Andreas Horzella Wertsteigerung im M&A-Prozess
GABLER RESEARCH
Andreas Horzella
Wertsteigerung im M&A-Prozess Erfo...
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Andreas Horzella Wertsteigerung im M&A-Prozess
GABLER RESEARCH
Andreas Horzella
Wertsteigerung im M&A-Prozess Erfolgsfaktoren – Instrumente – Kennzahlen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Reinhard Meckl
RESEARCH
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Bayreuth, 2009
1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Nicole Schweitzer Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2265-6
Geleitwort
V
Geleitwort
M&A-Projekte, insbesondere wenn sie grenzüberschreitend sind, weisen immer noch eine hohe Mißerfolgsquote auf. Die Wertschaffungsziele werden in vielen Fällen nicht erreicht. Die hohe Komplexität und die heterogenen Einflussfaktoren, die auf ein M&A-Projekt wirken, sind wichtige Gründe für die Gefahr des Scheiterns von solchen Transaktionen. Eine wesentliche Aufgabe von Controlling als Managementfunktion ist die Kontrolle und Steuerung gerade solcher mit einer hohen Erfolgsunsicherheit behafteter Projekte. Bedenkt man des Weiteren, dass M&A-Transaktionen häufig von großer strategischer Bedeutung für Unternehmen sind, so überrascht es umso mehr, dass im Bereich des Controlling von M&ATransaktionen eine Lücke in der betriebswirtschaftlichen Forschung aber auch in der anwendungsorientierten Literatur diagnostiziert werden muss. Andreas Horzella befasst sich in seiner Arbeit mit diesem bisher vernachlässigten Erfolgsfaktor für M&A-Transaktionen. Ausgehend von einer theoretisch hergeleiteten Prozessbetrachtung von M&A entwickelt er ein detailliertes Kennzahlensystem zum Controlling von M&AProjekten. Er definiert Anforderungen an die Teilprozesse des M&A und unterlegt diese mit spezifischen Kennzahlen zur Kontrolle und Steuerung der Zielerreichung des jeweiligen Teilprozesses. Dadurch gelingt es, eine instrumentelle Basis für das Controlling zu schaffen. Durch Integration der Teilprozessbetrachtungen wird ein in sich konsistentes Gesamtkonzept für ein Controlling von M&A geschaffen. Insgesamt gesehen stellt die Arbeit damit einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung des Managements von M&A-Transaktionen und zur Schließung der oben beschriebenen Forschungslücke dar. Sie liefert ein neues Instrument zur Verbesserung der Erfolgswahrscheinlichkeit von M&A-Projekten, das auch in der Managementanwendung sinnvoll eingesetzt werden kann.
Prof. Dr. Reinhard Meckl
Vorwort
VII
Vorwort
Mergers & Acquisitions stellen ein wichtiges Instrument zur Realisierung unternehmerischer Wachstumsstrategien dar. Gleichzeitig zeichnen sich M&A-Projekte durch eine hohe Erfolgsvarianz aus und werden oftmals nicht mit dem erforderlichen Maß an Strukturiertheit und Nachhaltigkeit durchgeführt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ein wertorientiertes M&A-Controlling-System entwickelt, das an den empirisch bestätigten Erfolgsfaktoren für M&A ansetzt, deren gezielte Steuerung durch spezifische Instrumente und Kennzahlen ermöglicht und so die Erfolgswahrscheinlichkeit von Unternehmenstransaktionen erhöhen kann. Der Arbeit liegt der prozessorientierte M&A-Ansatz von Lucks/Meckl zu Grunde, der eine durchgängige und umfassende Betrachtung des Themas M&A erlaubt. Die vorliegende Arbeit wurde im September 2009 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Bayreuth als Dissertation angenommen. Sie entstand in den Jahren 2006 bis 2009 während meiner Zeit als externer Doktorand am Lehrstuhl für Internationales Management. Meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Reinhard Meckl gilt mein besonderer Dank für die perfekte Betreuung. Seine fachlichen Anregungen, die gewährten Freiräume bei der Ausarbeitung des Themas sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit waren wesentliche Erfolgsfaktoren für das Gelingen der Arbeit. Herrn StB Prof. Dr. Rolf Uwe Fülbier danke ich sehr für die Erstellung des Zweitgutachtens, Frau Prof. Dr. Ricarda B. Bouncken für den Vorsitz bei der mündlichen Prüfung. Wesentliche Unterstützung habe ich von meinem Arbeitgeber Herrn PD Dr. Werner Seidenschwarz erhalten, wofür ich ihm zu großem Dank verpflichtet bin. Sein flexibles Entgegenkommen bei der Gestaltung des Zusammenspiels zwischen Promotionszeiten und beruflichen Projekteinsätzen hat dieses Vorhaben überhaupt erst ermöglicht. Wertvolle Anregungen bekam ich auch von meinen Kollegen der Firma Seidenschwarz & Comp., sowie von den Mitarbeitern am Lehrstuhl für Internationales Management. Sie alle sind mir über die fachliche Rolle hinaus auch persönlich sehr verbunden. Ganz besonders danke ich meinen Eltern, meiner Tante und meinen beiden Onkeln für die großzügige Unterstützung, die permanente Motivation und den Rückhalt während der gesamten Zeit, wodurch ich auch die schwierigen Phasen insbesondere im Jahr 2009 gut meistern konnte. Ihnen widme ich diese Arbeit. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal an meinen Vater Peter Horzella erinnern, der leider zwei Tage vor Eintreffen der Nachricht über das Bestehen der Dissertation viel zu früh und völlig unerwartet von uns ging.
Andreas Horzella
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
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Problemstellung und Gang der Untersuchung .............................................................. 1 1.1 Relevanz der Themenstellung ........................................................................................ 1 1.2 Defizite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen ............................................... 2 1.2.1 Grundlegende Problemabgrenzung ....................................................................... 2 1.2.2 Unzureichende Spezifität bestehender Controlling-Systeme.................................. 4 1.2.3 Fehlen eines durchgängigen Controlling-Systems ................................................. 5 1.2.4 Anforderungen an eine M&A-Projektsteuerung .................................................... 7 1.3 Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke .................................................. 8 1.3.1 Komponenten und Determinanten eines wertorientierten M&A-ControllingSystems ............................................................................................................................... 8 1.3.2 Der Prozess als Analyseeinheit des M&A-Controlling-Systems .......................... 10 1.3.3 Ziele des Forschungsprojektes ............................................................................. 11 1.3.4 Wertorientiertes M&A-Controlling in den betriebswirtschaftlichen Forschungsansätzen ......................................................................................................... 13 1.4 Forschungsansatz und Aufbau des Forschungsprojektes ............................................. 18 1.4.1 Theoretischer Bezugsrahmen ............................................................................... 18 1.4.2 Vorgehen und Gliederung des Forschungsprojektes ........................................... 20
2
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung .................................................... 24 2.1 Mergers & Acquisitions ............................................................................................... 24 2.1.1 Definition und Klassifizierung von Mergers & Acquisitions ............................... 24 2.1.1.1Begriffsdefinition „Mergers & Acquisitions“ .................................................. 24 2.1.1.2Systematisierung von Mergers & Acquisitions ................................................ 27 2.1.2 Rolle und Bedeutung von Mergers & Acquisitions .............................................. 30 2.1.2.1Aktuelle Situation am Markt für Unternehmenstransaktionen ........................ 30 2.1.2.2Theoretische Erklärungsansätze für Mergers & Acquisitions.......................... 32 2.1.2.2.1 Grundlagen zu den Erklärungsmodellen .................................................. 32 2.1.2.2.2 Erklärungsansätze der Markttheorie......................................................... 33 2.1.2.2.3 Erklärungsansätze der Ressourcentheorie ................................................ 35
X
Inhaltsverzeichnis 2.1.2.2.4 Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik.............................. 36 2.1.2.2.5 Erklärungsansätze der Mikropolitik und Machttheorie ............................ 39 2.1.2.2.6 Erklärungsansätze der Portfoliotheorie .................................................... 40 2.1.2.3Ziele und Aufgabenstellung von Mergers & Acquisitions............................... 42 2.1.2.4Hohe Erfolgsvarianz bei Mergers & Acquisitions ........................................... 44 2.1.3 Mergers & Acquisitions aus Prozesssicht ............................................................ 47 2.2 Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes .......................... 54 2.2.1 Ursprünge und Hintergründe des Wertmanagement-Gedankens ........................ 54 2.2.1.1Zu den Begriffen „Nutzen“ und „Wert“ ........................................................... 54 2.2.1.2Ursprung der wertorientierten Unternehmensführung ..................................... 56 2.2.1.3Kritik am Wertmanagement-Konzept .............................................................. 57 2.2.2 Grundsäulen des Wertmanagement-Konzeptes .................................................... 58 2.2.2.1Zielgruppen und Ausprägungsformen der Wertsteigerung .............................. 58 2.2.2.2Alternative Wertsteigerungsmaße .................................................................... 61 2.2.2.2.1 Rolle und Bedeutung des Free Cash Flow ............................................... 61 2.2.2.2.2 Problematik des Free Cash Flow .............................................................. 63 2.2.2.2.3 Aktuelle Tendenz bei den Wertsteigerungsmaßen ................................... 65 2.2.2.3Grundlegende Ansätze der Wertsteigerung...................................................... 68 2.2.2.4Treiber der Wertsteigerung .............................................................................. 70 2.2.3 Verbindung von Wertmanagement, M&A und Prozesssicht ................................ 74 2.3 Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling ...................................................... 77 2.3.1 Definition und Klassifizierung des Controlling ................................................... 77 2.3.1.1Zum Begriff „Controlling“ ............................................................................... 77 2.3.1.2Ursprung des Controlling ................................................................................. 79 2.3.2 Grundsäulen des Controlling-Konzeptes ............................................................. 80 2.3.2.1Konzeption des Controlling ............................................................................. 80 2.3.2.2Aufgaben des Controlling ................................................................................ 83 2.3.2.3Instrumente des Controlling ............................................................................. 88 2.3.2.3.1 Überblick zu den Instrumenten des Controlling ...................................... 88 2.3.2.3.2 Bedeutung von Kennzahlen- und Zielsystemen ....................................... 90
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XI
2.3.2.4Organisation und Träger des Controlling ......................................................... 94 2.3.2.4.1 Gestaltungsansätze der Organisationstheorie ........................................... 94 2.3.2.4.2 Implikationen für die Organisation des M&A-Controlling...................... 95 2.3.2.4.3 Anforderungen an die Träger des M&A-Controlling .............................. 97 2.3.3 Verbindung von Wertmanagement und Controlling ............................................ 98 2.3.4 Anforderungen an ein prozessorientiertes Controlling...................................... 101 3 Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-ControllingSystems .............................................................................................................................. 104 3.1 Determinanten für den Aufbau der Analyse .............................................................. 104 3.1.1 Vorbemerkungen ................................................................................................ 104 3.1.2 Kennzeichen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems ....................... 104 3.1.3 Erfolgsfaktoren als Stellhebel der Wertsteigerung für M&A-Projekte .............. 106 3.1.3.1Erfolgsfaktoren und Wertsteigerung .............................................................. 106 3.1.3.2Erfolgsfaktoren für M&A-Projekte ................................................................ 107 3.1.3.3Erfolgsfaktoren für das Wertmanagement ..................................................... 111 3.1.4 Rahmensetzung durch das Prozessmanagement ................................................ 113 3.1.5 Aufbau der Hauptkapitel und weiteres Vorgehen in der Analyse ...................... 119 3.2 Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie ........................................... 120 3.2.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessstrategie ........................... 120 3.2.1.1Das Wesen einer Strategie.............................................................................. 120 3.2.1.2Konstitutive Elemente der M&A-Prozessstrategie ........................................ 124 3.2.1.3Vorgehen bei der prozessorientierten Strategieentwicklung .......................... 126 3.2.1.3.1 Allgemeines Vorgehensmodell .............................................................. 126 3.2.1.3.2 Konkrete Strategieentwicklung .............................................................. 130 3.2.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ........................................................................................................... 136 3.2.2.1Vorbemerkungen ............................................................................................ 136 3.2.2.2Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung .................................. 137 3.2.2.3Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten ............................................................................................................. 156 3.2.2.3.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 156
XII
Inhaltsverzeichnis 3.2.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 158 3.2.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 162 3.2.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 166 3.2.2.4Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion .................................... 171 3.2.2.4.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 171 3.2.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 174 3.2.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 175 3.2.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 177 3.2.2.5Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption................ 179 3.2.2.5.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 179 3.2.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 182 3.2.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 183 3.2.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 186 3.2.2.6Kontinuierliche Durchführung von M&A...................................................... 189 3.2.2.6.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 189 3.2.2.6.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 191 3.2.2.6.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 192 3.2.2.6.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 193 3.2.2.7Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb .............................................................................................. 195 3.2.2.7.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 195 3.2.2.7.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 196 3.2.2.7.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 197 3.2.2.7.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 198
3.3 Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz ...................................... 201 3.3.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozesstransparenz ...................... 201 3.3.1.1Das Wesen der Transparenz ........................................................................... 201 3.3.1.2Konstitutive Elemente der M&A-Prozesstransparenz ................................... 203 3.3.1.3Vorgehen bei der Herstellung von Prozesstransparenz .................................. 205 3.3.1.3.1 Allgemeines Modell zur Information und Bewertung ........................... 205
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3.3.1.3.2 Grundlegende Überlegungen zum Vorgehen bei der Herstellung von Prozesstransparenz .......................................................................................... 208 3.3.1.3.3 Transparenz über den Prozessablauf ...................................................... 209 3.3.1.3.4 Transparenz über die Prozessperformance ............................................. 213 3.3.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ........................................................................................................... 222 3.3.2.1Vorbemerkungen ............................................................................................ 222 3.3.2.2Exzellente Due Diligence ............................................................................... 223 3.3.2.2.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 223 3.3.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 227 3.3.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 229 3.3.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 231 3.3.2.3Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums . 235 3.3.2.3.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 235 3.3.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 238 3.3.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 238 3.3.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 242 3.3.2.4Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater ........................................ 244 3.3.2.4.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 244 3.3.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 246 3.3.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 247 3.3.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 248 3.3.2.5Intensives Wissensmanagement und Informationsaustausch ......................... 248 3.3.2.5.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 248 3.3.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 250 3.3.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 253 3.3.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 254 3.4 Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung ........................................ 258 3.4.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessgestaltung ......................... 258 3.4.1.1Das Wesen der Prozessgestaltung .................................................................. 258
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Inhaltsverzeichnis 3.4.1.2Konstitutive Elemente der M&A-Prozessgestaltung ..................................... 261 3.4.1.3Vorgehen bei der Prozessgestaltung .............................................................. 262 3.4.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ........................................................................................................... 266 3.4.2.1Vorbemerkungen ............................................................................................ 266 3.4.2.2Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration ............................... 267 3.4.2.2.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 267 3.4.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 269 3.4.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 271 3.4.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 273 3.4.2.3Starke organisationale Integration der Unternehmen ..................................... 275 3.4.2.3.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 275 3.4.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 278 3.4.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 280 3.4.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 285 3.4.2.4Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens .................................... 287 3.4.2.4.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 287 3.4.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 291 3.4.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 292 3.4.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 294
3.5 Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung ......................................... 296 3.5.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozesssteuerung .......................... 296 3.5.1.1Das Wesen der Prozesssteuerung ................................................................... 296 3.5.1.2Konstitutive Elemente der M&A-Prozesssteuerung ...................................... 297 3.5.1.3Vorgehen bei der Prozesssteuerung ............................................................... 299 3.5.1.3.1 Vorbemerkungen .................................................................................... 299 3.5.1.3.2 Grundlagen der Earned Value Methode ................................................. 300 3.5.1.3.3 Möglichkeiten des Einsatzes der Earned Value Methode für M&A ...... 305 3.5.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ........................................................................................................... 308
Inhaltsverzeichnis
XV
3.5.2.1Vorbemerkungen ............................................................................................ 308 3.5.2.2Geschwindigkeit von M&A ........................................................................... 308 3.5.2.2.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 308 3.5.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 311 3.5.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 313 3.5.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 313 3.5.2.3Proaktives Risikomanagement ....................................................................... 316 3.5.2.3.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 316 3.5.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 317 3.5.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 318 3.5.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 322 3.5.2.4Schnelle, planmäßige und zielgruppenspezifische Durchführung der internen und externen Kommunikation .......................................................... 325 3.5.2.4.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 325 3.5.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 328 3.5.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 330 3.5.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 332 3.6 Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung ................................. 335 3.6.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessverantwortung .................. 335 3.6.1.1Das Wesen der Prozessverantwortung ........................................................... 335 3.6.1.2Konstitutive Elemente der M&A-Prozessverantwortung .............................. 336 3.6.1.3Vorgehen bei der Schaffung von Prozessverantwortung ............................... 338 3.6.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ........................................................................................................... 341 3.6.2.1Vorbemerkungen ............................................................................................ 341 3.6.2.2Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements ............................................................................................................. 341 3.6.2.2.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 341 3.6.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 343 3.6.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 345 3.6.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 347
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Inhaltsverzeichnis 3.6.2.3Klare Definition der Kernbelegschaft ............................................................ 349 3.6.2.3.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 349 3.6.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 351 3.6.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 352 3.6.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 354 3.6.2.4Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams ............................................ 355 3.6.2.4.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 355 3.6.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 356 3.6.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 357 3.6.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 358 3.6.2.5Maximierung der Personalmotivation ............................................................ 360 3.6.2.5.1 Begriffsklärungen ................................................................................... 360 3.6.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber .................................................................. 363 3.6.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling ........................................ 365 3.6.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling ........................................ 368
4
Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse ............................................................... 372 4.1 Vorbemerkungen ........................................................................................................ 372 4.2 Konsolidierung der M&A-Balanced-Scorecard ......................................................... 373 4.3 Zusammenfassung zu den Instrumenten und Kennzahlen ......................................... 378 4.4 Ausblick auf weitere Forschungsfelder ...................................................................... 380
5
Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 383
Abbildungsverzeichnis
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Projektcontrolling und M&A-Controlling ........................................................... 8 Abbildung 2: Komponenten eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems ...................... 9 Abbildung 3: Grundlegende Ansätze und Ziele des Forschungsprojektes .............................. 12 Abbildung 4: Grundlegende Forschungsrichtungen der Betriebswirtschaftslehre .................. 20 Abbildung 5: Aufbau der Arbeit .............................................................................................. 23 Abbildung 6: Systematisierung von Mergers & Acquisitions ................................................. 27 Abbildung 7: M&A-Formen und Beteiligungsgrad ................................................................. 29 Abbildung 8: Die fünf M&A-Wellen ....................................................................................... 30 Abbildung 9: Generische Strategietypen nach Porter .............................................................. 34 Abbildung 10: Formen der Informationsasymmetrie ............................................................... 38 Abbildung 11: M&A-Kern- und Unterstützungsprozesse nach Lucks/Meckl ......................... 49 Abbildung 12: Teilprozesse und Einzelaufgaben im M&A-Prozeß ........................................ 53 Abbildung 13: Ansätze zur Wertsteigerung in den M&A-Prozessen ...................................... 54 Abbildung 14: Konzeptionen von wertorientierten Kennzahlen und ausgewählte Beispiele .. 66 Abbildung 15: Grundsätzliche Wege der Wertschaffung ........................................................ 69 Abbildung 16: Wertvernichtung durch unprofitables Wachstum ............................................ 70 Abbildung 17: Shareholder-Value-Netzwerk........................................................................... 72 Abbildung 18: GWB®-Treiber-Baum ...................................................................................... 73 Abbildung 19: Wertsteigerungskreislauf ................................................................................. 74 Abbildung 20: Controlling als Schnittmenge zwischen Manager und Controller ................... 79 Abbildung 21: Externer Wandel bedingt internen Wandel ...................................................... 81 Abbildung 22: Controlling-System nach Horváth ................................................................... 81 Abbildung 23: Gliederung des Führungssystems der Unternehmung nach Küpper ................ 83 Abbildung 24: Aufgaben des Controlling ................................................................................ 84 Abbildung 25: Funktionen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems ....................... 85 Abbildung 26: Wandel in der Ausrichtung des Controlling .................................................... 88 Abbildung 27: Instrumente des Controlling ............................................................................. 90 Abbildung 28: Funktionen von Kennzahlen und Kennzahlensystemen .................................. 91 Abbildung 29: Dimensionen der Kennzahlendefinition........................................................... 93 Abbildung 30: Formen des Controlling ................................................................................... 96 Abbildung 31: Unternehmenswertorientierte Controlling-"Pyramide" ................................... 99 Abbildung 32: Unternehmenswertorientiertes Controlling-System ....................................... 101 Abbildung 33: Ansatzpunkte des Controlling im M&A-Prozess........................................... 105 Abbildung 34: Strukturierung der Erfolgsfaktoren bei M&A ................................................ 109 Abbildung 35: Erfolgsfaktoren einer wertorientierten Unternehmensführung ...................... 112 Abbildung 36: Komponenten und Kernfragen eines Prozessmanagement-Systems ............. 114
XVIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 37: Prozessdimensionen im Unternehmen ........................................................... 115 Abbildung 38: Siemens Referenz-Prozess-Haus.................................................................... 116 Abbildung 39: Level-Systematik im Siemens Referenz-Prozess-Haus ................................. 117 Abbildung 40: Ansatzpunkte des wertorientierten M&A-Controlling-Systems unter dem Blickwinkel eines übergreifenden Prozessmanagements ....................................... 118 Abbildung 41: Das Strategiekonzept der "Impact-focused strategies" .................................. 124 Abbildung 42: Konstitutive Elemente der M&A-Prozessstrategie ........................................ 126 Abbildung 43: M&A im strategischen V.I.S.I.O.N.-Management-Prozess ........................... 127 Abbildung 44: Unternehmerisches Zielsystem ...................................................................... 129 Abbildung 45: Strategien der Leistungstiefenoptimierung .................................................... 131 Abbildung 46: Strategiealternativen nach Treacy/Wiersma .................................................. 132 Abbildung 47: M&A-Formen und Strategietypen als Entscheidungsmatrix ......................... 134 Abbildung 48: Relative Visionserfüllungs-Wertschaffungs-Matrix ...................................... 135 Abbildung 49: Perspektiven der Balanced Scorecard ............................................................ 138 Abbildung 50: Zusammenhang zwischen Unternehmens- und M&A-BalancedScorecard ........................................................................................................................ 143 Abbildung 51: PMI-Strategy-Map-Dashboard....................................................................... 144 Abbildung 52: Das 7 K-Modell der Integration ..................................................................... 145 Abbildung 53: Erfolgsfaktorenbasierte M&A-Balanced-Scorecard, Schritt 1 ...................... 151 Abbildung 54: Erfolgsfaktorenbasierte M&A-Balanced-Scorecard, Schritt 2 ...................... 152 Abbildung 55: Wertsteigerungsnetzwerk für strategische Allianzen ..................................... 153 Abbildung 56: Wertsteigerungsnetzwerk für M&A............................................................... 155 Abbildung 57: Shareholder-Value-kompatible Synergiesystematisierung ............................ 158 Abbildung 58: Wertsteigerung durch Priorisierung der Synergierealisierung ....................... 161 Abbildung 59: Synergie-Tableau ........................................................................................... 163 Abbildung 60: Synergie-Cockpit ........................................................................................... 165 Abbildung 61: Szenarien für die Haltung des Top-Managements ......................................... 173 Abbildung 62: Wertsteigerung durch Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion ..................................................................................................................... 175 Abbildung 63: Belegschaftscockpit zum Meinungsbild ........................................................ 176 Abbildung 64: Haltung der Interessengruppen gegenüber der Transaktion .......................... 177 Abbildung 65: Wertsteigerung durch sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption ....................................................................................................... 183 Abbildung 66: SWOT-Analyse .............................................................................................. 184 Abbildung 67: Evaluation der Führungskonzeptionen mit dem Scoring-Modell .................. 185 Abbildung 68: Wertsteigerung durch kontinuierliche Durchführung von M&A .................. 192 Abbildung 69: Monitoring der Transaktionskontinuität ........................................................ 193 Abbildung 70: Wertsteigerung durch kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb ......................................... 197
Abbildungsverzeichnis
XIX
Abbildung 71: Tagesgeschäft-Monitoring (Beispiel) ............................................................ 198 Abbildung 72: Konstitutive Elemente der M&A-Prozesstransparenz ................................... 205 Abbildung 73: Lebenszyklusmodell für die Produktion von Informationen ......................... 207 Abbildung 74: Beispiel für ein Prozessmodell eines Logistikzentrums für Ersatzteile ......... 211 Abbildung 75: Eigenschaften und Funktionen des Referenz-Prozess-Modells ..................... 213 Abbildung 76: Vorgehen bei der Prozesskostenerhebung ..................................................... 214 Abbildung 77: Beispiel für eine Kapazitätszuordnung im Referenz-Prozess-Modell ........... 215 Abbildung 78: Beispiel für eine prozessbezogene Auswertung............................................. 216 Abbildung 79: Kategorien von Bewertungskriterien ............................................................. 217 Abbildung 80: Beispiel für Kennzahlen im Product Lifecycle Management ........................ 218 Abbildung 81: Ermittlung der Prozessperformance auf Basis der Wertschöpfungskette ...... 219 Abbildung 82: Nicht-finanzielles Bewertungscockpit ........................................................... 220 Abbildung 83: Wertsteigerung durch eine exzellente Due Diligence mit Prozessfokus ....... 229 Abbildung 84: Beispiel zum Vorgehen bei der prozessualen Due Diligence ........................ 230 Abbildung 85: M&A-Wertsteigerungs-Szenarien ................................................................. 231 Abbildung 86: Wertkonzeptionen und Bewertungsverfahren ................................................ 235 Abbildung 87: Kaufpreis, Synergiepotenziale und Wertflüsse .............................................. 237 Abbildung 88: Wertsteigerung durch realistische Einschätzung des Target.......................... 238 Abbildung 89: Partner-Radar ................................................................................................. 240 Abbildung 90: Wertsteigerung durch eine unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater ............................................................................................................................ 247 Abbildung 91: Wertsteigerung durch Wissensmanagement und Informationsaustausch ...... 252 Abbildung 92: Prozessstrategie und Prozessgestaltung im Spannungsfeld von Effektivität und Effizienz ............................................................................................... 259 Abbildung 93: Prozessmanagement und Spektrum der Prozessgestaltung ............................ 260 Abbildung 94: Interdependenzen zwischen Organisation und Personalführung ................... 261 Abbildung 95: Konstitutive Elemente der M&A-Prozessgestaltung ..................................... 262 Abbildung 96: Maßnahmen der Prozessgestaltung ................................................................ 265 Abbildung 97: Prinzipielles Vorgehen bei der Prozessgestaltung ......................................... 266 Abbildung 98: Wertsteigerung durch hohe Marktorientierung in der PMI ........................... 270 Abbildung 99: Integrationsgeschwindigkeit – Kosten, Nutzen, Aktivitätsniveau ................. 273 Abbildung 100: Wertsteigerung durch starke organisationale Integration der Unternehmen .................................................................................................................. 280 Abbildung 101: Koordinationsaufgaben der Organisation und des Controlling.................... 281 Abbildung 102: Rolle von Planung und Kontrolle bei der organisationalen Integration....... 284 Abbildung 103: Merkmale zur Gliederung der Unternehmensrechnung ............................... 288 Abbildung 104: Wertsteigerung durch Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens........................................................................................................... 292 Abbildung 105: Regelkreis der Prozesssteuerung .................................................................. 296
XX
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 106: Konstitutive Elemente der M&A-Prozesssteuerung .................................... 299 Abbildung 107: Beispiel für einen Projektstrukturplan ......................................................... 302 Abbildung 108: Beispiel zur Ermittlung der Earned Value Kennzahlen ............................... 303 Abbildung 109: Zentrale Steuerungsgrößen der Earned Value Methode .............................. 305 Abbildung 110: Beispiel für einen M&A-bezogenen Projektstrukturplan ............................ 307 Abbildung 111: Auswirkungen der Integrationsgeschwindigkeit .......................................... 310 Abbildung 112: Prozessspezifische Steuerung der M&A-Geschwindigkeit ......................... 311 Abbildung 113: Kosten-/Nutzeneffekte unterschiedlicher Geschwindigkeiten der Integrationsgestaltung .................................................................................................... 312 Abbildung 114: Wertsteigerung durch Gestaltung der Geschwindigkeit von M&A ............. 312 Abbildung 115: Festlegung der Durchführungsgeschwindigkeit........................................... 314 Abbildung 116: Wertsteigerung durch proaktives Risikomanagement ................................. 318 Abbildung 117: Erfassung von Risiken und Risikowirkungen .............................................. 319 Abbildung 118: Prozess des Risikomanagements .................................................................. 320 Abbildung 119: Strategic Issue Matrix und Maßnahmenableitung ....................................... 322 Abbildung 120: Kommunikationsaufgaben in M&A-Prozessen ........................................... 326 Abbildung 121: Wertsteigerung durch Gestaltung der internen Kommunikation ................. 330 Abbildung 122: Wertsteigerung durch Gestaltung der externen Kommunikation ................ 330 Abbildung 123: M&A-Kommunikationsinstrumente ............................................................ 331 Abbildung 124: Konstitutive Elemente der Prozessverantwortung ....................................... 337 Abbildung 125: Funktionale und prozessuale Verantwortung ............................................... 339 Abbildung 126: Rollen im Prozessmanagement .................................................................... 340 Abbildung 127: Beispiel für eine Prozess-Governance-Struktur ........................................... 340 Abbildung 128: Wertsteigerung durch klare Personalstrategie.............................................. 345 Abbildung 129: Problembeispiele der Mitarbeiterqualifikation ............................................ 346 Abbildung 130: Beispiel für eine Qualifikationsmatrix ......................................................... 346 Abbildung 131: "Personalschaukel"....................................................................................... 347 Abbildung 132: Wertsteigerung durch klare Definition der Kernbelegschaft ....................... 352 Abbildung 133: Instrumente zum Personalabbau .................................................................. 354 Abbildung 134: Wertsteigerung durch interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams ...... 357 Abbildung 135: Cockpit zur interdisziplinären Teambesetzung ............................................ 358 Abbildung 136: Wertsteigerung durch Maximierung der Personalmotivation ...................... 365 Abbildung 137: Anforderungs- und Ergebnisprofil ............................................................... 366 Abbildung 138: Wirkung der Erfolgsfaktoren im M&A-Wertsteigerungsnetzwerk ............. 374 Abbildung 139: M&A-Balanced-Scorecard, Ursache-Wirkungs-Beziehungen Ebene 1-3 ... 376 Abbildung 140: M&A-Balanced-Scorecard, Ursache-Wirkungs-Beziehungen Ebene 4 ...... 377 Abbildung 141: Übersicht zu den wichtigsten Instrumenten ................................................. 379
Tabellenverzeichnis
XXI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Literaturquellen zu M&A, Wertmanagement und Controlling ............................... 16 Tabelle 2: Begriffsdefinitionen „Mergers & Acquisitions“ ..................................................... 26 Tabelle 3: Prozessbezogene M&A-Erfolgsfaktoren (Dimension I) ....................................... 110 Tabelle 4: Projektmanagement-bezogene M&A-Erfolgsfaktoren (Dimension II) ................ 111 Tabelle 5: Formen von M&A Balanced Scorecards .............................................................. 147 Tabelle 6: Kennzahlen zur Priorisierung der Synergierealisierung ....................................... 171 Tabelle 7: Kennzahlen zur Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion ................ 179 Tabelle 8: Kennzahlen zur sorgfältigen und schnellen Ausarbeitung einer Führungskonzeption ....................................................................................................... 189 Tabelle 9: Kennzahlen zur kontinuierlichen Durchführung von M&A ................................. 194 Tabelle 10: Kennzahlen zur kontinuierlichen Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb ........................................................................... 201 Tabelle 11: Kennzahlen einer exzellenten Due Diligence mit Prozessfokus ......................... 234 Tabelle 12: Kennzahlen zur realistischen Einschätzung des Target ...................................... 244 Tabelle 13: Kennzahlen zur unabhängigen Post-Deal-Bewertung durch Berater.................. 248 Tabelle 14: Kennzahlen zum Wissensmanagement und Informationsaustausch ................... 258 Tabelle 15: Kennzahlen zur hohen Marktorientierung in der Post Merger Integration ......... 275 Tabelle 16: Kennzahlen zur starken organisationalen Integration der Unternehmen ............ 287 Tabelle 17: Kennzahlen zur Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens ............... 295 Tabelle 18: Kennzahlen zur Geschwindigkeit von M&A ...................................................... 316 Tabelle 19: Kennzahlen zum proaktiven Risikomanagement ................................................ 324 Tabelle 20: Kennzahlen zur Gestaltung der internen und externen Kommunikation ............ 335 Tabelle 21: Kennzahlen zur klaren Personalstrategie ............................................................ 349 Tabelle 22: Kennzahlen zur klaren Definition der Kernbelegschaft ...................................... 355 Tabelle 23: Kennzahlen zur interdisziplinären Zusammensetzung von Teams ..................... 359 Tabelle 24: Kennzahlen zur Mitarbeitermotivation ............................................................... 371
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
Abkürzungsverzeichnis
BFuP ................................................................... Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis BPR ......................................................................................... Business Process Reengineering CFROI .................................................................................... Cash Flow Return on Investment CM ................................................................................................................ Controller Magazin CRM ................................................................................. Customer Relationship Management CVA .............................................................................................................. Cash Value Added DBW........................................................................................................ Die Betriebswirtschaft DCF ......................................................................................................... Discounted Cash Flow EP ...................................................................................................................... Economic Profit EPS ................................................................................................................ Earnings per share EVA® ..................................................................................................... Economic Value Added EVM ....................................................................................................... Earned Value Methode GG ......................................................................................................................Geschäftsgebiet GoU .................................................... Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung GRO ............................................................................ Groups, Regions, Operating Companies GuV ............................................................................................ Gewinn- und Verlustrechnung GWB®........................................................................................................ Geschäftswertbeitrag IG ..............................................................................................................Integrationsgestaltung IT .......................................................................................................... Informationstechnologie M&A .................................................................................................... Mergers & Acquisitions MbO ................................................................................................ Management by Objectives NOA .......................................................................................................... Net Operating Assets NOPAT................................................................................... Net Operating Profit After Taxes PLM ........................................................................................... Product Lifecycle Management PMI ........................................................................................................ Post Merger Integration PO ........................................................................................................................ Process Owner PSP ............................................................................................................... Projektstrukturplan QS .................................................................................................................. Qualitätssicherung RF ......................................................................................................................Rolling Forecast ROCE ............................................................................................ Return on Capital Employed ROIC ............................................................................................... Return On Invested Capital RONA........................................................................................................ Return on Net Assets SCM ................................................................................................ Supply Chain Management SVA ....................................................................................................Shareholder Value Added SVR ................................................................................................... Shareholder Value Return SWOT...............................................................Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threads VBMAC .......................................................... Value Based Merger & Acquisition Controlling
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
WACC .................................................................................. Weighted Average Cost of Capital ZfB ......................................................................................... Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfbF ................................................................Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung ZFCM ................................................................... Zeitschrift für Controlling und Management
Problemstellung und Gang der Untersuchung
1 1.1
1
Problemstellung und Gang der Untersuchung Relevanz der Themenstellung
Der unternehmerische Kontext ist heute zunehmend von Komplexität und Dynamik gekennzeichnet. In immer kürzer werdenden Abständen müssen Anpassungen von Wertschöpfungsstrukturen und -prozessen an das wandelgetriebene Umfeld vorgenommen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nachhaltig zu gewährleisten. Typische Beispiele hierfür sind etwa der von Cisco praktizierte, akquisitionsgetriebene Wachstumspfad zur Sicherstellung der erforderlichen Innovationsbasis für die Zukunft (vgl. Paulson 2001) oder die Konsolidierungstendenzen in der Mobilfunkbranche, die im Jahr 2005 auch zum Aufkauf der Siemens Mobile Sparte durch den koreanischen Handyproduzenten BenQ geführt haben. Vor dem Hintergrund der im Jahr 2008 beginnenden Konjunkturabschwächung und der sich im Jahr 2009 fortsetzenden Wirtschaftskrise erreicht die Bedeutung der Anpassungsfähigkeit von Unternehmen eine neue Dimension. Gleichzeitig wird dadurch der Handlungsspielraum der Unternehmen eingeschränkt. Die nun deutlich restriktivere Vergabe von Krediten (vgl. KPMG 2008) und die zunehmenden Engpässe in der Cash-Flow Situation der Unternehmen (vgl. KPMG 2008b) sind nur zwei der Determinanten, welche auch zu einem Einbruch des weltweiten Geschäfts mit Fusionen und Übernahmen führten (vgl. KPMG 2009). Gleichzeitig induzieren entscheidende Veränderungen wie beispielsweise die Verschärfung der Wettbewerbsintensität auf Grund einer Globalisierung der Wertschöpfungsketten, die Umformung von Verkäufer- zu Käufermärkten oder der sich intensivierende technologische Wandel eine zunehmende Individualisierung der Wertschöpfung bei gleichzeitigem Zwang zur permanenten, effektivitäts- und effizienzsteigernden Optimierung. Neben der unternehmensinternen Gestaltung tritt dabei weiterhin auch die Adaption der Unternehmensgrenzen in Form von Unternehmenszusammenschlüssen und -käufen als ein wesentliches Steuerungsfeld in den Vordergrund: „Indeed, mergers and acquisitions may be seen as a special case of a strategy or perhaps more realistically as an important component of a company’s corporate and business strategies.“ (Rappaport 1998, S. 138; vgl. auch Dibelius 2005, S. 53; Achleitner 2001, S. 148). Die im Rahmen der M&A-Welle in den 80er Jahren aufgedeckten Wertlücken gelten dabei auch als Ursprung des Shareholder Value Gedankens und damit der wertorientierten Unternehmensführung (vgl. Günther 1997, S. 64; Beck 2003, S. 22 ff.). Unterbewertungen von Unternehmen führten verstärkt zu Aufkäufen durch so genannte Corporate Raiders, der „Markt für Unternehmenstransaktionen“ etablierte sich als Instrument zur Herstellung ökonomischer Effizienz und Disziplinierungsfunktion des Managements. Gleichzeitig entstand im Zuge dieser Entwicklung die Notwendigkeit eines entsprechenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystems für die Unternehmensführung, die ihre Aktivitäten konsequent an der Steigerung des Unternehmenswertes beziehungsweise des Wohlstandes der Eigenkapitalgeber ausrichten
2
Problemstellung und Gang der Untersuchung
musste, um „feindlichen Aufkäufen“ zu entgehen. Im Wesentlichen basierend auf den Arbeiten von RAPPAPORT fand in der Folgezeit eine fundierte theoretische und praktische Durchdringung des Wertmanagement-Ansatzes und hierin insbesondere des Shareholder Value Gedankens statt (vgl. Rappaport 1998), der auch eine Weiterentwicklung der existierenden Controlling-Instrumente im Hinblick auf die Etablierung eines entsprechenden wertorientierten Controlling bewirkte (vgl. Günther 1997; Horváth 2003, S. 506 ff.; Lauk 1997; Neubürger 2002, Bühner 2002; Michel 1996; Gebhardt/Mansch 2005). Bisher lag der Fokus dabei allerdings mehr auf der Ableitung von Mindest- und Zielrenditen als auf der Beantwortung der Frage, welche von mehreren Strategien auszuwählen ist, um für den Investor den größten Wertzuwachs zu generieren (vgl. Dinter 1999, S. 287 f.). Der strategische Stellenwert, den WEISMÜLLER stellvertretend für das Akquisitionscontrolling konstatiert (vgl. Weismüller 1997, S. 892), erscheint demnach zu schwach ausgeprägt. Für die erfolgreiche Durchführung von Unternehmenstransaktionen ist somit ein Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumentarium erforderlich, dass begleitend in allen Phasen des M&A-Prozesses anhand geeigneter Kennzahlen kontinuierlich die Wertbeiträge der einzelnen Maßnahmen sowie des Projektes als Ganzes misst und darauf basierend die gezielte Einleitung erforderlicher Steuerungsaktivitäten ermöglicht (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 210). LUCKS/MECKL betonen dabei die Bedeutung eines ausgewogenen Kennzahlensystems, das neben der vielfach dominierenden finanziellen Perspektive auch Kennzahlen insbesondere für Strategie-, Struktur- und Personalthemen beinhaltet (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 210 f.). Diese müssen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen eine besondere Beachtung finden. Einen herausragenden Stellenwert erhält diese Aufgabe vor dem Hintergrund zweier aktuell bedeutender Einflussfaktoren auf M&A-Transaktionen: x
nach wie vor hohe Misserfolgsquoten bei Unternehmenstransaktionen, auf deren Ursachen und Hintergründe im Hinblick auf präventive Fehlervermeidung und Gegensteuerung noch einzugehen sein wird, sowie
x
die bereits angesprochene Wirtschaftskrise und der sich daraus für die Unternehmen ergebenden drastischen Einschnitte und Restriktionen, die dazu führen, dass auch Unternehmenstransaktionen in der Vorfeldphase noch intensiver auf ihren Wertbeitrag durchleuchtet und in der Umsetzung noch stringenter auf das Ziel der Wertsteigerung ausgerichtet werden müssen.
1.2 1.2.1
Defizite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen Grundlegende Problemabgrenzung
Wie in Abschnitt 1.1 konstatiert, bedarf die Sicherstellung von Wertsteigerung durch Unternehmenstransaktionen eines entsprechenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystems, das
Defizite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen
3
die einzelnen M&A-Prozessschritte wertorientiert koordiniert und im Bedarfsfall die Einleitung sowie Durchführung erforderlicher (Anpassungs-)Maßnahmen unterstützt. Betrachtet man die existierenden Controlling-Systeme, die in Abschnitt 2.3 noch im Detail beschrieben und analysiert werden, so lassen sich im Hinblick auf die Anwendung im Rahmen von Mergers & Acquisitions durchweg Defizite und diesbezüglich Lücken in der Forschung erkennen, die eine zielorientierte und den Erfolgsmaßstäben gerecht werdende Durchführung von Unternehmenstransaktionen mit dem existierenden Instrumentarium nicht oder nur eingeschränkt ermöglichen. In der Regel weist der controllingbezogene Rahmen für die Durchführung der M&A-Transaktion heute eines oder mehrere der folgenden Kennzeichen auf: x
Unzureichende Spezifität bestehender Controlling-Systeme Die existierenden und angewendeten Instrumente sind für die spezifischen Anforderungen von M&A-Projekten nur bedingt einsetzbar und müssen entsprechend modifiziert werden. Es existiert kein den Anforderungen einer effektiven und effizienten M&A-Steuerung gerecht werdendes, durchgängiges Kennzahlen- und Zielsystem.
x
Fehlen eines durchgängigen Controlling-Systems Es existiert bisher kein durchgängiges Controlling-System, das eine zielorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen über den gesamten M&A-Prozess hinweg ermöglicht. Viele Ansätze beschäftigen sich heute sehr detailliert mit Teilausschnitten wie beispielsweise der naturgemäß sehr wichtigen Integrationsphase, ohne sich allerdings den Gesamtrahmen einer Transaktion vor Augen zu halten.
x
Defizite im M&A-Projektmanagement Die gängigen Instrumente des Projektmanagement sind nicht dediziert genug auf die Anforderungen von M&A-Projekten abgestimmt und müssen im Hinblick auf die Steuerung von Unternehmenstransaktionen angepasst werden. Hier spielt unter anderem die Frage nach der geeigneten organisatorischen Verankerung von Mergers & Acquisitions eine wichtige Rolle.
Die angeführten Indikatoren für die Notwendigkeit zum Aufbau eines effektiven und effizienten Steuerungssystems werden nun im Folgenden aufgegriffen und auf ihre Relevanz in der aktuellen M&A-Praxis geprüft. Wenn ihr Zutreffen belegt werden kann, ist die Notwendigkeit für den Aufbau eines durchgängigen, wertorientierten M&A-Controlling-Systems mit dem Ziel der Unterstützung einer effektiven und effizienten Abwicklung von Unternehmenstransaktion gegeben.
4
Problemstellung und Gang der Untersuchung
1.2.2
Unzureichende Spezifität bestehender Controlling-Systeme
Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung der existierenden Controlling-Konzepte und -Instrumente im Hinblick auf die Anforderungen von Mergers & Acquisitions ist nur dann gegeben, wenn die vorhandenen Systeme mit entsprechenden Defiziten behaftet sind und sich als ungeeignet für eine effektive und effiziente Steuerung von Unternehmenstransaktionen erweisen. In einer Studie von BAETGE/BRUNS bezeichnete mehr als ein Drittel der Befragten die Controlling-Ansätze für strategische Entscheidungen als nicht genügend ausgereift (vgl. Baetge/Bruns 1996, S. 8 und S. 12). Darüber hinaus wird für das Akquisitionscontrolling gleichzeitig überwiegend eine ungünstige Kosten-Nutzen-Relation konstatiert (vgl. Baetge/Bruns 1996, S. 9 und S. 12f.). Prinzipiell müssen die bestehenden Controllinginstrumente in den Dimensionen Ziel, Gegenstand, Inhalte und Instrumente auf die spezifischen Anforderungen eines M&A-Vorhabens modifiziert werden (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 209). In diesen vier grundlegenden Dimensionen herrscht allerdings in der Controllingpraxis heute vielfach eine unzureichende spezifische Ausrichtung auf die besonderen Erfordernisse von M&A-Projekten: x
Wie noch zu zeigen sein wird, ist die Steigerung des Unternehmenswertes das zentrale Ziel von Unternehmenstransaktionen (vgl. Abschnitt 2.2.3). In Literatur und Praxis existiert demgegenüber jedoch eine Vielzahl von Zielformulierungen, die sich gegenseitig überschneiden und somit die eigentlichen Basiszielsetzungen intransparent werden lassen (vgl. Gerpott 1993, S. 63 f.). Controlling-Systeme, die eine Integration der vielfältigen Zielsetzungen versuchen, scheitern früher oder später an der entstehenden Komplexität. Gleichzeitig besteht in Theorie und Praxis derzeit keine Einigkeit bezüglich der geeigneten Methodik zur Messung des M&A-Erfolgs (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 15). Ein M&AControlling-System muss insofern eine klare Ausrichtung auf die identifizierten M&AZiele erhalten, die zugehörigen Instrumente müssen entsprechend entwickelt und ausgestaltet werden.
x
Die Betrachtung von Mergers & Acquisitions aus Prozesssicht (vgl. Abschnitt 2.1.3) determiniert den M&A-Prozess als Gegenstand des M&A-Controlling. Die prozessorientierte Sichtweise hat bei betriebswirtschaftlichen Fragestellungen in den letzten Jahren deutlich an Relevanz zugenommen. Entsprechend hat sich die Einteilung von Unternehmenstransaktionen in die drei Hauptphasen Vorfeld-, Transaktions- und Integrationsphase inzwischen etabliert (vgl. Lucks/Meckl 2002; Jansen 2001; Picot 2005b, S. 18). Für eine genauere Untersuchung von Erfolgsfaktoren sowie eine Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen greift diese Einteilung jedoch zu kurz. Hierfür ist eine detailliertere Ausarbeitung der einzelnen M&A-Prozessschritte erforderlich, wie sie beispielsweise von LUCKS/MECKL vorgenommen wurde (vgl. Lucks/Meckl 2002). Darauf basierend ist ein
Defizite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen
5
entsprechend differenziertes Controlling-System zu entwerfen, das eine exakte, phasenspezifische Koordination und Steuerung der einzelnen M&A-Aktivitäten ermöglicht. x
Der Inhalt eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems besteht in der finanziellen und nichtfinanziellen Planung, Steuerung und Kontrolle des M&A-Prozesses. Im Gegensatz zu den Standardinhalten des traditionellen Controlling, die sich überwiegend durch regelmäßig wiederkehrende, repetitive Aktivitäten auszeichnen, ist eine Unternehmenstransaktion durch deutlich höhere Komplexität und Diskontinuität gekennzeichnet (vgl. Rödl 2002, S. 31 f. und S. 75). Die Inhalte der M&A-Controlling-Systeme sind somit von der Bezeichnung zwar gleich, in ihrer Beschaffenheit jedoch weniger strukturiert und greifbar (vgl. Weismüller 1997, S. 904). Das Controlling muss deshalb an der Prozessstrukturierung aufsetzen, mögliche Standardisierungspotenziale identifizieren und eine effektive und effiziente Steuerung umsetzen.
x
Die Instrumente des Controlling sind für M&A-Transaktionen entsprechend zu modifizieren. Als Beispiel sei die Balanced Scorecard als integratives Steuerungssystem angeführt, deren Dimensionen mit M&A-spezifischen Inhalten zu füllen sind (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 210 f.; Jansen 2005, S. 544 f.; Wirtz 2003, S. 458 f.). Neben der generellen Ausrichtung auf M&A-Erfordernisse ist darüber hinaus eine phasenspezifische Ausgestaltung im Hinblick auf die einzelnen Prozessschritte notwendig.
Die vier Gestaltungsdimensionen des Controlling sind somit wie beschrieben auf die spezifischen Anforderungen von Mergers & Acquisitions auszurichten. In Forschung und Praxis sind entsprechende Tendenzen zu verzeichnen, von einem klar formulierten Verständnis eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems kann jedoch noch nicht gesprochen werden (vgl. hierzu die Literaturanalyse in Abschnitt 1.3.4).
1.2.3
Fehlen eines durchgängigen Controlling-Systems
Ein im Sinne der vorliegenden Arbeit geeignetes Controlling-System muss strategische und operative Aspekte einer Unternehmenstransaktion integrieren (vgl. Abschnitt 1.1 sowie später Abschnitt 3.1.2). Während in Abschnitt 1.2.2 bereits die Defizite im Hinblick auf die spezifische Ausprägung von Controlling-Ziel, -Gegenstand, -Inhalten sowie -Instrumenten dargestellt wurden, muss darüber hinaus auf Grund des Prozesscharakters von Mergers & Acquisitions (vgl. Abschnitt 2.1.3) insbesondere die Durchgängigkeit des Controlling-Systems herausgearbeitet werden. Ein derartiges System hat in diesem Zusammenhang drei Dimensionen der Durchgängigkeit zu erfüllen: x
Horizontale Durchgängigkeit über den gesamten M&A-Prozess hinweg von der Vorfeldüber die Transaktions- bis hin zur Integrationsphase unter Berücksichtigung der jeweils erforderlichen phasenspezifischen Ausprägungen. Während der Prozessgedanke in ande-
6
Problemstellung und Gang der Untersuchung ren Bereichen der Betriebswirtschaftslehre bereits vielfach weit vorangetrieben wurde, ist die differenzierte prozessorientierte Betrachtung von Unternehmenstransaktionen insbesondere in der Praxis noch stark ausbaufähig. Die entsprechenden Controllinginstrumente müssen dann an der Analyseeinheit „Prozess“ ansetzen und eine gesamtheitliche Steuerung von der Vorbereitungs- über die Transaktions- bis hin zur Integrationsphase unterstützen.
x
Vertikale Durchgängigkeit von der strategischen Anbindung der M&A-Projekte bis hin zur operativen Umsetzung auf Basis von Maßnahmenpaketen. Jede strategische Zielvorgabe ist demnach nur so gut, wie sie im Anschluss auf Basis von entsprechenden Steuerungsinstrumenten messbar gestaltet und in die Ausbringung überführt wird. Die strukturierte Ableitung operativer Maßnahmen aus der übergreifenden strategischen Stoßrichtung des Unternehmens kann dabei als ein im Unternehmensalltag durchgängig zu wenig gelebte Notwendigkeit charakterisiert werden. Vielfach ist dabei eine „… Tendenz zum Aktionismus und zur Verzettelung …“ (Reineke/Bock 2007, S. 28) zu beobachten.
x
Laterale Durchgängigkeit im Hinblick auf die Berücksichtigung von finanziellen und nichtfinanziellen Targets in allen Prozessschritten und auf allen Detaillierungsstufen. Insbesondere in der Anfangsphase von M&A-Aktivitäten lassen sich vielfach die noch grob formulierten Zielvorstellungen nicht in direkt quantitativ messbaren Größen abbilden. Instrumente wie beispielsweise die Balanced Scorecard ermöglichen in diesem Stadium die Erfassung der „Soft Facts“ und deren gezielte Analyse im Gesamtzusammenhang.
Nach Ansicht des Verfassers existiert in Forschung und Praxis derzeit kein ControllingSystem, das alle drei Dimensionen der Durchgängigkeit gleichermaßen berücksichtigt und eine entsprechend umfassende Steuerung von M&A-Transaktionen ermöglicht, was auch durch eine Literaturanalyse bestätigt wurde (vgl. Abschnitt 1.3.4). Die bestehenden Systeme fokussieren beispielsweise auf bestimmte Einzelphasen des M&A-Prozesses wie das Integrationscontrolling (vgl. Metz 2002), reduzieren das Konzept der M&A-Balanced Scorecard rein auf Kontrollaspekte (vgl. Jansen 2005, S. 544 f.) oder setzen bei der Erfolgsmessung nicht auf einer detaillierten M&A-Prozessstruktur auf (vgl. Bamberger 1994; Gerpott 1993). Diese Fakten verdeutlichen die Notwendigkeit eines Steuerungssystems, das eine strategiefokussierte, erfolgreiche Durchführung von Unternehmenstransaktionen sicherstellen kann. BALLWIESER konstatiert im Hinblick auf die wertorientierte Unternehmensrechnung: „Offenbar fehlen theoretische Konzepte, welche das Anreiz-, Kommunikations- und Kontrollproblem, verbunden mit niedrigem Aufwand und Planungsintegrität, lösen. Hier sind Theorie und Praxis dazu aufgerufen, neue Ideen zu liefern.“ (Ballwieser 2000, S. 165 f.).
Defizite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen 1.2.4
7
Anforderungen an eine M&A-Projektsteuerung
In den vorangehenden Ausführungen wurde der Fokus auf die Koordination und Steuerung einzelner M&A-Prozessschritte gelegt. Im Zentrum des Interesses stand dabei also beispielsweise die Frage, wie der Strategieplanungsprozess grundsätzlich zu planen, zu steuern und zu überwachen ist, um eine Wertsteigerung im Rahmen der M&A-Transaktion sicherzustellen. Die hierbei verwendeten Instrumente beziehen sich dabei auf die inhaltlichen Dimensionen einer Unternehmenstransaktion. Damit in Zusammenhang stehend, jedoch bisher nicht explizit betont, steht die Frage nach einer entsprechenden Gestaltung des M&A-Projektes „an sich“. Losgelöst von den rein inhaltlichen, M&A-spezifischen Koordinationsaspekten sind hier die bei jeder Art von Projekten relevanten Themen des übergreifenden Projektmanagements zu beleuchten und einer Optimierung zu unterziehen. Es geht dabei um die MetaProjektplanung, die Bereitstellung erforderlicher Ressourcen und deren Einbindung in die Gesamtorganisation, das Etablieren eines klaren Projekt-Berichtswesens u.v.m. (vgl. Krüger/Schmolke/Vaupel 1999). Insbesondere bei großen, über mehrere Monate oder sogar Jahre laufenden Projekten ist der entsprechende Aufwand nicht zu unterschätzen. Ebenso wie bei den M&A-Prozess-bezogenen Problemstellungen ist auch hier der Maßstab der Unternehmenswertsteigerung zugrunde zu legen, ein Projekt ist also unabhängig von seinen fachbezogenen Inhalten einem stringenten, auf die Wertsteigerung ausgerichtetem Projektmanagement zu unterwerfen. KRÜGER/SCHMOLKE/VAUPEL unterscheiden in ihrer Darstellung des Projektmanagements zwischen dem „Management mit Projekten“ und dem „Management von Projekten“ und unterstreichen dabei die Notwendigkeit einer Trennung zwischen dem Projektinhalt und dem Projektmanagement (vgl. Krüger/Schmolke/Vaupel 1999). MECKL/SODEIK/ FISCHER unterscheiden in ihrer empirischen Analyse von Studien zum Thema Erfolgsfaktoren für Mergers & Acquisitions die M&A-Management-Erfolgsfaktoren in M&A-Prozess- sowie M&A-Projektmanagement-bezogen (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 172). Gegenstand vorliegender Arbeit soll jedoch nicht das Projektmanagement an sich sein, dem eine übergreifende Bedeutung für Projekte aller Art zukommt. Diese Thematik wurde bereits an anderer Stelle vertieft betrachtet (vgl. Sodeik 2009). Vielmehr wird eine Fokussierung auf die M&Aspezifischen Themen vorgenommen und somit die wertsteigernde Steuerung der M&AProzesse als Analyseinhalt zugrunde gelegt. Die übergreifenden Faktoren finden jeweils nur bei spezifischer Relevanz Eingang in die Untersuchung. Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Projektcontrolling und M&A-Controlling sowie das sich daraus ergebende Aufgabenfeld eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems, von dem jedoch nur der M&A-spezifische Teil in die Analyse einfließen soll.
8
Problemstellung und Gang der Untersuchung
ProjektControlling Wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle von Projekten im Sinnes eines ProjektManagements
M&AControlling
Wertorientiertes M&A-ControllingSystem
Wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle des M&A-Prozesses im Sinne eines M&AManagements
Abbildung 1: Projektcontrolling und M&A-Controlling
Die in diesem Abschnitt identifizierten Defizite bei den bestehenden Controlling-Systemen im Hinblick auf den Einsatz zur Unterstützung bei der Planung, Durchführung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen sollen nachfolgend in die Zielformulierung des zugrunde liegenden Forschungsprojektes überführt werden. Das sich daraus ergebende vollständige Bild von Problemdefinition und Lösungsansatz wird schließlich in Abschnitt 1.3.4 anhand einer vertieften Literaturanalyse verifiziert und auf die tatsächliche Existenz einer diesbezüglichen Forschungslücke untersucht.
1.3 1.3.1
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke Komponenten und Determinanten eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Im vorangehenden Abschnitt wurden die Defizite der bestehenden Planungs-, Steuerungsund Kontrollsysteme des Controlling im Hinblick auf den Einsatz bei der Durchführung von Unternehmenstransaktionen beleuchtet, aus denen sich die Notwendigkeit zur Entwicklung eines dafür geeigneten Controlling-Systems in der Form einer Weiterentwicklung des bestehenden Instrumentariums ableiten lässt. Eine der Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Standardinstrumenten und -vorgehensweisen liegt dabei in der hohen Komplexität und Verschiedenartigkeit jeder einzelnen Transaktion (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 209 und S. 223; Picot 2005b, S. 14; Rödl 2002, S. 31 f. und S. 75), was entsprechend hohe Anforderungen an
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke
9
die Flexibilität des zugrunde liegenden Steuerungssystems stellt. Fasst man die bisherigen Ausführungen noch einmal zusammen, so lassen sich die drei essentiellen Komponenten eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems folgendermaßen formulieren (vgl. Abbildung 2): x
Das übergreifende strategische Ziel einer Unternehmung wird durch das Wertmanagement bestimmt (vgl. Abschnitt 2.2). Eine M&A-Transaktion ist dementsprechend nur dann als erfolgreich einzustufen, wenn durch sie der Unternehmenswert erhöht wird: „Weiters ist zu betonen, dass der Integrationserfolg ohne ökonomischen Erfolg als wertlos anzusehen ist“ (Schwarz 2004, S. 123).
x
Mergers & Acquisitions stellen in diesem Zusammenhang eine strategische Option für das unternehmerische Wachstum dar (vgl. Abschnitt 2.1), die in Einklang mit der übergreifenden Unternehmensstrategie stehen muss. Sie bilden „… ein Instrument zur Umsetzung von Unternehmensstrategien“ (Weismüller 1997, S. 892).
x
Die Koordination der Führungsteilsysteme im Sinne einer strategischen Steuerung wird durch das Controlling durchgeführt (vgl. Abschnitt 2.3). Es muss die Auswahl der strategischen Option unterstützen und seine erfolgsorientierte Durchführung im Hinblick auf das strategische Ziel unterstützen. Frage nach den Planungs-/Steuerungs-/Kontroll-Instrumenten
STRATEGISCHE OPTION
Wertsteigerung durch M&A
Mergers & Acqusitions
WertManagement
STRATEGISCHES ZIEL
Wertorientiertes M&A-Controlling Wertorientiertes Controlling
M&AControlling Frage nach dem strategischen Ziel
Frage nach dem Untersuchungsobjekt Controlling
STRATEGISCHE STEUERUNG Abbildung 2: Komponenten eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
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Problemstellung und Gang der Untersuchung
An den Schnittstellen zwischen den drei Komponenten lassen sich im zweiten Schritt drei Determinanten eines wertorientierten M&A-Controlling identifizieren, die für sich genommen spezifische Fragestellungen aufwerfen: x
Das strategische Ziel der Wertsteigerung sowie die strategische Option M&A implizieren die Notwendigkeit einer Wertsteigerung durch M&A-Transaktionen, lassen jedoch die Frage nach den entsprechenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumenten offen.
x
Das wertorientierte Controlling verbindet das strategische Ziel der Wertsteigerung mit einem darauf ausgerichteten Steuerungssystem, benötigt jedoch eine strategische Option als Untersuchungsobjekt.
x
Das M&A-Controlling ist ein auf Mergers & Acquisitions ausgerichtetes Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem, entbehrt für sich genommen jedoch einer strategischen Anbindung und damit einer Zielvorgabe.
Zur gleichzeitigen Beantwortung aller drei Fragestellungen existiert derzeit nach Ansicht des Verfassers in Forschung und Praxis kein integriertes System, das eine nachhaltige, effektive und effiziente Steuerung von M&A-Projekten ermöglicht. Zusammen mit dem Prozess als Analyseeinheit ergibt sich die Zielvorgabe für das vorliegende Forschungsprojekt.
1.3.2
Der Prozess als Analyseeinheit des M&A-Controlling-Systems
Die Betrachtung betriebswirtschaftlicher Aspekte unter Prozessgesichtspunkten hat in den vergangenen Jahren durchweg an Bedeutung zugenommen (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 51; Gerboth 2000, S. 535 f.). Neben der kostenmäßigen Transparenz und verbesserten Steuerung auf Basis der Prozesskostenrechnung (vgl. u.a. Kaplan/Cooper 1999) stellt die Prozesssicht darüber hinaus einen grundlegenden Ansatz für die qualitative und zeitliche Optimierung der betrieblichen Wertschöpfungsaktivitäten dar. Ausgehend von der grundlegenden Unternehmensstrategie und deren Operationalisierung beispielsweise mit Hilfe der Balanced Scorecard werden dabei klare Implikationen für die Gestaltung des unternehmerischen Prozessgefüges abgeleitet (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 89 ff.). Einen Optimierungshebel bildet dabei das Konzept der Process Mass Customization, also die Hebung von prozessbezogenen Standardisierungspotenzialen bei gleichzeitiger Erfüllung spezifischer Kundenwünsche im Hinblick auf die Realisierung von Kundenzufriedenheit (vgl. Seidenschwarz 2008, S. 2 f.). Grundsätzlich besteht ein Prozess im Unternehmen aus einer Reihe von Aktivitäten, die einen definierten Input in ein definiertes Arbeitsergebnis (Output) transformieren und damit eine Leitung für einen internen oder externen Kunden erzeugen (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 39). Die Zufriedenstellung der Kunden ist oberste Zielsetzung einer Prozessoptimierung. Wesentliches Kennzeichen ist dabei auch die funktionsübergreifende Modellierung (vgl. Seidenschwarz 2008, S. 9 f.), das heißt, Prozesse orientieren sich in erster Linie am zu erreichen-
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke
11
den Ergebnis in Form einer Dienstleistung oder einem Produkt und nicht an den für die Erreichung erforderlichen betrieblichen Funktionen oder Ressourcen. Der Vorteil besteht darin, dass im Gegensatz zur Funktionsoptimierung keine funktionalen Teiloptima auf Basis des (zufällig) gegebenen Rahmens einer Unternehmensorganisation erzeugt werden, sondern dass eine Optimierung von Prozessen sich konsequent aus den Kundenanforderungen ableitet und frei von einer Gestaltung funktionaler Schnittstellen erfolgt. Die betriebswirtschaftlichen Ansätze, die sich mit einer effizienten und effektiven Gestaltung von Unternehmensprozessen befassen, sind indes vielfältig. Sie reichen von einer inkrementalen, kontinuierlichen Verbesserung im Sinne des KAIZEN-Gedankens bis hin zu einem radikalen Redesign im Rahmen des Business Process Reengineering (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 7 ff). In den vorangehenden Abschnitten wurden bereits mehrfach die M&A-Prozesse sowie die Phasen bei Unternehmenstransaktionen angesprochen und dadurch das dieser Arbeit zugrunde liegende Prozessverständnis betont. Der Prozess selbst wird dabei nicht als eine der in Abschnitt 1.3.1 beschriebenen wesentlichen Komponenten und Determinanten im Hinblick auf die zugrunde liegende Fragestellung begriffen, sondern bildet vielmehr ein übergreifendes Strukturierungs- und Analysemerkmal: x
Die Analyse von Mergers & Acquisitions erfolgt auf Basis der einzelnen M&A-Prozesse und im Hinblick auf die im Unternehmen ablaufenden Prozesse des strategischen und operativen Tagesgeschäftes.
x
Dies impliziert eine entsprechende Ausrichtung des zugehörigen ControllingInstrumentariums an der Analyseeinheit „Prozess“.
x
Die Treiber der Wertsteigerung werden prozessorientiert abgeleitet.
Die jeweils relevanten Prozessaspekte der drei Komponenten eines wertorientierten M&AControlling-Systems werden an den entsprechenden Stellen vertieft beleuchtet. Im Anschluss erfolgt dann in Kapitel 3 unter Zugrundelegung eines umfassenden ProzessmanagementAnsatzes in Verbindung mit den einzelnen M&A-Prozessen der Aufbau eines spezifischen, prozessorientierten M&A-Controlling-Systems. Auf Basis der bisher definierten Elemente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems und unter Zugrundelegung des Prozessansatzes soll nun das Ziel der vorliegenden Arbeit formuliert werden.
1.3.3
Ziele des Forschungsprojektes
Das zentrale Ziel der vorliegenden Arbeit besteht im Aufbau eines wertorientierten, kennzahlenbasierten M&A-Controlling-Systems zur Koordination des Führungsgesamtsystems bei Unternehmenstransaktionen mit dem Ziel der konsequenten Ausrichtung der einzelnen M&ATeilprozesse auf die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes. Dadurch soll ein wesentlicher Beitrag zur wertorientierten Gestaltung von Unternehmenstransaktionen geleistet
12
Problemstellung und Gang der Untersuchung
werden, indem der Unternehmensführung die erforderlichen Instrumente und Kennzahlen für die wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle an die Hand gegeben werden. Als Ergebnis des Forschungsvorhabens sollen folgende Fragen beantwortet werden: x
Welche Werthebel und Erfolgsfaktoren werden von der Transaktion beeinflusst und bestimmen damit den Erfolg von Unternehmenstransaktionen? Wie kann ihre Ausprägung gemessen und ihre Entwicklung positiv beeinflusst werden?
x
Welche Kennzahlen zur wertorientierten Steuerung der M&A-Prozessschritte lassen sich ableiten? Wie können diese Kennzahlen ermittelt und in einen Gesamtzusammenhang in Form eines umfassenden M&A-Kennzahlen-Systems gebracht werden?
x
Welche Instrumente stehen zur wertorientierten Steuerung von M&A-Projekten zur Verfügung? Wie müssen bestehende Controlling-Instrumente gegebenenfalls adaptiert werden, beziehungsweise für welche Anforderungen müssen neue Instrumente entwickelt werden, und wie sollen diese aussehen?
Ergebnisse
Zielformulierung
Zentrale Ansätze
Abbildung 3 fasst die zugrunde liegenden Ansätze, das Ziel sowie die angestrebten Ergebnisse noch einmal zusammen. Wertmanagement
Mergers & Acquisitions
Controlling
Shareholder-Value-Konzept (Rappaport 1998)
Prozessorientierter M&A-Ansatz (Lucks/Meckl 2002)
Koordinationsorientierte Controlling-Konzeption (Küpper 2005)
Wertorientiertes M&A-Controlling-System Koordination des Führungsgesamtsystems bei Unternehmenstransaktionen mit dem Ziel der konsequenten Ausrichtung der einzelnen M&A-Teilprozesse auf die nachhaltige Steigerung des Unternehmenswertes.
Werthebel
Kennzahlen
Instrumente
Formulierung von Werthebeln und -treibern bei Unternehmenstransaktionen
Ableitung von Kennzahlen für die wertorientierte Steuerung der M&A-Prozessschritte
Konzeption von ControllingInstrumenten für die wertorientierte M&A-Steuerung
Abbildung 3: Grundlegende Ansätze und Ziele des Forschungsprojektes
Die Beschreibung der Defizite bei den aktuellen Systemen zur M&A-Steuerung hat zu einem klar umrissenen Ziel für das Forschungsprojekt geführt. Dieses Ziel kann aus wissenschaftlicher Sicht aber nur dann für die Bearbeitung im Rahmen eines neu angelegten Forschungs-
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke
13
projektes akzeptiert werden, wenn es auf einer aktuell existierenden diesbezüglichen Forschungslücke fußt. In den vorangehenden Abschnitten wurde dies mehrfach unter Verweis auf die Literaturstudie im nun folgenden Abschnitt als gegeben vorausgesetzt.
1.3.4
Wertorientiertes M&A-Controlling in den betriebswirtschaftlichen Forschungsansätzen
Die angesprochenen drei Teilaspekte M&A, Wertmanagement und Controlling sowie deren bilaterale Überschneidungen wurden und werden bereits in der aktuellen betriebswirtschaftlichen Literatur aufgegriffen und intensiv diskutiert. Nach Ansicht des Autors existiert jedoch keine Veröffentlichung, welche diese drei Kernaspekte zu einem integrierten System zusammenführt und darauf basierend ein umfassendes Steuerungsinstrument für Unternehmenstransaktionen entwickelt. Basierend auf der in Abbildung 2 dargestellten Systematisierung soll nachfolgend die existierende Literatur daraufhin analysiert werden, inwiefern alle drei Kernthemen aufgegriffen und Ansätze zur Entwicklung eines wertorientierten M&AControlling-Systems bereitgestellt werden. Dabei wird eine Fokussierung auf die spezifischen Quellen vorgenommen, die sich durch eine integrierende Betrachtungsweise im Spannungsfeld der drei Querschnitt-Themen Wertsteigerung, M&A sowie Controlling bewegen und dafür Konzeptionen und Instrumente entwickeln. Grundvoraussetzung für eine Betrachtung ist dabei, dass die jeweilige Quelle das Thema M&A zum Inhalt hat dieses unter dem Blickwinkel der Wertsteigerung und/oder des Controlling analysiert. Tabelle 1 gibt einen Überblick zu den identifizierten Literaturstellen und charakterisiert kurz die darin im Hinblick auf die zugrunde liegende Fragestellung enthaltenen Ansätze. Die Charakterisierung hebt dabei diejenigen Aspekte hervor, die eine Abgrenzung zur Fragestellung des vorliegenden Promotionsprojektes begründen und die hier zugrunde liegende Fragestellung als eigenständiges Forschungsprojekt mit Neuigkeitscharakter rechtfertigen. Dabei kennzeichnet „A“ einen Artikel beziehungsweise ein Diskussionspapier, „B“ referiert auf eine Veröffentlichung in Buchform.
14 Publikation Bauch, C. (2004): Planung und Steuerung von Unternehmensintegrationen (B)
Dobbs, R./Nand, B./Rehm, W. (2005): Merger valuation (A) Gates, S./Very, P. (2003): Measuring Performance During M&A Integration (A)
Gebhardt, G./Mansch, H. (2005): Wertorientierte Unternehmenssteuerung in Theorie und Praxis (A)
Gomez, P./Weber, B. (1989): Akquisitionsstrategie, Wertsteigerung durch Übernahme von Unternehmungen (B)
Kerler, P. (1999): Mergers & Acquisitions und Shareholder Value (B)
Problemstellung und Gang der Untersuchung Inhalt x Fokussierung auf Post Merger-Integration x Praktisch-normative Ableitung von konkreten Handlungsempfehlungen auf Basis einer Fallstudie x Kurze und nur exemplarische Erläuterung der Aufgaben eines Controlling am Beispiel Abweichungsanalyse und Integrationsreporting x Diskussion von Earnings per Share (EPS) als Wertsteigerungsmaß x Empirische Analyse der Auswirkung von Mergers auf EPS x Beschreibung von Metriken zur Performancemessung im Integrationsprozess, orientiert an den Perspektiven der Balanced Scorecard x Empirische Studie zu den Fragestellungen: „Benützen die Unternehmen einen formalen Integrationsplan?“, „Wird der Integrationserfolg gemessen und ggf. mit welchen Metriken?“, „Welche Metriken finden die Verantwortlichen davon abgesehen zur Messung des Integrationserfolges nützlich?“ x Strukturierte Aufarbeitung der grundlegenden Ansätze zur Ermittlung von Unternehmenswerten x Klare Herausarbeitung der beiden unterschiedlichen Ansätze zur Wertermittlung („zahlungsorientiert“ beziehungsweise „erfolgsorientiert“) sowie Erörterung der jeweils erforderlichen Anpassungen (Adjustments) x Umfangreiche Diskussion wertorientierter, sowohl absoluter als auch renditeorientierter, Kennzahlen x Projektion der Konzepte auf den Einsatz in der Praxis, Hinterlegung mit konkreten Unternehmensbeispielen x Erläuterung der Möglichkeiten zur wertorientierten Incentivierung x Aufzeigen der Möglichkeiten für eine wertorientierte Berichterstattung und Publizität x Darstellung der Ansätze für eine Implementierung wertorientierter Kennzahlen x Herausarbeitung von Erfolgsfaktoren für M&A-Transaktionen x Ansätze für die Formulierung einer Akquisitionsstrategie unter dem Primat der Wertsteigerung x Beschreibung des Vorgehens im Rahmen einer Wertsteigerungsanalyse x Vorgehensplan und Checkliste mit Methoden und Instrumenten für die Abwicklung des M&A-Prozesses x Empirische Studie zum Akquisitionserfolg von Schweizer Unternehmen auf Basis beobachtbarer Börsenkursreaktionen im Rahmen einer Event Study Analyse x Ableitung einer in Summe negativen kumulierten abnormalen Rendite und damit Wertvernichtung durch M&A für 200 akquirierende Schweizer Unternehmen im Zeitraum 1995 bis 1997 x Identifizierung einer positiven kumulierten abnormalen Rendite
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke
Kürsten, W./Meckl, R./Krostewitz, A. (2005): Value-Based M&A-Management der M&A-Prozess im Lichte des Shareholder Value-Prinzips (A) Lucks, K./Meckl, R. (2002): Internationale Mergers & Acquisitions. Der prozessorientierte Ansatz (B) Metz, M. (2002): Controlling des Integrationsprozesses bei Mergers & Acquisitions (B)
15
für verwandte Akquisitionen x Skizzierung eines einfachen, eindimensionalen Akquisitionsprozesses und Darstellung der Rolle von Beratern in diesem Prozess x Identifizierung von Ansätzen zur Wertsteigerung in den einzelnen M&A-Prozess-Schritten x Orientierung an einem klar strukturierten, detaillierten M&AProzess-Modell x Differenzierung nach der Heterogenität der Aktionärsklientel x Ausarbeitung eines detaillierten M&A-Prozess-Modells x Ableitung von Optimierungs- und Wertsteigerungspotenzialen x Beschränkung auf den Integrationsprozess x Reduzierung der Controlling-Funktion auf die Koordination der Führungsteilsysteme Planung, Kontrolle und Informationssystem x Kein Herunterbrechen auf detaillierte M&A-Prozess-Level x Keine konkrete Identifizierung von M&A-spezifischen Werthebeln x Beschreibung des Controlling-Instrumentariums auf sehr generischer Ebene
Rödl, M. (2002): Strategische Unternehmensbewertung im Rahmen des Akquisitionsprozesses (B)
x Integration der Themenfelder „strategische Unternehmensbewertung“, „Akquisitionsprozess“ und „Erfolgspotenzialorientierung“ x Klare Abgrenzung der Unternehmensbewertung vom Akquisitionscontrolling beziehungsweise vom wertorientierten Controlling x Ausgrenzung von Shareholder Value-Analysen als Bestandteil eines wertorientierten Controlling x Beantwortung der Fragen „Wozu strategische Unternehmensbewertung im Akquisitionsprozess?“ sowie „Wie muss eine strategische Unternehmensbewertung im Rahmen des Akquisitionsprozesses ausgestaltet sein?“
Schmusch, M. (1998): Unternehmensakquisitionen und Shareholder Value (B)
x Darstellung des Prozesses zur Erarbeitung einer Akquisitionsstrategie x Diskussion der Ansätze zur Unternehmensbewertung x Prüfung der Anwendbarkeit der Bewertungsansätze des Value Based Management auf die deutsche Unternehmenspraxis x Erarbeitung der für den deutschen Markt erforderlichen Modifikationen
Scholz, J. (2000): Wert und Bewertung internationaler Akquisitionen (B)
x Fokussierung der Analyse auf grenzüberschreitende Akquisitionen x Subjektivität im Hinblick auf Ausgangssituation, Zielsetzungen, Zeitpräferenz, Risiko-Chancen-Präferenz sowie Handlungsalternativen als Grundgerüst eines Bezugsrahmens für den Unternehmenswert x Identifizierung der wertrelevanten Faktoren „Barrieren der Internationalisierung“, „Unternehmensspezifische (monopolistische) Vorteile“ und „Vorteile aus der Internationalität“ als
16
Problemstellung und Gang der Untersuchung
Steinöcker, R. (1998): Mergers and Acquisitions: Strategische Planung von Firmenübernahmen, Konzeption – Transaktion – Controlling (B) Tomaszewski, C. (2000): Bewertung strategischer Flexibilität beim Unternehmenserwerb, Der Wertbeitrag von Realoptionen (B)
Besonderheiten im internationalen Kontext x Zielsetzung des internationalen Akquisiteurs als die wesentliche Determinante der subjektiven Unternehmensbewertung x Zusammenführung der Einflussfaktoren in einem CF-Modell auf Basis des Adjusted Present Value Ansatzes (APV), differenziert nach projektbezogener und investorenbezogener Perspektive x Sehr praxisorientierte Darstellung des M&A-Prozesses x Aufzeigen von Handlungsempfehlungen in den Prozessschritten Konzeption, Transaktion und Integration anhand umfangreicher Checklisten x Ableitung von konkreten Tipps für den Praktiker x Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der strategischen Flexibilität und dem Wert eines Unternehmens x Analyse bestehender Modelle und Konzepte zur Berücksichtigung von Unsicherheit in der Unternehmensbewertung und deren Eignung für den Einsatz bei strategischen Akquisitionen x Bewertung unternehmerischer Flexibilität am Beispiel einer strategischen Akquisition mit Hilfe der Optionspreistheorie x Darstellung des Einflusses durch konkurrenzbedingte Werteffekte x Prüfung von Umsetzungsmöglichkeiten und -grenzen des Realoptionskonzeptes
Tabelle 1: Literaturquellen zu M&A, Wertmanagement und Controlling
Einige ausgewählte Veröffentlichungen seien im Folgenden herausgegriffen, um eine Einordnung in den Gesamtzusammenhang der vorliegenden Arbeit besser zu ermöglichen: x
LUCKS/MECKL entwickeln im Rahmen ihres prozessorientierten M&A-Ansatzes eine detaillierte M&A-Prozessstruktur, die deutlich über die bis dato verfügbaren Strukturierungen hinausgeht (vgl. Lucks/Meckl 2002). Die Differenzierung in die Kernprozesse Strategieplanung, Strukturentwicklung und -durchsetzung und Personalveränderung sowie die Unterstützungsprozesse Information, Bewertung, Kommunikation und Controlling ermöglicht eine spezifische Steuerung und Analyse von Verbesserungspotenzialen. Neben einer Beschreibung der Einzelprozesse und deren Einbettung in ein durchgängiges M&AProzess-Rahmenwerk gehen die Autoren insbesondere auch auf die Besonderheiten bei Auslandsakquisitionen sowie die Möglichkeiten einer organisatorischen Einbindung des Themas M&A in der Führungs-Gesamt-Struktur des Unternehmens ein. Das hier dargestellte Prozessgefüge sowie die explizite Betonung eines M&A-Controlling-Systems bilden einen Ausgangspunkt für die Analyse im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojektes.
x
Das Diskussionspapier von KÜRSTEN/MECKL/KROSTEWITZ beinhaltet entscheidende Ansatzpunkte für ein wertorientiertes M&A-Management (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz
Zielformulierung und Ableitung der Forschungslücke
17
2005). Basierend auf der von LUCKS/MECKL erarbeiteten Strukturierung der M&AProzesse werden die einzelnen Prozessschritte im Hinblick auf vorhandene Hebel zur Wertsteigerung durchleuchtet. Der generierte Wert wird dabei in Abhängigkeit von den existierenden Risikopräferenzen innerhalb der heterogenen Aktionärsklientel beleuchtet. Für die einzelnen Prozessschritte werden schließlich konkrete Maßnahmen zur Wertsteigerung formuliert. x
Eine Integration von M&A, Controlling und Wertmanagement gelingt METZ in seiner Arbeit, allerdings beschränkt auf die Phase des Integrationsprozesses, für den auch kein Herunterbrechen auf detailliertere Prozesslevel vorgenommen wird (vgl. Metz 2002). Als Betrachtungsgegenstände des Controlling identifiziert der Autor Synergien und Dyssynergien des leistungswirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Bereiches und fokussiert gleichzeitig die Funktion des Controlling auf die Koordination zwischen den Führungsteilsystemen Planungs-, Kontroll- und Informationssystem. Ausgehend von einer umfassenden Darstellung der koordinationsorientierten Funktionen des Integrationscontrolling entwickelt der Autor Instrumente für ein wertorientiertes Controlling der Integrationsphase, ohne allerdings den Einsatz dieser Instrumente auf eine dedizierte M&AProzessstruktur zu beziehen und ohne ein steuerungsfähiges, kennzahlenbasiertes M&AControlling-System bereitzustellen.
x
Durch die Integration der Themenfelder „strategische Unternehmensbewertung“, „Akquisitionsprozess“ und „Erfolgspotenzialorientierung“ versucht RÖDL, eine Antwort auf zwei zentrale Fragestellungen der Akquisitionspraxis zu skizzieren: „Wozu strategische Unternehmensbewertung im Akquisitionsprozess?“ sowie „Wie muss eine strategische Unternehmensbewertung im Rahmen des Akquisitionsprozesses ausgestaltet sein?“ (vgl. Rödl 2002). Der Autor grenzt den Fokus seiner Arbeit klar von den Inhalten des Akquisitionscontrolling ab und sieht einen wesentlichen Nutzen der strategischen Unternehmensbewertung in ihrem Beitrag zur Bewältigung der Komplexität des Akquisitionsprozesses. Ausgehend vom strategischen Gesamtrahmen und einem einfach strukturierten Modell des Akquisitionsprozesses werden die Verfahren der Unternehmensbewertung, ihre Instrumente und Determinanten erläutert sowie ihre Rolle bei der Komplexitätsbewältigung dargelegt.
x
SCHOLZ fokussiert in seiner Darstellung zu den wertbestimmenden Faktoren einer Akquisition auf internationale Transaktionen und stellt die Unterschiede zwischen den Motiven und Effekten bei einem nationalen und einem internationalen Akquisiteur dar (vgl. Scholz 2000). Ausgehend von der Fragestellung, welche Faktoren für die unterschiedlichen Kaufpreise bei nationalen und internationalen Akquisitionen bestimmend sind, zeichnet er einen umfassenden Bezugsrahmen für den grenzüberschreitenden Kontext von Akquisitionen. Der Wert einer Transaktion für den Akquisiteur wird demnach wesentlich durch dessen subjektive Einschätzungen im Hinblick auf Ausgangssituation, Zielsetzungen,
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Problemstellung und Gang der Untersuchung Zeitpräferenz, Risiko-Chancen-Präferenz sowie Handlungsalternativen bestimmt, die im internationalen Umfeld durch die wertrelevanten Faktoren „Barrieren der Internationalisierung“, „Unternehmensspezifische (monopolistische) Vorteile“ und „Vorteile aus der Internationalität“ determiniert werden. SCHOLZ beschreibt darauf basierend detailliert die einzelnen wertbeeinflussenden Faktoren einer internationalen Akquisition und führt die Einzelkomponenten schließlich in einem durchgängigen Modell zur Cash FlowBerechnung auf Basis der Adjusted Present Value-Methode zusammen. Eine interessante Perspektive ergibt sich zudem durch die Betrachtung einer Akquisition als Realoption, welche einen Transfer der kapitalmarkttheoretischen Optionspreismodelle auf den Markt für Unternehmenstransaktionen beinhaltet.
x
Der Artikel von GATES und VERY konkretisiert das Thema Erfolgsmaßstäbe im Integrationsmanagement unter Zugrundelegung der Balanced Scorecard Systematik und leitet die dargestellten Metriken aus konkreten Fallbeispielen ab. Im Rahmen einer empirischen Studie aus dem Jahr 2000 durchleuchten die Autoren das Vorgehen bei der M&A-Planung sowie die im Integrationsmanagement verwendeten Metriken. Ein Befund zeigt auf, dass nur 45% der Unternehmen einen formalen M&A-Planungsprozess aufgesetzt haben und dass nur 44% den Erfolg der Akquisition überhaupt messen.
Die durchgeführte Literaturanalyse bestätigt somit die These, dass eine integrative Darstellung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems bisher in der wissenschaftlichen Literatur noch nicht vorliegt. Keine analysierte Veröffentlichung erhebt einen diesbezüglichen Anspruch. Dementsprechend kann die wissenschaftliche Zulässigkeit eines neuen Forschungsprojektes mit dem definierten Inhalt als gegeben abgeleitet werden. Im folgenden Abschnitt wird der Forschungsansatz sowie das Vorgehen im Rahmen des Projektes beschrieben, bevor mit der Ausarbeitung der entsprechenden Lösungskonzepte begonnen wird.
1.4
Forschungsansatz und Aufbau des Forschungsprojektes
1.4.1
Theoretischer Bezugsrahmen
„Betriebswirtschaftliche Theorien sind Mittel zum Zweck der Unterstützung der an Betrieben interessierten (wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen) Öffentlichkeit“ (Graumann 2004, S. 269). Den Ausgangspunkt für die Erarbeitung einer (neuen) betriebswirtschaftlichen Theorie stellt dabei die Zielformulierung aus der grundlegenden wissenschaftlichen Theoriebildung dar. Demnach bestehen die primären Ziele der Betriebswirtschaft als Wissenschaft in einer (vgl. Graumann 2004, S. 26 und 269) x
„Verstehensunterstützung“, die darauf abzielt, die sachlogischen und verhaltensspezifischen Zusammenhänge des betrieblichen Geschehens transparent zu machen, zu analysieren, sie im Rahmen der auftretenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen und Schnittstellen
Forschungsansatz und Aufbau des Forschungsprojektes
19
zu verstehen und darauf basierend realtheoretische Modelle aufzubauen, die ein Abbild des Geschehens im Hinblick auf eine wissenschaftliche Normbildung ermöglichen. x
„Entscheidungsunterstützung“, wodurch die verantwortlichen Entscheidungsträger in die Lage versetzt werden sollen, die nach Maßgabe von Effektivität und Effizienz richtigen Entscheidungen für das jeweilige Unternehmen zu treffen. Ausgehend von der Beschreibung des Entscheidungsinhaltes ist die Entscheidungsmethode zu definieren, das Entscheidungsmodell zu entwerfen, die Rangordnung der Handlungsalternativen abzuleiten und schlussendlich eine Handlungsempfehlung zu geben (vgl. Graumann 2004, S. 489 sowie S. 522 ff.). Die Entscheidungen im Sinne der Effektivität richten sich dabei an der übergreifenden strategischen Zielsetzung des Unternehmens aus, das in heutiger Zeit vielfach durch den Gedanken der Wertsteigerung determiniert ist. GRAUMANN fordert für die Zielordnung dabei die Einhaltung der Kriterien Vollständigkeit, Redundanzfreiheit, Messbarkeit, Präferenzunabhängigkeit sowie Handhabbarkeit (vgl. Graumann 2004, S. 24 ff.).
Projiziert man die beiden Forderungen auf das im Rahmen dieser Arbeit zu entwickelnde wertorientierte M&A-Controlling-System, so lässt sich als Verstehensobjekt der M&AProzess ableiten, für den als Entscheidungsinstrument ein Controlling-System mit dem Ziel der wertorientierten Gestaltung von Unternehmenstransaktionen entworfen werden soll. Folgt man dem Gedankengang von GRAUMANN weiter, so stößt man auf den Begriff der Nutzenrelevanz. Demnach sind fünf Ansatzpunkte relevant, die zu einer nutzenstiftenden Formulierung betriebswirtschaftlicher Ziele führen können (vgl. Graumann 2004, S. 22): x
bestehende Mängel von vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Zuständen,
x
Differenzen in den zur Disposition stehenden Handlungsalternativen, die erkannt und im Hinblick auf ihre Nutzenrelevanz beurteilt werden müssen,
x
globale Ziele, aus denen bezüglich des jeweiligen Anwendungsfalls spezifische Ziele abgeleitet und konkretisiert werden,
x
externe Vorgaben,
x
Ziele anderer, denen im Sinne der sozialen Verantwortung gefolgt wird.
Entsprechend der Differenzierung in Verstehens- sowie Entscheidungsunterstützung und unter Beachtung der Forderung nach Nutzenrelevanz lassen sich zwei grundlegende Forschungsansätze der Betriebswirtschaftslehre im Spannungsfeld zwischen Theorieentwicklung und Anwendungsorientierung identifizieren: die empirisch-analytische sowie die praktischnormative Forschungsrichtung (vgl. Bauch 2004, S. 7 ff.). Der empirisch-analytische Ansatz zielt dabei auf die Theorieentwicklung ab. Auf Basis von Empirie werden Hypothesen gebildet und einer Prüfung in der Realität unterzogen. Wird dieses Theoriegebäude im nächsten Schritt in konkrete Zweck-Mittel-Aussagen überführt, so kann der empirisch-analytische Ansatz brauchbare Ergebnisse für die praxisbezogene Entscheidungsfindung liefern. Wichtig
20
Problemstellung und Gang der Untersuchung
sind in diesem Zusammenhang die Ableitung des Forschungsproblems aus tatsächlich relevanten, erklärungsbedürftigen Phänomenen und eine breite empirische Fundierung zur Verifizierung des Wahrheitsgehalts und der Allgemeingültigkeit. Im Gegensatz dazu bezieht der praktisch-normative Ansatz seine Forschungsthemen nicht aus Lücken in der bestehenden Theorie, sondern aus konkreten praktischen Problemen und einem faktischen Problemlösungsbedarf. Er ist deutlich stärker von Pragmatismus geprägt und hat die konkrete Anwendbarkeit der entwickelten Lösungsansätze in der Praxis zum Ziel. Abbildung 4 fasst die zentralen Unterscheidungsmerkmale der beiden beschriebenen grundlegenden Forschungsrichtungen der Betriebswirtschaftslehre noch einmal zusammen. empirisch-analytische BWL
praktisch-normative BWL
Primäres Forschungsziel
Erklärung der betrieblichen Wirklichkeit durch Theorien und Hypothesen
Unterstützung der Praxis bei der Lösung von Problemen durch Gestaltungsempfehlungen
Kriterien zur Beurteilung der Forschungsresultate
Relevanz verstanden als Erklärungsbedarf Erklärungsgehalt resp. Plausibilität Wahrheit resp. empirische Bestätigung Allgemeingültigkeit resp. Breite der Erklärungen
Relevanz verstanden als Problemlösungsbedarf Nützlichkeit resp. Problemlösungskraft Anwendbarkeit auf die betrachtete Problemklasse
Abbildung 4: Grundlegende Forschungsrichtungen der Betriebswirtschaftslehre (Quelle: Bauch 2004, S. 10)
Vorliegende Arbeit basiert mit dem Ziel der Erarbeitung eines wertorientierten M&AControlling-Systems auf dem Vorgehensmodell der praktisch-normativen Betriebswirtschaftslehre. Die Relevanz und die Notwendigkeit für den Aufbau eines entsprechenden Steuerungssystems wurden bereits in Kapitel 1 diskutiert. Insbesondere im Hinblick auf die hohe Erfolgsrelevanz von Unternehmenstransaktionen erscheint ein systematisches Instrumentarium für die effektive und effiziente Abwicklung erforderlich. Das diesbezüglich gewählte Vorgehen sowie der Aufbau der Arbeit soll im folgenden Abschnitt vorgestellt werden.
1.4.2
Vorgehen und Gliederung des Forschungsprojektes
Der Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems erfordert eine integrative Verknüpfung des Gedankengutes aus den drei Themengebieten M&A(-Prozesse), Wertmanagement und Controlling. MICHEL zeigt in seinem Beitrag zur Verankerung des Shareholder Value-Konzeptes im strategischen Controlling einen Ansatz auf, der am Beispiel von unternehmerischen Allianzen eine durchgängige Verbindung zwischen Allianzzielen, Meilensteinen und Wertgeneratoren herstellt (vgl. Michel 1996, S: 103 ff.). Ein wesentliches Element stellt
Forschungsansatz und Aufbau des Forschungsprojektes
21
dabei die Rückführung von unternehmerischen Zielen und Aktionen auf die den Shareholder Value ursächlich beeinflussenden Faktoren dar. Projiziert man diese Idee auf die zugrunde liegende Fragestellung, so lässt sich analog ein Zusammenhang zwischen dem M&AProzesselement und den hier existierenden Einflussfaktoren auf die Wertgeneratoren des Shareholder Value induzieren. RÖDEL spricht in diesem Zusammenhang mit Verweis auf RAPPAPORT von Mikrowerttreibern in Form von Erfolgsfaktoren, die direkten Einfluss auf die finanziellen Makrowerttreiber haben (vgl. Rödel 2002, S. 103). Dem Controlling obliegt dabei die koordinierende Aufgabe, durch die Bereitstellung der entsprechenden Instrumente die Steuerbarkeit dieser Verbindung sicherzustellen. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Hauptkapitel, im Rahmen derer die Entwicklung des wertorientierten M&A-Controlling-Systems vorgenommen wird. Kapitel 1 befasst sich mit der Problemstellung und dem konkreten Gang der Untersuchung. Zum einen ist das existierende theoretische beziehungsweise praktische Problem abzugrenzen, welches die Themenstellung als relevant begründet und eine diesbezügliche wissenschaftliche Bearbeitung rechtfertigt. Ausgehend von den bestehenden Defiziten in den existierenden M&A-Steuerungssystemen und vor dem Hintergrund der hohen M&AMisserfolgsraten wird das Ziel der Arbeit formuliert. Um sich der formulierten Themenstellung fundiert nähern zu können, erfolgt in Kapitel 2 eine Erläuterung und Diskussion der zugrundeliegenden Themengebiete Mergers & Acquisitions, Wertmanagement und Controlling. Zuerst wird dabei das Themengebiet Mergers & Acquisitions mit Schwerpunkt auf der Prozesssicht dargestellt. Aufgaben und Bedeutung von Unternehmenstransaktionen werden dabei ebenso beleuchtet wie Motive und Ziele sowie die einzelnen M&A-Prozessschritte. Es folgt die Beschreibung des Wertmanagement-Konzeptes in seinen Grundzügen, bevor mit dem Fokus auf diesen Wertmanagement-Gedanken Konzeption, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten Controlling-Systems definiert werden. Auf Basis einer Kombination dieser drei Bereiche und unter dem Blickwinkel der Prozessorientierung soll sodann das wertorientierte M&A-Controlling-System entworfen werden. Dabei bilden M&A das Untersuchungsobjekt, das Wertmanagement definiert das zu verfolgende strategische Zielsystem und das Controlling liefert die erforderlichen Planungs-, Steuerungsund Kontrollinstrumente sowie die Kennzahlensystematiken. Kapitel 3 bildet den Hauptteil der Arbeit. Zu Beginn wird mit einer Erläuterung der empirisch belegten Erfolgsfaktoren für M&A sowie einer vertieften Beschreibung des Prozessmanagement-Ansatzes der weitere Rahmen für die Ausarbeitung vorgezeichnet. Zum einen orientiert sich der Hauptteil grundlegend an den fünf definierten Phasen des Prozessmanagements: Prozessstrategie, Prozesstransparenz, Prozessgestaltung, Prozesssteuerung und Prozessverantwortung. Diese Phasen werden auf die Durchführung von M&A-Projekten projiziert und darauf angewendet. Dies geschieht, indem den Phasen jeweils die relevanten M&A-Prozesse sowie die ermittelten M&A-Erfolgsfaktoren zugeordnet werden. Das wertorientierte M&A-
22
Problemstellung und Gang der Untersuchung
Controlling mutiert somit zu einem wertorientierten, M&A-Erfolgsfaktoren- und prozessorientierten M&A-Controlling-System, das seine Optimierungsansätze aus empirisch belegten Erfolgsfaktoren ableitet und die Pragmatik der Umsetzung durch einen praxisorientierten Prozessmanagement-Ansatz sicherstellt. Zentrale Schritte sind dabei: x
Ex-post-Evaluation und Systematisierung von Erfolgsfaktoren für M&A-Projekte aus Literatur und Praxis einschließlich Identifizierung von Werthebeln in den einzelnen M&AProzess-Schritten sowie Abgleich mit den Wertgeneratoren nach RAPPAPORT für eine durchgängige Konsistenz zu den existierenden Shareholder-Value-Modellen.
x
Diskussion der M&A Prozesslandschaft nach LUCKS/MECKL im Hinblick auf die Zwecke eines prozessbezogenen, wertorientierten M&A-Controlling-Systems.
x
Zuordnung der Erfolgsfaktoren und Wertreiber zu den definierten M&A-Prozessschritten.
x
Entwicklung von Metriken und Kennzahlen zur wertorientierten Koordination der einzelnen M&A-Prozess-Schritte auf Basis der vorab erfassten Erfolgsfaktoren und Werttreiber für die Anwendung in Transaktionsprojekten. Der Grundgedanke besteht dabei darin, die Faktoren, welche in der Vergangenheit zum Erfolg eines M&A-Projektes geführt haben, soweit möglich messbar zu machen, um dann durch die Anwendung der zugrunde liegenden Metriken diesen Erfolg auch auf nachfolgende M&A-Projekte projizieren zu können.
x
Aufbau eines Kennzahlen- und Zielsystems durch integrative Verknüpfung von prozessübergreifenden und prozessspezifischen Werthebeln und klassischen Wertgeneratoren.
x
Anpassung von bestehenden Controlling-Instrumenten sowie Entwicklung von neuen Instrumenten zur zielorientierten, wertorientierten Steuerung von M&A-Transaktionen.
Bei der Diskussion der einzelnen M&A-Erfolgsfaktoren ist es darüber hinaus erforderlich, in den relevanten Fällen auf die spezifischen Besonderheiten von M&A im internationalen Kontext einzugehen. Das wird etwa am Beispiel der Due Diligence deutlich, die dann unter anderem um den Aspekt einer Cultural Due Diligence zu erweitern ist. Aber auch bei der Erarbeitung der strategischen Ausrichtung über die Führungskonzeption bis hin zur Einrichtung von Motivations- und Anreizsystemen können internationale Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Kapitel 4 schließlich fasst die Erkenntnisse zusammen und zeigt den Gesamtzusammenhang zwischen den erarbeiteten Instrumenten und Kennzahlen auf. Dabei wird erneut auf die M&A-Balanced-Scorecard aus Kapitel 3 zurückgegriffen, in welcher die M&AErfolgsfaktoren bereits den verschiedenen Perspektiven zugeordnet wurden. Abbildung 5 fasst den geschilderten Aufbau der Arbeit noch einmal überblicksartig zusammen. Im nächsten Schritt werden nun vorab die theoretischen Grundlagen im Hinblick auf die Themen Mergers & Acquisitions, Wertmanagement und Controlling als Basis für die Integration der drei Gebiete erläutert.
Vorbemerkungen
Abbildung 5: Aufbau der Arbeit
4
Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und
Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und
Prozesstransparenz
• Vorgehen bei der Herstellung von
• Vorgehen bei der prozessorien-
tierten Strategieentwicklung
und sowie des M&A-Bewertungsprozesses
Strategieplanungsprozesses
• Struktur des M&A-Informations-
Prozesstransparenz
• Konstitutive Elemente der M&A-
• Konstitutive Elemente der M&A-
Prozessstrategie
• Das Wesen der Transparenz
• Das Wesen einer Strategie
Einordnung, Ziele und Aufgaben
3.3 Wertorientiertes CO der M&A-Prozesstransparenz
Zusammenf assung und Ausblick
Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und
gestaltung
• Vorgehen bei der Prozess-
wicklungs- und -durchsetzungsprozesses
• Struktur des M&A-Strukturent-
Prozessgestaltung
• Konstitutive Elemente der M&A-
gestaltung
• Das Wesen der Prozess-
der M&A-Prozessgestaltung
Einordnung, Ziele und Aufgaben
3.4 Wertorientiertes CO der M&A-Prozessgestaltung
Erfolgsfaktoren als Stellhebel der Wertsteigerung für M&A-Projekte
Rahmensetzung durch das Prozessmanagement
• Das Wesen der Prozess-
der M&A-Prozesssteuerung
Einordnung, Ziele und Aufgaben
Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und
steuerung
• Vorgehen bei der Prozess-
tions- sowie des M&A-Controllingprozesses
• Struktur des M&A-Kommunika-
Prozesssteuerung
• Konstitutive Elemente der M&A-
steuerung
Forschungsansatz und Auf bau des Forschungsprojektes
Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und
verantwortung
• Vorgehen bei der Prozess-
veränderungsprozesses
• Struktur des M&A-Personal-
Prozessverantwortung
• Konstitutive Elemente der M&A-
verantwortung
• Das Wesen der Prozess-
der M&A-Prozessverantwortung
Einordnung, Ziele und Aufgaben
3.6 Wertorientiertes CO der M&A-Prozessverantwortung
Aufbau der Hauptkapitel und weiteres Vorgehen in der Analyse
Entwicklung und State-of -the-Art des Controlling
1.4
3.5 Wertorientiertes CO der M&A-Prozesssteuerung
Determinanten f ür den Auf bau der Analyse:
der M&A-Prozesstransparenz
• Struktur des M&A-
Entwicklung und State-of -the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
2.3
Zielf ormulierung und Ableitung der Forschungslücke
Jeweils direkte Herstellung des Bezugs zum prozessorientierten Ansatz
2.2
der M&A-Prozessstrategie
Einordnung, Ziele und Aufgaben
1.3
Theoretische Grundlagen und Begrif f sabgrenzungen
Def izite in den bestehenden M&A-Steuerungssystemen
Ziele, Auf gaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
1.2
Problemstellung und Gang der Untersuchung
Kennzeichen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Mergers & Acquisitions
Relevanz der Themenstellung
3.2 Wertorientiertes CO der M&A-Prozessstrategie
3.1
3
2.1
2
1.1
1
Forschungsansatz und Aufbau des Forschungsprojektes 23
24
2
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.1 2.1.1
Mergers & Acquisitions Definition und Klassifizierung von Mergers & Acquisitions
2.1.1.1 Begriffsdefinition „Mergers & Acquisitions“ In Wissenschaft und Praxis existieren eine Vielzahl von Definitionen und Begriffsabgrenzungen zum Thema Mergers & Acquisitions (vgl. Picot 2005b, S. 20f; Wirtz 2003, S. 10 ff.; Jansen 2001, S. 43 ff.). Eine einheitliche Übertragung in den deutschen Sprachwortschatz wurde dabei bisher noch nicht realisiert (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 23; Kerler 1999, S. 11). Vielfach synonym werden in der Literatur in diesem Zusammenhang Begriffe wie „Unternehmenstransaktionen“, „Unternehmenskäufe und -verkäufe“, „Akquisitionen“, „Fusionen“, „Übernahmen“, „Zusammenschlüsse“ bis hin zu „Strategische Allianzen“ oder „Kooperationen“ verwendet, oftmals ohne auf die spezifischen Besonderheiten der einzelnen Vorgänge genauer einzugehen. Um eine klare Abgrenzung des Begriffs „Mergers & Acquisitions“ vornehmen zu können, werden vorab einige der in der aktuellen Literatur diesbezüglich verwendeten Definitionen gegenübergestellt. Tabelle 2 zeigt diese im Überblick. Autor Baetge/Krumbholz (1991)
Bubik (2005)
Gerpott (1993)
Definition Mergers & Acquisitions „Im Anschluss an eine Akquisition wird das Akquisitionsobjekt zumeist umstrukturiert und fortgeführt, wobei das Akquisitionsobjekt in der Regel seine Rechtspersönlichkeit - wenn auch als Tochtergesellschaft des Akquisiteurs - behält. Von der Akquisition ist die Fusion von Unternehmen zu unterscheiden. Bei einer Fusion verliert das Übernahmeobjekt seine Rechtspersönlichkeit, es wird entweder vom Erwerber mit allen Vermögensteilen und allen Schulden absorbiert, oder es wird durch Integration beider Gesellschaften eine neue Obergesellschaft gegründet, wobei sowohl der Erwerber als auch das Übernahmeobjekt ihre Identität verlieren.“ „Die beiden Begriffsbestandteile unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zahlungsweise. Die unbare Begleichung des Kaufpreises stellt auf den Begriff ‚Merger’ ab. Hierbei erfolgt die Bezahlung durch eine Ausgabe von Aktien des Käuferunternehmens. Der Begriffsteil ‚Acquisitions’ zielt auf den Kauf eines Unternehmens durch Barzahlung, im Zuge einer Ausgabe von Schuldentiteln des Erwerbers oder durch Ausgabe von Eigenkapitalanteilen beziehungsweise Schuldtiteln des Kaufobjekts ab.“ „Unter (Unternehmens-)Akquisitionen [wird] verstanden: x der Erwerb von Eigentumsrechten x durch ein Unternehmen (Akquisitionssubjekt, Erwerber) x an einem anderen Unternehmen oder an in sich geschlossenen und abgrenzbaren Teileinheiten i. S. von Betrieben eines anderen Unternehmens (gem. § 613a BGB) (Akquisitionsobjekt, -ziel, Zielunternehmen) x mittels einer mehrheitlichen Übertragung der Gesellschaftskapitalanteile oder des gesamten oder wesentlicher Teile des Vermögens des Akquisitionsobjektes an den Erwerber x mit der Folge, dass der Erwerber die Möglichkeit einer beherrschenden Einflussnahme auf das Akquisitionsziel erhält
Mergers & Acquisitions x
Hunt (2004)
Lucks/Meckl (2002)
Metz (2002)
Schwarz (2004)
25
ohne dass ein vor der Transaktion rechtlich selbständiges Akquisitionsobjekt seine Rechtspersönlichkeit mit dem Erwerb verlieren muss.“ „A merger is the combination of two companies in a stock-for-stock transaction. An acquisition is the purchase of the stocks or assets of a business using the stock of the acquirer, cash or other securities. In many cases, a merger or acquisition are not mutually exclusive, i.e. an acquisition may be structured as a stock-for-stock transaction and hence can be viewed as a merger. Most often however, a merger is thought of in the context of two companies of relatively equal size combining, while an acquisition is thought of in the context of a purchase of a smaller target by a larger acquirer.” „. […] alle Vorgänge […], die mit dem Erwerb oder der Veräußerung von Unternehmen zusammenhängen. […] Konstitutives Merkmal von M&A ist die Änderung der Eigentumsverhältnisse am Eigenkapital von Unternehmen beziehungsweise Unternehmensteilen. […] Aus Managementsicht ist es wichtig festzuhalten, dass es sich sowohl bei der Akquisition als auch bei der Fusion um eine strategische Maßnahme handelt, die einen Einfluss auf die Unternehmenspolitik ermöglicht. M&A [wird] als Oberbegriff für Transaktionen [verwendet], die durch den Übergang von Leitungs- und Kontrollbefugnissen an Unternehmen auf andere Unternehmen gekennzeichnet sind. Die Trennung von Fusion und Akquisition nach der juristischen Begrifflichkeit wird […] nur dann vorgenommen, wenn sich für den M&A-Prozess relevante Unterschiede ergeben. […] M&A-Transaktionen [sind] mit einer Kapitalbeteiligung verbunden […] Finanzinvestitionen, bei denen das Renditemotiv im Vordergrund steht […], werden […] nicht zu M&A-Aktivitäten gezählt, da sie die […] geforderte Bedingung der strategischen Ausrichtung nicht erfüllen.“ Unter Akquisition ist … [zu verstehen]: x Erwerb von Eigentums-, Besitz- und Verfügungsrechten x durch ein erwerbendes Unternehmen (Akquisiteur) x an einem anderen Unternehmen oder geschlossenen Unternehmensteil (Akquisitionsobjekt) x innerhalb derselben Branche (horizontale Akquisition), in einer vor- oder nachgelagerten Leistungsstufe (vertikale Akquisition) oder einem nicht verwandten Markt (konglomerate Akquisition) x mittels der Übertragung der Mehrheit an den Gesellschaftsanteilen („share deal“) oder der wesentlichen Teile der materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände („asset deal“) und den damit verbundenen Transfer von bestehenden Faktorpotenzialen x mit Einverständnis des Managements des Akquisitionsobjektes (freundliche Übernahme) oder auch gegen seinen Willen („hostile takeover“; feindliche Übernahme) x mit der Folge, dass der Akquisiteur einen beherrschenden Einfluss auf das Akquisitionsobjekt ausüben kann und somit die wirtschaftliche Selbständigkeit und Entscheidungsautonomie desselben untergeht x ohne, dass die rechtliche Selbständigkeit des Akquisitionsobjektes – falls zum Zeitpunkt des Erwerbs gegeben – verloren gehen muss.“ „[…] ‚Unternehmenszusammenschluss’ – bezieht sich demnach auf den Erwerb oder die Verschmelzung von Unternehmen oder Teilen davon, und zwar vor dem Hintergrund einer Eingliederung der erworbenen / zu verschmelzenden Objekte in die bestehenden Strukturen des erwerbenden Unternehmens beziehungsweise in neuzugründende Strukturen unter Zugrundelegung einer bestimmten Zielsetzung (‚Akquisitionsziel’).
26
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Vogel (2002)
Wirtz (2003)
Im Detail wird unter Unternehmenszusammenschluss […] verstanden: x Der Erwerb von Eigentumsrechten x durch ein bzw. mehrere Unternehmen (Erwerber beziehungsweise Fusionspartner) x an einem anderen beziehungsweise einem neuzugründenden Unternehmen oder an in sich geschlossenen Teileinheiten, im Sinne von Betrieben eines anderen Unternehmens (Akquisitionsobjekt, Zielunternehmen) x mittels mehrheitlicher Übertragung der Gesellschaftskapitalanteile oder des gesamten (beziehungsweise wesentlicher Teile des) Vermögens an den Erwerber beziehungsweise die Fusionspartner. „Der Begriff Mergers & Acquisitions schließt alle Transaktionen einschließlich der zugehörigen Dienstleistungen ein, welche die Übertragung strategisch induzierter und aktiv wahrzunehmender Kontroll- und Leitungsbefugnisse an Unternehmen beziehungsweise entsprechender Rechte und Pflichten bei vertraglichen Kooperationen zum Inhalt haben.“ „Das M&A-Management umfasst den Prozess und das Ergebnis des strategisch motivierten Kaufs beziehungsweise Zusammenschlusses von Unternehmen oder Unternehmensteilen und deren anschließenden Integration oder Weiterveräußerung. Damit verbunden ist eine Übertragung der Leitungs-, Kontroll und Verfügungsbefugnisse.“ Tabelle 2: Begriffsdefinitionen „Mergers & Acquisitions“
Die einzelnen Definitionen weisen teilweise Unterschiede im Hinblick auf die unter das Begriffspaar „Mergers & Acquisitions“ zu subsumierenden Inhalte auf. Trotzdem lassen sich aus der Zusammenstellung zentrale Gemeinsamkeiten sowie wichtige Systematisierungskriterien ableiten. In Ihrem Kern bezeichnen alle Begriffe die Interaktion von zwei oder mehreren Unternehmen mit dem Ziel einer Bündelung beziehungsweise Separation ihrer (im-)materiellen Ressourcen im Hinblick auf ein klar definiertes strategisches Ziel. Für die Ziele des vorliegenden Forschungsvorhabens lassen sich daraus für Mergers & Acquisitions folgende konstituierende Merkmale festmachen: x
Erwerb, Verschmelzung oder Veräußerung von Unternehmen beziehungsweise Unternehmensteilen,
x
auf Grund einer strategisch induzierten Motivation,
x
mit einer Änderung der Eigentumsverhältnisse an den betroffenen Einheiten sowie
x
einer Übertragung von Leitungs-, Kontroll- und Verfügungsbefugnissen.
Neben diesen übergreifenden Merkmalen lassen sich darüber hinaus Systematisierungskriterien identifizieren, die eine Klassifizierung von Mergers und Acquisitions ermöglichen. Diese soll im nachfolgenden Abschnitt vorgenommen werden.
Mergers & Acquisitions
27
2.1.1.2 Systematisierung von Mergers & Acquisitions Nähert man sich dem Begriff „Mergers & Acquisitions“ im Hinblick auf mögliche Ausprägungsformen, so lässt sich eine Vielzahl möglicher Systematisierungskriterien identifizieren. In Abbildung 6 werden die grundsätzlichen Kriterien mit ihren Ausprägungsformen in der Struktur eines morphologischen Kastens im Überblick dargestellt. Bezug zum Lebenszyklus des Unternehmens
Form der Beteiligung
Neu- und Umgründung
Strategischer Wandel
Kooperation
Eingriff auf die rechtliche / wirtschaftliche Selbständigkeit Art & Umfang der Einbeziehung der Wertschöpfungskette
Keine Beteiligung am Eigentum des Unternehmens
Restrukturierung / Sanierung
Fusion („Merger“)
Minorität
Horizontal
Parität
Verkauf / Demerger
Liquidation
Akquisition („Acquisition“)
Majorität
Vertikal
Vollständiger Erwerb
Konglomerat / Lateral
Art der Bezahlung durch den Akquisiteur
Asset Deal
Share Deal
Form der Finanzierung
Eigenfinanzierung
Fremdfinanzierung
Beurteilung durch das Management des Zielobjektes
Freundliche Übernahme („Friendly Takeover“)
Feindliche Übernahme („Hostile Takeover“)
Abbildung 6: Systematisierung von Mergers & Acquisitions
Auf die einzelnen Systematisierungskriterien sei nachfolgend kurz eingegangen: x
Der Bezug zum Lebenszyklus des Unternehmens spannt den gesamten Bogen von der Gründung bis hin zur Liquidation. Im Zentrum des Interesses liegen in vorliegender Arbeit insbesondere die M&A-Aktivitäten im Rahmen von Strategischem Wandel, also die im Hinblick auf die strategische Stoßrichtung praktizierten Unternehmenstransaktionen, die bei vielen Großunternehmen bereits als laufender Prozess etabliert wurden (vgl. Sellmann/Henkels 2006; Kumpfmüller/Stoer 2006). Gerade in diesen Fällen macht die auch oftmals geforderte Standardisierung von M&A-Prozessen besonderen Sinn (vgl. Gemar 2006, S. c06). Im Gegensatz zu dieser, insbesondere von Cisco zur Perfektion gebrachten Vorgehensweise (vgl. Paulson 2001) der Etablierung von Unternehmenskäufen als wichtigen, regelmäßig wiederkehrenden Bestandteil der Geschäftsstrategie weisen Neu- und Umgründungen, Restrukturierungen/Sanierungen, Verkauf/Demerger und Liquidation in der Regel Einmaligkeitscharakter auf, durchlaufen in ihren Grundzügen allerdings ebenfalls die typischen M&A-Prozessschritte.
28
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
Bei den Formen der Beteiligung unterscheidet man zwischen Kooperationen, Fusionen und Akquisitionen. Obwohl eine direkte Übersetzung des Begriffspaars „Mergers & Acquisitions“ ins Deutsche nicht eins zu eins möglich ist, treffen die Bezeichnungen „Fusionen und Akquisitionen“ den Sinngehalt am ehesten. Während Kooperationen eine freiwillige Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen unter Beibehaltung der rechtlichen und, in den nicht von der Kooperation betroffenen Bereichen auch wirtschaftlichen Selbständigkeit bezeichnen, sind Mergers & Acquisitions dadurch gekennzeichnet, dass die Unternehmen ihre wirtschaftliche und nach eigener Wahl auch ihre rechtliche Selbständigkeit verlieren (vgl. Wirtz 2003, S. 13).
x
Der Umfang der Beteiligung an einem anderen Unternehmen reicht vom vollständigen Erwerb bis hin zur Zusammenarbeit ohne den Erwerb eines Anteils am Eigentum des Partners. Der Grad der Beteiligung bestimmt dabei in der Regel auch die rechtliche beziehungsweise wirtschaftliche Selbständigkeit und ist ein Indikator für die gegenseitige Abhängigkeit.
x
Die strategische Stoßrichtung kommt in Art und Umfang der Einbeziehung der Wertschöpfungskette zum Ausdruck. Horizontale Unternehmenszusammenschlüsse können mit und ohne Produktausweitung erfolgen, vertikale Zusammenschlüsse sind in Form von Vorwärts- und Rückwärtsintegration möglich und konglomerate/laterale M&A zielen im Sinne der Differenzierung auf die Erschließung neuer Geschäftsfelder. Zieht man die Verbindung zu den generischen Strategietypen nach Porter (vgl. Porter 1999, S. 70 f.), so lässt sich bei dem Ziel der Differenzierung ein klarer Bezug zur konglomeraten/lateralen Unternehmenstransaktion aufbauen. Das Ziel der Kostenführerschaft wird hingegen in erster Linie durch die Durchführung von horizontalen Transaktionen forciert. Eine genaue Untersuchung der strategischen Beweggründe für Unternehmenstransaktionen und ihrer Bedeutung für den Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems wird in Abschnitt 3.2 zur M&A-Prozessstrategie vorgenommen.
x
Der Akquisiteur kann das von ihm erworbene Unternehmen in Form eines Share Deal oder eines Asset Deal bezahlen. In ersterem Fall handelt es sich um einen so genannte „Rechtskauf“, bei dem der Unternehmenskauf durch „… die Übertragung des Rechtsträgers im Wege des Anteils- bzw. Beteiligungserwerbs, d.h. durch den Kauf einer Gesellschaft oder Beteiligung einer Gesellschaft …“ (vgl. Picot 2005c, S. 139) erfolgt. Beim Asset Deal hingegen werden einzelne Wirtschaftsgüter übertragen, das Unternehmen wird dabei ohne seinen Rechtsträger erworben (vgl. Heisse 2006, S. 65).
x
Bei der Wahl der Finanzierung der Transaktion kann der Akquisiteur auf die bekannten Instrumente der Eigen- und Fremdfinanzierung zurückgreifen. Die Eigenfinanzierung kann durch die Quellen der Innenfinanzierung durch Reservenbildung, des Going Public oder der klassische Beteiligungsfinanzierung erfolgen, die Fremdfinanzierung beispiels-
Mergers & Acquisitions
29
weise auf Basis von Krediten durch Banken, Kunden, Lieferanten oder Venture Capitalists (vgl. Jansen 2001, S. 46). x
Die Frage, ob eine Unternehmenstransaktion mit oder ohne Einverständnis des Managements des Zielobjektes erfolgt, führt zu der Differenzierung zwischen freundlichen und feindlichen Übernahmen. Die so genannten „Hostile Takeovers“ haben seit den 1980er Jahren in den USA deutlich an Popularität und Akzeptanz gewonnen (vgl. Hunt 2004, S. 584) und sind mit zeitlicher Verzögerung inzwischen auch in den europäischen Ländern vermehrt zu verzeichnen. Nach wie vor werden die Vor- und Nachteile derartiger Ansätze intensiv diskutiert, nicht zuletzt auch wegen des oftmals verpönten, mit dem negativen Begriff der Aggressivität belegten Vorgehens bei feindlichen Übernahmen. Hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass das Attribut „feindlich“ keineswegs eine Unterdrückung der Wünsche und Ziele der Unternehmenseigner impliziert, sondern rein auf die Haltung des von den Eigentümern angestellten Managements abzielt.
Welche M&A-Form im Einzelfall geeignet ist, wird maßgeblich durch die zugrunde liegende Unternehmensstrategie in erster Linie des Akquisiteurs bestimmt. Steht beispielsweise die Erhöhung der Leistungstiefe mit der Möglichkeit zur verstärkten Einflussnahme auf die vorgelagerten Leistungserstellungsprozesse im Zentrum des Interesses, so wird in der Regel eine vertikale Integrationsform mit einem paritätischen oder höherem Beteiligungsgrad angestrebt. Abbildung 7 zeigt die Möglichkeiten von M&A-Formen in Abhängigkeit von Integrationsrichtung und Beteiligungsgrad.
Horizontal
Kooperationen innerhalb einer Branche
Unterstützung strategischer Allianzen mit geringer Kapitalintensität (Bsp.: DaimlerChrysler/ Mitsubishi)
Vertikal
Starke Anbindung eines in der Wertschöpfungskette voroder nachgelagerten Unternehmens durch Verträge, Marktmacht, u.ä.
Einfluss auf interne Vorgänge (z.B. F&E) bei einem in der Wertschöpfungskette vor- oder nachgelagerten Unternehmen
Erhöhung der Fertigungs-/Leistungstiefe Ausdehnung auf andere Teile der Wertschöpfungskette Wissenserwerb zur Herstellung von Produkten, Einfluss auf Absatzkanäle
Konglomerat/ Lateral
Bildung von strategischen Interessenverbänden
Nicht möglich (Minderheitsbeteiligungen bilden kein Konglomerat)
Diversifikation Zugang zu (für das Unternehmen) neuen Märkten und Produkten
Keine Beteiligung am Eigentum des Unternehmens
Minorität
z. B. Joint Ventures, aber auch Fusion unter gleichen
Konsolidierung innerhalb einer Branche
Richtung Parität
Majorität
Beteiligung
Abbildung 7: M&A-Formen und Beteiligungsgrad (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 19)
Vollständiger Erwerb
30
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Die einzelnen Formen von Mergers & Acquisitions wurden bereits an anderer Stelle in der Literatur umfangreich beschrieben (vgl. Gerpott 1993, S. 22 ff.; Lucks/Meckl 2002, S. 25 ff.; Vogel 2002, S. 3 ff.; Wirtz 2003, S. 13 ff.), weshalb hier auf detaillierte Ausführungen diesbezüglich verzichtet werden soll.
2.1.2
Rolle und Bedeutung von Mergers & Acquisitions
2.1.2.1 Aktuelle Situation am Markt für Unternehmenstransaktionen Die Durchführung von Unternehmenstransaktionen kann bereits bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt werden. Seit 1897 können fünf abgeschlossene M&A-Wellen identifiziert werden, deren strategische Stoßrichtungen von den jeweils herrschenden wirtschaftlichen Umfeldfaktoren geprägt waren. Abbildung 8 gibt einen Überblick zu den einzelnen Zyklen mit einer kurzen Beschreibung ihrer inhaltlichen Ausrichtung und Zielformulierung (vgl. Lucks/Meckl 2001, S. 6; Achleitner 2001, S. 146 ff.; Picot 2005b, S. 6 ff; Wirtz 2003, S. 88 ff.). „M&A-Welle“
1995 – 2000: Cross-Border-Aktivitäten Globalisierung Shareholder Value 1984 – 1990: Entflechtung Liberalisierung / Deregulierung der Monopol- & Steuergesetzgebung
1897 – 1904: Industrielle Revolution Monopolisierung / Horizontale Integration
1965 – 1969: Diversifikation Konglomeratsbildung
1916 – 1929: Vertikale Integration
5 4
3 2 1 1900
1910
1920
1930
1940
1950
1960
1970
1980
1990
2000
Abbildung 8: Die fünf M&A-Wellen
Im Rekordjahr 2000, dem Höhepunkt der fünften Merger-Welle (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 6; Wirtz 2003, S. 88 ff.), wurden weltweit fast 37.000 Unternehmenstransaktionen mit einem Gesamtwert von etwa 3,5 Billionen USD abgewickelt (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 1 f.). JANSEN/PETERSEN fragen zu diesem Zeitpunkt bereits kritisch „… warum die Fusionswelle keinen Abbruch erfährt“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.) und induzieren „… eine erhebliche
Mergers & Acquisitions
31
Diskrepanz zwischen empirisch festgestellten Misserfolgen auf der einen Seite und einer gesteigerten Transaktionshäufigkeit auf der anderen Seite …“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.). Nach einem signifikanten Rückgang des Transaktionsvolumens von 50% im Jahr 2001 im Vergleich zum Vorjahr, der sich auch in den Folgejahren abgeschwächt fortsetzte (vgl. Wirtz 2003, S. 6 f.), war von 2004 bis zum ersten Halbjahr 2007 eine starke Erholungstendenz zu verzeichnen. Allein in den ersten elf Monaten 2005 lag das weltweite Transaktionsvolumen mit 2.059 Mrd. USD wieder 19% über dem Volumen des vergleichbaren Vorjahreszeitraums. In diesem Zusammenhang wurde bereits von einer sechsten Merger-Welle gesprochen, die insbesondere die Strukturen in Branchen wie beispielsweise Automobilindustrie, Chemie und Pharma oder Banken und Versicherungen nachhaltig verändern sollte (vgl. Picot 2005b, S. 10). Das hohe Volumen und die zunehmende Komplexität führt gleichzeitig dazu, dass Unternehmen für die Durchführung solcher Transaktionen vermehrt auch externe Spezialisten einschalten: „Schätzungen gehen davon aus, dass zur Zeit rund 300 Unternehmen M&ADienstleistungen im deutschsprachigen Raum anbieten.“ (Müller-Stewens/Spickers/Deiss 1999, S. 27). Indes, im Jahr 2008 kam es zu einem erneuten Einbruch des Transaktionsvolumens, der sich in das erste Halbjahr 2009 fortsetzte, und zu teilweise düsteren Prognosen führte: „Alle Indikatoren sprechen dafür, dass sich sowohl auf globaler als auch auf nationaler Ebene das Transaktionsvolumen und die Anzahl der Transaktionen in den nächsten zwölf Monaten noch einmal deutlich reduzieren wird. Auch der noch zuletzt wachsende asiatische Markt wird sich dem Rückgang der M&A-Aktivitäten nicht entziehen können. Zu den wesentlichen Einflussfaktoren für die zukünftige Entwicklung zählen die Entwicklung des Ölpreises, die Entwicklung der internationalen Volkswirtschaften sowie die Verfügbarkeit von Fremdkapital in naher Zukunft. In diesem Zusammenhang ist auch zu befürchten, dass sich die bilanzielle Konstitution der Unternehmen weiter verschlechtern wird und somit zum einen Unternehmenstransaktionen an Attraktivität verlieren und zum anderen sich der finanzielle Spielraum der Unternehmen verringert.“ (KPMG 2008). Die Ursachen des Rückgangs dürften zum einen darin liegen, dass die Unternehmen die Vielzahl der getätigten Transaktionen zuerst einmal „verdauen“ mussten. Zum anderen hat die derzeit herrschende Wirtschafts- und Kreditkrise nachhaltig einschränkenden Einfluss auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen (vgl. KPMG 2008). Beispielsweise „… seien Private Equity-Gesellschaften nach wie vor angehalten, auf diese Entwicklung u.a. mit einer deutlich erhöhten Eigenkapitalquote zu reagieren.“ (KPMG 2008). Bezogen auf die Unternehmenstransaktionen am deutschen Markt lässt sich Ende 2007 bei der Anzahl der durchgeführten Transaktionen ein Verhalten entgegen dem weltweiten Trend erkennen: hierzulande stieg die Transaktionszahl um 17% im zweiten Halbjahr 2007 im Vergleich zum ersten Halbjahr. Insbesondere die Immobilien- sowie die Automobilindustrie stehen im Zentrum der M&A-Aktivitäten, so dass Deutschland hinter Großbritannien auf Platz 2
32
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
der Zielländer in Europa rangierte (vgl. KPMG 2007b). Allerdings war auch hier im ersten Halbjahr 2008 ein Rückgang zu verzeichnen, der mit annähernd 45% in Bezug auf das Transaktionsvolumen extrem ausfiel. Im zweiten Halbjahr 2008 zählte Deutschland zu den „aktivsten M&A-Märkten“ (KPMG 2009) und verdreifachte das Transaktionsvolumen auf 130 Mrd. USD im Vergleich zum Vorhalbjahr. Für die weitere Entwicklung des M&A-Marktes sind inzwischen vereinzelt zuversichtlichere Äußerungen zu verzeichnen: „Auch wenn die Zahl der Fusionen und Übernahmen in diesem Jahr zunächst weiter sinken dürfte, ist es durchaus möglich, dass ich der Markt gegen Ende des Jahres wieder etwas erholt. Vor allem die Marktteilnehmer, die über hohe Barmittel verfügen, wie etwa Staatsfonds, dürften die günstigeren Bewertungen zum Kauf nutzen“ (KPMG 2009).
2.1.2.2 Theoretische Erklärungsansätze für Mergers & Acquisitions 2.1.2.2.1 Grundlagen zu den Erklärungsmodellen Versucht man, einen theoretisch fundierten Erklärungsansatz für die Durchführung von Mergers & Acquisitions zu finden, so bieten sich dafür unterschiedliche wissenschaftliche Modelle an. BAUSCH nennt hierfür beispielsweise die Industrieökonomik, die Ressourcentheorie, die Transaktionskostentheorie, die Principal-Agent-Theorie, den mikropolitischen und machttheoretischen Ansatz sowie die Theorie der Realoptionen (vgl. Bausch 2003, S. 103 ff.; Günther/Nicolai 2003) und definiert drei Anforderungen an Theorien, die einen Beitrag zur Erklärung des „Phänomens Unternehmungszusammenschlüsse“ leisten sollen (vgl. Bausch 2003, S. 104): x
Kontingenz- und Handlungsbezug: die Theorie muss eine inhaltliche Affinität zu Unternehmungszusammenschlüssen aufweisen.
x
Normative Verankerung der Aussagen: die Theorie muss eine Verknüpfung zu den Gestaltungszielen von Unternehmungstransaktionen herstellen.
x
Explikatives Reifestadium: die Theorie muss im Hinblick auf Unternehmungszusammenschlüsse einen Erklärungsgehalt aufweisen, indem sie Wirkungszusammenhänge zwischen den auftretenden Variablen aufzeigt. Sie kann dann in folgende Transaktionsprojekte einfließen.
Wie noch zu zeigen sein wird, ist die Durchführung einer Fusion oder einer Akquisition nur dann sinnvoll, wenn dadurch der Unternehmenswert im Vergleich zur Nicht-Durchführung (vgl. Bausch 2003, S. 88), also das Nutzenniveau der Teilhaber dieser Wertsteigerung erhöht wird. Mit dieser Forderung im Hintergrund sollen Erklärungstheorien für Mergers & Acquisi-
Mergers & Acquisitions
33
tions im Hinblick auf den Aufbau eines entsprechenden Controlling-Systems insbesondere folgende Fragen beantworten: x
Warum werden M&A überhaupt durchgeführt (Motiv)?
x
Welche Rahmenfaktoren und situative Kontextvariablen determinieren welche Art von Unternehmenstransaktionen (Kontextdependenz)?
x
Welche Ursache-Wirkungs-Beziehungen lassen sich extrahieren und in einen normativen Gesamtzusammenhang überführen (Explikationsgehalt)?
Nachfolgend sollen nun fünf Erklärungsansätze aufgegriffen und im Hinblick auf die zugrunde liegende Themenstellung und die Beantwortung der soeben als grundlegend erachteten Fragestellungen erläutert werden.
2.1.2.2.2 Erklärungsansätze der Markttheorie Die Markttheorie beleuchtet Zielsetzungen und Motive von M&A-Transaktionen aus der unternehmensexternen Perspektive. Ausgehend von der Markt- und Branchenstruktur („Structure“) wird das Marktverhalten („Conduct“) definiert, das dazu geeignet ist, um den angestrebten Erfolg („Performance“) zu erzielen (vgl. Wirtz 2003, S. 38). Das Vorgehen gemäß der „Outside-In“-Perspektive wird als Structure-Conduct-Performance-Paradigma bezeichnet und entstammt dem Gedankengut der Industrieökonomik. Die Realisierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen nimmt hierbei ihren Ausgangspunkt in den von Marktseite vorgegebenen Rahmenbedingungen beispielsweise in Form von Kunden-/ Lieferantenstrukturen, Wettbewerbern sowie deren angebotenen Leistungsspektren und ist maßgeblich auf die Arbeiten von PORTER zurückzuführen (vgl. Porter 1999, Porter 2000). Seinen Ausführungen zur Folge hat die Unternehmensleitung zwei generische Grundstrategien zur Auswahl, um das Unternehmen im Markt zu positionieren: x
Folgt man der Strategie der Kostenführerschaft, so versucht man, die Leistungserstellung im Vergleich zum Wettbewerb kostengünstiger zu bewerkstelligen. Mergers & Acquisitions stellen dabei einen wichtigen Hebel zur Erreichung der notwendigen Economies of Scale sowie der Economies of Scope dar, die dadurch deutlich schneller als bei unternehmensinternem Wachstum realisiert werden können.
x
Demgegenüber legt die Strategie der Differenzierung einen deutlichen Fokus auf eine von der Konkurrenz abweichende Produkt- oder Dienstleistungsgestaltung. Mit Hilfe von spezifischen Produktfeatures wird versucht, das Produkt einzigartig zu gestalten und gleichzeitig diesbezügliche Kundenbegeisterung zu erzeugen. Zwingende Voraussetzung für den Erfolg dieses Strategietyps ist, dass der Kunde auch bereit ist, diese Einzigartigkeit in Form der implementierten Features zu bezahlen und dadurch Umsatz für das Unterneh-
34
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung men zu erzeugen. Dies wird in der Praxis mit umfangreichen vorgelagerten Marktstudien im Rahmen des so genannten Marktvorbaus sichergestellt. Durch Unternehmenstransaktionen können bei Auswahl eines geeigneten Zielobjektes unter Umständen sehr schnell strategisch bedeutende Produktinnovationen oder Know-how-Bausteine erworben werden, die für die eigenen Produkte eingesetzt werden können.
In Abbildung 9 werden die beiden generischen Strategietypen in Zusammenhang mit dem relativen Marktanteil des Unternehmens sowie dem erzielten Return on Investment dargestellt. Es wird deutlich, dass Unternehmen mit einem relativ geringen Marktanteil tendenziell eine Differenzierungsstrategie verfolgen werden und dementsprechend Partner für eine M&ATransaktion wählen, die auf Grund ihres Leistungsangebots das Streben nach Einmaligkeit forcieren. Erst mit einem zunehmenden relativen Marktanteil sind Unternehmen in der Lage, auf Grund ihrer zunehmenden Größe eine Preis-Mengen-Strategie zu fahren und M&ATransaktionen mit dem Ziel einer Intensivierung der Economies of Scale zu verwirklichen. Für das wertorientierte M&A-Controlling ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Fokussierung auf Markt und Kunden, also beispielsweise auf die noch zu erläuternden Erfolgsfaktoren aus dem Bereich Vertrieb/Marketing.
Return on Investemt
Leistungsführerschaft
Kostenführerschaft
Kritischer Bereich
Strategien der Differenzierung
Strategien der Kostenführerschaft
“Präferenzstrategie“
“Preis-MengenStrategie”
relativer Marktanteil Abbildung 9: Generische Strategietypen nach PORTER (in Anlehnung an Porter 1999 und Porter 2000)
Mergers & Acquisitions
35
2.1.2.2.3 Erklärungsansätze der Ressourcentheorie Den Ausgangspunkt für den Erklärungsansatz der Ressourcentheorie bildet die interne Ressourcenausstattung von Unternehmen. Im Gegensatz zu den Ansätzen der Markttheorie werden hier also im Sinne des „Inside-Out“-Gedankens die im Unternehmen verfügbaren Vermögenspositionen, Mitarbeiter, Fähigkeiten, Wissen, Strukturen und Prozesse einschließlich deren Koordination sowie ihre Bedeutung für die Umsetzung der Unternehmensstrategie untersucht. Der Kerngedanke besteht darin, dass die spezifische Ressourcen- und Kompetenzausstattung von Unternehmen den entscheidenden Faktor für die Erreichung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen bildet (vgl. Schumann 2005, S. 21 f.). Damit bestimmte Ressourcen einen Wert für das jeweilige Unternehmen darstellen, müssen sie drei Bedingungen erfüllen (vgl. Bausch 2003, S. 118 ff.): x
Aneignungs- und Bindungsfähigkeit: die Ressourcen müssen sich im möglichst uneingeschränkten Verfügungsbereich des Unternehmens befinden und dort auch über einen längeren Zeitraum verbleiben. Nur so kann der aus dem Einsatz der Ressourcen generierte Nutzen auch dem Unternehmen selbst zufließen. Die Bindungsfähigkeit einer Ressource ist dabei umso höher, je weniger mobil sie ist, je weniger sie handelbar ist und je spezifischer sie in den eigenen Unternehmenskontext eingebunden ist.
x
Werthaltigkeit und Seltenheit: eine Differenzierung zum Wettbewerb auf Basis der Ressourcenausstattung ist umso eher erreichbar, je werthaltiger und seltener die jeweiligen Ressourcen sind. Werthaltigkeit erfordert dabei die Umsetzbarkeit des Wertes über den Markt, also die Möglichkeit, sich diesen Wert von den Kunden in letzter Konsequenz auch bezahlen zu lassen. Die Seltenheit stellt gleichzeitig sicher, dass dieser Wertvorsprung durch den Wettbewerb nicht beliebig repliziert werden kann und somit der Wettbewerbsvorteil konterkariert wird.
x
Verteidigungsfähigkeit: neben dem aktuellen Besitz der einzelnen Ressourcen muss auch deren Verteidigung gegen Wettbewerber möglich sein. Neben der geforderten Bindungsfähigkeit müssen die Ressourcen schwer imitierbar und schwer substituierbar sein.
Sind alle drei Bedingungen erfüllt, so ist eine grundsätzliche Eignung der betroffenen Ressourcen zum Aufbau beziehungsweise Erhalt eines darauf basierenden nachhaltigen Wettbewerbsvorteils gegeben. Im Umkehrschluss bedeutet das vor dem Hintergrund einer Analyse von Mergers & Acquisitions, dass Unternehmenstransaktionen eine besondere „Waffe“ zur Aneignung derartiger Ressourcen bieten, die im Rahmen des normalen operativen Tagesgeschäftes nicht möglich ist. Durch den Erwerb eines anderen Unternehmens können die darin gebundenen, werthaltigen und seltenen Ressourcen einschließlich des situationsspezifischen Kontextes angeeignet und in eine eigene Bindung überführt werden. Der Mechanismus der Verteidigungsfähigkeit, der die Ressource schützen soll, greift in diesem Fall zu kurz, da diese prinzipiell mitsamt des sie schützenden Mechanismus erworben wird. Die Frage, welche Ziel-
36
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
setzung hinter der Aneignung von Ressourcen über Unternehmenstransaktionen steht, beantwortet BAUSCH über folgende vier mögliche Alternativen (vgl. Bausch 2003, S. 121 f.): x
Ressourcen-Amortisation: die Ressourcenkombination bei M&A eröffnet die Möglichkeit, den Ressourceneinsatz im Sinne von „Economies of Scale“ und „Economies of Scope“ deutlich zu reduzieren. Im Ergebnis lässt sich dadurch beispielsweise die Kapitalbindung reduzieren und die Effizienz im operativen Tagesgeschäft erhöhen.
x
Ressourcen-Kopplung: durch die Verbindung der Ressourcen aus zwei oder mehreren Unternehmen können gemeinsame Wertsteigerungen realisiert werden, die über die isolierte Nutzung deutlich hinausgehen.
x
Ressourcen-Genese: eine Verbindung der Ressourcen und Kompetenzen verschiedener Unternehmen wirkt als Katalysator für die Entwicklung von neuem Know-how und weiterer, innovativer Ressourcen.
x
Ressourcen-Internalisierung: der Käufer eines anderen Unternehmens erhält insbesondere bei Akquisitionen die Möglichkeit, die Ressourcen und das Wissen des Zielunternehmens bei sich zu integrieren und in einen eigenen, unangreifbaren Wettbewerbsvorteil zu transferieren.
Die Ressourcentheorie fußt somit auf der in einem Unternehmen existierenden, nach Möglichkeit einzigartigen Ausstattung als Grundlage für die Realisierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen. Mergers & Acquisitions stellen in diesem Zusammenhang ein Instrument dar, „… über externe Erwerbsprozesse und kooperative Geschäftsprozesse ansonsten nichtmarktfähige Ressourcen(-bündel) handeln, transferieren und gemeinsam entwickeln zu können.“ (Bausch 2003, S. 121). Dem wertorientierte M&A-Controlling kommt unter diesem Blickwinkel eine Art „Ressourcencontrolling“ als Aufgabe zu, in dem beispielsweise auch Synergien eine wichtige Rolle spielen.
