnach gegen die Gott und J esus Zugehörigen, in denen sich die Apk-Adressaten wiederfinden können. Da das Zunichtewerden dieser Wut vor Gottes Heilsdurchsetzung aber gewiß ist, ist - so die in der Apk zum Ausdruck gebrachte Intention - durch die gegenwärtig erlebten Bedrängnisse zwar die Durchstehfahigkeit der Christen gefordert, über der die Verheißung des Sieges im Kampfmit den widergöttlichen Mächten steht, nicht aber ihr grundlegender Heilsenthusiasmus in Frage gestellt, den der Apk-Autor in seiner Entfaltung der Gültigkeit und überragenden Durchsetzungskraft von Gottes und Jesu Macht und Herrschaft vielmehr bestätigt und bestärkt. Findet so die Apk in der ihr eigentümlichen Entfaltung einer am Heilspräsens orientierten und zu diesem zurücklenkenden futurischen
Ergebnis
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Eschatologie ihren inneren theologischen Konnex, so bleibt dieser in seiner Entfaltung stets zugleich strikt an den Vorstellungen und Erlebnismöglichkeiten ihrer anvisierten Adressaten orientiert. Daher erwies es sich als möglich, vom Text der Apk aus ihren kommunikativen Ort näher zu bestimmen: Ihr Autor zeigte sich als Theologe, der sein entschieden christliches Denken in ganz eigenständiger Weise aus der Überzeugung der Kontinuität, ja Identität des Christentums mit dem alten Heilsvolk Israel heraus entfaltet, was ihn zur Anlehnung seines Werkes in Sprache wie Gehaltsmotiven an alttestamentlich-jüdische Traditionen veranlaßt, ohne diese dabei irgend repristinieren zu wollen. Er schreibt sein Werk auf griechischem Boden rur religionsgeschichtlich im wesentlichen nich~ü disch geprägte hellenistische Adressaten, die der enthusiastischen Entwicklungslinie der paulinischen Gemeindetradition zuzuordnen sind, und spiegelt in ihm deren Lebenssituation in bemerkenswerter Vielseitigkeit und Konkretheit. Da werden nicht nur allgemeine Charakteristika der späthellenistischen Geistesgeschichte wie die verbreitete Lebens- oder genauer Todesangst indirekt sichtbar, sondern darüber hinaus eine Vielzahl von spezifischen Einzelmomenten christlichen Lebens in einer Zeit früher ernsthafter Glaubensgefahrdung nach dem Abschluß der ersten Missionswelle: Das Heidentum zeigt sich als Gegner, der dank seiner Verbindung mit der Staatsrnacht von außen her so schwere Pressionen auf das Christentum auszuüben vermag, daß sich angesichts entsprechender Erfahrungen in der Vergangenheit sogar Martyrien erwarten lassen. Das Judentum ist kein Anknüpfungsort rur die Mission mehr. Es hat sich vielmehr gegen eine Anerkennung J esu als Heilsträger und gegen das Bestehen einer Heilskontinuität zwischen Israel und dem Christentum entschieden und vermag in der Artikulation dieser Entscheidung die Christen theologisch ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Weiter ist die negative Erfahrung der gegenwärtigen Welt und ihrer Wirklichkeit ein vorzüglicher Nährboden rur gnostische Tendenzen und Strömungen, die Heils- und Bedrängniserfahrungen unter Berufung auf besondere, prophetisch vermittelte Offenbarungen über die Tiefen der Welt und ihrer Geschichte dualistisch auseinanderziehen. Trotz oder gerade wegen ihrer Abwertung der Welt als Heil-los, wenn nicht gar satanisch, ermöglichen sie es, aus einer vermeintlichen Erkenntnisüberlegenheit heraus Kompromisse mit der vorfind lichen Umwelt zu schließen und so etwa Götzenopferfleisch zu essen, vielleicht auch sexuell freizügiger zu leben als nach dem christlichen Standard. Schließlich droht in einer Situation der späten zweiten christlichen Generation auch ohne unmittelbaren gnostischen Einfluß eine gewisse ethische Erschlaffung, die die geglaubte gegenwärtige Fülle des Heils nicht mehr in ein dem voll entsprechendes Handeln umsetzt, die also dem im Heilsenthusiasmus radikalisierten Zusammenhang von Heilsindikativ und -imperativ nicht mehr gerecht wird, so daß
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Lesevorgang: Die Kommunikationsstruktur der Apk
die ihr verfallenen Christen nach Ansicht des Apk-Autors ihr Heil verfehlen und ihnen statt des Lebens der Tod droht. Diese Vielseitigkeit des konkreten Bezugs auf eine klar ausmachbare implizite Kommunikationssituation zeigt, da sie nicht nur die Eingangsteile der Apk, sondern weiterhin ihr ganzes Corpus und ihren Schluß durchzieht, daß 'die Apk nicht nur brieflich gerahmt ist, sondern in ihrer kommunikativen Orientierung stets brieflich gestaltet bleibt. Die Arbeitshypothese, daß die Apk als Brief zu rezipieren sei, findet insoweit ihre Bestätigung, so gewiß die Apk keinen der antik beliebten kurzen, persönlich gehaltenen Privatbriefe darstellt, sondern eine umfassende und umfangreiche, zur übergreifenden Veröffentlichung bestimmte Schrift, die nach ihrer Selbstbezeichnung als ßLßA,lOV in 1,11 u. ö. etwa als Briefrolle zu bezeichnen ist. -
3 Schluß: Textexterne Bündelung der Untersuchung und Erträge Nachdem die Grundlegung vorliegender Arbeit den Rahmen einer brieflich-rezeptionsästhetischen Analyse der Apk absteckte, bewährte sich diese in einer fortlaufenden Werklektüre, die die Apk als durchgängig und bruchlos brieflich konzipiertes und gestaltetes Werk erwies. Die kommunikative Analyse brachte es mit sich, daß die textimmanente Interpretation vielfach aufgebrochen werden mußte, um Sach- und Gedankenlinien in die Profan- und Religionsgeschichte des Späthellenismus und der Kaiserzeit zu verfolgen. Diesen textexternen Überschritt soll nun ein letzter Arbeitsgang bündeln, um die Arbeitshypothese eines brieflichen Charakters der Apk in dem einer historischen Erörterung möglichen Rahmen zu präzisieren und zu verifizieren. Der Arbeitsgang hat zusammenfassend zu klären, ob die Rekonstruktion des äußeren Kommunikationsvorgangs und die historisch-geographische Verortung der Apk einen brieflichen Ubermittlungsvorgang zwischen einem realen Autor und von ihm räumlich getrennten, real fixierbaren Adressaten in einer bestimmten empirischen Briefsituation erkennen lassen. Ist dies der Fall, so ergibt sich eine Harmonie des nach den expliziten Angaben der Apk extern bezogenen zu ihrem intern erhobenen Befund, erfüllt die Apk das rezeptionsästhetisch entscheidende Kriterium für eine Beurteilung als in sich auf allen Kommunikationsebenen stimmiger Brief. Das Ziel der Untersuchung ist dann erreicht. Deren Erträge führen angesichts der Breite der bei der kommunikativen Analyse angeschnittenen Fragestellungen freilich weit über eine Beurteilung der Apk nur hinsichtlich des in ihr gewählten Kommunikationsmediums hinaus, heran an eine Bestimmung ihrer Gattung, ihres historischen und theologischen Ortes jenseits der unfruchtbaren Apokalyptikdiskussion.
3.1 Die äußere kommunikative Situationseinbettung der Apk Im Anschluß an den Lesevorgang läßt sich zunächst die äußere Situationseinbettung der Apk feststellen, lassen sich deren inner Textreferenzen aufdie Fragestellung hin bündeln, ob sie eine Briefsituation zeigen, die im
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Konnex der allgemeinen und der spezifisch christlichen Geschichte des vom Werk angegebenen Adressatenraumes, also des kleinasiatischen Christentums (s.1 ,4.11 usw.), verankert werden kann. Die Grenzen zwischen äußerer Verankerung und innerer Geschichte des kleinasiatischen Christentums sind dabei schwer zu setzen. Eigentlich handelt es sich eher um fließende Übergänge, die hier nur um der arbeitstechnischen Übersichtlichkeit willen in die Abfolge zweier Gliederungspunkte auseinandergenommen werden. Gnostische Gefährdung und jüdische Bedrängnis der Christen werden der inneren Geschichte zugeschlagen, da sie in erster Linie theologisch-ideologische Fragen tangieren. Im übrigen wird auf größtmögliche Knappheit geachtet; frühere Ergebnisse sind stets zur Ergänzung heranzuziehen. Weiterführend ist der von der Apk intendierte äußere briefliche Vorgang zu rekonstruieren. Mit diesem letzten Glied der Analyse werden die Daten vervollständigt, auf die eine Gesamtbeurteilung der Apk in ihrem literarischen, historischen und theologischen Ort angewiesen ist.
3.1.1 Bezüge der Apk auf die Profanund die allgemeine Religionsgeschichte Kleinasiens Das der Apk zugrundeliegende und von ihr ins Auge gefaßte Situationssyndrom enthält vielfältige Bezüge auf den allgemeinen historisch-geographischen Kontext des kleinasiatischen Christentums. Hierher gehören namentlich äußere lokale Anspielungen, den Adressatenraum in seinen verschiedenen Religionen übergreifende religiöse Tendenzen und das ebenso der Profan- wie der Religionsgeschichte zuschlagbare Zur-Geltung-Kommen von absoluten Herrschaftsansprüchen der staatlichen Gewalt und ihres vergöttlichten Repräsentanten. Die äußeren örtlichen Anspielungen sind schwer zu erfassen, da sich der historische Abstand für ihr Verstehen kaum mehr überbrücken läßt. Exemplarisch zeigt sich dies an der Diskussion um den Thron Satans zu Pergamon (Apk 2,13), der trotz intensiver archäologischer Explorationen nicht mit Sicherheit identifizierbar ist 1. Wieviele lokale Anspielungen weiterhin ihre Vernehmbarkeit überhaupt verloren haben, läßt sich nicht sagen. 1 Er läßt sich auf den Altar des aus als des obersten der heidnischen Götter, den Tempd der Roma als ein antrum des kleinasiatischen Staatskultes, das Heiligtum des AsklepiOt als Zentrum der heidnischen Frömmigkeit oder auf Pergamon selbst, näherhin seinen Stadthügel, beziehen. Zur Diskussion s. neben den Kommentaren z. B. North (passim). Huß 51 f. (dazu in Anm. 368-374 Lit.), Hemer 73 und den mir nur in der Zusammenfas· sung der NT Ab 21 (1977) zugänglich gewordenen Artikel B. Stoyannos, "Hopou ho thronos tou Satana" (Apok 2,13), DBM 4 (1976), 133-140. - Eine Übersicht über dir Archäologie der frühchristlichen Stätten in Kleinasien hat im übrigen etwa Yamauch vorgelegt.
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Nur Zufallsfunde vermögen manch verschüttete Signifikanz neu zu beleben, ohne aber im vorliegenden Forschungsstand schon eindeutig gesicherte Aussagen zu erlauben. So muß bis aufweiteres offenbleiben, wieweit 12,14 eine das heidnische Denken abwertende Uminterpretation des in den Adressatengemeinden der Apk belegten Hochgottsymbols des Adlers und 21,14.19 eine Korrektur des ephesinisch bezeugten Kultes der Themelioi im Auge haben 2 •
Ein sichereres Feld wird immerhin zu Laodizea erreicht, mit dessen lokalen, namentlich wirtschaftlichen Gegebenheiten gegen Ende des I.Jh. der Apk-Autor im Sendschreiben text von 3,14-22 offenkundig spielt 3 . Er kennt also nachweislich örtliche Verhältnisse in seinen Adressatengemeinden auch über die Christentumsgeschichte im engeren Sinn hinaus und nimmt auf sie - sicher in höherem Maße als heute noch erkennbar - Bezug. Des wei teren spiegelt die Apk übergreifende religiöse Tendenzen ihres Raums oder nimmt sie zumindest in Einzelmotiven auf. Den Rahmen bildet hier immer wieder der gesamte hellenistisch-römische Kulturkreis. Das gilt neben der für die Gottesprädikation der Apk als Alpha und Omega wesentlichen Buchstabenspekulation4 namentlich für die Bedeutsamkeit und das Gewicht astrologischen Denkens, dessen Eindringen in die Apk also für ihre engere Lokalisierung und Datierung wenig austrägtS . Ähnlich ist das Interesse am Vorherwissen der Zukunft, wie es als Kontext der Visionen der Apk über das, was geschehen soll, angesehen werden kann, gemeinantik ausgeprägt und erfährt zum 2.Jh. n. Chr. hin nach seinem Niedergang im hellenistischen Rationalismus eine raumübergreifende Neubelebung6 • Doch bildet die Asia durchaus ein Zentrum dafür', das als Hintergrund der Apk in einem Einzelzug von höchstem Zur Diskussion der Stellen s.o. Anm. 152 und 155 zu 2.4. S. dessen Besprechung o. unter 2.3.3.4. 4 Dazu s. o. bes. unter 2.2.3.3. 5 Daher kann hier der Umfang dieses Eindringens ofTenbleiben. Eine sehr weitgehende These vertritt zuletzt Böcher, Sternglaube (bes. 60-66), der namentlich die Linien zum judentum auszieht; für einen Überblick über die antike Astrologie s. W. und H. G. GundeI, Astrologumena passim (zur Apk 201 f.). 6 Zum Überblick s. Fauth, Orakel passim. 7 Die Ephesia galt als Orakdgöttin (s. Heinzel249), und mit Klaros und Didyma liegen bedeutende alte Orakelstätten im Gebiet. (Eine umfassende Untersuchung zum kaiserzeitlichen Didyma liegt noch nicht vor; für die hellenistische Zeit s. W. Günther, Orakel von Didyma passim. Klaros war Gegenstand bedeutender neuer Ausgrabungen, die seine Blütezeit auf das 2./3.jh. n. Chr. festlegen lassen; für einen Überblick s. Robert, L'Oracle de Claros passim.) - In Ephe.sus findet weiterhin kurz vor der Jahrhundertwende das Auftreten des Apollonios von Tyana einen sicheren historischen Haftpunkt, dessen berühmte Vision von den Ereignissen um den Tod Domitians in den Hainen beim sog. Hafengymnasium stattgefunden haben soll (s. Knibbe in ders./ Alzinger, Ephesos 775 und Bowie, Apollonius zu bes. Philostrat, Vita Apollonii VI I I 25-27; Weiteres s. o. in Anm. 142 zu 2.4). - Indirektes Zeugnis für die intensive Neubelebung des Interesses am Vorauswis2
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Interesse ist: Gerade in der Asia mit ihren Orakelstätten spielte die "Prophetie" eine erhebliche-Rolle. Gottes- und Orakelkünder ("Propheten") konnten dabei nicht nur Männer sein - seit 1980 wissen wir aus einer Didyma-Inschrift auch von einer "Prophetin" des I.Jh. (1tQo
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(Apk 2,20-24) 10. In jedem Fall mußte ihr Auftreten kleinasiatisch auf fruchtbaren Boden stoßen. Grundlegend unterscheidet sich vom dortigen Rahmen aber das Selbstverständnis des Apk-Autors, der seinen Adressaten gegenüber keinerlei eigene Autorität oder öffentliche Würde in Anspruch zu nehmen bereit ist, sondern nur als exemplarischer Empfänger der Offenbarung Jesu Christi erscheinen will 11. Die Vermutung liegt nahe, daß sein auffälliger Verzicht auf den Prophetentitel in der Apk wesentlich durch die von ihm nicht teilbare öffentlich-kultische Prägung des Prophetenamtes in zumindest einem Teilbereich seiner Adressatengemeinden bedingt ist. Die gnostische Konkurrenzbeanspruchung mag ein übriges dazu beigetragen haben. Dann aber zeigt sich hier ein gewichtiger kleinasiatischer Bezug der Apk. Daß ihr Autor dabei Distanz zu dortigen Vorstellungen wahrt, fügt sich zu seiner ausgeprägten Bereitschaft zur gedanklichen, theologischen Auseinandersetzung. Ein klar in das Kleinasien derjahrhundertwende weisendes Paradigma dafür bildet noch seine Haltung zu den angelologischen Vorstellungen seiner Adressaten, deren möglicher Bereitschaft zu spekulativer Engelverehrung er entgegentritt und deren - seinem christlichen Denken im Ansatz eher vereinbare Gemeindeengelvorstellung er implizite gewichtig korrigiert l2 . Bei aller gebotenen Zurückhaltung steht damit das religiöse Syndrom eines besonderen Interesses an Zukunftsenthüllungen, an Astrologie und angelologisch durchprägter Kosmologie, das die Apk nicht ohne synkretistischen Einschlag bei ihren Adressaten voraussetzt, in Kongruenz zu ihrer Adressierung in den kleinasiatischen Raum, spricht es näherhin für ihre Datierung um das Ende des I.Jh. Dasselbe gilt für den dritten hier zu nennenden Faktor, die für die Abfassung der Apk als antithetischer Hintergrund so wesentliche Ausbildung absoluter Herrschaftsansprüche des Staates, mit der sich eine Zuspitzung der Herrscherideologie auf göttliche Verehrung schon des lebenden Repräsentanten der Staatsrnacht verband, und - im Zusammenhang damit - das Anwachsen des heidnischen Drucks auf die Christen, das den Apk-Autor eine neue Verfolgung erwarten läßt, nachdem er auf bereits zumindest eine größere Verfolgung - nach 18,24 doch wohl in Rom selbst - zurückblicken muß. Denn all diese Situationszüge lassen sich in der aus anderen Quellen rekonstruierbaren Geschichte des frühen Christentums in Kleinasien verankern: Die römischen Herrschaftsansprüche faßten dort bereits im 2. Jh. v. Chr. Fuß, und zwar von Anfang an Hand in Hand mit ideologisch-kultischen Vorgängen, wie der frühe Roma-Kult in Smyrna Vgl. die AusHihrungen o. unter 2.3.3.3. S.o. unter 1.2.2.2b), 2.3.3.1, 2.4.1 und 2.4.2.2 zu den SchlüsselstelIen von Apk 1,1 über 1,9.11.19 zu 22,8a. I l S. o. unter 2.3.2.2 bes. Abschnitt d). 10 11
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zeigt. Beim Übergang von der Republik zum Imperium förderten Augustus und seine Nachfolger in der Provinz solche Vorgänge, so daß Kleinasien im I.Jh. n. Chr. zu einem Kernland des Kaiserkultes wurde. Im Laufejenesjahrhunderts eskalierten die Selbstansprüche der Herrscher. Nach Caligula erreichten sie einen neuen Höhepunkt unter Domitian. Die neue Qualität von dessen Verständnis seiner HerrschersteIlung kommt indirekt schon in den Maßen seines nach dem erhaltenen 1,18 m hohen Kopf rekonstruierbaren Kultbildes für seinen ephesinischen Tempel zum Ausdruck. Es muß als Thronbild 5, als Standbild gar 7 m hoch gewesen sein und hat in dieser Größe kaum römische Vorläufer. In seiner Steigerung der Größe des Herrschers wie seiner kultischen Zweckbestimmung korrespondiert es dem überlieferten Anspruch Domitians, Herr t2lul G6tt zu sein (Sueton, Domitian 13,2), und dokumentiert diesen sinnfällig.
Eine Situation ist erreicht, die den Implikationen der Apk genau entspricht, die mit deutlich polemischer Note in 4,11 den von Domitian beanspruchten Titel "dominus et deus noster" Gott und nur ihm zuspricht 13 . Dazu fUgt sich, daß sich aus einer unbefangenen Quelle, dem bekannten BriefPlinius desjüngeren an Trajan aus wahrscheinlich dem Jahre 112, kleinasiatische heidnische Pressionen auf Christen erschließen lassen, die (schon) in domitianischer Zeit - nach ep. 10,96,6 zwanzig Jahre vor der Briefabfassung - mehrfach Christen zum Aufgeben ihrer Religion veranlaßten 14. Daß nach den neueren Forschungen nicht mehr von einer ausgesprochenen Christenverfolgung unter Domitian gesprochen werden kann 15, widerspricht dem Befund der Apk nicht, sondern bestätigt vielmehr ihre konkret zeitgebundene Entstehung: Die vom Apk-Autor erwartete - und aufgrund der späten Entwicklung Domitians durchaus erwartbare 16 - Verfolgung trat, vielleicht infolge einer Entspannung nach dessen Tod imJahre 96, nicht ein. Die Apk ist demnach kurz vor 96 geschrieben.
So ergänzen und erläutern die äußeren historischen Daten die innere briefliche Stimmigkeit der Apk. Zusammen mit deren lokalen Anspielun13 S.o. am Ende von 2.4.3.2 und die dort in den Anmerkungen genannte Literatur; zur frühen Geschichte des Staats- und Kaiserkults bis Augustus s. ergänzend Bowersock passim. Der Übergang vom Roma- zum Kaiserkult läßt sich gut etwa in Pergamon beobachten (s. Glay passim). Die Angaben zur Domitianstatue aus dem ephesinischen Kaiserkult stammen aus Hesberg 936f. Als weiterer Adressatenort der Apk erhielt gegen Ende desjahrhunderts Laodizea einen Kaisertempel (s. Gagniers a.a.O. 9), ein Indiz für Bedeutung und Selbstbewußtsein dieser Stadt. 14 Eine umfassende Diskussion des Pliniusbriefes im Blick auf die Apk bietet Prigent, Au Temps I 477-480. In den Zusammenhang dürfte auch das aus Apk 1,9 erschließbare Patmosexil des Johannes gehören. Doch stellen sich zu diesem besondere Probleme (s. o. Anm. 213 zu 2.3). 15 Nachweis (mit Vorläufern) bei Prigent a.a.O. passim. 16 Einen Überblick über Domitians Entwicklung bietet Bengtson, Grundriß 320f.
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gen und allgemeinen religions- und geistesgeschichtlichen Bezügen weisen sie auf eine in sich kongruente äußere Briefsituation der Apk im von ihr angegebenen kleinasiatischen Adressatenraum um die Mitte der 90er Jahre hin. Zu diesem Datum paßt auch der erwähnte Rückblick auf eine umfangreichere Christenverfolgung in 18,24, fand eine solche doch wenigeJ ahrzehnte früher unter Nero, dessen Gestalt und Wirksamkeit die Apk besonders bewegt (s. 13,18 und die Nero redivivus-Anspielungen 13,3 u.ö.), eben in Rom statt 17 .
3.1.2 Die Einbettung der Apk in die innere Geschichte des kleinasiatischen Christentums Blicken wir von diesem äußeren Rahmen auf die Einbettung der Apk in die innere Geschichte des Christentums, so setzt die bisherige Untersuchung dafür folgende Koordinaten: Die Adressatengemeinden müssen im paulinischen Traditionsbereich liegen, wobei seit dem Wirken des Paulus einige Zeit - eine Generation oder mehr - vergangen ist 18 . Da der ApkAutor sie 1,4 trotz ihrer Zerstreuung über einen vergleichsweise weiten Raum in der Adresse als Gemeinden in der Asia zusammenfaßt, setzt er ein entstandenes Zusammengehörigkeitsbewußtsein unter ihnen voraus. Freilich bleibt EXXATJoiu dabei auch 1,4 ausschließlich Bezeichnung von Einzelgemeinden, ist also die durchdachte Institution einer übergreifenden Kirchenregion noch nicht erreicht 19 . Die innere Ordnung der Gemeinden bleibt offen. Die Apk macht keine Aussagen zu Existenz und Bedeutung von Bischöfen, da die Gemeindeengel nicht auf solche interpretierbar sind, enthält trotz des Redens von den 24 Ältesten im Himmel (4,4 usw.) aber auch keinen eindeutigen Reflex einer presbyterialen Gemeindeverfassung. Über ein gewisses Desinteresse an Kirchenordnungsfragen hinausreichende Schlüsse lassen sich daraus jedoch nicht ziehen. Nichts weist etwa auf eine Organisation der Gemeinden oder von Konventikeln in ihnen um Propheten hin, sieht man einmal von dem für den ApkAutor häretischen Zirkel um die Pseudoprophetin Isebel in Thyatira ab 20 . 17 Zur neronischen Christenverfolgung s. etwa Bengtson a.a.O. 287 (Anm. G Lit.) und Prigent, Au Temps 111 344-353. 18 S. bes. o. unter 1.2.2.2. Dem entspricht es, daß die Apostel nach den Implikationen von jedenfalls 21,14 eine bereits historisch gewordene Größe sind. 19 Entsprechend wird 2,7 usw., wo es um die einzelgemeindeübergreifende Bezeichnung der Kirche geht, der Plural tXxAT)OLm gesetzt (Belege insgesamt bei VKGNT 1370). 20 Die Gemeindeordnung der Apk wurde vornehmlich in zwei Dissertationen der GOer Jahre - nämlich durch Satake, Gemeindeordnung und Huß jeweils passim - diskutiert. Hohz ~egte in seiner Rezension zu Satake (passim) eine gewichtige Kritik zu dessen Konventikelthese vor, aber auch die zurückhaltendere Arbeit Huß' schießt in ihrer Ergebnisthese. die Propheten seien "die hauptsächlich aus der Menge der Heiligen herausragen-
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Hervorstechendes Merkmal der in den Gemeinden verbreiteten Theologie ist ein starkes präsentisches Heilsbewußtsein, das mit einem dominierend räumlichen, nicht zeitlichen Denken verknüpft ist. Eine wahrscheinlich innergemeindlich entstandene, schon einige Zeit wirksame gnostische Strömung kann in ihren Spekulationen daran anknüpfen, während eine örtlich sehr intensive jüdische Opposition es entschieden angreift. Vor allem stellt diese das christlich entwickelte VerständnisJesu als Heilsmittler in Frage und negiert die Kontinuität des Christentums zum alttestamentlichen Gottesvolk. Eine örtlich um sich greifende ethische Laxhei t vervolls tändigt das Bild 21 . Diese Situationsimplikationen der Apk fUgen sich bemerkenswert glatt in die Geschichte des kleinasiatischen Christentums ein, wie sie sich aus weiteren Quellen auch und gerade unter Beachtung von deren Grenzen rekonstruieren läßt. Namentlich ist die deuteropaulinische Abfassung und ungenaue Lokalisierbarkeit von Eph, Past und wohl auch schon Kol sowie die theologische Rückbindung der Ignatianen an Vorstellungen antiochenischer Herkunft zu beachten. Was Einzelfragen angeht, ist aus dem Eph wegen seines allgemein gehaltenen Charakters kaum mehr in unbestreitbarer Weise zu erschließen, welche Situationskomponenten nun genau zu seiner Abfassung führten 22 , ist bei der Auswertung der Past der eher typische Charakter ihrer Polemik zu berücksichtigen 23 , ist schließlich für die Ignatianen, ganz abgesehen von der kaum lösbaren Unklarheit über die Zahl der in ihnen bekämpften Häresien, auch noch zu bedenken, daß Ignatius allein Philadelphia und Smyrna aus persönlicher Anschauung kannte 24 . Trotz dieser Vorbehalte im einzelnen lassen sich die kirchen- und theologiegeschichtliden Dirnstträger" und "Führer der Gemeinden" (174), über den Text hinaus: Hohz' a.a.O. 263 gegen Satake vorgebrachter Hinweis, daß ftir eine Rekonstruktion der Gemeindeordnung unbedingt des Johannes Verzicht auf die Selbstbezeichnung als Prophet und die alleinige Bezeichnung der verfemten !sebeI als (Pseudo-)Prophetin in den Sendschreiben beachtet werden muß, trifft HuB ebenso. - Auf die neuere interpretatorische Ausweitung der Prophetenthese war bereits o. unter 0.2.5c) u. ö. kritisch einzugehen, auf den Ort der Apk in der Entwicklung des Bischofsamtes unter 2.3.3.2d) mit Anm. 208. 21 Zum dominierend präsentischen HeilsbewuBtsein der Adressaten s.o. bes. untrr 2.2.2, Exkurs 2 u.ö., zur gnostischen Tendenz bes. unter 2.3.3.3, zur jüdischen Bedrängnis bes. unter 2.3.3.2 b), zur ethischen Laxheit bes. unter 2.3.3.4; vgl. jeweils die Erörterungen unter 2.4.3. 22 Die Diskussion dazu ist bis in jüngste Zeit kontrovers - s. z. B. Lindemann, Bemerkungen (bes. 240-244); MuBner, Epheserbrief 749 und Schnackenburg, Epheser 30fT. Ueweils Lit.). - Auf den Kol war schon o. unter 2.3.2.2d) einzugehen. 23 Dazu s. etwa Trummer 162-172, der im Abschnitt auch eine Einzelerörterung der polemischen Züge bietet; eine kleinasiatische Verortung der anvisierten Gegnerschaften versucht namentlich U. B. Müller, Theologiegeschichte bes. 5~77. 24 Für Einleitungsfragen zu den Ignatianen s. J. A. Fischers Einleitung in seiner Ausgabe der Apostolischen Väter 111-141, für die neuere Diskussion um sie darüber hinaus insbesondere Corvin; Barrett, Jews und Judaizers; Donahue und Hammond Bammeljeweils passim.
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chen Linien in ihren Hauptpunkten, wie sie ftir den folgenden Zusammenhang wichtig sind, aber noch gut erkennen:
Kleinasien war - so zunächst die allgemeinen Daten - paulinisches Missionsgebiet, in dem die paulinische Tradition über den Tod des Paulus hinaus wirksam blieb. Zentrum von Pauli Wirken war Ephesus (s. bes. I Kor 16,8; Act 18,19-21; 19), aber es grifTvon dort in die Asia (s. I Kor 16,19), nach Act 18,23 jedenfalls nach Phrygien, aus. Der Kol bezeugt - auch bei deuteropaulinischer Abfassung - die Ausstrahlung der paulinischen Mission ins Innere Kleinasiens, wobei er 4,16 sogar Laodizea erwähnt. Eph und Past belegen schließlich die Paulusnachwirkung in unserem Bereich zum 2.Jh. hin 25 •
Dies entspricht den Implikationen der Apk, deren nach den bisherigen Erörterungen geforderte Spätdatierung sich zusätzlich daran bewährt, daß sie in keiner Weise eine erst junge Gemeindegründung in Smyrna zu erkennen gibt, die dortige Gemeinde nach Polyk 11,3 aber erst nachpaulinisch entstand. Wenn der Apk-Autor weiter ein Zusammengehörigkeitsbewußtsein seiner Adressatengemeinden voraussetzt, ohne noch an eine übergemeindliche Organisation denken zu können, so liegt damit eine Lage vor, die sich in der frühen Christentumsgeschichte der Asia relativ lange hielt. Denn schon Paulus vermochte 1 Kor 16,19 im Namen einer Mehrzahl dortiger Gemeinden zu sprechen, und noch in den Briefen des Ignatius und Polykarp an Einzelgemeinden stehen diese selbständig nebeneinander 26 . Und bleibt auch die Frage der Kirchenverfassung in der Apk offen, so nimmt sie trotz ihrer beschriebenen, kleinasiatisch verständlichen Zurückhaltung gegenüber der Propheten-Terminologie 18,20 doch rezipientenorientiert auf die kleinasiatisch-nachpaulinische Wertschätzung der Apostel und Propheten als entscheidender frühchristlicher Amtsgestalten Bezug (vgl. Eph 2,20; 3,5; 4, ll )27. Soweit ist also der kirchengeschichtliche Rahmen für die Apk problemlos verifizierbar. Weiterhin ergibt sich - bei aller aufgrund der Besonderheiten der quantitativ nicht ungünstigen Quellenlage gebotenen 2S Die kleinasiatische Ansiedlung von Kol und Eph läßt sich trotz der jeweiligen Verfasserschaftsprobleme und des textkritischen Dilemmas von Eph I, I nicht ernsthaft in Zweifel ziehen (s. neben den Einleitungen die neueren Kommentare - zu Kol z. B. Schweizer, Kolosser 27f. und Lohse, Briefe 27 u.ö.; zu Eph z.B. Schnackenburg a.a.O. 30-34), diejenige der Past ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen (s. z. B. Vielhauer, Geschichte 237). 26 Vgl. Katzenmayer 152. Der Sachverhalt dokumentiert sich auch in Ignatius' Verzicht auf das Anregen einer übergreifenden kleinasiatischen Gesandtschaft nach Antiochia angesichts von dessen Befriedung (dazu s.o. Anm. 138 zu 2.3). 27 S. die Erörterung z. SI. o. unter 2.4.2.1. Die Linie kleinasiatischer Prophetiewertschätzung spiegelt sich übrigens noch in der Weise, in der Ignatius IgnPhld 7, I rur sein vollzogenes (prophetisches) Sprechen mit Gottes Stimme auf Gehör rechnen kann.