2.1.2.2.4 Erklärungsansätze der Neuen Institutionenökonomik Die Durchführung arbeitsteiliger Aufgabenstellungen in Organisationen erfordert Mechanismen zur Sicherstellung einer zielkonformen und wirtschaftlichen Verhaltensweise aller Beteiligten. Die neue Institutionenökonomik hat in diesem Zusammenhang drei Erklärungs- und Gestaltungsbeiträge entwickelt, die das Zusammenspiel unter den Annahmen einer begrenzten Rationalität und opportunistischer Verhaltensweisen beschreiben und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen ableiten. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Property-RightsTheorie, die Transaktionskostentheorie sowie die Principal-Agent-Theorie. Die Property-Rights-Theorie führt das Handeln von Individuen auf die Existenz von Gütern und die damit verbundenen Handlungs- und Verfügungsrechte zurück (vgl. hierzu und zum
Mergers & Acquisitions
37
folgenden Picot/Dietl/Franck 1997, S. 54). Diese bestimmen neben den physikalischen Eigenschaften entscheidend den Wert eines Wirtschaftsgutes. Es wird deutlich, dass ökonomische Tatbestände und rechtliche Rahmenbedingungen synchron bei Entscheidungen berücksichtigt werden müssen. Eine bedeutende Rolle spielen die Gestaltungsempfehlungen der PropertyRights-Theorie bei Mergers & Acquisitions insbesondere in der Transaktionsphase, in der beispielsweise die Ausgestaltung alternativer Rechtsverteilungen determiniert und die Rahmenbedingungen für die Integration fixiert werden. Darüber hinaus kann sie auch grundlegend für die Analyse der Allokationseffizienz auf dem Markt für Unternehmenskontrolle eingesetzt werden (vgl. Meckl/Hoffmann 2006, S. 521). GLAUM/HOMMEL/THOMASCHEWSKI gehen einen Schritt weiter und resümieren provozierend, dass im Rahmen von externem Wachstum wie beispielsweise durch M&A-Transaktionen „ … keine neuen Produktionspotenziale geschaffen, sondern lediglich Verfügungsrechte über bereits vorhandene Potenziale neu verteilt“ (Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003, S. 833) werden. Im Mittelpunkt der Transaktionskostentheorie stehen die Übertragung von Verfügungsrechten an Wirtschaftsgütern sowie die dadurch verursachten Kosten (vgl. hierzu und zum folgenden Picot/Dietl/Franck 1997, S. 66 ff.). Grundsätzlich unterscheidet die Transaktionskostentheorie zwischen den Kosten für Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung von Austauschbeziehungen. Als kostenbeeinflussende Größen werden dabei vier Faktoren hervorgehoben, die durch die Verhaltensannahmen über die beteiligten Akteure und die bestehenden Umweltfaktoren bestimmt werden. Diese spielen auch in Zusammenhang mit der Durchführung von M&A-Projekten eine zentrale Rolle: x
Unsicherheit/Komplexität: bei M&A-Projekten müssen komplexe Sachverhalte durch eine Vielzahl von Beteiligten analysiert und als Grundlage für die Entscheidung aufbereitet werden. Die Unsicherheit beispielsweise über die allgemeine Konjunkturentwicklung, die zukünftige Marktsituation oder das tatsächliche Zusammenwirken der Transaktionspartner müssen dabei in Betracht gezogen und im Rahmen einer Risikoanalyse durch verschiedene Szenarien abgebildet werden.
x
Spezifität/strategische Bedeutung: die Spezifität der zu übertragenden Ressourcen kennzeichnet ihre alternative Verwendbarkeit und beeinflusst damit ihren durch den Verkauf erzielbaren Erlös. Die strategische Bedeutung ist über den gesamten Prozess ein zentrales Beurteilungskriterium im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit der Transaktion.
x
Opportunismus: die beteiligten Parteien eines M&A-Vorhabens werden sich gemäß der individuellen Nutzenmaximierung verhalten und dabei ihre Interessen notfalls auch zu Lasten der jeweils anderen Partei durchzusetzen versuchen. Beispielsweise stehen sich gerade bei der Preisfindung unterschiedliche Vorstellungen gegenüber, die mit Hilfe objektiver Bewertungsansätze in Einklang gebracht werden können.
38 x
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung Begrenzte Rationalität: in der Regel ist der Informationsstand, den man als Grundlage für eine Entscheidung hat, nicht ausreichend, um alle Tatbestände und Eventualitäten berücksichtigen zu können. Hoher Zeitdruck und Vielschichtigkeit der zu beurteilenden Sachverhalte führen dazu, dass nicht alle relevanten Informationen berücksichtigt werden. Eine umfassende Due Diligence mit ihren unterschiedlichen Dimensionen versucht, so viele relevante Informationen wie möglich in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen und das Problem der begrenzten Rationalität zu minimieren. Institutionen wie die Due Diligence werden somit als Rationalitätssurrogate implementiert (vgl. Möller 2002, S. 106).
Insbesondere die beiden letzten Merkmale, Opportunismus und begrenzte Rationalität, bilden auch einen zentralen Aspekt der Principal-Agent-Theorie (vgl. Küpper 2005, S. 66 ff.). Sie beschreibt die Beziehung zwischen einem Auftraggeber, dem Principal, sowie einem Auftragnehmer, dem Agent, und deren Zusammenwirken im Zuge der Durchführung einer Transaktionsbeziehung. Im Zentrum der Betrachtung steht das Verhalten des Agent und Möglichkeiten des Principals, darauf steuernden Einfluss zu nehmen. Relevanz erhält diese Thematik bei Mergers & Acquisitions durch das hierbei vorliegende Zusammenwirken einer Vielzahl von Beteiligten, angefangen bei den Mitarbeitern der beteiligten Unternehmen selbst über die Eigentümer beziehungsweise Anteilseigner bis hin zu den beauftragten Beratungsunternehmen: „Gerade bei Akquisitionen wurde von der Principal-Agent-Theory eindrucksvoll belegt, dass es zahlreiche andere Motive für Unternehmenszusammenschlüsse gibt, deren strategisches Rational keinen direkten Bezug zum Shareholder Value hat. Hier liegt ein Auseinanderfallen der Eigentümer- und Managementinteressen vor …“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.). Alle Parteien agieren dabei im Rahmen von Principal-Agent-Beziehungen, die es im Hinblick auf die optimale Erreichung des Gesamtzieles zu koordinieren gilt. KÜPPER fasst die dabei auftretenden Informationsasymmetrien wie in Abbildung 10 dargestellt zusammen. Vergleichskriterium
Typ
hidden characteristics
hidden information
hidden action
Entstehungszeitpunkt
vor Vertragsabschluss
nach Vertragsabschluss vor Entscheidung
nach Vertragsabschluss nach Entscheidung
Entstehungsursache
ex-ante verborgene Eigenschaften des Agents
nicht beobachtbarer Informationsstand des Agents
nicht beobachtbare Aktivitäten des Agents
Problem
Eingehen der Vertragsbeziehung
Ergebnisbeurteilung
Verhaltens(Leistungs-)Beurteilung
Resultierende Gefahr
adverse selection
moral hazard
moral hazard shirking
Lösungsansätze
signalling screening self selection
Anreizsysteme Kontrollsysteme self selection
Anreizsysteme Kontrollsysteme
Abbildung 10: Formen der Informationsasymmetrie (Quelle: Küpper 2005, S. 68)
Mergers & Acquisitions
39
Das Gedankengut der Neuen Institutionenökonomik stellt im Hinblick auf die Durchführung von Mergers & Acquisitions wesentliche Erklärungs- und Gestaltungsansätze bereit (vgl. Möller 2002, S. 105): x
Im Rahmen der Organisationslehre ermöglicht sie die Bewertung von unterschiedlichen Konstellationen der betrieblichen Wertschöpfung sowie deren Einflüsse auf die Kostensituation.
x
Die Auswahl geeigneter Finanzierungsinstrumente für die Transaktion wird im Thema Finanzwirtschaft beleuchtet.
x
Die Ausgestaltung von Distributionskanälen im Rahmen von Mergers & Acquisitions sowie die dahinter liegende Kontraktgestaltung eröffnet sich aus der Perspektive des Marketings.
x
Analysen im Bereich Personalwirtschaft liefern Erkenntnisse für die optimale Gestaltung der Arbeitsverhältnisse im Zuge der Integration.
x
Das Controlling erhält Impulse im Hinblick auf alle Facetten der Koordinationsgestaltung einschließlich deren transaktionskostenmäßigen Bewertung. Wichtige Ansatzpunkte liegen hierbei beispielsweise im M&A-spezifischen Personalveränderungsprozess.
Ziel ist die Beantwortung der Frage, welche Konstellation von Institutionen für die Abwicklung von M&A-Projekten durch optimale Gestaltung der Austauschbeziehungen und unter Berücksichtigung der individuellen Nutzenmaximierung der beteiligten Parteien und Einzelpersonen zu wählen ist, um die Transaktionskosten zu minimieren und die Effizienz der Durchführung zu maximieren (vgl. Möller 2002, S. 105). Sie stellt ein Instrumentarium für die Bewertung des M&A-Prozesses im Hinblick auf die wertsteigernde Gestaltung dar.
2.1.2.2.5 Erklärungsansätze der Mikropolitik und Machttheorie Die an einer M&A-Transaktion beteiligten Akteure versuchen in der Regel, ihre individuellsubjektiven Interessen im Zuge des Projektes zu forcieren und umzusetzen. Ihnen kann mit BECKER eine individuelle Nutzenmaximierung unterstellt werden (vgl. Becker 1993). Die hohe Komplexität und Vielschichtigkeit von Transaktionsprojekten induziert dabei eine ebenso komplexe und vielschichtige Entscheidungssituation auf Grund einer Vielzahl von involvierten Entscheidungsträgern, wobei die Tragweite einer Realisierung von so genannter Mikropolitik mit höheren Hierarchiestufen auf Grund der diesen innewohnenden höheren Machtklasse zunimmt. VOGEL strukturiert die möglichen, von ihm als emotionale und persönliche Motive bezeichneten Determinanten folgendermaßen (vgl. Vogel 2002, S. 41 ff.): x
Faszination der Größe: mit zunehmender Unternehmensgröße erhöhen sich auch der Einflussbereich und das Ansehen der verantwortlichen Schlüsselspieler.
40
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
Phänomen der Selbstüberschätzung: das unter dem Begriff „Hybris“ bekannt gewordene Phänomen beschreibt die Tendenz des Managements, Rahmenfaktoren zu positiv zu beurteilen und darauf basierend falsche Einschätzungen abzuleiten.
x
Fehlallokation von Kapital: hohe Netto-Cash-Flows werden vielfach nicht an die Aktionäre ausgeschüttet, sondern stattdessen reinvestiert, teilweise in falsche und wertmindernde Transaktionen.
x
M&A-Transaktionen als Überlebensmaßnahme: eine Transaktion wird in diesem Fall durchgeführt, um den Bestand des eigenen Unternehmens sicherzustellen, der aus eigener Kraft nicht mehr möglich wäre.
x
M&A-Transaktionen als Mittel zur Ergebnisgestaltung: ebenso wie bereits der Einzeljahresabschluss Möglichkeiten für die Bilanzpolitik offeriert, kann durch das Zusammengehen von zwei Unternehmen teilweise erheblicher Einfluss auf die Darstellung der Ergebnissituation genommen werden, nicht zuletzt auch durch die in Zusammenhang mit M&A auftretenden Sondereffekte und deren Handhabungsmöglichkeiten im Rahmen der Bilanzierung.
x
„Point-of-no-return“-Effekt: bereits in der Vorfeldphase einer Unternehmenstransaktion werden vielfach vertrauliche Daten ausgetauscht, die einen Einblick in das strategische Verhalten und Interna des jeweils anderen Unternehmens ermöglichen. Der Schaden eines Abbruchs der Transaktion wäre dann unter Umständen für beide Partner durchaus schädlich, ebenso der Gesichtsverlust bei Nichtdurchführung.
Die genannten Motive treten dabei nicht isoliert auf, sondern in Kombination mit den anderen Motiven. Die Vermischung von objektiven und subjektiven Zielsetzungen stellen dabei eine besondere Herausforderung an ein wertorientiertes M&A-Controlling-System dar, das ungeachtet der genannten kontraproduktiven Teilziele die Erreichung des übergeordneten Ziels der Wertsteigerung unterstützen muss.
2.1.2.2.6 Erklärungsansätze der Portfoliotheorie Die Ansätze der Portfoliotheorie (vgl. Franke/Hax 2004, S. 315 ff., Steiner/Bruns 1996, S. 6 ff.) setzen an dem 1952 von MARKOWITZ für die Gestaltung eines Wertpapierportefeuilles entwickelten Entscheidungsmodell auf und transferieren die finanzwirtschaftlich ausgerichtete Logik auf die Produkt-Portfolio-Entscheidungen von Unternehmen. Die Gedanken der Portfolio Selection gehören dabei „… zu den grundlegenden Konzepten der Investitionsplanung bei Risiko …“ (Kruschwitz 1995, S. 297) und zielen darauf ab, „… unter bestimmten Annahmen über die Investoren, die Kapitalanlagen und die verfügbaren Informationen Aussagen über optimale Anlagekombinationen“ (Kappler/Rehkugler 1991, S. 955) zu finden. Im Kern der Konzeption geht es dabei um den Diversifikationsgedanken in Zusammenhang mit Investiti-
Mergers & Acquisitions
41
onsentscheidungen in Wertpapiere, das heißt um die Fragestellung, wie das Risiko eines Wertpapierportfolios anhand von An- beziehungsweise Verkauf von Anlagepositionen individuell gesteuert und gleichzeitig der Erwartungswert des Ertrags maximiert werden kann. Die Portfoliotheorie geht dabei von folgenden Annahmen bei der Portfeuille-Bildung aus (vgl. Drukarczyk 1993, S. 226): x
Investoren beschränken sich bei der Bewertung auf Erwartungswert und Standardabweichung der Renditen.
x
Investoren sind risikoscheu, ihre Präferenzen werden durch strikt konkave Risikonutzenfunktionen dargestellt.
x
Die Entscheidung des Investors bezieht sich auf eine Periode.
x
Es existieren keine Steuern und Transaktionskosten.
x
Bei gleichem Risiko wird eine Position mit höherem Erwartungswert, bei gleichem Erwartungswert eine Position mit geringerem Risiko vorgezogen.
x
Das Risiko eines Wertpapiers wird definiert als Streuung der möglichen Renditen um den Erwartungswert der Renditen.
Anlagepositionen stellen dabei im ursprünglichen Sinne Wertpapiere aller Art dar, im übertragenen Sinne bezogen auf Unternehmenstransaktionen können darunter verschiedene Unternehmen mit ihren Einzelelementen wie beispielsweise Anlagen, Produkte, Kunden oder Lieferanten subsumiert werden. Der Kauf beziehungsweise Verkauf von Vermögenspositionen wird dabei immer unter dem Blickwinkel der Veränderung des Portfoliorisikos bewertet, d.h. die individuelle Risikopräferenz eines Käufers ist entscheidend für die Zusammensetzung seines spezifischen Gesamtportfolios. In Bezug auf das zugrunde liegende Risiko kann grundsätzlich zwischen zwei Risikoarten unterschieden werden. Zum einen existiert das mit einer bestimmten Vermögensposition ursächlich auf Grund ihrer Zusammensetzung verbundene Risiko, das gezielt durch Hinzunahme oder Veräußerung anderer Anlagen oder Unternehmen diversifiziert und somit das Risiko des Gesamtportfolios erhöht oder gesenkt werden kann. Dieses Risiko wird auch als unsystematisches Risiko bezeichnet. Auf der anderen Seite existiert das Risiko, welches nicht nur eine einzelne Vermögensposition, sondern den Gesamtmarkt betrifft. Von diesem so genannten systematischen Risiko sind alle gehandelten Vermögenspositionen gleichermaßen tangiert, weshalb dieses Risiko nicht wegdiversifiziert werden kann und deshalb über eine Risikoprämie vergütet werden muss. Für die Durchführung von M&A stellt die Portfoliotheorie ein Instrument dar, das die Bewertung der Transaktion unter Risikogesichtspunkten ermöglicht und es insbesondere „risikoaversen Unternehmen“ ermöglicht, durch eine Fusion mit oder eine Akquisition von einem entsprechenden Partner das unsystematische Risiko zu diversifizieren, also zu verringern, und sich im Ergebnis zu einem weniger risikobehafteten Unternehmen zu entwickeln. Besondere Bedeutung hatte die Portfo-
42
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
liotheorie für die unter dem Diversifizierungsgedanken betriebene Konglomeratsbildung, die in den 1990er Jahren zu Gunsten der Rückbesinnung auf die eigenen Kernkompetenzen und die damit in Zusammenhang stehende Verlagerung des Interessenschwerpunktes für Unternehmenstransaktionen an Bedeutung verlor. Zudem warnen FRANKE/HAX vor der unreflektierten Anwendung der Portfoliotheorie auf Entscheidungen in Zusammenhang mit Sachinvestitionen, da bei letzteren im Vergleich zu Wertpapieren wichtige Prämissen der Portfoliotheorie nicht erfüllt sind (vgl. Franke/Hax 2004, S. 329): x
Sachinvestitionen sind im Vergleich zu Wertpapierinvestitionen nicht beliebig teilbar.
x
Sachinvestitionen generieren an verschiedenen Zeitpunkten Zahlungsüberschüsse.
x
Sachinvestitionen laufen über mehrere Perioden und müssen flexibel geplant werden.
Nach wie vor stellt die Portfoliotheorie allerdings einen interessanten Erklärungsansatz für Unternehmenstransaktionen auf Basis einer integrierten Betrachtung von Rendite- und Risikoaspekten dar und bietet mit ihrem bewährtem Instrumentarium des Risikomanagements wertvolle Beiträge für das wertorientierte M&A-Controlling.
2.1.2.3 Ziele und Aufgabenstellung von Mergers & Acquisitions Fasst man Unternehmenstransaktionen als eine Ressourcen(re-)allokation über den Marktmechanismus auf, so stellen Mergers & Acquisitions aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ein zentrales Instrument zur Realisierung von Effizienzsteigerung in der Kapitalverteilung dar (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 5). Im Hinblick auf einzelwirtschaftliche Optimierung hingegen bilden Mergers & Acquisitions einen zentralen Stellhebel im Rahmen der unternehmerischen Wachstums- und Konsolidierungsstrategien mit dem Ziel einer Steigerung des Unternehmenswertes: „Wertsteigerung kann durch Steigerung der betrieblichen Effizienz sowie durch Geschäftswachstum erzielt werden; langfristiger Unternehmenserfolg basiert vor allem auf Geschäftswachstum“ (Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003, S. 832). Externe Faktoren bedingen dabei internen, auf Optimierung fokussierten Handlungsbedarf, dessen strategische Implikation sich vielfach auf die Notwendigkeit einer Generierung unternehmerischen Wachstums zurückführen lässt (vgl. hierzu und zum Folgenden Achleitner 2001, S. 142 ff.; Lucks/Meckl 2002, S. 6 f.; Wirtz 2003, S. 57-69; Jung 1993, S. 48 f.). Nur ein entsprechender Wachstumspfad gewährleistet oftmals beispielsweise x
die Erschließung von Synergiefeldern durch Poolung, wechselseitige Spezialisierung oder Koordination (vgl. Hoffmann/Friedinger 1998, S. 22; Beck 2003b) und damit eine deutliche Verbesserung der Kostenposition,
x
die Erfüllung der Anforderungen der Kapitalgeber im Sinne des Shareholder-ValueGedankens auf Basis profitablen Wachstums,
Mergers & Acquisitions
43
x
die Umsetzung globaler Expansionsstrategien mit dem Ziel des beschleunigten Aufbaus von Marktpräsenz und Kundennähe sowie des schnellen Eintritts in neue Wachstumsmärkte,
x
das Erreichen einer kritischen, wettbewerbsfähigen Unternehmensgröße zur Überwindung von Konsolidierungstendenzen in der eigenen Branche,
x
das Schritthalten mit dem beschleunigten technologischen Wandel und der damit einhergehenden steigenden Ressourcenintensität im Bereich Forschung und Entwicklung,
x
das Schließen bestehender Kompetenzlücken im Sinne der Betrachtung von Unternehmenstransaktionen unter dem Aspekt des Ressource-based View (vgl. Metzenthin 2002), sowie
x
die Nutzung von oftmals nicht zu vernachlässigenden steuerlichen Vorteilen.
Als zentrales Motiv für die Durchführung von M&A-Transaktionen wird dabei vielfach die Realisierung von Synergiepotenzialen angeführt (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 9; Kerler 1999, S. 7 und S. 40; Metz 2002, S. 59; Hofmann 2005). Kerler beschreibt Synergie als „… wertverändernder Effekt, welcher erst durch den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Unternehmungen oder Unternehmensteile entsteht“ (Kerler 1999, S. 23) und differenziert zwischen güterwirtschaftlichen Synergien, finanzwirtschaftlichen Synergien, Machtsynergien und Managementsynergien (vgl. Kerler 1999,S. 72 ff.), deren Erreichung er anhand einer empirischen Studie über 200 akquirierende Schweizer Unternehmen im Zeitraum von 1995 bis 1997 spiegelt. Aktuelle Studien belegen die hohe Bedeutung von Mergers & Acquisitions für die Realisierung von Wachstumsstrategien zur Erreichung der oben angeführten Ziele (vgl. Financial Gates GmbH 2005, S. 17-19; The Boston Consulting Group 2004, insbes. S. 6 f. und S. 14-16). Nach einer Umfrage des Beratungsunternehmens Accenture befinden sich derzeit sieben von zehn Konzernen in der Planungs- beziehungsweise Durchführungsphase einer M&ATransaktion (vgl. Picot 2005b, S. 11). Eine empirische Studie zeigt allerdings auf, dass nur 39% der kaufinteressierten Unternehmen eine aktive Akquisitionsstrategie im Sinne einer aktiven Suche und Selektion möglicher Partner verfolgen, während die verbleibenden 61% sich reaktiv auf Verkaufsangebote oder zufällige Opportunitäten verlassen (vgl. Blankenburg 1996). Zunehmend beschreiten auch Start-up-Unternehmen zur Realisierung ihrer anspruchsvollen Expansionspläne den Weg des extern getriebenen Wachstums (vgl. Drueker/Albrecht/Majer 2002, S. 721). Eine herausragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang Cisco zu, das seit 1993 über 100 Unternehmen akquiriert und dabei einen beispielhaften M&A-Prozess etabliert hat (vgl. Paulson 2001, S. 1 f.; Cisco 2005). Einhergehend mit der Zunahme von Transaktionen mehrt sich auch die Anzahl gescheiterter Projekte. Ein prominentes Beispiel stellt der neun Jahre nach dem Zusammenschluss vollzogene Verkauf von Chrysler durch Daimler für 5,5 Mrd. EUR an den Finanzinvestor Cerberus Capital Mana-
44
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
gement dar. Im Geschäftsbericht 2006 des DaimlerChrysler-Konzerns wird bezüglich der Geschäftssituation ausgeführt: „Beim Operating Profit haben wir mit 5,5 Mrd. € das ursprünglich angestrebte Ziel von mehr als 6 Mrd. € nicht erreicht. Ausschlaggebend dafür waren die unerwartet schwierige Markt- und Wettbewerbssituation im US-Automobilmarkt und der daraus resultierende Verlust bei der Chrysler Group.“ (DaimlerChrysler 2006, S. 30). Dieser Verlust betrug im Jahr 2006 über 1,1 Mrd. € und wurde nur durch die positiven Entwicklungen der Mercedes Car Group und der Truck Group wettgemacht. Insgesamt sind Unternehmenstransaktionen generell durch eine hohe Erfolgsvarianz gekennzeichnet, deren Hintergründe im nachfolgenden Abschnitt beleuchtet werden sollen.
2.1.2.4 Hohe Erfolgsvarianz bei Mergers & Acquisitions Die bisherigen Ausführungen verdeutlichen die Notwendigkeit von Mergers & Acquisitions für die Umsetzung von wertorientierten Unternehmensstrategien im wandelgetriebenen Umfeld. Der Arbeitskreis „Unternehmenswachstum und Internationales Management“ der SCHMALENBACH-GESELLSCHAFT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT E.V. kommt in den Thesen 4, 5 und 7 der Zusammenfassung seiner Diskussionen demgegenüber zur kritischen Schlussfolgerung, dass (vgl. Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003) x
dem externen Wachstum in Unternehmen und auf den Kapitalmärkten eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird,
x
das interne Wachstum auf Grund der Bindung von Managementkapazitäten für die Abwicklung von Aktivitäten im Rahmen des externen Wachstums vernachlässigt wird sowie
x
Wertsteigerung durch Transfer von immateriellen Vermögensgegenständen und Fähigkeiten mit Hilfe von Akquisitionen nur bedingt möglich ist.
Der letzte Punkt stellt dabei die grundsätzliche Eignung von Akquisitionen als Instrument der Wertsteigerung in Frage und lenkt zusammen mit den beiden ersten Punkten den Fokus von Wachstumsstrategien in Richtung unternehmensinterne Maßnahmen. Gleichzeitig lassen die vielfach zitierten hohen Misserfolgsquoten von über 50% bis 76% bei der Durchführung von Unternehmenstransaktionen tatsächlich auf eine diesbezüglich gegebene hohe Erfolgsvarianz schließen und erfordern eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Rahmenfaktoren und Ergebnisse (vgl. Gerpott 1993, S. 3, Vogel 2002, S. 271; Lucks/Meckl 2002, S. 10 f.; Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 163 ff.; Bamberger 1994, S. 150-187; Langford/Brown 2004, S. 6 f.; Porter 1987, S. 43). In einer empirischen Studie über 200 Schweizer Unternehmen im Zeitraum von 1995 bis 1997 ermittelt KERLER als Gesamtergebnis leicht negative abnormale Renditen für die akquirierenden Unternehmen und weist damit eine Wertvernichtung durch Akquisitionen nach (vgl. Kerler 1999, S. 183). Hier muss allerdings hinzugefügt werden, dass eine differenzierte Betrachtung positive kumulierte abnormale Renditen für verwandte Akqui-
Mergers & Acquisitions
45
sitionen aufweist, während das schlechte Gesamtergebnis durch die stark negativen kumulierten abnormalen Renditen bei nicht-verwandten Akquisitionen verursacht wird (vgl. Kerler 1999, S. 184 f.). Unabhängig von der Signifikanz der Einzelerhebungen stellt jedoch das Thema Erfolg oder Misserfolg von M&A-Transaktionen regelmäßig ein Diskussionsthema der Tagespresse dar (vgl. exemplarisch Littmann 2006, S. 18). GERPOTT hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass allerdings weniger die Betonung der hohen Misserfolgsquoten als vielmehr die hohe Erfolgsvarianz von Mergers & Acquisitions den Ausgangspunkt für einen konstruktiven Gestaltungsansatz bildet (vgl. Gerpott 1993, S. 3). Er führt weiter aus, dass die in der Literatur zitierten Misserfolgsquoten „… von der Mehrzahl der Autoren nicht präzise belegt …“ (Gerpott 1993, S. 3) wird und stellt demgegenüber konsequent die Frage nach „… einer systematischen IG (Integrationsgestaltung, Anm. d. Verf.) zur Erhöhung des Erfolgsniveaus von Akquisitionen unter Berücksichtigung strategisch-struktureller Aspekte bzw. situativer Randbedingungen …“ (Gerpott 1993, S. 11). Für die Analyse entsprechender (Miss-)Erfolgsdeterminanten im Zuge von Unternehmenstransaktionen unterscheidet er dabei drei Erklärungsschwerpunkte (vgl. Gerpott 1993, S. 4 ff.): x
Strategisch-struktureller Erklärungsansatz Im Zentrum dieses Erklärungsansatzes steht die Notwendigkeit einer Verbindung der Transaktion mit der übergreifenden Unternehmensstrategie. Aspekte aus dem Markt- und Wettbewerbsumfeld spielen dabei ebenso eine Rolle wie die zugrunde liegenden Entscheidungs- und Planungsprozesse. Der Fokus liegt dabei auf der Identifizierung von Potenzialen zur Wertsteigerung, die auf Basis von Erfolgsvoraussetzungen in Form von strukturellen und prozessualen Rahmenbedingungen identifiziert werden müssen. Demgemäß liegt der Erfolg einer Unternehmenstransaktion maßgeblich in der Vorfeldphase begründet und induziert die reibungslose Umsetzbarkeit einer als vorteilhaft charakterisierten Transaktion, was in der Praxis keineswegs als problemlos eingestuft werden kann.
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Integrationsprozessual-mitarbeiterorientierter Erklärungsansatz Eine wesentliche Ergänzung zum strategisch-strukturellen Ansatz bildet der integrationsprozessual-mitarbeiterorientierte Erklärungsansatz. Besondere Bedeutung zur Erfolgsrealisierung wird dabei der Realisierung der vorab identifizierten Potenziale beigemessen, die im Wesentlichen auch durch die Interaktion der beteiligten Mitarbeiter geprägt wird. Gerade diese Interaktion ist in der Praxis oftmals mit „negativen Konstrukten“ behaftet (vgl. Grunau/Riemann/Hauenherm 2002), bedingt beispielsweise durch Vorurteile gegenüber den Mitarbeitern des anderen Unternehmens, und gefährdet so den Erfolg der Integration.
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Unternehmenskulturorientierter Erklärungsansatz Die hinter diesem Ansatz stehende These geht davon aus, dass der Erfolg einer Unternehmenstransaktion maßgeblich auch von den eingebrachten Unternehmenskulturen ab-
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung hängt. Werte, Normen, Verhaltensmuster und Führungsstile sind die prägenden Faktoren, die bei der Integration beachtet werden müssen und entscheidende Determinanten für die Umsetzung der Potenziale bilden.
Die Strukturierung von GERPOTT zeichnet für die Analyse von Erfolgsdeterminanten ein breites Feld von der Strategieentwicklung bis hin zur tatsächlichen Integration und verweist auf die Notwendigkeit für ein entsprechend weit gefasstes Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem zur erfolgsorientierten Gestaltung von M&A-Transaktionen. Wann konkret eine M&A-Transaktion als Misserfolg zu werten ist, kann auf Grund der Vielzahl von beteiligten Interessengruppen nicht global definiert werden (zu den Unterschieden bei den Aktionärsklientel vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005). Das grundlegende Bewertungskriterium stellt die Steigerung des Unternehmenswertes dar, die in vielen Untersuchungen aus Vereinfachungsgründen auf Basis von Aktienkursreaktionen und der Bewertung von Fundamentalfaktoren abgeschätzt wird (vgl. Richter 2005, S. 205; Kerler 1999, S. 142 ff.; Steinöcker 1998, S. 97 ff.). Daneben existiert eine Vielzahl individueller, qualitativer Faktoren seitens der Beteiligten, die auf Grund der Heterogenität nicht explizit in ein übergreifendes Bewertungskalkül einfließen können. KERLER führt in diesem Zusammenhang als Methodiken die Akquisitionsmessung anhand von Börsenkursen, Jahresabschlusszahlen, Managementeinschätzungen und Ersatzindikatoren an (vgl. Kerler 1999, S. 85). JANSEN/PETERSEN merken allerdings kritisch an, dass „Jedes Charakteristikum eines Deals, das gegen den Erfolg eines Zusammenschluss korreliert wird, […] je nach herangezogener Studie genau entgegengesetzte Ergebnisse …“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.) ergibt. Sie definieren den Erfolg eines Akquisitionsprojektes dementsprechend dann als positiv, wenn dadurch die mit ihr verbundenen Ziele erreicht werden, was sich üblicherweise in der Steigerung des Shareholder Value widerspiegelt. Praktiker führen als einen Hauptgrund für das Misslingen von Akquisitionen zu langsame Integrationsverläufe an (vgl. Steinöcker 1998, S. 135; Bauch 2004, S. 39) und fordern dadurch implizit ein System zur Überwachung und Steuerung der Integrationsgeschwindigkeit. Während die entscheidenden objektiven Erfolgsbarrieren häufig in der Unklarheit bezüglich der M&A-Vision (vgl. Gomez/Weber 1989, S. 40 f.), unklaren Machtverteilungen sowie inkompatiblen Unternehmenskulturen bestehen (vgl. Coenenberg/Saalfeld 2007, S. 193 f.), unterliegen die verantwortlichen Führungskräfte vielfach auch einer hochgradigen subjektiven Fehleinschätzung in Bezug auf den zu erwartenden Nutzen aus der Unternehmenstransaktion (vgl. Goold/Campbell 1998, S. 132-137; Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003, S. 834; Dibelius 2005, S. 53): „Der Wunsch, das Endspiel zu gewinnen, war und ist der geistige Vater vieler Fusionen und Akquisitionen, und dies kann sich, wie schon ein Blick auf die Empirie klarmacht, als fataler Irrtum erweisen. In Zukunft sollten sich die potenziellen Partner einer Fusion – dialektisch gesprochen – vor Abschluss des Geschäfts einmal fragen, was sie benöti-
Mergers & Acquisitions
47
gen würden, um im neuen Spiel als führende Akteure aufzutreten, anstatt vergeblich das Ende des alten Spiels anzustreben.“ (Oetinger/Ghyczy/Bassford 2001, S. 44). Jüngere Untersuchungen deuten darüber hinaus darauf hin, dass die bisher formulierten Erfolgsrezepte der Praxis im Zuge der veränderten Rahmenbedingungen nicht mehr greifen (vgl. zum Folgenden Jansen 2005, S. 556). Insbesondere zeigt sich, dass x
die Integrationsgeschwindigkeit vielfach nicht mit dem Integrationserfolg korreliert, was an einer Vernachlässigung der situativen Rahmenbedingungen liegen kann (vgl. Gerpott/Schreiber 1994, S. 100 ff.), wobei allerdings eine hohe Integrationsgeschwindigkeit für die schnelle Realisierung von Synergien spricht (vgl. Rödl 2002, S. 149; Schumann 2005),
x
kulturelle Ähnlichkeiten oft keinen entscheidenden Erfolgsfaktor darstellen und
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selbst bei Großakquisitionen von Mehrfachakquisiteuren keine steigende Lernkurve zu verzeichnen ist.
Hinzu kommt, dass die bestehenden Instrumente zur Ableitung einer rationalen Entscheidung bezüglich der Durchführung oder nicht-Durchführung einer Transaktion vielfach nicht konsequent eingesetzt werden. Eine Studie zeigt, dass insbesondere im Rahmen der Preisermittlung oftmals darauf verzichtet wird, „…einen Unternehmenswert zu berechnen, der alle möglichen Vorteile der Transaktion einschließt (Entscheidungswert) …“ (Schmusch 1998, S. 167). Die rein strategische Bewertung eines Akquisitionsobjektes führe dann dazu, dass Argumente für einen bereits gefällten, unbedingten Kaufwunsch gesucht werden (vgl. Schmusch 1998, S. 167; Steinöcker 1998, S. 43). STEINÖCKER erwähnt in diesem Zusammenhang einen Extremfall: „Es gibt Fälle, bei denen im Nachhinein Synergiepotenziale gefunden werden mussten, obwohl der Kaufpreis vorab feststand und von den verschiedenen Gremien der Unternehmenseigner abgesegnet war“ (Steinöcker 1998, S. 43). Festzuhalten bleibt, dass die Bestimmungsgrößen des Akquisitionserfolgs identifiziert und dem Management darauf ausgerichtete Steuerungsinstrumente zur Verfügung gestellt werden müssen. Es stellt sich somit die Frage, wie der Erfolg von M&A-Transaktionen mit Hilfe eines geeigneten Steuerungssystems nachhaltig gesteigert werden kann. Für eine detaillierte Analyse des „Phänomens M&A“ bietet sich dabei die Strukturierung in eine Prozesslandschaft an, die eine umfassende Betrachtung insbesondere auch im Hinblick auf die Optimierung bestehender funktionaler und inhaltlicher Schnittstellen ermöglicht.
2.1.3
Mergers & Acquisitions aus Prozesssicht
Führt man den Gedankengang der Prozessorientierung aus Abschnitt 1.3.2 fort, so ergibt sich logisch zwingend die Anwendung des Prozessgedankens auf die Durchführung von Unter-
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
nehmenstransaktionen (vgl. Lucks/Meckl 2002; Kerler 1999, S. 7; Bauch 2004; Schatz 2008, S. 13 ff.): das Zusammenführen von zwei oder mehreren Unternehmen impliziert neben den strukturellen Herausforderungen vor allem auch eine Integration der vormals getrennt ablaufenden Prozesslandschaften. Die Verbindung der einzelnen Prozesse bildet dabei die zentrale Stellschraube für die Sicherstellung des Akquisitionserfolges. Eine konsequente Prozessorientierung stellt für die erfolgreiche Abwicklung eines M&A-Projektes eine entscheidende Basis dar (Lucks/Meckl 2002, S. 18). Die Gestaltung der Prozesse x
ist maßgeblich für die Aufrechterhaltung und Steigerung der Kundenzufriedenheit und damit wesentlicher Einflussfaktor auf die Vermeidung von Kundenabwanderungen im Zuge der M&A-Transaktion, die eine häufige Ursache für das Verfehlen der angestrebten Wachstumsziele darstellen (vgl. Scharff 2005, S. 238; Fischer 2008, S. 2). LUCKS/MECKL heben in diesem Zusammenhang explizit die Bedeutung des Kommunikationsprozesses hervor (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 200).
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ist analog eine wesentliche Bestimmungsgröße für die Motivation und die Zufriedenheit der Mitarbeiter in allen beteiligten Unternehmen. Die Prozessgestaltung beschreibt die Art und Weise, wie die Mitarbeiter in Zukunft die anstehenden Aufgaben durchführen, und über welche Schnittstellen das erfolgen wird.
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legt den Grundstein für die gesamte Ablauforganisation des neu zu schaffenden Unternehmensgefüges und determiniert dadurch die Rahmenfaktoren für die Effizienz und Effektivität der zukünftigen Prozessdurchführung.
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ist elementares Controlling-Objekt und wesentlicher Baustein für alle planenden, steuernden und kontrollierenden Aufgaben im Rahmen eines wertorientierten M&A-ControllingSystems.
Dabei kann ein M&A-Prozess in Summe als eine Vorgangskette verstanden werden, die „… den koordinierten Transfer von Eigentumsrechten zum Ziel hat.“ (Richter 2005, S. 202). Die Betrachtung von Mergers & Acquisitions als Einmalprojekte, die durch funktionale Koordinationsinstanzen fallbezogen abgewickelt werden, greift im Hinblick auf die Realisierung eines nachhaltigen Transaktionserfolgs allerdings deutlich zu kurz. Wenngleich jede Unternehmenstransaktion in einem gewissen Rahmen einen Neuigkeitscharakter aufweist und entsprechend ein individuelles Vorgehen erfordert, lassen sich jedoch projektübergreifende, wiederkehrende Elemente identifizieren, die einen gesamtheitlichen Rahmen bilden und eine effektive sowie effiziente Steuerung von M&A-Transaktionen zulassen. Das bereits erwähnte Konzept der Process Mass Customization formuliert hierzu mögliche Gestaltungsoptionen. Der prozessorientierte M&A-Ansatz verfolgt demnach folgende Zielsetzungen (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 18 sowie S. 72):
Mergers & Acquisitions
49
x
Ermöglichung einer ganzheitlichen Betrachtung und Gesamtoptimierung des M&AProzesses anstelle einer Fokussierung auf Teilaspekte beziehungsweise von Teiloptimierungen,
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interdependente Optimierung aller Teil-Prozess-Schritte,
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Beherrschung der Komplexität und Vielschichtigkeit von M&A-Projekten,
x
Kostenreduktion durch Hebung von Standardisierungspotenzialen sowie
x
Verbesserung der Erfolgsquote des gesamten M&A-Projektes.
Wenn auch nahezu alle Veröffentlichungen zum Thema M&A einer groben Prozessstrukturierung nach dem Muster „Vorbereitung – Transaktion – Integration“ folgen (vgl. Wirtz 2003; Picot 2005; Vogel 2002), kann von einem ausgeprägtem Prozessverständnis in den meisten Fällen nicht gesprochen werden. Einen umfassenden Vorschlag für die Strukturierung der M&A-Prozesslandschaft wurde von LUCKS/MECKL erarbeitet (vgl. Lucks/Meckl 2002). Sie identifizieren in diesem Zusammenhang drei Kern- sowie vier Unterstützungsprozesse (vgl. Abbildung 11). Kernprozesse
Strategieplanung Strukturentwicklung und -durchsetzung Personalveränderung
Unterstützungsprozesse
Information Bewertung Kommunikation Controlling
Planung, Steuerung und Kontrolle der
Planung und Abwicklung wesentlicher
Haupterfolgsfaktoren
Supportaktivitäten für die Kernprozesse.
bei der M&A-Transaktion
Abbildung 11: M&A-Kern- und Unterstützungsprozesse nach LUCKS/MECKL (vgl. Lucks/Meckl 2002)
Der Strategieplanungsprozess ist der erste der drei Kernprozesse und der Nukleus aller M&AAktivitäten im Unternehmen. Seine zentrale Aufgabe besteht darin, zu überprüfen, ob eine Unternehmenstransaktion die „beste“ Alternative für das Unternehmen darstellt, um ein definiertes Wachstumsziel unter dem Primat der maximalen Wertsteigerung zu erreichen. Wachstum und Wertsteigerung sind essentielle strategische Grundziele des Unternehmens und werden im Rahmen der Unternehmens-Gesamt-Strategie festgelegt, die Hand in Hand mit der M&A-Strategie optimiert wird. Es wird deutlich, dass der Strategieplanungsprozess gerade zu Beginn in der Vorfeldphase eine wichtige Rolle spielt, da hier die weit reichende Entschei-
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
dung über Durchführung oder Unterlassen von M&A getroffen wird: „Hier werden die grundlegenden Fragen zur Sinnhaftigkeit des Projekts gestellt und wesentliche Parameter festgelegt.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 74). Neben dem Wachstumsaspekt sind daneben auch weitere strategische Stoßrichtungen wie beispielsweise die Portfoliooptimierung zu beachten. Darüber hinaus reichen die Aufgaben des Strategieplanungsprozesses allerdings deutlich weiter bis in die Integrationsphase, indem er eine kontinuierliche Konkretisierung der anfangs eher allgemein gehaltenen Strategievorgaben unterstützt und die im Sinne einer Rückkopplung an der tatsächlichen Entwicklung während der Transaktions- und Integrationsphase spiegelt. Hier kommt bereits die Verzahnung zum M&A-Controlling zum Tragen, welches durch Bereitstellung aller Informationen für eine gezielte Abweichungsanalyse ein Monitoring der IstSituation ermöglicht und darauf basierend die Einleitung eventuell erforderlicher Anpassungsmaßnahmen initiiert. Im Zuge der Transaktions- und später dann auch bei der Integrationsphase kommt verstärkt der Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozess zum Einsatz. Aus den im Zuge der Strategieplanung festgelegten Rahmenvorgaben werden hier Maßnahmen abgeleitet und in die operative Umsetzung überführt. Im Wesentlichen geht es dabei um die Adaption der aufbau- und ablauforganisatorischen Strukturen der beteiligten Unternehmen. Dabei gilt der viel zitierte Grundsatz von CHANDLER, demgemäß die Strategie maßgeblich für die Gestaltung der zugrunde liegenden Unternehmensstruktur ist: „… structure follows strategy and […] the most complex type of structure is the result of the concatenation of several basic strategies.“ (Chandler 1970, S. 14). LUCKS/MECKL definieren als Schwerpunktaufgaben des Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozesses das Führungskonzept und die Genehmigungsfähigkeit in der Vorfeldphase, den Pre-Closing Integration Plan, interne Beschlüsse, Verhandlungen/Umsetzungsverträge und die kartellrechtliche Prüfung in der Transaktionsphase sowie die organisatorische/rechtliche Umsetzung und Folgerestrukturierungen in der Integrationsphase (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 96 ff.). Bereits aus dieser Aufstellung der einzelnen Teilaufgaben wird ersichtlich, dass in diesem Prozess weder rein strategische noch umsetzungsbezogene operative Arbeiten abgewickelt werden, sondern dass er vielmehr eine „… Mediatoren- bzw. Koordinationsfunktion zwischen dem Strategieplanungs- und dem Personalveränderungsprozess …“ (Lucks/Meckl 2002, S. 94) wahrnimmt. Der Personalveränderungsprozess leitet seine Aufgaben aus den strategischen Vorgaben und den Ergebnissen des Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozesses ab und findet seinen Schwerpunkt in der Integrationsphase. Die Hauptaufgaben bestehen hierbei in der Festlegung und Durchführung konkreter personalwirtschaftlicher Einzelmaßnahmen und in der Steuerung des kulturellen Wandels (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 140). Die explizite Darstellung dieses Prozesses geht einher mit der besonders wichtigen und sensibel zu handhabenden Rolle der Zusammenführung der Mitarbeiter im Zuge der Unternehmenstransaktion. Hier entscheidet sich, ob die am „Reißbrett“ entworfene Integration verschiedener Unternehmen
Mergers & Acquisitions
51
auch tatsächlich funktioniert, da die erforderliche Veränderung der Mitarbeiter zwar geplant, in ihrer Wirkung a priori allerdings nur vage abgeschätzt werden kann. Zu unterschiedlich sind vielfach die aufeinander treffenden Kulturen, als dass die Integration mit Hilfe eines Standardprozesses reibungslos „abgewickelt“ werden könnte. Der Personalveränderungsprozess wird seiner besonderen Aufgabe gerecht, indem er seine Inhalte konsequent an den strategischen Zielsetzungen in Verbindung mit den existierenden kulturellen Rahmenbedingungen ableitet und sehr stark individuell und spezifisch bei jeder M&A-Transaktion geplant und gesteuert wird. Sehr wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Instrumente, die es ermöglichen, bestehende oder aufflammende Konflikte in der Organisation zu erkennen und steuernd auf diese einzuwirken. Ein wesentlicher Faktor ist dabei eine offene Kommunikation, welche die naturgemäß aufkommenden Unsicherheiten minimiert und den Mitarbeitern ein Gefühl des respektvollen und ehrlichen Umgangs vermittelt. Die Fälle, in denen die eigenen Mitarbeiter zuletzt von einer Transaktion erfahren, dieses unter Umständen auch noch indirekt aus den öffentlichen Medien, stellen negative Beispiele für ein falsches Vorgehen im Rahmen des Personalveränderungsprozesses dar. Der Informationsprozess stellt den ersten Unterstützungsprozess dar. Mit den Aufgaben der Informationsbedarfsermittlung, der Informationserzeugung und der Informationsbereitstellung kommt ihm eine Querschnittsfunktion in nahezu allen Phasen der M&A-Transaktion zu. Aus der Perspektive eines potenziellen Käufers geht es dabei darum, möglichst viele Informationen über das fokussierte Kaufobjekt zu erwerben. Das gilt sowohl für die Phase vor der Kontaktaufnahme, in der losgelöst und ohne jegliche Unterstützung durch das Zielunternehmen auf Basis der öffentlich verfügbaren Informationen ein mehr oder weniger grobes Bild über die Lage des entsprechenden Unternehmens aufgebaut werden muss, als auch für die Zeit danach mit zunehmender Kontaktintensität und Vertrauensbasis und damit detaillierteren Informationen. Eine besondere Herausforderung stellt die Informationsasymmetrie zwischen Käufer und Verkäufer dar. Auf der einen Seite benötigt der Käufer möglichst spezifische Informationen, um eine fundierte Entscheidung über den Kauf treffen zu können, auf der anderen Seite liegt es im Interesse des Verkäufers, zumindest in der Vorfeldphase tendenziell wenige Informationen preiszugeben, um im Falle eines Abbruchs der Transaktion den Schaden durch die Informationsübertragung möglichst gering zu halten. Vielfach bietet die Einbeziehung von Drittparteien wie Beratungsunternehmen oder Banken die Möglichkeit, sensible Informationen in den Prozess einfließen zu lassen, ohne sie jedoch gleichzeitig dem anderen Unternehmen zu früh zukommen zu lassen. Informations- und Wissensmanagement gehen dabei Hand in Hand, um die Flut an Informationen systematisch zu erfassen, zu archivieren und für weitere Auswertungen bereitzustellen. LUCKS/MECKL definieren die systematische und detaillierte Prüfung des Kaufobjektes im Rahmen der Due Diligence als die Hauptaktivität des Informationsprozesses.
52
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Die gewonnenen Informationen finden Eingang in den Bewertungsprozess. Das Ziel dieses Prozesses besteht in einer möglichst realitätsnahen Bewertung des Zielunternehmens, um darauf basierend einen entsprechend gerechtfertigten Kaufpreis zu ermitteln. Neben den unterschiedlichen subjektiven Einschätzungen und den Interessenkonflikten bei Käufer- und Verkäuferunternehmen spielt insbesondere die Auswahl des Bewertungsverfahrens eine entscheidende Rolle. Prinzipiell wird der Verkäufer versuchen, den Erlös zu maximieren, während der Käufer einen möglichst niedrigen Kaufpreis durchsetzen möchte. Die zentrale Rolle spielt der Bewertungsprozess dementsprechend in der Vorfeldphase bei der Grobbewertung, in der Transaktionsphase bei der Detailbewertung sowie bei den Verhandlungen und Umsetzungsverträgen, wenn es darum geht, den endgültigen Kaufpreis festzulegen. Informationen und Bewertungsergebnisse, die in den vorangehenden Prozessschritten ermittelt wurden, werden im Rahmen des Kommunikationsprozesses an interne und externe Interessenten übermittelt: „Information bedeutet in diesem Zusammenhang die Beschaffung von Daten zur besseren Entscheidungsvorbereitung und Einschätzung von Situationen im Rahmen des M&A-Projekts. Kommunikation zielt auf die Abgabe von Informationen und im Idealfall auf einen Dialog mit Interessengruppen ab, die direkt oder indirekt an dem M&A-Projekt beteiligt sind.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 195). Dabei gilt der Grundsatz, nach Möglichkeit zuerst die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens über wichtige Vorgänge zu informieren und dann erst die breite Öffentlichkeit. Der Controllingprozess schließlich ist das Kernstück eines wertorientierten M&AControlling-Systems. Ihm obliegt die koordinierende Funktion aller planenden, steuernden und kontrollierenden Prozesse im Zuge der M&A-Transaktion. Das Kerninstrument bildet dabei ein ausgefeiltes Kennzahlensystem, das eine Beurteilung der Situation und des Fortschritts aller Aktivitäten und damit die Einleitung der erforderlichen Maßnahmen ermöglicht. Regelmäßig werden dazu Abweichungsanalysen erstellt und dem Management als Entscheidungsgrundlage vorgelegt. Gleichzeitig ist ein rein vergangenheitsorientierter Blick „in das Kielwasser“ zu vermeiden und stattdessen wirkungsvolle Indikatoren für die Prognose zukünftiger Entwicklungen hinzuzufügen. Damit ist die Beschreibung der M&A-Prozesse nach LUCKS/MECKL als Grundlage für die weiteren prozessorientierten Ausarbeitungen abgeschlossen. Abbildung 12 zeigt noch einmal die zu den Phasen Vorfeld, Transaktion und Integration zugeordneten Einzelaufgaben bei M&A-Transaktionen und ordnet sie den soeben beschriebenen M&A-Kern- und M&AUnterstützungsprozessen als Haupt- beziehungsweise Randaktivitäten zu.
Mergers & Acquisitions
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Vorfeld
Kernprozesse:
Integration
Transaktion
Strategieplanung Strukturentwicklung und -durchsetzung Personalveränderung
Unterstützungsprozesse: Information Bewertung Kommunikation
Zielverfolgung
Folgestrukturierungen
Kultureller Wandel
Organisatorische/ Rechtliche Umsetzung
Personalwirtschaftliche Umsetzung
Closing
Post-ClosingIntegration-Plan
Kartellrechtliche Prüfung
Verhandlungen/ Umsetzungsverträge
Interne Beschlüsse
Detailbewertung
Vorverträge
Due Diligence Pre-ClosingIntegration-Plan
Beurteilung Genehmigungsfähigkeit
Simulation
Grobbewertung
Screening
Führungskonzept
= Randaktivität
Vorfeldsondierung
= Hauptaktivität
Basisstrategie
Controlling
Prozessstufen:
Abbildung 12: Teilprozesse und Einzelaufgaben im M&A-Prozeß (Quelle: Lucks/Meckl 2002, S. 59)
Die als Prozessstufen bezeichneten Einzelaufgaben sind dabei in die in der Literatur weit verbreitete Dreiteilung „Vorfeld“, „Transaktion“ und „Integration“ eingepasst. Eine entscheidende Herausforderung besteht nun darin, zu analysieren, inwiefern die einzelnen Prozessschritte im Rahmen der Durchführung einer Unternehmenstransaktion wertsteigernd gestaltet werden können. Dazu ist ein Prozessmanagement-System erforderlich, das bei der Optimierung der Einzelprozesse den Gesamtzusammenhang und die Durchgängigkeit von der Strategie bis zur Umsetzung im Fokus hat. Erste Ideen für Optimierungsmaßnahmen haben KÜRSTEN/MECKL/KROSTEWITZ herausgearbeitet, indem sie im Hinblick auf die beschriebene M&A-Prozessstruktur Ansatzpunkte für ein Value-Based M&A-Management identifiziert haben (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005). Wichtige Ergebnisse daraus sind in Abbildung 13 zusammengestellt. Auf Grund der ihm innewohnenden Vorteile bildet der prozessorientierte M&A-Ansatz deshalb das Basiskonzept für die Ausarbeitung des wertorientiertes M&A-Controlling-Systems im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojektes. Das Zusammenspiel zwischen dem prozessorientierten Ansatz und den existierenden Controlling-Konzepten wird in Abschnitt 2.3 näher betrachtet. Vorab wird in Abschnitt 2.2 der Rahmen für die Zielausrichtung eines derartigen wertorientierten Controlling-Systems abgesteckt.
54
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Strategieplanung
Ableitung der Akquisitionsziele unter Konkretisierung des Zieles „Wertsteigerung für die Aktionäre“ („worin besteht der geschaffene Wert?“)
Strukturentwicklung
Sicherstellung der Synergierealisierung in der Integrationsphase
Personalveränderung
Herstellen von Interessenkongruenz zwischen Management und Aktionären unter Zugrundelegung von Entlohnung und Anfangsausstattung des Managements
Information
Analyse der eigenen Aktionärsstruktur als Grundlage für die Ableitung einer M&AStrategie „im Sinne der Aktionäre“ („für wen wird Wert geschaffen?“)
Bewertung
Ermittlung des Risikobeitrags des Zielunternehmens zum Unternehmensrisiko als Basis für die Ermittlung des Grenzpreises („wie wird der Wert gemessen?“)
Kommunikation Controlling
Reduzierung der Informationsdefizite der Anteilseigner durch eine glaubhafte Kommunikationsstrategie (asymmetrische Informationsverteilung) Überwachung der M&A-Transaktion und permanente Überprüfung des Zielerreichungsgrades
Abbildung 13: Ansätze zur Wertsteigerung in den M&A-Prozessen (Quelle: Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005)
2.2 2.2.1
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes Ursprünge und Hintergründe des Wertmanagement-Gedankens
2.2.1.1 Zu den Begriffen „Nutzen“ und „Wert“ „Nutzen“ bildet als allgemeinste menschliche Bewertungsdimension (vgl. Graumann 2004, S. 19) den Grundbaustein für den Aufbau eines Zielsystems. Das ökonomische Prinzip unterstellt den in einem marktwirtschaftlich organisierten System handelnden Akteuren ein Verhalten der individuellen Nutzenmaximierung (vgl. Becker 1993, S. 15). Ausgehend von einem relativ stabilen Präferenzsystem und der sich daraus ergebenden spezifischen Nutzenfunktion versucht das Individuum dementsprechend, durch seine Handlungen das für sich höchste Nutzenniveau zu erreichen und vornehmlich seine Eigeninteressen zu verwirklichen (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 38). Dieser Nutzen kann sowohl in materiellen Vorzügen wie einer Erhöhung des Einkommens als auch in immateriellen Vorteilen wie beispielsweise Anerkennung oder Macht bestehen. Bedeutend ist in diesem Zusammenhang für die weiteren Ausführungen insbesondere die Annahme eines methodologischen Individualismus (vgl. Picot/Dietl/Frank 1997, S. 39), der das Verhalten von sozialen Systemen als Ergebnis des eigennützigen Handelns seiner einzelnen Mitglieder begreift und somit Nutzen als Element der Subjektivität rational kalkulierender Individuen charakterisiert (vgl. Rosenstiel 1992, S. 379). Im Bezugsrahmen eines Unternehmens ist dieser Individualismus mit Hilfe geeigneter Instrumente auf die Gesamtoptimierung auszurichten. Die neoinstitutionalistischen Ansätze der Neuen Institutionenökonomik tragen mit den drei Erklärungsansätzen Transaktionskosten-, Property-Rights- sowie Principal-Agent-Theorie zu einer effizienten Gestaltung von Organisationen aus übergreifender Sicht bei (vgl. Picot/Dietl/Frank 1997, S. 53 ff.). Der subjektive
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
55
Nutzenbegriff des Einzelnen erhält dadurch in einem gewissen Sinn eine Objektivierung, indem die inhärenten Mechanismen resp. Institutionen die Erreichung des Gesamtzieles der Organisation als Nebenbedingung in die spezifische Nutzenfunktion jedes beteiligten Individuums integrieren. Institutionen schaffen demnach in letzter Konsequenz eine Verbindung zwischen den Zielen des Einzelnen und den Zielen des entsprechenden Gesamtsystems und grenzen die Spielräume für ein opportunistisches Verhalten der Beteiligten ein (vgl. Picot/Dietl/Frank 1997, S. 40). Die dargestellte Nutzenbetrachtung lässt sich direkt in den ökonomischen Wertbegriff überführen. BALLWIESER beschreibt Wert als „… Resultat einer Subjekt-Objekt-Beziehung anstelle einer einem Objekt anhaftenden Eigenschaft …“ (Ballwieser 2002, S. 71) und führt weiter aus: „Mit dem Bezug auf einzelne Personen, deren Ziele und die zugehörige Zielerreichung durch ein Gut ist Wert relativ. Nach diesem Verständnis hat z.B. ein Unternehmen keinen Wert an sich und schafft auch keine Werte für sich, sondern nur für seine Eigentümer, Mitarbeiter und andere dem Unternehmen in irgendeiner Form verbundene Personen.“ (Ballwieser 2002, S. 71; Coenenberg/Schultze 2002, S. 599; zur Entwicklung des Unternehmenswertbegriffes vom objektiven zum subjektiven Verständnis vgl. auch Kuhner/Maltry 2006, S. 53). Der Wert eines Unternehmens ist somit immer subjektiv (vgl. Coenenberg/Schultze/ Biberacher 2002, S. 198) und kann darüber hinaus „… nicht losgelöst vom Zweck der Wertermittlung bestimmt werden“ (Drukarczyk 1996, S. 93; vgl. Coenenberg/Schultze 2002, S. 599). Wert resultiert im ökonomischen Verständnis aus dem für das Subjekt erzielbaren Nutzen und ist im Hinblick auf das Konzept des Wertmanagements im Unternehmensumfeld immer in Zusammenhang mit folgenden Fragestellungen zu erörtern: x
Wie kann Wert geschaffen werden?
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Wer profitiert von den bestehenden Werten?
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Wie lassen sich der Wert und seine Veränderung im Zeitablauf messen?
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Was sind die Makro-Werttreiber auf Unternehmensebene, was die dahinter stehenden Mikro-Werttreiber auf Ebene der Betroffenen?
x
Wie lassen sich die Aktivitäten der einzelnen Beteiligten an der Erreichung einer Wertsteigerung auf Unternehmens-Gesamtebene ausrichten?
Die Beantwortung dieser Fragestellungen führt zu einem klar abgrenzbaren Wertmanagement-Konzept, das die Grundlage für die weiteren Ausführungen im Rahmen dieser Arbeit bildet. Folgende Kapitel widmen sich, ausgehend von einer Beschreibung des aktuellen Wertmanagement-Verständnisses in Theorie und Praxis, einer Klärung der einzelnen Fragen, bevor in Abschnitt 2.3 nach Mergers & Acquisitions und Wertmanagement mit einer Darstellung der Controlling-Konzeption die dritte wesentliche Säule eines umfassenden, wertorientierten M&A-Controlling System beschrieben wird.
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.2.1.2 Ursprung der wertorientierten Unternehmensführung Die Idee einer wertorientierten Unternehmensführung lässt sich bis zum Beginn des vorigen Jahrhunderts zurückverfolgen (vgl. Ballwieser 2000, S. 160). Der eigentliche Durchbruch des Konzeptes hin zu einer Verankerung der Wertsteigerung als oberste strategische Zielsetzung im Unternehmen ist allerdings erst in den 1980er Jahren insbesondere basierend auf den Arbeiten von FRUHAN, RAPPAPORT und COPELAND festzumachen (vgl. Fruhan 1979; Rappaport 1986; Copeland/Koller/Murrin 2002; vgl. auch Günther 1997, S. 1; Schmusch 1998, S. 7). Seit Anfang der 1990er Jahr findet das Konzept auch im deutschen Sprachraum weiter reichende Bedeutung (vgl. Gebhardt/Mansch 2005, S. 1; Michel 1996, S. 80; Kajüter 2002, S. 257). Inzwischen „… hat die wertorientierte Unternehmensführung in der wissenschaftlichen Diskussion wie auch in der Praxis der Unternehmensführung einen festen und zunehmend bedeutenden Rang erhalten.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. IX). Seit Beginn hat sich diesbezüglich eine wahre Begriffsvielfalt entwickelt. Unter Bezeichnungen wie „Wertmanagement“, „Value Based Management“, „Shareholder Value“ oder „Marktwertorientierte Unternehmensführung“ wurden Ansätze entworfen, die im Kern auf die gleiche strategische Zielsetzung der Wertsteigerung abzielen, sich jedoch in ihren Facetten beispielsweise bezüglich des Umfangs der Konzeption, des zugrunde liegende Bewertungsinstrumentariums oder der Ausrichtung auf die Zielgruppe unterscheiden. Heute verwenden laut einer Studie von RUHWEDEL/SCHULTZE 57% der im DAX 30 notierten Unternehmen wertorientierte Steuerungskonzepte, bei den im MDAX vertretenen Unternehmen sind es dagegen nur 14% (vgl. Ruhwedel/Schultze 2002, S. 621). Der Auslöser für eine intensivere Beschäftigung mit der Wertsteigerung und für die darauf basierende Verankerung im unternehmerischen Steuerungssystem kann im Wesentlichen in der gestiegenen Bedeutung der Kapitalmärkte für das unternehmerische Handeln lokalisiert werden (vgl. Ruhwedel/Schultze 2002, S. 602). Globalisierung, intensiverer Wettbewerb um internationales Beteiligungskapital und der zunehmende Einfluss institutioneller Anleger auf die Unternehmenspolitik sind entscheidende Treiber für die Etablierung des Wertmanagements als Paradigma der strategischen Unternehmensführung (vgl. Gebhardt/Mansch 2005, S. 1). Insbesondere angelsächsische Investoren haben durch ihre Forderung nach einer risikoadäquaten Verzinsung ihres eingebrachten Eigenkapitals den Druck zur nachhaltigen Steigerung von Kursen und Dividenden in die Managementetagen der börsennotierten Aktiengesellschaften getragen und dadurch das Entstehen der Wertmanagementkultur in Deutschland eklatant gefördert (vgl. Lauk 1997, S. 489). MÜLLER/HIRSCH leiten aus einer Expertenbefragung mit 37 Einzelgesprächen in Deutschland die These ab, dass „… eine wertorientierte Unternehmensführung im Sinne eines Hinwirkens auf die Steigerung des Unternehmenswerts … weiterhin ein zentrales Ziel für Unternehmen bleiben“ (Müller/Hirsch 2005, S. 85) wird. Obwohl die Bedeutung der Wertsteigerung als Maß für den Erfolg von Unternehmenstransaktionen unbestritten ist, zeigt die Studie von GATES/VERY aus dem Jahr 2000, dass nur 36%
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
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der befragten Unternehmen die Veränderung des EVA zur Messung des Integrationserfolges verwenden, wohingegen immerhin 76% dieses Wertsteigerungsmaß als nützlich zur Messung des Integrationserfolges beurteilen (vgl. Gates/Very 2003, S. 183). Dementsprechend besteht inzwischen auch bei nicht-börsennotierten Unternehmen zunehmend Interesse für die Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensführung (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 6). COENENBERG/SALFELD erkennen allerdings „… eine erhebliche Implementierungslücke zwischen der Einführung wertorientierter Messsysteme und der Etablierung einer wertorientierten Unternehmensführung.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 3). Darüber hinaus zeigt eine weitere Studie, dass nur 44% der Akquisiteure aus dem Untersuchungsbereich überhaupt den Erfolg der jeweiligen Akquisition misst (vgl. Gates/Very 2003, S. 168). Hier ist die Wissenschaft aufgefordert, entsprechende Instrumente bereitzustellen, die es den Beteiligten in der Praxis ermöglichen, effektiv und effizient diese elementar wichtige wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle aller Unternehmensaktivitäten durchsetzen zu können.
2.2.1.3 Kritik am Wertmanagement-Konzept Von Beginn an war der Ansatz der wertorientierten Unternehmensführung, insbesondere in seiner Ausprägung zur Maximierung des Shareholder Value, zahlreichen Kritiken unterworfen. Die zentralen Vorwürfe gegen den Ansatz lassen sich im Wesentlichen auf folgende Punkte verdichten: x
Die Fokussierung auf die Shareholder soll zu einer Vernachlässigung anderer Anspruchsgruppen führen (vgl. Metz 2002, S. 31; Mengele 1999, S. 13 ff.; Hachmeister 1995, S. 2; Schmusch 1998, S. 40 f.; Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 27 f.; Speckbacher 1997, S. 630; Kajüter 2002, S. 262).
x
Insbesondere RAPPAPORT fordert eine Ermittlung des Unternehmenswertes basierend auf einer Cash-Flow-orientierten, marktwertbasierten Sichtweise mit dem Ziel einer Vermeidung von Verzerrungen, wie sie durch die traditionellen, bilanz- und GuV-orientierten Bewertungsgrößen zustande kommen (vgl. Rappaport 1998,S. 14; Hebertinger 2002, S. 109). Bereits im Jahr 1974 hat das Wall Street Journal in diesem Zusammenhang die Gefahr einer Zugrundelegung des Gewinns je Aktie als Wertindikator hervorgehoben (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 107) und COPELAND/KOLLER/MURRIN induzieren gleichermaßen, dass die „… naive Ausrichtung auf den Bilanzgewinn (…) zu wertvernichtenden Entscheidungen“ (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 122) führt. Trotzdem knüpfen einige Wertmanagement-Ansätze wie beispielsweise das EVA-Konzept aus Vereinfachungsgründen weiterhin an Buchwerten an (vgl. Kajüter 2002, S. 261; Hebertinger 2002, S. 128), die dadurch implizit integrierten Verzerrungen werden mit Hilfe von aufwändigen, zum Teil mehr als 160 Korrekturen umfassenden Anpassungen zu eliminieren versucht (vgl. Pfaff/Stefani 2003, S. 54).
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
Bei den bisherigen wertorientierten Steuerungssystemen wird ein Mangel in der Operationalisierung induziert: „ … noch immer sind wertorientierte Ziele zu wenig auf die konkreten Ziele der operativen Einheiten heruntergebrochen: Die Erstellung von Wertreiberhierarchien und somit die Übersetzung finanzieller Zielgrößen in relevante operative Steuerungsgrößen, wird als größtes Defizit der eingeführten Steuerungssysteme eingeschätzt“ (Müller/Hirsch 2005, S. 84). Den im Rahmen des Wertmanagement-Ansatzes diskutierten Werttreibern (vgl. Rappaport 1998, S. 55 f.) ist daraus ein zu hoher Aggregations-/ beziehungsweise Abstraktionsgrad sowie eine mangelnde durchgängige Verknüpfung zwischen strategischen und operativen Werttreibern zu unterstellen. Zum Teil ist dieses Problem sicherlich auch auf die von AHLRICHS/KNUPPERTZ angeprangerte Überbetonung von einzelnen Erfolgsfaktoren zurückzuführen. Nach ihrer Ansicht hat beispielsweise die ausschließliche Fixierung auf Wertsteigerungsansätze in den 1990er Jahren dazu geführt, dass die dahinter stehende operative Durchdringung stark vernachlässigt wurde und somit die Ganzheitlichkeit des Ansatzes unterminiert hat (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 82).
x
Es besteht ein Defizit bei den aktuell verfügbaren wertorientierten Steuerungssystemen, die „ … das Management bei der Steigerung des Unternehmenswerts nur unzureichend unterstützen“ (Müller/Hirsch 2005, S. 85).
Die vorab dargestellten Kritikpunkte werden in der folgenden Diskussion des Wertmanagement-Ansatzes aufgegriffen und diskutiert. Das im Rahmen dieses Forschungsprojektes zu entwickelnde wertorientierte M&A-Controlling-System soll im Ergebnis Lösungsansätze für die vorab formulierten Problemfelder aufzeigen und darauf aufbauend ein optimiertes Steuerungssystem für die Durchführung von Unternehmenstransaktionen bereitstellen.
2.2.2
Grundsäulen des Wertmanagement-Konzeptes
2.2.2.1 Zielgruppen und Ausprägungsformen der Wertsteigerung Essentiell für die Anwendung des Wertmanagement-Konzeptes ist die Betrachtungsperspektive einer Wertsteigerung, die sich prinzipiell auf die Steigerung des Wertes von Eigen-, Fremd- oder Gesamtkapital beziehen kann (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 1). Der Unternehmenswert im Sinne einer globalen Sicht beinhaltet die Präferenzen und Wohlfahrtsfunktionen aller beteiligten Interessengruppen, der so genannten Stakeholder. Insbesondere der Steigerung des Kundenwertes wird in diesem Zusammenhang häufig eine herausragende Bedeutung beigemessen (vgl. Belz 2005, S. 327; Wildemann 2002, S. S. 2, S. 31 und S. 90 ff.; Kröger/Weiß/Handschuh/Neumann 2004). In der herrschenden Theorie und Praxis hingegen wird unter dem Gedanken der wertorientierten Unternehmenssteuerung die Maximierung des Marktwertes des Eigenkapitals eines Unternehmens unter Berücksichtigung des mit der
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
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Wertsteigerung einhergehenden Risikos verstanden (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005), was eine Kongruenz mit dem Shareholder Value Konzept von RAPPAPORT impliziert (vgl. Weber/Bramsemann/Heineke/Hirsch 2004, S. 6; Mengele 1999, S. 1). Die Erhöhung der Vermögensposition der Unternehmenseigentümer bildet demnach den Maßstab für die Ausrichtung aller Aktivitäten zur Wertsteigerung. Die in der Literatur in diesem Zusammenhang häufig vorgenommene Vereinfachung durch Fokussierung auf eine einzige, homogene Eigentümergruppe führt zwar zu einer erheblichen Komplexitätsreduktion bei der darauf basierenden Analyse und Ableitung von Maßnahmen, spiegelt aber in der Regel nicht die Realität wieder. Vielmehr lässt sich unter dem Begriff „Eigentümer“ beziehungsweise konkreter, „Aktionär“, eine Vielzahl unterschiedlicher Anspruchsgruppen subsumieren, deren Anforderungen an eine unternehmerische Wertsteigerung sich im Wesentlichen aus ihrer Anfangsausstattung an Vermögenspositionen sowie ihrer individuellen Risikoeinstellung ableiten (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 1 sowie S. 19). KÜRSTEN/MECKL/KROSTEWITZ sprechen in diesem Zusammenhang von einer „heterogenen Aktionärsklientel“, welche sie in vier Grundtypen differenzieren, und leiten darauf basierend Empfehlungen für die wertsteigernde Gestaltung der einzelnen Prozessschritte im Rahmen einer M&A-Transaktion ab. Neben der differenzierten Betrachtung der Eigentümerstruktur ist darüber hinaus eine spezifische Beschreibung des „Marktwertes des Eigenkapitals“ erforderlich. Was konkret darunter zu verstehen ist, soll in den Abschnitten 2.2.2.2 und 2.2.2.3 erläutert werden. Die Frage, inwiefern die Orientierung der Unternehmenssteuerung an der Steigerung des Unternehmenswertes ausschließlich aus Sicht der Eigentümer erfolgen darf, wurde in der Vergangenheit vielfach kontrovers diskutiert (vgl. Metz 2002, S. 31; Hachmeister 1995, S. 2; Schmusch 1998, S. 40 f.; Bausch 2003, S. 87; Borowicz 2006, S. 5 ff.). Ein zentraler Angriffspunkt der Shareholder Value Kritiker besteht dabei in der „Privilegierung“ einer bestimmten Stakeholder-Gruppe (vgl. Hinterhuber 2004, S. 257) und damit in der scheinbaren Vernachlässigung der anderen Stakeholder-Interessen (vgl. Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003, S. 831; Kerler 1999, S. 18 f.). Das Argument lässt sich allerdings insoweit entkräften, als zwar eine Berücksichtigung anderer Zielgruppen explizit nicht vorgesehen ist, implizit jedoch eine sachgerechte und damit langfristige Maximierung des Shareholder Value die Wohlfahrtsmaximierung aller Interessengruppen beinhaltet (vgl. Metz 2002, S. 32; Faul 2005, S. 67 ff.; Lauk 1997, S. 504; Michel 1996, S. 88 f.): „Alles scheint darauf hinzudeuten, dass diese Ausrichtung am Shareholder-Value nicht nur den Aktionären zugutekommt (zu denen immer mehr Menschen zählen), sondern auch der Wirtschaft und anderen Interessengruppen“ (Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 40). HEBERTINGER stellt heraus, dass die Ansprüche der anderen Interessengruppen als „Nebenbedingung“ in das Shareholder-Value-Kalkül eingehen und somit direkt berücksichtigt werden (vgl. Hebertinger 2002, S. 191 sowie S. 14 f.; Speckbacher 1997, S. 636): „Der Vorwurf des Interessenmonismus erscheint insoweit überzogen.“ (Bausch 2003, S. 87). Holistische Ansätze, die eine explizite Berücksichtigung aller
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Stakeholder-Gruppen bei der Bewertung a priori fordern (vgl. Borowicz 2006), sind darüber hinaus in der betrieblichen Praxis auf Grund der ihnen innewohnenden Komplexität nicht praktikabel und, wie vorab geschildert, auch nicht erforderlich. Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit stellen in diesem Zusammenhang beispielsweise zentrale, sekundäre Werttreiber dar, deren Vernachlässigung auf lange Sicht auch den Shareholder Value schädigt und sich im Extremfall für das Unternehmen sogar existenzbedrohend auswirkt (vgl. Faul 2005, S. 63; Neumann 1998; Guserl 2006, S. 354). SCHMUSCH bezeichnet Lieferanten-, Mitarbeiter- und Kundenwert deshalb als Hilfsgrößen, die den Wert der Wettbewerbsvorteile steigern und somit als wesentliche Treiber des Shareholder Value fungieren (vgl. Schmusch 1998, S. 42). WILDEMANN sieht demgemäß „… Kundennutzen und Kundenwert als Vorstufen einer Wertorientierung“ (Wildemann 2002, S. 97) und hebt die Bedeutung einer Intensivierung von Kundenbeziehungen sowie deren Integration in den unternehmerischen Wertschöpfungsprozess als wesentliche Faktoren für das Ausschöpfen von Wachstumspotenzialen (vgl. Wildemann/Faust 2004, S. 41 ff.; Faust 2003, S. 68 ff.) und damit für die unternehmerische Wertsteigerung hervor (vgl. Wildemann 2002, S. 90). Eine Möglichkeit zur Verbindung von Wertund Kundenorientierung bereits im frühen Stadium der Produktentwicklung skizzieren beispielsweise BRODA und SCHÄFER unter Verwendung des Target Costing Ansatzes (vgl. Broda/Schäfer 2005). Im Kern zielen sie dabei auf eine Berücksichtigung der Renditeforderungen des Kapitalmarktes bereits in der frühen Phase der Produktentwicklung ab, indem sie auf Basis des LÜCKE-Theorems die Möglichkeit einer Überleitung der „… den Kapitalwerten zugrunde liegenden Zahlungsgrößen in Kostengrößen …“ (Broda/Schäfer 2005, S. 409) aufzeigen und so eine entsprechende wertorientierte Steuerung der Produktentwicklungsprozesse skizzieren. Die grundsätzliche Kritik von MALIK, der die Orientierung an der Wertsteigerung als falsches Ziel bezeichnet und stattdessen die Steigerung der Kundenzufriedenheit als das wichtigste Ziel heraushebt (vgl. Malik 2001), basiert hingegen auf einer nicht zweckmäßigen Umkehrung der Ursache-Wirkungs-Beziehung und erscheint indes gefährlich. Eine Maximierung der Kundenzufriedenheit könnte mit dieser Argumentation im Extremfall zu Lasten der Wertsteigerung erfolgen, stellt dann aber eine klare Existenzbedrohung für das Unternehmen dar. Zweckmäßiger ist deshalb der Gedankengang von COENENBERG/SALFELD, die unter dem Primat der Wertsteigerung die Schaffung von herausragendem Kundennutzen als einen wesentlichen Treiber begreifen (Coenenberg/Salfeld 2007, S. V). Auf Grund der vorherrschenden Bedeutung der Maximierung des Eigenkapitalwertes und damit zur Kongruenz mit existierenden Steuerungssystemen soll im Fortgang dieser Arbeit somit unter dem Begriff der unternehmerischen Wertsteigerung und aller damit in Zusammenhang stehenden Konzepte und Methoden die Steigerung des Marktwertes des Eigenkapitals eines Unternehmens verstanden werden. Eine durchgehende Differenzierung der Untersuchung im Hinblick auf die Heterogenität in der Eigentümer- resp. Aktionärsstruktur soll dabei unterbleiben. Begründet werden kann eine derartige Vereinfachung auf Basis des Separations-
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
61
theorems von FISHER, der im Rahmen seiner Forschungen die Möglichkeit einer Trennung von Konsum-, Investitions- und Finanzierungsentscheidungen begründet und somit die Rechtfertigung einer von den Individualkalkülen unterschiedlicher Anteilseigner(-gruppen) losgelöste Unternehmenspolitik und -steuerung geliefert hat (vgl. Fisher 1930): „Optimal für die Eigentümer ist diejenige Unternehmenspolitik, die den Marktwert der Anteile, also den Marktwert des Eigenkapitals maximiert, und zwar unabhängig von der jeweiligen Präferenzstruktur der beteiligten Anteilseigner(-gruppen)“ (Hebertinger 2002, S. 10). Dabei wird unterstellt, dass ein Anteilseigner bei von der Unternehmens-Gesamtpolitik abweichenden Vorstellungen seine Anteile jederzeit am Kapitalmarkt veräußern und somit einen für ihn selbst optimalen Konsumstrom losgelöst von spezifischen Unternehmen realisieren kann. Ein wesentlicher Vorteil besteht dabei auch im Hinblick auf die Ausführung der Unternehmenssteuerung durch ein von den Eigentümern abweichendes Management, das sich auf Erreichung der Wertsteigerung des Gesamtunternehmens ohne Berücksichtigung einer Vielzahl von Einzelpräferenzen in der Eigentümerstruktur ausrichten kann. Vorausgesetzt natürlich, dass die Entlohnung dieses Managements durch ein geeignetes Incentivierungssystem an die Wertsteigerung des Unternehmens gekoppelt ist (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 142 ff.; Hebertinger 2002, S. 24 ff.): „Ohne eine unmittelbare Verknüpfung mit dem Vergütungssystem bleibt jede wertorientierte Führungsgröße nur ein ‚Papiertiger’“ (Neubürger 2000, S. 194). Wie nun konkret für ein Unternehmen Wert geschaffen werden kann, soll in den nachfolgenden Abschnitten 2.2.2.2 und 2.2.2.3 beleuchtet werden. Die Verbindung mit dem Thema Mergers & Acquisitions in Abschnitt 2.2.3 bildet dabei einen grundlegenden Baustein des Gesamtaufbaus für das zu entwickelnde Controlling-System.
2.2.2.2 Alternative Wertsteigerungsmaße 2.2.2.2.1 Rolle und Bedeutung des Free Cash Flow In den vorangehenden Abschnitten wurden die Grundideen des Wertmanagement-Ansatzes diskutiert: was (der Unternehmenswert, vgl. Abschnitt 2.2.1.1 und 2.2.1.2) soll für wen (die Zielgruppen der Wertsteigerung, vgl. Abschnitt 2.2.2.1) maximiert werden? Zu den am meisten diskutierten Fragestellungen zählen in diesem Zusammenhang die Wertmaßstäbe, also die Größen, die hinter dem diffusen Begriff „Wertsteigerung“ stehen und für das Management eines Unternehmens die tatsächlichen Kennzahlen darstellen, anhand derer eine Steigerung des Unternehmenswertes messbar und damit umsetzbar gestaltet werden kann. Unter dem Titel „Creating Shareholder Value“ veröffentlichte RAPPAPORT 1986 erstmalig einen Ansatz, der eine konsequente Ausrichtung aller unternehmerischen Aktivitäten auf die Steigerung des Wertes aus der Perspektive der Anteilseigner beziehungsweise Eigentümer postuliert (vgl. Rappaport 1986). Im Gegensatz zu den bis dato vorherrschenden, sich aus buchhalterischen Größen ableitenden gewinn- und renditeorientierten Zielsetzungen, rückte
62
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
damit eine zahlungsstromorientierte Betrachtungsweise in den Fokus der Erfolgsmessung (vgl. Schultze/Hirsch 2005, S. 13; Kerler 1999, S. 17; Jung 1993, S. 33 ff.), welche die Nachteile der klassischen, bilanzinduzierten Maßstäbe umgehen sollte. Den Ausgangspunkt dabei bildet die Überlegung, dass „… die Bilanz nicht den Wert des Unternehmens und damit auch die Gewinn- und Verlustrechnung nicht dessen Veränderung aufzeigt. Der Wert des Unternehmens leitet sich nicht aus dem Wert der bilanziell erfassten Vermögensgegenstände und Schulden ab, sondern aus den für die Zukunft geschätzten und auf den Bewertungsstichtag abgezinsten Einzahlungsüberschüssen, die für die Anteilseigner frei verfügbar sind.“ (vgl. Gebhardt/Mansch 2005, S. 2). Damit wird der Free Cash Flow als maßgebliche Größe für den Unternehmenswert definiert. Den Zahlen des externen Rechnungswesens haftet insbesondere an, dass (vgl. Rappaport 1998, S. 14; Rappaport 1992, S. 238 ff.) x
unterschiedliche Bewertungsansätze, Bewertungsvorschriften und Periodisierungsregeln das Ergebnis verzerren,
x
ihre Vergangenheitsorientierung „… allenfalls ein Anhaltspunkt für die Prognose zukünftiger Erfolgspotenziale des Unternehmens …“ (Hebertinger 2002, S. 9) ist,
x
Investitionserfordernisse nicht berücksichtigt werden, sowie
x
der zeitliche Anfall der Erträge und Aufwendungen keinen Eingang in die Berechnung findet.
GÜNTHER folgert, „… dass Kennzahlen, die auf Daten des externen Rechnungswesens fußen, zur Beurteilung des Unternehmens als Einheit (Konzern-Ebene) und zur Ressourcenallokation an dezentrale Einheiten (Geschäftsbereichs-Ebene) nicht brauchbar sind.“ (Günther 1997, S. 50). Zudem impliziert die Ausrichtung auf die Steigerung des Unternehmenswertes eine Ausrichtung der Unternehmenssteuerung an den Interessen der Eigenkapitalgeber und damit auch eine Zugrundelegung entsprechender Steuerungsgrößen, deren Optimierung die fokussierte Zielerreichung auch sicherstellen kann. Eine Maximierung des Unternehmensgewinns kann dieser Forderung nicht gerecht werden, wie HEBERTINGER treffend beschreibt: „Mit der Überlassung von Kapital möchten die Eigentümer einer Unternehmung Einkommen erzielen. Dieses Einkommen benötigen sie, um ihre Konsumausgaben zu decken. Je mehr Einkommen die Eigentümer aus dem Besitz von Unternehmensanteilen beziehen, desto besser können sie ihre Konsumziele realisieren. Bilanziell ermittelte Gewinne sind aber für jemanden, der Konsumzwecke verfolgt, irrelevant. Bilanzgewinne ergeben sich aus den Konventionen der Rechnungslegungsnormen. Bewertungsvorschriften und Periodisierungsregeln führen dazu, dass der Bilanzgewinn die Konsumpotentiale falsch wiedergibt“ (Hebertinger 2002, S. 9). COPELAND/KOLLER/MURRIN formulieren: „Die naive Ausrichtung auf den Bilanzgewinn hingegen führt zu wertvernichtenden Entscheidungen“ (Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 122). Eine zentrale Aussage ist dabei neben der Kritik an den bilanziell geprägten Zielgrößen auch das grundsätzliche Interesse der Eigentümer an der Maximierung ihres Einkommens in Form des
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
63
ihrer Präferenzfunktion entsprechenden Entnahmestromes, der periodenspezifisch mit dem jeweiligen Opportunitätskostensatz abdiskontiert wird (vgl. Speckbacher 1997, S. 631). Nach der Philosophie des Shareholder Value Ansatzes in Anlehnung an RAPPAPORT manifestiert sich unternehmerischer Erfolg gleichermaßen in zukünftig zu erwartenden Einzahlungsüberschüssen beziehungsweise Cash Flows, die mit einem risikoadäquaten Zinssatz auf den Betrachtungszeitpunkt abzudiskontieren sind (vgl. Rappaport 1998, S. 32; Hebertinger 2002, S. 1 f.; Mengele 1999, S. 5): „The economic value of any investment is a function of the future cash flows anticipated from that investment, and the cost of capital required to finance the investment (Fruhan 1979, S. 65 f.). Im Ergebnis liegt dann eine kapitaltheoretisch fundierte Zielgröße vor, die Wert als den über die spezifischen risikoadjustierten Kapitalkosten hinausgehenden, abdiskontierten Teil der Rückflüsse begreift (vgl. Roos/Stelter 2000, S. 383) und deren Veränderung im Zeitablauf Rückschlüsse auf eine Wertsteigerung beziehungsweise Wertvernichtung zulässt. Der (Discounted) Cash Flow bildet somit die zentrale Rechengröße des Shareholder Value Ansatzes (vgl. Mengele 1999, S. 5), die Wertsteigerungszielsetzung ist aus theoretischer Sicht „… gleichbedeutend mit der Kapitalwertmaximierung, bei der die Unternehmung den Barwert aller durchgeführten Investitionsprojekte zu maximieren hat“ (vgl. Ruhwedel/Schultze 2002, S. 602).
2.2.2.2.2 Problematik des Free Cash Flow Die Verwendung der zahlungsstrombasierten Discounted Cash Flows als Wertsteigerungsmaß wurde allerdings ebenfalls in der Literatur vielfach kritisiert. Die entscheidenden Mängel, welche diesem Konzept anhaften, fasst HERBERTINGER zusammen und hebt in diesem Zusammenhang eine Verschiebung von den in der Vergangenheit oftmals propagierten wertorientierten Entscheidungsrechnungen hin zu wertorientierten Kontrollrechnungen hervor (vgl. Hebertinger 2002, S. 191). Im einzelnen wird in Bezug auf die DCF-Modell moniert, dass: x
„… der erhebliche Aufwand für die Erstellung solcher Rechnungen in keinem Verhältnis zu den zusätzlichen Informationen steht.“ (Börsig 2000, S. 168).
x
„… zahlungsstromorientierte Discounted Cash Flow-Modelle […] häufig zu abstrakt, regelmäßig manipulationsgefährdet und im betrieblichen Alltag nicht flächendeckend umsetzbar.“ (Neubürger 2000, S. 190) sind. COPELAND/KOLLER/MURRIN heben in diesem Zusammenhang hervor, dass „… der freie Cashflow jedes Jahr von stark ermessensbedingten Investitionen in das Anlagevermögen und das Working Capital abhängt. Das Management könnte zur Verbesserung des freien Cashflows ohne weiteres Investitionen in einem bestimmten Jahr aufschieben – auf Kosten der langfristigen Wertsteigerung“ (Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 185). Dieser Argumentation fügt BISCHOFF hinzu, dass der methodische Spielraum für Wertansätze beim Einnahmenüberschuss durchweg erheblich geringer ausfällt als beim buchhalterischen Gewinn (vgl. Bischoff 1994, S. 27).
64
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
„… Free Cashflows den Nachteil [haben], dass Investitionsauszahlungen dazu führen, dass über längere Zeiträume negative Werte erzielt werden können, und erst relativ spät die entsprechenden Rückflüsse ins Kalkül eingehen.“ (Coenenberg/Schultze 2002, S. 606). COENENBERG/SCHULZE räumen deshalb Ansätzen, die Investitionsauszahlungen über die Nutzungsdauer periodisieren und mit den daraus generierten Rückflüssen „matchen“, auf Grund der Reduzierung von Schwankungen bei diesen Größen Vorteile ein (vgl. Coenenberg/Schultze 2002, S. 606 f.). GEBHARDT/MANSCH formulieren: „Durch die zeitliche Synchronisierung der negativen Ergebniswirkung der Investition mit der positiven Wirkung der daraus erzielten Überschüsse sollen die ökonomischen Zusammenhänge in einer Periode realistischer dargestellt werden“ (Gebhardt/Mansch 2005, S. 83).
x
„Cashflows […] als Kontrollgrößen aber nur eingeschränkt geeignet [sind], denn sie sind liquiditäts- und nicht erfolgsorientierte Kennzahlen.“ (Coenenberg/Schultze 2002, S. 612).
x
zwar eine Zahlungsstromorientierung vorliegt, diese allerdings nicht an der fokussierten Gruppe „Eigentümer“, sondern an der Einheit „Unternehmen“ festgemacht wird. Die betrachteten Cash Flows fließen demnach nicht den Eigenkapitalgebern direkt zu, sondern nehmen einen „Umweg“ über das von ihnen gehaltene Unternehmen. Laut GÜNTHER handelt es sich deshalb bei der Ermittlung des Unternehmenswertes auf Basis der Cash Flows um eine „Second Best Lösung“, der theoretisch einwandfreie Wert würde sich durch eine Zugrundelegung der Zahlungsströme an die Eigentümer ermitteln lassen, deren Ermittlung allerdings für die Anwendbarkeit in der Praxis als nicht praktikabel gekennzeichnet wird. (vgl. Günther 1997, S. 82 f.).
Die Anlehnung an Buchwerte, also Zahlen des externen Rechnungswesens, bei der Ermittlung von Unternehmenswerten ist somit in der Praxis sehr beliebt. Nach wie vor wird in der Mehrzahl der deutschen DAX-notierten Unternehmen ein Steuerungssystem auf Basis von Periodenerfolgen verwendet (vgl. Gebhardt/Mansch 2005, S. 82 f.). Wesentliche Gründe hierfür bestehen in der x
Möglichkeit für eine „… schnelle Integration einer wertorientierten Führungsgröße in die Berichterstattungslandschaft eines internationalen Konzerns.“ (Neubürger 2000, S. 190),
x
Vermeidung des Aufbaus einer weiteren Zahlenwelt in Form eines „Double-Accounting“ (vgl. Börsig 2000, S. 167),
x
höheren Glaubwürdigkeit und Akzeptanz bereits bekannter und kommunizierter Zahlen bei den operativ Verantwortlichen (vgl. Börsig 2000, S. 168; Neubürger 2000, S. 190), zumal da auch die zugrunde liegenden, buchwertbasierten Bestimmungsgrößen der externen Abschlussprüfung unterliegen (vgl. Neubürger 2000, S. 190; Gebhardt/Mansch 2005, S. 83) sowie der
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes x
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Erleichterung einer konsistenten „… Darstellung der Geschäftsentwicklung aus Sicht der Unternehmensführung, ohne den Bezug zu den Financial Statements zu verlieren“ (Neubürger 2000, S. 190; Gebhardt/Mansch 2005, S. 83).
Dem theoretisch einwandfreien Ansatz der Anknüpfung an zahlungsstromorientierten Cash Flow Größen stehen somit insbesondere Nachteile der konkreten Umsetzbarkeit und Praktikabilität im Unternehmensalltag gegenüber. Für welches Maß der Wertsteigerung sich die Unternehmensführung letztendlich auch entscheidet - zahlungs- oder ergebnisgrößenorientiert - es bleibt bei keinem Konzept aus, Anpassungen im Hinblick auf die gewünschte Aussagekraft vorzunehmen. Sei es, dass die Ergebnisgrößen um Einflüsse der Rechnungslegung bereinigt werden müssen, oder sei es, dass bei Verwendung von Zahlungsgrößen Vorkehrungen gegen Manipulation zu treffen oder die Einflüsse von einmaligen Investitionsauszahlungen durch Periodisierung zu korrigieren sind. Dieser Gedankengang führt zu dem Phänomen, dass gerade die beschriebenen Anpassungen zu einer Annäherung der unterschiedlichen Ansätze führen. Die im Zusammenhang mit der zahlungsstromorientierten Sichtweise monierte Verzerrung durch unregelmäßig auftretende Investitionsauszahlungen und die diesbezüglich geforderte Glättung dieser Auszahlungen in Form von Periodisierungen zielt klar auf das Vorgehen der Aktivierung und Abschreibung im Rahmen des externen Rechnungswesens ab: „Auf jeden Fall nähert man sich mit derartigen Glättungen den ergebnisbasierten Kennzahlen an.“ (Gebhardt/Mansch 2005, S. 30 f.). Umgekehrt wird bei Zugrundelegung von Ergebnisgrößen versucht, durch entsprechende Anpassungen (vgl. Abschnitt 2.2.2.2.3) die buchhalterischen, dem Prinzip der Ermittlung des Unternehmenswertes und dessen Veränderung entgegenstehenden Regelungen des externen Rechnungswesens zu korrigieren. Im nun folgenden Abschnitt sollen die derzeit in der Praxis verstärkt eingesetzten Wertsteigerungsmaße beider Kategorien näher beleuchtet werden.
2.2.2.2.3 Aktuelle Tendenz bei den Wertsteigerungsmaßen Ungeachtet der den einzelnen Ansätzen anhaftenden Vor- und Nachteile stellt die Auswahl des geeigneten Wertsteigerungsmaßes, die Entwicklung geeigneter Kennzahlen und ihre Einbindung in einen Gesamtzusammenhang eine der zentralen Herausforderungen für ein wertorientiertes Controlling dar. In den letzten Jahren wurde in der Literatur bereits eine Vielzahl von wertorientierten Kennzahlen definiert, die entweder auf Basis von Zahlungsströmen oder auf Basis von Ergebnisgrößen den Unternehmenswert beziehungsweise dessen Steigerung in Form eines Wertbeitrages (absolute Größe) oder in Form einer Rentabilitätskennzahl (relative Größe) messen (vgl. Gebhardt/Mansch 2005, S. 23 f.). Abbildung 14 zeigt die möglichen Ausprägungen von wertorientierten Kennzahlen auf und führt für jede Konzeption ausgewählte Beispiele an.
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Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Zahlungsgröße
Wertbeitrag
Rentabilität
(Absolute Kennzahl)
(Relative Kennzahl)
Cash Value Added (CVA)
Cash Flow Return on Investment (CFROI) Shareholder Value Return (SVR)
Economic Value Added (EVA) Ergebnisgröße
Economic Profit (EP) Geschäftswertbeitrag (GWB)
Return on Net Assets (RONA) Return on Capital Employed (ROCE)
Abbildung 14: Konzeptionen von wertorientierten Kennzahlen und ausgewählte Beispiele (Quelle: Gebhardt/Mansch 2005, S. 24)
Neben den bekannten Konzepten wie dem CFROI oder EVA (vgl. Hachmeister 1997; Dinter 1999, S. 279 ff.; Ballwieser 2000, S. 163 f.) werden in neuerer Zeit auch weitere Kennzahlensysteme wie beispielsweise ERIC diskutiert (vgl. Kesten 2006), deren Mehrwert im Vergleich zu den etablierten Ansätzen jedoch fraglich erscheint. In Literatur und Praxis werden momentan vielfach Ansätze auf Basis von Residualgewinnen befürwortet (vgl. Coenenberg/Schultze 2002; Hebertinger 2002). Im Rahmen des Economic Value Added (EVA)-Konzeptes beispielsweise wird dabei, ausgehend von buchhalterischen Gewinn- und Vermögenswerten, der Unternehmenswert als betrieblicher Übergewinn berechnet, der durch die Verzinsung des betrieblichen Vermögens mit einer über den Kapitalkosten liegenden Rendite erzielt wird. In die Berechnung des EVA fließen demnach drei zentrale Größen ein (vgl. Groll 2003, S. 55): x
das betriebsbedingte Vermögen in Form des investierten Kapitals (NOA: Net Operating Assets),
x
der betriebliche Gewinn, der ein korrigiertes Betriebsergebnis vor Zinsen und nach Ertragssteuern darstellt (NOPAT: Net Operating Profit After Taxes),
x
der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC: Weighted Average Cost of Capital), der die Renditeforderungen von Eigen- und Fremdkapitalgebern unter Berücksichtigung des unternehmensspezifischen Risikos widerspiegelt und der zum Abdiskontieren der Zukunftswerte verwendet wird. In ihm werden die Opportunitätskosten des im Unternehmen eingesetzten Kapitals berücksichtigt (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 184).
Der Economic Value Added ergibt sich entsprechend der nachfolgenden Formel (vgl. Mengele 1999, S. 136). Es ist zu betonen, dass es sich dabei um eine einperiodige Messgröße handelt, die allerdings durch Aufbau einer „EVA-Zeitreihe“ und deren Abdiskontierung auf den Betrachtungszeitpunkt in den mehrperiodigen Shareholder-Value beziehungsweise „Market Value Added“ überführt werden kann (vgl. Günther 1997, S. 243; Fischer 2001, S. 170).
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes EVAt
67
NOPAT t k WACC NOAt 1
mit: NOPATt = Gewinn vor Zinsen in der Periode t NOAt-1 k
WACC
= Kapitalbindung zu Beginn der Periode t = gewichteter Kapitalkostensatz/Opportunitätskostensatz
Der Economic Value Added ist dabei deckungsgleich mit dem häufig anzutreffenden Begriff des Economic Profit, der durch Multiplikation des investierten Kapitals mit der Differenz aus Kapitalrendite und Kapitalkostensatz entsteht (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 67 und S. 184 ff.) und sich durch einfache Umformung darstellen lässt:
§ NOPATt · EPt ¨¨ k WACC ¸¸ NOAt 1 © NOAt 1 ¹
ROIC k
WACC
NOA
t 1
mit: EPt
= Economic Profit in der Periode t
ROIC
= Return on Invested Capital / Kapitalrendite
Mit dem Discounted Cash Flow, dem Economic Value Added und dem Economic Profit wurden drei ausgewählte Konzepte zur Darstellung des Unternehmenswertes kurz skizziert. Dabei handelt es sich nur um einen Ausschnitt aus den existierenden Ansätzen (vgl. Abbildung 14). Die bezeichneten Ansätze wurden an den entsprechenden Stellen in der Literatur bereits ausführlich beschrieben (vgl. Hachmeister 1995; Hebertinger 2002; Coenenberg/Salfeld 2007; Copeland/Koller/Murrin 2002). Es ist hervorzuheben, dass viele der unter unterschiedlichen Namen „vermarkteten“ Wertsteigerungskonzepte und -maßgrößen im Kern auf althergebrachten kapitaltheoretischen Modellen aufsetzen (vgl. Hebertinger 2002, S. 196) und, wie oben beispielhaft gezeigt, sich häufig durch einfache mathematische Umformungen ineinander überführen lassen. Bereits den Urhebern des EVA-Konzeptes war auch bewusst, dass die Anknüpfung an Zahlen des externen Rechnungswesens die weiter oben in diesem Abschnitt beschriebenen Problemfelder nach sich zieht. GÜNTHER spricht deshalb von einer „Vermischung von marktbezogenen und buchhalterischen Größen“ (Günther 1997, S. 243). Eine Vielzahl so genannter „Adjustments“ an den buchhalterischen Gewinn- und Vermögensgrößen sollen deshalb die Nachteile der eher auf Schutz ausgelegten Prinzipien der Rechnungslegung wie beispielsweise Vorsichts-, Realisations- oder Imparitätsprinzip zugunsten einer eher an den Anforderungen des Kapitalmarktes ausgerichteten Sichtweise ausmerzen (vgl. Groll 2003, S. 56). GEBHARDT/MANSCH verweisen unter Bezug auf das von der Unternehmensberatung STERN STEWART etablierte EVA-Konzept auf bis zu 160 erforderliche Anpassungsschritte (vgl. Geb-
68
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
hardt/Mansch 2005, S. 39), die beispielsweise auch der Normalisierung, also der Bereinigung einmaliger Sondereffekte dienen (vgl. Hahn 2002, S. 131 f.). In der Praxis werden diese Anpassungen in der Regel nur sparsam aufgegriffen, nicht zuletzt auch auf Grund der ihnen innewohnenden Komplexität (vgl. Männel 2006, S. 129). Das beschriebene Vorgehen an sich führt letztendlich zu einer Kombination aus der Anknüpfung an bilanziellen Größen sowie der Integration kapitalmarkttheoretischer Ansätze und dementsprechend zum Versuch, die Vorteile aus beiden Verfahren zu kombinieren. Es muss in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, dass beide Verfahren, also Discounted Cash Flow-Methode und Residualgewinnmodell, zum selben Ergebnis führen, sofern sie auf dem gleichen Prämissen und Daten basieren (vgl. Coenenberg/Schultze 2002, S. 616). Dabei sei insbesondere auf das LÜCKE-Theorem verwiesen, das die besagte Identität zwischen dem Kapitalwert auf Basis von Zahlungsüberschüssen und dem Kapitalwert auf Basis von Periodenerfolgen nachweist, sofern man von den jährlichen Gewinnbestandteilen die kalkulatorische Verzinsung auf das hierdurch gebundene Kapital abzieht (vgl. Küpper 2005, S. 144 ff.; Neubürger 2000, S. 193; Kuhner/Maltry 2006, S. 72 f.; Weiß 2006, S. 44). Ungeachtet der bestehenden Problematiken erfreut sich das EVA-Konzept nach wie vor hoher Beliebtheit in der Praxis und lässt insbesondere auch eine Affinität zum Thema Mergers & Acquisitions erkennen. Aus der vorangehenden Formel werden bereits die beiden elementaren Wertreiber eines Unternehmens ersichtlich: die (notwendigerweise über den Kapitalkosten liegende) Kapitalrendite sowie das (Vermögens-)Wachstum (vgl. Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 184). Diese führen direkt zu den beiden grundlegenden Ansätzen der Wertsteigerung, die im nachfolgenden Abschnitt aufgegriffen und unter besonderer Berücksichtigung der Relevanz im Hinblick auf die wertsteigernde Durchführung von Unternehmenstransaktionen diskutiert werden. Auf die verschiedenen Werttreiber soll dann in Abschnitt 2.2.2.4 noch vertieft eingegangen werden.
2.2.2.3 Grundlegende Ansätze der Wertsteigerung Die Frage, wie für ein Unternehmen, das heißt für die im Abschnitt 2.2.2.1 beschriebenen Eigentümer, Wert geschaffen werden kann, führt zu einer direkten Verbindung von wertorientierter Unternehmensführung und den auf unternehmerisches Wachstum abzielenden M&AStrategien: „Profitables Wachstum ist ein Schlüsselerfolgsfaktor zur Steigerung des Unternehmenswertes. Die drei wesentlichen Wachstumsstrategien stellen internes, organisches Wachstum, externes Wachstum durch Akquisitionen von Unternehmen sowie Kooperationen und Fusionen dar.“ (Wildemann 2002, S. 34). Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Betrachtung von Wachstumsperspektiven unter dem Primat der Profitabilität (vgl. Looser 1999, S. 265). Strategien, die ein Wachstum unterhalb der Profitabilitätsgrenze in Form des WACC generieren, bewirken dagegen eine Wertvernichtung für das Unternehmen: „Eine Wertsteige-
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
69
rung erfolgt hierbei also nur, wenn die realisierte Rendite einer Investition (bzw. eines Projektes, wie eben eines Unternehmenszusammenschlusses) über dem Kapitalkostensatz liegt“ (Schwarz 2004, S. 126; vgl. Börsig 2000, S. 167). Abbildung 15 veranschaulicht die drei grundsätzlichen Wege der Wertschaffung durch eine Steigerung der Rentabilität, durch eine Generierung profitablen Wachstums sowie durch eine Kombination der beiden Wege. Dabei zeigt die jeweils in dunkelgrau dargestellte Fläche die durch ein M&A-Projekt im Vergleich zur Ausgangssituation erreichte Wertschaffung, die dann am größten ist, wenn das Wachstum mit einer Steigerung der Rendite auf Unternehmensebene einhergeht. Wege der Wertschaffung Steigerung der Rentabilität Rendite
Profitables Wachstum Rendite
Kombination Rendite
R2
R2
R1
R1, R2
R1
WACC
WACC
WACC
Investiertes Kapital IK 1,2 = Kapitalkosten
Investiertes Kapital
IK1
= Ursprünglicher Übergewinn
IK2
Investiertes Kapital
IK1
IK2
= Steigerung Übergewinn / Wertschaffung
Abbildung 15: Grundsätzliche Wege der Wertschaffung (in Anlehnung an Roos/Stelter 2000, S. 389 und Wildemann 2002, S. 25)
Die Gefahr einer Wertvernichtung durch M&A-Transaktionen ist deshalb in den Situationen gegeben, in denen durch die entsprechenden Projekte zwar Wachstum, nicht jedoch die für eine Befriedigung der Ansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern erforderliche Mindestrendite in Höhe des WACC erwirtschaftet wird. Abbildung 16 zeigt eine Situation, in der ein Wachstumsprojekt zwar die Substanz des Unternehmens erhöht, letztendlich aber eine Wertvernichtung auf Grund einer unter dem WACC liegenden Verzinsung verursacht. Dabei wird der Unternehmenswert in folgender Höhe reduziert: ܹ݁ ݃݊ݑݐ݄ܿ݅݊ݎ݁ݒݐݎൌ ሺܭܫଶ െ ܭܫଵ ሻ כሺܹ ܥܥܣെ ܴଶ ሻ Dabei besteht als vierter Weg der Wertsteigerung natürlich das Ausschöpfen der Möglichkeiten einer Senkung der Kapitalkosten, wodurch die Hürden für die Profitabilitätsgrenze und somit auch die Anforderungen an die Mindestverzinsung von Investitionsprojekten gesenkt werden.
70
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung Wertvernichtung durch unprofitables Wachstum Unprofitables Wachstum
Ausgangssituation
Rendite
Rendite
R1, R2
R1
WACC
WACC R2
Investiertes Kapital +
= Kapitalkosten
Investiertes Kapital
IK 1 = Ursprünglicher Übergewinn
IK1
IK2
= Wertvernichtung
Abbildung 16: Wertvernichtung durch unprofitables Wachstum
Aus dieser Verknüpfung von Substanzerweiterung und Erhöhung der Verzinsung leitet sich auch die Notwendigkeit eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems ab. Wachstum durch M&A-Transaktionen im Sinne einer reinen Substanzerweiterung führt, wie gezeigt, zu einer Verringerung des Unternehmenswertes, sofern die darauf erzielte Rendite unter der geforderten Mindestverzinsung in Höhe des WACC liegt. Ein unternehmenswertorientiertes M&A-Controlling ist erforderlich, um x
ex-ante die zu erwartende Wertsteigerung durch die M&A-Transaktion zu prognostizieren, also beispielsweise die möglichen Synergiepotenziale zu planen und zu bewerten (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 18),
x
während der Transaktion die grundlegenden Treiber der Wertsteigerung wertsteigernd zu koordinieren, zu überprüfen, sie gegebenenfalls auf Grund einer aktuelleren Datenbasis anzupassen und neu zu bewerten, sowie
x
begleitend zur Integrationsphase die Zielerreichung zu überwachen und gegebenenfalls entsprechende Steuerungsmaßnahmen einzuleiten.
Das unternehmenswertorientierte M&A-Controlling fungiert demnach als „Anwalt der Werterhöhung durch Unternehmenstransaktionen“. Wenn es auch die Wertsteigerung nicht von sich aus generieren kann, so kann es zur wertmaximierenden Steuerung der Transaktion einen Beitrag leisten (vgl. Esser 2000, S. 186).
2.2.2.4 Treiber der Wertsteigerung Werttreiber können als „… grundlegende Ansatzpunkte zur Verbesserung des Unternehmenswertes …“ (Gebhardt/Mansch 2005, S. 52) begriffen werden. Sie werden synonym häufig auch als Werthebel beziehungsweise, dem Englischen entlehnt, als Value Drivers bezeich-
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
71
net. Im Gegensatz zu einer relativ abstrakten Vorgabe „Steigerung des Unternehmenswertes“ setzen Werttreiber auf der operativen Ebene an und ermöglichen somit die konkrete Umsetzung des Wertsteigerungsgedankens für die einzelnen Mitarbeiter. Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein konsistenter, durchgängiger Zusammenhang zu dem finanziell ausgedrückten Unternehmenswert im Sinne einer Ursache-Wirkungs-Kette, damit die einzelnen operativen Maßnahmen auch tatsächlich darauf Einfluss haben und letztendlich wertsteigernd wirken. In der Praxis ergibt sich dabei ein kaskaden- beziehungsweise pyramidenförmiger Aufbau von wertorientierten, unterschiedlich aggregierten Steuerungsgrößen, der ausgehend von der finanziellen Ebene die verwendeten Kennzahlen sukzessive in verschiedenen Schritten in die Einzelkomponenten zerlegt und am Ende zu den dahinter stehenden Werttreibern gelangt. Da die Werttreiber das zentrale Instrument für die Realisierung der Wertsteigerung auf operativer Ebene darstellen, müssen sie sorgfältig ausgewählt werden und zur Entscheidungsunterstützung sowie zur Verhaltenssteuerung beitragen (vgl. hierzu und zum folgenden Gebhardt/Mansch 2005, S. 53). In erster Linie müssen Werttreiber dabei das Kriterium der Entscheidungsrelevanz erfüllen, indem sie auf Grund ihrer klaren Beziehung zur finanziellen Wertsteigerung eine entsprechende Transparenz auf Maßnahmenebene erzeugen und die Entscheidungen in den einzelnen Unternehmensbereichen am übergreifenden Ziel der Unternehmenswertsteigerung orientieren. Sie haben dabei wichtige Hinweise auf die mit der Entscheidung in Zusammenhang stehenden Erfolgs- und Risikopotenziale zu liefern. Damit die zu treffenden Entscheidungen der Verantwortlichen dann auch tatsächlich zum Wohle des Unternehmens im Sinne der übergreifenden Wertsteigerung getroffen werden, besteht die zweite wichtige Anforderung an Werttreiber in der Kontrollrelevanz. Sie hat zum Inhalt, dass x
bei einer Veränderung eines Werttreibers eine Veränderung des Unternehmenswertes zu erwarten ist (Zielkongruenz) und dass seine Ausprägung unabhängig vom Ermessen des Entscheidungsträgers ist (Maßgenauigkeit). Diese beiden Eigenschaften werden auch unter dem Begriff der Anreizverträglichkeit zusammengefasst.
x
die verwendeten Größen analysierbar sowie verständlich sind und damit der Kommunizierbarkeit Genüge tun.
Als dritte Anforderung lässt sich schließlich noch die Wirtschaftlichkeit ableiten. Demnach müssen die Wertreiber einfach messbar sein und der Aufwand für ihre Ermittlung muss in einem annehmbaren Verhältnis zu dem daraus erwarteten Nutzen stehen. In Abschnitt 2.2.2.3 wurden die beiden elementaren Treiber zur Erhöhung des Unternehmenswertes hervorgehoben: die Kapitalrendite, welche über den Kapitalkosten des Unternehmens liegen muss, sowie das (Vermögens-)Wachstum. Eine weiterführende Darstellung wurde von RAPPAPORT vorgenommen, der im Zuge seiner Ausarbeitungen so genannte Wertgeneratoren identifiziert und diese im Rahmen seines Shareholder-Value-Netzwerkes zusammengeführt hat (vgl. Abbildung 17).
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Corporate Objective
72
Management Decisions
Value Drivers
Valuation Components
Shareholder Value Added (SVA)
Cash Flow from Operations
Value Growth Duration
Shareholder Return Dividends Capital Gains
Discount Rate
Sales Growth Operating Profit Margin Income Tax Rate
Operating
Debt
Working Capital Investment Fixed Capital Investment
Investment
Cost of Capital
Financing
Abbildung 17: Shareholder-Value-Netzwerk (Rappaport 1998, S. 56)
An der Spitze der Pyramide steht die Steigerung des Shareholder Value in Form des Shareholder Value Added (SVA), welche sich in Form von Dividendenzahlungen sowie Kapitalzuwächsen bei den Anteilseignern bemerkbar macht. Maßgeblich beeinflusst wird der SVA durch die drei „Value Components“ Cash Flow, Diskontierungszinssatz sowie Verschuldungsgrad, auf die ihrerseits die sieben von RAPPAPORT identifizierten Wertgeneratoren („Value Drivers“) einwirken: x
Value Growth Duration: Zeitrahmen, innerhalb dessen die Wertsteigerung stattfindet, auch bezeichnet als „Wirkungsdauer der Strategie“ (vgl. Hachmeister 1995, S. 54) oder „Länge der Detailplanungsphase“ (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 108),
x
Sales Growth: Wachstumsrate des Umsatzes,
x
Operating Profit Margin: Umsatzrentabilität,
x
Income Tax Rate: pagatorischer Einkommen-/Ertragssteuersatz,
x
Working Capital Investment: Investitionen in das Anlagevermögen,
x
Fixed Capital Investment: Investitionen in das Umlaufvermögen,
x
Cost of Capital: Kapitalkosten für das Gesamtkapital, also sowohl Eigen- als auch Fremdkapital.
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
73
RAPPAPORT ordnet die Wertgeneratoren den drei Bereichen „Operatives Geschäft“, „Investitionsbereich“ sowie „Finanzierungsbereich“ zu, welche den zentralen Entscheidungsbereichen des Managements entsprechen und somit die Möglichkeiten für Ansatzpunkte für wertsteigernde Maßnahmen bieten. Das Shareholder-Value-Netzwerk wurde in der Folge vielfach aufgegriffen und modifiziert. Insbesondere die Unternehmenspraxis hat im Zuge der Einführung von Wertmanagement-Konzepten immer wieder Bezug darauf genommen, eine Detaillierung zu spezifischen „Treiberbäumen“ vorgenommen und passende Kennzahlen für die Unternehmenssteuerung abgeleitet. Ein Beispiel hierfür stellt der GeschäftswertbeitragTreiberbaum von Siemens dar (vgl. Abbildung 18). GWB®
Geschäftsergebnis
Kapitalkosten
(EBIT)
x Kapitalkostensatz
Umsatz Verwaltungskosten
Material
Materialproduktivität
Funktionskosten Umsatzkosten
Logistik
Vertriebskosten
Fertigung
Durchlaufzeiten
Vorräte
Vorratsumschlag
Geschäftsvermögen
Sonstige* Umlaufvermögen
FuE-Kosten
Verbindlichkeiten
Forderungen
Erhaltene Anzahlungen
Anlagevermögen
Sachanlagevermögen
Adjustments
Finanzanl.vermögen
Operative Kennzahlen (Beispiele)
Forderungsumschlag
*) u.a. Beteiligungsergebnis, Finanzadjustments ®
Abbildung 18: GWB -Treiber-Baum (Quelle: Neubürger/ Sen 2001, S. 1078)
Daneben existieren in der Literatur Vorschläge von anderen Autoren für vergleichbare Kennzahlensysteme. Stellvertretend sei hier auf die Arbeiten von COPELAND/KOLLER/MURRIN (vgl. Copeleland/Koller/Murrin 2002) und GÜNTHER (vgl. Günther 1997) verwiesen. Mit Hilfe der Werttreiber und des Kennzahlensystems soll es gelingen, eine effektive und effiziente Steuerung derartiger Transaktionen zu ermöglichen und die Steigerung des Unternehmenswertes dadurch sicherzustellen: „Vielmehr ist das Controlling gefordert, die Verankerung des Wertmanagements auf allen Unternehmensebenen voranzutreiben. Dazu gehört z.B. die Identifikation der Werthebel und Werttreiber, durch die der einzelne Mitarbeiter den Unternehmenswert beeinflussen kann.“ (Kieninger/Mayer 2002, S. 229 f.). Ein Beispiel, wie ein entsprechender Regelkreis der Wertsteigerung im Unternehmen aussehen kann, wurde von COENENBERG/SALFELD erarbeitet (vgl. Coenenberg/Salfeld 2007, S. 37 ff.). Eine Steigerung des Börsenkurses als Abbild und Katalysator der Wertsteigerung führt dabei zur Verfügbarkeit von mehr Kapital für Investitionen, die im Sinne von Spielräumen für das Unternehmenswachs-
74
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
tum genutzt werden können. Richtiges Wachstum führt dann im nächsten Schritt eine Umsatzsteigerung nach sich, welche die Markterwartungen erhöht und somit zu einer weiteren Steigerung des Unternehmenswertes führen sollte. Die sich ergebende Spirale setzt sich dann im Idealfall „unendlich“ fort (vgl. Abbildung 19). Welche Rolle die Verbindung zwischen M&A und Wertmanagement dabei spielt, wird im folgenden Abschnitt hinterfragt.
Steigerung des Börsenwerts
Mehr
Erhöhung der
Investitions-
Erwartungen
kapital
Umsatzsteigerung
Mehr Spielräume für Wachstum
Abbildung 19: Wertsteigerungskreislauf (Quelle: Coenenberg/Salfeld 2007, S. 38)
2.2.3
Verbindung von Wertmanagement, M&A und Prozesssicht
In der fünften Merger-Welle kann erstmals eine explizite Orientierung an der Steigerung des Shareholder Value identifiziert werden, die sich in den letzten Jahren insbesondere im Hinblick auf internationale Mergers & Acquisitions als zentrale ökonomische Zielformulierung etablierte (vgl. Kümpel/Fischedick 2004a, S. 48). Die auf portfoliogestaltende Integrationsbeziehungsweise Entflechtungsaktivitäten abzielenden Transaktionen der ersten vier Wellen erfahren hier eine konsequente Ausrichtung auf die unternehmerische Wertsteigerung „… als ökonomischer Imperativ der strategischen und strukturellen Gestaltung von Unternehmenszusammenschlüssen.“ (Bausch 2003, S. 81). Für jeden Unternehmenszusammenschluss ist also zu fordern, dass er „… für sich genommen einen positiven residualen Kapitalwert (‚Net Present Value’) …“ (Bausch 2003, S. 88) aufweist. Bereits Anfang der 80er Jahre verwies RAPPAPORT auf die Bedeutung von Wachstum als grundlegenden Werttreiber (vgl. Rappaport
Entwicklung und State-of-the-Art des Wertmanagement-Konzeptes
75
1998, S. 55 ff.), und aktuelle Studien stellen einen direkten Zusammenhang zwischen der Akquisitionsintensität und dem erzielten Total Shareholder Return (TSR) von Unternehmen her (vgl. The Boston Consulting Group 2004). Auch wenn nach JANSEN/PETERSEN „…kein eindeutig zu präferierendes Bewertungsverfahren für den Erfolg und Misserfolg von Unternehmenszusammenschlüssen abgeleitet werden kann“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.), hat sich die Veränderung des Anteilseignervermögens inzwischen als grundlegender Maßstab zur Beurteilung des Akquisitionserfolgs etabliert (vgl. Bamberger 1994, S. 339; Copeland/Koller/Murrin 2002, S. 148; Bartels/Koch 2005, S. 412). Dies wurde auch in der Studie zum Akquisitionscontrolling von BAETGE/BRUNS von den Befragten bestätigt (vgl. Baetge/Bruns 1996, S. 24). GÜNTHER sieht darüber hinaus eine ursächliche Verknüpfung zwischen dem M&A-Boom der 80er Jahre und dem Aufkommen des Shareholder Value Ansatzes: die durch die zahlreichen M&A-Transaktionen aufgedeckten Wertlücken zwischen aktuellen und potenziell realisierbaren Unternehmenswerten erforderten einen theoretischen Erklärungsansatz, der gleichzeitig auch einer stärkeren Gewichtung des Eigentümerwerts im unternehmerischen Zielsystem beinhaltete (vgl. Günther 1997, S. 64 f.; Michel 1996b, S. 58). SCHOLZ formuliert dabei zwei Thesen für eine Wertsteigerung durch Unternehmenstransaktionen: x
„… je besser der ‚fit’ zwischen Akquisiteur und Akquisitionsobjekt, umso höher das Wertsteigerungspotential und damit der subjektive Wert der Akquisition“ (Scholz 2000, S. 130).
x
„… je exklusiver das Wertsteigerungspotential - d.h. je ‚einzigartiger’ der unternehmensspezifische (monopolistische) Vorteil des Akquisiteurs - umso größer seine Chance, aus der Akquisition eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen“ (Scholz 2000, S. 130).
Für strategisch induzierte Akquisitionen setzt sich nach der Auffassung von TOMASZEWSKI der Wert eines Unternehmens grundsätzlich aus den beiden Komponenten „Stand-AloneWert“ und „Strategischer Zuschlag“ zusammen, wobei er den Zuschlag in die Einzelbestandteile Restrukturierungspotenziale, Synergiepotenziale sowie Beitrag zur geplanten Strategieumsetzung differenziert (vgl. Tomaszewski 2000, S. 44). Wertsteigerung als unternehmerisches Ziel sowie M&A als zentraler Stellhebel zur Zielerreichung sind somit untrennbar miteinander verbunden (vgl. Schumann 2005, S. 1): „… das heißt M&A-Aktivitäten sind an ihren potenziellen Wertbeiträgen auszurichten.“ (Schulz 2002, S. 16). Unternehmenstransaktionen werden nur durchgeführt, wenn sie den Unternehmenswert erhöhen, und die nachhaltige Erhöhung des Unternehmenswertes erfordert kontinuierliches internes und externes Wachstum. WILDEMANN unterstreicht dabei die Schwierigkeit der damit in Zusammenhang stehenden Problemstellung: „Der Erfolg von M&A, eine Wertsteigerung herbeizuführen, ist zweifelhaft und lässt sich auf ganze Ursachenbündel zurückführen.“ (Wildemann 2008, S, 3). Als Ursachen werden angeführt: kein zielgerichteter Einsatz von Ressourcen, eine Verschlechterung der Arbeitsmoral und der Motivation der Mitarbeiter durch mangelnde Kommunikation,
76
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
ein Wechsel von Leistungsträgern zur Konkurrenz, sinkende Produktivität, Kundenabwanderung und Marktanteilsverlust, niedrige Integrationsgeschwindigkeit und hohe Dauer der Übergangsphase, Kollision der Unternehmenskulturen sowie eine mangelnde konsistente Unternehmensausrichtung (vgl. Wildemann 2008, S. 3). Wenn auch die Frage nach dem geeigneten Maßstab zur Beurteilung über Erfolg und Misserfolg von M&A diskutiert wurde, so ist das Bild über die Umsetzung in der Praxis zwiespältig. Das Spektrum der Meinungen reicht dabei von der Einschätzung, dass x
„Shareholders must see a short-term win from an acquisition, or their support for the purchase, and the management who performed the acquisition, will erode.” (Paulson 2001, S. 73) bis hin zu der Tatsache, dass
x
“… einige der erfolgreichsten DAX-Unternehmen kein explizit wertorientiertes Controlling-System eingeführt haben“ (Müller/Hirsch 2005, S. 86).
Im Hinblick auf Mergers & Acquisitions in deutschen Großunternehmen zeigt die Studie von PELLENS, TOMASZEWSKI und WEBER bemerkenswerte Details, die nach Ansicht der drei Autoren für das Beteiligungscontrolling eine klare Tendenz in Richtung Wertmanagement induzieren. Insbesondere vier Aussagen stellen sie in diesem Zusammenhang heraus, die jedoch unmittelbar wieder relativiert werden und so auf eine nach wie vor existierende Unterentwicklung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems in der Unternehmenslandschaft hindeuten (vgl. hierzu Horváth 2003, S. 63 ff.): x
Die Aufgabenschwerpunkte des Controlling liegen schwerpunktmäßig in der „ … Beurteilung des Erfolgsbeitrags der Beteiligungen (91%) sowie bei der strategischen Analyse und finanzwirtschaftlichen Bewertung potentieller Akquisitions- und Desinvestitionsobjekte (41%), jedoch kaum bei der Integration der Beteiligungen in den Gesamtkonzern.“ (Horváth 2003, S. 63).
x
Defizite bestehen darüber hinaus bei der Ermittlung von Preisuntergrenzen in Zusammenhang mit dem Verkauf von Beteiligungen.
x
Zur Bewertung von Investitionsvorhaben hat sich die mit dem Wertmanagement-Konzept in Einklang stehende DCF-Methodik durchgesetzt.
x
Der Einsatz wertorientierter Erfolgsgrößen als Beurteilungsmaßstab ist zwar vorangeschritten, in der Mehrzahl der Fälle finden jedoch noch immer traditionelle Größen wie beispielsweise die Umsatzrendite oder Eigen-/Gesamtkapitalrendite Anwendung.
Neben dem mangelnden Einsatz des Controlling im Rahmen der Integrationsphase stellt somit insbesondere die fehlende Konsequenz bei der Umsetzung des Wertmanagement-Gedankens im M&A-Controlling ein eklatantes Defizit dar. Diese Tatsache steht im Widerspruch zur oben dargestellten Bedeutung von Mergers & Acquisitions im Hinblick auf die Erreichung
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
77
einer nachhaltigen Unternehmenswertsteigerung. Eine strategische Zielvorgabe ohne entsprechende Verankerung in der Organisation im Sinne der Implementierung eines Systems zur Planung, Steuerung und Kontrolle aller darauf auszurichtenden unternehmerischen Aktivitäten wird im Regelfall wirkungslos bleiben. Insbesondere sind dabei (vgl. Günther 1997, S. 66): x
die Gesamtstrategie in konkrete strategische Ziele zu übersetzen,
x
die Wirkungszusammenhänge zwischen den strategischen Zielen transparent zu machen,
x
Maßnahmen, Zielwerte und Messgrößen für die Strategieumsetzung zu erarbeiten sowie
x
entsprechende Kontroll- und Motivationsmechanismen zu implementieren.
Die Erweiterung des klassischen Controlling zu einem Gesamtsystem der wertorientierten Unternehmensführung bietet hier den entscheidenden Lösungsansatz: „Auch in der Unternehmenspraxis bedeutet Wertorientierung heute zuallererst wertorientiertes Controlling“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 11). Unter Hinzuziehung der in Abschnitt 2.1.3 dargestellten Notwendigkeit einer Prozessorientierung im Rahmen der M&A-Steuerung besteht die zentrale Fragestellung nun darin, inwieweit die derzeit existierenden Controlling-Systeme die Anforderungen einer prozessorientierten M&A-Steuerung erfüllen können und wo gegebenenfalls eine explizite Weiterentwicklung ansetzen muss. Prozessorientierte Steuerung kann nur gelingen, wenn dazu die geeigneten prozessorientierten Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsysteme bereitstehen. Nachfolgender Abschnitt 2.3 stellt, ausgehend von der Beschreibung einer umfassenden Controlling-Konzeption, die spezifische Rolle des Controlling bei der Steuerung von Unternehmensprozessen dar und bildet durch den Brückenschlag zum Wertmanagement die dritte entscheidende Säule für den in Kapitel 3 folgenden Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems.
2.3 2.3.1
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling Definition und Klassifizierung des Controlling
2.3.1.1 Zum Begriff „Controlling“ Der Begriff „Controlling“ ist aus dem englischen Verb „to control“ abgeleitet, dessen Ursprünge auf das lateinische Wort „contra“ mit dem Sinn des „Führens einer Gegenrolle“ zurückzuführen sind (vgl. Günther 1997, S. 66). Im Gegensatz zu dem im deutschen Sprachgebrauch häufig assoziierten Begriff „Kontrolle“ bezeichnet „to control“ in seiner ursprünglichen Bedeutung ein deutlich größeres Themenfeld als die reine Kontrolle unternehmerischer Sachverhalte. So reicht das Spektrum der Übersetzung von „führen, leiten“ über „steuern, lenken, regeln“ bis hin zu „beherrschen, kontrollieren“ (vgl. PONS 1999, S. 1200) und lässt
78
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
dabei schon das umfangreiche Aufgabenspektrum heutiger Controllingabteilungen erahnen. GÜNTHER spricht in diesem Zusammenhang von Controlling-Systemen (vgl. Günther 1997, S. 68). Gleichzeitig ist durch eine in Theorie und Praxis gleichermaßen vielfach unsaubere Abgrenzung Verwirrung in Bezug auf die eigentliche Verwendung des Begriffs „Controlling“ beziehungsweise „Controller“ entstanden. Prinzipiell müssen drei Aspekte von ControllingSystemen beleuchtet werden: x
Personenbezogen („der Controller“): der Person des Controllers obliegt die Unterstützung der Unternehmensleitung bei Planung, Steuerung und Kontrolle der Aktivitäten im Unternehmen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der Controller nimmt also eine führungsunterstützende Tätigkeit wahr, er macht jedoch selbst kein „Controlling“ (vgl. Horváth 2003, S. 22).
x
Tätigkeitsbezogen („das Controlling“): das „Controlling“ entsteht in der Interaktion zwischen Unternehmensleitung beziehungsweise Manager und Controller. Es beinhaltet sowohl die Servicetätigkeiten des Controllers als auch die ergebnisverantwortliche Umsetzung der abgeleiteten Maßnahmen durch den Manager. Controlling findet somit funktionsübergreifend statt. Je nach Ebene lassen sich die Inhalte des Controlling in strategische und operative Aspekte differenzieren (vgl. International Group of Controlling (1999), S. 219).
x
Funktions-/abteilungsbezogen („die Controlling-Abteilung“): die organisatorische Verankerung des Controlling in den Unternehmen kann unterschiedlich gestaltet werden. Grundsätzlich lässt sich die institutionelle Ausprägung unterscheiden in die beiden Segmente „Zentrales Controlling“ und „Dezentrales Controlling“ (vgl. Horváth 2003, S. 19).
Durch ein derart weites Verständnis wird auch die Abgrenzung der Funktion „Controlling“ und der Funktion „Unternehmensleitung“ beziehungsweise „Manager“ schwieriger. Prinzipiell lässt sich in diesem Zusammenhang feststellen, dass die Aufgaben des Managers in erster Linie umsetzungsorientiert sind, während der Controller den Manager bei dieser Tätigkeit als „Lotse“ unterstützt. Abbildung 20 fasst die Abgrenzung zwischen Manager und Controller zusammen.
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
Manager
Controller
Ergebnisverantwortlich als
Transparenzverantwortlich als „Lotse zum Gewinn“ mit
Projektverantwortlicher Produktverantwortlicher Bereichsverantwortlicher
79
Informations-Service
Controlling
sowie für Strategische
Erfolgspositionen
Entscheidungs-Service Koordinations-Service
sowie als Planungs-Moderator
Abbildung 20: Controlling als Schnittmenge zwischen Manager und Controller (Quelle: in Anlehnung an International Group of Controlling 1999, S. 219)
2.3.1.2 Ursprung des Controlling Die Wurzeln des Controlling lassen sich bis ins Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen (vgl. Küpper 2005, S. 1). Die Controllingaufgaben sind zu Beginn in den USA aus der Konsolidierung der Funktionen des „secretary“ (Schriftführer) und des „treasurer“ (Schatzmeister) hervorgegangen und erhielten somit im Zuge der starken Zunahme der entsprechenden Aufgaben eine neue Bedeutung und Verankerung (vgl. Horváth 2003, S. 23). Die Verbreitung des Controlling im deutschen Sprachraum begann schließlich Ende der 50er Jahre (vgl. Küpper 2005, S. 1). Im Zuge der Etablierung dieser Funktion in den Unternehmen fand auch eine verstärkte Ausarbeitung entsprechender wissenschaftlicher Konzeptionen statt (vgl. Horváth 2003; Küpper 2008). Heute kann Controlling als eigenständige Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre verstanden werden, die (vgl. Küpper 2005, S. 7) x
eine eigenständige Problemstellung zum Inhalt hat,
x
über theoretische Ansätze verfügt und damit „ … eigenständige wissenschaftliche Leistungen gelingen, die über die bisherigen Ergebnisse hinausgehen“ (Küpper 2005, S. 7), und die
x
eine Umsetzung ihrer Konzepte in der Praxis verzeichnen kann.
80
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.3.2
Grundsäulen des Controlling-Konzeptes
2.3.2.1 Konzeption des Controlling Nach HORVÁTH bezeichnet eine Controlling-Konzeption „…die in Bezug auf einen spezifischen internen und externen Kontext vorgenommene spezifische Definition der Controllingziele und die Ausgestaltung des Controllingsystems“ (Horváth 2003, S. 149). Maßgebliche Kennzeichen eines Controlling-Konzepts sind demnach die Ziele, die einem zu definierenden, aus einem Set von Aufgaben und Instrumenten bestehenden ControllingSystem vorzugeben sind. KÜPPER verweist dabei auf die unbedingte Notwendigkeit, die konzeptionelle Beschreibung des Controlling von seiner organisatorischen Ausgestaltung zu trennen und begründet dies mit der andernfalls drohenden Einschränkung der Freiheitsgrade in der Organisation sowie mit der Gefahr einer Nichtbeachtung von organisationsbezogenen Spezifika bei der Einführung eines Controlling-Systems (vgl. Küpper 2005, S. 8). In der Literatur wurde bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Controlling-Konzeptionen entworfen (vgl. Küpper 2005, S. 12 f.), von denen an dieser Stelle stellvertretend die beiden für den deutschsprachigen Raum besonders hervorzuhebenden Konzeptionen von HORVÁTH (vgl. Horváth 2003) und KÜPPER (vgl. Küpper 2008) näher betrachtet werden sollen. Im Verständnis von HORVÁTH besteht das Ziel des Controlling in der „… Sicherung und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions- und Adaptionsfähigkeit der Führung, damit diese die Ergebnis- und Sachziele der Unternehmung realisieren kann.“ (vgl. Horváth 2003, S. 149). Für die Erreichung dieses Zieles obliegt dem Controlling-System im Wesentlichen die Koordination von Planung und Kontrolle sowie Informationsversorgung im Hinblick auf die Ausrichtung auf das Ergebnisziel. Der Controller fungiert hier als „Anwalt der Ergebnisorientierung“ (Seidenschwarz 2003, S. 83) im Unternehmen. Die Notwendigkeit für die Bereitstellung eines derartigen Koordinationssystems wird dabei aus zwei Problembereichen abgeleitet (vgl. Horváth 2003, S. 3): x
Die Unternehmen bewegen sich heute in einem zunehmend dynamischen und komplexen Umfeld, weshalb die Frequenz der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen drastisch steigt. Nur die konsequente Berücksichtigung der sich verändernden Umweltsituationen stellt den langfristigen Unternehmenserhalt sicher.
x
Diese zunehmende Umweltdynamik und -komplexität generiert ihrerseits eine zunehmende Differenziertheit der Unternehmungen, die beispielsweise in einer Fragmentierung von Organisationsstrukturen, Zielsystemen oder Machtstrukturen zum Ausdruck kommt. Es handelt sich dabei um die Reaktion auf die von außen an die Unternehmen herangetragenen Wandelerscheinungen, um die Veränderungen beherrschbar zu machen. Externer Wandel bedingt somit den internen Wandel (vgl. Abbildung 21).
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
81
Externer Wandel
Interner Wandel
• Politische Veränderungen: • Lockerung des Kartellrechts • Deregulierung und Privatisierung wichtiger Infrastrukturbereiche • Abnahme politischer Interventionen • Veränderungen des technologischen Umfelds: • Änderung grundlegender Technologien • Entstehung virtuelle vernetzter Unternehmen • Entwicklung neuer Märkte auf Basis von weiterentwickelten Informationstechnologien • Globalisierung: • Zunehmender Wettbewerb auf den Heimmärkten • Erschließung neuer regionaler Märkte • Individualisierung der Nachfrage: • Sinkende Bedeutung der Economies of Scale • Steigende Nachfrage kundenspezifischer Lösungen
• Veränderung der Wertschöpfungskette: • Spezialisierte Anbieter in der Wertschöpfungskette • Gestiegene Bedeutung der Time to Market • Anpassung der Rechtsform und der Eigentumsverhältnisse: • Entstehung neuer Rechtsformen • Standortverlagerung • Wechsel in der Organisationsform: • Markt • Hierarchie • Hybridformen • Wettbewerb auf den Kapitalmärkten: • Shareholder Value Konzept • Interner Wettbewerb um Kapitalressourcen • Rating Status
Abbildung 21: Externer Wandel bedingt internen Wandel (in Anlehnung an Seidenschwarz 2006, S. 2)
Unternehmung Unternehmensziele Unternehmensinterne und -externe Einflussfaktoren
Führungssystem
Informationen
Führungsziel: Spezifikation und Umsetzung der Unternehmensziele Controllingziel: Sicherung und Erhaltung der Koordinations-, Reaktions-, und Adaptionsfähigkeit der Führung
Planungsund Kontrollsystem
Controllingsystem: Ergebnisorientierte Koordination systembildend systemkoppelnd
Informationsversorgungssystem
Informationen Ausführungssystem Güter Geld
Abbildung 22: Controlling-System nach HORVÁTH (Quelle: Horvath 2003, S. 149)
82
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Als Konsequenz daraus ergibt sich für die Unternehmen die Anforderung, mit Hilfe eines geeigneten Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystems diese Anpassungsfähigkeit sicherzustellen und das Unternehmen im Hinblick auf das angestrebte Ergebnisziel effektiv und effizient auszusteuern. Das Controlling bildet ein derartiges „Subsystem des Führungssystems“ (Horváth 2003, S. 150), das auf strategischer und operativer Ebene die Koordination aller dazu erforderlichen Planungs-, Kontroll- und Informationsaufgaben systembildend und systemkoppelnd wahrnimmt (vgl. Horváth 2003, S. 150). Abbildung 22 stellt das ControllingSystem im Verständnis von HORVÁTH im Überblick dar. Unter „systembildender Koordination“ wird der Aufbau der erforderlichen Strukturen sowohl aus aufbau- als auch aus ablauforganisatorischer Sicht verstanden, um die Abstimmung der jeweiligen Aufgaben im Hinblick auf die Anpassung an das sich verändernde Umfeld überhaupt wahrnehmen zu können. Im Einzelnen hat das Controlling in dieser Funktion sicherzustellen, dass die entsprechenden Systeme für Planung, Kontrolle und Informationsversorgung zur Verfügung stehen und die in diesem Zusammenhang erforderlichen Regelungen und Koordinationsorgane existieren (vgl. Horváth 2003, S. 125 f.). „Systemkoppelnde Koordination“ bedeutet hingegen die Gestaltung und Steuerung von Schnittstellen und Interdependenzen zwischen den bestehenden Koordinationsmechanismen und -instrumenten, also beispielsweise die Abstimmung zwischen Planungs- und Kontrollsystem im Hinblick auf die möglichst effiziente Gestaltung der zu verwendenden übergreifenden Kennzahlen. Im Vergleich zur Controlling-Konzeption von HORVÁTH geht KÜPPER einen Schritt weiter und bezieht neben Planung, Kontrolle und Informationsversorgung auch die beiden Führungsteilsysteme Organisation und Personalführung in den Koordinationsaspekt mit ein (vgl. Abbildung 23). Das Controlling verkörpert demnach nicht nur eine ergebniszielorientierte Führungsunterstützungsfunktion, sondern auf Grund der Integration aller Führungssubsysteme vielmehr eine „universalzielorientierte Metakonzeption“ (Seidenschwarz 2003, S. 84). In dem umfassenderen Verständnis des Koordinationsgedankens liegt auch der wesentliche Unterschied zur Konzeption von HORVÁTH begründet. Der Hauptangriffspunkt gegenüber der Konzeption von KÜPPER besteht in dem Vorwurf, der Koordinationsgedanke würde keine klare Abgrenzung des Controlling gegenüber der Managementfunktion zulassen und somit die Aufgabenstellung des Controlling verwässern: „Eine solche Auffassung würde das Controlling mit der Unternehmensführung gleichsetzen!“ (Horváth 2003, S. 123). Im Hinblick auf die Ausgestaltung eines wertorientierten M&AControlling-Systems sind jedoch die spezifischen Anforderungen des M&A-Prozesses in die Betrachtung mit einzubeziehen. Während in der Vorfeld- und Transaktionsphase der Schwerpunkt auf der Koordination von Planung, Kontrolle und Informationssystem liegt, ist insbesondere im Rahmen der Integrationsphase ist die Gestaltung und Steuerung des Personalführungssystems und der Organisation von essentieller Bedeutung (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 214 und S. 218; Rödl 2002, S. 46 ff.). Das Controlling muss dementsprechend die Koordina-
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
83
tion dieser beiden Führungsteilsysteme berücksichtigen, um eine effektive und effiziente Steuerung des M&A-Prozesses sicherzustellen. Die nachfolgenden Ausführungen zum Aufbau eines unternehmenswertorientierten M&A-Controlling-Systems basieren somit auf der koordinationsorientierten Controlling-Konzeption von KÜPPER (vgl. Küpper 2008), nachfolgend werden die darin fokussierten Controlling-Aufgaben beleuchtet. Führungssystem der Unternehmung
Planungssystem
Kontrollsystem
Controlling Personalführungssystem
Informationssystem
Organisation
Leistungssystem
Abbildung 23: Gliederung des Führungssystems der Unternehmung nach KÜPPER (Quelle: Küpper 2005, S. 30)
2.3.2.2 Aufgaben des Controlling Bevor eine Beschreibung der Aufgaben des Controlling im Allgemeinen und im Hinblick auf die Bedürfnisse einer wertsteigernden Abwicklung von Unternehmenstransaktionen im Speziellen erfolgen kann, ist das in diesem Spannungsfeld bestehende Kontinuum von möglichen Controllingaufgaben zu beleuchten. Grundsätzlich kann für die Zwecke der vorliegenden Arbeit von einem „Basisgeschäft-Controlling“ gesprochen werden, das unabhängig von M&A die wertsteigernde Planung, Steuerung und Kontrolle der Unternehmensaktivitäten übernimmt. Im Gegensatz dazu befasst sich ein „M&A-Controlling“ mit der entsprechenden wertsteigernden Koordination von Unternehmenstransaktionen einschließlich deren Integration ins Basisgeschäft. Zieht man weiterhin die klassische Einteilung in operatives und strategisches Controlling als Dimension hinzu, so lassen sich die möglichen Controllingaufgaben, wie in Abbildung 24 gezeigt, anhand einer Matrix aufzeigen. Aus der Abbildung wird deutlich, dass der Übergang zwischen Basisgeschäft- und M&A-Controlling sowie zwischen operativem und strategischem Controlling fließend ist. Kennzahlen wie Prozesszeiten oder -kosten finden beispielsweise sowohl im Tagesgeschäft als auch bei der M&A-Durchführung Anwendung, nur jeweils mit unterschiedlichen Bezügen.
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Strategisches Controlling
84
Operatives Controlling
Planung, Steuerung und Kontrolle interner (Wachstums-) Potenziale
Planung, Steuerung und Kontrolle des operativen Tagesgeschäfts
Planung, Steuerung und Kontrolle externer (Wachstums-) Potenziale (M&A-Vorfeldphase)
Planung, Steuerung und Kontrolle der M&ADurchführung (M&A-Transaktionsphase, M&A-Integrationsphase)
M&A-Controlling Basisgeschäft-Controlling Abbildung 24: Aufgaben des Controlling
Die zentrale Funktion des Controlling nach KÜPPER besteht, als Zusammenfassung der bereits im vorangehenden Abschnitt diskutierten konzeptionellen Ausprägungen eines ControllingSystems, in der Koordination des Führungsgesamtsystems. Greift man gleichzeitig die Differenzierung von HORVÁTH in systembildende und systemkoppelnde Koordination auf (vgl. Horváth 2003, S. 123 ff.), so lässt sich das Aufgabenspektrum des Controlling in die Phasen Design, Koordination und Gestaltung differenzieren. In Abbildung 25 wurden bereits erste Verknüpfungen zwischen den Aufgaben des Controlling, der Zielvorgabe durch das Wertmanagement sowie das zugrunde liegende Themengebiet M&A vorgenommen.
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
Systembildung
Systemkopplung
Ergebnisse
Funktionen
Design
Schaffung einer Gebilde- und Prozessstruktur, die zur Abstimmung von Aufgaben beiträgt
Bildung und Verknüpfung funktionaler Subsysteme
Bildung und Verknüpfung institutionaler Subsysteme
Schaffung von Koordinationsorganen
Regelungen zur Behandlung der im bestehenden Systemgefüge auftretenden Koordinationsprobleme
Aufbau- und ablauforganisatorische Organisation von M&A
Verankerung von M&A in allen Führungsteilsystemen
Kennzahlen für die effektive und effiziente M&A-Steuerung
85
Koordination
Koordinationsaktivitäten im Rahmen der bestehenden Systemstruktur • als Problemlösung
Gestaltung
Identifizierung und Realisierung von Wertsteigerungspotenzialen im M&A-Prozess
Konsequente Ausrichtung der einzelnen M&A-Teilprozesse auf die nachhaltige Steigerung des Shareholder Value.
Ableitung übergreifender Erfolgsfaktoren für die wertsteigernde Gestaltung von M&A-Prozessen
• als Reaktion auf „Störungen“ Aufrechterhaltung und Anpassung der Informationsverbindungen zwischen den Teilsystemen
Koordinierte Planung, Steuerung und Kontrolle von M&A-Projekten
Maßnahmen zur konkreten Wertsteigerung in den einzelnen Prozessschritten
Anpassungsfähigkeit des M&A-Prozesses an Veränderungen in der Systemumwelt
Dokumentierte Erfolgsfaktoren für M&AProzesse
Abbildung 25: Funktionen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Die wertsteigernde Gestaltung des M&A-Prozesses erfordert eine aktive Ableitung von entsprechenden Maßnahmen und Erfolgsfaktoren. Innerhalb des Controlling-Funktionsspektrums soll deshalb im Hinblick auf die Anforderungen der vorliegenden Themenstellung verstärkt auf die gestaltende Perspektive fokussiert werden. Die Fortführung dieses Gedankengangs determiniert in letzter Konsequenz die Notwendigkeit des Aufbaus eines unternehmenswertorientierten Controlling-Systems, das eine übergreifende, wertorientierte Koordination der M&A-Aktivitäten zur Erreichung eines nachhaltigen Akquisitionserfolgs unterstützt (vgl. Günther 1997, S. 65 ff.; Metz 2002, S. 55): „Im Hinblick auf eine kritische Beurteilung von zur Auswahl stehenden Akquisitionsobjekten, der Integration in den Konzernverbund und der Erfolgsmessung bereits durchgeführter Akquisitionen ergibt sich die Notwendigkeit eines funktionierenden Akquisitionscontrollings“ (Weismüller 1997, S. 898). Die Herausforderung für ein erfolgreiches M&A-Management besteht in einer effizienten und effektiven Abwicklung aller Prozessschritte in der Vorfeld-, Transaktions- und Integrationsphase sowie in der Bereitstellung eines leistungsfähigen Systems zur wertorientierten Planung, Steuerung und Kontrolle aller durchgeführten Einzelschritte mit folgenden Schwerpunkten: x
Koordination des Planungssystems Das Controlling-System muss die Ausrichtung der Planung am Ziel der Wertsteigerung sowie die diesbezügliche Koordination der unternehmerischen Planungsträger, -prozesse und -gegenstände sicherstellen (vgl. Küpper 2005, S. 88). Insbesondere bildet dabei auch
86
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung die Ableitung von Maßnahmen zur wertorientierten Gestaltung der einzelnen Prozesse ein zentrales Element des Planungssystems. Die übergreifenden Zielsetzungen sind auf die einzelnen Prozesse herunterzubrechen und den Mitarbeitern in Form von geeigneten Kennzahlen, die eine Steuerung der Prozesse „vor Ort“ ermöglichen, zu kommunizieren. Dabei spielen insbesondere ereignisnahe Messgrößen für Kundenzufriedenheit, Prozessqualität, Prozesszeit/Termintreue sowie Prozesskosten eine wichtige Rolle (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 153 f.).
x
Koordination des Kontrollsystems Die im Rahmen der Planung erarbeitete Zielformulierung für den (M&A-)Prozess muss in Folge durch ein leistungsfähiges Kontrollsystem im Hinblick auf die tatsächliche Zielerreichung überwacht werden. Neben dem Gesamtprozess ist dabei insbesondere auch auf die einzelnen Teilprozesse der Transaktion Bezug zu nehmen und deren Beitrag zur gesamten Wertsteigerung zu ermitteln. Die Ableitung von Maßnahmen als Reaktion auf auftretende Abweichungen vom Ist stellt dabei ein wesentliches Element des Kontrollsystems dar. Hierzu sind aussagekräftige Messgrößen vom Controlling bereitzustellen. Auch wenn anzunehmen ist, dass „… there is no perfect metric to prove whether a deal creates value …“ (Dobbs/Nand/Rehm 2005, S. 88), müssen dennoch geeignete Größen zur gezielten Überwachung der einzelnen Prozessschritte bereitgestellt werden, um im Bedarfsfall frühzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen einleiten zu können.
x
Koordination des Informationssystems Das Informationssystem ist ein Basissystem für die anderen Führungsteilsysteme. Seine Aufgabe besteht in der Bereitstellung der erforderlichen Informationen zur Durchführung von Planung und Kontrolle sowie zur Unterstützung des Personalführungs- und Organisationssystems. Im Hinblick auf Unternehmenstransaktionen kommt dem Informationssystem unter anderem eine zentrale Rolle im Rahmen der Due Diligence zu, bei der in einem relativ kurzem Zeitfenster eine Vielzahl von Informationen aufgenommen, verdichtet, ausgewertet und dokumentiert werden müssen. In diesem Zusammenhang sind geeignete Kennzahlen zu entwerfen, die einen schnellen Überblick zur Ist-Situation geben und gleichzeitig eine zielorientierte Planung der zukünftigen Aktivitäten ermöglichen.
x
Koordination des Personalführungssystems Das Personalführungssystem ist bei Unternehmenstransaktionen stark in der Integrationsphase gefordert. Hier müssen zwei unterschiedliche Kulturen zu einem neuen Unternehmen zusammengeführt werden. Die Sicherstellung einer umfassenden Mitarbeiterinformation ist dabei beispielsweise ebenso erforderlich wie die Motivation der Mitarbeiter mit Hilfe geeigneter Anreizsysteme (vgl. Kümpel/Fischedick 2004b). Hier erscheint insbesondere auch die Etablierung von Selbststeuerungsmechanismen als Koordinationsansatz interessant (vgl. Niggl 1998, S. 57 ff.).
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling x
87
Koordination des Organisationssystems Im Rahmen des Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozesses ist die DealStruktur festzulegen und abzuwickeln, die zukünftige Aufbau- und Ablauforganisation zu entwickeln und durchzusetzen sowie das Führungskonzept für die integrierten Geschäftseinheiten zu etablieren (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 95).
Neben diesen primären Koordinationsaufgaben lassen sich noch drei weitere wesentliche Funktionen festmachen, die KÜPPER als abgeleitete Zwecksetzungen des Controlling bezeichnet (vgl. Küpper 2005, S. 32 ff.): x
Mit der Anpassungs-/Innovationsfunktion soll sichergestellt werden, dass die Unternehmung flexibel auf den bereits in Abschnitt 2.3.2.1 angesprochenen Wandel im Umfeld reagieren und die Aktivitäten entsprechend steuern kann. KÜPPER bezeichnet das als „Koordination der Unternehmensführung mit ihrer Umwelt“ (Küpper 2005, S. 33).
x
Die Zielausrichtungsfunktion beinhaltet die Fokussierung der Aktivitäten in den Führungsteilsystemen auf die übergeordneten Unternehmensziele. In diesem Punkt wird die Abgrenzung der beiden Controllingkonzeptionen von HORVÁTH und KÜPPER deutlich. Während erstere ausschließlich auf die Koordination im Hinblick auf das Ergebnisziel des Unternehmens abstellt (vgl. Horváth 2003, S. 143), fasst KÜPPER die Zielorientierung weiter: „Maßgeblich sind die von der jeweiligen Unternehmung verfolgten Ziele. Da sie in marktwirtschaftlichen Systemen in Grenzen frei wählbar sind, kann dabei nicht ein einziges bestimmtes Ziel als allgemein geltend angenommen werden.“ (Küpper 2005, S. 33). Im Hinblick auf eine breite Einsatzmöglichkeit des Controlling einschließlich der entsprechenden Instrumente ist daher eine Eingrenzung des Zielsystems unzweckmäßig, auch wenn in den meisten Fällen das Erfolgsziel dominieren dürfte.
x
Bezieht man die Servicefunktion als weitere abgeleitete Zwecksetzung des Controlling mit in die Betrachtung ein, so kann diese im Sinne einer Bereitstellung von Methoden und Informationen interpretiert werden. Die strikte Trennung von Konzeption und Organisation des Controlling verbietet jedoch die Ableitung der Entlastungsfunktion für die Unternehmensführung als eigenständige Aufgabe, da dies eine bestimmte organisatorische Struktur voraussetzen würde.
Die entsprechende Ausgestaltung aller Führungsteilsysteme führt zu einem umfassenden M&A-Controlling-Konzept als Grundlage für eine effektive und effiziente Koordination und Abwicklung von Unternehmenstransaktionen. Dieses Konzept ist im nächsten Schritt mit Instrumenten zu füllen, die eine strategische und operative Steuerung ermöglichen. Eine zentrale Aufgabe des Controlling besteht hier in der Entwicklung und Bereitstellung von geeigneten Kennzahlen für die Planung, Steuerung und Kontrolle der Prozesse in allen Führungsteilsystemen (vgl. Abschnitt 2.3.2.3). Die übergreifende Formulierung einer in gewissem Sinne abs-
88
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
trakten Aufgabenstellung „Koordination“ muss auf die zugrunde liegenden Führungsteilsysteme spezifiziert werden. Betrachtet man die Entwicklung der Aufgaben des Controlling im Zeitablauf, so ist im Einklang mit dem oben fokussierten Gestaltungsaspekt in der jüngeren Vergangenheit ein Wandel von der rein operativen Verwaltungsfunktion hin zu einer strategisch geprägten Gestaltungsfunktion des Controlling zu verzeichnen. Deutlich wird dies insbesondere an den analysierenden Tätigkeiten, die den bisherigen, vergangenheitsorientierten Blick nun verstärkt um die Möglichkeiten einer Feed-Forward-Steuerung und der damit in Zusammenhang stehenden Notwendigkeit einer prognoseorientierten, vorausschauenden Sichtweise anreichern. BREDE definiert in diesem Zusammenhang Kunden- und Prozessorientierung, Erfolgsfaktorenorientierung, Strukturorientierung, Humanorientierung sowie Lebenszyklusorientierung als neuere Anforderungen an das Controlling (vgl. Brede 1998, S. 71). Abbildung 26 zeigt diesen Wandlungspfad des Controlling mit den jeweiligen Schwerpunktthemen. Nachdem die Aufgaben des Controlling umrissen wurden, sollen im nächsten Schritt die dafür zur Verfügung stehenden Instrumente überblickartig charakterisiert werden. Eine Spezifizierung erfolgt dann in Kapitel 3, wenn das wertorientierte Controlling-System für die Durchführung von Unternehmenstransaktionen konkretisiert wird. Strategische Planung und Steuerung
Schaffung von Erfolgspotenzialen/ Schwachstellenverminderung
Budgetierung, Kostenrechnung, Erwartungsrechnung, Soll-Ist-Analyse
Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung/ Schwachstellenbeseitigung
Gestaltung
Zunehmende Zukunftsorientierung, Feed forward-Steuerung Finanzbuchhaltung, Bilanzrechnung, GuV
Verwaltung
Passive Administration/ Ergebnis-, Schwachstellendokumentation
Registrative Rechnungslegung
Aktive Administration, Feed back-Steuerung
Operatives Controlling
Strategisches Controlling
Abbildung 26: Wandel in der Ausrichtung des Controlling (Quelle: Schröder 1996, S. 23)
2.3.2.3 Instrumente des Controlling 2.3.2.3.1 Überblick zu den Instrumenten des Controlling Die Instrumente des Controlling dienen der Umsetzung der im vorangehenden Abschnitt definierten Controlling-Aufgaben. Vielfach handelt es sich dabei nicht um spezifisch für das Controlling entwickelte, sondern um seit langem in der Unternehmenspraxis eingesetzte Instrumente, die für die Koordinationsaufgaben direkt oder modifiziert eingesetzt werden kön-
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
89
nen, und zusammen mit anderen Instrumenten das Controlling-System ergeben. Dabei lassen sich zwei Gruppen von Instrumenten unterscheiden (vgl. Küpper 2005, S. 39 ff.): x
Die isolierten Instrumente sind auf die Koordination innerhalb der einzelnen Führungsteilsysteme ausgerichtet. Sie lassen sich demnach in spezifische Instrumente für Organisations-, Personalführungs-, Planungs-, Kontroll- und Informationssystem unterscheiden. Vergleicht man die entsprechenden Instrumente in Zusammenhang mit den ControllingKonzeptionen von KÜPPER und HORVÁTH, so lässt sich das breitere Koordinationsverständnis von KÜPPER erkennen: hier werden beispielsweise im Rahmen des Organisationssystems die Koordinationsorgane definiert, die Aufgaben- und Kompetenzverteilung innerhalb er Organisation betrachtet, die formale Kommunikationsstruktur zwischen den Organen der Organisation beleuchtet sowie Ansätze zur Standardisierung beziehungsweise Programmierung mit einbezogen. Im Personalführungssystem geht es unter anderem um die Verankerung der Führungsgrundsätze, die Ausarbeitung von Zielvorgaben und Anreizsystemen oder die Schaffung von gemeinsamen Wertvorstellungen. Es wird deutlich, dass sich ein umfassender Koordinationsgedanke des Controlling gerade durch dieses weiter gefasste Verständnis gut realisieren lässt. So beinhalten insbesondere Planungsund Kontrollaspekte auch Interdependenzen zum Organisationssystem oder zum Personalführungssystem mit seinen Motivations- und Anreizstrukturen.
x
Die Aufgabe der übergreifenden Instrumente besteht in der Koordination zwischen den verschiedenen Führungsteilsystemen. Sie werden als originäre Koordinationsinstrumente des Controlling bezeichnet. Neben den zentralistischen Führungssystemen, den Budgetierungssystemen sowie den Verrechnungs- und Lenkungspreissystemen kommt im Rahmen dieser Arbeit insbesondere den Kennzahlen- und Zielsystemen eine entscheidende Bedeutung zu. Eine wertsteigernde Gestaltung des M&A-Prozesses auf Basis eines wertorientierten Controlling-Systems erfordert in erster Linie auch Metriken, die zum einen die erforderliche Transparenz über die jeweilige Prozessperformance aufzeigen, zum anderen auch gleichzeitig durch Einbettung in ein durchgängiges Kennzahlen- und Zielsystem die zukunftsorientierten Aspekte der wertorientierten Planung und Prognose abdecken.
Die einzelnen, jeweils zu subsumierenden Instrumente sind in Abbildung 27 zusammengefasst. Wie soeben beschrieben, sind die Kennzahlen- und Zielsysteme für die weiteren Ausführungen besonderer Relevanz. Sie können als übergreifende Koordinationsinstrumente über alle Führungsteilsysteme hinweg eingesetzt werden. Bereits in Abschnitt 2.2.2.4 wurde in Zusammenhang mit den Werttreiber-Bäumen auf die Bedeutung von Kennzahlen und Kennzahlensystemen für die wertorientierte Steuerung von Unternehmenstransaktionen verwiesen. Nachfolgend sollen deshalb, vorbereitend auf die in Kapitel 3 folgende Ausarbeitung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems, die grundlegenden Aspekte betriebswirtschaftlicher Kennzahlensysteme beleuchtet werden.
90
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung Instrumente des Controllings Isolierte Koordinationsinstrumente Organisationsinstrumente
Personalführungsinstrumente
Koordinationsorgane
Führungsgrundsätze
Aufgaben- und Kompetenzverteilung
Zielvorgabe Anreizsysteme
Formale Kommunikationsstruktur
Schaffung gemeinsamer Wertvorstellungen
Standardisierung bzw. Programmierung
Gemeinsame Erwartungsbildung
Planungsinstrumente Sukzessive Planabstimmung Simultane Planungsmodelle
Übergreifende Koordinationsinstrumente Kontrollinstrumente
Informationsinstrumente
Überwachungsinstrumente
Informationsbedarfsanalyse
Abweichungsanalyse
Integrierte Systeme der Erfolgsrechnung
Plananpassung
Zentralistische Führungssysteme Budgetierungssysteme Kennzahlen- und Zielsysteme Verrechnungs- und Lenkungspreissysteme
Kosten- und Erlösrechnung Investitionsrechnung Berichtssysteme
Schaffung positiver sozioemotionaler Beziehungen
Abbildung 27: Instrumente des Controlling (vgl. Küpper 2005, S. 41)
2.3.2.3.2 Bedeutung von Kennzahlen- und Zielsystemen Die Wahrnehmung der Kernaufgabe des Controlling im Sinne einer Koordinationsfunktion über alle Führungsteilsysteme hinweg bedarf eines leistungsfähigen Informationssystems (vgl. Kieninger/Mayer 2002, S. 225). Auf Grund der Komplexität, Dynamik und Spezifität der Aufgabenstellungen in den einzelnen Unternehmensbereichen und der Vielschichtigkeit der Daten ist eine Vereinheitlichung und Verdichtung als Grundlage für fundierte Entscheidungen unabdingbar. Dem Informationssystem als „ … Basissystem für alle anderen Führungsteilsysteme …“ (Küpper 2005, S. 127) kommt als herausragende Aufgabe neben der Erfassung und Analyse der relevanten Kennzahlen insbesondere auch die Auswahl geeigneter Kennzahlen im Hinblick auf die Entwicklung eines durchgängigen Kennzahlen- und Zielsystems zu (vgl. Liebetruth/Otto 2006, S. 13). Kennzahlen stellen speziell herauszuhebende Informationen dar, indem sie einen quantitativ messbaren Sachverhalt wiedergeben, relevante Tatbestände und Zusammenhänge in einfacher, verdichteter Form kennzeichnen sowie aus Daten in Form von Grundzahlen, allgemeinen oder speziellen statistischen Verhältniszahlen gebildet werden (vgl. Küpper 2005, S. 359; Wöhe 1992, S. 852 f.). Bei der Entwicklung sind im Wesentlichen fünf Dimensionen in die Betrachtung mit einzubeziehen (vgl. Küpper 2005, S. 359 ff.): x
Bei den Arten von Kennzahlen kann zwischen absoluten Zahlen und Verhältniszahlen unterschieden werden. Absolute Zahlen stellen beispielsweise Umsatz-, Ergebnis- oder Kostengrößen dar, wie sie aus Bilanz und GuV der Unternehmen entnommen werden können. Da die Verwendung einer absoluten Größe in der Regel engen Grenzen in Bezug auf Aussagekraft und Interpretation unterworfen ist - beispielsweise sagt eine nominale Umsatzgröße nichts über die zu ihrer Erzielung eingesetzten Ressourcen aus und lässt dement-
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
91
sprechend isoliert keine Beurteilung zu - werden vielfach Verhältniszahlen eingesetzt. Diese bilden eine Relation zwischen zwei oder mehr Werten, die in inhaltlich logischer Beziehung stehen und deren Verhältnis in der Regel ein Werturteil zulässt. Ein Beispiel hierfür ist die Kennzahl ROI, die als Quotient zwischen Gewinn und investiertem Kapital gebildet wird und damit in einer Zahl eine direkte Ursache-Wirkungs-Beziehung abbildet, die auf Grund ihrer Unabhängigkeit von der Unternehmensgröße auch unternehmensübergreifend zu Vergleichszwecken eingesetzt werden kann. x
Die Beziehungen zwischen Kennzahlen lassen sich logisch, empirisch oder hierarchisch gestalten. Logische Beziehungen ergeben sich dabei per Definition oder durch mathematische Umformungen. Empirische Beziehungen fußen auf einem in der Praxis beobachteten Tatbestand, der allerdings im Hinblick auf Allgemeingültigkeit zu verifizieren ist. Hierarchische Beziehungen schließlich kommen dadurch zustande, dass bestehende Kennzahlen in ein Über-/Unterordnungsverhältnis gestellt werden können und somit ein geschlossenes Gerüst in Form eines Kennzahlensystems ergeben.
x
Kennzahlen können prinzipiell in ihrer Funktion als Informations- oder Steuerungsinstrument eingesetzt werden. Geht es rein um Bereitstellung von Informationen beispielsweise im Rahmen von Reports, so steht die Informationsfunktion im Vordergrund. Verbindet man die gewonnenen Informationen mit Zielvorgaben für Planung, Steuerung, Kontrolle sowie Incentivierung der Mitarbeiter, so spricht man von einer Steuerungsfunktion des Kennzahlensystems (vgl. Abbildung 28). Funktionen
Beispiele
Entscheidungsprämissen
Beurteilungsgrößen Informationsinstrument
EBIT-Marge des Zielobjektes Umsatzsituation Grad der Leistungstiefe
Marktanteile Marktwachstum Entwicklung Kundenstamm
Ursachen Funktionen von Kennzahlensystemen im M&AManagement
Wertsteigerung durch die Transaktion Prognostizierte Kostensynergien Erhöhung der regionalen Abdeckung
Aktienkursentwicklung Konjunkturentwicklung Branchenindizes
Steuerungsinstrument
Indikatoren
Entscheidungsproblemspezifische Kennzahlen
Stellenproblemspezifische Kennzahlen
Akquisitionsumfang Integrationsgeschwindigkeit Autonomiegrad
Wertorientierte Anreizsysteme Grad der Befugnisse Anzahl der zukünftigen Mitarbeiter
Abbildung 28: Funktionen von Kennzahlen und Kennzahlensystemen
92
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
Für die praktische Anwendbarkeit müssen Kennzahlensysteme bestimmten Anforderungen genügen, die einen effektiven und effizienten Einsatz im Alltag sicherstellen. Gerade im Hinblick auf die Flut der oftmals veröffentlichten Kennzahlen ist es notwendig, einen klaren und einfachen Zusammenhang zwischen den in einem Unternehmen eingesetzten Kennzahlen herzustellen. Allzu oft werden redundante und in ihrer Definition nicht eindeutig voneinander abgrenzbare Kennzahlen generiert, die als diffuse Größen die regelmäßigen Reportings überfrachten und eine gezielte Steuerung erschweren oder schlichtweg unmöglich machen. Darüber hinaus scheint es, dass Kennzahlen vielfach um ihrer selbst Willen gebildet und erhoben werden, also nicht den erforderlichen Indikatorcharakter aufweisen und quasi als Selbstzweck ohne konkrete Funktion stehen. So ist beispielsweise in der Praxis zu beobachten, dass die Einführung eines Wertmanagement-Systems zwar ein logisches, in sich geschlossenes Kennzahlensystem schafft, dessen Anbindung an die existierenden Systeme vielfach nur unzureichend praktiziert wird. In der Folge werden Parallelwelten geschaffen, die bei den Verantwortlichen Konfusion erzeugen und zur Ablehnung und Nichtanwendung des neuen Systems führen. Um eine durchgehende Akzeptanz im Unternehmen bei den beteiligten Mitarbeitern und Führungskräften zu erwirken, ist eine partizipative Herleitung der im jeweiligen Bereich zu verwendenden Kennzahlen zu empfehlen. So kann das Verständnis und der Einsatz gefördert und ein Wildwuchs von selbst definierten Kennzahlen vermieden werden. Die Frage der Akzeptanz eines neu eingeführten Kennzahlen- und Zielsystems wird in entscheidendem Maße auch dadurch geprägt, inwiefern die dabei generierten Kennzahlen an bereits vorhandene anknüpfen, was zu einer grundlegenden Fragestellung der Wertmanagement-Konzeptionen führt: sollen wertorientierte Kennzahlen an den bekannten Zahlen des externen Rechnungswesens anknüpfen, was die Wahrscheinlichkeit der Akzeptanz bei den Verantwortlichen erhöht, oder soll dem ursprünglichen Gedanken der Verwendung von zahlungsstromorientierten Cash Flow Größen gefolgt werden? Diese Fragestellung wurde bereits in Abschnitt 2.2.2.2 ausführlich diskutiert.
x
Bei der Entwicklung von Kennzahlen- und Zielsystemen kann auf vier verschiedene Weisen vorgegangen werden. Die logische Herleitung benutzt definitorische und mathematische Beziehungen beziehungsweise Umformungen, um auf Grund bereits bestehender Kennzahlen und Größen neue Kennzahlen zu bilden. Die empirisch-theoretische Fundierung dagegen leitet diese mit Hilfe von theoretischen Annahmen und Hypothesen ab, die zuvor einer tiefen Verifizierung unterworfen werden müssen. Ein ähnliches Vorgehen wird bei der empirisch-induktiven Gewinnung von Kennzahlen angewendet, hier nimmt die Entwicklung jedoch nicht in existierenden theoretischen Konstrukten, sondern vielmehr in empirischen Wissen und Daten wie beispielsweise Expertenurteilen ihren Ausgangspunkt. Von einer modellgestützten Rechtfertigung hingegen spricht man, wenn dynamische Entscheidungsmodelle die Grundlage für die Erarbeitung der Kennzahlen bil-
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
93
den. WALL resümiert im Hinblick auf die Anwendung im Rahmen der Erstellung von Balanced Scorecards, dass auf Grund der dort vielfach verwendeten qualitativen Aussagen und Informationen am ehesten der empirisch-induktive Ansatz praktikabel erscheint (vgl. Wall 2001, S. 68). Abbildung 29 fasst die möglichen Dimensionen der Kennzahlenbildung in Form eines morphologischen Kastens zusammen. Alle Dimensionen sind bei der Entwicklung eines wertorientierten Kennzahlen- und Zielsystems für die Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen zu berücksichtigen. Prozesskennzahlen sind dabei mit den bestehenden Wertkennzahlen zu verbinden (vgl. Weber/Daum 2005, S. 383). Verhältniszahlen Arten von Kennzahlen
Beziehungen zwischen Kennzahlen
Absolute Zahlen
Beziehungszahlen
logische definitorisch
empirische
mathematisch
deterministisch
stochstisch
Informationsinstrument Funktionen von Kennzahlen
Anforderungen an Kennzahlensysteme Entwicklung von Kennzahlensystemen
Entscheidung
Beurteilung
Gliederungszahlen
Ursachen
Indexzahlen
hierarchische sachlich hierarchisch
subjektiv bewertend
Steuerungsinstrument Indikatoren
entscheidungsproblemspezifisch
stellenspezifisch
Hierarchische Struktur Klarheit
Einfachheit
Logische Herleitung
Indikatorcharakter
Empirischtheoretische Fundierung
Partizipative Herleitung
Empirisch-induktive Gewinnung
Modellgestützte Rechtfertigung
Abbildung 29: Dimensionen der Kennzahlendefinition (nach Küpper 2005, S. 359 ff.)
Kennzahlensysteme werden dann zu Zielsystemen, wenn die ihnen immanenten Informationen nach bestimmten Regeln ex-ante festgelegt werden und normativen Charakter erhalten, sowie als Vorgabe für das Unternehmen, seine Teilbereiche, Prozesse und/oder einzelne Mitarbeiter herangezogen werden. Der steuernde Aspekt ergibt sich dann in Zusammenhang mit der expost-Kontrolle, die neben der Analyse von Abweichungen und der darauf basierenden Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen primär auch eine verhaltenssteuernde Funktion zum Inhalt hat. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei einem wertorientierten Anreizsystem zu, das die Aktivitäten aller Beteiligten am Gesamtziel ausrichtet und eine Vergütung in Form einer entsprechenden, am Einzelbeitrag gemessenen Erfolgsbeteiligung gewährt (vgl. Lauk 1997, S. 496 f.). RUHSERT/KETZER/RUHSERT betten das von ihnen erarbeitete Kennzahlenund Zielsystem am Ende in ein übergreifendes Managementsystem mit interaktivem Kenn-
94
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
zahlenreporting ein, deren Kennzeichen sie folgendermaßen charakterisieren (vgl. Ruhsert/Ketzer/Ruhsert 2003, S. 10): x
Zielsystem basierend auf Leitlinien und Visionen,
x
Zielkaskadierung auf Basis von Ursache-Wirkungsketten,
x
Orientierung an Wertreibern und den dahinter stehenden Einflussfaktoren,
x
Strategietransparenz durch messbare Zielgrößen,
x
deterministisch rechenbares, wertorientiertes Unternehmensmodell,
x
regelmäßiges Strategieaudit und -controlling sowie
x
unmittelbare Handlungsorientierung.
Ein wesentlicher Einsatzort für die definierten Kennzahlen liegt im einzelnen M&AProzessschritt. Hier muss gemessen werden, welche Maßnahmen zu welcher Wertsteigerung führen und wie der einzelne Prozessschritt erfolgsorientiert zu gestalten ist. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Aufgaben des Controlling und der damit einhergehende Einsatz der entsprechenden Instrumente werden durch die Träger des Controlling in der Organisation wahrgenommen. Das Controlling und die Personen, die es wahrnehmen, können grundsätzlich nach verschiedenen Prinzipien in der Organisation verankert werden. Die Möglichkeiten hierfür seien im nachfolgenden Abschnitt betrachtet.
2.3.2.4 Organisation und Träger des Controlling 2.3.2.4.1 Gestaltungsansätze der Organisationstheorie Die Wahl der unternehmerischen Organisationsform gehört zu den grundlegenden betriebswirtschaftlichen Entscheidungsproblemen. Bedingt durch die zunehmende Arbeitsteilung und Spezialisierung und die damit steigende Notwendigkeit von Tausch- und Abstimmungsaktivitäten müssen aufbau- und ablauforganisatorische Strukturen geschaffen werden, die „… einen möglichst großen Beitrag zur Knappheitsbewältigung leisten, indem sie die Differenz zwischen den [mit Hilfe von Arbeitsteilung und Spezialisierung, Anm. d. Verf.] ausgeschöpften Produktivitätspotentialen und den für Tausch und Abstimmung wieder verbrauchten Produktivitätsgewinnen maximieren.“ (Picot/Dietl/Franck 1997, S. 6). Die „… Zerlegung einer Gesamtaufgabe in Teilaufgaben und deren zielorientierte Abstimmung …“ (Picot 1993, S. 103) bildet somit zusammen mit der gleichzeitigen Minimierung der auftretenden Transaktionskosten das Kernproblem der Organisation. Im Hinblick auf die Ausgestaltung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems sind in diesem Zusammenhang zwei Fragestellungen zu klären:
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
95
x
Wie soll die zukünftige gemeinsame Organisationsstruktur von Unternehmen aussehen, die im Rahmen einer M&A-Transaktion zusammengeführt werden? Das wertorientierte M&A-Controlling kann in diesem Fall einen Gestaltungsbeitrag leisten, also bewerten, welche alternative Organisationsform unter der Prämisse der angestrebten Wertsteigerung am besten geeignet ist. Die Beantwortung dieser Frage hängt unter anderem auch sehr stark von den bisherigen Organisationsformen der beteiligten Unternehmen ab.
x
Das wertorientierte M&A-Controlling selbst wird in eine Organisation integriert und entsprechend verankert. Es ist zu klären, in welcher Form das Controlling seine Aufgabe möglichst effektiv und effizient wahrnehmen kann, um die jeweilige Transaktion wertsteigernd steuern zu können.
2.3.2.4.2 Implikationen für die Organisation des M&A-Controlling Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt in der Erarbeitung der Funktionen und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems, wobei eine Separation zwischen funktionalem Aspekt und organisatorischer Ausgestaltung zugrunde gelegt wird (vgl. Küpper 2005, S. 513; Horváth 2003, S. 834). Darüber hinaus ist jedoch auch ein Augenmerk darauf zu richten, wie ein derartiges System in die bestehende Unternehmensorganisation implementiert, beziehungsweise ob und wie es in die vorhandenen Controllingabteilungen integriert werden kann. Die Organisation in mittleren und großen Unternehmen weist heute vielfach eine Vierteilung zwischen zentralem Controlling/Konzerncontrolling, Geschäftsbereichscontrolling, funktionalem Controlling sowie Tochtercontrolling auf (vgl. Abbildung 30). Dabei stellen sich beispielsweise die Fragen, ob: x
die Aufgaben des M&A-Controlling auf Grund ihrer übergreifenden Bedeutung dem zentralen Controlling zuzuordnen sind,
x
die Aufgaben des M&A-Controlling auf Grund ihrer Geschäftsspezifität im Geschäftsbereichscontrolling abzuwickeln sind,
x
die Bedeutung des M&A-Controlling die Einrichtung einer gesonderten funktionalen Controllingabteilung rechtfertigt,
x
die Autonomie für die Durchführung von M&A-Projekten teilweise in den Tochtergesellschaften und dem dort tätigen Tochtercontrolling zu integrieren ist.
96
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Konzerncontrolling
Das Konzerncontrolling koordiniert und integriert konzernübergreifend die operativen und strategischen Controlling-Prozesse. Es wirkt bei der Erarbeitung und Umsetzung der Konzernziele mit und hat Richtlinienkompetenz im ControllingNetzwerk.
Bereichscontrolling
Das Bereichscontrolling hat die unternehmerische Mitverantwortung für das Bereichsergebnis hinsichtlich der Effizienz und Effektivität im Geschäftsbereich. Es ist damit mitverantwortlich für die operativen und strategischen Zielsetzungen und damit für die weltweite Führung des Geschäftsbereiches.
Funktionscontrolling
Tochtercontrolling
Das Funktionscontrolling ist disziplinarisch und fachlich den Zentralbereichen zugeordnet und nimmt hier Controllingaufgaben im Einvernehmen mit dem Konzerncontrolling wahr. Beispiele hierfür sind IT-Controlling, Personalcontrolling und Marketing-Controlling. Das Tochtercontrolling ist einzelnen in- und ausländischen Tochter-Einheiten innerhalb des Konzerns zugeordnet und übernimmt dort ähnlich dem Bereichcontrolling die unternehmerische Mitverantwortung für die entsprechende Gesellschaft.
Abbildung 30: Formen des Controlling
Welche der dargestellten Konstellationen letztendlich für die jeweilige Organisation am vorteilhaftesten ist, ist einzelfallspezifisch zu analysieren. Grundlegendes Beurteilungskriterium stellt dabei die Minimierung der Koordinationskosten in Form von Transaktionskosten dar, die eine möglichst effektive und effiziente Abwicklung der Prozesse und Aufgaben des M&A-Controlling postuliert. Relevante Kostentreiber, die im Spannungsfeld zwischen der Zentralisierung und der Dezentralisierung der M&A-Controlling-Aufgaben die organisatorische Ausgestaltung determinieren, können in diesem Zusammenhang folgende sein: x
M&A-Frequenz: je häufiger M&A-Transaktionen in einem Unternehmen durchgeführt werden, desto eher lohnt sich die Bündelung des entsprechenden Know-hows in einer spezialisierten Einheit, die als zentrale Koordinationsinstanz bei der Durchführung aller Transaktionen fungiert.
x
M&A-Spezifität: je mehr technisches Fachwissen in Bezug auf das Zielobjekt erforderlich ist, um die Vorteilhaftigkeit der Transaktion beurteilen zu können, desto intensiver ist die Einbindung der entsprechenden Experten aus den jeweiligen Bereichen und die Hinzuziehung der entsprechenden Bereichscontroller erforderlich.
x
M&A-Affinität: je mehr Erfahrung mit M&A-Transaktionen in einzelnen organisatorischen Einheiten besteht, desto intensiver sind diese Einheiten in den Prozess des M&AControlling mit einzubeziehen, um somit das vorhandene Wissen zu nutzen.
Die Implementierung einer Controllingfunktion im Unternehmen bewegt sich somit grundsätzlich im Spannungsfeld zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung. Es ist die organisatorische Ausgestaltung zu wählen, die unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussfaktoren die geringsten Transaktionskosten bei der Durchführung verursacht und dennoch ein
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
97
leistungsfähiges M&A-Controlling ermöglicht. Die tatsächliche Form der Ausgestaltung zieht unmittelbar die Verteilung der Property Rights sowie die interaktionsbedingten Handlungsgeflechte unter dem Licht der Principal-Agent-Theorie nach sich. Dabei handelt es sich keineswegs um spezifische Determinanten des M&A-Umfeldes, sondern vielmehr um allgemein gültige Prinzipien einer organisatorischen Umsetzung funktionaler Aufgabenfelder. Die Organisation des Controlling steht dabei auch in wechselseitiger Beziehung mit den Anforderungen an die Träger des M&A-Controlling, die nachfolgend beschrieben werden sollen.
2.3.2.4.3 Anforderungen an die Träger des M&A-Controlling Die Ausrichtung des Controlling spiegelt in letzter Konsequenz immer die aktuellen Rahmenfaktoren und Entwicklungstendenzen im unternehmerischen Kontext wieder. Während in der Vergangenheit die klassischen, zentralistisch ausgerichteten Controllingabteilungen ihre Rolle als „ … hoheitlich agierender Koordinator …“ (Reiß 1997, S. 379) wahrnahmen, müssen Controller heute verstärkt drei essentielle Anforderungen erfüllen: x
Breite Qualifikation Die zunehmende Erweiterung des Controllingfokus auf neue Themen wie Prozessorientierung, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Modularisierung oder virtuelle Organisationsformen (vgl. Picot/Reichwald/Wiegand 1996) verursacht einen deutlich ansteigenden Koordinationsaufwand. Unternehmen, die sich im Rahmen von Mergers & Acquisitions in diesem Umfeld zusammenschließen, generieren dabei einen hohen Aufwand für die beteiligten Controllingabteilungen sowohl im Rahmen des Transaktionsprojektes als auch nach erfolgreicher Integration bei der Fortführung des nun größeren Gebildes. Neben der zunehmenden reinen Quantität an Koordinationsleistungen muss diese Erweiterung darüber hinaus insbesondere auch mit einer Erhöhung der Controlling-Qualifikation einhergehen (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 223). Immer weniger Mitarbeiter müssen ein permanent ansteigendes Portfolio an Controllingthemen betreuen und bedürfen dafür der entsprechenden fachlichen Grundlagen mit Grundkenntnissen in allen betroffenen Bereichen (vgl. Küpper 2005, S. 537). Neben den controllingspezifischen Fragestellungen sind im Rahmen von M&A-Projekten auch angrenzende Wissensgebiete beispielsweise auf Grund juristischer Aspekte abzudecken. Fußend auf dem Trend zur „One-Stop-Shop-M&ABeratung“ (Picot 2005b, S. 37) muss auch das Controlling alle relevanten Themen integriert verarbeiten und eine umfassende M&A-Serviceleistung in Form eines permanenten Akquisitionscontrolling über die gesamte Transaktion hinweg bereitstellen.
x
Wertorientierung Die Realisierung einer Wertsteigerung ist grundlegendes Ziel für alle ControllingAktivitäten. Diese Zielsetzung beinhaltet dabei gleichermaßen die Berücksichtigung des
98
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung Kostensenkungszieles wie die Einleitung von Maßnahmen zur Umsatzsteigerung. Bedingt durch die Zunahme des Overheads obliegt dem Controlling auch verstärkt die Implementierung von geeigneten Systemen zur Steuerung der Gemeinkosten beispielsweise durch die Bereitstellung prozessorientierter Kosteninformationen. Der Controller muss die aktuellen Entwicklungen aufnehmen, im Hinblick auf die Umsetzbarkeit im eigenen Unternehmensumfeld spiegeln und als Treiber für die konkrete Implementierung fungieren.
x
Markt-/Kundenorientierung Die vom Markt losgelöste, rein auf interne Optimierung ausgerichtete Unternehmenssteuerung kann im Zeitalter von Käufermärkten nicht mehr funktionieren. Wertsteigerung lässt sich nachhaltig nur dann realisieren, wenn die Unternehmensstrategie auf der Erfüllung der Kundenbedürfnisse und der Erzeugung von Kundenbegeisterung aufbaut. SOLARO konstatiert in diesem Zusammenhang, dass „… jedes umfassende Prozesscontrolling seinen Schwerpunkt in der Kundenausrichtung haben …“ (Solaro 1997, S. 431 f.) muss, und SEEBERG folgert im Umkehrschluss die Notwendigkeit einer Prozessorientierung für die Umsetzung der Marktanforderungen im Unternehmen (vgl. Seeberg 1997, S. 514). Für das Controlling gilt dabei als Zielsetzung gleichermaßen die Zufriedenheit externer Kunden als auch die Optimierung unternehmensinterner Kunden-LieferantenBeziehungen. Im Gegensatz zum traditionellen Controllerbild muss sich das Controlling gleichermaßen öffnen und vermehrt als Partner und Dienstleister auftreten, um zum einen Akzeptanz in der eigenen Organisation zu erhalten als auch die Rolle als funktions- und prozessübergreifender Koordinator wahrnehmen zu können.
Alle drei Anforderungen zusammen - breite Qualifikation, Wertorientierung und Kundenorientierung - führen zu einem integrierten Gesamtbild des Controlling, das die Grundlage für eine zukunftsorientierte und nachhaltig erfolgreiche Unternehmenssteuerung bildet. Da die angesprochene Wertorientierung von zentraler Bedeutung für die Ausarbeitung in diesem Forschungsprojekt ist, soll nachfolgend die Möglichkeit der Verbindung von Wertmanagement und Controlling aufgezeigt werden.
2.3.3
Verbindung von Wertmanagement und Controlling
Die Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensführung muss sich in erster Linie im Controlling-System eines Unternehmens vollziehen (vgl. Ebeling 2007, S. 4). Für die Ausgestaltung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems muss grundsätzlich für jedes der in Abschnitt 2.3.2.3 angeführten Instrumente hinterfragt werden, inwiefern sie für eine wertorientierte Steuerung des Unternehmens geeignet sind und/oder ob sie durch ihre Konzeption zur Erklärung von Werthebeln beitragen können (vgl. Günther 1997, S. 204). Der Schritt vom „klassischen Controlling“ hin zu einem wertorientierten Controlling-System beginnt dabei in erster Linie mit der Zielausrichtung: „Zentrale Aufgabe des Controlling ist es, das gesamte
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
99
Entscheiden und Handeln in der Unternehmung ergebnisorientiert auszurichten.“ (Hahn 2002, S. 129; vgl. Kieninger/Mayer 2002, S. 229). Sowohl HORVÁTH als auch KÜPPER postulieren in ihren Controlling-Konzeptionen die Zielausrichtung als einen wesentlichen Baustein: im ersten Fall in Form eines Primats der Ergebniszielorientierung, im zweiten Fall in Form einer allgemeiner gehaltenen, umfassenderen Zielausrichtungsfunktion. Akzeptiert man die Wertsteigerung als übergreifendes Unternehmensziel, so lässt sich auch für das Controlling die entsprechende Zielausrichtung deduzieren und die Notwendigkeit für eine entsprechende Anpassung der bestehenden Instrumente an diese neue Zielvorgabe ableiten: „Dabei ist das unternehmenswertorientierte Controlling nicht als Substitut für das ‚traditionelle’ Controlling anzusehen, sondern soll die bisherigen Steuerungsansätze erweitern.“ (Horváth/Minning 2001, S. 273). Neben der in Abschnitt 2.3.2.3 vorgenommenen Unterscheidung in isolierte und übergreifende Instrumente bietet sich im Hinblick auf die Durchführung von M&A-Transaktionen ebenso eine Unterteilung in strategische und operative Instrumente an. GÜNTHER hat eine entsprechende Einteilung einschließlich einer Zuordnung der Instrumente vorgenommen (vgl. Abbildung 31).
e ns nr tio s A ela rte r R tie sto ien ve or In ert sw en hm ne ter Un
Shareholder Value
Zielsystem
Berechnung des Shareholder Value
Strategisches Controlling
Ableitung von Werttreibern
Entwicklung „neuer“ Controlling-Instrumente z.B. Performance-Maße zur Steuerung dezentraler Einheiten
m te ys izs
Operatives Controlling
Ergänzung Wertbeiträge der Portfolioeinzelner Technik Strategien
Einsatz bestehender Controlling-Instrumente z.B. Risikobewertung, Kostenmanagement, Projektdeckungsrechnungen
Abbildung 31: Unternehmenswertorientierte Controlling-"Pyramide" (Günther 1997, S. 205).
Demnach bildet der Shareholder Value als Zielwert die „Spitze“ der Pyramide, unterlagert von den verschiedenen Methoden der Berechnung. Die zentralen Werttreiber des Shareholder
100
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Value bilden zusammen mit den um die Aspekte der Wertorientierung zu erweiternden Portfoliotechniken sowie den konkreten Wertbeiträgen der ausgewählten beziehungsweise auszuwählenden Strategien die Ebene des strategischen Controlling. Hier werden die Voraussetzungen für eine Werterhöhung geschaffen, indem beispielsweise die dazu geeignete Strategie selektiert und das damit in Zusammenhang stehende optimale Produktportfolio gestaltet wird. Maßgeblich unterstützt werden diese Aktivitäten durch die Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinstrumente des operativen Controlling, das in Form bestehender beziehungsweise neu zu konstruierender Instrumente den Sockel und damit das Fundament der unternehmenswertorientierten Controlling-„Pyramide“ bildet. Anhand dieser Darstellung gelingt eine durchgängige Verbindung zwischen den Konzepten und Methoden des „klassischen“ Controlling und dem Konzept des Wertmanagements in Form des Shareholder-Value-Ansatzes. Wichtig bei der Modellierung der Instrumente ist die Berücksichtigung der essentiellen Charakteristika des Shareholder-Value-Ansatzes, denen ein darauf ausgerichtetes wertorientiertes Controlling-System entsprechen muss (vgl. Günther 1997, S. 204): x
Zukunftsbezug: der Unternehmenswert umfasst den Barwert aller zukünftig zu erwirtschaftenden Cash Flows zum Bewertungszeitpunkt.
x
Mehrperiodigkeit: die Cash Flows werden für die einzelnen Perioden der Zukunft isoliert prognostiziert und auf den Betrachtungszeitraum unter Berücksichtigung der jeweiligen Periode abgezinst.
x
Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes: die einzelnen Cash Flows werden nicht gemäß ihres nominalen Betrages kumuliert, sondern durch die Abzinsung auf den Betrachtungszeitraum vergleichbar gemacht.
x
Zahlungsorientierung: abweichend von den ursprünglichen, bilanzorientierten Erfolgsgrößen liegen dem Shareholder Value zahlungsstromorientierte Cash Flow-Größen zugrunde.
x
Berücksichtigung von Risiken: der Diskontierungszinssatz wird mit einem entsprechenden Faktor an das korrespondierende Risiko angepasst.
x
Marktwertorientierung: es werden keine Buchwerte, sondern Marktwerte berücksichtigt.
x
Berücksichtigung des Finanzierungsbedarfs zukünftigen Wachstums: die Cash Flows werden um die Investitionen in das Anlage- und Umlaufvermögen reduziert, die Grundlage bildet der so genannte Free Cash Flow.
Die Integration der vorab beschriebenen Charakteristika des Shareholder Value Ansatzes führt zum Design eines wertorientierten Controlling-Systems, dessen Grundzüge noch einmal zusammenfassend in Abbildung 32 dargestellt sind. Die Abbildung zeigt den Regelkreis von
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
101
planerischen und kontrollierenden Aktivitäten im Spannungsfeld zwischen Anteilseignern und Unternehmensumfeld, indem ausgehend von der Zielformulierung die auf Planungsseite erforderlichen Modifikationen des existierenden Instrumentariums bei Ausrichtung auf das Wertmanagement-Konzept beschrieben werden. Über die Kontrollfunktion ergibt sich dann ein geschlossenes Value Based Planning System. Steigerung des Eigentümerwertes
Instrumente zur Optimierung der Werthebel
Strategische Planung
Operative Planung
quantitativ
qualitativ
Value Based Planning
Gesamtunternehmensbezogene Finanz- & Finanzierungsplanung
Anteilseigner
Unternehmensumfeld
Steigerung des Erfolgspotenzials
Ergänzung der gesamtunternehmensbezogenen Finanz- & Finanzierungsplanung
Investor Relations
Erweiterung des strategischen Instrumentariums
Maßnahmen zur Steigerung des Eigentümerwertes
Zielrevision
Strategische Kontrolle
Operative Kontrolle
Unternehmenswertorientierte Anreizsysteme
Abbildung 32: Unternehmenswertorientiertes Controlling-System (Quelle: Günther 1997, S. 72)
Nach der Beschreibung von Konzeption, Aufgaben und Instrumenten des Controlling sowie deren Bezug zum Wertmanagement soll im folgenden Abschnitt der Prozess als Objekt des Controlling charakterisiert werden. Die Grundlage dafür bildet die Betrachtung von Unternehmenstransaktionen als Prozesssystem, deren wertsteigernde Durchführung maßgeblich durch ein am Prozess orientiertes Controlling gefördert werden kann.
2.3.4
Anforderungen an ein prozessorientiertes Controlling
Während in der Vergangenheit die funktional aufgebauten betrieblichen Strukturen die entsprechenden betriebswirtschaftlichen Systeme prägten, haben sich im Zuge des Aufkommens des Prozessgedankens auch die Anforderungen an die Instrumente zur Unternehmenssteuerung gewandelt: „Ein in der prozessorientierten Organisation tätiges Controlling muss selbst prozessorientiert sein und seine Aufgaben auf Prozesse und nicht auf Funktionen ausrichten“ (Horváth 2003, S. 109; vgl. dazu auch Horváth 2003, S. 866 ff.; Horváth 1995, S. 2 ff.). Eine Herausforderung besteht derzeit allerdings noch darin, dass in der Praxis häufig die Controllingprozesse selbst nicht durchgängig definiert sind und auch selbst nicht im Fokus von Steuerungsaktivitäten liegen (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 22). Die Adaption der traditionellen Instrumente an das Betrachtungsobjekt „Prozess“ erfordert insbesondere:
102
Theoretische Grundlagen und Begriffsabgrenzung
x
die Unterstützung der Ableitung von Prozesszielen aus den übergreifenden Unternehmenszielen beispielsweise mit Hilfe von Balanced Scorecards und Strategy Maps,
x
die Erweiterung der klassischen Kostenrechnungssysteme um ein Instrument zur Ermittlung von steuerungsrelevanten Prozesskosteninformationen (vgl. Horváth 1991, S. 2 ff.), wobei in neuerer Zeit die klassische Prozesskostenrechnung zugunsten einfacherer, pragmatischerer Ansätze in den Hintergrund tritt (vgl. Kaplan/Anderson 2005),
x
neben der Bereitstellung finanzieller Steuerungsgrößen die Fokussierung der Informationsversorgung auf die Ermittlung mehrdimensionaler Kennzahlen in Form von Zeit-, Qualitäts-, und Mengengrößen, die eine klare Beurteilung der Prozessperformance ermöglichen (vgl. Horváth 2003, S. 871): „Mit der Prozessbetrachtungsweise geht auch einher, dass Qualitätskriterien (Liefergenauigkeit und -fähigkeit, Servicegrad, Einhalten technischer Standards) in das neue Controllingverständnis integriert werden“ (Brede 1998, S. 74),
x
die Modellierung und Abbildung der Prozessstruktur in den betrieblichen Systemen einschließlich der Schaffung aller Voraussetzungen für die Generierung der erforderlichen Datenbasis und Informationsquellen als Grundlage für die Planung, Steuerung und Kontrolle von Prozessen,
x
die Definition klarer Prozessverantwortlichkeiten in Symbiose mit der existierenden Funktionsverantwortung zur Sicherstellung einer nachhaltigen Umsetzung der definierten Maßnahmen und zur Minimierung der Schnittstellen zwischen den einzelnen Abteilungen und Mitarbeitern.
Die Kernaufgabe des Prozesscontrolling besteht in einer auf die Kundenbedürfnisse ausgerichteten Gestaltung sowie in der effektiven und effizienten Steuerung der Prozesse mit dem Ziel, sowohl die Kundenzufriedenheit als auch die Produktivität des Unternehmens zu erhöhen (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 149): „Ein konsequentes und valides Prozesscontrolling auf Basis von steuerungsrelevanten Kennzahlen ist das Fundament für die Aufdeckung von Ineffizienzen und Optimierungspotenzialen“ (Menden 2004, S. 101). Die Praxis zeigt allerdings, dass die formulierten Anforderungen an ein zeitgemäßes, prozessorientiertes Controlling-System bisher nicht oder nur zaghaft umgesetzt werden (vgl. Menden 2004, S. 101). Auch wenn der Prozessgedanke im Rahmen der Unternehmenssteuerung verstärkt in den Mittelpunkt rückt (vgl. Horváth 2003, S. 106), so ist dennoch zu beachten, dass ein Prozesscontrolling immer sowohl eine prozessuale als auch eine aufbauorganisatorische Komponente beinhaltet (vgl. Menden 2004, S. 104). Die Herausforderung beim Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems liegt dabei neben der Fokussierung auf die Steuerung des Prozesses an sich insbesondere auch in der konsequenten organisatorischen Verankerung des Steuerungssystems (vgl. Menden 2004, S. 102). BREDE fasst die Inhalte eines prozessorientierten Controlling folgendermaßen zusammen: „Unter prozessorientiertem Controlling
Entwicklung und State-of-the-Art des Controlling
103
wird ein instrumenteller Ansatz verstanden, der die Erkenntnisse bisher weitgehend isolierter Instrumente unter dem Aspekt der integrierten Prozessgestaltung und -führung kombiniert. Ziel dieses Konzeptes ist die Verbesserung der betrieblichen Effizienz und Effektivität durch Schaffung wandelbarer Prozessstrukturen, die eine flexible Neuausrichtung von Unternehmen an den permanenten externen Strukturwandel ermöglichen.“ (Brede 1998, S. 94). Nachdem vorangehend Mergers & Acquisitions, das Konzept der Unternehmenswertsteigerung sowie die Konzeption des Controlling als die zentralen Themenfelder für die Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit beschrieben und die bestehenden Verbindungen aufgezeigt wurden, sollen nachfolgend darauf basierend die Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems herausgearbeitet werden.
104
3
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&AControlling-Systems
3.1
Determinanten für den Aufbau der Analyse
3.1.1
Vorbemerkungen
In den vorangehenden Abschnitten wurden die grundlegenden Elemente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems beschrieben: Mergers & Acquisitions als Untersuchungsobjekt, das Wertmanagement als Zielsystem sowie das Controlling als Koordinationsfunktion für Planung, Steuerung und Kontrolle. Im folgenden Kapitel sollen die Betrachtungen zusammengeführt und zu einem konsistenten Bild verbunden werden. Im Ergebnis wird ein wertorientiertes M&A-Controlling-System vorliegen, das eine wertsteigernde Steuerung von Unternehmenstransaktionen unterstützt. Die Erreichung der Zielformulierung folgt dem in Abschnitt 1.4.2 entworfenen Vorgehensmodell. Ausgehend von den in Literatur und Praxis bis dato diskutierten Erfolgsfaktoren und Werttreibern für M&A-Projekte werden diese systematisiert und mit entsprechenden Metriken und Kennzahlen hinterlegt. Die Systematisierung führt zur Verlinkung der Metriken und Kennzahlen mit dem M&A-Prozessmodell von LUCKS/MECKL, den Führungsteilsystemen im Sinne der koordinationsorientierten Controlling-Konzeption sowie einem übergreifenden Prozessmanagement-Ansatz zur zielgerichteten Steuerung der Transaktion.
3.1.2
Kennzeichen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Über die generellen Anforderungen eines klassischen Controlling-Systems hinausgehend, muss ein wertorientiertes M&A-Controlling-System folgende Anforderungen erfüllen, die bei der entsprechenden Ausgestaltung zu berücksichtigen sind: x
M&A-Orientierung Die Kernfunktionen eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems liegt auf der Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen. Diese Funktion ist bei der Ausgestaltung im Hinblick auf die einzelnen M&A-Phasen Vorfeld, Transaktion und Integration zu spezifizieren und mit konkreten Instrumenten zu hinterlegen. Wesentliche Instrumente für die Koordination des Integrations-Informationssystems sind beispielsweise Balanced Scorecard sowie ein integriertes Integrations-Reporting (vgl. Metz 2002, S. 199 ff.).
x
Prozessorientierung Zielobjekt des M&A-Controlling ist der zugrunde liegende M&A-Prozess mit seinen Kern- und Unterstützungsprozessen (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 59): „Um noch werterhö-
Determinanten für den Aufbau der Analyse
105
hend in das Projekt eingreifen zu können, muss das Controlling auch die Einzelmaßnahmen im Rahmen der Abarbeitung des M&A-Prozesses begutachten. Es lassen sich als Controlling-Gegenstände somit das Projekt als Ganzes als auch die einzelnen Maßnahmen des M&A-Prozesses identifizieren.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 210). Abbildung 33 zeigt die zentralen Ansatzpunkte des Controlling in Zusammenhang mit den Führungsteilsystemen der Unternehmung sowie den M&A-Prozessen. Der bei LUCKS/MECKL explizit definierte Unterstützungsprozess „Controlling“ wird in dieser Darstellung somit zu einem konstituierenden Element des Gesamtsystems. Im Rahmen der Kernkoordination nimmt das Controlling Einfluss auf die Gestaltung des entsprechenden M&A-Prozesses und orientiert sich an den grundlegenden Schritten und Instrumenten eines umfassenden Prozessmanagement-Systems. Die Erläuterung der einzelnen Phasen Prozessstrategie, Prozesstransparenz, Prozessgestaltung, Prozesssteuerung und Prozessverantwortung findet sich in Abschnitt 3.1.4. Bei der unterstützenden Koordination liegt der Fokus der ControllingFunktion auf die Bereitstellung relevanter Daten und Informationen für die Prozessdurchführung. Koordinationsfokus des Controllings M&A-Prozesse
Kernprozesse
Führungsteilsysteme Planungssystem
Kontrollsystem
Informationssystem
Personalführungssystem
Organisation
Strategieplanung Strukturenwicklung & -durchsetzung Personalveränderung
Unterstützungsprozesse
Information Bewertung Kommunikation Controlling Kernkoordination
Unterstützende Koordination
Abbildung 33: Ansatzpunkte des Controlling im M&A-Prozess
x
Wertorientierung Die Wirksamkeit der definierten Instrumente für das M&A-Controlling ist am Maßstab der Unternehmenswertsteigerung zu messen. Durchgeführte M&A-Transaktionen beziehungsweise einzelne Teilschritte hieraus sind nur dann als erfolgreich einzustufen, wenn sich auf Grund ihrer Durchführung der Marktwert des Eigenkapitals erhöht hat. Dieser Anspruch muss jedoch dahingehend konkretisiert werden, durch welche Maßnahmen eine Steigerung des Unternehmenswertes zu erreichen ist (vgl. Faul 2005, S. 137). Wie noch
106
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
zu zeigen sein wird, stellen die empirisch belegten Erfolgsfaktoren für Mergers & Acquisitions den zentralen Ansatzpunkt dar, um durch deren Gestaltung die Wertsteigerung des Gesamtprojektes sicherzustellen (vgl. Abschnitt 3.1.3). In diesem Sinn bedeutet Wertorientierung im Rahmen dieser Arbeit auch gleichzeitig eine Erfolgsfaktororientierung. Die Prozessorientierung bildet das Systematisierungskriterium für die nachfolgenden Ausführungen. Ausgehend von den Phasen des Prozessmanagements werden die entsprechenden wertsteigernden Erfolgsfaktoren identifiziert und in ein Steuerungssystem überführt. Es wird deutlich, dass der Auswahl der relevanten Erfolgsfaktoren dabei eine entscheidende Bedeutung zukommt. Nur wenn sie tatsächlich den Erfolg von M&A-Projekten determinieren, können die auf ihrer Basis abgeleiteten Kennzahlen, Systeme und Handlungsempfehlungen auch zu einer effektiven und effizienten Steuerung von M&A-Projekten beitragen. Im nachfolgenden Abschnitt soll deshalb in Grundzügen eine Strukturierung von relevanten Erfolgsfaktoren vorgenommen werden, die dann den weiteren Erläuterungen zugrunde liegen wird.
3.1.3
Erfolgsfaktoren als Stellhebel der Wertsteigerung für M&A-Projekte
3.1.3.1 Erfolgsfaktoren und Wertsteigerung Im vorangehenden Abschnitt wurden die M&A-Orientierung, die Wertorientierung und die Prozessorientierung als zentrale Kennzeichen eines wertorientierten M&A-ControllingSystems identifiziert. Im nächsten Schritt stellt sich nun die Frage nach den Stellhebeln der Wertsteigerung, also nach den Ansatzpunkten und den dahinter stehenden konkreten Maßnahmen, deren Berücksichtigung eine wertsteigernde Entwicklung des Unternehmens begünstigt, und an denen das M&A-Controlling im Zuge seiner Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben ansetzen muss. Erst durch Definition dieser greifbaren Handlungsmöglichkeiten erschließt sich der Nutzen des Wertmanagement-Konzeptes für die Praxis, die darauf basierend ihr unternehmerisches Steuerungssystem gezielt gestalten und ausrichten kann. Die Identifizierung dieser Stellhebel gestaltet sich indes herausfordernd, zumal für die Argumentation ihrer wertsteigernden Wirkung eine Verbindung zu den übergreifenden Wertgeneratoren und damit zur Spitzenkennzahl der Wertmessung auf Unternehmensebene hergestellt werden muss. Die Auswahl der zu betrachtenden Stellhebel leitet sich demnach aus ihrem zu erwartenden Beitrag zur Wertsteigerung als Maßkriterium ab. Wertsteigerung wird als Erfolg des M&A-Projektes gewertet, dementsprechend erscheint es sinnvoll, die Instrumente und Kennzahlen zur Erreichung dieser Wertsteigerung aus den zugrunde liegenden Erfolgsfaktoren abzuleiten: „Immer wieder zeigte es sich, dass es dieselben Fehler waren, die schließlich zum Scheitern einer Fusion oder jedenfalls zu ihrer Bedeutungslosigkeit führten“ (Malik 1999, S. 251). Die von Guserl aufgestellte Forderung im Hinblick auf die Post-Transaktionsbeziehungsweise Integrations-Phase soll an dieser Stelle insofern als Leitprinzip des Control-
Determinanten für den Aufbau der Analyse
107
ling für den gesamten M&A-Prozess dienen: „Hier sollte sich das Controlling auf die kritischen Erfolgsfaktoren … fokussieren und diese unterstützend und fördernd begleiten“ (Guserl 2006, S. 363). Bezieht man diesen Gedankengang auf die hier zugrunde liegende Fragestellung einer wertsteigernden Gestaltung von M&A-Projekten, so lassen sich zwei Dimensionen von Erfolgsfaktoren erkennen: x
Zum einen existieren Erfolgsfaktoren für M&A-Projekte, die sich aus den direkt mit Unternehmenstransaktionen in Zusammenhang stehenden Aktivitäten ableiten lassen. Sie wurden bereits in einer Vielzahl von Studien im Detail betrachtet (vgl. für einen Gesamtüberblick Meckl/Sodeik/Fischer 2006) und lassen sich - abgesehen von den extern determinierten strukturellen Erfolgsfaktoren - in Erfolgsfaktoren der M&A-Prozesse sowie in Erfolgsfaktoren eines M&A-Projektmanagements einteilen. Ihre Wirkung auf den Transaktionserfolg kann mit Hilfe univariater, bivariater oder multivariater Analyseverfahren eruiert werden (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 167).
x
Daneben haftet einem Wertmanagement-System „an sich“ eine Vielzahl von Variablen zur Erhöhung der Erfolgswahrscheinlichkeit an. EBELING unterscheidet in ihrer umfassenden Analyse der Erfolgsfaktoren einer wertorientierten Unternehmensführung die erforderlichen internen Rahmenbedingungen sowie die Faktoren, die im Zuge einer Umsetzung wertorientierter Unternehmensführung den „Controllingerfolg“ bezeichnen (vgl. Ebeling 2007, S. 29).
Beide Dimensionen gemeinsam zeichnen ein Gesamtbild zu den Stellhebeln, die im Rahmen einer Unternehmenstransaktion den Erfolg maßgeblich beeinflussen. Sie werden in den Kapiteln 3.1.3.2 und 3.1.3.3 näher beleuchtet. Gelingt es dann, diese Erfolgsfaktoren in klare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge mit den originären Werttreibern von RAPPAPORT zu stellen, sie mit Instrumenten und Kennzahlen zu fundieren und sie darauf basierend mit Hilfe eines wertorientierten M&A-Controlling Systems effektiv und effizient zu steuern, so kann die Problemstellung der vorliegenden Arbeit als gelöst betrachtet werden.
3.1.3.2 Erfolgsfaktoren für M&A-Projekte In der Literatur wird eine Vielzahl von möglichen Erfolgsfaktoren für die Durchführung von Unternehmenstransaktionen diskutiert. Obwohl die Mehrzahl aus konkreten Transaktionen abgeleitet und dementsprechend einzelfallbezogen ist, lässt sich durch eine geeignete Clusterung ein wiederkehrendes Muster erkennen. Bereits an dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass es „die Erfolgsfaktoren“ nicht gibt. So werden einzelne Faktoren wie beispielsweise die Integrationsgeschwindigkeit von unterschiedlichen Autoren gegenläufig beurteilt: während im einen Fall eine hohe Integrationsgeschwindigkeit den Erfolg der Transaktion for-
108
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
ciert, wirkt sie im anderen Fall erfolgshemmend (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 12). An diesem Beispiel wird deutlich, dass für die einzelnen Faktoren nicht pauschal eine Erfolgswirkung entsprechend ihrer Ausprägung prognostiziert werden kann, sondern dass für ein abschließendes Urteil vielmehr ein Analyseraster in Bezug auf die im konkreten Projekt vorherrschenden Kontextfaktoren beizustellen ist. Dementsprechend wird diese Arbeit nicht in der Lage sein, ein „Kochrezept“ für die Durchführung von M&A-Transaktionen zu liefern: „Es ist nicht möglich, eindeutige und allgemein gültige Aussagen darüber zu treffen, welches die tatsächlich relevanten Erfolgsfaktoren bzw. die primär zu beachtenden Risiken sind.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 12). Vielmehr gehe es darum, „… auf einige Faktoren hinzuweisen, die in den Projekten regelmäßig als relevante Faktoren für die Beherrschung des Risikos bzw. der Erhöhung der Erfolgsträchtigkeit auftauchen und deswegen grundsätzlichen Charakter haben.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 12). Diesem Anspruch soll vorliegende Arbeit gerecht werden, indem sie mit Hilfe entsprechend aufbereiteter quantitativer Kennzahlen und notwendiger qualitativer Informationen bei der Erstellung einer Entscheidungsvorlage unterstützt, die eine fundierte Grundlage für die wertsteigernde Gestaltung von Mergers & Acquisitions bildet. Die in Literatur und Praxis identifizierten Erfolgsfaktoren bilden den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Untersuchungen und sollen deshalb vorab einer genaueren Betrachtung und Strukturierung unterzogen werden. MECKL/SODEIK/FISCHER haben eine Auswertung der zu diesem Thema verfügbaren Studien vorgenommen und dabei eine Einteilung der M&AErfolgsfaktoren nach strukturellen sowie M&A-Management-Erfolgsfaktoren vorgenommen (vgl. Abbildung 34; Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 171 ff.). Auf den Ergebnissen dieser Analyse sollen die nachfolgenden Ausführungen aufbauen: x
Strukturelle Erfolgsfaktoren sind aus Sicht eines M&A-Projektes extern vorgegeben und können im Rahmen des Projektes nicht beeinflusst und gestaltet werden. Zu ihnen zählen die Unternehmenskultur beider Unternehmen, die Transaktionsgröße, die geographische Ausdehnung des Deals, die strategische Ausrichtung sowie die finanzielle Lage des Targets. Grundsätzlich sind in den ausgewerteten Studien die Aussagen zur Erfolgsrelevanz der strukturellen Faktoren nicht eindeutig, so dass „… klare Aussagen auf einem höheren Verifizierungsniveau außerhalb der Unternehmenskultur nicht möglich“ (Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 173) sind.
x
M&A-Management-Erfolgsfaktoren stellen die tatsächlich im Rahmen des M&AProjektes beeinflussbaren Erfolgsfaktoren dar. Sie sind zum einen konkret mit einem oder mehreren Prozessen verhaftet (Dimension I in Abbildung 34) oder beziehen sich auf die Art und Weise der Durchführung eines M&A-Projektes „an sich“, also auf das M&AProjektmanagement (Dimension II in Abbildung 34).
Determinanten für den Aufbau der Analyse
109
Erfolgsfaktoren bei M&A
Strukturelle Erfolgsfaktoren
M&A-Management-Erfolgsfaktoren
Dimension I: M&A-Prozess
Dimension II: M&A-Projektmanagement
prozessübergreifend prozessbezogen Analysefokus dieser Arbeit
Abbildung 34: Strukturierung der Erfolgsfaktoren bei M&A (Quelle: Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 172)
Für den Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems, das die Steuerung des M&A-Projektes im Hinblick auf das Ziel der Wertsteigerung zum Ziel hat, sind dabei weniger die nicht beeinflussbaren strukturellen Erfolgsfaktoren als vielmehr die M&A-ManagementErfolgsfaktoren von Interesse. Diese bilden die zentralen Steuergrößen für die Durchführung einer M&A-Transaktion und sind aus dem Projektteam heraus direkt beeinflussbar. Um mit ihrer Hilfe eine wertsteigernde Gestaltung des M&A-Prozesses zu erreichen, müssen sie jedoch erst für Steuerungszwecke zugänglich gemacht werden, indem sie entweder über quantitative Kennzahlen messbar gestaltet oder über qualitative Skalen transparent aufbereitet werden. Die M&A-Management-Erfolgsfaktoren lassen sich danach unterscheiden, ob sie ursächlich den einzelnen M&A-Prozessen anhaften oder ob sie als Metafaktoren die Durchführung des M&A-Projektes in seiner Gesamtheit betreffen. MECKL/SODEIK/FISCHER sprechen in diesem Zusammenhang von Erfolgsfaktoren der Dimension I und II (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 171 f.) beziehungsweise von Erfolgsfaktoren des M&A-Prozesses und des M&AProjektmanagements. Die von diesen Autoren identifizierten Erfolgsfaktoren wurden mittels einer Auswertung über 25 Studien hinweg ermittelt. Tabelle 3 und Tabelle 4 fassen die Erfolgsfaktoren zusammen. Es soll nun nicht darum gehen, die Erfolgsfaktoren des M&A-Projektmanagements (Dimension II) zu diskutieren. Dies würde eine grundsätzlich andere Fragestellung darstellen als die Analyse der eigentlichen M&A-Prozesse auf Möglichkeiten für Wertsteigerungen, welche hier im Vordergrund stehen soll. Im weiteren Verlauf werden die einzelnen Phasen des M&AProzessmanagements Schritt für Schritt diskutiert und jeweils die in der Literatur erwähnten prozessbezogenen Erfolgsfaktoren (Dimension I) sachlogisch zugeordnet. Dadurch können
110
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Ansatzpunkte für die Optimierung der entsprechenden M&A-Prozessschritte geschaffen werden. Durch die Verbindung von Erfolgsfaktoren und Prozessschritten können dann spezifische Kennzahlen entwickelt werden, deren Ausprägung beziehungsweise Veränderung in einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang im Hinblick auf die Steigerung des Unternehmenswertes gebracht werden kann. Damit wird die Grundlage für ein wertorientiertes M&AControlling-System gelegt. Untersuchungsfeld Strategie / Führung
Personal
Organisation Information Unternehmensbewertung Kommunikation
Controlling
Kunden
Ausprägungen x Kontinuierliche Durchführung von M&A, unabhängig von den konjunkturellen Rahmenbedingungen x Priorisierung des Ziels einer Synergierealisierung, allerdings Ablehnung einer Priorisierung von Kostensynergien; mit Ausnahme einer Reduktion von Gemeinkosten erscheinen Kostensynergien nicht erfolgskritisch x Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung im Allgemeinen einschließlich Zielvorgaben und Maßnahmenpläne x Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption x Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion x Linienmanager beziehungsweise mittleres Management als erfolgskritische Mitarbeiter x Klare Personalstrategie und Definition der Kernbelegschaft x Schneller Vollzug eines eventuell erforderlichen Stellenabbaus x Höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bei Schaffung von Stellen als bei Stellenabbau x Hohe Bedeutung der Personalmotivation: Relevanz von Veränderungsbereitschaft, Commitment, Gehalts- und Incentivesystemen, Systemen der Mitarbeiterbindung x Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams aus Führungskräften aller beteiligten Unternehmen x Starke organisationale Integration der Unternehmen x Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens x Besondere Bedeutung der Due Diligence x Bedeutung von Wissenstransfer und Informationsaustausch x Realistische Einschätzung des Target x Gezahltes Premium hat keinen Einfluss auf den Erfolg x x x x x x x x x x
Schnelle Durchführung der internen und externen Kommunikation Planmäßiger Ablauf, klar formuliert, für alle Anspruchsgruppen angepasst Besondere Bedeutung der Mitarbeiter und Kunden Kommunikation von neuen Geschäftsabschlüssen in der Integrationsphase Bedeutung eines pro-aktiven Risikomanagements Betonung von Marketing und Vertrieb Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater Vernachlässigung des Vertriebs während der Transaktion vermeiden Hohe Marktorientierung der Post Merger Integration Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten
Tabelle 3: Prozessbezogene M&A-Erfolgsfaktoren (Dimension I) (Quelle: Meckl/Sodeik/Fischer 2006)
Determinanten für den Aufbau der Analyse
111
Untersuchungsfeld Projektführung
Ausprägungen x Besondere Bedeutung der Integrationsplanung: realistische Meilensteine, frühzeitige Durchführung, aktive Einbindung des Top-Managements und Unterstützung durch dieses
ProjektPersonalmanagement
x x x
Auswahl des Top-Managements Aufrechterhaltung eines Fortschrittsdrucks Einsatz eines Integrationsverantwortlichen
Projektorganisation
x x x x x x
Führung durch ein Top-Team Einsatz eines Integrationsteams Integration der M&A-Tätigkeiten in die täglichen Arbeitsabläufe Kontinuierliche Planfortschrittskontrolle Akquisitionserfahrung beziehungsweise konkrete M&A-Fähigkeiten Bedeutung des Wissenstransfers zwischen Käuferunternehmen und Target, auf Managementebene, zwischen den Funktionen, vom/zum Kunden einschließlich Entwicklung diesbezüglich geeigneter Instrumente Einbindung von Mitarbeitern und Kunden in die Integration Dokumentation der Ergebnisse nach Abschluss der Transaktion Argumente sowohl für schnelle als auch für moderate beziehungsweise langsame Durchführung der Transaktion Frühe Abarbeitung der M&A-Schlüsselaktivitäten
Projekt-Controlling Wissensmanagement
Geschwindigkeit
x x x x
Tabelle 4: Projektmanagement-bezogene M&A-Erfolgsfaktoren (Dimension II) (Quelle: Meckl/Sodeik/Fischer 2006)
3.1.3.3 Erfolgsfaktoren für das Wertmanagement Neben den soeben diskutierten M&A-Erfolgsfaktoren können auch die Erfolgsfaktoren für ein Wertmanagement-System per se mit in die Betrachtung einbezogen werden. Sie werden im ersten Schritt zwar losgelöst von einer Unternehmenstransaktion definiert, sind aber bei der Gestaltung eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems heranzuziehen, wenn es darum geht, die Instrumente und Kennzahlen aus den Führungsteilsystemen heraus zu entwickeln. EBELING zeigt, basierend auf einer Auswertung von theoretischen und empirischen Arbeiten zum Thema „Wertorientierte Unternehmensführung“, einen Gesamtrahmen für die damit in Zusammenhang stehenden Erfolgsfaktoren auf und überführt diese in Gestaltungsempfehlungen für ein wertorientiertes Controlling (vgl. Ebeling 2007). Abbildung 35 gibt einen Überblick zur korrespondierenden Gesamtkonzeption. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Strukturierung in zwei Erfolgsfaktorengruppen: x
Erfolgsfaktorengruppe 1 beinhaltet die internen Rahmenbedingungen, „… innerhalb derer ein wertorientiertes Controlling umgesetzt wird.“ (Ebeling 2007, S. 28). Konkret sind dies die drei Faktoren Organisationsstruktur, Akzeptanzsicherung und Personalführung. Nur wenn die Bedingungen in jedem dieser drei Themengebiete erfüllt sind, ist die Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensführung erfolgsversprechend.
112
Erfolgsfaktorengruppe 2 knüpft daran an und konzentriert die relevanten Faktoren für die Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensführung. Ausgerichtet auf ein wertorientiertes Zielsystem sind das wertorientierte Planungs-, Kontroll-, Informations- und Entgeltsystem sowie das zugehörige Value Reporting zu gestalten.
Akzeptanzsicherung
Personalführung
Erfolgsfaktorengruppe 1
Wertorientiertes Zielsystem Wertorientiertes Planungssystem Wertorientiertes Kontrollsystem Wertorientiertes Infosystem
Shareholder Value
Eignung der internen Rahmenbedingungen
Organisationsstruktur
Umsetzung einer wertorientierten Unternehmensführung
x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Wertorientiertes Entgeltsystem
Value Reporting Erfolgsfaktorengruppe 2
Abbildung 35: Erfolgsfaktoren einer wertorientierten Unternehmensführung (Quelle: Ebeling 2007, S. 29)
EBELING beschreibt für beide Gruppen die darin enthaltenen Erfolgsfaktoren und leitet darauf basierend ein idealtypisches wertorientiertes Controlling-System mit entsprechenden Gestaltungsempfehlungen ab (vgl. Ebeling 2006). Eine kritische Reflexion der erarbeiteten Inhalte erfolgt in Form einer Fallstudie, welche die Gegenüberstellung des theoretischen Ideals mit den realen Gegebenheiten einer börsennotierten Aktiengesellschaft zum Inhalt hat und darstellt, welcher Anpassungsbedarf sich daraus ergibt. Für das weitere Vorgehen im Rahmen dieser Arbeit bietet sich nun folgende Schrittfolge an. Die prozessorientierten M&A-Erfolgsfaktoren von LUCKS/MECKL bilden den Ausgangs- und Schwerpunkt für die Ableitung des wertorientierten M&A-Controlling-Systems. Sie müssen wertsteigernd gestaltet werden, um eine Wertsteigerung im Gesamtprojekt für das Unternehmen in Summe zu bewirken. Zur Beantwortung der Frage, wie nun die Wertsteigerung bei den einzelnen prozessorientierten M&A-Erfolgsfaktoren erreicht werden kann, werden die Empfehlungen von EBELING unterstützend herangezogen. Sie stellen einen direkten Bezug zur
Determinanten für den Aufbau der Analyse
113
operativen Ausgestaltung eines Wertmanagement-Konzeptes sowie eines damit in Zusammenhang stehenden wertorientierten Controlling her. Als Beispiel sei hier der Erfolgsfaktor der starken organisationalen Integration aufgeführt (vgl. Abschnitt 3.4.2.3), dessen wertsteigernde Inhalte bei EBELING unter anderem mit konkreten, die Wertsteigerung begünstigenden Konstellationen bei der Aufgaben- und Kompetenzverteilung erweitert werden.
3.1.4
Rahmensetzung durch das Prozessmanagement
In Abschnitt 1.3.2 wurde die Bedeutung des Prozessansatzes für die betriebswirtschaftliche Forschung betont. Im Hinblick auf die Durchführung von Unternehmenstransaktionen bedarf der Prozessmanagement-Begriff einer weiteren Konkretisierung. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang zwei Fragen zu diskutieren: x
Welche Prozesse sollen als Betrachtungsobjekte Eingang in ein wertorientiertes Controlling für M&A finden? Die Abgrenzung hat maßgeblichen Einfluss darauf, ob das M&AControlling seine wertsteigernden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben übergreifend wahrnehmen und damit den Fokus auf die mögliche Wertsteigerung durch die Unternehmenstransaktion lenken kann, oder ob auf Grund einer unzweckmäßigen Einschränkung nur ein Teilbereich betrachtet wird und die Gefahr einer Teiloptimierung besteht.
x
Welche Methoden und Instrumente für das Controlling sind erforderlich, um die definierten Prozesse systematisch wertorientiert auszurichten? Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ist es erforderlich, das ein Controlling-System gleichsam prozessorientiert aufgestellt ist wie das seines Wirkens unterworfene Prozessgefüge.
Bezüglich der zweiten Fragestellung wurde in der Literatur ein breites Spektrum an Systematisierungskonzepten für ein umfassendes Prozessmanagement entwickelt. Übertragen auf Unternehmenstransaktionen bedeutet dies, dass eine effektive und effiziente Durchführung des Gesamtprojektes mit Hilfe eines M&A-Prozessmanagement-Systems gelingt, das im Wesentlichen durch ein wertorientiertes M&A-Controlling-System gesteuert wird. Dabei ist auf eine Verknüpfung von M&A-Transaktionen mit den gegebenen strukturellen und prozessualen Gegebenheiten der beteiligten Unternehmen zu achten, eine konsequente Durchgängigkeit von der Strategieanbindung über die operative Abwicklung bis hin zur organisatorischen Verankerung durchzusetzen und die Ausrichtung aller beteiligten Prozesse auf das gemeinsame Ziel einer übergreifenden Wertsteigerung sicherzustellen. Nur wenn auf Einzelprozessebene bereits die Wertsteigerung als Ziel vorgegeben und umgesetzt wird, kann eine Wertsteigerung durch die Gesamttransaktion erwartet werden. Ein Beispiel für einen umfassenden Prozessmanagement-Ansatz bildet das fünfstufige Modell von SEIDENSCHWARZ, das neben der angesprochenen Durchgängigkeit auch insbesondere auf ein optimales Zusammenspiel von Standard- und Individualabläufen in einem Prozesssystem abzielt (vgl. Abbildung 36).
114
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Prozessstrategien
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
- Besitzen wir eine Gesamtunternehmensstrategie zum Entwickeln unserer Prozesslandschaft?
- Haben wir unsere Prozesse ausreichend und einheitlich beschrieben?
- Besitzen wir ausreichend Prinzipien, Teams und Instrumente zur Prozessgestaltung?
- Besitzen wir geschäftsfeldbezogene Prozessstrategien zur systematischen Unterstützung unserer Wettbewerbsstrategien?
- Bewerten wir unsere Prozesse systematisch und durchgängig im Unternehmen?
- Wenden wir diese Prinzipien, Teams und Instrumente systematisch und konsequent im Alltag an?
Prozesscontrolling
Prozessorganisation
- Haben wir ein Prozesscontrolling aus Aufgaben-, Instrumenten- und Organisationssicht implementiert?
- Besitzen wir genügend prozessorganisatorische Elemente in unserer Organisation?
- Wird dieses System im Alltag genutzt?
- Haben wir auch unsere Incentives prozessbezogen ausgerichtet?
Marktgerechtes Geschäftsmodell
Prozessebenen
standardisierte Prozessebene geschäftsspezifische Prozessebene
Prozessperformance
Kernmodule der Prozessstandardisierung
Aufbau, Entwickeln und Betreiben eines unternehmensspezifischen Prozessmodells
Kernfragen eines Prozessmanagementsystems
Ziele und Nutzen des Prozessmanagements und der Prozessstandardisierung in einem Unternehmen
Abbildung 36: Komponenten und Kernfragen eines Prozessmanagement-Systems (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 5)
Betrachtet man nun die erste der angesprochenen Fragestellungen, nämlich die nach dem Umfang der Prozessbetrachtung, so sind in einem ersten Schritt zwei Prozessdimensionen relevant (vgl. Abbildung 37): x
Die Unternehmenstransaktion selbst ist als Prozess mit entsprechenden Unterprozessen zu begreifen. Die M&A-spezifischen Prozesse laufen darin in Zusammenhang mit der Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen ab und dienen der Vorbereitung und Durchführung einer projektbezogenen Zusammenführung unterschiedlicher Unternehmen. Dabei ist es gerade bei den Prozessen der Vorfeldphase erst einmal nicht relevant, ob es tatsächlich zum Vollzug eines Zusammenschlusses kommt, vielmehr ist der inhaltliche Bezug zum Thema M&A bereits konstituierendes Merkmal, einen Prozess auch als M&A-relevant einzustufen. Insgesamt handelt sich um ein projektbezogenes Prozessgefüge, dessen Einsatz und Optimierung insbesondere dann einen hohen Nutzen hat, wenn für ein Unternehmen M&A-Aktivitäten kein Einmalprojekt, sondern eine permanente strategische Option bei Wachstums- und Rückzugsüberlegungen darstellen. Dann jedoch reicht eine einfache Beschreibung der zugrunde liegenden Prozesse nicht mehr aus, insbesondere da sich M&A-Projekte als strategische Handlungsoptionen durch hohe Komplexität, Vielschichtigkeit sowie weit reichende Interdependenzen und Schnittstellen funktionaler und prozessbezogener Art auszeichnen (vgl. Schumann 2005, S. 5). Vielmehr ist der Untersuchungsgegenstand Prozess in ein laufendes Controlling-System zu integrie-
Determinanten für den Aufbau der Analyse
115
ren, dass eine kontinuierliche wertsteigernde Gestaltung sicherstellt. Die Beschreibung des dieser Arbeit zugrunde liegenden M&A-Prozesssystems findet sich in Abschnitt 2.1.3. x
Die Prozesse des strategischen und operativen Tagesgeschäftes werden im Unternehmen gemäß der dort implementierten Ablauforganisation abgewickelt. Sie dienen der primären Wertschöpfung, schaffen die eigentliche Leistungserstellung des Unternehmens und laufen unabhängig von der Durchführung von Unternehmenstransaktionen ab. Die wertsteigernde Zusammenführung dieser bis dato getrennt ablaufenden, isolierten Prozesswelten stellt eine zentrale Herausforderung im Rahmen einer M&A-Transaktion dar. Im Zuge der zunehmenden Bedeutung der Prozesssicht gehen viele Unternehmen dazu über, sich nicht mehr nur am Rande sondern im Rahmen spezifischer Projekte intensiv damit zu beschäftigen und die als nutzbringend identifizierten Bestandteile einzuführen. In Unternehmen ist allerdings immer wieder das Phänomen zu beobachten, dass ein mit viel Motivation gestartetes Projekt zur prozessorientierten Ausrichtung der internen Strukturen zum theoretischen Konstrukt mutiert. Stabs- und Linienfunktionen beschäftigen sich über Jahre hinweg mit einer Ausmodellierung der Prozesslandschaft auf atomarer Detailebene, ohne den wichtigen Schritt in Richtung Prozessgestaltung und Hebung der Nutzenpotenziale zu beginnen. Die Folge sind mangelnde Akzeptanz und Frustration bei den Mitarbeitern, was man mit ersten „Quick Wins“ zu Beginn der Projektphase vermeiden könnte.
Prozessdimensionen Tagesgeschäft
M&A-Projekt
Managementprozesse
Strategieplanung
Businessprozesse
Strukturentwicklung und –durchsetzung
•
Product Lifecycle Management
Personalveränderung
•
Supply Chain Management
Information
•
Customer Relationsship Management
Bewertung
Kommunikation
Controlling
Supportprozesse
Abbildung 37: Prozessdimensionen im Unternehmen
Es wird ersichtlich, dass eine trennscharfe Abgrenzung von „M&A-Prozessen“ und „nichtM&A-Prozessen“ in vielen Fällen schwierig, manchmal sogar unmöglich ist. Führt man sich beispielsweise den Prozess der Strategieplanung im Bereich der Managementprozesse vor Augen, so gibt es Aspekte, die rein im Hinblick auf eine konkrete Transaktion bearbeitet wer-
116
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
den. In der Mehrzahl der Fälle, wie bei der Portfolio- oder Standortplanung, werden M&A eine von mehreren strategischen Optionen darstellen, um das übergreifende strategische Ziel zu erreichen. Die gleichen Prozesse laufen demgemäß sowohl für M&A als auch für andere Themen im Unternehmen ab. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es nicht zweckmäßig, von zwei verschiedenen Prozessgefügen im Unternehmen zu sprechen, sondern die M&AProzesse als integralen Bestandteil des unternehmerischen Prozesshauses zu betrachten, die bedarfsgerecht in den erforderlichen Situationen „aktiviert“ werden beziehungsweise im Sinne eines kontinuierlichen Screenings parallel zum Tagesgeschäft ablaufen. SCHUMANN formuliert dementsprechend: „Es ist festzuhalten, dass der Integrationsprozess als Spezialfall des Geschäftsprozesses definiert werden kann“ (Schumann 2005, S. 87). Die von LUCKS/MECKL entworfene Struktur für M&A-Prozesse kann somit durch „Ausflaggen“ von einzelnen Prozessen aus dem Gesamt-Prozess-Gefüge des Unternehmens dargestellt werden. Anhand des Siemens Referenz-Prozess-Hauses kann dies veranschaulicht werden (vgl. Abbildung 38). Management Processes Strategic Planning & Controlling
Financial Planning & Controlling
Enterprise Governance
Internal Audit
Sell
Care
Business Processes Customer Relationship Management (CRM) Plan Understand Supply Chain Management (SCM) Plan Source
Make
Product Lifecycle Management (PLM) Product Portf. Define Plan Management
Deliver
Realize
Return
Commercialize/ Operate
Phase out
Support Processes Quality Management
Environment, Health & Saf ety
Intellect. Capital Management
Human Resources
Financial Management
Procurement
Process & Inf ormation Mgmt.
Communication
Administration & Inf rastructure
Operating Rules
Real Estate Management
Abbildung 38: Siemens Referenz-Prozess-Haus (in Anlehnung an Seidenschwarz 2008, S. 64)
Das Siemens Referenz- Prozess-Haus stellt ein auf mehreren Ebenen strukturiertes Prozesssystem dar, das alle in einem Unternehmen ablaufenden Prozesse enthält. Auf oberster Ebene (Level 0) wird zwischen den Prozessgruppen Management-, Business- und Supportprozessen unterschieden. Die Business-Prozesse untergliedern sich dann beispielsweise weiter in die Basisprozesse des Customer Relationship Management (CRM), des Supply Chain Management (SCM) sowie des Product Lifecycle Management (PLM). Mit zunehmender Leveltiefe
Determinanten für den Aufbau der Analyse
117
wird dabei eine Detaillierung der Prozesse vorgenommen, die sich auf Level 7 schließlich den einzelnen geschäftsspezifischen Arbeitsschritten annähern (vgl. Abbildung 39). Management
Business PLM
Prozessgruppen generisch
Support
SCM
CRM Wertschöpfungskettendiagramm
Level 1
Plan
Source
Make
Deliver
Return
Enable
Basisprozesse generisch Make to stock
Level 2 Prozesskategorien, -modelle, -varianten generisch
Level 3
Make to stock PUSH
Fertigungssteuerung & Disposition
Fertigungsversorgung
Make to order
Engineer to order
Enable Make
UE / FE bereitstellen
Freigabe des Produktes an Deliver
Make to stock PULL
Fertigung & Prüfung
UE / FE verpacken
Standardprozesse der Level 0 bis 3 sind konzernweit verbindlich
Level 0
Level 4 bis n
Make Fertigungsbedarf ermittelt Bedarfs- & Mengenplanung
Deliver
Prozesskette GRO-spezifisch
Plan Make
Fertigungsplan und M&C-Rahmen verabschiedet
Bedarfs- & Mengenplanung durchgeführt
Auftragserfassung & -durchführung
Produktionsaufträge freigegeben
Fertigungsversorgung
Ereignisgesteuerte Prozessketten und Funktionszuordnungsdiagramme
Standardprozesse der Level 4 - n sind geschäftsspezifisch
Prozessketten generisch
Abbildung 39: Level-Systematik im Siemens Referenz-Prozess-Haus (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 69)
Wie in Abschnitt 2.1.3 dargestellt, lässt sich die Durchführung einer Unternehmenstransaktion selbst als Prozesssystem begreifen. Dabei können nach LUCKS/MECKL drei Kern- sowie vier Unterstützungsprozesse identifiziert werden, die im Rahmen von allen M&A-Projekten eine zentrale Rolle spielen und deshalb eine hohe Excellence in der Durchführung aufweisen sollten. Verbindet man diese beiden Perspektiven zu einem Gesamtbild, so gelangt man zu dem bereits angesprochenen „Ausflaggen“ von Prozesselementen. M&A-Prozesse lassen sich demnach aus der Prozess-Gesamtlandschaft eines Unternehmens ableiten, indem sich diese Prozesse 1:1 dort wieder finden oder durch Neukombination einzelner Prozesselemente entwickelt werden: x
Der Strategieplanungsprozess findet sich in der Prozessgruppe „Management“ im Level1-Prozess „Strategic Planning & Controlling“ wieder.
x
Der Personalveränderungsprozess ist schwerpunktmäßig in der Prozessgruppe „Support“ und hier im Level-1-Prozess „Human Resources“ verankert.
x
Beim Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozess handelt es sich um einen äußert vielschichtigen Prozessblock, dessen Elemente vor allem in den strukturellen Be-
118
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
reichen der Prozessgruppe „Support“ wieder zu finden sind, in denen M&A-bedingte Anpassungen vorgenommen werden, also beispielsweise in den Level-1-Prozessen „Process and Information Management“, „Quality Management“ oder „Procurement“. Situationsbezogen werden im Rahmen der strukturbezogenen M&A-Aktivitäten die entsprechenden Prozesse des Referenz-Prozess-Hauses aktiviert und in die übergreifende Prozessdurchführung eingebunden. Auf diese Weise entsteht ein in sich geschlossenes Prozesssystem, in dem sich auch alle in Zusammenhang mit einer Unternehmenstransaktion ablaufenden Prozesse wieder finden. Deren wertsteigernde Koordination ist zentrale Aufgabe eines wertorientierten M&AControlling-Systems. Abschließend seien nun die bisherigen Erläuterungen noch einmal zu einem Gesamtbild verdichtet, in dem eine Verknüpfung des ProzessmanagementPhasenmodells mit den M&A-/Unternehmens-Prozessen sowie den Führungsteilsystemen des Controlling vorgenommen wird (vgl. Abbildung 40). Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Prozess Personal Motivation Incentivierung
Abbildung 40: Ansatzpunkte des wertorientierten M&A-Controlling-Systems unter dem Blickwinkel eines übergreifenden Prozessmanagements
Durch diese Verknüpfung wird es möglich, sukzessive die einzelnen Phasen des Prozessmanagements im Hinblick auf die Durchführung einer Unternehmenstransaktion zu beleuchten und mit den konzeptionellen Elementen der beteiligten M&A-Prozesse sowie der relevanten Führungsteilsysteme zu unterfüttern. Um die einzelnen Phasen wertsteigernd im Sinne eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems zu gestalten, kann an den spezifischen Erfolgs-
Determinanten für den Aufbau der Analyse
119
faktoren des zugrunde liegenden M&A-Prozesses angeknüpft und diese mit Hilfe geeigneter, steuerungsrelevanter Kennzahlen und Instrumenten fundiert werden. Welche Kennzahlen und Instrumente das im Einzelnen sind, ergibt sich aus der Verbindung mit dem relevanten Führungsteilsystem des Controlling und dessen konzeptionellen Fundamenten. Insgesamt wird deutlich, dass 1. die Erarbeitung der Prozess-Strategie durch den M&A-Prozess Strategieplanung erfolgt und im Führungsteilsystem Planung wertsteigernd koordiniert wird, 2. die Prozesstransparenz als wesentliche Grundlage für die Steuerung durch Informationsund Bewertungsprozess hergestellt wird, was durch das Controlling maßgeblich im Rahmen der Koordination des Informationssystems unterstützt wird, 3. die Maßnahmen der Prozessgestaltung im Wesentlichen auf Strukturveränderungen abzielen und im entsprechenden Führungsteilsystem Organisation angegangen werden, 4. die Prozesssteuerung eine zentrale Aufgabe des Controllingprozesses unter Beteiligung des Kommunikationsprozesses ist und stark in das Kontrollsystem eingebunden ist sowie 5. der überaus wichtige Faktor der Personalveränderung im Wesentlichen über die Schaffung von Prozessverantwortung erfolgt, indem die zentralen Instrumente des Personalführungssystems eingesetzt werden.
3.1.5
Aufbau der Hauptkapitel und weiteres Vorgehen in der Analyse
Die folgenden Abschnitte setzen an den fünf beschriebenen Schritten des Prozessmanagements an, konkretisieren die darin vorliegenden Aufgaben, definieren die für die Durchführung erforderlichen Controlling-Instrumente und leiten geeignete Kennzahlen für die Prozesssteuerung der beteiligten M&A-Prozesse (vgl. Abbildung 40) ab. Als Abschluss folgt dann die Überführung der auf Einzelprozessebene gewonnenen Erkenntnisse in ein übergreifendes Value Based M&A-Controlling-System, indem die Erkenntnisse verdichtet und für die einzelnen M&A-Prozesse konsolidiert werden. Den Einstieg in die einzelne Prozessmanagement-Phase bilden jeweils die hinführenden Erläuterungen zu Einordnung, Zielen und Aufgaben. Dabei erfolgt zu Beginn eine kurze Einleitung zum Wesen des die einzelne Phase bestimmenden Inhalts. Darauf aufbauend werden die Eckpfeiler des konzeptionellen Ansatzes dieser Arbeit aufgegriffen und in Zusammenhang mit der jeweiligen Prozessmanagement-Phase gestellt. Es geht dabei darum, zu begründen, welche M&A-Prozesse und welche Führungsteilsysteme des Controlling als konstitutive Elemente zur Analyse im entsprechenden Kontext heranzuziehen sind. Die dabei identifizierten M&A-Prozesse werden dann ihrer Struktur nach charakterisiert und ihre wertsteigernde Gestaltung diskutiert. Den Abschluss des Abschnitts zur Einordnung, den Zielen und den Aufga-
120
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
ben bildet dann schließlich eine Beschreibung des Vorgehens in den jeweiligen Prozessmanagement-Phasen. Im Hauptteil erfolgt jeweils unmittelbar danach die Ausarbeitung der Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling in direktem Bezug zur korrespondierenden Prozessmanagement-Phase. Nach einer kurzen Einführung werden die kontextrelevanten Erfolgsfaktoren sukzessive aufgegriffen und im Hinblick auf die Gestaltung für ein wertorientiertes M&A-Controlling analysiert. Im Einzelnen bedeutet dies, eine einführende Begriffsklärung vorzunehmen, die Wirkung des Erfolgsfaktors auf die M&A-Werttreiber zu untersuchen, Instrumente für die wertsteigernde Gestaltung zu entwickeln sowie Kennzahlen hierfür abzuleiten. An den relevanten Stellen soll darüber hinaus auch auf die Besonderheiten im internationalen Kontext eingegangen werden, wenn es also darum geht, grenzüberschreitende M&A wertsteigernd zu gestalten. Den Ausgangspunkt bildet die Prozessstrategie, die als erster Themenblock im nachfolgenden Abschnitt analysiert wird.
3.2 3.2.1
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessstrategie
3.2.1.1 Das Wesen einer Strategie Die inzwischen inflationäre, schlagwortartige und vielfach unkritische Verwendung der Begriffe „Strategie“ beziehungsweise „strategisch“ hat dazu geführt, dass alles in irgendeiner Form langfristige Handeln in Unternehmen, teilweise bereits ab einem Horizont von lediglich länger als einem Jahr, als strategisches Handeln deklariert wird: „Lange Zeit galt es als modern, jeden Begriff mit dem Adjektiv ‚strategisch’ oder ‚lean’ zu versehen oder aber in den ‚Management’ Stand zu erheben. Die Praxis sprach also von strategischem Management bzw. Lean Management (am besten sogar von strategischem Lean Management).“ (Brede 1998, S. 93). In der Folge gehen die tatsächlichen strategischen Themen, welche die zukünftige Erfolgsposition eines Unternehmens maßgeblich beeinflussen und bestimmen, in der Masse von „Pseudo-Strategien“ unter. Bevor deshalb Ziele, Aufgaben und Instrumente des M&AStrategieplanungsprozesses im Hinblick auf seine wertsteigernde Gestaltung beleuchtet werden können, ist ein Schritt zurück erforderlich, der auf Basis einer kurzen Betrachtung des Wesens einer Strategie eine Abgrenzung strategischer Themen vornimmt. COENENBERG/SALFELD beschreiben eine Strategie als „… gedankliche Vorwegnahme aller zukünftigen Handlungen des Unternehmens, die von den Entscheidungsträgern gemeinschaftlich als notwendig zur Erreichung der angestrebten Zielfunktion angesehen werden.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 70). Sie entmystifizieren den abstrakten Begriff „Strategie“ durch Rückführung auf einen dynamischen, kontinuierlichen Weg zum Ziel durch Entwicklung und Adaption möglicher Handlungsalternativen an das sich permanent ändernde Umfeld unter
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
121
Berücksichtigung der damit in Zusammenhang stehenden Komplexität und Unsicherheit. KAPLAN/NORTON begreifen Strategie als „… ein Bündel von Hypothesen über Ursache und Wirkung.“ (Kaplan/Norton 1997, S. 28). Dabei steht „… im Rahmen einer wertorientierten Strategieentwicklung […] die Frage im Vordergrund, wie dieser Weg, ausgehend vom Leitgedanken der Unternehmenswertsteigerung, konkret gestaltet werden kann, welche Einzel-/ Etappenziele und Maßnahmenprogramme dazu erforderlich sind – jeweils unter expliziter Berücksichtigung von Unternehmenssituation und -umfeld.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 69). CHANDLER argumentiert ähnlich und bezieht den Ressourcenaspekt mit ein: „Strategy can be defined as the determination of the basic long-term goals and the objectives of an enterprise, and the adoption of courses of action and the allocation of resources necessary for carrying out these goals.“ (Chandler 1970, S. 13). Nach LOMBRISER/ABPLANALP (vgl. Lombriser/Abplanalp 2004, S. 25): x
ist eine Strategie langfristig und zukunftsorientiert,
x
weist einen umfassenden Charakter auf,
x
stützt sich auf stark aggregierte Informationen,
x
basiert sowohl auf geplantem Handeln als auch auf Flexibilität, Kreativität und unternehmerischen Lernen und
x
enthält rationale, motivierende und emotionale Elemente.
In Bezug auf die inhaltlichen Aspekte einer Strategie induzieren die beiden Autoren eine fundamentale Erfolgsorientierung und schließen sowohl Ziele als auch Maßnahmen und Mittel/Ressourcen ein (vgl. hierzu und zum folgenden Lombriser/Abplanalp 2004, S. 25). Daneben unterscheiden sie eine externe Ausrichtung der Strategie auf attraktive Tätigkeitsfelder wie Produkte und Märkte sowie eine interne Ausrichtung auf Fähigkeiten wie strategische Erfolgspositionen und Wettbewerbsvorteile. Eine Strategie wird als gestalterischer Akt gesehen mit dem Ziel, Erfolgspotenziale aufzubauen, Kunden zu gewinnen, Wettbewerber zu verdrängen und die Existenz des Unternehmens langfristig sicherzustellen. Das Wesen der Strategie fasst V. OETINGER folgendermaßen zusammen (vgl. Oetinger 2000, S. 15 ff.): x
Eine Strategie muss stören und überraschen. Die von SCHUMPETER geforderte schöpferische Zerstörung basiert auf einem permanenten Wechsel zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht unter der Annahme, dass gerade in Zeiten des wirtschaftlichen Wandels Chancen generiert und beispielsweise neue Geschäftsmodelle entwickelt werden können. Die einem Wandel folgende Gleichgewichtsphase wird dann zur Feinkalibrierung des Systems genutzt und dürfen nicht als Stillstand missverstanden beziehungsweise gelebt werden (vgl. Seidenschwarz 2003, S. 40 f.). Unternehmenstransaktionen stören das Marktgleichgewicht in vielen Fällen erheblich und beinhalten in der Regel ein Überraschungsmoment für die Wettbewerber. Die schwierige Gradwanderung für die an der
122
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Transaktion beteiligten Unternehmen besteht darin, diesen Zeitraum des Wandels für sich zu nutzen und die sich ergebenden Chancen nicht durch eine schwerfällige Abwicklung des M&A-Projektes den anderen zu überlassen. x
Eine Strategie muss Zeit verkürzen. Die bereits angesprochene bewusste Einleitung von Ungleichgewichten und Wandeltendenzen wirkt als Katalysator für die Beschleunigung von Veränderungen. In einem aus der Trägheit der Stabilität gebrachten System werden die Reaktions- und Anpassungskräfte revitalisiert, was zu einer Aufbruchsstimmung und neuen Chancen führt. Eine M&A-Strategie zielt in vielen Fällen darauf ab, die Zeit für Wachstum zu verkürzen. Das Aneignen externer Ressourcen und die damit verbundene Expansion gehen meistens schneller als das eher langwierige, von innen betriebene Wachstum (vgl. Erfolgsfaktor zur Geschwindigkeit bei M&A in Abschnitt 3.5.2.2).
x
Eine Strategie muss Einmaligkeit suchen. Die Einmaligkeit bezieht sich dabei beispielsweise auf die Marktposition, die Produktmerkmale, die Kundenstruktur oder die Marktabgrenzung. Es geht darum, in irgendeiner Form eine Nische zu identifizieren, die mit der eigenen unternehmerischen Tätigkeit besetzt werden kann (vgl. Oetinger 2000, S. 18), so dass die Wettbewerbsfähigkeit und somit der Erfolg des Unternehmens sichergestellt werden kann. Eine M&A-Transaktion muss nach solcher Einmaligkeit suchen, darf selbst aber keine Einmaligkeit bleiben. Das Etablieren von M&A als permanenten Prozess im Rahmen der Strategieerarbeitung und -umsetzung bietet einen enormen Hebel für die Wachstumsaktivitäten von Unternehmen.
x
Eine Strategie muss dekonstruieren. Mergers & Acquisitions bedeuten Dekonstruktion in Reinform. Unternehmensgrenzen werden aufgelöst, Unternehmen neu strukturiert und neu zusammengefügt. Im Ergebnis liegt ein neues „Gebilde“ vor, das neue Chancen wahrnehmen und die bisher getrennt durchgeführten Aufgaben effektiver und effizienter betreiben kann. Wieder scheint hier der Gedanke der „schöpferischen Zerstörung“ von SCHUMPETER auf, indem verkrustete Strukturen gelöst und durch einen dynamischen Wandelprozess beweglicher und flexibler gestaltet werden können.
x
Eine Strategie muss vordenken. Nicht zuletzt die Bewertung eines Unternehmens im Rahmen von M&A-Aktivitäten auf Basis von Discounted-Cash-Flow-Modellen macht den Zukunftsbezug in diesem Zusammenhang deutlich. Vordenken heißt dabei allerdings nicht nur Prognose der heutigen Unternehmenszahlen über die nächsten Jahre, sondern die bewusste gedankliche Vorwegnahme der sich wandelnden Rahmenfaktoren mit dem Ziel einer entsprechenden Ausrichtung der unternehmerischen Strukturen und Prozesse bereits zum Betrachtungszeitpunkt. Den Ausgangspunkt bilden dabei die grundlegenden Stärken des jeweiligen Unternehmens, die es für die Zukunft zu erhalten und auszubauen gilt: „Zentraler Ansatz ist deshalb das Konzept des Kernkompetenzmanagements nach HAMEL/PRAHALAD, der aus strategischer Sicht auf ein rechtzeitiges Einleiten eines notwendi-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
123
gen Unternehmenswandels im Sinne einer dynamisch-prozessualen Perspektive zielt.“ (Seidenschwarz 2003, S. 143). x
Eine Strategie muss Talente führen. Wie bereits in Abschnitt 2.1.3 ausgeführt, stellt der Personalveränderungsprozess neben dem Strategieplanungs- sowie dem Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozess einen Kernprozess im Rahmen von Unternehmenstransaktionen dar. Empirische Studien zeigen überdies, dass dem Personalmanagement eine entscheidende Bedeutung für den Erfolg einer gesamten Unternehmenstransaktion zukommt (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 175; vgl. Abschnitt 3.6). Im Einzelnen bedeutet dies beispielsweise, Mitarbeiter zu motivieren, zu qualifizieren oder frühzeitig in anstehende Veränderungsprozesse einzubinden. In vielen Fällen führt bereits die Ankündigung einer M&A-Transaktion zum Abwandern von Schlüsselspielern, und auch im Zuge der teilweise langwierigen und oft mit Frustration für den einzelnen behafteten Transaktions- und Integrationsphase sind wichtige Talente anfällig für den Wechsel zu einem anderen Unternehmen. Eine Strategie, die sich nicht auch einem proaktiven, langfristigen Personalmanagement widmet, greift somit deutlich zu kurz.
x
Eine Strategie muss regenerieren. M&A-Transaktionen sind Maßnahmen zur Regenerierung von Unternehmen durch Neugestaltung der Unternehmensgrenzen: „Jedes Unternehmen hat nur eine Wahl: wachsen oder sterben. […] Wachstum verleiht […] Kraft zur Selbsterneuerung.“ (Oetinger 2000, S. 24).
Zusammenfassend lässt sich eine Strategie als Weg charakterisieren, der zum übergreifenden Unternehmensziel führen soll. Das Ziel selbst ist dabei in Form der Mission und der Vision des Unternehmens vorgegeben. Ein Beispiel für einen durchgängigen Strategieprozess bildet das Konzept der „Impact-focused Strategies“. Ausgehend von der Vision wird die Notwendigkeit für Veränderung identifiziert, die Strategie entwickelt, die erforderlichen Beteiligten in den Prozess integriert sowie die Umsetzung eingeleitet und überwacht (vgl. Abbildung 41).
124
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Märkte verstehen, Trends analysieren, Situation diagnostizieren, Vision entwickeln Sense of urgency und Offenheit Mit Controlling für den grundsätzlichen den Fortschritt der VeränderungsVisionize Veränderung bedarf navigieren initiieren Initiate Navigate Impact Focused Strategies
StrategieStrategize entwicklung Umsetzungs- Operate prozesse & -umsetzung gemeinsam in der Integrate über Messgrößen, neu ausgerichteten Zielwerte und Organisation Initiativen ausführen formulieren Umsetzungsbeteiligte in den Prozess integrieren, motivieren und beabsichtigtes Zusammenspiel kommunizieren
Abbildung 41: Das Strategiekonzept der "Impact-focused strategies" (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 11)
3.2.1.2 Konstitutive Elemente der M&A-Prozessstrategie Zu Beginn einer Diskussion von Optimierungsansätzen für die M&A-Prozessstrategie ist zu fragen, in welchem konzeptionellen Gesamtrahmen sich die Erarbeitung dieser Strategie bewegt und schließlich, welche „Elemente“ den Erarbeitungsprozess zentral unterstützen. Aufbauend auf dem vorab entwickelten Gedankengut bezüglich M&A-Prozesssystem und Controlling-Rahmen lässt sich diesbezüglich der M&A-Strategieplanungsprozess sowie das Führungsteilsystem Planung ausmachen. Wie auch die anderen Phasen des Prozessmanagement läuft die Phase der Prozessstrategie unabhängig von der Planung oder Durchführung von Unternehmenstransaktionen ab. Letztere stellen in diesem Zusammenhang eine strategische Option dar, die zur Erreichung übergeordneter Unternehmensziele sinnvoll sein kann (vgl. Looser 1999, S. 267). Ein Prozessmanagement- beziehungsweise Prozesscontrolling-System erhält seine Zielvorgabe aus der vorgelagerten Unternehmens- und Prozessstrategie. Nur so ist gewährleistet, dass das Prozesscontrolling nicht zum Selbstzweck betrieben wird, sondern als wesentlicher Treiber für die Erreichung der Unternehmensziele fungiert. Gleichzeitig gehört es zu den größten Herausforde-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
125
rungen, diese strategische Anbindung umzusetzen. Zum einen ist es erforderlich, dass die Strategie selbst gewissenhaft erarbeitet wird, zum anderen ist der Transfer der strategischen Implikationen in das Prozessmanagement durch Bereitstellung konkreter, daraus abgeleiteter Kennzahlen zu vollziehen. Eine tagesgeschäftsbezogene operative Steuerung erfordert gleichgerichtet entsprechende operative Steuerungsgrößen, die für die am betroffenen Prozessschritt beteiligten Mitarbeiter verständlich definiert und dargestellt werden. Dies erreicht man in der Regel mit Hilfe des „Herunterbrechens“, indem man die anfangs noch relativ abstrakt formulierten Strategien und Zielvorgaben, wie beispielsweise die schon mehrfach zitierte Vorgabe der Wertsteigerung, schrittweise in die darin enthaltenen operativen Werttreiber auffächert und durch Ursache-Wirkungs-Beziehungen durchgängig verknüpft. Manifestiert sich im Zuge der Entwicklung der Unternehmens-Gesamtstrategie diese Möglichkeit als ein Fokusthema, so erhält die Phase der Prozessstrategie durch Aktivierung des spezifischen M&AStrategieplanungsprozesses eine inhaltliche Erweiterung in Richtung Analyse möglicher Unternehmenstransaktionen. Der Strategieplanungsprozess fungiert somit zu Beginn als „… Initiator vieler M&A-Projekte …“ (Lucks/Meckl 2002, S. 74) und konkretisiert seine Aktivitäten darauf folgend in den M&A-spezifischen Hauptaktivitäten Basisstrategie, Screening, Vorfeldsondierung und Simulation (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 76). Eine Darstellung denkbarer Inhalte am Beispiel einer Eignerstrategie, unterteilt in Vision/Leitbild, Strategische Erfolgspositionen, Wertsteigerungskonzepte sowie Nutzenpotenziale findet sich beispielsweise bei JUNG (vgl. Jung 1993, S. 31). In Bezug auf die Gestaltung des Controlling ist der inhaltliche Zusammenhang zu den Führungsteilsystemen der Unternehmung herzustellen, um darauf basierend die erforderlichen Instrumente zur Unterstützung des M&A-Prozessmanagements ableiten und gegebenenfalls modifizieren zu können. Die originäre Verbindung ist dabei zum Planungssystem der Unternehmung zu koinzidieren, in dem das Controlling im Wesentlichen die Aufgaben der Koordination von Planzielen, Planungsträgern, Planungsprozessen sowie Planungsgegenständen und -ebenen wahrzunehmen hat (vgl. Küpper 1995, S. 87 f.). Auf Grund seiner Bedeutung bereits in den frühen Phasen eines M&A-Projektes kommt dem Planungssystem als „Weichensteller“ eine überragende Bedeutung zu, da hier bereits ganz zu Beginn einer Transaktion wesentliche Erkenntnisse über „Strategic Fit“ und Machbarkeit der Transaktion gewonnen werden (vgl. Guserl 2006, S. 353). Die konstitutiven Elemente der M&A-Prozessstrategie bilden somit der M&AStrategieplanungsprozess sowie das Führungsteilsystem der Planung (vgl. Abbildung 42). Die folgenden Ausführungen setzen am Strategieplanungsprozess auf, kennzeichnen seine Struktur und die ihm immanenten Erfolgsfaktoren und leiten daraus geeignete Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&A-Controlling ab.
126
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Prozess Personal Motivation Incentivierung
Abbildung 42: Konstitutive Elemente der M&A-Prozessstrategie
3.2.1.3 Vorgehen bei der prozessorientierten Strategieentwicklung 3.2.1.3.1 Allgemeines Vorgehensmodell Unter dem Blickwinkel von Unternehmenstransaktionen kann der bisher allgemein umschriebene Strategiebegriff nun einer Konkretisierung unterzogen werden. Erweist sich für ein Unternehmen und - konkreter - für ein bestimmtes strategisches Ziel die Forcierung des eigenen Wachstums auf Basis einer Akquisition oder Fusion als vorteilhaft, so beginnt der M&Aspezifische Strategieplanungsprozess, der gezielt auf die Steigerung des Unternehmenswertes durch Käufe und Verkäufe von Unternehmen(steilen) ausgerichtet ist. Er kann als Nukleus von M&A-Projekten bezeichnet werden. Nur wenn im Rahmen dieses Prozesses ein Transaktionsprojekt als strategiekonform und wertsteigernd für das Unternehmen klassifiziert wird, kann der nächste Schritt einer möglichen Durchführung in Angriff genommen werden. Diese Tatsache deutet gleichzeitig wieder darauf hin, dass der Strategieplanungsprozess nicht als Spezifikum des einzelnen M&A-Projektes begriffen werden darf, sondern in einem übergeordneten Gesamtzusammenhang gesehen werden muss: „Entscheidend ist jedoch, dass die innere Logik stimmt, und diese muss im Markt und/oder in der Technologie bzw. im Produkt und/oder in der Leistungserstellung verankert sein“ (Guserl 2006, S. 353; vgl. auch Malik 1999, S. 252).
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
127
Nach LUCKS/MECKL weist der M&A-Strategieplanungsprozess seine Hauptaktivitäten in der Vorfeldphase auf. Hier wird die Basisstrategie formuliert, das Screening und die Vorfeldsondierung durchgeführt sowie Simulationen erstellt (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 76). Daneben ist der Strategieplanungsprozess in den Randaktivitäten des Führungskonzeptes, der Grobbewertung sowie der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit involviert. Im Wesentlichen besteht seine Aufgabe darin, die Konformität mit der übergreifenden Strategie und die Erreichung der strategischen Zielsetzungen sicher zu stellen. Daneben finden sich weitere Randaktivitäten in der Transaktions- und Integrationsphase. Besonders herausgestellt seien in diesem Zusammenhang die Mitwirkung an der Due Diligence, deren integraler Bestandteil auch eine Bewertung der Unternehmensstrategie ist, sowie eine konsequente Zielverfolgung mit der Möglichkeit zur schnellen Reaktion auf Planabweichungen. Die (M&A-)Strategie ihrerseits wird durch die Mission, die Werte, die Vision und die übergeordneten Ziele des Unternehmens determiniert. Greift man noch einmal die in Abbildung 41 beschriebenen Schritte eines durchgängigen Strategieprozesses auf, so lassen sich diese den beiden Phasen Strategieentwicklung sowie Strategieumsetzung zuordnen und M&Aspezifisch formulieren. In Abbildung 43 ist ein entsprechendes strategisches Gesamtsystem dargestellt. Impact-focused Strategies from idea to value® Strategischer Managementprozeß
Visionize M&A-Vision
Initiate
Strategize
Integrate
Operate
Navigate
M&A-Bedarf
M&A-Strategie
M&A-Beteiligte
M&A-Umsetzung
M&A-Steuerung
Phase 1: Strategieentwicklung/-bewertung
Phase 2: Strategieumsetzung
M&A - Wertmanagement
M&A - Strategy Map
Welche M&A-Strategie steigert den Unternehmens- & Kundenwert? (from urgency to strategy)
Wie kann diese wertsteigernde M&AStrategie erfolgreich umgesetzt werden? (from strategy to action)
M&A - Prozessmanagement Welche integrierte Kombination aus Strategie- & Umsetzungskompetenz erzeugt nachhaltige Kundenbegeisterung (from fragment to flow)? Steigerung des Unternehmenswerts Zunehmender Einsatz in der Strategieentwicklung
Abbildung 43: M&A im strategischen V.I.S.I.O.N.-Management-Prozess (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 9)
128
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Der Strategieprozess selbst gibt den Rahmen vor. Ausgehend von der M&A-Vision wird der bestehende M&A-Bedarf identifiziert, also beispielsweise analysiert, in welchen Teilen der Wertschöpfungskette extern getriebenes Wachstum zu sinnvollen Ergänzungen führen könnte. Marktverständnis, Trendanalyse und Situationsdiagnose als Grundlage einer klaren Zielformulierung (vgl. Wall/Wall 2001, S. 68) sind dabei ebenso unentbehrlich wie die Schaffung eines offenen Klimas und eines „Sense of urgency“ im Hinblick auf den notwendigen Veränderungsbedarf. Die M&A-Strategie formuliert darauf basierend den Umsetzungspfad und legt dabei unter anderem das geplante Unternehmensportfolio einschließlich der entsprechenden Meilensteine fest. Bereits an dieser Stelle ist es erforderlich, die für die spätere Umsetzung nötigen Messgrößen zu definieren, die korrespondierenden Zielwerte festzulegen und der Strategie konkrete Initiativen zu hinterlegen: „Gut formulierte Zielsetzungen sind immer sehr konkret. Sie sind für alle in gleicher Weise verständlich und eignen sich als Maßstab für das bisher Erreichte. Eine Zielsetzung, die den Ansprüchen wertorientierter Unternehmensführung gerecht werden will, muss auch eine Quantifizierung des Unternehmenswerts enthalten, der nach Ablauf eines definierten Zeitraums erreicht werden soll. Und sie muss diesen Zielwert in ein Verhältnis setzen zum aktuellen Unternehmenswert, um die notwendige Anstrengung zu verdeutlichen.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 17). Damit ist die Phase 1 der Strategieentwicklung und -bewertung abgeschlossen. Im Ergebnis liegt eine Strategie vor, die im Sinne des M&A-Wertmanagements eine Wertsteigerungsmöglichkeit durch die gezielte Durchführung von Unternehmenstransaktionen skizziert, und die umsetzungsbezogen den Weg dorthin aufzeigt. Sie gibt darüber hinaus die Richtgröße der Wertsteigerung vor, an der sich ein wertorientiertes M&A-Controlling-System ausrichten muss. Die Forderung dieser Durchgängigkeit von der Strategieformulierung im Sinne des Wertmanagement-Gedankens bis hin zum wertorientierten Controlling führt dabei allerdings zu einem zentralen Problemfeld der heute in der Praxis implementierten Wertmanagement-Konzepte: die dafür entwickelten Controlling-Systeme entbehren oftmals der notwendigen strategischen Anbindung. COENENBERG/SALFELD folgern daraus unter Verwendung einer Analogie aus dem Fußball: „Eine neue Stadionanzeige allein macht das Spiel der eigenen Mannschaft noch nicht erfolgreicher. Strategie und Spielweise müssen verändert werden, damit das neue Messsystem auch bessere Ergebnisse anzeigt.“ (Coenenberg/Salfeld 2007, S. 11). Es folgt die Phase 2 der Strategieumsetzung. Hier sind in einem ersten Schritt die Beteiligten in den Prozess zu integrieren, zu motivieren und das beabsichtigte Zusammenspiel zu kommunizieren. Gemeinsam wird dann der Umsetzungsprozess in der neu ausgerichteten Organisation ausgeführt und begleitend im Rahmen der M&A-Steuerung durch das Controlling der Fortschritt der Veränderungen gemessen. Ein wichtiges Werkzeug im Rahmen der Strategieumsetzung stellt die Balanced Scorecard beziehungsweise Strategy Map dar (vgl. Kaplan/Norton 1997). Sie stellt die Verbindung zwischen Strategie und operativen Maßnahmen her (vgl. Abbildung 44), indem sie die Aspekte der Finanzperspektive, der Kundenperspekti-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
129
ve, der Performance-/ Prozessperspektive sowie der Lern- und Wachstumsperspektive in einen Gesamtzusammenhang stellt, über Ursache-Wirkungs-Beziehungen verknüpft und umsetzungsbezogene Ziele, Initiativen und Messgrößen bereitstellt (vgl. Holtbrügge/Puck 2006, S. 207). Aus Abbildung 43 wird bereits ersichtlich, dass die ursprünglich für die Strategieimplementierung konzipierte Balanced Scorecard heute vielfach auch bereits bei der Strategieentwicklung eingesetzt wird. Die logische Prägnanz und Stringenz stellt so bereits am Anfang des Strategieplanungsprozesses einen geeigneten Rahmen für eine effektive und effiziente Strategieerarbeitung zur Verfügung. Der Einsatz der Balanced Scorecard bereits in den frühen Phasen der Strategieentwicklung stellt sicher, dass dieser Entwicklungsprozess keine abstrakten Ideen produziert, sondern dass die Ergebnisse in Form klar formulierter Strategien auch passgenau in den Umsetzungsprozess übernommen und dort konkretisiert werden können, da kein Bruch im verwendeten Instrumentarium besteht. Auf Grund dieser Bedeutung wird die Balanced Scorecard im Fortlauf dieses Abschnitts aufgegriffen und zu einem übergreifenden Koordinationsinstrument des wertorientierten M&A-Controlling entwickelt. Strategische Analyse
Vision und Strategieentwicklung
Strategieimplementierung und Controlling
Mission: Warum wir existieren Werte: An was wir glauben Vision und übergeordnete Ziele: was wir sein wollen Strategie: wie wir unsere Ziele erreichen wollen Durch die Dunlop Akquisition Eine international vergleichbare soll die weltweite Profitabilität und weit überdurchschnittliche des Goodyear Konzerns als Profitabilität durch die Fusion ‚Best in Class‘ in der Branche sicherstellen gelten
Finanzperspektive
Kundenperspektive
Performance-/ Prozessperspektive Lern- & Wachstumsperspektive
Steigerung der weltweiten Gesamtabdeckung Marktanteile; des insbesondere in den chinesischen Marktes Regionen Europa und erreichen Asia/Pacific
Führende Marktposition im Großkundenanteil durch Erstausrüstungsgeschäft mit Akquisition signifikant steigern der Automobilindustrie
Netzwerk Netzwerkder für strategischen strategische PartnerPartnerschaften auf Basis der schaften durch die Akquisition weltweit Fusion ausbauen ausbauen
Eroberung des Prozeßsynergien durch Chinasegments Prozeßintegration konsequent prozessual realisieren umsetzen
Globale Globales Marktund AccountMarktdatenKnow-how transparenz schärfen sicherstellen
Str ate g
Kenntnis der neuen Kenntnis der Märkte und identifizierten neuen Zielsegmente Zielmärkte ausbauen ausbauen
Messgrößen
Weltweit die grösste und International eine erfolgreichste “ very company” „Tire andimportant Rubber Company“ werden werden
Eintritt in neue Marktsegmente Spezialsegment und Ausbau der weiter ausbauen Distributionsbasis
yM ap
Mehrmarkenqualifikati Internationalisierung der on und Mitarbeiter weiter Internationalisierung verstärken der Belegschaft fördern
Initiativen
SegmentWeltweite spezifisches Produktionskapazit Product Fit ät gemeinsam nutzen herbeiführen
Kompetenz zur Kompetenz zur Mehrmarkenpenetration Erschließung des in neuen Märkten und chinesischen Marktes Zielaufbauen segmenten aufbauen
Vollsortimenterposi Built-to- Customer-tionKompetenz und ‚Marken durch Fusion Fit to Customer‘ aufbauen festigen
Managementprozes Managementse vereinheitlichen und international auf prozesse konsequent jedebeschleunigen Produktgruppe abstimmnen
Persönliche Ziele
Ergebnisse Zufriedene Kapitalgeber
Begeisterte Kunden
Effektive Prozesse
Verfügbare Infrastruktur
Abbildung 44: Unternehmerisches Zielsystem (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 14)
Die Grundlage für die Umsetzung der strategischen Stoßrichtung bildet schließlich das M&AProzessmanagement. Der entscheidende Hebel für die Realisierung von Wertsteigerungspotenzialen durch Unternehmenstransaktionen liegt in der effektiven und effizienten Steuerung und Optimierung der zugrunde liegenden Prozesse. In der Konsequenz hat ein wertorientiertes M&A-Controlling-System in erster Linie auch ein prozessorientiertes Controlling zu sein, um
130
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
eine entsprechend ausgerichtete Planung, Steuerung und Kontrolle der einzelnen Prozesse und Teilprozesse im Hinblick auf das übergreifende Gesamtziel der Unternehmenswertsteigerung zu gewährleisten. Für die nachfolgenden Ausführungen bedeutet dies, dass nach der Festlegung einer Strategie zuerst eine Methode zur Herstellung von Prozesstransparenz erforderlich ist, um die entsprechenden Prozesse aus strategischer Sicht beurteilen und wertsteigernd gestalten zu können. Darauf basierend können dann prozessorientierte Kennzahlen entwickelt, Prozessverantwortlichkeiten definiert und implementiert sowie die Prozessperformance überwacht und gesteuert werden. Die Darstellungen finden sich in den Abschnitten 3.3 bis 3.6, nachdem ein vollständiges Konzept für die M&A-Prozessstrategie erarbeitet wurde.
3.2.1.3.2 Konkrete Strategieentwicklung Der Ausgangspunkt für die Durchführung einer M&A-Transaktion und damit einer M&AStrategie liegt in der Synthese aus horizontaler und vertikaler Unternehmensstrategie. Dieses Zusammenspiel determiniert die Leistungstiefe in der Wertschöpfungskette im gesamten Spektrum der möglichen Leistungstiefenkonstitution. Aus Abbildung 45 wird deutlich, dass sich dieses Spektrum zwischen den Extremfällen der kompletten Eigenentwicklung und Eigenerstellung sowie sich ergebenden dynamischen Netzwerken aufspannt. Unternehmenstransaktionen stellen in diesem Kontinuum eine Alternative dar, deren Vorteilhaftigkeit im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten einzelfallspezifisch zu überprüfen ist. Welchen Grad an Leistungstiefenkonstitution ein Unternehmen wählt, ist dabei von verschiedenen Rahmenfaktoren abhängig: x
Rechtlicher Kontext: die Durchführung von Unternehmenstransaktionen unterliegt der Aufsicht der Kartellbehörden und ist bei zu erwartender Monopolstellung des neuen Unternehmens nicht zulässig. Darüber hinaus steigt die Komplexität der zu beachtenden Rahmenfaktoren insbesondere im internationalen Umfeld erheblich an.
x
Finanzieller Kontext: der Grad der Leistungstiefe wird vielfach von den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln limitiert. Kann ein Unternehmen die erforderliche Finanzierung für eine aus strategischer Sicht notwendige Akquisition nicht aufbringen, so müssen andere Formen wie beispielsweise Kooperationen angestrebt werden.
x
Inhaltlicher Kontext: im Bereich Forschung und Entwicklung werden M&A-Aktivitäten von Unternehmen durchgeführt, welche sich auf diesem Wege notwendiges Know-how aneignen möchten. Die Eigenentwicklung ist in diesen Fällen nicht möglich oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Zeit- und/oder Kapitalbedarf zu realisieren. Das Unternehmen Cisco ist in diesem Zusammenhang ein Referenzbeispiel. Ihm ist es gelungen, über viele Jahre hinweg einen durch externes Wachstum getriebenen beeindruckenden Expansionspfad zu beschreiten (vgl. Paulson 2001).
Veränderte Leistungstiefenkonstitution
Abbildung 45: Strategien der Leistungstiefenoptimierung (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 60) Kooperative Zusammenarbeit mit Kapitalbeteiligungsbezug
Akquisition
Umf assende Beteiligung
Keiretsu
Joint Venture
(einf ache) Beteiligung
Spezifische Konfigurationen entlang der unternehmerischen Wertkette
Unternehmerisch kooperative Zusammenarbeit ohne Beteiligungsbezug
Koopetition
Kundenlösungsbezogene vertragliche Multiplikationen
FranchiseOrganisationen
Kooperationen Operative Netzwerke
Lizenzierung
Konsortium
Marktliche Koordination
dynamische Netzwerke
Aktives Management von Synergien im Konzern
Die Unternehmensstrategie bestimmt die Ausprägung der Leistungstief e, Unternehmensprozesse können durch unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit realisiert werden
+
Horizontale Strategien
Je nach gewählter Konf iguration werden sich das Prozessmanagement und die Prozessstandardisierung auf unternehmensinterne oder unternehmensübergreif ende Schwerpunkte konzentrieren.
Unternehmerisch eigenständige, traditionell arbeitsteilige Zusammenarbeit (Nukleus hierarchische Koordination)
Fremdbezug komplexer Leistungen
Fremdbezug einf acher Leistungen
Eigenentwicklung und -erstellung
Starkes Geschäf tsportf olio Innovationsf ührerschaf t Globale Wertschöpf ung Operational Excellence
Vertikale Strategien
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie 131
132
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Kultureller Kontext: oftmals wird auch durch die Unternehmenskultur die Leistungstiefe determiniert. Wenn beispielsweise ein Unternehmen die Unabhängigkeit als Maxime in den Unternehmensleitlinien verankert hat, wird die Tendenz eher zu Eigenerstellungen gehen als zum Eingehen von Kooperationen oder dynamischen Netzwerken.
x
Prozessualer Kontext: die Hemmschwelle für die Durchführung von Unternehmenstransaktionen ist für die Unternehmen deutlich geringer, welche ein derartiges Vorhaben bereits durchgeführt haben und eventuell sogar als laufenden Prozess etabliert haben. M&A als „Einmalaktionen“ schrecken viele unerfahrene Unternehmen ab und lassen für sie tendenziell andere Optionen bei der Gestaltung der Leistungstiefe zum Instrument der Wahl werden.
Wird eine M&A-Transaktion als geeignetes Instrument zur Erreichung der strategischen Ziele identifiziert, ist im zweiten Schritt der angestrebte Fokus der Transaktion zu definieren. Das Zusammengehen von Unternehmen wird sich dabei immer auf eine spezifische strategische Stoßrichtung beziehen und auf eine Stärkung der Kernkompetenzen des akquirierenden Unternehmens abzielen. Einen möglichen Ausgangspunkt stellen dabei die drei generischen Strategietypen von TRACEY/WIERSMA dar, die jeweils den Fokus auf spezifische Prozesse für die Ausgestaltung lenken.
Strategie der operationalen Exzellenz
Produkt-/Dienstleistungseigenschaften Preis Qualität Zeit Auswahl
Kundenbeziehungen 9 9
„Smart Shopper“
Qualität in Schlüsselkategorien mit unschlagbaren Preisen Produkt-/Dienstleistungseigenschaften
Strategie der Kundenvertrautheit
Strategie der Produktführerschaft
9
9
9
Image Marke
Kundenbeziehungen Service Beziehung
9
Image Marke
Zugeschnittene Dienstleistungen, die einen Mehrwert für den Kunden dar- „Markenstellen und langfristige vertrauen“ Beziehungen schaffen
Produkt-/Dienstleistungseigenschaften Zeit Auswahl 9
9
Kundenbeziehungen 9
9
Image Marke „Bestes Produkt“
Einzigartige Produkte und Dienstleistungen = Differenzierungsmerkmal
9
= Basisanforderung
Abbildung 46: Strategiealternativen nach Treacy/Wiersma (Quelle: Treacy/Wiersma 1995)
Für die Strategie der Kundenvertrautheit bedeutet dies etwa, dass hier insbesondere ein Fokus auf der exzellenten Gestaltung der Prozesse mit hoher Kundenaffinität liegen sollte, also der Erzeugung eines klaren Mehrwertes für die Kunden mit Hilfe von Service, Kundenbeziehungs- und Markengestaltung als Differenzierungsmerkmale zum Wettbewerb. Die Prozesse des Customer Relationship Managements stehen klar im Zentrum der Gestaltungsaktivitäten:
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
133
„M&A-Transaktionen bieten hierbei oft die Möglichkeit zu einer Bündelung bzw. Ausweitung des Vertriebsnetzwerks und schaffen damit Zugang zu bisher nicht erreichten Teilmärkten“ (Seidenschwarz 2006, S. 17). Analog legen die beiden anderen Strategiealternativen den Fokus auf Produkt- und Dienstleistungseigenschaften und unterstützen somit die gezielte Gesamtausrichtung des Unternehmens. Die drei Strategiealternativen nach TREACY/WIERSMA können in einer Entscheidungsmatrix mit den möglichen Formen von Unternehmenstransaktionen abgebildet werden. An den Schnittpunkten lassen sich dann die geplanten strategischen Ziele des Unternehmens abbilden und die geeignete M&A-Form herleiten (vgl. Abbildung 47): x
Horizontale M&A-Formen zielen auf die Erreichung von Economies of Scale beziehungsweise Economies of Scope ab und ziehen in der Regel eine Bereinigung in Bezug auf die am Markt agierenden Unternehmen nach sich. Der Kostenfaktor stellt dabei insbesondere unter dem Strategietyp der Operationalen Exzellenz eine wesentliche Rolle dar, wenn es darum geht, bestimmte Prozessschritte einer bestimmten Leistungsstufe zu optimieren. Eine Steigerung der Kundenvertrautheit beim Customer Relationship Management hingegen ergibt sich beispielsweise durch die Zusammenlegung der Vertriebsmannschaften und die damit einhergehende Bündelung von Know-how und Kundenkontakten. Unter dem Blickwinkel der Produktführerschaft birgt eine horizontale M&A-Form die Möglichkeit, Entwicklungskapazitäten und -fähigkeiten zusammenzuführen. Ein Beispiel stellt hierbei die Akquisition von Celanese durch Hoechst dar, welche Auswirkungen auf die drei Länder Deutschland, USA und Kanada hatte (vgl. OECD 1994, S. 54 ff.).
x
Vertikale M&A-Formen mit dem Ziel einer Integration unterschiedlicher Wertschöpfungsstufen führen unternehmensübergreifend ablaufende Prozesse in einem Unternehmen zusammen. Dadurch können Schnittstellen reduziert und Abhängigkeiten sowie die damit in Zusammenhang stehenden Risiken verringert werden. Bei allen drei Strategietypen ergeben sich dadurch Prozessketten, die durchgängig analysiert und optimiert werden können. Ein Beispiel stellt das Thema Sourcing im Bereich des Supply Chain Managements dar, wo die Möglichkeit besteht, die Herstellung von Vorprodukten durch den Kauf des Lieferanten in die eigenen Hände zu legen und dadurch erheblich mehr Einfluss beispielsweise auf die Qualität dieser Komponenten zu erhalten. Es ist abzuwägen, inwiefern dabei ein optimaler Mittelweg zwischen Integration und der Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen gefunden werden kann.
x
Laterale M&A-Transaktionen spielten insbesondere im Zeitalter der großen Konglomerate eine bedeutende Rolle, haben aber im Zuge der Rückbesinnung auf Kernkompetenzen und dem an den Börsen bestehenden Bewertungsabschlag für Konglomerate in Form des so genannten „Conglomerate Discount“ an Relevanz eingebüßt. Die hinter dieser Transaktionsform stehende Zwecksetzung besteht in erster Linie in der Diversifizierung des Produktspektrums und der daraus resultierenden Möglichkeit zur Streuung des unternehmeri-
134
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
schen Risikos. Daneben können auf diese Weise aber auch im Product Lifecycle Management neue Produktfelder erschlossen, im Customer Relationship Management CrossSelling-Potenziale realisiert und im Supply Chain Management branchenübergreifendes Best Practice Sharing praktiziert werden. Ein Beispiel für eine laterale Transaktion stellt die Akquisition von MCA durch Matsushita dar: der Schwerpunkt von MCA lag auf der Medienindustrie wie Film, Musik und Bücher, Matsushita war unter anderem auf die Herstellung von Elektronik-, Haushalts- und Kommunikationsprodukten spezialisiert (vgl. OECD 1994, S. 35 ff.). Horizontal
M&A-Form
Ziele
Strategietyp: Operationale Exzellenz Strategietyp: Kundenvertrautheit Strategietyp: Produktführerschaft
Economies of Scale
Economies of Scope
Vertikal
Economies of Integration / Vertical economies
Experience effects
Experience effects
Marktbereinigung
Sicherung von Versorgung & Absatz
Lateral
Verbundvorteile
Markteintritt
Strategische Neuausrichtung
Diversifikation
Fokus: Differenzierung im Supply Chain Management Kostenreduzierung durch Konsolidierung in der Supply Chain
Unternehmensübergreifende Prozess-Optimierung der gesamten Supply Chain
Branchenübergreifendes Best-Practice-Sharing
Fokus: Differenzierung im Customer Relationship Management Intensivierung des Kundenkontakts durch Bündelung von Vetriebs-Know-how
Intensivierung des Kundenkontakts durch Integration von Vetriebsaktivitäten
Gezielter Aufbau eines CrossSelling-Potenzials und Neukundengewinnung
Fokus: Differenzierung im Product Lifecycle Management Know-how-Transfer durch Bündelung der F&EAktivitäten
Reduzierung der Schnittstellen in der Forschung und Entwicklung
Strategiekonforme Erweiterung des Produktspektrums
Abbildung 47: M&A-Formen und Strategietypen als Entscheidungsmatrix (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 20 i.V.m. Larsson 1990, S. 47))
Welches Unternehmen jeweils zum eigenen passen könnte, kann mit Hilfe unterschiedlicher Methoden analysiert werden. KNORREN greift bei seiner Darstellung des wertorientierten Planungssystems unterschiedliche Matrix-Darstellungen der strategischen Planung aus der Literatur auf und überführt diese in eine „relative Wertschaffungs-Matrix“, in der er an den beiden Achsen die relative Wertschaffung sowie die heutige Rentabilität gegenüberstellt und die zu analysierenden Geschäftsfelder einträgt (vgl. Knorren 1998, S. 97). Auf diese Weise gelingt es, die aktuelle Performance und das zukünftige Potenzial einzelner Geschäftsfelder abzuschätzen und übersichtlich darzustellen. Für die Anforderungen in Zusammenhang mit M&ATransaktionen empfiehlt sich eine Modifikation der Matrixform. Gilt es, den „Fit“ zwischen zwei Unternehmen abzuschätzen, sind in erster Linie zwei Fragestellungen von Interesse: x
Wie verhält sich die Performance des anderen Unternehmens, gemessen an der erzielten Wertschaffung, zu der Wertschaffung des eigenen Unternehmens?