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Zurückhaltung - ein stringenter Kontext fUr die Apk-Entstehung in den wesentlichen Determinanten der kleinasiatischen Theologiegeschichte vom I. zum 2.Jh. Denn gerade dort verbreitete sich räumlich-eschatologisches Denken zusammen mit einem starken Einfluß prästntischen Heilsbewußtseins. Es fan9 bereits im Kol gewichtig Eingang, dessen Autor in 3,4 zwar noch an einer Zukünftigkeit der Heilsvollendung festhält, aber als fUr den Gesamtvollzug christlichen Lebens entscheidend nicht mehr die Ausrichtung auf die Zukunft, sondern das Streben nach dem betont, was (räumlich) oben ist (s. bes. 3,2), und anders als Paulus ein heilsenthusiastisches Taufverständnis zumindest akzeptiert (s. bes. 2,12 gegenüber Röm 6,4)28. Noch stärker tritt die Parusieerwartung gegenüber der Perspektive nach oben im Eph zurück, dessen Prägung von einem präsentischen Heilsdenken her auch dann unabweisbar ist, wenn man die These nicht teilt, sein Verständnis der Geschichte und Eschatologie lasse sich als "Aufhebung der Zeit" erfassen, und statt dessen auf ein Bemühen seines Verfassers abzuheben versucht, "eine enthusiastische Gegenwartseschatologie zurückzudrängen, wie sie sich aus der (sel. von ihm aufgenommenen) hymnischen Tradition ergeben könnte. "29 Solchermaßen wird ein primär räumlich denkender, enthusiastischer (Nach-)Paulinismus in Kleinasien erkennbar, von dem es kein weiter Schritt zu der von 2Tim 2,17 f. bekämpften und wohl auch in Apk 20,5 f. korrigierten Behauptung ist, die Auferstehung sei schon geschehen 30, und auf dem Spekulationen über himmlische Dinge und Gestalten blühen mußten, wie sie nach Kol 2,18 und Eph 6,12 jenseits der angelologischen Korrekturen der Apk noch IgnTrall 5,1 f. anspricht 31 . Das Bild der Apk vom präsentisch-räumlichen, die Wirksamkeit von Engeln einbeziehenden Heilsdenken ihrer Adressaten fUgt sich hier nahtlos ein. Die Korrekturen des Apk-Autors nähern sich dagegen der durch Past und Polyk vertretenen Reaktion auf den Enthusiasmus an, soweit diese das traditionelle futurische Heilsdenken in Kleinasien neu zur Geltung zu bringen versucht: Mit dieser Reak28 Dazu s. neben den Kommentaren (zu den Stellen) etwa Lähnemann, Kolosserbrief 174 Anm. 61 (S. 174f.) und Lindemann, Aufhebung der Zeit 40fT., wo jeweils weitere Lit. auffind bar ist. 29 Letzteres vertritt Mußner a.a.O. 747 gegenüber Lindemann a.a.O. passim (erstes Zitat dort aus dem Titel); vgl. zur Sache noch etwa Schnacken burg a.a.O. 24 u.ö. Die Aufnahme des zukünftigen Parusieverständnisses in Eph 4,30 steht mehr am Rande (dazu s. Schnackenburg a.a.O. 214). Als Spitzenformulierung des Denkens des Eph erscheint 2,4-7, das sich sogar aufdie Negation einer künftigen Totenauferstehung hin interpretieren läßt (s. Lindemann a.a.O. bes. 120fT.). 30 Auf 2 Tim 2, I i f. und den situativen Zusammenhang war bereits o. am Ende von 2.4.3.4 einzugehen (Anm. 211 Lit.). Namentlich Lindemann a.a.O. 255 und - bereits in Auseinandersetzung mit ihm - U. B. Müller a.a.O. 70fT. weisen aufdie Nähe der vom 2Tim bekämpften zu der in Eph 2,5f. vertretenen AufTassung hin. 31 Dazu s.o. unter 2.3.2.2d).
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tion verbindet den Apk-Autor das für sein Zukunftsreden zentrale Theologumenon eines zukünftigen Herrschens der Christen mit Jesus (5,9; 22,5; vgl. 20,4.6), das - in je eigener Weise - ebenso ein Zentrum des theologischen Denkens des 2Tim gegenüber den Behauptungen des Hymenäus und Philetus (s. 2,11 f. vor 2,17f.) und einen eschatologischen Kernsatz Polykarps bildet, der nach wie vor mit Kreisen rechnet, die weder von Auferstehung noch von Gericht zu reden bereit sind (s. Polyk 5,2 vor 7,1). Von der Reaktion unterscheidet ihn aber die Entfaltung des zukunftsorientierten Denkens aus dem Heilsenthusiasmus heraus und auf diesen hin, die zu seiner ganz eigenständigen, an Fragen des Amtes und geordneter Tradition uninteressierten, im asketischen Impetus der Ethik, von den Past (bes. 1Tim 4,1-3) aus gesehen, sogar häresienahen Theologie führt 32 . 32 Auf die genannten Traditionszusammenhänge wies - ohne so stark wie vorgetragen zu dilTerenzieren - bereits Schüßler Fiorenza, Priester 370ff. hin, die ihre Geschichte zur paulinischen Theologie (vgl. bes. Röm 5,17; I Kor 4,8) zurückzuverfolgen versuchte. Weder Past noch Polyk entwickeln ein der Apk vergleichbar eigenständiges theologisches Konzept: Die Past suchen - entsprechend ihrem Anliegen, den paulinischen Glauben, wie sie ihn verstehen, weiterzuführen (vgl. hierzu jüngst Kretschmar, Pastoralbriefe passim), dem auf seiten des Apk-Autors eine deutliche Distanz zu Paulus gegenübersteht (s. o. unter 1.3 nach den Forschungsbemerkungen am Eingang von 1.2.2) - die Rückbindung an eine von ihnen als authentisch paulinisch angesehene Eschatologie (s. Trummer 227f.), und Polykarp muß insgesamt als wenig selbständiger Repristinator und Tradent der von ihm hochgeschätzten älteren Theologie angesehen werden, wobei wiederum Paulus eine für die Eschatologie zentrale Rolle spielt (s. Polyk 11,2; zur Beurteilung vgl. Katzenmayer passim und Viel hauer a.a.O. 563ff.). Besondere Aufmerksamkeit verdient für unseren Zusammenhang die ethische Differenz Apk-Past, auf die in der (zur Apk o. in Exkurs 4 mit Anm. 311 behandelten) Frage sexueller Enthaltsamkeit Lindijer 140 aufmerksam machte: I Tim 4,(I-)3a läuft klar der Tendenz von Apk 14,( 1-)4 zuwider. Bemerkenswerterweise schließt I Tim 4,3lr5 daran eine Argumentation gegen Nahrungsaskese an, die zwar geläufig auf die gnostischen Gegner der Past bezogen wird (so von Dibelius/Conzelmann, Pastoralbriefe 53 bis zu Brox, Pastoralbriefe 167 f. und Haufe, Gnostische Irrlehre 33Of.; vgl. Karris, Polemic of the Pastoral Epistles 557,563), aber auch die von der Apk vertretene Position der Enthaltsamkeit von Fleisch aus Götzenopfern (s. o. unter 2.3.3.3) treffen kann, zumal die Argumentation von I Tim 4,3 b gerade auf die Götzenopferfleischeruierungen des Paulus in I Kor 1O,30f. zurückgreift. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß sich die Apk und die (kurz danach entstandenen?) Past zwar in der Belebung von Elementen futurischer Eschatologie und der Wendung gegen frühgnostische Lehren (vgl. das Lehrmotiv in I Tim 1,3; 6,3; 2Tim 4,3; Tit 1,11 und Apk 2, 14.15.20.24!) treffen, aber davon abgesehen in einen scharfen theologischen Gegensatz geraten. Falls Hegermann mit seiner Beurteilung von 2Tim 1,15 recht hat - die dortige "Klage über die Abwendung der Asia von Paulus" gehöre mit dem Wirksamwerden von "johanneischen' Autoritäten" einschließlich der Apk zusammen (Pastoralbriefe 62 f., Zitate 62) -, fänden wir in dieser Stelle einen weiteren Beleg des dannjedenfalls vom Past-Autor empfundenen Gegensatzes seiner Position, für die das überlieferte Wort die entscheidende Zuverlässigkeit besitzt (vgl. bes. I Tim 4,9; 2Tim 2, 11; Tit 1,9; 3,8), zu der des Apk-Autors, der solche Zuverlässigkeit dem gegenwärtig neu erfahrenen Offenbarungswort zuspricht (Apk 21,5; 22,6). Freilich ist zur Sache vor weiteren Forschungen keine Entscheidung möglich.
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Als weiterer rur die Verortung der Apk wesentlicher Bereich läßt sich, gefördert durch die Funde und Ausgrabungen der letzten Jahre, der Einfluß und die Ausstrahlung des kleinasiatischenJudentums recht gut rekonstruieren: Die archäologischen Primär- und schriftlichen Sekundärquellen außerhalb der Apk charakterisieren es ganz verwandt zu dieser als stark, ausstrahlungsfähig, zumindest partiell synkretistisch und örtlich christentumsfeindlich. Juden gab es zumindest in Sardes schon seit persischer Zeit. In der frühen Kaiserzeit verfügten sie in zahlreichen Städten über beträchtliche Bevölkerungsanteile 33 . Ihr legaler und gesellschaftlicher Status war sehr günstig und blieb auch nach dem Jüdischen Krieg unangetastet 34 , der eine in ihrem Umfang nicht mehr genauer feststell bare Einwanderung zusätzlicher Juden aus Palästina zur Folge hatte 3s . Ihre intensive Integration in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben stärkte nicht nur ihre Ausstrahlungskraft auf ihre Umgebung, sondern förderte zugleich ihre kulturelle Assimilation. Das zeigt im Adressatenkreis der Apk am deutlichsten die nahezu unveränderte Übernahme eines heidnischen Raums in der Synagoge von Sardes und ihre Einrichtung mit Gegenständen heidnischer Herkunft, u. a. mit einem Tisch augusteischer Zeit, der von Adlerntraditionellen Zeussymbolen - getragen ist, ist aber auch sonst breiter belegbar 36 . Demnach müssen wir für den uns interessierenden Zeitraum in Kleinasien ein stark hellenisiertes Judentum annehmen, das zumindest örtlich auch eine Integration fremd religiöser Traditionen nicht scheute und in seiner Eigenprägung vom syrisch-palästinischen Judentum unterschieden werden muß37. Diese EiEinen Überblick dazu bietet Stern, TheJewish Diaspora 143-154. S. Blanchetiere 373-377 und rur eine umfassende Diskussion aller rechtlichen Fragen und ihres Zusammenhangs Applebaum passim. 3S Die Einwanderung ist in der uns überkommenen antiken Geschichtsschreibung nicht behandelt und daher weithin schwer zu belegen. Im Adressatenraum ist sie wenigstens rur Smyrna nachweisbar, und zwar aus den Implikationen der auf ca. 125 datierbaren Inschrift IGRR IV 1431 (CIj 742), die die Bemühungen von ehemaligen Judäern (nott 'IoubaiOL) dokumentiert, durch eine - noch relativ bescheidene - Spende am öffentlichen Leben der Stadt teilzunehmen und ihre Loyalität zu beweisen. Eine sorgfältige Diskussion dieser Inschrift bietet Kraabel, Judaism 28-32, der auch die ältere (Fehl-)Deutung der J udäer auf ehemalige, renegate Juden widerlegt. 36 Die bislang umfangreichste Diskussion der jüdischen Ausgrabungen in Sardes bietet Kraabel a.a.O. 198-240, der in seinem Werk (passim) alle ihm zugänglichen kleinasiatischen jüdischen Funde bespricht und dabei Ausstrahlungskraft wie Assimilation des Judentums aufzeigt. Leichter zugänglich ist seine Besprechung der Synagoge von Sardes in ders., Diaspora Synagogue 483-488. Die wichtigsten Fakten zur jüdischen Assimilation stellt weiterhin etwa B1anchetiere 378fT. zusammen; vgl. auch Applebaum 443 f., 447 f. u. Ö. In Acmonia etwa konnte ein- und dieselbe Familie (der Tyrronier) einen Archisynagogen und einen Magistraten stellen (MAMA VI 264, 265; Sheppard, Jews 170 macht aus letzterem leider gleich einen Herrschaftskult-Priester). In Smyrna wurde eine Frau in heidnischem Kontext zur Archisynagogin aufgewertet und konnte als öfTentlich rechtsfähi· ge Person Sanktionen rur den Fall der Schändung eines von ihr errichteten Grabs verhängen (CIJ 741) usw. 37 S. die Ergebnisse Kraabels zu seiner Untersuchung Judaism 241-249 (vgl. ders, Diaspora Synagogue bes. SOU.) u. ä. das Ergebnis Blanchetieres 379f. 33
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genprägung wurde durch die Einwanderung palästinischer Juden nach 70 nicht wesentlich gestört, da diese bald die Integration in ihre neue Umgebung suchten 38 . Wohl aber mochten sie angesichts des endgültigen Auseinanderbrechens vonjudentum und Christentum eine stark christenkritische Haltung nach Kleinasien mitbringen und eine solche, soweit sie dort schon gegeben war, verstärken 39 . Das führte dazu, daß dieJ uden zwar wahrscheinlich nicht selbst Christenverfolgungen initiierten, aber jedenfalls örtlich bereitwillig an Aktionen gegen Christen teilnahmen, sobald sie begonnen hatten 40 .