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie x
135
Wie kompatibel sind die beiden Unternehmen im Hinblick auf die Fähigkeit zur Erreichung der (zukünftig gemeinsamen) Vision?
Die Berücksichtigung beider Dimensionen vereint quantitative Performance mit visionärer Weitsicht und erlaubt eine umfassende Darstellung der Gesamtsituation als Vorbereitung für die Transaktionsentscheidung. Im nachfolgenden Diagramm sind die beiden genannten Dimensionen an den beiden Achsen aufgetragen (vgl. Knorren 1998, S. 94).
höher
P1
Relative Visionserfüllung
P4
UP1
U
1
P2 P3 niedriger niedriger
1
höher
Relative Wertsteigerung Abbildung 48: Relative Visionserfüllungs-Wertschaffungs-Matrix
Durch die Relativierung der Größen kann das eigene Unternehmen U im Zentrum abgebildet werden, während sich die betrachteten anderen möglichen Partner-Unternehmen P1 bis P4 in den vier unterschiedlichen Quadranten wieder finden. Aus der Darstellung lässt sich folgendes über den Grad des Zusammenpassens der Unternehmen ablesen:
136
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Das Unternehmen P1 ist in beiden Dimensionen dem eigenen Unternehmen überlegen. Zum einen generiert es eine höhere Wertschaffung, zum anderen ist besser in der Lage, die eigene Vision zu erfüllen. Eine Akquisition wäre für U eventuell vorteilhaft.
x
Unternehmen P2 erzeugt eine höhere Wertschaffung, ist aber hinsichtlich Visionserfüllung U unterlegen. Aus der Sicht von U ist eine genaue Analyse erforderlich, inwiefern die Passgenauigkeit der beiden Produktportfolios gegeben ist und ob damit ein gemeinsamer visionärer Entwicklungspfad in der Zukunft umgesetzt werden kann.
x
Bei Unternehmen P3 ist weder die Wertgenerierung noch die Visionserfüllung überragend, so dass eine Akquisition aller Wahrscheinlichkeit zum Nachteil von U wäre.
x
Unternehmen P4 schließlich hat das Potenzial, die Visionserreichung stark zu forcieren. Bei der Wertschaffung ist es allerdings U deutlich unterlegen. Es stellt sich die Frage, inwieweit durch Optimierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen im Zuge einer M&ATransaktion die Strukturen und Prozesse von P4 wertorientiert ausgerichtet werden können, so dass sie in das neue Unternehmen integriert werden können.
Unabhängig vom M&A-Objekt lassen sich in Zusammenhang mit der strategischen Stoßrichtung wichtige Erfolgsfaktoren ausmachen, die im nun folgenden Abschnitt diskutiert und in das wertorientierte M&A-Controlling überführt werden.
3.2.2
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&AControlling
3.2.2.1 Vorbemerkungen Im vorangehenden Abschnitt wurde aufgezeigt, wie eine M&A-Strategie prozessorientiert entwickelt werden kann und welche Aufgaben in diesem Zusammenhang dem Strategieplanungsprozess obliegen. Im Ergebnis liegt eine Strategie vor, die sich an den Unternehmensprozessen festmacht und deren konsequente Optimierung vorantreibt. Die beschriebenen Aufgaben der M&A-Prozessstrategie müssen durch das das wertorientierte M&A-Controlling im Sinne eines strategischen Controlling unterstützt werden. Wie das erfolgen kann, soll im Rahmen dieses Abschnitts erläutert werden. Zur Erfüllung seiner Aufgaben ist der Strategieplanungsprozess komplexen Rahmenbedingungen unterworfen. Sie reichen von den spezifischen Bedingungen der beteiligten Unternehmen über gesetzliche Rahmenfaktoren bis hin zu gesamtwirtschaftlichen Determinanten beispielsweise im Hinblick auf Produkt- oder Branchenentwicklungen. Diese Faktoren unterscheiden sich von Transaktion zu Transaktion und sind im jeweiligen Einzelfall detailliert zu analysieren. Dennoch existieren übergreifende Erfolgsfaktoren, deren Einhaltung die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Transaktion erhöht. Diese zu betrachten soll Gegenstand der
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
137
nachfolgenden Ausführungen sein, indem diese Faktoren sukzessive beschrieben, ihre Wertsteigerungsfunktion analysiert und für ihre effektive und effiziente Steuerung geeignete Kennzahlen und Instrumente abgeleitet werden. Dazu werden die in Tabelle 3 aus Abschnitt 3.1.3.2 aufgelisteten Erfolgsfaktoren noch einmal verdichtet und teilweise neu zugeordnet, so dass eine strukturierte, themenbezogene Abarbeitung erfolgen kann. Für die Gestaltung der M&A-Prozessstrategie ergibt sich daraus im Einzelnen: x
Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung,
x
Priorisierung der Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion der Gemeinkosten,
x
Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion,
x
sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption,
x
kontinuierliche Durchführung von M&A,
x
kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb.
Unter „Strategie“ wird somit in diesem Zusammenhang das von LUCKS/MECKL definierte Begriffspaar „Strategie/Führung“ subsumiert.
3.2.2.2 Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung Eine Strategie bestimmt „… die umfassende Ausrichtung eines Unternehmens oder von Teilen desselben auf die optimale Verfolgung eines Unternehmensziels in einem bestimmten bzw. erwarteten Umfeld“ (Reineke/Bock 2007, S. 424). Dieser Anspruch veranschaulicht die Tragweite einer Unternehmensstrategie, die ihrer Gestalt nach alle relevanten Einflussfaktoren des Unternehmensumfelds, des Unternehmens selbst sowie des Zusammenwirkens dieser Faktorengruppe berücksichtigen muss, um darauf basierend den optimalen Weg des Unternehmens in den kommenden Jahren und vielleicht sogar Jahrzehnten beschreiben zu können. Dieser Weg bestimmt über Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Um diese Aufgabe möglichst gut erfüllen zu können, muss sich die Strategiefestlegung dementsprechend zum einen durch eine Ganzheitlichkeit auszeichnen. KPMG weist in diesem Zusammenhang in einer Studie nach, „… dass Unternehmen mit klarer, expansionsorientierter M&A-Strategie und effizienter Implementierung die Kursperformance der Konkurrenz übertreffen.“ (KPMG 2003). Darüber hinaus dient die Strategie als Handlungsrahmen für alle Mitarbeiter des Unternehmens und muss für diese entsprechend klar und nachvollziehbar sein. Der vielfach gelebte Ansatz, die Strategiefestlegung in der Hand einiger weniger Führungskräfte des oberen Managements zu belassen, führt dazu, dass das Ergebnis häufig abstrakt und für die Mitarbeiter wenig greifbar ist. Somit ist ein Ansatz zu wählen, der bereits in der Strategieentwicklung
138
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
die Mitarbeiter partizipativ einbindet und für diese ein allseits verständliches, umfassendes Strategieverständnis erzeugt. Das zentrale Instrument für ein wertorientiertes Controlling der Strategie im M&A-Prozess, welches den vorab genannten Anforderungen der Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung gerecht wird, stellt die Balanced Scorecard dar, die bereits in den 1990er Jahren von KAPLAN/NORTON entwickelt wurde (vgl. Kaplan/Norton 1997; Friedag 2005; Piser 2004, S. 146). Es handelt sich dabei also nicht um ein neuartiges Instrument, sondern um ein bereits vielfach in der Praxis implementiertes Steuerungssystem, das nun allerdings an die spezifischen Anforderungen von Unternehmenstransaktionen angepasst werden muss. In ihrer Urform besteht die Balanced Scorecard aus den vier Perspektiven Finanzen, Kunden, Performance/Prozesse sowie Lernen/Wachstum (vgl. Abbildung 49). Finanzperspektive
Kundenperspektive
Performance-/ Prozessperspektive
Lern- & Wachstumsperspektive
Was erwartet unsere Muttergesellschaft bzw. unsere Investoren von unseren externen Wachstumsbestrebungen und welche strategischen Ziele ergeben sich aus diesen Erwartungen? Welche strategischen Ziele sollten verfolgt werden, um die Wünsche unserer bestehenden und unserer im Rahmen der Kooperation, bzw. Akquisition neu erworbenen Kunden zu befriedigen? Welche strategischen Performance-Ziele sollten verfolgt werden und welche Schwerpunkte bei der Performancesteigerung (CRM, PLM, SCM, Management und/oder Support) sollten gesetzt werden? An welchen Stellen gilt es, die Infrastruktur entsprechend der Geschäftsstrategie bei Personal, Wissen und Systemen anzupassen und die einzelnen Unternehmensbestandteile in das neuen Gesamtgebilde zu integrieren?
Abbildung 49: Perspektiven der Balanced Scorecard (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 24)
Die Finanzperspektive vereint das monetäre Zielsystem des Unternehmens und dient der expliziten Verzahnung von Shareholder Value Ansatz und der Balanced Scorecard an sich (vgl. Fröhlich 2005, S. 617). In der Regel wird demnach als Spitzenkennzahl eine wertorientierte Steuerungsgröße verwendet, die es ermöglicht, den Wert und die Wertsteigerung des Unternehmens im Zeitablauf zu verfolgen. Von besonderem Interesse ist diese Perspektive für die Eigen- und Fremdkapitalgeber des Unternehmens, die eine unter Berücksichtigung der Risikoaspekte angemessene Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals fordern. Ihnen geben die auf dieser Ebene ausgewiesenen Kennzahlen wertvolle Hinweise über die aktuelle und die erwartete finanzielle Situation und damit grundlegende entscheidungsrelevante Informationen im Hinblick auf die Allokation und die Entwicklung ihres Kapitals. Das primäre finanzwirtschaftliche Ziel einer M&A-Transaktion wurde in Abschnitt 2.2.3 als Steigerung des Unternehmenswertes identifiziert. Entsprechend müssen sich auf dieser Ebene die entscheidenden Kennzahlen zur Messung der Wertsteigerung wieder finden, die auf den nachfolgenden Per-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
139
spektiven im Sinne einer Ursache-Wirkungs-Kette durch dann eher operativ ausgestaltete Kennzahlen untermauert werden. In Abschnitt 2.2.2.2 wurden die verschiedenen Wertsteigerungsmaße diskutiert und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile gegenübergestellt. Mit Blick auf die wertsteigernde Gestaltung von Unternehmenstransaktionen muss nun die Überlegung geführt werden, welches dieser Wertsteigerungsmaße tatsächlich geeignet ist für die Anwendung im zugehörigen Controlling-System. Folgende Aspekte gilt es dabei zu erwägen: x
Eignung für die spezifischen M&A-Anforderungen: der Informationsstand bei Unternehmenstransaktionen ist in der Regel mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor behaftet. Die Daten, die ein Käufer über das anvisierte Kaufobjekt im Laufe der Transaktion gewinnt, sind zumindest in der Vorfeldphase und zu Beginn der Transaktionsphase unvollständig und gefiltert. Es stellt in der Praxis eine große Herausforderung dar, sich auf Basis dieser eingeschränkt verfügbaren Daten ein Bild zu machen und darauf eine Entscheidung über „Go“ oder „No-Go“ zu treffen. Dementsprechend stellt sich die Frage, welche Wertsteigerungsmaße in dieser Phase für eine Beurteilung des Kaufobjektes geeignet erscheinen. In den meisten Fällen werden in erster Linie die öffentlich verfügbaren Daten zu Beginn die Grundlage für die Ermittlung des Unternehmenswertes bilden, was eine entsprechende Auswahl der Wertmessgrößen impliziert.
x
Eignung für die Einbettung in ein Gesamtsystem: für den Aufbau eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems ist es erforderlich, dass die zugehörige finanzielle SpitzenKennzahl passgenau in ein durchgängiges Steuerungssystem eingefügt werden kann. So auch die Forderung bei EBELING (vgl. Ebeling 2007, S. 78 ff.). Beispielsweise sind logische Ursache-Wirkungs-Beziehungen aufzubauen, die eine Verbindung zwischen strategischer Vorgabe und operativer Ausführung herstellen. Als Anforderung für die finanzielle Kennzahl ergibt sich daraus eine Möglichkeit der Zerlegung und des „Herunterbrechens“ in konkrete, operative Stellhebel beziehungsweise Werttreiber.
x
Verbreitungsgrad des Wertsteigerungsmaßes: an einer M&A-Transaktion sind zumindest immer zwei bisher getrennte Unternehmen beteiligt. Es bietet sich an, ein Wertsteigerungsmaß zugrunde zu legen, dass in der Praxis bereits weit reichend aufgenommen wurde und für das in den einzelnen Unternehmen entsprechend nach Möglichkeit schon die entsprechenden Datenbasen zur Verfügung stehen. Im Optimum haben beide Unternehmen bereits das entsprechende Instrumentarium im Einsatz und können darauf basierend mit deutlich weniger Aufwand als bei einem kompletten Neuaufsetzen das Gesamtsystem zum Laufen bringen. Letztendlich darf aber dieser Faktor nur eine ergänzende Rolle spielen, da an erster Stelle die Qualität und Aussagefähigkeit des Wertsteigerungsmaßes und damit die Kongruenz mit Rechnungsziel und Rechnungszweck im Vordergrund steht.
140
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Unter Berücksichtigung der vorab angeführten notwendigen Anforderungen erscheint das in Abschnitt 2.2.2.2.3 vorgestellte Konzept des Economic Value Added als geeignet für die Zwecke der vorliegenden Arbeit. Diese Aussage begründet sich wie folgt: x
Der EVA® ermöglicht auf Grund seiner Struktur und Dekompositionsmöglichkeit eine Identifizierung der hinter dem Unternehmenswert stehenden Werttreiber als Grundlage für die wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle.
x
Der EVA® ist ein in der Praxis vielfach verwendetes Maß für die Steigerung des Unternehmenswertes und entsprechend weit verbreitet (vgl. Huang/Schmidt 2001, S. 302; Neubürger 2002, S. 171 ff.; Faber 2002, S. 29; Siegert 2002).
x
Nicht zuletzt auf Grund seiner weiten Verbreitung kann zumindest in größeren Unternehmen davon ausgegangen werden, dass die entsprechenden Systeme zur Gewinnung der für die Berechnung erforderlichen Daten etabliert sind.
Die finanzielle Perspektive wird genährt durch die Aktivitäten in der Kundenperspektive. Sie dient der Erfassung aller kundenrelevanten Kennzahlen und ihr obliegt im Zeitalter der Käufermärkte und der Notwendigkeit zur Erzeugung von Kundenbegeisterung eine herausragende strategische Rolle. Die Kundenperspektive fungiert als zentraler Stellhebel für die Erreichung der finanziellen Ziele, indem die hier definierten Kennzahlen bei positiver Entwicklung im Sinne einer Ursache-Wirkungs-Beziehung eine ebenso positive Entwicklung auf der finanziellen Perspektive bewirkt. Quantitative Größen wie beispielsweise die Lieferzeit sind hier ebenso von Bedeutung wie qualitative Informationen etwa bezüglich Kundenzufriedenheit. Die Erfüllung der auf der Kundenperspektive definierten Anforderungen und Zielformulierungen ist nur möglich, wenn die Prozesse im Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und Umwelt exzellent funktionieren. Die Prozessperspektive stellt die Situation bei den entsprechenden Prozessen dar und bezieht sich dabei auf die als „magisches Dreieck“ bekannt gewordenen zeitlichen, kostenbezogenen und qualitätsrelevanten Kennzahlen (vgl. Gerboth 2002, S. 417). Dies besagt allerdings auch, dass „… die drei Größen in wechselseitiger, konträrer Abhängigkeit zueinander stehen“ (Gerboth 2002, S. 417) und das „…Verbessern der einen Größe nur zu Lasten der einen oder beider anderen möglich“ (Gerboth 2002, S. 417) ist. Die Steuerung der entsprechenden Prozesse obliegt einem Prozessmanagement-System, das seine Rahmenvorgaben und Zieldefinitionen aus der Balanced Scorecard erhält. Auf der letzten der vier Perspektiven, der Lern- und Wachstumsperspektive, finden sich die Kennzahlen wieder, die alle Know-how-relevanten und mitarbeiterbezogenen Entwicklungen spiegeln. Es ist für den Erfolg auf den anderen drei Perspektiven von essentieller Bedeutung, dass die im Unternehmen tätigen Mitarbeiter mit dem entsprechenden Wissen zur Ausübung ihrer Tätigkeit ausgestattet und über geeignete Motivations- und Anreizsysteme an das Unternehmen gebunden werden. Die vielfach praktizierte Vernachlässigung von Investitionen auf dieser Ebene führt langfristig zu Problemen und verhindert oftmals einen nachhaltigen Erfolg
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
141
des Unternehmens. Besondere Bedeutung erhält diese Perspektive noch einmal im Zeitalter der Dienstleistungen, in dem noch mehr als früher die Mitarbeiter selbst zum Kapital des Unternehmens werden und einen entscheidenden Faktor für den letztendlich auch finanziellen Erfolg darstellen. Es ist wichtig zu betonen, dass die vier beschriebenen Perspektiven nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern vielmehr ein hierarchisch zu interpretierendes Gebilde darstellen, in dem klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen den Maßnahmen und Kennzahlen auf den unterschiedlichen Ebenen existieren (vgl. Wall 2001). Diese Ursache-Wirkungs-Beziehungen sind nach WALL in dreierlei Hinsicht von zentraler Relevanz für die strategische Steuerung mit Hilfe der Balanced Scorecard (vgl. Wall 2001, S. 66 f.): x
Sachlich-inhaltliche Dimension: Unterschiedliche inhaltliche Themen im Unternehmen werden strukturiert, in einen Gesamtzusammenhang gestellt und mit entsprechenden Kennzahlen zur wertsteigernden Steuerung hinterlegt.
x
Institutionale Dimension: Kennzahlen werden als Zielvorgaben für die einzelnen organisatorischen Einheiten und durch Herunterbrechen aus den jeweils übergeordneten Ebenen abgeleitet. Unterschiedliche unternehmerische Einheiten können dabei durch ein verbundenes System von spezifischen Balanced Scorecards koordiniert werden.
x
Personale Dimension: Kennzahlen finden Eingang in ein Motivations- und Anreizsystem und bilden dadurch die Grundlage für die personalwirtschaftliche Steuerung. Soll-IstVergleiche auf Mitarbeiterebene werden dadurch ermöglicht und bestimmen somit die individuelle Vergütung.
Die Balanced Scorecard bietet ein durchgängiges Strukturierungswerkzeug für die Strategieformulierung und -implementierung in einem Unternehmen. Ausgehend von den Zielgrößen der Finanzperspektive, die bei privatwirtschaftlichen Unternehmen in der Regel vom Gedanken der Wertsteigerung geprägt sein sollten, werden die Ziele schrittweise auf die darunter liegenden Perspektiven herunter gebrochen und konkretisiert: „Dieser Prozess muss solange durchgeführt werden, bis die Ebene der nicht-monetären Werttreiber erreicht ist, da hier die Ursachen für die positive wie negative Entwicklung der finanziellen Treibergrößen und damit die Einflussmöglichkeiten der Stellhebel liegen“ (Fröhlich 2005, S. 617). So ist zum Erreichen der finanziellen Vorgaben eine optimale Gestaltung der Kundenperspektive erforderlich, denn nur bei Zufriedenstellung der Kunden kann längerfristig mit Umsatz- und Ergebnissteigerungen gerechnet werden. Diese Zufriedenstellung der Kunden, die sowohl intern als auch extern formuliert werden kann, bedarf exzellenter Prozesse im Unternehmen zur Herstellung der erforderlichen Güter und Dienstleistungen. Die Prozesse schließlich werden durch das umfassende Wissen der Mitarbeiter auf der Lern- und Wachstumsperspektive gestützt. Im Ergebnis liegt schließlich der von EBELING konstatierte konsistente Wertreiberbaum vor (vgl. Ebeling 2007, S. 80), an dessen Spitze die wertorientierte Kennzahl steht (vgl. Ebeling 2007,
142
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
S. 79) und dessen Inhalte im Einzelfall an die unternehmensspezifischen Erfordernisse angepasst werden können. Bevor nun mit der Erarbeitung einer M&A-Balanced-Scorecard begonnen werden kann, ist noch auf deren Rolle im strategischen Kontext auf Gesamtunternehmensebene einzugehen. Insbesondere ist dabei von Bedeutung, dass die M&A-Balanced-Scorecard als Controllinginstrument für das externe Wachstum die klassische Balanced-Scorecard des Unternehmens nicht ersetzt, sondern in wesentlichen Punkten ergänzt: x
Die Unternehmensstrategie fußt nicht auf der Dualität von internen und externen Wachstumspotenzialen, sondern wird sich davon losgelöst an den übergeordneten strategischen Erfolgspotenzialen orientieren. Diese werden in der Regel unabhängig von der Umsetzungsmodalität bezüglich internem oder externem Wachstum beschrieben und idealer Weise in Form einer Balanced Scorecard abgebildet.
x
Die einzelnen strategischen Ziele der Balanced Scorecard werden einer individuellen Analyse und Bewertung unterzogen. Wachstumsziele können dabei grundsätzlich durch internes oder durch externes Wachstum erreicht werden. Ergibt sich für ein strategisches Ziel die Notwendigkeit, einen externen Wachstumspfad zu beschreiten, werden der strategische Pfad einer M&A-Transaktion sowie das zugehörige M&A-Controlling aktiviert.
x
Das zentrale Instrument des M&A-Controlling besteht in der M&A-Balanced-Scorecard. Die im ersten Punkt genannte, die Gesamt-Unternehmensstrategie abbildende Balanced Scorecard wird in diesem Fall also ergänzt um ein entsprechendes, auf die spezifischen Bedürfnisse von Unternehmenstransaktionen zurecht geschnittenes Steuerungsinstrument, dessen Ausgestaltung die Zielformulierung der vorliegenden Arbeit darstellt. Es soll also an dieser Stelle nicht Aufgabe sein, Handlungsempfehlungen für die UnternehmensGesamtstrategie zu erarbeiten - was die Berücksichtigung der von MECKL/HAWRANEK auf der Perspektive „Strategie“ angesiedelten Instrumente und Kennzahlen implizieren würde (vgl. Meckl/Hawranek 2006, S. 96 f.). - sondern ein Rahmenwerk für die Durchführung einer Unternehmenstransaktion als eine von mehreren strategischen Optionen zu erarbeiten. In Abbildung 50 entspricht dies dem unteren Teil der M&A-Balanced Scorecard. Die Frage nach den strategischen Zielen (marktorientiert, ressourcenorientiert und/oder effizienzorientiert) stellt sich somit bereits vorgelagert im übergeordneten Strategieprozess.
Abbildung 50 zeigt den Zusammenhang zwischen klassischer und M&A-Balanced-Scorecard, bevor im nächsten Schritt die konkreten Aufgaben des Controlling in Summe beleuchtet werden sollen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
143
Balanced Scorecard Unternehmensstrategie Die strategischen Ziele dienen der Erreichung
Finanzperspektive
marktorientierter, ressourcenorientierter Gesamtabdeckung des
Kundenperspektive
und/oder effizienzorientierter Ziele.
International eine Großkundenanteil durch
chinesischen Marktes
“ very
important
company
Spezialsegment
”
Akquisition signifikant steigern erreichen
weiter ausbauen
werden
Wachstumsziele können entweder über endogenes Performance-/ Prozessperspektive
Lern- & Wachstumsperspektive
Netzwerk für
Eroberung des
P1
strategische Partner schaften
-
Segment
-
Built - to - Customer
P2
P3
P4
umsetzen
herbeiführen
aufbauen
Chinasegments
durch die
spezifisches
konsequent prozessual
Fusion ausbauen
Product
oder exogenes Wachstum realisiert werden.
-
Kompetenz
Fit
durch Fusion
Das strategische Wachstumsziel P4 soll, wie hier Globale
am Beispiel gezeigt, über exogenes Wachstum
Kompetenz zur Kenntnis der
Marktdaten
Internationalisierung der
-
Erschließung des identifizierten neuen
Mitarbeiter weiter
Zielmärkte ausbauen
verstärken
transparenz
chinesischen Marktes
sicherstellen
umgesetzt werden.
aufbauen
Dazu wird das strategische Ziel P4 herausgegriffen und sein Realisierungspfad in eine M&A-Balanced-
M&A Balanced Scorecard zur Realisierung des strategischen Ziels P4
Scorecard „übersetzt“. Die M&A-Balanced-Scorecard ist das zentrale
Finanzielle Transformation
Kundenbezogene Transformation
Internprozessbezogene Transformation
Mitarbeiterbezogene Transformation
Instrument des wertorientierten M&A-Controlling Gesamtabdeckung des
und dient der Planung, Steuerung und Kontrolle der
International eine Großkundenanteil durch
chinesischen Marktes
“ very
important
company
”
Akquisition signifikant steigern erreichen
Spezialsegment weiter ausbauen
werden
Unternehmenstransaktion. Netzwerk für strategische Partner schaften
-
durch die
Eroberung des
Segment
Chinasegments
spezifisches
Kompetenz
Product
durch Fusion
konsequent prozessual
Fusion ausbauen
umsetzen
Built - to - Customer
aufbauen
Kompetenz zur Kenntnis der
-
Die Ziele der M&A-Balanced-Scorecard werden mit geeigneten Instrumenten und Kennzahlen hinterlegt.
Internationalisierung der
-
Erschließung des identifizierten neuen
Mitarbeiter weiter
Zielmärkte ausbauen
verstärken
transparenz sicherstellen
Fit
herbeiführen
Globale Marktdaten
-
chinesischen Marktes aufbauen
Abbildung 50: Zusammenhang zwischen Unternehmens- und M&A-Balanced-Scorecard
Um den spezifischen Anforderungen von M&A-Transaktionen gerecht zu werden, sind Anpassungen an der klassischen Strukturierung der Balanced Scorecard erforderlich. Im Speziellen ist dabei auch der besonderen Bedeutung der Integrationsphase Rechnung zu tragen. In der Vergangenheit wurden diesbezüglich bereits einige Vorschläge erarbeitet, wie das in Abbildung 51 dargestellte PMI-Dashboard von BARK/KÖTZLE mit dem Schwerpunkt auf der Post Merger Integration zeigt. Allerdings resümieren MECKL/HAWRANEK: „In der Forschung wurde das Konzept der Balanced Scorecard bislang nur in Ansätzen auf den M&A-Prozess angewandt.“ (Meckl/Hawranek 2006, S. 92). Im PMI-Strategy-Map-Dashboard wird der Ressourcentransfer in die vier Kategorien Finanzwirtschaft, Güterwirtschaft, Markt und Wissen aufgeteilt und um die fünfte Perspektive der kulturellen Integration erweitert. Letztere Ergänzung trägt dem besonderen Umstand der Schwierigkeit eines Zusammenführens unterschiedlicher Unternehmenskulturen Rechnung, die insbesondere auch häufig eine Mitursache für das Scheitern von M&A-Transaktionen sind. Die besondere Eignung der Balanced Scorecard als Integrationskennzahlensystem begründet METZ mit drei wichtigen Kriterien, welche durch dieses System erfüllt werden, und die insbesondere auch für Unternehmenstransaktionen von Bedeutung sind (vgl. Metz 2002, S. 201 ff.):
144
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Langfristorientierung: Integrationen werden nicht „von heute auf morgen“ realisiert, sondern erfordern gerade im Hinblick auf eine kulturelle Zusammenführung oftmals langfristige Zeiträume. Durch ein entsprechend langfristig angelegtes Kennzahlensystem kann sichergestellt werden, dass die Steuerung über den gesamten Integrationszeitraum hinweg effektiv erfolgen kann und die Gefahr kurzfristiger Gewinnmaximierung zu Lasten des nachhaltigen Integrationserfolges minimiert wird.
x
Konsistenz: das Instrument ermöglicht eine durchgängige Berücksichtigung aller relevanten Einflussfaktoren auf Finanz-, Kunden-, Prozess- sowie Lern-/Wachstumsperspektive und stellt diese in einen klaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang.
x
Operationalisierbarkeit: Ausgehend von den finanziellen Zielsetzungen werden die Kennzahlen konsequent über die verschiedenen Perspektiven auf die operationalen Ebenen heruntergebrochen. Damit ist eine Berücksichtigung von strategischen und operationalen, von quantitativen und qualitativen Kennzahlen gewährleistet.
Zielgröße ...
Finanzwirtschaftlicher Ressourcentransfer Maß- Zielvor- Maßnahmen zahl gabe der Int.gest. … … …
…
…
…
…
Zielgröße ...
Güterwirtschaftlicher Ressourcentransfer Maß- Zielvor- Maßnahmen zahl gabe der Int.gest. … … …
Zielgröße ...
Maßzahl …
Zielvor- Maßnahmen gabe der Int.gest. … …
Zielgröße ...
Maßzahl …
Zielvor- Maßnahmen gabe der Int.gest. … …
…
…
…
…
…
…
…
…
Zielgröße ...
Wissensbezogener Ressourcentransfer Maß- Zielvor- Maßnahmen zahl gabe der Int.gest. … … …
…
…
…
…
Kulturelle Integration
…
…
Marktlicher Ressourcentransfer
…
…
Abbildung 51: PMI-Strategy-Map-Dashboard (Quelle: Bark/Kötzle 2001, S. 342)
Eine weitere Darstellung findet sich bei JANSEN (vgl. Jansen 2001). Er entwickelt für die Integrationsphase das „7 K-Modell der Integration“, in dem er „… alle kritischen Aspekte des Post Merger Managements …“ (Jansen 2001, S. 229) zusammenfasst, die nach seiner Auffassung einen „… direkten Einfluss auf ökonomische und psychische Kosten der Integration …“ (Jansen 2001, S. 229; für eine detaillierte Analyse der Post Merger Integration Costs vgl. Herter 2003) haben. Abbildung 52 zeigt die Kernelemente des Modells im Überblick. Grundsätzlich finden sich darin direkt oder indirekt auch die Elemente des PMI-Dashboards wieder, die sich ihrerseits auf die Grundform der Balanced Scorecard zurückführen lassen. Sie liefern
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
145
jedoch wertvolle Anhaltspunkte, welche Themen in einer M&A-Balanced-Scorecard zu berücksichtigen sind. JANSEN selbst beschränkt sich in seinen Ausführungen auf die vier originären Perspektiven der klassischen Balanced Scorecard (vgl. Jansen 2001, S. 238). Koordination der Integration Planung und Architektur
Kontrolle
PMI-Audit und Controlling
Know-how und Kernkompetenzen
Kultur
Ökonomische und psychische Kosten der Integration Einfluß auf Market Capital, Human Capital, Intellectual Capital, Social Capital
Transfer und Generierung
Kulturdifferenz und Kultur der Integrationsprozesse
Kunden und Ko-Produzenten Externe Integration
Kernbelegschaft und Karrieren Karriere und gesteuerte Fluktuation
Kommunikation Intern und extern, Fusionsmarketing, Übersetzung, Dialog
Abbildung 52: Das 7 K-Modell der Integration (Quelle: Jansen 2001, S. 230)
MECKL/HAWRANEK begreifen die M&A-Balanced-Scorecard als „… ganzheitliches Instrument für das M&A-Management […], das Planung, Steuerung, Organisation und Kontrolle des gesamten M&A-Prozesses auf allen Ebenen unterstützt und dadurch zur Erhöhung der Erfolgswahrscheinlichkeit einer M&A-Transaktion beiträgt“ (Meckl/Hawranek 2006, S. 91 f.). Dabei werden vier Perspektiven unterschieden (vgl. Meckl/Hawranek 2006, S. 94-111): x
Strategie: hier werden die übergreifenden Ziele einer Unternehmenstransaktion gebündelt und beschrieben, wie diese Ziele erreicht werden können. Das Ziel einer M&ATransaktion muss dabei in Einklang stehen mit der übergreifenden Unternehmensstrategie und sich im nächsten Schritt operationalisieren lassen. In diesem Zusammenhang werden die Ermittlung strategisch geeigneter Kandidaten, die Realisierung marktorientierter strategischer Ziele, die Realisierung ressourcenorientierter Ziele sowie die Realisierung effizienzorientierter Ziele genannt.
146
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Bewertung: die Kaufpreisermittlung stellt einen zentralen Aspekt einer Transaktion dar und wird auf der Ebene „Bewertung“ abgebildet. Die Benennung einer eigenen Perspektive für dieses Thema trägt dem Umstand Rechnung, dass die Möglichkeit einer Wertschaffung für den Käufer maßgeblich von der Realisierung eines adäquaten Kaufpreises abhängt. Die korrekte Ermittlung eines Grenzpreises steht im Zentrum dieser Perspektive.
x
Personal: die Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen sind im Zuge einer M&ATransaktion in besonderem Maße gefordert. Sie stehen vor der Notwendigkeit, sich nach erfolgreicher Durchführung in das „neue“ Unternehmen zu integrieren und mit den „neuen“ Mitarbeitern des hinzugekommenen Unternehmens effizient und effektiv zusammenzuarbeiten. Entsprechend ist auf die Sicherstellung einer schnellen Entscheidungsfähigkeit, die Vermeidung des Merger-Syndroms und die Besetzung aller wichtigen Positionen mit den am besten geeigneten Kräften zu achten.
x
Prozessorientierte Wertkontrolle: M&A-Transaktionen sollen über den gesamten M&AProzess hinweg Wert schaffen. Faktoren, welche diese Wertschaffung unterstützen, sind beispielsweise: Schaffung und Sicherstellung von Shareholder Value, Beschleunigung des Prozesses, Sicherstellung der Synergierealisierung, Reduktion der Kosten des M&AProzesses, Minimierung der Steuerzahlungen, Vermeiden überhöhter Risiken sowie Minimierung der (Re-)Finanzierungskosten.
In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass durch die Verknüpfung der Inhalte der einzelnen Perspektiven in der M&A-Balanced-Scorecard über Ursache-Wirkungs-Beziehungen prinzipiell für jede Ebene eine prozessorientierte Wertkontrolle zu induzieren ist. In der Perspektive „Personal“ beispielsweise müssen wertorientierte Anreizsysteme die Konformität des Verhaltens aller Mitarbeiter mit dem Akquisitionsziel sicherstellen. Hierdurch kann eine originäre Beziehung zur übergreifenden Metrik der Wertsteigerung wie beispielsweise der EVAKennzahl hergestellt werden. Wenn es also darum geht, wie eine M&A-Transaktion in Summe wertsteigernd zu gestalten ist, müssen alle Perspektiven einer entsprechenden M&ABalanced-Scorecard mit in die Betrachtung einbezogen und mit entsprechenden Maßnahmen und Kennzahlen hinterlegt werden. Es stellt sich demnach nun die Frage, welche abgewandelte Form der Balanced Scorecard für die Zwecke einer durchgehenden wertsteigernden Gestaltung der M&A-Prozesse geeignet ist. Um darauf eine Antwort zu finden, sollen in einem ersten Schritt die existierenden Ansätze gegenübergestellt und ihr Aufbau analysiert werden. Danach erfolgt eine Spiegelung der identifizierten Perspektiven an den in Abschnitt 3.1.3 beschriebenen M&A-Erfolgsfaktoren im Hinblick auf Vollständigkeit beziehungsweise Erweiterungsbedarf. Stellt sich dabei heraus, dass wichtige Themen in den Ausgangsstrukturen nicht enthalten sind, so wird eine Erweiterung der klassischen Balanced-Scorecard-Perspektiven vorgenommen. Im Ergebnis liegt dann eine klar strukturierte Form der Haupterfolgsfaktoren für Mergers & Acquisitions vor, die über Ursache-Wirkungs-Beziehungen verbunden und mit konkreten Kennzahlen hinterlegt werden.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
147
Autor Jansen 2001, Jansen 2001b, Jansen 2002
Zwecksetzung Post Merger Audit und Erfolgskontrolle der Integration
Strukturierung / Perspektiven x Finanzielle / wirtschaftliche Perspektive: Wie sieht der wirtschaftliche Erfolg für das Unternehmen und seine Gesellschafter aus? x Kunden- und Öffentlichkeitsperspektive: Erfüllen wir die Erwartungen unserer Kunden? Wie sieht die öffentliche Meinung aus? x Organisations- und Innovationsperspektive: Wie verbessern wir die allgemeinen und die PMI-Prozesse sowie die Innovationskraft des Unternehmens? x Mitarbeiterperspektive: Was bedeutet die Post Merger Entwicklung für die Mitarbeiter? Sind wir ein attraktiver Arbeitgeber im „war for talents“?
Metz 2002
Integrationscontrolling
Wirtz 2003
Demerger-Controlling
Schwarz 2004
Post-Merger-Management, Integrationsmanagement
Meckl/Hawranek 2006
Managementinstrument für M&A-Prozesse
Bark/Kötzle 2001
Post Merger Integration (PMI-Dashboard)
x Financial perspective: Ankerpunkt der drei anderen Perspektiven; z.B. DCF, EP, EVA, absolute und relative Erlös- und Kostenveränderungen, Zusammensetzung der Erlöse und Kosten x Customer perspective: Ziele hinsichtlich Kunden- und Marktsegmenten x Internal-business-perspective: wichtigste Merkmale der Kernprozesse des Unternehmens; operative Prozesse und Innovationsprozesse x Learning & Growth perspective: Infrastruktur, Informationssysteme, Qualifikationen, Motivation x Strategieperspektive: Erfüllt der Demerger die gesteckten strategischen Ziele? x Finanzperspektive: Wie und in welcher Höhe wird durch den Demerger Wert geschaffen? x Investorenperspektive: Erfüllt der Demerger die Erwartungen potenzieller Investoren? x Mitarbeiterperspektive: Welche personellen Entscheidungen sind zu treffen, um einen erfolgreichen Demerger zu gewährleisten? x Erfolgsperspektive x Marktperspektive x Ressourcenperspektive x Organisationsperspektive x Mitarbeiterperspektive x Strategie x Bewertung x Personal x Prozessorientierte Wertkontrolle x Finanzwirtschaftlicher Ressourcentransfer x Güterwirtschaftlicher Ressourcentransfer x Marktlicher Ressourcentransfer x Wissensbezogener Ressourcentransfer x Kulturelle Integration
Tabelle 5: Formen von M&A Balanced Scorecards
148
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
In Tabelle 5 findet sich eine Übersicht zu den Perspektiven einer M&A-Balanced-Scorecard, wie sie in der aktuellen Fachliteratur zu finden ist. Es fällt auf, dass an den jeweiligen Stellen beschriebene Zwecksetzung der Balanced Scorecard in der Regel auf die Integrationsphase beschränkt wird. Eine Begründung hierfür liegt sicherlich darin, dass der Integration von Akquisitionsobjekten eine „… entscheidende Bedeutung für den Akquisitionserfolg …“ (Jansen 2001, S. 227) zukommt und die Ursachen für das Scheitern von Akquisitionen vielfach in einem schlechten Akquisitionsmanagement begründet ist (vgl. Jansen 2001, S. 227). Dennoch werden „ … diese Instrumente einer integrierten Post Merger Integration Balanced Scorecard […] allerdings nur sehr selten eingesetzt.“ (Jansen/Petersen 2000, S. 470 ff.). Daneben erscheint es aber durchaus sinnvoll, im Sinne eines durchgängigen Steuerungssystems die M&A-Balanced-Scorecard auch bereits in der Vorfeld- und Transaktionsphase intensiv einzusetzen. Alle aufgeführten Ansätze orientieren sich an der Grundstruktur der Balanced Scorecard und beinhalten vier bis fünf Perspektiven. Durchgehend findet sich eine Finanz- beziehungsweise Erfolgsperspektive, in der die Kennzahlen für die Interessen der Kapitalgeber abgebildet werden. MECKL/HAWRANEK führen dabei die Perspektive „Strategie“ ein und integrieren die Themen der Wertsteigerung und deren Messbarkeit in der Perspektive „Prozessorientierte Wertkontrolle“ (vgl. Meckl/Hawranek 2006, S. 95). Die Frage des „Strategic Fit“ einer Transaktion gewinnt dadurch explizit an Bedeutung. Ebenso zeigt sich in allen Modellen mit Ausnahme der Demerger Scorecard von WIRTZ die Notwendigkeit einer Berücksichtigung von Kunden- und Marktaspekten, die MECKL/HAWRANEK in der Perspektive „Strategie“ verankern. Für die vierte Dimension reichen die Begrifflichkeiten von Mitarbeiterperspektive über Personal beziehungsweise Lern- und Wachstumsperspektive bis hin zu wissensbezogenem Ressourcentransfer, zielen aber im Kern auf die gleichen Inhalte ab. Was die Prozessperspektive der klassischen Balanced Scorecard betrifft, so werden in den vorgestellten Ansätzen durchaus verschiedene Auffassungen im Hinblick auf ihre Ausgestaltung vertreten. JANSEN und METZ verweisen in ihren Darstellungen explizit auf die hohe Bedeutung der Innovationsprozesse der beteiligten Unternehmen, WIRTZ hingegen sieht in seiner Demerger Balanced Scorecard keine eigene Prozessperspektive vor, sondern stellt mit der Strategie- und der Investorenperspektive zwei neue Dimensionen mit starker Ziel- und Kapitalmarktorientierung in den Fokus. SCHWARZ und das PMI-Dashoard schließlich warten noch mit einer weiteren Ausprägung auf, der Ressourcenperspektive beziehungsweise dem güterwirtschaftlichen Ressourcentransfer. Sie stellt „… eine Ergänzung der klassischen Balanced Scorecard dar.“ (Schwarz 2004, S. 150) und trägt dem Umstand Rechnung, wonach „Integration als Prozess von Ressourcentransfers zur Nutzung von Wertschöpfungspotentialen“ (Gerpott 1993, S. 85) zu begreifen ist. GERPOTT versteht dabei unter Ressourcen generell „… der Verfügungsmacht des Unternehmens unterliegende Möglichkeiten, die wiederholt zur Erstellung bestimmter Leistungen verwendet werden können …“ (Gerpott 193, S. 85) und bezieht den Ressourcen-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
149
begriff damit auf eine umfassende Einheit aus materiell-physischen und immaterielle Komponenten. Der hohen Bedeutung einer Findung des angemessenen Kaufpreises werden MECKL/HAWRANEK gerecht durch die Hervorhebung der „Bewertung“ als eigenständige Perspektive. Die bis zu dieser Stelle kumulierten und konsolidierten Erkenntnisse zum Status Quo der Ansätze einer Balanced Scorecard für Unternehmenstransaktionen zeigt die Vielfältigkeit der Konzepte auf, die sich oftmals nur in Nuancen voneinander unterscheiden. In Summe existiert bereits ein gefestigtes Denkgebäude, das den grundsätzlichen Aufbau der klassischen Balanced Scorecard strukturell bestätigt und auf aggregierter Ebene eine hohe thematische Übereinstimmung impliziert. Zur Verifizierung der bestehenden Ansätze bietet es sich an dieser Stelle an, die von MECKL/SODEIK/FISCHER konsolidierten M&A-Erfolgsfaktoren aufzugreifen (vgl. Abschnitt 3.1.3.2) und an den Balanced-Scorecard-Strukturen zu spiegeln. Da die Balanced Scorecard insgesamt ein Abbild der Unternehmens- resp. der M&A-Strategie bieten soll, erscheint es sinnvoll, ihre Ebenenstruktur an den Hauptclustern der zugrunde liegenden Haupterfolgsfaktoren auszurichten und entsprechend zu benennen. Stellen die erwähnten Erfolgsfaktoren auch eine allgemeingültige Form erforderlicher Rahmenbedingungen und zu berücksichtigender Stellschrauben dar, kann doch eine analog strukturierte M&A-Balanced Scorecard das Grundgerüst für eine spezifische, sich an den Gegebenheiten einer individuellen Transaktion orientierenden Balanced Scorecard bilden. In diesem Sinn kann die Balanced Scorecard als ein übergreifendes Koordinationsinstrument des M&A-Controlling über alle Phasen einer Unternehmenstransaktion hinweg verstanden werden, indem sie die zentralen Erfolgsfaktoren aufgreift, sie in einen Gesamtzusammenhang einstellt und sie simultan auf das gemeinsame Ziel der Wertsteigerung ausrichtet. Ihr umfassender Ansatz reicht dabei bis zur Ausarbeitung entsprechender Maßnahmen, zur Definition der erforderlichen Instrumente sowie zur Beschreibung der zur wertorientierten Erfolgsmessung notwendigen Kennzahlen. Auf diese Weise kann dem wertorientierten M&A-Controlling eine effektive Steuerung der einzelnen M&A-Prozesse sowie des M&A-Projektes in Summe gelingen. In einem ersten Schritt erfolgt die Zuordnung der in Abschnitt 3.1.3.2 genannten prozessbezogenen M&A-Erfolgsfaktoren zu den Ebenen der M&A-Balanced-Scorecard. Ausgenommen davon ist der Erfolgsfaktor „Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung im Allgemeinen“, da dieses Kriterium bereits durch die Systematik der Balanced Scorecard immanent erfüllt wird. Abbildung 53 zeigt das Ergebnis dieser Zuordnung im Überblick und enthält bereits eine geeignete Benennung der vier Ebenen für die Zwecke einer M&ABalanced-Scorecard auf Basis der identifizierten Erfolgsfaktoren. In den vorangehenden Ausführungen wurde deutlich, dass sich die durch LUCKS/MECKL identifizierten, prozessbezogenen Erfolgsfaktoren für M&A-Transaktionen vollständig der traditionellen Gliederung einer Balanced Scorecard zuordnen lassen. Die Elemente des 7 K-Modells von Jansen sind inhaltlich ebenfalls in der neu geschaffenen M&A-Balanced-Scorecard be-
150
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
rücksichtigt (vgl. Abbildung 52 und Abbildung 53). Für eine bessere Passung und Verständlichkeit wurden die Benennungen der Perspektiven adaptiert und spezifiziert. In einem nächsten Schritt soll es nun darum gehen, die einzelnen Elemente der M&ABalanced-Scorecard näher zu betrachten. Die Vielzahl der Themen macht es erforderlich, zunächst eine Zusammenfassung und Clusterung vorzunehmen, um inhaltlich zusammengehörende Themen als Einheit abzubilden und der M&A-Balanced Scorecard einen präziseren Aufbau zu geben. Das Ergebnis ist in Abbildung 54 ersichtlich. Nach diesen Schritten ist der zentrale Aufbau für eine im Sinne eines wertorientierten M&AControlling-Systems geeignete Struktur einer M&A-Balanced-Scorecard abgeschlossen. Alle relevanten Themen, die in den aktuellen Studien als erfolgsentscheidend im Sinne von wertsteigernd genannt werden, sind darin abgebildet. Als Grundlage für die Ausarbeitung der Ursache-Wirkungsbeziehungen, zur Begründung der wertsteigernden Wirkung und der Verbindung zum übergreifenden strategischen Ziel ist es darüber hinaus erforderlich, die Wertgeneratoren mit in die Betrachtung einzubeziehen. Sie bilden das Bindeglied zwischen den strategischen Themen der einzelnen Balanced Scorecard Ebenen und der Spitzenkennzahl der Wertsteigerung. Die wertsteigernde Wirkung eines einzelnen BSC-Eintrags kann dann begründet werden, wenn er in einer direkten oder indirekten Ursache-Wirkungs-Beziehung zu einem oder mehreren Wertreibern steht. Es muss also im Rahmen der nachfolgenden Auswirkungen ein Augenmerk darauf gerichtet werden, diese Beziehungen zu erkennen und zu erklären. Dies soll im Folgenden im direkten Zusammenhang mit der Beschreibung der jeweiligen Erfolgsfaktoren erfolgen. Im abschließenden Kapitel 4 dieser Arbeit wird dann die hier in ihren Grundzügen abgebildete Struktur einer M&A-Balanced Scorecard erneut aufgegriffen und mit den Erkenntnissen aus den bis dahin erfolgten Analysen verfeinert.
Mitarbeiterbezogene Transformation
Internprozessbezogene Transformation
Kundenbezogene Transformation
Finanzielle Transformation
Schnelle Durchführung der externen Kommunikation
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Besonderes Augenmerk auf Mitarbeiter bei der Kommunikation Bedeutung von Wissensmanagement & Informationsaustausch
Hohe Bedeutung der Personalmotivation: Relevanz von Veränderungsbereitschaft, Commitment, Gehalts- und Incentivesystemen, Systemen der Mitarbeiterbindung
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion
Planmäßiger Ablauf der Kommunikation, für alle Anspruchsgruppen angepasst
Höhere Erfolgswahrscheinlichkeit bei Schaffung von Stellen als bei Stellenabbau
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams aus Führungskräften aller beteiligten Unternehmen
Klare Personalstrategie und klare Definition der Kernbelegschaft
Schnelle Durchführung der internen Kommunikation
Schneller Vollzug eines evtl. erforderlichen Stellenabbaus
Linienmanager bzw. mittleres Management als erfolgskritische Mitarbeiter
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
Kommunikation von neuen Geschäftsabschlüssen in der Integrationsphase
Gefahr der Vernachlässigung des Vertriebs während der Transaktion
Betonung von Marketing und Vertrieb
Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
Besondere Bedeutung der Due Diligence
Kontinuierliche Durchführung von M&A, unabhängig von den konjunkturellen Rahmenbedingungen
Besonderes Augenmerk auf Kunden bei der Kommunikation
Planmäßiger Ablauf der Kommunikation, für alle Anspruchsgruppen angepasst
Gezahltes Premium hat keinen Einfluss auf den Erfolg
Bedeutung eines Proaktiven Risikomanagements
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten
Realistische Einschätzung Target
Priorisierung des Ziels einer Synergierealisierung
Reduktion der Gemeinkosten
Steigerung des Unternehmenswertes durch M&A
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie 151
Abbildung 53: Erfolgsfaktorenbasierte M&A-Balanced-Scorecard, Schritt 1
Mitarbeiterbezogene Transformation
Internprozessbezogene Transformation
Kundenbezogene Transformation
Finanzielle Transformation
Zustimmung des TopManagements zur Transaktion
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
Geschwindigkeit von M&A
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Klare Definition der Kernbelegschaft
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Kontinuierliche Durchführung von M&A
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Exzellente Due Diligence
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Steigerung des Unternehmenswertes durch M&A
Abbildung 54: Erfolgsfaktorenbasierte M&A-Balanced-Scorecard, Schritt 2
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation
Maximierung der Personalmotivation
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation
Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
Proaktives Risikomanagement
152 Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
153
Die von RAPPAPORT vorgenommene Integration der Wertgeneratoren in ein ShareholderValue-Netzwerk (vgl. Abbildung 17) wurde von MICHEL im Hinblick auf die Anwendung im Rahmen von strategischen Allianzen konkretisiert (vgl. Abbildung 55). Die im ersteren Fall noch relativ abstrakt als „Management Decisions“ bezeichneten Aktivitäten zur Wertsteigerung sind hier nun ganz konkret auf den spezifischen Anwendungsfall der Allianz ausgelegt und in einem gewissen Rahmen übertragbar auf das Thema M&A. Shareholder Value
Kapitalkosten (Diskontierungsfaktor)
Freier Cash-flow
Dauer des Umsatzwachstums bzw. Dauer des Wettbewerbsvorteils
Zeitvorteile
Umsatzwachstum
Know-howZiele
Gewinnmarge Steuern
Marktzugang
Investitionen in Anlagevermögen Investitionen in Umlaufvermögen
Kostenvorteile
Ressourcenvorteile
Eigenkapitalkosten Kapitalstruktur
Burden-/ RiskSharing
Fremdkapitalkosten
Allianzformen
Wettbewerbswirkungen
Abbildung 55: Wertsteigerungsnetzwerk für strategische Allianzen (Quelle: Michel 1996b, S. 91)
Bezogen auf M&A-Projekte ist der Vorschlag von MICHEL zu spezifizieren. Insbesondere allianzspezifische Themen müssen zu Gunsten von M&A-relevanten Faktoren ersetzt werden. In Abbildung 56 wurden diese Anpassungen vorgenommen. Dabei bezieht sich das Wertsteigerungsnetzwerk für M&A nun auf die dieser Arbeit zugrunde liegende Spitzenkennzahl EVA. Daneben wurden die vier Hebel der Wertsteigerung nach COENENBERG/SALFELD ergänzt, die in der folgenden Argumentation zur wertsteigernden Wirkung der betrachteten M&A-Erfolgsfaktoren aufgegriffen werden sollen. Die unterste operative Ebene bietet sich insbesondere an, um unmittelbare Wirkungen der diskutierten Erfolgsfaktoren darzustellen. Dabei bedeuten beispielsweise (vgl. Michel 1996b, S. 71-89): x
Zeitvorteile: früher als Konkurrenten mit Innovationen am Markt sein, Märkte schnell durchdringen, Kundenwünsche unmittelbar erfüllen, Produkteinführungszeitpunkte recht-
154
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
zeitig terminieren und erreichen, schnell auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren können. x
Know-how-Ziele: Wissen unternehmensübergreifend austauschen und dadurch die eigenen Kernkompetenzen ausbauen, Wissenslücken schließen, gemeinsam neues Wissen schaffen und neue Kernkompetenzen etablieren. Know-how-Ziele stehen dabei häufig in UrsacheWirkungs-Beziehungen zu anderen Werttreibern wie etwa Zeit- oder Kostenvorteilen, welche sie positiv beeinflussen können. Auf der anderen Seite ist die Bewertung einer Wertsteigerung durch die Erreichung der Know-how-Ziele per se schwierig und erfordert oftmals eine Abschätzung der einzelnen Wirkungsweisen und deren Verbindung zu den Wertgeneratoren.
x
Marktzugang: Erhöhung der Absatzmengen und Umsätze durch Zugang zu neuen Märkten und Vertriebskanälen, gemeinsames Erreichen der kritischen Größe als Voraussetzung zum Bedienen bestimmter Märkte, Cross-selling durch Nutzung der Vertriebswege des Transaktionspartners.
x
Kostenvorteile: Realisierung des gesamten kostenbezogenen Synergiespektrums, transaktionsbedingte Reduzierung von Kosten sowohl im direkten (Fertigung) als auch im indirekten Bereich, gemeinsame Realisierung von economies of scale.
x
Ressourcenvorteile: Erlangung beziehungsweise Sicherstellung des Zugangs zu knappen Ressourcen, Erschließung günstiger Bezugsquellen, Ausnutzung von Größendegressionseffekten, Erhöhung von Anlagennutzungsgraden, Global Sourcing, Sicherung der erforderlichen Qualität. In Zusammenhang mit den Ressourcenvorteilen sollen allerdings reine Sachressourcen und keine Mitarbeiterressourcen verstanden werden. Letztere werden in Zusammenhang mit den anderen Werttreibern (Zeit-, Kosten-, Marktzugangs- und Knowhow-Vorteile) erläutert.
x
Burden-/Risk-Sharing, Risikoreduzierung: Verteilung der zu tragenden „Lasten“ auf mehrere Schultern im Sinne eines größeren Unternehmens – beispielsweise Möglichkeit zur Durchführung größerer Investitionsprojekte, Verringerung der Kapitalkosten durch geringeres Unternehmensrisiko, Verringerung des Konkursrisikos. Im Gegensatz zum Verständnis bei MICHEL liegt hier allerdings ein weiteres Risikoverständnis zu Grunde, indem auch Wirkungen auf die Umsatz- und Kostenseite angenommen werden.
x
Wettbewerbswirkungen: Beeinflussungsmöglichkeit von Branchenstruktur und Branchenentwicklung, Erhöhung der Marktmacht, Veränderung der Wettbewerbsintensität, Wirkungen auf die „Five Forces“ nach PORTER.
Abbildung 56 zeigt das angepasste Wertsteigerungsnetzwerk für M&A. Es wird auch deutlich, dass in diesem Zusammenhang übergreifende Gestaltungsfaktoren wie beispielsweise die in Analogie zur Allianzform von MICHEL zu verstehende M&A-Form bereits dem vorgelager-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
155
ten Prozess der „inhaltlichen und strukturellen Gestaltung der M&A-Transaktion“ zugeordnet und weniger als integraler Bestandteil der operativen Werttreiber verstanden werden sollen. Economic Value Added (EVA®)
Operativer Gewinn vor Zinsen (NOPAT)
Kapitalkosten
Wachstum
Portf oliosteuerung
Operative Exzellenz
Umsatz
-
Kosten
Finanz-/ Vermögens struktur
Kapitalbindung (NOA)
Umsatzwachstum
Steuern
Dauer Wertsteigerung (Umsatzfaktor)
Dauer Wertsteigerung (Kostenfaktor)
Gewinnmarge (Umsatzseite)
Gewinnmarge (Kostenseite)
Zeitvorteile
Know-how-Ziele
Marktzugang
Kostenvorteile
(Investitionen in) Anlagevermögen (Investitionen in) Umlaufvermögen
Ressourcenvorteile
x
Kapitalkostensatz
Eigenkapitalkosten Fremdkapitalkosten Kapitalstruktur
Burden-/RiskSharing, Risikoreduzierung
Wettbewerbswirkungen
Inhaltlich-strukturelle Gestaltung der Transaktion, orientiert an den M&A-Erfolgsfaktoren
Abbildung 56: Wertsteigerungsnetzwerk für M&A (in Anlehnung an: Michel 1996b, S. 91 und Coenenberg/Salfeld 2007, S. 101)
Das Gesamtbild der soeben vorgestellten M&A-Balanced-Scorecard in Verbindung mit dem beschriebenen M&A-Wertsteigerungsnetzwerk bildet die Grundlage, um die einzelnen Elemente detailliert zu beschreiben, die Beziehungen und Wertsteigerungs-Wirkungen zu modellieren, Kennzahlen für die Messung der jeweiligen Prozessperformance abzuleiten sowie Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Im Rahmen der Erarbeitung eines Konzeptes zur Erfüllung des Erfolgsfaktors „Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategieerarbeitung“ wurden somit die Eckpfeiler eines umfassenden, erfolgsfaktorbasierten Steuerungsinstrumentes für M&A auf Basis der Balanced-Scorecard-Systematik entworfen, die es nun im Nachgang zu spezifizieren gilt. Betrachtet man die Vielfalt der abgebildeten Themen, so wird klar, dass deren wertsteigernde Gestaltung in den einzelnen Phasen des M&A-Prozessmanagements erfolgen muss: die Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens beispielsweise in der Phase der M&A-Prozessgestaltung, oder die kontinuierliche Planfortschrittskontrolle im Zuge der M&A-Prozesssteuerung. Themen wie die Priorisierung der Synergierealisierung hingegen haben allgemeinen, übergreifenden Charakter und sind noch in der Phase der M&A-
156
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Prozessstrategie zu erarbeiten. Alle in der M&A-Balanced-Scorecard genannten Themen werden in Zusammenhang mit den korrespondierenden Phasen des M&AProzessmanagements - also Prozessstrategie, Prozesstransparenz, Prozessgestaltung, Prozesssteuerung, Prozessverantwortung - auf Möglichkeiten zur Wertsteigerung untersucht sowie Instrumente und Kennzahlen zur Steuerung herausgearbeitet. Auf Grund des Metacharakters der Balanced Scorecard ist es an dieser Stelle nicht sinnvoll, bereits hier die erst im Folgenden zu erarbeitenden Instrumente und Kennzahlen für die der Balanced Scorecard innewohnenden Erfolgsfaktoren vorwegzunehmen und zu diskutieren.
3.2.2.3 Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten 3.2.2.3.1 Begriffsklärungen Die Erreichung von Synergieeffekten ist häufig ein zentrales Motiv für die Durchführung von Transaktionen und stellt das Hauptpotenzial zur Wertsteigerung dar (vgl. Wildemann 2008, S. 13; Eckhoff 2006, S. 2; Rockholtz 2002, S. 197): „Die Ankündigung fast jeder Unternehmensverbindung gipfelt im Hinweis auf die mit der Transaktion verbundenen außerordentlichen Synergien.“ (Vogel 2002, S. 33; vgl. auch Looser 1999, S. 265). STROHMER spricht davon, dass ein „… Erzielen von Synergieeffekten … das Hauptmotiv für Unternehmenszusammenschlüsse jeglicher Art“ (Strohmer 2001, S. 25) darstellt. Dementsprechend bildet die Priorisierung der Synergierealisierung als Bestandteil der Basisstrategie eine der wichtigsten Herausforderungen im Rahmen einer M&A-Transaktion, denn „… Synergies should result from just about every M&A transaction, regardless of rationale“. (Hunt 2004, S. 213). GERPOTT definiert Synergien als „…Wertveränderungen auf Grund von Kostensenkungen und/oder Umsatzsteigerungen durch verknüpfte Ressourcenrestrukturierungen in beiden Unternehmen …“ (Gerpott 1993, S. 82), um den Marktwert des neuen Unternehmens höher zu treiben als die Summe der Einzelwerte (vgl. Schawel 2002, S. 17). Synergierealisierung heißt somit keineswegs reine Kostenreduzierung beziehungsweise Effizienzerhöhung, sondern setzt gleichsam an der Ertragsseite an (vgl. A.T.Kearney 2008). ECKHOFF fasst die möglichen Synergieeffekte folgendermaßen zusammen (vgl. Eckhoff 2006, S. 30-41): x
Kapazitätsauslastungseffekt: bei überschüssigen Kapazitäten führt eine Mehrauslastung dazu, dass die Stückkosten je Einheit sinken.
x
Betriebsgrößeneffekt: durch Zusammenlegung von Betriebsstätten kann das Grundvolumen an einem Standort erhöht werden. Hieraus können beispielsweise Produktionsprozesse effizienter gestaltet und Maschinen lokal gemeinsam genutzt werden.
x
Lern- und Erfahrungskurveneffekt: eine Volumenserhöhung birgt gleichzeitig Potenziale für Lerneffekte. Gemäß der empirisch basierten Aussagen des Erfahrungskurveneffektes
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
157
ist davon auszugehen, dass eine Verdoppelung des kumulierten Outputs in der Produktion zu einer Senkung der inflationsbereinigten Stückkosten um 20 bis 30 Prozent führt. x
Verbundeffekt: hierunter sind Wirtschaftlichkeitsvorteile zu sehen, die auf die Produktvielfalt zurückzuführen sind. Der zentrale Hebel besteht in der gemeinsamen Nutzung bisher unausgelasteter Ressourcen oder Potenzialfaktoren.
x
Zeitvorteilseffekt: im Gegensatz zum endogenen Wachstum bieten Unternehmenskäufe oftmals die Möglichkeit, schnell und unmittelbar an erforderliches Know-how oder notwendige Ressourcen zu gelangen.
x
Machteffekt: Größe bedeutet meistens auch Macht, beispielsweise im Sinne einer stärkeren Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten und anderen Geschäftspartnern.
Auf der anderen Seite darf nicht übersehen werden, dass Synergiepotenziale im Zuge der M&A-Planungsphase häufig überschätzt werden. ECKHOFF sieht eine Ursache in den Defiziten bei den bestehenden Planungs-, Kontroll- und Steuerungssystemen für Synergien (vgl. Eckhoff 2006, S. 2). Für M&A-Transaktionen liegt ein bedeutender Aspekt darin, welche Partner überhaupt in der Lage sind, die angestrebten Synergien zu realisieren, denn dieses Kriterium muss maßgeblich bereits in der Screening-Phase berücksichtigt werden. Dabei gibt es Synergien, die (vgl. Richter 2005b, S. 325) x
grundsätzlich zusammen mit jedem M&A-Partner realisiert werden können, welche über die entsprechenden Ressourcenausstattungen verfügen (universelle Synergien). Ein Beispiel hierfür sind economies of scale, welche sich etwa durch Zusammenlegung von Aktivitäten im Verwaltungsbereich erzielen lassen.
x
nur mit wenigen anderen Unternehmen gemeinsam realisiert werden können (endemische Synergien), da hierfür zum Beispiel die Tätigkeit in der gleichen Branche Voraussetzung ist.
x
nur zusammen mit einem bestimmten Käufer realisiert werden können (spezifische Synergien), da dieser beispielsweise über ein exklusives Patent oder Nutzungsrecht verfügt, das zur Realisierung unbedingt erforderlich ist.
Als mögliche Hebel für die wertsteigernde Gestaltung der Synergierealisierung skizziert METZ eine Shareholder-Value-kompatible Synergiesystematisierung auf der Grundlage der drei prinzipiell möglichen Synergieformen (vgl. Abbildung 57).
158
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Leistungswirtschaftliche Synergien oder -dyssynergien
Gesamtsynergie oder -dyssynergie
Finanzwirtschaftliche Synergien oder -dyssynergien
Verkettung materieller Ressourcen / Geschäftsprozesse Verkettung immaterieller Ressourcen
Bündelung Kapitalbeschaffung
Ausweitung Verschuldungsgrad
Steuerminderung Steuerliche Synergien oder -dyssynergien
Steuerstundung
Mischformen
Abbildung 57: Shareholder-Value-kompatible Synergiesystematisierung (Quelle: Metz 2002, S. 68)
3.2.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber Auf Grund der Vielfältigkeit der möglichen Synergieeffekte ist auch die Darstellung der Wirkungsweise auf die einzelnen Werttreiber entsprechend komplex. Grundsätzlich führt der Erfolgsfaktor „Priorisierung einer Synergierealisierung“ zu einer schnelleren Umsetzung der dahinter stehenden Maßnahmen und damit zu einer schnelleren Erreichung des angestrebten Wertsteigerungspotenzials. Betrachtet man das M&A-Wertsteigerungsnetzwerk (vgl. Abbildung 56), so können für alle dort auf unterster Ebene genannten Zielfelder mögliche Wirkungszusammenhänge identifiziert werden: x
Die Erzielung von Zeitvorteilen betrifft in der Regel die Verkürzung einer Umsetzung von Kundenwünschen und das unverzügliche Angebot des entsprechenden Produktes beziehungsweise der entsprechenden Dienstleistung am Markt: „Durch Unternehmenszusammenschlüsse besteht die Möglichkeit, Zeitvorteile zu erkaufen.“ (Eckhoff 2006, S. 38). Ausgehend von den im Rahmen eines umfangreichen Marktvorbaus ermittelten Basis-, Begeisterungs- und Leistungsmerkmalen für den Kunden werden diese im Zuge des Entwicklungsprozesses in konkrete Funktionen und Komponenten transferiert und daraus das endgültige Produkt generiert. Zeitvorteile lassen sich in diesem Zyklus beispielsweise dann gewinnen, wenn bestimmte Tätigkeiten nicht seriell im Unternehmen abgewickelt,
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
159
sondern im Zuge einer Unternehmenstransaktion quasi fertig erworben werden. Das amerikanische Unternehmen Cisco hat sich beispielsweise darauf spezialisiert, neue Technologien oftmals nicht selbst zu entwickeln, sondern diese durch die Akquisition kleinerer Unternehmen vielfach mit Start-up-Status zu erwerben. Neben den Know-how-Vorteilen stellt das einen enormen Zeitvorteil dar, da quasi viele Parallelentwicklungen, die in ihren ursprünglichen Unternehmen bereits die größten „Kinderkrankheiten“ auskuriert haben, gleichzeitig erworben, kombiniert, und dem Kunden die daraus hervorgehenden Produkte schnell zur Verfügung gestellt werden können. In Zusammenhang mit den Zeitvorteilen ist gleichzeitig zu untersuchen, wann (Zeitpunkt), wie oft (Häufigkeit) und wie lange (Dauer) der jeweilige Synergieeffekt wirkt (vgl. Eckhoff 2006, S. 63 ff.). x
Know-how-Ziele stehen vielfach im Vordergrund, wenn es um unternehmerische Verbindungen im Bereich Forschung und Entwicklung geht, wie etwa bei der Übernahme des Biotechnologieunternehmens Serono S.A. durch die Merck KGaA oder der Verbindung zwischen dem Pharmakonzern Novartis und dem Zahnimplantate-Hersteller Thommen Medical im Jahr 2007. Aber auch Dienstleistungsunternehmen wie Unternehmensberatungen können hier starke Synergiewirkungen erzielen. Der Zusammenschluss der bis dato unabhängigen, weltweit tätigen und in ihren jeweiligen Branchen führenden Unternehmensberatungen Mercer Oliver Wyman, Mercer Management Consulting sowie Mercer Delta Consulting Ltd. zur Marke Oliver Wyman eröffnet für das Gesamtunternehmen neue Potenziale durch die Bündelung ihres Know-hows und die entsprechende Erweiterung im Sinne eines ganzheitlichen Angebots für die Kunden.
x
Die Erweiterung des Marktzugangs kann beispielsweise durch die Ansprache von Kunden erfolgen, indem eine Erweiterung der Kommunikationsmedien erfolgt. So hat sich KarstadtQuelle dazu entschlossen, den Home-Shopping-Sender HSE24 zu kaufen, dessen Potenzial in der direkten Ansprache von mehr als 39 Millionen Haushalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz liegt und der im Jahr 2006 einen Umsatz von 286 Mio. EUR erzielt hat. Interessanter Weise gehörte die Versandtochter Quelle GmbH 1995 bereits zu den Gründungsgesellschaften des Fernsehsenders, hatte seine Anteile allerdings im Zuge wirtschaftlicher Probleme zwischenzeitlich an ein amerikanisches Unternehmen veräußert. Neben der Schaffung neuer Marktzugänge spielen die Ausweitung der Kernkompetenzen, die Ausweitung der Geschäftsfelder sowie die Ausweitung des Produktspektrums eine entscheidende Rolle (vgl. Wildemann 2008, S. 13).
x
Bei Kostenvorteilen lassen sich in der Regel die vielfach zitierten economies of scale als treibende Kraft erkennen. Die Konsolidierung von Einkaufsvolumina, der Aufbau gemeinsamer Produktionssysteme, die gemeinsame Nutzung von Vertriebskanälen sowie die Konzentration von Beschaffungsquellen sind hierbei wesentliche Stellhebel (vgl. Wildemann 2008, S. 13). Die Fusion zwischen TUI und dem britischen Konzern First Choice Holidays zielt auf die Realisierung von Synergien in Höhe von 146 Mio. EUR ab, die
160
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
teilweise auch mit dem Abbau von Arbeitsplätzen erreicht werden. Gleichzeitig beziehen sich Kostenvorteile auch oftmals auf die Verlagerung von Wertschöpfungsaktivitäten in so genannte Billiglohnländer, wozu Akquisitionen von entsprechenden Kapazitäten in Form beispielsweise von Produktionsstätten vor Ort einen erheblichen Beitrag leisten können. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf zu achten, dass eine lückenlose und mehrperiodige Betrachtung der mit der Verlagerung in Zusammenhang stehenden Kosteneffekte erfolgt, da die Mehrkosten die vermeintlichen Kosteneinsparungen durchaus in einigen Fällen überkompensieren können. Während die Priorisierung von Kostensynergien im Allgemeinen nicht als erfolgsentscheidend für M&A-Transaktionen gilt (vgl. Abschnitt 3.1.3.2), wurde in Zusammenhang mit der bereits entwickelten erfolgsfaktorbasierten M&A-Balanced-Scorecard allerdings das Thema Senkung von Gemeinkosten genannt, das ebenfalls einen zentralen Bestandteil des Synergie-Gesamteffektes bilden kann. Der Gemeinkostenanteil ist in den Unternehmen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen (vgl. Niemand 1996, S. 2; Brede 1998, S. 59), unter anderem verursacht durch die in heutiger Zeit vermehrt im Zentrum von Optimierungsanstrengungen stehenden indirekten Bereichen, und muss deshalb gerade auch bei Unternehmenstransaktionen im Fokus stehen. Bedeutsam ist hier die Betrachtung der Transaktionskosten, deren Gestaltung zur Optimierung der indirekten und direkten Prozesse, zur Produktivitätssteigerung durch Reduktion von Verschwendung und Blindleistung sowie zum Parallelisieren, Synchronisieren und Vernetzen von Prozessen führt (vgl. Wildemann 2008, S. 13). Dazu ist eine entsprechende, detaillierte Quantifizierung der geplanten Synergieeffekte erforderlich, die in der Praxis häufig zu Gunsten grober Abschätzungen unterbleibt. Im besten Fall werden die Gemeinkosten des Unternehmens auf Basis einer Prozesskostenermittlung detailliert und dann den analog ermittelten Synergieeffekten gegenübergestellt. Erst auf der Grundlage einer genauen Synergieplanung können die Kaufpreisabschätzung sowie das sich daran anschließende Umsetzungscontrolling dem Anspruch einer nach bestem Wissen und Gewissen erarbeiteten Datengrundlage gerecht werden. Die im Abschnitt 3.3 vorgestellten Instrumente des wertorientierten M&A-Controlling zielen dabei auch auf die Schaffung der soeben beschriebenen Transparenz insbesondere im Gemeinkostenbereich ab. x
Ressourcenvorteile beschreiben die Möglichkeit, gegenseitigen Zugriff auf die unternehmerischen Ressourcen wie Produktionsmaschinen zu erhalten. Von besonderer Bedeutung ist dieses Ziel, wenn es sich um hoch spezifische, exklusive Ressourcen handelt, die auf andere Art und Weise nicht der eigenen Nutzung zugänglich gemacht werden können. Patentgeschützte Produktionsverfahren und -anlagen sind hier ein typischer Fall. Der Erwerb des Unternehmens, welches dieses Patent innehat, kann einen Lösungsweg bieten.
x
Risikoreduzierung zielt auf die Verlagerung von Risiken und unternehmerischen Belastungsfaktoren auf mehrere Schultern. Dies kann sowohl bei Investitionen der Fall sein, die ab einer bestimmten Größenordnung und Komplexität durch mehrere Unternehmen leich-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
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ter zu bewerkstelligen sind als durch ein einziges Unternehmen alleine, aber auch im Finanzbereich. Das Zusammengehen von Unternehmen mit unterschiedlichen Produktstrukturen im Zuge einer konglomeraten M&A-Transaktion bewirkt etwa eine Risikodiversifizierung, das heißt das dem Unternehmen vom Kapitalmarkt zugerechnete Risiko kann dadurch reduziert werden. In Fortführung dieser Gedankenkette führt dies zu einem niedrigeren Beta-Faktor und einer gestiegenen Bonität des Unternehmens bei der Bewertung von Banken im Zuge einer geplanten Neukreditaufnahme. x
Die Wettbewerbswirkungen schließlich lassen sich auf zwei Effekte von M&ATransaktionen zurückführen. Zum einen ergibt sich durch den Kauf eines anderen Unternehmens insbesondere im Zuge von horizontalen Transaktionen eine Konzentration der am Markt tätigen Unternehmen, das heißt dem neu geschaffenen Unternehmen fällt auf Grund seiner gestiegenen Größe ein höheres Umsatzvolumen, ein höherer Marktanteil und damit auch eine gestiegene Marktmacht zu. Die Wettbewerbsposition stellt sich für das „neue Unternehmen“ deshalb synergiebedingt in der Regel positiver dar. Gleichzeitig nimmt der Fragmentierungsgrad der Branche ab, was einen direkten Einfluss auf die Marktzutrittsentscheidung von potenziellen Wettbewerbern haben kann. Erfolgsfaktor: Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Proaktives Risikomanagement
Eine plausible Priorisierung und transparente Darstellung der Synergien unterstützt das Risikomanagement durch Vermeidung überzogener Werte und Bildung realistischer Erwartungen.
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Eine Transparentmachung und Priorisierung der Synergien und des Gemeinkostenpotenzials unterstützt die Findung eines realitätsnahen Kaufpreises, dessen maßgebliche Determinante oftmals das Synergiepotenzial ist.
Abbildung 58: Wertsteigerung durch Priorisierung der Synergierealisierung
Betrachtet man die diskutierten Punkte in ihrer Gesamtheit, so wird der umfassende Charakter von möglichen Synergiefeldern deutlich. Prinzipiell ist es möglich, durch Synergiefelder eine Wirkung auf alle von RAPPAPORT identifizierten Werttreiber und dadurch auf die Entwicklung des Unternehmenswertes zu erzielen. Auf Grund dieser hohen Bedeutung von Synergien kommt dem Erfolgsfaktor der Priorisierung einer Synergierealisierung eine entscheidende Rolle im Zuge einer Unternehmenstransaktion zu. Im nächsten Schritt soll deshalb betrachtet werden, mit welchen Instrumenten und Kennzahlen ein wertorientiertes Controlling von Synergien bei M&A-Transaktionen möglich ist. Qualitative Synergiewirkungen müssen dabei ebenso abgebildet werden die die quantitativen Effekte (vgl. Eckhoff 2006, S. 66).
162
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.2.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Das Spektrum der Synergierealisierung ist, wie aus Abbildung 57 ersichtlich, äußerst umfangreich. Leistungswirtschaftliche, finanzwirtschaftliche und steuerliche Synergien und Dyssynergien bilden ein Konglomerat aus einzelnen Wertsteigerungseffekten. Der hier im Fokus stehende Erfolgsfaktor „Priorisierung einer Synergierealisierung“ selbst manifestiert sich in erster Linie im Prozess der Strategieplanung (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 175). Hier werden die grundsätzlichen Überlegungen und Analysen im Hinblick auf eine geplante M&A-Transaktion durchgeführt. Die eigentliche Priorisierung erfordert dabei unterschiedliche Stoßrichtungen: x
Detaillierte und klare Darstellung der zu erwarteten Synergieeffekten sowie des Fortschritts bei der Hebung der Synergien (Transparenz- und Kommunikationsfunktion).
x
Schaffung einer entsprechenden (Management-)Attention mit dem Inhalt, die Realisierung von Synergien als einen zentralen Katalysator für die Steigerung des Unternehmenswertes durch die Transaktion zu vergegenwärtigen (Motivationsfunktion).
x
Bevorzugte Abarbeitung synergierelevanter Themen mit dem Ziel einer möglichst schnellen Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen (Gestaltungs- und Steuerungsfunktion).
Zur Erfüllung der Transparenz- und Kommunikationsfunktion müssen in einem ersten Schritt die einzelnen Synergieeffekte der jeweiligen Transaktion erfasst und quantifiziert werden. Erst dann kann das Management erkennen, welches Potenzial hinter den geplanten Effekten steht und die zugehörigen Maßnahmen entsprechend kanalisieren. Als Controlling-Instrument eignet sich hierfür insbesondere ein Tableau zur strukturierten und transparenten Erfassung sowie Bewertung der angestrebten Synergieeffekte, in dem auch die damit in Zusammenhang stehenden Risikoaspekte sowie der zeitliche Rahmen für eine Realisierung eingetragen werden. Abbildung 59 zeigt ein Beispiel, wie eine derartige Struktur, basierend auf der soeben vorgestellten Synergiesystematisierung, aussehen kann. Die dargestellte Tabelle bildet die Grundlage für die wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle von Synergien. Die Sicherstellung der Priorisierung erfüllt sie dabei auf drei Ebenen: x
die Synergien werden vollständig erfasst und den Beteiligten transparent dargelegt,
x
die finanzielle Bewertung der Synergien zeigt deren Potenzial auf und führt alleine dadurch häufig schon zur Schaffung einer besonderen Dringlichkeit,
x
eine regelmäßige Aktualisierung der Synergietabelle verbunden mit einer entsprechenden Kommunikation der Inhalte im Projektteam fördert die erforderliche Aufmerksamkeit aller Teammitglieder,
x
das regelmäßige Nachhalten der im Rahmen der Planung konkretisierten Effekte verhindert ein „Versanden“ und wirkt damit einer Nichterreichung entgegen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
Synergietyp
Leistungswirtschaftliche Synergien oder -dyssynergien
Finanzwirtschaftliche Synergien oder -dyssynergien
Ausprägung Verkettung materieller Ressourcen / Geschäftsprozesse Verkettung immaterieller Ressourcen Bündelung Kapitalbeschaffung Ausweitung Verschuldungsgrad Steuerminderung
Steuerliche Synergien oder -dyssynergien
Steuerstundung
Mischformen
Erforderliche Aktivitäten
Zeitrahmen Realisierung
163 Finanzielle Bewertung
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
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…
…
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…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
…
Summe
Abbildung 59: Synergie-Tableau
In diesem Zusammenhang muss allerdings auf zwei Grundprobleme im Hinblick auf die Quantifizierung von Synergien verwiesen werden (vgl. hierzu und zum folgenden Reißner 1992, S. 133-136). Zum einen ist teilweise eine Monetarisierung nicht möglich. Insbesondere finanzielle Auswirkungen beispielsweise von Fluktuationsraten oder Kundenabwanderungen bedürfen häufig einer Schätzung. Zum anderen ist die Lebensdauer von Synergien ebenfalls schwer absehbar. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Wirkungsdauer eines Wettbewerbsvorteils angeführt, die von einer Vielzahl, teilweise extern determinierter Faktoren abhängig ist. Inwieweit die genannten Synergien realisiert werden beziehungsweise bereits wurden, ist einem permanenten (Synergie-)Controlling zu unterziehen (vgl. Rockholtz 2002, S. 210 f.). Es bietet sich an, eine grafische Darstellung des „Synergie-Füllgrads“ zu verwenden, d.h. die Synergierealisierung im Zeitablauf im Vergleich zum gesamten geplanten Synergievolumen zu veranschaulichen (vgl. Abbildung 60). Nun reicht eine derartige Aufstellung wie oben gezeigt alleine nicht aus, um ein effektives wertorientiertes Controlling durchführen zu können. Vielmehr bedarf es einer spezifischen Detaillierung der einzelnen Inhalte, um diese gezielt nachzuhalten. Am Beispiel der Verkettung von Geschäftsprozessen im indirekten Bereich soll das verdeutlicht werden. Die Exzellenz in den indirekten Unternehmensbereichen wie beispielsweise Instandhaltung, Qualitätsmanagement oder Personalwesen stellt nach dem Optimierungsfokus auf Produktionsprozesse in der Vergangenheit eine zentrale Herausforderung für heutige Unternehmen dar. Gerade bei der Zusammenführung ehemals getrennter Unternehmen beziehungsweise Unternehmensteilen besteht die Gefahr, dass die indirekten Abtei-
164
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
lungen unbesehen gekoppelt werden und dadurch die tatsächlichen Ressourcen die benötigten Ressourcen deutlich übersteigen. In den Back-Office-Bereichen kommt es dadurch oftmals zu dem gefürchteten „Wasserkopf“. Betrachtet man etwa die Instandhaltung, so sind in Industrieunternehmen diesbezüglich in der Regel zwei Kernaktivitäten anzutreffen: die laufende, vorbeugende Instandhaltung sowie die ereignisgetriebenen Reparaturaktivitäten. Gehen nun zwei Unternehmen mit gänzlich unterschiedlichen Instandhaltungsphilosophien eine Verbindung ein, so ist ein diesbezügliches Angleichen in der Folgezeit erforderlich. Während eine Konstanz der vorbeugenden Instandhaltung dabei im Hinblick auf Ausfallsicherheit vielfach wünschenswert ist, sollte der Anteil der Reparaturen nach Möglichkeit immer reduziert werden. Das in dieser Hinsicht „bessere“ Unternehmen kann dann im Rahmen eines BestPractice-Sharings seine Instandhaltungsprozesse auf das andere Unternehmen übertragen und so eine Steigerung der Effizienz und Effektivität in der Prozessausführung bewirken. Eine gemeinsame Optimierung der vorbeugenden Instandhaltung führt somit zu Kosteneinsparungen am anderen Ende der Instandhaltungskette. Wurde nun beispielsweise im Zuge einer konkreten M&A-Transaktion ein Synergiepotenzial in der Instandhaltung identifiziert, so ist es erforderlich, dafür ein Synergiecockpit aufzusetzen, das die Steuerungsgrundlage für das wertorientierte M&A-Controlling bildet. In Abbildung 60 ist ein Vorschlag dargestellt, wie alle relevanten Aspekte aus den Themen „Finanzieller Wert“, „Zeithorizont“ und „Qualität“ überwacht werden können. Die Integration des Synergiecockpits in ein umfassendes Synergiecontrolling komplettiert den Werkzeugkasten des Controlling. COENENBERG/BIBERACHER unterteilen das Synergiecontrolling in ein strategisches Synergiecontrolling im Hinblick auf Planungs-, Konzeptions- und Realisierungsphase, sowie ein operatives Synergiecontrolling mit drei Stoßrichtungen (vgl. Coenenberg/Biberacher 2004, S. 779): x
Wirkungscontrolling: Messung der Wirkung von Synergien auf den Wert.
x
Maßnahmencontrolling: Steuerung und Dokumentation aller Projekte von der Idee bis zur Umsetzung.
x
Konsequenzcontrolling: Durchführung von Konsequenzmaßnahmen bei Verantwortlichen.
Während das strategische Synergiecontrolling stark auf das Synergiepotenzial mit Chancen, Risiken, Stärken und Schwächen abzielt, versucht das operative Synergiecontrolling, die Effekte auf Betriebsergebnis und Cash Flow zu erfassen (vgl. Coenenberg/Biberacher 2004, S. 777). Ein Instrument stellt die Synergiescorecard dar, welche Performance- und Maßnahmencontrolling von Synergien verbindet und einen „… Suchraum [aufspannt, Anm. d. Verf.], um Kennzahlen systematisch festzulegen und diese als Grundlage für Planung, Kontrolle und Steuerung von Synergien zu verwenden.“ (Coenenberg/Biberacher 2004, S. 787). In Modifikation der klassischen Systematisierung der Balanced Scorecard schlagen Coenenberg/ Biberacher eine Struktur mit fünf Perspektiven vor (vgl. Coenenberg/Biberacher 2004, S. 789):
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
165
x
Kosten-/leistungsorientierte Synergien: Darstellung der Synergien und Wertbeiträge.
x
Markt/Kunde: Verbindung der Synergien mit dem Einfluss auf den Kundennutzen.
x
Projekte: Skizzierung der durchzuführenden Maßnahmen, der zu erwartenden Widerstände, der konkreten Organisation.
x
Zukunftsperspektive: Aufzeigen der zukünftigen Handlungsoptionen durch Synergien.
x
Interne Prozesse: Analyse des prozessbezogenen Synergiepotenzials. Synergiefeld: Instandhaltung – Prozess „Maschinen und Werkzeuge instandhalten“ Stoßrichtung: Best Practice Sharing bei vorbeugender Instandhaltung und Reduzierung Reparaturen Verantwortlich: Leitung Werktechnik Realisierung bis: Ende Dezember Potenzial und Zeitplan Kosten
Kennzahlen (Beispiele) Synergiefeld
100%
Anteil Kosten Instandhaltungsprozess an den gesamten (indirekten) Kosten
Anteil vorbeugende Wartungskosten an den gesamten Kosten des Instandhaltungsprozesses
Benchmarks
Umsetzungsgeschwindigkeit
Gesamtkosten Instandhaltung (Vorbeugende) Wartungen durchführen
Instrumente (Beispiele) Reparaturen durchführen
Q1
Q2
Q3
Q4
t
Prozesskostenanalyse
Abweichungsanalyse
Earned Value Analyse
Analyse, Maßnahmen
Synergiehochlauf 1.
Die Realisierung der Synergien im Bereich Instandhaltung verlaufen langsamer als geplant.
2.
Der Grund hierfür besteht in einer fehlenden Übereinstimmung zwischen zentraler Werktechnik und Bereichswerkstätten bezüglich der zukünftigen Instandhaltungsstrategie
3.
Zur Problemlösung wurde ein Drei-TagesWorkshop mit Vertretern aus Werktechnik und Bereichswerkstätten unter Moderation eines externen Instandhaltungsexperten anberaumt.
4.
Basierend auf den Ergebnissen ist die Synergierealisierung erneut zu prognostizieren.
100%
Jan
Apr
Jul
Sep
Dez
t
Abbildung 60: Synergie-Cockpit
166
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.2.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Aus der Darstellung des Synergie-Cockpits ergeben sich Kennzahlen für das wertorientierte M&A-Controlling zur Planung, Steuerung und Kontrolle von Synergien und damit zur Sicherstellung einer permanenten Priorisierung der Synergierealisierung im Sinne des diskutierten Erfolgsfaktors. Zum einen ist, mehr noch als das Synergievolumen an sich, die absolute prognostizierte Synergiehöhe im Verhältnis zur Summe des gesamten Kostenvolumens der beteiligten Unternehmen relevant: ܵ ܣ݈ܵ݅݁ݐ݊ܽ݁݅݃ݎ݁݊ݕൌ
σூୀଵ ܵ σୀଵ ܭ
ͲͲͳ כ
Si = prognostizierte Einzel-Synergieeffekte Kj = Kostenvolumina der beteiligten Unternehmen j Die Kennzahl hilft, von vornherein überhöhte Synergieabschätzungen zu erkennen und deren Realitätsnähe zu verifizieren. Je höher der sich ergebende Prozentsatz, desto genauer ist tendenziell die Plausibilisierung durchzuführen und auf Ungereimtheiten zu überprüfen. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang Vergleichswerte von anderen Transaktionen, wobei durch die äquivalente Auswahl der Unternehmen beziehungsweise Branchen auf eine reale Vergleichbarkeit zu achten ist. Besonders wichtig ist dabei auch die Gegenüberstellung der jeweiligen Strategien, die, wie bereits gezeigt wurde, je nach Ausprägung zu völlig unterschiedlichen Kostenstrukturen führen können. Die Kennzahl der Synergiehöhe ist allerdings sehr bedacht einzusetzen, da sie in der Vergangenheit oftmals das Hauptargument für die Durchführung von Transaktionen war und die Öffentlichkeit inzwischen auf Grund der oftmals dahinter stehenden Personalreduzierung beziehungsweise des Ausbleibens der erwarteten Wertsteigerung entsprechend sensibilisiert ist. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es sich auf oberster Ebene um eine sehr aggregierte Kennzahl handelt. Denkbar ist deshalb, für die Synergievolumina S und die Kostenvolumina K jeweils nicht die Gesamtwerte der Transaktion anzusetzen, sondern sinnvolle, korrespondierende Untergrößen beispielsweise mit Fokus auf die Gemeinkosten und deren Synergien oder auf einzelne Funktionen. Die Synergien können sodann auf die Unternehmensprozesse wie Instandhaltungs-, Qualitätssicherungsoder Logistikprozesse herunter gebrochen werden. Das dahinter stehende ProzessKostenvolumen, also beispielsweise die Summe der Logistik-Prozess-Kosten in einem bestimmten Betrachtungszeitraum, bildet einen Anhaltspunkt zur Plausibilisierung. Die entsprechende Kennzahl setzt das korrespondierende Synergie- und Kostenvolumen ins Verhältnis: ܵܣ݈ܵ݅݁ݐ݊ܽ݁݅݃ݎ݁݊ݕ ൌ
σூୀଵ ܵ
σୀଵ ܭ
ͲͲͳ כ
Sip = prognostizierte Synergieeffekte für Prozess p Kjp = Prozesskosten für Prozess p der beteiligten Unternehmen j
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
167
Auf diese Weise wird eine tiefere Plausibilisierung mit Prozessbezug ermöglicht und die Basis für konkrete, prozessbezogene Maßnahmen zur Realisierung der Synergien geschaffen. Voraussetzung hierzu ist die Transparenz bezüglich der im Unternehmen ablaufenden Prozesse im Hinblick auf Prozessabläufe sowie finanzielle und nicht-finanzielle Prozessbewertung. Wie diese Transparenz hergestellt werden kann, soll in Abschnitt 3.3 im Zusammenhang mit dem Informations- und dem Bewertungsprozess im Detail erläutert werden. Da es bei dem hier diskutierten Erfolgsfaktor im Rahmen der Synergierealisierung insbesondere auch um die Reduktion von (Gemein-)Kosten geht, müssen schwerpunktmäßig auch die diesbezüglich ermittelten (Kosten-)Potenziale einschließlich ihrer Realisierung auf Basis von Kennzahlen nicht nur einmalig, sondern auch im Zeitablauf controlled werden. Analog sind hier Höhe und zeitlicher Hochlauf von Interesse, aufgeteilt nach Funktionen und Prozessen. Der Synergie-Gesamteffekt ergibt sich somit aus den zu den einzelnen Zeitpunkten realisierten Synergiepaketen, abdiskontiert auf den Betrachtungszeitpunkt: ்
ܵ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕൌ ܵ௧ ሺͳ ݅ሻି௧ ௧ୀଵ
T = Zeitpunkt der Synergie-Gesamtrealisierung t = Realisierungszeitpunkt eines Synergie-Teileffektes i = Diskontierungs-Zinssatz St = das zum Zeitpunkt t realisierte Synergievolumen Die Zeitdauer des Hochlaufs gibt gleichzeitig einen Anhaltspunkt, wie stark die Organisation durch die Umsetzung belastet wird: je schneller die Realisierung, desto größer wird die Anspannung im Unternehmen sein. Anders herum erhöht sich der Synergiewert bei schneller Umsetzung durch den Diskontierungseffekt. Logisch zwingend ergibt sich aus der Darstellung der Synergiehöhe auch die Notwendigkeit einer Abschätzung des damit in Zusammenhang stehenden Realisierungsrisikos, also der Ermittlung möglicher Schwankungen des Synergievolumens in Abhängigkeit von der Variation definierter Einflussfaktoren. Diesbezüglich ist es empfehlenswert, gemäß der Methodik der Sensitivitätsanalyse, wie sie vielfach in der Investitionsrechnung verankert ist, zentrale Einflussfaktoren auf die Höhe der Synergien zu ermitteln, und in einem nächsten Schritt die Synergiehöhe in Abhängigkeit einer Variation der zugrunde liegenden Faktoren zu berechnen. Der Synergieeffekt ist somit eine Funktion verschiedener Einflussfaktoren: ܵ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕൌ ݂ሺ݁ଵ ǡ ݁ଶǡǥǡ ݁ ሻ e1, …, en = Einflussfaktoren auf das Synergievolumen Die Einflussfaktoren ihrerseits können durch Veränderung der Rahmenbedingungen schwanken, was zu einer Abweichung des tatsächlichen Synergievolumens vom prognostizierten
168
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Synergievolumen führt. Gleichzeitig sind Interdependenzen zwischen den Einflussfaktoren zu beachten, also der Effekt, dass die Veränderung eines Faktors in der Regel auch einen Einfluss auf die Ausprägung anderer Faktoren hat (vgl. Romeike/Müller-Reichart 2008, S. 269 ff.). Im Ergebnis liegen verschiedene Szenarios vor, die der Fundierung einer Entscheidung über die Priorisierung der einzelnen Synergien dienen können. Typischer Weise findet die Berechnung der Synergien für die drei grundlegenden Fälle „Best Case“, „Mid Case“ und „Worst Case“ statt. ݁ௐ௦௧ ݁ௌ ݁௦௧ ei = Einflussfaktor i im schlechtesten, besten beziehungsweise wahrscheinlichsten Fall ܵ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕ௦௧ ൌ ݂ሺ݁ଵ ௦௧ ǡ ݁ଶ ௦௧ ǡ ǥ ǡ ݁ ௦௧ ሻ In eine ähnliche Richtung zielt die Ermittlung von erfahrungsbasierten SynergieAbschlagswerten, indem die bei abgeschlossenen Projekten realisierten Synergien mit den geplanten Synergien ins Verhältnis gesetzt und beispielsweise über Branchen oder Produktgruppen verdichtet werden: ܵܽݐݎ݁ݓݏ݈݄݃ܽܿݏܾܽ݁݅݃ݎ݁݊ݕ ൌ
ܵ ܵᇱ
Si = realisiertes Synergievolumen für Synergieeffekt i Si´ = ursprünglich prognostiziertes Volumen für Synergieeffekt i ܽݐݎ݁ݓݏ݈݄݃ܽܿݏܾܽ݁݅݃ݎ݁݊ݕܵݎ݁ݐݎ݁݅݃݁ݎ݃݃ܣൌ
σூୀሺܽ ܵ כ ሻ σூୀ ܵ
Unternehmen, die regelmäßig M&A-Transaktionen durchführen, gelangen auf diese Weise zu robusten Abschlagswerten, die einen Anhaltspunkt für die Realisierbarkeit von abgeschätzten Synergiepotenzialen bieten und die in Folgeprojekten eingesetzt werden können: ܴ݅ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕܵݏ݁ݐݎ݁݅ݐݏݑ݆݀ܽ݇݅ݏோ ൌ ܽ ܵ כ SP = Ursprünglich prognostiziertes Synergievolumen a = Synergieabschlagswert Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass ein existierender Abschlagswert sowohl durch die Veränderung beziehungsweise negativen Umwelteinflüsse bedingt werden kann, als auch durch das eigene Unternehmen resp. dessen Unvermögen, die prognostizierten Synergiepotenziale auch im Rahmen der Integrationsphase zu heben. Neben dieser Unterscheidung, die sich durchaus mit Hilfe eines geeigneten Designs der entsprechenden Kennzahl abbilden lässt, können Differenzierungen im Hinblick auf einzelne Synergiefelder und Kennzeichen des Kaufobjektes, wie der oben angesprochene Branchenbezug, vorgenommen werden.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
169
Im Laufe der Integrationsphase wird das ursprünglich prognostizierte Synergievolumen wiederholt Nachrechnungen unterworfen. Hierbei ist es interessant, die neuen Werte den originären Werten gegenüberzustellen und im Bedarfsfall auf Grund einer dedizierten Abweichungsanalyse die Gründe für die Ist-Entwicklung im Vergleich zum Soll zu eruieren. Die Berechnung entspricht dabei formal dem bereits dargestellten Synergie-Abschlagswert a. Die gewonnenen Erkenntnisse bilden insbesondere für Unternehmen, die M&A-Transaktionen als einen permanenten Prozess etabliert haben, wertvolles Potenzial für die Ableitung von besseren Bewertungs- und Prognosemethoden. Bei der Darstellung von Synergien ist es erforderlich, das grundsätzlich auch die Kosten für die Synergierealisierung mit in die Betrachtung einbezogen werden, was häufig unterlassen wird. Nun besteht zum einen die Möglichkeit, nur Nettosynergieeffekte darzustellen, was jedoch keine Rückschlüsse auf die Zusammensetzung zulässt. Es erscheint deshalb vorteilhafter, den ermittelten Bruttosynergien jeweils die für ihre Realisierung erforderlichen Kosten gegenüberzustellen und somit eine detaillierte Sicht auf das Synergieeffekte zu erhalten. ܵ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕ௧௧ ൌ ܵ ܵ݊݁݉ݑ݈ݒ݁݅݃ݎ݁݊ݕ௨௧௧ െ ܭ K = Kosten der Synergierealisierung Das Controlling der Synergierealisierung im Zeitablauf im Sinne des „Synergiehochlaufs“ schließlich hält den Realisierungsdruck aufrecht und sorgt für eine permanente Abweichungsanalyse mit der Möglichkeit zur sofortigen Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen sowie zur konsequenten Ableitung von Lessons Learned mit Optimierungsansätzen für Folgeprojekte. Tabelle 6 stellt die diskutierten Kennzahlen noch einmal im Überblick dar. Kennzahl/ Rechnungsziel Synergieanteil: Prognostizierte Synergiehöhe im Verhältnis zur Summe des gesamten Kostenvolumens der beteiligten Unternehmen
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Bild über die Höhe der zu erwartenden Synergien unter Berücksichtigung der Bezugsbasis „Kosten“ x Beispielsweise auch GemeinkostenSynergien im Verhältnis zu den gesamten Gemeinkosten x Plausibilisierung und Verifizierung der Synergien
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Sehr aggregierte Darstellung x Differenzierung beispielsweise nach Funktionen, Prozessen, Synergiefeldern etc. sinnvoll; Voraussetzung ist die Verfügbarkeit korrespondierender Kosteninformationen x Geeignet für eine erste (grobe) Plausibilisierung der Synergieeffekte, die dann zu detaillieren ist x Häufig negativ belegtes „Kaufargument“ und damit Rechtfertigung für eine M&ATransaktion, deshalb vorsichtig zu bewerten und zu kommunizieren x Abgleich mit Benchmarkdaten empfehlenswert; Vergleichbarkeit beispielsweise im Hinblick auf zugrundeliegende Strategien oder Branchen ist dabei sicherzustellen
170
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Prozessbezogener Synergieanteil: Synergien je relevantem Unternehmens-Prozess im Verhältnis zum korrespondierenden Kostenvolumen
x Prozessspezifischer Ausweis der zu erwartenden Synergien x Insbesondere auch mit Fokus auf die Gemeinkosten zu analysieren x Zentrale Ansatzpunkte für die Prozessoptimierung
x Steht im Einklang mit dem Prozessgedanken und dem Ziel, auch und gerade im Zuge von M&A-Transaktionen die Prozessoptimierung in den beteiligten Unternehmen voranzutreiben x Voraussetzung ist ein pragmatisches System zur Prozessaufwands- und Prozesskostenermittlung x Informationen geeignet für die Durchführung von Prozessbenchmarks x Stehen die prozessbezogenen Informationen nicht zur Verfügung, ist alternativ ein funktionales Vorgehen denkbar
Höhe der (Gemein-) Kosten
x Abschätzung der bestehenden (Gemein-)Kostenblöcke und der dahinter stehenden Potenziale
Zeitliche Entwicklung der (Gemein-)Kosten
x Zeitdauer bis zum Einsetzen beziehungsweise zum Abschluss der Potenzialrealisierung x Kostenvolumen zu regelmäßigen, festgesetzten Erhebungszeitpunkten mit Prognose der zukünftigen Entwicklung x Berücksichtigung von Risiken in der Synergieberechnung x Ermittlung möglicher Schwankungen des Synergievolumens in Abhängigkeit von der Variation definierter Einflussfaktoren x Szenarios als Grundlage einer Entscheidung über die Synergiepriorisierung
x Zur exakten Potenzialermittlung sind differenzierte Analysen erforderlich; beispielsweise ermöglichen entsprechende Prozessanalysen tiefere Einblicke x Abgleich mit Benchmarkdaten empfehlenswert x Zeigt auch die Belastung für die Organisation auf Grund von Maßnahmen zur Kosteneinsparung x Hohe Anforderungen an die Prognosegenauigkeit
Synergiesensitivitäten
Synergieabschläge
x Vergleich von geplanten versus realisierten Synergien und Errechnung eines durchschnittlichen Synergieabschlages auf Basis von Erfahrungswerten x Risikobezogene Synergiebeurteilung in Folgeprojekten x Schnelle Abschätzung des Realisierungsrisikos von Synergien
x Entsprechend aller Risikobewertungen kann es sich bei der Abschätzung der Schwankungen nur um einen pragmatischen Wert „nach bestem Wissen und Gewissen“ handeln x Alternative Szenarios sind zu empfehlen, da sie keinen absoluten Wahrheitsanspruch erheben, sondern lediglich eine Risikoabschätzung ermöglichen wollen (z.B. „Best Case“, „Mid Case“ und „Worst Case“) x Vielfalt von zu berücksichtigenden Einflussfaktoren und deren Interdependenzen ist auf die zentralen zu reduzieren x Zur Detaillierung zu beziehen auf Projekte, Branchen etc. sowie auf einzelne Synergiefelder x Gefahr einer Pauschalisierung durch Anwendung eines vergangenheitsbezogenen Multiplikators auf die Zukunft.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie Soll-Ist-Vergleich der Synergierealisierung: realisiertes Synergievolumen im Verhältnis zum geplanten Synergievolumen Kosten der Synergierealisierung / „NettoSynergien“
Synergiehochlauf in Prozent des gesamten Synergiepotenzials
x Zeigt vor Projektabschluss die noch zu realisierende Synergielücke auf; nach Abschluss der Integrationsphase wird der Synergieverlust im Vergleich zum Plan ausgewiesen x Ableitung von Lessons Learned für Folgeprojekte x Ausweis der Kosten, die für die Synergierealisierung anfallen x Gegenläufig zum BruttoSynergieeffekt x Sicherstellung, dass nicht durch den Ausweis lediglich der Bruttosynergien das Bild zu optimistisch dargestellt wird x Ausweis der Synergierealisierung im Zeitablauf x Gliederung nach Synergiebereichen, Funktionen, Unternehmensprozessen x Aufzeigen von Notwendigkeiten für Umpriorisierungen und Intensivierungen
171 x Obwohl Nachrechnungen wertvolle Informationen liefern, werden sie in der Praxis auf Grund des dahinter stehenden Aufwands vielfach nicht durchgeführt. x Sinnvoll ist eine wiederholte Analyse zu unterschiedlichen Zeitpunkten x Ähnlich sorgfältige Ermittlung wie auf Seiten der Synergieeffekte erforderlich x Entspricht der vollständigen Systematik einer „Businessplan-Erstellung „ für die Synergiebewertung
x Nur sinnvoll, wenn spezifisch aufgegliedert x Fördert die Motivation durch die Veranschaulichung von Handlungsbedarf
Tabelle 6: Kennzahlen zur Priorisierung der Synergierealisierung
3.2.2.4 Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion 3.2.2.4.1 Begriffsklärungen Die Zustimmung des Topmanagements gehört zu den Erfolgsfaktoren der Kategorie „conditio sine qua non“. Nur wenn dieses Commitment vorliegt und klar kommuniziert wird, kann auch bei allen anderen Mitarbeitern des Unternehmens das M&A-Vorhaben Akzeptanz finden und die auftretende, veränderungsbedingte Unsicherheit verringert werden (vgl. Ebeling 2007, S. 61). Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein explizit vom Top-Management verfolgtes Ziel auf geringere Widerstände in der Organisation trifft und die damit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen eher durchgeführt werden. Neben der Rolle von Fachpromotoren können Topmanager also insbesondere die Funktion von Machtpromotoren einnehmen (vgl. Ebeling 2007, S. 62). Auch wenn dieser Anspruch vielfach diskutiert wird und selbstverständlich anmutet, ist seine durchgängige Umsetzung in der Realität nicht gegeben. Insbesondere bei feindlichen Übernahmen stellt die fehlende Zustimmung des Top-Managements einen zentralen Problempunkt dar. Liegt eine „feindliche“ Übernahme oder ein diesbezüglicher Versuch vor, so soll die Transaktion gegen den Willen des Managements des Zielunternehmens erfolgen. Grundsätzlich ist ein derartiges Vorgehen immer als problematisch einzustufen, da die ablehnende Hal-
172
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
tung auch auf die Belegschaft des gleichen Unternehmens abstrahlen kann. Diese befindet sich im Spannungsfeld zwischen dem Management, welches die Transaktion ablehnt, und den Kapitalgebern, die der potenzielle Käufer von den Vorteilen der Transaktion überzeugen möchte. Ein Beispiel wurde in diesem Zusammenhang bei der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank geliefert, indem der Vorstand der Dresdner Bank mit Ausnahme des Vorstandsvorsitzenden die Transaktion ablehnte. Nachfolgende Schilderung aus dem Handelsblatt zeigt auch die möglichen Probleme auf: „Commerzbank-Chef Martin Blessing lässt nach der Übernahme der Dresdner Bank keine Zweifel aufkommen, wer der neue Herr im Hause ist. Der neunköpfige Vorstand der Bank wird nach der Fusion mit Ausnahme von Dresdner-Chef Herbert Walter nur Vertreter der Commerzbank umfassen. Sämtliche Dresdner-Vorstände außer Walter haben den Zusammenschluss offenbar abgelehnt. ‚Dass da kein Stein auf dem anderen bleibt, ist klar‘, hieß es im Commerzbank-Umfeld. Wer glaube, der geplante Abbau von rund 9.000 der insgesamt 67.000 Stellen werde sich paritätisch auf beide Häuser verteilen, liege falsch. […] Aus Furcht vor einer Benachteiligung hatten am Sonntag Finanzkreisen zufolge mit Ausnahme Walters alle Mitglieder des Dresdner-Vorstands gegen den Deal votiert. Schließlich habe sich die Allianz nur zu helfen gewusst, indem sie eine außerordentliche Hauptversammlung für ihre Banktochter einberufen und den Vorstand zur Zustimmung verpflichtet habe, hieß es“ (Handelsblatt 2008). Grundsätzlich sind in diesem Zusammenhang vier Szenarien denkbar, die sich aus der Haltung des Top-Managements gegenüber der Transaktion ableiten (vgl. Abbildung 61): x
Szenario A: Das Management des Zielunternehmens ist mit der Transaktion, die vom interessierten Käuferunternehmen initiiert wird, einverstanden. Es handelt sich dann in jedem Fall um eine „freundliche“ Übernahme beziehungsweise um einen entsprechenden Versuch.
x
Szenario B: Beim Top-Management des Käuferunternehmens besteht Zustimmung zur Transaktion. Dies ist gleichzeitig die konstituierende Voraussetzung, dass überhaupt von einer Transaktion beziehungsweise einer geplanten Transaktion gesprochen werden kann. In Abhängigkeit von der Haltung des Top-Managements des Zielunternehmens spricht man von einer „freundlichen“ Übernahme (vgl. Szenario A) beziehungsweise einer „feindlichen“ Übernahme (vgl. Szenario C).
x
Szenario C: Das Management des Zielunternehmens stimmt nicht zu, es besteht ein „feindlicher“ Übernahmeversuch. Diese ablehnende Haltung hat in Folge massive Auswirkungen auf die Meinungsbildung sowohl bei den Mitarbeitern des Unternehmens als auch bei externen Interessengruppen wie beispielsweise den Shareholdern.
x
Szenario D: Dieser Fall kann von der Analyse ausgeschlossen werden, da es zu keiner Transaktion kommen würde.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
173
Unabhängig von dieser übergreifenden Klassifizierung kann auch bei einer mit Zustimmung gekennzeichneten Situation in Teilbereichen, also bei einer Minderheit im Management, eine ablehnende Haltung gegenüber der Transaktion bestehen.
Fehlende Zustimmung Top-Management
Zustimmung Top-Management
A
B
„Freundliche“ Übernahme
C
„Freundliche“ oder „feindliche“ Übernahme, je nach Haltung des TopManagements des Zielunternehmens
D
„Feindliche“ Übernahme
Irrelevant
Zielunternehmen
Käuferunternehmen
Abbildung 61: Szenarien für die Haltung des Top-Managements
Nach der Klassifizierung der unterschiedlichen möglichen Szenarien steht die Frage im Fokus, wie das weitere Vorgehen bei einer nicht vorhandenen Zustimmung auf der Ebene des Top-Managements aussehen kann, beziehungsweise welche Instrumente und Kennzahlen für das wertorientierte Controlling in diesem Zusammenhang für Steuerungszwecke relevant sein können. Sicherlich steht es nicht im Einflussbereich des Controlling, die Einstellung des TopManagements bezüglich einer geplanten Transaktion gezielt zu beeinflussen. Lediglich die Bereitstellung von Daten und Informationen kann zur Meinungsbildung beitragen, insbeson-
174
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
dere wenn dabei große Vorteile beispielsweise in Form erheblicher Synergieeffekte ausgewiesen oder aber wenn eindeutige Dealbreaker identifiziert werden.
3.2.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber Relevant für die nachfolgende Analyse ist nun zum einen die Frage, welche Konsequenzen eine fehlende Zustimmung des Top-Managements für eine anstehende Transaktion auf die Wertentwicklung hat. Dabei ist eine Unterscheidung in zwei Fälle interessant: zum einen die grundsätzliche Ablehnung durch das Management des Zielunternehmens, also der Fall einer „feindlichen“ Übernahme, sowie die Zustimmung beider Unternehmen, wobei hier bei Minderheiten Vorbehalte beziehungsweise sogar Ablehnung bestehen. Als Analysegrundlage soll das Wertsteigerungsnetzwerk dienen, um zu veranschaulichen, welchen Einfluss der Faktor Zustimmung des Top-Managements auf die Wertentwicklung von M&A haben kann. Die zugrunde liegende Prämisse muss dabei sein, dass die entsprechende Transaktion auf Grund mangelnder Zustimmung erst deutlich später zustande kommt oder gänzlich abgebrochen werden muss. x
Ist die Zustimmung auf beiden Seiten des Managements vorhanden, so ist ein zügiges Voranschreiten der Transaktion und somit die Realisierung von Zeitvorteilen möglich. Je eher die beteiligten Top-Manager ihre Freigabe beispielsweise für Verhandlungen oder Informationsaustausch geben, desto schneller kann die Transaktionsphase bis zum Closing durchlaufen werden. Mangelnde Zustimmung bedeutet in jedem Fall Zeitverlust. Entweder muss eine langwierige Phase der Überzeugungsarbeit durchlaufen werden, die zu einer schwindenden Motivation bei den Mitarbeitern im Unternehmen führen kann. Oder, sofern eine Überzeugung nicht möglich ist, kann der Abbruch des M&A-Vorhabens dazu führen, dass man wichtige strategische Ziele mit einem anderen Partner oder intern realisieren muss, was wertvolle Zeit kostet. Schließlich steht eine feindliche Übernahme zur Disposition, die auf Grund des bestehenden Widerstandes und des im Nachgang erforderlichen Austausches des widerstrebenden Managements a priori langwierig ausgelegt ist.
x
Aus einer fehlenden Zustimmung durch das Top-Management folgt in der Regel ein wenig kooperatives Verhalten der betroffenen Manager, sollte die Transaktion dennoch zustande kommen. Ungeachtet der Tatsache, dass ein Management des Zielunternehmens oftmals ganz oder in Teilen ersetzt wird, verfügt es dennoch über ein hohes spezifisches Know-how bezüglich des eigenen Unternehmens. Dieses Wissen kann für die Durchführung der Transaktion, die Integration der Unternehmen sowie für den nachfolgenden geregelten Geschäftsbetrieb einen entscheidenden Erfolgsfaktor darstellen. Fehlen wichtige Managementinformationen oder Wissen beispielsweise über bestehende formelle beziehungsweise informelle Netzwerke, kann dies zu empfindlichen Störungen im Geschäftsablauf bis hin zum Abbruch von Geschäftsbeziehungen führen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
175
x
Auch ein angestrebter Marktzugang kann unter Umständen nur mit der Unterstützung des Top-Managements im Zielunternehmen erreicht werden, da hierbei persönliche Beziehungen eine entscheidende Rolle spielen. Im Lichte von internationalen M&A gewinnt dieser Faktor noch einmal an Bedeutung, indem bestimmte Länder resp. Märkte nur durch persönliche Netzwerke oder spezifisches Know-how erreicht werden können.
x
Eine negative Konsequenz ist auch auf Kostenseite zu erwarten, wenn prognostizierte Synergieeffekte nicht oder deutlich später umgesetzt werden können. Daneben ist mit zusätzlichen Transaktionskosten zu rechnen, wenn eine längere Verhandlungsphase auf Grund von Unstimmigkeiten dazu führt, dass beispielsweise Honorare für Berater länger bezahlt werden müssen oder sich der Kaufpreis auf Grund von Aktienkursschwankungen zu Ungunsten des Käufers entwickelt.
x
Je geringer die Zustimmung auf Seiten des Managements, desto latenter und risikoreicher ist auch der Rückhalt, welcher der Transaktion in Summe von den beteiligten Parteien zukommt. Gerade so komplexe und langwierige Projekte wie M&A verlangen den unbedingten Einsatz der Schlüsselspieler und müssen von möglichst allen Mitarbeitern getragen werden. Dies ist in der Regel nur dann der Fall, wenn die Transaktion explizit auch vom Top-Management befürwortet wird. Andernfalls ist ein Abwandern der Mitarbeiter auf allen Hierarchiestufen als unkalkulierbarer Risikofaktor möglich. Erfolgsfaktor: Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Maximierung der Personalmotivation
Die Haltung des eigenen Managements bestimmt fundamental das Verhalten aller Mitarbeiter im Unternehmen („Identifikation mit dem Management“). Eine Befürwortung der Transaktion wirkt oftmals motivierend.
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Gerade bei der Ausarbeitung der Führungskonzeption kommt es stark auf die Haltung des Top-Managements gegenüber der Transaktion an. Hier werden die Grundlagen für die zukünftige Steuerung gelegt.
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Eine der wichtigen Aufgaben des Top-Managements besteht in der Erarbeitung der Personalstrategie. Eine positive Einstellung gegenüber der Transaktion wird die Aktivitäten hierbei intensivieren.
Geschwindigkeit von M&A
Höhere Zustimmung zur Transaktion ist in den meisten Fällen mit mehr Initiative und schnellerer Bearbeitung der Transaktionsschritte gleichzusetzen.
Abbildung 62: Wertsteigerung durch Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion
3.2.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Kommt es bei fehlender Zustimmung des Managements trotzdem zu einem Abschluss und steht die Integrationsphase an, so ist es von ganz entscheidender Bedeutung, welche Position
176
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
die Belegschaft des Zielunternehmens bezieht. Zum einen ist somit diese Position greifbar zu machen, also zu messen, welcher Zustimmungsgrad besteht. Ein einfacher, beispielsweise auch webbasierter Erfassungsbogen, gibt der Belegschaft die Möglichkeit, schnell und bei Bedarf anonym die Meinung kund zu tun und somit dem Management wichtige Informationen für das weitere Vorgehen zu geben. Neben der reinen 0-1-Entscheidung, ob Zustimmung zur Transaktion besteht oder nicht, bietet es sich dabei an, weitere, unter Umständen auch qualitative Eingabemöglichkeiten im Erfassungsbogen vorzubereiten. Auf diese Weise wird es ermöglicht, dass auch ganz grundsätzliche Bedenken, aber auch Ideen und Optimierungsvorschläge als wichtigen Input zu erhalten. Abbildung 63 beinhaltet ein Beispiel für ein derartiges Erfassungsformular, wobei die entsprechenden Einträge einzelfallbezogen zu spezifizieren sind. Belegschaftscockpit Unternehmen V zur geplanten Transaktion K (Käufer) – V (Verkäufer) Erste, ganz spontane Antwort: Sie sehen die Transaktion
positiv
negativ
Wie sieht Ihrer Meinung nach die Belegschaft des anderen Unternehmens die Transaktion?
positiv
negativ
Welche Argumente sprechen aus Ihrer Sicht … … für die Transaktion
… gegen die Transaktion
…
…
…
…
…
…
Das Hauptargument für die Transaktion aus Sicht des Managements von Unternehmen K besteht in den zu erwartenden Einsparungen im Einkauf. Nehmen Sie kurz dazu Stellung.
Welche Faktoren sehen sie als erfolgsentscheidend für die Transaktion?
…
…
…
Abbildung 63: Belegschaftscockpit zum Meinungsbild
Mit Hilfe dieses Instruments ist es dem Controlling möglich, die Kongruenz zwischen den Meinungen des Managements und der zugehörigen Belegschaft zu überprüfen und gegebenenfalls Steuerungsmaßnahmen einzuleiten. Gleiches Vorgehen empfiehlt sich bei teilweise ablehnender Haltung. Für das Controlling verbleibt auch hier die Aufgabe, die Zustimmung des Top-Managements a priori zu analysieren und darauf basierend ein Meinungsbild als Grundlage für die nächsten Schritte abzuleiten, die beispielsweise in gezielten Informationsund Kommunikationsaktivitäten liegen können.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
177
Aus dem eingangs angeführten Beispiel der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank wir auch ersichtlich, dass noch eine Vielzahl weiterer Interessengruppen ihre Haltung gegenüber der Transaktion zu Ausdruck bringen und damit entscheidenden Einfluss auf den Fortgang nehmen können. Die Zustimmung des Top-Managements stellt dabei die „Spitze des Eisbergs“ dar, die unbedingt in Abgleich mit der Haltung der anderen Interessengruppen gesehen werden muss. Sie errechnet sich zweckmäßiger Weise aus dem Quotienten aus der Anzahl der zustimmenden Manager und der Gesamtzahl der analysierten Manager. Mit folgender Systematik kann der Status erhoben und darauf basierend eine Risikoabschätzung für das Gesamtprojekt vorgenommen werden. Käuferunternehmen Top-Management Mittleres Management Belegschaft Arbeitnehmervertretung / Betriebsrat Aufsichtsrat …
Zielunternehmen
-
o o o
+ + +
Top-Management
-
o o o
+ + +
Arbeitnehmervertretung / Betriebsrat
-
o o o o
+ + + +
Kapitalgeber
Belegschaft
Aufsichtsrat …
-
o o o
+ + +
-
o o o
+ + +
-
o o o o
+ + + +
Weitere Gruppen
Eigenkapitalgeber / Aktionäre Fremdkapitalgeber / Banken Private Equity Geber …
-
Mittleres Management
Ablehnung
o
Staat Gewerkschaft Analysten … Neutral
+
Zustimmung
Abbildung 64: Haltung der Interessengruppen gegenüber der Transaktion
3.2.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Aus den bisherigen Darstellungen lassen sich Kennzahlen für die Aktivitäten des wertorientierten Controlling ableiten. Zum einen deutet das vorgestellte Instrument einer Meinungsumfrage direkt auf die Messung des Zustimmungsgrades zur Transaktion hin, und zwar getrennt nach Management- und Belegschaftslevel. Daraus lassen sich direkt Rückschlüsse darauf ziehen, inwieweit die weiter oben beschriebenen Einflüsse auf die Werttreiber zu erwarten sind und welches Risiko deshalb für den Erfolg der Transaktion besteht. Der Zustimmungsgrad der Belegschaft und anderer Interessengruppen ist für das Top-Management ein wesentlicher Indikator für den zu erwartenden Rückhalt aus den eigenen Reihen, insbesondere in schwierigen Verhandlungssituationen. Im Hinblick auf das Management kann formuliert werden: ܼܼ݀ܽݎ݃ݏ݃݊ݑ݉݉݅ݐݏݑெ௧ ൌ
݂݁ܤ݈݄ܽݖ݊ܣòݐ݊݁݉݁݃ܽ݊ܽܯ݉݅ݎ݁ݐݎݓݎ ݐ݊݁݉݁݃ܽ݊ܽܯ݉݅݊݁݊ݏݎ݈݄݁ܲܽݖ݊ܽݐ݉ܽݏ݁ܩ
178
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Dabei kann der Zustimmungsgrad differenziert nach unterschiedlichen ManagementHierarchiestufen sowie nach Käufer- und Verkäuferunternehmen ermittelt werden. Analog verhält sich der Ausweis des Zustimmungsgrades für Mitarbeiter und andere Interessengruppen. Die Darstellung dieser Kennzahlen ist allerdings nur der erste Schritt, insbesondere bei geringen Zustimmungsgraden in bestimmten Interessengruppen ist eine Ursachenforschung mit anschließender Erarbeitung von Maßnahmen zur Erhöhung der Zustimmung zu initiieren. Zum anderen ist der bei der Belegschaft wahrgenommene Zustimmungsgrad des Managements zur Transaktion von erheblicher Bedeutung, da dies der relevante Motivator für ein entsprechendes Verhalten der Mitarbeiter ist. Anstelle der „Anzahl Befürworter im Management“ aus vorangehender Formel ist hier eine Einschätzung der Mitarbeiter einzusetzen. Es ist deshalb eine zentrale, erfolgsentscheidende Aufgabe des Managements, gegenüber den eigenen Mitarbeitern eine transparente Aufklärungs- und Kommunikationsarbeit zu leisten, um auf diese Weise ein positives Grundbild der anstehenden Transaktion zu vermitteln. Die Möglichkeiten reichen von einem persönlichen Schreiben an alle Mitarbeiter bis hin zu einem regelmäßigen Positions- und Informationsmemorandum im firmeninternen Intranet. Nachdem nun die Position des Managements erhoben und publiziert ist, entscheidet im nächsten Schritt die Akzeptanz des Managements bei den Mitarbeitern, inwiefern eine Befürwortung durch das Top-Management auch tatsächlich motivierende Wirkung entfalten kann. Bei diesem Faktor handelt es sich allerdings um eine in der Regel über viele Jahre gewachsene Einstellung, die nicht ad hoc im Zuge eines M&A-Projektes ausgesteuert werden kann. Dem Controlling verbleibt, mit Hilfe dieser Kennzahl die Ist-Situation zu erfassen und darauf basierend zu entscheiden, welche aufbauenden Kommunikationsmaßnahmen Sinn machen oder nicht. Allerdings ist sicherlich auch der Umstand in Betracht zu ziehen, dass eine Unternehmenstransaktion eine Sondersituation darstellt und alle Mitarbeiter einschließlich Management sich im Anblick des bevorstehenden, extremen Wandelprozesses zu einer „verschworenen Gemeinschaft“ zusammenfinden und gemeinsam an einem Strang zum Wohle des Unternehmens ziehen. Kennzahl/ Rechnungsziel Grad der Zustimmung im Top-Management: Quotient aus Anzahl der zustimmenden Manager und Gesamtzahl der Manager in der Betrachtungsgruppe
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Rückhalt zur Transaktion im TopManagement x Abschätzung der Tragfähigkeit von Entscheidungen x Indikator dafür, was mit den entsprechenden Managern passieren wird, wenn es zur Durchführung der Transaktion kommt
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Differenzierung in Zielobjekt und Käuferunternehmen erforderlich x Unterscheidung nach verschiedenen Hierarchiestufen im Management denkbar x Als Vergleichswerte sollten Werte vergangener Transaktionsvorhaben herangezogen werden, an denen das betroffene Management beteiligt war x Erhebung nur durch neutrale Stellen wie beispielsweise Berater sinnvoll
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
179
Grad der Zustimmung in der Belegschaft: Quotient aus Anzahl der zustimmenden Mitarbeiter und Gesamtzahl der Mitarbeiter in der Betrachtungsgruppe
x Rückhalt zur Transaktion in der Belegschaft x Rückhalt für das Top-Management bei den nächsten Schritten
x Differenzierung in Zielobjekt und Käuferunternehmen erforderlich x Regelmäßiges Update der Erhebung erforderlich
Grad der Zustimmung in anderen Interessengruppen: Quotient aus Anzahl der zustimmenden Personen und Gesamtzahl der Personen in der Betrachtungsgruppe
x Abgleich mit der Haltung des TopManagements x Indikator für den zu erwartenden Widerstand bei der Transaktion
x Auf Grund der Vielfalt von Interessengruppen ist eine Konzentration auf die Wesentlichen erforderlich x Besonderer Fokus ist auf die „erfolgskritischen“ Gruppen zu legen x Kompletterhebungen scheiden wegen des dahinter stehenden Aufwands in der Regel aus
Wahrgenommener Zustimmungsgrad des Top-Managements bei der Belegschaft
x Kommt die Haltung des Managements bei der Belegschaft an? x Werden die geeigneten Kommunikationsinstrumente verwendet?
Akzeptanzniveau des Top-Managements bei der Belegschaft: Quotient aus Mitarbeiterzahl mit Zustimmung zum Top-Management und Gesamtzahl der Mitarbeiter
x Ansehen des Managements in der Belegschaft x Indikator dafür, wie die Belegschaft dem Top-Management auch bei „unpopulären“ Entscheidungen folgen wird
x Tatsächlicher und wahrgenommener Zustimmungsgrad können voneinander abweichen x Entscheidend für die Motivationswirkung bei den Mitarbeitern ist der wahrgenommene Zustimmungsgrad x Regelmäßiges Update der Erhebung erforderlich x Aussagefähige Ergebnisse in der Regel nur über anonyme Erhebungen zu erreichen x Regelmäßiges Update der Erhebung erforderlich x Nur bei positiver Einstellung der Mitarbeiter gegenüber dem Top-Management wird sich die Motivationswirkung von dessen Zustimmung voll entfalten
Tabelle 7: Kennzahlen zur Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion
3.2.2.5 Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption 3.2.2.5.1 Begriffsklärungen Der Aspekt einer geeigneten Führungskonzeption ist in Zusammenhang zu sehen mit dem später noch zu diskutierendem Erfolgsfaktor der „starken organisationalen Integration“ sowie den Fragen des Personalmanagements. So sind auch die bei EBELING in Zusammenhang mit der Einführung eines Wertmanagement-Konzeptes genannten Erfolgsfaktoren, die eine Affinität zur Führungskonzeption besitzen (vgl. Ebeling 2007, S. 68), bei näherer Betrachtung jedoch eher der Personalführung zuzuordnen und sollen später im Abschnitt zur Prozessver-
180
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
antwortung aufgegriffen werden. Die Betonung einer sorgfältigen und schnellen Ausarbeitung der entsprechenden Führungskonzeption deutet an dieser Stelle darauf hin, dass sie als Rahmenwerk die Grundlage für die nachfolgende operative Umsetzung bildet und somit als erstes zu etablieren ist: „Eine Führungskonzeption zeichnet den Rahmen der möglichen Varianten der Führung innerhalb der Organisation ab, lässt dem Führenden jedoch gewisse Handlungsund Verhaltensfreiheit“ (Braunschweig/Kindermann/Wehrlin 2001, S. 38). Nach STEINLE umfasst eine Führungskonzeption „… unternehmungsspezifizierte, möglichst präzise formulierte, operationale und kohärente Soll-Vorstellungen zur Realisation von Führungsaufgaben“ (Steinle 2005, S. 627). Damit eine Führungskonzeption in praxi auch gelebt wird, bedarf sie eines Belohnungswertes des Führungsverhaltens („Wollen“), einer Kenntnis der Instrumentalitäten des Führungsverhaltens („Wissen“) sowie einer Verfügbarkeit des Führungsverhaltens („Können“) (vgl. Gebert 1976, S. 19 ff.). Die Frage nach den Inhalten einer Führungskonzeption führt unmittelbar zum Wesen des Wirtschaftens an sich. PICOT/DIETL/FRANK identifizieren die Knappheitsbewältigung als Auslöser wirtschaftlichen Handelns und nennen die vier Grundelemente des Wirtschaftens (vgl. Picot/Dietl/Frank 1997, S. 1 ff.): x
Arbeitsteilung und Spezialisierung sind im Zuge steigender Komplexität der Schlüssel zur Realisierung von Produktivitätsgewinnen, indem Spezialisten strukturierte Teilarbeitsvorgänge effizienter durchführen als Generalisten.
x
Die Notwendigkeit von Tausch und Abstimmung ergibt sich logisch zwingend aus der bestehenden Arbeitsteilung und Spezialisierung, um die ausgeführten Teilprozesse wieder in einem Gesamtbild zu integrieren und zu koordinieren.
Die optimale Gestaltung dieser Grundelemente obliegt dem jeweiligen Management, das sich zu diesem Zweck einer geeigneten Führungskonzeption bedient und vom Controlling koordinierend unterstützt wird (vgl. Eckhoff 2006, S. 79). Die Führungskonzeption bestimmt, wie das Zusammenspiel aus Arbeitsteilung und Spezialisierung organisiert wird, welche Abstimmungsprozesse und -gremien existieren, wie die Austauschbeziehungen im Unternehmen geregelt werden. Sie „… berücksichtigt die Interdependenz von Organisation und Unternehmensführung, beinhaltet die Managementpraxis, basiert auf einem verhaltenspsychologisch untermauerten, effizienten Führungsstil und steht im Kontext mit dem ganzheitlichen Aspekt der Managementpraxis“ (Braunschweig/Kindermann/Wehrlin 2001, S. 38). Es kommt nun auf die individuellen Gegebenheiten im jeweiligen Unternehmen an, welche Führungskonzeption geeignet ist für die vorliegenden Anforderungen. Eine besondere Herausforderung bei M&A-Transaktionen besteht darin, dass unter Umständen bisher unterschiedliche Führungskonzeptionen aufeinander treffen und im künftigen Gesamtunternehmen einvernehmlich gestaltet werden müssen. Bei einer ganzheitlichen Führungskonzeption sind dabei vielfältige Aspekte zu beachten und zu gestalten:
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
181
x
die gesamtheitliche Führungskultur,
x
die übergreifenden Führungsleitbilder und -leitlinien,
x
die definierten Führungsprozesse,
x
die verwendete Führungssystematik,
x
der angewandte Führungsstil und das Führungsverhalten,
x
die verwendeten Führungsinstrumente,
x
die bestehende beziehungsweise aufzubauende Führungskompetenz und die Qualifikation der Führungskräfte.
Untrennbar verbunden mit dem Aufbau einer neuen, gemeinsamen Führungskonzeption resp. Führungskultur ist die Gestaltung der entsprechenden Unternehmenskultur(en). In der Literatur wird der Inkompatibilität von Unternehmenskulturen oftmals eine entscheidende Mitursache für das Scheitern einer M&A-Transaktion insbesondere im Zuge der Integrationsphase zugerechnet. Den umfassenden Begriff der Kultur grenzt SCHAWEL im Hinblick auf die Anforderungen von wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten folgendermaßen ein (vgl. Schawel 2002, S. 47 ff.): x
die Landeskultur als Konstrukt: einzelne Länder unterscheiden sich klar durch heterogene kulturelle Merkmale, die auf einzigartige Sozialisationsmuster sowie gesellschaftsverdichtende Sachverhalte wie das Bildungssystem zurückzuführen sind. Im Vordergrund steht hier die politische Einheit, wobei auch Individualitäten existieren und vor einer zu starken Pauschalisierung Abstand genommen werden muss.
x
das Unternehmen als kulturelle Entität: die Unternehmenskultur gilt als Spezialfall der Organisationskultur. Sie entsteht durch das Bewusstsein und das Verhalten der Unternehmensmitglieder, wirkt andererseits aber auch prägend auf Bewusstsein und Verhalten der Unternehmensmitglieder zurück („Dualitätsprinzip“). Eine weitere Besonderheit besteht bei internationalen Unternehmen darin, dass die Unternehmenskultur einen integrativen Charakter aufweisen muss. Ihre Wurzeln liegen in der Landeskultur des Mutterunternehmens, gleichzeitig bringen jedoch die internationalen Mitarbeiter den landesspezifischen kulturellen Kontext mit in das Unternehmen ein und können so eine Adaption der Unternehmenskultur bewirken.
Bei M&A-Projekten werden diese unterschiedlichen kulturellen Bereiche zusammengeführt, was noch einmal eine Steigerung der Komplexität im Vergleich zu bestehenden internationalen Unternehmen bedeutet. In diesem Kontext kann dann der so genannte Kulturschock als Reaktion auf die Konfrontation mit der „Fremdkultur“ auftreten (vgl. Schawel 2002, S. 59). Dieses Phänomen führt nach anfänglicher Euphorie zur Entfremdung zwischen den beiden Kulturgruppen, kann aber nach konstruktiver Eskalation, bei der die bestehenden Missver-
182
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
ständnisse geklärt werden, zur Verständigung gebracht werden (vgl. Schawel 2002, S. 60). Da ein Kulturschock, insbesondere wenn er einen Großteil der Mitarbeiter gleichzeitig betrifft, zu hohen Reibungsverlusten und „Lähmungserscheinungen“ in der Organisation führen kann, ist es ebenfalls eine Aufgabe des wertorientierten Controlling, den Kulturaspekt im Rahmen seiner Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaktivitäten zu berücksichtigen.
3.2.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber Die Vielfalt der erforderlichen Komponenten deutet gleichzeitig auf die hohe Bedeutung der sorgfältigen und schnellen Etablierung einer gemeinsamen Führungskultur hin, die jetzt anhand des entwickelten M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes verifiziert wird. Von den dort untersuchten Faktoren sind in diesem Kontext drei unmittelbar betroffen: x
Der schnelle Aufbau einer Führungskonzeption gewährt insbesondere Zeitvorteile bei der gesamten Abwicklung der Transaktion bis hin zur Aufnahme der operativen Geschäftstätigkeit unter dem Banner des neu geschaffenen Unternehmens. Analog der Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion gilt: je zügiger die Unternehmenssteuerung auf den Managementebenen funktioniert, desto schneller kann auf Marktentwicklungen reagiert werden und desto geringer sind die internen Reibungsverluste auf Grund unklarer Verantwortlichkeiten und Schnittstellen: „Auch die frühe Etablierung von effizienten Entscheidungsstrukturen und die Erstellung von eindeutigen Regeln sind notwendig, um Wertetreiber schnell und wirkungsvoll in die laufenden Prozesse einzubinden. (Bain & Company 2008).
x
Indirekt wirkt der schnelle und sorgfältige Aufbau einer neuen Führungskonzeption auf die Erhaltung beziehungsweise den Ausbau von Know-how-Vorteilen, indem Schlüsselspieler in allen beteiligten Unternehmen motiviert und gehalten werden und somit ihr wertvolles Wissen im Unternehmen gebunden bleibt. Gerade in den sensiblen Bereichen der Forschung und Entwicklung darf es nicht zu einer Abwanderung der zentralen Spieler kommen, nur weil sie sich in der neuen Führungsstruktur nicht mehr wohl fühlen. Diese Gefahr besteht beispielsweise insbesondere bei der Übernahme junger High-TechSchmieden, deren Mitarbeiter sich oftmals im Zuge der Eingliederung in eine hierarchische Großorganisation ihrer kreativen Arbeitsatmosphäre beraubt fühlen. Wie in diesem Zusammenhang geeignete Motivations- und Anreizsysteme auszusehen haben, wird weiter unten noch in Zusammenhang mit den Erfolgsfaktoren des Personalveränderungsprozesses zu diskutieren sein. Ein weiterer Aspekt bezüglich Know-how besteht in der einer Führungskonzeption immanenten Determination der mitarbeiterbezogenen Wissenssteuerung. Führt man sich zwei Extrembeispiele vor Augen, nämlich den autoritären Führungsstil und die Führung durch Management by Objectives (MbO), so wird erkennbar, dass im letzteren Fall viel mehr Eigeninitiative der Mitarbeiter gefordert ist, um die zur Zielerrei-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
183
chung notwendigen Wissensinhalte zu erlangen. Erfolgt die Steuerung eines neu hinzugekommenen Unternehmensteils auf Basis dieses MbO-Ansatzes, so wird der unternehmensübergreifende und interdisziplinäre Know-how-Transfer viel stärker vitalisiert als durch die strikte Vorgabe von Arbeitsinhalten einschließlich der Vorgabe, wie eine Aufgabe zu erledigen ist. x
Schließlich wirkt eine Führungskonzeption auf Grund ihres verbindenden und regulierenden Charakters risikoreduzierend. Klare, von allen akzeptierte Maßgaben leiten das Verhalten der einzelnen Mitarbeiter in geordnete Bahnen. Zum einen bewirkt dies ein gesteigertes Sicherheitsgefühl bei dem einzelnen Mitarbeiter selbst, zum anderen wird das Organisationsverhalten als Summe der Mitarbeiter-Verhaltensmuster standardisiert und dadurch stabiler. Führungskräfte können durch die ex-ante-Implementierung einer Führungskonzeption das M&A-bedingte ex-post-Chaos auf Grund von Orientierungslosigkeit bei den Mitarbeitern in einem gewissen Rahmen vermeiden. Erfolgsfaktor: Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Maximierung der Personalmotivation
Sicherheit und Transparenz bezüglich der zukünftigen Führungskonzeption kann als Instrument zur Motivation eingesetzt werden.
Zustimmung des TopManagements zur Transaktion
Steht die Führungskonzeption auf soliden Beinen, so kann auch eventuell bestehende Ablehnung in den Reihen des Top-Managements durch die vermittelte Sicherheit abgebaut werden.
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Mit einer durchdachten Führungskonzeption als Rahmen können Details der Personalstrategie besser ausformuliert werden.
Klare Definition der Kernbelegschaft
Die Abwicklung von Stellenabbau oder Stellenaufbau kann nur dann strukturiert erfolgen, wenn die Koordination durch eine gute Führungskonzeption unterstützt wird.
Geschwindigkeit von M&A
Steht die Führungskonzeption, kann auch der für eine Regelung der M&AGeschwindigkeit erforderliche Nachdruck besser aufgebaut werden
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Die organisationale Integration bedarf einer Führungskonzeption, durch welche sie zielgerichtet gesteuert wird.
Abbildung 65: Wertsteigerung durch sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
3.2.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Wenn es nun in Zusammenhang mit dem wertorientierten M&A-Controlling darum geht, diese Elemente sorgfältig und schnell auszuarbeiten, so ist nicht von der „grünen Wiese“ zu starten, sondern vielmehr ein gemeinsames Dach über zwei bisher unter Umständen völlig verschiedene Systeme zu bauen. Ein Extrembeispiel ist hier etwa der Kauf eines kleinen, dyna-
184
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
mischen Entwicklungsunternehmens durch einen etablierten Großkonzern. Die Unterschiedlichkeit der bestehenden Führungskonzeptionen lässt sich dabei ohne weiteres erahnen. Ähnlich schwierig kann sich die Zusammenführung bei internationalen M&A gestalten. Hier sollte darauf geachtet werden, dass in den Führungsgremien Vertreter aus allen beteiligten Ländern vertreten sind und dass gegebenenfalls ein Integration Manager oder ein spezielles Change-Management-Team die Vermittlung bei kulturellen Divergenzen übernimmt (vgl. Bain & Company 2008). Das bedeutet zwangsläufig, dass der stärkere Partner sein System nicht automatisch aufoktroyieren sollte. Wie in jedem Fall, wenn unterschiedliche Konzepte beziehungsweise Systeme aufeinander treffen, ist es in einem ersten Schritt sinnvoll, von jedem die entsprechenden Vor- und Nachteile herauszuarbeiten und gleichzeitig bestehende Chancen und Risiken zu beschreiben. Ein geeignetes Instrument bildet in diesem Fall die SWOT-Analyse, die eine strukturierte Gegenüberstellung der beschriebenen Eigenschaften ermöglicht und somit einer Grundlage für die Entscheidungsfindung bildet. Abbildung 66 zeigt den Aufbau einer derartigen SWOT-Analyse, die in dieser Form für alle beteiligten Unternehmen erstellt werden sollte.
Strengths … … …
Weaknesses
Welche Stärken hat die Führungskonzeption?
… … …
Opportunities … … …
Welche Schwächen hat die Führungskonzeption?
Threats
Welche Möglichkeiten bietet die Führungskonzeption?
… … …
Welche Gefahren beinhaltet die Führungskonzeption?
Abbildung 66: SWOT-Analyse
Die nun qualitativ vorliegenden Ergebnisse der SWOT-Analyse sind im nächsten Schritt einer Bewertung zu unterziehen, um im Sinne der Forderung „strukturiert und schnell“ zu einem ganzheitlichen Konzept für das neue Unternehmen zu gelangen. Da sich eine Führungskonzeption in eine Sach- und eine Personenkomponente aufteilen lässt, macht es Sinn, ein Bewertungsmodell auch nach diesen Kriterien aufzubauen. Es soll also veranschaulicht werden, wie effizient und effektiv der Sachgegenstand Führung bewältigt werden kann und gleichzeitig die Führungsaufgaben auf die Belegschaft des Unternehmens bezogen optimal wahrgenommen und gestaltet werden können. Eine direkte Gegenüberstellung und Klassifizierung der
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
185
unterschiedlichen Führungskonzeptionen der beteiligten Unternehmen zeigt dabei die bestehenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf und lässt eine erste Einschätzung zu, wie komplex und dementsprechend zeitaufwändig ein Zusammenführen sein wird (vgl. Abbildung 67). Ein einfaches Aufaddieren der Scoringwerte beispielsweise erzeugt für Unternehmen K einen Wert von 11, für Unternehmen V einen Wert von 27. Dies repräsentiert das weiter vorne zitierte Beispiel eines Großkonzerns, der ein kleines Entwicklungs-Start-Up-Unternehmen erwirbt und verdeutlicht die bestehenden großen Unterschiede in den Führungskonzeptionen. Kriterium
„Linker“ Wert
1
2
3
4
5
„Rechter“ Wert
Empfehlung
Führungskultur
Zentralistisch
Dezentral
Siehe Führungsstil
Führungsleitbilder und -leitlinien
Klar formuliert
Nicht formuliert
Erweiterung der Führungsleitbilder und -leitlinien um die zentralen Inhalte von Unternehmen V
Führungsprozesse
Sehr standardisiert
Individuell
Etablierung durchgehend standardisierter Führungsprozesse
Führungssystematik
Strukturiert
Unstrukturiert
Fortleben des hoch strukturierten Ansatzes von Unternehmen K
Führungsstil
Autoritär
Partizipativ
Gemeinsamer Workshop auf Management-Level zur Erarbeitung der zukünftigen Gestaltung des Führungsstils
Führungsinstrumente
Flächendeckend vorhanden
Fragmentarisch vorhanden
Ausbau bzw. Übernahme Instrumente von Unternehmen K
Führungskompetenz Qualifikation
Stark ausgeprägt
Schwach ausgeprägt
Intensive Schulungsmaßnahmen in Unternehmen V
Unternehmen K
Unternehmen V
Abbildung 67: Evaluation der Führungskonzeptionen mit dem Scoring-Modell
Es ist wichtig, bei derart durchgängigen Unterschieden von vornherein die beiden Parteien aktiv zusammenzubringen und zu vermeiden, dass die Struktur des stärkeren beziehungsweise größeren Partners ohne zu Hinterfragen übernommen wird. Dann besteht die Gefahr, dass leistungsfähige Fach- und Führungskräfte keine Motivation mehr zum Verbleib im Unternehmen haben und aus dem übernommenen Unternehmen ausscheiden. An dieser Stelle spielt auch der bereits angesprochene Aspekt der Unternehmenskultur eine wichtige Rolle. Es kann nicht funktionieren, eine Führungskonzeption unabhängig von den bestehenden Kulturwelten im Unternehmen zu etablieren. Gleichgerichtet mit der Führungskonzeption muss auch die Unternehmenskultur einem Adaptions- beziehungsweise „Akkulturations“-Prozess unterworfen werden, wobei hier die vier Arten Integration, Assimilation, Separation und Dekulturation unterschieden werden können (vgl. Jung 1993, S. 209 f.). Ein wichtiges Instrument gerade in Zusammenhang mit internationalen M&A stellt dabei das interkulturelle Training dar, durch welches die Mitarbeiter schrittweise mit der anderen Kultur vertraut gemacht werden (vgl. Schawel 2002, S. 73 ff.). Wichtig ist, dass dieses interkulturelle Training auf beiden Seiten angewendet und als permanenter Prozess auch bei im Zeitablauf neu hinzukommenden Mitarbeitern praktiziert wird.
186
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Weiterhin ist die Bedeutung einer Cultural Due Diligence hervorzuheben. Ihr wird in den Unternehmen von allen Formen der Due Diligence die geringste Bedeutung beigemessen (vgl. Schawel 2002, S. 107 sowie S. 174). Betrachtet man die in diesem Zusammenhang zu analysierenden Inhalte, so ist erkennbar, dass es sich dabei um eine Analyse des „cultural fit“ auf drei Ebenen handelt (vgl. Jung 1993, S. 200): x
Ebene der Kulturindikatoren: Verhaltensweisen und Ergebnisse, Sprache, Riten, Umgangsformen, Architektur, Kleidung, Geschichten.
x
Ebene der Werte und Normen: Handlungs-Maximen, Verhaltungsrichtlinien, Verbote, offiziell kodifiziert in Organisations- beziehungsweise Führungsstilen, oder nicht offiziell.
x
Ebene der Basisannahmen: über Umweltbezug, Wirklichkeit und Zeit, Wesen des Menschen, Wesen menschlicher Handlungen und Beziehungen.
Es wird deutlich, dass es sich bei den angeführten Themen oftmals um schwer quantifizierbare und damit schwer messbare Tatbestände handelt. Alternativ muss deshalb im Rahmen der Cultural Due Diligence auf entsprechende Instrumente zurückgegriffen werden. JUNG empfiehlt in diesem Zusammenhang die Anwendung eines Cultural Web, von Kulturprofilen oder die Zuordnung zu Kulturtypen mit nachgelagerter Analyse (vgl. Jung 1993, S. 202-205). 3.2.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Aus den beschriebenen Instrumenten sollen abschließend Kennzahlen für das wertorientierte Controlling von M&A abgeleitet werden. Sie beziehen sich in erster Linie auf Schnelligkeit, Vollständigkeit und hohe Qualität beim Aufbau der Führungskonzeption. Um zu einer schnellen Entscheidungsfähigkeit zu gelangen, ist die möglichst unmittelbare Verabschiedung der neuen Führungskonzeption wichtig. Mit Blick auf die Gesamttransaktion und als Grundlage für alle nachfolgenden Metriken ist es zu empfehlen, im Rahmen der Projektplanung einen Solltermin für die Fertigstellung der Führungskonzeption festzulegen. Dieser leitet sich dabei nicht aus den Bottom-up-Gegebenheiten der Unternehmen ab, sondern stellt unter Berücksichtigung der damit in Zusammenhang stehenden Folgeaktivitäten sowie der bisher gemachten Erfahrungen einen Idealtermin dar, zu dem nach bester Einschätzung ein reibungsloser Übergang gewährleistet wäre. Eine wichtige Grundlage stellt in diesem Zusammenhang eine Checkliste dar, welche die einzelnen Elemente der Führungskonzeption auflistet, Unterthemen adressiert und den jeweiligen Fertigstellungsgrad, ergänzt um eine Einschätzung zu erwartender Probleme, erfasst. Der Fertigstellungsgrad der Führungskonzeption lässt sich folgendermaßen veranschaulichen: ܨ݀ܽݎ݃ݏ݃݊ݑ݈݈݁ݐݏ݃݅ݐݎ݁ܨൌ
ܨݎ݁݀݁ݐ݈݊݁݉݁ܧݎ݁݃݅ݐݎ݂݈݄݁ܽݖ݊ܣò݄݊݅ݐ݁ݖ݊݇ݏ݃݊ݑݎ ܨݎ݁݀݁ݐ݈݊݁݉݁ܧ݈݄ܽݖ݊ܣò݄݊݅ݐ݁ݖ݊݇ݏ݃݊ݑݎ
Die Kennzahl basiert auf einer klaren Aufstellung der erforderlichen Elemente für die neue Führungskonzeption und einer Einschätzung über den aktuellen Entwicklungsstand. Die In-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
187
strumente hierzu wurden in Abschnitt 3.2.2.5.3 beschrieben. Neben dieser globalen Darstellung ist eine Überwachung der Finalisierung der Einzelelemente der Führungskonzeption erforderlich. Während die soeben vorgestellte Kennzahl dem Management einen überblicksartigen Eindruck vermittelt, wie weit der Aufbau der neuen Führungskonzeption in Summe fortgeschritten ist, sind auf dieser Ebene in der Regel keine direkten „operativen“ Umsetzungsverantwortlichen definiert. Bei den dahinter stehenden Einzelelementen der Führungskonzeption lassen sich hingegen Verantwortlichkeiten definieren und der konkrete Umsetzungsfortschritt gezielt überwachen und steuern: „Nur durch die klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten kann ein neu geschaffenes Unternehmen möglichst rasch zu einem leistungsfähigen Organismus zusammenwachsen.“ (Bain & Company 2008). Dabei ist der Aufbau einer Führungskonzeption auch originäre Führungsaufgabe und nicht an nachgeordnete Hierarchieebenen zu delegieren. ܨ݀ܽݎ݃ݏ݃݊ݑ݈݈݁ݐݏ݃݅ݐݎ݁ܨ ൌ
݅ݐ݈݊݁݉݁ܧ݊ݒ݊݁ݐ݊݁݊݉ܭݎ݁݃݅ݐݎ݂݈݄݁ܽݖ݊ܣ ͲͲͳ כ ݅ݐ݈݊݁݉݁ܧ݊ݒ݊݁ݐ݊݁݊݉ܭ݈݄ܽݖ݊ܣ
i = ein klar definiertes Element der gesamten Führungskonzeption Auf diese Weise können etwa für das Element „Führungsleitlinien“ die wesentlichen, übergreifenden Leitlinien im Rahmen eines Führungs-Workshops erarbeitet und diese als „Komponenten“ spezifisch ausgearbeitet und überwacht werden. Flankierend sind grundlegende Fragen zu stellen und die Auswirkungen ihrer Beantwortung auf den Fortschritt zu prüfen, beispielsweise „Besteht Einigkeit bezüglich der zukünftigen Führungskonzeption?“ oder „Sind alle Betroffenen ausreichend qualifiziert/geschult?“. So wird erkennbar, wo noch Lücken bestehen und entsprechend verstärkt Aktivitäten gestartet werden müssen. Das mitarbeiterbezogene Größenverhältnis zwischen Kaufobjekt und Käufer gibt einen Anhaltspunkt, wie „stark“ die beiden Führungskonzeptionen in den einzelnen Unternehmen vergleichsweise zu erwarten sind und wie schwierig eine Zusammenführung im direkten „Aufeinanderprallen“ sein kann ݎܩÚé݁݊ ݏ݅݊ݐ݈¡݄ݎ݁ݒൌ
ݐ݆ܾ݂݇݁ݑܽܭ݈݄ܽݖ݊ܽݎ݁ݐܾ݅݁ݎܽݐ݅ܯ ͲͲͳ כ ݎ݂݁ݑ¡ܭ݈݄ܽݖ݊ܽݎ݁ݐܾ݅݁ݎܽݐ݅ܯ
Ist die Kennzahl größer als 1, so wird ein Kaufobjekt erworben, dessen Mitarbeiterzahl über der des Käufers liegt. Die käuferbedingte Stärkeposition wird also durch ein faktisches „Übergewicht“ des Kaufobjektes unterminiert. Entsprechend schwieriger wird es, die Interessen des Käufers im Hinblick auf die Führungskonzeption einzubringen beziehungsweise durchzusetzen. Sind Käufer- und Verkäuferunternehmen annähernd gleich groß (Kennzahl = 1), so ist auch von einer annähernd gleich stark verankerten Führungskonzeption auszugehen: jeweils ähnlich viele Mitarbeiter bringen „ihre“ Führungskonzeption und damit ihr diesbezügliches Verständnis mit ins neue Unternehmen ein. Ebenfalls entsprechend komplex werden
188
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
sich dann die Erarbeitung eines neuen Führungsprozesses sowie der nachfolgende Adaptionsprozess gestalten. Im gleichen Zug sind je Element die Punkte zu erfassen, bei denen noch Uneinigkeit zwischen den beteiligten Unternehmen besteht, und diesbezüglich eine Abschätzung im Hinblick auf die dadurch verursachte zeitliche Verzögerung vorzunehmen. Die zeitliche Verzögerung kann auf Gesamtebene verdichtet und ausgewiesen werden. Eine besondere Herausforderung besteht bei internationalen M&A, indem hier beispielsweise tief verankerte, kulturspezifische Auffassungen etwa im Hinblick auf den Führungsstil existieren können. Hier gilt es, die Mitarbeiter für die andere Kultur zu sensibilisieren und nicht mit Gewalt eine vorgefertigte Führungskonzeption überzustülpen. Das interkulturelle Training bietet hierfür eine gute Basis. Der Abdeckungsgrad kann ermittelt werden: ܶ ݃݊ݑܾ݇ܿ݁݀ܽݏ݃݊݅݊݅ܽݎൌ
ݎ݁ݐܾ݅݁ݎܽݐ݅ܯ݁ݐ݈ݑ݄ܿݏ݁݃݃݊݅݊݅ܽݎܶ݉ܫ ͲͲͳ כ ݎ݁ݐܾ݅݁ݎܽݐ݅ܯ݈݄ܽݖݐ݉ܽݏ݁ܩ
Es ist allerdings zu betonen, dass es nicht Ziel sein kann, diesen Wert auf 1 zu bringen. Vielmehr wird sich das interkulturelle Training in erster Linie für Mitarbeiter in Führungs- und Schnittstellenfunktion empfehlen beziehungsweise für solche Mitarbeiter, die für längere Zeit in den anderen Kulturkreis wechseln werden. Kennzahl/ Rechnungsziel Fertigstellungsgrad der Führungskonzeption gesamt und nach Einzelelementen (Führungskultur, Führungsleitbilder und -leitlinien, Führungsprozesse, Führungssystematik, Führungsstil, Führungsverhalten, Führungsinstrumente, Führungskompetenz, Qualifikation der Führungskräfte) Größenrelation Käuferzu Verkäuferunternehmen: Anzahl Mitarbeiter Verkäuferunternehmen in Relation zur Anzahl Mitarbeiter Käuferunternehmen
Abweichung Sollter-
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Sicherstellung einer schnellen Funktionsfähigkeit der Führungskonzeption x Identifikation von Lücken im Gesamtkonzept
x Stärkeposition des Käuferunternehmens bezüglich Mitarbeiterzahl und die hierdurch entstehende Komplexität bei der Erarbeitung einer gemeinsamen Führungskonzeption x Anhaltspunkt für die Komplexität der Einführung einer Führungskonzeption x Meilensteinerreichung auf einen
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Differenzierung nach den Einzelelementen einer Führungskonzeption erforderlich x Hinterlegung von Verantwortlichen als Treiber erforderlich x Grundlage bildet die vorgestellte Struktur der „Evaluation der Führungskonzeption“
x Bei einer Kennzahlausprägung nahe 1, d.h. bei einem sehr ausgewogenen Größenverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer, ist in der Regel eine hohe Komplexität zu erwarten
x Vermeidung einer überhasteten/zu lang-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie min der Fertigstellung einer Führungskonzeption versus tatsächlicher Umsetzungstermin in Tagen/Wochen etc. Interessendivergenz: Anteil Themen mit Uneinigkeit im Verhältnis zu der Gesamtanzahl an Themen
Abdeckungsgrad des interkulturellen Trainings: Mitarbeiter , die an einem Training teilgenommen haben, im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter
Blick x Basis für das Erkennen und Beseitigen von Problemen x Indikator für die Priorisierung des Personalthemas in der Organisation x Aufzeigen der Elemente im Führungssystem, bei denen noch keine Übereinstimmung erzielt wurde x Veranschaulichung des Risikos/der Gefahr eines Kulturschocks durch abweichende Vorstellungen bei den Parteien x Erfassung des Anteils der Mitarbeiter, die sich bereits aktiv mit der neuen Kultur auseinandergesetzt haben
189 samen Etablierung der neuen Führungskonzeption x Grundlage für die Einleitung von Abweichungsanalysen und Gegensteuerungsmaßnahmen x Besondere Relevanz im internationalen/interkulturellen Kontext x Vorbeugende Maßnahmen durch interkulturelle Trainings zu empfehlen x Grundlage bildet die vorgestellte Struktur der „Evaluation der Führungskonzeption“ x Das Ziel besteht in der Vermeidung eines Kulturschocks durch proaktive Durchführung der Trainings x 100%-Abdeckung in der Regel nicht anzustreben/realisierbar, stattdessen Fokussierung auf Schlüsselspieler
Tabelle 8: Kennzahlen zur sorgfältigen und schnellen Ausarbeitung einer Führungskonzeption
3.2.2.6 Kontinuierliche Durchführung von M&A 3.2.2.6.1 Begriffsklärungen In vielen Fällen werden M&A noch als Einmalprojekte betrachtet. Ausgehend von einem aktuell identifizierten, strategisch induzierten Bedarf nach Wachstum werden einzelfallbezogen andere Unternehmen auf ihre Eignung als potenzieller Partner analysiert und der Gesamtprozess mit der Vorfeldphase gestartet. Gerade die Vorfeldphase beinhaltet jedoch einige Themen, die sich für eine kontinuierliche Bearbeitung unabhängig von konkreten Transaktionsvorhaben eignen und somit im Bedarfsfall den schnellen Start einer Transaktion ermöglichen. Die hohe Bedeutung einer derartigen Kontinuität unterstreicht KPMG in einer Studie von 2003, in der sich herausstellt, dass „… 67% der wertsteigernden M&A-Transaktionen […] infolge eines vom Management im Voraus identifizierten geeigneten Übernahmeobjekts zustande …“ (KPMG 2003) kamen und „… lediglich 28% […] das Ergebnis opportunistischen oder strategisch unklaren Vorgehens.“ (KPMG 2003) waren. Die Unternehmensberatung BAIN bezeichnet Firmenakquisitionen als „Handwerk“ und führt aus: „Je häufiger Firmen Akquisitionsprozesse indes durchführen, desto höher ist ihre Erfolgsquote. Eine Analyse europäischer Transaktionen ergab, dass durchschnittlich etwa fünf Versuche notwendig sind, bis eine Übernahme zur Outperformance eines Unternehmens führt.“ (Bain & Company 2007, S. 5). Es wird empfohlen, im Rahmen von kleineren Transaktionen Erfahrungen zu sammeln, bevor man sich an die so genannten „Mega Merger“ wagt, wobei gleichzeitig auch für Transaktionen mit einem Volumen von maximal 5% der Marktkapitalisierung des übernehmenden
190
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Unternehmens eine signifikant höhere Erfolgswahrscheinlichkeit ermittelt wurde (vgl. Bain & Company 2007, S. 5). Auf der anderen Seite darf dieser Erfolgsfaktor allerdings nicht dergestalt missverstanden werden, dass er in Richtung einer unreflektierten Durchführung von M&A als Selbstzweck interpretiert wird. Es geht hier in erster Linie um die Kontinuität in der Analysetätigkeit, und nur bei durchgehend positiven Ergebnissen hieraus um das Einleiten der entsprechenden Transaktionsphase. Darauf deuten auch die Ergebnisse einer Studie von KPMG hin, die weltweit 510 Transaktionen im Zeitraum von 2000 bis 2004 untersucht und dabei unter anderem zu dem Ergebnis kommt, dass „… acquirers who engaged in 10 or more deals a year were not as successful at enhancing shareholder value …“ (KPMG 2007, S. 5). Die Begründung liegt in der hohen Komplexität der nachfolgenden Integrationsphasen und der Herausforderung „… integrating many companies at once …“ (KPMG 2007, S. 5). Im Einzelnen fallen unter die Aktivitäten, die einer permanenten Betrachtung unterzogen werden sollten, bezogen auf die M&A-Prozessschritte (vgl. Abbildung 12 auf Seite 53): x
die permanente Durchleuchtung der Unternehmens- und M&A-Strategie im Hinblick auf die aktuelle Marktsituation. Das entsprechende Vorgehen und die dafür geeigneten Instrumente wurden bereits in Abschnitt 3.2 beschrieben.
x
das Screening, um permanent mögliche Partner für eine Transaktion zu beleuchten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein aktueller Überblick bezüglich der im relevanten Markt tätigen Unternehmen besteht und „… eine Rangordnung von Unternehmen nach ihrer Eignung als Akquisitionsobjekt erstellt wird.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 79). Diese resultiert aus den drei Kriterien „Strategic Fit“, „Cultural Fit“ und „Financial Fit“ (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 80) und dient als Basis bei aktuellen Projekten.
x
diverse Simulationen zum Aufzeigen und zur Bewertung der existierenden Alternativen und Szenarien. Im gleichen Schritt bietet es sich an, für die existierenden Einflussfaktoren je Betrachtungsobjekt eine Risiko- und Sensitivitätsanalyse vorzunehmen.
x
eine Grobbewertung der möglichen Unternehmen auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen wie beispielsweise Jahresabschlüsse, Branchenanalysen oder Untersuchungen von Investmentbanken.
x
eine erste Einschätzung der Genehmigungsfähigkeit aus Sicht der eigenen Experten, um von vornherein diesbezügliche Deal-Breaker zu identifizieren.
Alle genannten Schritte können unabhängig von anderen Unternehmen beziehungsweise konkreten Transaktionsvorhaben permanent durchgeführt werden. Gleichzeitig ergibt sich auf diese Weise ein Überblick zu den im Markt aktiven Unternehmen, um daraus Rückschlüsse für das eigene Vorgehen abzuleiten. Auf übergeordneter Ebene wird das Thema M&A somit ein integraler Bestandteil des unternehmerischen Change Managements, das die Wandelfä-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
191
higkeit sicherstellt und es ermöglicht, flexibel auf externe und interne Einflüsse zu reagieren beziehungsweise diesen mit entsprechenden Maßnahmen zuvorzukommen. SEIDENSCHWARZ unterscheidet in seinem Plattformkonzept zur Steuerung unternehmerischen Wandels sieben zentrale Schritte eines Wandelprozesses (vgl. Seidenschwarz 2003, S. 143 ff.): x
Wandel initiieren: grundsätzlich lässt sich ein Wandelprozess proaktiv, emergent und/oder aktiv beziehungsweise reaktiv initiieren. Im Hinblick auf M&A stellt die proaktive, den Merger initiierende Vorgehensweise das Mittel der Wahl dar, hier wird durch das Unternehmen selbst der entsprechende Prozess eingeleitet (vgl. auch Schawel 2002, S. 22).
x
Wandel konzipieren: im nächsten Schritt ist die Wandelbereitschaft zu erzeugen und die Rahmenbedingungen zu konkretisieren. Gleichzeitig geht es darum, die Wandelziele herunterzubrechen und in Form von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen ein schlüssiges System als Grundlage für die operative Umsetzung zu schaffen.
x
Wandel realisieren: Initiativen, Maßnahmen und Aktionen prägen das Bild in der Realisierungsphase. Alle Mitarbeiter sind aufgefordert, ihren Beitrag zum Gelingen zu leisten und als Treiber des Projektes zu fungieren. Dies ist auch ein wichtiger Aspekt in Zusammenhang mit dem Erfolgsfaktor der Mitarbeitermotivation und -anreizsysteme: „Den Einsatz von Belohnungs- und/oder Bestrafungsmacht ordnen wir dem zu, was in der einschlägigen Literatur unter dem Konzept ‚Unterstützung von Veränderungsbemühungen’ abgehandelt wird“ (Gebert 1976, S. 190).
x
Wandel verankern: die Verankerung und Institutionalisierung der erzielten Veränderungen ist Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg. Nur wenn die Wurzeln des durchgeführten Wandels in die Strukturen, Prozesse und Denkweisen der Mitarbeiter reichen, werden sich die positiven Auswirkungen langfristig bemerkbar machen.
x
Wandel optimieren/präparieren: die im vorangehenden Punkt angesprochene Verankerung bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings auch Verankerung des „Wandels an sich“, also die Vermeidung verkrusteter Strukturen durch Etablierung eines permanenten, proaktiven Wandelmanagements im Tagesgeschäft.
3.2.2.6.2 Wirkung auf die Werttreiber Dieses Vorgehen wirkt, nähert man sich über die definierten Werttreiber, auf unterschiedlichen Wegen: x
In erster Linie besteht eine Auswirkung auf die Zeitvorteile. Durch ein permanentes Screening lassen sich schneller geeignete Partner identifizieren, als dies bei der Durchführung von M&A als Einmalprojekt der Fall wäre.
192
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Je mehr Know-how über mögliche Transaktionspartner und Marktchancen vorrätig und aktuell gehalten werden, desto einfacher ist es, im Bedarfsfall unmittelbar zu reagieren und auf Basis fundierter Informationen über die M&A-Durchführung zu entscheiden. In der Regel wird sich bei kontinuierlicher Durchführung von M&A eine spezielle Abteilung im Unternehmen damit befassen und entsprechend strukturiert die ermittelten Informationen sammeln und archivieren. Auf dieser Basis lassen sich dann deutlich fundiertere Entscheidungen über Go/No-Go bei einer bestimmten Transaktion treffen und Know-howVorteile durch die Transaktion erreichen.
x
Ebenso hat die kontinuierliche Durchführung von M&A eine marktprägende Wirkung. So werden dadurch permanent Marktanteile akquiriert und die Stärkeposition gegenüber den Wettbewerbern erhöht.
Die Wirkung auf die anderen Werttreiber ist sekundärer Natur und soll an dieser Stelle deshalb nicht explizit diskutiert werden. Erfolgsfaktor: Kontinuierliche Durchführung von M&A Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten Excellente Due Diligence Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Die kontinuierliche Durchführung von M&A schafft einen Erfahrungsschatz, der insbesondere den anderen Erfolgsfaktoren der finanziellen Transformation bei der wiederholten Ausführung der zugrundeliegenden Aktivitäten zugute kommt. Für die kundenbezogene bzw. intern-prozess-bezogene Transformation ist zu eroieren, inwiefern neben dem physischen Zusatzaufwand eine überlineare Komplexitätssteigerung den Zusatznutzen überkompensiert, beispielsweise bei der starken organisationalen Integration.
Proaktives Risikomanagement
Abbildung 68: Wertsteigerung durch kontinuierliche Durchführung von M&A
3.2.2.6.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die zur Anwendung kommenden Instrumente unterscheiden sich nicht von denen, welche im Rahmen der anderen Erfolgsfaktoren betrachtet werden. Der einzige Unterschied besteht darin, dass diese Instrumente kontinuierlich und frühzeitig zum Einsatz kommen. Somit sei an dieser Stelle auf die Ausführungen zu den Instrumenten in Zusammenhang mit den anderen M&A-Erfolgsfaktoren verwiesen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
193
3.2.2.6.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Bei den Kennzahlen hingegen lassen sich Metriken entwickeln, die ein Controlling dieses Erfolgsfaktors ermöglichen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Metriken, welche Ereignishäufigkeiten messen: ݐ݂݅݁݇݃݅ݑ¡݄ݏ݅݊݃݅݁ݎܧൌ
ݏ݁ݏݏ݅݊݃݅݁ݎܧݏ݈݄݁݀ܽݖ݊ܣ ܼ݁݅ݐ݄݅݁݊݅݁ݐ
Zum einen ist die Anzahl der pro Jahr analysierten Unternehmen interessant. Auch wenn nicht in allen Fällen eine Tiefenanalyse erfolgt, so eröffnet jedoch eine größere Anzahl einen guten Überblick zum vorhandenen Markt und den daraus resultierenden Möglichkeiten. Man sollte sich hierfür auch einen praktikablen Zielwert setzen, der einen permanenten Überblick sicherstellt. Gleichzeitig sind auch die für M&A-Aktivitäten realistischer Weise zur Verfügung stehenden Kapazitäten gegenzuspiegeln. Nicht selten verdrängt das operative Tagesgeschäft derartige Aktivitäten, so dass „im Ernstfall“ kein sinnvoll nutzbares Datenmaterial zur Verfügung steht. Einen Schritt weiter geht die Erfassung der Erstkontakte zu Drittunternehmen, hier haben bereits unverbindliche Gespräche auf Managementebene stattgefunden und eine bessere Einschätzung der Sinnhaftigkeit ist gegeben. Schließlich bildet die Anzahl der durchgeführten Transaktionen einen Anhaltspunkt, welche Erfahrung im Unternehmen bezüglich M&A vorhanden ist. Diese Kennzahl ist im nächsten Schritt weiter zu konkretisieren zur Anzahl der als erfolgreich eingestuften Transaktionen pro Jahr, wobei das Beurteilungskriterium hier in der erzielten Wertsteigerung liegt. Die beschriebenen Kennzahlen lassen sich im Rahmen eines Reportings veranschaulichen, wie Abbildung 69 zeigt. Unternehmen analysiert 4
3
2
1
Transaktionen durchgeführt 0
1
2
++ 80%
Jahr 1
Jahr 4
Davon: Erstkontakt erfolgt
o 30% 10%
4
Zahl im Balken gibt den Integrationsstatus des jeweiligen Unternehmens an.
Jahr 2 Jahr 3
3
+ 20%
Die Kennzeichnung oberhalb der einzelnen Balken klassifiziert die Managementeinschätzung hinsichtlich der aktuellen Integrationsentwicklung.
…
Abbildung 69: Monitoring der Transaktionskontinuität
194
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Relevant ist in diesem Zusammenhang auch die Anzahl der Mitarbeiter, die im Unternehmen mit dem Thema M&A betraut sind. Geht die Anzahl der Vollzeitkräfte gegen 0 und existiert keine explizite M&A-Abteilung, so ist das ein Hinweis, dass M&A eher als „Nebenjob“ denn als strategische „Waffe“ eingesetzt wird. Nachfolgende Tabelle fasst die vorab skizzierten Kennzahlen zusammen. Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl der pro Jahr analysierten Unternehmen
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Sicherstellung des Marktüberblicks x Möglichkeit auf schnelle Reaktion bei Chancen im Markt: pro-aktiv statt reaktiv
Anzahl von Erstkontakten zu potenziellen Kandidaten pro Jahr
x Netzwerk zu potenziellen M&AKandidaten x Detaillierteres Wissen zu den betrachteten Unternehmen x Gefühl dafür, wie die Zielunternehmen „ticken“ x Einblick in die Persönlichkeiten des Managements und die Unternehmenskultur x Indikator für die eigene M&AErfahrung x Indikator für die M&A-Aktivität x Vermeidung einer Überfrachtung der Organisation durch zu viele Transaktionen und Berücksichtigung des hohen PMI-Aufwands nach der Transaktionsphase x Beurteilung der Wertsteigerung durch M&A x Spiegel der eigenen M&AKompetenz x Wird dem Thema M&A kapazitätsmäßig genügend Bedeutung beigemessen?
Anzahl der pro Jahr durchgeführten Transaktionen
Anzahl der als erfolgreich eingestuften Transaktionen pro Jahr Anzahl von Mitarbeitern, die Vollzeit mit dem Thema M&A befasst sind
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Um einer Überfrachtung mit Analysen vorzubeugen, ist ein praktikabler Zielwert unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Ressourcen festzulegen x Auch Einbeziehung von Unternehmen mit Affinität zur eigenen Zukunftsentwicklung, nicht nur Spiegelung am Status quo x Überführung der Ergebnisse ins Wissensmanagement x Gratwanderung zwischen Informationsaustausch und notwendiger Geheimhaltung x Vermeidung eines „Akquisitionstourismus“ erforderlich
x Spiegelung an der Fragestellung, welche der an den vergangenen Projekten beteiligten Mitarbeiter mit seiner Erfahrung noch im Unternehmen ist x Prüfung, ob alle Erkenntnisse personenunabhängig im Wissensmanagement verankert sind x Kriterium ist die erzielte Wertsteigerung x Unter Umständen im Einzelfall schwierige Beurteilung des Erfolgs einer bestimmten Transaktion x Unterscheidung in Stellenbeschreibung und tatsächlich ausgeführte Tätigkeiten notwendig
Tabelle 9: Kennzahlen zur kontinuierlichen Durchführung von M&A
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
195
3.2.2.7 Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb 3.2.2.7.1 Begriffsklärungen Einen integralen Bestandteil des vorab diskutierten Erfolgsfaktors der kontinuierlichen Durchführung von M&A bildet die ebenfalls kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten im Rahmen von M&A. Generell besteht bei der Durchführung von Projekten aller Art die Gefahr, das Tagesgeschäft im Unternehmen bewusst oder unbewusst zu vernachlässigen. FISCHER führt als einen Faktor, der zu einem Misserfolg von M&A führen kann, die teilweise auftretenden erheblichen Umsatzeinbußen auf Grund von Kundenverlusten an, und zeichnet dabei die möglichen Konsequenzen einer Vernachlässigung der Geschäftsaktivitäten auf (vgl. Fischer 2008, S. 2). Folgende Gründe können hierfür ausschlaggebend sein: x
Mangelnde Kapazitäten: das M&A-Projekt erfordert einen so hohen Ressourceneinsatz, dass nicht mehr genügend Kapazitäten für die Bearbeitung des Tagesgeschäftes übrig bleiben. Lösungsmöglichkeiten bestehen beispielsweise in kurzfristigen Einstellungen oder dem verstärken, temporären Einsatz von externen Dienstleistern wie Beratern.
x
Einseitige Incentivierung: das M&A-Projekt ist von überragender Priorität, die Incentivierung der Mitarbeiter ist rein auf die Abarbeitung der Projektaufgaben ausgerichtet. Vielmehr wäre es jedoch notwendig, ein ausgewogenes Incentivesystem anzuwenden, um das Tagesgeschäft „am Leben“ zu erhalten.
x
Mangelnde Motivation: auch wenn genügend Kapazitäten vorhanden und das Incentivesystem intelligent gestaltet ist, kann es vorkommen, dass Mitarbeiter die operativen Aufgaben des Tagesgeschäftes vernachlässigen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn diese Mitarbeiter bedingt durch die Transaktion keine Perspektiven mehr im Unternehmen sehen und bereits „innerlich gekündigt“ haben.
x
Themenmonismus: die Konzentration auf ein „Großereignis“ wie eine M&A-Transaktion zieht die Bearbeitung einer Fülle von Themen nach sich, die unter Zeitdruck abgearbeitet werden müssen. Die starke Anspannung und Konzentration kann dazu führen, dass man faktisch die übrigen Themen des Tagesgeschäftes nicht mehr wahrnimmt, auch wenn theoretisch dafür noch Zeit wäre.
x
Persönliche Ziele: das Engagement bei einer M&A-Transaktion kann für die individuelle Berufssituation jedes Einzelnen förderlich sein. Oftmals dienen derartige Projektaktivitäten als Sprungbrett auf die nächste Karrierestufe. Was für den Einzelnen durchaus positiv zu bewerten ist, kann allerdings zu einem Projektaktionismus führen, der die eigene Person ins rechte Licht rücken soll und die weniger attraktiven Aufgaben des Tagesgeschäftes in der Priorität nach hinten rückt.
196
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.2.2.7.2 Wirkung auf die Werttreiber Es ist nun Aufgabe des wertorientierten Controlling, mittels geeigneter Maßnahmen die Durchführung des Tagesgeschäftes sicherzustellen. Andernfalls sind massive negative Konsequenzen zu erwarten, die sich anhand des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes verdeutlichen lassen. So kann die Vernachlässigung des Tagesgeschäftes genau die Faktoren konterkarieren, die durch genau die M&A-Transaktion erreicht werden sollen: x
Zeitvorteile: ein wesentlicher Aspekt von M&A ist oft die Erlangung von Zeitvorteilen durch die Aneignung von Vermögensgegenständen, Wissen, Mitarbeiterkapazitäten oder anderen werttragenden Faktoren. Gehen diese Vorteile auf der anderen Seite im parallel weiterlaufenden Tagesgeschäft wieder verloren, so besteht berechtigter Weise die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer langwierigen und ressourcenintensiven Transaktion. Auf der anderen Seite kann eine exzellente weitere Durchführung von Tagesgeschäft-Aktivitäten eine Hebelwirkung auf die durch die Transaktion erwarteten Zeitvorteile entfalten. So etwa bei der Zusammenführung von Vertriebskanälen, welche bei gleichzeitiger Optimierung der bestehenden Vertriebsprozesse eine durchschlagende Wirkung am Markt bewirken kann.
x
Know-how-Ziele: Know-how-Aneignung beziehungsweise -Transfer verlangt unter anderem auch die Verknüpfung mit bestehendem Wissen. So auch bei der Zusammenführung von Unternehmen, bei der das Tagesgeschäft von morgen eventuell abweichen wird von der Art und Weise, wie das Tagesgeschäft heute ausgeführt wird. Nur die intensive Vernetzung und parallele Bearbeitung von Projekt und Tagesgeschäft kann hier die gemeinsame Weiterentwicklung gewährleisten. Das Unterbleiben der regulären F&E-Aktivitäten während einer Transaktion kann ein Unternehmen beispielsweise gerade im High-TechBereich meilenweit zurückwerfen, auch wenn gleichzeitig neues Know-how angeeignet wird, das jedoch zu Beginn mit dem Bestehenden nicht vernetzt ist.
x
Marktzugang: ein wichtiges Ziel der Transaktion kann in der Gewinnung von Zugängen zu neuen Märkten bestehen. Das kann jedoch nur auf solider Basis funktionieren, nämlich wenn die bereits bearbeiteten Märkte „unter Kontrolle“ sind, also die Kunden entsprechend ihrer Erwartungen bedient werden. Geschieht dies nicht, entstehen beispielsweise höhere Wartezeiten für Kunden oder leidet die Qualität der Produkte beziehungsweise Dienstleistung auf Grund der beschriebenen Vernachlässigung des Tagesgeschäftes. Einer Ausweitung auf neue Märkte steht in diesem Fall ein Bröckeln der bestehenden Märkte gegenüber, was ungleich gefährlicher ist als die umgekehrte Situation: wie soll ein Unternehmen ohne solides Fundament in neuen, unter Umständen ungewissen Märkten Fuß fassen, wenn also gleichzeitig Kunden abwandern und Umsätze wegbrechen?
x
Kostenvorteile: brechen bedingt durch mangelnde Aktivität im Tagesgeschäft bestehende Umsätze ein und wandern Kunden ab, so lassen sich angestrebte Effekte im Bereich eco-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
197
nomies of scale oder economies of scope unter Umständen nicht mehr in dem ursprünglich geplanten Maß verwirklichen. Entsprechende Auswirkungen ergeben sich auf der Kostenseite des Unternehmens. x
Burden-/Risk-Sharing: der Risikoaspekt einer Vernachlässigung des Tagesgeschäftes manifestiert sich in der zunehmenden Gefahr von Umsatz- und Kundenverlusten. Es ist unzweifelhaft, dass Geschäftszugewinne aus der Perspektive eines akquirierenden Unternehmens in der Regel zuerst einmal mit höherem Risiko behaftet sind als das Risiko, welches dem bestehenden Stammgeschäft anhaftet, da die Kenntnis über das Neugeschäft oftmals unvollständig ist. Unternehmen, welche sich voll auf ein M&A-Projekt konzentrieren und dabei das bestehende Geschäft vernachlässigen, geben sicheres Geschäft zu Gunsten von mit höherer Unsicherheit behaftetem Neugeschäft auf, transferieren also relative Sicherheit in Risiko.
x
Wettbewerbswirkungen: der Vorstoß in neue Märkte, das Gewinnen von Marktanteilen zielt immer auf das Erreichen eines Wettbewerbsvorteils gegenüber der Konkurrenz ab. Das Vernachlässigen des operativen Tagesgeschäftes bewirkt genau das Gegenteil und bietet dem Wettbewerb Angriffsfläche, seinerseits Marktanteile aus dem Stammgeschäft zu gewinnen. Dies ist umso einfacher, als eine M&A-Transaktion in der Regel schnell im Markt bekannt ist und der Wettbewerb genau die Schwachpunkte seiner Mitstreiter kennt, die durch die Transaktion natürlicher Weise noch stärker ausgeprägt sein können. Erfolgsfaktor: Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Für eine hohe Marktorientierung ist die permanente Fokussierung auf Marketing und Vertrieb mit dem Ziel einer kontinuierlichen Erfüllung der Kundenbedürfnisse notwendig.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Für die Hebung der Synergien ist die Aufrechterhaltung des Grundgeschäftes essentiell, da nur so die bei der Planung gestellten Prämissen auch weiterhin gelten.
Abbildung 70: Wertsteigerung durch kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb
3.2.2.7.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Insgesamt ist eine Vielzahl von Faktoren aus dem Wertsteigerungsnetzwerk negativ betroffen, wenn die operative Geschäftstätigkeit nicht mit voller Energie weiter getrieben wird. Nun sind entsprechende Instrumente erforderlich, die eine abnehmende Performance im Tagesgeschäft anzeigen und so der Unternehmensführung das frühzeitige Einleiten von Gegensteue-
198
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
rungsmaßnahmen ermöglichen. Dabei kann zum einen das Ergebnis auf Basis des klassischen Controlling-Instrumentariums überwacht werden, gleich wie es auch ohne Durchführung einer Unternehmenstransaktion gemacht würde. Korrespondierende Kennzahlen bilden das gesamte Spektrum von Umsatz-/Ergebnis-, Kosten-, Zeit- bis hin zu Qualitätsmetriken ab. Die Botschaft lautet in diesem Zusammenhang, dass auf keinen Fall die bisher verwendeten Steuerungs- und Reportingsysteme mit den innewohnenden Instrumenten und Kennzahlen während einer Transaktion vernachlässigt werden dürfen. Vielmehr ist es wichtig, die zugrunde liegenden Daten noch eine Stufe genauer zu analysieren und nach Möglichkeit um Sondereffekte zu bereinigen sowie im Anschluss direkt Abweichungsanalysen einzuleiten. Nur so kann frühzeitig festgestellt werden, ob Kunden verloren gehen oder bedeutende Produkte in der Marktperformance leiden. Das sei anhand eines Beispiels für das Monitoring des EBIT verdeutlicht (vgl. Abbildung 71). Ein konsequentes Gegenüberstellen des ursprünglich geplanten Monatsumsatzes mit den erreichten Istwerten sowie dem durch die Transaktion beeinflussten Umsatz schafft so Transparenz bezüglich Abweichungen und ermöglicht schnelles Reagieren. EBIT in Mio. EUR
Heute
Spezifisch für Produkte, Produktgruppen, Regionen, Kunden etc.
RF-Umsatz ohne Transaktion IST-Umsatz RF-Umsatz mit Transaktion (bereinigt, beinhaltet Gegensteuerungsmaßnahmen)
Monat Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Juni
Abbildung 71: Tagesgeschäft-Monitoring (Beispiel)
3.2.2.7.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Das in vorangehender Abbildung gezeigte schematische Vorgehen stellt nur ein Beispiel von vielen dar. Prinzipiell sollten die Kennzahlen für das Monitoring des Tagesgeschäftes verwendet werden, die auch in der Vergangenheit für die Unternehmenssteuerung verwendet wurden und sich bewährt haben. Jeder Bereich, sei es Produktion, Vertrieb, Instandhaltung, Qualität oder andere, wird seine strategischen und operativen Steuerungskennzahlen weiter ermitteln und daraus die nächsten Handlungsschritte ableiten. In der Instandhaltung kann dies
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessstrategie
199
die Anzahl der durchgeführten Maßnahmen zur vorbeugenden Instandhaltung sein, welche auf die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit hindeutet. Oder in der Qualitätssicherung die Häufigkeit der Messungen von Produktspezifikationen. Schlussendlich ist eine Vielzahl von Kennzahlen denkbar, die individuell in jedem Bereich erfasst und analysiert werden müssen. An dieser Stelle soll bei den Kennzahlen zur Aufrechterhaltung der Geschäftsaktivität der Vertriebsaspekt in den Vordergrund gerückt werden. Hier findet der originäre Kundenkontakt statt und hier ist auch die höchste Unmittelbarkeit einer entsprechenden Vernachlässigung gegeben. Die Kennzahlen des wertorientierten Controlling können unter diesem Blickwinkel in zwei Cluster unterteilt werden. Zum einen in die eigentlichen Aktivitätsindices, die am Entstehungspunkt der Leistungserbringung messen. Hierunter fallen alle markt-, kunden-, angebotsund auftragsbedingten Kennzahlen. Sie bilden direkt die Aktivität der Vertriebsmannschaft ab. Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang: x
Anzahl Angebotserstellungen: wie viele Angebote werden von der Vertriebsmannschaft pro Tag/Woche/Monat/Jahr erstellt?
x
Angebotserfolg: wie viele der gestellten Angebote münden in einen tatsächlichen Kundenauftrag? Mit welchem zeitlichen Verzug?
x
Auftragseingang: wie viele Kundenaufträge werden in einem bestimmten Zeitabschnitt erteilt?
x
Marktanteil: kann durch die Akquisition ein überproportionaler Zugewinn an Marktanteilen erzielt werden?
x
Neukundenzahl: ist das neu geschaffene Unternehmen in der Lage, mehr Neukunden zu gewinnen als die ehemals getrennten Unternehmen zusammen?
x
Altkundenbestand: ist auf Grund der Akquisition eine Abwanderung von Altkunden zu erkennen?
x
Kundenzufriedenheit: zeigen Umfragen einen höheren Zufriedenheitsgrad bei den Kunden als vorher?
x
Anzahl Kundenkontakte: ist die Vertriebsmannschaft hoch motiviert und intensiviert sie die Kundenkontakte?
x
Zeitgrößen: werden Kundenanfragen schnell und direkt bearbeitet?
x
Funktionsbezogene Kennzahlen: wird die Geschäftstätigkeit in allen Funktionsbereichen aufrecht erhalten und intensiviert?
Zum anderen reflektieren die Ergebnisgrößen, welche Konsequenzen die Aktivitäten auf die Finanzkennzahlen haben. Maßgeblich sind hier in erster Linie Umsatz- und Ergebnisgrößen, aber auch die Inputseite in Form der Kostenentwicklung. In jedem Fall steht nach der Definition der Kennzahlen zur Geschäftstätigkeit deren Ausprägung im Vordergrund. Die Formel „1 + 1 = ?“ bringt das grundlegende Akquisitionsproblem
200
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
zum Ausdruck und stellt die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Transaktion. Nur wenn durch das Zusammengehen der Unternehmen beispielsweise die Umsatzentwicklung über der Summe der Entwicklung der Einzelumsätze jedes Unternehmens für sich liegt, kann die Akquisition positiv beurteilt werden. Auf der Ergebnisseite müssen die Akquisitionskosten überkompensiert werden, so dass beispielsweise auch eine entsprechende Vergütung des zusätzlichen Risikos gegeben ist. Neben dem reinen Monitoring der Kennzahlen ist es erforderlich, das Verhalten der Mitarbeiter mittels Motivations- und Incentivierungsmethoden an die Optimierung dieser Kennzahlen zu knüpfen. Ein Vertriebsmitarbeiter muss deshalb weiterhin genauso seine Verkaufszahlen im Ursprungsgeschäft erreichen, und darf während der Transaktion nicht vollends in Verhandlungen mit der Vertriebsmannschaft des zweiten Unternehmens versinken. Seine ursprünglichen Zielvereinbarungen sollten also im Wesentlichen erhalten bleiben, so dass er weiterhin starke Aktivitäten im Tagesgeschäft durchführt. Nachfolgende Tabelle zeigt eine Auswahl möglicher Kennzahlen, die zur Überwachung der kontinuierlichen Geschäftsaktivitäten dienen. Kennzahl/ Rechnungsziel Aktivitätsindices Anzahl Angebotserstellungen
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck
Beurteilung/ Kritische Würdigung
x Anzahl der gestellten Angebote an Kunden x Indikator für die Aktivität im Vertrieb x Anzahl Angebote, die zu einem Auftrag führen x Maßstab für die Angebotsqualität
x Sagt nichts über die tatsächlich erteilten Aufträge aus x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte x Aussage zur Qualität der Arbeit in der Vertriebsmannschaft
Auftragseingang
x Darstellung des Volumens für die eingehenden Kundenbestellungen x Frühindikator für Kundenabwanderungen beziehungsweise abwartende Haltung der Kunden
x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte
Marktanteil
x Anteil an einem bestimmten Markt x Indikator für die Aktivität im Vertrieb x Entwicklung der Anzahl neuer Kunden mit Umsatz-/ Ergebnisgenerierung
x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte
Angebotserfolg
Neukundenzahl
Altkundenbestand
x Anzeige von Kundenabwanderung während der Transaktion
Kundenzufriedenheit
x Frühindikator, der vor möglichen Kundenabwanderungen warnt x Messung der Qualität der Arbeit in der Vertriebsmannschaft
x Zeigt das Engagement des Vertriebs x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte x Indikator für mangelnde Aktivität im Vertrieb, sofern der Altkundenbestand abnimmt x Sinkende Kundenzufriedenheit ist oftmals ein Indikator für mangelnde Aktivität im Vertrieb
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz Anzahl Kundenkontakte
x Interaktion der Vertriebsmannschaft mit den Kunden
Zeitgrößen
x Aufrechterhalten der Reaktionsschnelligkeit insbesondere im Hinblick auf die Erfüllung der Kundenwünsche
Funktionsbezogene Kennzahlen, z.B. aus Instandhaltung, Qualitätssicherung oder Logistik
x Abweichungen in der Produkt-/ Dienstleistungsqualität während der Transaktion x Indikator für die Aktivität der Funktion
Ergebnisgrößen Ergebnis
Umsatz
Kosten
x Sicherstellung einer Werterzielung und eines positiven Ergebnisses
x Indikator für die laufenden Aktivitäten im Vertrieb x Prüfung, ob die Wachstumsziele erreicht werden x Ermittlung bis hinunter auf Ebene des Tagesumsatzes x Verfolgung der Kosten zur zielorientierten Steuerung x Monitoring der Synergierealisierung
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x Zu beschränken auf qualifizierte Kontaktpunkte x In Zusammenhang mit den Kennzahlen zur Angebotserstellung und zum Auftragseingang zu sehen x Differenzierung nach Produkten, Produktgruppen, Regionen, Kunden, Funktionen x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte x Aufrechterhaltung der Produkt-/ Dienstleistungsqualität für die Kunden x Differenzierung nach Produkten, Produktgruppen, Regionen, Kunden, Funktionen x Differenzierung nach Produkten, Produktgruppen, Regionen, Kunden, Funktionen x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte x Differenzierung nach Produkten, Produktgruppen, Regionen, Kunden, Funktionen x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte x Differenzierung nach Produkten, Produktgruppen, Regionen, Kunden, Funktionen x Abgleich mit prognostizierten KostenSynergiepotenzialen erforderlich x Zu bereinigen um akquisitionsbedingte Effekte
Tabelle 10: Kennzahlen zur kontinuierlichen Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb
3.3 3.3.1
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozesstransparenz
3.3.1.1 Das Wesen der Transparenz Transparenz über die entscheidungsrelevanten Tatbestände sowie deren Bezugsobjekte in einem Unternehmen ist eine der grundlegenden Voraussetzungen dafür, überhaupt effektive und effiziente Steuerungsmaßnahmen einleiten zu können. Nur wenn der Gegenstand des unternehmerischen Handelns klar beschrieben und definiert ist, kann mit Hilfe geeigneter
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Instrumente die Planung, Steuerung und Kontrolle erfolgen, deren erster Schritt immer in einer transparenten Darstellung des Ist-Zustandes beziehungsweise der Bezugsbasis besteht. HOFMANN sieht darüber hinaus in der Transparentmachung von Strukturen und Prozessen eine wesentliche Ursache für das Entstehen von handlungsrelevanten Emotionen und unterstellt ihr damit unmittelbare Handlungsrelevanz, die sowohl positiv beziehungsweise negativ aktivierend sowie deaktivierend ausfallen kann. (vgl. Hofmann 2008, S. 11 sowie S. 186). Als Resümee wird festgehalten, dass „… Informations-, Kontroll- und Personalführungssysteme auf ihre emotional-affektive Komponente hin zu prüfen, zu kombinieren und im Hinblick auf transparenzinduzierte Verhaltenswirkungen aufeinander abzustimmen“ (Hofmann 2008, S. 189) sind. Transparenz ist dabei immer untrennbar mit dem Vorhandensein von Informationen und deren Austausch verbunden: „Jeder Aufgabenträger benötigt für die Aufgabenerfüllung Informationen […] Je vielfältiger die Arbeitsteilung, je komplexer, unstrukturierter und veränderlicher die Aufgaben, desto größer sind die Ansprüche an die Bereitstellung der für die Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen.“ (Picot/Reichwald 1991, S. 245 f.). Somit können Information und Kommunikation als essentielle Bestandteile des menschlichen Daseins gesehen werden (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 65). Aus einer von WINTERSTEIN durchgeführten Studie geht hervor, dass insbesondere im Hinblick auf die untersuchte Gruppe der ausführenden Mitarbeiter das befürchtete „Information Overload“ nicht zu erwarten ist. Im Gegenteil führt die Verfügbarkeit von Informationen, die deutlich über die „genau richtige Menge“ hinausgehen, zu einem positiven Transparenzerleben (vgl. Winterstein 1996, S. 257). Die Formen der Transparenz sind dabei ebenso vielfältig wie die tagtäglich anfallenden Entscheidungen im Unternehmen und reichen von den vorgelagerten Prozessketten der Lieferanten- und Wareneingangsseite über die Strukturen und Prozesse des Unternehmens selbst bis hin zu den Kunden und Märkten, auf denen die Produkte abgesetzt werden. PICOT/REICHWALD/WIGAND heben die Bedeutung von Informationsvorsprüngen hervor, indem sie die unternehmerische Idee als „kreativen Brückenschlag“ zwischen den Informationssphären von Beschaffungs- und Absatzmärkten bezeichnen und die Unternehmensstrategie als Instrument zur Realisierung eines verbesserten Brückenschlags (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 33). Darüber hinaus bestehen vielfältige Themen im Controlling-, Finanz- und Bilanzbereich, als Beispiel seien an dieser Stelle nur die umfassenden steuerlichen Rahmenbedingungen sowie die dedizierten Systeme der Kalkulation genannt. Alle diese Informationen über zwei Unternehmen zu verdichten, ist im Rahmen von M&ATransaktionen die Aufgabe der Due Diligence, die auf Basis eines entsprechenden Gesamtbildes den gerechtfertigten Kaufpreis ableiten soll. Es soll nun nicht Gegenstand dieser Arbeit sein, die Vorgehensweisen bei der Ermittlung dieser kompletten Informationen zu diskutieren, das wurde an anderer Stelle bereits vielfach vollzogen (vgl. Pack 2005; Rödl 2002; Wirtz 2003, S. 185 ff.; Drukarczyk 1996). Vielmehr spielt in diesem Zusammenhang einer prozess-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
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orientierten Betrachtungsweise von M&A die Herstellung von Transparenz über die M&Aund die Unternehmensprozesse eine entscheidende Rolle, wie dies bereits in Abschnitt 3.1.4 angedeutet wurde. Dieser Fragestellung sei als neuem Aspekt im Vergleich zu den bestehenden Ansätzen dieses Kapitel zur M&A-Prozesstransparenz gewidmet. Prozesstransparenz im Zuge einer Unternehmenstransaktion bedeutet nunmehr nicht alleine Transparenz über die Prozesse, welche die eigentliche Transaktion abwickeln, sondern über alle Prozesse des Unternehmens, dessen integraler Bestandteil auch die M&A-Prozesse sind (vgl. Abschnitt 3.1.4). Nur wenn diese umfassende Form der Transparenz hergestellt ist, kann bereits zu Beginn in der Vorfeldphase eine fundierte Entscheidung über die Vor- und Nachteile des Zusammengehens bestimmter Unternehmen getroffen werden, je nachdem wie die einzelnen Prozesslandschaften ausgeprägt sind und welche Defizite darin lokalisiert werden können. Durch eine direkte Gegenüberstellung der einzelnen Prozessmodelle und einen Vergleich der korrespondierenden Kennzahlen ist auf diese Weise eine detaillierte Beurteilung möglich. Eine durchgängige Prozesstransparenz ist prinzipiell in allen Phasen des Prozessmanagements Grundlage für die zu treffenden Entscheidungen, also auch beispielsweise in der bereits betrachteten Phase der Prozessstrategie. Aus Gründen der notwendigen Strukturierung wurde im Rahmen dieser Arbeit allerdings zuerst die Prozessstrategie analysiert, um jetzt den wichtigen Schritt der Schaffung von Prozesstransparenz zu diskutieren. Insgesamt handelt es sich bei diesen beiden Phasen allerdings nicht um einen streng chronologischen Ablauf, sondern vielmehr um ein sich gegenseitig bedingendes und ergänzendes System mit bilateralen Informationsflüssen.
3.3.1.2 Konstitutive Elemente der M&A-Prozesstransparenz Das Herstellen von Prozesstransparenz bedeutet, alle relevanten qualitativen und quantitativen Informationen über das unternehmerische Prozessgefüge zu erarbeiten, so dass darauf basierend eine effektive und effiziente prozessbasierte Steuerung des Unternehmens möglich ist. Zu diesem Zwecke beinhaltet die Herstellung von Prozesstransparenz zwei Basisaufgaben, die gleichzeitig auch auf die betroffenen M&A-Prozesse hindeuten: x
Transparenz bedeutet in einem ersten Schritt, Informationen als „zweckorientiertes Wissen“ bezüglich der zu betrachtenden Prozesse zu sammeln und diese zum richtigen Zeitpunkt in der erforderlichen Qualität am geeigneten Ort bereitzustellen. Dabei handelt es sich sowohl um quantitative als auch qualitative Daten aus dem klassischen Informationsdreieck „Zeit, Kosten und Qualität“ (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 69). Der Informationsprozess nimmt seine Hauptaufgabe während der Due Diligence war, ihm kommt allerdings in allen Phasen eines M&A-Projektes eine bedeutende Unterstützungsfunktion zu: „Ein M&A-Projekt ist immer gleichzeitig ein Informationswettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen beziehungsweise zwischen den in ihrem Auftrag handelnden Personen. In
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
kaum einem anderen Bereich wird ähnlich deutlich, dass Informationen beziehungsweise Informationsvorsprünge einen entscheidenden Wert für die Realisierung der eigenen Ziele haben.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 156). x
Die Bereitstellung von Informationen alleine ist notwendig, jedoch nicht hinreichend für die erfolgreiche Durchführung von Unternehmenstransaktionen. Es ist vielmehr bedeutsam, wie diese Informationen Eingang in den Entscheidungsprozess der beteiligten Parteien finden. Von Transparenz soll deshalb an dieser Stelle gesprochen werden, wenn die Informationen für den Informationsempfänger unmittelbar für seine Entscheidung verwendbar sind, ihnen also neben einer reinen Entscheidungsrelevanz auch eine Entscheidungsdeterminanz zukommt. Letzteres ist in der Regel nur dann der Fall, wenn die vorhandenen Informationen strukturiert, verdichtet und letztendlich bewertet sind. KÜPPER rekurriert in diesem Zusammenhang auf die Zweckorientierung der Information und die daraus resultierende Forderung nach einer unmittelbaren Verwendbarkeit zum Lösen definierter Aufgaben (vgl. Küpper 2005, S. 127). PICOT/REICHWALD leiten als informationswirtschaftliche Grundaufgaben die Planungs- und Entscheidungsunterstützung, die Steuerungsunterstützung, die Kontrollunterstützung sowie die Dokumentation ab (vgl. Picot/Reichwald 1991, S. 247 ff.), woraus auch die Notwendigkeit einer Bewertungsfunktion ersichtlich wird. Die Wahrnehmung dieser wichtigen Aufgabe obliegt dem Bewertungsprozess, dessen zentrale Funktion in der Ermittlung des Unternehmenswertes als Kaufpreis für ein Transaktionsobjekt besteht.
Die beiden beschriebenen Aufgaben finden sich aus Sicht des Controlling im Führungsteilsystem Information wieder, das „… als Basissystem für alle anderen Führungsteilsysteme …“ (Küpper 2005, S. 127) auf Koordination von Informationsbedarf, Informationserzeugung und Informationsbereitstellung ausgerichtet ist. Während die diesbezüglichen Aufgaben des Controlling in der Vergangenheit vielfach rein im Denkrahmen des betrieblichen Rechnungswesen gesehen wurden, erweiterte sich das Spektrum im Zuge des Aufkommens eines strategischen Controlling auf Informationen aus der Unternehmensumwelt mit dem Ziel einer Identifizierung von Erfolgspotenzialen (vgl. Horváth 2003, S. 345). Die Instrumente, derer sich das Controlling zur Wahrnehmung der operativen und strategischen Aufgaben bedient, werden im Folgenden aufgegriffen und im Lichte der Anwendbarkeit bei M&A analysiert. Abbildung 72 fasst die konstitutiven Elemente der M&A-Prozesstransparenz aus Sicht einer M&A-Controlling zusammen: der M&A-Informationsprozess, der M&A-Bewertungsprozess sowie das Informationssystem des Controlling.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
205
Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Prozess Personal Motivation Incentivierung
Abbildung 72: Konstitutive Elemente der M&A-Prozesstransparenz
3.3.1.3 Vorgehen bei der Herstellung von Prozesstransparenz 3.3.1.3.1 Allgemeines Modell zur Information und Bewertung Informations- und Bewertungsprozess gehören zu den Unterstützungsprozessen des M&AProzesssystems. Ihre Leistung wird in allen Kern- sowie anderen Unterstützungsprozessen benötigt. So bildet die hier diskutierte Kernanforderung der Prozesstransparenz gleichfalls eine entscheidende Basis für die anderen M&A-Prozessmanagement-Phasen, sei es für eine prozessinduzierte Ableitung einer strategischen Stoßrichtung oder sei es für die Festlegung der Maßnahmen im Zuge der Prozessgestaltung auf einer fundierten Zahlenbasis. LUCKS/MECKL definieren für den Informationsprozess als einzige und zentrale Hauptaktivität die Due Diligence, da sich hier die Informationsanforderungen des M&A-Projektes konzentrieren (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 157). Dagegen ist der Bewertungsprozess nachgelagert mit der Grobbewertung des Unternehmens in der Vorfeldphase, der Detailbewertung während der Transaktionsphase sowie der endgültigen Festlegung des Kaufpreises im Zuge der Verhandlungen und der Umsetzungsverträge befasst. Eine detaillierte Auflistung der Randaktivitäten der beiden Prozesse soll an dieser Stelle auf Grund der Vielschichtigkeit unterbleiben. Stattdessen werden die konkreten Aktivitäten im Sinne der Anschaulichkeit direkt in Zusammenhang mit der Diskussion der einzelnen Erfolgsfaktoren herangezogen.
206
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Die Anforderungen an Informations- und Bewertungsprozess sind umfangreich und vielschichtig. Hinzu kommt die hohe Komplexität und Unstrukturiertheit des Daten- und Informationsaufkommens. Zur Bewältigung der definierten Aufgaben ist es deshalb erforderlich, dass sich die zugrunde liegenden Prozesse selbst durch Klarheit und Einfachheit auszeichnen. Der Aufbau des Informationsprozesses lässt sich zu diesem Zweck in die drei Hauptschritte Informationsbedarf, Informationserzeugung und Informationsbereitstellung gliedern, deren Durchführung unter dem Primat der Wirtschaftlichkeit erfolgt (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 189 ff.). Der Informationsbedarf leitet sich als Schnittmenge aus subjektivem und objektivem Informationsbedarf ab. Demgegenüber steht das tatsächlich verfügbare Informationsangebot, das gerade im Zuge von M&A hohen Einschränkungen unterworfen sein kann. Was letztendlich dann als Information nachgefragt wird, hängt von der individuellen Situation des Handelnden ab und kann sich noch einmal deutlich von dem unterscheiden, was tatsächlich notwendig beziehungsweise verfügbar ist (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 106). Es obliegt dem Informationsprozess, eine entsprechende Systematik bereitzustellen, so dass auch weniger erfahrene Mitarbeiter im Zuge einer Transaktion zielgerichtet daran mitarbeiten können. Ein wichtiges Element stellen in diesem Zusammenhang sicherlich Checklisten dar, die zumindest auf aggregierter Ebene beispielsweise für die Financial Due Diligence die typischerweise erforderlichen Daten und Kennzahlen auflisten und einen Anhaltspunkt für deren Ermittlung geben. Sie stehen dabei bereits an der Schwelle zur Informationserzeugung, nämlich der Frage, wie die als notwendig erachteten Informationen tatsächlich beschafft werden können. Gestaltet sich dieses Vorgehen im eigenen Unternehmen noch relativ unkompliziert, weitet sich die Lücke zwischen Informationsbedarf und -erzeugung im Hinblick auf Drittunternehmen in der Regel weiter auf. Im Zuge von Unternehmenstransaktionen kommt neben der Existenz der physischen Schnittstelle mit teilweise unterschiedlichen Definitionen bezüglich bestimmter Daten und Kennzahlen noch die Thematik der Vertraulichkeit hinzu. Insbesondere in der Vorfeldphase, wo noch nicht klar ist, ob die Transaktion tatsächlich zustande kommt, halten sich die Partner oftmals bedeckt bei der Weitergabe von Informationen und erschweren so die Durchführung von Informations- und Bewertungsprozess erheblich. Auf der anderen Seite ist der wirtschaftliche Schaden zu sehen, der dann entstehen könnte, wenn wichtige Wettbewerbsinformationen im Zuge einer dann nicht stattfindenden M&A-Transaktion an Externe gelangen. Die bestehende Gefahr kann teilweise dadurch umgangen werden, dass der Informations- und Bewertungsprozess zu Beginn an externe Beratungsunternehmen „outgesourct“ wird und so keine brisanten, wettbewerbsrelevanten Informationen zwischen den eigentlichen Transaktionspartnern fließen. Allerdings ergibt sich hieraus das Problem des Auseinanderfallens von Prozesseigentümer (Outsourcer) sowie Prozessverantwortlichem (Provider) und der damit in Zusammenhang stehenden Principal-Agent-Thematik (vgl. Austrup 2007, S. 17). Die Informationsbereitstellung schließlich befasst sich mit den Instrumenten und der Form, wie
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
207
die Informationen an die Empfänger gelangen. Nach WOLLNIK sind neben der Ebene der des Informationseinsatzes dabei insbesondere die Ebene der Informations- und Kommunikationssysteme sowie der Infrastrukturen der Informationsverarbeitung und Kommunikation mit in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. Wollnik 1988). Bei M&A-Transaktionen wird meist ein so genannter Data Room eingerichtet, zu dem die Vertreter der beteiligten Unternehmen Zutritt haben und Informationen über das jeweils andere Unternehmen erhalten können. Den Gesamtprozess als „Lebenszyklus für die Produktion von Informationen“ veranschaulicht nachfolgende Abbildung.
Passive Ressource
Informationsbenutzer
Umordnen, Reproduzieren
Instandhaltung, Pflege
Aktive Ressource Verteilen Information Produkt Dienst
Informationsressource Physischer Zugang Verifizieren
Entwickeln
Aufnehmen
Informationsquelle
Intellektueller Zugang
Sammeln Forschen
Abbildung 73: Lebenszyklusmodell für die Produktion von Informationen (Quelle: Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 108 in Anlehnung an Levitan 1982)
Der Übergang zum Bewertungsprozess geht aus der Abbildung bereits hervor und ist von hoher Bedeutung. Erst die bewertete Information kann als konkrete Entscheidungsgrundlage betrachtet werden. Spricht man in Zusammenhang mit Informationsprozessen von Bewertung, so sind zwei Bewertungskalküle voneinander zu trennen: x
Zum einen kann der Prozess der Informationsbedarfsermittlung, -erzeugung und -bereitstellung selbst im Hinblick auf die Ökonomie seiner Durchführung bewertet werden: „Der wirtschaftliche Wert von Information bestimmt sich aus der Gegenüberstellung des Nutzens der Information für Problemlösungs- und Entscheidungsprozesse und den Kosten für die erforderlichen Informationsbeschaffungs- und -produktionsaktivitäten“ (Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 109). Dementsprechend ist der optimale Informations-
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
stand dann erreicht, wenn der Grenznutzen eines weiteren Informationszuwachses geringer wird als die zusätzlich anfallenden Kosten der Ermittlung und Bereitstellung (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 109). x
Auf der anderen Seite wird die Information als Ergebnis bewertet, wie es beispielsweise im Rahmen der Kaufpreisermittlung von M&A erfolgt. Dieser Vorgang stellt den Inhalt des im Folgenden zu betrachtenden Bewertungsprozesses dar. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um das Thema der Due Diligence in allen Facetten. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse aus dem Bewertungsprozess steht und fällt dabei mit der Fragestellung, inwieweit es dem Käuferunternehmen gelingt, die bereits beschriebene Informationsasymmetrie zum Zielobjekt zu überwinden und alle relevanten Informationen in das Bewertungskalkül einfließen zu lassen. KUHNER/MALTRY bezeichnen in diesem Zusammenhang die Unternehmensbewertung als Bogenschlag „… von einer abstrakten Konzeptualisierung der ökonomischen Vorteile, die man sich von einem Unternehmenszusammenschluss verspricht, über deren materielle Implikationen, die ihren Niederschlag im geplanten Profil erwarteter Zahlungsüberschüsse finden, bis zu ihrer Verdichtung auf den einen Zahlenwert, der die Zahlungsbereitschaft des Erwerbers für sein Zielobjekt vergegenständlicht.“ (Kuhner/Maltry 2006, S. 28 f.).
Informations- und Bewertungsprozess sind somit als integrale Aktivitäten zu begreifen. Ihr Ergebnis besteht in einem bewerteten Informationsstand als Grundlage für die unternehmerischen Entscheidungen.
3.3.1.3.2 Grundlegende Überlegungen zum Vorgehen bei der Herstellung von Prozesstransparenz Viele Unternehmen sind bereits dazu übergegangen, den Prozessgedanken durchgehend in ihrer Organisation zu etablieren. Einen pragmatischen Ausgangspunkt bildet hierfür in der Regel die Herstellung von Prozesstransparenz vor dem Hintergrund der im Unternehmen verfolgten Prozessstrategie. Die Prozesstransparenz muss dazu auf verschiedenen Ebenen realisiert werden. Zum einen geht es darum, eine visuell-strukturelle Vorstellung der vorhandenen Prozesse zu bekommen, also den physischen Ablauf der Prozesse aufzuzeigen und die gegenseitigen Interdependenzen und Material- sowie Informationsflüsse zu berücksichtigen. In der vorliegenden Arbeit soll es allerdings nicht darum gehen, die einzelnen Prozesse im Sinne einer chronologischen Ablaufbeschreibung zu dokumentieren, wie sie beispielsweise durch Petri-Netze, das semantische Objektmodell (SOM) oder ARIS-Charts erfolgt (vgl. Volck 1997, S. 65 ff.). Vielmehr ist im Hinblick auf ein wertorientiertes M&A-Controlling eine prozessuale Erfassung erforderlich, die es ermöglicht, die einzelnen Prozesse im Unternehmen zu dokumentieren und für diese Prozesse Kennzahlen zu erfassen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
209
Auf der anderen Seite ist es erforderlich, die einzelnen Prozesse aus der Perspektive ihrer Performance zu beurteilen. Nur mit Hilfe von konkreten Aussagen über die Effektivität und die Effizienz von Prozessen können diese zielgerichtet im Sinne der Wertsteigerung gesteuert werden. Letztere Aufgabe wird in der Regel mit Hilfe von finanziellen sowie nichtfinanziellen Kennzahlen wahrgenommen und sollte durchaus an innerbetrieblichen oder unternehmensübergreifenden Benchmarks gespiegelt werden, die beispielsweise in Form einer Stärken-Schwächen-Analyse transparent gegenübergestellt werden können (vgl. Eckhoff 2006, S. 97 ff.). In den Abschnitten 3.3.1.3.3 sowie 3.3.1.3.4 werden die beiden Formen der Prozesstransparenz näher betrachtet und ihre zentralen Aufgaben bei M&A-Transaktionen herausgestellt. Schließlich kann von Prozesstransparenz auch erst dann gesprochen werden, wenn die gewonnenen Informationen nachhaltig dokumentiert und als Grundlage für nachfolgende Entscheidungen archiviert werden. Dieses weitere Verständnis soll auch den nachfolgenden Ausführungen zu Grunde liegen, wenn die Ansatzpunkte für das wertorientierte M&AControlling betrachtet werden. Im nun folgenden Abschnitt werden die zentralen ControllingInstrumente zur Herstellung von Prozesstransparenz beschrieben, differenziert nach den beiden Ausprägungsformen der Prozesstransparenz, der Transparenz über den Prozessablauf sowie der Transparenz über die Prozessperformance.
3.3.1.3.3 Transparenz über den Prozessablauf Die Transparenz über den Prozessablauf weist eine starke inhaltliche Verbindung zum Konzept der Wertkette nach PORTER auf (vgl. Porter 2000, S. 76 ff.), die VOLCK als das zentrale Instrument des Prozessmanagements und des prozessorientierten Controlling bezeichnet (vgl. Volck 1997, S. 3). Das ursprünglich für die Diagnose von Wettbewerbsvorteilen entworfene Konstrukt weist einen stark prozessualen Aufbau auf, allerdings auf einem sehr hohen Aggregationsniveau. Kennzeichnend ist die Unterteilung der ausgewiesenen Aktivitäten in primäre sowie unterstützende Aktivitäten, eine Einteilung, die sich so und in ähnlicher Form auch in vielen nachfolgenden Modellen zum Prozessmanagement wieder finden soll. PORTER definiert demnach: x
als primäre Aktivitäten die Eingangslogistik, die Operationen, die Ausgangslogistik, Marketing & Vertrieb sowie den Service beziehungsweise Kundendienst.
x
als unterstützende Aktivitäten die Unternehmensinfrastruktur, die Personalwirtschaft, die Technologieentwicklung sowie die Beschaffung.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
In Fortführung dieser Logik hat sich im Prozessmanagement vielfach eine Dreiteilung in Management-, Business- und Supportprozesse etabliert, die auch den nachfolgenden Ausführungen zugrunde liegt. Es hat sich bewährt, gemäß dieser Logik ein je nach Anforderungszweck mehr oder weniger komplexes Prozesshaus zu entwerfen, das alle betrachtungsrelevanten Prozesse enthält und diese in einem logischen Gesamtzusammenhang auf unterschiedlichen Aggregationsstufen darstellt. Ein Beispiel hierfür stellt das Referenz-Prozess-Haus der Siemens-AG dar, das in Abschnitt 3.1.4 bereits angesprochen wurde. Für den konkreten Einsatz im Rahmen eines durchgängigen Prozessmanagement-Systems und die Erfüllung aller damit in Zusammenhang stehenden Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen bedarf es allerdings einer deutlich tieferen Ausarbeitung als der bisher gezeigten Detaillierung. Grundsätzlich ist für jedes Unternehmen ein spezifisches, konkret auf die individuelle Wertschöpfungskette ausgelegtes Prozessmodell zu erarbeiten: für eine gezielte Prozesssteuerung reichen generische Informationen auf aggregierter Ebene nicht aus. Auf der anderen Seite darf bei der Erarbeitung des Prozessmodells nicht der Fehler der klassischen Prozesskostenrechnung begangen werden. Dabei wurden, beginnend auf der Ebene atomarer Einzelaktivitäten, Tätigkeiten erfasst, strukturiert und nach oben verdichtet, um zum eigentlichen Prozessmodell zu gelangen. Dieser Prozess war gekennzeichnet durch eine äußerst aufwändige und langwierige Erhebungsphase, deren Hauptaufgabe von der Beseitigung der auftretenden Inkonsistenzen auf Grund der parallel arbeitenden Einzelteams geprägt war. Darüber hinaus arbeitete man auf einem Detaillierungsgrad, der für die Ausarbeitung der wirklich großen Handlungsfelder nicht zielführend war. Es gibt eine Vielzahl von Beispielen in Unternehmen, in denen die anfänglich mit großer Euphorie gestarteten Projekte zur Prozesskostenrechnung im Gegensatz zur ursprünglich angedachten Philosophie eines laufenden Steuerungssystems zu Einmalprojekten mutierten und am Ende nicht zuletzt auf Grund des hohen permanenten Pflegeaufwands sowie mangelnder Aussagekraft der gewonnenen Zahlen wieder „beerdigt“ wurden. Neuere Entwicklungen drehen deshalb diese Bottom-up-getriebene Vorgehensweise um und starten stattdessen top-down mit einem so genannten Referenz-Prozessmodell, das anfangs noch relativ allgemein gehalten ist, aber im Zuge der Adaption und Spezifizierung mit Experten aus den relevanten Bereichen und Funktionen der jeweiligen Unternehmen einen pragmatischen Detaillierungsgrad erhält (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 58). In Abbildung 74 ist ein Beispiel für das entsprechende Prozessmodell eines Logistikdienstleisters abgebildet, das als Grundlage für die Herstellung der finanziellen und nicht-finanziellen Prozesstransparenz sowie für die Ausarbeitung der zentralen Handlungsfelder und Verbesserungsmaßnahmen dienen kann.
Logistikprojekte entwickeln und durchführen
Teileverlagerungen managen
Marktanalysen und Studien durchführen
Personal betreuen
Ware verpacken
Qualität managen
Infrastruktur bereitstellen und erhalten
Supportprozesse Rechnungswesen übernehmen
Kapazitäten steuern
Teile vermarkten
Kunden betreuen
Märkte steuern und umsetzen
Konzernübergr. Koordination vornehmen
Endkunden betreuen (CRM)
Abstimmung/Koordination vornehmen
Umwelt, Entsorgung und Gesundheit managen
Verpackungsmittel disponieren
Lager operativ planen
Logistikdienstleistungen erbringen Dienstleister betreuen & koordinieren
Intern und extern kommunizieren
Rückstände bearbeiten
Termine verfolgen
Vormaterial dispon. und Programm planen
Kundenaufträge kommissionieren und bereitstellen Kundenaufträge administrativ abwickeln
Teile lagern
Lagerservice bereitstellen (Behältermgt., etc)
Reklamationen bearbeiten
Distribution logistisch abwickeln Wareneingang abwickeln
Kundenaufträge versenden
Teile disponieren und bestellen
Verpackung definieren
Komplettierungen bearbeiten
Top-Teile steuern
Teile dispositiv abwickeln
Feldaktionen durchführen
Finanzplanung & Finanz-Controlling vornehmen
Lieferanten managen und monitoren
Sonderaufträge abwickeln
Teile einkaufen
Bestand managen
Streckengeschäft betreuen
Austauschabwicklung durchführen
Teile beschaffen und einkaufen
Businessprozesse
Managementprozesse
Neuteileanlauf managen
Prozess- und Informationsmanagement gewährleisten
Preise/ Konditionen festlegen Vertriebswege und Vermarktungsprog. entwickeln/betreuen Vertriebsstrategie u. -projekte entwickeln und steuern Förderung u. Kommunikation vornehmen
Produktanalyse und -maßnahmen planen
Logistikkosten optimieren
Vermarktungsplan/ Zielvereinbarungen entwickeln
Produkte definieren
Serienauslauf-/ Allzeitplanung durchführen Dispositionsverfahren entwickeln & betreuen
Teile logistisch planen
Markt u. Angeb. entwickeln
Produkte definieren
Strategische Planung & strategisches Controlling durchführen
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz 211
Abbildung 74: Beispiel für ein Prozessmodell eines Logistikzentrums für Ersatzteile (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 79)
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Während die ersten Prozessmodelle in den Unternehmen noch von Grund auf neu erarbeitet werden mussten, kann heute beim Start eines solchen Projektes auf eine Vielzahl existierender Prozessmodelle zurückgegriffen werden, die einen guten Ausgangspunkt bilden und für den individuellen Einzelfall spezifiziert werden. Darauf basierend startet man in der Regel in einem interdisziplinärem Expertenteam des jeweiligen Unternehmens, ergänzt das primäre Modell um Informationen aus existierenden Prozessbeschreibungen der Organisation und modelliert das finale Referenz-Prozess-Modell in gemeinsamen Team-Workshops (vgl. Becker/Deiwiks/Faust/Horzella/Thesling 2007, S. 771 ff.). Im Ergebnis liegt ein Prozessmodell auf einem pragmatischen Aggregationsniveau vor, mit dem sich alle Funktionsbereiche identifizieren. Bei der Erstellung eines entsprechenden Prozessmodells sind einige Grundprinzipien zu beachten (vgl. Seidenschwarz 2008, S. 25): x
Die Prozesse sind „vom Kunden zum Kunden“ zu modellieren.
x
Die Prozesse sind auf der gewählten Aggregationsebene vollständig abzubilden.
x
Für eine transparente Darstellung und eine höhere Aussagekraft sind unterschiedliche Prozessebenen zu modellieren. Die Anzahl der Ebenen hängt dabei vom spezifischen Anwendungsfall ab, in der Regel ist von drei bis fünf Ebenen auszugehen.
x
Zwischen den Prozessebenen sind die konkreten Zusammenhänge und Verbindungen zu beschreiben.
x
Die jeweils an den Prozessen beteiligten Funktionen und Bereiche müssen definiert und dokumentiert werden.
x
Eine Kategorisierung der Prozesse erhöht die Übersichtlichkeit. Eine häufige Einteilung erfolgt beispielsweise in Management-, Business- und Supportprozesse.
In der Regel werden die fertig gestellten Prozessmodelle in einer geeigneten Softwareumgebung abgebildet. Im Hinblick auf die nachgelagerten Anforderungen ist generell ein Produkt zu wählen, das auch eine prozessbezogene Kapazitäts- und Kostenerfassung in einfacher und übersichtlicher Form ermöglicht. Es ist zu bedenken, dass gerade die Kapazitätserfassung in Interaktion mit den jeweiligen Kostenstellen-Verantwortlichen und gegebenenfalls ihren Mitarbeitern erfolgt und unter der Prämisse einer schnellen Durchführung dieser KostenstellenInterviews das verwendete Softwaretool keinerlei Zusatzkomplexität generieren darf. Ein beispielhaft gewählter Aspekt aus den Kostenstellen-Interviews verdeutlicht diese Problematik. So hat das Projektteam gemeinsam das Prozessmodell erarbeitet, das je nach Größe des Untersuchungsbereiches mit einer mehr oder weniger umfangreichen Prozessstruktur aufwartet. Der Interviewpartner selbst wird dagegen oftmals im Gespräch zum ersten Mal mit diesem Modell konfrontiert und soll sogleich seine Kapazitäten und die seiner Mitarbeiter auf das ihm bis dato unbekannte Modell zuordnen. Die verwendete Software muss deshalb diesen
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
213
Einstieg durch Bereitstellung einer übersichtlichen Prozessstruktur vereinfachen und ein schnelles Umschalten zwischen verschiedenen Aggregationsstufen ermöglichen. Abbildung 75 zeigt noch einmal die wesentlichen Funktionen des Prozessmodells im Überblick. Für die auf diese Art und Weise ermittelten Unternehmensprozesse sind im nächsten Schritt finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen bezüglich der Prozessperformance zu ermitteln, die ein wertorientiertes M&A-Controlling ermöglichen. Das Referenz-Prozess-Modell … … basiert auf einer hierarchischen Prozess-Abbildung (Top-down) auf verschiedenen Leveln. … deckt alle im Untersuchungsbereich vorhandenen und relevanten Ist-Prozesse ab (Vollständigkeits-Prinzip). … berücksichtigt ein adäquates Aggregationsniveau (fundiert, aber nicht auf „Arbeitsanweisungs-Ebene“). … ist die Grundlage für die Ermittlung der Ressourcen-Inanspruchnahme und der Kosten pro Prozess. … entspringt einem reinen Prozess-Denken. … versucht nicht, das Organigramm abzubilden. … ist die Grundlage für die Kostenstellen-Interviews, indem die eingesetzten Ressourcen den Prozessen des Referenz-Modells zugeordnet werden. … sollte damit bereits vor den Interviews fundiert ausgearbeitet sein, so dass Anpassungen während der Interview-Phase auf ein Minimum begrenzt werden.
Abbildung 75: Eigenschaften und Funktionen des Referenz-Prozess-Modells (Quelle: Becker/Deiwiks/Faust/Horzella/Thesling 2007b, S. 47)
3.3.1.3.4 Transparenz über die Prozessperformance Neben der Visualisierung von Prozessstrukturen bedeutet Prozesstransparenz auch Klarheit über die mit einem Prozesssystem verbundenen quantitativen und qualitativen Metriken in Form von finanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen. Neben dem klassischen Dreiklang von Zeit, Kosten und Qualität spielen auch Dimensionen wie zum Beispiel Mengen oder Ergebnis eine wichtige Rolle für die Beurteilung der Prozessperformance. Bei den finanziellen Kennzahlen liegt, wie auch bereits bei der klassischen Prozesskostenrechnung (vgl. Wildemann 2001, S. 395), der Fokus auf der Gewinnung von Prozesskosteninformationen. Für die Prozesssteuerung sind entsprechende Kosteninformationen deshalb unentbehrlich, da eine Steuerung rein auf Basis nicht-finanzieller Kennzahlen zu einer Ineffizienz im Prozessablauf führen kann. Eine drastische zeitliche Optimierung eines Produktionsprozesses ist vielleicht mit Hilfe von zusätzlichen oder teureren Maschinen möglich, steht jedoch unter Umständen in keinem Verhältnis zu den dadurch verursachten Prozesskosten.
214
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Gleiches gilt auch für den Prozess der Due Diligence, die mit einer Heerschar von Prüfern sicherlich in kurzer Zeit auf extrem hohen Qualitätsniveau durchgeführt werden kann, die entsprechenden Kosten des Bewertungsprozesses übersteigen dabei aber eventuell das vertretbare Maß beispielsweise bei einer relativ kleinen Akquisition. Um die Prozesskosten zu ermitteln, empfiehlt sich das vierstufige Vorgehensmodell der Prozesskostenerhebung, das in Abbildung 76 überblicksartig dargestellt ist. Welche Prozesse laufen im Unternehmen ab? Wie sind die Prozesse strukturiert?
ProzessModell
Welche Zeitaufwände werden für die einzelnen Prozessschritte in welchen Kostenstellen aufgewendet?
KapazitätsErfassung
Welche Kosten fallen im Unternehmen an welchen Kostenstellen für welche Prozesse an?
KostenAnalyse
Welche Indikationen lassen sich aus den gewonnenen Kapazitäts- und Kostendaten gewinnen?
MJ €
MJ €
MJ
MJ €
MJ €
MJ €
MJ €
MJ €
MJ €
MJ €
Tiefenbohrung €
MJ €
MJ €
Auswertung
MJ €
MJ €
MJ €
MJ € MJ € MJ €
MJ € MJ € MJ €
MJ € MJ €
MJ € MJ €
MJ €
MJ € MJ €
MJ €
MJ € MJ €
MJ € MJ €
MJ €
MJ € MJ €
Abbildung 76: Vorgehen bei der Prozesskostenerhebung (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 31)
Am Anfang steht der Aufbau eines Referenz-Prozess-Modells, so wie es in Abschnitt 3.3.1.3.3 beschrieben wurde. Das in der Regel drei- bis fünfstufige Prozessmodell wird in einem geeigneten Softwaretool abgebildet, das eine einfache und schnelle Pflege der Prozessstrukturen sowie der zugehörigen quantitativen und qualitativen Daten ermöglicht. Die Verwendung einer leicht handhabbaren IT-Lösung hat sich, wie bereits weiter oben beschrieben, als Erfolgsfaktor bei der Durchführung entsprechender Projekte erwiesen, da der Zeitaufwand für die Pflege derartig umfangreicher Daten in Standardsoftwareprodukten wie Excel oder Access zwar machbar ist, jedoch einen erheblichen Zeitaufwand für Design, Pflege, Plausibilisierungen und Auswertungen verursacht. Ein wichtiger Faktor stellt dabei auch die aktuelle und schnelle Verfügbarkeit der erforderlichen Steuerungskennzahlen dar, die man mit dem entsprechenden Tool nach verschiedenen Dimensionen aggregieren und auswerten kann. Sobald die Prozessstrukturen erfasst und abgebildet sind, kann mit diesem Gerüst der zweite Schritt der Kapazitätserfassung angegangen werden. Dazu werden im Rahmen von Interviews auf Kostenstellen-Ebene die Verantwortlichen der jeweiligen Einheiten aufgefordert, die in ihrem Bereich zur Verfügung stehenden Mitarbeiterkapazitäten den vorab definierten Prozessen zuzuordnen. Diese Zuordnung sollte möglichst auf den tiefen Prozessleveln erfolgen, um
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
215
Verfügbare Kapazität / Verteilte Kapazität in MJ / Verteilte Kapazität in % Businessprozesse Aufträge abwickeln Kundenaufträge bearbeiten und betreuen Lieferabrufe / Kundenaufträge entgegennehmen Lieferfähigkeit prüfen und Termin bestätigen Aufträge abwickeln, steuern und verfolgen Fertigerzeugnisse versenden Transportmittel disponieren Verpackungsanweisung erstellen/ ausdrucken Kartonage herstellen & bereitstellen Etiketten erstellen Ware aus Lager entnehmen Teile verpacken Ware bereitstellen Ware verladen Sondertransporte managen Warenausgang verbuchen Fakturieren Rechnungen erstellen Forderungseingang überprüfen
zi ap a K
Le
Le
ve l1 ve l2 Le ve l Le 3 ve l4
tä t
in
M J
einen guten Detaillierungsgrad zu erhalten. Sollte allerdings eine derartige tiefe Zuordnung nicht möglich und nur durch pauschale Schlüsselung zu erreichen sein, so ist eine Zuordnung auf den höheren Leveln anzuraten, um Scheingenauigkeiten zu vermeiden. Die Kapazitätszuordnung gibt einen guten Überblick über die in den einzelnen Prozessen eingesetzten Ressourcen, ohne sich dabei aber in der hohen Komplexität der Vorgehensweise einer klassischen Prozesskostenrechnung zu verlieren. Im Ergebnis ist dann jeder Prozess mit den entsprechenden Zeitaufwänden bewertet.
21,50 21,50 21,50 4,00
16,50
1,00
21,50 0,00 0,00 0,00 0,50 1,50 2,00 0,00 1,50 2,00 2,00 0,00 5,00 2,00 1,00 2,00 0,50 0,50 0,00 0,50 0,50
Abbildung 77: Beispiel für eine Kapazitätszuordnung im Referenz-Prozess-Modell (Quelle: in Anlehnung an Seidenschwarz 2008, S. 208)
Auf Basis der Zeitstruktur erfolgt sodann in Schritt 3 die Ermittlung der Kosten für die einzelnen Prozesse. Dazu müssen die vorliegenden Kostenarten in vier Kategorien eingeteilt werden (vgl. Seidenschwarz 2008, S. 31 f.): x
Direkte Prozesskosten (Gemeinkosten im weiteren Sinn): die hierunter fallenden Kostenarten können einem Prozess des Referenz-Modells direkt zugeordnet werden. Dem Prozess „Ware verpacken“ in Abbildung 74 beispielsweise werden etwaige VerpackungsGemeinkosten zugerechnet. Eine Verteilung über das Zeitgerüst hätte hier Unschärfen und Verzerrungen zur Folge.
x
Indirekte Prozesskosten (Gemeinkosten im engeren Sinn): Kosten dieser Kategorie werden proportional anhand des ermittelten Kapazitätsgerüstes auf die Prozesse geschlüsselt. Ein typisches Beispiel hierfür bilden die Personalkosten, die nicht prozessspezifisch erfasst, sondern anteilig den einzelnen Prozessen zugerechnet werden.
216
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Einzelkosten: bei Prozesskosten handelt es sich um Gemeinkosten. Einzelkosten werden nicht in die Betrachtung mit einbezogen, sie spielen erst nachgelagert beispielsweise im Zuge einer prozessorientierten Produktkalkulation wieder eine Rolle.
x
Prozessneutrale Kosten: Diese Kosten werden ebenfalls im Rahmen der Prozesskostenerhebung nicht berücksichtigt, da sie beispielsweise nicht-operativer Art sind oder weil es sich um weiterverrechnete Umlagekosten handelt.
Die einzelnen Kostenarten werden nach der vorab beschriebenen Systematik auf die korrespondierenden Prozesse verrechnet und bilden zusammen mit den Kapazitätsinformationen ein umfassendes Kennzahlen-Bild zu den im Unternehmen ablaufenden Prozessen. Abbildung 78 beinhaltet einen exemplarischen Aufbau einer prozessbezogenen Auswertung für den Prozess „Prototypen erstellen“. Die Kennzahlen zu Kapazitäten und Kosten werden hier sowohl für die darüber liegenden Prozesse sowie für die Prozesse auf dem unmittelbar nachfolgenden Level 4 ausgewiesen. Darüber hinaus liefert die Darstellung zu der Prozessbeteiligung im mittleren Teil wertvolle Informationen über die an der Prozessdurchführung involvierten Kostenstellen und damit einen Anhaltspunkt zu den existierenden Schnittstellen. Prozessstruktur Gesamt
Geschäftsprozess
Prozessbeteiligung MJ Mio. € MJ Mio. €
Entwickeln
MJ Mio. €
Prototypen erstellen
MJ Mio. €
Kapazitäten und Kosten Kapazitäten davon indirekt/indirekt davon direkt/indirekt davon direkt/direkt
MJ MJ MJ MJ
Prozesskosten davon indirekt/indirekt davon direkt/indirekt davon direkt/direkt
Mio. € Mio. € Mio. € Mio. €
Teilprozesse Level 4
Kostenstelle 5 Kostenstelle 4 Kostenstelle 3
Summe: MJ
Kostenstelle 2 Kostenstelle 1 0,00
2,00
4,00
6,00
8,00
Kapazität in Mitarbeiterjahren
Konstruktions-Konzept in Prototyp überführen
MJ Mio. €
Betriebsmittel / Werkzeug beschaffen
MJ Mio. €
Prototypen-Material beschaffen
MJ Mio. €
Prototyp fertigen
MJ Mio. €
Prototyp optimieren
MJ Mio. €
Finanzielle Abwicklung / Controlling der Vormaterialien/Kaufteile
MJ Mio. €
10,00
Abbildung 78: Beispiel für eine prozessbezogene Auswertung (Quelle: in Anlehnung an Faust/Horzella 2008, S. 209)
Neben den Kapazitäts- und Kostendaten werden weitere, nicht-finanzielle Kennzahlen für die Prozessbeurteilung ermittelt. Diese hängen sehr stark von dem zugrunde liegenden Prozess ab und sind einzelfallspezifisch für den jeweiligen Anwendungsfall zu erheben. Nachfolgende Systematik gibt einen Überblick zu den möglichen Kennzahlenkategorien. Der Begriff „Untersuchungseinheit“ bezeichnet dabei und in Folge die jeweils betrachteten Unternehmen beziehungsweise ihre Teilbereiche, welche in die M&A-Transaktion eingebracht werden sollen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
Kategorie
Beschreibung
Umwelt
Unternehmensexterne Makrofaktoren, die als Rahmenbedingungen die Performance der Prozesse in den betrachteten Untersuchungseinheiten mittelbar beeinflussen.
Unternehmensumfeld
Entscheidungsfaktoren, die sich aus dem Zusammenwirken von betrachteten Untersuchungseinheiten und anderen Einheiten im jeweiligen Unternehmensverbund ableiten.
Untersuchungseinheiten
Entscheidungsfaktoren, deren unmittelbarer Einfluss auf die Prozess-Performance in den beteiligten Untersuchungseinheiten nicht direkt in Form von Prozesskosten ermittelt werden kann.
217
Fokus
Nichtfinanziell
Finanziell
Abbildung 79: Kategorien von Bewertungskriterien
Ausgehend von den Kategorien wird ein Bewertungszyklus gestartet, der im Idealfall von der sorgfältigen Definition der Einzelkriterien bis hin zur aufbereiteten Darstellung der Ergebnisse in Form eines übersichtlichen Bewertungscockpits reicht. Die konkreten Kriterien leiten sich wie bereits beschrieben aus dem situationsspezifischen Kontext der jeweiligen Transaktion ab und müssen eine direkte Verbindung zur Unternehmensstrategie aufweisen. Aus der Vielzahl der möglichen Bewertungskennzahlen sind in Schritt 1 die für die jeweilige Transaktion relevanten auszuwählen. Die Relevanz wird ihrerseits determiniert durch den strategischen Vorbau, der die Intention für das M&A-Vorhaben bestimmt. Eine Transaktion mit dem Ziel, die eigenen F&E-Aktivitäten zu stärken und entsprechendes Know-how zu akquirieren, wird naturgemäß einen Bewertungsschwerpunkt bei den korrespondierenden Prozessen des Product Lifecycle Management beinhalten. In Abbildung 80 sind exemplarisch einige Kennzahlen für die Prozesse des Product Lifecycle Managements gelistet, die eine Beurteilung der entsprechenden Prozessperformance ermöglichen sollen. Davon sind naturgemäß nicht alle für jedes F&E-fokussierte M&A-Vorhaben erforderlich. Im einen Fall beispielsweise ist eine überalterte Produktstruktur der Auslöser für entsprechende Akquisitionsüberlegungen, dementsprechend werden hier insbesondere Kennzahlen zum Verhältnis zwischen Alt- und Neuprodukten oder der Anteil der neuen Produkte am Umsatz eine Rolle spielen. Ein anderes Mal zielt das Vorhaben auf schnellere Umsetzung der Forschungsergebnisse in den Markt ab und bedarf so Kennzahlen wie beispielsweise Time-to-market oder die Dauer von F&E-Prozessen.
218
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Kundennutzen / Qualität
Ressourcenaufwand
Kosten und Preise
Standardisierung
Spez. Materialverbrauch
Selbstkosten, Preise
Zuverlässigkeit, Lebensdauer
Spez. Energieverbrauch
Prozesskosten, Projektkosten
Fehlerfreiheit, Performance
Personaleinsatz
F&E-Aufwand zu Umsatz
Zeitangaben
Produktivität
Wirtschaftlichlichkeit / Effizienz
Time to market
Umsatz je Entwickler
Rentabilität
Dauer von F&E-Prozessen
Ausstoß in Mengeneinheiten
Amortisationsdauer
Break-even-time
Auslastung
Kapitalwert
Umweltverträglichkeit Schadstoffemission Anfall von Abfallstoffen Wiederverwendbarkeit Wachstums-Kennzahlen Umsatzsteigerung neue Produkte F&E-Produktivitätssteigerung Kostensenkung
Mengen-Kennzahlen Anzahl Bauelemente / Varianten Anzahl Prozessschritte Anzahl Projekte Anteilskennzahlen Anteil neue Erzeugnisse am Umsatz / Gewinn Altersstruktur Produkte
Umsatz-Kennzahlen Umsatz gesamt Umsatz mit neuen Erzeugnissen
Qualitative Aussagen Individuelle Formgestaltung Mitarbeiterzufriedenheit Kundenzufriedenheit
Abbildung 80: Beispiel für Kennzahlen im Product Lifecycle Management
Die in Abbildung 80 beispielhaft gezeigten Kennzahlen sind analog prozessbezogen zu erheben. Die Beurteilung der Prozessperformance erfolgt auf Basis eines Benchmarks, der die aktuelle Kennzahlenausprägung im Vergleich zur Konkurrenz, einem Best-PracticeUnternehmen oder eigenen, im Optimalfall aus Kundenerwartungen abgeleiteten Erwartungen betrachtet. Abbildung 81 enthält ein Beispiel für die Darstellung der Prozessperformance. Insbesondere für die qualitativen Beurteilungskriterien ist eine Bewertung anhand des gezeigten Scoring-Rasters zu empfehlen, um eine weitestmögliche Objektivierung der ansonsten von subjektiven Einschätzungen geprägten Faktoren zu erreichen. Dabei wird zuerst eine Gewichtung des jeweiligen Kriteriums vorgenommen und dann der Ausprägungsgrad im vorliegenden Fall beurteilt. Bei geplanten M&A-Transaktionen ist der Benchmarking-Partner bereits a priori in Form des Zielunternehmens definiert. In diesem Fall lässt sich aus dem Diagramm und den ihm zugrunde liegenden Kennzahlen direkt eine Handlungsempfehlung für das weitere Vorgehen ablesen: x
Bei einem Beurteilungswert kleiner 0 weist das eigene Unternehmen eine ausgeprägte Schwäche im Vergleich zum Zielunternehmen aus. Handelt es sich bei dem entsprechenden Kriterium um eine Kernkompetenz oder zumindest um ein strategisch bedeutendes Thema, so ist darüber nachzudenken, durch eine Akquisition die entsprechenden Ressourcen zum Füllen der identifizierten Lücke beizubringen.
x
Bei einem Beurteilungswert gleich null ist die Vergleichsposition zwischen den beiden betrachteten Unternehmen indifferent. Es kann sich also weder das eine noch das andere Unternehmen durch die Akquisition in der Ressourcenposition besser stellen. Interessant erscheint das Zusammengehen dieser beiden Unternehmen in Bezug auf dieses spezielle
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
219
Kriterium allenfalls im Hinblick auf die Realisierung von economies of scale im korrespondierenden Themengebiet. x
Schlechter
Besser
als die Konkurrenten oder Referenzunternehmungen („best practices“) oder eigenen Vorstellungen
-2
-1
0
+1
+2
Gewichtete Punktezahl
Stufen der Wertschöpfung
Gewichtung: 1: unwichtig, 10: sehr wichtig
Weist das Raster hingegen einen Beurteilungswert größer 0 auf, so ist das eigene Unternehmen bei diesem Kriterium besser als das Vergleichsobjekt. Zumindest aus dieser Position heraus würde eine Akquisition des diesbezüglich schwächeren Unternehmens keinen Sinn machen, vielmehr würde man sich im Käuferunternehmen sogar durch die Akquisition schlechter stellen, da durch den Integrationsprozess voraussichtlich am Ende nur eine durchschnittliche Performance erreicht wird.
Führender Konkurrent oder „best practices“ oder eigene Vorstellungen
Der Beurteilung zugrunde liegende Kennzahlen (Beispiele)
Maßnahmen
Produktentwicklung
10
+20
Wir, zu beobachten A
Umsatz mit neuen Produkten
Kernkompetenz abschirmen
Projektierung / Konstruktion
8
+8
A, B beobachten
Durchlaufzeit
Selektive Verbesserungsmaßnahmen
Logistik
10
-20
Referenzunternehmung X
Servicegrad, Lieferzeit
Prioritätsstufe 1 für Auslagerung
Beschaffung Komponenten
10
-10
B, C, D
Anzahl Just-in-timeKomponenten
Prioritätsstufe 3 für In-/Outsourcing
Zusammenbau des Endproduktes
8
+16
Wir, zu beobachten C
Automatisierungsgrad
Kernkompetenz halten
Design
9
-18
A, E, F
Gewonnene Auszeichnungen
Prioritätsstufe 2 für Auslagerung
Entsorgung
8
0
…
Entsorgungskosten je Gewichtseinheit
…
…
…
…
…
…
…
Abbildung 81: Ermittlung der Prozessperformance auf Basis der Wertschöpfungskette (Quelle: in Anlehnung an Hinterhuber 2004, S. 263)
Gleichzeitig ist es empfehlenswert, die Prozessbewertung für drei verschiedene Zeitpunkte vorzunehmen: x
Eine Bewertung zum aktuellen Bewertungszeitpunkt t0 zeichnet die Situation c.p. ohne dass eine Transaktion durchgeführt wird. Dadurch kann ein Bild über das eigene Unternehmen gewonnen werden.
x
Die Bewertung einen Schritt in die Zukunft zum Zeitpunkt t1 bildet die Situation unmittelbar nach einer eventuellen Transaktion ab. Im gleichen Zeitraum würde sich das eigene Unternehmen allerdings auch c.p. weiterentwickeln, was durch ein optimiertes Szenario ausgedrückt wird.
220 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Eine Prognose für die Zukunft ist erforderlich, um den Entwicklungspfad der unterschiedlichen Alternativen gegeneinander abzuwägen und die langfristige Wirkung auf die Wertsteigerung abschätzen zu können.
Sind die beschriebenen Schritte abgeschlossen, ergibt sich ein aggregiertes Bewertungsbild wie in Abbildung 82 dargestellt. Im linken Teil sind exemplarisch die Bewertungskriterien und die zugehörige Bewertung für das ursprüngliche Unternehmen U1, das Bild nach einer möglichen Optimierung von U1 (U1 opt) sowie die neue Einheit aus den beiden Unternehmen U1 und U2 abgebildet, jeweils zum aktuellen Zeitpunkt t0. In der rechten Hälfte der Darstellung befindet sich im Überblick die Bewertung zu den Zeitpunkten t1 und t5 jeweils als ein verdichteter Scoringwert über alle Kriterien hinweg. . Bewertung U1 U1 opt U1 + U2
1
Bedeutung
1. Produktentwicklung
Scoring 2
3
4
5
Bsp. Alt t0
Alternativen 10%
0,1
1
U1 + U2
2
U1 opt
3
U1
= t1
= t5
2,9
3,6
2. Konstruktion
30%
0,6
3. Logistik
10%
0,1
4. Beschaffung Komp.
20%
0,4
5. Zusammenbau
10%
0,2
6. Design
10%
0,3
7. Entsorgung
10%
0,3
100%
Summe: 2,0
Anforderungsprofil
Je Alternative ergibt sich eine Bewertungskurve. Die Entwicklungstendenz bis zum Zeitpunkt t5 wird durch Pfeile angedeutet (dynamische Perspektive) und am Anforderungsprofil (gestrichelt) gespiegelt.
Der Gesamtscore verdichtet die Kriterienbewertung zu einem absolut vergleichbarem Wert für jede bewertete Alternative.
1,9
3,4
2,0
1
2
3
4
5
Abbildung 82: Nicht-finanzielles Bewertungscockpit
Die soeben beschriebenen Normstrategien müssen im Einzelnen sehr differenziert betrachtet werden. Keinesfalls darf das Bewertungsraster als Black Box fungieren, indem auf Basis der darin nun quantifizierten Bewertungskriterien unreflektiert Maßnahmenpläne abgeleitet werden. In der Praxis wird oftmals der Fehler gemacht, die ermittelten Scoringwerte aufzusummieren und die verdichtete Zahl als „bare Münze“ zu nehmen. Wie bei jedem Scoringmodell sind die Ergebnisse nach Abschluss der Bewertung sehr genau zu hinterfragen und in einen moderierten Entscheidungsprozess zu überführen. Das Modell bietet dabei einen sehr strukturierten Rahmen, das die notwendigen Bewertungsfelder systematisch aufbereitet und eine Entscheidungsgrundlage bereitstellt. In den beiden vorangehenden Abschnitten wurde gezeigt, wie auf relativ einfache und pragmatische Weise Transparenz über die in einem Unternehmen ablaufenden Prozesse geschaffen werden kann. Dazu wurden finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen vorgestellt und
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
221
erläutert, wie die wichtigen Prozesskosteninformationen mit der Methodik der Prozesskostenerhebung ermittelt werden können. Das Ergebnis, ein bewertetes Prozesshaus des jeweiligen Unternehmens, ist zentraler Input für ein wertorientiertes Controlling mit Fokus auf der Prozesstransparenz. Auf Basis einer derart fundierten Prozesstransparenz kann die Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit einer Akquisition des jeweils anderen Unternehmens getroffen werden. Kritiker können entgegnen, dass diese Art der Transparenz nicht zu erreichen ist, da entweder die Zeit für eine umfassende Prozessbewertung zu knapp ist oder die erforderlichen Daten grundsätzlich nicht zu Verfügung stehen. Dem kann entgegnet werden: x
Zeit ist in Bezug auf das angestrebte Ziel eine relative Größe. Führt man sich noch einmal die hohen Misserfolgsquoten von Unternehmenstransaktionen vor Augen und demgegenüber das enorme Wertsteigerungspotenzial, das in einer sorgsam vorbereiteten, intelligent gestalteten Transaktion verborgen ist, so lässt sich mancher dahinter stehende Aufwand rechtfertigen, um vorab eine umfassenden Transparenz als Entscheidungsgrundlage zu erreichen. Die Transaktion Daimler Benz / Chrysler gilt als ein Beispiel für enorme Wertvernichtung auf Grund des Scheiterns einer Akquisition. Kein Projekt zur Herstellung von Prozesstransparenz verursacht einen Kostenblock, der zu hoch wäre, um eine derartige Transaktion im Vorfeld abzusichern.
x
Die Verfügbarkeit der erforderlichen Prozessinformationen ist nicht anders zu beurteilen als die anderen im Rahmen einer Due Diligence zu ermittelnden Daten. Der pragmatische Ansatz der Prozesskostenerhebung, gepaart mit der in den letzten Jahren ohnehin zunehmenden Prozessorientierung in den Unternehmen, lassen in vielen Fällen eine schnelle und unkomplizierte Erreichbarkeit derartiger prozessbezogener Informationen induzieren.
x
Die Informationen, die bei dem oben beschriebenen Vorgehen gewonnen werden können, sind über den Transaktionsvorgang hinaus wertvoller Input für die nachfolgende Integrationsphase. Die Tatsache, dass das Scheitern vieler M&A-Projekte auf Defizite und Probleme in der Integration zurückzuführen ist, hat nach Ansicht des Verfassers auch eine Ursache in ungenügender Transparenz in der Vorfeldphase. Sei es, dass die Due Diligence allgemein zu rudimentär durchgeführt wird, oder sei es, dass gerade bei prozessbezogenen Informationen nicht die erforderliche Qualität für eine fundierte Entscheidung vorliegt. Viele Unternehmen betreiben heute aktiv ein Prozessmanagement und verzichten dann bei M&A-Transaktionen doch darauf, die Möglichkeiten und Grenzen einer Integration der eigenen Prozesse mit den Prozessen des Zielobjektes zu überprüfen. Wenn die Transaktion auf eine Wertsteigerung abzielt, die zumindest teilweise auf Prozessoptimierung zurückzuführen ist, so ist eine Transparenz über eben diese Prozesse eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg in der Integrationsphase.
Bleibt abschließend noch zu klären, wie sich die Verfügbarkeit einer umfassenden Prozesstransparenz einschließlich der ermittelten Kennzahlen im M&A-Prozess wertsteigernd aus-
222
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
wirkt. Dieser Fragestellung widmet sich der folgende Abschnitt, indem die bisherigen Erkenntnisse bezüglich der Prozesstransparenz mit den Inhalten der M&A-Balanced-Scorecard sowie den M&A-Prozessen verknüpft werden.
3.3.2
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&AControlling
3.3.2.1 Vorbemerkungen In den vorangehenden Abschnitten wurden Wege zur Herstellung von finanzieller und nichtfinanzieller Prozesstransparenz aufgezeigt. Die auf diesem Wege ermittelten Informationen sind die Eckpfeiler für alle weiterführenden Gestaltungs- und Steuerungsaufgaben und, an den Anfang der Prozessmanagement-Systematik gerichtet, für die Anpassung der zugrunde liegenden Strategie an sich verändernde Rahmenbedingungen. Die Servicefunktion der M&A-Prozesstransparenz lässt deutlich werden, dass sie kein Selbstzweck ist, sondern ein Wegbereiter der Wertsteigerung durch M&A. Gelingt es, das Thema Prozesstransparenz im Gesamtkontext der bereits entwickelten M&A-Balanced-Scorecard mit entsprechenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu den übergeordneten Werttreibern zu verankern, so kann das Wertsteigerungspotenzial auch direkt erkennbar gemacht werden. Im Hinblick auf das Thema Prozesstransparenz und die in diesem Zusammenhang in Abschnitt 3.2.2.2 skizzierten relevanten Themenfelder lassen in der M&A-Balanced-Scorecard vier Einträge als relevant aufscheinen: x
exzellente Due Diligence,
x
realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums,
x
unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater,
x
intensives Wissensmanagement und Informationsaustausch.
Der Begriff Prozesstransparenz bezeichnet in diesem Zusammenhang also sowohl die Herstellung einer solchen als auch den Austausch der relevanten Informationen: „Wissensmanagement wird zu einem Teil des strategischen Controlling. Wissen als sozialer Prozess vermehrt sich in dem Maß, wie es mit anderen geteilt wird.“ (Hinterhuber 2004, S. 266). Die Herstellung von Prozesstransparenz erfolgt, wie im vorangehenden Abschnitt unter anderem anhand der Prozesskostenerhebung gezeigt, durch die Gewinnung geeigneter Daten und Informationen bezüglich der zu Grunde liegenden Prozesse. Die dazu erforderlichen Aktivitäten werden primär durch den Bewertungsprozess abgewickelt, indem eine qualitative und quantitative Bewertung des unternehmerischen Prozessgefüges und seiner Bestandteile vorgenommen wird. Von Prozesstransparenz kann jedoch nur dann gesprochen werden, wenn
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
223
„… alle Informationen, die für die Entscheidungsfindung im M&A-Prozess wichtig sind, zum richtigen Zeitpunkt in der benötigten Qualität und an den richtigen Stellen zur Verfügung …“ (Lucks/Meckl 2002, S. 156) stehen, was ein entsprechendes Wissensmanagement bis hin zur Dokumentation der gewonnenen Erkenntnisse bedingt. Das ist die primäre Aufgabe des Informationsprozesses. Beide Prozesse zusammen, Bewertungs- und Informationsprozess, beinhalten somit die zentralen Aufgaben zur Herstellung von Prozesstransparenz.
3.3.2.2 Exzellente Due Diligence 3.3.2.2.1 Begriffsklärungen Die Due Diligence gehört zu den wichtigsten Aktivitäten im Vorfeld eines Deals (KPMG 2003). Das Beratungshaus OLIVER WYMAN zählt eine unvollständige Due Diligence zu den drei Hauptgründen, die zum Scheitern von Akquisitionen führen (vgl. Oliver Wyman 2007, S. 2). Dementsprechend bildet eine exzellente Due Diligence den ersten Treiber auf der finanziellen Perspektive. Die Erkenntnis bezüglich der wichtigen Rolle einer Due Diligence erscheint umso bedeutsamer, wenn man sich vor Augen führt, dass längst nicht bei allen Transaktionsprojekten eine entsprechende Due Diligence durchgeführt wird. Grundsätzlich ist dabei zwischen verschiedenen Formen zu unterscheiden (vgl. Heisse 2006, S. 71; Kranebitter 2002, S. 49 ff.; Brauner/Grillo 2002, S. 278 ff.): x
Strategische Due Diligence („Strategic“)
x
Wirtschaftliche Due Diligence („Business“)
x
Finanzielle Due Diligence („Financial“)
x
Rechtliche Due Diligence („Legal“)
x
Steuerliche Due Diligence („Tax“)
x
Organisatorische Due Diligence („Organizational“)
x
Mitarbeiter Due Diligence („Human Resources“)
x
Umwelt Due Diligence („Environment“)
x
Technische Due Diligence („Technical“)
x
Psychologische Due Diligence („Psychological“)
Im Kern geht es dabei bei allen Formen um die Gewinnung von detaillierten Informationen zum jeweiligen Themengebiet, um Einflussfaktoren zu identifizieren, die aktuell oder einen zu erwartenden Einfluss auf den Wert des Unternehmens und damit auf den anzusetzenden Kaufpreis beinhalten. Der Käufer eines anderen Unternehmens möchte sich auf diese Weise möglichst vor unangenehmen Überraschungen schützen, die nach Abschluss der Transaktion
224
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
zutage treten und einen negativen Einfluss auf den Unternehmenswert haben könnten. Ist dies der Fall, so wäre der bezahlte Kaufpreis für das andere Unternehmen aller Wahrscheinlichkeit nach zu hoch ausgefallen. Die Due Diligence stellt demnach ein Instrument dar, um in der „… von einem hohen Maß an Unsicherheit einerseits und einem starken Misstrauen andererseits“ (Pack 2005, S. 287) geprägten vorvertraglichem Verhandlungsstadium das Risiko einer Falschbewertung und damit fehlerhaften Ermittlung des Kaufpreises zu minimieren. Nicht zuletzt geht es in der Due Diligence auch darum, systematisch Synergien zu identifizieren und zu beurteilen, um diese dann im Zuge eines umfassenden Synergiemanagements in die Realisation zu überführen und dem Synergiecontrolling bereits die relevanten Eckdaten zu übergeben (vgl. Rockholtz 2002; Coenenberg/Biberacher 2004, S. 776 ff.). Aus Prozessperspektive sind im Rahmen der Due Diligence in erster Linie der Informationsprozess sowie der Bewertungsprozess betroffen. Ihnen obliegt die Beschaffung, Aufbereitung, Bewertung und Bereitstellung der relevanten Daten und Informationen. Dem Bewertungsprozess kommt ebenso wie dem Informations-, Kommunikations- und Controllingprozess eine unterstützende Funktion in allen Phasen des M&A-Prozesses zu. Seine Hauptaufgabe besteht in der Wertermittlung im Hinblick auf das (potenzielle) Kaufobjekt und dabei auch in der Quantifizierung der zentralen Größe „Wert“ (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 171 f.). So wird auch der Due Diligence die bedeutende Aufgabe zugerechnet, „… durch die Identifikation und Beurteilung von akquisitionsbedingten Wertsteigerungspotenzialen die elementare Informationsgrundlage für die sich anschließende Bewertung und Realisation dieser Potenziale …“ (Pack 2005, S. 290) zu generieren. Darüber hinaus soll der Bewertungsprozess auch den „Strategic Fit“ zwischen kaufenden und verkaufenden Unternehmen beurteilen sowie den Risikobeitrag der Transaktion zum Unternehmens-Gesamtrisiko abschätzen (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 13). Der ermittelte (subjektive) Unternehmenswert des Zielobjektes dient dabei in letzter Konsequenz als maßgeblicher Rahmenfaktor für die Festlegung der Preisobergrenze unter Berücksichtigung der Wertsteigerungspotenziale (vgl. Scholz 2000, S. 54; Weismüller 1997, S. 903), die im Sinne der Wertschaffung unter dem eigentlichen Unternehmenswert liegen muss (vgl. Rödl 2002, S. 70). GOMEZ/WEBER identifizieren in ihrem Preis-Methoden-Paket den „… Kaufpreis als Funktion von Beteiligungsumfang, Transaktionsstruktur, Zahlungsmodus, Gewährleistungen, Transaktions-Finanzierung, Steuerplanung und Rechnungslegung“ (Gomez/Weber 1989, S. 71) und verdeutlichen damit die Komplexität der Einflussfaktoren auf die Bewertung im Zuge der Kaufpreisermittlung, welche darüber hinaus maßgeblich von der Börsennotierung des Akquisiteurs und des Akquisitionsobjektes abhängt (vgl. Scholz 2000, S. 66 f.). SCHOLZ führt diese These auf die unterschiedliche Verfügbarkeit relevanter Bewertungsinformationen je nach Börsennotierung eines Unternehmens zurück und konstatiert bei Börsennotierung sowohl des Käufers als auch des Verkäufers eine mittlere bis starke Effizienz des Marktes für ganze Unternehmen (vgl. Scholz
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
225
2000, S. 66). Ein Markt ist dabei als effizient einzustufen, wenn er alle verfügbaren entscheidungsrelevanten Informationen reflektiert. Die Problematik einer sachlichen Bewertung und der Begründung einer rationalen Kaufpreisobergrenze zeigt sich insbesondere in Zusammenhang mit internationalen Mergers & Acquisitions. SCHOLZ stellt fest, dass „… internationale Akquisiteure häufig Preise bezahlen, die weit über jenen liegen, die ein nationaler Käufer für das gleiche Unternehmen zu zahlen bereit wäre“ (Scholz 2000, S. 2) und betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Transmissionsmechanismus zur Übersetzung des ermittelten Unternehmenswertes in einen Kauf(Grenz-)Preis (vgl. Scholz 2000, S. 329): „Von ausschlaggebender Bedeutung dafür, ob eine Unternehmung durch eine Übernahme ihren Wert steigern kann, ist die Höhe des Kaufpreises“ (Glaum/Hommel/Thomaschewski 2003, S. 839). Und weiter heißt es bei WEISMÜLLER: „Unter Berücksichtigung der Marktsituation verlagert sich das Problem von der Unternehmensbewertung hin zur Preisfindung“ (Weismüller 1997, S. 904). Darüber hinaus kann nicht von dem einen richtigen Kaufpreis eines Akquisitionsobjektes gesprochen werden, vielmehr hängt die Einschätzung des sinnvoller Weise zu zahlenden Kaufpreises unter anderem von der individuellen Risikoeinstellung der einzelnen Aktionärsgruppen ab und kann insofern nicht übergreifend objektiviert werden (vgl. vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 13). Schließlich bildet die Beurteilung der mit der Transaktion in Zusammenhang stehenden Risiken eine weitere zentrale Aufgabe des Bewertungsprozesses. WEISMÜLLER führt diesbezüglich eine Vielzahl akquisitionsbedingter Erwerbsrisiken auf und verweist auf eine flexible Kaufpreisgestaltung als Lösungsmöglichkeit, also der Kombination von einem festen Kaufpreisbestandteil und eines in Anhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung des Akquisitionsobjektes zeitlich nachgelagert zu zahlenden variablen Kaufpreisbestandteils (vgl. Weismüller 1997, S. 908). Die Herausforderungen für eine wertsteigernde Gestaltung des Bewertungsprozesses im Rahmen einer Unternehmenstransaktion lassen sich demzufolge folgendermaßen charakterisieren: x
Ermittlung eines rationalen Wertes beziehungsweise Grenzpreises für das Zielobjekt in Abhängigkeit von den individuellen Risiko-Nutzen-Funktionen der einzelnen Akteure in der heterogenen Aktionärs- beziehungsweise Anteilseignerklientel (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 13) sowie unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung GoU (vgl. Rödl 2002, S. 77 ff.),
x
Herstellung einer Interessenkongruenz zwischen Management und Eigentümern sowie Verankerung im Personalveränderungsprozess (vgl. Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 13 f.),
x
Bereitstellung von Kennzahlen zur Messung des Unternehmenswertes unter Einbeziehung der relevanten Einflussfaktoren,
226 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Sicherstellung einer schnellen Verfügbarkeit der relevanten Informationen: „Hohe Integrationsgeschwindigkeit setzt voraus, dass notwendige Daten und Informationen, welche für den weiteren Verlauf der Integration relevant sind, für die entscheidenden Mitarbeiter möglichst zeitnah und aktuell bereitstehen.“ (Schumann 2005, S. 114 f.).
Diese Aufgaben werden aus der Perspektive des Controlling vom Informationssystem wahrgenommen, das gemäß seiner Führungsunterstützungsfunktion „… die Bereitstellung von führungsrelevanten Informationen, die Aussagen zulassen über unternehmensexterne Ereignisse, unternehmensinterne Aktivitäten, Ergebnisse von Analysen sowie Ideen und Trends und die die Möglichkeit bieten, Einfluss auf das Unternehmensgeschehen zu nehmen, d.h. die es ermöglichen, Entscheidungen zu treffen.“ (Seidenschwarz 1992, S. 51) zum Ziel hat. In diesem Zusammenhang erscheint es notwendig, das bekannte Spektrum der Informationsbeschaffung um den prozessualen Aspekt zu erweitern, also eine prozessuale Due Diligence durchzuführen, deren zentrale Aufgabe in der Schaffung von Transparenz bezüglich der im Zielunternehmen ablaufenden Prozesse besteht. Aus Sicht des Verfassers ist das aus folgenden Gründen erforderlich: x
Das unternehmerische Geschehen wird, wie bereits mehrfach ausgeführt, zunehmend unter Prozessgesichtspunkten gesteuert. Eine Vernachlässigung dieses Aspektes, gerade bei der grundlegenden Analyse von Unternehmenszusammenschlüssen, ist nicht zu rechtfertigen.
x
Der Grad, in dem zwei Unternehmen zusammenpassen, wird in erheblichem Maß auch durch die Struktur ihrer Prozesse bestimmt. Bereits im Strategieplanungsprozess, lange vor der eigentlichen Due Diligence, ist deshalb eine gewisse Transparenz über die in beiden Unternehmen ablaufenden Prozesse erforderlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass in der neuen Einheit auch eine reibungslose Zusammenführung der ehemals getrennt ablaufenden Prozesse vollzogen werden kann. Analog der Produktportfolios beider Unternehmen kann so die Passgenauigkeit im Hinblick auf die bestehenden Prozesse überprüft und analysiert werden, „… welche wertschöpfenden Prozesse im Vergleich zur Konkurrenz Wettbewerbsvorteile darstellen.“ (Eckhoff 2006, S. 97).
x
Es reicht also demnach nicht aus, Prozesstransparenz im Käufer- oder im Verkäuferunternehmen zu erlangen, es muss vielmehr eine auf beiden Seiten bestehende, kompatible Prozesstransparenz hergestellt werden, um das Zusammenpassen der beiden Unternehmen beurteilen zu können. Eine auf beiden Seiten äquivalent angewendete Methodik ist dabei eine wichtige Voraussetzung.
x
Die Integrationsphase wird als häufiger Grund für den Misserfolg von Unternehmenstransaktionen genannt. Ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Integration ist jedoch ein tiefes Verständnis bezüglich der zu integrierenden Prozesse. Nur so kann beispielsweise die Best Practice identifiziert und als zukünftiger Standard im Unternehmen
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
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etabliert werden. Daneben bietet eine übergreifende Prozesstransparenz einen guten Überblick über die im Unternehmen bestehenden Schnittstellen und die zu erwartenden Schnittstellen im neu geschaffenen Verbund, die auf diese Weise schon von vornherein vergegenwärtigt und bei der Gestaltung der Integration berücksichtigt werden können. x
Die prozessuale Due Diligence stellt keinen „verlorenen“ Zusatzaufwand dar, die damit gewonnenen Informationen bilden vielmehr den Grundbaustein für die Integrationsgestaltung.
3.3.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber Die wertsteigernde Wirkung einer mit Hilfe der prozessualen Due Diligence hergestellten Prozesstransparenz kann folgendermaßen beschrieben werden: x
Alleine die Transparenz über den Prozessablauf ermöglicht es, in der Phase des Strategieplanungsprozesses die existierenden „Prozesshäuser“ der beteiligten Unternehmen nebeneinander zu legen und eine erste Einschätzung über den Grad der Konformität zu gewinnen. Konformität bedeutet dabei zweierlei. Zum einen lassen sich Lücken im Prozessgefüge, die bei einem Unternehmen erkennbar sind, durch eine gezielte Akquisition schließen. Beispielsweise kann so die im eigenen Unternehmen fehlende, strategisch bedeutende Vorproduktentwicklung angegliedert oder bisher von externen Unternehmen bereitgestellte, eigentlich den eigenen Kernkompetenzen zuzurechnenden IT-Leistungen unter eigener Regie weiterbetrieben werden. Zum anderen ist in bestimmten Prozessen von vorneherein ein bestimmter Harmoniegrad wünschenswert. Prozesse im Rechnungswesen beispielsweise können dann, wie auch als Erfolgsfaktor in der M&A-Balanced-Scorecard gefordert, schneller zusammengeführt und konsolidiert werden. Die Beantwortung der Frage, ob zwei Unternehmen aus strategischer Sicht überhaupt zusammenpassen, gehört zu den wichtigsten Themen im Rahmen von M&A-Überlegungen und determiniert grundlegend die Möglichkeiten für eine Wertschaffung. Der Werttreiber „Wirkungsdauer der Strategie“ wird durch die Auswahl eines geeigneten Unternehmens wirkungsvoll unterstützt. Folgt man Abbildung 56, so sind damit direkt die operationalen Werttreiber „Zeitvorteile“, „Know-how-Ziele“, „Marktzugang“, „Ressourcenvorteile“ und „Wettbewerbswirkungen“ sowie alle dahinter stehenden Prozesse verbunden, da sich hier die strategische Stoßrichtung in vor Ort messbaren Vorteilen manifestiert. Als Beispiel seien an diese Stelle die Know-how-Ziele herausgegriffen. Aus Abbildung 84 kann man erkennen, dass ein interessiertes Käuferunternehmen K, das bisher sehr stark in den kundenbezogenen CRM-Prozessen ist, bei sich Defizite in der F&E und den zugrunde liegenden PLMProzessen sieht. Unternehmen V scheint hier eine ideale Ergänzung zu sein, um auch in Zukunft innovative Produkte auf den Markt bringen zu können. Neben der klassischen, produktorientierten Sichtweise ermöglicht es die prozessuale Due Diligence, auch die
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Prozesse der F&E auf Passgenauigkeit zu prüfen, also neben dem „Was“ der Produktentwicklung auch das ebenso bedeutsame „Wie“ mit einzubeziehen. x
Die Herstellung von Prozesstransparenz ist gleichsam von Bedeutung für eine Reduktion von Gemeinkosten im Zuge der M&A-Transaktion und damit für die Erzielung von Kostenvorteilen. Die Gemeinkosten sind traditioneller Weise das Zielobjekt der klassischen Prozesskostenrechnung (vgl. Arnaout/Niemand/von Wagenheim 1997, S. 183 ff.). Dieses Instrument versucht, die durch die einzelnen Prozesse verursachten Prozesse zu ermitteln, indem ausgehend von einer Vielzahl komplexer Interviews auf Arbeitsebene im ersten Schritt die existierenden Aktivitäten im Unternehmen ermittelt und zu Teil- sowie Hauptprozessen Bottom-up verdichtet werden. Die Prozesskostenrechnung stellt gleichzeitig einen Lösungsversuch für die Tatsache dar, dass beim Gemeinkosten-Management „… die herkömmlichen Instrumente des Kostenmanagements weitgehend versagen“ (Niemand 1996, S. 23) und tragen dem Umstand Rechnung, dass „… trotz der wachsenden Bedeutung der Gemeinkosten kein geschlossenes System von Kostenbestimmungsfaktoren für die Kosten der Nichtproduktionsbereiche existiert.“ (Brede 1998, S. 35). Ein einfacherer und pragmatischer Ansatz zur Gewinnung von Prozesskosteninformationen wurde in Form der Prozesskostenerhebung bereits beschrieben. Mit diesen Informationen ist es möglich, gezielt auf den Werttreiber „Operating Profit Margin“ einzuwirken, indem der innewohnende Kostenblock gezielt optimiert und somit verringert wird. Die einzelnen dabei denkbaren Schritte werden im Abschnitt zur Prozessgestaltung näher betrachtet. Im Gegenzug darf der Aufwand für die Durchführung einer Due Diligence nicht außer Acht gelassen werden, die korrespondierenden Kosten sind als gegenläufiger Effekt zu berücksichtigen.
x
Transparenz über Prozesskosten heißt auch, die nun transparenten Kosten mit Zielwerten zu hinterlegen. Diese können aus Benchmarks abgeleitet sein oder eigenen, ehrgeizigen Vorstellungen entspringen. Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch eine Verknüpfung mit dem Ansatz des Target Costing: „Ausgehend von der Grundidee, dass durch eine retrograde Kostenfestsetzung die Kundenanforderungen in den Mittelpunkt einer wettbewerbsfähigen Produktpreisfindung gestellt werden, müssen auch Prozesse diesem Fokus unterzogen werden“ (Brede 1998, S. 121). Das bedeutet, eine Zielvorgabe für Prozesskosten wird aus den Marktgegebenheiten abgeleitet, also direkt aus der Zahlungsbereitschaft des Kunden für die hinter dem Prozess stehende (Dienst-)leistung. Bei den Servicedienstleistungen von Hard- und Softwareproduzenten wird diese Zahlungsbereitschaft des Kunden bereits erfolgreich abgeschöpft, indem für längere Serviceverträge auch höhere Gebühren verlangt werden und der Kunde, der beispielsweise einen 24-h-vor-Ort-Service benötigt, mehr bezahlen muss als ein Kunde, der den Rechner rein für private Zwecke einsetzt.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz x
229
Der Grad der erreichten Genauigkeit im Rahmen der Due Diligence hängt direkt mit einem weiteren Erfolgsfaktor der M&A-Balanced-Scorecard zusammen, dem proaktiven Risikomanagement. Die wertsteigernden Wirkungen werden in dem entsprechenden Abschnitt weiter unten beleuchtet. Erfolgsfaktor: Exzellente Due Diligence Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Eine excellente Due Diligence liefert die erforderlichen Informationen für eine realistische Einschätzung des Target.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Eine excellente Due Diligence liefert die erforderlichen Informationen, die Synergien sowie das Gemeinkostenpotenzial transparent darzustellen und zu priorisieren.
Proaktives Risikomanagement
Eine excellente Due Diligence hilft der Identifizierung von risikorelevanten Themen und deren Integration in ein proaktives Risikomanagement.
Abbildung 83: Wertsteigerung durch eine exzellente Due Diligence mit Prozessfokus
3.3.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Besteht Konsens, dass eine prozessuale Due Diligence erforderlich ist, so stellt sich die Frage nach den dafür geeigneten Instrumenten, die sich aus der Anforderung nach Prozesstransparenz ableiten. Eine entsprechende Methodik, welche diese beiden zentralen Transparenzen herstellen kann, wurde in Abschnitt 3.3.1.3 vorgestellt. An dieser Stelle kann somit festgehalten werden: eine exzellente Due Diligence hängt in erheblichem Maß von einer Erweiterung des Fokus um die Prozesssicht im Sinne einer prozessualen Due Diligence ab. Diese ProzessTransparenz ist entscheidende Grundlage für die Identifizierung von Wertsteigerungspotenzialen und wichtiges Ziel eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems. Die Prozessanalyse stellt ein zentrales Instrument dieses wertorientierten M&A-Controlling-Systems dar und liefert die finanziellen und nicht-finanziellen Kennzahlen für eine umfassende prozessbezogene Steuerung. Abbildung 84 verdeutlicht noch einmal schematisch das Vorgehen, indem aus den zugrunde liegenden Strategietypen je Unternehmen der Prozessfokus abgeleitet wird und vor dem Hintergrund der gemeinsamen strategischen Stoßrichtung aus den beiden Prozessmodellen ein gemeinsames Prozessmodell entwickelt wird. Dabei kommt es darauf an, ein konsequentes Best-Practice-Sharing zu betreiben und bei der Integration die beste Synergierealisierung sicherzustellen.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Unternehmen K
Unternehmen V
Strategietyp …
Strategietyp …
Operationale Excellenz
Kundenvertrautheit
Produktführerschaft
Operationale Excellenz
… bestimmt Prozessfokus … Produkt-/Dienstleistungseigenschaften 9
9
Service
Produktführerschaft
… bestimmt Prozessfokus …
Kundenbeziehungen
9
9
Kundenvertrautheit
Image
Bezieh.
Produkt-/Dienstleistungseigenschaften 9
9
Marke
… determiniert Prozessmodell …
Zeit
Kundenbeziehungen
Auswahl
Image
9
9
Marke
… determiniert Prozessmodell …
Managementprozesse
Managementprozesse
Strategische Planung & strategisches Controlling durchführen
Finanzplanung & Finanz-Controlling vornehmen
Strategische Planung & strategisches Controlling durchführen
Produkte entwickeln
Produktion planen
Beschaffen
Fertigen
Aufträge abwickeln Distribution
Änderungen managen
Forschung betreiben
Produktprogramm planen
Lieferanten managen
Kapazitäten glätten und managen
Transporte managen
Entwicklungen durchführen
Jahresbedarf planen
Bestell-Management
Aufträge planen und steuern
Fokus auf CRMProzessen
Finanzplanung & Finanz-Controlling vornehmen
Produkte entwickeln
Produktion planen
Beschaffen
Fertigen
Aufträge abwickeln Distribution
ProduktdatenManagement
Forschung betreiben
Produktprogramm planen
Lieferanten managen
Kapazitäten glätten und managen
Transporte managen
ProduktdatenManagement
FE-Lagerhaltung
Stücklistenänderung
Entwicklungen durchführen
Jahresbedarf planen
Bestell-Management
Aufträge planen und steuern
FE-Lagerhaltung
Stücklistenänderung
Entwicklung fertigungstechnisch mitgestalten
Entwicklung fertigungstechnisch mitgestalten
Fokus auf PLMProzessen
Änderungen managen
Kooperationen pflegen
Produktionssoll planen
Transporte managen
Produktionsversorgung
Warenausgang
Kooperationen pflegen
Produktionssoll planen
Transporte managen
Produktionsversorgung
Warenausgang
…
Wochenprogramm planen
Wareneingang
Rüsten
Retouren
Anlauf managen
…
Wochenprogramm planen
Wareneingang
Rüsten
Retouren
Anlauf managen
…
Tagesprogramm planen
Lagerhaltung RHB
Fertigen
Auftragsabwicklung
Auslauf managen
…
Tagesprogramm planen
Lagerhaltung RHB
Fertigen
Auftragsabwicklung
Auslauf managen
…
…
…
…
…
…
Materialfluss planen
…
…
„Process Fit“
Materialfluss planen
…
Supportprozesse Entwickeln
Personal betreuen
Instandhaltung
Qualität managen
Infrastruktur bereitstellen
Rechnungswesen
…
Supportprozesse Informationsmanagement
Umwelt & managen
KVP / Kaizen
Behälterversorgung
Entwickeln
Personal betreuen
Instandhaltung
Qualität managen
Infrastruktur bereitstellen
Rechnungswesen
Informationsmanagement
Umwelt & managen
KVP / Kaizen
Behälterversorgung
Integration Gemeinsames Prozessmodell Basierend auf der gemeinsamen strategische Stoßrichtung Komplementär oder additiv Best Practice Sharing und Synergienutzung
Abbildung 84: Beispiel zum Vorgehen bei der prozessualen Due Diligence
Im Idealfall lässt sich dann ein Bild skizzieren, das die Wertposition der unterschiedlichen Alternativen als Entscheidungsgrundlage übersichtlich zum Ausdruck bringt (vgl. Abbildung 85): 1. Ein definiertes Anforderungsprofil für die Wertsteigerung legt den Maßstab für die Beurteilung der einzelnen Alternativen. In der Regel beträgt das Anforderungsprofil mindestens die Summe der Einzel-Unternehmenswerte vor der Akquisition zuzüglich einer angemessenen Risikoprämie für das mit der Transaktion verbundene Risiko sowie der Vergütung der unvermeidbaren Reibungsverluste. 2. Das Käuferunternehmen U1 würde sich auch ohne Akquisition weiterentwickeln. Diese Veränderung ist ebenfalls in die Bewertung einzubeziehen, um das Szenario beim Unterlassen der Transaktion nicht aus den Augen zu verlieren. 3. Je nachdem, mit welchem Unternehmen U1 zusammengeht (U2 oder U3), ergeben sich unterschiedliche Ausprägungen im Unternehmenswert. 4. Für die Szenarien ist die Wertentwicklung in der Zukunft für einen festgelegten Zeitraum, beispielsweise in 5 Jahren zu t5, ebenfalls zu prognostizieren und mit abzubilden.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
231
Unternehmenswert
4 U1 + U3
U1 + U3
1
U1 + U2
3
AnforderungsProfil
U1 + U2
2
U1 optimiert
U1 optimiert
U1 Ausgangslage
t0
U1: Eigenes Unternehmen
t1
t5
BewertungsZeitpunkte
U2, U3: Mögliche Akquisitionsobjekte
Abbildung 85: M&A-Wertsteigerungs-Szenarien
Die über die prozessuale Due Diligence hinausgehenden Instrumente einer umfassenden Due Diligence wurden an anderer Stelle bereits vielfach diskutiert. Eine erneute Erläuterung erscheint deshalb an dieser Stelle nicht erforderlich. Stattdessen sollen abschließend noch die Kennzahlen betrachtet werden, mit deren Hilfe ein wertorientiertes Controlling im Hinblick auf die prozessuale Due Diligence gewährleistet werden kann.