Das ist der Hintergrund für die Bezugnahme auf dasJ udentum und mit ihm im Zusammenhang stehende Strömungen in den nach Kleinasien gehörenden christlichen Texten des 1. und frühen 2.Jh., die nun zu sichten sind: Sieht man von der in ihrem historischen Bezugspunkt umstrittenen Diskussion des Eph ab, bildet nicht mehr die Frage nach dem Verhältnis zwischen den in den Gemeinden längst dominierenden Heidenchristen und den noch vorhandenen judenchristlichen Minderheitsgruppen den Erörterungsschwerpunkt 4 1, sondern die von jüdischen oder jüdisch beeinflußten Kreisen ausgehende Gefährdung der Christen. So werfen Kol, Past und Ignatianen ihren Gegnern oder - im Falle von Past und Ign - zumindest einer Gruppe von ihnen jeweils judaisierende Tendenzen vor, wobei die Vielseitigkeit und Verschiedenartigkeit der Texte unter Beachtung der Datierungsunterschiede, der jeweiligen Akzentsetzungen ihrer Verfasser und der lebendigen Vielfalt des religiösen Lebens im kleinasiatischen Raum durchaus verständlich sind 42 . Von besonderem Interesse für die Ortung der Apk sind die situativen Implikationen von IgnPhld und IgnSm, da diese Schreiben an eben die laut Apk vom Judentum besonders gefahrdeten Gemeinden gerichtet sind und Ignatius diese Gemeinden aus eigenen Aufenthalten kannte, so daß die Texte bei aller antiochenischen Orientierung ihres Autors auch zur Bestimmung der kleinasiatischen Lage in ihrer Abfassungszeit (ca. 110) S. die drittletzte Anmerkung. Das Material der scharfen Auseinandersetzung zwischen Juden und Christen diskutierte zuletzt - von den Problemen um die Einführung einer Vernuchung der Christen im Synagogengollesdienst ausgehend - Horbury passim, der für das Ende des I.Jh. eine systematisierte jüdische Opposition gegen das Christentum nachzuweisen versuchte. 40 So das Ergebnis Kraabels, J udaism 39 aus seiner sorgfältigen Diskussion der dazu wichtigen hagiographischen Quellen namentlich zu den Martyrien des Polykarp und des Pionios in Smyrna (a.a.O. 32-40). 41 Am stärksten bezieht K. M. Fischer, Tendenz und Absicht des Epheserbrieres 78-83 u. ö. die Ausführungen des Eph (mit Zentrum in 2,11-22) aur ein historisch drohendes Auseinanderbrechen der heidenchristlichen Mehrheit und judenchristlichen Minderheit in christlichen Gemeinden, wohingegen Lindemann, Bemerkungen 250 (vgl. 242 u. ö.) eine konkrete historische Bezugnahme des Eph abstreitet. 42 Zur kolossischen Häresie s. die o. Anm. I 76ff. zu Teil 2.3 angegebene Lil., zu den jüdischen Zügen der von den Past bekämprten Häresie bes. Trummer 165 ff. (u. ö.) und U. B. Müller, Theologiegeschichte 58-67. 38
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heranzieh bar sind 43 • Ignatius hörte demnach, was Philadelphia betrifft, einige Leute sagen, sie glaubten das im Evangelium Geschriebene nicht, wenn sie es nicht in den alten Urkunden (aQXELOLC; oder - in der Variante - aQxuLOLC;) fanden, und mußte erfahren, daß diese Leute seine Behauptung in Frage stellten, es stünde geschrieben (ytYQWt'tUL) (IgnPhld 8,2). Dem hielt er seine christliche Identifizierung Jesu und seiner Heilstaten mit den alten Urkunden entgegen (ebd.) und betonte weiterhin, daß die Priester zwar gut seien, besser aber der Hohepriester Jesus Christus sei (a.a.O. 9,1). Er sei die Tür des Vaters und zum Vater wie für die Kirche so auch für die großen alttestamentlichen Gestalten (ebd.), und schließlich hätten auch die geliebten Propheten auf ihn hin verkündigt (9,2).
Daraus läßt sich rekonstruieren, daß es in Philadelphia zu seiner Zeit eine stark judaisierende Gruppe gab - wobei offenbleiben mag, wieweit an dieser noch beschnittene Christen beteiligt waren, oder ob sie allein von Unbeschnittenen getragen war 44 -, die sich für ihren Glauben maßgeblich auf die alten Urkunden, die alttestamentlichen Schriften also, berief4s , von diesen aus aber keine bruch lose Kontinuität zum christlichen Evangelium und zum an Jesus Christus und seinen Heilstaten begründeten Glauben erkennen konnte und wollte (so die Implikationen von 8,2). Sie bezweifelte oder negierte, daß die Verkündigung der Propheten sich aufJ esus Christus richte, und interpretierte sie in eigener Weise (s. neben 9,2 noch den Zusammenhang von 5,24i, I )46. ObJesus Christus die Tür zu Gott sei, war - so läßt sich aus 9, I schließen - für sie ein Streitgegenstand, womit zugleich der Konnex zwischen alttestamentlichem Gottesvolk und nichtjudaisierendem Christentum brüchig werden mußte. Eine Gemeindespaltung drohte zumindest (s. bes. 3, I; 7; 8, 1)47. Ein Situationsbild entsteht, das eineinhalbjahrzehnte nach der Adressierung der Gemeinde in der Apk ausgesprochen gut vorstellbar ist. Denn schon dort war (innerhalb von 3,7-13) diejüdische Leugnungder Heils43 Auf die Einleitungsdiskussion zu den Ignatianen war o. mit Anm. 24 hinzuweisen. Namentlich Donahue (81 f., 88ff. und passim) brachte antiochenische Gesichtspunkte und Bezüge in die Interpretation der uns interessierenden Passagen ein. Hammond Bammel geht (bes. 84fT.) gleichfalls von einer Dominanz Antiochias fürs ignatianische Denken und Schreiben aus, berücksichtigt daneben aber deutlich auch kleinasiatische Bezüge. Kritik an einer zu stark antiochenischen Beziehung der einen Judaismus betreffenden Partien der Ignatianen übt namentlich Barrett, Jews and Judaizers 228f. 44 Die Entscheidung hierüber hängt an der - in der Forschung kontroversen - Interpretation von IgnPhld 6,1 (zur Diskussion s. z. B. Molland 2; Barrett a.a.O. 234 u. ö. und Donahue 86f.). 45 Für die in der Forschung unumstrittene Interpretation der äQXElQ aufs Alte Testament s. z. B. Molland 4f. und injüngster Zeit Donahue86. 46 Zur Interpretation s. bes. Barrett a.a.O. 233f. 47 Dem entspricht es, daß J.&fQLOJA.6C; in IgnPhld fünfmal, in den übrigen Ignatianen aber nur noch IgnSm 7,2 vorkommt.
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kontinuität des Christentums zu Israel und die Leugnung ihrer Verbürgung durch den Heilsträger Jesus Christus zu attackieren und dabei zu betonen, daß letzterer die Türe zu Gott öffne (3,9.7). Die dortigejüdische Konfrontation dürfte so den Auslöser der von Ignatius gezeichneten Lage gebildet haben, ist es doch durchaus wahrscheinlich, daß die jüdischen Argumentationen bei Mitgliedern der christlichen Gemeinde auf Gehör stießen und diese zum beschriebenen zunehmend judaisierenden Denken veranlaßten. Hinter der Beanspruchung auch der alttestamentlichen Prophetie für das von Jesus ausgehende Zeugnis in Apk 19,1048 wird damit eine polemische Note unüberhörbar, wie sie übrigens gleichfalls in der Betonung dessen mitgehört werden kann, Johannes habe die Offenbarung Jesu Christi am Tag des Herrn erhalten (1,10). Denn gerade in Kleinasien bleibt die Sabbatverehrung christlich virulent, so daß noch Ignatius ihr gegenüber in durchaus polemischem Zusammenhang an das Leben nach dem Herrentag erinnern muß (IgnMagn 9,1 )49.
So deutlich zwischen Apk 3,7-13 und IgnPhld eine Entwicklungskontinuität spürbar ist, darf dieser Befund freilich nicht einfach auf die Situation von Smyrna übertragen werden. Denn dort zeichnet Ignatius die von ihm bekämpften Gegner nicht mehr in erster Linie als J udaisten - auch wenn sie mit diesen zusammengehören mögen 50 -, sondern als Doketen (s. bes. IgnSm 2-3; 5)51. Eine in der Erörterung zu Philadelphia noch vernachlässigbare Komponente gewinnt zentrales Gewicht: die gnostische Determinante der inneren Geschichte des kleinasiatischen Christentums. Die Breite und das Gewicht dieser Determinante lassen sich angesichts des Fehlens von lokalen Primärquellen nur mehr unzureichend erfassen 52 . Die kolossische Häresie bereitete ihr zumindest den Boden, wenn Die o. am Ende von 2.4.3.3 besprochen wurde. Zu den Schwierigkeiten, den Herrentag gegen den Sabbat durchzusetzen, s. im Überblick Lohse, oaßßatov 30-34; zur Lage in Kleinasien (unter Interpretation von IgnMagn 9,1) s. bes. Rordorf, Sonntag 138ff. u.Ö. 50 Hier stellt sich am konkreten Fall die Frage, ob Ignatius in seinen Briefen eine zusammenhängende Häresie mitjudaistischen und doketischen Zügen oder zwei verschiedene häretische Gruppen - einerseits Judaisten, andererseits Doketen - bekämpft. Die Frage kann und muß hier nicht entschieden werden; für einen Forschungsüberblick s. Barrelt a.a.O. 220-230. 51 Die doketischen Züge sind in der Forschung (auch im Zusammenhang der Diskussion um die Zahl der Häresien) unumstritten; zu ihrer Interpretation s. etwa Meinhold 483f. und Barrett a.a.O. 239. 52 Das beklagt schon Bauer, Rechtgläubigkeit 84. Gegen die ältere Forschung - aus der Schmidt in ders./Wajnberg 403-452 hervorsticht - läßt sich auch das Material über Kerinth nicht mehr beiziehen, nicht nur wegen seiner sachlichen Fragwürdigkeit. sondern vor allem deswegen. weil eine Lokalisierung Kerinths nach Ägypten statt nach Kleinasien ernsthaft erwogen werden muß (die Erwägungen hierüber stehen in Zusammenhang mit den Erwägungen zur Lokalisierung der EpAp. die I (12) gegen Kerinth Stellung beziehtdazu s.o. Anm.72 zu 1.2 u.ö.). Trotzdem gilt Vorderasien nach wie vor als sehr früh 48
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sie auch selbst noch kaum als gnostisch zu bezeichnen ist 53 . Die Past zeichnen dann das Bild einer stark jüdisch beeinflußten, asketisch-rigoristischen Irrlehre, die sich durchaus der Gnosis zuordnen läßt 54 . Ignatius und nicht unähnlich Polykarp (bes. Polyk 7, I f.) akzentuieren auf doketische Momente, wobei jedenfalls bei der ignatianischen Gegnerschaft gleichzeitige judaisierende Tendenzen nicht auszuschließen sind 55 . Die vom Apk-Autor bekämpften Nikolaiten und Isebel-Anhänger vertreten in diesem Kontext eine allem Anschein nach eigenständige S6 gnostische Strömung heidenchristlicher Prägung, die als eigene Variante im aufgezeigten, im einzelnen nicht mehr klar füll baren Rahmen aufkommender und an Wirksamkeit gewinnender gnostischer Tendenzen in der Asia gut denkbar ist und ihr Bild bereichert. Daß dabei in aller Mannigfaltigkeit der von den verschiedenen Schriften aufgezeigten gnostischen Strömungen Querverbindungen möglich sind, zeigt die Nähe der nach 2 Tim 2,17 f. von Hymenäus und Philetus vertretenen Auffassung, die Auferstehung sei schon geschehen, zur aus der Apk rekonstruierbaren Lehre ihrer gnostischen GegnerS7 •
Die verschiedene Akzentuierung der Situation von Smyrna durch die Apk und IgnSm weist so zum einen auf verschiedene Blickwinkel ihrer Autoren hin - etwa läßt sich die bei Ignatius vernachlässigte, für den ApkAutor so wichtige christenkritische Haltung der Juden in Smyrna aus anderen Quellen weiter ins 2.Jh. hinein verfolgen S8 - und zum anderen auf eine örtliche Durchkreuzung verschiedener im Gebiet wirksamer Strömungen, die zu einem vergleichsweise schnellen Situationswandel führen konnten. Wird dies beachtet, dann fügt sich die Apk nahtlos wie schon in die äußere so in die innere Geschichte des kleinasiatischen Christentums vor gnostisch erfaßtes Gebiet (Kippenberg 758 Anm. 31 hat dazu einen ANRW-Aufsalz angekündigt). 53 S. die Diskussion o. unler 2.3.2.2d). 54 S. neben den Kommentaren bes. Haufe, Gnostische Irrlehre passim; vgl. auch zurückhaltender - Trummer bes. 161-167. Vielleicht können die o. Anm.32 genannten Beobachtungen das Bild bei weiteren Forschungen noch differenzieren und präzisieren (s. d.). 55 Die Erörterung des von Ignatius bekämpften Doketismus muß dabei über IgnSm hinausgehen und zumindest IgnPol und IgnTrall zusätzlich heranziehen (s. etwa Meinhold 476, 482ff. und für eine neue Literaturdiskussion Hammond Bammel bes. 81 f.). 56 Vgl. Hammond Bammel 85. 57 S. o. bes. am Ende von 2.4.3.4. Möglicherweise besteht auch eine Querlinie zwischen der ephesinischen Entlarvung von Pseudaposteln nach Apk 2,2 und des Ignatius Lob an die Epheser, sie hätten die schlechte Lehre bei ihnen zureisender Personen nicht aufgehen lassen (IgnEph 9,1; Kraft, Offenbarung 56, 88, 91 betont den Zusammenhang über die Textevidenz hinaus). 58 So spielten dieJ uden eine Rolle namentlich beim Martyrium des Polykarp; dafür und für eine weitere Quellendiskussion s. Kraabel,Judaism 32-40.
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der Wende vom I. zum 2.Jh. ein. Das sie prägende und von ihr ins Auge gefaßte Situationssyndrom ist in seinen sämtlichen wesentlichen Determinanten und in vielen Einzelheiten dort verifizierbar, auch wenn es die Besonderheiten der Quellenlage nicht erlauben, das Feld der frühen Christentums- und Theologiegeschichte der Asia in all seinen historischen, lokalen und geistesgeschichtlichen Details zu rekonstruieren 59 . Von den lokalen Anspielungen bis zu den gnostischen Bezugnahmen ergibt sich ein geschlossenes und harmonisches Bild der Kommunikationsstruktur der Apk im Übergang von ihrer textinternen zur tex texternen Kommunikationsebene, das dazu zwingt, ihren brieflichen Selbstanspruch ernst zu nehmen und sie als kommunikationsorientiertes Werk im Raum zwischen Patmos und den von ihr genannten sieben Gemeinden der Asia in der Mitte der 90er Jahre des I.Jh. anzusiedeln. Angesichts der Stringenz der auf dieses Ergebnis weisenden Zusammenhänge erübrigt sich seine Absicherung durch einen Vergleich der Apk mit weiteren frühchristlichen Schriften und Schriftenkreisen, die nicht mit gleicher Wahrscheinlichkeit wie die hier behandelten nach Kleinasien gehören. 'Namentlich sind hier die johanneischen Schriften zu nennen, die, auch wenn sie für Kleinasien ausfallen 60 , weiterhin besonderes Interesse für die Bestimmung des Ortes der Apk in der übergreifenden Theologiegeschichte des Urchristentums verdienen 61 •
3. J.3 Rückschlüsse auf einen äußeren brieflichen Vorgang der Apk
Da der Überschritt von der textinternen kommunikationsorientierten Strukturierung und Gestaltung der Apk auf eine textextern verifizierbare Briefsituation gelang, stellt sich nun abschließend die Frage nach der tatsächlichen Brieflichkeit der Apk, nach ihrer realen Versendung als Brief zwischen ihrem Verfasser und den in ihr genannten Adressaten. Eine endgültige Antwort ist hier über den historischen Abstand hinweg 59 So ist auch etwa Bauers interessante Hypothese (entwickelt in Rechtgläubigkeit 82fT.) nicht mehr zu verifizieren, Ignalius schreibe deswegen nur mehr drei der Adressatengemeinden der Apk an (Ephesus, Smyrna und Philadelphia), weil deren übrige bereits an die Häretiker verlorengegangen wären. Problematischer ist es noch, aus dem Schweigen der Apk zu Einzelgemeinden - namentlich zu Milet, zu dem Patmos gehörte - Schlußfolgerungen aufderen historische Lage zu ziehen, gegebenenfalls sogar aufderen Nichtexistenz zur Abfassungszeit der Apk, so lange dazu keine weiteren Quellen zur Verfügung stehen (zu SafTrey, Relire l'Apocalypse a Patmos bes. 390f.). 60 So z. B. U. B. Müller, Theologiegeschichte 95; vgl. aber unten Anm. 30 zu 3.2. 61 Die Frage nach den Beziehungen zwischen der Apk und denjohanneischen Schriften beschäftigt die Forschung aufgrund der Verfasserschaftsdebatte von alters her (s. z. B. schon Lücke bes. 65~744 und rur die jüngere Zeit Böcher,johanneisches in der Apokalypse sowie ders., Das Verhältnis der Apokalypse des johannes zum Evangelium desjohannes jeweils passim).