3.3.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling An der Schnittstelle zwischen den auf strategischer Basis entworfenen Prozessmodellen der Einzelunternehmen sowie der integrierten Gesamt-Darstellung der zukünftigen Prozesslandschaft stehen finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen zur Beurteilung der Prozessperformance. Sie bilden die Indikatoren, auf deren Grundlage über die konkrete prozessuale Zusammenführung entschieden wird: x
Herstellung finanzieller Prozesstransparenz: es sind Aussagen darüber erforderlich, welche finanziellen Mittel für die Durchführung der Prozesse notwendig sind. Eine besondere Bedeutung kommt dabei auch der Prozesskostentransparenz zu. Nur so ist zu erkennen, welche Prozesse die größten Kostentreiber darstellen. Darauf basierend ist es möglich, ein verbessertes Gemeinkostencontrolling umzusetzen, eine verursachungsgerechte Kalkulation aufzubauen, Benchmarks durchzuführen und Optimierungsmaßnahmen einzuleiten.
232 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Herstellung nicht-finanzieller Prozesstransparenz: neben den monetären Aussagen zu den mit der Prozessdurchführung in Zusammenhang stehenden Ressourcen bedarf es darüber hinaus nicht-finanzieller Metriken beispielsweise aus den Themengebieten Zeit und Qualität. Darauf richten sich in vielen Fällen die Kundenanforderungen, weshalb zur Erreichung von Kundenzufriedenheit und -begeisterung ein besonderes Augenmerk auf diesen Kennzahlen liegen muss.
Die prozessuale Due Diligence soll zuallererst Informationen zu den betrachteten Unternehmensprozessen liefern. Geht man von einer einheitlichen Strukturierung der Prozesse in den beteiligten Unternehmen aus, die mit Hilfe des vorab beschriebenen Instrumentes der Herstellung von Prozesstransparenz erreicht werden kann, muss zwischen zwei Prozesskategorien unterschieden werden: x
Prozesse, die in gleicher beziehungsweise ähnlicher Form bei allen Partnerunternehmen vorkommen. Hier geht es darum, die bestehenden Prozesse einem Vergleich zu unterziehen und im Sinne eines Best Practice Sharings die optimale Zusammenführung zu gewährleisten. Wichtig Kenngrößen beziehen sich dabei auf die jeweilige Prozessperformance in Form von Zeit-, Kosten- und Qualitätskennzahlen, auf deren Basis der „beste“ Prozess identifiziert und implementiert werden kann. Ein gutes Instrument stellt in diesem Zusammenhang die von AHLRICHS/KNUPPERTZ propagierte qualitative Bewertung von Prozesskompetenzen dar, welche für zentrale Prozesse sowie differenziert nach Teilprozessen, Geschäftseinheiten, Wettbewerb und Regionen eine systematische Gegenüberstellung der eigenen Kompetenzen im Vergleich zum Partnerunternehmen vollzieht (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 92).
x
Prozesse, die bisher nur in einem Unternehmen ablaufen. Das kann einerseits dadurch bedingt sein, dass die entsprechende Prozessleistung im anderen Unternehmen bisher nicht erforderlich war. Auf der anderen Seite kann es sein, dass gerade diese Prozessleistung von hoher Bedeutung ist und die M&A-Transaktion ein Mittel ist, um sich des Wissens oder der Ressourcen für die Durchführung dieses spezifischen Prozesses zu bemächtigen. Wie im vorangehenden Fall sind auch hier Metriken im Fokus, welche dem potenziellen Käufer die Prozessperformance aufzeigen und ihm Einblick ermöglichen, welcher Aufwand und welches Ergebnis für ihn bei der Übernahme zu erwarten sind.
Den Ausgangspunkt bildet der jeweilige Prozessoutput, also die eigentliche Leistung, die mit dem entsprechenden Prozess erbracht wird. Welche Analyseebene dabei angewendet wird, d..h. auf welcher Eben der Tiefengliederung man die Metriken ermittelt, wird in erster Linie vom strategischen Fokus determiniert. Stellt für ein Unternehmen beispielsweise die Innovationsfähigkeit eine entscheidende Rolle, so kann eine interessierende Größe etwa in der Anzahl neuer Patente pro Jahr bestehen. Diese Größe wird ihrerseits unmittelbaren Einfluss auf den finanziellen Umsatz mit Neuprodukten pro Jahr haben.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
233
Der Prozessoutput „Anzahl Innovationen“ wird über den Einsatz einer bestimmten Anzahl qualifizierter Entwickler als mögliche Kennzahl des Prozessinputs erreicht. Der Input ist dabei einerseits nicht-finanziell in Form der Entwickleranzahl, als auch finanziell in Form des dahinter stehenden Kostenvolumens abbildbar. Beide Kennzahlenkategorien lassen sich im nächsten Schritt zu Verhältniszahlen kombinieren: ܲ ݐ¡ݐ݅ݒ݅ݐ݇ݑ݀ݎݏݏ݁ݖݎൌ
ܲݐݑݐݑݏݏ݁ݖݎ ܲݐݑ݊݅ݏݏ݁ݖݎ
und im vorgestellten Beispiel: ܲ ݏݏ݁ݖݎݏ݃݊ݑ݈݇ܿ݅ݓݐ݊ܧݐ¡ݐ݅ݒ݅ݐ݇ݑ݀ݎൌ
ݎ݄ܽܬݎ݁ݐ݊݁ݐܽܲݎ݁ݑ݈݄݁݊ܽݖ݊ܣ ݎ݈݁݇ܿ݅ݓݐ݊ܧ݈݄ܽݖ݊ܣ
beziehungsweise in finanzieller Darstellung: ܲ ݏݏ݁ݖݎݏ݃݊ݑ݈݇ܿ݅ݓݐ݊ܧݐ¡ݐ݅ݒ݅ݐ݇ݑ݀ݎൌ
ܷ݉ݎ݄ܽܬݎ݊݁ݐ݇ݑ݀ݎܲ݊݁ݑ݁݊ݐ݅݉ݖݐܽݏ ݊݁ݐݏ݇ݏ݃݊ݑ݈݇ܿ݅ݓݐ݊ܧ
Die Verhältniszahlen ermöglichen Vergleiche mit dem jeweils anderen Unternehmen und geben Anhaltspunkte zum Best Practice Sharing im Zuge der Integrationsphase. Eine Sonderrolle spielen in diesem Zusammenhang die Prozesskosten, welche beispielsweise über die reinen Personalkosten für die Entwickler hinaus die gesamten Kosten für die Durchführung des Entwicklungsprozesses beinhalten. Darunter fallen etwa auch die in Zusammenhang mit der Prozessdurchführung anfallenden Sachgemeinkosten. Für die Prozesssteuerung sind entsprechende Kosteninformationen deshalb unentbehrlich, da eine Steuerung rein auf Basis nicht-finanzieller Kennzahlen zu einer Ineffizienz im Prozessablauf führen kann. Gleichzeitig können mit derartigen, auf Prozess-Referenz-Modellen basierenden Methoden auch die Prozesskapazitäten als eine Ausprägung des Prozessinputs ermittelt werden, so dass eine geeignete Größe für die Prozesssteuerung abgeleitet werden kann: ܲ ݐ¡ݐ݅ݒ݅ݐ݇ݑ݀ݎݏݏ݁ݖݎൌ
݂݅݊ܽ݊ݐݑݐݑݏݏ݁ݖݎܲݎ݁ݐ݁ݐݎ݁ݓܾ݈݈݁݁݅ݖ ܲ݊݁ݐݏ݇ݏݏ݁ݖݎ
Flankierend hierzu spielen die Kennzahlen der Prozessqualität eine bedeutende Rolle. Anknüpfend an dem vorab diskutierten Beispiel aus dem Innovationsprozess lässt sich dessen Qualität über eine Vielzahl möglicher Einflussgrößen charakterisieren, angefangen bei der Budgetüberschreitung einzelner Projekte über die Anzahl eingestellter Entwicklungsprojekte bis hin zu durch die Entwicklung verursachten Feldproblemen beim Einsatz des Produktes beim Kunden. An letzterem Fall wird gleichzeitig auch eine Problematik in Zusammenhang mit dem Prozessinput deutlich, da die durch einen Qualitätsproblem beim Kunden auftretenden Schäden und Folgekosten dem Prinzip der Verursachungsgerechtigkeit dem Entwicklungsprozess als Kosten angelastet werden müssten, sofern der Entwicklungsprozess eindeutig als Verursacher hervorgeht. Nachfolgende Tabelle fasst die diskutierten Kennzahlen zusammen und enthält eine kurze Beurteilung der einzelnen Metriken.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Kennzahl/ Rechnungsziel Prozessoutput
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Messung der definierten Leistung des Prozesses je Zeitabschnitt, z.B. Mengen in Stück x Prozess-Leistungsfähigkeit x Performancevergleich ähnlicher Prozesse in den beteiligten Unternehmen
Prozesskapazitäten (insbesondere auch in Bezug zum Prozessoutput)
x Wie viele Mitarbeiter sind an der Prozessdurchführung beteiligt? x Bestehen Einsparungspotenziale bei der Zusammenführung? x Liegen die Werte im Benchmark? x Welche Kosten fallen für die Prozessdurchführung an? x Bestehen Einsparungspotenziale bei der Zusammenführung? x Liegen die Werte im Benchmark? x Können die entsprechenden Prozessleistungen günstiger vom Markt bezogen werden? x Dauer der Prozessdurchführung? x Bestehen Einsparungspotenziale beziehungsweise Ansätze zum BestPractice-Sharing? x Liegen die Werte im Benchmark?
Prozesskosten (insbesondere auch in Bezug zum Prozessoutput)
Prozesszeiten (insbesondere auch in Bezug zum Prozessoutput)
Prozessproduktivität
Prozessqualitäten
Prozessbenchmarks zwischen den beteiligten Unternehmen
Dauer der Due Diligence
x Verhältnis von Prozessoutput und -input x Wettbewerbsvergleich x Verschiedene, prozessabhängige Größen zur Prozessqualität, z.B. Ausbeute, Fehlerrate, Ausschuss, Prozessschwankung etc. x Liegen die Werte im Benchmark? x Bestehen Ansätze zum BestPractice-Sharing? x Welches Unternehmen bildet den Best Practice bei ausgewählten Prozessen?
x Zeitdauer, in welcher erhebliche Kapazitäten für die Datenerhebung und -analyse gebunden sind
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Schwierig bei indirekten Prozessen x Spiegelung an Zielwerten x In Zusammenhang mit den korrespondierenden Positionen Zeit, Kosten und Qualität zu sehen x Bereinigung um Sonderpositionen erforderlich x Spezifische Betrachtung der Mitarbeiter erforderlich, z.B. Unterscheidung in gelerntes/ungelerntes Personal x Prozessbezogene Erfassung der Kapazitäten erforderlich x Eine der zentralen Metriken für die Prozessbeurteilung x Grundlage für die Weiterverrechnung beziehungsweise Umlage von Kosten nach dem Verursachungsprinzip x Zielvorgaben sind mit korrespondierenden (prozessorientierten) Verantwortlichkeiten zu koppeln x Best-Practice-Sharing während der Transaktion x Zeiten, Kosten und Qualität sind integriert zu betrachten x Idealerweise kann der Prozessinput in Form der Prozesskosten abgegriffen werden x Es ist darauf zu achten, dass während der Transaktion Produkt- und Dienstleistungsqualität nicht leiden x Best-Practice-Sharing während der Transaktion x Zeiten, Kosten und Qualität sind integriert zu betrachten x Ausgangspunkt für Prozesszusammenführung und -optimierung x z.B. Prozesskosten der Kundenbetreuung, der Instandhaltung, der Qualitätssicherung x Zum einen muss genügen Zeit für die Erhebung und Verarbeitung der Informationen zur Verfügung stehen, zum anderen ist eine schnelle, effektive und effiziente Abwicklung anzustreben
Tabelle 11: Kennzahlen einer exzellenten Due Diligence mit Prozessfokus
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
235
3.3.2.3 Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums 3.3.2.3.1 Begriffsklärungen Die realistische Einschätzung des Targets ist ein wesentliches Ziel in Verbindung mit dem vorab beschriebenen Erfolgsfaktor der Durchführung einer exzellenten Due Diligence. Letztere stellt das Instrument dar, mit dessen Hilfe eine Überbewertung von Synergiepotenzialen und damit eine überhöhte Abschätzung des Kaufpreises vermieden werden soll (vgl. Pack 2005, S. 287). Überoptimistische Einschätzungen gehören nach WILDEMANN neben einem unzureichenden Planungsprozess sowie personellen, kulturellen und organisatorischen Integrationsproblemen zu den drei Haupt-Defizit-Feldern, die zur Gesamtheit der Integrationsproblematik führen (vgl. Wildemann 2008, S. 9). Trotzdem ist eine Unterscheidung vorzunehmen zwischen den Inhalten der Due Diligence und den Inhalten der Unternehmensbewertung (vgl. Pack 2005, S. 315 ff.): die Due Diligence kann als wesentlicher Informationslieferant für die Bewertung an sich gesehen werden, die grundsätzlich nach verschiedenen Grundsätzen und Methoden erfolgt (vgl. Abbildung 86). Oder, in den Worten von KLEIN/JONAS: die Due Diligence bildet eine Vorstufe zu einer analytischen Bewertung (vgl. Klein/ Jonas 2002, S. 190). Bewertungsverfahren
Wertkonzeptionen
Bewertungsgrundlage
Gesamtbewertungsverfahren Ertragswert
DCF
Zukünftige Erfolge
Einzelbewertungsverfahren Liquidationswert
Reproduktionswert
Vorhandene Substanz
Mischverfahren
Überschlagsrechnung
Substanz- und Ertragswertkomponenten
Vergleichs-“Wert“
Mischgrößen
Historische Kaufpreise
Abbildung 86: Wertkonzeptionen und Bewertungsverfahren (Quelle: Kuhner/Maltry 2006, S. 52)
Sowohl in der Unternehmenspraxis als auch in der Rechtsprechung hat sich heute das Ertragswertverfahren als die bevorzugte Konzeption zur Unternehmensbewertung etabliert (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 45, S. 55, S. 68): „Die dogmengeschichtliche Entwicklung der Unternehmensbewertung mündet ein in die Prädominanz eines einzigen Bewertungskonzeptes: der investitionstheoretischen Bewertung von Unternehmens auf Basis kapitalisierter Zahlungsflüsse, bekannt im deutschen Sprachraum als ‚Ertragswertmethode’, im englischen Sprachraum als ‚Discounted Cash Flow’-Methode.“ (Kuhner/Maltry 2006, S. 68). KUHNER/MALTRY definieren drei Auslöser für eine Unternehmensbewertung (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 1): x
Kaufpreisermittlung beim Kauf beziehungsweise Verkauf von Unternehmen,
x
Ermittlung des Umtauschverhältnisses für die Unternehmensanteile bei Fusionen,
x
Ermittlung des Emissionspreises bei Börseneinführungen.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Im Zusammenhang mit M&A stellt die Unternehmensbewertung im Prinzip eine Wirtschaftlichkeitsanalyse im Sinne einer Wertsteigerungsanalyse über den Erwerb oder die Veräußerung eines Unternehmens(-teils) dar. Sie „… basiert im Kern auf einem Vergleich des Werts eines Unternehmens, das erworben oder veräußert werden soll, mit dem potenziellen Transaktionspreis.“ (Richter 2005b, S. 321). Aus dieser Definition geht bereits das Kriterium für die Bezeichnung „realistisch“ in Bezug auf den Kaufpreis hervor: ein Kaufpreis ist dann als „realistisch“ zu definieren, wenn er den wahren Wert des Kaufobjektes aus Sicht des Käufers repräsentiert. Wiederum muss der Unternehmenswert einer Subjektivitätskomponente unterzogen werden (vgl. Abschnitt 2.2.1.1), da er unterschiedlich aus Sicht verschiedener Kaufinteressenten sein kann: „Die strategischen Zielsetzungen wirken sich unmittelbar auf die Zahlungsbereitschaft des Bieters aus; sie bestimmen den Unternehmenswert als subjektiven Entscheidungswert.“ (Kuhner/Maltry 2006, S. 28). Unter anderem kann das auch mit der käuferspezifischen Realisierbarkeit von Synergien begründet werden (vgl. Abschnitt 3.2.2.3). Insgesamt fließen bei der Bildung der Preisobergrenze neben dem Akquisitionsobjekt an sich somit auch Korrekturen auf Grund spezieller Unternehmensstrategien wie beispielsweise Restrukturierungspotenziale, Synergiepotenziale sowie Bewertungsänderungen ein (vgl. Jung 1993, S. 233). Im Gegenzug besteht die Preisuntergrenze in der Regel im Liquidationswert (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 43). Auf der anderen Seite betont RICHTER, dass „… auf perfekten Märkten […] kein Unterschied zwischen Wert und Preis [besteht, Anm. d. Verf.], wenn das Resultat der Handlungen in entsprechende Notierungen übersetzt wird und wenn ein unbeschränkter, transaktionskostenfreier Handel möglich ist …“ (Richter 2005, S. 327), und verweist auf die Existenz von Informationsasymmetrien, unvorhergesehene Strategieänderungen und gesetzliche Rahmenbedingungen als Ursachen für derartige Abweichungen. Dies steht insofern nicht im Widerspruch zur Subjektivität des Wertes, als dass RICHTER den Wert auch im Hinblick auf einen konkreten Käufer begreift. Die Argumentation in Richtung „perfekte Märkte“ hängt dabei sehr stark mit der Annahme einer Informationseffizienz der strengen Form zusammen, die davon ausgeht, dass alle öffentlichen und nicht-öffentlichen wertrelevanten Informationen im Aktienkurs eines Unternehmens berücksichtigt sind. In der Praxis geht man jedoch vom Vorliegen einer Informationseffizienz der halbstrengen Form aus, wonach sich alle bis zum Betrachtungszeitpunkt öffentlich verfügbaren Informationen im Kurs widerspiegeln (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 37). In der Realität können diese Einflussfaktoren realistischer Weise nicht komplett gesteuert resp. beherrscht werden. Selbst eine umfassende und sorgfältig durchgeführte Due Diligence wird nicht abschließend alle relevanten Informationen für die exakte Unternehmensbewertung und Kaufpreisabschätzung ermitteln. Es ist somit von einer Lücke zwischen tatsächlichem Unternehmenswert und Kaufpreis auszugehen. Interessant gestaltet sich an dieser Stelle die Frage, was ein derartiges Abweichen bewirkt und ob es Konsequenzen auf die Wertentwick-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
237
lung der Transaktionspartner hat, die gegebenenfalls erklärt werden müssen. Legt man als beteiligte Unternehmen zwei Aktiengesellschaften zu Grunde, so spiegelt sich der Unternehmenswert in den jeweiligen Aktienkursen wieder. Ein zu hoher Kaufpreis geht zu Lasten der Aktionäre des Käufers, da sich der entsprechende Aktienkurs auf Grund der entstehenden Belastung nach unten korrigieren wird. Im Gegenzug steigt der Aktienkurs für das VerkäuferUnternehmen. Abbildung 87 zeigt beispielhaft, wie es zu einer Wertsteigerung beim Verkäufer und einem Wertverlust beim Käufer kommen kann, auch wenn der Gesamteffekt der Transaktion auf den summarischen Wert aller beteiligten Unternehmen positiv ist. 50 Mio. EUR
Wert vor der Transaktion
100 Mio. EUR
Kaufpreis: 22 Mio. EUR
Synergiepotenzial: 1 Mio. EUR
Käufer
Verkäufer
Wert des Veräußerungsobjektes: 18 Mio. EUR
Wertabfluss: 3 Mio. EUR
54 Mio. EUR
Wert nach der Transaktion
97 Mio. EUR
Wertveränderung gesamt = Summe der Werte nach der Transaktion – Summe der Werte vor der Transaktion = (54 + 97) – (50 + 100) = 151 – 150 = + 1 Mio. EUR
Abbildung 87: Kaufpreis, Synergiepotenziale und Wertflüsse
Es kann somit festgehalten werden, dass die Bezahlung eines überhöhten Kaufpreises zwar gesamtwirtschaftlich zu einer positiven Wertentwicklung führen kann, aus der Perspektive des Käuferunternehmens aber zu einem Wertverlust führt, da er „… to the seller more than 100 percent of the value created in their deal“ (McKinsey & Company 2007, S. 9) transferiert. Der Verlust ist darauf zurückzuführen, dass die Summe aus dem wahren Wert des Veräußerungsobjektes und den Synergiepotenzialen kleiner ist als der Kaufpreis, was auf die Problematik der überhöhten Synergieabschätzung rekurriert. Insbesondere bei internationalen M&A-Transaktionen spielt ein weiterer Einflussfaktor noch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Vielfach werden die im Zuge der Post-MergerIntegration anfallenden Integrationskosten a priori in der Regel zu niedrig eingeschätzt bezie-
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
hungsweise überhaupt nicht in das Bewertungskalkül mit einbezogen. Hier erhöhen kulturelle Unterschiede zwischen den Beteiligten Unternehmen und deren Mitarbeiter die Komplexität erheblich und sind a priori in der Berechnung der Integrationskosten zu berücksichtigen.
3.3.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber Bezogen auf das Wertsteigerungsnetzwerk (vgl. Abbildung 56 auf Seite 155) x
ist ein direkter Zusammenhang mit dem Kostenfaktor erkennbar, der das Käuferunternehmen in dem geschilderten Fall über Gebühr belastet und eine Verringerung des Unternehmenswertes nach sich zieht. Die umgekehrte Wirkung ist dementsprechend bei einem im Vergleich zum Wert zu gering angesetzten Kaufpreis zu induzieren. Unberührt davon bleibt die dabei aus gesamtwirtschaftlicher Sicht positive Wirkung der Transaktion.
x
kann eine positive Wirkung auf den Risikofaktor erkannt werden, da ein überhöhter Kaufpreis vermieden werden kann, weshalb sich der Mittelabfluss beim Käufer reduziert und so eine solidere Kapitalbasis erhalten bleibt. Erfolgsfaktor: Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Wird das Target realitätsnah eingeschätzt, so werden auch die erzielbaren Synergien sowie das Gemeinkostenpotenzial transparenter. Sie lassen sich dadurch auch klarer herausarbeiten und priorisieren.
Proaktives Risikomanagement
Grundlage für das Managen von Risiken sind realitätsnahe Inputdaten wie beispielsweise im Hinblick auf Markdaten, Wettbewerbsdaten oder eben das Target selbst.
Abbildung 88: Wertsteigerung durch realistische Einschätzung des Target
3.3.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Fasst man die bisherigen Ausführungen zusammen, so können drei bedeutsame Ursachen für eine nicht-realistische Kaufpreisabschätzung identifiziert werden, an denen das Controlling ansetzen kann: x
Es bestehen Informationsdefizite/-asymmetrien, die dazu führen, dass der Käufer nicht alle erforderlichen Informationen zur Berechnung des Kaufpreises vorliegen hat.
x
Es liegen zwar alle erforderlichen Informationen für eine realitätsnahe Kaufpreisabschätzung vor, aber die angewandten Methoden und Instrumente führen zu falschen Ergebnissen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz x
239
Es liegen alle notwendigen Informationen sowie die richtigen Instrumente vor, die Bewerter selbst aber ermitteln auf Grund mangelnden Wissens, fehlender Erfahrung oder geringer Motivation nicht den richtigen Kaufpreis.
Alle Einflussfaktoren können dabei einzeln oder kumuliert auftreten, was es in der Praxis schwierig gestaltet, effektive Gegensteuerungsmaßnahmen einzuleiten. Dreh- und Angelpunkt für die Kaufpreisabschätzung bildet das Instrument der Due Diligence, deren Methodik in den vorangehenden Abschnitten um den prozessbezogenen Aspekt erweitert wurde. Nicht durchgängige Informationsflüsse führen dazu, dass der erforderliche Input nicht vollständig gesammelt und analysiert werden kann. Es ist aus Sicht des Käufers teilweise schwer zu beurteilen, ob er bereits alle erforderlichen Informationen verfügbar hat. Insbesondere Risiken werden unter Umständen nicht vollständig erfasst oder auch teilweise nicht transparent gestaltet. Anhand von bewährten Checklisten sollte der Käufer konsequent die Vollständigkeit der Informationen prüfen und gerade bei scheinbar „diffusen“ Themen eine genaue Bewertung des Sachverhaltes vornehmen. Eine umfangreiche Sammlung von Checklisten, differenziert nach den zentralen Themenfeldern wie beispielsweise Financial- oder Technical Due Diligence, findet sich unter anderem bei KRANEBITTER oder bei BERENS/BRAUNER/STRAUCH (vgl. Kranebitter 2002, insbesondere S. 257-283; Berens/Brauner/Strauch 2002, S. 587-620). Geeignete Kennzahlen können in diesem Zusammenhang den Abdeckungsgrad der vorliegenden Informationen transparent machen und so auf bestehende Risiken durch Informationslücken hinweisen. In der Bankenwelt beispielsweise kommt es immer wieder vor, dass bestimmte Kreditausfall- oder Immobilien-Bewertungsrisiken zu spät erkannt werden und zu einer hohen Belastung für den Käufer werden. Ein Beispiel bildet die im Jahre 1998 vollzogene und als „Merger unter Gleichen“ proklamierte Fusion zwischen der Bayerischen Vereinsbank und der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank zur Hypovereinsbank, die am 1.9.1998 ihren Geschäftsbetrieb aufnahm. Nur kurze Zeit später, im Oktober 1998, wurden Immobilienaltlasten der ehemaligen Hypotheken- und Wechselbank in Höhe von damals geschätzten 3,5 Mrd. EUR bekannt, die im Rahmen der Fusionsaktivitäten nicht erkannt worden waren. Neben der faktischen Vollständigkeit bietet eine Einschätzung der Ansprechpartner auf Partnerseite nach bestimmten Kriterien wie Kooperationsbereitschaft, erkennbares Zurückhalten von Informationen oder Fachwissen einen zusätzlichen Anhaltspunkt für die Verlässlichkeit und Vollständigkeit der Informationen. Ein derartiges Partner-„Radar“ sollte für alle zentralen Ansprechpartner auf der Partnerseite erstellt, fortgepflegt und im Kernteam regelmäßig diskutiert werden (vgl. Abbildung 89). Man bewegt sich dabei wieder im Themengebiet der klassischen Principal-Agent-Problematik (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.4) mit x
den a priori unbekannten Charakteristika resp. Persönlichkeitsmerkmalen des Agent,
x
dem unbekannten Informationsstand des Agent, was eine Ergebnisbeurteilung erschwert sowie
240 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
den verborgenen Aktivitäten des Agent, die nicht nachvollziehen lassen, ob der Agent alle Anstrengungen unternimmt beziehungsweise unternommen hat, um wie am Beispiel der Due Diligence alle erforderlichen Informationen zu ermitteln oder bereitzustellen.
Partner-"Radar" Eintragungen bitte nur in die weißen Felder (Spalte "Ausprägung"), zugelassene Werte 1 bis 5
# 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Gruppe Know-how
Person
Akzeptanz
Kriterium Unternehmenskenntnis M&A-Erfahrung Führungswissen Kooperationsbereitschaft Treiberrolle Motivationsgrad Machtstufe Interne Akzeptanz Externe Akzeptanz
Ausprägung 5 1 3 5 3 5 5 3 3 4
Gesamt
Erläuterung Ausprägung 1 3 5 Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch Niedrig Mittel Hoch
Unternehmenskenntnis 5 Externe Akzeptanz
4
M&A-Erfahrung
3 2 1
Interne Akzeptanz
Führungswissen
0
Machtstufe
Kooperationsbereitschaft
Motivationsgrad
Treiberrolle
Abbildung 89: Partner-Radar
Nach Klärung eventueller Informationsdefizite beziehungsweise -asymmetrien ist es erforderlich, die für die eigentliche Bewertung verwendeten Methoden und Instrumente zu betrachten und sie auf ihre Eignung für den Anwendungsfall zu überprüfen. Die Anforderungen lauten: x
Fachliche Richtigkeit: die angewendeten Methoden und Instrumente müssen aus fachlicher Sicht einwandfrei arbeiten, dürfen also keine Implausibilitäten oder Fehler aufweisen.
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241
x
Angemessene Komplexität: die Bewertung von Unternehmen ist von hoher Komplexität und erfordert Spezialisten. Dennoch sind hochkomplexe, theoretische Bewertungsmodelle in vielen Fällen eher hinderlich für einen zügigen Fortschritt. In jedem Fall ist zwischen Genauigkeit und Modellkomplexität abzuwägen.
x
Vertretbarer Aufwand: gleich wie eine handhabbare Komplexität sollte sich auch der Aufwand in einem vertretbaren Rahmen bewegen.
In Abschnitt 2.2.2.2 wurde bereits auf unterschiedliche Bewertungsverfahren eingegangen und deren Vor- und Nachteile diskutiert. Es ist davon auszugehen, dass die gängigen Bewertungsverfahren (vgl. hierzu beispielsweise Klein/Jonas 2002; Richter 2005b) ein inzwischen ausgereiftes und wissenschaftlich fundiertes Stadium erreicht haben. Vorausgesetzt, der erforderliche Input ist in der benötigten Form und Qualität vorhanden, kann die Anwendung unterschiedlicher Bewertungsverfahren mit unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen das Risiko einer Falschberechnung verringern. Ebenso eignet sich die Anwendung von Multiplikatoren, die ihrerseits ein relativ einfaches und pauschales Verfahren darstellen (vgl. Klein/Jonas 2002, S. 177; Kuhner/Maltry 2006, S. 265), zur Verifizierung des auf detaillierter Ebene berechneten Unternehmenswertes. Problematisch bei der Multiplikatormethode ist sicherlich in erster Linie die Bestimmung der Vergleichsunternehmen, wobei hier wie auch bei jeder Form von Benchmarks gilt, dass es eine absolute Identität und Vergleichbarkeit von Unternehmen beziehungsweise Unternehmensteilen nicht geben kann. Mit der Verwendung unterschiedlicher Bewertungsverfahren sollte die Bildung von Szenarien einhergehen. Im Portfolio der Anwendung unterschiedlicher Verfahren zusammen mit der jeweiligen Variation der Inputgrößen im Hinblick auf mögliche Veränderungen von Rahmenbedingungen lässt sich so eine fundierte Bandbreite des Kaufpreises aufzeigen, die den Risikoaspekt integriert und in den Vertragsverhandlungen als fundierte Entscheidungsgrundlage herangezogen werden kann. Hier sollte gleichfalls die Ausfallwahrscheinlichkeit der geplanten Synergien in Betracht gezogen werden, da diese häufig der entscheidende Auslöser für eine Transaktion sind und bereits geringfügige Änderungen der Rahmenbedingungen hier empfindliche Konsequenzen im Hinblick auf das Gesamt-Bewertungsbild der Transaktion haben können. Eine Darstellung des Risikoaspektes einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Instrumente und Kennzahlen des wertorientierten Controlling findet sich in Abschnitt 3.5.2.3 zum Erfolgsfaktor des proaktiven Risikomanagements. Selbst wenn keine Informationsasymmetrien bestehen und Methoden sowie Instrumente angewendet werden, deren Eignung und richtige Funktionsweise erwiesen ist, bleibt noch immer der Faktor Mensch, der den Prozess der Bewertung ausführt, also die Informationen in die bestehenden Instrumente eingibt und als „Methodenanwalt“ die korrekte Anwendung sicherstellen muss. Analog dem im Hinblick auf externe Partner angewendeten Radar macht umgekehrt auch eine Einstufung der für die Mitarbeit am M&A-Projekt vorgesehenen inter-
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
nen Mitarbeiter anhand bestimmter Kriterien Sinn. So kann eine auf subjektiver Einschätzung basierende Personalentscheidung fundiert und gegebenenfalls korrigiert werden. Die zugrunde liegenden Kriterien sind sorgfältig zusammenzustellen und im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen von Unternehmenstransaktionen zu selektieren. Unabhängig von den verwendeten Instrumenten und Methoden empfiehlt es sich, nach Abschluss der M&A-Transaktion in der Folgezeit den Unternehmenswert nachzuführen und konsequent dem ursprünglich ermittelten Unternehmenswert resp. Kaufpreis gegenüberzustellen. Auf diese Weise können die angewandten Methoden und Instrumente verifiziert und Lessons Learned für Folgeprojekte abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang wird auch eine umfangreiche Dokumentationsfunktion sinnvoll, die neben den reinen Zahlenwerten auch beispielsweise die am Projekt beteiligten Mitarbeiter festhält und so eine gute Entscheidungsgrundlage für die Besetzung weiterer Projekte bietet.
3.3.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Kennzahlen, die eine realistische Einschätzung des Targets a priori transparent machen, können aus den dargestellten Instrumenten abgeleitet werden. An erster Stelle dienen BenchmarkWerte für Kaufpreise ähnlicher Transaktionen als Anhaltspunkt für eine erste Beurteilung der Größenordnung des aktuell ermittelten Kaufpreises. Liegen signifikante Abweichungen vor, ist eine detaillierte Ursachenforschung anzustoßen und ein höherer Kaufpreis gegebenenfalls zu rechtfertigen. Gleichzeitig bestehen eigene Vorstellungen bezüglich eines zu zahlenden Preises, in der Regel schon deutlich vor Abschluss des eigentlichen Bewertungsverfahrens. Diese Einschätzungen leiten sich aus der individuellen Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit sowie aus erfahrungsbasierten Anhaltswerten ab. Je nach Ausprägung lässt sich dann ein Limit definieren, innerhalb dessen der tatsächlich berechnete Kaufpreis liegen soll. Die Bedingung für ein aus finanzieller Sicht mögliches Zustandekommen der Transaktion lässt sich folgendermaßen formulieren: ீ௭௦ ௧ pGrenzpreis = Grenzpreis des potenziellen Käufers pBerechnet = Auf Basis von Bewertungsverfahren berechneter In der Realität wird der einmal ermittelte Kaufpreis im Zeitablauf auf Grund der Veränderung der Rahmenbedingungen ebenfalls einer gewissen Anpassung unterliegen. Kontinuierliche Plan-Ist-Abgleiche stellen die Erfassung dieser Tendenzen sicher und gewährleisten einen gewissen Schutz vor „bösen Überraschungen“ durch unerkannte Ausreißer. Inwiefern der berechnete Preis als real beziehungsweise zuverlässig erachtet werden kann, hängt in erheblichem Maße von den eingesetzten Bewertungsmethoden und -instrumenten sowie der zur Verfügung stehenden Bewertungskompetenz ab. Grundsätzlich ist es empfehlenswert, mehr als
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eine einzige Bewertungsmethodik heranzuziehen und eine größere Anzahl voneinander unabhängiger Bewerter aus heterogenen Kompetenzfeldern einzusetzen, um die Bewertungsqualität zu erhöhen. Der Informations-Abdeckungsgrad gibt Aufschluss darüber, welcher Anteil des anhand beispielsweise von Checklisten ermittelten Informationsbedarfs bereits faktisch vorliegt. Da es sich hierbei um äußerst heterogene Informationen handelt, empfiehlt es sich, die einzelnen Informationskategorien mit Komplexitätsfaktoren zu hinterlegen und so der Unterschiedlichkeit im Erhebungsaufwand gerecht zu werden: ݀ܽݎ݃ݏ݃݊ݑܾ݇ܿ݁݀ܽݏ݊݅ݐܽ݉ݎ݂݊ܫൌ ܸଵ ݇ כଵ ڮ ܸ ݇ כ n = Anzahl der erforderlichen Informationen / Informationskategorien i = einzelne Information(skategorie) Vi = 1, wenn Information(skategorie) verfügbar, sonst 0 k1 … kn: Komplexitätsfaktor der jeweiligen Information(skategorie)
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Schließlich kann das vorgestellte Partner- beziehungsweise Mitarbeiterradar in eine Kennzahlensystematik überführt werden. Jedem definierten Kriterium wird dabei ein Erfüllungsgrad beispielsweise von 1 bis 5 zugewiesen, bei 7 Kriterien ergibt sich dann ein maximaler Gesamt-Erfüllungsgrad von 7 x 5 =35. Auf diese Weise können zeitliche Veränderungen transparent gemacht oder unterschiedliche Konstellationen verglichen werden. Abschließende Tabelle gibt einen Überblick zu den in den letzten Abschnitten aufgegriffenen ControllingKennzahlen, die sich an den Informationen selbst, den angewandten Bewertungsverfahren sowie den Personen der Bewerter festmachen. Kennzahl/ Rechnungsziel Benchmark-Werte für Kaufpreise
Verhältnis Kaufpreis zu eigenem Grenzpreis
Plan-Ist-Abgleich
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Plausibilisierung der eigenen Kaufpreis-Berechnungen mit historischen Werten im Markt x Vermeidung von „Extrem“Entscheidungen x Plausibilisierung des ermittelten Kaufpreises x Abschätzung der Vertretbarkeit eines Kaufpreises x Gegenüberstellung der im Rahmen der Transaktion prognostizierten Wertermittlung zur tatsächlichen Wertentwicklung im Zeitablauf x Ableitung von Lessons Learned für Folgeprojekte
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Eingeschränkte Vergleichbarkeit von Transaktionen x Schwierigkeit in der Bewertung des „strategisch gerechtfertigten Kaufpreises“ x Wird der eigene Grenzpreis nach bestem Wissen systematisch unter Berücksichtigung aller Informationen ermittelt, bildet er auch die Obergrenze für den Kaufpreis x Aufwand für Datenermittlung x Integration des ehemals Stand-AloneWertes in den gemeinsamen Unternehmenswert x Bereinigung um außergewöhnliche Effekte erforderlich
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Anzahl der verwendeten Bewertungsmethoden-/Instrumente
x Sicherstellung einer realistischen Wertermittlung durch Vergleich zwischen verschiedenen Methoden und Instrumenten x Weiterentwicklung des eigenen Bewertungsinstrumentariums
Anzahl der beteiligten, voneinander unabhängigen Bewerter
x Sicherstellung der Neutralität des Bewertungsergebnisses x Vermeidung von einseitigen Aussagen x Erhöhung der Bewertungsqualität x Abdeckung des gesamten Bewertungsspektrums, z.B. Strategie, Finanzen, Controlling, Kultur x Erhöhung der Bewertungsqualität
Vielfalt der beteiligten Bewerter
InformationsAbdeckungs-Grad
Erreichungsgrad im Partner-Radar
Erreichungsgrad im Mitarbeiter-Radar
x Evaluation der Vollständigkeit der bisher vorhandenen Informationen x Fundierte Checklisten als Benchmark x Differenzierung nach den einzelnen Due-Diligence-Formen beziehungsweise Themenkategorien sinnvoll x Beurteilung der Mitarbeiter des Partners im Hinblick auf Eignung zur Unternehmensbewertung x Abbildung wichtiger Kategorien wie Know-how, persönlichen Eigenschaften und Akzeptanz x Beurteilung der eigenen Mitarbeiter im Hinblick auf Eignung zur Unternehmensbewertung x Gezielte Selektion der geeigneten Projektmitarbeiter x Abbildung wichtiger Kategorien wie Know-how, persönlichen Eigenschaften und Akzeptanz
x Redundante Bewertung erzeugt Zusatzaufwand x Zumindest Abgleich mit Multiples sollte sichergestellt werden x Bei erheblichen Abweichungen zwischen den unterschiedlichen Bewertungsverfahren sind Detailanalysen durchzuführen x Zu viele Bewerter erhöhen die Komplexität, zu wenig Bewerter haben negativen Einfluss auf die Ergebnisqualität, weshalb ein pragmatischer Mittelwert festgelegt werden sollte x Bewertung ist analog der Kennzahl „Anzahl der beteiligten, voneinander unabhängigen Bewerter“ zu sehen x Weitere Experten sind im Bedarfsfall adhoc hinzuzuziehen x Guter Anhaltspunkt, allerdings fallen in jeder Transaktion spezifische, vorab nicht immer klar definierbare Informationen an x Qualität der Kennzahl steigt mit der Akquisitionserfahrung
x Beinhaltet subjektive Komponenten x Externe grundsätzlich schwer zu beurteilen
x Beinhaltet subjektive Komponenten x Unter Umständen ist eine derartige Bewertung durch den Betriebsrat genehmigungspflichtig
Tabelle 12: Kennzahlen zur realistischen Einschätzung des Target
3.3.2.4 Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater 3.3.2.4.1 Begriffsklärungen Gerade Unternehmen, die M&A nicht als permanenten Prozess etabliert haben und nicht in regelmäßigen Abständen entsprechende Projekte durchführen, sind auf Grund mangelnder
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Erfahrung häufig in allen M&A-Phasen auf Unterstützung durch externe Experten angewiesen. Diese Erfahrung, die als wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen des Gesamtprojektes gilt, erstreckt sich von juristischem Know-how über die Feinheiten der Bewertungspraxis bis hin zu interkultureller Kompetenz bei internationalen Projekten. Was die Unternehmensbewertung angeht, so kommt der Rolle externer Berater in dreifacher Hinsicht eine hohe Bedeutung zu: x
Know-how-Aspekt: externe Experten haben in der Regel bereits eine Vielzahl von M&ATransaktionen abgewickelt und sich im Zuge dieser Projekte einen großen Erfahrungsschatz aufgebaut, der auch nicht durch intensives Literaturstudium zu ersetzen ist. Hinzu kommen wichtige Kontakte, beispielsweise zu Behörden, Rechtsanwälten oder anderen Unternehmen, die auf andere Art und Weise erst mühsam und zeitaufwändig aufgebaut werden müssten. Oftmals sind externe Dienstleister auf ein Fachgebiet spezialisiert und verfügen darin über entsprechend tiefes und spezifisches Wissen. Gerade in Zusammenhang mit Bewertungsfragen ist das Wissen hochspezialisierter Experten erforderlich, wenn es darum geht. „… Millionen von einzelnen Vermögens- und Verbindlichkeitspositionen, Millionen von einzelnen Geschäftsvorfällen …“ (Kuhner/Maltry 2006, S. 5) zu analysieren und zu einem Gesamtsystem zu aggregieren.
x
Kapazitätsaspekt: gerade große, grenzüberschreitende M&A-Vorhaben erfordern hohe Mitarbeiter-Kapazitäten, um die anstehenden Aufgaben zu erfüllen. Selbst wenn das Know-how im Unternehmen vorhanden ist, können immer noch die internen Kapazitäten zu dessen Anwendung bei weitem nicht ausreichen (vgl. Schawel 2002, S. 76). Auch dies ist ein Mitgrund, der zur Aktivierung externer Ressourcen und damit zur Einbindung von unternehmensexternen Experten führt.
x
Unabhängigkeit: in der Formulierung des Erfolgsfaktors spielt der Ausdruck „unabhängig“ eine wichtige Rolle. Es geht also nicht nur darum, rein das erforderliche Know-how zu erlangen, sondern auch in einem häufig auch sehr emotional geprägten Prozess die notwendige Neutralität zu wahren und eine objektive Sicht der Dinge sicherzustellen. Dieses Argument zielt auf die bereits erläuterten Erklärungsansätze der Mikropolitik und Machttheorie ab (vgl. Abschnitt 2.1.2.2.5), wonach neben den rein objektiven Gründen für die Durchführung von M&A noch eine Vielzahl subjektiver Einflussfaktoren eine Rolle spielen können. An dieser Stelle sei dabei noch einmal auf das Phänomen der Hybris verwiesen, wonach Manager in der Euphorie einer möglichen oder bereits angelaufenen Transaktion gelegentlich zu Selbstüberschätzungen neigen und die vorliegenden Rahmenfaktoren tendenziell zu positiv beurteilen. In diesem Zusammenhang ist der Begriff der unabhängigen Bewertung dergestalt zu interpretieren, dass hierdurch ein objektives Bild der Situation, frei von individuellen Interpretationsspielräumen einzelner Beteiligter, erlangt werden soll.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Die Einbindung externer Experten dient also im Wesentlichen dazu, Kapazitätslücken zu schließen, fehlendes Know-how zu erlangen und eine Neutralität und Objektivität in allen Prozessschritten sicherzustellen. Fokussiert man an dieser Stelle noch einmal auf den zentralen Erfolgsfaktor der „unabhängigen Post-Deal-Bewertung“, so lässt sich neben der Unabhängigkeit noch ein weiteres Kenzeichen ausmachen: die Bewertung nach Durchführung der Transaktion. Traditioneller Weise liegen wesentliche Stärken des Controlling auch in nachgelagerten Abweichungsanalysen, welche beispielsweise monatlich die zentralen IstKenngrößen wie Umsatz-, Kosten- oder Gewinngrößen, teilweise bis hinunter auf Produktebene, den geplanten Werten gegenüberstellen und Gründe für bestehende Abweichungen aufzeigen. Was sich im Tagesgeschäft bewährt hat, wird allerdings bei größeren Projekten oftmals vernachlässigt. Regelungen beschreiben die Häufigkeit von Nachrechnungen für Investitionsprojekte in Abhängigkeit von der Größenordnung, und auf Grund der natürlicher Weise begrenzten Kapazitäten im Controlling kann jeweils nur ein Ausschnitt den PostKalkulationen unterzogen werden. Ähnlich verhält sich die Situation bei M&ATransaktionen, die noch einmal eine Komplexitätssteigerung im Vergleich zu „normalen“ Investitionsprojekten bedeuten. Eine Ex-Post-Bewertung wird sich, gerade bei den so genannten „Mega-Fusionen“, auf Eckwerte der Planung konzentrieren und gleichzeitig auch eine Prämissenkontrolle durchführen. Trotzdem ist es unbedingt ratsam, eine derartige unabhängige Post-Deal-Bewertung durchzuführen, gerade um eine wichtige Lernbasis für Folgeprojekte aufzubauen.
3.3.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber Dieser Gedankengang führt auch direkt zu der Frage nach den Einflüssen auf die Wertsteigerung. Hat es eine wertsteigernde Wirkung, wenn eine unabhängige Post-Deal-Bewertung durch externe Berater durchgeführt wird? Die Beantwortung dieser Fragestellung muss sich dabei aus der Vorteilhaftigkeit dieses Vorgehens ableiten, die sich in folgenden Punkten festmacht: x
Eine starke Wirkung auf den Werttreiber der Risikoreduzierung ist zu induzieren. Die neutrale, externe Rolle ermöglicht eine von internen politischen Einflüssen freie Bewertung, die damit auch deutlich an Objektivität gewinnt. Die durch eine Transaktion angestrebte Verbesserung der Risikosituation beider Unternehmen kann so klarer beurteilt sowie risikoverringernde Faktoren zuverlässiger identifiziert werden. Die ermittelten Werte sind insgesamt realitätsnäher und belastbarer, weshalb die Steuerung der Post-MergerIntegration auf einer fundierteren, weniger fehlerbehafteten Basis erfolgen kann.
x
Eine ex-post-Bewertung eröffnet Know-how- und Lernperspektiven für die angewandten Konzepte, Methoden und Instrumente sowie für die Mitarbeiter selbst. Durch die Aktualisierung der Bewertung im Zuge der Nachrechnung werden wichtige Erkenntnisse für die
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strategische und operative Steuerung insbesondere in der Integrationsphase gewonnen. Es wird klarer, wie die unterschiedlichen Wissenswelten besser zusammengeführt werden können und wie sich die angestrebten Know-how-Synergien besser heben lassen. Inwiefern steuernde Eingriffe tatsächlich möglich sind, hängt vom Zeitpunkt der Post-DealBewertung ab. Erfolgsfaktor: Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Proaktives Risikomanagement
Eine erneute Bewertung ermöglicht eine fundiertere Risikoabschätzung nach Abschluss der Transaktion, so dass diese spezifischer während der Integrationsphase berücksichtigt werden können.
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Durch eine Post-Deal-Bewertung komplettiert sich das Bild zum Target, zeigen sich eventuelle Mängel der Bewertung während der Transaktionsphase und können darauf gezielt Anpassungen der Integrationsmaßnahmen erfolgen.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Eine erneute Bewertung liefert neue Erkenntnisse über Synergien und Gemeinkostenpotenziale und erlaubt gegebenenfalls Korrekturen in deren Priorisierung.
Abbildung 90: Wertsteigerung durch eine unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
3.3.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Für die Bewertung aus externer Perspektive sind grundsätzlich die gleichen Instrumente und Kennzahlen zu verwenden, die auch bereits bei der Bewertung im Rahmen der Due Diligence eingesetzt wurden. Auf diese Weise wird die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sichergestellt. Somit sei an dieser Stelle zum Thema Instrumente und Kennzahlen auf die Ausführungen in den Abschnitten 3.3.2.2 sowie 3.3.2.3 verwiesen. Darüber hinaus wird denjenigen Indikatoren ein besonderes Augenmerk zukommen, welche die Ergebnisse der unabhängigen Post-DealBewertung direkt den Bewertungsergebnissen der Transaktionsphase gegenüberstellen: Auf diese Weise lässt sich etwa überprüfen, inwiefern die ex-ante-Analyse bereits in der Lage war, einen realistischen Unternehmenswert zu ermitteln, und, wenn diese Fragestellung zu verneinen ist, welche Ursachen für ein Abweichen der ex-ante-Analyse ausschlaggebend waren, zum Beispiel: x
Haben bestimmte Informationen gefehlt, welche bei der ex-post-Bewertung vorliegen?
x
Hätten diese fehlenden Informationen damals bereits mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden können?
x
Welche Personen haben die Bewertung im Rahmen der Transaktionsphase durchgeführt? Haben diese Personen über ausreichendes M&A-Wissen verfügt?
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x
Welche Instrumente hätten damals zu besseren Ergebnissen geführt?
x
Welche unvorhersehbaren Veränderungen im Unternehmensumfeld haben die IstEntwicklung maßgeblich beeinflusst?
x
Welche handwerklichen Fehler wurden bei der Erstbewertung gemacht? Wie hätte man diese vermeiden können?
3.3.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Die Beantwortung aller dieser Fragestellungen bietet einen großen Wissensschatz für alle nachfolgend durchzuführenden Transaktionen. Ihre Berücksichtigung hilft, den Bewertungsprozess sukzessive zu verbessern und zu standardisieren. Wie bereits angedeutet, bestehen die in diesem Zusammenhang nützlichen Kennzahlen neben den eigentlichen Bewertungsgrößen in den Vergleichswerten ex-ante- und ex-post-Bewertung: ܲ ܣൌ
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PA = prozentualer Abweichungswert Za = Zielwert ex-ante Zp = Zielwert ex-post Als Zielwerte Z kommen dabei beispielsweise der ermittelte Unternehmenswert, der Kaufpreis oder auch Teilbeträge wie Bewertungen von einzelnen, bedeutenden Vermögensgegenständen in Frage. Kennzahl/ Rechnungsziel Vergleich der Bewertungsgrößen ex-ante und ex-post
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Verifizierung der ursprünglichen Bewertung x Abweichungsanalysen x Erfahrungsgewinn für nachfolgende Transaktionen x Erfolgsbeurteilung der Transaktion
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Zusatzaufwand durch weiteres Bewertungsprozedere x Starker Erfahrungszuwachs und wertvoller Input für die wertorientierte Unternehmenssteuerung
Tabelle 13: Kennzahlen zur unabhängigen Post-Deal-Bewertung durch Berater
3.3.2.5 Intensives Wissensmanagement und Informationsaustausch 3.3.2.5.1 Begriffsklärungen Untrennbar verbunden mit dem Thema der Herstellung von Prozesstransparenz ist der intensive Austausch von Informationen sowie die Verankerung der gewonnenen Informationen im unternehmerischen Wissensmanagement. Erst wenn alle relevanten Informationen auch per-
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sonenunabhängig, strukturiert abgelegt sind, stehen sie für zukünftige Aufgaben auch wieder unkompliziert zur Verfügung. Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Wandel in Richtung Wissens- und Informationsgesellschaft weiter voranschreitet (vgl. Rose 2007, S. 1). Neben den klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden rückt das Wissen als fundamentaler Baustein unternehmerischen Wachstums in den Vordergrund. Entsprechend kommt dem unternehmerischen Informations- und Wissensmanagement während einer Unternehmenstransaktion eine zentrale Querschnittsfunktion zu. Vom ersten Screening in der Vorfeldphase über die Due Diligence in der Transaktionsphase bis hin zur Integration der informations- und kommunikationstechnischen Infrastrukturen (vgl. Rentrop 2004) müssen Informationen, oder - wie von REHÄUSER/KRCMAR auf Basis einer Begriffshierarchie genauer differenziert (vgl. Rehäuser/Krcmar 1996, S. 3) - Zeichen, Daten, Informationen und Wissen gesammelt, verdichtet, vernetzt, gespeichert, transferiert, aufbereitet und wieder zielgruppenspezifisch bereitgestellt werden. So kann die Due Diligence auch als „… Prozess des kombinierten Einsatzes von Wissensübertragung seitens des Verkäufers sowie Wissenserarbeitung seitens des Käufers verstanden werden.“ (Berens/Strauch 2002, S. 5). Die soeben angesprochenen Aufgaben werden durch das Informationsmanagement wahrgenommen, das sich im Spannungsfeld zwischen strategischen Anforderungen sowie technischen IS-Architekturen bewegt (vgl. Rentrop 2004, S. 255) und dessen Gestaltung ein Einfluss auf den Integrationserfolg zugesprochen wird (vgl. Rentrop 2004, S. 251 f.). Die Analyse des Erfolgsfaktors zur Bedeutung von Wissensaustausch und Informationstransfer muss entsprechend weiter gefasst werden, da es sich dabei um einen integralen Bestandteil des unternehmerischen Wissens- und Informationsmanagements handelt. Betrachtet man die Erfolgsfaktoren des M&A-Projektmanagements (vgl. 3.1.3.2), so werden dabei über den Betrachtungsschwerpunkt der vorliegenden Arbeit hinaus noch eine Vielzahl weiterer wichtiger Themen tangiert, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen: x
Aktiver Wissenstransfer: Wissenstransfer zwischen Käuferunternehmen und Target, auch auf Managementebene, zwischen den Funktionen, vom/zum Kunden einschließlich Entwicklung diesbezüglich geeigneter Instrumente, kontinuierlicher Informationsaustausch.
x
Wissensmanagement: Kontinuierliches Wissensmanagement, Akquisitionserfahrung/konkrete M&A-Fähigkeiten, Dokumentation der Ergebnisse nach Abschluss der Transaktion.
ROSE definiert eine Vielzahl von Zielen für das Wissensmanagement und führt dabei unter anderem auch die Verbesserung der Kommunikation, die produktivitätsgerichtete Förderung des Informationsaustausches sowie die Minderung von Gefahren bei Verlust wichtiger Wissens- und Kompetenzträger des Unternehmens als zentrale Nebenziele an (vgl. Rose 2007, S. 11). Beides sind auch im Hinblick auf M&A-Transaktionen entscheidende Faktoren. Was den
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Wissenstransfer und die Kommunikation angeht, so setzt auch das Modell des integrativen Wissensmanagements von REINHARDT/PAWLOWSKY (vgl. Reinhardt/Pawlowsky 1997) auf die „Diffusion organisationalen Wissens“ als entscheidende Phase im Umgang mit Wissen: „Ziel dieses Prozesses ist es, das Wissen einzelner Individuen der gesamten Organisation verfügbar zu machen […] Erst wenn das Wissen in diese Kommunikationswege eingebracht wird, ist die kollektive Nutzung möglich.“ (Rose 2007, S. 16). Daran knüpfen schließlich auch NONAKA/TAKEUCHI in ihrer Wissensspirale an, die neben der „Sozialisation von Wissen“ als Wissensaneignung des Einzelnen insbesondere auch auf die Notwendigkeit einer „Wissens-Externalisierung“ verweisen, bei der Mitarbeiter beispielsweise gezielt in Kommunikationsrunden zum Erfahrungsaustausch eingebunden werden (vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 74 ff.). Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass dieses „Wissen des Unternehmens als Ganzes“ oder, wie die stehende Redewendung beispielsweise in Bezug auf die Firma Siemens „Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiß …“ zum Ausdruck bringt, die personenübergreifende Externalisierung des Wissens in vielen Fällen lediglich der Feststellung von HAYEK gereicht: „Wissen existiert nur als Wissen von Einzelnen. Es ist nicht mehr als eine Metapher, vom Wissen der Gesellschaft als Ganzes zu sprechen. Die Summe des Wissens aller Einzelnen existiert nirgends als integriertes Ganzes. Das große Problem ist, wie alle von diesem Wissen profitieren können, das nur verstreut als getrennte, partielle und manchmal widersprüchliche Meinungen aller Menschen existiert.“ (Hayek 1991, S. 34).
3.3.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber Die jeweiligen Informationen müssen also zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort in der erforderlichen Qualität bereitgestellt werden, um nicht durch ihr Fehlen wichtige Entscheidungsprozesse zu beeinträchtigen. Demgegenüber stehen die oftmals nicht unerheblichen Kosten für die Informationsbedarfsermittlung, -erzeugung und -bereitstellung. Die positiven Wirkungen eines durchgehenden Informationsaustausches und Wissenstransfers lassen sich an dieser Stelle auf Basis des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes charakterisieren (vgl. Abschnitt 3.2.2.2). Es ist offensichtlich, dass ein umfassender Erfolgsfaktor wie das Thema Wissensaustausch bei entsprechender Gestaltung viele Werttreiber in positivem Sinn beeinflussen kann: x
Zeitvorteile lassen sich dann erzielen, wenn auf Grund gegenseitiger Kenntnis von Unternehmen und Geschäftsabläufen deutlich schneller auf die Anforderungen des Marktes reagiert werden kann. Es entfallen durch kontinuierliche Informationsrunden zum Beispiel fehleranfällige ad-hoc-Abstimmungen unter Zeitdruck. Ein proaktiver Wissenstransfer ermöglicht es jedem Einzelnen, bereits im Vorfeld Aktivitäten eigenverantwortlich durchzuführen, bevor Sonderaktionen gestartet oder große Gremienrunden einberufen werden müssen. Zeit bedeutet bei Unternehmenstransaktionen auch immer gleichzeitig Gewinn
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oder Verlust von Marktanteilen, da die Wettbewerber natürlicher Weise mit voller Energie gleichzeitig ihre Geschäftsaktivitäten vorantreiben und unter Umständen versuchen werden, Kapital aus der projektbedingten, vermeintlich vorübergehend geschwächten Konstitution ihres Mitstreiters zu schlagen. Müssen beispielsweise Vertriebsmitarbeiter vor Vertragsabschlüssen in der Übergangsphase permanent ihre Kollegen aus dem Partnerunternehmen kontaktieren oder Kundenkontakte ziellos „umher reichen“, bis der geeignete Ansprechpartner mit dem erforderlichen Produktwissen gefunden ist, so ist es sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis der betroffene Kunde sich einen Anbieter mit reibungsloserer Kaufabwicklung sucht. x
Know-how-Ziele sind in diesem Zusammenhang der Kernaspekt für die Optimierung des zugrunde liegenden Erfolgsfaktors. Betroffen sind hier in besonderem Maße F&Eintensive Branchen, bei denen es im Zuge von M&A-Transaktionen darauf ankommt, möglichst schnell die existierenden Forschungs- und Entwicklungsabteilungen zu koordinieren und die zugrunde liegenden Prozesse zusammenzuführen. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf die Pharmaindustrie verwiesen. So führt das M&A-Journal unter der Überschrift „Fresenius erwirbt indischen Krebsmittelhersteller Dabur“ aus: „Der Gesundheitskonzern Fresenius SE kauft die Mehrheit des indischen Krebsmedikamentenherstellers Dabur Pharma Ltd. Die Tochter des Unternehmens mit Sitz in Bad Homburg v.d.H., die Fresenius Kabi Deutschland GmbH, kauft 73,3% der Aktien von Dabur. In einem öffentlichen Übernahmeangebot will das Unternehmen weitere Aktien erwerben. Fresenius Kabi ist vor allem auf Infusionstherapien und medizinische Ernährung spezialisiert. Der Kaufpreis liegt nach Angaben von Fresenius bei 139 Mio. Euro, die komplett mit verfügbaren Fremdmitteln finanziert werden. Durch die Akquisition kann Fresenius Kabi sein Angebot an intravenös verabreichten Medikamenten deutlich erhöhen und sichert sich langfristig die Versorgung mit hochwertigen Zytostatika, die das Zellwachstum hemmen und zur Behandlung von Krebserkrankungen benutzt werden. Das in Neu-Delhi sitzende Unternehmen Dabur beschäftigt 960 Mitarbeiter und erzielte 2007 einen Umsatz von etwa 41 Mio. Euro. Dabur zählt zu den führenden Anbietern von Generikamedikamenten für die Krebstherapie. Vor allem im Bereich Zytostatika gehört es zu den wenigen Unternehmen, die internationale Zulassungen zur Herstellung dieser Wirkstoffe über die komplette Wertschöpfungskette besitzen.“ (Quelle: M&A-Journal 06/2008, www.ma-online.de). Aus diesem Beispiel wird ersichtlich, dass die Vervollständigung der Produktpalette, hier die Erweiterung von Medikamenten zur Krebsbehandlung, eine intensive Koordination mit der diesbezüglich bereits vorhandenen Produkten erfordert, um nicht Doppelarbeiten zu vollziehen und die angestrebten Synergievorteile auch wirklich heben zu können.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Gleichsam erstreckt sich ein intensiver Wissensaustausch auch auf die Kostenvorteile im Unternehmen. Das beginnt damit, dass Reibungsverluste auf Grund fehlender Informationen in der Regel immer mit Zusatzkosten verbunden sind, wie etwa bei Durchführung von überflüssigen Transportvorgängen aus Unwissenheit bezüglich der richtigen Lagerorte.
x
Information und Wissen tragen zur Reduktion von Risiko bei. Im Idealfall der vollkommenen Information wird ein Verantwortlicher keine falsche Entscheidung treffen, da alle relevanten Tatbestände in sein Kalkül eingehen. Fehlen hingegen wichtige Informationen, so kann das empfindliche Auswirkungen haben, wie folgendes Beispiel über den finanziellen Einstieg der Hans R. Schmid Beteiligungs GmbH an Franke & Heidecke zeigt, welches im Markt für Mittelformat- und Fachkameras sowie Projektoren unter anderem die Marke Rolleiflex innehat: „Zunächst lief die Sanierung erfolgreich an. Zusätzliche Spezialisten wurden eingestellt, die Schwachstellen im Unternehmen durchleuchtet und Millionen unter anderem in Fertigung und Qualitätssicherung investiert. Doch dadurch waren die Versäumnisse der Vergangenheit nicht mehr aufzuholen. Den finanziellen Todesstoß versetzten dem Unternehmen finanzielle Altlasten, die dem neuen Investor laut eigenen Angaben bei der Übernahme nicht bekannt waren …“. (Quelle: Profifoto, Nr. 4/2009, S. 38). Erfolgsfaktor: Intensives Wissensmanagement und Informationsaustausch Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation
Wissensmanagement und Informationsaustausch sind die Grundpfeiler einer exzellenten internen Kommunikation.
Kontinuierliche Durchführung von M&A
Eine kontinuierliche Durchführung von M&A folgt einem klaren strategischen Entwicklungspfad, dessen präzise Ausarbeitung nur auf Basis von fundiertem Wissen und dem Austausch von Informationen funktionieren kann.
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation
Wissensmanagement und Informationsaustausch sind die Grundpfeiler einer exzellenten externen Kommunikation.
Excellente Due Diligence
Eine Due Diligence ist das zentrale Informationsmedium einer M&ATransaktion und ist entsprechend mit den erforderlichen Inputs in Form von Daten, Informationen und Wissen zu füttern.
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Um sich ein realistisches Bild des Targets machen zu können, ist viel Erfahrung, Wissen und Informationsmaterial erforderlich.
Proaktives Risikomanagement
Risiken können nur dann fundamental bewertet werden, wenn alle erforderlichen Informations- und Wissensbausteine strukturiert verfügbar sind.
Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
Eine Post-Deal-Bewertung greift die Ergebnisse der ursprünglichen Bewertung erneut auf, welche entsprechend aufbereitet zur Verfügung gestellt werden müssen.
Abbildung 91: Wertsteigerung durch Wissensmanagement und Informationsaustausch
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3.3.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die Gestaltung eines effektiven und effizienten Wissenstransfers beziehungsweise Informationsaustausches im Sinne des Informationsmanagements umfasst dabei nach WOLLNIK (vgl. Wollnik 1988, S. 38): x
die Ebene des Informationseinsatzes: der Inhalt dieser Ebene besteht in der Planung, Organisation und Kontrolle des Informationsbedarfs und seiner Deckung für alle wesentlichen in einer Institution auftretenden Verwendungszwecke (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 135).
x
die Ebene der Informations- und Kommunikationssysteme: darunter sind „… aufeinander abgestimmte Arrangements personeller, organisatorischer und technischer Elemente …“ (Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 136) zu verstehen, deren zentrale Aufgabe in der Deckung des Informationsbedarfs besteht. Die Herausforderung besteht hierbei, genau diese Abgestimmtheit sicherzustellen und damit Systembrüche zu vermeiden sowie Schnittstellen möglichst reibungslos zu gestalten. Dennoch wird „… die Integration der Unternehmen und der IS-Infrastruktur in den wenigsten Fällen vollständig abgeschlossen …“ (Rentrop 2004, S. 261).
x
die Ebene der Infrastrukturen der Informationsverarbeitung und Kommunikation: auf dieser Ebene geht es um die technischen Systeme, die für die Informations- und Kommunikationsaufgaben erforderlich sind. Komplexe, datenbankbasierte WissensmanagementSysteme gehören hier ebenso dazu wie die klassischen Funktionalitäten von Telefon, Fax oder Email.
Im Zusammenhang mit dem Erfolgsfaktor zum Wissensmanagement und Informationsaustausch erscheint insbesondere die unter dem zweiten Punkt genannte Schaffung eines abgestimmten Arrangements zwischen Personen, Organisationen und technischen Elementen relevant, die bei der Zusammenführung von Unternehmen einer näheren Betrachtung zu unterziehen sind. Wichtige Instrumente bilden in diesem Zusammenhang (vgl. Rose 2007, S. 40 f.): x
Interne Lehrgänge: hierbei handelt es sich um gezielte Schulungen, an denen Mitarbeiter aus allen beteiligten Unternehmens teilnehmen und sich gegenseitig die wichtigen Wissensthemen vermitteln. Ein Ziel besteht dabei auch im Erreichen von Multiplikatoreffekten, indem das Erlernte in den eigenen Bereich hineingetragen wird.
x
Coaching: im Gegensatz zu den internen Lehrgängen handelt es sich hierbei um eine individuellere Variante. Einzelne Mitarbeiter bekommen gezielt einen Coach zur Seite gestellt, der sie bei bestimmten Themen berät und schult.
x
Job Rotation: gerade bei M&A-Transaktionen ist es oftmals sinnvoll, dass die ehemals getrennten Mitarbeiterwelten nicht weiterhin nur nebeneinander stehen, sondern dass eine aktive Teilnahme an den Aufgaben im vormals „anderen Unternehmen“ stattfindet. Die
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Job Rotation fördert so sehr stark die Wissensweitergaben und gleichzeitig auch die interkulturelle Kompetenz bei grenzüberschreitenden Transaktionen. x
Job Redesign: durch Neustrukturierung der jeweiligen Aufgabenbereiche erhalten die Mitarbeiter neue Themen und neue Wissensanforderungen.
x
Story Telling: nicht zu unterschätzen ist auch der Motivationsaspekt der gezielten Weiterverbreitung von Erfolgsgeschichten im Unternehmen. Gerade diese oftmals informell verbreiteten Informationen werden in unkomplizierter Atmosphäre bereitwillig weitergegeben und erzielen dadurch auch einen Lerneffekt.
x
Firmenuniversitäten: in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße macht es unter Umständen auch Sinn, größere Einrichtungen wie Firmenuniversitäten ins Leben zu rufen und auf diesem Wege gezielt und strukturiert Wissensinhalte zu vermitteln. Interessant ist dies sicherlich insbesondere auch für forschungs- und entwicklungsintensive Bereiche, wenn z.B. der Geschäftsbereich Gießerei eines Produzenten von Automobilkomponenten einen Lehrstuhl für Gießereitechnik initiiert.
3.3.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Wie sich die vorab beschriebenen Instrumente zum Wissensaustausch bewähren, lässt sich in der Regel schwer in messbare Größen fassen. Zwar lässt sich die Inputseite relativ unproblematisch erfassen, beispielsweise die Anzahl der Mitarbeiter, welche eine bestimmte Schulung besucht haben, auf der Outputseite besteht allerdings das fundamentale Problem der Wissensmessung (vgl. Rose 2007, S. 81 ff.). Gerade das aber wäre ein wichtiges Anliegen eines wertorientierten M&A-Controlling, um die Effektivität von Kommunikation und Wissensaustausch während der Transaktion greifbar zu machen und gegebenenfalls steuernd eingreifen zu können. PICOT/FIEDLER unterscheiden dabei zwei Nutzenkategorien, welche sich aus einer Messung und Bewertung für das Unternehmen ergeben (vgl. Picot/Fiedler 2000).: x
Koordinationsaspekte: o effektivere Steuerung der unternehmerischen Wissensbasis, o bessere Beurteilung der Bedeutung der Wissensmanagementaktivitäten für das Unternehmen, o Vereinfachung der Kommunikation gegenüber externen und internen Zielgruppen, o Ermöglichung einer Neuausrichtung des Unternehmens durch Abstimmung zwischen Unternehmens- und Wissenszielen, so dass eine Identifikation von relevantem Wissen und die Ableitung von Handlungsempfehlungen ermöglicht werden.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz x
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Motivationsaspekte o Schaffung einer Bereitschaft zur Wissensteilung, o Explizierung vorhandener Annahmen, o gezielte Anreizsetzung zur Leistungssteigerung.
Zur Lösung des Mess- und Bewertungsproblems von Wissen bietet ROSE die deduktivsummarische sowie die induktiv-analytische Wissensmessung an (vgl. Rose 2007, S. 83-92). Bei der deduktiv-summarischen Wissensmessung wird versucht, die Wissensbestände im Unternehmen anhand der Differenz zwischen Marktwert und Buchwert der Unternehmung zu bewerten. Dieses Vorgehen fußt auf der Tatsache, dass zwischen diesen beiden Werten in der Realität zum Teil erhebliche Unterschiede bestehen, was an den Börsennotierungen von Aktiengesellschaften direkt abgelesen werden kann. Zwischen diesen beiden Werten können allerdings nur immaterielle Tatbestände stehen, also beispielsweise Zukunftserwartungen im Hinblick auf eine positive Geschäftsentwicklung oder eben der Wert von Wissen. Buchhaltungstechnisch bedingt, beinhaltet der originäre Buchwert von Unternehmen keine Wertansätze für Wissen, also intellektuelles Vermögen, auch wenn es Überlegungen zur Bilanzierung von Wissen gibt (vgl. Rose 2007, S. 90-92). In Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen sind Markt- und Buchwerte der beteiligten Unternehmen allerdings einer Vielzahl von Sondereinflüssen ausgesetzt, so dass der Ansatz der deduktiv-summarischen Wissensmessung für das wertorientierte M&A-Controlling nicht zielführend erscheint. PICOT/FIEDLER bezeichnen die Aussagekraft eines Wissens-Indikators basierend auf der Marktwert-BuchwertRelation entsprechend als „… sehr gering und für die Messung und Bewertung einer komplexen Ressource wie Wissen kaum geeignet …“ (Picot/ Fiedler 2000). Die induktiv-analytische Wissensmessung versucht im Gegensatz zur deduktiv-summarischen Methode, die Wertentwicklung isolierter Bestandteile zu bewerten. Hierbei werden über gezielte Indikatoren und Kennzahlen Rückschlüsse auf die Effekte von Lernen und damit Wissenstransfer gezogen. Bekannte Instrumente in diesem Zusammenhang sind beispielsweise die Balanced Scorecard, der Skandia Navigator, der Intangible Asset Navigator sowie der Intellectual Capital Navigator (vgl. Picot/Fiedler 2000). Am Beispiel der Balanced Scorecard wird deutlich, wie deren konkreter Einsatz die Messung und Bewertung von Wissen unterstützen kann. Dabei sind drei Schritte zu durchlaufen (vgl. Picot/Fiedler 2000): x
Identifikation der Werttreiber und Wertfaktoren basierend auf der Unternehmensstrategie,
x
Operationalisierung mit Hilfe geeigneter Indikatoren,
x
Klassifizierung und Monitoring der ausgewählten Größen.
Vom Prinzip her geht es also um die Herstellung einer Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen den strategiebasierten finanziellen Unternehmenszielen und den in diesem Fall schwer-
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
punktmäßig auf der Ebene der Lern- und Wachstumsperspektive angesiedelten Wissensthemen des Unternehmens. Das Vehikel Werttreiber dient dabei zum Drill Down der finanziellen Ziele über die Kunden- und Prozessperspektive bis hin zu den Lern- und Wachstumszielen, so dass hier - ausgehend von den erforderlichen Maßnahmen - Kennzahlen für deren Monitoring entwickelt werden können. Die interessante Frage, welche Kennzahlen nun auf der Wissensebene die hier ablaufenden Aktivitäten und Ergebnisse messen, so dass letztendlich die erwünschte Wertsteigerung des Unternehmens in Summe gewährleistet werden kann, legen PICOT/FIEDLER in die Hände der Verantwortlichen in den einzelnen Unternehmen: „Wichtig ist allerdings, dass die Kennzahlen und Indikatoren für jedes Unternehmen individuell und in intensiver Zusammenarbeit mit den Prozessträgern herausgearbeitet werden, um so die Wissensflüsse im Unternehmen optimal zu unterstützen.“ (Picot/Fiedler 2000). Diesem Tenor ist im Grundsatz zuzustimmen, dennoch erscheinen gewissen Rahmenfaktoren im Unternehmen generell ein Indiz für eine positive Umgebung zur Sicherstellung eines Wissens- und Informationsaustausches zu sein. Beispielsweise deutet die Fluktuationsquote bei Experten gleichzeitig auch auf eine Fluktuation von Wissen hin, sowohl in positivem Sinne von Informationszufluss, aber auch durch den möglichen negativen Effekt eines Informationsabflusses. Der Austausch von Experten zwischen den an der M&A-Transaktion beteiligten Unternehmen kann aber durchaus zu positiver Wissensvernetzung führen. Es ist also zu unterscheiden zwischen externen Fluktuation sowie einer Fluktuation zwischen den an der Transaktion beteiligten Unternehmen: ݊݅ݐܽݑݐ݇ݑ݈ܨௗ ൌ ܲ݁݁݃݊¡݃ݑݖ݈ܽ݊ݏݎௗ െ ܲ݁݁݃݊¡ܾ݈݃ܽܽ݊ݏݎௗ d = definierter Beobachtungszeitraum i = Beobachtungsbereich (Gesamtunternehmen, Funktionsbereich o.ä.) beziehungsweise in Prozent vom Personalbestand: ݊݅݁ݐݑݍݏ݊݅ݐܽݑݐ݇ݑ݈ܨΨ ൌ
ܲ݁݀݊ܽݐݏܾ݈݁ܽ݊ݏݎ௧ାଵ െ ܲ݁݀݊ܽݐݏܾ݈݁ܽ݊ݏݎ௧ ͲͲͳ כ ܲ݁݀݊ܽݐݏܾ݈݁ܽ݊ݏݎ௧
t = definierter Beobachtungszeitpunkt i = Beobachtungsbereich (Gesamtunternehmen, Funktionsbereich o.ä.) Die Zusammenführung von Mitarbeitern in expliziten, unternehmensübergreifenden Gremien zum Informationsaustausch kann einen weiteren Effekt in diese Richtung erzeugen. Es macht eventuell Sinn, die Anzahl und die Frequenz dieser Gremien zu monitoren, wobei ein „Mehr“ nicht unbedingt im Sinne eines „Besser“ verstanden werden muss, sondern vielmehr kommt es darauf an, dass entsprechende Aktivitäten überhaupt angegangen werden. Geht man davon aus, dass eine bestimmte Information verfügbar ist, so besteht in Zusammenhang mit M&ATransaktionen noch immer die Frage, wer darauf zugreifen kann. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Systemintegration, welche der grundlegende Baustein dafür ist,
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesstransparenz
257
dass Informationsaustausch überhaupt praktikabel wird. Nur wenn die systemischen Voraussetzungen geschaffen werden, kann auch ein reibungsloser Informations- und Wissenstransfer bestehen. Inwieweit ein Wissens- und Informationsaustausch bilateral überhaupt funktionieren kann, hängt von der Kompatibilität der entsprechenden Mitarbeiter ab. Berufserfahrung und Ausbildungsniveau können beeinflussende Faktoren darstellen. Erstere kann beispielsweise in Form der durchschnittlichen Erfahrung im aktuellen Beruf pro Bereich in Jahren ausgewiesen werden. Das Ausbildungsniveau lässt sich differenziert erfassen, eine vielfach verwendete Kennzahl in diesem Zusammenhang stellt der Akademikeranteil in % der Belegschaft dar. Eine weitere Institutionalisierung wird vielfach auch über das Angebot von Schulungen und Trainings erreicht. Gerade während Unternehmenstransaktionen ist ein weites Austauschspektrum für den Wissens- und Informationsaustausch abzudecken, das von kulturellen Aspekten bis hin zu Entwicklungs-Know-how reicht. Ein weiterhin bedeutsamer Faktor besteht in der motivationalen Komponente, die kennzeichnet, inwieweit die Mitarbeiter an einem Wissens- und Informationsaustausch interessiert sind. Diese Fragestellung soll weiter unten in Zusammenhang mit den Motivations- und Anreizsystemen erläutert werden. In nachfolgender Tabelle werden die diskutierten Kennzahlen zusammengefasst. Kennzahl/ Rechnungsziel Fluktuation von Experten pro Zeiteinheit
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Indikator für den Wissensab- und Wissenszufluss
Anzahl von expliziten Gremien für den unternehmensübergreifenden Informationsaustausch und Frequenz des Zusammenkommens
x Ist der Informationsaustausch zwischen den Unternehmen institutionalisiert?
Anteil an verfügbaren Informationen, auf die alle Transaktionspartner zugreifen können
x Können alle relevanten Personen auf bestimmte Informationen zugreifen? x Bestehen die organisatorischen und systemischen Voraussetzungen für einen reibungslosen Informationsaustausch und Wissenstransfer?
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Die Abwanderung von Experten im Zuge von M&A-Transaktionen kann den notwendigen Wissens- und Informationsaustausch erheblich gefährden, da das Wissen dem neuen Unternehmen verloren geht x Eventuell vorteilhaft bei Fluktuation zwischen den beteiligten M&AUnternehmen x Differenzierung nach Bereichen: F&E, Vertrieb, Administration, Instandhaltung, Qualitätssicherung, Logistik x Mehr noch als die Quantität der Gremien ist deren Qualität relevant x Anzahl kann aber ein wichtiger Faktor für die Aufrechterhaltung der generellen Aktivitäten sein x Die systemische Komponente ist insbesondere eine Hauptaufgabe in der Integrationsphase. x Bereits in der Vorfeldphase sind geeignete Instrumente bereitzustellen, die einen unkomplizierten, gegenseitigen Informationsaustausch ermöglichen.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Anzahl Systemschnittstellen/-brüche
Durchschnittliche Berufserfahrung in Jahren
Durchschnittliches Ausbildungsniveau
Anzahl Schulungsstunden/Trainings je Mitarbeiter
x Behindern die bestehenden Systeme den Informationsaustausch? x Besteht Gefahr des Informationsverlustes durch das Passieren zu vieler Schnittstellen? x Abschätzung des Potenzials/der Kompatibilität für den Wissenstransfer
x Abschätzung des Potenzials/der Kompatibilität für den Wissenstransfer x Beispiel: Akademikeranteil in % der Belegschaft x Indikator für die „Zukunftsfähigkeit“ x Sicherstellung eines gezielten Wissens- und Informationstransfers
x Ausgangspunkt bildet eine Systemlandkarte x Schnittstellen können durch Systeme und deren Benutzer bedingt sein x Charakterisiert das „Können“ für den Informationsaustausch x In Zusammenhang mit der Motivationskomponente zu betrachten x Zu differenzieren nach Bereichen und Funktionen x Charakterisiert das „Können“ für den Informationsaustausch; ist in Zusammenhang mit der Motivationskomponente zu betrachten
x Spezifizierung in Unterthemen und Abgleich mit Benchmarkwerten erforderlich x Abstimmung mit den individuellen Mitarbeiterzielen
Tabelle 14: Kennzahlen zum Wissensmanagement und Informationsaustausch
Zum Abschluss der Diskussion dieses Erfolgsfaktors sei auf eine Aussage von Schumann verwiesen, der noch einmal die Bedeutung der spezifischen, individuellen Anwendung der Instrumente und Methoden des Wissensmanagements verweist: „Abgeleitete Integrationserfahrung kann deshalb niemals ohne Rücksicht auf die fallspezifisch herrschenden Umfeldvariablen und deren Wirkungszusammenhänge generalisierend auf zukünftige Integrationen angewendet werden.“ (Schumann 2005, S. 98).
3.4 3.4.1
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessgestaltung
3.4.1.1 Das Wesen der Prozessgestaltung „Unter Prozessgestaltung wird die Verbesserung und Neuausrichtung sämtlicher Aktivitäten zur Leistungserstellung sowohl direkter (Produktion, Logistik) als auch indirekter Bereiche (Verwaltung, Vertrieb) verstanden“ (Brede 1998, S. 83). Umfassende Prozesstransparenz im Unternehmen ist Grundvoraussetzung für die Durchführung fundierter und nachhaltiger Prozessgestaltungsmaßnahmen, die im Wesentlichen folgende Kernaufgaben zu erfüllen haben (vgl. Brede 1998, S. 83):
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
259
x
Senkung des bisherigen Prozessniveaus (Höhe),
x
Standardisierung und Verringerung der Verknüpfung einzelner Prozessschritte (Komplexität),
x
Zeitliche Straffung der Abläufe sowie Parallelisierung (Zeit),
x
Optimierung von Input zu Output (Produktivität),
x
Automatisierung von Routineprozessen (Automation),
x
Risikodämpfung und -reduktion bei Prozessabläufen.
Während die Prozesstransparenz die entscheidenden Informationen über die Performance der unternehmerischen Prozesse beinhaltet und es ermöglicht, Wertsteigerungspotenziale zu identifizieren, erfolgt die eigentliche Realisierung dieser Wertsteigerungspotenziale erst in der Phase der Prozessgestaltung: mit der Verfügbarkeit von quantitativen und qualitativen Informationen zur Prozessperformance kann die Prozessdurchführung im Hinblick auf Effektivität und Effizienz gleichermaßen gesteuert werden. Die Zielvorgabe im Sinne der Effektivität erhält die Prozessgestaltung aus der vorgelagerten Strategie (vgl. Abbildung 92).
Effektivität „Die richtigen Dinge tun“
Effizienz „Die Dinge richtig tun“ Prozessgestaltung
Prozessstrategie
Abbildung 92: Prozessstrategie und Prozessgestaltung im Spannungsfeld von Effektivität und Effizienz
Es ist zu betonen, dass die Phase der Prozessgestaltung nicht dann einsetzt, wenn die Schaffung der Prozesstransparenz beendet ist, sondern dass es sich vielmehr um überlappende Prozesse handelt: die einmal ermittelten Prozessinformationen müssen auch im Zuge der Prozessgestaltung permanent aktualisiert werden, um nicht Prozesssteuerungsmaßnahmen unter Zugrundelegung einer veralteten Datenbasis zu treffen. Insofern können für die Phase der Prozessgestaltung zwei inhaltliche Schwerpunkte identifiziert werden: x
Im konzeptionellen Teil wird auf Basis der vorab ermittelten Informationen der Prozesstransparenz die Gebildestruktur für die zukünftige Prozesslandschaft definiert.
260 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Im operativen Teil wird das erarbeitete Konzept realisiert, das heißt, die im Unternehmen ablaufenden Prozesse werden physisch so verändert, dass sie der definierten ZielGebildestruktur entsprechen. Veränderung bedeutet in diesem Zusammenhang beispielsweise, nicht-wertschöpfende Prozessschritte in Zukunft nicht mehr auszuführen oder auch Maschinen zu versetzen, um einen reibungslosen Prozessablauf zu gewährleisten.
Abbildung 93 zeigt die Einbettung der Prozessgestaltung in den gesamten Prozessmanagement-Zyklus, der ausgehend von der Prozessstrategie und auf Basis einer Herstellung von durchgehender Prozesstransparenz die Prozessgestaltungsmaßnahmen ableitet. Das mögliche Spektrum reicht dabei von den inkrementalen Maßnahmen der laufenden Prozessverbesserung bis hin zu den revolutionären Prozessneuentwicklungen. Sowohl die Prozessabläufe selbst als auch die Veränderungsmaßnahmen werden mit Hilfe der Prozesssteuerung überwacht und das Gesamtsystem in einer Prozessorganisation verankert. Zurückgreifend auf die Ergebnisse eines detaillierten Marktvorbaus kann so nachhaltige Kundenbegeisterung erzeugt werden, wobei als „Prozesskunden“ sowohl interne als auch externe Abnehmer zu verstehen sind. Deutlich wird das beispielsweise bei der Due Diligence, welche Informationen sowohl für das eigene Unternehmen als auch für unternehmensexterne Dritte ermittelt. Prozessmanagement from idea to value® ProzessStrategie
Marktvorbau
ProzessTransparenz
ProzessGestaltung
ProzessSteuerung
Kundenbegeisterung
ProzessOrganisation
hoch
Produkt- und Prozessneuentwicklung Business Reengineering Process Reengineering
niedrig
Radikalität der Maßnahme
Spektrum der Prozessgestaltung
Laufendes Prozessmanagement niedrig
Ergebnisse
Reifegrad der Prozessstruktur
hoch
Verbesserte Grundlagen für strategische Entscheidungen Verbesserte Erfüllung von Markt- und Kundenbedürfnissen Verbesserte Steuerung aller Bereiche Erhöhte Wettbewerbsfähigkeit Erhöhte Profitabilität und nachhaltige Wertsteigerung
Abbildung 93: Prozessmanagement und Spektrum der Prozessgestaltung (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 35)
Die Maßnahmen der Prozessgestaltung haben im Rahmen von M&A-Transaktionen insofern eine besondere Bedeutung, als dass sie unmittelbar die sensible Phase der Integration tangieren und ihren Fortschritt maßgeblich bestimmen. Die Integrationsphase als eine entscheidende Determinante des Erfolgs einer Unternehmenstransaktion bedarf deshalb einer sehr individuellen, auf die einzelne Transaktion abgestimmten Vorgehensweise in der Prozessgestaltung.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
261
Dabei ist insbesondere auf die zu gestaltenden Prozesse, die Zielvorgaben sowie die Gestaltungsinstrumente Bezug zu nehmen.
3.4.1.2 Konstitutive Elemente der M&A-Prozessgestaltung Die Prozessgestaltung greift oftmals tief in die bestehenden Strukturen im Unternehmen ein und ist, auf Grund der einschneidenden Konsequenzen, in der Regel zumindest für einen bestimmten Zeitraum irreversibel. Es ist also unbedingt erforderlich, dass die im letzten Abschnitt angesprochene Ziel-Gebildestruktur wohl durchdacht ist und, sofern möglich und vom Aufwand her vertretbar, bereits vor der physischen Integration anhand von geeigneten Simulationsmodellen im Hinblick auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft wird. Stellt man die Frage nach den Objekten der Prozessgestaltung, so wird klar, dass diese neben der reinen Prozessmodifikation insbesondere auch Einfluss auf die Menschen hat, die unmittelbar an diesen Prozessen beteiligt sind und an diesen im Rahmen ihrer täglichen Arbeit mitarbeiten. So ist es auch unmöglich, eine nachhaltige Neugestaltung, oder auch „Restrukturierung“, von Prozessen bei M&A-Projekten ohne Einbezug der darin involvierten Mitarbeiter durchzuführen. Sollte man dennoch dieses losgelöste Vorgehen wählen, so ergeben sich unmittelbar die Probleme, welche sich in der öffentlichen Diskussion über Unternehmenstransaktionen in Begrifflichkeiten wie Kulturschock, Führungskräfteabwanderung oder Mitarbeiterfrustration niederschlagen und letztendlich auch zum Scheitern des Gesamtprojektes spätestens in der Post-Merger-Integration führen können. Auf Grund dieses Sachverhalts wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff „Prozessgestaltung“, der seinen Fokus auf den M&AProzess „Strukturentwicklung und -durchsetzung“ legt, immer in sehr starkem Zusammenhang mit der Phase der Prozessverantwortung gesehen. Organisation
Personalführung
Verteilung von Aufgaben Verteilung von Weisungsrechten Verteilung von Entscheidungsrechten Programmierung Kommunikationsstruktur
Führungsprinzipien und Führungsstil Koordination
Motivations- und Anreizsysteme Personalentwicklung
Machtstruktur
Abbildung 94: Interdependenzen zwischen Organisation und Personalführung (Quelle: Küpper 2005, S. 324)
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Ähnlich verhält sich die Antwort auf die Frage nach den relevanten Führungsteilsystemen des Controlling. Auch wenn im Rahmen des Kapitels zur Prozessgestaltung schwerpunktmäßig das Führungsteilsystem Organisation betroffen ist, muss gleichfalls eine übergreifende Koordination von Organisation und Personalführungssystem gefordert werden, um den Anforderungen an eine zukunftsweisende Prozessgestaltung gerecht zu werden. KÜPPER hebt im Hinblick darauf hervor, dass zum einen die Gestaltung des Anreizsystems als wesentlicher Bestandteil der Personalführung beziehungsweise -veränderung von der Organisationsstruktur abhängig ist, auf der anderen Seite jedoch gleichzeitig „… den durch eine Veränderung der Organisationsstruktur ausgelösten Problemen durch die Anpassung des Anreizsystems begegnet werden“ (Küpper 2005, S. 330) kann. Abbildung 94 verdeutlicht diesen Zusammenhang. Abschließend seien in Abbildung 95 die konstitutiven Elemente der Prozessgestaltung zusammengefasst, die Gegenstand der nun folgenden, vertiefenden Betrachtungen sein werden. Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Prozess Personal Motivation Incentivierung
Abbildung 95: Konstitutive Elemente der M&A-Prozessgestaltung
3.4.1.3 Vorgehen bei der Prozessgestaltung Von allen Kernprozessen zeichnet sich der Strukturentwicklungs- und Strukturdurchsetzungsprozess durch die vielfältigsten Kernaktivitäten aus. Diese bestehen nach LUCKS/MECKL (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 96-132) x
im Führungskonzept,
x
in der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit,
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung x
im Pre-Closing-Integration-Plan,
x
in den internen Beschlüssen,
x
in den Verhandlungen/ Umsetzungsverträgen,
x
in der kartellrechtlichen Prüfung / Closing,
x
in der organisatorischen/ rechtliche Umsetzung sowie
x
in Folgestrukturierungen.
263
Die dabei zu gestaltenden Prozesse und die Form der Prozessgestaltung werden ihrerseits durch den Strategieplanungsprozess bestimmt (vgl. Abschnitt 3.2). An dieser Stelle sei deshalb noch einmal auf Abbildung 47 auf Seite 134 verwiesen, die einen Zusammenhang zwischen dem Strategietyp, der M&A-Form sowie dem prozessualen Optimierungsschwerpunkt herstellt. Je nach der unter dem Primat der Wertsteigerung formulierten strategischen Stoßrichtung ergeben sich hieraus die konkreten Optimierungsschwerpunkte in der unternehmerischen Prozesslandschaft. Greift man das Beispiel der angestrebten Produktführerschaft im Product Lifecycle Management auf, so wird für eine Reduzierung von Schnittstellen in der F&E eine vertikale M&A-Form empfohlen. Häufig ist jedoch die im Strategieplanungsprozess erarbeitete Vorlage nicht konkret genug, um darauf operative Prozessgestaltungsmaßnahmen aufsetzen zu können. Zwar wird die strategische Stoßrichtung vorgegeben, aus der die relevanten Prozesse auf aggregierter Ebene hervorgehen, Gestaltungsmaßnahmen benötigen jedoch eine detailliertere Aufbereitung des Prozessgefüges – in einigen Fällen noch detaillierter, als die Ergebnisse der Prozesskostenerhebung im Zuge der Erarbeitung von Prozesstransparenz im ersten Schritt bereitzustellen vermag. Hier zeigt sich der Vorteil im Gesamtansatz der Prozesskostenerhebung: x
In einem ersten Schritt wird zur Herstellung von Prozesstransparenz das unternehmerische Prozessgefüge visualisiert und mit entsprechenden Kapazitäts- und Kostendaten hinterlegt, ohne jedoch bis auf atomare Einzel-Prozess-Ebene vorzustoßen. Dieses Vorgehen ermöglicht eine schnelle und einfache Durchführung der Prozesskostenerhebung.
x
Die Ergebnisse der Prozesskostenerhebung lassen Schwachstellen im Prozessgefüge erkennen, die einer Optimierung bedürfen. Diese Schwachstellen werden auf Basis eigener Erfahrungen oder mit Hilfe von Benchmarkinformationen identifiziert. Man bewegt sich dabei immer noch auf dem höheren Aggregationslevel und kann auf diese Weise schnell voranschreiten, ohne sich in komplexen, tiefen Zusammenhängen zu verlieren.
x
Für die identifizierten Optimierungsbedarfe werden schließlich so genannte „Tiefenbohrungen“ durchgeführt, um zu den detaillierteren Informationen zu gelangen, die für eine operative Optimierung der betroffenen Prozesse erforderlich sind. Der TiefenbohrungsAnsatz beschränkt sich dabei auf die wirklich zentralen Prozesse und bewahrt vor einer
264
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
durchgehenden, komplexen und zeitaufwändigen Prozesserhebung auf Detailebene, wie sie beispielsweise von der klassischen Prozesskostenrechnung praktiziert wurde. Die Frage, wie viele Prozesse im Zuge einer Unternehmenstransaktion gestalterisch modifiziert werden können, lässt sich nicht pauschal beantworten. Sicher ist jedoch, gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Business Process Reengineering (BPR) in der Vergangenheit (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 227 ff.), dass ein „sich gleichzeitig mit zu wenig Ressourcen zu viel zumuten“ in vielen Fällen ein Mitgrund für das letztendliche Scheitern des M&A-Projektes darstellt. Ein derartiges Vorgehen bringt in der Regel eine Reihe von Widerständen und falschen Ansätzen mit sich und geht, in Analogie zu den Hauptgründen für das Scheitern von BPR-Projekten, mit folgenden Symptomen einher (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 228): x
Widerstand des mittleren Managements,
x
Falsches Verhalten der Vorgesetzten,
x
Mangelnder Einsatz des Managements,
x
Optimierung von Teilprozessen,
x
Konzentration auf Einzellösungen,
x
Rationalisierung statt Prozessgestaltung sowie
x
Zeitdruck.
Um derartige Problemfelder bei Unternehmenstransaktionen bereits im Vorfeld zu vermeiden, sind die Prozesse zu priorisieren und die Abarbeitung der entsprechenden Gestaltungsmaßnehmen auf einem ehrgeizigen, aber für die Organisation verkraftbaren Zeitplan zu terminieren. Insbesondere ist dabei sicherzustellen, dass die erforderlichen Ressourcen in Form von Mitarbeitern zu den entsprechenden Zeitpunkten mit dem benötigten Zeitkontingent auch verfügbar sind. Die Priorisierung der einzelnen Prozesse kann nun nicht einfach nach dem Wertsteigerungspotenzial der damit verbundenen Maßnahmen erfolgen, da gerade bei prozessualer Betrachtung eine Vielzahl interdependenter Ablaufbeziehungen berücksichtigt werden müssen. Eine Methodik, um den eben angesprochenen Zeitplan für die Maßnahmenterminierung der Prozesse strukturiert auszuarbeiten, stellt der Vorgangs-Netzplan (VNP) dar. Seine Hauptfunktion besteht darin, mehrere aufeinander folgende beziehungsweise gleichzeitig ablaufende Aufgaben zu planen. Die Beschreibung der Einsatzmöglichkeiten dieses Instrumentes erfolgt im Abschnitt über die Prozesssteuerung, in dem unter Zugrundelegung der Earned Value Analyse das Thema Vorgangs-Netzplan noch einmal aufgegriffen werden soll. Im Zentrum des Interesses der Prozessgestaltung steht an dieser Stelle stattdessen nun der wertsteigernde Einsatz der entsprechenden Gestaltungsinstrumente.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
265
Stehen die zu gestaltenden Prozesse einschließlich der damit zu erreichenden Ziele fest, so stellt sich die Frage nach den dabei anzuwendenden Gestaltungsinstrumenten. Die grundsätzlich im Rahmen der Prozessgestaltung anwendbaren Ansätze sind in Abbildung 96 dargestellt. Für eine erforderliche Reduzierung von Schnittstellen in einem komplexen Prozessgefüge sind beispielsweise insbesondere die Eliminierung und die Integration für die Erreichung der Zielsetzung geeignet. Eliminierung
Auslagerung
2
2
3
3
1
4
1
5
4
Parallelisierung
5 Integration
2 2
3 1
4
1
5
3 4
5
Variantenbildung
Umlagerung
2 3 1
2 4
1
4
5
3
Automatisierung
Beschleunigung
2 1
5
2
3 4
5
1
3 4
5
Abbildung 96: Maßnahmen der Prozessgestaltung (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 40)
Dabei muss jedoch im Auge behalten werden, dass derartige Prozessgestaltungsmaßnahmen im Zuge von M&A-Transaktionen eine Steigerung von Komplexität im Vergleich zur isolierten Durchführung entsprechender Maßnahmen in einem einzigen Unternehmen bedeutet. In einem Schritt müssen dabei mehrere gestalterische Akte vollbracht werden: x
Identifizierung der Prozesse, die in beiden Unternehmen in gleicher oder ähnlicher Form durchgeführt werden.
266
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Initiierung eines tiefer gehenden Prozess-Benchmarkings für die Prozesse, die strategische Relevanz besitzen beziehungsweise ein hohes Wertsteigerungspotenzial beinhalten, um die Best-Practice aus beiden Unternehmen abzuleiten.
x
Durchführung der Maßnahmen zur Prozessintegration unter Berücksichtigung des BestPractice-Ansatzes.
Abschließend sei in einem Übersichtsbild noch einmal der Ablauf einer Prozessgestaltungsmaßnahme dargestellt, so wie es dem Verständnis der vorliegenden Arbeit entspricht. Ist-Prozessstruktur Unternehmen V
Strategie Unternehmen V
Soll-Prozessstruktur Unternehmen V+K M&AStrategie
Strategie Unternehmen K
Best Practice
+
Externe Benchmarks Referenzmodelle
Ist-Prozessstruktur Unternehmen K
Abbildung 97: Prinzipielles Vorgehen bei der Prozessgestaltung
3.4.2
Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&AControlling
3.4.2.1 Vorbemerkungen Themen der Prozessgestaltung weisen immer einen starken Bezug zur Veränderung bestehender operativer Prozesse auf. Demgegenüber beziehen sich Aspekte der Prozesssteuerung auf einen Abwicklungsprozess der M&A-Transaktion „an sich“. Betrachtet man die in Abbildung 54 gezeigte M&A-Balanced-Scorecard, so lassen folgende Themen einen direkten Zusammenhang zur Prozessgestaltung erkennen, die nachfolgend vertieft beleuchtet werden sollen: x
hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration,
x
starke organisationale Integration der Unternehmen,
x
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
267
3.4.2.2 Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration 3.4.2.2.1 Begriffsklärungen Eine hohe Marktorientierung sollte für Maßnahmen der Prozessgestaltung eine Selbstverständlichkeit sein: Prozesse als die aktivitätsorientierte Verbindung „vom Kunden zum Kunden“ können ihre Rolle als Katalysator zur Schaffung von Kundenzufriedenheit nur dann erfüllen, wenn ihnen der entsprechende Input in Form eines aus den Kundenwünschen abgeleiteten Anforderungskatalogs geliefert wird. Trotzdem kann man immer wieder beobachten, dass diese Marktorientierung, die letztendlich natürlich eine Kundenorientierung bedeutet, nicht in letzter Konsequenz verfolgt wird. Ein Beispiel hierfür stellt der Marktvorbau im Target Costing dar, der den zentralen Input für die Produkt- und auch Prozessgestaltung insbesondere für die Themen des Product Lifecycle Managements liefern soll. Vielfach wird die beste Form, nämlich eine konkrete Befragung von Kunden, aus Zeit- beziehungsweise Kostengründen unterlassen und stattdessen auf Expertenurteile der eigenen Organisation gesetzt. Das sich daraus ergebende Bild der angenommenen Kundenwünsche und Kundenanforderungen reflektiert in der Regel kein marktgerechtes Abbild der Realität. Eine ähnliche Messlatte ist auch für das Vorgehen im Rahmen der Integrationsphase bei M&A-Projekten zu wählen. Man befindet sich dann bereits in einem Status, an dem der Integrationspartner feststeht und in der Regel alle relevanten Parteien über den Transaktionsvorgang informiert sind. So auch die Kunden, deren Abwanderung im Zuge einer Transaktion eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellt (vgl. Scharff 2005). Marktorientierung in der Integrationsphase bedeutet also in erster Linie, die bestehenden Kunden beider Unternehmen zu erhalten und ein Abwandern zur Konkurrenz zu vermeiden, sowie bei Kunden der Konkurrenz das Interesse am eigenen, neu geschaffenen Unternehmen zu wecken. In letzter Konsequenz zielt die Markt- und Kundenorientierung auf den Werttreiber „Umsatzwachstum“ ab, den bei einer Umfrage 85% der befragten Unternehmen noch vor der Realisierung von Kostensynergien zum wichtigsten Ziel bei Unternehmenszusammenschlüssen und Akquisitionen erklärten (vgl. Picot 2005b, S. 23). Die Frage nach den Gründen für die skizzierte Kundenabwanderung versucht SCHARFF anhand verschiedener Modelle zu erklären (vgl. zum Folgenden Scharff 2005, S. 52 ff.). Die sozialpsychologische Theorie von DUCK geht auf eine Untersuchung zur Erforschung von Trennungen von Ehepartnern zurück und leitet daraus vier Gründe für die Beendigung einer Beziehung ab: x
Pre-existing Doom: es existiert eine fehlende Übereinstimmung bei zentralen Prädispositionen, die eine Fortsetzung der Beziehung unmöglich machen. Während vor dem sozialpsychologischen Hintergrund beispielsweise die Intelligenz oder das Aussehen eine Rolle spielen, kann bei geschäftlichen Kontakten zwischen Kunden und Lieferanten das Image
268
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
des Partners von essentieller Bedeutung und ein Imagewandel für den Partner nicht tolerierbar sein. x
Mechanical Failure: ein Fehlverhalten des Partners z.B. in Form von permanent unangemessenen Verhaltensweisen der direkten Ansprechpartner kann ein Auslöser für die Beendigung der Beziehung darstellen.
x
Process Lost: dieser Grund stellt ein klassisches Problem im Hinblick auf M&ATransaktionen dar. Er besagt, dass bestimmte Prozesse nicht mehr so ablaufen, wie es vorgesehen ist beziehungsweise wie es vor der Transaktion der Fall war, da beispielsweise durch die enorme Belastung der Verantwortlichen in der Integrationsphase die Kapazitäten für die aus Kundensicht optimale Prozessdurchführung nicht mehr zur Verfügung stehen. Wichtige Kundenkontakte werden dadurch häufig stark gefährdet und aufs Spiel gesetzt.
x
Sudden Death: tief greifende Ereignisse stellen hierbei einen unmittelbaren Auslöser für die Beendigung der (Geschäfts-)Beziehung dar. Ein starker Vertrauensbruch ist ein wichtiges Beispiel in diesem Zusammenhang.
Die soziale Austauschtheorie von THIBAUT/KELLEY stellt demgegenüber auf den aus seiner Beziehung resultierenden Nutzen für die beteiligten Partner beziehungsweise Parteien ab und stellt die These auf, dass eine Beziehung nur dann bestehen wird, wenn der daraus erzielbare Nettonutzen positiv ist. Das heißt, eine Beziehung wird dann als unattraktiv empfunden, wenn das eigene Nutzenniveau durch das Eingehen einer alternativen Beziehung erhöht werden könnte. Im Hinblick auf Kunden-Lieferanten-Beziehungen lässt sich dabei etwa der unter Berücksichtigung von Zeit, Kosten und Qualität erreichbare Gesamtnutzen heranziehen und vor diesem Hintergrund verschiedene Lieferanten vergleichen (vgl. Scharff 2005, S. 67 ff.). HIRSCHMAN schließlich erweitert die Perspektive, indem er neben der unmittelbaren Kundenabwanderung auch einen Widerspruch des Kunden als mögliche Reaktion betrachtet. Diese Option ermöglicht es dem jeweils anderen Partner, auf diesen Widerspruch zu reagieren und durch geeignete Maßnahmen die Beziehung noch zu retten (vgl. Scharff 2005, S. 158). Als mögliche Bewertungsfaktoren im Spannungsfeld zwischen Widerspruch und Abwanderung, deren Ausprägung in Summe letztendlich den jeweiligen Reaktionspfad determiniert, nennt der Autor insgesamt acht Kriterien, von denen fünf einer Abwanderung entgegenwirken und drei eine Abwanderung wahrscheinlich machen (vgl. Scharff 2005, S. 67 ff.): x
Loyalität, Erfolgswahrscheinlichkeit des Widerspruchs, wahrgenommenes Risiko, Wichtigkeit und Wert der Leistung sowie die Wechselkosten stehen einer Abwanderung diametral gegenüber.
x
Die Attraktivität des Konkurrenzangebots, die Qualitätselastizität der Nachfrage sowie die Bleibekosten hingegen wirken als „Katalysatoren“ für eine Abwanderung.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
269
Anhand der soeben skizzierten Theorien zur Kundenabwanderung wird die Komplexität und Sensibilität dieses Themas gerade auch mit Bezug auf M&A-Transaktionen deutlich. SCHARFF führt weiter aus, dass sich die Wahrnehmung des Kunden auf die beiden wesentlichen Schritte der Eigentümerwechselphase und der Integrationsphase erstreckt und dass diese Wahrnehmung sich selbst als Prozess begreifen lässt, der nach einem bestimmten Muster abläuft. Demnach folgt einer Wahrnehmungsphase, in der der Kunde die sich anbahnende Veränderung registriert, eine Bewertung der Situation aus der individuellen Perspektive, aus der sich ergibt, „… wie stark die wahrgenommene Veränderung die bestehende Geschäftsbeziehung … destabilisiert …“ (Scharff 2005, S. 165). In der sich anschließenden Entscheidungsphase wird festgelegt, ob die Beziehung fortgesetzt werden soll oder nicht. Die Entscheidung manifestiert sich sodann in der Reaktion und wird von einer Nachwirkungsphase abgeschlossen. Maßnahmen im Rahmen der wertsteigernden Gestaltung von M&A-Prozessen müssen also bereits in den frühen Phasen der Wahrnehmung und Bewertung wirken, um den Kunden vor seiner Entscheidung noch positiv beeinflussen zu können.
3.4.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber Die geschilderte Notwendigkeit dessen wird noch einmal transparenter, wenn man sich die Wirkung auf die Werttreiber anhand des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes vor Augen führt. An erster Stelle steht dabei der Effekt auf die Umsatzsteigerung mit den dahinter stehenden Treibern der Zeitvorteile und des Marktzugangs: x
Eine hohe Marktorientierung ist direkt verbunden mit dem Ziel eines Auf- beziehungsweise Ausbaus von Marktzugängen. Während der Abwicklung von Unternehmenstransaktionen kann allerdings oftmals schon ein Aufrechterhalten der bestehenden Marktzugänge in Form von Vertriebskanälen, Kundenkontakten, Kooperationen oder anderen Verbindungen als Erfolg gewertet werden. Dies rührt daher, dass oftmals ein hoher Anteil der Ressourcen in der Projektabwicklung gebunden ist und zu wenig Fokus auf die Durchführung des Tagesgeschäfts gelegt wird (vgl. Abschnitt 3.2.2.7). In Folge brechen Kundenaufträge und mit ihnen wichtige Umsatzquellen weg.
x
In gleichem Zusammenhang ist die Bedeutung des Zeitfaktors zu betrachten. Dies gilt insbesondere im Vergleich zwischen dem Aufbau von neuen Kundenbeziehungen und dem Erhalt bestehender Kundenbeziehungen beim Erwerb eines anderen Unternehmens. Während im ersteren Fall oftmals erhebliche, zeitintensive Anstrengungen für Kontaktanbahnung und Aufbau einer Vertrauensbeziehung erforderlich sind, kann im zweiten Fall auf eine bereits gefestigte Kundenbasis zurückgegriffen werden. Ein Aufwand, diese wertvollen Beziehungen in den Wandelprozessen einer M&A-Transaktion zu erhalten, besteht zwar grundsätzlich auch, wird aber in der Regel deutlich geringer ausfallen als die Akquirierung entsprechender Neukunden. Darüber hinaus gilt: je schneller die Kundenbe-
270
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
ziehungen in der Post Merger Integration (re-)aktiviert werden, umso schneller kann der geregelte Geschäftsverkehr wieder aufgenommen werden. Ähnlich wie der Marktzugang an sich wirkt auch der Zeitfaktor als Katalysator für die Umsatzsteigerung, allerdings weniger im Hinblick auf dessen Höhe als vielmehr auf die Verkürzung des Zeitraumes bis zur Umsatzwirkung. Im Sinne der Argumentation der Discounted Cash Flow Methode kann dabei induziert werden, dass ein zusätzlicher Umsatzbetrag heute aus Sicht des Unternehmens mehr wert ist als ein gleich hoher zusätzlicher Umsatzbetrag zu einem zukünftigen Zeitpunkt, weshalb die Anstrengungen der Unternehmen unbedingt auf diese frühzeitige Umsatzrealisierung ausgerichtet sein müssen. x
Was für den Zeitfaktor abgeleitet wurde, kann sinngemäß auch auf den Wertreiber Kosten angewendet werden. Hier spielen insbesondere die Ersparnisse von hohen Kosten für Marketing und Vertrieb eine Rolle, wenn es gelingt, die Kundenbasen der beteiligten Unternehmen zu integrieren und zu erhalten. Es stellt für Unternehmen einen deutlich höheren Kostenfaktor dar, neue Kunden zu gewinnen, als die bestehende Kundenbasis zu erhalten und weiter zu entwickeln.
x
Eine Risikoreduktion ergibt sich aus der Tatsache, dass eine hohe Marktorientierung auf den Erhalt der Kundenbasis hinwirkt und die Verlustgefahr von Kunden reduziert wird. Darüber hinaus wird ein „Agieren am Markt vorbei“ mit entsprechenden Umsatzrisiken vermieden.
x
Die Auswirkungen auf den Wettbewerb stellen sich ebenfalls positiv dar. Das angestrebte Umsatzwachstum sowie die Dauer der Wertsteigerung lassen sich in erheblichem Maße erhöhen, wenn der bestehenden und neuen Kundenbasis angemessene Aufmerksamkeit beigemessen wird und durch gezielte marktorientierte Bindungsmaßnahmen sowie marktorientierte Produktentwicklung nachhaltige Kundenbegeisterung erzeugt wird. Erfolgsfaktor: Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Proaktives Risikomanagement
Eine hohe Marktorientierung stellt sicher, dass möglichst alle relevanten Marktund Wettbewerbsdaten in das Kalkül des Risikomanagements einfließen können.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Zur Synergierealisierung ist ein permanentes Update der Marktdaten erforderlich, um die Realitätsnähe der ursprünglich abgeschätzten Synergien zu verifizieren und ggf. eine andere Priorisierung vorzunehmen.
Abbildung 98: Wertsteigerung durch hohe Marktorientierung in der PMI
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
271
3.4.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die Unterstützung dieser essentiellen Werttreiber erfordert entsprechende Instrumente, um die angestrebten Ziele auch tatsächlich erreichen zu können. Folgende Instrumente erscheinen dafür als geeignet (vgl. hierzu Scharff 2005, S. 229): x
Festlegung der Integrationsmaßnahmen: Maßnahmen der Integration bewegen sich im Spannungsfeld zwischen umsatzsteigernd und -mindernd. Die Verfolgung des Zieles einer Synergierealisierung geht deshalb vielfach nicht mit der erhofften Wertsteigerung einher, da die Kunden teilweise die sich daraus ergebenden Effekte als negativ empfinden und durch entsprechende Reaktionen einen der Wertsteigerung diametral entgegenstehenden Umsatzrückgang bewirken. Insbesondere Kosteneinsparungen gehen häufig zu Lasten der Kundenbeziehungen und führen zu rückläufigen Verkäufen und Kundenabwanderungen. Bei den negativen Effekten handelt es sich um Dyssynergien, für die geprüft werden muss, inwiefern sie die erwartete positive Synergiewirkung kompensieren beziehungsweise sogar überkompensieren. Es empfiehlt sich, die in der Literatur gezeigten Synergiebewertungen explizit um eine Erfassungsmöglichkeit für die Wirkung auf die Kundenbeziehungen zu erweitern. Dabei ist es unter Umständen erforderlich, diese Einschätzung getrennt nach Kundengruppen oder Marktsegmenten vorzunehmen, da die erwartete Wahrnehmung, Bewertung und Reaktion beispielsweise zwischen Händlern und Endkunden und damit auch die daraus resultierende Wirkung auf die Umsatzentwicklung sehr unterschiedlich ausfallen kann. Für die einzelnen Gruppen ist die erwartete Wirkung differenziert nach umsatzerhöhenden und umsatzmindernden Effekten zuerst qualitativ zu erfassen und schließlich quantitativ zu bewerten, so dass am Ende ein synergetischer Gesamteffekt der Kundenwirkung isoliert ausgewiesen und den anderen prognostizierten Synergieeffekten gegenübergestellt werden kann. Gleichzeitig können in dieser Betrachtung Gegensteuerungsmaßnahmen sowie deren Auswirkungen evaluiert werden.
x
Markenführung auf Unternehmensebene: Die Loyalität von Kunden zu einem Unternehmen geht häufig auch auf den Unternehmensnamen beziehungsweise die vom entsprechenden Unternehmen etablierten Marken zurück. Marken stellen für den Kunden häufig auch einen Wert an sich dar: „Brand is a product plus added values“ (Shiva Ramu 1998, S. 122). Diesbezügliche Änderungen verursachen häufig Irritationen beim Kunden und können einen Verlust der Kundenbeziehung bewirken, stellt die Marke doch für den Kunden eine Identifizierungshilfe beziehungsweise, im ursprünglichen Sinn des Wortes, eine „Markierung“ des Produktes dar (vgl. Leitherer 1989, S. 104). Dem Thema Markenmanagement im Zuge von Mergers & Acquisitions kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu, um die Identifikation der Kunden mit dem Unternehmen aufrecht zu erhalten.
272
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt: Personelle Veränderungen im Zuge von Unternehmenstransaktionen sind an der Tagesordnung. Sensibel müssen derartige Vorgänge beleuchtet werden, wenn es sich um Mitarbeiter mit direktem Kundenkontakt handelt. Kundenbetreuer, die beispielsweise über Jahre hinweg eine vertrauensvolle Beziehung zu bestimmten Kunden und Key Accounts aufgebaut haben, können nicht ersetzt werden, ohne dass die Geschäftsbeziehung unberührt weiterläuft. In diesen Fällen ist eine gezielte Kommunikation zu den betroffenen Mitarbeitern sowie zu den Kunden erforderlich, zum einen, um eventuelle Kündigungen derartiger Schlüsselspieler im Vorfeld zu vermeiden, zum anderen, um im Notfall dem Kunden einen neuen Ansprechpartner näher zu bringen.
x
Externe Kommunikation der jeweils anstehenden Veränderungen: Die Entscheidungsfindung wird in erheblichem Maße davon beeinflusst, inwiefern unsichere Rahmenbedingungen dabei berücksichtigt werden müssen. Dabei gehören Entscheidungen unter Unsicherheit zum Regelfall: „Menschen treffen normalerweise viele Entscheidungen unter Bedingungen der Unsicherheit. Sie benutzen dabei, wenn sie keine Statistiker sind, keine Informationen über Wahrscheinlichkeiten und sind kognitiven Verzerrungen ausgeliefert, die die Fehlbarkeit des Modells der rationalen Entscheidungsfindung erkennen lassen.“ (Zimbardo 1992, S. 321). Das bedeutet, dass ein unzureichender Informationsstand bei Unternehmenstransaktionen die Gefahr irrationaler Entscheidungen verstärkt. Gerade externe Anspruchsgruppen wie Kunden oder Lieferanten fällen dann unter Umständen falsche Entscheidungen zu Lasten des Unternehmens beispielsweise in Form einer Beendigung der Geschäftsbeziehung, da aus ihrer Sicht der Unsicherheitsfaktor im Hinblick auf den Rahmen der zukünftigen Zusammenarbeit zu hoch erscheint und deshalb Ängste entstehen. Eine schnelle, klare externe Kommunikation der jeweils anstehenden Veränderungen ist deshalb ein wichtiger Erfolgsfaktor.
x
Interne Kommunikation der jeweils anstehenden Veränderungen: Gleiches gilt für die Kommunikation mit internen Beteiligten, also den eigenen Mitarbeitern. Gerade da viele Unternehmen dazu neigen, zuerst der Erfüllung der externen Kommunikation nachzukommen und die eigenen Mitarbeiter im Extremfall erst aus den Medien über anstehende Veränderungen im eigenen Unternehmen erfahren, sollte der internen Kommunikation eine hohe Bedeutung beigemessen werden. Nicht zuletzt werden auch hier Entscheidungen über das zukünftige Verbleiben im Unternehmen gefällt, was sich bei einer Abwanderung wichtiger Schlüsselspieler auf Grund hoher wahrgenommener Unsicherheit und Ängste für das Unternehmen schmerzhaft auswirken kann.
x
Umsetzung der Integrationsmaßnahmen: eine erfolgreiche Integration bedarf der gemeinsamen Anstrengung aller Beteiligten und verursacht einen entsprechend hohen Ressourcenaufwand in den Unternehmen. Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Integrationsphase einen entscheidenden Anteil am Gesamterfolg des Projektes trägt. Gleichzeitig sind insbesondere gerade in dieser Phase alle Mitarbeiter gefordert, die erforderlichen
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
273
Prozesse zeitgerecht und zielgerichtet abzuarbeiten. In Abbildung 99 wurde die These von SCHUMANN über die Kosten-Nutzen-Betrachtung der Integrationsgeschwindigkeit aufgegriffen. Erweitert man die Darstellung um das Aktivitätsniveau der Mitarbeiter, das in Relation zur Integrationsgeschwindigkeit zunimmt, so ergibt sich folgendes Bild: ein über der Integrationsgeschwindigkeit v1 liegende Geschwindigkeit v2 führt zu einer höheren Belastung A2 der Mitarbeiter bei gleichzeitig überproportional ansteigenden Kosten der Integration. Diese hohe Zusatzbelastung bedingt eine extreme Einbindung der Mitarbeiter in das Integrationsprojekt zu Lasten des Tagesgeschäftes. Laut einer Studie ist diese Mehrbelastung für etwa die Hälfte aller Mitarbeiter nur schwer zu bewältigen (vgl. Barnikel 2007, S. 148). Kundenbeziehungen und Geschäftsabwicklung werden vernachlässigt, es kommt zu Kundenabwanderung und Umsatzverlusten. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Integrationsmaßnahmen ist es deshalb erforderlich, dass die anfallenden Aufgaben nicht durch wenige zentrale Schlüsselspieler getragen, sondern vielmehr gleichmäßig auf mehrere Schultern verteilt werden. Eine angemessene Taktung der Integrationsgeschwindigkeit bewahrt schließlich die Organisation vor Überforderung. Nutzen
Kosten
Kosten Zusätzliches Aktivitätsniveau A1
A2
Nutzen v1
v2
Integrationsgeschwindigkeit
Abbildung 99: Integrationsgeschwindigkeit – Kosten, Nutzen, Aktivitätsniveau (Erweiterung zu Schumann 2005, S. 11)
3.4.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling In den vorangehenden Passagen wurden viele Ansatzpunkte geschildert, deren Beachtung eine hohe Marktorientierung sicherstellen soll. Die Ausführungen wurden dabei sehr stark auf den Erhalt und die Stärkung von Beziehungen von Geschäftspartnern und hier insbesondere
274
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
auf die Kunden fokussiert. In Tabelle 15 sind wichtige Kennzahlen aufgelistet, die für die Steuerungszwecke eines wertorientierten M&A-Controlling die entsprechenden Informationen zur Sicherstellung der Marktorientierung bereitstellen. Ganz generell sollte sich eine hohe Marktorientierung auch in der Geschäftssituation des Unternehmens bemerkbar machen. Die Umsatzentwicklung stellt einen Anhaltspunkt dar, inwieweit noch der Markt erreicht wird. Die mit der Umsatzentwicklung in der Regel korrelierende Kundenanzahl geht von der anonymen finanziellen Kennzahl auf eine kundenbezogene Sichtweise über. Marktorientierung heißt letztendlich nichts anderes als Kundenorientierung und hat zum Ziel, die Anzahl der (wertbringenden) Kunden zu erhöhen. Die einem Kunden zukommende Betreuung lässt sich abschätzen über die Anzahl der Kundenkontakte pro Zeiteinheit, wobei diese Kennzahl auch detailliert pro (Vertriebs-)Mitarbeiter beziehungsweise Kundenbetreuer ausgewiesen werden kann. Gerade in Akquisesituationen ist es essentiell, dass die Vertriebsmannschaft kontinuierlich in Kontakt mit (potenziellen) Kunden steht und Zeit in die Kundenpflege investiert. Die Vorgesetzten können hier durchaus einen taggenauen Nachweis verlangen, welche (potenziellen) Kunden mit welchem Zeitaufwand kontaktiert wurden und was im Einzelfall als Ergebnis beziehungsweise nächste Schritte festgehalten wurde. Inwieweit ein intensiver Kundenkontakt überhaupt möglich ist, hängt auch von dem für die Marktbearbeitung bewilligtem Budget zusammen, aus dem auch erforderliche Kunden- und Marktanalysen zur Ermittlung der aktuellen Situation und der zu erwartenden Entwicklung am Markt zu finanzieren sind. Schlussendlich spielt auch der beispielsweise durch Umfragen ermittelbare Bekanntheitsgrad von Marke und Unternehmen eine bedeutende Rolle, insbesondere wenn hier im Verlauf der Transaktion grundlegende Änderungen vorgenommen werden sollen. Positive und negative Aspekte sind hier genau gegeneinander abzuwiegen. Und wie bereits bei den Instrumenten geschildert, sind solche und andere geplante Änderungen parallel zur Transaktion kontinuierlich im Markt zu kommunizieren, damit sich andere Marktteilnehmer frühzeitig darauf einstellen können und der Reibungsverlust möglichst gering gehalten wird. Kennzahl/ Rechnungsziel Umsatzentwicklung
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Wird durch die Transaktion ein Umsatzzuwachs generiert?
Entwicklung der Kundenanzahl
x Überwachung von Kundenabund Kundenzuwanderung
Anzahl Kundenkontakte pro Zeiteinheit
x Stehen die (Vertriebs-)mitarbeiter in ausreichendem Kontakt zu den Kunden? x Ist eine ausreichende Betreuung der Kunden kontinuierlich sichergestellt?
Zeitaufwand für das Kundenmanagement
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Bereinigung um Sondereffekte erforderlich x Ziel: „1+1>2“ x Bereinigung um Sondereffekte erforderlich x Fokus auf Alt- und Neukunden x Eventuell Konzentration auf Key Accounts x Daten beispielsweise über die Methodik zur Herstellung von Prozesstransparenz ermittelbar
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung Volumen des Budgets für Werbung /Marktbearbeitung Anzahl und Frequenz von Marktanalysen
x Stehen ausreichend finanzielle Mittel zur Marktbearbeitung bereit? x Werden regelmäßig die relevanten Markt- und Kundendaten erhoben? x Wie entwickelt sich die Position des eigenen Unternehmens im Markt?
Bekanntheitsgrad der Marke bzw. des Unternehmens
x Wird das Unternehmen durch die Transaktion in der Öffentlichkeit/ am Markt bekannter?
Transaktionsbezogener Informationsabdeckungsgrad
x Werden die aktuellen Informationen zum Stand der Transaktion/ Integration ausreichend dem Markt vermittelt? x Reduzierung der Unsicherheit bei externen Zielgruppen durch frühzeitige Bereitstellung aller entscheidungsrelevanter Informationen
275 x Aussagefähig nur in Zusammenhang mit einer entsprechenden Wirksamkeitsanalyse x Definition der relevanten Märkte als Voraussetzung x Notwendig ist eine standardisierte Erhebungsmethode x Differenzierung in Teilmärkte, Kunden, Produkte etc. sinnvoll x Zuverlässige Erhebung bedeutet Aufwand in der Marktforschung x Senderbezogene Perspektive; inwieweit die verteilte Information auch aktiv aufgegriffen und reflektiert wird, ist schwer zu steuern
Tabelle 15: Kennzahlen zur hohen Marktorientierung in der Post Merger Integration
3.4.2.3 Starke organisationale Integration der Unternehmen 3.4.2.3.1 Begriffsklärungen Die Beantwortung der Frage, welche organisatorische Ausgestaltung für ein spezifisches Unternehmen am vorteilhaftesten ist, gehört wohl zu den schwierigsten Problemen der Betriebswirtschaftslehre. Nicht zuletzt auch durch die in der Regel hohe Tragweite determiniert, da organisatorische Grundsatzentscheidungen langfristig wirken und nicht permanent neu definiert werden können. Ein Instrumentarium, mit dessen Hilfe sich die Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Organisationsformen untersuchen lässt, wurde in Abschnitt 2.1.2.2.4 in Form von Transaktionskosten-, Principal-Agent- sowie Property-Rights-Theorie beschrieben. Nun wird das weite Spektrum, in dem sich die elementaren organisatorischen Koordinationsalternativen im Spannungsfeld zwischen Markt und Unternehmen bewegen, durch das Vorliegen einer M&A-Transaktion bereits a priori deutlich eingeschränkt. Der in Abbildung 45 in Abschnitt 3.2.1.3.2 aufgezeigte Bogen der Leistungstiefenoptimierung mit den dahinter stehenden organisatorischen Alternativen von der hierarchischen Aufstellung bis hin zu dynamischen Netzwerken steht sodann nicht zwischen den zu integrierenden Unternehmen, sondern vielmehr erst dem neu geschaffenen Unternehmen im Zusammenspiel mit anderen Drittunternehmen zur Verfügung. Schließlich bildet eine Unternehmenstransaktion das Ergebnis strategischer Überlegungen, welche die intra-unternehmerische Koordinationsform der marktlichen Koordination vorziehen, da beispielsweise dadurch unsichere Prozessstufen integriert und dadurch
276
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Transaktionskosten reduziert werden (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 59). So liegt derzeit der Fokus auf gestalterischen Maßnahmen, welche auf die Erzielung von Volumens-/ Kostenvorteilen sowie Fähigkeits-/Leistungsvorteilen ausgerichtet sind (vgl. Werder/Stöber/Grundei 2006, S. 17). In diesem vorgezeichneten Rahmen existiert jedoch eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche bei der organisatorischen Zusammenführung der beiden Transaktionspartner zur Auswahl stehen, und die sich sowohl auf die aufbau- als auch auf die ablauforganisatorische Dimension beziehen. Das Zusammenspiel zwischen diesen organisatorischen Gestaltungsformen hat sich dabei inzwischen von der Chandler’schen Philosophie eines „Structure follows strategy“ (vgl. Chandler 1970 sowie Abschnitt 2.1.3) unter der Erstarkung einer prozessorientierten Sichtweise hin zu einem „Structure follows Process follows Strategy“ entwickelt (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 73): die unternehmerischen Prozesse leiten sich aus der Strategie des Unternehmens ab und determinieren ihrerseits die strukturelle Ausgestaltung im Unternehmen. Dementsprechend haben sich letztere auch von den funktionalen über die divisionalen bis hin zur prozessualen Organisation weiterentwickelt (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 106-114). Der Grad der organisationalen Integration zwischen zwei Unternehmen wird bereits durch die Wahl des Zusammenschlusses mit vorbestimmt. So zeichnen sich Fusionen und Akquisitionen dadurch aus, dass x
bei einer Akquisition das übernehmende Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auf das übernommene Unternehmen ausüben und das übernommene Unternehmen seine wirtschaftliche Unabhängigkeit verlieren kann,
x
bei einer Fusion zwei Unternehmen zu einer wirtschaftlichen und rechtlichen Einheit verschmelzen, dass also mindestens ein Unternehmen neben seiner wirtschaftlichen Selbständigkeit auch seine rechtliche Selbständigkeit aufgibt. SCHARFF bezeichnet deshalb eine Fusion als „… engste Form des Unternehmenszusammenschlusses.“ (Scharff 2005, S. 35).
Sowohl im Falle einer Fusion als auch einer Akquisition induziert die Konzentration der wirtschaftlichen Selbständigkeit auch die Integration der den Unternehmen zugrunde liegenden Strukturen und Prozesse. Demnach muss bei der organisationalen Integration zwischen einer Struktur- sowie einer Prozessintegration unterschieden werden. WILDEMANN betrachtet die organisatorische und die administrative Integration als Einheit und zählt zusätzlich die finanztechnische und fiskalische Integration, die Controlling-Integration, die System-Integration sowie Recht und Steuern zu den relevanten Themen (vgl. Wildemann 2008, S. 68). Bei der Strukturintegration steht die Schaffung einer neuen Aufbauorganisation beziehungsweise die Verbindung der beiden Aufbauorganisationen über die Schnittstellen hinweg im Zentrum des Interesses. Relevante Themen in diesem Zusammenhang sind beispielsweise:
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x
die Zusammenlegung beziehungsweise Vereinheitlichung der ehemals parallel existierenden Gremienlandschaften,
x
die Konsolidierung redundanter Funktionen sowohl im direkten als auch im indirekten Bereich,
x
die Vereinheitlichung der Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse unter Vermeidung von unklaren Verantwortlichkeiten,
x
die physische Zusammenführung von Maschinen, Anlagen oder ganzen Standorten.
In Analogie zur Tendenz zunehmender Prozessorientierung eröffnet sich durch eine M&ATransaktion für die beteiligten Unternehmen neben der bestehenden Belastung auch gleichzeitig die Chance, gemeinsam und gleichgerichtet eine prozessorientierte organisatorische Weiterentwicklung im Sinne der Prozessintegration in Angriff zu nehmen. In vielen Unternehmen sind heute schon die zentralen Prozesse zumindest beschrieben und gegeneinander abgegrenzt. Nun ist es wichtig, im Zuge einer Integration nicht zwei parallele Prozesswelten zu schaffen, sondern ein gemeinsam gelebtes Prozessgefüge zu kreieren. Dieses Vorgehen schützt dabei gleichzeitig auch vor den gefürchteten organisatorischen Schnittstellen, indem übergreifende Prozessverantwortungen geschaffen und dadurch Aufgaben funktionsübergreifend definiert werden. Auch wenn die Transaktion an sich bereits eine enorme Zusatzbelastung für die beteiligten Unternehmen darstellt, muss das zukünftig zu lebende Prozesssystem zumindest in Grundzügen bereits frühzeitig skizziert werden, um einen nachträglichen, deutlich höher ausfallenden Anpassungsaufwand schon im Vorfeld zu vermeiden. Gleichzeitig bietet es sich an, eventuell bestehende Verbundbeziehungen zu konsolidieren und so zu einer für das Wertmanagement geeigneteren Struktur zu gelangen. EBELING spricht in diesem Zusammenhang von Ressourcen-, Prozess-, Markt- und Risikoverbünden, die zu einer Verwässerung der Leistungsbeziehungen zwischen Unternehmen(seinheiten) führen und so eine wertorientierte Steuerung erschweren (vgl. Ebeling 2007, S. 36). Als Beispiel seien an dieser Stelle die Prozessverbünde herausgegriffen. Die Problemsituation stellt sich hier ähnlich dem Ansatzpunkt der Prozesskostenrechnung dar, nämlich dass durch gemeinsame Inanspruchnahme gleicher Prozesse durch unterschiedliche Unternehmenseinheiten eine Zurechnung der anfallenden Kosten und Ergebnisse erschwert oder unmöglich gemacht wird. Wie sollen etwa Kosten und Nutzen von Marketingaktivitäten aufgeteilt werden, die nicht nur für ein spezifisches Produkt durchgeführt werden? Geschickte organisatorische Gestaltungsmaßnahmen, im beschriebenen Fall beispielsweise die Errichtung einer Prozessorganisation, umgehen diese Verbünde und schaffen Klarheit in der Struktur der wertorientierten Steuerung. Diese Logik ist auch konsequent auf die indirekten Bereiche wie Instandhaltung oder Logistik anzuwenden (vgl. Ebeling 2007, S. 44), deren wertorientierte Steuerung ebenfalls die Ermittlung eines entsprechenden Wertbeitrags auf Basis von Leistungen und Kosten erfordert und somit eine Entwicklung in Richtung Profit Center sinnvoll erscheinen lässt.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Die Koordinationsaufgabe im Zuge der Gestaltung der organisatorischen Integration kommt dem Organisationscontrolling zu, dessen Kernaufgabe in der „…systematischen Überprüfung von Istgrößen der organisatorischen Gestaltung anhand von Sollmaßstäben …“ (Werder/Stöber/Grundei 2006, S. 5) besteht. WERDER/STÖBER/GRUNDEI identifizieren diesbezüglich vier zentrale Aufgaben des Organisations-Controlling (vgl. Werder/Stöber/Grundei 2006, S. 5) x
Performance-Controlling: Sicherstellung der Effizienz der Organisation,
x
Conformance-Controlling: Sicherstellung der Einhaltung von rechtlichen Standards,
x
Follow-up: Überprüfung, ob eine Organisation nach einer Reorganisation die vorgegebenen Performance- und Conformance-Ziele erfüllt,
x
Check-up: regelmäßige Prüfung, ob bestehende Organisationsformen den definierten Standards gerecht werden.
3.4.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber Blickt man auf die Werttreiber des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes, lassen sich auch für die auf den ersten Blick rein intern ausgerichteten Strukturierungsmaßnahmen klare Wertsteigerungseffekte ausmachen: x
So begünstigt eine starke organisationale Integration die sich ergebenden Zeitvorteile, da hierdurch die internen Abläufe auf Grund ihrer Klarheit und Stringenz deutlich schneller ablaufen können als bei existierenden Parallelsystemen. Ein wesentlicher Grund hierbei sind die reduzierten beziehungsweise vereinfachten Schnittstellen zwischen Funktionen und Prozessen sowie die dadurch verringerten Reibungsverluste.
x
Gleichzeitig wird der Know-how-Austausch forciert, indem die ehemals getrennten Abteilungen durch eine starke organisationale Integration zu engerer und intensiverer Zusammenarbeit gezwungen werden. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Integration nicht als Selbstzweck betrieben wird und im Sinne einer „Beschäftigungstherapie“ die ohnehin schon knappen Ressourcen in integrationstechnischer Verwaltungsarbeit aufbraucht. Nur dann können die sich aus dem Zusammenschluss ergebenden Know-how-Vorteile genutzt und in Mehrwert umgewandelt werden.
x
Ebenso lässt eine starke organisationale Integration die Schlagkraft im Hinblick auf den Marktzugang steigen. Es werden die Aktivitäten gleichgerichtet koordiniert und somit ehemals getrennte Märkte gemeinschaftlich mit einem größeren Produktspektrum bearbeitet. Somit eröffnen sich für viele Produkte neue Kunden und Märkte, indem sie im „Schlepptau“ dort bereits vertriebener Produkte auf Grund sich ergebender Synergieeffekte hineingezogen werden. Hier schließt sich auch der Kreis zu dem bereits weiter vorne
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
279
diskutierten Erfolgsfaktor einer starken Marktorientierung während der Integrationsphase, da hier gleichgerichtet mit der organisatorischen Schlagkraft durch aktive Gestaltung der Kundenbeziehungen zusätzliches Marktpotenzial erschlossen werden soll. x
Kostenvorteile ergeben sich aus einer starken organisationalen Integration, indem beispielsweise redundante Funktionen konsolidiert werden. Gerade der in neuerer Zeit vermehrt im Fokus stehende „indirekte Bereich“, also alle nicht mit der direkten, physischen Produktion befassten Funktionen und Abläufe, bietet durch intelligente Optimierung ein enormes Potenzial für Kosteneinsparungen. Dabei ist unbedingt hervorzuheben, dass in diesem Zusammenhang nicht rein die Kosteneinsparung durch den Abbau von Personal gemeint ist, sondern mindestens in ebenmäßiger Bedeutung die gezielte Reallokation von Mitarbeitern. Das soll anhand eines Praxisbeispiels kurz beschrieben werden. In heutigen Industrieunternehmen ist es in der Regel so, dass die Mitarbeiter der Produktion nicht 100 Prozent ihrer Kapazität für die Herstellung von Produkten verwenden können, sondern einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Arbeitszeit für indirekte Tätigkeiten wie beispielsweise verwaltungs- oder koordinationsbezogene Tätigkeiten aufwenden müssen: der Kostenstellenleiter muss eine Vielzahl von Personalgesprächen führen, der Gruppenleiter eine Flut von Formularen oder Software-Eingabemasken über die durchgeführte Tagesproduktion einschließlich der aufgetretenen Störfälle ausfüllen und der Anlagenfahrer viel Zeit in indirekte Qualitätssicherungs- und Instandhaltungstätigkeiten investieren. In Folge wird der für die unmittelbare direkte Produktion zu Verfügung stehende Zeit zunehmend geringer. Dies wird umso eklatanter, wenn bestimmte Tätigkeiten wie die Instandhaltung effektiver und effizienter durch gut organisierte Zentralfunktionen durchgeführt werden könnten. Durch „Befreiung“ der direkten Mitarbeiter von indirekten Tätigkeiten, zumindest in einem gewissen Umfang, kann somit die Leistung der eigentlichen Produktion gesteigert und in Summe Kosteneinsparungen durch bessere Abwicklung der entsprechenden indirekten Tätigkeiten erzielt werden.
x
Ebenso kann eine starke organisationale Integration auch eine bessere Ausnutzung von Ressourcenvorteilen bewirken. Die Konsolidierung der Ressourcen wird begünstigt, indem beispielsweise durch die Zusammenführung getrennter Instandhaltungsabteilungen teure Reparatur- und Wartungsgeräte besser ausgenutzt und die Gesamtzahl der erforderlichen Geräte dadurch reduziert werden kann. Ein ähnlicher Effekt ist auch in einem weiteren indirekten Bereich, der Logistik, zu erwarten. Ein häufiges Problem sind hier etwa bestehende Leerfahrten der Versorgungslogistik, die tagtäglich durchgeführt werden müssen. Die organisationale Integration der beiden Einheiten kann hier insbesondere bei standortübergreifenden Transportproblemen die Auslastung steigern und so letztendlich Kosten sparen.