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Textexterne Bündelung der Untersuchung und Erträge
nicht mehr möglich, aber sehr wohl noch eine Annäherung an sie. Denn neben der Harmonie der textexternen und textinternen Kommunikationsebenen der Apk läßt sich auch die zweite für den Fall ihrer echten Brieflichkeit notwendige Voraussetzung überprüfen: das Anvisiertsein eines in sich stimmigen und konsequenten brieflichen Vorgangs vom Schreiber und Sender zu den Empfängern des Textes 62 . Anzusetzen ist dafür bei den Lokalisierungen von Sender und Empfängern in der Apk: Diese lassen sich nicht nur geographisch fixieren 63 , sondern stehen auch in einem klaren Zusammenhang zueinander. Die Adressierungsorte (s. I, 11) gehören verschiedenen Verwaltungsgebieten und Landschaften in Kleinasien an, so daß sie in der Kaiserzeit übergreifend nur als sämtlich in der Provinz Asia liegend zusammengefaßt werden konnten, was Apk 1,4 sachgemäß vornimmt 64 . Untereinander sind sie nach ihrer Abfolge an einer Reiseroute geordnet, die von Ephesus aus bis Pergamon in etwa nach Norden geht, um von dort aus wieder nach Südosten bis ungefähr auf die Höhe von Ephesus zurückzuführen 6s . Die Gezieltheit dieser Route, die übrigens teilweise auf erst von Vespasian (aus- )gebauten Straßen verläuft 66 , als fast geschlossene Rundtour zeigt sich daran, daß Ephesus die dem Apk 1,9 entnehmbaren Sendeort Patmos nächstgelegene der Adressatenstädte ist. Der Übermittlungsvorgang der Apk, von dem 1,11 handelt, läßt sich damit als der eines Rundbriefes bestimmen, eines unter einer Vielzahl von Adressaten je weiter übermittelten Schreibens, das in seinem vollen originalen Umfang von jedem von ihnen rezipiert werden so1l67. Dem entspricht, daß die Apk in ihrer vorliegenden Gestalt alle sieben Abschnitte enthält, die die je einzelnen dieser Adressaten in besonderer Weise ins Auge fassen, und daß diese Abschnitte in den Kap. 2-3 schon in sich auf eine die angesprochenen Einzelgemeinden übergreifende Rezeption ausgerichtet sind (s. bes. die Weckrufe 2,7 a usw.). Die Selbstbezeichnung des Verfassers alsJohannes 62 Zu den Kriterien s. o. unter 1.1 (bei der Beschreibung des brieflichen Kommunikationsmodells) . 63 Die sieben in I, II genannten Städte sind, wie Patmos, sämtlich kaiserzeitlich belegt. Dem ging schon Ramsay bes. innerhalb 171-430 nach; zum Stand der Ausgrabungen bis in die 60er jahre s. Pax, jüdische und christliche Funde passim, neuer Yamauchi (1980). 64 S.o. am Anfang von 1.2.2.2b). 65 Dies stellte bereits Ramsay (bes. 183, 192f.) heraus. Nach ihm wurde es Allgemeingut der Literatur. Seine weiterfuhrende These, die in der Apk genannten sieben Städte in der Asia seien Zentren von Postdistrikten gewesen, von denen aus das Schreiben desjohannes weiteren Gemeinden zugestellt wurde, ist freilich schon deshalb nicht haltbar, weil Privatpersonen die Benützung der staatlichen Post in der Regel nicht gestattet war (vgl. Huß 36). 66 Er ließ die Straße von Ephesus über Smyrna nach Pergamon (aus-) bauen - s. Knibbe in Knibbel Alzinger, Ephesos 771. 67 Vgl. die Definition des Rundbriefs bei Roller 201. Er unterscheidet davon ebd. die Zirkularschreiben, die ,jedem Empfanger in besonderer Ausfertigung zugehen, welche nicht weiter wandert, sondern in der Hand des ersten Empfangers verbleibt".
Die äußere kommunikative Situationseinbettung der Apk
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erscheint orthonym 68 , ohne daß deswegen eine eindeutige Identifizierung mit einer der anderen bekannten Personen gleichen Namens aus dem Urchristentum möglich wäre 69 . Die spezifische Adressierung fUgt die Apk in die Reihe der Schreiben mit ortsübergreifender Adresse ein, die biblisch seit alttestamentlicher Zeit belegt sind. Die alttestamentlichen und frühjüdischen Belege betreffen dabei freilich wesentlich offiziell gehaltene Schreiben eines Herrschers - Nebukadnezzars, Darius', Artaxerxes' oder des Ptolemäus Philopator (Dan 3,314,34 ohne 4,2530; Zusätze zu Est B 1-7 = LXX 3,13a-g und E 1-24 = LXX 8,12a-x; 3Makk 3,12-29; 7,1-9) -, die zur Apk nicht unmittelbar vergleichbar sind. Anders steht dies bei den neutestamentlichen Belegen, die zeigen, daß die ortsübergreifende Adressierung von Botschaften und Texten frühchristlich außerordentlich beliebt war. Ganz allgemein gehaltene Adressen ohne eine der Apk unmittelbar analoge geographische Fixierung haben Jak (I, 1), 2 Petr (I, I) und J ud (1), die sich als "fingierte Briefe" bestimmen lassen 70. Nächstverwandt zur Apk sind die Texte mit geographisch fixierter Rahmung: I Petr ( I, I); Act 15,23-29 (s. 15,23) und Gal (1,1 f.). Unter diesen ist die Nichtfingierthcit und Orthonymität des Gal unumstritten, der an die christlichen Gemeinden der Galatia gerichtet ist.
In der Struktur ihrer Adressierung gehört die Apk gerade in die Nachbarschaft des Gal, wenn sie auch keine Landschaftsbezeichnung zur umfassenden Nennung ihrer landschaftlich verstreuten Adressaten setzen kann, sondern dafür die Provinzbezeichnung Asia gebrauchen muß. In ihrer konkreten Nennung der Einzelgemeinden in I, lI und im Eingehen auf deren Einzelsituationen in 2-3 führt sie sogar über Gal noch hinaus, so daß die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit ihrer echten Brieflichkeit, ihrer Versendung als umfangreicher, in etwa eine Schriftrolle füllender und daher als ßLßÄ.LOV bezeichneter 71 Rundbrief, nicht von der Hand zu 68 An der Orthonymität der Apk zu zweifeln, besteht - mit fast der gesamten Forschung (rur diese s. z. B. Kümmel, Einleitung 41H. und Viel hauer, Geschichte 501) - kein Anlaß. I m Falle r-ines Pseudonyms wäre eine genauere Identifizierung der gewählten fiktiven Person in 1,4 - etwa als der Apostel Johannes - zu erwarten (vgl. Sanders, St.John 76). Auch vereinfacht die Hypothese pseudonymer Abfassung der Apk deren Einleitungsprobleme keinesfalls, wie Lipinskis in diese Richtung gehende Konstruktion (passim) zeigt: Im Zusammenhang seiner These, ein unbekannter Autor aus Milet verfaßte die Apk unter dem Pseudonym des in Jerusalem hingerichteten Johannes und unter dem unmittelbaren Eindruck von dessen Martyrium, verlegt er den Abfassungsort unter einer Vergewaltigung von Apk 1,9 von Patmos weg und behauptet er eine Frühdatierung auf69170, die schwerlich mit dem Text in Einklang zu bringen ist (vgl. die letzten Abschnitte vorliegender Arbeit). Vgl. schon o. S. ISS. 69 Zur Diskussion, die hier nicht neu aufgenommen werden muß, s. schon Lücke 508802 und noch etwa Kümmel a.a.O. 415fT. Alsjüngste (fragwürdige) Identifizierungsversuche seien Sanders a.a.O. 78-85, der Johannes schließlich alsJohannes Markus bestimmen möchte, und J.J. Gunther, EIder John genannt, der Johannes als späteren Ältesten (i. e. Bischof) von Ephesus identifiziert (3 und passim). 70 So Viel hauer a.a.O. 567 (dort hervorgehoben) (u. ö.). 71 Dazu s. o. unter 2.3.2.2.
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Textexteme Bündelung der Untersuchung und Erträge
weisen ist. Mit Sicherheit feststellen läßt sich freilich nur, daß sie bis zur ersten Hälfte des 2.Jh. in kirchlichen Umlauf kam und daß sie dann noch einige Zeit als brieflicher Text wahrgenommen wurde 72 • Das aber ergibt eine solche Konsequenz der brieflichen Gestaltung und frühen Rezeption der Apk, daß daran fUr ihre Interpretation nicht mehr vorübergegangen werden kann. Die Erträge vorliegender Untersuchung lassen sich nun formulieren.
3.2 Erträge: Der literarische, historische und theologische Ort der Apk Aufgabe vorliegender Arbeit war es, durch eine Untersuchung der brieflichen Züge der Apk einen Weg über die Verunsicherung und Aporien der jüngeren Apk-Forschung hinaus zu finden. Um dafUr eine sichere Basis zu erreichen, waren im Grundlegungsteil die literarisch-religionsgeschichtlichen Vergleichstexte aus der jüdischen wie griechisch-hellenistischen Offenbarungsliteratur zu sichten und war, als sich hier keine direkte briefliche Parallele zur Apk fand, deren Ort in der urchristlichen Briefliteratur zu suchen. Die Apk zeigte sich in ihrer expliziten wie impliziten Adressatenorientierung bemerkenswert adäquat zu der von ihr beanspruchten brieflichen Kommunikationsform gestaltet. Das zwang dazu, die weitere Untersuchung nicht auf ihr Briefformular und ihre briefkonventionellen Züge zu beschränken, sondern sie insgesamt nach rezeptionsästhetischen Kriterien zu analysieren. Ein fortlaufender, Schwerpunkte setzender Lesevorgang erarbeitete ihre implizite Kommunikationsstruktur, die ein letzter Arbeitsschritt aufgrund der expliziten Kommunikationsangaben der Apk textextern verankerte. All diese Arbeitsschritte fUhren konsequent zu folgender littrarischen Ortung der Apk: Sie erfUllt, was das Medium ihrer Gestaltung angeht, die fUr die Kommunikationsform des Briefes gültigen Kriterien in so hohem Maße, daß ihr brieflicher Selbstanspruch ihrer Gesamtinterpretation zugrundezulegen ist. Angesichts der Möglichkeit, ihren äußeren Kommunikationsvorgang als den eines von Patmos aus an sieben Gemeinden in der Asia ergehenden Rundbriefes zu erschließen, ist sogar ihre tatsächliche briefliche Versendung möglich und wahrscheinlich 1. In puncto ihrer literarischen Gattung im engeren Sinn ist gegenüber ihrer Bestimmung als Apokalypse im Zusammenhang der jüdisch-christlichen Apokalyptik 71 1
S.O. Exkurs 1 (bes. Abschnitt2b). S. den o. zu 3.1.3 führenden Argumentationsweg.
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Zurückhaltung geboten. Denn dazu muß eine einzelne vom Apk-Autor in sein Werk eingebrachte Traditionslinie zu stark betont werden; die Unsicherheiten um den Apokalypse-/ Apokalyptikbegriff kommen belastend hinzu 2 . Unstreitig gehört die Apk aber dem weiteren Gesamtbereich der antiken Offenbarungsliteratur an, worauf sie in ihrem Incipit 1,1-3 ausdrücklich Anspruch erhebt 3 • Freilich ist auch diese Bestimmung über ihre Ungenauigkeit hinaus, wie sie sich aus der großen Breite der Offenbarungsliteratur in der späthellenistischen und der römischen Kaiserzeit ergibt, sehr stark inhaltlich orientiert. Das spräche dafür, die gattungsmäßige Beurteilung der Apk im Anschluß an ihre kommunikative Charakterisierung von ihrer Brieflichkeit aus vorzunehmen 4 • Doch bleibt ihre Voranstellung eines Incipits, das ihr literarisches Selbstverständnis zu explizieren versucht, vor das Briefformular in der sie umgebenden Briefliteratur singulär, widerspricht ihr Umfang wie ihre eigentümliche Stillage einer am philophronetischen Schreiben orientierten Briefrhetorik und nimmt sie schließlich auch die paulinische BriefKonvention nur in großer Freiheit und Selbständigkeit auf. Sie läßt sich also keiner antiken Briefgattung direkt zuordnen s . Ihrer literarischen Selbständigkeit wird es insgesamt am ehesten gerecht, auf eine einlinige, verengende Gattungsbezeichnung zu verzichten und sie nur allgemeiner als einen brieflichen Text der Offenbarungsliteratur zu charakterisieren, der in seinem kommunikativen Duktusjüdische wie griechisch-hellenistische und römisch-kaiserzeitliche Offenbarungstraditionen integriert und über das Medium des Briefes mi tteilt 6 . 1 S. bes. schon die EinfUhrung der Arbeit unter 0.1, weiterhin die sich durch sie ziehenden religions- und traditionsgeschichtlichen Erörterungen. 3 S. bes. die Analyse und Exegese zu diesem Abschnitt o. unter 2.1. 4 Man beachte, daß sie sich in der Stringenz und Durchgängigkeit ihrer brieflichen Gestaltung von allen vergleichbaren Texten der OfTenbarungsliteratur abhebt (s.o. unter 1.2.1 ). s Zum Incipit und seiner Bedeutung fUr die Beurteilung der Brieflichkeit der Apk s. bes. o. unter 2.1, zur Anwendbarkeit der antiken Briefrhetorik und Brieftheorie o. am Ende von 1.1 u. ö., zum Verhältnis zur paulinischen Briefkonvention schließlich o. unter 1.2.2. 6 Es liegt nahe, gattungsmäßige Beziehungen der Apk zu den brieflichen Abhandlungen der Spätantike herzustellen, die Stirewalt als "letter-essay" bezeichnet, da sie zwar nichtfingiert in einer bestimmbaren Briefsituation abgefaßt sind, diese aber in ihrem monographieartigen Charakter nach Inhaltlichkeit und - unpersönlicherem, objektivem - Stil übersteigen, und zu denen er etwa die Briefe Epikurs und Dionys' von Halikarnaß, 2 Makk (ganz!) und das MartPol rechnet (Form and Function of the Greek Letter-Essay passim, Zitat und formangaben 176). Doch bedarf schon die Frage nach der gattungsmäßigen Zusammengehörigkeit der von Stirewalt angefUhrten Texte weiterer Erörterung. Nicht nur die Zuordnung von etwa 2 Makk muß hier bedenklich erscheinen, bereits die Wahl der Gattungsbezeichnung zeigt eine sachliche Unsicherheit an, muß sie doch mit dem neuzeitlichen, erst durch Montaigne begründeten und mit der spezifisch neuzeitlichen Subjektivität verbundenen EssaybegrifT arbeiten (zu diesem s. Rohners Versuch über den Essay passim sowie die darauf in dem von ihm hrsg. Band Deutsche Essays, Prosa aus zwei
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Die rezeptionsästhetische Analyse der Apk führt weiterhin zu wesentlichen Aufschlüssen über deren historische Situierung und theologische Prägung. Der Apk-Autor schreibt demnach - so läßt sich zunächst sein historisch-geographischer Ort bestimmen - in der Umgebung des kleinasiatischen Raums an Gemeinden paulinischer Tradition, die wesentlich von griechisch-hellenistisch, oft synkretistisch geprägten Heidenchristen getragen werden. Er tut dies zu einer Zeit, da die heidnische Bedrängnis der Christen im Zusammenhang mit einer Intensivierung der göttlichen Machtansprüche des Staates und seines kaiserlichen Repräsentanten zu eskalieren droht, da der jüdische Widerstand und diejüdische Argumentation gegen das Christentum örtlich ein bedenkliches Maß erhält und zumindest gelegentlich nicht ohne theologische Wirkung auf die Christen zu bleiben scheint, da das ethische Handeln in manchen Gemeinden strengen Kriterien nicht mehr zu genügen vermag und da schließlich im Heidenchristentum entstandene gnostische Tendenzen Fuß zu fassen und vorzudringen imstande sind. Ein Vergleich mit den weiteren zur Geschichte des Urchristentums in der Asia vorhandenen Quellen erlaubt es, die Grundzüge dieses Situationssyndroms und zahlreiche seiner Einzelmomente in diesem von der Apk selbst angegebenen Adressatenraum zu verorten. Äußere wie innere Kriterien weisen übereinstimmend auf eine Entstehung des Werkes unter Domitian um die Mitte der 90er Jahre hin'. Ihre Fülle bewährt damit die durch Bousset zur Vorherrschaft gelangte Spätdatierung der Apk 8 , auch wenn sich diese nur mittelbar, Jahrhunderten, Bd. I, München 1972, dtv t-b 6013, nachfolgenden Theorieaufsätze). Der Zuordnung der Apk zu den genannten Texten stellt sich weiterhin ihre auch ihnen gegenüber singuläre Integration von Zügen der Offenbarungsliteratur und von neuem ihre den Ansprüchen eines gehobenen Stils nicht entsprechende Stillage entgegen. 7 Die unter 3.1.1 und 3.1.2 genannten Indizien lassen sich nach den vorgetragenen Untersuchungen noch ergänzen: Der Deckname Babyion für Rom in Apk 17 erzwingt eine Ansetzung nach 70 (s. die Bemerkungen zum Kapitel o. unter 2.4.2.1). Gleichfalls darauf weist die Aufnahme von Formen und Vorstellungen, die nicht vor dem letzten Drittel des I.Jh. aufkamen - so der besonderen Incipitform, die 1,1-3 zugrundeliegt (s. o. unter 2.1.1) - oder die bereits deutlich im Spannungsfeld zu gnostischen Strömungen stehen. Zu letzteren sind etwa die literarische Selbstbezeichnung der Apk als lutoxcu..u"ll~ (in I, I) und ihr spezifischer Rückgriffaufdie Drei-Zeiten-Formel (in 1,19) zu rechnen (dazu s.o. unter 2.1.2.1 und 2.3.1.2b). Die gegenüber der EpAp einfachere Incipitgestaltung und die zurückhaltendere, vornehmlich als implizite Korrektur erfolgende Auseinandersetzung mit der Gnosis bestärken sodann umgekehrt den auch zur Angelologie der Apk erhobenen Befund. daß für ihre Datierung nicht weiter ins 2.Jh. hineingegangen werden darf(s. o. bes. unter 2.3.2.2d) und 2.1.1). a Vor Bousset - der seine Datierung wesentlich innerhalb von Offenbarung 129-138 begründet - dominierte die Frühdatierung, als deren gewichtigste Vertreter Lücke 848 (innerhalb 803--864) und Baur, Vorlesungen 39f. gelten können. Vom englischsprachigen Raum aus erfolgen injüngster Zeit energische Versuche zur Erneuerung der Frühdatierung (s. bes.j. A. T. Robinson, Redating 221-253, Bell passim und Rowland, Open Heaven 403413), die jedoch zu Recht Widerspruch erfahren (so wendet sich Harris' Erörterung der
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nämlich als Bestätigung und nicht als Begründung, auf das Zeugnis des Irenäus berufen kann, der adv. haer. V. 30,3 nicht darüber redet, wann Johannes die Apk schaute, sondern wann er selbst noch gesehen wurdenämlich gegen Ende der Regierungszeit Domitians 9 . Für das Verständnis der Apk ist nun die theologische Position maßgeblich, die ihr Autor an diesem historischen und geographischen Ort bezieht. Den Schlüssel zu ihrer Erfassung bildet sein kommunikatives Anliegen: Er kennt die Aporien, in die das bei seinen Adressaten dominierende präsentische Heilsbewußtsein durch von ihm als Christenbedrängnis, als {tAi"'L~, zusammengefaBte Umstände geraten ist, teilt aber die bei jenen virulenten Auswege aus diesem Dilemma nicht. So findet er sich nicht mit einer Einfügung in die Umstände der Welt ab, wie sie aus seiner Sicht etwa in Sardes und Laodizea zutage tritt und den Ansprüchen seines enthusiastisch-ethischen Rigorismus nicht genügt. Ebensowenig duldet er die namentlich von der gnostischen Strömung vertretene theoretische Weltflucht, die ein Zentrum in Thyatira hat und sich in der Erkenntnis über die Welt erheben will, damit aber die Kraft und den Willen zum Widerstand gegen Lebensvollzüge in ihr, die den Kern des christlichen Glaubens gefährden, verliert. Schließlich fügt er sich auch der in der Paulusschule aufkommenden Tendenz, das traditionelle futurische Heilsdenken - gegebenenfalls sogar unter Berufung auf Paulus selbst - zu repristinieren und weiterzutradieren, nicht einfach ein 10. Denn er will das präsentische Heilsbewußtsein nicht aufgeben oder auch nur in seinem Kern antasten, das für ihn durch Jesu Heilstaten unumstößlich und unantastbar begründet ist und deshalb im Leben der Christen in dieser für sie vorfind lichen Welt gelten mußll. So läßt er sich zwar - und das stellt ihn in den Kontext der erwähnten, zum 2.Jh. hin in Kleinasien auftretenden Reaktion auf die heilsenthusiastische Theologie - von futurisch-eschatologischen Traditionen christlicher und gemäß seiner judenchristlichen Herkunft oft auch jüdisch-apokalyptischer Provenienz anregen. Doch er übernimmt diese nie unhinterfragt, sondern stellt sie stets in den Dienst seines Willens, durch das Aufzeigen der futurischen Dimension des Heils die Gegenwart zu deuten und die Begründetheit des christlichen Heilsbewußtseins seiner Adressaten wie seiner selbst in ihr zu bekräftigen. Die Gegenwart wird ihm im Zuge dieser Deutung der Raum, von dem die Herrschaft Gottes inJesu Heilstaten eigentlich schon Besitz Frage bes. 15fT. ausdrücklich gegen Robinson) und auch in diesem Raum die Spätdatierung nicht verdrängen können (s. z. B. Yarbro Collins, Dating passim), die zuletzt Ulrichsen (passim) von einer Deutung der Stellen Apk 13,1; 17,10 aus vortrug. 9 S. die Hinweise zur Deutung der Irenäusstelle o. Anm. 6 zu Exkurs I. 10 Vgl. o. bes. unter 3.1.2. . 11 Daß er das präsentische Heilsbewußtsein teilt, zeigt sich namentlich in 1,5b--6a (dazu s.o. unter 2.2.2).
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ergriffen hat, in dem aber die widergöttlichen Mächte gleichwohl noch einen letzten, nach dem mythologischen Weltbild auf die unteren Weltbereiche, die Erde und das Meer, begrenzten Ansturm gegen Gott, Jesus und die ihnen Zugehörigen unternehmen (s. bes. Kap. 12). Dieser Ansturm darf und kann - das will er seinen Adressaten im Corpus seines Werkes zeigen - die Christen in ihrem Glauben trotz aller von ihm ausgelösten eschatologischen Bedrängnis nicht eigentlich irritieren, wird Gottes Herrschaft doch nicht nur in Jesu vergangenen Heilstaten, sondern ebenso in dem durchJesus eröffneten und an ihn in seiner einzigartigen Würde gebundenen Geschichtshandeln Gottes offenbar und damit zugleich erweisbar. Wird Gott aber in der Geschichte - und zwar konkret in ihrer nahe zu erwartenden Zukunft - theophan (darum kreisen die Kap. ~II), so wird der Kampf der widergöttlichen Mächte nur mehr Anlaß und Ort des vernichtenden Gerichts über sie (dies entfalten die Kap. 14-19,10; 19,11-20)12. Dieser Kampfund damit das von den Christen erlebte Dilemma des empirischen Widerspruchs von ßaOLAEia und 'ÖAL'VL~ stehen unter dem Vorzeichen und der Gewißheit des Sieges Gottes und seines A6yo~, an dem die Christen Anteil erhalten. Sie bekommen die Verheißung, die reale Zusage der Verwirklichung ihrer bereits jetzt zu Recht geglaubten Gemeinschaft mitJesus von diesem selbst zugesprochen, mit dem zusammen sie in der von Gott gesetzten Zukunft auf dessen Thron die Herrschaft ausüben werden 13. Von seinem solchermaßen im Werk entfalteten kommunikativen Anliegen aus läßt sich die Theologie des Apk-Autors in ihren Dimensionen aufschlüsseln. Ihren Kern bildet die Soteriologie, denn sie begründet die Berechtigung des christlichen Heilsbewußtseins. Unter starker motivlicher Bindung an urchristliche Traditionen 14 wird sie in ihrem anthropologischen Aspekt radikalisiert, ist der von J esus geliebte Mensch ftir den Apk-Autor doch wie ftir seine Adressaten voll seiner sündigen Vergangenheit entnommen, steht er voll und uneingeschränkt im von Gott durch Jesu Heilstaten geschenkten Leben. Neuschöpferisch hat ihn Jesus zu Gottes Herrschaftsbereich gemacht und ihm den unmittelbaren und unbeschränkten Zugang zu Gott eröffnet 1S • So ist die Kirche die Gemeinschaft der Erlösten, die sich gemäß ihrer Zugehörigkeit zu Gott als die Heiligen, gemäß ihrem Status in Gottes Herrschaft als Gottes - wieJesu-
11 Vgl. bes. die Übersicht über den Argumentationsgang des Apk-Corpus o. untrr 2.4.2.1. 13 Dazu s. namentlich die Ausführungen zu den Überwindersprüchen o. unter 2.3.4 un;f zum Corpusschlußteil mit 22,5 o. unter 2.4.2.1. 14 Das kommt namentlich in 1,5 b--6a und im Zusammenhang der Ausführungen \'00 Kap. 5 zur Geltung (s. o. bes. unter 2.2.2.1 und 2.4.2.1 u. ö.). 15 S.o. unter 2.2.2.2 u.ö.
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Knechte bezeichnen lassen l6 . Da sich jeder Christ gleichermaßen und ohne Vermittlungsinstanz in seiner christlichen Existenz als von Gott in Jesus geliebt erfahren kann, läßt sich wohl von besonders angesehenen Gestalten sprechen - so von Aposteln und Propheten 17 -, bedarf es aber keiner theologischen Reflexion oder auch nur Hervorhebung besonderer Ämter in der Gemeinde l8 . Ein übergemeindlicher kirchlicher Zusammenhang der Christen wird noch nicht durch irgendeine Institution verbürgt, sondern allein durch Jesus Christus selbst konstituiert und aktualisiert l9 . Sind die Christen aber in der LiebeJesu erlöst, sind sie aus den Sünden ihrer Vergangenheit herausgelöst, so müssen sie sich in ihren Gemeinden auch dementsprechend verhalten. Das volle Stehen im Heil erfordert für den Apk-Autor in rigoristischer Konsequenz ein gleichermaßen volles Handeln im Heil. Das von Gott in J esus geschenkte Leben muß im eigenen Vollzug dieses Lebens bewährt und bewahrt werden, sonst wird es vom betroffenen Christen selbst weggeworfen, wird von diesem selbst der Akt des Sterbens vollzogen. Wie der Apk-Autor den Heilsindikativ radikalisiert, so auch den durch ihn bedingten und auf ihn antwortenden Heilsimperativ , wobei er normativ im Rahmen der gemein urchristlichen Liebes- und Dienstethik bleibt, im Blick aufseine Kommunikationssituation aber eigene asketische und an einer Bewältigung erfahrenen Leids orientierte Akzente setzt 20 . Seine objektive Begründung findet dieses um die Soteriologie gelagerte und von ihren Ausstrahlungen bestimmte Syndrom von Anthropologie, Ekklesiologie und Ethik in Gottes Handeln inJesus, den der Apk-Autor weitest möglich statt mit dem Doppelnamen mit seinem Eigennamen bezeichnet 21 . DurchJesus und sein Tun wird Gott in seinem Heilswillen erfahrbar und glaubbar, der ansonsten als der Herrscher, Schöpfer und 16 Auf diese geläufigsten Bezeichnungen der Christen in der Apk war im Laufe der Arbeit immer wieder zurückzukommen. Sie waren Gegenstand namentlich in den Arbeiten von Satake (Gemeindeordnung 2&-34, 8&-97) und Huß (131-135). Das Verständnis der Kirche als Gemeinschaft der Erlösten ermöglicht es dem Apk-Autor, seinen Adressaten in Kap. 7; 14 die himmlische Gemeinde in einer Weise vorzustellen, daß sie sich mit dieser identifizieren können. 17 Namentlich war hier auf Apk 18,20 einzugehen (0. unter 2.4.2.1). 18 So erklärt sich m. E. letztlich das Schweigen der Apk über das Amt der Episkopen und ihr Hinweggehen über das Amt von Presbytern in der irdischen Gemeinde (vgl. o. unter 3.1.2 u.ö.). 19 Dies kommt am nachdrücklichsten im Adressierungsvorgehen der Apk zur Geltung: Nicht aus eigener Vollmacht, sondern allein aus der aktuellen Beauftragung Jesu heraus wendet sich der Apk-Autor an seine Adressaten. Allein deren - in der Siebenzahl mit zum Ausdruck gebrachte - Gottgesetztheit begründet ihre gemeinschaftliche Adresse in 1,4 (s.o. am Anfang von 1.2.2.2b) u.ö.). 20 S. o. bes. unter 2.3.3.4 und Exkurs 4. 21 Dazu s.o. unter 1.2.2.2b).