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Nicht zuletzt ist abzuwägen, inwieweit die Wettbewerbswirkungen sich durch die organisationale Integration gestalten. Zum einen muss darauf geachtet werden, dass die Flexibi-
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
lität durch die Integrationsmaßnahmen nicht eingeschränkt wird. Dies kann beispielsweise durch die Bildung schlagkräftiger, mit den entsprechenden Entscheidungsbefugnissen versehenen Profit-Center geschehen, die aus ehemals getrennten Abteilungen der beiden Unternehmen gebildet werden. Die hier institutionalisierte Ergebnisverantwortung schafft die erforderliche Zielausrichtung und Handlungsmotivation und ermöglicht hierdurch einen stärkeren, wettbewerbsorientierten Marktauftritt. x
Eine nicht zu vernachlässigende Komponente kommt den Thema Risiko, oder genauer, der hierunter subsumierten Kapitalstruktur einschließlich Eigen- und Fremdkapitalkosten zu. Die hier bestehende Wirkung hängt ursächlich mit der Philosophie der Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Zentrale und Geschäftsbereichen und der praktizierten Form der Kapitalallokation zusammen. EBELING fordert: „Ebenso wie die Kapitalbeschaffung sollte auch die Kapitalallokation zentral erfolgen, da eine wertmaximierende Kapitalallokation die gleichzeitige Berücksichtigung der potenziell wertschaffenden Investitionsmöglichkeiten aller hierarisch nachgelagerter Organisationseinheiten voraussetzt.“ (Ebeling 2007, S. 48). Der dafür erforderliche Überblick wird am ehesten der Unternehmensleitung zugeschrieben. In organisatorischer Hinsicht ist also abzuwägen zwischen einer autarken, eigenverantwortlichen Steuerung durch die einzelnen Geschäftsbereiche selbst und den aus einer zentralen Steuerung erzielbaren Vorteilen. Erfolgsfaktor: Starke organisationale Integration der Unternehmen Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Die starke Integration der ehemals getrennten Organisationseinheiten ist Grundlage für die Hebung wichtiger Synergien und die Reduktion der Gemeinkosten.
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
Eine starke organisationale Integration vereinfacht oftmals auch die Konsolidierung des gemeinsamen Rechnungswesens und reduziert Systemschnittstellen beziehungsweise -brüche.
Abbildung 100: Wertsteigerung durch starke organisationale Integration der Unternehmen
3.4.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Ebenso vielfältig wie die Wirkung auf die Werttreiber sind auch die dem wertorientierten Controlling zur Verfügung stehenden Instrumente zur Planung, Steuerung und Kontrolle der organisationalen Integration. An dieser Stelle soll deshalb die Koordinationsfunktion des Controlling im Führungsteilsystem Organisation aufgegriffen und die zentralen Inhalte auf ihre Anwendung im Rahmen des wertorientierten M&A-Controlling durchleuchtet werden. Grundlage hierfür bildet die Abgrenzung zwischen den Koordinationsaufgaben der Organisa-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
281
tion und des Controlling von KÜPPER (vgl. Abbildung 101). Demnach obliegt der Organisation die Koordination im Leistungssystem, also von Realisationsaufgaben, während das Controlling die Koordination des Führungssystems wahrnimmt (vgl. Küpper 2005, S. 284). Gleichzeitig wird dadurch die Dominanz der Formalzielorientierung des Controlling deutlich, wohingegen die Organisation auf sachlogische Zusammenhänge ausgerichtet und damit auf eine Sachzielorientierung fokussiert ist (vgl. Küpper 2005, S. 284).
Organisation
Aufgabenverteilung Gestaltung von Weisungsrechten Gestaltung von Entscheidungsrechten Gestaltung raumzeitlicher Beziehungen von physischen und Informationsprozessen
Controlling Koordination innerhalb der Organisation Organisationsprobleme der Führungsteilsysteme Organisatorische Maßnahmen zur Koordination von Führungsaufgaben (auch im Leistungssystem)
Koordination zwischen den Führungsteilsystemen Koordination innerhalb der Führungsteilsysteme, insbesondere Informationssystem Personalführung Kontrollsystem Planungssystem
Abbildung 101: Koordinationsaufgaben der Organisation und des Controlling (Quelle: Küpper 2005, S. 286)
Dem wertorientierten M&A-Controlling-System kommt im Zuge der organisationalen Integration weniger die konkrete Gestaltung von Aufgaben, Entscheidungs-/Weisungsrechten sowie von physischen beziehungsweise Informationsprozessen zu als vielmehr die Durchführung der im Rahmen der existierenden Organisationsstrukturen bestehenden Koordinationsaufgaben. Diese Argumentation folgt der Definition eines instrumentell-gestaltungsorientierten Begriffsverständnisses einer Organisation, die als „… Inbegriff aller auf Aufgabenteilung und Koordination abzielenden Regelungen […] Mittel zum Zweck der Zielerreichung der Unternehmung“ (Picot 1993, S. 104) ist. Das bedeutet, dass die Aufgabe des wertorientierten Controlling entsprechend dem hier diskutierten Erfolgsfaktor darin besteht, die Integration dieser Regelungen voranzutreiben. Im Gegensatz zu den bisher diskutierten Erfolgsfaktoren kommt der Gestaltung der organisationalen Integration in gewissem Sinne eine Sonderrolle zu. Auch wenn in Abschnitt 3.4.1.2
282
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
für die Prozessgestaltung das Führungsteilsystem Organisation als Themenschwerpunkt identifiziert wurde, müssen nun für die detailliertere Betrachtung die Schnittstellen zu den anderen Führungsteilsystemen verstärkt mit einbezogen werden. Gerade bei der Organisation tritt die Notwendigkeit einer führungssystemübergreifenden Koordination in den Mittelpunkt, die auch später bei der Betrachtung des Kontroll- und Personalführungssystems wieder aufgegriffen werden muss. Entsprechend soll nun bei der Herausarbeitung der geeigneten Koordinationsinstrumente für das wertorientierte M&A-Controlling genau an diesen Schnittstellen angesetzt werden. Die organisationale Integration bezüglich der Koordination des Organisations- mit dem Informationssystem soll an dieser Stelle kurz diskutiert werden, seine inhaltliche Ausarbeitung wird jedoch im Rahmen des unmittelbar folgenden M&A-Erfolgsfaktors der Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens stattfinden. Jedoch ist bereits hier auf die hohe Bedeutung dieser Schnittstelle hinzuweisen, die sich durch eine stark interdependente Beeinflussung auszeichnet, so dass sich „… die Strukturvariablen der Organisation auf den Informationsbedarf, die Bestandteile des Informationssystems sowie das Berichtswesen auswirken und umgekehrt“ (Küpper 2005, S. 286). Die Koordination der Organisation mit Planung und Kontrolle „… betrifft die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Variablen der Organisationsstruktur einerseits und den Eigenschaften des Planungs- und Kontrollsystems andererseits“ (Küpper 2005, S. 302). Je weiter die organisationale Integration im Zuge der M&A-Transaktion vorangetrieben wird, desto mehr müssen auch Planungs- und Kontrollaktivitäten integriert werden. Die Gestaltung der Organisationsvariablen, also beispielsweise eine nach Funktionen oder Prozessen ausgerichtete Organisationsform, bildet gleichzeitig auch das Gliederungskriterium für Planung und Kontrolle. Im hier diskutierten Kontext einer starken Prozessausrichtung der neuen Organisation erfordert eine starke Integration somit die Bildung einer Prozessplanung und -kontrolle einschließlich der dazu geeigneten Instrumente und Metriken. Da die entsprechenden Instrumente dazu bereits im Teil zur Prozessstrategie (Planung) beschrieben wurden beziehungsweise im Abschnitt zur Prozesssteuerung (Kontrolle) noch beschrieben werden, sei hier eine Beschränkung auf die Darlegung der Grundprinzipien einer Anwendung dieser Instrumente im Hinblick auf die Koordination von Planung und Kontrolle mit dem Führungsteilsystem Organisation vorgenommen: x
Unter dem Aspekt der hier diskutierten prozessorientierten Betrachtungsweise erscheint insbesondere die Koordination und Integration der Planungs- und Kontrollprozesse von Bedeutung. Dabei entspricht das Vorgehen prinzipiell dem bereits im Abschnitt zur Prozesstransparenz (vgl. Abschnitt 3.3) und hier insbesondere der im Zuge der Durchführung einer prozessualen Due Diligence (vgl. Abschnitt 3.3.2.2) beschriebenen Ansatz. Die in beiden Unternehmen vorliegenden Planungs- und Kontrollprozesse werden transparent beschrieben, nebeneinander gelegt und im Sinne des Best Practice Sharings zusammenge-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
283
führt. Auch hier kann das Grundproblem der Prädominanz des Erwerbers in der Vordergrund rücken, nämlich wenn dessen Planungs- und Kontrollprozesse auf Grund seiner Machtstellung unreflektiert übernommen und auf das andere Unternehmen „übergestülpt“ werden. Ein derartiges Vorgehen ist sowohl aus der Perspektive einer inhaltlichen Optimierung als auch der kulturellen Integration und gegenseitigen Akzeptanz als äußerst kritische einzustufen. x
Die Differenzierung von Planung und Kontrolle muss sich, wie schon angesprochen, an der Differenzierung der Organisation orientieren. Die strukturellen Einheiten geben den Rahmen für die zu beplanenden und die zu kontrollierenden Bereiche vor. Wird eine starke organisationale Integration betrieben, so muss eine entsprechende Modifikation der bisherigen Planungs- und Kontrollobjekte erfolgen. Allerdings ist darauf zu achten, dass dabei nicht wichtige Controllingobjekte „verloren gehen“. Bei einer Zusammenlegung der bisher getrennt ausgeführten Vertriebsaktivitäten sind zwar Planung und Kontrolle auf der neuen Vertriebseinheit aufzusetzen und auf Basis der Gesamtheit auch die Zielvorgaben zu definieren, allerdings muss auch weiterhin ein Herunterbrechen auf Märkte, Kunden, Produkte u.ä. erfolgen um die Vorgaben für die Mitarbeiter vor Ort konkret und greifbar zu machen. Dies ist nicht zuletzt auch dazu erforderlich, dass im Falle unerwünschter Abweichungen von den Zielvorgaben aus der Planung auch eine dedizierte Abweichungsanalyse betrieben werden kann. Eine starke organisationale Integration bedeutet in diesem Fall also teilweise auch den Erhalt der darunter liegenden, spezifischen Controllingobjekte.
x
Eine starke organisationale Integration wirkt sich intensiv auf die Gestaltung der Weisungs- und Entscheidungsrechte aus, die in direkter Abstimmung mit der Definition von Planungs- und Kontrollkompetenzen erfolgen muss. So macht es nur Sinn, wenn der Weisungsbefugte auch entsprechende Kontrollkompetenzen bekommt und der Entscheider auch über die notwendigen Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Planung verfügt, über die er beschließen muss. Dies steht in Einklang mit der von EBELING geforderten Identität von Liniensystem und Abbildung des Zielsystems im Wertreiberbaum bei der Aufgaben- und Kompetenzverteilung (vgl. Ebeling 2007, S. 47). Für die Zusammenführung von zwei Unternehmen ist dies noch einmal auf der Basis einer deutlich höheren Komplexität zu bewerkstelligen (vgl. Abbildung 102), da hierbei auch hohe Interessenkonflikte der einzelnen Betroffenen aus den unterschiedlichen Unternehmen aufeinanderprallen. Eine starke Integration bewegt sich in diesem Zusammenhang oftmals im Spannungsfeld zwischen Befugnis- und Kompetenzgewinn auf der einen Seite sowie dem Verlust der entsprechenden Befugnisse und Kompetenzen auf der anderen Seite. Einen ähnlichen Effekt hat auch die Koordination von Planungs- und Kontrollträgern beziehungsweise deren Integration unter der gleichgerichteten organisatorischen Rahmenentwicklung. Eine Verdopplung des Planungsvolumens im Zuge der Zusammenführung beispielsweise wird in der Regel nicht
284
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
eine Verdopplung der dahinter stehenden Planungsressourcen erfordern, sondern eine Konsolidierung in der zusammengeführten Mannschaft zur Folge haben. Hier schließt sich der Kreis zur bereits angesprochenen Notwendigkeit einer Optimierung der indirekten Bereiche in den Unternehmen.
Weisungsbefugnis erfordert Kontrollkompetenz
Weisungsbefugnis
Entscheidungsbefugnis
Entscheidungsbefugnis erfordert Planungskompetenz
Unternehmen 2 Unternehmen 1
Planungkompetenz
Kontrollkompetenz
Eine starke organisationale Integration beider Unternehmen erfordert auch eine starke Integration der bestehenden Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse sowie der korrespondierenden Planungs- und Kontrollkompetenzen.
Abbildung 102: Rolle von Planung und Kontrolle bei der organisationalen Integration
x
Gleichzeitig ist auch eine Entscheidung über die typische Fragestellung der Zentralisierung beziehungsweise Dezentralisierung von Planungs- und Kontrollaufgaben erforderlich. Auch wenn im Zuge der M&A-Transaktion diesbezüglich kein fundamentaler Wandel von der bisherigen Philosophie erfolgen wird, kann die Zusammenführung von zwei unterschiedlichen Ansätzen in einem neuen Unternehmen dennoch einen Anpassungsbedarf hervorrufen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine starke organisationale Integration beide Möglichkeiten offeriert. Allerdings ist es vorstellbar, dass eine Dezentralisierung von wichtigen Planungs- und Kontrollaufgaben an die neuen, „unbekannten“ Mitarbeiter in einem ersten Schritt schwer fallen kann. Hier wird sich erst im Zuge des Kennenlernens und der Zusammenführung der unterschiedlichen Kulturen ein geeigneter Weg abzeichnen und die Entwicklung von zentraler Fremdkontrolle in Richtung dezentraler Eigenkontrolle ermöglichen.
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Die letztgenannte Fragestellung tangiert auch bereits die Schnittstelle der Koordination zwischen Organisation und Personalführungssystem, die abschließend kurz erörtert werden soll. Ähnlich wie bei der Abgrenzung mit Planungs- und Kontrollsystem können auch für die Koordinationsthemen zwischen Organisation und Personalführung wieder originäre sowie gemeinsame Aufgaben abgeleitet werden: „Durch die Festlegung von Weisungsrechten werden Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehungen begründet. Deshalb ist der Bezug dieser Organisationsvariablen zur Personalführung besonders eng. Sie bildet den Ansatzpunkt für die unmittelbare Gestaltung der Personalführung und den Einsatz ihrer Instrumente. Dies schlägt sich in dem vom jeweiligen Vorgesetzten gepflegten Führungsstil nieder.“ (Küpper 2005, S. 325). Die im vorangehenden Abschnitt beschriebenen Organisationsaufgaben sind hierbei mit den Führungsprinzipien, dem Führungsstil, den Motivation- und Anreizsystemen sowie der Personalentwicklung wertsteigernd zu koordinieren. Zur ausführlichen Beschreibung dieser Komponenten sei an dieser Stelle auf die Diskussion der sorgfältigen und schnellen Ausarbeitung einer Führungskonzeption (vgl. Abschnitt 3.2.2.5) sowie den Erläuterungen unter dem Stichwort der Prozessverantwortung mit Fokus auf das Thema Personalmotivation und Anreizsysteme (vgl. Abschnitt 3.6.2.5) verwiesen.
3.4.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Nun verbleibt noch die Klärung der Frage nach einer Messbarkeit der organisationalen Integration und somit die Bereitstellung entsprechender Metriken für das wertorientierte M&AControlling. Einen ersten Anhaltspunkt bietet dabei die Anzahl der organisatorischen Einheiten, seien es Funktionen oder Prozesse, beziehungsweise die in ihnen gebundenen Mitarbeiter. Eine interessante Frage kann dabei darin bestehen, wie viele Fakultäten im neuen Unternehmen mit dem Thema Instandhaltung befasst sind und befasst sein sollten. Diese Fragestellung bietet bereits bei der singulären Betrachtung von Einzelunternehmen oftmals hohes Optimierungspotenzial, wenn beispielsweise eine zentrale Instandhaltung sowie eine dezentrale Bereichswerkstatt parallel arbeiten und darüber hinaus auch die Mitarbeiter in der Fertigung selbst mit bestimmten Instandhaltungstätigkeiten befasst sind. Führt man zwei Unternehmen, auch wenn sie über ähnliche Instandhaltungsphilosophien verfügen, zusammen, so bieten sich Verbesserungsmöglichkeiten in vielerlei Hinsicht. Gerade zeitintensive Instandhaltungsaufgaben, die hochbezahlte Spezialisten erfordern, können auch standortübergreifend in Form von schlagkräftigen Experten-Task-Forces organisiert und so effizienter und effektiver gestaltet werden. Gleiches gilt für andere indirekte Tätigkeiten wie Qualitätssicherung, Logistik, Finanzen sowie den direkten Bereich selbst. Die Stärke der organisatorischen Integration bei M&A-Transaktionen macht sich darüber hinaus auch in der Ausprägung von Entscheidungsund Weisungsrechten, der Anzahl der Planungs- und Kontrollträger sowie der Hierarchiestufen bemerkbar. Bleiben nach der Transaktion alle Mitarbeiter in den entsprechenden Funktionen erhalten, so wird sich die Komplexität der Koordination erhöhen und sowohl der zeitliche
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
als auch der ressourcenbezogene Aufwand erhöhen. Vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung von Markt und Kunden sei die Anzahl der Beschaffungs- und Vertriebskanäle angeführt. Insbesondere letztere kann die Komplexität der Kundenbedienung über die Notwendigkeit erhöhen, auf der anderen Seite ist im Sinne der individuellen Erfüllung von Kundenanforderungen eine gewisse Anzahl von Absatzwegen unabdingbar. Eine wichtige Komponente bei der organisatorischen Gestaltung der vorab beschriebenen Themen stellen abschließend die bestehenden IT-Systeme dar. Sie unterstützen wesentliche Funktionen und Prozesse im Unternehmen und müssen in Einklang mit der Organisationsstruktur entworfen werden. Die Anzahl redundanter IT-Systeme gibt einen ersten Anhaltspunkt für die zu erwartende Integrationskomplexität und sollte im Zeitablauf im Hinblick auf eine signifikante Reduktion überwacht werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist noch, dass alle Kennzahlen jeweils für die beteiligten Transaktionspartner vor Durchführung des M&A-Projektes sowie für das Gesamtunternehmen danach mit entsprechenden Zielwerten zu erfassen sind. Grundsätzlich deuten alle Kennzahlen mit hoher quantitativer Ausprägung vor der Transaktion auf eine gesteigerte Komplexität in der Integrationsphase hin. Darüber hinaus ist auch nicht die Anzahl alleine entscheidend, vielmehr ist auch die Komplementarität der Kennzahlen und der dahinter stehenden Analysebereiche in beiden Unternehmen zu durchleuchten. Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl organisatorischer/funktionaler Einheiten mit ähnlichen Aufgabeninhalten
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Ermittlung von Redundanzen in der funktionalen organisatorischen Aufstellung x Indikator für die Schnittstellenvielfalt
Anzahl Gremien
x Anzeige der Komplexität der Gremienstruktur in der Organisation x Ermittlung von Parallelprozessen, welche die gleichen Aufgaben erfüllen x Indikator für Organisationskomplexität
Anzahl von Prozessen mit ähnlichen Inhalten
Anzahl der mit ähnlichen Aufgaben befassten Mitarbeiter
x Indikator für Klarheit in der Aufgaben- und Kompetenzverteilung x Erfassung redundanter Tätigkeiten
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Bestehen naturgemäß zu Beginn der Integrationsphase x Entscheidend ist ein plausibler Plan für die Zusammenführung, der auf der prozessualen Konsolidierung fußt x Genaues Durchleuchten der Gremienfunktionen erforderlich x Bestehen naturgemäß zu Beginn der Integrationsphase x Entscheidend ist ein plausibler Plan für die Zusammenführung x Zentrale Aufgabe der prozessualen Due Diligence x Tatsächlich ausgeführte Aufgaben können von den existierenden Funktionen/ Stellenbeschreibungen erheblich abweichen x Hohe Werte der Kennzahlen können einen Anhaltspunkt für die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Stellenbeschreibungen geben
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Anzahl Planungs- und Kontrollträger
x Planungs- und Kontrolllastigkeit der Organisation
Anzahl Mitarbeiter mit Entscheidungs- bzw. Weisungsbefugnis
x Hierarische Komplexität der Organisation x Inwiefern wird der „lean“Gedanke realisiert?
Anzahl Hierarchiestufen
x Indikator für die Hierarchielastigkeit der Organisation und damit für die Komplexität der Entscheidungswege
x Organisatorische Komplexität verursacht hohen Planungs- und Kontrollaufwand x Ein zu hoher Wert kann Ausgangspunkt für vielfältige Probleme sein: mehrdeutige Anweisungen, Mehrfachunterstellungen, Interessendifferenzen etc. x Betrachtung vor dem Hintergrund der Unternehmenskultur und der Historie sowie der Steuerungsanforderungen
Anzahl Vertriebskanäle
x Ermittlung der Vielfalt von Absatzwegen x Überschneidungsfreiheit der Vertriebswege
x Gratwanderung zwischen hoher Komplexität durch zu viele Kanäle und der Notwendigkeit bestimmter Kanäle zu Erfüllung der Kundenbedürfnisse x Detailliertes Bewertungsmodell zur Optimierung erforderlich
Anzahl Beschaffungskanäle
x Ermittlung der Lieferantenvielfalt x Indikator für Risiken durch Abhängigkeiten in der Beschaffung
Anzahl redundanter ITSysteme
x Aussage zur Komplexität der systemischen Integration und der bestehenden Systemschnittstellen
x Gratwanderung zwischen Single Sourcing und Risikoreduktion durch Lieferantenvielfalt x Detailliertes Bewertungsmodell zur Optimierung erforderlich x Kompatibilität der Systeme im Hinblick auf die Überführbarkeit von Datenbeständen ist zentrale Voraussetzung für den Integrationserfolg
Tabelle 16: Kennzahlen zur starken organisationalen Integration der Unternehmen
3.4.2.4 Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens 3.4.2.4.1 Begriffsklärungen Das betriebliche Rechnungswesen gehört zu den zentralen Controlling-Instrumenten und lässt sich auf oberster Ebene in eine interne und eine externe Komponente einteilen. Im Wesentlichen kommen ihm dabei folgende Aufgaben zu (vgl. Wöhe 1993, S. 997): x
Dokumentations- und Kontrollaufgabe: Erfassung und Überwachung der im Unternehmen auftretenden Geld- und Leistungsströme in mengen- und wertmäßiger Form.
x
Dispositionsaufgabe: Bereitstellung von Informationen für interne Adressaten als Grundlage für anstehende Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaufgaben.
x
Rechenschaftslegungs- und Informationsaufgabe: primär an externe Adressaten gerichtete Funktion mit dem Ziel einer Information über Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens.
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
KÜPPER fasst kalkulatorische und pagatorische Rechnung zum betrieblichen Rechnungswesen zusammen, „… das global als zahlenmäßige Abbildung des Unternehmensprozesses aufgefasst werden kann.“ (Küpper 1995, S. 16) und liefert eine umfassende Darstellung zur Charakterisierung der Unternehmensrechnung anhand von sechs Gliederungsmerkmalen (vgl. Abbildung 103). Hieraus wird auch die Komplexität der gesamten Thematik ersichtlich, da bei M&A-Transaktionen grundsätzlich die einzelnen Merkmale bei den beteiligten Unternehmen unterschiedlich ausgeprägt sein können.
Rechnungszweck
Entscheidungszielbezug
Abbildungsgegenstand
Basisgrößen
Dokumentation
Erfolgsziel
Information zur Planung
Finanzziel
Produktziel
Potenzialziel
Forderungen und Verbindlichkeiten
Bar- und Buchgeld
Ein- und Auszahlungen
Information zur Steuerung
Einnahmen und Ausgaben
Erträge und Aufwendungen
Information zur Kontrolle
Sozialziel
Umweltziel
Realgüter
Erlöse und Kosten
Zeitlicher Bezug
Vergangenheit (Ist-, Nach-Rechnungen)
Zukunft (Vor-, Prognose-, Plan-Rechnungen)
Zeitliche Reichweite
Eine Periode (kurzfristig)
Mehrere Perioden (mittel-, langfristig)
Abbildung 103: Merkmale zur Gliederung der Unternehmensrechnung (Quelle: Küpper 2005, S. 131)
Die Integration der betrieblichen Informationssysteme bildet eine essentielle Grundlage für die Durchführung der Integration selbst sowie für den operativen Geschäftsbetrieb im Anschluss an das M&A-Projekt (vgl. Schumann 2005, S. 121). Es existieren Schätzungen, die von einem Einsparungspotenzial von bis zu 35% der Kosten der Informationssysteme durch die Realisierung von Synergieeffekten im Zuge der Integration der Informationssysteme sprechen (vgl. Schumann 2005, S. 122). Die Frage, wie das betriebliche Rechnungswesen als zentrales Informationssystem zu gestalten ist, gehört zu den viel diskutierten Themen in der betriebswirtschaftlichen Literatur. Die Erörterungen lassen sich im Wesentlichen auf Aspekte der funktionalen, institutionalen und instrumentalen Dimension konsolidieren (vgl. Knorren 1998, S. 155). Alle drei Elemente sind grundsätzlich auch bei der Gestaltung des betrieblichen Rechnungswesens im Rahmen von M&A-Transaktionen zu betrachten. Die funktionale Ausgestaltung des Rechnungswesens legt die Charakteristika der benötigten Informationen fest. Es geht darum, welche Art von Information in welcher Menge und Qualität zu welchem Zeitpunkt benötigt wird. Diese Themen können zuerst einmal losgelöst von
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den infrastrukturellen Gegebenheiten im Unternehmen festgelegt werden. Entscheidungsgrundlage bilden die Anforderungen, die aus den Notwendigkeiten von Planung, Steuerung und Kontrolle des Unternehmens abgeleitet werden. Bei M&A-Transaktionen müssen die sich unter Umständen unterscheidenden Rechnungswesen-Logiken angeglichen werden. So ist es beispielsweise bei grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen zwischen Deutschland und den USA erforderlich, dass die Systeme nach der Integration dazu in der Lage sind, einen Jahresabschluss sowohl nach IAS als auch nach US-GAAP zu erzeugen beziehungsweise die entsprechenden Daten dafür bereitzustellen. Die funktionale Modellierung des Systems leitet sich von den Rechnungszwecken und den Rechnungszielen ab (vgl. Küpper 2005, S. 131). Unter dem Rechnungszweck versteht man die Wissenswünsche der Empfänger, Rechnungsziel hingegen bezeichnet das konkrete Ergebnis einer Rechnung in Form der gewonnenen Größen wie Periodenerfolg, Economic Value Added oder Kapitalwert. Betrachtet man noch einmal das eben angeführte Beispiel des Jahresabschlusses, so ist der Rechnungszweck die Erfüllung der Informationsbedürfnisse von internen und externen Zielgruppen im Hinblick auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens. Die im Jahresabschluss beispielsweise in der Gewinn- und Verlustrechnung oder der Bilanz ausgewiesenen Größen fallen unter die Rechnungsziele. Sie manifestieren in Form einer Kennzahl den Output des Rechensystems. Wie die Bereitstellung der vorab definierten Informationen in der Organisation verankert wird, ist Aufgabe der institutionalen Perspektive. In aufbauorganisatorischer Hinsicht sind Funktionen, Stellen und Verantwortlichkeiten zu definieren. Im Hinblick auf die Ablauforganisation werden die Ströme der Daten und Informationen durch das Unternehmen modelliert. Im Vordergrund steht hier unter anderem auch die Regelung der Interaktion zwischen Sender und Empfänger der jeweiligen Informationen. Diese Dimension geht Hand in Hand mit den weiter vorne diskutierten Aspekten der starken organisationalen Integration der beteiligten Unternehmen. An dieser Stelle kann deshalb auch von der Koordination der Führungsteilsysteme Organisation und Informationssystem gesprochen werden, die sich gegenseitig beeinflussen und die gleichgerichtet optimiert werden müssen. Sender und Empfänger bedienen sich unterschiedlicher Instrumente für die Generierung, Speicherung, Aufbereitung und Verteilung der Informationen. Auf instrumenteller Seite gilt es, die IT-Systeme zu vernetzen und zu konsolidieren, so dass eine einheitliche Systemlandschaft mit ungehindertem Datenfluss über die ehemaligen Schnittstellen hinweg erfolgen kann. Unter der technischen Komponente soll auch die Vereinheitlichung der Datenbasis verstanden werden, die beispielsweise zur Aufgabe hat, eventuell unterschiedliche Speicherformate von Datenbanken zusammenzuführen. Die Integration und Konsolidierung der ITLandschaften ehemals getrennt operierender Unternehmen stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar, zumal wenn ursprünglich unterschiedliche Systeme und Tools im Einsatz waren, deren Kompatibilität nicht a priori sichergestellt ist. Bei den globalen Top 1.000
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Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Unternehmen kommen jeweils bis zu 100 verschiedene Informations- und Kommunikationssysteme unterschiedlicher Herkunft zum Einsatz (vgl. Wirtz 2003, S. 336). Daneben beinhaltet auch bereits die Zusammenführung von Systemen, die auf gleichen IT-Produkten und Plattformen basieren, in der Regel eine Reihe von Hindernissen. Das zentrale Ziel besteht darin, „ … möglichst schnell eine einheitliche Datenbasis als Grundlage gemeinsamer Entscheidungen zu schaffen, gleichzeitig aber die Komplexität beherrschbar zu halten und ein Höchstmaß an Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Daten zu gewährleisten“ (Wirtz 2003, S. 335). WIRTZ führt für das Integrationsmanagement vier erforderliche Schritte an (vgl. Wirtz 2003, S. 341): x
Systementscheidung für Zielsoftware und -hardware,
x
Erarbeitung der Umsetzungsstrategie und des notwendigen IT-Projektportfolios,
x
Bereitstellung von Übergangslösungen für gegenseitigen Rechnerzugriff und Integration der Daten- und Sprachnetze,
x
Migration der Daten in das Zielsystem und Abschaltung der Altsysteme.
Mit Blick auf die zentrale Fragestellung der Integration des betrieblichen Rechnungswesens im Zuge einer Unternehmenstransaktion sind alle beschriebenen Stoßrichtungen gleichgerichtet zu verfolgen. Für die Analyse der wertsteigernden Gestaltung erscheinen dabei weniger die infrastrukturell-technischen Aspekte im Sinne der instrumentellen Sichtweise als vielmehr das dahinter stehende logisch-theoretische Konzept einer funktionalen Gestaltung einschließlich der institutionellen Verankerung von besonderer Bedeutung. Sie bilden das Grundgerüst für die weitere organisatorische Integration, wobei in diesem Zusammenhang von einer bilateralen Beeinflussung gesprochen werden kann (vgl. Küpper 2005, S. 286 ff.): x
Die Strukturvariablen der Organisation haben maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Informationssystems. Sowohl aufbau- als auch ablauforganisatorische Gegebenheiten beeinflussen beispielsweise die Art und den Detaillierungsgrad der zu erfassenden Informationen oder die Form und den Umfang des Berichtswesens.
x
Im Gegenzug determinieren die Möglichkeiten moderner Informationssysteme unter Umständen auch die Organisation selbst. Bestimmte organisatorische Ausprägungen werden erst durch die Verfügbarkeit entsprechender Unterstützungssysteme praktikabel. Ein gutes Beispiel bildet in diesem Zusammenhang die Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen, die entsprechend dezentral die dazu erforderlichen Informationen als Entscheidungsgrundlage benötigt.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
291
3.4.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber Hat man ein klares Bild von der optimalen Ausgestaltung der vorab definierten Stellhebel vor Augen, so werden auch die aus einer wohlabgestimmten Integrationslandschaft mit Informationssystem und korrespondierenden organisatorischen Strukturvariablen resultierenden Einflüsse auf die Wertsteigerung des Unternehmens deutlich. Diesbezüglich lassen sich vielfältige Ursache-Wirkungs-Beziehungen ableiten: x
Ein integriertes Rechnungswesen offeriert signifikante Zeitvorteile. Das beginnt bei der Erhebung der erforderlichen Daten und reicht über die Verarbeitung bis hin zu den bestehenden Auswertungsmöglichkeiten. Das sei an zwei Beispielen erläutert. Zum einen bieten Informationen über Prozesse, wie bereits weiter vorne in Zusammenhang mit der Prozesstransparenz diskutiert, wertvollen Input für die wertorientierte Unternehmenssteuerung. Aus der Historie ist jedoch bekannt, dass gerade die entsprechenden Systeme wie die Prozesskostenrechnung auch an der Komplexität der Datenerhebung gescheitert sind. Neuere Business Intelligence Software geht diesbezüglich einen Schritt weiter und bietet unter Integration der bestehenden Unternehmenssysteme oftmals einfache und schnelle Wege, die erforderlichen Daten zu sammeln, zu verdichten, auszuwerten und zu präsentieren. In Verbindung mit einfacheren und praxisorientierteren Konzepten lassen sich so aus einstmals schwerfälligen und hoch komplexen Ansätzen für die tägliche Steuerung geeignete Systeme mit tagesaktuellen Informationen schaffen. Ein zweites Beispiel bildet, gerade mit Blick auf die Zusammenführung internationaler Unternehmen, die gesamte Thematik des Jahresabschlusses. Über Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg sind hier in regelmäßigen Intervallen unter anderem die Informationen für Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung zusammenzutragen und zu konsolidieren, um am Ende zu einem Gesamtabschluss auf Konzernebene zu gelangen. Verbunden mit Anforderungen wie internationaler Rechnungslegung oder Segmentberichterstattung ergeben sich hier komplexe Logiken, die sinnvoller Weise nur mit Hilfe integrierter Informationssysteme abgebildet werden können. Allerdings werden heute noch auch in größeren Unternehmen gerade in der Kommunikation mit ausländischen Tochtergesellschaften Excel-Dateien eingesetzt, die in vielen unterschiedlichen Ausprägungen durch die Abteilungen kursieren und am Ende aufwändig reformatiert, ausgelesen und manuell in den Rechnungswesen-Zyklus eingespeist werden müssen. Auch hier besteht enormes Zeitpotenzial, wenn die entsprechenden Informationen einheitlich erfasst und automatisch zusammengeführt werden. Dadurch wird eine zielgerichtete, schnelle Steuerung von M&A erst ermöglicht.
x
Gleichgerichtet verhält sich die Situation bei der Erzielung von Kostenvorteilen. Ein integriertes Rechnungswesen auf Basis integrierter Informationssysteme und Organisationsstrukturen benötigt weniger Aufwand für die Pflege und damit oftmals deutlich weniger Mitarbeiterressourcen für die Pflege der Informationen. Viele Informationen lassen sich im Laufe der Zeit automatisieren und verlangen gemäß der Logik des „Management by
292
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
exception“ manuelle Eingriffe lediglich in Sonderfällen, natürlich mit Ausnahme der nach wie vor erforderlichen Kontrollaufgaben. Daneben verursacht ein integriertes System zwar in der Regel höhere Einmalaufwendungen für Hard- und Softwarekomponenten, amortisiert sich aber durch den deutlich geringeren Pflegeaufwand und geringere Fehler beziehungsweise Verluste an den Schnittstellen in relativ kurzer Zeit. Erfolgsfaktor: Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
In den mit dem Rechnungswesen befassten indirekten Bereichen wie beispielsweise Finanzwesen und Controlling ruhen diesbezüglich oftmals hohe Synergiepotenziale.
Proaktives Risikomanagement
Risiken können mit Hilfe eines konsolidierten Systems zuverlässiger überwacht werden als mit Hilfe mehrerer fragmentierter Systeme.
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Um den Geschäftsbetrieb optimal aufrecht zu erhalten und in eine gemeinsame Logik zu überführen, ist eine schnelle Zusammenführung der unterschiedlichen Systeme essentiell.
Abbildung 104: Wertsteigerung durch Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
3.4.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Mit den Zeit- und Kostenvorteilen wurden die Haupteinflussfaktoren auf die Wertsteigerung durch die Integration des betrieblichen Rechnungswesens beschrieben. Interessant erscheint im nächsten Schritt die Untersuchung der geeigneten Controlling-Instrumente für die Umsetzung der Rechnungswesen-Integration. An erster Stelle steht dabei die Gestaltung der funktionalen Ebene, also des konzeptionellen Hintergrunds des betrieblichen Rechnungswesens. Ausgehend von den Wissenswünschen der Informationsempfänger, dem Rechnungszweck, werden die Rechnungsziele definiert und die dafür geeigneten Ansätze für ihre Ermittlung beschrieben. Das gesamte abzudeckende Spektrum teilt sich dabei in die beiden wesentlichen Komponenten des internen und des externen Rechnungswesens auf. Im Einzelnen sind dabei unter anderem folgende Instrumente zu integrieren: x
Kosten- und Erlösrechnungen,
x
Liquiditätsrechnungen,
x
Finanzierungsrechnungen,
x
Bilanzrechnungen,
x
Anlagenrechnungen,
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung x
Investitionsrechnungen,
x
Lohn- und Gehaltsrechnungen,
x
Humanvermögensrechnungen,
x
Sozialbilanzen,
x
Chancen-/Risiken-Faktoren,
x
Früherkennungssysteme,
x
Kennzahlensysteme.
293
Was die Informationssysteme selbst angeht, so ist im Dreiklang von Transparenz, Bewertung und Konsolidierung die Gesamtintegration voranzutreiben. An erster Stelle steht somit die Frage, welche Systeme überhaupt im Einsatz sind und welche Funktionen durch die einzelnen Komponenten erfüllt werden. Dabei sind mit Hilfe einer standardisierten Erhebung alle Teileinheiten zu beleuchten und die gewonnenen Informationen strukturiert zusammenzufahren. Bereits an dieser Stelle werden redundante beziehungsweise unübersichtliche Systeme erkennbar. Es bietet sich an, die einzelnen Module in einer Art Systemlandkarte mit den existierenden Input-/Outputbeziehungen zu modellieren: jedes System muss darauf hin untersucht werden, woher es seine Inputdaten erhält und was mit den Ergebnisse weiterhin geschieht. Unter Umständen stellen sich einzelne Systeme als zentrale Knotenpunkte für die Gesamtlandschaft heraus, andere hingegen als isolierte Teilsysteme für eine Handvoll Informationsempfänger. Gerade die in den Unternehmen noch vielfach verwendeten Excel-Lösungen werden auf einer derartigen Darstellung überproportional vertreten sein und einen Hinweis auf Automatisierungspotenziale und damit mögliche Zeit- und Kostenvorteile geben. Insbesondere diese Excel-Lösungen liegen oft in der Hand von wenigen „Spezialisten“ und sind somit in ihrer manuellen Pflege sehr stark einzelpersonenabhängig und damit ausfallgefährdet. Die fertige Systemlandkarte bildet dann einen wertvollen Startpunkt für die Bewertung des Nutzens beziehungsweise der Notwendigkeit der einzelnen Systeme. Es ist vorteilhaft, einen kritischen Pfad durch die Systemlandkarte zu zeichnen, um zu verdeutlichen, welche Systeme unbedingt erforderlich sind und welche Systeme durch andere substituiert werden können. Gleichzeitig sind wichtige Eckdaten bezüglich Aufwand für die Systempflege beispielsweise in Mitarbeiterjahren pro Monat sowie die zu erwartende Reduktion durch den Einsatz eines integrierten Systems einzupflegen. Auf der anderen Seite sind die entsprechenden Informationen über alternative, integrierte Systeme zu sammeln und im Hinblick auf die Eignung der vorab definierten Anforderungen analog der Systemlandkarte zu untersuchen. So kann bereits frühzeitig das geeignete System identifiziert und parallel eingerichtet werden. Auf Grund der Brisanz des betrieblichen Rechnungswesens wird man sich in der Anfangsphase dafür entscheiden, zumindest die Kernsys-
294
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
teme redundant laufen zu lassen und nach einer erfolgreichen Testphase dann das Altsystem komplett abzulösen. Auf der institutionalen Ebene schließlich bedient sich das Controlling dabei der gleichen Instrumente wie im Rahmen des Erfolgsfaktors der starken organisationalen Integration. In gleichem Maße geht es hier um die aufbauorganisatorische Gestaltung des Informationssystems. Damit in Zusammenhang stehen die erforderlichen Definitionen von Aufgabenverteilung, Entscheidungs- und Weisungsrechten sowie der prozessorientierten Abläufe. Gerade die Thematik des betrieblichen Rechnungswesens bietet sich dafür an, durch einen hohen Grad an Standardisierung Effizienzvorteile zu heben und in Verbindung mit einem hohen technischen Automatisierungsgrad die Aufgabenträger möglichst stark von operativen Details zu entlasten. Vielmehr sollte der Fokus in der intelligenten Interpretation der gewonnenen Informationen liegen, also in der Analyse von Zusammenhängen, dem Aufdecken von Implausibilitäten oder Abweichungen und dem darauf basierenden aktiven Einleiten von gegebenenfalls erforderlichen Gegensteuerungsmaßnahmen.
3.4.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Auch die Integration des Rechnungswesens sollte mit Hilfe geeigneter Kennzahlen überwacht werden. Der Integrationsfortschritt lässt sich dabei am besten anhand der Dimensionen Zeit, Quantität und Qualität überwachen: x
Die Zeitgrößen messen die Prozessdauer der Rechnungswesen-Operationen, also beispielsweise die zur Erstellung von Jahres- oder Monatsbericht erforderliche Zeitspanne. Diese wird insbesondere auch durch die Verfügbarkeit der Inputdaten determiniert, die ihrerseits von den Vorsystemen abhängig sind.
x
Quantitative Zählgrößen erheben im Wesentlichen Häufigkeiten von RechnungswesenOperationen, aber auch das Spektrum der eingesetzten Systeme und die bestehenden Schnittstellen. Auftretende Fehler sind dabei ein besonders wichtiges Indiz, um Änderungsmaßnahmen anzustoßen.
x
Ein wichtiges Indiz für die Leistungsfähigkeit des Rechnungswesen-Systems ist die Qualität der verwalteten Daten, insbesondere die Qualität und Fehlerfreiheit der gewünschten Ouput-Informationen. Auch ein vollintegriertes System bringt keinen Nutzen, wenn die Verlässlichkeit der gewonnenen Informationen gering ist.
In Tabelle 17 sind wichtige Kennzahlen aufgelistet, die für eine wertorientierte Steuerung der Rechnungswesen-Konsolidierung nützlich sind und den Erfolg der Systemintegration widerspiegeln.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessgestaltung
295
Kennzahl/ Rechnungsziel Zeitdauer der Berichtserstellung
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Wie viel Zeit wird in die Erstellung der einzelnen Berichte investiert?
Beurteilung/ Kritische Würdigung
Anzahl Schnittstellen zwischen den Systemen
x Indikator für die Komplexität und Fehleranfälligkeit zwischen den Systemen
Anzahl unterschiedlicher Rechnungssysteme
x Indikator für den systemtechnischen Pflegeaufwand, der sich auch im Prozessmodell als Prozessaufwand zur Pflege der IT-Infrastruktur wiederfindet
x Prüfung, welche Systeme eventuell substituiert werden können x Aus der Systemlandkarte zu entnehmen
Anzahl Transaktionen je System und Zeitabschnitt
x Identifikation von wenig genutzten beziehungsweise substituierbaren Systemen x Identifizierung von Systemen mit hohem Transaktionsaufwand und damit hohem Potenzial bei Integration und Optimierung x Ermittlung von Fehlern in den einzelnen Berichten
x Berücksichtigung des Automatisierungsgrades bei der Ableitung von Maßnahmen
x Für die Einzelberichte isoliert zu erheben x Unterscheidung nach Bearbeitungs- und Systemzeit erforderlich x Zu differenzieren in manuelle und automatische Schnittstellen x Schnittstellen stellen grundsätzlich Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen dar x Aus der Systemlandkarte zu entnehmen
Automatisierungsgrad der Berichtserstellung in %
x Häufigkeit manueller Eingriffe und damit Zusatzaufwand
Umsatzeinbußen auf Grund fehlerhafter oder fehlender Daten
x Welche Schäden verursachen fehlende/falsche Daten?
Anzahl Mitarbeiter in der technischen Systembetreuung Anzahl Mitarbeiter für die kaufmännische Systembetreuung
x Kapazitäten und Kosten der Systembetreuung
x Ursachenforschung, inwiefern die Fehler anwender- oder systembedingt sind x Prüfung, inwiefern diese Fehler weitreichende Konsequenzen hatten und Fehlentscheidungen verursacht haben x Fehlerreduzierung durch verbesserte Systeme, weniger Schnittstellen etc. x Ausweis der Schnittstellen Anwender/System in der Berichtserstellung x Höherer Automatisierungsgrad bedeutet Vereinfachung in der Bedienung, allerdings auch eventuell Starrheit im Konzept x Ursachenforschung, inwiefern die Fehler anwender- oder systembedingt sind x Fehlerreduzierung durch verbesserte Systeme, weniger Schnittstellen etc. x Eine Vielzahl von Systemen verursacht in der Regel hohen Betreuungsaufwand
x Kapazitäten und Kosten der Systemmodellierung
x Indikator für die Bedienungsfreundlichkeit der Systeme
Anzahl Fehler pro Abrechnungsperiode
Tabelle 17: Kennzahlen zur Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
296 3.5 3.5.1
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozesssteuerung
3.5.1.1 Das Wesen der Prozesssteuerung Die Prozesssteuerung bildet die Schaltzentrale des Prozessmanagements. Die in den einzelnen Phasen beschriebenen Instrumente und Kennzahlen müssen in ein übergreifendes System eingestellt werden, welches die Durchgängigkeit des Workflows im Prozessmanagement und die Erreichung des Gesamtoptimums sicherstellt. Der Regelkreis der Prozesssteuerung lässt sich folgendermaßen darstellen (vgl. Abbildung 105). Ziele setzen
Steuern ist nur „bei guter Sicht“ möglich
Status Quo messen
Status Quo analysieren
Maßnahmen ergreifen
Transparenz des M&A Prozesses ist die Voraussetzung für wirksames Management Metriken und Vergleichswerte schaffen die Informationsbasis für sichere und nachvollziehbare Entscheidungen
Ergebnisse überprüfen
Abbildung 105: Regelkreis der Prozesssteuerung (Quelle: Seidenschwarz 2006, S. 36)
Im Kern gestaltet sich die Prozesssteuerung als Metasystem zur Koordination des gesamten Prozessmanagements. Hier ist der Nukleus des Prozesscontrolling verankert, dessen Aufgabengebiet sich in der Unterstützung von Planung, Steuerung und Kontrolle über alle Phasen des Prozessmanagements erstreckt. Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedient sich die Prozesssteuerung entsprechender Kennzahlen: „Im Mittelpunkt einer Prozessführung sollte somit ein bereichsübergreifend ausgebautes Kennzahlensystem stehen, welches auf Grund seiner Empfängerorientierung unternehmensindividuell zu gestalten ist“ (Brede 1998, S. 127). Es wird deutlich, dass die Prozesssteuerung zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Ergebnisse aus den vorgelagerten Stufen des Prozessmanagements benötigt. So kann die Steuerung nur im Hinblick auf eine klar definierte Strategie erfolgen. Außerdem kann nur das gesteuert werden, was transparent dargestellt wurde und wofür somit die erforderlichen Steuerungsinformationen bereitstehen. Den Gestaltungsmaßnahmen indes kommt in diesem Zusammenhang eine
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
297
ambivalente Bedeutung zu: zum einen werden sie eingeleitet, wenn das Steuerungssystem Handlungsbedarf identifiziert, auf der anderen Seite ist es genau die Prozesssteuerung, welche die Prozessmetriken beeinflusst und eine Soll-Ist-Abweichung provoziert. An dieser Stelle muss schließlich auch noch die naheliegende Schnittstelle der Prozesssteuerung mit den Erfolgsfaktoren des M&A-Projektmanagements betont werden. Bereits weiter vorne in Abschnitt 3.1.3.2 wurde die Abgrenzung der M&A-Erfolgsfaktoren vorgenommen und eine Fokussierung der vorliegenden Arbeit auf die Erfolgsfaktoren für M&A-Prozesse, nicht des M&A-Projektmanagements, als sinnvoll erachtet. Dieser Logik soll auch beim Thema Prozesssteuerung weiter gefolgt werden, allerdings sind die Übergänge nicht immer eindeutig abgrenzbar. So werden sich in den nachfolgenden Ausführungen immer wieder Elemente finden, die stark auf das M&A-Projektmanagement selbst hindeuten, allerdings nur dann, wenn sie unmittelbaren Bezug zu den prozessbezogenen Erfolgsfaktoren aufweisen und wichtige Voraussetzung für deren Steuerung bilden.
3.5.1.2 Konstitutive Elemente der M&A-Prozesssteuerung Die Steuerung beziehungsweise Steuerungsunterstützung ist die originäre Aufgabe des Controlling. Hier laufen die Fäden zusammen, welche alle bisher beschriebene Aktivitäten im Rahmen von Prozessstrategie, Prozesstransparenz und Prozessgestaltung sowie auch die noch zu beschreibenden Elemente der Prozessverantwortung unter einem Dach integrieren. Das wesentliche Ziel besteht dabei im Monitoring der laufenden Prozesse und des Ermöglichens eines schnellen Eingreifens bei Abweichungen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben ist eine Reihe von Kennzahlen erforderlich, mit deren Hilfe die effektive Überwachung erfolgen kann. Dabei greift die Prozesssteuerung auf die spezifischen Kennzahlen der anderen Phasen des Prozessmanagements zu, stellt darüber hinaus aber auch übergreifende Kennzahlen für die Steuerung des Gesamtsystems zur Verfügung. Auf diese Weise gelingt es, Teiloptima zu vermeiden und das Gesamtoptimum zu realisieren. Fatal wäre beispielsweise die reine Umsetzung einer exzellenten Prozesstransparenz ohne Verlinkung zur Prozessstrategie und ohne Bezug zur Prozesssteuerung. Die Überwachung der Kennzahlen-Erreichung und -Optimierung obliegt dem Kontrollsystem des Controlling, das Küpper als „… einen systematischen, informationsverarbeitenden Prozess […] [versteht, Anm. d. Verf.], in dem ein beurteilender Vergleich zwischen zwei Größen vollzogen wird“ (Küpper 2005, S. 187). Die Abweichung zwischen den in der Praxis oftmals in Form von Soll- und Istwerten abgebildeten Größen dient daraufhin als Auslöser für eventuell erforderliche Anpassungs- und Steuerungsmaßnahmen. So gesehen steuert das Kontrollsystem nicht selbst, sondern übergibt in der Funktion des „Controlling-Dienstleisters“ die erforderlichen Informationen und Handlungsempfehlungen an das Management, das seinerseits dann die entsprechenden Schritte einleitet. Der Steuerungsgedanke ist entsprechend pro-
298
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
zessnah zu formulieren, so dass ausgehend von der Prozesstransparenz bis hin zur Prozessverantwortung ein durchgängiges System besteht, das im Zuge der Prozesssteuerung auch mit entsprechend prozessorientiert ausgerichteten Kennzahlen operiert. Dem Steuerungsgedanken entsprechend sind dann auch die beiden M&A-Prozesse des Controlling und der Kommunikation gefordert. Dem Controllingprozess obliegt „… die Sicherstellung der Wertschaffung des M&A-Projekts …“ (Lucks/Meckl 2002, S. 210). Während also in den anderen M&A-Prozessen die Voraussetzungen für die Wertschaffung gelegt werden, bildet der Controllingprozess das Instrument zur (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 210) x
Messung des Gesamterfolgs,
x
Bewertung des Gesamterfolgs sowie
x
Beherrschung der Management- und Planungsrisiken des Projekts.
Gerade im Hinblick auf das Thema Controlling besteht oftmals die Gefahr, in die funktionale Denkweise zurückzufallen und alle damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben der Funktionseinheit „Controlling“ anzulasten. Für ein erfolgreiches M&A-Projekt und darüber hinaus für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung ist es jedoch unabdingbar, dass sich alle Mitarbeiter zumindest in Teilbereichen als „Controller“ verantwortlich fühlen und somit zu einer ständigen Verbesserung bei Planung, Steuerung und Kontrolle beitragen. An dieser Stelle schließt sich auch wieder der Kreis zur in Abschnitt 3.2 diskutierten Prozessstrategie und des in diesem Zusammenhang beschriebenen Instrumentes der M&A-BalancedScorecard. Während letztere im Rahmen der Prozessstrategie eher eine planende, strategieerarbeitende Rolle innehat, kommt ihr bei der Prozesssteuerung sehr stark ein umsetzungsorientierter Charakter zu. Die M&A-Balanced-Scorecard kann also als ein übergreifendes Instrument begriffen werden, das sich aus dieser Position heraus als geeignetes Koordinationsorgan für das gesamte M&A-Projekt zeigt. Desweiteren fällt die Zuordnung des Kommunikationsprozesses zur Prozesssteuerung auf. Während eine derartige Charakterisierung für den Controllingprozess unstrittig erscheint, so ließen sich für den Kommunikationsprozess unter Umständen auch Argumente für eine anderweitige Zuordnung finden. Die Affinität zur Prozesssteuerung und den in ihr angesiedelten Controllingprozess erschließt sich jedoch in den Ausführungen von LUCKS/MECKL: „Wichtig ist dabei die Unterscheidung zum Informationsprozess […] Information bedeutet in diesem Zusammenhang die Beschaffung von Daten zur besseren Entscheidungsvorbereitung und Einschätzung von Situationen im Rahmen des M&A-Projekts. Kommunikation zielt auf die Abgabe von Informationen und im Idealfall auf einen Dialog mit Interessengruppen ab, die direkt oder indirekt an dem M&A-Projekt beteiligt sind“ (Lucks/Meckl 2002, S. 195). Und weiter: „Es ist deutlich zu sehen, dass der Kommunikationsprozess seinen Schwerpunkt in der Integrationsphase hat. Hier müssen die in den Kernprozessen und den anderen Unterstüt-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
299
zungsprozessen konzipierten und umzusetzenden Maßnahmen mit einer Kommunikationsstrategie begleitet werden.“ (Lucks/Meckl 2002, S. 195). Aus dieser Argumentation wird der starke Steuerungsaspekt des Kommunikationsprozesses ersichtlich, der das Bindeglied zwischen den Inhalten der einzelnen Prozessmanagement-Phasen sowie der anderen M&AProzesse publik und damit erst einer Steuerung zugänglich macht. Nachfolgende Abbildung 106 fasst die bisherigen Ausführungen zusammen. Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Prozess Personal Motivation Incentivierung
Abbildung 106: Konstitutive Elemente der M&A-Prozesssteuerung
3.5.1.3 Vorgehen bei der Prozesssteuerung 3.5.1.3.1 Vorbemerkungen Betrachtet man eine M&A-Transaktion in ihrer Gesamtheit, so geht mit ihr auf aggregierter Ebene eine Wertveränderung einher, die den Gesamteffekt der einzelnen Werthebel repräsentiert. Bei erfolgreicher Durchführung der einzelnen M&A-Prozesse soll am Ende dieser Betrag als Wertsteigerung des Projektes dem Unternehmen zuwachsen. Für Steuerungszwecke müssen nun die einzelnen, hinter der geplanten Wertsteigerung stehenden Aktivitäten und Maßnahmen transparent dargestellt werden, dass heißt, im Wesentlichen im Hinblick auf ihre Größenordnung und ihren zeitlichen Anfall quantifiziert werden. Dies betrifft alle diejenigen Themenfelder, welche in der M&A-Balanced-Scorecard auf der finanziellen Ebene ausgewiesen wurden. Für sie ist per definitionem eine monetäre Quantifizierung und damit Überführung in ein entsprechendes Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsystem möglich.
300
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Eine Methode, welche diese Dekomposition unterstützt und gleichzeitig ein Steuerungsinstrument für das wertorientierte M&A-Controlling auf der finanziellen Ebene darstellt, ist die Earned Value Methode (EVM). Ursprünglich für die Projektsteuerung bei F&E-Projekten konzipiert, bietet der Transfer dieses Instrumentes die Möglichkeit, die einzelnen Wertsteigerungskomponenten zu identifizieren, zu quantifizieren, für die Umsetzung zu adressieren sowie schließlich die eigentliche Umsetzung konsequent zu überwachen und nachzuhalten. Zu Anfang sollen deshalb die Grundzüge der Earned Value Methode erläutert und der Anpassungsbedarf für den Einsatz im Rahmen von M&A-Projekten diskutiert werden. Darauf basierend werden die Methodik auf die bereits in der M&A-Balanced-Scorecard erfassten Themen angewendet und die spezifisch dafür einsetzbaren Kennzahlen vorgestellt.
3.5.1.3.2 Grundlagen der Earned Value Methode Die ursprünglich aus der Luft- und Raumfahrtindustrie stammende Earned Value Methode stellt dem Grundgedanken nach ein Steuerungsinstrument für große Forschungs- und Entwicklungsprojekte dar. In diesen entwicklungsintensiven Industrien verzeichnete man einen Anstieg des Kostenniveaus im Entwicklungsbereich, „… während durch die Abkehr vom historisch gewachsenen Selbstkosten-Erstattungs-Prinzip die Notwendigkeit der Einhaltung vorgegebener Budgets immer dringlicher“ (Niemand/Riedrich/Bretz 2003) wurde. Ein deutlicher Anstieg der Vorleistungskosten, gepaart mit stark verkürzten Produktlebenszyklen führte zu einer hohen Unsicherheit im Hinblick auf die Amortisation von Entwicklungsprojekten und somit zu der Notwendigkeit, die jeweiligen Projekte konsequent mit Hilfe von Frühwarnindikatoren, Prognosen, regelmäßigem Reporting und klarer Kommunikation über den Fortschritt zu monitoren. Die traditionelle, im Entwicklungsbereich immer noch vorherrschende Projektsteuerung über Budgets (vgl. Bürgel/Haller/Binder 1996, S. 319 ff.) konnte diesen Forderungen nicht gerecht werden: „Im Gegensatz zur verbrauchsorientierten Betrachtungsweise der herkömmlichen Budgetsteuerung berücksichtigt die EVM integrativ die Erfolgsfaktoren Kosten, Zeit und Qualität und ermöglicht somit eine zuverlässige Fortschrittsmessung sowie zuverlässige Steuerungsgrößen bereits in frühen Projektphasen.“ (Riedrich/Sasse 2005, S. 174). NIEMAND/RIEDRICH/BRETZ sprechen in diesem Zusammenhang von Schwellenwerten für eine nutzbringende Anwendung von über 25 Mio. EUR beim Projektvolumen beziehungsweise von mindestens zwei Jahren bei der Projektlaufzeit und begründen das im Wesentlichen mit dem Aufwand bei der Umsetzung (vgl. Niemand/Riedrich/Bretz 2003). Das Gesamtprojekt wird für diese Zwecke über verschiedene Ebenen hinweg bis hinunter in einzelne Arbeitspakete zerlegt, die (vgl. Niemand/Riedrich/Bretz 2003, S. 325 ff.): x
aus dem Gesamtzusammenhang eines übergreifenden Projektstrukturplans (PSP) durch Dekomposition über verschiedene Ebenen hinweg abgeleitet werden,
x
untereinander inhaltlich klar abgrenzbar sein müssen,
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
301
x
eine verursachungsgerechte Ermittlung von Zeit-, Kosten- und Qualitätswerten zulassen müssen,
x
mit klaren Zielvorgaben im Hinblick sowohl auf das Sachziel als auch bezogen auf die Zeit-, Kosten- und Qualitätsziele versehen werden,
x
durch einen definierten Verantwortlichen überwacht und gesteuert werden.
Den Ausgangspunkt für die Anwendung der Earned Value Methode bildet ein ausgearbeiteter Projektstrukturplan, der ohnehin ein wichtiges Instrument für die Planung und Steuerung größerer Projekte aller Art darstellt, jedoch in der Praxis vielfach nicht zum Einsatz kommt: „In der Praxis wird häufig zu wenig Wert auf eine solide Projektplanung gelegt …“ (vgl. Niemand/Riedrich/Bretz 2003). Das primäre Ziel eines Projektstrukturplanes besteht darin (vgl. Krüger/Schmolke/Vaupel 1999, S. 71), x
alle Aufgaben des Projektes in Form eines Gesamtüberblicks darzustellen,
x
dabei die wesentlichen Zusammenhänge, Beziehungen und Schnittstellen aufzuzeigen,
x
die Grundlagen für ein proaktives Risikomanagement aufzubauen,
x
als Bezugspunkt für alle weiterführenden Planungen auf tieferen Leveln sowie beispielsweise im Hinblick auf erforderlichen Ressourcen, Prozesse oder Zeithorizonte zu fungieren.
Abbildung 107 zeigt ein Beispiel für einen Projektstrukturplan aus der Fahrzeugfertigung und beinhaltet bereits die wesentlichen Ausprägungsmöglichkeiten: im oberen Teil ist der Projektplan objektorientiert ausgerichtet, weist also die einzelnen Erzeugnisbestandteile aus. Weiter unten kommt ein funktionsorientierter Aufbau zum Tragen, der das Zusammenwirken zwischen den unternehmerischen Einheiten bei der Entwicklung und ihre Beteiligung an den Fahrzeugbestandteilen verdeutlicht. Im unteren Bereich tritt der Prozesscharakter hervor, indem die Tätigkeiten der einzelnen Funktionen in Form von Arbeitspaketen verrichtungsorientiert ausgewiesen werden. Aus dem Projektstrukturplan ergeben sich bereits die Arbeitspakete, die Eingang in die Earned Value Methode finden. Ein Arbeitspaket sollte demnach „… nur noch zusammengehörige Tätigkeiten umfassen, die von einer kleineren Organisationseinheit (z.B. Arbeitsgruppe) erledigt werden können.“ (Krüger/Schmolke/Vaupel 1999, S. 72). Die Detaillierung darf dabei allerdings nicht zu weit vorangetrieben werden, um die Rolle des Arbeitspaketes als Controllingobjekte im Sinne von Erfassungselementen für Zeit- und Kostendaten zu gewährleisten. Ausgehend von den identifizierten Arbeitspaketen können für diese nun die Kosten ihrer Umsetzung geplant und die Durchführung auf einem Zeitstrahl terminiert werden. Diese vor Beginn der Durchführung erarbeitete Planung dient in der Folge als so genannte Baseline, welche die zentrale Grundlage für die nachfolgenden (Abweichungs-)Analysen und Fortschritts-
302
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
messungen bildet. Die Fertigstellung der einzelnen Arbeitspakete unterliegt dann einem kontinuierlichen Fortschrittscontrolling, indem sowohl der Zeitraum der Fertigstellung als auch der hierzu erforderliche Aufwand im Ist den jeweiligen Planwerten gegenübergestellt werden und der „Wert“ eines Arbeitspaketes in Form seines finanziellen Gesamtvolumens nach Fertigstellung dem Wert des entsprechenden Projektes gutgeschrieben wird. Somit ist ein permanentes Monitoring von Abweichungen gegenüber dem Plan und die darauf basierende Einleitung von Gegensteuerungsmaßnahmen auf Ebene der Arbeitspakete und im Gesamtzusammenhang sichergestellt.
PKW
Fahrwerk
Interieur
Antrieb
Federung
…
Entwicklung
Konstruktion
…
Forschung
Planung
F&E-Controlling
Entwürfe zeichnen
Materialien definieren
…
… Objekte
Karosserie
Funktionen
…
Arbeitspakete
Abbildung 107: Beispiel für einen Projektstrukturplan
In Abbildung 108 wurden beispielhaft fünf Arbeitspakete am Zeitstrahl eingetragen und für diese die drei grundlegenden Earned-Value-Kennzahlen berechnet: x
Der Earned Value ist derjenige Wert, der mit dem Abschluss von Arbeitspaketen gutgeschrieben wird und ist somit ein Maß für den Projektfortschritt. Er bezieht sich dabei auf die budgetierten Kosten der Arbeitspakete, die zu einem Reviewzeitpunkt fertig gestellt sind. Im Beispiel sind die Arbeitspakete 1 und 2 komplett fertiggestellt, die korrespondierenden budgetierten Planwerte fließen dementsprechend in den Earned Value ein, der hier 440 T€ beträgt.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
303
x
Die Istkosten sind die Kosten, die für die Erwirtschaftung des Earned Value tatsächlich angefallenen sind. In Analogie zum Earned Value werden hier also für die Arbeitspakete 1 und 2 die realisierten Kosten addiert, was zu einem Wert von 560 T€ und somit zu einer deutlichen Kostenüberschreitung führt.
x
Der Planned Value entspricht dem Budget der Arbeitspakete, die zum Betrachtungszeitpunkt fertig sein sollen. Aus Abbildung 108 ist ersichtlich, dass neben den Arbeitspaketen 1 und 2 laut Plan auch bereits Arbeitspaket 5 zum Reviewzeitpunkt fertig gestellt sein sollte. Dementsprechend werden bei der Berechnung des Planned Value auch die Plankosten des Arbeitspaketes 5 mit eingerechnet und dafür ein Wert in Höhe von 500 T€ ausgewiesen.
Arbeitspaket 1
9
Plankosten: 240 T€ Istkosten: 300 T€
Arbeitspaket 2 Plankosten: 200 T€ Istkosten: 260 T€
9
Arbeitspaket 3
X
Plankosten: 200 T€ Istkosten: NN
Arbeitspaket 5
Arbeitspaket 4
X
Plankosten: 300 T€ Istkosten: NN
X
9 ongoing
Plankosten: 60 T€ Istkosten: (50 T€)
ReviewZeitpunkt
Zeit
Werte zum Reviewzeitpunkt: Earned Value = 240 + 200 = 440 T€ Ist-Kosten = 300 + 260 = 560 T€ Planned Value = 240 + 200 + 60 = 500 T€
9 Reviewte Arbeitspakete X Noch nicht reviewte Arbeitspakete
Abbildung 108: Beispiel zur Ermittlung der Earned Value Kennzahlen (in Anlehnung an Niemand/Riedrich/Bretz 2003)
Vergleicht man die drei Kennzahlen, so lassen sich im Beispielfall klare Indikationen für den Stand des Projektes ableiten. Die Differenz aus Earned Value (EV) und Istkosten (IK) wird als Kostenvarianz (KV) bezeichnet:
KV
EV IK
440 560
120
Die im Beispiel vorliegende negative Kostenvarianz konstatiert für die bereits abgeschlossenen Arbeitspakete 1 und 2 eine Budgetüberschreitung in Höhe von 120 T€ und damit einen ineffizienten Projektablauf bis zum Reviewzeitpunkt. Es erfolgt ein isolierter Ausweis der Kostenabweichungen. Als weiter Kennzahl lässt sich die Zeitvarianz (ZV) bilden, indem man den Planned Value (PV) vom Earned Value (EV) subtrahiert.
ZV
EV PV
440 500
60
304
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Ebenfalls negativ mit einem Wert von -60 T€ wird hierdurch ein in Geldeinheiten bewerteter, im Vergleich zum geplanten Projektfortschritt langsameres Voranschreiten ans Tageslicht gebracht, da zum Reviewzeitpunkt der Planned Value bereits realisiert sein sollte, der Earned Value aber deutlich geringer ausfällt. Die Ursache liegt hier im Zeitverzug von Arbeitspaket 5. Da in diesem Fall rein mit Budgetwerten gerechnet wird, können Kostenaspekte ausgeklammert und die reine Zeitineffizienz isoliert erfasst werden. Alternativ zu den eben ermittelten absoluten Kennzahlen lassen sich die Informationen auch indexorientiert ausweisen. Ähnlich wie die Zeitvarianz verwendet der Schedule Performance Index (SPI) die beiden Größen Earned Value und Planned Value für die Berechnung, subtrahiert diese jedoch nicht voneinander, sondern setzt sie in ein Verhältnis:
SPI
EV PV
440 500
0,88
Der Wert kann dahingehend interpretiert werden, dass für jeden laut Plan aufzuwendenden Euro im Rahmen der Projektumsetzung nur 88 Cent an Wert erbracht wurde. Wiederum werden Budgetzahlen miteinander verknüpft, weshalb sich die Aussage des Schedule Performance Index rein auf den zeitlichen Fortschritt des Projektes bezieht. Im Gegensatz dazu verbindet der Cost Performance Index (CPI) Plan- und Istzahlen zu einer Effizienzkennzahl:
CPI
EV IK
440 | 0,79 560
Ein Wert kleiner 1 legt unwirtschaftliches Handeln offen, geplante Kosten werden unmittelbar mit den korrespondierende Istkosten verglichen. Im vorliegenden Fall werden also überproportional hohe Kosten für die Erwirtschaftung des Earned Value verbraucht, jeder investierte Euro schafft nur 79 Cent Wert für das Projekt. Abbildung 109 fasst die vier elementaren Steuerungsgrößen der Earned Value Methode zusammen. Die so gewonnene Transparenz ermöglicht es, das Projekt auf Basis spezifischer Frühwarnindikatoren zu steuern, den bisherigen und weiter zu erwartenden Projektverlauf empfängeradäquat zu kommunizieren und eventuell erforderliche Gegensteuerungsmaßnahmen frühzeitig einzuleiten (vgl. Niemand/Riedrich/Bretz 2003). Dabei werden integral die drei Kernthemen Zeit, Kosten und Qualität berücksichtigt und ihre Einhaltung überwacht. Die dargestellten Vorteile der Earned Value Methode lassen die Frage aufkommen, ob und gegebenenfalls mit welchen Modifikationen dieses Konzept im Rahmen eines wertorientierten M&AControlling-Systems eingesetzt werden kann. Dieser Fragestellung widmet sich der nun folgende Abschnitt.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
Kostenvarianz (KV)
305
Zeitvarianz (ZV)
Kostenabweichung als Gegenüberstellung
Terminabweichung als Differenz aus
von Earned Value (EV) und Istkosten (IK).
Earned Value (EV) und Planned Value (PV).
KV = EV - IK
ZV = EV - PV
Cost-Performance-Index (CPI)
EVMSteuerungsgrößen
Schedule-Performance-Index (SPI)
Der Quotient aus Earned Value (EV) und
Der Quotient aus Earned Value (EV) und
Istkosten (IK) stellt einen Indikator für
Planned Value (PV) stellt einen Indikator für
„unwirtschaftliches Handeln“ dar.
den Leistungsfortschritt dar.
CPI = EV / IK
SPI = EV / PV
Abbildung 109: Zentrale Steuerungsgrößen der Earned Value Methode
3.5.1.3.3 Möglichkeiten des Einsatzes der Earned Value Methode für M&A Im vorangehenden Abschnitt wurde die Vorteilhaftigkeit der Earned Value Methode für die umfassende Steuerung von Entwicklungsprojekten unter den Gesichtspunkten Zeit, Kosten und Qualität erläutert. Es ist nun nahe liegend, die Anwendbarkeit dieser nutzenbringenden Methodik im Rahmen von M&A-Vorhaben zu überprüfen, da die spezifischen Grundvoraussetzungen dafür gegeben sind: x
Bei M&A-Projekten handelt es sich in der Regel auch um größere Projekte, die in einzelne Module und Arbeitspakete zerlegt werden können.
x
Die Laufzeit von M&A-Projekten beträgt in der Regel viele Monate beziehungsweise Jahre, das in dieser Zeit bewegte Kostenvolumen ist erheblich.
x
Die Planung, Steuerung und Kontrolle von M&A-Prozessen muss gleichermaßen unter Zeit-, Kosten- und Qualitätsgesichtspunkten mit dem Ziel der Wertsteigerung erfolgen.
Angesichts dieser Gemeinsamkeiten darf nicht übersehen werden, dass eine unreflektierte Anwendung der Earned Value Methode bei M&A-Projekten natürlich nicht zielführend ist. Vielmehr bedarf es dedizierter Anpassungen von Methode, Instrumenten und Kennzahlen, um den entsprechenden Nutzen einer effizienten und effektiven Projektsteuerung auch bei Unternehmenstransaktionen realisieren zu können. Im Einzelnen gilt es dabei zu berücksichtigen: x
Projektmanagement als Rahmen für die M&A-Prozess-Gestaltung Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt, wie bereits erläutert, primär nicht auf der Entwicklung eines Projektmanagement-Systems für die Durchführung von M&A, sondern
306
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
auf der Untersuchung der Möglichkeiten für eine Wertsteigerung in den einzelnen M&AProzessen. Letztere sind jedoch konstituierender Faktor des Gesamtprojektes und determinieren dieses durch ihren Charakter von elementaren Untersuchungseinheiten als Ausgangspunkt und Rahmen für ein wertorientiertes M&A-Controlling-System. Durch Dekomposition soll dann im darauf folgenden Schritt eine Zerlegung auf tiefer liegende Level resp. Prozesse erfolgen, die auf diese Weise a priori in einen Gesamtzusammenhang eingebettet sind und am Ende ein durchgängiges Steuerungssystem bilden. x
Integration finanzieller und nicht-finanzieller Themen Die Earned Value Methode bedingt finanziell quantifizierbare Arbeitspakete als Grundlage für die Analyse. Betrachtet man die in Abschnitt 3.1.3 diskutierten Erfolgsfaktoren für M&A-Transaktionen, so ist erkennbar, dass diese Bedingung nur für einen Teil erfüllt ist. Ein Großteil der Erfolgsfaktoren zeichnet sich hingegen durch einen qualitativen Charakter beziehungsweise eine nur indirekte finanzielle Quantifizierbarkeit aus. Dieser Umstand generiert die Notwendigkeit für ein zweigeteiltes Vorgehen. Zum einen sind die finanziell bewertbaren Faktoren mit Hilfe einer geeigneten Methode in eine wertsteigernde Umsetzung zu überführen. Zum zweiten sind zwischen den finanziellen sowie den nichtfinanziellen Themen Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu modellieren, die den Beitrag beispielsweise auch rein qualitativ beschreibbarer Erfolgsfaktoren an der Wertsteigerung der M&A-Transaktion deutlich werden lässt.
x
„Earned Value“ nicht als reine Kostenposition, sondern als Wertbegriff Der Begriff „Earned Value“ bezieht sich im ursprünglichen Sinne rein auf Kosteninformationen. Es wird untersucht, mit welchen Kosten bestimmte Arbeitspakete fertig gestellt wurden, welche Budgetwerte dem gegenüberstehen und wie sich die tatsächliche Umsetzung zur geplanten Umsetzung auf dem Zeitstrahl verhält. Bei der Anwendung der Methode in Zusammenhang mit einem wertorientierten M&A-Controlling-System kommt dem „Earned Value“ eine weiter reichende Bedeutung zu. Der Fokus liegt dabei nicht mehr ausschließlich auf der Kostenseite, sondern auf dem Gesamtkonstrukt „Wert“ im Sinne des umfassenden, in Abschnitt 2.2 beschriebenen Spektrums. Kosten sind demnach ein wichtiger, jedoch nicht allein zu berücksichtigender Einflussfaktor auf dem Weg zur wertsteigernden Gestaltung einer Transaktion. Der Zirkelschluss gelingt über die Einbettung der Arbeitspakete in das Wertsteigerungsnetzwerk mit Verlinkung primär der Werttreiber Zeit- und Kostenvorteile.
Für die konkrete Anwendung der Earned Value Methode auf M&A ist in einem ersten Schritt der Projektstrukturplan auf die Gegebenheiten eines Transaktionsprojektes anzupassen. Die modifizierte Version könnte dann wie in Abbildung 110 gezeigt aussehen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
307
M&A
Vorfeld
Transaktion
Integration
M&APhasen
Due Diligence
Pre-ClosingIntegration-Plan
Detailbewertung
…
Prozessstufen
Strategische Due Diligence
Finanzielle Due Diligence
…
Prozessuale Due Diligence
Porzessinhalte
Aufbau Prozessmodell
Ermittlung Prozesskapazitäten & -kosten
…
ProzessBenchmarking
Arbeitspakete
Strategieplanung
Strukturentwicklung und -durchsetzung
Information
Kernprozesse
Hauptaktivität
Abbildung 110: Beispiel für einen M&A-bezogenen Projektstrukturplan
Ausgehend von den drei klassischen M&A-Phasen „Vorfeld“, „Transaktion“ und „Integration“ erfolgt die Zuordnung der Prozessstufen und für diese jeweils die Auflistung der einzelnen Prozessinhalte. Letztere werden ihrerseits auf die Arbeitspakete heruntergebrochen, die analog des in Abschnitt 3.5.1.3.2 beschriebenen Vorgehens mit Hilfe der Earned Value Methodik controlled werden können. Die Verbindung mit den Kernprozessen von M&A schließlich ermöglich die rasche Zuordnung der geeigneten „Sub-Instrumente“ und Kennzahlen, mit denen innerhalb der einzelnen Arbeitspakete die Steuerung vollzogen werden kann. Knüpft man an dem in Abbildung 110 dargestellten Beispiel an, so ist denkbar, dass etwa für die auf der Ebene der Arbeitspakete dargestellte Aufgabe „Prozessbenchmarking“ sehr wohl Aussagen zu Kosten und Nutzen und damit zur wertsteigernden Wirkung getroffen werden kann. Die eingesetzten Ressourcen bilden die Grundlage für die kostenmäßige Bewertung, die am Ende angestrebte Prozessverbesserung lässt sich in quantitativen Prozesskennziffern ausdrücken und in Geldeinheiten bewerten.
308
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.5.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&AControlling 3.5.2.1 Vorbemerkungen Von den in der M&A-Balanced-Scorecard verankerten Themen weisen einige eine inhaltliche Affinität zur Prozesssteuerung auf. Bereits an dieser Stelle kann eine Clusterung der genannten Themen zu Themenblöcken vorgenommen werden, welche durch ein wertorientiertes M&A-Controlling-System jeweils mit spezifischen Instrumenten bedient wird: x
Geschwindigkeit von M&A,
x
proaktives Risikomanagement,
x
schnelle, planmäßige und zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation,
x
schnelle, planmäßige und zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation.
In den nachfolgenden Abschnitten werden die drei genannten Themenblöcke im Detail betrachtet und die jeweils relevanten Instrumente für ein wertorientiertes M&A-ControllingSystem vorgestellt.
3.5.2.2 Geschwindigkeit von M&A 3.5.2.2.1 Begriffsklärungen In Zusammenhang mit M&A wird immer wieder der Faktor Geschwindigkeit in unterschiedlichen Facetten als Erfolgsfaktor herangezogen. Dabei besteht Uneinigkeit, inwiefern eine hohe oder eine niedrige Abwicklungsgeschwindigkeit für den Projekterfolg vorteilhaft ist. Oftmals geht die Tendenz zu Empfehlungen hoher Geschwindigkeiten: „Hohe Integrationsgeschwindigkeit wurde durch empirische Untersuchungen als Erfolgsfaktor für M&ATransaktionen bestätigt“ (Schumann 2005, S. 77). Allerdings verweisen MECKL/SODEIK/ FISCHER in ihrer Auswertung zu den M&A-Erfolgsfaktoren auf die Tatsache, dass in der Vielzahl der von ihnen ausgewerteten Studien keine konkreten Ergebnisse und Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Geschwindigkeit bei M&A-Transaktion vorlagen (vgl. Meckl/Sodeik/Fischer 2006, S. 174). So werden auch im Hinblick auf die konkrete Durchführung differenzierte Vorgehensweisen diskutiert, welche das gesamte Spektrum von langsam bis schnell abdecken. Praxisrelevant erscheinen dabei folgende drei Formen (vgl. Schumann 2005, S. 58 ff.): x
Eine evolutionäre Vorgehensweise legt eine eher langsame Integrationsgeschwindigkeit zu Grunde. Der Integrationspfad wird über einen längeren Zeitraum angelegt, insbesonde-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
309
re um die Ressourcen im Unternehmen nicht zu überfordern und die Akzeptanz bei den betroffenen Mitarbeitern zu fördern. Was das Risikomanagement betrifft, so ist eine evolutionäre Vorgehensweise aus zwei Blickwinkeln zu betrachten. Zum einen mag ein schnelles, vielleicht auch überhastetes Vorgehen die Gefahr von Fehlentscheidungen unter dem herrschenden Zeitdruck erzeugen. Auf der anderen Seite birgt der längere Zeitraum bei der evolutionären Vorgehensweise ebenfalls eine Zunahme von Risiken, indem diese nun in einer längeren Zeitspanne auftreten können. In jedem Fall müssen die Vor- und Nachteile am besten in Form einer Argumentenbilanz gegenübergestellt und bewertet werden. Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall an, wie schwer nun tatsächlich zum Beispiel ein konkreter Nachteil wiegt und ob er überhaupt von Bedeutung ist. x
Demgegenüber zielt die revolutionäre Vorgehensweise klar auf eine hohe Integrationsgeschwindigkeit und damit kurzen Integrationszeitraum ab. GERPOTT bezeichnet dieses Vorgehen als „Blitzaktion“ (Gerpott 1993, S. 162) und weist dabei auf das von Praktikern induzierte „Window of opportunity“ von etwa 100 Tagen hin, innerhalb dessen die Möglichkeit zur Veränderung besonders hoch sein soll. Die abzuarbeitenden Tätigkeiten werden hier auf einen engeren Zeitraum konzentriert, was eine höhere Ressourcenintensität zur Folge hat. Die Befürworter dieses Ansatzes argumentieren, dass gerade zu Beginn die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern am höchsten ist und entsprechend ausgenutzt werden muss. Hinzu kommt, dass jeder Tag, den die Integration früher abgeschlossen ist, oftmals bares Geld in Form von Umsatzzuwächsen bedeutet. Gleichzeitig stellt eine hohe Integrationsgeschwindigkeit oftmals enorme Anforderungen an die zur Abarbeitung der definierten Aufgaben erforderlichen Ressourcen. Insbesondere die Mitarbeiter werden bei hoher intensiver Belastung über einen längeren Zeitraum hinweg oftmals demotiviert und der Gefahr einer frustrierten Abwanderung ausgesetzt.
x
Der Mittelweg besteht hier aus einer kombinierten Vorgehensweise, indem versucht wird, die Vorteile von evolutionärem und revolutionärem Ansatz zu kombinieren. Zum einen heißt das, sich Zeit nehmen für die mitarbeiterbezogenen Themen, also den Zeitbedarf zur Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen zu schaffen. Auf der anderen Seite sollen natürlich auch kurze Taktfrequenzen dort angelegt werden, wo sie notwendig und sinnvoll sind. Unter anderem kann es aber auch bedeuten, Zeitfresser wie Abschnitte niedriger oder fehlender Aktivität zu eliminieren und stattdessen ein kontinuierliches, angemessenes Aktivitätsniveau zu etablieren. SCHUMANN empfiehlt beispielsweise, den materiellen Ressourcentransfer mit einer hohen Integrationsgeschwindigkeit umzusetzen, um die korrespondierenden Opportunitätskosten möglichst gering zu halten (vgl. Schumann 2005, S. 72). WILDEMANN zeigt mögliche Vor- und Nachteile unterschiedlicher Integrationsgeschwindigkeiten auf (vgl. Abbildung 111).
310
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Integrationsgeschwindigkeit
Schnell
Vorteile Veränderungserwartungen der Mitarbeiter werden zu Nutze gemacht Schafft zügig klare Verhältnisse
Nachteile Keine Vollständigkeit der Integration Improvisation Gefahr des Aktionismus
Führungspositionen werden umgehend neu besetzt
+
Keine langen Machtkämpfe Schnelle Konzentration auf Markt und Kunden möglich
-
Detaillierte Analyse
Extreme Unsicherheitsphase
Detaillierte Planung
Leistungsänderung
Veränderungsprozess ist kontinuierlich
Orientierungslosigkeit der Mitarbeiter
Intensive Einbindung der Mitarbeiter in den Integrationsprozess
Hohe Transaktionskosten Kapitalbindungskosten aus spät realisierten Synergieeffekten
Langsam Abbildung 111: Auswirkungen der Integrationsgeschwindigkeit (Quelle: Wildemann 2008, S. 64; vgl. hierzu Gerpott 1993, S. 164)
Welcher Grad an Integrationsgeschwindigkeit tatsächlich gewählt werden soll, hängt vom Einzelfall ab. Vielen Faktoren kommt dabei eine erfolgsentscheidende Rolle zu: den Mitarbeitern, den Unternehmenskulturen, den aufbauorganisatorischen Strukturen, den etablierten Prozessen, der Verschiedenheit der beteiligten Unternehmen und vielen mehr. In der Literatur wird in der Regel auf die Integrationsgeschwindigkeit abgestellt: „Die Auswirkungen der Integrationsgeschwindigkeit sind im Wesentlichen auf der personellen und kulturellen Integrationsebene anzusiedeln.“ (Wildemann 2008, S. 66). In Zusammenhang mit einer Betrachtung von M&A ist der Begriff Geschwindigkeit jedoch weit reichender zu fassen. Bereits zu Beginn, im Prozess der Strategieplanung, kann über geeignete Mechanismen und Instrumente gezielt auf den Faktor Geschwindigkeit von M&A Einfluss genommen werden. Gerade die Etablierung von M&A als laufenden Prozess, was für sich genommen bereits ebenfalls einen Erfolgsfaktor der M&A-Balanced-Scorecard ausmacht, bestimmt die Frequenz möglicher und tatsächlich angegangener M&A-Projekte grundlegend. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, wie leistungsfähig die Selektionsmechanismen im Unternehmen ausgestaltet sind, und wie schnell neu aufgenommene Marktentwicklungen in die M&A-Pipeline eingespeist werden. In der Transaktionsphase schließt sich der wichtige Part der Due Diligence an, deren Abwicklungsgeschwindigkeit in hohem Maße von Art und Umfang der im Zielunternehmen zur Verfügung stehenden Informationen abhängig ist. Insgesamt können also für alle im Prozessmodell von LUCKS/MECKL bezeichneten Knotenpunkte zwischen M&A-Kern- und M&AUnterstützungsprozessen sowie M&A-Prozessstufen fallspezifische Schrittgeschwindigkeiten
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
311
definiert werden, welche zwar in der strategischen Vorfeldphase bereits in ihrer Gesamtheit vorskizziert werden können, dann aber unmittelbar in den einzelnen Phasen adaptiert werden müssen. Auf diese Weise entsteht ein „atmendes System“, in welchem sich die Zeitabweichungen in ihrer Gesamtheit idealerweise nicht in negativem Sinn kumulieren, sondern durch Anpassungsmaßnahmen zielgerichtet gesteuert werden können. So wird beispielsweise ein extrem kurzes Screening im Rahmen der Strategieplanung eventuell eine intensivere Grobbewertung im Bewertungsprozess nach sich ziehen und umgekehrt (vgl. Abbildung 112). Vorfeld
Kernprozesse:
Integration
Transaktion
Strategieplanung Strukturentwicklung und -durchsetzung Personalveränderung
Unterstützungsprozesse:
Steuerung der einzelnen Umsetzungsgeschwindigkeiten
Information Bewertung Kommunikation
Zielverfolgung
Folgestrukturierungen
Kultureller Wandel
Organisatorische/ Rechtliche Umsetzung
Personalwirtschaftliche Umsetzung
Closing
Post-ClosingIIntegration-Plan
Kartellrechtliche Prüfung
Verhandlungen/ Umsetzungsverträge
Interne Beschlüsse
Detailbewertung
Vorverträge
Due Diligence Pre-ClosingIntegration-Plan
Beurteilung Genehmigungsfähigkeit
Simulation
Grobbewertung
Screening
Führungskonzept
= Randaktivität
Vorfeldsondierung
= Hauptaktivität
Basisstrategie
Controlling
Prozessstufen:
Abbildung 112: Prozessspezifische Steuerung der M&A-Geschwindigkeit (Quelle: in Anlehnung an Lucks/Meckl 2002, S. 59)
3.5.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber Die Wirkung einer hohen Integrationsgeschwindigkeit auf die Werttreiber erschließt sich dagegen intuitiv. Zeit- und Kostenvorteile können als Einheit betrachtet werden: „Vereinfacht kann dabei davon ausgegangen werden, dass aus Sicht des Erwerbers eine abnehmende Geschwindigkeit der IG (Integrationsgestaltung, Anm. d. Verf.) zu einer Zunahme der Kosten (Abnahme des Nutzens) der Akquisition aufgrund der Verzögerung und der Unvollständigkeit der Erschließung sämtlicher sachlogisch theoretisch vorhandener Wertschöpfungspotenziale führt. Umgekehrt gilt […] aus Sicht der Mitarbeiter des Akquisitionsobjektes, dass eine abnehmende Geschwindigkeit der IG zu einer Abnahme der Kosten (Zunahme des Nutzens) führt, da genügend Zeit zur Einbringung von Mitarbeiterwissen/-interessen in die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen der IG besteht.“ (Gerpott 1993, S. 163 f.; vgl. hierzu Abbildung 113).
312
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Gesamtkosten
hoch
niedrig
Geschwindigkeitskosten
Kosten aus Sicht der Mitarbeiter des Akquisitionsobjektes
hoch
niedrig
Kosten aus Sicht des erwerbenden Unternehmens
Akquisitionsnutzen/ -erfolg
Geschwindigkeit / Zeitdauer der Integrationsgestaltung
Optimale Geschwindigkeit / Dauer der Integrationsgestaltung
Abbildung 113: Kosten-/Nutzeneffekte unterschiedlicher Geschwindigkeiten der Integrationsgestaltung (Quelle: Gerpott 1993, S. 165)
Grundsätzlich können darüber hinaus positive Effekte auf die weiteren Werttreiber ausgemacht werden, die im Wesentlichen allerdings durch den Wirkungsgrad der Zeitvorteile indirekt getrieben werden: schnellere Realisierung der Know-how-Vorteile, schnellerer Marktzugang, schnelleres Heben der Ressourcenvorteile sowie schnellere Wettbewerbswirkung. Die Wirkung auf den Faktor Risiko ist indifferent zu betrachten. Zum einen kann eine hohe Integrationsgeschwindigkeit das Risiko erhöhen, indem dadurch für wichtige Aufgaben zu wenig Zeit bleibt und diese deshalb nur unvollständig bearbeitet werden können. Auf der anderen Seite kann sich das Risiko aber auch bei langsamer Integrationsgeschwindigkeit erhöhen, da dabei unter Umständen wertvolle Zeit verloren geht, welche die Wettbewerber zum Auf- beziehungsweise Überholen nutzen könnten. Erfolgsfaktor: Geschwindigkeit von M&A Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Der Geschwindigkeit von M&A kommt eine Sonderrolle zu. Sie ist der intern-prozessualen Transformation zuzuordnen, stellt aber selbst keinen Treiber sondern vielmehr das Ergebnis der Bearbeitung der anderen Erfolgsfaktoren dar. Insofern werden an dieser Stelle keine Wirkungsbeziehungen auf andere Erfolgsfaktoren ausgewiesen.
Abbildung 114: Wertsteigerung durch Gestaltung der Geschwindigkeit von M&A
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
313
3.5.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die Controlling-Instrumente, welche die Geschwindigkeit der Durchführung von M&A beeinflussen können, lassen sich nun in zwei Kategorien einteilen: x
Zum Einen gibt es spezifische Instrumente, welche der Überwachung und Steuerung der Geschwindigkeit an sich dienen. Sie seien als „Metainstrumente“ der Geschwindigkeitssteuerung bezeichnet. Es handelt sich in erster Linie um Instrumente der Projektplanung, wie beispielsweise die bereits beschriebene Earned Value Methode (vgl. 3.5.1.3.2). Ihre primäre Rolle besteht im Indikatorcharakter für den Transaktionsfortschritt in Summe.
x
Eine Ebene darunter finden sich alle anderen Instrumente, die zur Planung, Steuerung und Überwachung des M&A-Projektes herangezogen werden. Sofern eine Wirkung auf den Wertreiber der Zeitvorteile vorhanden ist, wurden beziehungsweise werden sie in Zusammenhang mit den einzelnen Erfolgsfaktoren einschließlich der geeigneten ControllingKennzahlen beschrieben. Sie bilden in diesem Falle die eigentlichen Stellschrauben für die Geschwindigkeit des M&A-Projektes.
3.5.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Somit verbleibt an dieser Stelle, für die Kategorie der Metainstrumente Kennzahlen für das wertorientierte Controlling zu diskutieren. Bei den in diesem Sinne zu diskutierenden Kennzahlen handelt es sich naturgemäß um Zeitgrößen. Sie müssen differenziert strukturiert werden, um an den entscheidenden Stellen des Projektes messen zu können und gleichzeitig nicht die Verantwortlichen mit zu viel Zahlenmaterial zu überfordern. Der gesamte, die Geschwindigkeit determinierende Zeitstrahl, muss dabei prozessbezogen in geeignete Phasen unterteilt werden, die sich in ihrer Geschwindigkeitsausprägung durchaus unterscheiden können. Greift man dabei noch einmal die Systematik der Earned Value Methode auf, so gelingt es, die Zeitperspektive gleichzeitig auch mit der Kostenperspektive zu verknüpfen: die Zeitdauern der definierten Arbeitspakete werden monetarisiert und somit der Möglichkeit eines finanziellen Controlling unterworfen. Sinnvoll erscheint dabei folgende tiefer gehende Einteilung: x
Entscheidungszeit: Zeitdauer für die Entscheidungsfindung über einen Projektabschnitt.
x
Initialzeit: Zeitraum von der Kommunikation der erforderlichen Aktivitäten bis zum Start der ersten Schritte. Diese Zeitspanne gibt an, wie „anlauffreudig“ die Organisation ist, wie schnell also neue Aufgaben in Angriff genommen werden. Da es sich hierbei um eine reine Rüstzeit handelt, sollte die Geschwindigkeit in diesem Fall sehr hoch sein.
x
Grundbearbeitungszeit: Zeitraum für die Abarbeitung der zum Startzeitpunkt definierten Maßnahmenpakete.
314
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
Folgebearbeitungszeit: Zeitbedarf für nachgelagerte Bearbeitungsschritte, die nicht vorhergesehen wurden. Der Zeitraum zur Vorphase ist hierbei fließend, oftmals kann jedoch eine grobe Abgrenzung vorgenommen werden. Das macht insofern Sinn, als nach Abschluss der Grundbearbeitung weiterer Zeitbedarf den Projekt- beziehungsweise Phasenabschluss gefährden könnte und die Folgeschritte schärfer einzuterminieren sind.
x
Wirkungszeit: Zeitdauer, bis eine messbare Wirkung der abgearbeiteten Maßnahmen eintritt. In der Regel wird diese Phase von einem intensiven Controlling und weiteren Steuerungsmaßnahmen begleitet.
x
Abschlusszeit: Zeitrahmen, bis die volle Wirkung eingetreten ist und die betrachtete Phase als abgeschlossen betrachtet werden kann.
In der Praxis lassen sich diese typischen Phasen nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen. Es ist jedoch hilfreich, die Eckpunkte der einzelnen Phasen möglichst genau zu erfassen, da sich die Steuerung der Abwicklungsgeschwindigkeit nicht für alle Abschnitte pauschal festlegen lässt, sondern differenziert betrachtet werden muss. Darüber hinaus kommt neben den beschriebenen Phasen noch eine weitere wesentliche Komponente der Steuerung hinzu, die inhaltliche Ausrichtung des betrachteten (Teil-)Projektes. Steht beispielsweise im Zuge einer Unternehmenstransaktion die Neuausrichtung der Vertriebsorganisation an, so werden sicherlich andere Anforderungen an die Durchführungsgeschwindigkeit gestellt als bei der Durchführung der kulturellen Integration. Somit ist einzelfallspezifisch, unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen in den beteiligten Unternehmen, die jeweilige Durchführungsgeschwindigkeit zu wählen, welche die größte Wertsteigerung aus Gesamtsicht verspricht.
Phasen
Vorbereitung
Transaktion
Integration
Aktivitäten
…
…
…
…
…
…
…
…
Entscheidungszeit Initialzeit Grundbearbeitungszeit
Einzelfallspezifische Festlegung der
Folgebearbeitungszeit
Durchführungsgeschwindigkeit
Wirkungszeit Abschlusszeit Abbildung 115: Festlegung der Durchführungsgeschwindigkeit
…
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
315
Abbildung 115 verdeutlicht die zeitlichen Gestaltungsdimensionen in einer Matrix zwischen Aktivitäten respektive Arbeitspaketen sowie den definierten Zeitdimensionen. Da die relevanten Kennzahlen bereits in den vorangehenden Abschnitten definiert und beschrieben wurden, folgt an dieser Stelle lediglich noch einmal eine tabellarische Zusammenfassung. Kennzahl/ Rechnungsziel M&A-Prozess- und M&APhasen-bezogene Abwicklungsgeschwindigkeiten
Entscheidungszeit
Initialzeit
Grundbearbeitungszeit
Folgebearbeitungszeit
Wirkungszeit
Abschlusszeit
Zeitvarianz
Kostenvarianz
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Wie schnell wird jeder einzelne M&A-Prozess bzw. jede einzelne M&A-Phase abgewickelt?
x Zeitdauer für die Entscheidungsfindung über einen Projektabschnitt. x Zeitraum von der Kommunikation der erforderlichen Aktivitäten bis zum Start der ersten Schritte. x Zeitraum für die Abarbeitung der zum Startzeitpunkt definierten Maßnahmenpakete x Zeitbedarf für nachgelagerte Bearbeitungsschritte, die nicht vorhergesehen wurden.
x Zeitdauer, bis eine messbare Wirkung der abgearbeiteten Maßnahmen eintritt. x Zeitrahmen, bis die volle Wirkung eingetreten ist und die betrachtete Phase als abgeschlossen betrachtet werden kann. x Terminabweichung als Differenz aus Earned Value (EV) und Planned Value (PV).
x Kostenabweichung als Gegenüberstellung von Earned Value (EV) und Istkosten (IK).
Beurteilung/ Kritische Würdigung
x Dokumentation der Erfahrungswerte für die Planung zukünftiger Transaktionen x Spiegelung an Benchmarks x „Atmendes System“: bei negativen Abweichungen in einzelnen Prozessen kann in anderen Prozessen gegengesteuert werden, um den Zielwert einzuhalten x Indikator für die „Entscheidungsfreudigkeit“. x Kennzeichnet den Zeitaufwand für die vorbereitenden Schritte. x Sollte mit der Projekterfahrung abnehmen. x Eigentliche geplante „Arbeitszeit“.
x Aufwand für nicht vorhergesehene Ereignisse. x Ursachenforschung, inwiefern diese Aktivität bereits in der Planung hätte vorhergesehen werden können. x Begründet durch ein eventuell zeitversetztes Einsetzen der Wirkung der Maßnahmen. x Hier ist der volle Kostenbeziehungsweise Werteffekt realisiert. x Primäre Kennzahl der Earned Value Methode. x Zeit und entsprechend auch Verzögerungen werden in monetären Werten ausgedrückt. x Primäre Kennzahl der Earned Value Methode x Folgegröße aus der Variation der Integrationsgeschwindigkeit
316
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Cost Performance Index
Schedule Performance Index
x Der Quotient aus Earned Value (EV) und Istkosten (IK) stellt einen Indikator für „unwirtschaftliches Handeln“ dar. x Der Quotient aus Earned Value (EV) und Planned Value (PV) stellt einen Indikator für den Leistungsfortschritt dar.
x Primäre Kennzahl der Earned Value Methode
x Primäre Kennzahl der Earned Value Methode x Zeit wird in monetären Werten ausgedrückt.
Tabelle 18: Kennzahlen zur Geschwindigkeit von M&A
3.5.2.3 Proaktives Risikomanagement 3.5.2.3.1 Begriffsklärungen M&A-Entscheidungen determinieren für das Unternehmen langfristige, auf die Zukunft ausgerichtete Projekte. Aus der Tatsache heraus, dass diesbezüglich in der Realität kein Zustand vollkommener Information existieren kann, sind solche Vorhaben stets mit Risiko behaftet und verlangen eine explizite Berücksichtigung unsicherer Größen im Bewertungsprozess: „… denn es ist zunächst das Risiko des Unternehmens, das durch den Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen verändert wird. So wirkt der Diversifikationseffekt konglomerater M&A tendenziell risikomindernd, während etwa horizontale M&A mit einem größeren Engagement im bisherigen Kerngeschäft und damit eher mit einer Risikoerhöhung einhergehen“ (Kürsten/Meckl/Krostewitz 2005, S. 4). Ein steigender Diversifikationsgrad bildet auf der anderen Seite einen Faktor, der die Erfolgsaussichten des Merger an sich zu verringern scheint: „Gemeinsamkeiten im Stammgeschäft ergeben ein höheres Synergiepotenzial bei einer Diversifikation in verwandte Bereiche“ (Jung 1993, S. 129). Somit ist auch klar, welcher Wertreiber des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes bei der nachfolgenden Betrachtung im Zentrum steht und die Verbindung zur Wertsteigerung ausmacht: Burden-/ Risk-Sharing beziehungsweise Risikoreduzierung durch die Transaktion ist hier der angestrebte Effekt. Bei der Betrachtung kann zwischen zwei Risikokategorien unterschieden werden (vgl. Steiner/Bruns 1996, S. 54-56): x
Unsystematisches Risiko: hierbei handelt es sich um einzelwirtschaftliche Risiken, deren Ursachen unternehmensimmanent verankert sind. Sie betreffen lediglich ein bestimmtes Unternehmen, weshalb die Möglichkeit besteht, sie über den Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen zu reduzieren.
x
Systematisches Risiko: diese Risikokategorie betrifft alle in einem Markt tätigen Unternehmen, man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Marktrisiko“. Laut moderner Finanzierungstheorie kann selbst die Bildung einer Einheit aus zwei oder mehreren der am Markt tätigen Unternehmen in diesem Falle nicht zu einer Risikoreduzierung führen, da alle gleichermaßen davon betroffen sind. Während diese Theorie auf die Perspektive der
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
317
Aktionäre abzielt, ergibt sich auf Unternehmensebene allerdings ein anderes Bild. Hier kann etwa durch Gestaltung der Kapital- oder Kostenstruktur durchaus Einfluss auf das systematische Risiko genommen werden (vgl. Jung 1993, S. 71 ff.). Der Begriff des „proaktiven Risikomanagements“ steht in Zusammenhang mit dem Bundesgesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, das die Leitung jedes Unternehmens verpflichtet, „… ein Überwachungssystem zur Früherkennung gefährdeter Entwicklungen einzurichten (§ 91), welches auch auf die Risiken künftiger Entwicklungen eingeht (§289).“ (Burghardt 2002, S. 297). Der Bewertungsprozess hat diesbezüglich nun die Aufgaben, einerseits die Vorteilhaftigkeit einzelner M&A-Vorhaben unter Berücksichtigung von Risiken isoliert zu überprüfen und andererseits komplette M&A-Programme zu evaluieren, die als aufeinander abgestimmtes Arrangement von verschiedenen Projekten die optimale Zielerreichung der Unternehmung gewährleisten sollen. In vorliegender Arbeit werden die Begriffe „Unsicherheit“ und „Risiko“ synonym verstanden. Sie beinhalten also auf der einen Seite die Ungewissheit, bei der eine rationale Entscheidung auf Grund fehlender Vorstellungen über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der denkbaren Ergebnisse unmöglich ist, und auf der anderen Seite die Risikosituation i.e.S., in welcher dem Entscheider objektive oder zumindest subjektive Wahrscheinlichkeiten vorliegen. Die Definitionen des Risikobegriffs in der Literatur lassen sich prinzipiell in die beiden Gruppen der entscheidungstheoretischen sowie der wirkungsbezogenen Ansätze unterscheiden (vgl. Mengele 1999, S. 65). Aus entscheidungstheoretischer Sicht bezeichnet Risiko eine Unsicherheit über in der Zukunft eintretende Entwicklungen und Ergebnisse, für deren Eintreten aber objektive beziehungsweise subjektive Wahrscheinlichkeiten angegeben werden können. Mit Hilfe dieser Wahrscheinlichkeitsverteilungen ist es möglich, in Abhängigkeit von der individuellen Risikopräferenz eine nutzenmaximierende Entscheidung zu treffen. Dementsprechend heißt eine Optimierung der Wahrscheinlichkeitsverteilung in diesem Zusammenhang nicht automatisch auch Risikominimierung, sondern vielmehr „… ein Abwägen von Ertrag und Risiko gemäß den Präferenzen der Kapitalgeber“ (Franke/Hax 2004, S. 582). Der wirkungsbezogene Ansatz begreift Risiko als eine Zielverfehlung sowohl im positiven als auch im negativen Sinn, wobei die negative Abweichung als Gefahr, die positive hingegen als Chance bezeichnet wird (vgl. Mengele 1999, S. 65; Brede 1998, S. 119).
3.5.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber Ein erster Schritt zielt darauf ab, das Risiko einer Unternehmenstransaktion transparent darzustellen. Erfolgt dies konsequent und frühzeitig, kann darauf basierend auch bereits ein risikoadäquater und damit realistischerer Kaufpreis berechnet werden (vgl. Abschnitt 3.3.2.3). Somit leistet das proaktive Risikomanagement einen wichtigen Beitrag zur Preisabschätzung und wirkt in ähnlicher Weise wertsteigernd wie die in Abschnitt 3.3.2.3 beschriebenen In-
318
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
strumente. Neben dem reinen Kosteneffekt ist allerdings noch ein weiterer wichtiger Wirkungsfaktor hervorzuheben: die Wirkung des existierenden Risikos auf die Kapitalkosten über die Faktoren Kapitalbindung und Kapitalkostensatz. Insbesondere im Hinblick auf letzteren lässt sich festhalten, dass die Kosten für das eingesetzte Eigen- und Fremdkapital steigen, sofern sich das Unternehmens-Gesamtrisiko durch die Transaktion erhöht: Eigenkapitalgeber werden eine höhere Risikokompensation fordern, Fremdkapitalgeber „raten“ das Unternehmen schlechter und schrauben den Zinssatz nach oben. Darüber hinaus wird auch die Refinanzierungsfähigkeit des Unternehmens erschwert und verteuert. Diese Effekte führen letztendlich dazu, dass über den Kaufpreis hinausgehende Belastungen auf das Käuferunternehmen zukommen, die bereits bei der Berechnung desselben berücksichtigt werden müssen. Im Umkehrschluss lässt sich für eine risikomindernde Transaktion ein entsprechend positiver Finanzierungseffekt ableiten. Erfolgsfaktor: Proaktives Risikomanagement Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Ein proaktives Risikomanagement dient der Früherkennung vorhandener Risiken und ermöglicht deren Berücksichtigung bei der Einschätzung des Target.
Excellente Due Diligence
Bei allen Formen der Due Diligence spielen Risiken eine bedeutende Rolle. Ihre zuverlässige Bewertung und Berücksichtigung reduziert die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen und erhöht die Qualität der Due Diligence.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Synergieeffekte und Kostenpotenziale sind oftmals in hohem Maße von Risiken und Unsicherheiten gekennzeichnet. Ein proaktives Risikomanagement ermöglicht deren Erkennung und Berücksichtigung bei der Realisierung.
Abbildung 116: Wertsteigerung durch proaktives Risikomanagement
3.5.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling HORVÁTH spezifiziert den Risikobegriff im Hinblick auf die Anforderungen des Controlling als „Verlustgefahr“ infolge eines Informationsdefizits, also einer Diskrepanz zwischen Informationsbedarf und vorhandener Information, und deduziert eine risikovermindernde Funktion der Koordination als zentrale Aufgabe eines Risikocontrolling, indem dadurch das Informationsdefizit reduziert wird (vgl. Horváth 2003, S. 128). Folgt man diesem Ansatz weiter, so lassen sich für ein Risikomanagement und damit für das wertorientierte M&ARisikocontrolling drei grundlegende Aufgaben definieren (vgl. Horváth 2003, S. 779): x
Risikoanalyse: es muss ein möglichst vollständiges Bild über die das Unternehmen direkt oder indirekt betreffenden Risiken gezeichnet werden. Dies beinhaltet nicht nur eine qualitative Liste der vorhandenen Risiken, sondern nach Möglichkeit auch eine Quantifizie-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
319
rung derselben in Bezug auf die finanzielle Höhe einer Verlustwahrscheinlichkeit beziehungsweise eines erwarteten Schadens. Eine wertvolle Hilfe bieten in diesem Zusammenhang Checklisten, die eine systematische „Risikoinventur“ (vgl. Abbildung 117; vgl. Horváth 2003, S. 779) ermöglichen. Ganz explizit soll dabei auch auf bestehende Prozessrisiken Bezug genommen werden (vgl. Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 103). Das beginnt bei der Systematik des Prozessmanagements selbst, etwa bestehende Lücken im Prozesssystem und daraus resultierende Gefahren, und geht bis hin zu ganz konkreten Einzelprozessen wie beispielsweise den Vertriebsprozessen, in denen einer akquisitionsbedingten Kundenabwanderung gezielt entgegenzuwirken ist. Darauf basierend lassen sich dann durch Aggregation auch Szenarien ableiten, welche die für möglich gehaltene Bandbreite der Zielgröße zum Ausdruck bringen. GUSERL nennt als besondere Risikofaktoren für M&A den Preis und seine finanzielle Verkraftbarkeit, die organisatorische, personelle und kulturelle Verträglichkeit, offene Fragen aus der Due Diligence und zur Umsetzbarkeit von Synergien sowie das richtige Timing und mögliche Reaktionen des Kapitalmarktes (vgl. Guserl 2006, S. 358). Risikocluster
Risikoart
Risikobeschreibung
Umsatzrisiko
Kundenabwanderung
Auf Grund von notwendigen Veränderungen in den Vertriebskanälen könnten Kunden zum Wettbewerb abwandern
-10 Mio. EUR
Cross Selling Potenzial
Der gemeinsame Vertrieb von ausgewählten Produktgruppen eröffnet zusätzliches Umsatzpotenzial
+ 5 Mio. EUR
Kannibalisierung
Durch Übernahme einer Low-Cost-Linie ist in Teilbereichen ein Preisverfall bei den High-End-Produkten möglich
Ergebnisrisiko
Kostenrisiko
…
Einkaufspreisreduktion
…
Durch gestiegene Marktmacht können eventuell bestehende Einkaufspreise neu verhandelt werden …
Risikowirkung jährlich
jährlich
-1 Mio. EUR jährlich
+ 1 Mio. EUR jährlich
…
Abbildung 117: Erfassung von Risiken und Risikowirkungen
x
Risikoplanung und -steuerung: die existierenden Risiken müssen in die unternehmerische Planung und Steuerung einbezogen werden. Neben einer expliziten Risikoplanung und steuerung beispielsweise mit Hilfe von Prognoseverfahren (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 93-96), Szenarien und Simulationen sind Risiken in sämtlichen Gesamt- und Teilplänen zu berücksichtigen. Ein Beispiel hierfür stellt die Finanzierungs- und Investitionsplanung dar, die vor allem im Großanlagenbau auf Grund des großen Zeithorizontes in die Zukunft vielfältigen Unsicherheiten ausgesetzt sind. FRANKE/HAX systematisieren die Instrumente der Risikopolitik in Instrumente für die Auswahl von Investitionsprojekten, in Maßnahmen zur Schadensverhütung und Begrenzung sowie in vertragliche Risikoabwälzung und Risikoteilung (vgl. Franke/Hax 2004, S. 585 f.). Eine ähnliche Einteilung findet sich bei
320
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
HORVÁTH in Risikovermeidung, Risikoverminderung, Risikoüberwälzung und Risikotragung (vgl. Horváth 2003, S. 781). x
Risikoüberwachung: im dritten Schritt geht es darum, die identifizierten und bewerteten Risiken einem laufenden Controllingprozess zu unterwerfen. Ein permanentes Monitoring erfasst, inwiefern sich die Eintrittswahrscheinlichkeiten im Zeitablauf verändern und bildet die Grundlage für notwendige Entscheidungen des Managements. CO Risikoidentifikation
Risiken mit Eintrittswahrscheinlichkeit
Vermeidbare Risiken
Risikobewertung orientiert an den einzelnen (M&A-)Prozessen
Nicht definierbare Katastrophen
CO
CO Nicht relevante Risiken
Maßnahmen zur Risikoverhütung
Maßnahmen zur Risikominderung
Katastrophen-Szenario
Risikoabsicherung Risiko ist eingetreten Optimierung der M&A-Prozesse
Störung
CO
Zentrale Auf gabe des wertorientierten M&AControllings
Abbruch der M&A-Transaktion?
Notfall
CO Störungsmanagement
Krisenmanagement
Katastrophe
CO
Katastrophenmanagement
CO
Abbildung 118: Prozess des Risikomanagements (Quelle: in Anlehnung an Burghardt 2002, S. 298)
Viele ursprünglichen Ansätze des Risikomanagements gehen auf die Versicherungslehre zurück (vgl. Franke/Hax 2004, S. 585; Romeike/Müller-Reichart 2008). Hier finden sich die Grundüberlegungen zu der Entscheidungssituation von Unternehmen, welche Risiken selbst zu tragen sind und welche Risiken über den Abschluss entsprechender Versicherungen abgesichert werden können. Inzwischen hat das Risikomanagement nahezu alle betrieblichen Funktionen und Teilbereiche einbezogen und ist eine bedeutende Managementzielsetzung (vgl. Jung 1993, S. 82 ff.). Für ein wertorientiertes M&A-Controlling-System bietet sich eine Unterscheidung nach zwei Dimensionen an: das Risikomanagement aus strategischer Sicht sowie ein Risikomanagement für die operativen Maßnahmen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
321
HINTERHUBER fordert für ein strategisches Risiko-Controlling: „In einer Welt, in der es nur eine Sicherheit gibt, nämlich dass keine Sicherheit existiert, muss das strategische Controlling Strategic Issues pro-aktiv identifizieren und rechtzeitig Vorbereitungen für ein entsprechendes Risikomanagement initiieren.“ (Hinterhuber 2004, S. 261). Als Strategic Issues bezeichnet der Autor dabei „… plötzlich auftretende Schwierigkeiten oder unerwartet sich bietende Möglichkeiten, für die die Unternehmung gerüstet sein muss, weil sie einen wesentlichen Einfluss auf die nachhaltige und langfristige Wertsteigerung der Unternehmung ausüben“ (Hinterhuber 2004, S. 261). Mit Blick auf M&A-Transaktionen und das damit verbundene wertorientierte Controlling manifestiert sich hier der Strategieplanungsprozess mit Fokus auf den immanenten Risikothemen. Das beginnt bereits bei der Auswahl geeigneter Zielunternehmen, beispielsweise mit dem Ziel einer Risikodiversifikation, und reicht bis zur Festlegung der gemeinsamen zukünftigen Roadmap. Auf Grund der anfangs häufig noch relativ generischen Datenlage werden in diesem Stadium in erster Linie Instrumente zum Einsatz kommen, die eine eher qualitative Einschätzung der Risikosituation zulassen. In Anlehnung an Hinterhuber kann für M&A-Transaktionen eine Strategic-Issue-Matrix erstellt werden, die einen Überblick zu den zu erwartenden Rahmenbedingungen sowie die Möglichkeit einer Erfassung der entsprechenden Handlungsmaßnahmen offeriert (vgl. Abbildung 119). Gelingt es, diese zu erfassen, richtig zu bewerten und zielorientiert zu steuern, könnte sich die Erfolgswahrscheinlichkeit von M&A-Transaktionen deutlich erhöhen lassen. In diesem Sinne soll Risikomanagement auch Chancenmanagement bedeuten, indem nicht alle potenziellen Risiken vermieden werden sollen, sondern vielmehr „… ein bewusstes Eingehen von Risiken auf Grund einer umfassenden Kenntnis der Risiken und Risikozusammenhänge …“ (Burghardt 2002, S. 297) im Zentrum der Aktivitäten steht. In operativer Hinsicht bedeutet Risikomanagement in erster Linie das Managen der Risiken im vorgegebenen strategischen Rahmen insbesondere im Zuge der Integrationsphase. Der strategischen Phase nachgelagert, obliegt dem operativen Teil nicht mehr das „Ob“, sondern vielmehr das „Wie“ der M&A-Durchführung und damit die konkrete Aufgabe, die anstehenden Maßnahmen zu planen, zu steuern und zu kontrollieren: „Sowohl bei Prozessverläufen mit standardisiertem (bspw. im Zuge der Kundenauftragsbearbeitung) als auch bei nichtstandardisiertem Vorgehen (F&E-Projekte) können Zielabweichungen auftreten, die eine Risikobetrachtung als erforderlich erscheinen lassen.“ (Brede 1998, S. 117). Als Instrumente für die Analyse von Risiken bieten sich dabei insbesondere Szenario-, Risiko- und Sensitivitätsanalysen an, wie sie bereits aus der klassischen Investitionsrechnung bekannt sind.
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Best Case
Negative Market Performance
Mid Case
Market Outperformance
Worst Case
Negative Partner Performance
schlechter
gleich
Negative Partner Performance
besser
Partner Outperformance
Partner Outperformance
Integration
Market Outperformance
besser
gleich
Negative Market Performance
Worst Case
schlechter
Mid Case
Negative Partner Performance
gleich
Market Outperformance
Negative Partner Performance Market Outperformance
gleich
Negative Market Performance
Transaktionspartner: Vergleich zur Erwartung
besser
Best Case
gleich
Partner Outperformance
Transaktionspartner: Vergleich zur Erwartung
Partner Outperformance
schlechter
besser
Negative Market Performance
Transaktion
Marktsituation: Vergleich zur Erwartung
schlechter
Transaktionspartner: Vergleich zur Erwartung
Vorfeld
schlechter
322
Negative Market Performance
Partner Outperformance
Best Case
Negative Market Performance
Mid Case
Market Outperformance
Worst Case
Negative Partner Performance
schlechter
gleich
Partner Outperformance
Negative Partner Performance Market Outperformance
besser
Marktsituation: Vergleich zur Erwartung
Situation: Der Markt entwickelt sich wie erwartet, der Transaktionspartner liegt jedoch unter den Erwartungen Beispiel: Die Umsetzbarkeit der F&EProjekte in der Pipeline des Partners erscheint riskant und fragwürdig. Vorgehen: Machbarkeitsstudien Bewertung der Wertsteigerung Entscheidung über Abbruch oder Fortsetzung der Transaktion
besser
Marktsituation: Vergleich zur Erwartung
Abbildung 119: Strategic Issue Matrix und Maßnahmenableitung
3.5.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling M&A-Projekte weisen eine inhaltliche Affinität zur betrieblichen Investitions- und Wirtschaftlichkeitsrechnung auf und können demnach auch mit den entsprechenden Metriken wie Wertbeitrag, Investitionszins und Kapitalrückflusszeit in Verbindung mit deren Variabilität auf die Veränderung der Umfeldbedingungen beurteilt werden: x
Der Wertbeitrag ist die Spitzenkennzahl, die zur Beurteilung des Projektes dient. Nur Projekte mit einem positiven Wertbeitrag kommen in die nähere Betrachtung. Die analoge Größe hierzu bildet in der klassischen Investitionsrechnung der Kapitalwert.
x
Die Kapitalrückflusszeit bezeichnet den Zeitraum, innerhalb dessen der für das Zielobjekt bezahlte Aufpreis in Form von Erträgen wieder erwirtschaftet wurde. Dies geschieht in der Regel durch Realisierung der geplanten Synergieeffekte, die zu entsprechenden Kosteneinsparungen und damit zur Ergebnisverbesserung beitragen.
x
Als Rentabilitätskennzahl dient der Investitionszins, der die erwirtschafteten Erträge ins Verhältnis setzt zu dem dafür eingesetzten Kapital.
Die Variation der Inputgrößen führt somit zu unterschiedlichen Szenarien, die als Best-, Midund Worst-Case erstellt werden. Prinzipiell sind eine Vielzahl von Szenarien darstellbar, von denen nur diejenigen ernsthaft berücksichtigt werden sollten, die als denkbar, glaubwürdig und repräsentativ eingestuft werden (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 112). Für das Controlling
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
323
stellt sich im Hinblick auf die Ermittlung des Unternehmenswertes die zentrale Frage, an welcher Stelle der Risikoaspekt grundsätzlich in die Rechnungssystematik integriert werden soll. Zu unterscheiden sind dabei zwei Möglichkeiten, wenn man am Konzept des Ertragswertverfahrens und seiner Methodik der Abdiskontierung festhält. Zur Verdeutlichung sei zu Beginn noch einmal vereinfacht die Formel für den Gegenwartswert eines Unternehmens angeführt, der sich in Form einer Zahlungsreihe repräsentieren lässt (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 128): EW
T
t 1
Mit:
CFt
¦ (1 i)
t
CF 1 T 1 i (1 i ) T
EW = Gegenwartswert des Zielunternehmens CF = periodenspezifische Zahlung (Ein-/Auszahlung) des Zielunternehmens t = 1 bis T = Prognosezeitraum für die Zahlungsreihe i = Diskontierungszinssatz
Betrachtet man die vorliegende Formel, so lassen sich zwei Stellhebel ausmachen, an denen das Risiko explizit in die Berechnung integriert werden kann: x
Das Risiko ist bereits bei der Prognose der Zahlungsströme CF in Form von Risikozu- und Risikoabschlägen zu berücksichtigen. Somit ergeben sich für jede Periode unterschiedliche Zahlungsströme je nach Risikoabschätzung, die sich unter Bildung der Erwartungswerte aggregieren und unter Berechnung der Standardabweichung klassifizieren lassen (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 129 f.).
x
Zum zweiten ist im Sinne der Risikoäquivalenz zwischen Zähler und Nenner der Nenner durch einen risikoadjustierten Kapitalisierungszinssatz zu modellieren, indem nicht der Zinssatz einer risikolosen Anlagealternative, sondern der unter Berücksichtigung des individuellen Unternehmensrisikos zu zahlenden Referenzzinssatz verwendet wird. Und dieser führt dann auch wieder zurück zu den in Abschnitt 2.2.2.3 beschriebenen Wurzeln des Wertmanagement-Konzeptes, demnach Wertsteigerung als „profitables Wachstum“ verbunden ist mit der Erzielung eines Zinssatzes, der über den in Form des gewichteten Kapitalkostensatzes gebildeten Durchschnitts der Renditeforderungen von Eigen- und Fremdkapitalgebern liegt. Letztere implizieren gleichzeitig auch den Grundbaustein der Sicherheitsäquivalenzmethode und deren Indifferenzansatz zwischen Präferenz des analysierten Zahlungsstromes oder einer Barabfindung (vgl. Kuhner/Maltry 2006, S. 132-139).
Ein zentrales Anliegen des wertorientierten M&A-Controlling besteht somit darin, das Risiko der Transaktion mit Hilfe geeigneter Kennzahlen für eine entsprechende Steuerung „greifbar“ zu machen. Die Anwendbarkeit der klassischen Kennzahlen der Investitionsrechnung - Wertbeitrag, Kapitalrückflusszeit und Investitionszins - wurde bereits diskutiert. Daneben existieren eine Reihe von Möglichkeiten, das Risiko im Rahmen der Rechenverfahren etwa für den Kaufpreis zu berücksichtigen: Erwartungswerte, Standardabweichungen und Sensitivitäten
324
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
haben sich bereits in anderen Formen der Risikoanalyse bewährt. Schließlich ist es von hoher Bedeutung, die allgemeine Marktentwicklung in das eigene Risikokalkül mit einzubeziehen. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, alle denkbaren Wirtschaftsindikatoren aufzulisten, deshalb sei hier lediglich auf Aktienkurs- und Börsenindexentwicklungen mit ihrer hohen Affinität zu unternehmerischen Wertsteigerung verwiesen. Kennzahl/ Rechnungsziel Wertbeitrag
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Welcher zusätzliche Wertbeitrag wird durch das M&A-Projekt erwirtschaftet? x Wie lange dauert es, bis der Kaufpreis und die durch die Transaktion verursachten Kosten an das Unternehmen zurückgeflossen sind? x Darstellung des Risikos durch verspätete Realisierung der Wertpotenziale
Kapitalrückflusszeit
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Betrachtung vor dem Hintergrund der Risikovergütung x Analoge Betrachtung zur Investitionsrechnung x Je kürzer, desto geringer die Wahrscheinlichkeit von unvorhergesehenen Ereignissen x Interessant insbesondere in Zusammenhang mit der Dauer der gesamten Integrationsphase x Analoge Betrachtung zur Investitionsrechnung x Schwierigkeit einer Abgrenzung zwischen Kosten und Erträgen der Transaktion an sich sowie Tagesgeschäft x Betrachtung vor dem Hintergrund der Risikovergütung
Investitionszins
x Welche Rendite bringt das Transaktionsprojekt? x Abgleich mit dem Zinssatz der „sicheren“ Anlagealternative
Erwartungswerte für Input- und Zielgrößen
x Berücksichtigung des Risikos in den Entscheidungsgrößen x Ausweis realistischer Größen
x Es wird nicht mit quasi-sicheren Werten gerechnet, sondern mit risikoadjustierten Erwartungswerten unter Berücksichtigung der Eintrittswahrscheinlichkeiten
Standardabweichungen für Input- und Zielgrößen, Sensitivitäten
x Ausdruck der bestehenden Schwankungsbreiten x Berücksichtigung von Szenarien und Abweichungsmöglichkeiten
Synergiehöhen im Verhältnis zum Kostenvolumen
x Plausibilisierung der Synergieabschätzung: sind die abgeschätzten Synergien im Verhältnis zum existierenden Kostenvolumen realistisch?
Aktienkursentwicklungen
x Berücksichtigung der Marktentwicklung
x Nur bekannte Einflussgrößen können berücksichtigt werden x Für weiter gehende Effekte sind Erfahrungswerte zu integrieren x Denkbar sind Risikoaufschläge bei den Kosten, Abschläge und Ausfallwahrscheinlichkeiten bei den Synergien x Insbesondere bei der Synergieabschätzung wird häufig ein zu positives Bild vermittelt x Umfangreiche Verifizierungen und Plausibilisierungen sind notwendig x Betrachtung des eigenen Aktienkurses sowie von Konkurrenten und adäquaten Branchen (Indices)
Tabelle 19: Kennzahlen zum proaktiven Risikomanagement
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
325
3.5.2.4 Schnelle, planmäßige und zielgruppenspezifische Durchführung der internen und externen Kommunikation 3.5.2.4.1 Begriffsklärungen „Wir stellen das Informations-Konzept bewusst an erste Stelle, weil die Kommunikation im Rahmen der Integration von überragender Bedeutung ist. Es handelt sich auch um den Bereich, in dem am schwersten gesündigt wird. Das Informations-Konzept muss Klarheit bringen über die Frage, wie nach innen und außen über die Ziele, die mit der Akquisition und Integration erreicht werden sollen, und über die Spielregeln, die gelten sollen, zu informieren ist. Das Infokonzept greift insofern vor, als es auch definiert, wer als Ansprechpartner für welche Fragen gelten soll. Mit dem Informations-Konzept soll vermieden werden, dass im falschen Zeitpunkt oder am falschen Ort falsche oder widersprüchliche Meldungen in Umlauf gelangen.“ (Althaus/Wild 1994, S. 4). Die Eckpunkte einer erfolgreichen Kommunikationspolitik bei M&A umfassen dabei mehrere wichtige Erfolgsfaktoren. Im Wesentlichen geht es dabei um: x
einen planmäßigen Ablauf des gesamten Kommunikationsprozesses,
x
eine schnelle Durchführung der internen und externen Kommunikation,
x
klare, für alle Anspruchsgruppen angepasste Formulierungen,
x
die Beachtung der besonderen Bedeutung von Mitarbeitern und Kunden sowie
x
die Kommunikation von neuen Geschäftsabschlüssen in der Integrationsphase.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Kommunikationsmaßnahmen nicht erst in der Post-Merger-Integration gestartet werden, sondern dass bereits frühzeitig im Pre-MergerStadium die entsprechenden Kommunikationskanäle definiert und bedient werden (vgl. Förster 2006, S. 299). Neben den M&A-bezogenen Aspekten ist dabei auch der Themenbereich des Wertmanagements an sich abzudecken, insbesondere wenn eines oder mehrere der beteiligten Unternehmen bisher nicht über ein wertorientiertes Steuerungssystem verfügen (vgl. Ebeling 2007, S. 60 f.). Ein planmäßiger Ablauf des gesamten Kommunikationsprozesses verlangt die Beantwortung folgender zentraler Fragen der Kommunikationspolitik bereits frühzeitig im Transaktionsprozess: x
Welche Kommunikationsaufgaben bestehen grundsätzlich?
x
Welche Inhalte sind zu transportieren?
x
Welche Zielgruppen sind zu informieren?
x
Welche Instrumente und Medien sind zu verwenden?
x
Welche Verantwortlichen nehmen die Kommunikationsaufgaben wahr?
326 x
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Zu welchen Zeitpunkten sind die Kommunikationsaufgaben durchzuführen?
Aufgaben für die Kommunikation
Zentrale M&APhasen
Die einzelnen Themen sollen nun aufgegriffen und inhaltlich beschrieben werden. An erster Stelle stehen dabei die Kommunikationsaufgaben, die den Rahmen für alle nachfolgenden Aspekte bilden. Die Aufgaben unterscheiden sich in den einzelnen Phasen des M&AProjektes und sind deshalb phasen- und prozessspezifisch zu formulieren. Tendenziell nehmen im Zeitablauf die zuerst dominierenden strategischen Kommunikationsaufgaben ab, wohingegen gerade in der Integrationsphase viele operative Details zu kommunizieren sind. Welche Kommunikationsaufgaben konkret in den einzelnen M&A-Phasen von Bedeutung sind und welche Inhalte dabei eine Rolle spielen, kann Abbildung 120 entnommen werden. Konzeptionsphase
Transaktionsphase
Integrationsphase
Eignung für eigene Unternehmensziele
Screening und Vorverhandlungen
Integrationsmanagement
M&A-Strategie
Due Diligence
Erfolgskontrolle
Implementierungsansätze
Rechtliche Prüfung
Kommunikative Aufbereitung der Hintergründe und Ziele des M&A
Cultural Due Diligence
Grobe Stakeholderanalyse Entwurf eines Kommunikationskonzeptes für die Transaktionsphase
Vertragsabschluss
Corpoarte Brand Management
Interne Kommunikation zur Schaffung einer „WirKultur“
Festlegung der kommunikativen Positionierung
Integration der internen und externen Kommunikation
Detaillierte Stakeholderanalyse Entwurf eines Kommunikationskonzeptes für die Integrationsphase
Strategische Aufgaben Operative Aufgaben
Abbildung 120: Kommunikationsaufgaben in M&A-Prozessen (Quelle: Förster 2006, S. 302)
Die beschriebenen Aufgaben richten sich sodann an den Zielgruppen der Kommunikation aus. Es ist selbstverständlich, dass nicht jede Information in der gleichen Form an alle Beteiligte und Interessengruppen weitergeleitet werden darf. Zum einen ist eine inhaltliche Selektion und komplexitätsbezogene Aufbereitung der Informationen erforderlich, so dass nur die Informationen, die für eine bestimmte Interessengruppe erforderlich und geeignet ist, diese auch tatsächlich erreicht. Das schützt vor Informationsüberfrachtung und Fehlinterpretationen mit den daraus resultierenden negativen Konsequenzen. Es liegt in der Natur von Unternehmenstransaktionen, dass hier eine große Anzahl von Interessenten mit zielgruppenspezifischen Informationen zu versorgen sind. Im Einzelnen sind dies:
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
327
x
Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen, differenziert nach Führungskräften und deren Mitarbeitern,
x
Eigen- und Fremdkapitalgeber, bei einer Aktiengesellschaft insbesondere auch die Aktionäre, sowie Banken oder Investmentunternehmen,
x
Externe Anspruchsgruppen wie Kunden, Lieferanten, Konkurrenten oder Partner, mit denen (potenziell) Wettbewerbs- und/oder Geschäftsbeziehungen bestehen,
x
Öffentliche und staatliche Institutionen, Medien, Verbände etc.
Die Informationspolitik bei M&A-Projekten bedeutet immer eine Gradwanderung zwischen der erforderlichen Information der „Betroffenen“ sowie der Notwendigkeit von Geheimhaltung zur Wahrung des strategischen Vorteils. Aus dieser Situation heraus kommt es in der Praxis häufig zu dem Phänomen, dass gerade die eigenen Mitarbeiter eines Unternehmens relativ spät beispielsweise über eine anstehende Transaktion informiert werden und im Extremfall die betreffende Informationen aus der Tagespresse erfahren. JUNG konstatiert, dass eine frühzeitige Einbindung und Information der Mitarbeiter über Gründe für die Akquisition, zu erwartende Veränderungen und das jeweils andere Unternehmen wichtig ist (vgl. Jung 1993, S. 249): „Hoch involvierte Anspruchsgruppen sind eher bereit, sich aktiv für ihre Ziele einzusetzen und verfolgen Veränderungen mit hoher Aufmerksamkeit (Förster 2006, S. 305). Die empirische Studie von MÖLLER weist im Gegenzug darauf hin, dass in der Mehrzahl der Fälle beispielsweise die mittlere Führungsschicht erst nach Abschluss der Verhandlungen über eine bevorstehende Übernahme informiert wurde (vgl. Möller 1983, S. 227 ff.). Gerade wenn man von den Zielgruppen der Kommunikation sowie der Gestaltung der im jeweiligen Zusammenhang einzusetzenden Instrumente und Kommunikationsformen spricht, ist auch der Übergang zur Manipulation fließend. Jedes Unternehmen, auch wenn es sich der Philosophie einer ehrlichen und unmittelbaren Kommunikation verschrieben hat, unterliegt bei der Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen der eigenen strategischen Zielformulierung. In diese sollen naturgemäß alle relevanten Interessengruppen eingebunden und von ihrer inhaltlichen Richtigkeit beziehungsweise Notwendigkeit überzeugt werden. Kommunikation weitet sich in diesem Zusammenhang von einer rein faktenbasierten zu einer zielorientierten Informationsweitergabe aus, die nicht nur eine syntaktische oder semantische, sondern vielmehr auch eine pragmatische Ebene umfasst und so neben der reinen Übertragung von Zeichen und deren Bedeutung insbesondere auch die Absicht des Senders transportiert (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 68). NACH SCHULZ VON THUN beinhaltet eine Nachricht demgemäß vier verschiedene Botschaften (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 75 ff.): x
Sachinhalt: die syntaktisch-semantischen Zeichen und deren Bedeutung.
x
Beziehung: neben dem rein faktenbasierten Sachinhalt spielt die Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern eine wichtige Rolle im Kommunikationsprozess. Die Beziehung
328
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
beeinflusst beispielsweise den Umgang miteinander und gibt Anhaltspunkte, wie der reine Sachinhalt zu interpretieren ist. Der Sachinhalt ist ohne Kenntnis des Beziehungsaspektes unvollständig und kann alleine falsch interpretiert werden, zum Beispiel bei ironischen Äußerungen. x
Selbstoffenbarung: eine Nachricht kann sowohl eine gewollte Selbstdarstellung als auch eine unfreiwillige Selbstenthüllung beinhalten. Letztere ist oftmals das Ergebnis von unüberlegten, ungeschickten oder unklar formulierten Äußerungen, die Raum für Interpretationen lassen und/oder nicht beabsichtigte Tatsachen ans Tageslicht bringen.
x
Appell: mit der Nachricht soll eine bestimmte Wirkung erzielt werden.
Die beschriebenen Dimensionen beinhalten wichtige Anhaltspunkte für die Gestaltung der Kommunikation sowie insbesondere auch für die Analyse von bewusst oder unbewusst hervorgerufenen Kommunikationsproblemen. Auf Grund der bestehenden Möglichkeiten, durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen die einzelnen Interessengruppen zu beeinflussen, macht es Sinn, sich vorab sehr genau über die zu informierenden Zielgruppen und die dafür einzusetzenden Instrumente zu informieren. Eine besondere Herausforderung für die Kommunikation besteht im internationalen Kontext. Neben den sprachlichen Barrieren spielen dabei insbesondere auch Besonderheiten in der Form der Kommunikation eine wichtige Rolle, also das „Wie“ der Informationsweitergabe. China und Japan beispielsweise sind bekannt für die Vermeidung einer direkten Ablehnung eines Vorschlags in einer geschäftlichen Verhandlung, so dass die wahre Meinung der Gesprächspartner teilweise erst einige Zeit nach Abschluss des Gesprächs zutage kommt, sofern man nicht in der Lage ist, ad hoc die jeweiligen Verhaltensweisen richtig zu interpretieren. So wie auch die Entwicklung eines Produktes auf die Bedürfnisse des spezifischen Marktes zugeschnitten sein muss, so ist auch bei der Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen im Zuge von M&A ein Augenmerk auf die Besonderheiten der jeweiligen Adressaten zu richten, da ansonsten keine oder im schlimmsten Falle negative Folgen für das Unternehmen zu erwarten sind: „Falsche Informationen wecken unberechtigte Hoffnungen oder Ängste, die sich nachträglich nicht mehr oder nur mit enormem Aufwand wieder korrigieren lassen. […] Falsche oder unklare Statements verunsichern; unbeholfene und falsche Meldungen werden erfahrungsgemäß immer wieder hervorgekramt oder gar zum „Politikum“ empor stilisiert. Es droht damit, dass sie sogar eine Eigendynamik entwickeln und viel Energie beanspruchen, anstatt dass alle Kräfte auf eine sachgerechte, konstruktive Integration fokussiert werden.“ (Althaus/Wild 1994, S. 4 f.).
3.5.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber Führt man sich das Gesamtbild der M&A-Informationspolitik vor Augen, bestehend aus Kommunikationsaufgaben, Inhalten, Zielgruppen, Instrumenten/Medien, Verantwortlichen
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung und Zeitrahmen, so kann die Wirkung Wertsteigerungsnetzwerkes untersucht werden:
auf
329 die
Wertreiber
des
M&A-
x
Es ist von einer Verkürzung der Gesamttransaktion auszugehen, wenn alle Beteiligten über die benötigten Informationen verfügen und darauf basierend ihre Entscheidungen fällen können. Daraus ergeben sich Zeitvorteile für die Transaktion. Informationen, die beispielsweise rechtzeitig die Kartellbehörden erreichen, erlauben eine diesbezüglich rasche Prüfung des Vorgangs. Im anderen Fall kann das nachträgliche Aufkommen wettbewerbsrelevanter Informationen diese Stellen erneut alarmieren und dadurch eine erhebliche Verzögerung bis hin in die Integrationsphase bewirken.
x
Informationsweitergabe beinhaltet auch das Ziel der Erreichung von Know-how-Vorteilen. Wissen, das man besitzt, kann für das Unternehmen wertsteigernd eingesetzt werden. Ein gutes Beispiel bildet hier die Informationsweitergabe an die Shareholder, die bei einer Aktiengesellschaft auf Basis der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen darüber entscheiden, ob sie ihre Anteile am Unternehmen behalten oder veräußern. Gelingt es, die Anteilseigner auf Basis guter, fundierter Prognosen von der Vorteilhaftigkeit der Transaktion zu überzeugen, wird das positive Effekte auf deren Anlageverhalten und den Aktienkurs des Unternehmens haben. Andernfalls sind oftmals drastische Kurseinbrüche mit den entsprechend negativen Konsequenzen für die unternehmerische Anlage- und Finanzierungspolitik zu erwarten.
x
Ein weiterer Einflussfaktor bezieht sich auf die hohe Bedeutung der Kundeninformation. Sie sind der Garant für den Unternehmensumsatz und müssen neben den Mitarbeitern höchste Priorität bei der Weitergabe von Informationen genießen. Das Stichwort Marktzugang, welches das Bestreben des Unternehmens nach neuen Kunden und Märkten widerspiegelt, kann nur dann in Angriff genommen werden, wenn von einer soliden, bestehenden Kundenbasis ausgegangen werden kann. Insofern sind die Kommunikationskennzahlen, welche direkten Kundenbezug aufweisen, auch in direktem Zusammenhang mit den Kennzahlen der Kundenbindung und als „Hygienefaktor“ für eine intensive Kundenbindung zu sehen. Gleichzeitig kann eine intelligente Informationspolitik im Rahmen einer M&A-Transaktion dazu genutzt werden, um potenzielle neue Kunden zu aktivieren und Interesse zu wecken. Begründet werden kann dies beispielsweise durch das gemeinsam bessere Serviceangebot oder das neue, vollständigere Produktsortiment.
x
Ebenso kann eine gezielte Informationspolitik auch spezifische Wettbewerbswirkungen auslösen. Neben den Wirkungen der soeben geschilderten Kundenkommunikation werden die Informationen über eine anstehende M&A-Transaktion vielfältige Handlungen bei den Wettbewerbern sowie den Zulieferern auslösen. Zum einen wird dabei der Versuch eine Rolle spielen, die vorübergehend auf Grund der durchzuführenden Maßnahmen vermeintlich schwächere Position der beteiligten Unternehmen auszunutzen. Im Gegenzug können
330
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
natürlich positive Aussichten und Erwartungshaltungen bei den Kunden ein vorübergehendes Abwarten auslösen. Dann ist es umso wichtiger, die Abwicklung möglichst schnell geschehen zu lassen, um zum „ordentlichen Geschäftsbetrieb“ zurückkehren zu können. Erfolgsfaktor: Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Maximierung der Personalmotivation
Ein höherer Informationsgrad der Mitarbeiter fördert das Verständnis für die Rahmenbedingungen der Transaktion und wirkt motivierend.
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Interne Kommunikation ist eine Voraussetzung für erfolgreiches Wissensmanagement und Informationsaustausch
Geschwindigkeit von M&A
Je schneller die Mitarbeiter informiert werden, umso schneller und besser können sie die notwendigen Aufgaben im Rahmen des M&A-Projektes wahrnehmen.
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation
Eine umfassende interne Kommunikation ist Grundlage für die entsprechende Kommunikation an externe Adressaten
Abbildung 121: Wertsteigerung durch Gestaltung der internen Kommunikation
Erfolgsfaktor: Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Hohe Marktorientierung wirkt in beide Richtungen: das Einholen relevanter Marktdaten sowie die Weitergabe wichtiger Unternehmensinformationen an Kunden, Lieferanten etc.