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Richter in einer Distanz zur Welt und ihren Bewohnern bleibt, die auch rur Christen keine familiäre Vertrautheit ihm gegenüber aufkommen läßt. So ist dem Apk-Autor ein Reden von Gott als dem Vater der Christen nicht möglich, wird es ihm aber um so bedeutsamer, daß er der VaterJesu ist 22 • In der Beziehung zwischen Vater und Sohn kommt eine Nähe zum Ausdruck, die in sich die Fähigkeit und Tendenz trägt, alle subordinatianischen Züge, die aus aufgenommenen Traditionen oder Darstellungsmustern in die Christologie der Apk eindringen, zu überwinden und auf eine volle Gottheit Jesu, ja auf seine Identität mit Gott hin weiterzudenken 23 • Um Jesu besondere Würde zu bezeichnen, greift der Apk-Autor vorrangig nicht auf traditionelle Titel zurück - den Titel des Christus verwendet er sparsam, den des Menschensohns überhaupt nicht 24 -, sondern prägt er in freier, auch hellenistischen Vorstellungen gegenüber offener Redaktion des Traditionsstrangs um das Passalamm den Bildterminus aevLov. In diesem vermag er die beiden maßgeblichen Seiten seines Christusbildes zu integrieren, die des sich zur Sühne rur die Seinen selbst hingebenden Opfers und die des machtvollen Herrschers, wobei sein besonderer Akzent aufletzterer Seite liegt, denn hierauf ergänzt er die Lammes- und Passatradition 25 . Das hängt mit seinem kommunikativen Anliegen zusammen, kann dochJesus nur als Partizipator und Träger von Gottes Herrschaft den Christen garantieren, daß sie an dieser als seine Mitherrscher teilhaben können und werden 26 . Freilich erhält damit die Christologie eine gewisse Einseitigkeit: Eine theologia crucis wie die des Paulus, die menschliche Heilsweisheit zerschlägt, interessiert in der Apk nicht, obwohl sie antignostisch hilfreich wäre. Diese christologische Einseitigkeit ist nicht unproblematisch, ebensowenig die ihr korrelierende Einseitigkeit der Vollendungs-Soteriologie. Die Folgen zeigen sich in der eigentümlichen Ausprägung des eschatologischen Denkens in der Apk. Ist nämlich Gottes und J esu bereits gegenwärtige Herrschaft über die Welt Ausgangspunkt der Reflexion - und sie muß es zur Absicherung des christlichen Heilsenthusiasmus sein -, dann kann es keine eigentliche Dialektik von Schon und Noch-nicht des Heils 11 Der Theo-Iogie der Apk gingen in jüngster Zeit namentlich Hohz, Gott und Vögtle, Gott (jeweils passim) nach. Belege für das Verständnis Gottes als Vater Jesu und nur Jesu sind 1,6; 2,28; 3,5.21; 14, I. 13 Das Ringen der Apk mit subordinatianischen Zügen wird bereits in I, I ansichtig (5. o. unter 2.1.2.1). Einen Schwerpunkt findet es im Umgang mit anklingenden Zügen einer Engelchristologie (s. Exkurs 3). Weiterhin kommt es in der unter 2.4.2.1 ~sprochenen Durchbrechung des aoristisch-subordinatianischen Erzählfortgangs von Kap. 5 im dortigen V. 7 zum Ausdruck. 14 Zum Christustitd in der Apk s.o. unter 1.2.2.2b) mit Anm. 145f. (Lil.), zu ihrem nur epiphanen Reden von einem Menschensohnähnlichen in 1,13; 14,14 o. unter 2.3.1.1 a). 15 S.o. Anm. 64 und (in Ergänzung dazu) Anm. 148 zu 2.4. 26 S. etwa 3,21 und die Exegese dazu o. unter 2.3.4.
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geben, bleibt dem Zukunfts handeln Gottes nur mehr der Erweis, nämlich die Bekräftigung und Vollendung des gegenwärtigen Heils. Über dieses Zukunftshandeln muß in einer Weise nachgedacht werden, die es auf das entschiedenste auf die gegenwärtige Welt bezieht. Die in der Welt erfahrene Bedrängnis muß innerhalb von deren Radius von Gott beseitigt, an ihren Verursachern muß innerweltlich Recht genommen werden. Das führt zu einem trotz aller gewichtigen Grenzsetzungen intensiven Eindringen religiös-mythologischer Kosmologie und doppelten Vergeltungsdenkens in die Apk 27 • Mehr noch, Gottes Freiheit wird in der Vision des von ihm initiierten Endgeschehens auf eine hesondere Rechts- und Herrschaftsgabe an diejenigen festgelegt, die in der Bedrängnis zu ihm halten. Die weltbezogene Eschatologie erhält ihre Spitze in der innerweltlichmillennarischen Herrschaftsverheißung von 20,~28. Der faszinierende Versuch der Apk, radikalisiertes soteriologisches Denken in die Geschichte hinein zu bekräftigen, ohne seine Welt bezogenheit zugunsten einer Innerlichkeit oder gnostischen Weltenthobenheit aufzugeben, birgt also hohe Kosten in sich. In der Anthropologie und Ethik muß er die Möglichkeit negieren, daß die Christen von ihrer vorchristlichen Existenz, von ihrer Befindlichkeit in der alten Schöpfung mit ihren Sünden, eingeholt werden könnten. Der Christologie geht die Dimension der theologia crucis verloren. Und in der Eschatologie tritt der eschatologische Vorbehalt in den Hintergrund, der Gottes Freiheit gegenüber der Welt gewährleistet. Trotz und gerade in alledem aber bleibt die Apk eine bemerkenswerte und in ihrer aus genuin christlichem Denken sich speisenden 29 theologischen Selbständigkeit gewichtige Stimme des Urchristentums. Manches bedarf zu ihrem Verständnis noch weiterer Klärung, etwa ihre Stellung im Schnittfeld johanneischer Traditionselemente mit paulinischen 30 - vorliegende Arbeit konnte in ihrer Rezep27 Auf die Kosmologie der Apk war bes. im Zusammenhang der Corpusanalyse (unter 2.4.2.1 und, was die Grenzziehungen anbelangt, unter 2.4.3.4) einzugehen (s. noch unter 2.2.3.1 und 2.3.1.2 b); in den Zusammenhang gehört auch die Angelologie (s. bes. o. unter 2.3.2.2). - Zum Vergeltungsgedanken in der Apk s. Exkurs 5. 28 S. bes. die Ausftihrungen z. SI. o. unter 2.4.2.1 und 2.4.2.3. 29 I mmer wieder zeigte sich im Verlauf vorliegender Arbeit, daß die aufgenommenen Traditionen anderer Provenienz vom Apk-Autor in seine christlich orientierte Theologie hinein umgeformt werden. Von daher war mehrfach die These eines Judaismus der Apk abzulehnen (z. B. in Exkurs 4 und unter 2.4.3.3). JO In letzter Zeit wird verstärkt die Möglichkeit einer Übersiedlung des johanneischen Kreises von Syrien-Nordostpalästina (wo Joh entstanden sein dürfte) nach Kleinasien erwogen (wo 1-3 Joh entstanden sein könnten); s. zuletzt Klauck, Gemeinde 199f. (Anm. 18 S. 199 Lit.). Zumindest die Spätgeschichte der johanneischen Schule stünde dann in Berührung zu dem ftir die Apk maßgeblichen Adressatenkreis und böte vielleicht auch von der Autorseite aus die Möglichkeit zum Einbezug der Apk (vgl. auch Kretschmar, Offenbarung 24f.). Der Forschungsschwerpunkt auf den johanneischen Querlinien, den
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tionsorientierung nur letzteren näher nachgehen - und ihr Ort in der urchristlichen Prophetie, der sie sich als Gesamtwerk (in Apk 1,3 u.ö.) zuordnet31 . Als Stimme des Kanons fordert sie zu stets neuer exegetischer Auseinandersetzung und systematischer Reflexion heraus, die sich der Faszinationskraft ihres weltbezogenen Heilsenthusiasmus ebensowenig verstellen wie ihr verfallen darf.
namentlich O. Böcher legt Uohanneisches in der Apokalypse; Das Verhältnis der Apokalypse desJohannes zum Evangelium desJohannes), ließe sich von da her weiterfuhren. 31 Vorliegende Arbeit konnte hier im wesentlichen nur die Problemfelder aufzeigen, so die Schwierigkeiten, den Apk-Autor der alttestamentlichen Prophetentradition anzuschließen (s. o. am Ende von 2.1.2.2 a) und die Spannung seines Selbstverständnisses zu in Kleinasien geläufigen Vorstellungen (s. o. unter 3.1.1). Eine weiterfuhrende Synthese der Textimplikationen mit der alten prophetischen Tradition des Urchristentums müßte sich anschließen. Denn daß Sprüche wie 1,7 und 16,15 ihren Ort im Zusammenhang prophetischen Sprechens finden, ist sehr erwägenswert (s.o. unter 2.2.1 und Anm. 130 zu 1.2), und eine Einordnung des Johannes ins frühchristliche Wanderprophetentum vermöchte manche Frage des Werkes zu lösen (etwa die Bekanntschaft des Apk-Autors mit allen sieben weit verstreuten Adressatengemeinden): s. Yarbro Collins, Crisis 134-138. Zu beachten aber bleibt der durchgängige persönliche Autoritätsverzicht des Apk-Autors, der sich lediglich als exemplarischer OfTenbarungsempfänger und -zeuge charakterisiert (1,1.9 usw., s. o. unter 2.1.2.2 a) u. ö.): Wieweit ist dies Konstitutivum urchristlicher Prophetie?
Li teraturverzeichnis Die Literatur wurde im Text nach Kurztiteln zitiert. Diese werden im Literatur"erzeichnis durch Kursivierungen kenntlich gemacht. Autorinnen mit Doppelnamen sind unter dem Familiennamen aufgeführt (z. B. Yarbro Collins unter Collins). Wo möglich, werden Titel nach TRE abgekürzt.
1 Quellen Biblische Quellen Standardausgaben wurden benutzt für Biblia Hebraica (<JJl), Septuaginta (LXX), Vulgata und Novum Testamentum Graece (Nestle-Aland 26. Auflage); außerdem: The Bible in Aramaic, based on old Manuscripts and Printed Texts ed. by Alexander Sperber, Vol. 111. The Lauer Prophets according to Targum Jonathan, Leiden 1962
Papyri (neben PGrM und PapyBod VII-IX, XIII) The Oxyrhynchus Papyri Part VI, ed. with translations and notes by B. P. Grenfelll A.S. Hunt, London 1904 (Egypt Exploration Fund. Greco-Roman World) Jtbrtmann, Dierk, Neue magische Texte, BoJ 168 (1968),56-111
Außeralttestamentliche jüdische Texte Für die Werke von Philo und Josephus wurden die Standardausgaben (Berlin) benutzt, für die Texte aus Qumran die Ausgabe von Lohse (Darmstadt 21971). Für Übersetzungen wurde, wo möglich, die SammiungJSHRZ herangezogen, daneben die Ausgabe der APAT von Emil Kaut~sch sowie die Ausgabe Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel von Paul Rießltr, Freiburg. Heidelberg 41979 (= 1928). Im einzelnen sind weiterhin zu nennen: Benoit, P. et alii, Discoveries in theJudaean Desert II. Les Grottes de Muraba
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Register Die folgenden Auswahlregister geben jeweils die Vorkommensseiten an, bei einem Vorkommen nur im Anmerkungsteil mit dem Zusatz A.
Sachregister I a~aQ'tLa 113, 202A, 206 CtvWtauOl.~ 272 f. Q1tOXcu..U"'L~ 17-19, 90f.,
~Q'tUQ(aI~Q'tUQELV X'tA. 101 f., 105,
118 92,96-100
QQVLOV 236f., 261A clQXWV 119f., 148 ßaOLAELa 115f., 188 ßLßALOV 168 f., 303 ÖLÖaXTt 195, 197, 198 ÖOÜAOL 'tOÜ itEOÜ 10 I, 188 ElQtl'Vll 70, 74 itA["'L~ 189 xQ(ltO~ 120
~clvOLaI~aVOELv 201 , 206, 209,
211 VLxäv 191, 216f. 1tQvtOXQcl'tWQ 126 f. 1tLatL~ 204 1tAoUOLO~ X'tA. 207 f. 'tTJQELV 106 f. il1to~oviJ 189f., 204A XclQL9'XaLQELV X"tA. 70, 74,80-82
Sachregister 11 Angelologie 103 f., 128-131, 169-186 Apokalyptik/Apokalypsen 13-15, 18f., 23f.,30,59,90-92,97,103f.,304f. Archäologie, neue Gesichtspunkte: Ephesus 262f.A(, 290) Laodizea (207,) 262A, 288, 290A Patmos 187f.A, 261 f.A Pergamon (286, 290A) Philadelphia 163A, 182A Sardes 262A, 296 Smyrna 296A Astrologie 16A, 176, 182f., 185,213, 236A, 287 Auferstehung/ I. Auferstehung 203, 275 f., 294, 300 Autor/Autorschaft der Apk 102, 155, 187 f., (249,) 302f.
Braut-/Hochzeitsmotiv 272-274 BriefTormulare 67-72, 73f., 160f. Briefsorten: allg. 43,44, 305 Brief-Essay 305f.A Diasporabrief 72 Freundschaftsbrief 41 f., 68 Himmelsbrief 49, 59,92 Katholischer Brief64, 65,303 Prophetenbrief36, 49-53, 59, 160f. Rund brief 302-304 Brieftheorie 41-47 (, 285, 30 I f.) Christologie 80 f., 105, 117-120, 141 (f.), 147-149, 179,214,236-238, 251, 261A, 267, 269A, 298f., 309f. Dualismus 120, 158, 194f., 199,218, 270,281
346
Register
EkkJesioJogie (vgJ. öo'ÜI..OI. 'tO'Ü ÖEO'Ü, Episkopat, Priestertum) 113-116, 229,232(,267-269,276,308( Epiphanie 141-1%, 152f., 175A, 234f. Episkopat 171, 184f., 291 Erlebnisechtheitsfrage 138 Eschatologie 78f., 102f., 116(, 118121,131,132-136,202(,207-209, 214-217,244-247,255(,294(,
31O( Ethik (vgI.QJ,LaQ'tLa, 1C(J'tL~, tTlQELV, U1COJ.LOVt1, Gericht, Tun-ErgehenZusammenhang) 189(, 2~202, 203-212,250(,270,309 Geheimhaltung/Beschränkung der Tradierung 62, 63A, 66A, 99,155(, 270( Gericht 166,200,210,231(,243(, 250(,276-278,279-281 Gnosis 15, 65f., 89-92, 98-100,152159,164(,185,195-203,264A, 269-276, 299 f. Gottesbild 75, 125-127, 236, 279-281, 309 ( Götzenopferfleischfrage 195, 196, 197, 2~202, 295A Incipit-(Eröffnungs-)Form 93-96 Johanneische Tradition und Apk 301, 311 (kein)Judaismus der Apk 67,201 f., 210, 269A, 311A Judentum (in Sicht der Apk) 192-195, 266-269,296-299
Kaiserverehrung/Kaiserkult 107, 120, 191(,263-266, 289( Liturgisch-kultische Interpretation(en) der Apk 28-30, 32,135(, 149A, 215(,251-254, 256 Nero redivivus-Legende 265, 291 Offenbarungsliteratur 15f., 32, 6~6, 93-96 Orakel/Orakelstätten/Divination 104, 151, 154A, 156(, 163, 287( Paulinische Tradition und Apk 33, 35, 37 (, 66f., 73-83,97 f., 112, 115 f., 201 (, 207, 218, 232f., 236f., 254, 276,28IA,291-295,306 Priester/Priestertum I14f., 246f., 268 Prophetie (in der Apk)/Propheten 26, 33,34,35,37 (, 78A, 10 lf., 105, 160(, 175A, I 97f., 233, 268f., 275, 288(,291,299,312 Religionsgeschichtlicher Ort der Apk 127, 151, 152, 212f., 283 Rhetorik 47f., 219(, 220f., 242, 254f. Soteriologie (vgl. u. a.lxvWtau(JI.~, 1CAOU(JLO~, Brautmotiv) 113-117, 210,308 Tod/2. Tod 149(, 193(,206,244, 275A Tun-Ergehen-Zusammenhang 162, 163,209,279-281 Überwindersprüche 162,165,167, 191,212-217 Weckrufe 163f., 166( Widmung 60f., 88A, 154
Stellenregister 1. Altes Testament Gen 49,9
267A
Ex 3,14 (LXX)
7-10 19,6
226,231,239 114f.
UV 125, 158
16,4
166A
347
Register
Num 22-24
197f.
39,17-20 47,12
243 280
Jos 24,5
239A
Hos 1,1
87
2 Sam 7,14
246
Am 3,7
1~102
Jes 6 11,1 11,2 11,10 40,10 44,6 48,6 48,12 54,11 55,1 61,10 63,1-6
140, 235A 267A 128 267A 279A 251 156 251 262A 253 272 279A
Sach 4,10 12,10-14
237 121-123, 124f.