Proaktives Risikomanagement
Ein proaktives Risikomanagement operiert auch immer an der Schnittstelle zu Kapitalgebern und Öffentlichkeit, mit welchen eine intensive Kommunikation unabdingbare Voraussetzung ist.
Abbildung 122: Wertsteigerung durch Gestaltung der externen Kommunikation
3.5.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling So vielfältig die Anzahl der Inhalte und Zielgruppen für die Kommunikation ist, so unterschiedlich sind auch die dafür geeigneten Kommunikationsinstrumente und -medien. Unter dem Aspekt des hier zu betrachtenden Erfolgsfaktors einer schnellen internen und externen Kommunikation sind an dieser Stelle insbesondere solche Instrumente von Interesse, denen ein unmittelbarer Wirkungsgrad unterstellt werden kann. Nachfolgende Abbildung 123 gibt
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
331
eine Übersicht zu möglichen Kommunikationsinstrumenten und charakterisiert diese unter anderem nach dem zeitlichen Kriterium des Wirkungsstarts (vgl. dazu auch Ahlrichs/Knuppertz 2006, S. 49). In Abhängigkeit von der Zielgruppe, der M&A-Phase und den zeitlichen Anforderungen kann somit das geeignete Kommunikationsinstrument ausgewählt werden. In der Matrix zwischen Informationsempfängern und eingesetzten Instrumenten ist dann ein systematisches Schnittstellenmanagement erforderlich (Meckl/Hawranek 2006, S. 109). Dieses stellt sicher, dass die richtigen Informationen über den richtigen Kanal an die ausgewählten Empfänger gelangen und Redundanzen sowie Falschinformationen vermieden werden. Broschüren
Internet/ Intranet
Print
TV
Events
Direkt
Beispiele
Firmenbroschüren
Portale für Mitarbeiter, Kunden, OnlineWerbung
Mitarbeiter-, Kundenzeitungen
TV-Werbung
Pressekonferenzen, Informationsveranstaltungen
Direct Mailing, Mitarbeitergespräche
Reichweite
gering
gering
hoch
hoch
gering
gering
StakeholderGruppe
Alle, aber personalisiert
Mitarbeiter, Meinungsbildner, ökonomisches Umfeld
Kunden, Mitarbeiter
Kunden
Meinungsbildner, Mitarbeiter, Finanzwelt
Alle, v.a. im Rahmen von PR, personalisiert
Sachinforma tionen
hoch
hoch
hoch
gering
hoch
hoch
Erlebniswert
gering
hoch
gering
hoch
hoch
gering
Beurteilung der Wirkungsgeschwindigkeit
Zeitaufwand für Design & Drucklegung
Informationen sehr schnell online einstellbar
Zeitaufwand für Design & Drucklegung, aber „Routinemedium“
Teilweise hohe Produktionszeiten
Teilweise schnell einzuberufen, aber intensive Vorbereitung erforderlich
Schnell durchführbar
Abbildung 123: M&A-Kommunikationsinstrumente (Quelle: in Anlehnung an Förster 2006, S. 307)
Folgt man den Axiomen von WATZLAWIK/BEAVIN/JACKSON, so kann eine Kommunikationsverantwortung grundsätzlich bei allen Beteiligten induziert werden: „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 73). Im Hinblick auf M&A-Projekte ist damit gemeint, dass alle Personen, die in irgendeiner Form in Erscheinung treten, gewollt oder ungewollt Informationen weitergeben, sei es auf der Sach- oder auf der Beziehungsebene. Im Extremfall kann dabei ein Produktionsmitarbeiter, der von den Medien am Werkstor abgefangen und zu seinen Eindrücken bezüglich der anstehenden Transaktion befragt wird,
332
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
diese Äußerungen bis hin in die Tagespresse tragen. Vielfältig sind die Beispiele, in denen auf diese Weise Stimmungen getrieben und angefacht werden. Umso wichtiger wird dabei der Aspekt, dass wirklich alle Mitarbeiter durch die Unternehmensleitung(en) bezüglich der Transaktion zeitnah und direkt informiert werden und somit keine realitätsfernen Spekulationen umgreifen. An dieser Stelle scheint auch die oberste Kommunikationsverantwortung auf: ein so wichtiges Projekt wie eine M&A-Transaktion darf nicht durch sekundäre Kanäle an die Interessengruppen getragen werden, sondern die diesbezügliche Kommunikation ist eine primäre Managementaufgabe. Von den oberen Führungskräften müssen die Initiativen gestartet und teilweise auch persönlich getragen werden. So steigt nicht zuletzt auch die Glaubwürdigkeit für den Erfolgsfaktor „Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion“ (vgl. 3.2.2.4). In Folge macht es dann Sinn, eine Informationskaskade aufzubauen und die Weiterleitung der Informationen über definierte Wege an alle Mitarbeiter sicherzustellen. Immer ist dabei sicherzustellen, dass der Ausdruck des „Top-Management-Commitments“ nicht verloren geht und als Motivator für die Mitarbeiter dient. Die Forderung nach einer schnellen Durchführung der internen und externen Kommunikation determiniert die Zeitpunkte der Kommunikationsdurchführung und fußt zum einen auf der Tatsache, dass unvollständige oder zurückgehaltene Informationen in der Regel eine kontraproduktive Gerüchtebildung forcieren und eventuell auf Grund von falschen kursierenden Meldungen auch falsche Entscheidungen getroffen werden können. In diesem Sinne ist eine gewisse Unmittelbarkeit erforderlich, also aufkommende Informationen unverzüglich an die Empfänger weiterzuleiten. In der Praxis wird man dabei eine Abwägung vornehmen zwischen Nutzen und Schaden einer unverzögerten Weiterinformation, sofern man daran nicht rechtlich gebunden ist. Im Gegenzug mit einer zügigen Informationspolitik sind also auch überhastete ad-hoc-Mitteilungen zu vermeiden, die in einem sowieso schon komplexen und hektischen Umfeld unter Umständen nur für weitere Verwirrung sorgen.
3.5.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Vor diesem Hintergrund lassen sich auf dieser Basis Kennzahlen ableiten, welche die diesbezüglich relevanten Felder der Kommunikation abdecken (vgl. Förster 2006, S. 308): x
Kommunikationsdurchführung: hier geht es darum zu messen, ob bestimmte Kommunikationsmaßnahmen überhaupt in die Wege geleitet wurden. Die Vollständigkeit der Abdeckung aller relevanten Zielgruppen ist dabei ebenso zu erfassen wie die Einhaltung bestimmter, eventuell rechtlich vordeterminierter Kommunikationsformen. Diese Dimension ist rein senderbezogen und prüft, ob von Seiten der Informanten alles Notwendige in die Wege geleitet wurde, um die Informationen den Anforderungen entsprechend weiterzuleiten. Die hier relevanten Kennzahlen erstrecken sich auf die Anzahl der vom Sender initi-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozesssteuerung
333
ierten Kommunikationsmaßnahmen, damit in Zusammenhang stehenden Zeitdauern, Kapazitäten, Themen und Kontaktpunkten. x
Kommunikationswirkung: dahinter steht die Frage, ob die Botschaft bei der relevanten Interessengruppe auch tatsächlich ankommt. Hierbei ist das bereits angesprochene Grundproblem der Sender-Empfänger-Beziehung betroffen. Demgemäß existieren Unterschiede zwischen Informationsbedarf und Informationsbereitstellung sowie Probleme bei der Übertragung der Informationen. Letztere führen dazu, dass der Sender zwar die entsprechenden Informationen abgibt, diese jedoch nicht oder verzerrt beim Empfänger wahrgenommen wird (zu den vielfältigen Modellen, welche dieses Phänomen erklären, vgl. Picot/Reichwald/Wigand 1996, S. 63 ff.).
x
Kommunikationserfolg: in letzter Instanz kann noch eine Divergenz zwischen dem Empfang der Informationen und den daraus abgeleiteten Maßnahmen einschließlich des sich einstellenden Kommunikationserfolges bestehen. Die richtig wahrgenommenen Informationen müssen also idealerweise in konkrete, wertsteigernde Handlungen überführt werden. Dazu ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld je Zielformulierung die dazu anzuwendenden Kommunikationsinstrumente zu definieren und in ihrem Zusammenspiel zu optimieren.
Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl der Kommunikationskanäle
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Messung der Kommunikationsdurchführung x Werden genügend Kanäle zur breiten Informationsverteilung angeboten?
Anzahl der internen Berichte
x Vielfalt und Komplexität der regelmäßigen, standardisierten Informationsaufbereitung
Anzahl Medien mit kurzer, mittlerer, hoher Reichweite
x Messung der Kommunikationsdurchführung x Durchgängigkeit der Reichweite bei den verwendeten Medien x Sicherstellung eines breiten Spektrums der verwendeten Medien im Hinblick auf die unterschiedlichen Reichweiten x Messung der Kommunikationsdurchführung x Vollständigkeit der Kommunikationsthemen x Wurden wichtige Themen vergessen? x Messung der Kommunikationsdurchführung
Anzahl der kommunizierten Themen im Verhältnis zur Anzahl aller relevanten Themen
Zeitdauer vom Informationsauftreten bis zur Weitergabe
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Gerade das Beispiel Internet hat gezeigt, dass bei jedem Medium/ Kanal höchster Wert auf Qualität zu legen ist x Strikte Trennung nach „notwendig“ und „nice to have“ x Bereinigung und Fokussierung vielfach anzudenken x Reichweite oftmals schwer abschätzbar x Im Fokus stehen Kosten-/NutzenAbwägungen
x Verbindung mit entsprechenden Checklisten sinnvoll
x Ein Zurückhalten beziehungsweise Verzögern von Informationsweiter-
334
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems x Verzögerung des Informationsflusses an zentralen Knoten
Anzahl Informationsweitergaben bzw. Kommunikationsvorgängen je Medium pro Zeiteinheit
Anzahl Personen, die kontinuierlich mit internen bzw. externen Kommunikationsaufgaben betraut sind Anzahl institutionalisierter Kontakte
Beteiligungsgrad des TopManagements an den Kommunikationsmaßnahmen
Anzahl Rückmeldungen bzw. Feedback auf die Information
x Messung der Kommunikationsdurchführung x Regelmäßigkeit der Informationsweitergabe x Sicherstellung einer Kontinuität in der Informationsverteilung x Sicherstellung der Aktualität auf allen Kanälen x Kapazitätsbelastung in der Organisation durch Kommunikationsaufgaben
gaben kann negativ ausgelegt werden x Andererseits sind neue Informationen zuerst zu verifizieren x Allerdings keine Kommunikation um der Kommunikation Willen: ansonsten Überfrachtung der Empfänger mit Belanglosigkeiten
x Abgrenzung Kommunikation-/nichtKommunikationsaufgaben schwierig
x Anzahl und Komplexität der regelmäßigen Kommunikationsaufgaben
x Bewertung erforderlich, welcher Nutzen aus den einzelnen Kontakten resultiert x Gegebenenfalls Bereinigung des Kontaktnetzwerkes anzudenken
x Messung der Kommunikationsdurchführung x Vermittlung der Bedeutung der Themen gegenüber den Informationsempfängern x Messung der Kommunikationswirkung x Gibt es Rückfragen/Feedback zu den bereitgestellten Informationen?
x Differenzierung: das Topmanagement soll nur gezielt bei entsprechend bedeutungsvollen Themen seine Kommunikationsaktivität aufnehmen
Nutzungsfrequenz der Informationsmedien (z.B. Intranet)
x Messung der Kommunikationswirkung x Werden die angebotenen Kommunikationsmedien genutzt?
Ergebnisse von Mitarbeiterbefragungen: Bekanntheitsgrad von aktuellen Themen
x Messung des Kommunikationserfolgs x Haben die Informationen die eigenen Mitarbeiter erreicht und wurden sie reflektiert
x Rückfragen geben Aufschluss über unklar formulierte Informationen x Bei M&A-Transaktionen ist dringend die Einrichtung eines direkten Ansprechpartners anzuraten, die möglichst permanent zur Verfügung steht (z.B. Hotline) x Komplexe Auswertung nach Rückmeldern, Kanälen, Ländern etc. möglich x Bei Internet- beziehungsweise Intranetportalen kann beispielsweise die Anzahl der Seitenaufrufe sowie deren räumliche Herkunft ermittelt werden. x Grundlage für die Entscheidung über Einschränkung/Ausweitung bestimmter Kommunikationsmedien und -kanäle x Beispielsweise via unkomplizierter Abstimmungen oder Kurzumfragen im Intranet x Kann zu Motivationswirkung auch mit Incentives gestaltet werden.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung Ergebnisse von Kundenbefragungen: Bekanntheitsgrad von aktuellen Themen
Erreichungsgrad weiterer Kommunikationsziele
x Messung des Kommunikationserfolgs x Haben die Informationen die Kunden erreicht und wurden sie reflektiert x Messung des Kommunikationserfolgs
335
x Beispielsweise via unkomplizierter Abstimmungen oder Kurzumfragen im Internet x Kann zu Motivationswirkung auch mit Incentives gestaltet werden. x Kommunikationsziele sind einzelfallspezifisch vorab zu definieren, z.B. Auslösen von Aktionen, Verankerung eines Meinungsbildes etc.
Tabelle 20: Kennzahlen zur Gestaltung der internen und externen Kommunikation
3.6
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
3.6.1 Einordnung, Ziele und Aufgaben der M&A-Prozessverantwortung 3.6.1.1 Das Wesen der Prozessverantwortung Der Prozessverantwortung kommt die „tragende Rolle“ des wertorientierten M&AProzessmanagements zu. Nur bei entsprechender organisatorischer Verankerung und personeller Zuordnung kann die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen sichergestellt werden. Die Frage, wie Prozessverantwortung in der Organisation etabliert werden kann, ist eng mit der Diskussion um die beiden Pole „Funktionale Organisation“ und „Prozessorganisation“ verbunden. Nach wie vor herrschen in der Praxis die Ausprägungsformen der funktionalen beziehungsweise unternehmenseinheitsorientierten Organisation sowie der Matrixorganisation vor (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 107; Laske/Meister-Scheytt/Küpers 2006, S. 49 ff.). Daran knüpft sich die Definition der Verantwortlichkeiten einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse. NIGGL stellt sich in seiner Analyse des Spannungsfelds zwischen Selbst- und Fremdorganisation unter anderem der Fragestellung, wie ein koordiniertes und aufeinander abgestimmtes Handeln in Organisationen umzusetzen ist und schließt seine Ausführungen mit der Feststellung: „Selbst- und Fremdorganisation stellen […] keine widerstreitenden Gestaltungslogiken der Unternehmenssteuerung dar, sondern spiegeln vielmehr in Anlehnung an das Konzept der Dualität von Struktur zwei Facetten desselben (Organisationsgestaltungs-)Ganzen wider, die einander wechselseitig bedingen“ (Niggl 1998, S. 258). Eine ähnliche Dualität kann für den Bogen zwischen funktionaler und prozessorientierter Organisation gezeichnet werden, indem Unternehmen nicht ein Extrem vollends in die Praxis umsetzen werden: „Auch bei einer reinen Prozessorganisation wird in der Praxis die Funktionsorientierung zumeist nicht vollständig aufgegeben“ (Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 111). In funktionalen Organisationen laufen immer Prozesse ab, und in Prozessorganisationen werden sich immer Ansätze von Funktionsorientierung wieder finden. So werden letztere in irgendeiner Form auch weiterhin beispielsweise „Kostensammelstellen“ für prozessübergreifende Gemeinkosten benötigen, die a priori
336
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
nicht einem bestimmten Prozess zuordenbar sind und in letzter Instanz funktionalen Charakter aufweisen. SCHMELZER/SESSELMANN heben die Sinnhaftigkeit von Kompetenzzentren hervor, in welchen spezialisierte Funktionen zusammengefasst werden, die mehrere Geschäftsprozesse in Anspruch nehmen (vgl. Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 111). Diese in der Praxis vorherrschenden Mischformen sind auch ein wesentlicher Auslöser für die Probleme in Zusammenhang mit der Abgrenzung von Verantwortlichkeiten, die unter anderem auf diesbezügliche Unklarheiten, Schnittstellenprobleme oder fehlende Regelungen zurückzuführen sind. In den vorangehenden Abschnitten wurde immer wieder analysiert, wie die Prozesse im Unternehmen optimal zu definieren, zu bewerten, zu gestalten und zu steuern sind, wenn man eine Unternehmenstransaktion durchführt. Nun soll der Kreis geschlossen werden, indem auch in der Organisation die entsprechenden Verantwortlichen definiert werden, welche die Prozesse am Leben erhalten.
3.6.1.2 Konstitutive Elemente der M&A-Prozessverantwortung Der Terminus Prozessverantwortung ist untrennbar mit den in der Prozessabwicklung tätigen Mitarbeitern verbunden. Jeder trägt Verantwortung dafür, dass die von ihm durchgeführten Aktivitäten in der benötigten Zeit, zu den vorgegebenen Kosten und in der erforderlichen Qualität ausgeführt werden. Nun wurde im vorangehenden Abschnitt bereits die Dualität von Selbst- und Fremdorganisation angesprochen. Grundsätzlich bietet die Selbstorganisation viele Vorteile, sei es durch Reduzierung von Komplexität, indem auf eine Vielzahl formaler Regelungen und zentraler Anweisungen verzichtet werden kann, sei es durch den Motivationsaspekt einer dem Mitarbeiter innewohnenden Eigenverantwortlichkeit für sein tägliches Tun. Auf der anderen Seite befinden sich Unternehmen im permanenten Wechselspiel zwischen sich selbst - dem „System“ - sowie der Umwelt, aus der „Störungen“ auf das System einwirken. Folgt man den Ausführungen zur Systemtheorie von LUHMANN, so bedarf ein System in einer dynamischen Umwelt einer inneren Ordnung, um seinen Bestand aufrecht zu erhalten (vgl. Luhmann 1964, S. 23 ff.; Niggl 1998, S. 26). Um diese Ordnung herzustellen, bedienen sich Organisationen den Instrumenten Normierung, Rollenbildung und Institutionalisierung, welche x
die Vielfalt von existierenden Handlungsalternativen für jeden Einzelnen auf ein erträgliches, handhabbares Maß reduzieren. NIGGL verweist dabei auf die wichtige Funktion „generalisierender Erwartungsstrukturen“, welche als Standardverfahren fungieren und somit den „… Organisationen dadurch Stabilität verleihen, dass sie regelmäßig wiederkehrenden Ablaufprozessen bei der betrieblichen Leistungserstellung eine vorbestimmte zweckrationale Richtung weisen und die Nutzung von Effizienzvorteilen gestatten“ (Niggl 1998, S. 30).
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
337
x
die Stabilität durch Konstanz der Erwartungshaltung auch dann sicherstellen, wenn sich die Umweltsituation verändert. Für die Bedürfnisse der unternehmerischen Steuerung ist dabei besonders bedeutsam, dass der „…meist unzureichende Informationsfluss zwischen interdependenten Abteilungen ersetzt und deren ohnehin eingeschränkte Informationsverarbeitungskapazität geschont werden, indem man immer wiederkehrende (Routine-) Aufgaben über Vorschriften und Richtlinien vorsteuert“ (Niggl 1998, S. 30).
x
eine Unabhängigkeit von Person und Funktion ermöglichen. So kann auch bei Fluktuationen losgelöst vom einzelnen Mitarbeiter der Fortbestand seiner Aufgaben in der Organisation aufrecht erhalten werden.
x
die übergreifende Koordination der Einzelhandlungen gewährleisten,
x
den Einsatz von Kontroll- und Sanktionsmechanismen bei Verstößen ermöglichen.
Betrachtet man die hier zugrunde liegende Fragestellung nach der optimalen Gestaltung der Prozessverantwortung im Rahmen von M&A-Transaktionen, so ist eine Vielzahl der vorab genannten Funktionen durch den M&A-Prozess der Personalveränderung unter Rückgriff auf das Personalführungssystem zu erfüllen. Diese Elemente werden auch im Zentrum der nachfolgenden Ausführungen zur Prozessverantwortung stehen, deren Grundbestandteile noch einmal in Abbildung 124 zusammenfassend dargestellt sind. Wert- und prozessorientiertes M&A-Controlling Prozessstrategie
Prozesstransparenz
Prozessgestaltung
Prozesssteuerung
Prozessverantwortung
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
M&AErfolgsfaktoren
Führungsteilsysteme des Controlling
Planungssystem
Informationssystem
Organisation
Kontrollsystem
Personalführungssystem
M&A-Prozesse
Strategieplanung
Strukturentwicklung & -durchsetzung
Kommunikation
Bewertung
Controlling
Personalveränderung
Management
Management
Management
Management
Management
Business
Business
Business
Business
Business
Support
Support
Support
Support
Support
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
Wertsteigerung
UnternehmensProzesse
Prozess Definition Selektion Ausrichtung
Information
Prozess Beschreibung Strukturierung Bewertung
Prozess Veränderung Organisation Optimierung
Prozess Überwachung Messung Risikomgt.
Abbildung 124: Konstitutive Elemente der Prozessverantwortung
Prozess Personal Motivation Incentivierung
338
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.6.1.3 Vorgehen bei der Schaffung von Prozessverantwortung Beim Übergang zur reinen Prozessorganisation handelt es sich um einen grundlegenden Philosophiewandel, der seinen Ausgangspunkt in der Modifikation der unternehmerischen Aufbau- sowie Ablauforganisation nimmt und bis hin zu den hier zu diskutierenden Verantwortlichkeiten reicht. In der Regel handelt es sich dabei, vor allem bei Großorganisationen, nicht um einen radikalen Schnitt, sondern eher um eine inkrementelle Vorgehensweise (vgl. Seidenschwarz 2008, S. 114 ff.): die Verankerung von Prozessorientierung in einer Organisation muss in erster Linie verkraftbar sein und darf die Organisation nicht überfordern. Das gilt insbesondere in Zusammenhang mit M&A-Transaktionen, bei denen gleichzeitig noch eine Vielzahl anderer Themen abgewickelt werden muss. Der Personalveränderungsprozess ist nach LUCKS/MECKL der dritte M&A-Kernprozess (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 132). Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten liegt in der Integrationsphase (vgl. Lucks/Meckl 2002, S. 139), wenn es darum geht, die zukünftige Zusammenarbeit von Mitarbeitern aus ehemals unterschiedlichen Unternehmen zu gestalten. Im Einzelnen obliegen ihm dabei folgende Hauptaktivitäten: x
Post-Closing-Integration-Plan,
x
personalwirtschaftliche Umsetzung sowie
x
kultureller Wandel.
Der Fall, dass ein Unternehmen idealtypisch seine bisherige Organisation zu Gunsten einer reinen Prozessorganisation aufgibt, wird somit in der Praxis eher eine Ausnahmeerscheinung darstellen. Vielmehr werden Unternehmen dazu übergehen, ihre bestehenden Organisationssysteme um prozessorientierte Elemente anzureichern, um die Vorteile der Prozessausrichtung nutzen zu können und gleichzeitig einen zu großen Bruch durch Ablösung der funktionalen Strukturen zu vermeiden. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass ein „… Geschäftsprozessmanagement bei einer Aufrechterhaltung der reinen Funktionsorganisation keine Chance“ (Schmelzer/Sesselmann 2003, S. 108) haben wird. Das betrifft sowohl die zugrunde liegenden Strukturen als auch die damit in Zusammenhang stehenden Verantwortlichkeiten. Abbildung 125 zeigt einen Ansatz für die Verbindung dieser beiden Dimensionen. Gleichzeitig ist davor zu warnen, die Prozessverantwortung unreflektiert als dritte Dimension in bereits bestehenden Matrixorganisationen einzuführen. In der Vergangenheit wurde dieser Fehler von vielen Unternehmen gemacht, häufig aus der Situation heraus, im Zuge der auflebenden Diskussionen um die Prozessorientierung auch in irgendeiner Form entsprechende Aktivitäten starten zu müssen, ohne allerdings eine fundamentale konzeptionelle Durchdringung der Thematik vollzogen zu haben. Eine nicht mehr überschaubare Flut von Aufgabenund Kompetenzbeschreibungen mit unklaren Verantwortlichkeiten war die Folge.
Tätigkeitsbezeichnung
Tätigkeitskennziffer
Ziel der Funktion
Kurzbeschreibung
Organisatorische Zuordnung
Auszuführende Tätigkeiten
Prozess
Prozess-Verantwortung
Prozess-Aufgaben
Prozess-Kompetenzen
Schul-/Berufsausbildung
Fachliche Voraussetzung
Persönliche Voraussetzungen
Funktion
Enabler
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
339
Die funktionalen Stellenbeschreibungen sind um prozessbezogene Elemente im Rahmen des ProzessRahmenwerks zu erweitern.
Die Etablierung eines nachhaltigen Prozessmanagements erfordert die Integration von Prozess-Rollen in die funktionalen Stellenbeschreibungen sowie die Verknüpfung mit dem Incentive-System.
Abbildung 125: Funktionale und prozessuale Verantwortung (Quelle: in Anlehnung an Seidenschwarz 2008, S. 114)
Der Aufbau von Prozessverantwortung kann nur dann funktionieren, wenn die dahinter stehenden Strukturen ebenfalls prozessorientiert ausgerichtet sind. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen. Der Leiter der Abteilung „Forschung und Entwicklung“ soll im Zuge einer Neustrukturierung die Verantwortung für den gesamten Geschäfts-Prozess „Product Lifecycle Management“ (PLM) übernehmen. Nun umfasst der PLM-Prozess ein deutlich weiteres Spektrum als die klassische F&E: er beginnt bei der Gestaltung des Produktportfolios im Rahmen der von der Strategie vorgegebenen Möglichkeiten und reicht bis zur Verantwortung für den Rückzug eines Produktes aus dem Markt beispielsweise aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Unter der Prämisse, dass der F&E-Leiter die hierzu erforderlichen Kompetenzen besitzt, ist es dennoch eine große Herausforderung, die Prozessverantwortung unter Optimierung von Schnittstellen in der Organisation zu verankern und die Akzeptanz dafür sicherzustellen. Wie Prozessverantwortlichkeiten in der Praxis definiert werden können, wird nachfolgend anhand zweier Darstellungen aus dem Hause Siemens gezeigt. Abbildung 126 beschreibt mögliche Rollen in einem Prozessmanagement-System, anhand derer klare Verantwortlichkeiten definiert, zugewiesen und gelebt werden können. In Abbildung 127 findet sich, bezogen auf den Product Lifecycle Management Prozess, eine Struktur für das Zusammenspiel zwischen Rollen und Gremien, in diesem Fall also zwischen den einzelnen Process-Ownern, differenziert nach Geschäftsgebieten, sowie deren koordinierender Zusammenführung im Process Board.
340
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Fokus
Rolle
Zielsetzung
Process Sponsor Strategisch
unterstützen & treiben
Process Framework Executive
Standardisierung & Sicherstellung der Kompatibilität der Modellierungsmethoden
Process Executive
standardisieren & optimieren
Process Owner
Verantwortlich für die Prozessperformance
Process Manager
implementieren & optimieren
Operativ
Abbildung 126: Rollen im Prozessmanagement (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 99)
Im Process Board sind die Process Owner der Prozesse aus den einzelnen Geschäftsgebieten vertreten. Sie stellen im Dialog eine übergreifende Harmonisierung und Optimierung der Prozesse aus Bereichssicht sicher.
PO
PO
PLM GG 1
Prod. Portf.
PLM GG 2
Prod. Portf.
PLM GG 3
Prod. Portf.
PLM GG 4
Prod. Portf.
PLM GG 5
Prod. Portf.
PO
Define PO
PO
Define PO
PO
Define PO
PO
Define PO
Define
PO
Realize PO
Realize PO
Realize PO
Realize PO
Realize
PO
PO
Commerc.
Phase Out
PO
PO
Commerc.
Phase Out
PO
PO
Commerc.
Phase Out
PO
PO
Commerc.
Phase Out
PO
PO
Commerc.
Phase Out
GG = Geschäftsgebiet
Process Board Bereichs Process Executive
PO PLM
GG 1
PO PLM GG 2 PO PLM GG 3 PO PLM GG 4 PO PLM GG 5
PLM = Product Lifecycle Management PO = Process Owner
Abbildung 127: Beispiel für eine Prozess-Governance-Struktur (Quelle: Seidenschwarz 2008, S. 115)
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
341
3.6.2 Erfolgsfaktoren, Kennzahlen und Instrumente für das wertorientierte M&AControlling 3.6.2.1 Vorbemerkungen Das Spektrum der Prozessverantwortung erstreckt sich von der Formulierung einer klaren, grundlegenden Personalstrategie über die Definition der Prozess-Rollen und -Gremien bis hin zur Beschreibung des idealtypischen Zusammenspiels aller Komponenten in einer Gesamtstruktur. Dabei geht es auch immer um den Faktor Mensch, der tagtäglich neu motiviert und in seiner Veränderungsbereitschaft bestärkt werden muss. Vielfältige Möglichkeiten von Motivations- und Anreizsystemen werden dazu in der Literatur diskutiert. Aus den in Abschnitt 3.1.3.2 diskutierten Erfolgsfaktoren für M&A-Projekte sind folgende in diesem Zusammenhang einer Betrachtung zu unterziehen: x
klare Personalstrategie und besondere Rolle des mittleren Managements,
x
klare Definition der Kernbelegschaft,
x
interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams,
x
Maximierung der Personalmotivation.
3.6.2.2 Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements 3.6.2.2.1 Begriffsklärungen So wie die Prozessstrategie grundlegende Voraussetzung für ein Prozessmanagement-System darstellt, so bildet die Personalstrategie den ersten Schritt bei der Modellierung der Prozessverantwortung und aller damit in Zusammenhang stehenden, personalbezogenen Themen. Immer wieder ist es allerdings in der Praxis anzutreffen, dass personalstrategischen Themen wie der strategischen Personalplanung in Theorie und Praxis teilweise zu wenig Bedeutung beigemessen wird: „Ein geschlossenes theoretisch-instrumentelles, allseits akzeptiertes Konzept fehlt jedoch noch ebenso wie eine integrative Verknüpfung von strategischer und operativer Personalplanung auf den Funktionsfeldern des Bedarfs, der Beschaffung, der Ausbildung und der Entwicklung von Personal und deren Rückkoppelung mit der Finanzplanung.“ (Drumm/Jenuwein 2004, S. 707). An dieser Stelle kann davon ausgegangen werden, dass die Begriffe „Klare Personalstrategie“ sowie „Strategische Personalplanung“ synonym zu verwenden sind, wenn man die strategische Personalplanung nach DRUMM/JENUWEIN als entsprechend umfassendes Thema begreift. Demgemäß sind folgende Inhalte und methodische Schritte zu berücksichtigen (vgl. Drumm/Jenuwein 2004, S. 707 ff.): x
Schaffung der Informationsbasis: die für die Formulierung einer Personalstrategie erforderlichen Informationen sind äußerst vielfältig. Da „… Strategien zu Personalplanung und
342
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
-einsatz stets Servicefunktion für Produkt-Markt-Strategien“ (Drumm/Jenuwein 2004, S. 708) haben, müssen sie, um die von dort heraus formulierten Anforderungen bestmöglich erfüllen zu können, alle dort enthaltenen Informationen im Kalkül berücksichtigen. Konkret bedeutet das, ausgehend von der übergreifenden Unternehmensstrategie alle darunter liegen Teilpläne und -szenarien aus Beschaffung, Produktion, Logistik, Absatz und anderen Funktionen zu integrieren, und darauf basierend den Personalbedarf abzuleiten. x
Ermittlung der Personalbedarfspotenziale: aufsetzend auf der vorab ermittelten Informationsbasis werden sodann die in der gesamten Wertschöpfungskette bestehenden Anforderungspotenziale abgeleitet und diese in konkrete Bedarfspotenziale überführt sowie geclustert. So werden beispielsweise detailliert für wichtige Funktionsbereiche wie Instandhaltung oder Qualitätssicherung die erforderlichen und vorhandenen Qualifikationen sichtbar und können gezielt verfolgt werden.
x
Potenzialabgleich: im direkten Abgleich werden die ermittelten Bedarfe den Personalbeständen gegenübergestellt und etwaige Lücken aufgedeckt. Sowohl positive als auch negative Abweichungen vom Idealzustand generieren dabei in der Regel Handlungsbedarf: Qualifikationsdefizite erfordern einen entsprechenden Aufbau, Qualifikationsüberschuss kann die Erweiterung der Produkt-Markt-Strategie oder einen diesbezüglichen Abbau nach sich ziehen.
x
Saldenausgleich: beim Saldenausgleich geht es um die Klärung der Frage, wie die ermittelte Lücke geschlossen werden kann – durch interne Entwicklungsmaßnahmen, durch den Start von Ausbildungsaktivitäten oder durch qualifizierte externe Beschaffung. Dazu sind intensive Kenntnisse des Arbeitsmarktes sowie der Personalentwicklung erforderlich. Im Saldenausgleich werden gegebenenfalls auch bereits „Personalüberhänge“ erkennbar, die in letzter Instanz auch zu einem Stellenabbau führen können.
x
Ressourcenbasierte Spezifitätsanalyse: die Qualifikationspotenziale werden gemäß ihrer Spezifität charakterisiert und geprüft, inwiefern dies Einflüsse auf die bestehende Produkt-Markt-Strategie hat. Spezifität bedeutet dabei immer ein Hebel zur Verbesserung des Leistungspotenzials. Unter Umständen ist durch geeignete Personalentwicklungsmaßnehmen die Spezifität der Qualifikation zu erhöhen.
x
Potenzialkorrektur und quantitative Personalplanung: durch Zusammenführung der Erkenntnisse aus den bisherigen Schritten können dann Bedarfs-, Entwicklungs-, Ausbildungs- und Beschaffungspotenziale korrigiert werden, so dass sich ein realistisches Bild ergibt, das in die operative Personalplanung überführt werden kann.
x
Szenariotest: verschiedene Szenarien in Abgleich mit aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigen dem Unternehmen Handlungsalternativen auf und prüfen gleichzeitig die Plausibilität der
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
343
bisherigen Erkenntnisse. Damit einhergehend bietet sich auch eine entsprechende Risikoanalyse an. x
Revision strategischer Pläne: ergeben sich in der Szenarioanalyse unüberwindbare Restriktionen, beispielsweise in der notwendigen Beschaffung von hochqualifiziertem Personal zur Umsetzung der Unternehmensstrategie, so ist letztere unter Umständen entsprechend zu korrigieren. Eine Strategie ist nur dann wertvoll, wenn sie auch operativ umsetzbar ist.
x
Vorläufige Strategieformulierung: nun, da alle relevanten Informationen verarbeitet sind, kann die Formulierung der Personalstrategie erfolgen. Diese leitet sich aus der übergreifenden Unternehmensstrategie ab und kann auf Grund der vorab durchgeführten Analysen als realitätsnah eingestuft werden.
x
Analyse der Wirkungen vorläufiger Personalstrategien auf den Finanzplan und Formulierung endgültiger Personalstrategien: in letzter Instanz werden die finanziellen Auswirkungen der formulierten Personalstrategie errechnet. Hier stellt sich heraus, ob diese finanzierbar ist und langfristig zur Steigerung des Unternehmenswertes beiträgt. Im Extremfall müssen auf Grund zu schlechter finanzieller Rahmenbedingungen erneute Anpassungen der Personalstrategie vorgenommen werden.
3.6.2.2.2 Wirkung auf die Werttreiber Auf der Grundlage der so erzeugten Transparenz lässt sich die Personalstrategie formulieren. Sie bringt zum Ausdruck, wie viele Mitarbeiter mit welchen Qualifikationen zu welchen Zeitpunkten im Unternehmen verfügbar sein müssen. Eine Aussage hierzu ist zentrale Voraussetzung dafür, dass überhaupt die Basis für die Wertschaffung im Unternehmen vorhanden ist. Betrachtet man die Werttreiber, so lassen sich folgende Aussagen im Hinblick auf die Personalstrategie ableiten: x
Zeitvorteile lassen sich nur mit ausreichender, gut ausgebildeter Mitarbeiterkapazität erzielen. Sei es im Bereich Forschung und Entwicklung, wo durch Bündelung der Aktivitäten eine schnellere Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen und sich wandelnde Kundenwünsche erreicht wird. Oder sei es in der Fertigung, wo durch Übernahme von Produktionskapazitäten plötzlich bisher nicht erreichbare Märkte sofort bedient werden können. In allen Fällen bedarf es der entsprechenden Mitarbeiter und es wäre gefährlich, keine längerfristigen strategischen Planungen diesbezüglich anzustellen. In Folge würde das Unternehmen langsamer und träger, Reaktionen auf Marktgegebenheiten würden auf Grund fehlender Ressourcen beziehungsweise falscher Ressourcen unterbleiben.
x
Die Erlangung von Know-how-Zielen geht Hand in Hand mit den soeben geschilderten Zeitvorteilen. Gerade in Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen wandern häufig
344
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
qualifizierte Mitarbeiter ab, da sie für sich keine Perspektiven im neuen Unternehmen sehen. Fatal ist diese Entwicklung, wenn es sich dabei um Schlüsselmitarbeiter handelt, die das Käuferunternehmen gerade durch die Transaktion integrieren wollte, um deren Knowhow zu akquirieren. Die Ausarbeitung einer Personalstrategie muss deshalb bereits im Vorfeld einen besonderen Fokus auf diese „sensiblen“ Mitarbeitergruppen legen. Frühzeitige Information, Erfassung der individuellen Ziele und Wünsche sowie Aufzeigen konkreter, attraktiver Entwicklungspfade stellen bei diesen Mitarbeitern eine besondere Herausforderung dar. x
Häufig wird ein M&A-Vorhaben auch unter dem Ziel der Erlangung eines neuen Marktzugangs gestartet, deren Schlüsselspieler die entsprechende Vertriebsmannschaft ist. In diesem Zusammenhang gelten die Aussagen des vorigen Abschnitts zu den Know-howVorteilen analog.
x
Eine langfristige Personalstrategie kann auch Kostenvorteile mit sich bringen, da eine kurzfristige Beschaffung von Mitarbeitern oftmals suboptimal und teuer ist und darüber hinaus eine hohe Fluktuationsrate für das Unternehmen auch immer Kostennachteile mit sich bringt. Das beginnt bei den Einarbeitungskosten neuer Mitarbeiter und reicht bis zu eventuell fälligen Abfindungen.
x
Schließlich reduziert eine langfristige, stabile Personalstrategie auch das Risiko, indem beispielsweise durch gut ausgebildete Mitarbeiter weitreichenden Qualitätsschäden in der Produktion vorgebeugt wird. Insbesondere in der aktuellen Diskussion um das Thema Leiharbeiter lässt sich das Risiko nicht wegdiskutieren, welches auf Grund nur kurzfristig im Unternehmen verweilender Mitarbeiter entsteht. Im Extremfall kommt es bei den jeweiligen Mitarbeitern zu einem „not invented here“-Syndrom mit allen negativen Konsequenzen für das Unternehmen.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
345
Erfolgsfaktor: Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Klare Definition der Kernbelegschaft
Eine klare Personalstrategie zeigt die Perspektiven für die zukünftige Entwicklung der Belegschaft auf. Durch Bildung von Szenarien beispielsweise kann langfristig geplant und kurzfristiges Überreagieren vermieden werden.
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
Inwiefern eine interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams überhaupt möglich ist, hängt von der Personalstrategie und der damit in Zusammenhang stehenden qualitativen und quantitativen Personalausstattung ab.
Maximierung der Personalmotivation
Für die Mitarbeiter wirkt es motivierend, wenn sie eine klare berufliche Perspektive haben, die auf einer durchdachten und langfristigen Personalstrategie fußt.
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Eine brauchbare Führungskonzeption basiert auf einer strategisch durchgeplanten Personalsituation und hierbei auch auf der Ausrichtung und der Rolle des mittleren Managements.
Geschwindigkeit von M&A
M&A lassen sich umso schneller abwickeln, je klarer das Bild zur Personalstrategie und je besser die Rolle des (mittleren) Managements definiert ist.
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Unternehmen lassen sich einfacher organisational integrieren, wenn vorab die personelle Integration zumindest in den Grundzügen durchdacht wurde.
Abbildung 128: Wertsteigerung durch klare Personalstrategie
3.6.2.2.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die Grundlage für die Erarbeitung einer klaren Personalstrategie besteht zuerst einmal in der transparenten Darstellung der Personalsituation in den beteiligten Unternehmen. Die erforderlichen Informationen reichen von den rein quantitativen Aussagen zur Personalstärke über strukturelle Gegebenheiten wie beispielsweise Bildungsstand oder Verhältnis Angestellte zu Zeitlöhnern bis hin zu kulturellen Aspekten, die sich von Unternehmen zu Unternehmen stark unterscheiden können. Letztere können beispielsweise in Form eines Unternehmenskulturprofils evaluiert werden, dass die Passgenauigkeit der unterschiedlichen Unternehmenskulturen nach verschiedenen Unterthemen wie Kundenorientierung, Risikoverhalten oder auch Form der üblichen Arbeitskleidung veranschaulicht (vgl. Eckhoff 2006, S. 109). In vielen der beschriebenen Schritten geht es dabei immer wieder um die Aufgabe, Anforderungen beziehungsweise Qualifikationen zu ermitteln, sei es im Ist oder im Soll, und auf Basis eines Ergebnisvergleiches dann die bestehenden Lücken zu ermitteln. In den meisten Unternehmen sind es dabei immer wieder die gleichen Probleme, die bei einer Analyse ans Tageslicht treten. Einige davon finden sich beispielhaft in der nachfolgenden Abbildung (vgl. Abbildung 129).
346
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Ist-Tätigkeitsbeschreibung
Ist-Qualifizierungsmatrix
Ist-Mitarbeiterqualifikation und -weiterbildung
Teilweise veraltete Tätigkeitsbeschreibungen
Keine ausreichende Detaillierung aktueller Tätigkeitsbeschreibungen
Nicht immer direkter Bezug zwischen Stellenbezeichnung, Qualifikation und tatsächlich ausgeübter Tätigkeit: Mitarbeiter nehmen auf Grund aktueller Entwicklungen andere Aufgaben wahr
Keine flächendeckende Know-how-Abdeckung im Sinne einer vollständigen Qualifikationsmatrix; Qualifikationslücken
Unzureichende Anpassung der Qualifikationsmatrix an Veränderungen, insbesondere hinsichtlich Qualifikationskriterien in Zusammenhang mit Tätigkeitsbeschreibung
Verbesserungsfähige Systematik zur Mitarbeiterqualifikation: oftmals zu kurzfristiges, ungeplantes Agieren
Vielfach keine Ausschöpfung bestehender Weiterbildungsprogramme auf Grund von Kapazitätsengpässen
Abbildung 129: Problembeispiele der Mitarbeiterqualifikation
Die qualitätsseitige Kalibrierung wird von externen Dienstleistern übernommen; die Verlagerung nach intern wäre wünschenswert, scheitert aber an erforderlichem Know-how.
QS
Derzeit vielf ach extern kalibriert
Anlagenfahrer
Im Bereich Kamerasysteme und Prüfstände sind die Anlagenfahrer intensiver zu schulen; Teilnahme an Schulungen muss Bestandteil der Personal-/Kapazitätsplanung sein.
Instandhaltung
Mitarbeiter(-gruppen)
Zu einer ersten Veranschaulichung der Situation eignet sich als Instrument die Qualifikationsmatrix. In Abbildung 130 ist eine mögliche Form dargestellt, in welcher die für bestimmte Anlagen und Systeme innerhalb eines Funktionsbereiches erforderlichen Kenntnisse den Qualifikationen der dort tätigen Mitarbeitergruppen gegenübergestellt werden. Das ist sowohl für die Ist- als auch für eine Sollsituation möglich.
Bei der Betreuung der Kamerasysteme bestehen Defizite in der Unterstützung durch die Instandhaltung; vielfach müssen externe Dienstleister hinzugezogen werden.
Erf orderliche Schulungen werden derzeit inhouse nicht angeboten
Schraubtechnik
Kamerasysteme
Prüfstände
Anlagen / Systeme
Mitarbeiter sind in den für ihre Arbeit erforderlichen Anlagen und Systemen durchgehend geschult. Schulungen für die betroffenen Mitarbeiter wurden nicht vollständig durchgeführt. Vielfach Learning by doing. Anlagen / Systeme können durch eigene Mitarbeiter nicht betreut werden. Vielfach Einsatz externer Dienstleister.
Abbildung 130: Beispiel für eine Qualifikationsmatrix
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
347
Bestehende Über- und Unterdeckungen von Personal können gut mit der so genannten „Personalschaukel“ dargestellt werden (vgl. Abbildung 131). Hierbei lassen sich die Gründe für die Veränderungen integrieren und bei Bedarf beliebig weit herunterbrechen. Zusammen mit den Ergebnissen der Qualifikationsmatrix lassen sich die Lücken auch differenziert nach bestimmten Qualifikationen aufzeigen.
Absehbare Unterdeckung
IST-Bestand („Heute“)
Bestehende Über-/ Unterdeckung
Weitere Stückzahlentwicklung
Sonderprojekte
Produktivitätsfortschritt
Definitive Zugänge
Definitive Abgänge
SOLL-Bestand („Morgen“)
Abbildung 131: "Personalschaukel"
Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht in der besonderen Rolle des mittleren Managements. Weiter vorne wurde bereits die Notwendigkeit eines klaren Commitments des TopManagements herausgestellt (vgl. 3.2.2.4). Nun können eine klare Zustimmung und ein entsprechender Einsatz des Top Managements zwar eine starke Initialwirkung haben. Inwieweit jedoch der Gedanke des M&A-Projektes über die Zeit hinweg von allen gelebt und getragen wird, hängt in starkem Maße von den „Multiplikatoren“ ab, welche als Informatoren und Treiber fungieren. Hier ist insbesondere das mittlere Management gefordert. Dieses ist deutlich breiter als das Top Management aufgestellt und kann so direkter Einfluss auf alle Mitarbeiterebenen nehmen. Zum anderen ist es aber gleichzeitig noch in einer entsprechend hohen Position, um nachhaltig Entscheidungen durchsetzen zu können und in der Organisation als bedeutend eingestuft zu werden. Die Rolle des Linienmanagements ist in diesem Zusammenhang nicht in einem reinen Bestandteil einer „hierarchischen Befehlskette“ zu sehen, sondern weiter mit Moderatoren- und Vermittlerfunktionen auszulegen.
3.6.2.2.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Die Messung anhand von Kennzahlen, inwiefern eine klare Personalstrategie umgesetzt wurde, lässt sich indirekt an den beschriebenen Instrumenten und Einzelschritten anknüpfen. Zum einen ist ein Monitoring der Quantität erforderlich, ob zu jedem Zeitpunkt eine ausreichende Anzahl von Mitarbeitern in den unterschiedlichen Hierarchieebenen zur Erfüllung der strate-
348
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
gieinduzierten Aufgaben verfügbar ist. Dabei handelt es sich nicht um eine einzige globale Kennzahl auf Unternehmensebene, sondern vielmehr um ein Geflecht aus Kennzahlen, welche die Situation für einzelne Prozesse, Funktionen, Märkte etc. abbilden. Die Gegenüberstellung von Soll und Ist im Zeitablauf ermöglicht es den einzelnen Verantwortlichen, Bedarfslücken zu erkennen und diese an das Personalwesen und die Unternehmensleitung rückzumelden. In direktem Zusammenhang mit der Anzahl der Mitarbeiter steht auch der korrespondierende Personalkostenblock. Daneben spielt auch die Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Ob diese ausreicht oder ob Maßnahmen zur Qualitätserhöhung ergriffen werden müssen, ergibt sich aus der Spiegelung der vorhandenen Qualifikationsprofile an den Aufgaben- und Stellenbeschreibungen. Die besondere Schwierigkeit bei der Qualifikation besteht darin, dass diese auch zukünftigen Anforderungen im Hinblick auf neue Technologien/Innovationen gerecht werden und gegebenenfalls mit geeigneten Schulungsmaßnahmen erreicht werden muss. Eine gute Hilfe kann in diesem Zusammenhang die gezielte Erforschung von (Mega-)Trends bilden (vgl. Horx/Huber/Steinle/Wenzel 2007), welche ein Bild über die zukünftigen Chancen und mögliche Geschäftsinnovationen liefert und darauf basierend ableiten lässt, welche Mitarbeiter dazu erforderlich sein werden und wie sich die Arbeitsmarktentwicklung gestalten wird. Zusammen mit der Anzahl der Mitarbeiter ergibt sich so ein vollständiges Bild zur strategischen Personalsituation. Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl der Mitarbeiter: Status quo und Prognose
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Aufdecken von Kapazitätslücken x Ermittlung des Status quo
Anzahl Hierarchiestufen
x Indikator für die Komplexität der bestehenden Weisungs- und Entscheidungswege x Hinweis auf zu erwartende Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Entscheidungen x Prognose der Personalstärke in die Zukunft x Prüfung der Passgenauigkeit von übergreifender Unternehmensstrategie und korrespondierender Personalstrategie x Ermittlung des Bedarfs an Mitarbeitern für heutige und zukünftige Aufgaben x Differenziert nach Bedarfsbereichen
Mitarbeiterbedarf: Anzahl Mehr-/Minderbedarf im Prognosezeitraum
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Nur zusammen mit der Mitarbeiterqualifikation aussagekräftig x Differenzierung nach einzelnen Prozessen, Funktionen, Standorten etc. erforderlich x Abhängig von Branche bzw. Geschäftsmodell x Gleichzeitig ist die Anzahl der Mitarbeiter auf den einzelnen Hierarchiestufen mit zu analysieren x Zukünftige Innovationen mit entsprechenden Bedarfen schwer abschätzbar x Orientierung an Markt-, Branchen-, Technologieentwicklungen etc. x Direkte Ableitung aus der Unternehmensstrategie
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung Personalkosten
x Ausgaben für Personal im Unternehmen x Überprüfung der Wettbewerbsfähigkeit auf Basis von Kennzahlen x Prognose der Kostensituation
Qualifikationsgrad der Mitarbeiter: Anzahl überbzw. unterqualifizierter Mitarbeiter an den aktuellen Stellen
x Aufdecken von Bedarfslücken x Prognose der Personalstärke in die Zukunft x Prüfung der Passgenauigkeit von übergreifender Unternehmensstrategie und Personalstrategie x Indikator für Über-/Unterforderung von Mitarbeitern x Darstellung der Möglichkeiten, inwiefern die Bedarfe über den klassischen Arbeitsmarkt gedeckt werden können x Gezieltes und strukturiertes Monitoring der Leistung von Mitarbeitern
Arbeitsmarktentwicklung: prognostizierte Anzahl/ Verfügbarkeit nach Berufsgruppen Beurteilungsfrequenz der Mitarbeiter
Anzahl durchgeführter Schulungen je Mitarbeiter
x Veranschaulichung der Maßnahmen zur Schließung der Qualifikationslücke
349
x Differenzierung nach Funktionsbereichen erforderlich x Spiegelung an Benchmarks x In der Regel einer der Hauptfaktoren im Kostenblock des Gesamtunternehmens x Nur zusammen mit der Mitarbeiteranzahl aussagekräftig x Differenzierung nach einzelnen Prozessen, Funktionen, Standorten etc. erforderlich
x Grundlage für die Entscheidung, welche internen Maßnahme zur Aus- und Weiterbildung ergriffen werden müssen x Klare Zielvorgaben und objektive Beurteilung mit Aufzeigen der individuellen Entwicklungsmöglichkeiten sind erfolgsentscheidend x In Abhängigkeit von den Schulungsanforderungen zu definieren
Tabelle 21: Kennzahlen zur klaren Personalstrategie
3.6.2.3 Klare Definition der Kernbelegschaft 3.6.2.3.1 Begriffsklärungen Der drohende Abbau von Stellen gehört wohl mit zu den schwerwiegendsten Gründen, warum Mergers & Acquisitions in der breiten Öffentlichkeit oftmals negativ beurteilt werden. Meldungen wie die folgende sind dabei kein Einzelfall und schüren die Angst der Beteiligten: „Der TUI-Konzern legt sein Reisegeschäft mit dem britischen Konzern First Choice Holidays zusammen. Dazu wird das neue Unternehmen TUI Travel gegründet, das seinen Sitz in London haben und dort auch an die Börse gehen soll. Die Unternehmen erhoffen sich ein jährliches Synergiepotenzial von rund 146 Mio. Euro. Wie hoch der Verlust von Arbeitsplätzen ausfallen wird, steht noch nicht fest, jedoch seien hauptsächlich britische Arbeitsplätze betroffen.“ (M&A-Journal 07/2008, www.ma-online.de). Tatsächlich ist der Begriff der Synergien in der breiten Bevölkerungsschicht zum Synonym für Stellenabbau und Cost Cutting geworden: „Die Mitarbeiter werden zum einen in der Kategorie Synergiepotenzial verortet, wobei darunter aber vor allem Abbaumasse (zur schnellen Kostensenkung) verstanden wird.“ (Scherm/Fleischmann 2006, S. 195). Ganz spezifisch zielt
350
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
dabei die Theorie der Unternehmenskontrolle auf die Ebene des Managements ab, indem „… der Markt für Unternehmenskontrolle eine disziplinierende Wirkung auf das Management von Unternehmen ausübt und zur Auswechslung ineffizienter Managementteams beiträgt.“ (Hungenberg/Wulf 2006, S. 215). Und „… nach der Ankündigung eines Unternehmenszusammenschlusses fühlen sich in der Regel zunächst alle Mitarbeiter als potentiell Gekündigte …“ (Barnikel 2007, S. 103). Demgegenüber zeichnen Studien jedoch oftmals ein anderes Bild. WEISS nimmt eine entsprechende Auswertung, gemäß der die mit einem Personalabbau verbundenen Ziele in der Realität oft nicht erreicht werden, zum Ausgangspunkt für ihre Analyse unter dem Titel „Personalabbau in Unternehmen und die Situation der Verbleibenden“. (vgl. Weiss 2004). So wird im Rahmen der dort durchgeführten empirischen Erhebungen eine Vielzahl von negativen Verhaltensmustern identifiziert, welche eine mögliche Ursache für die Zielverfehlung bei Personalabbau darstellen. Im Einzelnen werden als „Enabler“ negativer Reaktionen auf den Personalabbau bei den verbleibenden Mitarbeitern Arbeitsplatzunsicherheit, Trauer um die „Betroffenen“, Wut, Resignation und Ohnmacht angeführt, welche im Rahmen einer Interviewstudie erfasst wurden (vgl. Weiss 2004, S. 237). Gleichzeitig wird induziert, dass bei den Mitarbeitern das Vertrauen in die Führungsinstanz leidet, wenn es zu umfassendem Stellenabbau kommt. Diese Tatsache bestätigt auch den hier zu diskutierenden Erfolgsfaktor einer höheren Erfolgswahrscheinlichkeit von M&A bei Schaffung von Stellen im Gegensatz zu Personalabbau. Trotzdem ist es in bestimmten Fällen unvermeidlich, auch Personalkapazitäten zu reduzieren, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtunternehmens sicherzustellen. Die Personalkosten stellen in vielen Unternehmen den größten Kostenfaktor (vgl. Scherm/Fleischmann 2006, S. 195) und damit den vermeintlich größten Hebel für die Kostenreduzierung dar. Das Spektrum der zu diesem Thema veröffentlichten Literatur reicht von Publikationen mit Schwerpunkt auf rechtlichen Fragestellungen (vgl. Hoß/Jansen 1994; Schmeisser/Hofmann 2004) über konkrete Gestaltungsmaßnahmen im Zuge der Personalreduzierung (vgl. Seisl 1998) bis hin zu verhaltenswissenschaftlichen und psychologischen Erklärungsansätzen (vgl. Weiss 2004). Inwiefern ein derartiger Personalabbau dann auch tatsächlich möglich ist, hängt sehr stark von den landesspezifischen, rechtlichen Regelungen ab, weshalb dieses Thema gerade in Zusammenhang mit internationalen M&A-Transaktionen eine sehr hohe Komplexität erlangen kann. Allein in Deutschland sind in diesem Zusammenhang vielfältige Rechtsgrundlagen zu beachten, deren wichtigste bei Hoß/Jansen zusammengefasst sind (vgl. Hoß/Jansen 1994, S. 181-225): x
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
x
Arbeitsföderungsgesetz (AFG)
x
Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
x
Sprecherausschußgesetz (SprAuG)
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung x
Mutterschutzgesetz (MuSchG)
x
Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG)
x
Schwerbehindertengesetz (SchwbG)
351
Neben einer Reihe von länderspezifischen Vorgaben sind dabei auch spezielle Regelungen für bestimmte Mitarbeitergruppen wie beispielsweise Schwerbehinderte zu beachten. Bereits die Auflistung macht deutlich, dass gerade in Deutschland das Thema „Schneller Vollzug eines eventuell erforderlichen Stellenabbaus“ in der Praxis nur schwer umsetzbar ist. Auch ausländische Firmen müssen in Zusammenhang mit geplanten Entlassungen oder Standortverlagerungen diesbezügliche Erfahrungen machen, bis hin zu massivem „Gegenwind“ aus den Reihen der Gewerkschaften und der Belegschaft. Der Spiegel titelte beispielsweise in seiner Online-Ausgabe vom 15. Januar 2008 im Hinblick auf die von NOKIA geplante Standortverlagerung des ehemaligen Siemens-Werkes in Bochum: „Gewerkschaft wirft Nokia blanke Profitgier vor – ‚Ungeheuerlich‘, ‚K.o.-Schlag‘, ‚Sauerei‘: Die geplante Schließung des Nokia-Werks in Bochum erregt Arbeitnehmer und Gewerkschaften. Wütend ist auch die CDU - sie erwägt, von Nokia 60 Millionen Euro Fördergelder zurückzufordern.“ (Spiegel Online, 15.01.2008, http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,528713,00.html).
3.6.2.3.2 Wirkung auf die Werttreiber Dem Controlling obliegt bei einer Entscheidung über Stellenabbau im Wesentlichen die Funktion, die Vorteilhaftigkeit der einzelnen Alternativen herauszuarbeiten, indem auf Basis umfangreicher Berechnungen verschiedene Szenarien aufgestellt und ihre Wirkung auf die Wertentwicklung des Unternehmens berechnet wird. Daneben ist die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zu überwachen. Welche Maßnahme in der jeweiligen Situation angemessen und geeignet ist, kann auf Basis des M&A-Wertsteigerungsnetzwerkes und der dort abgebildeten Werttreiber begründet werden: x
Einem schnellen Stellenabbau wohnen Zeitvorteile inne. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, als dass ein Abbau von Personal immer Unruhe mit sich bringt und eine erhebliche Zusatzbelastung für die Organisation darstellt. Alle Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, hinterlassen eine Lücke in Form von ab sofort nicht mehr erledigten Aufgaben, die neu definiert, umverteilt oder ebenfalls gestrichen werden müssen. In dieser Zeit sind negative Konsequenzen auf das Tagesgeschäft zu befürchten, insbesondere wenn die schon beschriebenen negativen Reaktionen der Verbleibenden auftreten.
x
Belastungen sind im Gegenzug auf den Werttreiber der Know-how-Ziele möglich. Da es bei der Erläuterung des Erfolgsfaktors eines schnellen Stellenabbaus an dieser Stelle al-
352
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
lerdings nicht um das „ob“ gehen soll, das in Rückgriff auf die vorab durchgeführten Analysen unter Bewertung aller Vor- und Nachteile als notwendig und wirtschaftlich vorteilhaft vorausgesetzt werden soll, soll hier nur der Vergleich eines schnellen mit einem langsamen Stellenabbau im Fokus stehen. Diesbezüglich ist ein nachteiliger Effekt auf die Know-how-Situation auszumachen, wenn nämlich im Zuge eines überhasteten Stellenabbaus die erforderliche Zeit für den Know-how-Transfer nicht mehr zur Verfügung steht und so Know-how „abfließt“. x
Ein Grundmotiv eines schnellen Stellenabbaus besteht in der Realisierung der korrespondierenden Kostenvorteile im Personalkostenblock. Je nach Anzahl der reduzierten Personalkapazitäten werden sich die Lohn- und Gehaltszahlungen reduzieren und damit die erforderliche Entlastung für das neue Unternehmen bringen. Erfolgsfaktor: Klare Definition der Kernbelegschaft Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Maximierung der Personalmotivation
Ein Stellenaufbau im Zuge der Transaktion wirkt meistens motivierend; im Gegenzug kann ein schneller Stellenabbau im Vergleich zum langsamen Vorgehen bei den Verbleibenden Mitarbeitern ebenfalls positivere Effekte haben
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Die Führungskonzeption bezieht sich direkt auf die Mitarbeiter und deren Steuerung; ein Personalabbau beispielsweise muss mit der angestrebten Führungsphilosophie vereinbar sein.
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Klarheit über die zukünftige Entwicklung der Personalstärke ist ein zentrales Anliegen der Personalstrategie, umgekehrt unterstützt die schnelle Umsetzung der entsprechenden Maßnahmen wiederum die Klarheit der Strategie.
Geschwindigkeit von M&A
Eine schnelle Umsetzung von Personalmaßnahmen ist ein zentraler Treiber für die Geschwindigkeit des Gesamtprojektes.
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Eine wichtige Säule der organisatorischen Integration ist die Organisation des Zusammenspiels zwischen den Mitarbeitern, das wiederum stark von der Klarheit über die Entwicklung der Personalsituation geprägt wird.
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Für den Fall einer Identifizierung von mitarbeiterbezogenen Synergiepotenzialen stellt deren schnelle Realisierung einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar.
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Für den Fall einer Schaffung von Stellen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ausreichend Ressourcen für die kontinuierliche Durchführung des Tagesgeschäftes zur Verfügung stehen.
Abbildung 132: Wertsteigerung durch klare Definition der Kernbelegschaft
3.6.2.3.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Es ist davon auszugehen, dass gerade am Standort Deutschland der schnelle Vollzug eines Stellenabbaus intensiver Vorarbeit bedarf, insbesondere in Form von weitreichenden Informations- und Kommunikationsaktivitäten. Die Akzeptanz der erforderlichen Maßnahmen bei Betriebsräten, Gewerkschaften und Belegschaft ist ein erster wichtiger Schritt, bevor eine
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
353
erfolgversprechende Umsetzung überhaupt starten kann. Das wertorientierte Controlling kann in diesem Zusammenhang einen Beitrag leisten, indem die Mitarbeiterpotenziale nicht pauschal nach der bekannten „Rasenmähermethode“ abgeschätzt und entsprechend ungenau umgesetzt werden, sondern auf Basis einer detaillierten Methode mit einem geeigneten Instrument möglichst realitätsnah und fundiert begründet werden. Die in der Praxis oftmals propagierte Vorgehensweise, einen bestimmten Prozentsatz der Mitarbeiter pauschal aus dem Unternehmen herauszunehmen in der Hoffnung, dieses werde sich danach gemäß des Ansatzes der selbstregulierenden Systeme wieder in den funktionierenden Normalzustand zurückentwickeln, ist fragwürdig. Vielmehr bedarf es eines fundierten Bewertungsansatzes, der genau die Stellen im Unternehmen identifiziert, an denen Optimierungspotenzial im Hinblick auf die Mitarbeiterressourcen ruht. Letzteres kann dann allerdings auch bedeuten, dass an spezifischen Funktionen und Prozessen ein Aufstocken erforderlich scheint. Im Sinne des hier verfolgten prozessorientierten Ansatzes bietet es sich an, eine entsprechende prozessorientierte Analyse zu starten, wie sie bereits im Abschnitt 3.3.1.3 zum Thema Prozesstransparenz detailliert erläutert wurde. Im Ergebnis liegt dann ein mit Mitarbeiterkapazitäten und Kosten bewertetes Prozessmodell des Unternehmens vor, auf dessen Basis sich gezielt und prozessbezogen die erforderliche Mitarbeiteranzahl vor dem Hintergrund der Personalstrategie ableiten lässt. Für jeden einzelnen Prozess kann mit Hilfe des Best Practice Transfers oder Benchmarks eine Aussage zu den im Idealfall erforderlichen Mitarbeitern für die Prozessdurchführung gemacht und diese ins direkte Verhältnis zu den am Prozess tatsächlich tätigen Mitarbeiterressourcen gesetzt werden. Die sich dabei ergebende Anzahl von Mitarbeitern wird als Kernbelegschaft bezeichnet. Sie setzt sich aus den Mitarbeitern zusammen, die für die zukünftige Durchführung aller relevanten Prozesse im Unternehmen auf Grund ihrer Qualifikation als optimal erachtet werden. Das im Rahmen der Prozesstransparenz erhaltene, quantitative Mitarbeitergerüst und die den Prozessen innewohnenden Potenziale werden also im zweiten Schritt mit den Qualifikationsprofilen gespiegelt (vgl. Abschnitt 3.6.2.2 zur Personalstrategie), um daraus die geeignete Kernbelegschaft abzuleiten. Gelingt es dem wertorientierten Controlling, diese Methode flächendeckend anzuwenden, so ist das Argument der Pauschalisierung und der nicht nachvollziehbaren Mitarbeiterpotenziale haltlos. Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, dass der Personalabbau durch die so genannte betriebsbedingte Kündigung nur einen von vielen Wegen darstellt, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Da es in der Regel in erster Linie um die Reduzierung des Kostenfaktors geht, bestehen auch Alternativen, welche einen Verbleib der Mitarbeiter im Unternehmen ermöglichen und gleichzeitig die Kosten reduzieren. Die möglichen Instrumente sind in Abbildung 133 aufgeführt. Für eine genauere Erläuterung einschließlich der jeweiligen Vor- und Nachteile sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen sei auf die Veröffentlichung von SEISL (vgl. Seisl 1998) verwiesen.
354
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Einstellungsstop / Nutzung der natürlichen Fluktuation
Versetzung / Umsetzung
Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge und Abbau von Leiharbeit
Verleihen / Tausch von Arbeitnehmern (überbetrieblicher Personalausgleich)
Abbau von Mehrarbeit, Überstunden, Sonderschichten
Urlaubsverlagerung / Urlaubsgestaltung (auch unbezahlter Urlaub)
Förderung des freiwilligen Ausscheidens
Entlassung auf Zeit / Wiederbeschäftigungsanspruch
Arbeitszeitverkürzung
Arbeitszeitverkürzung (ohne Lohnausgleich)
Änderungskündigung (z.B. auf Teilzeitarbeit)
Kurzarbeit
Vorzeitige Pensionierung (ein- oder mehrstufig mit Überbrückungsleistung)
Lohnsenkung / Abbau der Sozialleistungen (z.B. auch durch Anrechnung auf nächste Tariferhöhung)
Aufhebungsvertrag mit Abfindungszahlung
Abbildung 133: Instrumente zum Personalabbau (in Anlehnung an Seisl 1998, S. 48-50)
Auch wenn das Spektrum der Instrumente zum Personalabbau groß erscheint, so versprechen oftmals wenige einen schnellen Stellenabbau. Die Entlassung im klassischen Sinne ist in der Regel am schwierigsten durchzusetzen, weshalb Alternativen mit Verbleib der Mitarbeiter in der Beschäftigung oftmals vorzuziehen sind. Lohnsenkungen, Kurzarbeit oder Versetzungen können dazu herangezogen werden.
3.6.2.3.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Im Rahmen der Umsetzung fokussiert sich das wertorientierte Controlling auf die Kennzahlen, welche die existierenden Mitarbeiterkapazitäten und deren Entwicklung im Zeitablauf veranschaulichen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf den Prozessbezug gelegt, indem prozessgenau, gegebenenfalls aggregiert auf die zentralen Performancegrößen der Kern- und Geschäftsprozesse, abgestellt wird. Die Mitarbeiterkapazitäten in den einzelnen Prozessen können in einem ersten Schritt auf Basis der vorab beschriebenen Methodik der Prozesskapazitätserhebung ermittelt und dann in Relation zu internen und externen Benchmarks sowie dem erzielten Prozessoutput gestellt werden. Es ist wichtig, dass diese Ermittlung in regelmäßigen Abständen wiederholt wird, um die Effekte durchgeführter Maßnahmen zu erkennen und daran anschließend gegebenenfalls weitere Steuerungsaktivitäten ergreifen zu können. Gleichzeitig sind prozessbezogene Zielwerte zu definieren und zu überwachen, die sich aus den Prozessanforderungen sowie Erfahrungs- und Benchmarkwerten ableiten. Die Frage, inwiefern nun ein schneller Stellenabbau oder eine Aufbau von Personalkapazitäten durch die
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
355
beschriebenen Kennzahlen überwacht wird, hängt einzelfallspezifisch von der Strategie des Unternehmens sowie von den erwähnten Erfahrungs- und Benchmarkwerten ab. Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl Mitarbeiter in den einzelnen Prozessen
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Ermittlung der erforderlichen Mitarbeiterkapazitäten je Prozess x Abgleich mit Benchmarks und Best Practice
Entwicklung der Mitarbeiterkapazitäten im Zeitablauf
x Messung der Geschwindigkeit des Stellenabbaus beziehungsweise Stellenaufbaus x Vergleich Istwerte mit Prognosewerten
Mitarbeiterzahl im Verhältnis zum Benchmark
x Verifizierung des Zielwertes für die Mitarbeiteranzahl in der Kernbelegschaft
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Entsprechende Benchmarks unter Umständen schwer zu erstellen x Berücksichtigung von Zukunftsanforderungen im Hinblick auf neue Technologien notwendig (kein kurzsichtiger Abbau) x Differenzierung nach Prozessen und Funktionen x Regelmäßige Wiederholung der (prozessbezogenen) Kapazitätserhebung erforderlich x Differenzierung nach Prozessen und Funktionen x Aussagefähigkeit des Benchmarks ist zu prüfen
Tabelle 22: Kennzahlen zur klaren Definition der Kernbelegschaft
3.6.2.4 Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams 3.6.2.4.1 Begriffsklärungen Greift man den Begriff der Kernbelegschaft erneut auf, so ist zu fragen, wie diese für das neue Unternehmen aufzubauen und zu strukturieren ist. Im Zuge einer M&A-Transaktion ist es von höchster Bedeutung, nicht zwei Parallelwelten durch reine Koordinationsmechanismen zusammenzuketten, sondern von einem Personalaustausch über die Interaktion zur Integration zu gelangen. Das beginnt bereits bei der Zusammensetzung der Teams, welche an der M&AAbwicklung beteiligt sind, und reicht bis zur Definition der neuen Abteilungen und Bereiche. Insbesondere ist darauf zu achten, dass x
die zentralen Führungs-Positionen und Teams durch Vertreter sowohl des Käufer- als auch des Verkäuferunternehmens besetzt werden, um bereits im Vorfeld die Akzeptanz für getroffene Entscheidungen auf eine breitere Basis zu stellen,
x
Gremien und Teams, an denen mehrere Führungskräfte teilnehmen, interdisziplinär besetzt werden und so ein fachübergreifender Austausch gewährleistet ist,
x
zentrale Gremien und Teams durch sowohl fachlich als auch persönlich exzellente Mitarbeiter besetzt werden, die sich durch eine breite Wissensbasis, starke analytische Fähigkeiten, Urteilsvermögen, Belastbarkeit und soziale Kompetenz (vgl. Wirtz 2003, S. 293) auszeichnen,
356
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
x
im Bedarfsfall externe Spezialisten hinzugezogen werden, welche bestehende Lücken bei Wissen und Methodik schließen können,
x
das gegenseitige Verständnis bei Bedarf durch externe Moderation gefördert und so auch die Sachlichkeit in den Diskussionen gewahrt wird.
Ein negatives Beispiel aus der Praxis soll die Bedeutung von interdisziplinären Teams unterstreichen. Bei einem Hersteller von Automobilkomponenten wurden die Fertigungslinien neu strukturiert. Der Fokus lag dabei auf der Verkettung bestehender Anlagen, um das vielfache und zeitaufwändige manuelle Umsetzen der Produkte im Produktionsablauf zu vermeiden. In einzelnen Fällen konnte so eine deutliche Verkürzung der Durchlaufzeit erreicht werden. Ein Problem entstand jedoch bei der Anlieferung der Vorprodukte sowie dem Abtransport der Fertig-/Zwischenprodukte. Wie oft in der Praxis zu beobachten, waren nicht alle maßgeblichen Fakultäten in den Planungsprozess in der erforderlichen Tiefe involviert, so dass am Ende beispielsweise ein Mangel an wichtigen Logistikflächen sowie eine nicht mehr zu realisierende Optimierung der Logistikwege und -fahrten herrschte. Eine Bürde, mit der das Unternehmen auf Grund der schwerwiegenden, komplexen durchgeführten Änderungen nun viele Jahre leben muss.
3.6.2.4.2 Wirkung auf die Werttreiber Eine interdisziplinäre Zusammensetzung der Teams bereits während der M&A-Phase bewirkt vielfältige positive Wirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen, Abteilungen und Einzelmitarbeitern: x
Indem alle bedeutenden Funktionen im Team vertreten sind, können Entscheidungen schneller gefällt und Zeitvorteile realisiert werden. Es entfällt die der Teamarbeit nachgelagerte, aufwändige Einbindung nicht involvierter Fakultäten, die eventuell auch alleine auf Grund ihrer Nichteinbindung a priori negativ der jeweiligen Aufgabe gegenüberstehen.
x
Gleiches gilt für das Erzielen von Know-how-Vorteilen. Die Bündelung fakultätsübergreifenden Wissens in einem Team erleichtert die Vermeidung von Suboptimierung und fördert die Vernetzung des im Unternehmen vorhandenen Wissens. Oftmals werden neue Lösungen dadurch erreicht, dass die beispielsweise in einer Funktion praktizierten Vorgehensweisen von außen kritisch hinterfragt werden.
x
Kostenvorteile lassen sich dadurch realisieren, dass ein Team als Experten-Task-Force agiert und unter Beteiligung eines Controllers bereits frühzeitig in der Konzeptphase die Kostenauswirkungen einer Entscheidung abschätzen kann. Die bekannte 80/20-Regel, wonach beispielsweise im Hinblick auf Produktentwicklung oder Anlagenbau, bereits in den ersten 20% der Projektphase 80% der Kosten nahezu unverrückbar determiniert wer-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
357
den, kann so zum eigenen Vorteil genutzt werden, indem bereits in diesen frühen Phasen entsprechend viel Know-how eingesetzt und so das Optimum erreicht wird. x
Ressourcenvorteile werden oftmals nur dann richtig beurteilt, wenn alle mit den jeweiligen Ressourcen befassten Einheiten ihre Einschätzung dazu mit ins Bewertungskalkül einfließen lassen können. So wird etwa vermieden, dass die Beschaffung einer neuen Anlage zwar unter Minimierung des Einstandspreises vollzogen wird, die nachfolgenden Instandhaltungs- und Wartungskosten aber exorbitante Höhen erreichen und im Endeffekt eine preislich teurere Maschine unter der Perspektive der Lifecycle-Costs viel kostengünstiger kommen würde.
x
Themen, die im großen Kreis mit interdisziplinärem Wissen diskutiert und beschlossen werden, zeichnen sich durch eine höhere Fundierung und Absicherung aus. So wird eine Risikoreduzierung bewirkt und die Wahrscheinlichkeit, wichtige, eventuell sogar den Erfolg des Projekts gefährdende Einzelheiten übersehen zu haben, nimmt deutlich ab. Erfolgsfaktor: Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Um ihre langfristige Funktionssicherheit zu gewährleisten, muss in die Ausarbeitung einer Führungskonzeption die Fachkompetenz unterschiedlicher Disziplinen einfliessen.
Maximierung der Personalmotivation
Die Motivation der Mitarbeiter in den Teams kann dadurch erhöht werden, dass die Teams interdisziplinär besetzt werden, dadurch viel Wissen integrieren, fundiertere Entscheidungen ausarbeiten und dadurch an Bedeutung gewinnen.
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Der Transfer von Informationen und Wissen ist eher in einem interdisziplinären Team sicher gestellt.
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Die Integration unterschiedlicher organisatorischer Funktionen und Prozesse kann bereits durch eine entsprechende Teambesetzung vorangetrieben werden.
Excellente Due Diligence
Die im Rahmen der Due Diligence erforderlichen zentralen Bewertungen werden fundierter, wenn sie nicht nur einseitig sondern durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Disziplinen ausgearbeitet werden.
Abbildung 134: Wertsteigerung durch interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
3.6.2.4.3 Instrumente des wertorientierten Controlling In einem ersten Schritt ist es wichtig, sich darüber klar zu werden, welche grundlegenden Disziplinen überhaupt für eine erfolgreiche Teamarbeit erforderlich sind. Ausgehend vom Teamauftrag sind die jeweiligen fachlichen Themen aufzulisten, die ihrerseits die Beteiligung bestimmter Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen bestimmen. Durch die vollständige Auflistung wird klar, welchen Umfang das Team einnehmen wird und welche organisatori-
358
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
sche Integration sich dafür empfiehlt (vgl. Abbildung 135). Es ist klar, dass sich nicht alle Fragestellungen im Detail vorab erkennen und erfassen lassen, aber ein guter „Best Guess“ erleichtert die Planung erheblich. Bei internationalen M&A lässt sich durch die geeignete Teambesetzung auf diese Weise auch bewusst die kulturelle Interaktion vorantreiben, was allerdings im Bedarfsfall vorab interkulturelle Trainings notwendig macht. Team: Linienkonsolidierung Teamauftrag Zusammenführung der Produktionslinien A und B aus den beiden Standorten München und Shanghai am Standort Shanghai unter Minimierung der Summe aus direkten und indirekten Kosten und Aufrechterhaltung des derzeitigen Qualitätslevels. Themenanforderungen (Auszug)
Produktion: flussorientierte Zusammenführung der beiden Fertigungslinien Logistik: Anbindung der Fertigungslinien an Ver- und Entsorgung und den (innerbetrieblichen) Transport Qualitätssicherung: Aufbau eines übergreifenden Qualitätssicherungs-Systems Instandhaltung: Sicherstellung der vorbeugenden Instandhaltung und der erforderlichen Reparaturen F&E: fertigungsgerechte Produktentwicklung Controlling: Kostenvergleiche, Benchmarking, Profitabilitätsrechnungen …
Beteiligte Disziplinen / Bereiche / Funktionen Disziplin
Vertreter
Kommentar / Begründung für Nichtbesetzung
Produktion
…
…
Logistik
…
…
Qualitätssicherung
…
…
Instandhaltung
…
…
F&E
…
…
Controlling
…
…
…
…
…
Abbildung 135: Cockpit zur interdisziplinären Teambesetzung
Es ist wichtig, dass dieses Cockpit nach Fertigstellung mit wirklich allen bedeutenden Funktionen des Unternehmens diskutiert wird, um sicherzustellen, dass kein wichtiger Aspekt übersehen wurde und keiner im Nachhinein behaupten kann, nicht in den Gesamtprozess integriert gewesen zu sein. Im Ergebnis kann dann davon ausgegangen werden, dass die so geschaffene Teamzusammensetzung allen Anforderungen gerecht wird und so ein zentraler Hebel im Konglomerat der Wertsteigerungsfaktoren wird.
3.6.2.4.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling So verbleibt die Frage, mit welchen Metriken ein wertorientiertes Controlling diese geforderte Interdisziplinarität sicherstellen kann. Das vorgestellte Cockpit kann eine Grundlage bilden, indem beispielsweise die nach Themen beziehungsweise Funktionen geclusterten Fragestellungen des Projektes ins Verhältnis gesetzt werden zu der Anzahl der tatsächlich im Team vertretenen Funktionen. Ist dieser Wert kleiner 1, so ist sehr genau zu begründen, warum eine
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
359
oder mehrere Funktionen explizit nicht im Team vertreten ist/sind. Eine ergänzende Information stellt die Erfahrung der beteiligten Mitarbeiter in ihrem Funktionsbereich dar, die sich anhand der Anzahl der Berufsjahre in der aktuellen Funktion messen lässt. Es ist dem jeweiligen Team wenig zuträglich, wenn zwar eine Beteiligung aller relevanten Funktionsbereiche sichergestellt ist, die einzelnen Mitarbeiter allerdings alle erst sehr kurze Zeit in ihrem aktuellen Arbeitsgebiet tätig sind. Darunter wird sowohl die Qualität der erarbeiteten Teamergebnisse als auch die Akzeptanz dieser Ergebnisse in der Organisation leiden. Da es sich gleichzeitig um die Verbindung von zwei Unternehmen handelt, ist darauf zu achten, dass die Gremien auch gleichwertig mit Vertretern beider Partner besetzt werden. Dies fördert die Akzeptanz und die kulturelle Integration der Unternehmen. Wie am Erfolgsfaktor weiter festzumachen ist, geht es um die Besetzung der Teams insbesondere durch Führungskräfte. Dadurch wird ein deutliches Commitment zur Bedeutung der Teamarbeit gegeben und gleichzeitig der Informationsfluss durch die Hierarchieebenen sichergestellt. In der Praxis ist allerdings häufig festzustellen, dass die eingesetzten Führungskräfte jedoch nur sporadisch an den Teamsitzungen teilnehmen und, im besten Fall, einen Vertreter schicken. So kann allerdings die beabsichtigte Grundbotschaft kaum in das Projektteam getragen werden. Kennzahl/ Rechnungsziel Nach Funktionen geclusterte Fragestellungen des Projektes im Verhältnis zur Anzahl der tatsächlich im Team vertretenen Funktionen
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Werden alle relevanten Fragestellungen fachlich durch das Team abgedeckt?
Mitarbeiterbezogene Anzahl der Berufsjahre in der aktuellen Funktion
x Erfahrung der Mitarbeiter auf ihrem jeweiligen Arbeitsgebiet x Vermeidung von reinen „AnfängerTeams“ x Sind die Teams gleichwertig mit Vertretern aus allen beteiligten Unternehmen besetzt?
Verhältnis Teammitglieder Käufer zu Teammitglieder Verkäufer
Anzahl der Führungskräfte je Team
x Wird den Teams eine genügend hohe Bedeutung durch eine entsprechende Besetzung beigemessen?
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Grundlage zur Berechnung ist das vorgestellte Cockpit zur interdisziplinären Teambesetzung x Ist die Kennzahl deutlich größer als 1, so sind Engpässe in der fachlichen Expertise vorprogrammiert. x Kennzahl ist dann Grundlage für eine Eskalation des Teamleiters. x Die Kennzahl ist nicht für alle Mitarbeiter zu maximieren, vielmehr ist auf ein ausgewogenes Verhältnis der Erfahrungswerte zu achten. x Häufig ist das übernehmende Unternehmen deutlich stärker repräsentiert x Akzeptanz und Zusammenwachsen wird aber nur über partnerschaftliche Einbindung erreicht x Macht nur Sinn, wenn auch die persönliche Teilnahme der Führungskräfte an den Teamsitzungen sicher gestellt ist.
Tabelle 23: Kennzahlen zur interdisziplinären Zusammensetzung von Teams
360
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
3.6.2.5 Maximierung der Personalmotivation 3.6.2.5.1 Begriffsklärungen Ein bedeutsamer Einfluss auf den Erfolg einer M&A-Transaktion ist dem Thema Personal einschließlich der darunter zu subsumierenden Faktoren Motivations- und Anreizsysteme, Veränderungsbereitschaft, Commitment und Mitarbeiterbindung zuzurechnen. An der Gestaltung dieser Komponenten entscheidet sich, ob die Mitarbeiter bei der Transaktion „mitziehen“ oder sich passiv beziehungsweise ablehnend verhalten. Ist letzteres der Fall, so können die auf strategischer Ebene geplanten Ziele eventuell deutlich schwerer oder überhaupt nicht mehr erreicht werden, da beispielsweise der fehlende Einsatz oder das Abwandern von Schlüsselspielern mit dem entsprechenden Know-how das Unternehmen lähmt. Umso wichtiger ist es, nicht, wie vielfach praktiziert, den „Faktor Mensch“ erst während der Integrationsphase in den M&A-Prozess mit einzubeziehen, sondern bereits von Beginn an auf klare Kommunikation und Einbindung zu setzen. Mit Hilfe von Motivations- und Anreizsystemen, so die betriebswirtschaftliche Diskussion, „… soll ‚der richtige Weg‘ gefunden werden, um ein Verhalten des Organisationsmitgliedes zu fördern, das die Zielerreichung der gesamten Organisation unterstützt.“ (Krammer 2000, S. 1). Die Motivationsforschung unterscheidet bei der Analyse der Handlungsmotivation zwischen den Inhalts- und den Prozesstheorien (vgl. Kirchler/Rodler 2002, S. 16 ff.; Hespe 2007, S. 56 ff.). Während erstere der Frage nachgeht, welche inhaltlichen Faktoren den Menschen zur Arbeit antreiben, geht es bei den Prozesstheorien um den Antrieb, die Richtung und die Ausführung der Handlungen, also auch um den Aspekt der Entscheidung im Rahmen der Handlungsausführung. Eines der bekanntesten Modelle aus dem Bereich der Inhaltstheorien stellt die Bedürfnispyramide von Maslow dar (vgl. Imberger 2003, S. 116), welche die menschlichen Bedürfnisse in fünf Bedürfnisklassen einteilt, sie in eine Rangfolge bringt und die Aktivierung der nächsthöheren Bedürfniskategorie nur dann zulässt, wenn die darunter liegenden als ausreichend befriedigt eingestuft werden können. So reicht das Spektrum der Bedürfnisklassen von den physiologischen Grundbedürfnissen über die Sicherheitsbedürfnisse, die sozialen Bedürfnisse und die Bedürfnisse nach Wertschätzung bis hin zu den Wachstums- und Selbstverwirklichungsbedürfnissen. In der praktischen Anwendung zielen die Inhaltstheorien auf eine interessantere Gestaltung der Arbeitstätigkeiten, um dadurch „… die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen und die Produktivität zu steigern“ (Kirchler/Rodler 2002, S. 25). Die Prozesstheorien versuchen demgegenüber, die Auswahl einer Handlungsalternative, die Durchführung und die Bewertung des Ergebnisses unter Motivationsgesichtspunkten zu erklären (vgl. Kirchler/Rodler 2002, S. 33). GEBERT definiert im Sinne des prozessorientierten Erwartungs-Valenz-Modells (vgl. Gebert 1976, S. 20):
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung Motivation zu einem bestimmten Verhalten
mit
361
f ( p v)
p = angenommene Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses v = Wertigkeit des Ergebnisses
und zeichnet damit zwei Ansatzhebel für eine Gestaltung des zielkonformen Verhaltens von Mitarbeitern vor. Zum einen muss das angestrebte Ergebnis mit einer MindestWahrscheinlichkeit auch eintreten, zum anderen bedarf es einer angemessen hohen Valenz des Ergebnisses. Diese Valenz oder Bedeutung muss sich dabei nicht im unmittelbaren Effekt der Mitarbeiterhandlung widerspiegeln, sondern kann auch sekundär über damit verknüpfte Anreizkomponenten finanzieller oder nicht-finanzieller Art bewirkt werden (extrinsische Motivation): „Extrinsisch motiviertes Verhalten erfolgt, weil die Realisierung eines Handlungsziels gratifiziert wird“ (Kirchler/Rodler 2002, S. 11). Die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter aus eigenem Antrieb heraus (intrinsische Motivation) bestimmte Handlungen vornimmt, lässt sich nach BECKER im Sinne der individuellen Nutzenmaximierung auf die Erreichung einer höheren persönlichen Vorteilsebene zurückführen (vgl. Becker 1993; Jost 2000, S. 316 ff.) und damit auch mit Hilfe von Maßnahmen und Instrumenten von außen steuern. Doch eine Gefahr besteht: „Interessenkonflikte haben im erwartungstheoretischen Motivationsprozess zur Folge, dass die Mitarbeiter den Tätigkeiten, die der Verfolgung ihrer eigenen Interessen dienen, einen höheren Wert beimessen als den wertsteigernden Tätigkeiten.“ (Ebeling 2007, S. 59). Es gilt somit, Interessenkonflikte zu vermeiden oder zu beseitigen. Letzteres funktioniert in der Regel mit Hilfe geeigneter Motivations- und Anreizsysteme. Gleichzeitig kennzeichnet diese Motivation nur eine Ebene im Triple-H-Modell von ALDERING/VON HUTTEN. Neben der beschriebenen Leistungsbereitschaft („Wollen“) kennzeichnen die Autoren noch die Ebene des „Wissens“ sowie des „Könnens“ als Determinanten für die Handlung des Einzelnen (vgl. Aldering, C./ von Hutten 2002, S. 415). Denn ohne die individuellen Fähigkeiten und Möglichkeiten kann auch eine starke Motivation alleine nicht zum Ziel führen. KIRCHLER/RODLER formulieren: „Leistung ist eine Funktion aus Fähigkeiten, Motivation und situativen Möglichkeiten“ (Kirchler/Rodler 2002, S. 9). Die entsprechenden Voraussetzungen werden, wie in Abschnitt 3.6.2.2 skizziert, beispielsweise in Form von Qualifikationsmatrizen erfasst und in allen Phasen des Personalprozesses von der Personalsuche über die Einstellung bis zu den Zielvereinbarungen berücksichtigt. Der Prozess der Mitarbeitermotivation beginnt bereits damit, mit Hilfe eines durchdachten Change-Management-Prozesses die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern zu erzeugen und gleichzeitig Ängste durch den anstehenden Wandel zu reduzieren oder bestenfalls zu vermeiden. Es geht von Anfang an darum, die Mitarbeiter für die Transaktion zu begeistern, die Vorteile aufzuzeigen und zur Mitarbeit zu aktivieren. GAßNER stellt in diesem Zusammenhang die Frage: „Wie lassen sich betroffene Mitarbeiter dazu motivieren, ein Reorganisationsprojekt zu unterstützen?“ (Gaßner 1999, S. VII) und leitet auf Basis seiner verhaltenswis-
362
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
senschaftlich und ökonomisch fundierten, empirischen Analyse auch für die Durchführung von M&A-Projekten wichtige Gestaltungsparameter der Mitarbeitermotivation ab. Diese lassen sich folgendermaßen zusammenfassen (vgl. Gaßner 1999, S. 169-201): x
Die Ankündigung einer Unternehmenstransaktion führt zuallererst einmal naturgemäß zu Unruhe in der Organisation. Die Angst um den eigenen Arbeitsplatz ist nur einer von den für die Mitarbeiter belastenden Faktoren. Um eine angstbedingte Lähmung des Unternehmens, negative Grundstimmungen und die Verbreitung von eventuell schädigenden Gerüchten zu vermeiden, besteht eine wichtige Aufgabe darin, von vornherein unnötige Unsicherheit zu vermeiden. Eine schnelle, offene und ehrliche Kommunikationsstrategie stellt hierbei das Mittel der Wahl dar (vgl. Abschnitt 3.5.2.4).
x
Einen nur langfristig zu beeinflussenden Faktor stellt das gute Betriebsklima als Motivator dar. Unternehmen, in denen seit langer Zeit ein positives Klima herrscht, verfügen über eine vertrauensvollere Beziehung zwischen den Mitarbeitern, die auch in Zeiten von Wandel und Unsicherheit für Stabilität und einen respektvollen Umgang miteinander sorgt.
x
Neben der Vermeidung transaktionsbedingter Unsicherheiten stellt die Vermittlung greifbarer Sicherheiten für die Mitarbeiter einen wichtigen Beitrag zur Motivation dar. Wenn gleichzeitig während der Transaktion für die Kernbelegschaft Schulungsangebote und karrierebezogene Entwicklungsaussichten kommuniziert werden, unterstützen und treiben die betroffenen Mitarbeiter auch aktiver das M&A-Projekt.
x
Desweiteren stellt GAßNER den Faktor „Gerechtigkeit über die Hierarchie“ heraus und stellt dabei insbesondere auch den Bezug zu einem eventuell erforderlichen Stellenabbau her. Gemeint ist damit die Forderung, nicht nur die Mitarbeiter auf den unteren Hierarchieebenen zur Kosteneinsparung zu reduzieren, sondern diese Maßnahme durchweg im Sinne einer Gleichbehandlung auf alle Unternehmensangehörige anzuwenden. Die Arbeit von LIEBIG bestätigt die Korrelation zwischen wahrgenommener Gerechtigkeit sowie Produktivität, Arbeitsleistung, Fehlzeiten, Krankenstand, Fluktuation und auch Diebstahl im Unternehmen (vgl. Liebig 1997).
x
Die Anforderungen an eine Informations- und Kommunikationspolitik sowie ihre motivierende Wirkung wurden bereits an anderer Stelle beschrieben (vgl. 3.3.2.5 und 3.5.2.4). So verbleibt an dieser Stelle nur der erneute Hinweis auf ihre überragende Bedeutung auch und insbesondere im Rahmen von Veränderungsprozessen bei M&A-Transaktionen.
x
Eine weitere Motivation kann über Aktivität an sich erzeugt werden. Erkennen die Mitarbeiter, dass im Rahmen von M&A Maßnahmen ergriffen werden, die Umsetzung aktiv angegangen wird und sich ein Umfeld von Dynamik und Geschäftigkeit entwickelt, so lassen sich die meisten am ehesten „mitreißen“ und zur eigenen Mitarbeit aktivieren.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
363
Hand in Hand mit der entsprechenden Aktivität sollte dann auch ein entsprechender Kommunikationskanal geführt werden, der in regelmäßigen Abständen die in Angriff genommenen Maßnahmen in die Breite trägt und publik macht. Ein geeignetes Portal ist in diesem Fall das firmeninterne Intranet. x
Findet Aktivität statt, so ist der nächste Schritt der Motivation die Partizipation der Mitarbeiter an den laufenden Maßnahmen. Durch die Einbeziehung der Mitarbeiter wird „… das Wissen und die Kreativität aller betroffenen Mitarbeiter systematisch genutzt …“ (Gaßner 1999, S. 186) sowie „… die Unterstützung und aktive Mitgestaltung des Wandels durch die Belegschaft …“ (Gaßner 1999, S. 186) gefördert, was auch möglichen Widerständen vorbeugt. Das Spektrum der Partizipation reicht von der bloßen Möglichkeit, Meinungen und Verbesserungsvorschläge zu platzieren, bis hin zur aktiven Teilnahme an Projektteams und Task Forces im Zuge der physischen Umsetzung.
x
Ein organisatorischer Wandelprozess sollte auch nicht die bisher bestehenden Strukturen und Prozesse unbesehen vom Tisch wischen, sondern unter Wahrung eines „Respektes vor der Vergangenheit“ das Bisherige würdigen und nach Möglichkeit nachvollziehbar in das Neue überführen. Ebenso wie die viel zitierte Aussage „Das haben wir doch immer schon so gemacht“ wenig förderlich für den Fortschritt im Unternehmen ist, so ist auch eine Veränderung um der Veränderung Willen kontraproduktiv und dysfunktional.
x
Dass ein M&A-Projekt vielfache Anstrengungen bei den Mitarbeitern verlangt, ist unbestritten. Allerdings sollte, sofern möglich, immer eine Mehrbelastung vermieden werden. Eine lang andauernde Überlastung führt unweigerlich zu Erschöpfung und schlimmstenfalls zu Burnout-Phänomenen, die sowohl für den betroffenen Mitarbeiter als auch für das Fortkommen des Projektes gefährlich sein können. Das Pendant stellt die Gestaltung der Transaktions- und Integrationsgeschwindigkeit dar (vgl. 3.5.2.2), die im Wechselspiel mit der Belastung der Mitarbeiter optimiert werden muss.
x
Als letzter motivierender Faktor seien die für den Mitarbeiter in Aussicht gestellten Karriereoptionen sowie die explizite Äußerung von Anerkennung genannt. Ist absehbar, dass man nach der Integration eine neue, bessere Position im Unternehmen erhalten kann, so wird bereits die Transaktionsphase selbst zu einer Bewährungsprobe, um sich in entsprechend positives Licht bei den Vorgesetzten zu rücken.
3.6.2.5.2 Wirkung auf die Werttreiber Das bereits bei der Erläuterung der Führungskonzeption dargestellte Belegschaftscockpit (vgl. Abbildung 63 auf Seite 176) findet auch im Kontext der Mitarbeitermotivation erneute Anwendung, da sich daraus die grundsätzlichen Einstellungen der Belegschaft ermitteln und im Bedarfsfall Gegensteuerungsmaßnahmen ableiten lassen. Was die Wirkung all dieser Fakto-
364
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
ren auf die Wertsteigerung ausmachen kann, sei anhand des M&AWertsteigerungsnetzwerkes erläutert. Eine hohe Mitarbeitermotivation bewirkt primär Zeitund Know-how-Vorteile für die Transaktion, sekundär aus einer besseren Realisierbarkeit insbesondere von Kosten- und Ressourcenvorteilen: x
Zeitvorteile ergeben sich aus der effizienteren und effektiveren Mitarbeit der Belegschaft sowohl am Projekt als auch im parallel ablaufenden Tagesgeschäft. Verluste auf Grund von Demotivation und damit in Zusammenhang stehenden Leerzeiten beziehungsweise Verschwendungen lassen sich umgehen. Negative Beispiele stellen in diesem Zusammenhang die private Nutzung des Internets in der Arbeitszeit oder das fehlende Hinterfragen zeitraubender Prozessabläufe dar.
x
Eine konkrete Wirkung auf die Know-how-Ziele lässt sich über die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Wissenskommunikation ableiten. So stellt die Wissenskommunikation eine maßgebliche Voraussetzung für neues organisationales Lernen und somit für das im Rahmen von M&A angestrebte, wissensbezogene Verbesserungspotenzial dar. HESPE deduziert dafür unter anderem als relevante Zielsetzungen eine Verbesserung der Kundenorientierung, der internen Prozesse, der Mitarbeiterqualifikation sowie der Einsparung von Kosten und Zeit, um eine erfolgreiche Marktführerschaft zu erreichen (vgl. Hespe 2007, S. 23). Wissensaustausch bildet die Grundlage für die Vernetzung der bestehenden Wissensbasen der an der Transaktion beteiligten Unternehmen und damit für die Hebung der transaktionsbedingten Know-how-Synergien. In diesem Zusammenhang kommt HESPE allerdings zu dem Schluss, dass die ihrer Analyse nach „… wichtigsten Motivationsquellen der Wissenskommunikation, d.h. die Entwicklung einer Wissenskultur, die Bereitstellung wissenskommunikationsfördernder Anreize und das wissenskommunikationsfördernde Verhalten von Führungskräften nicht hinreichend im unternehmerischen Führungsalltag genutzt werden.“ (Hespe 2007, S. 223).
x
Kostenvorteile werden schwerpunktmäßig durch die zielgerichtete Bearbeitung der identifizierten Synergiepotenziale erreicht. Je stringenter und motivierter die Maßnahmen umgesetzt und controlled werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die geplanten Synergiewerte auch erreicht werden. Im laufenden Betrieb stellt das häufig anzutreffende betriebliche Vorschlagswesen und die damit in Zusammenhang erzielten, oftmals beeindruckenden Erfolge in Form von Kosteneinsparungen ein anschauliches Beispiel dafür dar, wozu motivierte Mitarbeiter in der Lage sind. Die Verbindung zu einem wirkungsvollen Incentivesystem wird auch hier wieder deutlich.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
365
Erfolgsfaktor: Maximierung der Personalmotivation Direkte wertsteigernde Wirkung (primäre Wirkung) Zeit
Know-how
Markt
Kosten
Ressourcen
Risiko
Wettbewerb
Wichtige Treiberwirkung für andere Erfolgsfaktoren (sekundäre Wirkung) Erfolgsfaktor
Wirkung
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Motivierte Mitarbeiter sind eher bereit, ihr Wissen und Informationen auszutauschen.
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
Die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team kann durch hohe Motivation der Teammitglieder deutlich effektiver und effizienter ablaufen.
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation
Ein Katalysator der schnellen internen Kommunikation ist hohe Personalmotivation.
Geschwindigkeit von M&A
Hohe Personalmotivation ist ein wichtiger Treiber der M&A-Aktivitäten und der diesbezüglichen Ausführungsgeschwindigkeit.
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Motivierte Mitarbeiter fügen sich leichter in eine neu integrierte Organisation ein.
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Bei hoher Personalmotivation ist es wahrscheinlicher, dass neben den Aufgaben des M&A-Projektes auch noch die Aufgaben des Tagesgeschäftes mit aller Sorgfalt durchgeführt werden.
Abbildung 136: Wertsteigerung durch Maximierung der Personalmotivation
3.6.2.5.3 Instrumente des wertorientierten Controlling Die Motivation der Mitarbeiter zu einem bestimmten Verhalten setzt zuerst ein klares Bild über die individuellen Voraussetzungen als Absprungbasis voraus. Alle Einzelaspekte müssen zumindest bei den Schlüsselspielern systematisch erfasst und beurteilt werden. Daraus kann im zweiten Schritt abgelesen werden, welche Affinität der Einzelne zur Transaktion besitzt und wie er sich im Folgenden verhalten wird. Ein Beispiel für einen möglichen Beurteilungsbogen enthält Abbildung 137. Auf Basis der bestehenden Transparenz lassen sich gezielt Anreizsysteme als Instrumente zur Wertsteigerung entwickeln. IMBERGER legt die PrincipalAgent-Theorie als Existenzberechtigung für Anreizsysteme vor und spricht ihnen neben der Motivation zwei weitere grundlegende Funktionen zu (vgl. Imberger 2003, S. 123): x
Selektion: Beitrag zur Auswahl und zum Einsatz des am bestmöglich geeigneten Personals.
x
Koordination: Regelung der Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern und Ausrichtung des Handelns am übergreifenden Unternehmensziel.
366
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
Problemlösungskompetenz
Motivationsstruktur
Analysevermögen
1
2
3
4
5
Leistungsmotivation
1
2
3
4
5
Konzept- und Entscheidungsqualität
1
2
3
4
5
Dynamik und Belastbarkeit
1
2
3
4
5
5
Lern- und Veränderungsbereitschaft
1
2
3
4
5
5
Integrität / Verantwortungsbewusstsein
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Kreativität / Innovation Handlungs- und Resultatsorientierung
1 1
2 2
3 3
4 4
Führungskompetenz
Managementkompetenz
Motivationskraft
1
2
3
4
5
Unternehmerisches Denken
Zielmanagement
1
2
3
4
5
Strategiekompetenz
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Überzeugungskraft
1
2
3
4
5
UnternehmenswertManagement
Durchsetzungsfähigkeit
1
2
3
4
5
Erfahrungsspektrum
1
2
3
4
5
Kooperation/Integration
1
2
3
4
5
Internationalität
1
2
3
4
5
Abbildung 137: Anforderungs- und Ergebnisprofil (Quelle: Aldering/von Hutten 2002, S. 417)
Die Gestaltung eines geeigneten Anreizsystems gestaltet sich indes schwierig. Grundsätzlich können an den in der Praxis verwendeten Systemen einige Unzulänglichkeiten festgestellt werden, welche die Eignung der Systeme für eine wertorientierte Steuerung stark einschränken (vgl. hierzu und zum Folgenden Imberger 2003, S. 225). Zum einen stellen die existierenden Systeme vielfach nur auf die Gestaltung des variablen Gehaltsbestandteiles ab und lassen dabei die wichtigen qualitativen und immateriellen Motivationsfaktoren außen vor. Zweitens werden häufig ungeeignete Größen zur Maximierung definiert, welche allenfalls einen indirekten Bezug zur Wertsteigerung aufweisen. Desweiteren existieren häufig „Parallelsysteme“, indem neben den wertorientierten Größen weitere, teilweise historisch bedingte Steuerungsgrößen verwendet werden. Als wichtige Anforderungen an ein wertorientiertes Anreizsystem lassen sich deshalb ableiten (vgl. Imberger 2003, S. 138-148): x
Zielausrichtung und Anreizkompatibilität,
x
Transparenz und Gerechtigkeit,
x
Akzeptanz,
x
Flexibilität,
x
Wirtschaftlichkeit.
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
367
Darüber hinaus ist in der Entlohnungsfunktion sicherzustellen, dass sowohl materielle als auch immaterielle Anreizkomponenten abgebildet werden. Was den materiellen Aspekt angeht, hat die Gestaltung eines finanziellen Anreizsystems neben den gängigen Kriterien wie Beeinflussbarkeit der wertrelevanten Zielgrößen (vgl. Ebeling 2007, S. 81), Verständlichkeit, Manipulationsfreiheit sowie Verzerrungsfreiheit dabei insbesondere auch den unmittelbaren Bezug zur Wertschaffung zu erfüllen. Es entfaltet seine Motivationswirkung dadurch, dass „ … ein Teil der Entlohnung an die Ausprägung bestimmter, als Bemessungsgrundlagen fungierender Größen gebunden wird.“ (Ebeling 2007, S. 123), in diesem Fall an die Steigerung des Unternehmenswertes. In Anlehnung an das in Abschnitt 2.2.2.2.3 vorgestellt EVAKonzept kann in diesem Zusammenhang das von IMBERGER skizzierte Vorgehen einer EVAbasierten Managerentlohnung als Beispiel aufgegriffen werden (vgl. Imberger 2003, S. 217220). Demnach partizipieren die Begünstigten sowohl an der absoluten Höhe des EVA, als auch an dessen Veränderung im Zeitablauf. In der Literatur werden bereits viele weitere Anreizsysteme diskutiert, wie beispielsweise Stock Options, Performance Share Plans oder Deferred Compensation Systems (vgl. Krammer 2000, S. 25 ff.), deren Erläuterung an dieser Stelle unterbleiben soll. Verwiesen sei an dieser Stelle nur auf den Ansatz von KRAMMER, der sein wertorientiertes strategisches Anreizsystem ausgehend von einer dynamische Wertrendite entwirft und diese konsequent auf operative Subziele herunterbricht (vgl. Krammer 2000). Da eine direkte Anbindung der Mitarbeiterentlohnung an die finanziellen Leitgrößen äußert schwierig erscheint, muss erneut auf das bewährte System der Kaskadierung im Sinne des Herunterbrechens finanzieller Ziele über mehrere Stufen hinunter auf die operative Ebene zurückgegriffen werden. Dies kann auf Basis der schon beschriebenen Balanced Scorecard erfolgen, indem auf den einzelnen Perspektiven nicht nur Ziele definiert werden, sondern diese gleichzeitig umsetzungsbezogen formuliert und mit Maßnahmen und Verantwortlichen hinterlegt werden. Auf diese Weise werden die parallel festgelegten Metriken und Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung auch zur Bemessungsgrundlage der Mitarbeiterentlohnung. Die tatsächliche Entlohnung des Mitarbeiters errechnet sich sodann auf Basis einer Entlohnungsfunktion, deren Variablen die individuelle Zielerreichung widerspiegeln und die sich am Wertreiberbaum ausrichtet (vgl. Ebeling 2007, S. 126). Die Entlohnungsfunktion selbst steht nun vor der Herausforderung, dass sie quantitative und qualitative Variablen vereinen muss. So fließen neben den schon erwähnten Wertsteigerungsfaktoren auch individuelle Eigenschaften des jeweiligen Mitarbeiters ein, wie seine persönliche Weiterentwicklung im Sinne eines Anforderungs- und Ergebnisprofils: „Die Entlohnung stellt nur einen Teil eines wirksamen Anreizsystems dar, der durch verschiedene immaterielle Anreize […] ergänzt werden muss.“ (Imberger 2003, S. 223). Auf letztere soll nachfolgend eingegangen werden. Die schon angesprochenen Interessenkonflikte sowie Widerstände bei den Mitarbeitern lassen sich häufig schon durch eine reine Beteiligung am Gesamtprozess aus dem Weg räumen:
368
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
„Zum anderen stellt der Partizipationsgrad eine wesentliche Dimension der Führung dar“ (Ebeling 2007, S. 67). Dabei ist darauf zu achten, dass Mitarbeitern aus allen Hierarchieebenen diese Form der Beteiligung und Mitbestimmung zukommt (vgl. Ebeling 2007, S. 60). Auch wenn insbesondere bei Großunternehmen eine durchgängige, direkte Anteilnahme aller Mitarbeiter unmöglich ist, so können doch zumindest über Multiplikatoren die Wissensinhalte in die Breite getragen und in positivem Sinne kommuniziert werden. Letzteres gelingt bei einem M&A-Projekt dann besonders gut, wenn die im Vergleich zur Ausgangssituation bestehenden vielfältigen Vorteile der Transaktion herausgestellt und eventuell bestehende Vorbehalte im gleichen Zug entkräftet werden können. Im Hinblick auf die Etablierung einer neuen Steuerungsphilosophie wie dem Wertmanagement macht es auch Sinn, bisherige Fehler im Controlling-System aufzuzeigen (vgl. Ebeling 2007, S. 61) und zu verdeutlichen, was im neuen System nun besser und richtiger läuft. Eine Stufe vor der Beteiligung steht also die Kommunikation als Wegbereiter der Motivation. Kommunikation kann auch ein Ausdruck der Beteiligung sein und die Wertschätzung für den Mitarbeiter zum Ausdruck bringen. In den Abschnitten 3.3.2.5 und 3.5.2.4 wurden bereits wichtige Instrumente und Kennzahlen für die Kommunikationspolitik im Rahmen von M&A erläutert. Wichtige Voraussetzung für die Motivation zu einer bestimmten Handlung ist also auch die Akzeptanz der Geschehnisse. Dazu bilden Schulungen einen elementaren Baustein: die Vermittlung wichtiger Wissensinhalte und die Schaffung von Faktenwissen fördert auch das Verständnis für die anstehenden Maßnahmen. Gleichzeitig obliegt es der Verantwortung der jeweiligen Führungskraft, dem Mitarbeiter bei bestehenden Wissensdefiziten einen Weg zur Erfüllung der individuellen Ziele aufzuzeigen und ihn entsprechend zu unterstützen (vgl. Ebeling 2007, S. 64). Hier schließt sich auch der Kreis zu dem im Unternehmen praktizierten Führungsstil im Spannungsfeld zwischen autoritär und partizipativ sowie der damit in Zusammenhang bestehenden Führungskonzeption (vgl. Abschnitt 3.2.2.5). Letztere ist also ein wichtiger „Enabler“ für die Motivationskultur im Unternehmen und kann durchaus komplexe finanzielle Anreizsysteme in einem gewissen Umfang obsolet werden lassen. Schließlich bildet sie im Vergleich zu den starren Aufgaben-, Prozess-, Funktions- und Stellenbeschreibungen auf Grund der immanenten Flexibilität einen deutlich höheren Motivationsgrad.
3.6.2.5.4 Kennzahlen des wertorientierten Controlling Kennzahlen, die einer wertorientierten Steuerung der Motivations- und Anreizthematik nützlich sind, erstrecken sich zum einen auf die Analyse der dahinter stehenden Systeme selbst, zum anderen auf die dadurch bewirkten Effekte. Letztere zu beurteilen gestaltet sich insofern schwierig, als dass Effekte, die beispielsweise durch eine höhere Mitarbeitermotivation be-
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
369
wirkt werden, von anderen Effekten zu separieren sind. Was die verwendeten Instrumente selbst angeht, so ist zu ermitteln: x
Werden neben der reinen finanziellen Vergütung auch ausreichend nicht-finanzielle Motivatoren eingesetzt? Beispielsweise Schulungen, angenehme Arbeitsbedingungen, Anerkennung, Aufstiegs- und Karrierechancen, Arbeitsplatzsicherheit.
x
Wie hoch ist der variable Gehaltsbestandteil, den die Mitarbeiter durch eine gute Leistung erreichen können? Sind die Maßstäbe für die Gehaltsermittlung des variablen Anteils realistisch?
x
Werden die Instrumente in regelmäßigen Abständen überprüft und gegebenenfalls an neue Rahmenbedingungen angepasst?
x
Werden die Instrumente in ausreichendem Maße und regelmäßig an die Mitarbeiter kommuniziert / mit ihnen besprochen?
Sind die geeigneten Motivations- und Anreizinstrumente in der Organisation etabliert, obliegt dem wertorientierten Controlling die Messung der durch diese Systeme angestrebten Effekte. Im Zentrum des Interesses stehen dabei Bezugsgrößen, „…die formal als Erfolgs- und Leistungskriterien gelten.“ (Krammer 2000, S. 20). Im Einzelnen können dies sein (vgl. Krammer 2000, S. 20-24): x
Finanzielle, operative Erfolgsfaktoren: aus dem betrieblichen Rechnungswesen abgeleitete Kennzahlen zur operativen Ertragslage, z.B. Jahresgewinn, Gewinn pro Aktie, Rendite, Dividende oder Cash-Flow-Beiträge.
x
Marktindizes: Kennzahlen des Kapitalmarktes wie Börsenkurse oder Branchenindizes.
x
Strategische Erfolgsfaktoren: Kennzahlen zur Bewertung des Erfolgspotenzials des Unternehmens, beispielsweise Marktanteil, Produktivität oder Rentabilität.
x
Ökonomischer Wert: Wert des Unternehmens in Analogie zur Kapitalmarktbewertung, wobei versucht wird, diesen Wert aus den internen Ertragsdaten abzuleiten und so die subjektive Komponente des Aktienmarktes zu eliminieren.
Die beschriebenen Erfolgsfaktoren werden durch die nachfolgenden Kennzahlen der Kaskade getrieben. Zum einen ist das die Mitarbeiterzufriedenheit, die als direkte Folge der Motivation bezeichnet werden kann. Ein Fehlen von Mitarbeiterzufriedenheit macht sich dann im Gegenzug in Form von hohen Krankheits-, Fehlzeiten- und Fluktuationsraten bemerkbar. Für eine genauere Analyse kann dabei die Abwesenheitsstruktur herangezogen werden, um zu eroieren, in welchen Bereichen die Abwesenheiten besonders hoch sind. Gezielte Ursachenforschung ist erforderlich, bevor mit den schon beschriebenen Instrumenten der Mitarbeitermotivation Gegensteuerungsmaßnahmen sinnvoll eingeleitet werden können. Im Hinblick auf die erforderlichen Mitarbeiterschulungen ist nach EBELING darauf zu achten, dass neben den
370
Ziele, Aufgaben und Instrumente eines wertorientierten M&A-Controlling-Systems
aufgabenbezogen-inhaltlichen Aspekten auch übergreifende Wissensblöcke zum Thema Wertmanagement und wertorientierte Unternehmensführung an sich vermittelt werden (vgl. Ebeling 2007, S. 56 ff.). So wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter mit dem System vertraut sind und das Akzeptanzniveau steigt. Inwiefern die positiven Aspekte einer hohen Mitarbeitermotivation dann auch umgesetzt werden, kann mit Hilfe von entsprechenden Outputgrößen nachvollzogen werden. Dabei ist die Betrachtung von Outputgrößen je Mitarbeiter wie Mengen, Umsatz oder Ergebnis ebenso relevant wie durch den Mitarbeiter beeinflussbare Inputfaktoren wie Zeit- und Kostenpositionen. Es bietet sich an, für eine Überwachung entsprechende Verhältniszahlen zu ermitteln, wie dies etwa in Form der Produktivität erfolgt. Die Schwierigkeit für das Controlling besteht oftmals darin, den tatsächlichen Erfolgsbeitrag bezogen auf das einzelne Organisationsmitglied messbar zu machen (vgl. Krammer 2000, S. 1). Gestaltet sich die Erfassung von Zeit-, Mengen-, Kosten- oder Qualitätsgrößen bei Mitarbeitern der Produktion noch relativ einfach, so erreicht die Messbarkeit spätestens bei den Mitarbeitern der indirekten Bereiche eine deutlich höhere Komplexität. Die Abrechnung von Instandhaltungspersonal erfolgt beispielsweise in der Praxis über die kontierten Reparaturstunden, eine Gegenspiegelung der Arbeitsqualität unterbleibt jedoch meistens. Gerade in diesem Bereich ist deshalb eine prozessorientierte Betrachtung vorteilhaft, indem die Prozessausführung als klar definierte Aufgabe sowie der Prozessoutput als Leistungsbeitrag des Mitarbeiters gewertet wird. Ein Beispiel stellt die Erstellung des Jahresabschlusses dar, der für sich genommen keine Wertsteigerung bewirkt. Der Prozess seiner Erstellung bildet für die beteiligten Mitarbeiter jedoch den zentralen Arbeitsinhalt und muss somit als Grundlage für das korrespondierende Anreizsystem herangezogen werden. Die Bewertung von TopManagement-Leistungen schließlich bezieht sich in der Regel rein auf strategische Inhalte, deren „Mehrwert“ für das Unternehmen im Vergleich zu einer so genannten „Nullstrategie“ eruiert werden kann (vgl. Krammer 2000, S. 5). Diese reflektiert die Unternehmensentwicklung ohne Einwirken der strategischen Maßnahmen seitens des Top-Managements. Kennzahl/ Rechnungsziel Anzahl von nichtfinanziellen Motivatoren
Wissenswünsche der Empfänger/ Rechnungszweck x Werden ausreichend nichtmonetäre, den individuellen Anforderungen der Mitarbeiter z.B. an die Weiterentwicklung rechnungtragender Motivatoren eingesetzt?
Anteil der möglichen variablen Vergütung an der Gesamtvergütung
x Besteht bei der finanziellen Entlohnung eine ausreichend hohe Anreizkomponente, welche von der tatsächlichen Leistung des einzelnen Mitarbeiters abhängig ist?
Beurteilung/ Kritische Würdigung x Trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht nur die Entlohnung alleine die Motivation der Mitarbeiter bewirkt x Welche Faktoren letztendlich motivierend wirken, hängt von der individuellen Präferenzstruktur ab x Bedeutendes Steuerungsinstrument für das Mitarbeiterverhalten: höhere Leistung bewirkt höhere Vergütung x Für und Wider Deckelung des Incentivebetrages sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen x Kombination mit nicht-finanziellen Incentives anzuraten
Wertorientiertes Controlling der M&A-Prozessverantwortung
371
x Motivations- und Anreizsysteme sind das Herzstück der Mitarbeitersteuerung und müssen permanent aktuell gehalten werden x Incentivierung auf Basis alter Zahlen und Strukturen führt eher zur Demotivation der Mitarbeiter x Folge von Mitarbeitermotivation x Kann als Folge der Motivation leichter erfasst werden als die Motivation selbst x Erhebung beispielsweise über Befragungen x Kennzahl zusammen mit der Akzeptanz der Führungskräfte in der Organisation zu betrachten
„Wartungsintervall“ der Motivations- und Anreizsysteme
x Werden die Motivations- und Anreizsysteme ausreichend oft an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst?
Mitarbeiterzufriedenheit
x Besteht hohe Zufriedenheit bei den Mitarbeitern, so dass auch eine entsprechend hohe Motivation zu erwarten ist?
Prozentualer Anteil Mitarbeiter im (Top-) Management, die aus den eigenen Reihen rekrutiert wurden Krankheitsquote
x Anreiz für Mitarbeiter, eine Karriere im eigenen Unternehmen anzustreben x Kann Mitarbeiterbindung bewirken x Wie hoch ist der Krankenstand, im Vergleich zum Wettbewerb, zum Branchendurchschnitt etc.
x Überdurchschnittlich hohe Krankenstände können auf Demotivation oder Überlastung der Mitarbeiter hindeuten.
Fluktuation
x Wie hoch ist die Fluktuation, im Vergleich zum Wettbewerb, zum Branchendurchschnitt etc.
Fehlzeitenquote
x Wie hoch ist die Fehlzeitenquote, im Vergleich zum Wettbewerb, zum Branchendurchschnitt etc. x In welchen Mitarbeitergruppen ist die Abwesenheit (Krankheit, Fehlzeit) besonders hoch/niedrig? x Wie hoch ist der Beschäftigungsgrad in der Produktion, in der Verwaltung etc.?
x Überdurchschnittlich hohe Fluktuationen können auf Demotivation oder Überlastung der Mitarbeiter hindeuten. x Differenzierung nach Hierarchieebenen erforderlich x Überdurchschnittlich hohe Fehlzeitenquoten können auf Demotivation oder Überlastung der Mitarbeiter hindeuten. x Gruppenbezogene Analyse als Grundlage zur Durchführung gruppenspezifischer Maßnahmen x Ein zu hoher/zu niedriger Beschäftigungsgrad kann auf Dauer demotivierend wirken
Abwesenheitsstruktur
Beschäftigungsgrad
Schulungstage je Mitarbeiter
x Wurden die Mitarbeiter ausreichend geschult?
x Schulungen wirken motivierend, indem Sie den betroffenen Mitarbeitern ein Gefühl der Wertschätzung vermitteln und mit neuen Wissensinhalten fit für neue Aufgaben machen
Weiterbildungskosten je Mitarbeiter Leistung je Mitarbeiter (Umsatz, Ergebnis, Produktivität etc.)
x Analog Schulungstage
x Analog Schulungstage
x Welchen Output erbringt der einzelne Mitarbeiter im Durchschnitt im Zeitablauf
x Verfolgung der Outputzahlen kann Aufschluss über die Mitarbeitermotivation geben x Zu trennen davon ist die Outputveränderung auf Grund neuer Technologien, neuer Maschinen, neuer Herstellverfahren etc.
Tabelle 24: Kennzahlen zur Mitarbeitermotivation
372
4 4.1
Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse
Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse Vorbemerkungen
Mit der Diskussion aller in Abschnitt 3.1.3.2 definierten prozessbezogenen M&AErfolgsfaktoren ist das Fundament für den zu Beginn dieser Arbeit erhobenen Anspruch der Entwicklung eines erfolgsfaktor- und wertorientierten M&A-Controlling-Systems gelegt. Zu Beginn stand die These, dass ein Controlling nur dann die Wertsteigerung durch das M&AProjekt unterstützen kann, wenn es sich auf die Kern-Erfolgsfaktoren stützt und diese einer klaren Planung, Steuerung und Kontrolle unterzieht. Dementsprechend wurden für alle als relevant erachteten M&A-Erfolgsfaktoren die konkreten Inhalte beschrieben, die Wirkung auf die Wertreiber im M&A-Wertsteigerungsnetzwerk einschließlich der wichtigsten UrsacheWirkungs-Beziehungen abgeleitet, mögliche Instrumente erörtert sowie spezifische Kennzahlen für das wertorientierte Controlling erarbeitet. Die vertiefte inhaltliche Ausarbeitung basierte dabei auf einer konsequenten Verknüpfung der jeweiligen Erfolgsfaktoren mit den betroffenen Führungsteilsystemen des Controlling auf der einen und den von LUCKS/MECKL definierten M&A-Kern- und Unterstützungsprozessen auf der anderen Seite, so dass eine Verbindung zwischen Controlling und M&A hergestellt wurde. Als übergreifender struktureller Rahmen dienten in dieser Arbeit die fünf Phasen des Prozessmanagements – Prozessstrategie, Prozesstransparenz, Prozessgestaltung, Prozesssteuerung sowie Prozessverantwortung – denen die einzelnen Erfolgsfaktoren zugeordnet wurden. Auf diese Weise entstand ein in sich schlüssiges (Management-)System, das eine prozessorientierte Ausrichtung der M&A-Transaktion an sich ermöglicht und die einzelnen M&AProzessphasen, basierend auf den spezifischen Erfolgsfaktoren, wertorientiert gestalten kann. An dieser Stelle soll noch einmal nachdrücklich betont werden, dass es „das“ wertorientierte M&A-Controlling nicht geben kann. Die im Verlauf dieser Arbeit vorgestellten Methoden, Konzepte, Instrumente und Kennzahlen bilden einen fundierten Rahmen, der allerdings in jedem Fall projektspezifisch auszugestalten ist. Beispielsweise werden aus der Vielzahl von Kennzahlen diejenigen auszuwählen sein, welche sich auf die individuellen Schwachstellen in den jeweiligen Unternehmen beziehen. Und es ist nicht auszuschließen, dass Ideen für weitere Kennzahlen entstehen, die gerade im eigenen Unternehmen besonders relevant erscheinen. Wichtig dabei ist in jedem Fall, dass das wertorientierte M&A-Controlling in den Händen von Experten liegt, welche in der Lage sind, im Bedarfsfall einzelfallspezifisch und flexibel das Gesamtsystem zu adaptieren und für den konkreten Anwendungsfall optimal auszugestalten. Im letzten Schritt verbleibt die Aufgabe, die in Abschnitt 3.2.2.2 in Grundzügen entwickelte M&A-Balanced-Scorecard zu komplettieren und darin die wichtigsten Ursache-WirkungsZusammenhänge darzustellen, sowie einen zusammenfassenden Überblick zu den diskutierten Controllinginstrumenten und -kennzahlen zu geben.
Konsolidierung der M&A-Balanced-Scorecard
373
Außerdem sollen weiterführende Fragestellungen, deren Bearbeitung den Rahmen dieser Arbeit gesprengt hätte, noch einmal zusammengefasst und die Möglichkeiten für eine vertiefte Behandlung an anderer Stelle aufgezeigt werden.
4.2
Konsolidierung der M&A-Balanced-Scorecard
Wie in Abschnitt 3.2.2.2 beschrieben, sollen nun die in Kapitel 3 gewonnenen Erkenntnisse zur wertsteigernden Wirkung der einzelnen M&A-Erfolgsfaktoren dazu verwendet werden, die bereits in ihrem Grundgerüst entworfene M&A-Balanced-Scorecard zu vervollständigen. Insbesondere erscheint die Darstellung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge interessant, welche die Inhalte in direkten Bezug zum übergreifenden Ziel der Wertsteigerung stellen und den Nutzen eines intensiven Controlling der zugrundeliegenden Erfolgsfaktoren aufzeigen. Zu Beginn sind in Abbildung 138 die in den vorangehenden Abschnitten abgeleiteten, primären Wirkungen der einzelnen Erfolgsfaktoren auf die Wertreiber im M&AWertsteigerungsnetzwerk überblicksartig zusammengestellt. Es ist erkennbar, dass bei einer entsprechenden Optimierung aller Erfolgsfaktoren eine Abdeckung der zentralen Wertreiber erreicht werden kann. Eine gezielte Einwirkung auf die dargestellten Erfolgsfaktoren eröffnet dem Controlling die Möglichkeit, die Wertentwicklung der M&A-Transaktion zu beeinflussen. Zu diesem Zweck erscheinen die vorgestellten Instrumente und Kennzahlen geeignet, wobei sich letztere durch eine hohe Vielfalt auszeichnen und unbedingt eine projekteinzelfallspezifische Selektion vorgenommen werden sollte. Gerade die Kennzahlen mit hohem immanentem Daten-Erhebungsaufwand sollten nur dann in das wertorientierte M&AControlling integriert werden, wenn sie sich auf die Messung einer explizit vorhandenen Schwachstelle beziehen. Ein nach Möglichkeit mit einem externen Partner vorab durchgeführter „Quickscan“ kann diesbezüglich Klarheit schaffen und so unnötige Komplexität und Zusatzaufwand im fortgeschrittenen Projektstadium bereits im Vorfeld vermeiden. Für Unternehmen, die Unternehmenstransaktionen regelmäßig durchführen, wird sich im Laufe der Zeit ein bewährtes, klar abgegrenztes Instrumenten- und Kennzahlenportfolio ergeben, dessen Einsatz für das wertorientierte Controlling im Idealfall zur Selbstverständlichkeit wird. Die M&A-Balanced Scorecard mit einem darauf basierenden, übersichtlichen ManagementCockpit einschließlich Ampeldarstellungen zu allen verwendeten Kennzahlen gibt der Unternehmensführung ein schlagkräftiges Instrument zur wertsteigernden Gestaltung einer Transaktion an die Hand, ohne gleichzeitig durch Ausweis zu vieler und zu komplexer Informationen zu verwirren.
PROZESSVERANTWORTUNG Klare Personalstrategie und besondere Rolle des mittleren Managements Klare Definition der Kernbelegschaft Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams Maximierung der Personalmotivation
PROZESSSTEUERUNG Geschwindigkeit von M&A Proaktives Risikomanagement Schnelle, planmäßige, zielgruppen-spezifische Durchführung der internen und externen Kommunikation
PROZESSGESTALTUNG Hohe Marktorientierung der Post Merger Integration Starke organisationale Integration der Unternehmen Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
PROZESSTRANSPARENZ Exzellente Due Diligence Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater Intensives Wissensmanagement und Informationsaustausch
PROZESSSTRATEGIE Klarheit und Ganzheitlichkeit der Strategiefestlegung Priorisierung der Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten Zustimmung des Top-Managements zur Transaktion Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung der Führungskonzeption Kontinuierliche Durchführung von M&A Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten mit Fokus auf Marketing und Vertrieb
374 Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse
Abbildung 138: Wirkung der Erfolgsfaktoren im M&A-Wertsteigerungsnetzwerk
Wettbewerbswirkungen Burden-/ Risk-Sharing, Risikoreduzierung Ressourcenvorteile Kostenvorteile
Marktzugang
Know-how-Ziele
Zeitvorteile
Konsolidierung der M&A-Balanced-Scorecard
375
Neben der primären Wirkung auf die Treiber im M&A-Wertsteigerungsnetzwerk wurden „sekundäre“ Wirkungsbeziehungen der Erfolgsfaktoren untereinander beschrieben, also Einflüsse der Optimierung eines Erfolgsfaktors auf die Optimierung eines anderen Erfolgsfaktors. Diese Beziehungen wurden bereits an den relevanten Stellen herausgearbeitet und sollen jetzt in die M&A-Balanced-Scorecard in Form von Ursache-Wirkungs-Beziehungen integriert werden. Die Vielzahl der erkannten Beziehungen macht es dabei allerdings schwierig, den Gesamtüberblick in einer einzigen Darstellung aufzubereiten. Dementsprechend wurde eine Zweiteilung vorgenommen: x
Abbildung 139 beinhaltet alle Wirkungszusammenhänge, die ihren Ursprung bei den Erfolgsfaktoren der drei Perspektiven „Finanzielle Transformation“, „Kundenbezogene Transformation“ sowie „Intern-prozessbezogene Transformation“ haben.
x
Wirkungsströme mit Ausgangspunkt in der Perspektive „Mitarbeiterbezogene Transformation“ sind in Abbildung 140 dargestellt.
Beide Grafiken zusammen ergeben somit die übergreifende, erfolgsfaktorbasierte M&ABalanced-Scorecard. Sie ist, ebenso wie die zugrundeliegenden Instrumente und Kennzahlen, einzelfallspezifisch zu adaptieren und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Transaktion abzustimmen. In jedem Fall zeigt sie die Wirkungssteigerung der eingesetzten Instrumente und Kennzahlen, indem neben dem Einsatz für einen spezifischen Erfolgsfaktor auch weiter reichende Effekte auf andere Erfolgsfaktoren auszumachen sind.
Mitarbeiterbezogene Transformation
Internprozessbezogene Transformation
Kundenbezogene Transformation
Finanzielle Transformation
Zustimmung des TopManagements zur Transaktion
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
Geschwindigkeit von M&A
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Klare Definition der Kernbelegschaft
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Kontinuierliche Durchführung von M&A
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Excellente Due Diligence
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Steigerung des Unternehmenswertes durch M&A
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation
Maximierung der Personalmotivation
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation
Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
Proaktives Risikomanagement
376 Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse
Abbildung 139: M&A-Balanced-Scorecard, Ursache-Wirkungs-Beziehungen Ebene 1-3
Mitarbeiterbezogene Transformation
Internprozessbezogene Transformation
Kundenbezogene Transformation
Finanzielle Transformation
Zustimmung des TopManagements zur Transaktion
Intensives Wissensmanagement & Informationsaustausch
Starke organisationale Integration der Unternehmen
Interdisziplinäre Zusammensetzung von Teams
Geschwindigkeit von M&A
Hohe Marktorientierung in der Post Merger Integration
Realistische Einschätzung Target und Bedeutung des gezahlten Premiums
Klare Definition der Kernbelegschaft
Klare Personalstrategie und besondere Bedeutung des mittleren Managements
Kontinuierliche Durchführung von M&A
Kontinuierliche Durchführung der Geschäftsaktivitäten; Fokus auf Marketing und Vertrieb
Excellente Due Diligence
Priorisierung Synergierealisierung mit Fokus auf einer Reduktion von Gemeinkosten
Steigerung des Unternehmenswertes durch M&A
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der internen Kommunikation
Maximierung der Personalmotivation
Sorgfältige und schnelle Ausarbeitung einer Führungskonzeption
Konsolidierung des betrieblichen Rechnungswesens
Schnelle, planmäßige, zielgruppenspezifische Durchführung der externen Kommunikation
Unabhängige Post-Deal-Bewertung durch Berater
Proaktives Risikomanagement
Konsolidierung der M&A-Balanced-Scorecard 377
Abbildung 140: M&A-Balanced-Scorecard, Ursache-Wirkungs-Beziehungen Ebene 4
378 4.3
Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse Zusammenfassung zu den Instrumenten und Kennzahlen
An den einzelnen Elementen der Balanced Scorecard, den prozessorientierten M&AErfolgsfaktoren beziehungsweise strategischen Zielen, setzen die diskutierten Instrumente und Kennzahlen an und ermöglichen ein wertorientiertes M&A-Controlling mit Fokus auf der Gesamtsicht der M&A-Balanced-Scorecard. Ausgehend von den fünf Phasen des Prozessmanagements wurde ein prozessorientierter Ansatz für das wertorientierte Controlling von M&A-Projekten entwickelt, der seine phasenspezifischen Instrumente und Kennzahlen aus den zugrundeliegenden Führungsteilsystemen des Controlling ableitet und diese auf die konkreten M&A-Prozesse anwendet. Abbildung 141 zeigt zusammenfassend die wichtigsten der in den vorangehenden Abschnitten diskutierten, den einzelnen Phasen des Prozessmanagements zugeordneten Instrumente des wertorientierten M&A-Controlling. Die Effektivität des Einsatzes dieser Instrumente wird mit geeigneten Kennzahlen überwacht. Die im Rahmen dieser Arbeit definierten, in Summe etwa 150 Kennzahlen decken das gesamte Spektrum bezüglich Zeit-, Kosten- und Qualitätsaspekten ab. Auf Grund der Tatsache, dass sie unmittelbar aus den M&A-Erfolgsfaktoren abgeleitet wurden, handelt es sich dabei nicht um eine beliebige Kumulation möglicher Kennzahlen, sondern vielmehr um konkrete Steuergrößen für die wertorientierte Planung, Steuerung und Kontrolle von Unternehmenstransaktionen. Allein der Einsatz dieser Kennzahlen garantiert natürlich nicht den Erfolg von M&A. Ihre sorgfältige Kombination im Rahmen eines wertorientierten Controlling erhöht jedoch nach Ansicht des Verfassers die Erfolgswahrscheinlichkeit erheblich. Ohne an dieser Stelle noch einmal alle diskutierten Kennzahlen zu wiederholen, sei auf die entsprechenden Ausführungen in Kapitel 3 verwiesen. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal die Aussage von KAPLAN/NORTON aufgegriffen, die für jede Perspektive ihrer Balanced Scorecard vier bis sieben Kennzahlen, in Summe also 25 Kennzahlen für die gesamte BSC, als erforderlich ansehen (vgl. Kaplan/Norton 1997, S. 156). Auch wenn der M&A-Balanced-Scorecard ein stark umsetzungsorientierter Charakter zukommt und demgemäß eine höhere Anzahl operativer Kennzahlen notwendig erscheint, sollte zumindest im ersten Schritt eine Konzentration auf eher wenige, dafür aber detailliert erhobene und für den individuellen Anwendungsfall essentielle Kennzahlen erfolgen. Im nächsten Schritt besteht dann die Option einer Modifikation beziehungsweise Erweiterung des Kennzahlenportfolios vor dem Hintergrund der bereits gemachten Erfahrungen.
M&A-BalancedScorecard
M&A-Strategy-Map
Relative Visionserf üllungsWertschaf f ungs-Matrix
PMI-Dashboard
7-K-Modell der Integration
M&A-Wertsteigerungsnetzwerk
Synergie-Tableau
Synergie-Cockpit
Belegschaf tscockpit
Meinungsbild
SWOT-Analyse
Scoring-Modell
Cultural Web
Cultural Due Diligence
Kulturprof ile
Analyse Kulturtypen
Prozessstrategie
Wissensmanagement (Schulungen, Coaching, Job Rotation, Job Redesign, Story Telling, Firmenuniversitäten)
Verf ahren der Unternehmensbewertung
Prozessbenchmarking
Partner-Radar
Inf ormations-Checklisten
Prozess-Perf ormanceScoring
Prozess-KapazitätsErhebung
Prozesskostenerhebung
Prozesskostenrechnung
Ref erenz-Prozessmodell
Due Diligence, insbesondere Prozessuale Due Diligence
Prozessanalyse
Prozesstransparenz
Systemlandkarte
IntegrationsGeschwindigkeitsGestaltung
Interne/ externe Kommunikation der Veränderungen
Kundenkontaktmanagement
Markenmanagement
Kundenorientierte Integrationsgestaltung
Strategic Issue Matrix Kommunikationsinstrume nte (Broschüren, Internet/ Intranet, Print, TV, Events, Direkt)
Simulation
Risikochecklisten
Mitarbeiterschulungen, -qualif ikation, -weiterbildung
Wertorientierte Anreizgestaltung
Wertorientierte Entlohnungsf unktion
Anf orderungs- und Ergebnisprof il
Teamcockpit
Risikoinventur
Szenarioanalyse
Personalbenchmarking
Sensitivitätsanalyse
„Personalschaukel“
Qualif ikationsmatrix
Risikoanalyse
Projektstrukturplan
Rollendef initionen
Earned Value Methode
Eliminierung, Auslagerung, Parallelisierung, Integration, Umlagerung, Variantenbildung, Automatisierung, Beschleunigung
Prozessverantwortung
Prozesssteuerung
Prozessgestaltung
Zusammenfassung zu den Instrumenten und Kennzahlen 379
Abbildung 141: Übersicht zu den wichtigsten Instrumenten
380 4.4
Zusammenfassung wichtiger Erkenntnisse Ausblick auf weitere Forschungsfelder
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Gesamtkonzept für ein wertorientiertes M&AControlling skizziert. Auf Grund des umfangreichen Themengebietes und der Komplexität von M&A kann ein derartiges System nicht in jeder Hinsicht erschöpfend und in beliebiger Tiefe beschrieben werden. So lassen sich am Ende mögliche Anknüpfungspunkte für weitere wissenschaftliche Arbeiten ableiten, von denen drei exemplarisch genannt werden sollen: x
Eine mögliche Detaillierung besteht in der Erarbeitung von Zielwerten für die definierten Kennzahlen. Diese Zielwerte sind dabei nicht als verbindliche Vorgaben, sondern vielmehr als Richtwerte für das Management zu begreifen. Auf Basis einer umfangreichen empirischen Analyse können derartige Ausprägungen von Zielwerten bei erfolgreichen Transaktionen ermittelt und in Handlungsempfehlungen überführt werden.
x
Um ein möglichst passgenaues Controlling einer Unternehmenstransaktion zu gewährleisten, ist ein nach Branchen differenzierter Einsatz des zugrunde liegenden Instrumentariums erforderlich. Das beginnt bereits bei der spezifischen Erarbeitung der Strategie, geht über die unterschiedlichen Anforderungen an die Unternehmens- und M&A-Prozesse und reicht bis zu ganz konkreten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in einzelnen Branchen. So unterscheidet sich die Integration der Prozesswelten zweier Versicherungsunternehmen deutlich von der Zusammenführung zweier Logistikunternehmen im Hinblick auf die jeweils zu vereinenden Prozesse. Auch im Hinblick auf das erste mögliche Vertiefungsthema, die Bildung von Zielwerten für Kennzahlen, ist eine branchenspezifische Differenzierung denkbar und empfehlenswert.
x
Ein weiterer interessanter Aspekt ist an der Schnittstelle zwischen M&A-Controlling und den anderen Funktionen und Bereichen im Unternehmen auszumachen. Dabei steht die organisatorische Ausgestaltung eines M&A-Controlling im Vordergrund. Basierend auf dem entwickelten Instrumentarium sind beispielsweise die Fragen zu stellen, wer die entsprechenden Aufgaben in welcher Form wahrnimmt, wie die Informationssysteme und Informationsflüsse im Gesamtunternehmen zu gestalten sind oder welche Kompetenzen ein M&A-Controller haben sollte.
Auch wenn die derzeitige wirtschaftliche Situation zu drastischen Einschnitten im weltweiten Konjunkturwachstum geführt hat und auch vorerst weiterhin führen wird, bleiben M&ATransaktionen eines der mächtigsten Instrumente, um Unternehmen an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen und für die Zukunft wettbewerbsfähig zu machen. Unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besteht die Versuchung, durch radikale und kurzfristige Maßnahmen einen „Befreiungsschlag“ zu starten. Dass ein derartiges Vorgehen selten zum gewünschten Erfolg führt, zeigen die vielen ähnlich aufgebauten pauschalen Cost-Cutting-Programme der Unternehmenspraxis als Antwort auf die Notwendigkeit zur Kostenreduktion. Unternehmerisches Agieren bedeutet jedoch mehr als hektisches Handeln
Ausblick auf weitere Forschungsfelder
381
unter äußerem Druck. Langfristigen Erfolg werden diese Unternehmen haben, die auch in angespannten Zeiten besonnen planen und steuern und dabei bereits die Weichen für den nächsten Aufschwung legen. Misserfolge bei Unternehmenszusammenschlüssen in der Vergangenheit sind häufig auf Missmanagement und falschen Ehrgeiz zurückzuführen. Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte wertorientierte M&A-Controlling soll helfen, den Erfolg von Unternehmenstransaktionen zu erhöhen.
383
5
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