Ps 2,8f. 11,7 86,9 88,28.38 LXX
215 246 279 117-119
Prov 3,12
209
Esl 9,20
168
Dan 2,28f.45 3,319 7,9 7,13 10,4-21 12,4
loof., 102-104 69 143, 149 121-124, 141 f. 141, 143, 144 271A
2Chr 21,12-15
36,48
Jer 140f. 1,4-10 36,1-23 (LXX) 36,48,49 36,4.31 (f.) (LXX) 49 E~
1-3 1,26 2,8; 3,1-3 8,2f. 9,2-6 37
140, 235A, 237 A 140, 142, 143 259A 142, 143 267A 244
2. Jüdisclu Schriften außerhalh des Alten Testaments ApkAhr 8--11 ApkEI 20,6 sah. 34,7,4ff.
143, 144f.
148A 240A
ApkZej 9,12-10,1
143
AscJes: nur frühchristI. Teil zitiert (s.d.)
348
Register
grBar prooim. I
93A
syrBar allg. 1,1 76,1 77,17-19 78--87 78,2 84,7 86,3
18f.,36 87A 97 48,50 36,48,49-52,69 50 102 50
EpJtr allg.
48,49
4Esr 4,36 7,26-33 9,26-10,59
211A 244 272A
Gig 4Q EnGiants a 7-8
Juh 1,7-18 16,18
161 f. 114
2Makk 1,1-2,18
69
Parltr 6-7
48,52f.
Sih 111 63 IV 119-124, 137-139 V 93-110, 361-384 VIII 65f[ TtstXII Test Iss 6,1-4 Test Dan 5,4-9
265 265 265 265 161 f. 161 f.
PapyTUJ Muraha 'at DJD 11 I T. 18 57-59,172
Z.I
264
87A 102 155 53-57 52 48,53
Qumran allg. I QH IV6-19 VIII 4-1 j X8 I QM I 10.11 VII 14 QSirSabb
59 196A 253 177 177 236A 59A
slavHtn 33,5-12
155
Philo All 11 42
156
JosAs 14-17
143, l44f.
TJtr 10,11
48,53
äthHtn I, I ff. 81,6 82, I ff. 91-105 99,10 gr. 100,6
3. Ntuts Ttstamtnt Mt 10,32 11,28-30 19,28 24,30
213 272 213 f. 121-123
Mk 13,26 14,62
121A, 122A, 123 121A,123
349
Register
Koi
LIc 1,1-4 11,28 22,30 23,27 f.
88A 52 213-215 125
Joh 3,29 7,37 21,24
272 253 102
Act 6,5 9,3-6 (par.) 15,19f.28f. 19,13-19
197,203 145f., 147 201 f. 259A
Röm 1,18-3,20 6,4f. 14-
281A 276A,294201
allg. 1,13 1,18 2,12 2,18 3,1-4 4,16
178f., 292, 297 115 118 294 178f.,294 294 293
I Thess 1,1 2,12
69 115
Past allg.
292,297
I Tim 4,1 4,1-5 5,21
179f. 295 180
2 Tim I Kor 4-,8 5,7 8 11,26 14,6 14,26 16,19 16,22
115, 207, 295A 237 201 252 98 98, 100 293 79,252
2 Kor 6,18 11,2 f. 12,4-
246A 272 271
Gal 1,1 f. 1,5
303 71
295A 295 203A, 276, 294, 295, 300
Hebr 1,4-146,4ff.
179 209
I Petr 1,11 2,9
269 109A, 112, 115
2 Petr 2,16
198
Jud 11
197
Apk
Eph allg. 1,17 2,4-7 2,20 4,11 f. 6,12
1,15 2,llf. 2,17 f.
292,297 98,100 294A 233 233 180,294
1,1-3 1,1-3 1,1 1,2 1,3
17f., 86--108 81,86--106,223 77,81,86--106 29, 5lf., 106f.
350
Register
1,4-8 1,~
1,4a 1,4-5a 1,4b-5a 1,5a 1,5b.6 1,6b 1,7 1,8
28f.,108--132 128--131, 158, 174, 291,302 74f. 73f. 75f. 81, 117-120, 148 76, 110-117, 202A 120 121-125 125-127, 158
1,9-3,22 1,9-3,22 1,9
.77, 78, 187-190, 191,
1,4
1,9-20(;2-3) 1,10 I, II 1,13 1,16 1,18 1,19 1,20 2-3 2,1.8 usw. 2,lb.7 usw. 2,2 2,4f. 2,5 2,6 2,9 2,10 2, II 2,13 2,14f. 2,16 2,19 2,20-25 2,22 2,24 2.25 2,26ff. 2,26
137-220 211,302 62, 139-159 100A, 149, 165f., 299 62, 64, 74f., 77, 155f., 168f., 302 141-143, 147-149 166,176 149f. 62,64,77,156-159 75, 176, 184 36, 159-165, 191217,302 77 77 190, 196A, 197A, 204,300A 204f. 78 113,196,200 189, 192f. 189, 191 193f. 191 195-203 78 190, 191, 203-205, 211 195-203, 288 f. 106A, 113, 189 99,271 78f. 215 106, 199f.
3,1-5 3,1 3,2 3,3 3,5 3,7 3,8 3,9 3,11 3,12f. 3,14 3,15-19 3,18 3,20 3,21
4,1-22,5 4,1-22,5 4-11 4-5 4,1-8 4,1 4,5 4,7 4,11 5,2-4 5,4 5,5 5,6-14 5,6 5,9f. 5,11-14 6,1-8,1 6,1-8 6,6 6,8 6,9-11 6,9f. 6,11 7,1-8 7,3-8 7,9(f.) 7,13f. 7,14-17 7,16f. 8,2-9,21 9, II
205f.,277 129f., 174, 176,205 188 78f., 165 205f.,213 193,299 188, 191 193,194,299 78f., 188 193f. 118 207-209,287 263f.,277 78, 215f., 254 213-215 220,225-248 227, 234-242, 247f. 141, 235-238, 260f.. 266f. 222 103, 104A, 137 128--130 142 260,266,270,290 270 249A 267 226 128--130,267 111, 236f., 238, 267. 295 267 238f. 222,238 257 150 211 A, 239, 245, 263 279 21IA,272f. 226, 267 A, 268A 267 267A, 268A, 280 249A 189 253 226, 239f. 260,262
Register
9,14-19 10 1O,3f. 10,4 1O,9f. 10,11 11,1-13 11, If. 11,15-19 11,19 12 12,1-19,10 12,3 12,10--12 12,14 12,17 13 13,1-8 13, I 13,10 13,16f. 13,18 14,1-5 14, I 14,4 14,5 14,6f. 14,9-13 14,11 14,12 14,13 14,14 14,18 15,1-4 15,2 15,3f. 16 16,12-16 16,15 17-]8 17,6 17,7-11 17,14 ] 7,16 18,4f.
257
240 271 77A 259A 77, 14] 24Of.,257f. 268A 226, 227, 24] f. 235,268 158, 227, 228f., 242, 243,261,262,270 227,228--234,248 222f. 216 262,287 210,223, 263, 270A 227, 230, 243, 263f., 265, 266A 226 262, 266A 190,2] I 258 263f. 226 267 21],295A 276 230f.,241 212 272f. 189,210 77, 189,230, 272f. 142,147f. ]81A 230,231 217A 279 226, 231, 239 257 78, 79, 210, 230, 276f. 211, 23]-233, 264f. 249A 264 149A, 223, 230 258 ]]3,201
18,8 18,20 18,24 ] 9, 1-8 19,7-9 19,9 19,10 19,11-22,5 19,] 1-20,]5 19,13 19,19-21 19,20 20,]-10 20,4-6 20,5f. 20,11-15 20,13f. 21,]-22,5 21,2.9 2],5 21,6 2],7 2],7f. 2],9-22,5 21,]4 21,] 7 2],19 2],24 2],25 2],27 22,2 22,3--5 22,3 22,6-21 22,6--2] 22,7 22,8f. 22,8 22,9 22,10
22,] ] 22,12-]5 22,12 22,]3 22,14
351 258 232f.,293 289,291 227, 233f. 216A, 254, 272f. 77 105, 149, 171, 175, 268f.,299 227,248 242-245 105,I46A 227,243 243(A) 227. 259A ]11, 244f., 255, 256, 295 275f.,294 277,280 ]50 245-247 272f. 77 253 246 277 260,268 233, 262 f.A, 287, 291A 175f. 262f.A,287 119, 120, 280 280 277,280 280 ] 11, 246 f., 280A, 295 115,280 220,223,249-254 77, 79, 106f. 149, 175 78,249 37f., ]7] 62,99,27]A 250f.,277 77 250f.,279 25] 251,278
352 22,15 22,16 22,17
Register
251f.,253,278 37f., 77, 171, 223f., 267A 253,254,272-274
22,18f. 22,20 22,21
77, 107, 274f. 77, 79f., 252(f.) 73,8~2,281
5. Kirchenväter und sonstige altkiTchliche Quellen Can MUT
Ciemens Aiex.
3~59
1~21
71f.
18
strom. V 125,3 130 strom. VII 36,2 116A
353
Register
Dionys. Alex. nach Eus. h.e. VII 25
21, 47A, 99
Hipp. res. fr. I
203,276
Iren. adv. haer. I 2-7 14,5 126,3 V 30,3 Just. I apol. 6,2
dial. 14,8 34,8 81,4 127,4
121-123 202A 17 148
Melito v. Sardes nach Eus. h.e. IV 26,2
18
128A 182 18 18A,307
Orig. horn. in Luc. XIII
184f.
148, 179
Victorin v. Pettau Apk-Kornrnentar21 f.
6. Schriften aus Nag Hammadi und Pistis Sophia NHC V 5 (ApkAdam) allg. 90f. 64,2-4 90f.,95 85,19-31 98f.
NHC 12 (ep.Jak. apoer.) allg. 65 1,26-28 106A, 107 A NHC 13 (EvVer) 19,27-21,25 270A
NHC VI2 (Donner) 13,1 271 13,16 251
NHC 14 (ep. ad Rheg.) allg. 65
NHC VI6 (titellose Schrift) 62,22f.;63,16-30 107
NHC 15 (trael. tripart.) 87-97 157f. NHC 111 par/li I; IV I; BG (ApokrJoh) 11 I: I, 1-4 89 f., 94 1,5--2,25ff. 152f. 157 2,16-20 31,28-32,1 153, 155 NHC 112 (EvThom) Prolog (PapOxyrh 654,1-5) log. 2 (PapOxyrh 654,5-9) log.2lb log. 81
NHC V -I (2. Apkjak) 44,12-19 92(,155)
NHC VI 7 (Gebet) allg. 197A NHC VII 2 (2. LogSeth) 59,22-29 208A NHC VII-I (Sil) 106,27
90, 95, 155 273 165 208A
148A
NHC VII 5 (3 Steltn des Seth) 118,1~23 92 NHC VIII 2 (ep. Petri ad Phil.) allg. 65
354
Register
NHC X 1 (Marsanes) 41,24--45 182 f.A
41,1~38
NHC XI 1 (Deutung der Erktnntnis) 21,31-34 165
Pistis Sophia 71
NHC XI 2 (titellose Schri::t) 202A 102(,155)
7. Griechisch-Römische Quellen Inschrifttn eEi:o~ "AYYE).O~-
Inschriften SEG 30,1268 CI] 741 CI] 742
Papyri PGrM allg. PGrM IV 693ff. 3035ff. PapOxyrh 2332 Vienna P. Dem. D 10000
181 f., 288A 288A 296A 296A
62, 63A, 259A 150 239A,259A 261A 261A
Griechische und Römische Autortn Ael nat. an. 12,3 261A Apul met. 26~271 (=XI 1-6) 150 Artemid onirocr. allg. 62, 154 259A 11 45 154, 274A 11 70 107 Dio C LXII 20.5 Emped Katharmoi 60 305A Epic ep. Herodot I 47,2 f. 163 Hes theog. 31 ff., 38 156 156 Horn 11. A 70 261A Hyginus rab. 140
Luc Alex. 8 38 Luc Peregr. mort. 13 16 Manetho fr. 65a Philostr vit. Ap. IV 4 IV6 IV 10 VIII 7,8 VIII 25-27 Plat polit. 614b-621 d Plin maior hist.nat. praef. I IV 69( = IV 12,23) Plin minor ep. 10,96,6 Plut mor. 354C 589F-592E 942F Poimandres 2 Suet Dom. 7 13,2 Tac hist. 11 8 Thessalos Pflanzenbuch prooem. I 1-28ff. a.a.O. T 21 a.a.O. T 22-28ff. epil. 1-19 Vergil aen. IX 638-640
8. Indische Quelle Ashtasähasrikä Prajiiäpäramitä 30,2
260A
104 252A 170A 202A 261A 259A 259A 259A 259A 287A 259A 61 187A 290 157A 150f. 194A 163 257 266 265 60--62 6lf. 154A 151 62 148A
Ed uard Lohse
Die Offenbarung des Johannes (Das Neue Testament Deutsch, Band I\). 13. durchges. Aufl. 1983. (6. Aufl. dieser Fassung). IV, 125 Seiten, kart. "Religionsgeschichtliehe und verkündigungsgemäße Auslegung, die gerade bei der Offenbarung unlösbar voneinander sind, wurden in geschickter Weise aufeinander abgestimmt. Die reformatorische Kritik am letzten Buch der Bibel wird in guter Weise der Erklärung dienstbar gemacht. Einleitung, Exkurse und Nachwort machen die Auslegung selbst übersichtlich und gut lesbar. Ein Sachregister erschließt das Büchlein, dem man eine fleißige Benutzung bei allen Lesern und Walter SchmitluJIs in: Reformierte Ki,c~eitung Predigern der Offenbarung wünscht."
Wilhelm Bousset
Die Offenbarung Johannis 7. Aufl. 1966.468 Seiten, Ln. Trotz der Zeit, die seit dem ersten Erscheinen dieses Werkes von Bousset vergangen ist, bleibt diese glänzend geschriebene Auslegung der Offenbarung desJohannes noch immer rur die wissenschaftliche Exegese unentbehrlich. Bousset ging vor allem literarkritisch vor und bezog dabei die Ergebnisse der religions- und traditionsgeschichtlichen Forschung mit ein. Er kam zu dem Ergebnis die Apokalypse desJohannes sei kein einheitliches Werk. Er sah weiter die Notwendigkeit sie aus ihrer Zeit heraus zu verstehen und darüberhinaus ihre Gebundenheit an die noch immer rur sie ausstehende Zukunft zu betonen. Boussets Verdienst liegt nicht zuletzt darin, die beiden Gesichtspunkte gleich stark berücksichtigt zu haben.
Christoph M ünchow
Ethik und Eschatologie Ein Beitrag zum Verständnis der frühjüdischen Apokalyptik mit einem Ausblick auf das Neue Testament. 1981. 192 Seiten, kart. "Die wesentliche Leistung besteht darin, daß Münchow seinen Texten kein System aufzwingt, aber durch seine Untersuchung überzeugend darlegt, wie sehr die so differenzierte apokalyptische Literatur einen gemeinsamen Wesenskern hat, zu dem nicht zuletzt die eschatologische Ethik gehört. Diese Ethik ist als Erbe der Apokalyptik direkt oder indirekt auch in der heutigen Gesellschaft noch überaus wirksam. Deshalb sollte diese ausgezeichnete Studie Münchows nicht nur vom engeren Kreis der Religionshistoriker und Theologen, sondern von allen zur Kenntnis genommen werden, ThtologiJeht Lilt,atu'~tilung die die Struktur unserer Gesellschaft wisst'nschaftlich erforschen."
Rainer Stuhlmann
Das eschatologische Maß im Neuen Testament (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, Band 132). 1983. XII, 265 Seiten, Ln. Vor ihrem religionsgeschichtlichen Hintergrund untersucht Rainer Stuhlmann die neutestamentlichen Endzeit- und Weltgerichtsvorstellungen, die es mit der Zeit des Unheils und der Zeit des Heils. mit Straf-, Leidens- und Sündenmaß und mit der Zahl der Gerechten zu tun haben.
Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen und Zürich